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"name": "Anwaltsgerichtshof NRW",
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} | 1 AGH 42/21 | 2022-03-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Streitwert wird auf 50.00,00 Euro festgesetzt. 1Tatbestand: 2Bei der Klägerin handelt es sich um eine am 08.08.2019 zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Gesellschafter waren nach dem notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 23.01.2019 ursprünglich der Steuerberater A sowie die Rechtsanwältin B. Als jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer wurden die beiden Gesellschafter sowie der Rechtsanwalt C bestellt. Mit weiterem notariellen Vertrag vom 25.05.2020 veräußerten und übertrugen die Gesellschafter A und B ihre Gesellschaftsanteile an Rechtsanwalt C, dieser wurde zugleich zum alleinigen Geschäftsführer bestellt. 3Mit Bescheid vom 30.06.2020 widerrief die Beklagte dem Gesellschafter/Geschäftsführer C die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aus den Gründen des § 14 Abs.2 Nr.7 BRAO. Das vor dem Senat geführte Klageverfahren zu Az.: 1 AGH 20/20 blieb erfolglos. Der Senat hat die Klage mit Urteil vom 13.11.2020 abgewiesen. Das Urteil ist seit dem 13.02.2021 rechtskräftig. 4Mit Schreiben vom 05.03.2021 hörte die Beklagte die Klägerin zur Frage des Zulassungswiderrufs aus den Gründen des § 59h Abs.3 S.1 BRAO an. Sie wies die Klägerin darauf hin, dass Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft Rechtsanwälte oder Angehörige der in § 59a Abs.1 S.1 u. Abs.2 BRAO genannten Berufe (Patentanwälte/Angehörige steuerberatender Berufe/Wirtschafts- u. Buchprüfer) sein müssen und diese Voraussetzungen nach dem rechtskräftigen Entzug der Anwaltszulassung ihres Gesellschafters und Geschäftsführers nicht mehr gegeben seien. Eine Reaktion der Klägerin auf dieses Schreiben erfolgte nicht.Mit Bescheid vom 27.09.2021 hat die Beklagte der Klägerin die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen. 5Gegen den am 07.10.2021 zugestellten Widerrufsbescheid hat die Klägerin, vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn C, Klage erhoben. Die Klägerin hat ihre Klage nicht begründet. 6Sie beantragt, 7den angefochtenen Bescheid aufzuheben. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Sie hält die Klage wegen der fehlenden Postulationsfähigkeit des Geschäftsführers der Klägerin für unzulässig. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte, der Verwaltungsakte der Beklagten zur Mitglieds-Nr. (..) sowie auf die beigezogene Akte des AGH NRW, Az.: 1 AGH 20/20, verwiesen. 12Entscheidungsgründe: 13Die Klage hat keinen Erfolg, sie ist bereits unzulässig. Hierüber konnte der Senat auf den Verhandlungstermin vom 18.03.2022 entscheiden, obgleich keiner der Beteiligten zum Termin erschienen ist. Die Beteiligten sind unter Hinweis darauf, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs.2 VwGO), zum Termin geladen worden. 14Die Klage ist unzulässig, weil die Klägerin vor dem Anwaltsgerichtshof nicht ordnungsgemäß vertreten war und die Klageschrift nicht durch einen postulationsfähigen Bevollmächtigten erhoben worden ist. 15Vor dem Anwaltsgerichtshof besteht Anwaltszwang, § 112c Abs.1 S.2 BRAO i.V.m. § 67 Abs.4 VwGO (Weyland/Kilimann, BRAO, 10. Aufl., § 112c Rn.128). Die Klägerin vertritt sich in diesem Verfahren selbst. Postulationsfähig ist sie gem. § 59 lit.l S.3 BRAO allerdings nur, wenn die Voraussetzungen der Postulationsfähigkeit in der Person des für sie handelnden Organs vorliegen (vgl. Weyland/Brüggemann, BRAO, 10. Aufl., § 59 l Rn.3). 16Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da dem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft durch Bescheid der Beklagten vom 30.06.2020 – mittlerweile - rechtskräftig widerrufen wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf das vor dem Senat geführte Klageverfahren zu Az.: 1 AGH 20/20 verwiesen. 17Die Klägerin ist durch Verfügung vom 04.02.2022 gesondert auf die Zulässigkeitsproblematik hingewiesen worden. Eine Reaktion der Klägerin ist nicht erfolgt. 18Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112c BRAO, 154 VwGO und §§ 167 VwGO, 708 Nr.11, 711 ZPO. Ein Anlass, die Berufung nach §§ 112c BRAO, 124 VwGO zuzulassen, besteht nicht. 19Rechtsmittelbelehrung 20Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, 21221. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 232. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 243. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 254. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 265. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 27Vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsverfügung angeordnet und die auf-schiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wiederhergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammen-schlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. 28Die Festsetzung des Streitwerts ist unanfechtbar. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin bleibt nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet. der streitwert wird auf 50.00,00 euro festgesetzt. 1 | 2bei der klägerin handelt es sich um eine am 08.08.2019 zur rechtsanwaltschaft zugelassene rechtsanwaltsgesellschaft mbh. gesellschafter waren nach dem notariell beurkundeten gesellschaftsvertrag vom 23.01.2019 ursprünglich der steuerberater a sowie die rechtsanwältin b. als jeweils einzelvertretungsberechtigte geschäftsführer wurden die beiden gesellschafter sowie der rechtsanwalt c bestellt. mit weiterem notariellen vertrag vom 25.05.2020 veräußerten und übertrugen die gesellschafter a und b ihre gesellschaftsanteile an rechtsanwalt c, dieser wurde zugleich zum alleinigen geschäftsführer bestellt. 3mit bescheid vom 30.06.2020 widerrief die beklagte dem gesellschafter/geschäftsführer c die zulassung zur rechtsanwaltschaft aus den gründen des § 14 abs.2 nr.7 brao. das vor dem senat geführte klageverfahren zu az.: 1 agh 20/20 blieb erfolglos. der senat hat die klage mit urteil vom 13.11.2020 abgewiesen. das urteil ist seit dem 13.02.2021 rechtskräftig. 4mit schreiben vom 05.03.2021 hörte die beklagte die klägerin zur frage des zulassungswiderrufs aus den gründen des § 59h abs.3 s.1 brao an. sie wies die klägerin darauf hin, dass gesellschafter einer rechtsanwaltsgesellschaft rechtsanwälte oder angehörige der in § 59a abs.1 s.1 u. abs.2 brao genannten berufe (patentanwälte/angehörige steuerberatender berufe/wirtschafts- u. buchprüfer) sein müssen und diese voraussetzungen nach dem rechtskräftigen entzug der anwaltszulassung ihres gesellschafters und geschäftsführers nicht mehr gegeben seien. eine reaktion der klägerin auf dieses schreiben erfolgte nicht.mit bescheid vom 27.09.2021 hat die beklagte der klägerin die zulassung zur rechtsanwaltschaft widerrufen. 5gegen den am 07.10.2021 zugestellten widerrufsbescheid hat die klägerin, vertreten durch den geschäftsführer, herrn c, klage erhoben. die klägerin hat ihre klage nicht begründet. 6sie beantragt, 7den angefochtenen bescheid aufzuheben. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10sie hält die klage wegen der fehlenden postulationsfähigkeit des geschäftsführers der klägerin für unzulässig. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der verfahrensakte, der verwaltungsakte der beklagten zur mitglieds-nr. (..) sowie auf die beigezogene akte des agh nrw, az.: 1 agh 20/20, verwiesen. 12 | 13die klage hat keinen erfolg, sie ist bereits unzulässig. hierüber konnte der senat auf den verhandlungstermin vom 18.03.2022 entscheiden, obgleich keiner der beteiligten zum termin erschienen ist. die beteiligten sind unter hinweis darauf, dass auch im falle ihres ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 abs.2 vwgo), zum termin geladen worden. 14die klage ist unzulässig, weil die klägerin vor dem anwaltsgerichtshof nicht ordnungsgemäß vertreten war und die klageschrift nicht durch einen postulationsfähigen bevollmächtigten erhoben worden ist. 15vor dem anwaltsgerichtshof besteht anwaltszwang, § 112c abs.1 s.2 brao i.v.m. § 67 abs.4 vwgo (weyland/kilimann, brao, 10. aufl., § 112c rn.128). die klägerin vertritt sich in diesem verfahren selbst. postulationsfähig ist sie gem. § 59 lit.l s.3 brao allerdings nur, wenn die voraussetzungen der postulationsfähigkeit in der person des für sie handelnden organs vorliegen (vgl. weyland/brüggemann, brao, 10. aufl., § 59 l rn.3). 16diese voraussetzung ist nicht erfüllt, da dem alleinvertretungsberechtigten geschäftsführer der klägerin die zulassung zur rechtsanwaltschaft durch bescheid der beklagten vom 30.06.2020 – mittlerweile - rechtskräftig widerrufen wurde. wegen der einzelheiten wird auf das vor dem senat geführte klageverfahren zu az.: 1 agh 20/20 verwiesen. 17die klägerin ist durch verfügung vom 04.02.2022 gesondert auf die zulässigkeitsproblematik hingewiesen worden. eine reaktion der klägerin ist nicht erfolgt. 18die nebenentscheidungen folgen aus §§ 112c brao, 154 vwgo und §§ 167 vwgo, 708 nr.11, 711 zpo. ein anlass, die berufung nach §§ 112c brao, 124 vwgo zuzulassen, besteht nicht. 19rechtsmittelbelehrung 20gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag ist bei dem anwaltsgerichtshof für das land nordrhein-westfalen, heßlerstraße 53, 59065 hamm, zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem bundesgerichtshof, herrenstraße 45 a, 76133 karlsruhe, einzureichen. die berufung ist nur zuzulassen, 21221. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 232. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 243. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 254. wenn das urteil von einer entscheidung des bundesgerichtshofs, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 265. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 27vor dem anwaltsgerichtshof und dem bundesgerichtshof müssen sich die beteiligten, außer im prozesskostenhilfeverfahren, durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. das gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem bundesgerichtshof eingeleitet wird. als bevollmächtigte sind rechtsanwälte und rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedsstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, zugelassen. ferner sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) bezeichneten personen und organisationen als bevollmächtigte zugelassen. ein nach dem vorstehenden vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige vollziehung einer widerrufsverfügung angeordnet und die auf-schiebende wirkung weder ganz noch teilweise wiederhergestellt worden ist. behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammen-schlüsse können sich durch eigene beschäftigte mit befähigung zum richteramt oder durch beschäftigte mit befähigung zum richteramt anderer behörden oder juristischer personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse vertreten lassen. 28die festsetzung des streitwerts ist unanfechtbar. |
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} | 6z K 3877/21 | 2022-03-18T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin erwarb im Juni 2020 in C. bei C1. die allgemeine Hochschulreife (Abitur) mit der Durchschnittsnote 1,1 (816 Punkte). 3Zum Wintersemester 2021/2022 bewarb die Klägerin sich bei der Beklagten um die Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Universität M. . Zugleich machte sie einen Härtefall geltend und legte neben ihrem Schwerbehindertenausweis (GdB: 100 und Merkzeichen G) einen Arztbrief des Facharztes für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie am I. Klinikum, Zentrum für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin Dr. S. H. vom 14. März 2021 vor. Dem Arztbrief zufolge wurde bei der Klägerin im März 2013 ein metastasierendes Malignes Osteosarkom festgestellt. Nach diversen Operationen und Chemotherapien befinde sich die Erkrankung aktuell in kompletter Remission. Ferner machte sie geltend, sie betreibe seit 2014 Behindertensport und sei seit 2019 im Kader der Sitzvolleyball-Nationalmannschaft der Frauen. In M. könne sie Studium und Training am besten miteinander verbinden. 4Mit Bescheiden vom 8. September 2021 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag der Klägerin ab und führte unter anderem aus: Der Härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erforderlich sei. 5Die Klägerin hat am 8. Oktober 2021 Klage erhoben. 6Zur Begründung führt sie unter Vorlage einer ergänzenden Stellungnahme des Dr. S. H. vom 20. September 2021 aus: Sie erfülle die Voraussetzungen für eine Härtefallzulassung. Aufgrund der hochgradig aggressiven Knochentumorerkrankung und mehrmaligen Rückfällen (2017 und 2020) sei die Gefahr eines weiteren Rückfalls mit möglicherweise tödlichem Ausgang eine ernstzunehmende Gefahr. Deshalb müsse das Studium frühestmöglich begonnen werden, damit ein erfolgreicher Abschluss möglich sei. 7Sie sei seit 2019 im Kader der Sitzvolleyball-Nationalmannschaft der Frauen und habe trotz der körperlichen Strapazen an diversen Wettkämpfen und Trainingslagern, u. a. während ihres Abiturs, teilgenommen. Zum Nachweis hat die Klägerin eine Bestätigung des Deutschen Behindertensportverbandes vom 5. Oktober 2021 nebst einer Auflistung von ihr absolvierter Turniere und Trainingslager sowie eine Einladung zur Teilnahme an der Europameisterschaft im Oktober 2021 vorgelegt. 8Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. September 2021 zu verpflichten, ihr einen Humanmedizinstudienplatz (erstes Fachsemester) nach den Sach- und Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2021/22 an der Universität in M. zuzuweisen. 10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die Klage abzuweisen. 12Sie tritt der Klage entgegen. Der im Bewerbungsverfahren vorgelegte Arztbrief des Dr. H. vom 14. März 2021 sei für einen Laien nur bedingt verständlich. Unabhängig davon setze er sich auch nicht mit der Studierfähigkeit der Klägerin auseinander und enthalte keine Prognose über den zu erwartenden weiteren Krankheitsverlauf. Die Notwendigkeit von Kontrolluntersuchungen und die bestehende Möglichkeit eines erneuten Auftretens der Krebserkrankung reichten nicht aus, eine sofortige Zulassung zu begründen. Der durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises belegte GdB 100 mit Merkzeichen G sei bei der Beurteilung des Härtefallantrags eine Entscheidungshilfe, ersetze jedoch nicht das aktuelle fachärztliche Gutachten. Darüber hinaus fehlten in dem Arztbrief Angaben dazu, ob die Klägerin gesundheitlich in der Lage sei, ihre Auswahlkriterien durch eine Ausbildung oder einschlägige Tests zu verbessern. 13Die in der Klageschrift angeführte „Zugehörigkeit zu relevanten Sportkadern“ sei ein Antragsgrund für einen Nachteilsausgleich, nicht für den Härtefall. 14In der Abiturbestenquote sei an der Universität in M. nur eine Zulassung bis zu einer Punktzahl der Hochschulzugangsberechtigung von mindestens 846 Punkten möglich gewesen, was einer Durchschnittsnote von 1,0 entspreche. 15Die Klägerin hält dem entgegen, sofern die Beklagte dem Unterschied zwischen einem Arztbrief und einem fachärztlichen Gutachten eine solche Bedeutung beimesse, hätte die Beklagte sie darauf hinweisen müssen und ihr Benutzerkonto nicht den Status „korrekt“ anzeigen dürfen. Um die Kritik der Beklagten an dem im Bewerbungsverfahren vorgelegten Arztbrief zu entkräften, habe sie die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. H. vom 20. September 2021 vorgelegt. Sie verstehe, dass das Argument eines möglichen Rückfalls im Allgemeinen nicht ausreiche. Allerdings könne diese Gefahr nicht losgelöst von ihrem bisherigen Krankheitsverlauf betrachtet werden. Die Gefahr eines Rezidivs sei real, wie die Vergangenheit gezeigt habe und mit jedem Rückfall sinke die Überlebenschance. Im Fall eines erneut auftretenden Tumors wäre sie aufgrund einer umfangreichen Behandlung, die eine Immunsuppression sowie massive Leistungseinbußen in Bezug auf Konzentration und Belastbarkeit zufolge hätte, nicht mehr studierfähig. Zudem sei nicht bekannt, inwiefern eine erneute Behandlung zu irreversiblen Organschäden sowie einem Fatigue-Syndrom (allgemeine chronische Erschöpfung nach Chemotherapie) führen würde, sodass fraglich sei, ob sie je wieder so leistungsfähig würde, dass sie ein Studium aufnehmen könne. Der Einwand der Beklagten, sie könne ihre Zulassungschancen durch eine Ausbildung oder einschlägige Tests erhöhen, sei nicht nachvollziehbar. Zudem dauere eine Ausbildung mindestens zwei Jahre, nach denen sie möglicherweise nicht mehr studierfähig sei. Außerdem habe die Beklagte vergleichbare Sachverhalte als Härtefälle angesehen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten übersandten Bewerbungsunterlagen ergänzend Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden. 19Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 20Der Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Humanmedizin an der Universität M. nach den für das Wintersemester 2021/22 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen. 21Studienplätze im Studiengang Humanmedizin werden in einem zentralen Vergabeverfahren nach den Regelungen des in allen Bundesländern ratifizierten, am 1. Dezember 2019 in Kraft getretenen Staatsvertrages über die Hochschulzulassung (Vergabe-Staatsvertrag) in Verbindung mit den in den einzelnen Ländern erlassenen, die Vorgaben des Staatsvertrages konkretisierenden Rechtsverordnungen vergeben. Diese Verordnungen müssen nach Art. 12 Abs. 2 des Vergabe-Staatsvertrages in den für die zentrale Vergabe wesentlichen Punkten übereinstimmen. Im Folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen Verordnungen der übrigen Länder – auf die Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (StudienplatzVVO NRW) vom 13. November 2020 (GVBl. NRW 2020, S. 1060), geändert durch Verordnung vom 29. April 2021 (GVBl. NRW 2021, S. 566), Bezug genommen. 22Die Studienplätze der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge werden in verschiedenen, in Art. 9 und 10 des Vergabe-Staatsvertrages beschriebenen Zulassungsquoten vergeben. Während die Studienplätze der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und der „Auswahlquote der Hochschulen“ von den einzelnen Hochschulen vergeben werden, die sich dabei der Unterstützung durch die Beklagte bedienen, werden die Studienplätze der „Vorabquoten“ und der „Abiturbestenquote“ von der Beklagten in eigener Verantwortung vergeben (Art. 5 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 Vergabe-Staatsvertrag). 23Die Studienplätze der Abiturbestenquote werden gemäß Artikel 10 Abs. 1 des Vergabe-Staatsvertrages in Verbindung mit § 15 StudienplatzVVO NRW nach dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung vergeben. Mit der von ihr im Abitur erreichten Abiturnote 1,1 erfüllt die Klägerin nicht die zum Wintersemester 2021/2022 in der Abiturbestenquote hinsichtlich der von ihr ausschließlich benannten Universität M. maßgebliche Auswahlgrenze. Diese lag bei einer Abiturnote von 1,0. 24Die Klägerin hat auch keinen Anspruch, mit einer verbesserten fiktiven Durchschnittsnote am Vergabeverfahren beteiligt zu werden. § 15 Abs. 4 StudienplatzVVO NRW in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 Vergabe-Staatsvertrag ermöglicht einen Nachteilsausgleich, wenn jemand aus nicht selbst zu vertretenden Gründen daran gehindert war, eine bessere Durchschnittsnote zu erreichen. Ein entsprechender Nachteilsausgleich wird nur auf Antrag gewährt. 25Vorliegend hat die Klägerin bereits keinen entsprechenden Antrag gestellt, sondern lediglich im Rahmen ihres Härtefallantrages darauf hingewiesen, dass sie seit 2014 Behindertensport betreibe und seit 2019 im Kader der Sitzvolleyball-Frauennationalmannschaft sei. Erstmals im Klageverfahren legte sie entsprechende Unterlagen betreffend ihre seit 2019 (nicht näher datiert) bestehende Zugehörigkeit zum Olympiakader vor. Ob mit diesen Unterlagen die für eine begehrte Leistungsverbesserung erforderliche Zugehörigkeit zu einem Kader der Bundessportfachverbände von mindestens einjähriger ununterbrochener Dauer während der letzten drei Jahre vor Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung im Juni 2020 dargetan wurde, kann dahinstehen. Denn neben dem Nachweis einer entsprechenden Zugehörigkeit ist zusätzlich nachzuweisen, wie sich dieser Umstand auf die Durchschnittsnote ausgewirkt hat. Insoweit ist dem Antrag ein Schulgutachten beizufügen. In einem Schulgutachten ist für jedes in Betracht kommende Unterrichtsfach glaubhaft festzustellen, welche bessere Note bzw. höhere Punktzahl ohne die Beeinträchtigung durch die zeitintensiven sportlichen Aktivitäten in einem Kader zu erwarten gewesen wäre. Daran mangelt es vorliegend, ein Schulgutachten hat die Klägerin nicht vorgelegt. 26Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 10 StudienplatzVVO NRW). Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 10 Satz 2 StudienplatzVVO NRW vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 8 Abs. 2 StudienplatzVVO NRW zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten. 27Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 - 13 B 504/10 -, vom 2. Juli 2012 - 13 B 656/12 - und vom 10. Januar 2022 - 13 E 979/21 -, abrufbar auf www.nrwe.de; Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen, Urteil vom 17. August 2015 - 6z K 3872/14 - und Gerichtsbescheid vom 4. Juni 2018 - 6z K 10273/17 -; Bahro/C1. , Das Hochschulzulassungsrecht in der BRD, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO Rn. 1. 28Im Blick zu behalten ist überdies die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken – etwa der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder erfahrenen Leids – darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen. 29Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2013 - 13 B 440/13 -, vom 11. Dezember 2014 - 13 B 1297/14 - und vom 18. Dezember 2014 - 13 B 1360/14 -; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 - 6z L 2869/16 - und vom 24. November 2020 - 6z L 1418/20 -, alle auf www.nrwe.de und mit weiteren Nachweisen; Brehm/Maier, DVBl. 2016, 1166 (1169 ff.). 30Gemessen an diesen Überlegungen sind die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 10 StudienplatzVVO NRW vorliegend nicht dargetan. Eine solche Zulassung kommt unter anderem dann in Betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine Krankheit mit Tendenz zur Verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem späteren Studienbeginn die Belastungen des Studiums in diesem Studiengang nicht durchgestanden werden können. 31So auch die Beklagte selbst in der auf ihrer Homepage abrufbaren Publikation „Ergänzende Informationen für Ihre Studienplatzbewerbung im Zentralen Vergabeverfahren für bundesweit zulassungsbeschränkte Studiengänge“ (Stand: WS 2021/2022), S. 17 f. 32Insoweit ist als Nachweis ein fachärztliches Gutachten vorzulegen, das zu diesen Kriterien hinreichend Stellung nimmt und konkrete Aussagen über Entstehung, Schwere, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sowie eine fundierte Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf enthält. Der von der Klägerin mit den Bewerbungsunterlagen eingereichte Arztbrief des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie Dr. H. vom 14. März 2021 genügt den vorgenannten Anforderungen nicht. In dem Arztbrief wird der Klägerin attestiert, 2013 an einem metastasierenden malignen Osteosarkom erkrankt zu sein. In der Folgezeit, zuletzt 2020, seien wiederholt Metastasen aufgetreten, die operativ und teilweise mit zusätzlicher Chemotherapie hätten behandelt werden müssen. Bei den letzten beiden Verlaufskontrollen im Dezember 2020 und im März 2021 sei eine komplette Remission feststellbar gewesen. 33Auf der Grundlage dieser Stellungnahme lässt sich nicht feststellen, dass der eng auszulegende Tatbestand der Härtefallregelung erfüllt ist, obwohl die Klägerin zweifellos an einer sehr ernsthaften Erkrankung leidet. Die Ausführungen zur Prognose des weiteren Krankheitsverlaufs und denkbaren Behandlungsmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass eine exakte Vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen Entwicklung eines Patienten wegen des stets individuellen Verlaufs einer jeden Erkrankung häufig kaum möglich sein wird. Dennoch erfordert § 10 StudienplatzVVO NRW, dass der Facharzt eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Prognose abgibt und diese eingehend begründet. Denn die Beklagte und auch das Gericht sind im Interesse der Chancengleichheit der Mitbewerber um einen Medizinstudienplatz gehalten, die ihnen vorgelegten ärztlichen Atteste kritisch zu hinterfragen. Entscheidend ist, dass diejenigen Symptome, die für das Absolvieren des Studiums von besonderer Bedeutung sind und die Wahrscheinlichkeit ihres künftigen Auftretens im Gutachten konkret benannt werden. Angaben zu der Frage, welche Symptome zu welchem Zeitpunkt in der Zukunft nach statistischen Erkenntnissen oder nach der Erfahrung des Arztes mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die Unterbrechung des Studiums erzwingender Form und für einen mehr als unerheblichen Zeitraum einzutreten pflegen, inwieweit sie durch eine Therapie gelindert werden können und worauf die Prognose beruht, sind unverzichtbar, um die Voraussetzungen des Härtefalltatbestands feststellen und diejenigen Studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige Zulassung zur Wahrung der Chancengleichheit geboten ist. Daraus folgt auch, dass die Anerkennung eines Härtefalls allein aufgrund der Diagnose einer bestimmten Krankheit, unabhängig von ihren konkreten Auswirkungen auf den Studienbewerber, nicht in Betracht kommt. 34Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Dezember 2018 - 13 B 1561/18 - und vom 10. Januar 2022 - 13 E 979/21 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 15. Oktober 2014 - 6z L 1403/14 -, vom 31. März 2017 - 6z L 787/17 - und vom 25. März 2021 - 6z L 303/21 - sowie Urteil vom 17. August 2015 - 6 K 3872/14 -, juris und www.nrwe.de. 35Vorliegend ist auf der Grundlage der Stellungnahme des Facharztes Dr. H. letztlich nicht erkennbar, mit welcher weiteren Entwicklung im Falle der Klägerin wann zu rechnen ist und inwieweit diese - auch bei entsprechender Behandlung eines im Raume stehenden Rezidivs - den Verlauf eines Humanmedizinstudiums beeinträchtigen würde. Das Gericht verkennt nicht, dass sich insbesondere insoweit eine individuelle Prognose für den behandelnden Arzt schwierig gestalten dürfte. Gleichwohl darf erwartet werden, dass sich das ärztliche Gutachten darüber verhält, mit welcher Wahrscheinlichkeit nach seiner Erfahrung bei der Klägerin ein (erneuter) Rückfall zu erwarten ist und welche Auswirkungen dies auf ihre Studierfähigkeit hätte. 36Es stellt sich im Übrigen die Frage, ob die Klägerin, die auch ein Praktikum hat absolvieren können, nicht in der Lage ist, durch die Absolvierung der einschlägigen Tests sowie eine einschlägige Berufsausbildung und -tätigkeit Zulassungschancen in der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ zu erwerben. Soweit die Klägerin meint, diese Verfahrensweise könne letztlich jedem Studienbewerber angeraten werden, der einen Härtefallanspruch auf Zulassung habe, kann dem nicht gefolgt werden. Eine außergewöhnliche Härte gemäß § 10 Satz 2 StudienplatzVVO NRW liegt dann vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Hinsichtlich eines mit einer Erkrankung begründeten Härtefalles ist die Vorschrift dahingehend zu verstehen, dass der Gesundheitszustand des Studienbewerbers keine weitere Verzögerung der Studienaufnahme zulässt, da ansonsten das Studium mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht mehr zum Abschluss gebracht werden kann. Ein solcher Studienbewerber ist selbstverständlich weder auf eine Berufsausbildung noch auf einschlägige Tests zu verweisen, um eine spätere Studienaufnahme zu ermöglichen. So liegt der Fall der Klägerin mit Blick auf den vorgelegten Arztbrief des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie Dr. H. vom 14. März 2021, der jedwede prognostischen Ausführungen zum weiteren Krankheitsverlauf vermissen lässt, gerade nicht. Von einer bevorstehenden Verschlechterung ist nicht die Rede, vielmehr sei bei den letzten beiden Verlaufskontrollen im Dezember 2020 und im März 2021 eine komplette Remission feststellbar gewesen. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer es nicht für unzumutbar, die Klägerin auf einen entsprechenden Test zu verweisen, der ihr in Verbindung mit ihrer hervorragenden Abiturnote durchaus eine realistische Zulassungschance an der Universität M. in den oben genannten Quoten verschaffen könnte. 37Weitergehende Ermittlungen, warum andere Studienbewerber, deren Situation der der Klägerin ähneln, in der Vergangenheit als Härtefall eine Zulassung zum Studium bekommen haben, hält die Kammer nicht für zielführend, weil es - wie bereits ausgeführt - nicht auf die Diagnose einer bestimmten Krankheit, sondern auf die konkreten, dem fachärztlichen Attest zu entnehmenden Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommt. 38Die Nachweismängel werden sich für das Bewerbungsverfahren zum Wintersemester 2021/2022 auch nicht mehr beheben lassen. Erst im gerichtlichen Verfahren eingereichte Unterlagen dürfen von der Kammer nicht berücksichtigt werden. Denn die für das Auswahl- und Verteilungsverfahren maßgeblichen Unterlagen mussten in Bezug auf das Wintersemester 2021/2022 spätestens bis zum 5. August (bzw. 15. Juni für sog. Altbewerber) vorliegen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 StudienplatzVVO NRW). Die Vorschrift statuiert eine gesetzliche Ausschlussfrist, so dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten über einen Zulassungsantrag auch vom Gericht ausschließlich anhand derjenigen Unterlagen zu prüfen ist, die innerhalb der Bewerbungs- bzw. Nachfrist bei der Beklagten vorgelegen haben. 39Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Dezember 2017 - 13 B 1333/17 -, www.nrwe.de, und vom 12. Dezember 2018 - 13 B 1561/18 -, n.v., mit weiteren Nachweisen. 40Nach ständiger Rechtsprechung ist die Statuierung der Ausschlussfristen mit Blick auf die Besonderheiten der Studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Von der Beklagten ist innerhalb eines recht kurzen Zeitraums eine sehr große Zahl von Zulassungsanträgen (mehrere zehntausend) im Zentralen Verfahren zu bearbeiten und praktisch jede nachträgliche Veränderung des Datenbestandes führt zu einer Verschiebung in den Auswahllisten. Das durchzuführende Auswahl- und Verteilungsverfahren kann erst in Gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die Auswahl und Verteilung erheblichen Daten aller Bewerber feststehen. Das Interesse der Allgemeinheit und auch der Studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen Vergabe der Studienplätze rechtfertigt eine strikte Handhabung der den Studienbewerbern gesetzten Fristen. 41Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. September 2011 - 13 A 1090/11 - und vom 7. Dezember 2010 - 13 B 1481/10 -, juris; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2012 - 6z K 4229/12 - sowie Beschlüsse vom 1. Oktober 2015 - 6z L 1905/15 - und vom 10. September 2019 - 6z L 1304/19 -. 42Aus den vorgenannten Gründen kann die Kammer die erstmals im Klageverfahren vorgelegte weitere ärztliche Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Hämatologie/Onkologie Dr. H. vom 20. September 2021 nicht berücksichtigen. Auch diese dürfte im Übrigen nicht den oben dargestellten Ansprüchen genügen, da erneut nicht hinreichend ausgeführt wird, mit welcher Wahrscheinlichkeit nach der Erfahrung des behandelnden Arztes bei der Klägerin ein (erneuter) Rückfall zu erwarten ist, sondern dort lediglich von „eingeschränkter Prognose für den Langzeitverlauf“ und „relevantem Risiko eines erneuten Rückfalles“ die Rede ist. 43Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). 45Rechtsmittelbelehrung: 46Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. 47Belehrung für den Fall, dass die Zulassung der Berufung beantragt wird: 48Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Über den Antrag, der den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 49Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 501. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen, 512. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 523. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 534. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 545. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 55Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 56Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 57Belehrung für den Fall, dass mündliche Verhandlung beantragt wird: 58Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu stellen. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges Urteil. 59Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 00.00.0000 geborene klägerin erwarb im juni 2020 in c. bei c1. die allgemeine hochschulreife (abitur) mit der durchschnittsnote 1,1 (816 punkte). 3zum wintersemester 2021/2022 bewarb die klägerin sich bei der beklagten um die zulassung zum studium der humanmedizin an der universität m. . zugleich machte sie einen härtefall geltend und legte neben ihrem schwerbehindertenausweis (gdb: 100 und merkzeichen g) einen arztbrief des facharztes für innere medizin und hämatologie/onkologie am i. klinikum, zentrum für hämatologie, onkologie und palliativmedizin dr. s. h. vom 14. märz 2021 vor. dem arztbrief zufolge wurde bei der klägerin im märz 2013 ein metastasierendes malignes osteosarkom festgestellt. nach diversen operationen und chemotherapien befinde sich die erkrankung aktuell in kompletter remission. ferner machte sie geltend, sie betreibe seit 2014 behindertensport und sei seit 2019 im kader der sitzvolleyball-nationalmannschaft der frauen. in m. könne sie studium und training am besten miteinander verbinden. 4mit bescheiden vom 8. september 2021 lehnte die beklagte den zulassungsantrag der klägerin ab und führte unter anderem aus: der härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, da die klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die sofortige aufnahme des studiums zwingend erforderlich sei. 5die klägerin hat am 8. oktober 2021 klage erhoben. 6zur begründung führt sie unter vorlage einer ergänzenden stellungnahme des dr. s. h. vom 20. september 2021 aus: sie erfülle die voraussetzungen für eine härtefallzulassung. aufgrund der hochgradig aggressiven knochentumorerkrankung und mehrmaligen rückfällen (2017 und 2020) sei die gefahr eines weiteren rückfalls mit möglicherweise tödlichem ausgang eine ernstzunehmende gefahr. deshalb müsse das studium frühestmöglich begonnen werden, damit ein erfolgreicher abschluss möglich sei. 7sie sei seit 2019 im kader der sitzvolleyball-nationalmannschaft der frauen und habe trotz der körperlichen strapazen an diversen wettkämpfen und trainingslagern, u. a. während ihres abiturs, teilgenommen. zum nachweis hat die klägerin eine bestätigung des deutschen behindertensportverbandes vom 5. oktober 2021 nebst einer auflistung von ihr absolvierter turniere und trainingslager sowie eine einladung zur teilnahme an der europameisterschaft im oktober 2021 vorgelegt. 8die klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 8. september 2021 zu verpflichten, ihr einen humanmedizinstudienplatz (erstes fachsemester) nach den sach- und rechtsverhältnissen des wintersemesters 2021/22 an der universität in m. zuzuweisen. 10die beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die klage abzuweisen. 12sie tritt der klage entgegen. der im bewerbungsverfahren vorgelegte arztbrief des dr. h. vom 14. märz 2021 sei für einen laien nur bedingt verständlich. unabhängig davon setze er sich auch nicht mit der studierfähigkeit der klägerin auseinander und enthalte keine prognose über den zu erwartenden weiteren krankheitsverlauf. die notwendigkeit von kontrolluntersuchungen und die bestehende möglichkeit eines erneuten auftretens der krebserkrankung reichten nicht aus, eine sofortige zulassung zu begründen. der durch vorlage des schwerbehindertenausweises belegte gdb 100 mit merkzeichen g sei bei der beurteilung des härtefallantrags eine entscheidungshilfe, ersetze jedoch nicht das aktuelle fachärztliche gutachten. darüber hinaus fehlten in dem arztbrief angaben dazu, ob die klägerin gesundheitlich in der lage sei, ihre auswahlkriterien durch eine ausbildung oder einschlägige tests zu verbessern. 13die in der klageschrift angeführte „zugehörigkeit zu relevanten sportkadern“ sei ein antragsgrund für einen nachteilsausgleich, nicht für den härtefall. 14in der abiturbestenquote sei an der universität in m. nur eine zulassung bis zu einer punktzahl der hochschulzugangsberechtigung von mindestens 846 punkten möglich gewesen, was einer durchschnittsnote von 1,0 entspreche. 15die klägerin hält dem entgegen, sofern die beklagte dem unterschied zwischen einem arztbrief und einem fachärztlichen gutachten eine solche bedeutung beimesse, hätte die beklagte sie darauf hinweisen müssen und ihr benutzerkonto nicht den status „korrekt“ anzeigen dürfen. um die kritik der beklagten an dem im bewerbungsverfahren vorgelegten arztbrief zu entkräften, habe sie die ergänzende stellungnahme des dr. s. h. vom 20. september 2021 vorgelegt. sie verstehe, dass das argument eines möglichen rückfalls im allgemeinen nicht ausreiche. allerdings könne diese gefahr nicht losgelöst von ihrem bisherigen krankheitsverlauf betrachtet werden. die gefahr eines rezidivs sei real, wie die vergangenheit gezeigt habe und mit jedem rückfall sinke die überlebenschance. im fall eines erneut auftretenden tumors wäre sie aufgrund einer umfangreichen behandlung, die eine immunsuppression sowie massive leistungseinbußen in bezug auf konzentration und belastbarkeit zufolge hätte, nicht mehr studierfähig. zudem sei nicht bekannt, inwiefern eine erneute behandlung zu irreversiblen organschäden sowie einem fatigue-syndrom (allgemeine chronische erschöpfung nach chemotherapie) führen würde, sodass fraglich sei, ob sie je wieder so leistungsfähig würde, dass sie ein studium aufnehmen könne. der einwand der beklagten, sie könne ihre zulassungschancen durch eine ausbildung oder einschlägige tests erhöhen, sei nicht nachvollziehbar. zudem dauere eine ausbildung mindestens zwei jahre, nach denen sie möglicherweise nicht mehr studierfähig sei. außerdem habe die beklagte vergleichbare sachverhalte als härtefälle angesehen. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die von der beklagten übersandten bewerbungsunterlagen ergänzend bezug genommen. 17 | 18die kammer entscheidet über die klage gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, weil sie der auffassung ist, dass die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind dazu gehört worden. 19die klage ist zulässig, aber unbegründet. 20der ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf zuteilung des beantragten studienplatzes im studiengang humanmedizin an der universität m. nach den für das wintersemester 2021/22 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen. 21studienplätze im studiengang humanmedizin werden in einem zentralen vergabeverfahren nach den regelungen des in allen bundesländern ratifizierten, am 1. dezember 2019 in kraft getretenen staatsvertrages über die hochschulzulassung (vergabe-staatsvertrag) in verbindung mit den in den einzelnen ländern erlassenen, die vorgaben des staatsvertrages konkretisierenden rechtsverordnungen vergeben. diese verordnungen müssen nach art. 12 abs. 2 des vergabe-staatsvertrages in den für die zentrale vergabe wesentlichen punkten übereinstimmen. im folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen verordnungen der übrigen länder – auf die verordnung über die vergabe von studienplätzen in nordrhein-westfalen (studienplatzvvo nrw) vom 13. november 2020 (gvbl. nrw 2020, s. 1060), geändert durch verordnung vom 29. april 2021 (gvbl. nrw 2021, s. 566), bezug genommen. 22die studienplätze der in das zentrale vergabeverfahren einbezogenen studiengänge werden in verschiedenen, in art. 9 und 10 des vergabe-staatsvertrages beschriebenen zulassungsquoten vergeben. während die studienplätze der „zusätzlichen eignungsquote“ und der „auswahlquote der hochschulen“ von den einzelnen hochschulen vergeben werden, die sich dabei der unterstützung durch die beklagte bedienen, werden die studienplätze der „vorabquoten“ und der „abiturbestenquote“ von der beklagten in eigener verantwortung vergeben (art. 5 abs. 1, art. 10 abs. 1 vergabe-staatsvertrag). 23die studienplätze der abiturbestenquote werden gemäß artikel 10 abs. 1 des vergabe-staatsvertrages in verbindung mit § 15 studienplatzvvo nrw nach dem ergebnis der hochschulzugangsberechtigung vergeben. mit der von ihr im abitur erreichten abiturnote 1,1 erfüllt die klägerin nicht die zum wintersemester 2021/2022 in der abiturbestenquote hinsichtlich der von ihr ausschließlich benannten universität m. maßgebliche auswahlgrenze. diese lag bei einer abiturnote von 1,0. 24die klägerin hat auch keinen anspruch, mit einer verbesserten fiktiven durchschnittsnote am vergabeverfahren beteiligt zu werden. § 15 abs. 4 studienplatzvvo nrw in verbindung mit art. 8 abs. 2 vergabe-staatsvertrag ermöglicht einen nachteilsausgleich, wenn jemand aus nicht selbst zu vertretenden gründen daran gehindert war, eine bessere durchschnittsnote zu erreichen. ein entsprechender nachteilsausgleich wird nur auf antrag gewährt. 25vorliegend hat die klägerin bereits keinen entsprechenden antrag gestellt, sondern lediglich im rahmen ihres härtefallantrages darauf hingewiesen, dass sie seit 2014 behindertensport betreibe und seit 2019 im kader der sitzvolleyball-frauennationalmannschaft sei. erstmals im klageverfahren legte sie entsprechende unterlagen betreffend ihre seit 2019 (nicht näher datiert) bestehende zugehörigkeit zum olympiakader vor. ob mit diesen unterlagen die für eine begehrte leistungsverbesserung erforderliche zugehörigkeit zu einem kader der bundessportfachverbände von mindestens einjähriger ununterbrochener dauer während der letzten drei jahre vor erwerb der hochschulzugangsberechtigung im juni 2020 dargetan wurde, kann dahinstehen. denn neben dem nachweis einer entsprechenden zugehörigkeit ist zusätzlich nachzuweisen, wie sich dieser umstand auf die durchschnittsnote ausgewirkt hat. insoweit ist dem antrag ein schulgutachten beizufügen. in einem schulgutachten ist für jedes in betracht kommende unterrichtsfach glaubhaft festzustellen, welche bessere note bzw. höhere punktzahl ohne die beeinträchtigung durch die zeitintensiven sportlichen aktivitäten in einem kader zu erwarten gewesen wäre. daran mangelt es vorliegend, ein schulgutachten hat die klägerin nicht vorgelegt. 26die klägerin hat auch keinen anspruch auf auswahl nach härtegesichtspunkten (§ 10 studienplatzvvo nrw). die studienplätze der härtefallquote werden an bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche härte bedeuten würde, wenn sie keine zulassung erhielten. eine außergewöhnliche härte liegt gemäß § 10 satz 2 studienplatzvvo nrw vor, wenn in der eigenen person liegende besondere soziale oder familiäre gründe die sofortige aufnahme des studiums zwingend erfordern. da die zulassung im härtefallwege nach dem system des § 8 abs. 2 studienplatzvvo nrw zwangsläufig zur zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen erstbewerbers führt, ist eine strenge betrachtungsweise geboten. 27vgl. oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, beschlüsse vom 17. mai 2010 - 13 b 504/10 -, vom 2. juli 2012 - 13 b 656/12 - und vom 10. januar 2022 - 13 e 979/21 -, abrufbar auf www.nrwe.de; verwaltungsgericht (vg) gelsenkirchen, urteil vom 17. august 2015 - 6z k 3872/14 - und gerichtsbescheid vom 4. juni 2018 - 6z k 10273/17 -; bahro/c1. , das hochschulzulassungsrecht in der brd, 4. aufl. 2003, § 21 vergabevo rn. 1. 28im blick zu behalten ist überdies die funktion der härtefallregelung. sie soll – wie schon der wortlaut der vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten massenverfahrens der studienzulassung einen ausgleich für besondere einzelfälle schaffen, in denen die anwendung der regulären auswahlkriterien dem gebot der chancengleichheit nicht gerecht wird; nach möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer benachteiligungen an der erreichung seines berufsziels gehindert werden. anderen zwecken – etwa der kompensation erlittener schicksalsschläge oder erfahrenen leids – darf die härtefallzulassung hingegen nicht dienen. 29vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 14. juni 2013 - 13 b 440/13 -, vom 11. dezember 2014 - 13 b 1297/14 - und vom 18. dezember 2014 - 13 b 1360/14 -; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 21. dezember 2016 - 6z l 2869/16 - und vom 24. november 2020 - 6z l 1418/20 -, alle auf www.nrwe.de und mit weiteren nachweisen; brehm/maier, dvbl. 2016, 1166 (1169 ff.). 30gemessen an diesen überlegungen sind die voraussetzungen für eine zulassung nach § 10 studienplatzvvo nrw vorliegend nicht dargetan. eine solche zulassung kommt unter anderem dann in betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine krankheit mit tendenz zur verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher wahrscheinlichkeit bei einem späteren studienbeginn die belastungen des studiums in diesem studiengang nicht durchgestanden werden können. 31so auch die beklagte selbst in der auf ihrer homepage abrufbaren publikation „ergänzende informationen für ihre studienplatzbewerbung im zentralen vergabeverfahren für bundesweit zulassungsbeschränkte studiengänge“ (stand: ws 2021/2022), s. 17 f. 32insoweit ist als nachweis ein fachärztliches gutachten vorzulegen, das zu diesen kriterien hinreichend stellung nimmt und konkrete aussagen über entstehung, schwere, verlauf und behandlungsmöglichkeiten der erkrankung sowie eine fundierte prognose über den weiteren krankheitsverlauf enthält. der von der klägerin mit den bewerbungsunterlagen eingereichte arztbrief des behandelnden facharztes für innere medizin und hämatologie/onkologie dr. h. vom 14. märz 2021 genügt den vorgenannten anforderungen nicht. in dem arztbrief wird der klägerin attestiert, 2013 an einem metastasierenden malignen osteosarkom erkrankt zu sein. in der folgezeit, zuletzt 2020, seien wiederholt metastasen aufgetreten, die operativ und teilweise mit zusätzlicher chemotherapie hätten behandelt werden müssen. bei den letzten beiden verlaufskontrollen im dezember 2020 und im märz 2021 sei eine komplette remission feststellbar gewesen. 33auf der grundlage dieser stellungnahme lässt sich nicht feststellen, dass der eng auszulegende tatbestand der härtefallregelung erfüllt ist, obwohl die klägerin zweifellos an einer sehr ernsthaften erkrankung leidet. die ausführungen zur prognose des weiteren krankheitsverlaufs und denkbaren behandlungsmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. hierbei verkennt das gericht nicht, dass eine exakte vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen entwicklung eines patienten wegen des stets individuellen verlaufs einer jeden erkrankung häufig kaum möglich sein wird. dennoch erfordert § 10 studienplatzvvo nrw, dass der facharzt eine auf den konkreten einzelfall bezogene prognose abgibt und diese eingehend begründet. denn die beklagte und auch das gericht sind im interesse der chancengleichheit der mitbewerber um einen medizinstudienplatz gehalten, die ihnen vorgelegten ärztlichen atteste kritisch zu hinterfragen. entscheidend ist, dass diejenigen symptome, die für das absolvieren des studiums von besonderer bedeutung sind und die wahrscheinlichkeit ihres künftigen auftretens im gutachten konkret benannt werden. angaben zu der frage, welche symptome zu welchem zeitpunkt in der zukunft nach statistischen erkenntnissen oder nach der erfahrung des arztes mit einiger wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die unterbrechung des studiums erzwingender form und für einen mehr als unerheblichen zeitraum einzutreten pflegen, inwieweit sie durch eine therapie gelindert werden können und worauf die prognose beruht, sind unverzichtbar, um die voraussetzungen des härtefalltatbestands feststellen und diejenigen studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige zulassung zur wahrung der chancengleichheit geboten ist. daraus folgt auch, dass die anerkennung eines härtefalls allein aufgrund der diagnose einer bestimmten krankheit, unabhängig von ihren konkreten auswirkungen auf den studienbewerber, nicht in betracht kommt. 34vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 12. dezember 2018 - 13 b 1561/18 - und vom 10. januar 2022 - 13 e 979/21 -, juris; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 15. oktober 2014 - 6z l 1403/14 -, vom 31. märz 2017 - 6z l 787/17 - und vom 25. märz 2021 - 6z l 303/21 - sowie urteil vom 17. august 2015 - 6 k 3872/14 -, juris und www.nrwe.de. 35vorliegend ist auf der grundlage der stellungnahme des facharztes dr. h. letztlich nicht erkennbar, mit welcher weiteren entwicklung im falle der klägerin wann zu rechnen ist und inwieweit diese - auch bei entsprechender behandlung eines im raume stehenden rezidivs - den verlauf eines humanmedizinstudiums beeinträchtigen würde. das gericht verkennt nicht, dass sich insbesondere insoweit eine individuelle prognose für den behandelnden arzt schwierig gestalten dürfte. gleichwohl darf erwartet werden, dass sich das ärztliche gutachten darüber verhält, mit welcher wahrscheinlichkeit nach seiner erfahrung bei der klägerin ein (erneuter) rückfall zu erwarten ist und welche auswirkungen dies auf ihre studierfähigkeit hätte. 36es stellt sich im übrigen die frage, ob die klägerin, die auch ein praktikum hat absolvieren können, nicht in der lage ist, durch die absolvierung der einschlägigen tests sowie eine einschlägige berufsausbildung und -tätigkeit zulassungschancen in der „zusätzlichen eignungsquote“ und im „auswahlverfahren der hochschulen“ zu erwerben. soweit die klägerin meint, diese verfahrensweise könne letztlich jedem studienbewerber angeraten werden, der einen härtefallanspruch auf zulassung habe, kann dem nicht gefolgt werden. eine außergewöhnliche härte gemäß § 10 satz 2 studienplatzvvo nrw liegt dann vor, wenn in der eigenen person liegende besondere soziale oder familiäre gründe die sofortige aufnahme des studiums zwingend erfordern. hinsichtlich eines mit einer erkrankung begründeten härtefalles ist die vorschrift dahingehend zu verstehen, dass der gesundheitszustand des studienbewerbers keine weitere verzögerung der studienaufnahme zulässt, da ansonsten das studium mit einer gewissen wahrscheinlichkeit nicht mehr zum abschluss gebracht werden kann. ein solcher studienbewerber ist selbstverständlich weder auf eine berufsausbildung noch auf einschlägige tests zu verweisen, um eine spätere studienaufnahme zu ermöglichen. so liegt der fall der klägerin mit blick auf den vorgelegten arztbrief des behandelnden facharztes für innere medizin und hämatologie/onkologie dr. h. vom 14. märz 2021, der jedwede prognostischen ausführungen zum weiteren krankheitsverlauf vermissen lässt, gerade nicht. von einer bevorstehenden verschlechterung ist nicht die rede, vielmehr sei bei den letzten beiden verlaufskontrollen im dezember 2020 und im märz 2021 eine komplette remission feststellbar gewesen. vor diesem hintergrund hält die kammer es nicht für unzumutbar, die klägerin auf einen entsprechenden test zu verweisen, der ihr in verbindung mit ihrer hervorragenden abiturnote durchaus eine realistische zulassungschance an der universität m. in den oben genannten quoten verschaffen könnte. 37weitergehende ermittlungen, warum andere studienbewerber, deren situation der der klägerin ähneln, in der vergangenheit als härtefall eine zulassung zum studium bekommen haben, hält die kammer nicht für zielführend, weil es - wie bereits ausgeführt - nicht auf die diagnose einer bestimmten krankheit, sondern auf die konkreten, dem fachärztlichen attest zu entnehmenden umstände des jeweiligen einzelfalls ankommt. 38die nachweismängel werden sich für das bewerbungsverfahren zum wintersemester 2021/2022 auch nicht mehr beheben lassen. erst im gerichtlichen verfahren eingereichte unterlagen dürfen von der kammer nicht berücksichtigt werden. denn die für das auswahl- und verteilungsverfahren maßgeblichen unterlagen mussten in bezug auf das wintersemester 2021/2022 spätestens bis zum 5. august (bzw. 15. juni für sog. altbewerber) vorliegen (§ 6 abs. 1 satz 3 studienplatzvvo nrw). die vorschrift statuiert eine gesetzliche ausschlussfrist, so dass die rechtmäßigkeit der entscheidung der beklagten über einen zulassungsantrag auch vom gericht ausschließlich anhand derjenigen unterlagen zu prüfen ist, die innerhalb der bewerbungs- bzw. nachfrist bei der beklagten vorgelegen haben. 39vgl. auch ovg nrw, beschlüsse vom 27. dezember 2017 - 13 b 1333/17 -, www.nrwe.de, und vom 12. dezember 2018 - 13 b 1561/18 -, n.v., mit weiteren nachweisen. 40nach ständiger rechtsprechung ist die statuierung der ausschlussfristen mit blick auf die besonderheiten der studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen bedenken. von der beklagten ist innerhalb eines recht kurzen zeitraums eine sehr große zahl von zulassungsanträgen (mehrere zehntausend) im zentralen verfahren zu bearbeiten und praktisch jede nachträgliche veränderung des datenbestandes führt zu einer verschiebung in den auswahllisten. das durchzuführende auswahl- und verteilungsverfahren kann erst in gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die auswahl und verteilung erheblichen daten aller bewerber feststehen. das interesse der allgemeinheit und auch der studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen vergabe der studienplätze rechtfertigt eine strikte handhabung der den studienbewerbern gesetzten fristen. 41vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 12. september 2011 - 13 a 1090/11 - und vom 7. dezember 2010 - 13 b 1481/10 -, juris; vg gelsenkirchen, gerichtsbescheid vom 13. dezember 2012 - 6z k 4229/12 - sowie beschlüsse vom 1. oktober 2015 - 6z l 1905/15 - und vom 10. september 2019 - 6z l 1304/19 -. 42aus den vorgenannten gründen kann die kammer die erstmals im klageverfahren vorgelegte weitere ärztliche stellungnahme des behandelnden facharztes für innere medizin und hämatologie/onkologie dr. h. vom 20. september 2021 nicht berücksichtigen. auch diese dürfte im übrigen nicht den oben dargestellten ansprüchen genügen, da erneut nicht hinreichend ausgeführt wird, mit welcher wahrscheinlichkeit nach der erfahrung des behandelnden arztes bei der klägerin ein (erneuter) rückfall zu erwarten ist, sondern dort lediglich von „eingeschränkter prognose für den langzeitverlauf“ und „relevantem risiko eines erneuten rückfalles“ die rede ist. 43die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 44die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung (zpo). 45rechtsmittelbelehrung: 46gegen diesen gerichtsbescheid können die beteiligten die zulassung der berufung oder mündliche verhandlung beantragen; wird von beiden rechtsbehelfen gebrauch gemacht, findet mündliche verhandlung statt. 47belehrung für den fall, dass die zulassung der berufung beantragt wird: 48die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. über den antrag, der den angefochtenen gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des gerichtsbescheides sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 49die berufung ist nur zuzulassen, wenn 501. ernstliche zweifel an der richtigkeit des gerichtsbescheids bestehen, 512. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 523. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 534. der gerichtsbescheid von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 545. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 55auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 56im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 57belehrung für den fall, dass mündliche verhandlung beantragt wird: 58der antrag auf mündliche verhandlung ist bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle zu stellen. wird der antrag rechtzeitig gestellt, gilt der gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges urteil. 59auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. |
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} | 7 D 303/20.AK | 2022-03-17T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von vier Windenergieanlagen östlich des Ortsteils W. der Stadt F. . 3Sie ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten und von ihr bewohnten Grundstücks Gemarkung W. , Flur 3, Flurstück 264 mit der Anschrift I. 36 in F. -W. . Das Grundstück liegt westlich der geplanten Standorte für die Windenergieanlagen in einer Entfernung von ca. 1.800 m am westlichen Ortsrand von W. im unbeplanten Bereich. 4Die Beigeladene beantragte mit Schreiben vom 27.2.2019 bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von vier Windenergieanlagen (WEA) des Typs Nordex N149/4.5 jeweils mit einer Nabenhöhe von 164 m, einem Rotordurchmesser von 149,1 m und einer Nennleistung von 4.500 kW auf den Grundstücken Gemarkung F. , Flur 17, Flurstück 52 (WEA 1) sowie Gemarkung W. , Flur 6, Flurstücke 227 (WEA 2 und WEA 3) und 230 (WEA 4). Zugleich beantragte sie die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Das Genehmigungsverfahren wurde nach § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Das Vorhaben und das Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, wurden im Amtsblatt des Beklagten am 15.4.2019 veröffentlicht. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erhob auch die durch ihren Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin Einwendungen. 5Mit Bescheid vom 10.11.2020 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der vier Windenergieanlagen des Typs Nordex N149/4.5 mit den genannten technischen Daten auf den genannten Flurstücken der Flur 17 in der Gemarkung F. und der Flur 6 in der Gemarkung W. . Der Bescheid wurde am 26.11.2020 im Amtsblatt des Beklagten einschließlich der Rechtsbehelfsbelehrung öffentlich bekanntgemacht. Die Rechtsbehelfsbelehrung weist darauf hin, dass gegen diesen Bescheid Klage erhoben werden könne und dass das Widerspruchsverfahren abgeschafft worden sei. 6Die Klägerin hat am 22.12.2020 dagegen Klage erhoben. 7Auf den Änderungsantrag der Beigeladenen vom 19.5.2021 und nach Hinzuziehung der Klägerin als Beteiligte zum Verwaltungsverfahren erteilte der Beklagte unter dem 19.8.2021 einen Änderungsbescheid zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10.11.2020. Danach wurde der bisher genehmigte Windenergieanlagentyp Nordex N149/4.5 (Produktreihe Delta 4000) durch den Anlagentyp Nordex N149/5.7 (Produktreihe Delta 4000) ersetzt und die Nennleistung auf 5.700 kW erhöht. Zugleich wurde der bisher genehmigte Stahl-Beton-Hybridturm in achteckiger Bauweise durch einen Stahl-Beton-Hybridturm in runder Bauweise ersetzt und der Durchmesser des bisher genehmigten Flachfundaments von 24,2 m auf 24,0 m verkleinert. Zudem erfolgte eine Änderung der schallreduzierten Betriebsweise der Windenergieanlagen zur Nachtzeit. Der Schallleistungspegel der WEA 1 und WEA 2 blieb dabei unverändert, derjenige der WEA 3 und WEA 4 wurde von 100 dB(A) auf 99,5 dB(A) reduziert. Der Änderungsbescheid vom 19.8.2021 wurde der Klägerin unter dem 25.8.2021 mit einer Belehrung über die Möglichkeit der Klageerhebung zugesandt. 8Die Klägerin hat am 31.8.2021 diesen Änderungsbescheid in ihre Klage einbezogen. 9Sie trägt zur Begründung der Klage im Wesentlichen vor: Der Betrieb der Anlagen führe jedenfalls zur Nachtzeit zu einer Überschreitung des geltenden Richtwerts, weil das Lärmgutachten der Kötter Consulting GmbH mangelhaft sei. Für ihr Wohnhaus sei ein Richtwert von 35 dB(A) zur Nachtzeit anzusetzen, da es sich in einem faktischen reinen Wohngebiet befinde. Die Vorbelastung durch die bestehenden Gewerbebetriebe wie die Zementwerke und den Abfallwirtschaftsbetrieb sei „passend gerechnet“ worden. Ebenso sei es fehlerhaft, dass die von der nahe gelegenen Bundesautobahn A 44 und der Bundesstraße B 55 ausgehenden Schallimmissionen nicht ermittelt worden seien. Zudem würden Reflexionseffekte an ihrem Wohnhaus aufgrund eines rechtwinkligen Vorsprungs in nordwestlicher Richtung eintreten, was zu einer Erhöhung des Einwirkungspegels um bis zu 3 dB(A) führe. Die so genannte Amplitudenmodulation durch den jeweiligen Rotorschlag der Anlagen sei nicht berücksichtigt worden; es sei zunächst ein Sicherheitszuschlag wegen einer möglichen störenden Auffälligkeit zu vergeben. Die Ausbreitungsberechnung sei auch deshalb unzulänglich, weil sie sowohl Witterungsbedingungen mit gefrorenem Boden als auch ausgeprägte Inversionswetterlagen unberücksichtigt gelassen habe. Es sei eine Kurzzeitmittelung unter Mitwindbedingungen vorgenommen worden, die gerade keine im Jahresverlauf sich ändernden Witterungsbedingungen berücksichtigt habe. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, warum lediglich der Frequenzbereich ab 63 Hz und nicht auch die darunter liegenden Frequenzen Berücksichtigung finden sollte. Generell sei nicht berücksichtigt worden, dass es sich bei dem Interimsverfahren lediglich um eine übergangweise Hilfsberechnung handele. Die Errichtung und der Betrieb der Anlage würden bezogen auf den Immissionspunkt an ihrem Wohnhaus bei einem relevanten Teil der Bevölkerung zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit und des körperlichen Wohlbefindens führen. Dieser Bevölkerungsteil entwickle – was Studien wie die so genannte VTT-Studie zeigten – gesundheitliche Symptome von leichteren Befindlichkeitsstörungen bis hin zu schwerwiegenden Symptomatiken. Hierfür machten die betroffenen Anwohner den von einer Windenergieanlage ausgehenden Infraschall verantwortlich. Ausschlaggebend dürfte letztlich die Gesamtheit der vielfältigen, von den Anlagen ausgehenden optischen und akustischen Auswirkungen sein. Dass es zur Verneinung der gesundheitsschädlichen Wirkung von Windenergieanlagen nicht ausreichend sei, sich auf die Studienlage zu beziehen, zeige ein aktueller Beweisbeschluss des OLG Hamm vom 8.12.2020. Das Vorhaben sei auch ihr gegenüber rücksichtlos. Es müsse in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung aller Eigenschaften und Auswirkungen und nicht nur mit Blick auf eine etwaige optisch bedrängende Wirkung betrachtet werden. Schließlich würde das Vorhaben zu unbeherrschbaren und für sie unzumutbaren Brandrisiken führen. Das gelte insbesondere mit Blick auf die Gefahr der Brandausbreitung durch Funkenflug. 10Die Klägerin beantragt, 11den der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 10.11.2020 zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windenergieanlagen in der Fassung des Änderungsbescheids des Beklagten vom 19.8.2021 aufzuheben. 12Der Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Er trägt im Wesentlichen vor: Die Klage sei nicht begründet, da die Klägerin durch die Genehmigung nicht in ihren Rechten verletzt sei. Das Wohngrundstück der Klägerin liege nicht in einem reinen Wohngebiet und sei wenigstens als allgemeines Wohngebiet mit einem Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nachts einzustufen. In der Umgebung befänden sich zahlreiche gewerbliche Nutzungen, die in ihren Schriftsätzen vom 10.3.2022 und 15.3.2022 mit Anlagen im Einzelnen dargestellt seien. Es liege in Randlage zum Außenbereich und werde von mehreren Bebauungsplänen umsäumt, die in diesem Bereich ein allgemeines Wohngebiet festsetzten. Das Wohngrundstück der Klägerin befinde sich schon nicht im Einwirkungsbereich der Anlagen. Deswegen und wegen Nr. 3.2.2 der TA Lärm müsse die Vorbelastung hier nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin könne schon wegen der Entfernung zu den Windenergieanlagen keine Beeinträchtigung durch Infraschall geltend machen. Das OLG Hamm habe mit seiner Entscheidung lediglich eine Beweiserhebung eingeleitet. Anhaltspunkte dafür, warum am Wohnort der Klägerin zu beachtende Reflexionseffekte auftreten könnten, habe sie nicht geliefert. Eine Störwirkung des rhythmischen Rotorschlages sei im Einklang mit der Rechtsprechung im Rahmen der Schallimmissionsprognose nicht zu berücksichtigen gewesen. Ebenso seien das schalltechnische Gutachten der L. D. F1. GmbH vom 28.4.2020 und die Ergänzung vom 14.8.2020, die das Interimsverfahren zugrunde legten, hinsichtlich der Berücksichtigung von gefrorenen Böden und verschiedenen Wetterlagen nicht zu beanstanden. Das Vorhaben sei auch nicht rücksichtslos gegenüber der Klägerin. Eine optisch bedrängende Wirkung liege bei dem gegebenen Abstand fern. Ebenso sei hier keine Gesamtbetrachtung der Einwirkungen vorzunehmen. Hinsichtlich des Brandschutzes sei auf das Brandschutzkonzept des Sachverständigenbüros X. C. vom 24.3.2020 sowie den gegebenen Abstand zur Klägerin – auch mit Blick auf den Funkenflug – zu verweisen. 15Die Beigeladene beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie trägt im Wesentlichen vor: Die Klage sei bereits unzulässig. Die Klägerin sei nicht klagebefugt, da ihre subjektiven Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein könnten. Für das Wohnhaus der Klägerin gelte allenfalls der Immissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet. Dies gelte schon wegen der im näheren Umfeld der Straße I. vorhandenen gewerblichen Nutzungen bzw. landwirtschaftlichen Betriebe. Nach Auskunft des Ordnungsamts der Stadt F. seien knapp 25 Gewerbeanmeldungen für diesen Bereich bekannt. Der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nachts sei deutlich unterschritten, was sich auch aus der Stellungnahme der L. D. F1. GmbH vom 26.4.2021 ergebe, die das Wohnhaus der Klägerin als Immissionsort „IO-25“ berücksichtigt habe. Nach Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 19.8.2021 ergebe sich nichts anderes. Der Schallleistungspegel bleibe danach in Bezug auf die WEA 1 und WEA 2 gleich und verringere sich in Bezug auf die WEA 3 und WEA 4 sogar leicht. Für die Immissionsorte „IO-01“ bis „IO-24“ habe der Beklagte ausdrücklich festgestellt, dass aufgrund der beantragten Änderung im Nachtzeitraum sogar eine Reduzierung der Zusatzbelastung um 0,1 dB(A) bis 0,5 dB(A) stattfinde. Angesichts dessen gelte die Beurteilung in der Stellungnahme der L. D. F1. GmbH vom 26.4.2021 nach wie vor. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage hat keinen Erfolg. 21A. Sie allerdings als (Dritt)Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Fall VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. 22I. Die Klägerin ist nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. 23Nach dieser Vorschrift ist eine Anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. 24Die Verletzung eigener Rechte muss auf der Grundlage des Klagevorbringens möglich erscheinen. Diese Möglichkeit ist dann auszuschließen, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Klägerin verletzt sein können. Da die Klägerin nicht Adressatin des von ihr angefochtenen immissionsrechtlichen Genehmigungsbescheides ist, kommt es darauf an, ob sie sich für ihr Begehren auf eine öffentlich-rechtliche Norm stützen kann, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch sie als Dritte schützt. 25Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.9.2020 - 8 A 1161/18 -, juris, m. w. N. 26Die Klägerin beruft sich hier insbesondere darauf, dass die Erteilung der streitgegenständlichen Genehmigung für sie als Bewohnerin und Eigentümerin des Grundstücks mit der Anschrift I. 36 mit nächtlichen Lärmimmissionen verbunden sei, die als schädliche Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) unzulässig seien. 27Mit Blick auf Lärmimmissionen erscheint es möglich, dass der Betrieb einer Anlage für einen Kläger schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft, wenn dessen Grundstück innerhalb des räumlichen Bereichs liegt, in dem die von der Anlage voraussichtlich ausgehenden Geräuscheinwirkungen für sich betrachtet oder in Zusammenhang mit bereits existierenden Geräuscheinwirkungen schädliche Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) hervorrufen können. 28Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5.10.2020 29- 8 A 894/17 -, juris, m. w. N. 30Zwar kommt die schallgutachtliche Stellungnahme der L. D. F1. GmbH vom 26.4.2021 zu dem Ergebnis, dass am Grundstück der Klägerin nachts eine Zusatzbelastung von maximal 29 dB(A) zu erwarten sei, so dass dieser Ort bei einem dort angesetzten Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nachts nicht im Einwirkungsbereich der Schallquellen im Sinne von Nr. 2.2 der TA Lärm läge. Die Klägerin greift jedoch den zugrunde gelegten Immissionsrichtwert für ihr im unbeplanten Innenbereich und nach ihrer Ansicht dort in einem faktischen reinen Wohngebiet liegendes Grundstück an und wendet sich gegen das Schallgutachten in seinen Einzelheiten – einschließlich der Ermittlung der Vorbelastung – und damit auch hinsichtlich der Gesamtbelastung für ihr Wohnhaus. Dies genügt nach dem aufgezeigten Maßstab noch zur Begründung ihrer Klagebefugnis. 31II. Eines Vorverfahrens vor Klageerhebung nach §§ 68 ff. VwGO bedurfte es nicht. 32Ein solches Vorverfahren war hier ausnahmsweise entbehrlich. Zwar findet nach § 110 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 JustG NRW das Vorverfahren Anwendung auf im Verwaltungsverfahren nicht beteiligte Dritte, die sich gegen den Erlass eines einen anderen begünstigenden Verwaltungsaktes wenden. Das gilt grundsätzlich auch im Rahmen von immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungen wie hier. 33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.9.2020 - 8 A 1161/18 -, juris, m. w. N. 34Wenn allerdings die Behörde – wie hier – zu erkennen gibt, sie halte den Rechtsbehelf des Widerspruchs für nicht gegeben, und damit den Betroffenen von der Einlegung des Rechtsbehelfs abhält, ist ein Vorverfahren entbehrlich. 35Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.1.1972 - V C 10.71 -, juris, vom 13.1.1971 - V C 70.70 -, juris, und vom 27.3.1968 - V C 3.67 -, juris; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 68 Rn. 35. 36Eines Vorverfahrens vor Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 19.8.2021 in die Klage bedurfte es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 1 JustG NRW schon deshalb nicht, weil der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 29.7.2021 förmlich als Beteiligte zu diesem Verwaltungsverfahren nach § 13 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 VwVfG NRW hinzugezogen hatte. 37B. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Genehmigung des Beklagten vom 10.11.2020 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 19.8.2021, weil diese Genehmigung sie nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 38Eine solche Rechtsverletzung ergibt sich weder durch Schallimmissionen (dazu I.) noch durch die optischen Auswirkungen der streitgegenständlichen Anlagen (dazu II.). Die Gesamtbelastung aller Störwirkungen war nicht gesondert zu ermitteln und zu bewerten (dazu III.). Es bestehen keine Anhaltspunkte für durch die Anlagen bedingte rechtlich relevante gesundheitliche Beeinträchtigungen zulasten der Klägerin (dazu IV.). Eine relevante Beeinträchtigung besteht auch nicht durch Mikroplastikpartikel (dazu V.). Schließlich verletzen weder die Bestimmungen zum C. in der Genehmigung (dazu VI.) noch ein etwaiger Verstoß gegen die Regelung zum Mindestabstand für privilegierte Windenergieanlagen nach § 2 BauGB-AG NRW (dazu VII.) die Klägerin in ihren Rechten. 39I. Ausgehend von den hier maßgeblichen Immissionsrichtwerten der TA Lärm (dazu 1.) ist die Klägerin auf der Grundlage der vorgelegten Schallimmissionsprognosen keinen unzumutbaren Lärmimmissionen durch das Vorhaben ausgesetzt (dazu 2. bis 4.). 401. Der Immissionsrichtwert für das Grundstück der Klägerin mit der Anschrift I. 36 beträgt – soweit hier von Relevanz – nicht weniger als 40 dB(A) nachts. 41Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen von Windenergieanlagen schädlich im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, bestimmt sich maßgeblich nach Nr. 6.1 TA Lärm. 42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris – das Urteil ist nach dem Beschluss des BVerwG vom 8.11.2021 - 7 B 3/21 -, juris, rechtskräftig. 43Entgegen der Ansicht der Klägerin sind nicht die Immissionsrichtwerte der TA Lärm in der hier maßgeblichen Fassung vom 1.6.2017 für ein reines Wohngebiet (§ 3 BauNVO) nach Nr. 6.1 Buchst. f TA Lärm einschlägig. Vielmehr sind nach der in der näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin vorhandenen Bau- und Nutzungsstruktur zumindest die höheren Richtwerte für ein allgemeines Wohngebiet (vgl. § 4 BauNVO) gemäß Nr. 6.1 Buchst. e TA Lärm anzuwenden. 44Da es vorliegend für das Grundstück an einer Festlegung der Art des Gebiets durch einen Bebauungsplan als Grundlage für eine Zuordnung gemäß Nr. 6.6 TA Lärm fehlt, kann der von der Klägerin gewünschte Richtwert nur dann Anwendung finden, wenn es sich um ein faktisches reines Wohngebiet (vgl. § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO) handelt. Das vermag der Senat anhand der vorliegenden Akten und unter Würdigung des Vorbringens der Beteiligten nicht festzustellen. 45Nach § 3 Abs. 1 BauNVO dienen reine Wohngebiete dem Wohnen. Zulässig sind gemäß § 3 Abs. 2 BauNVO Wohngebäude (Nr. 1) und Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen (Nr. 2). Ausnahmsweise können zugelassen werden Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes (Nr. 1) und sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 2). 46Nach diesen Maßgaben können die Immissionsrichtwerte für ein (faktisches) reines Wohngebiet hier nicht zugrunde gelegt werden, weil die maßgebliche Umgebung des Grundstücks der Klägerin auch durch Gewerbebetriebe geprägt wird. Die von dem Beklagten in den Schriftsätzen vom 10.3.2022 und 15.3.2022 dokumentierten Gewerbebetriebe mit der Anschrift I. 20 (Elektromaschinenbau, Elektrotechnik) bzw. I. 2 (Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen) liegen innerhalb der näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin und wären in einem reinen Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO unzulässig. 472. Unter Zugrundelegung der nach Nr. 6.1 Buchst. e TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte von 40 dB(A) nachts und 55 dB(A) tags ist die Klägerin keinen unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt. 48a) Ihr Grundstück liegt nach den vorgelegten Schallimmissionsprognosen nicht mehr im Einwirkungsbereich der streitgegenständlichen Anlagen im Sinne von Nr. 2.2 TA Lärm. 49Nach Nr. 2.2 TA Lärm sind Einwirkungsbereich einer Anlage die Flächen, in denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche 50a) einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt, oder 51b) Geräuschspitzen verursachen, die den für deren Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwert erreichen. 52Diese Voraussetzungen sind hier insgesamt nicht erfüllt. 53Ausweislich der gutachtlichen Stellungnahme der L. D. F1. GmbH vom 26.4.2021, die das Wohnhaus der Klägerin als Immissionsort „IO-25“ berücksichtigt hat, tritt der höchste Schalldruckpegel der Zusatzbelastung an den Fassadenpunkten „IO-25no_b 1. OG“ und „IO-25no_c 1. OG“ mit Lr = 29,0 dB(A) auf. Die Beurteilungspegel unterschreiten an jedem der untersuchten Fassadenpunkte den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nachts um mindestens 11 dB(A) und überschreiten damit die von Nr. 2.2 Buchst. a TA Lärm geforderte Differenz zwischen dem Beurteilungspegel und dem Immissionsrichtwert von weniger als 10 dB(A). Nichts anderes ergibt sich zugunsten der Klägerin im Ergebnis aus dem Änderungsbescheid vom 19.8.2021. Wie die Beigeladene mit anwaltlichem Schriftsatz vom 7.9.2021 zutreffend ausgeführt hat, bleibt der Schallleistungspegel nachts ausweislich dieses Änderungsbescheids in Bezug auf die WEA 1 und WEA 2 mit 96,5 dB(A) bzw. 97 dB(A) jeweils gleich und verringert sich in Bezug auf die WEA 3 und die WEA 4 sogar leicht von jeweils 100,0 dB(A) auf 99,5 dB(A). Ausweislich der im Änderungsbescheid (dort Seiten 14 f.) aufgeführten Ergänzung der L. D. F1. GmbH vom 27.11.2020 findet für die Immissionsorte „IO-01“ bis „IO-24“ eine Reduzierung der Zusatzbelastung um 0,1 dB(A) bis 0,5 dB(A) statt. Im Ergebnis muss es danach auch für das Wohnhaus der Klägerin als Immissionsort „IO-25“ dabei verbleiben, dass entsprechend der Stellungnahme vom 26.4.2021 der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nachts um mindestens 11 dB(A) unterschritten wird. Für die Tageszeit ergibt sich mit Blick auf den um 15 dB(A) auf 55 dB(A) erhöhten Immissionsrichtwert nichts anderes. Auch ist nicht ersichtlich, dass (kurzzeitige) Geräuschspitzen verursacht werden, die den für deren Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm erreichen. 54b) Die gegen die Schallimmissionsprognosen gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch. 55aa) Die Schallimmissionsprognosen sind nicht deshalb fehlerhaft, weil sie den Bodendämpfungsfaktor überschätzt hätten. 56Mit Blick auf die Berücksichtigung der Bodenstruktur (z. B. gefrorener Boden) ist davon auszugehen, dass eine Prognose regelmäßig dann auf der sicheren Seite liegt, wenn eine den Beurteilungspegel senkende Bodendämpfung in der Berechnung unberücksichtigt bleibt. Bei diesem Ansatz wird der Boden als schallharte Platte betrachtet, an der Schall reflektiert. 57Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.3.2021 - 8 A 3518/19 -, juris. 58Dies ist bei einer Schallimmissionsprognose nach dem Interimsverfahren wie derjenigen der L. D. F1. GmbH der Fall. Die Bodendämpfung Agr wird nach dem Gutachten vom 28.4.2020 (dort Seite 18) pauschal auf -3 dB festgesetzt und damit nicht berücksichtigt. 59bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin berücksichtigen die den Schallimmissionsprognosen zugrunde liegenden Berechnungsmethoden die jahreszeitlich verschiedenen Witterungsbedingungen nicht in unzureichender Weise. 60Witterungsbedingungen werden bei der Berechnung nach dem Prognosemodell der DIN ISO 9613-2, auf dem – mit Modifikationen – sowohl das alternative Verfahren als auch das Interimsverfahren beruhen, über die meteorologische Korrektur Cmet berücksichtigt (vgl. Abschnitt 8 der DIN ISO 9613-2). Das Prognosemodell der DIN ISO 9613-2 geht grundsätzlich von schallausbreitungsgünstigen Witterungsbedingungen aus und bezieht neben anderen Dämpfungstermen auch die meteorologische Korrektur Cmet ein, so dass ein Langzeit-Mittelungspegel für verschiedene Witterungsbedingungen erhalten wird. 61Vgl. Agatz, Windenergie-Handbuch, 17. Ausg. Dezember 2020, S. 334 f. 62Entfällt diese Korrektur – wie hier nach dem Schallgutachten der L. D. F1. GmbH vom 28.4.2020 (dort Seiten 18 und 44) –, können unterschiedliche Witterungsbedingungen jedenfalls nicht zu einer Erhöhung des Schallpegels führen. 63Vgl. OVG NRW, rechtskräftiges Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris. 64Soweit sich die Einwände der Klägerin der Sache nach gegen die allgemeinen Berechnungsansätze der Schallimmissionsprognosen nach der DIN ISO 9613-2 in Bezug auf Wettereffekte, etwa auch bezogen auf eine Kurzzeit- oder Langzeitmittelung, richten, greifen sie unabhängig vom Vorstehenden wegen der Bindungswirkung der TA Lärm, die auf die DIN ISO 9613-2 Bezug nimmt, nicht durch. 65Es ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die von der Klägerin benannten Aspekte (Inversionswetterlagen, gefrorener Boden, jahreszeitlich verschiedene Witterungsbedingungen) bei dem den Schallimmissionsprognosen zugrunde liegenden Berechnungsverfahren der DIN ISO 9613-2 unzureichend berücksichtigt worden sein könnten, und zwar weder bei der dort vorgesehenen Kurzzeitmittelung noch bei der Langzeitmittelung. Es handelt sich dabei nicht um neuere Erkenntnisse, sondern um Phänomene, die schon bei der Abfassung der DIN ISO 9613-2 bekannt waren und bei denen daher davon auszugehen ist, dass sie dabei angemessen berücksichtigt worden sind. 66Wegen der Bindungswirkung der TA Lärm und der darin in Bezug genommenen Berechnungsmethode nach der DIN ISO 9613-2 greift auch der Einwand der Klägerin nicht durch, dass es sich bei den Prognoseverfahren um Hilfsberechnungsverfahren handele, von deren Ergebnissen die Realität möglicherweise abweiche. 67Vgl. OVG NRW, rechtskräftiges Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris, m. w. N. 68cc) Die Schallimmissionsprognosen sind auch nicht fehlerhaft mit Blick auf den von der Klägerin erhobenen Einwand der nicht ausreichenden Berücksichtigung möglicher Schallreflexionen entsprechend der Formel „Einfallswinkel = Ausfallswinkel“. 69Nach der Schallimmissionsprognose der L. D. F1. GmbH vom 26.4.2021 wurden Schallreflexionen in Bezug auf den für das Wohnhaus der Klägerin maßgeblichen Immissionsort „IO-25“ geprüft, aber nicht für jeden Fassadenpunkt bejaht. Dies ist der dortigen Tabelle 2 und der dazugehörigen Fußnote „1) Erhöhung des Schalldruckpegels durch Reflexion“ zu entnehmen. Die Klägerin beruft sich lediglich auf eine mögliche Schallreflexion „aufgrund des rechtwinkligen Vorsprungs des Gebäudes der Klägerin in nordwestlicher Richtung“ und spricht damit offenkundig die Garage an, die auch als Bild 1 in der Schallimmissionsprognose vom 26.4.2021 (dort Seite 4) abgebildet ist. Dass es nach der Prognose an den im 1. Obergeschoss gelegenen Fassadenpunkten mit dem höchsten Schalldruckpegel der Zusatzbelastung „IO-25no_b 1. OG“ und „IO-25no_c 1. OG“ zu keinen Schallreflexionen kommt, ist damit ohne Weiteres nachvollziehbar. 70dd) Ein Zuschlag für eine Amplitudenmodulation war bei der Schallimmissionsprognose nicht zu vergeben. 71Zwar kann es in konkreten Einzelfällen besondere Ausprägungen der charakteristischen Geräusche von Windenergieanlagen geben, die zu einer erhöhten Lästigkeit der Anlagengeräusche führen und bei der Beurteilung mit einem Zuschlag zu berücksichtigen sind. 72Vgl. dazu ausführlich OVG NRW, rechtskräftiges Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris, Beschlüsse vom 22.3.2021 - 8 A 3518/19 -, juris, und vom 30.1.2020 - 8 B 857/19 -, juris. 73Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die in Rede stehenden Windenergieanlagen des Typs Nordex N149/5.7 derartige Wirkungen verursachen könnten, sind aber weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der bloße Hinweis auf die charakteristischen „Wusch“-Geräusche oder der Vergleich mit einem landenden Hubschrauber genügen dafür nicht. 74Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.2.2020 ‑ 8 A 3269/18 -, juris. 75Soweit sich im Rahmen des laufenden Betriebs herausstellen sollte, dass die Anlagen entgegen den bei Erstellung der Prognose und Erteilung der Genehmigung zugrunde gelegten Annahmen störende Geräusche verursachen, wäre dem – auch unter Berücksichtigung etwa der Nebenbestimmung Nr. 3.8.8 des Änderungsbescheids vom 19.8.2021 – im Rahmen der Anlagenüberwachung Rechnung zu tragen. 76ee) Da das Grundstück der Klägerin nach den vorgelegten Schallimmissionsprognosen der L. D. F1. GmbH mit Blick auf die Zusatzbelastung des Vorhabens nicht mehr in dessen Einwirkungsbereich im Sinne von Nr. 2.2 TA Lärm liegt, bedarf es keiner näheren Betrachtung der Vorbelastung im Sinne von Nr. 2.4 Abs. 1 der TA Lärm. 77Vor diesem Hintergrund besteht hier kein Anlass für eine Sonderfallprüfung nach Nr. 3.2.2 TA Lärm. Das Vorhaben würde mit Blick auf ein Zusammenwirken unterschiedlicher Geräusche – insbesondere auch durch die Bundesautobahn A 44 und die Bundesstraße 55 – keinen relevanten Beitrag am Immissionsort „IO-25“ liefern. 783. Ungeachtet der vorstehenden Feststellungen hätte die Klage aber selbst dann keinen Erfolg, wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, ihr Grundstück liege in einem faktischen reinen Wohngebiet. Dies ergibt sich aus der Irrelevanzregel gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm. 79Nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. 80So liegt der Fall hier. Nach der gutachtlichen Stellungnahme der L. D. F1. GmbH vom 26.4.2021 ergibt sich am Wohnhaus der Klägerin ein maximaler Schalldruckpegel der Zusatzbelastung von Lr = 29,0 dB(A). Der Nachtrichtwert von 35 dB(A) wird demnach von der Zusatzbelastung um 6 dB(A) unterschritten. 81Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, dass das Grundstück der Klägerin im Einwirkungsbereich jedenfalls der westlich gelegenen Außenbereichsflächen liegt. Nach der Rechtsprechung ist anerkannt, dass einem in einem reinen Wohngebiet gelegenen Wohnhaus nicht nur, wenn es unmittelbar am Rande des Außenbereichs liegt, sondern auch, wenn es – wie hier – noch dem „Einfluss“ des Außenbereichs ausgesetzt ist, höhere Lärmimmissionen aufgrund einer Zwischenwertbildung gemäß Nr. 6.7 TA Lärm zugemutet werden. 82Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.1.2013 - 8 A 2016/11 -, juris. 83Dies zugrunde gelegt, wäre der für die Nacht im reinen Wohngebiet maßgebliche Richtwert von 35 dB(A) hier auf 38 dB(A) zu erhöhen. Damit würde die Zusatzbelastung von 29 dB(A) den maßgeblichen Richtwert um 9 dB(A) unterschreiten. 844. Die Klägerin ist auch nicht aufgrund von Infraschall in ihren Rechten verletzt. 85Die Rechtsprechung des Gerichts und anderer Obergerichte geht davon aus, dass Infraschall – wie auch tieffrequenter Schall – durch Windenergieanlagen im Allgemeinen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs liegt und nach dem bisherigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse grundsätzlich nicht zu Gesundheitsgefahren führt. 86Vgl. nur OVG NRW, rechtskräftiges Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris, und Beschluss vom 22.3.2021 - 8 A 3518/19 -, juris, jeweils m. w. N. 87Sämtliche Studien, die der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Senat vorgelegt hat oder die dem Senat anderweitig bekannt sind, sind lediglich Teil des wissenschaftlichen Diskurses, ergeben allerdings bisher keinen begründeten Ansatz für relevante tieffrequente Immissionen oder Infraschall durch Windenergieanlagen oder nachweisbare gesundheitsschädliche Auswirkungen. 88Vgl. nur OVG NRW, rechtskräftiges Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris, und Beschluss vom 22.3.2021 - 8 A 3518/19 -, juris, jeweils m. w. N. 89Aus dem Hinweis der Klägerin auf den Beweisbeschluss des OLG Hamm vom 8.12.2020 - I-24 U 1/20 - ergibt sich nichts anderes. Das OLG Hamm hat in einem zivilgerichtlichen Verfahren, in dem der dortige Kläger privatrechtliche Ansprüche gegen die beklagte Betreiberin von sieben Windenergieanlagen geltend macht, u. a. Beweis darüber erhoben, ob die Windenergieanlagen Infraschall auf dem Grundstück dieses Klägers verursachen. Dabei dient die Beweiserhebung nach den dortigen Angaben des OLG Hamm zunächst der Klärung, ob es aus physikalisch-technischer Sicht prinzipiell möglich ist, Infraschallwellen auf dem Grundstück des Klägers zu messen und diese einer bestimmten Quelle wie z. B. den Windenergieanlagen der Beklagten zuzuordnen. 90Nach dem oben dargestellten derzeitigen Erkenntnisstand in der Wissenschaft zu den Auswirkungen von Infraschall durch Windenergieanlagen, mit dem sich der 24. Zivilsenat des OLG Hamm nicht näher befasst hat, besteht allein eine hypothetische Gefährdung. 91Angesichts des trotz zahlreicher Studien insoweit unsicheren Erkenntnisstandes in der Wissenschaft ist es nicht Aufgabe der Gerichte, weitere wissenschaftliche Forschung zu betreiben. 92Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 22.3.2021 - 8 A 3518/19 -, juris, m. w. N.; siehe auch OLG Schleswig, Urteil vom 4.12.2019 - 9 U 152/18 -,juris. 93Aus den vorstehenden Gründen musste die Schallimmissionsprognose auch nicht entgegen den Vorgaben der DIN ISO 9613‑2 (dort Tabelle 2) Frequenzen unter 63 Hz berücksichtigen. 94II. Von den genehmigten Windenergieanlagen geht keine unzumutbare optisch bedrängende Wirkung auf das Wohnhaus der Klägerin aus. 95Nach den von der Rechtsprechung des Gerichts hierzu entwickelten Maßstäben, 96vgl. nur OVG NRW, rechtskräftiges Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris, m. w. N. 97kommt eine solche Wirkung bei dem gegebenen Abstand der jeweils knapp 240 m hohen Anlagen zum Wohnhaus der Klägerin von ca. 1.800 m (vgl. Stellungnahme L. D. F1. GmbH vom 26.4.2021, Seite 1) ersichtlich nicht in Betracht. 98III. Die Gesamtbelastung aller optischen und akustischen Störwirkungen, die bei Anwohnern zu empfundenem Stress führen können, war nicht gesondert zu ermitteln und zu bewerten. 99Es gibt keinen Rechtssatz, der allgemein eine summierende Gesamtbetrachtung der einzelnen von einem Vorhaben verursachten Immissionen gebietet. Die Erheblichkeitsschwelle ist vielmehr grundsätzlich für jede Immissionsart gesondert zu bewerten. 100Vgl. OVG NRW, rechtskräftiges Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris, m. w. N. 101IV. Es bestehen auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin angeführten gesundheitlichen Symptome wie Stresssyndrom und psychosomatische Abwehrreaktionen über das vorstehend Geprüfte (Geräusche, Optik) hinaus als Folge schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG anzusehen oder im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigen wären. 102Für die Frage, ob Beeinträchtigungen im vorgenannten Sinne das zumutbare Maß überschreiten und damit eine erhebliche Belästigung im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG darstellen, ist grundsätzlich ein objektivierter Maßstab – nämlich das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Nachbarn – zugrunde zu legen. 103Vgl. OVG NRW, rechtskräftiges Urteil vom 5.10.2020 - 8 A 894/17 -, juris, m. w. N. 104Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass ein erheblicher Teil der in der Nachbarschaft von Windenergieanlagen wohnenden Bevölkerung nach der Inbetriebnahme solcher Anlagen über gesundheitliche Symptome unterschiedlicher Art klage, genügt daher nach dem bisherigen Stand der Erkenntnisse nicht, um diese Symptome als Folge schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG zu bewerten, die auf dem Betrieb von Windenergieanlagen beruhen. Aus der von der Klägerin vorgelegten Studie „Infrasound does not explain symptoms related to wind turbines“, von Maijala u. a., Helsinki 2020 (Seite 78 f.) ergibt sich zwar, dass 15 % der befragten Personen, die bis zu 2,5 km entfernt von Windenergieanlagen wohnen, über Symptome klagen, die sie auf den Betrieb dieser Anlagen zurückführen. In dieser Untersuchung heißt es jedoch ausdrücklich (Seite 78), dass sich daraus kein Kausalzusammenhang ergebe. Belastbare Untersuchungen, die einen solchen Zusammenhang belegen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 105V. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Klägerin bzw. ihr Wohngrundstück – wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen – durch den Abrieb von Mikroplastikpartikeln von den Rotorblättern der Anlagen unzumutbar beeinträchtigt werden. 106Vgl. dazu im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 22.11.2021 - 8 A 973/15 -, juris. 107VI. Dass die Nebenbestimmungen unter Ziffer 3.9 zum C. in der angefochtenen Genehmigung sowie das dazugehörige Brandschutzkonzept des Sachverständigenbüros X. C. vom 24.3.2020 die Klägerin mit Blick auf den Abstand zwischen den Anlagen und ihrem Wohngrundstück von ca. 1.800 m in ihren Rechten verletzen könnten, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. 108VII. Schließlich ergibt sich eine Rechtsverletzung der Klägerin nicht aus einem in der mündlichen Verhandlung reklamierten Verstoß gegen die Regelung zum Mindestabstand für privilegierte Windenergieanlagen nach § 2 Abs. 1 BauGB-AG NRW in der ab dem 15.7.2021 geltenden Fassung (GV. NRW. S. 877). Unabhängig davon, dass hier ein solcher Verstoß mit Blick auf die Übergangsregelung des § 2 Abs. 3 Satz 2 BauGB-AG NRW zu verneinen ist, könnte sich die Klägerin auf einen Verstoß gegen § 2 BauGB-AG NRW ohnehin nicht berufen. Die Bestimmung dient jedenfalls nicht dem Schutz von Eigentümern von Wohngebäuden, deren Abstand zu streitgegenständlichen Windenergieanlagen den Mindestabstand von 1.000 m – wie hier mit ca. 1.800 m – deutlich überschreitet. 109Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind aus Gründen der Billigkeit erstattungsfähig, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich damit selbst einem prozessualen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). 110Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 111Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO; Zulassungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die erstattungsfähig sind. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung i. h. v. 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige vollstreckungsgläubiger i. h. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags sicherheit leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die klägerin wendet sich gegen die immissionsschutzrechtliche genehmigung für die errichtung und den betrieb von vier windenergieanlagen östlich des ortsteils w. der stadt f. . 3sie ist eigentümerin des mit einem wohnhaus bebauten und von ihr bewohnten grundstücks gemarkung w. , flur 3, flurstück 264 mit der anschrift i. 36 in f. -w. . das grundstück liegt westlich der geplanten standorte für die windenergieanlagen in einer entfernung von ca. 1.800 m am westlichen ortsrand von w. im unbeplanten bereich. 4die beigeladene beantragte mit schreiben vom 27.2.2019 bei dem beklagten die erteilung einer immissionsschutzrechtlichen genehmigung für die errichtung und den betrieb von vier windenergieanlagen (wea) des typs nordex n149/4.5 jeweils mit einer nabenhöhe von 164 m, einem rotordurchmesser von 149,1 m und einer nennleistung von 4.500 kw auf den grundstücken gemarkung f. , flur 17, flurstück 52 (wea 1) sowie gemarkung w. , flur 6, flurstücke 227 (wea 2 und wea 3) und 230 (wea 4). zugleich beantragte sie die durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung. das genehmigungsverfahren wurde nach § 10 bimschg mit öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. das vorhaben und das ergebnis, dass eine umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, wurden im amtsblatt des beklagten am 15.4.2019 veröffentlicht. im rahmen des genehmigungsverfahrens erhob auch die durch ihren prozessbevollmächtigten vertretene klägerin einwendungen. 5mit bescheid vom 10.11.2020 erteilte der beklagte der beigeladenen die immissionsschutzrechtliche genehmigung zur errichtung und zum betrieb der vier windenergieanlagen des typs nordex n149/4.5 mit den genannten technischen daten auf den genannten flurstücken der flur 17 in der gemarkung f. und der flur 6 in der gemarkung w. . der bescheid wurde am 26.11.2020 im amtsblatt des beklagten einschließlich der rechtsbehelfsbelehrung öffentlich bekanntgemacht. die rechtsbehelfsbelehrung weist darauf hin, dass gegen diesen bescheid klage erhoben werden könne und dass das widerspruchsverfahren abgeschafft worden sei. 6die klägerin hat am 22.12.2020 dagegen klage erhoben. 7auf den änderungsantrag der beigeladenen vom 19.5.2021 und nach hinzuziehung der klägerin als beteiligte zum verwaltungsverfahren erteilte der beklagte unter dem 19.8.2021 einen änderungsbescheid zur immissionsschutzrechtlichen genehmigung vom 10.11.2020. danach wurde der bisher genehmigte windenergieanlagentyp nordex n149/4.5 (produktreihe delta 4000) durch den anlagentyp nordex n149/5.7 (produktreihe delta 4000) ersetzt und die nennleistung auf 5.700 kw erhöht. zugleich wurde der bisher genehmigte stahl-beton-hybridturm in achteckiger bauweise durch einen stahl-beton-hybridturm in runder bauweise ersetzt und der durchmesser des bisher genehmigten flachfundaments von 24,2 m auf 24,0 m verkleinert. zudem erfolgte eine änderung der schallreduzierten betriebsweise der windenergieanlagen zur nachtzeit. der schallleistungspegel der wea 1 und wea 2 blieb dabei unverändert, derjenige der wea 3 und wea 4 wurde von 100 db(a) auf 99,5 db(a) reduziert. der änderungsbescheid vom 19.8.2021 wurde der klägerin unter dem 25.8.2021 mit einer belehrung über die möglichkeit der klageerhebung zugesandt. 8die klägerin hat am 31.8.2021 diesen änderungsbescheid in ihre klage einbezogen. 9sie trägt zur begründung der klage im wesentlichen vor: der betrieb der anlagen führe jedenfalls zur nachtzeit zu einer überschreitung des geltenden richtwerts, weil das lärmgutachten der kötter consulting gmbh mangelhaft sei. für ihr wohnhaus sei ein richtwert von 35 db(a) zur nachtzeit anzusetzen, da es sich in einem faktischen reinen wohngebiet befinde. die vorbelastung durch die bestehenden gewerbebetriebe wie die zementwerke und den abfallwirtschaftsbetrieb sei „passend gerechnet“ worden. ebenso sei es fehlerhaft, dass die von der nahe gelegenen bundesautobahn a 44 und der bundesstraße b 55 ausgehenden schallimmissionen nicht ermittelt worden seien. zudem würden reflexionseffekte an ihrem wohnhaus aufgrund eines rechtwinkligen vorsprungs in nordwestlicher richtung eintreten, was zu einer erhöhung des einwirkungspegels um bis zu 3 db(a) führe. die so genannte amplitudenmodulation durch den jeweiligen rotorschlag der anlagen sei nicht berücksichtigt worden; es sei zunächst ein sicherheitszuschlag wegen einer möglichen störenden auffälligkeit zu vergeben. die ausbreitungsberechnung sei auch deshalb unzulänglich, weil sie sowohl witterungsbedingungen mit gefrorenem boden als auch ausgeprägte inversionswetterlagen unberücksichtigt gelassen habe. es sei eine kurzzeitmittelung unter mitwindbedingungen vorgenommen worden, die gerade keine im jahresverlauf sich ändernden witterungsbedingungen berücksichtigt habe. darüber hinaus sei nicht ersichtlich, warum lediglich der frequenzbereich ab 63 hz und nicht auch die darunter liegenden frequenzen berücksichtigung finden sollte. generell sei nicht berücksichtigt worden, dass es sich bei dem interimsverfahren lediglich um eine übergangweise hilfsberechnung handele. die errichtung und der betrieb der anlage würden bezogen auf den immissionspunkt an ihrem wohnhaus bei einem relevanten teil der bevölkerung zu einer beeinträchtigung der gesundheit und des körperlichen wohlbefindens führen. dieser bevölkerungsteil entwickle – was studien wie die so genannte vtt-studie zeigten – gesundheitliche symptome von leichteren befindlichkeitsstörungen bis hin zu schwerwiegenden symptomatiken. hierfür machten die betroffenen anwohner den von einer windenergieanlage ausgehenden infraschall verantwortlich. ausschlaggebend dürfte letztlich die gesamtheit der vielfältigen, von den anlagen ausgehenden optischen und akustischen auswirkungen sein. dass es zur verneinung der gesundheitsschädlichen wirkung von windenergieanlagen nicht ausreichend sei, sich auf die studienlage zu beziehen, zeige ein aktueller beweisbeschluss des olg hamm vom 8.12.2020. das vorhaben sei auch ihr gegenüber rücksichtlos. es müsse in seiner gesamtheit unter berücksichtigung aller eigenschaften und auswirkungen und nicht nur mit blick auf eine etwaige optisch bedrängende wirkung betrachtet werden. schließlich würde das vorhaben zu unbeherrschbaren und für sie unzumutbaren brandrisiken führen. das gelte insbesondere mit blick auf die gefahr der brandausbreitung durch funkenflug. 10die klägerin beantragt, 11den der beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen genehmigungsbescheid des beklagten vom 10.11.2020 zur errichtung und zum betrieb von vier windenergieanlagen in der fassung des änderungsbescheids des beklagten vom 19.8.2021 aufzuheben. 12der beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14er trägt im wesentlichen vor: die klage sei nicht begründet, da die klägerin durch die genehmigung nicht in ihren rechten verletzt sei. das wohngrundstück der klägerin liege nicht in einem reinen wohngebiet und sei wenigstens als allgemeines wohngebiet mit einem immissionsrichtwert von 40 db(a) nachts einzustufen. in der umgebung befänden sich zahlreiche gewerbliche nutzungen, die in ihren schriftsätzen vom 10.3.2022 und 15.3.2022 mit anlagen im einzelnen dargestellt seien. es liege in randlage zum außenbereich und werde von mehreren bebauungsplänen umsäumt, die in diesem bereich ein allgemeines wohngebiet festsetzten. das wohngrundstück der klägerin befinde sich schon nicht im einwirkungsbereich der anlagen. deswegen und wegen nr. 3.2.2 der ta lärm müsse die vorbelastung hier nicht berücksichtigt werden. die klägerin könne schon wegen der entfernung zu den windenergieanlagen keine beeinträchtigung durch infraschall geltend machen. das olg hamm habe mit seiner entscheidung lediglich eine beweiserhebung eingeleitet. anhaltspunkte dafür, warum am wohnort der klägerin zu beachtende reflexionseffekte auftreten könnten, habe sie nicht geliefert. eine störwirkung des rhythmischen rotorschlages sei im einklang mit der rechtsprechung im rahmen der schallimmissionsprognose nicht zu berücksichtigen gewesen. ebenso seien das schalltechnische gutachten der l. d. f1. gmbh vom 28.4.2020 und die ergänzung vom 14.8.2020, die das interimsverfahren zugrunde legten, hinsichtlich der berücksichtigung von gefrorenen böden und verschiedenen wetterlagen nicht zu beanstanden. das vorhaben sei auch nicht rücksichtslos gegenüber der klägerin. eine optisch bedrängende wirkung liege bei dem gegebenen abstand fern. ebenso sei hier keine gesamtbetrachtung der einwirkungen vorzunehmen. hinsichtlich des brandschutzes sei auf das brandschutzkonzept des sachverständigenbüros x. c. vom 24.3.2020 sowie den gegebenen abstand zur klägerin – auch mit blick auf den funkenflug – zu verweisen. 15die beigeladene beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie trägt im wesentlichen vor: die klage sei bereits unzulässig. die klägerin sei nicht klagebefugt, da ihre subjektiven rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner betrachtungsweise verletzt sein könnten. für das wohnhaus der klägerin gelte allenfalls der immissionsrichtwert für ein allgemeines wohngebiet. dies gelte schon wegen der im näheren umfeld der straße i. vorhandenen gewerblichen nutzungen bzw. landwirtschaftlichen betriebe. nach auskunft des ordnungsamts der stadt f. seien knapp 25 gewerbeanmeldungen für diesen bereich bekannt. der immissionsrichtwert von 40 db(a) nachts sei deutlich unterschritten, was sich auch aus der stellungnahme der l. d. f1. gmbh vom 26.4.2021 ergebe, die das wohnhaus der klägerin als immissionsort „io-25“ berücksichtigt habe. nach einbeziehung des änderungsbescheids vom 19.8.2021 ergebe sich nichts anderes. der schallleistungspegel bleibe danach in bezug auf die wea 1 und wea 2 gleich und verringere sich in bezug auf die wea 3 und wea 4 sogar leicht. für die immissionsorte „io-01“ bis „io-24“ habe der beklagte ausdrücklich festgestellt, dass aufgrund der beantragten änderung im nachtzeitraum sogar eine reduzierung der zusatzbelastung um 0,1 db(a) bis 0,5 db(a) stattfinde. angesichts dessen gelte die beurteilung in der stellungnahme der l. d. f1. gmbh vom 26.4.2021 nach wie vor. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 19 | 20die klage hat keinen erfolg. 21a. sie allerdings als (dritt)anfechtungsklage nach § 42 abs. 1 1. fall vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. 22i. die klägerin ist nach § 42 abs. 2 vwgo klagebefugt. 23nach dieser vorschrift ist eine anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der kläger geltend machen kann, durch den verwaltungsakt in seinen rechten verletzt zu sein. 24die verletzung eigener rechte muss auf der grundlage des klagevorbringens möglich erscheinen. diese möglichkeit ist dann auszuschließen, wenn offensichtlich und nach keiner betrachtungsweise subjektive rechte der klägerin verletzt sein können. da die klägerin nicht adressatin des von ihr angefochtenen immissionsrechtlichen genehmigungsbescheides ist, kommt es darauf an, ob sie sich für ihr begehren auf eine öffentlich-rechtliche norm stützen kann, die nach dem in ihr enthaltenen entscheidungsprogramm auch sie als dritte schützt. 25vgl. ovg nrw, urteil vom 23.9.2020 - 8 a 1161/18 -, juris, m. w. n. 26die klägerin beruft sich hier insbesondere darauf, dass die erteilung der streitgegenständlichen genehmigung für sie als bewohnerin und eigentümerin des grundstücks mit der anschrift i. 36 mit nächtlichen lärmimmissionen verbunden sei, die als schädliche umwelteinwirkungen (§ 3 abs. 1 bimschg) unzulässig seien. 27mit blick auf lärmimmissionen erscheint es möglich, dass der betrieb einer anlage für einen kläger schädliche umwelteinwirkungen hervorruft, wenn dessen grundstück innerhalb des räumlichen bereichs liegt, in dem die von der anlage voraussichtlich ausgehenden geräuscheinwirkungen für sich betrachtet oder in zusammenhang mit bereits existierenden geräuscheinwirkungen schädliche umwelteinwirkungen (§ 3 abs. 1 bimschg) hervorrufen können. 28vgl. ovg nrw, urteil vom 5.10.2020 29- 8 a 894/17 -, juris, m. w. n. 30zwar kommt die schallgutachtliche stellungnahme der l. d. f1. gmbh vom 26.4.2021 zu dem ergebnis, dass am grundstück der klägerin nachts eine zusatzbelastung von maximal 29 db(a) zu erwarten sei, so dass dieser ort bei einem dort angesetzten immissionsrichtwert von 40 db(a) nachts nicht im einwirkungsbereich der schallquellen im sinne von nr. 2.2 der ta lärm läge. die klägerin greift jedoch den zugrunde gelegten immissionsrichtwert für ihr im unbeplanten innenbereich und nach ihrer ansicht dort in einem faktischen reinen wohngebiet liegendes grundstück an und wendet sich gegen das schallgutachten in seinen einzelheiten – einschließlich der ermittlung der vorbelastung – und damit auch hinsichtlich der gesamtbelastung für ihr wohnhaus. dies genügt nach dem aufgezeigten maßstab noch zur begründung ihrer klagebefugnis. 31ii. eines vorverfahrens vor klageerhebung nach §§ 68 ff. vwgo bedurfte es nicht. 32ein solches vorverfahren war hier ausnahmsweise entbehrlich. zwar findet nach § 110 abs. 3 satz 1 i. v. m. abs. 1 satz 1 justg nrw das vorverfahren anwendung auf im verwaltungsverfahren nicht beteiligte dritte, die sich gegen den erlass eines einen anderen begünstigenden verwaltungsaktes wenden. das gilt grundsätzlich auch im rahmen von immissionsschutzrechtlichen drittanfechtungen wie hier. 33vgl. ovg nrw, urteil vom 23.9.2020 - 8 a 1161/18 -, juris, m. w. n. 34wenn allerdings die behörde – wie hier – zu erkennen gibt, sie halte den rechtsbehelf des widerspruchs für nicht gegeben, und damit den betroffenen von der einlegung des rechtsbehelfs abhält, ist ein vorverfahren entbehrlich. 35vgl. bverwg, urteile vom 19.1.1972 - v c 10.71 -, juris, vom 13.1.1971 - v c 70.70 -, juris, und vom 27.3.1968 - v c 3.67 -, juris; rennert, in: eyermann, vwgo, 15. aufl. 2019, § 68 rn. 35. 36eines vorverfahrens vor einbeziehung des änderungsbescheids vom 19.8.2021 in die klage bedurfte es nach § 68 abs. 1 satz 2 vwgo i. v. m. § 110 abs. 1 satz 1 justg nrw schon deshalb nicht, weil der beklagte die klägerin mit schreiben vom 29.7.2021 förmlich als beteiligte zu diesem verwaltungsverfahren nach § 13 abs. 1 nr. 4, abs. 2 vwvfg nrw hinzugezogen hatte. 37b. die klage ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch auf aufhebung der der beigeladenen erteilten genehmigung des beklagten vom 10.11.2020 in der fassung des änderungsbescheids vom 19.8.2021, weil diese genehmigung sie nicht in ihren rechten verletzt (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 38eine solche rechtsverletzung ergibt sich weder durch schallimmissionen (dazu i.) noch durch die optischen auswirkungen der streitgegenständlichen anlagen (dazu ii.). die gesamtbelastung aller störwirkungen war nicht gesondert zu ermitteln und zu bewerten (dazu iii.). es bestehen keine anhaltspunkte für durch die anlagen bedingte rechtlich relevante gesundheitliche beeinträchtigungen zulasten der klägerin (dazu iv.). eine relevante beeinträchtigung besteht auch nicht durch mikroplastikpartikel (dazu v.). schließlich verletzen weder die bestimmungen zum c. in der genehmigung (dazu vi.) noch ein etwaiger verstoß gegen die regelung zum mindestabstand für privilegierte windenergieanlagen nach § 2 baugb-ag nrw (dazu vii.) die klägerin in ihren rechten. 39i. ausgehend von den hier maßgeblichen immissionsrichtwerten der ta lärm (dazu 1.) ist die klägerin auf der grundlage der vorgelegten schallimmissionsprognosen keinen unzumutbaren lärmimmissionen durch das vorhaben ausgesetzt (dazu 2. bis 4.). 401. der immissionsrichtwert für das grundstück der klägerin mit der anschrift i. 36 beträgt – soweit hier von relevanz – nicht weniger als 40 db(a) nachts. 41unter welchen voraussetzungen geräuschimmissionen von windenergieanlagen schädlich im sinne des § 5 abs. 1 nr. 1 bimschg sind, bestimmt sich maßgeblich nach nr. 6.1 ta lärm. 42vgl. ovg nrw, urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris – das urteil ist nach dem beschluss des bverwg vom 8.11.2021 - 7 b 3/21 -, juris, rechtskräftig. 43entgegen der ansicht der klägerin sind nicht die immissionsrichtwerte der ta lärm in der hier maßgeblichen fassung vom 1.6.2017 für ein reines wohngebiet (§ 3 baunvo) nach nr. 6.1 buchst. f ta lärm einschlägig. vielmehr sind nach der in der näheren umgebung des grundstücks der klägerin vorhandenen bau- und nutzungsstruktur zumindest die höheren richtwerte für ein allgemeines wohngebiet (vgl. § 4 baunvo) gemäß nr. 6.1 buchst. e ta lärm anzuwenden. 44da es vorliegend für das grundstück an einer festlegung der art des gebiets durch einen bebauungsplan als grundlage für eine zuordnung gemäß nr. 6.6 ta lärm fehlt, kann der von der klägerin gewünschte richtwert nur dann anwendung finden, wenn es sich um ein faktisches reines wohngebiet (vgl. § 34 abs. 2 baugb i. v. m. § 3 baunvo) handelt. das vermag der senat anhand der vorliegenden akten und unter würdigung des vorbringens der beteiligten nicht festzustellen. 45nach § 3 abs. 1 baunvo dienen reine wohngebiete dem wohnen. zulässig sind gemäß § 3 abs. 2 baunvo wohngebäude (nr. 1) und anlagen zur kinderbetreuung, die den bedürfnissen der bewohner des gebiets dienen (nr. 2). ausnahmsweise können zugelassen werden läden und nicht störende handwerksbetriebe, die zur deckung des täglichen bedarfs für die bewohner des gebiets dienen, sowie kleine betriebe des beherbergungsgewerbes (nr. 1) und sonstige anlagen für soziale zwecke sowie den bedürfnissen der bewohner des gebiets dienende anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche zwecke (nr. 2). 46nach diesen maßgaben können die immissionsrichtwerte für ein (faktisches) reines wohngebiet hier nicht zugrunde gelegt werden, weil die maßgebliche umgebung des grundstücks der klägerin auch durch gewerbebetriebe geprägt wird. die von dem beklagten in den schriftsätzen vom 10.3.2022 und 15.3.2022 dokumentierten gewerbebetriebe mit der anschrift i. 20 (elektromaschinenbau, elektrotechnik) bzw. i. 2 (handel mit gebrauchten kraftfahrzeugen) liegen innerhalb der näheren umgebung des grundstücks der klägerin und wären in einem reinen wohngebiet im sinne von § 3 baunvo unzulässig. 472. unter zugrundelegung der nach nr. 6.1 buchst. e ta lärm für ein allgemeines wohngebiet geltenden immissionsrichtwerte von 40 db(a) nachts und 55 db(a) tags ist die klägerin keinen unzumutbaren lärmimmissionen ausgesetzt. 48a) ihr grundstück liegt nach den vorgelegten schallimmissionsprognosen nicht mehr im einwirkungsbereich der streitgegenständlichen anlagen im sinne von nr. 2.2 ta lärm. 49nach nr. 2.2 ta lärm sind einwirkungsbereich einer anlage die flächen, in denen die von der anlage ausgehenden geräusche 50a) einen beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 db(a) unter dem für diese fläche maßgebenden immissionsrichtwert liegt, oder 51b) geräuschspitzen verursachen, die den für deren beurteilung maßgebenden immissionsrichtwert erreichen. 52diese voraussetzungen sind hier insgesamt nicht erfüllt. 53ausweislich der gutachtlichen stellungnahme der l. d. f1. gmbh vom 26.4.2021, die das wohnhaus der klägerin als immissionsort „io-25“ berücksichtigt hat, tritt der höchste schalldruckpegel der zusatzbelastung an den fassadenpunkten „io-25no_b 1. og“ und „io-25no_c 1. og“ mit lr = 29,0 db(a) auf. die beurteilungspegel unterschreiten an jedem der untersuchten fassadenpunkte den immissionsrichtwert von 40 db(a) nachts um mindestens 11 db(a) und überschreiten damit die von nr. 2.2 buchst. a ta lärm geforderte differenz zwischen dem beurteilungspegel und dem immissionsrichtwert von weniger als 10 db(a). nichts anderes ergibt sich zugunsten der klägerin im ergebnis aus dem änderungsbescheid vom 19.8.2021. wie die beigeladene mit anwaltlichem schriftsatz vom 7.9.2021 zutreffend ausgeführt hat, bleibt der schallleistungspegel nachts ausweislich dieses änderungsbescheids in bezug auf die wea 1 und wea 2 mit 96,5 db(a) bzw. 97 db(a) jeweils gleich und verringert sich in bezug auf die wea 3 und die wea 4 sogar leicht von jeweils 100,0 db(a) auf 99,5 db(a). ausweislich der im änderungsbescheid (dort seiten 14 f.) aufgeführten ergänzung der l. d. f1. gmbh vom 27.11.2020 findet für die immissionsorte „io-01“ bis „io-24“ eine reduzierung der zusatzbelastung um 0,1 db(a) bis 0,5 db(a) statt. im ergebnis muss es danach auch für das wohnhaus der klägerin als immissionsort „io-25“ dabei verbleiben, dass entsprechend der stellungnahme vom 26.4.2021 der immissionsrichtwert von 40 db(a) nachts um mindestens 11 db(a) unterschritten wird. für die tageszeit ergibt sich mit blick auf den um 15 db(a) auf 55 db(a) erhöhten immissionsrichtwert nichts anderes. auch ist nicht ersichtlich, dass (kurzzeitige) geräuschspitzen verursacht werden, die den für deren beurteilung maßgebenden immissionsrichtwert nach nr. 6.1 satz 2 ta lärm erreichen. 54b) die gegen die schallimmissionsprognosen gerichteten einwände der klägerin greifen nicht durch. 55aa) die schallimmissionsprognosen sind nicht deshalb fehlerhaft, weil sie den bodendämpfungsfaktor überschätzt hätten. 56mit blick auf die berücksichtigung der bodenstruktur (z. b. gefrorener boden) ist davon auszugehen, dass eine prognose regelmäßig dann auf der sicheren seite liegt, wenn eine den beurteilungspegel senkende bodendämpfung in der berechnung unberücksichtigt bleibt. bei diesem ansatz wird der boden als schallharte platte betrachtet, an der schall reflektiert. 57vgl. ovg nrw, beschluss vom 22.3.2021 - 8 a 3518/19 -, juris. 58dies ist bei einer schallimmissionsprognose nach dem interimsverfahren wie derjenigen der l. d. f1. gmbh der fall. die bodendämpfung agr wird nach dem gutachten vom 28.4.2020 (dort seite 18) pauschal auf -3 db festgesetzt und damit nicht berücksichtigt. 59bb) entgegen der ansicht der klägerin berücksichtigen die den schallimmissionsprognosen zugrunde liegenden berechnungsmethoden die jahreszeitlich verschiedenen witterungsbedingungen nicht in unzureichender weise. 60witterungsbedingungen werden bei der berechnung nach dem prognosemodell der din iso 9613-2, auf dem – mit modifikationen – sowohl das alternative verfahren als auch das interimsverfahren beruhen, über die meteorologische korrektur cmet berücksichtigt (vgl. abschnitt 8 der din iso 9613-2). das prognosemodell der din iso 9613-2 geht grundsätzlich von schallausbreitungsgünstigen witterungsbedingungen aus und bezieht neben anderen dämpfungstermen auch die meteorologische korrektur cmet ein, so dass ein langzeit-mittelungspegel für verschiedene witterungsbedingungen erhalten wird. 61vgl. agatz, windenergie-handbuch, 17. ausg. dezember 2020, s. 334 f. 62entfällt diese korrektur – wie hier nach dem schallgutachten der l. d. f1. gmbh vom 28.4.2020 (dort seiten 18 und 44) –, können unterschiedliche witterungsbedingungen jedenfalls nicht zu einer erhöhung des schallpegels führen. 63vgl. ovg nrw, rechtskräftiges urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris. 64soweit sich die einwände der klägerin der sache nach gegen die allgemeinen berechnungsansätze der schallimmissionsprognosen nach der din iso 9613-2 in bezug auf wettereffekte, etwa auch bezogen auf eine kurzzeit- oder langzeitmittelung, richten, greifen sie unabhängig vom vorstehenden wegen der bindungswirkung der ta lärm, die auf die din iso 9613-2 bezug nimmt, nicht durch. 65es ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die von der klägerin benannten aspekte (inversionswetterlagen, gefrorener boden, jahreszeitlich verschiedene witterungsbedingungen) bei dem den schallimmissionsprognosen zugrunde liegenden berechnungsverfahren der din iso 9613-2 unzureichend berücksichtigt worden sein könnten, und zwar weder bei der dort vorgesehenen kurzzeitmittelung noch bei der langzeitmittelung. es handelt sich dabei nicht um neuere erkenntnisse, sondern um phänomene, die schon bei der abfassung der din iso 9613-2 bekannt waren und bei denen daher davon auszugehen ist, dass sie dabei angemessen berücksichtigt worden sind. 66wegen der bindungswirkung der ta lärm und der darin in bezug genommenen berechnungsmethode nach der din iso 9613-2 greift auch der einwand der klägerin nicht durch, dass es sich bei den prognoseverfahren um hilfsberechnungsverfahren handele, von deren ergebnissen die realität möglicherweise abweiche. 67vgl. ovg nrw, rechtskräftiges urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris, m. w. n. 68cc) die schallimmissionsprognosen sind auch nicht fehlerhaft mit blick auf den von der klägerin erhobenen einwand der nicht ausreichenden berücksichtigung möglicher schallreflexionen entsprechend der formel „einfallswinkel = ausfallswinkel“. 69nach der schallimmissionsprognose der l. d. f1. gmbh vom 26.4.2021 wurden schallreflexionen in bezug auf den für das wohnhaus der klägerin maßgeblichen immissionsort „io-25“ geprüft, aber nicht für jeden fassadenpunkt bejaht. dies ist der dortigen tabelle 2 und der dazugehörigen fußnote „1) erhöhung des schalldruckpegels durch reflexion“ zu entnehmen. die klägerin beruft sich lediglich auf eine mögliche schallreflexion „aufgrund des rechtwinkligen vorsprungs des gebäudes der klägerin in nordwestlicher richtung“ und spricht damit offenkundig die garage an, die auch als bild 1 in der schallimmissionsprognose vom 26.4.2021 (dort seite 4) abgebildet ist. dass es nach der prognose an den im 1. obergeschoss gelegenen fassadenpunkten mit dem höchsten schalldruckpegel der zusatzbelastung „io-25no_b 1. og“ und „io-25no_c 1. og“ zu keinen schallreflexionen kommt, ist damit ohne weiteres nachvollziehbar. 70dd) ein zuschlag für eine amplitudenmodulation war bei der schallimmissionsprognose nicht zu vergeben. 71zwar kann es in konkreten einzelfällen besondere ausprägungen der charakteristischen geräusche von windenergieanlagen geben, die zu einer erhöhten lästigkeit der anlagengeräusche führen und bei der beurteilung mit einem zuschlag zu berücksichtigen sind. 72vgl. dazu ausführlich ovg nrw, rechtskräftiges urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris, beschlüsse vom 22.3.2021 - 8 a 3518/19 -, juris, und vom 30.1.2020 - 8 b 857/19 -, juris. 73greifbare anhaltspunkte dafür, dass die in rede stehenden windenergieanlagen des typs nordex n149/5.7 derartige wirkungen verursachen könnten, sind aber weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. der bloße hinweis auf die charakteristischen „wusch“-geräusche oder der vergleich mit einem landenden hubschrauber genügen dafür nicht. 74vgl. ovg nrw, beschluss vom 21.2.2020 ‑ 8 a 3269/18 -, juris. 75soweit sich im rahmen des laufenden betriebs herausstellen sollte, dass die anlagen entgegen den bei erstellung der prognose und erteilung der genehmigung zugrunde gelegten annahmen störende geräusche verursachen, wäre dem – auch unter berücksichtigung etwa der nebenbestimmung nr. 3.8.8 des änderungsbescheids vom 19.8.2021 – im rahmen der anlagenüberwachung rechnung zu tragen. 76ee) da das grundstück der klägerin nach den vorgelegten schallimmissionsprognosen der l. d. f1. gmbh mit blick auf die zusatzbelastung des vorhabens nicht mehr in dessen einwirkungsbereich im sinne von nr. 2.2 ta lärm liegt, bedarf es keiner näheren betrachtung der vorbelastung im sinne von nr. 2.4 abs. 1 der ta lärm. 77vor diesem hintergrund besteht hier kein anlass für eine sonderfallprüfung nach nr. 3.2.2 ta lärm. das vorhaben würde mit blick auf ein zusammenwirken unterschiedlicher geräusche – insbesondere auch durch die bundesautobahn a 44 und die bundesstraße 55 – keinen relevanten beitrag am immissionsort „io-25“ liefern. 783. ungeachtet der vorstehenden feststellungen hätte die klage aber selbst dann keinen erfolg, wenn man zugunsten der klägerin unterstellt, ihr grundstück liege in einem faktischen reinen wohngebiet. dies ergibt sich aus der irrelevanzregel gemäß nr. 3.2.1 abs. 2 ta lärm. 79nach nr. 3.2.1 abs. 2 ta lärm darf die genehmigung für die zu beurteilende anlage auch bei einer überschreitung der immissionsrichtwerte aufgrund der vorbelastung aus gründen des lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der anlage verursachte immissionsbeitrag im hinblick auf den gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. das ist in der regel der fall, wenn die von der zu beurteilenden anlage ausgehende zusatzbelastung die immissionsrichtwerte nach nummer 6 am maßgeblichen immissionsort um mindestens 6 db(a) unterschreitet. 80so liegt der fall hier. nach der gutachtlichen stellungnahme der l. d. f1. gmbh vom 26.4.2021 ergibt sich am wohnhaus der klägerin ein maximaler schalldruckpegel der zusatzbelastung von lr = 29,0 db(a). der nachtrichtwert von 35 db(a) wird demnach von der zusatzbelastung um 6 db(a) unterschritten. 81darüber hinaus ist in rechnung zu stellen, dass das grundstück der klägerin im einwirkungsbereich jedenfalls der westlich gelegenen außenbereichsflächen liegt. nach der rechtsprechung ist anerkannt, dass einem in einem reinen wohngebiet gelegenen wohnhaus nicht nur, wenn es unmittelbar am rande des außenbereichs liegt, sondern auch, wenn es – wie hier – noch dem „einfluss“ des außenbereichs ausgesetzt ist, höhere lärmimmissionen aufgrund einer zwischenwertbildung gemäß nr. 6.7 ta lärm zugemutet werden. 82vgl. ovg nrw, beschluss vom 29.1.2013 - 8 a 2016/11 -, juris. 83dies zugrunde gelegt, wäre der für die nacht im reinen wohngebiet maßgebliche richtwert von 35 db(a) hier auf 38 db(a) zu erhöhen. damit würde die zusatzbelastung von 29 db(a) den maßgeblichen richtwert um 9 db(a) unterschreiten. 844. die klägerin ist auch nicht aufgrund von infraschall in ihren rechten verletzt. 85die rechtsprechung des gerichts und anderer obergerichte geht davon aus, dass infraschall – wie auch tieffrequenter schall – durch windenergieanlagen im allgemeinen unterhalb der wahrnehmungsschwelle des menschlichen gehörs liegt und nach dem bisherigen stand wissenschaftlicher erkenntnisse grundsätzlich nicht zu gesundheitsgefahren führt. 86vgl. nur ovg nrw, rechtskräftiges urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris, und beschluss vom 22.3.2021 - 8 a 3518/19 -, juris, jeweils m. w. n. 87sämtliche studien, die der prozessbevollmächtigte der klägerin dem senat vorgelegt hat oder die dem senat anderweitig bekannt sind, sind lediglich teil des wissenschaftlichen diskurses, ergeben allerdings bisher keinen begründeten ansatz für relevante tieffrequente immissionen oder infraschall durch windenergieanlagen oder nachweisbare gesundheitsschädliche auswirkungen. 88vgl. nur ovg nrw, rechtskräftiges urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris, und beschluss vom 22.3.2021 - 8 a 3518/19 -, juris, jeweils m. w. n. 89aus dem hinweis der klägerin auf den beweisbeschluss des olg hamm vom 8.12.2020 - i-24 u 1/20 - ergibt sich nichts anderes. das olg hamm hat in einem zivilgerichtlichen verfahren, in dem der dortige kläger privatrechtliche ansprüche gegen die beklagte betreiberin von sieben windenergieanlagen geltend macht, u. a. beweis darüber erhoben, ob die windenergieanlagen infraschall auf dem grundstück dieses klägers verursachen. dabei dient die beweiserhebung nach den dortigen angaben des olg hamm zunächst der klärung, ob es aus physikalisch-technischer sicht prinzipiell möglich ist, infraschallwellen auf dem grundstück des klägers zu messen und diese einer bestimmten quelle wie z. b. den windenergieanlagen der beklagten zuzuordnen. 90nach dem oben dargestellten derzeitigen erkenntnisstand in der wissenschaft zu den auswirkungen von infraschall durch windenergieanlagen, mit dem sich der 24. zivilsenat des olg hamm nicht näher befasst hat, besteht allein eine hypothetische gefährdung. 91angesichts des trotz zahlreicher studien insoweit unsicheren erkenntnisstandes in der wissenschaft ist es nicht aufgabe der gerichte, weitere wissenschaftliche forschung zu betreiben. 92vgl. nur ovg nrw, beschluss vom 22.3.2021 - 8 a 3518/19 -, juris, m. w. n.; siehe auch olg schleswig, urteil vom 4.12.2019 - 9 u 152/18 -,juris. 93aus den vorstehenden gründen musste die schallimmissionsprognose auch nicht entgegen den vorgaben der din iso 9613‑2 (dort tabelle 2) frequenzen unter 63 hz berücksichtigen. 94ii. von den genehmigten windenergieanlagen geht keine unzumutbare optisch bedrängende wirkung auf das wohnhaus der klägerin aus. 95nach den von der rechtsprechung des gerichts hierzu entwickelten maßstäben, 96vgl. nur ovg nrw, rechtskräftiges urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris, m. w. n. 97kommt eine solche wirkung bei dem gegebenen abstand der jeweils knapp 240 m hohen anlagen zum wohnhaus der klägerin von ca. 1.800 m (vgl. stellungnahme l. d. f1. gmbh vom 26.4.2021, seite 1) ersichtlich nicht in betracht. 98iii. die gesamtbelastung aller optischen und akustischen störwirkungen, die bei anwohnern zu empfundenem stress führen können, war nicht gesondert zu ermitteln und zu bewerten. 99es gibt keinen rechtssatz, der allgemein eine summierende gesamtbetrachtung der einzelnen von einem vorhaben verursachten immissionen gebietet. die erheblichkeitsschwelle ist vielmehr grundsätzlich für jede immissionsart gesondert zu bewerten. 100vgl. ovg nrw, rechtskräftiges urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris, m. w. n. 101iv. es bestehen auch keine ausreichenden anhaltspunkte dafür, dass die von der klägerin angeführten gesundheitlichen symptome wie stresssyndrom und psychosomatische abwehrreaktionen über das vorstehend geprüfte (geräusche, optik) hinaus als folge schädlicher umwelteinwirkungen im sinne von § 3 abs. 1 bimschg anzusehen oder im rahmen des rücksichtnahmegebots zu berücksichtigen wären. 102für die frage, ob beeinträchtigungen im vorgenannten sinne das zumutbare maß überschreiten und damit eine erhebliche belästigung im sinne von § 3 abs. 1 bimschg darstellen, ist grundsätzlich ein objektivierter maßstab – nämlich das empfinden eines verständigen durchschnittsmenschen, nicht die individuelle einstellung eines besonders empfindlichen nachbarn – zugrunde zu legen. 103vgl. ovg nrw, rechtskräftiges urteil vom 5.10.2020 - 8 a 894/17 -, juris, m. w. n. 104der von der klägerin angeführte umstand, dass ein erheblicher teil der in der nachbarschaft von windenergieanlagen wohnenden bevölkerung nach der inbetriebnahme solcher anlagen über gesundheitliche symptome unterschiedlicher art klage, genügt daher nach dem bisherigen stand der erkenntnisse nicht, um diese symptome als folge schädlicher umwelteinwirkungen im sinne von § 3 abs. 1 bimschg zu bewerten, die auf dem betrieb von windenergieanlagen beruhen. aus der von der klägerin vorgelegten studie „infrasound does not explain symptoms related to wind turbines“, von maijala u. a., helsinki 2020 (seite 78 f.) ergibt sich zwar, dass 15 % der befragten personen, die bis zu 2,5 km entfernt von windenergieanlagen wohnen, über symptome klagen, die sie auf den betrieb dieser anlagen zurückführen. in dieser untersuchung heißt es jedoch ausdrücklich (seite 78), dass sich daraus kein kausalzusammenhang ergebe. belastbare untersuchungen, die einen solchen zusammenhang belegen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 105v. es ist auch nicht anzunehmen, dass die klägerin bzw. ihr wohngrundstück – wie in der mündlichen verhandlung vorgetragen – durch den abrieb von mikroplastikpartikeln von den rotorblättern der anlagen unzumutbar beeinträchtigt werden. 106vgl. dazu im einzelnen ovg nrw, urteil vom 22.11.2021 - 8 a 973/15 -, juris. 107vi. dass die nebenbestimmungen unter ziffer 3.9 zum c. in der angefochtenen genehmigung sowie das dazugehörige brandschutzkonzept des sachverständigenbüros x. c. vom 24.3.2020 die klägerin mit blick auf den abstand zwischen den anlagen und ihrem wohngrundstück von ca. 1.800 m in ihren rechten verletzen könnten, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. 108vii. schließlich ergibt sich eine rechtsverletzung der klägerin nicht aus einem in der mündlichen verhandlung reklamierten verstoß gegen die regelung zum mindestabstand für privilegierte windenergieanlagen nach § 2 abs. 1 baugb-ag nrw in der ab dem 15.7.2021 geltenden fassung (gv. nrw. s. 877). unabhängig davon, dass hier ein solcher verstoß mit blick auf die übergangsregelung des § 2 abs. 3 satz 2 baugb-ag nrw zu verneinen ist, könnte sich die klägerin auf einen verstoß gegen § 2 baugb-ag nrw ohnehin nicht berufen. die bestimmung dient jedenfalls nicht dem schutz von eigentümern von wohngebäuden, deren abstand zu streitgegenständlichen windenergieanlagen den mindestabstand von 1.000 m – wie hier mit ca. 1.800 m – deutlich überschreitet. 109die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 vwgo. die außergerichtlichen kosten der beigeladenen sind aus gründen der billigkeit erstattungsfähig, weil sie einen sachantrag gestellt und sich damit selbst einem prozessualen kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). 110die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo und §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 111die entscheidung über die nichtzulassung der revision ergibt sich 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} | 7 K 3145/20 | 2022-03-15T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger wenden sich gegen die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen auf Legionellen der wasserführenden Behandlungseinheiten ihrer Zahnarztpraxis. 3Am 00.00.0000 fand eine Begehung der zahnärztlichen Praxisräume der Kläger zur Überprüfung der Einhaltung medizinproduktrechtlicher Vorschriften durch den Sachverständigen Dr. O. statt. Eine mikrobiologische Wasseruntersuchung der zahnärztlichen Betriebseinheiten konnten die Kläger ausweislich des Inspektionsberichts vom 00.00.0000 nicht vorlegen. 4Dazu teilte der Kläger zu 1. dem Gutachter mit Schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die Untersuchung auf Legionellen nach den Angaben des Robert Koch-Instituts im jährlichen Intervall sinnvoll erscheine. Aus dieser Formulierung eine Verpflichtung herzuleiten, „erscheine“ ihm sehr weit hergeholt. Die Behandlungseinheiten unterlägen strengen Wartungsintervallen und seien mit Entkeimungsanlagen ausgestattet. Eine weitere Überprüfung „erscheine“ daher nicht sinnvoll. 5Herr Dr. O. teilte den Klägern daraufhin mit Schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die C. E. mit der Einschätzung des Robert Koch-Instituts übereinstimme und daher eine mindestens jährlich durchzuführende Testung als Nachweis für eine nicht vorhandene Kontamination des Wassers zusammen mit der mindestens einmal jährlich durchzuführenden Prüfung der KBE bei 36°C verlange. Er bitte entsprechende Nachweise zu erbringen. 6Mit Schreiben vom 00.00.0000 forderte die C. E. die Kläger unter Fristsetzung auf, für jede Behandlungseinheit in der Praxis die Ergebnisse einer mikrobiologischen Prüfung auf Legionellen vorzulegen. 7Dies lehnten die Kläger mit Schreiben vom 00.00.0000 ab. 8Nach Anhörung wies die C. E. die Kläger mit Bescheiden vom 00.00.0000 - jeweils zugestellt am 00.00.0000 - an, für jede Behandlungseinheit ihrer Zahnarztpraxis eine mikrobiologische Untersuchung auf Legionellen durch ein für Wasseruntersuchung nachweislich geeignetes Fachlabor, z.B. eine nach § 15 Abs. 4 TrinkwV zugelassene Untersuchungsstelle, durchführen zu lassen und spätestens bis zum 00.00.0000 das Ergebnis der jeweiligen Untersuchung vorzulegen (Ziffer 1). Zudem drohte sie den Klägern im Falle der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 1.000 Euro pro Behandlungseinheit an (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass Rechtsgrundlage für die Anordnung der Durchführung von mikrobiologischen Untersuchungen der wasserführenden Systeme der zahnärztlichen Behandlungseinheiten §§ 26, 28 Abs. 1 und 2 Medizinproduktegesetz (MPG) und § 14 MPG i.V.m. § 4 Abs. 1 und 6 Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) seien. Die C. E. sei danach als zuständige Behörde befugt, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte zu treffen. Im Falle einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung sei sie insbesondere befugt, die Inbetriebnahme, das Betreiben, die Anwendung von Medizinprodukten zu untersagen, zu beschränken oder von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig zu machen. Eine drohende Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit und Ordnung bestehe, wenn diese mehr als allgemein üblich gefährdet würden. Als Betreiber und Anwender unterlägen die Kläger der Überwachung der C. . Konstruktionsbedingt (z.B. komplexes verzweigtes Leitungssystem, Stagnation des eingespeisten Wassers, Ablagerungen im Leitungssystem) könne es in zahnärztlichen Behandlungseinheiten zur Biofilmbildung an den inneren Wandungen der Wasser führenden Systeme kommen, wodurch sich die mikrobiologische Wasserqualität verschlechtere. Biofilme bildeten eine komplexe Lebensgemeinschaft unterschiedlicher Mikroorganismen. Eine besondere Eigenschaft von Biofilmen sei ihre geringe Sensivität gegen Desinfektionsmittel, Mikroorganismen würden daher nur teilweise abgetötet. Das Zersetzungsmaterial werde von den lebenden Mikroorganismen als Nährstoff aufgenommen. Insgesamt könnten sich in solchen Systemen und unter derartigen Bedingungen eine Vielzahl von Bakterien (z.B. Legionellen), Pilzen und Protozoen ansiedeln. Neben diesem systembedingten Gefahrenherd könne das Betriebswasser auch über Patienten retrograd kontaminiert werden durch Blut und Sekret. Aus diesem Grunde müsse das Wasser an den Entnahmestellen der Dentaleinheiten nachweislich von unbedenklicher mikrobiologischer Qualität sein, da wasserführende Systeme in zahnärztlichen Behandlungseinheiten besonders anfällig für die Besiedlung mit unterschiedlichen Mikroorganismen seien. Es seien Maßnahmen erforderlich, um einer mikrobiellen Kontamination entgegenzuwirken. Die Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers, sicherheitsbezogene Informationen und Instandhaltungshinweise seien zu beachten. Eine installierte Entkeimungsanlage und ausgiebige regelmäßige Spülvorgänge trügen zur Risikoverringerung bei. Der Nachweis jedoch, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu dem in infektionspräventiver Hinsicht erforderlichen Resultat, nämlich Wasser in angemessener mikrobiologischer Qualität für die Anwendung am Patienten zu führen, erfolge durch die Untersuchung der Parameter Gesamtkeimzahl und Legionellen entsprechend der Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut („Infektionsprävention in der Zahnheilkunde“). Entsprechend hoch sei die Gefährdung, wenn das Betriebswasser von zahnärztlichen Behandlungseinheiten nicht regelmäßig kontrolliert werde. Wenn es optisch oder olfaktorisch auffällig werde, sei es schon viel zu spät. Nur durch vorsorgende Kontrollen könne diesem Problem begegnet werden. Entgegen der Auffassung der Kläger handele es sich bei der Mitteilung der KRINKO nicht um eine bloße Empfehlung, deren Beachtung im Ermessen des Betreibers einer medizinischen Einrichtung liege. Vielmehr hätten Betreiber einer Zahnarztpraxis nach § 23 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sicherzustellen, dass sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderliche Maßnahmen getroffen würden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten. Der Nachweis, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu dem in infektionspräventiver Hinsicht erforderlichen Resultaten führten, erfolge durch die Untersuchung i.S.d. o.g. Mitteilung. Dieser Fachstandard des Robert Koch-Instituts sei auch in medizinprodukterechtlicher Hinsicht einzuhalten. Medizinprodukte dürften nach § 14 MPG nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufwiesen, durch die Patienten gefährdet werden könnten. Neben der technisch einwandfreien Beschaffenheit müsse auch das an der Behandlungseinheit zum Einsatz kommende Betriebswasser in mikrobiologischer Hinsicht von einwandfreier Beschaffenheit sein, um vermeidbare Gefährdungen von Patienten zu begegnen. Mögliche Gefährdungen durch Legionellen seien in der wissenschaftlichen Literatur und in den fachlichen Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts umfangreich beschrieben („Robert Koch-Institut-Ratgeber Legionellose“). Legionellen fänden im warmen Wasser gute Wachstumsbedingungen vor und gelangten in der Regel durch das Einatmen eines fein zerstäubten Wassernebels (Aerosol) in den menschlichen Körper, wo sie z.B. eine schwere Pneumonie hervorrufen könnten. Gefährdet seien insbesondere vulnerable Patientengruppen, z.B. ältere Menschen oder immunsupprimierte Patienten. Bei zahnärztlichen Behandlungen mit Anwendung von Wasser (z.B. Kühl- oder Spraywasser) entstünden Aerosole, die vom Patienten eingeatmet würden. Das Praxispersonal könne sich durch Tragen von Masken während der Behandlung schützen, der Patient hingegen nicht. Insofern sei über die technischen und betrieblich-organisatorischen Maßnahmen hinaus eine regelmäßige mikrobiologische Kontrolle des Betriebswassers von zahnärztlichen Behandlungseinheiten erforderlich, um einen ggf. vorliegenden Mangel der Wasserqualität überhaupt zu erkennen und die unverzüglich erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels ergreifen zu können. Wenn in einer Zahnarztpraxis risikominimierende Maßnahmen umgesetzt würden, wie z.B. die regelmäßige ordnungsgemäße Instandhaltung der Dentaleinheiten sowie der Betrieb von Desinfektionsanlagen und keine Anhaltspunkte für Mängel vorlägen, werde dem Rechnung getragen, indem Kontrollen des Betriebswassers alle 12 Monate als ausreichend angesehen würden. Diese Zeitspanne sei jedoch nur dann anzunehmen, wenn es keine Anhaltspunkte für Mängel gebe; in diesem Falle sei umgehend zu reagieren. Ein vollständiges Entfallen der mikrobiologischen Wasseruntersuchungen sei in der o.g. Mitteilung der KRINKO jedoch nicht vorgesehen. Dies erkläre sich dadurch, dass selbst bei gut gewarteten Behandlungseinheiten das Betriebswasser nicht keimfrei sei. Vielmehr seien Richtwerte definiert, bei deren Überschreitung eine ausgedehnte Biofilmbesiedlung anzunehmen und aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes unverzüglich zu reagieren sei. Daher seien regelmäßige mikrobiologische Kontrollen des Betriebswassers der Dentaleinheiten in Bezug auf die Gesamtkeimzahl und Legionellen unverzichtbar. Auch wenn über einen längeren Zeitraum bei jährlichen Wasseruntersuchungen keine Mängel festgestellt worden seien, könne dies nicht dazu führen, künftig auf die Wasseruntersuchung zu verzichten und darauf zu vertrauen, dass die Richtwerte auch zukünftig nicht überschritten würden. In diesem Falle würde eine Patientengefährdung zumindest billigend in Kauf genommen. Zudem zeige die langfähige Erfahrung - der C. E. - bei der Inspektion von Zahnarztpraxen, dass auffällige Werte des Betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen Überprüfungen auftreten könnten. Der Eingriff in das Recht, weiterhin die Behandlungseinheiten ohne vorhergehende mikrobiologische Untersuchung nutzen zu können, sei deutlich weniger intensiv als der mögliche Eingriff in das Recht der Patienten auf körperliche Unversehrtheit. Das öffentliche Interesse an einem größtmöglichen Schutz vor Infektionsrisiken überwiege das wirtschaftliche Interesse, von der Umsetzung dieser Verfügung und den damit verbundenen Kosten, die sich auf etwa 70 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer pro Behandlungseinheit beliefen, verschont zu bleiben. Ein milderes gleichwohl geeignetes Mittel sei nicht vorhanden. 9Der Kläger zu 1. hat am 00.00.0000 für alle drei Inhaber der als GbR geführten Gemeinschaftspraxis Klage erhoben. Die Kläger zu 2. und 3. haben am 00.00.0000 eine unterschriebene Klage eingereicht. 10Zur Begründung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass es keine rechtsverbindliche Regelung gebe, aus der sich die Forderung nach einer Wasserbeprobung ohne konkrete Verdachtsmomente auf eine wasserbedingte Infektionsgefahr herleiten lasse. Ein konkreter Verdacht liege unstreitig nicht vor. Es handele sich also um eine rein prophylaktische Maßnahme. 11Das Thema sei seit Jahren in der Diskussion. Leitlinien zu den „hygienischen Anforderungen an das Wasser in zahnärztlichen Behandlungseinheiten“ seien zwar in Arbeit, allerdings noch nicht in Kraft getreten. Allgemeingültige, rechtlich verbindliche Regelungen für alle Zahnarztpraxen fehlten, in denen u.a. geregelt werde an welchen Stellen in der Praxis Proben zu entnehmen seien, welche Personen zur Probeentnahme berechtigt seien und wie Entkeimungsanlagen zu bewerten seien. 12Sie hätten in ihrer Praxis der Verhütung und Weiterverbreitung nosokomialer Infektionen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im eigenen Interesse hätten sie mehrfach in den vergangenen Jahren Wasserproben auswerten lassen. Aufgrund dieser Ergebnisse kämen sie zu dem Schluss, dass regelmäßige Proben beim technischen Stand ihrer Wasserinstallation nicht nötig seien. Sie hätten den gesetzlichen Anforderungen genüge getan. So seien in ihrer Praxis am 00.00.0000 und am 00.00.0000 ausweislich der vorliegenden Untersuchungsberichte gezielt Wasserproben entnommen und ausgewertet worden. 13Ihre zahnärztlichen Behandlungseinheiten seien mit einer Entkeimungsanlage ausgestattet. Dabei handele es sich um serienmäßig vom Hersteller installierte Bestandteile. Entkeimungsanlagen reduzierten die Keimzahl zuverlässig auf Null, d.h. es gebe keine Keime im für die Patientenbehandlung verwendeten Wasser. Störungen der Funktion würden im Display angezeigt, oder die Anlage schalte sich aufgrund der Störung automatisch ab. Die Effektivität der Anlage hätten sie mehrfach an verschiedenen Stellen überprüft, in all den Proben hätten sich keine Keime befunden. Jährliche Keimzahlbestimmungen seien damit faktisch sinnlos. 14Bei der Bewertung der entstehenden Kosten für Hygienemaßnahmen seien die Gesamtzahl der Maßnahmen und die daran anknüpfenden Kosten zu berücksichtigen. Diese seien selbst für große Praxen zu einem relevanten Kostenfaktor geworden. 15Die Kläger beantragen - z.T. schriftsätzlich, 16die Bescheide vom 00.00.0000 aufzuheben. 17Das beklagte Land beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Die Gefahr, deren Abwehr Grund für die Anordnung der Untersuchung des Betriebswassers der Behandlungseinheiten auf Legionellen sei, ergebe sich aus den Verstößen gegen § 14 Satz 2 MPG a.F. bzw. § 11 Satz 1 Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) i.V.m. § 4 Abs. 1 MPBetreibV. Der Mangel liege darin, dass die zahnärztlichen Behandlungseinheiten nicht nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben würden. Denn ein solcher Betrieb erfordere eine regelmäßige Untersuchung des Betriebswassers der Behandlungseinheit auf Legionellen. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik seien u.a. in Ziffer 5 der Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ der KRINKO über „Wasser führende Systeme“ beschrieben. Zwar werde diese Empfehlung nicht fortgeführt, sie könne nach den Angaben auf der Homepage des Robert Koch-Instituts aber weiterhin als Referenz angesehen werden. 20Die Verwendung von Entkeimungsanlagen stelle keine Besonderheit dar. Sie könnten mikrobiologisch die Qualität des zugeführten Wassers verbessern und daher das Risiko für Verkeimungen in den komplex aufgebauten Behandlungseinheiten vermindern. Sie führten aber nicht dazu, dass allein dadurch z.B. die Bildung der gefürchteten Biofilme in der Anlage mit der Abgabe von Legionellen in das Betriebswasser verhindert werden könne. Durch eine Entkeimungsanlage werde weder steriles Wasser erzeugt noch seien die Systeme, die das Betriebswasser führten, steril. Eine geringe Keimbelastung (nicht mit Legionellen) befinde sich auch in mikrobiologisch einwandfreiem Betriebswasser, wie z.B. die Untersuchung aus dem Jahr 2018 in Ziffer 3 zur Behandlungseinheit 4 und Ziffer 6 zur Behandlungseinheit 1 belege. 21Legionellen seien ubiquitär vorhanden, sodass sie in jede Anlage gelangen könnten; kritisch daran sei die Gefahr einer Vermehrung in der Anlage. Die ordnungsgemäße Qualität des Betriebswassers hänge dabei nicht allein von der Qualität des zugeführten Wassers ab, sondern von verschiedenen Bedingungen unter denen die betriebsführenden Systeme der Behandlungseinheit betrieben würden, wie z.B. Alterung von Plastikmaterialien, Reinigung, Desinfektion, Spülung, möglicher Rückfluss, Wartung, Standzeiten. 22Die 0000 und 0000 vorgenommenen mikrobiologischen Untersuchungen umfassten lediglich ein Minimalprogramm. Es falle negativ auf, dass die Beprobung im Abstand von drei Jahren durchgeführt worden sei, die Proben jeweils an derselben Entnahmestelle gezogen worden seien und eine Beprobung der Behandlungseinheit 5 fehle. Die Behauptungen, dass die Entkeimungsanlagen die Keimzahl zuverlässig auf null reduziere, die Effizienz der Anlagen durch mehrfach an verschiedenen Stellen geprüft worden seien und sich in den Proben keine Keime befunden hätten, sei (daher) nicht zutreffend. 23Über eine automatische Erkennung von Keimwachstum verfügten die Behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine Verkeimung „im Display“ nicht angezeigt werde und damit unerkannt bleibe. Die jährliche Wartung und Funktionsprüfung der Behandlungseinheiten bleibe unvollständig, da über die mikrobiologische Qualität des Betriebswassers nur durch entsprechende Untersuchungen nach den allgemeinen Regeln der Technik eine zuverlässige Aussage über den mikrobiologischen Zustand der wasserführenden Systeme getroffenen werden könne. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der C. . 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet. Die angefochtenen Bescheide vom 12. November 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 271. Die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen bei allen wasserführenden Behandlungseinheiten in der Zahnarztpraxis der Kläger ist rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren Rechten. 28Gemäß § 26 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 MPG in der bis zum 25. Mai 2021 geltenden Fassung (a.F.) hat sich die zuständige Behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über Medizinprodukte beachtet werden. Sie prüft in angemessenem Umfang unter besonderer Berücksichtigung möglicher Risiken, ob die Voraussetzungen zum Inverkehrbringen, zur Inbetriebnahme, zum Errichten, Betreiben und Anwenden erfüllt sind. Satz 2 gilt entsprechend für die Überwachung von klinischen Prüfungen und von Leistungsbewertungsprüfungen sowie für die Überwachung der Aufbereitung von Medizinprodukten, die bestimmungsgemäß keimarm oder steril angewendet werden. Die zuständige Behörde ergreift die Maßnahmen, die notwendig sind, um festgestellte Verstöße zu beseitigen und künftigen Verstößen vorzubeugen. Nach § 28 Abs. 1 MPG a.F. trifft die nach diesem Gesetz zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit und zur Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte, soweit nicht das Atomgesetz oder eine darauf gestützte Rechtsverordnung für Medizinprodukte, die ionisierende Strahlen erzeugen oder radioaktive Stoffe enthalten, für die danach zuständige Behörde entsprechende Befugnisse vorsieht. Die zuständige Behörde ist gemäß § 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 MPG a.F. insbesondere befugt, Anordnungen, auch über die Schließung des Betriebs oder der Einrichtung, zu treffen, soweit es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung geboten ist. Sie kann das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme, das Betreiben, die Anwendung der Medizinprodukte sowie den Beginn oder die weitere Durchführung der klinischen Prüfung oder der Leistungsbewertungsprüfung untersagen, beschränken oder von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig machen oder den Rückruf oder die Sicherstellung der Medizinprodukte anordnen. 29§ 14 MPG a.F. bestimmt, dass Medizinprodukte nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung gemäß § 37 Abs. 5 MPG betrieben und angewendet werden. Medizinprodukte dürfen nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können. 30Das Medizinproduktegesetz wurde durch Gesetz vom 28. April 2020 (BGBl I S. 960) in der Fassung des Gesetzes vom 19. Mai 2020 (BGBl I S. 1018) mit Wirkung vom 26. Mai 2021 weitestgehend aufgehoben. An seine Stelle sind nunmehr die Regelungen der Medizinprodukteverordnung (Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates in der Fassung der Verordnung (EU) 2020/561 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2020 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte hinsichtlich des Geltungsbeginns einiger ihrer Regelungen - Medical Devices Regulation - MDR, im Folgenden: Medizinprodukteverordnung) sowie des Gesetzes zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Medizinprodukte (Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz - MPDG) getreten. 31Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 MPDG hat sich die zuständige Behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die medizinproduktrechtlichen Vorschriften beachtet werden. Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 MPDG ergreift die zuständige Behörde unbeschadet der Vorschriften der Verordnung (EU) 2017/745 zur Marktüberwachung und des § 74 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 MPDG die Maßnahmen, die notwendig sind, um einen Verstoß zu beseitigen und künftigen Verstößen vorzubeugen. Sie ist insbesondere befugt Anordnungen zu treffen, die zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit, Sicherheit oder Ordnung geboten sind (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MPDG). 32§ 11 MPDG bestimmt, dass Produkte und Produkte nach § 2 Abs. 2 MPDG nicht betrieben oder angewendet werden dürfen, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können. Produkte und Produkte nach § 2 Abs. 2 MPDG dürfen nur nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 MPDG betrieben und angewendet werden. 33Auf der Grundlage der vormals in § 37 MPG, jetzt in § 88 MPDG enthaltenen Ermächtigungen ist u.a. die Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (Medizinprodukte-Betreiberverordnung - MPBetreibV) ergangen, die weiterhin Bestand hat. 34Vgl. Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 237 EL. Juli 2021, M 60. Medizinproduktegesetz, Vorbemerkungen Rn. 8. 35Nach § 4 Abs. 1 MPBetreibV dürfen Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend und nach den Vorschriften dieser Verordnung sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben und angewendet werden. 36Zunächst muss nicht entschieden werden, ob maßgebliche Rechtsgrundlage das Medizinproduktegesetz in der bis zum 25. Mai 2021 geltenden Fassung ist oder die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Regelungen des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes sowie der Medizinprodukteverordnung ist. 37Vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt z.B.: Nds. OVG, Beschluss vom 29. September 2017 - 13 LA 4/16 -, juris m.w.N.; VG Köln, Urteil vom 29. November 2016 - 7 K 1587/15 -, juris. 38Jedenfalls wäre ein Austausch der Ermächtigungsgrundlage zulässig, weil die Vorschriften mit dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von Patienten, Anwendern und sonstigen Personen („Dritten“) vor Gefahren durch Medizinprodukte identische Ziele verfolgen und zudem eine deutliche strukturelle Gleichheit aufweisen. Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen stimmen im Wesentlichen überein. 39Vgl. dazu auch: OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. September 2021 - 3 MB 22/21 -, juris Rn. 13. 40Sachlich und örtlich zuständige Behörde ist weiterhin die C. E. , vgl. § 1 Abs. 1 Verordnung über die Zuständigkeiten im Humanarzneimittel-, Medizinprodukte- und Apothekenwesen sowie auf dem Gebiet des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen Vom 25. Januar 2022 (GV. NRW. 2022 S. 100) und § 1 Abs. 2 Verordnung über Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz vom 11. Dezember 1990 (GV. NRW. S. 659), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 16. März 2021 (GV. NRW. S. 304) geändert worden ist, i.V.m. § 5 Abs. 3 des Landesorganisationsgesetzes NRW sowie § 4 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz NRW. 41Ebenso haben sich die Erkenntnisse zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik über den Betrieb und die Anwendung von Medizinprodukten seit Erlass der Ordnungsverfügung vom 12. November 2020 nicht geändert. 42Dies vorangestellt hält die Anordnung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids der C. E. einer inhaltlichen Kontrolle stand. Sie ist hinreichend bestimmt (a.). Zudem sind die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass der Anordnung erfüllt (b.), Ermessensfehler liegen nicht vor (c.). 43a. Die Anordnung zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten in der Zahnarztpraxis der Kläger ist inhaltlich hinreichend bestimmt, § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Aus dem Tenor der Verfügung lässt sich eindeutig erlesen, dass „jede“ Behandlungseinheit speziell auf „Legionellen“ untersucht werden soll, und zwar von einem „Fachlabor“, z.B. einer nach § 15 Abs. 4 TrinkwV zugelassenen Untersuchungsstelle. Jedenfalls nach Klarstellung in der mündlichen Verhandlung ist auch unzweifelhaft, dass eine Beprobung - unter Berücksichtigung der geltenden wissenschaftlichen Standards - nur an einer Zapfstelle pro Behandlungseinheit erforderlich ist. 44b. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung der C. E. zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen auf Legionellen aller wasserführenden Behandlungseinheiten der Zahnarztpraxis liegen vor. 45Bei zahnärztlichen Behandlungseinheiten wird Wasser über die Behandlungseinheit zur Kühlung der Instrumente oder als Spülflüssigkeit für und durch den Patienten verwendet. 46Die zahnärztliche Behandlungseinheit einschließlich des innen befindlichen Betriebswassers sind unzweifelhaft Medizinprodukte, vgl. §§ 2, 3 MPG a.F. bzw. §§ 2 Abs. 1, 3 Nr. 1 MPDG i.V.m. Art. 2 Nr. 1 Medizinprodukteverordnung. Die Trinkwasserverordnung ist dagegen nicht anwendbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TrinkwV), es handelt sich bei dem Wasser um sog. Betriebswasser. Die Kläger sind auch Betreiber, denen die Pflicht obliegt, ein sicheres und ordnungsgemäßes Anwenden der in ihrer Gesundheitseinrichtung am Patienten eingesetzten Medizinprodukte zu gewährleisten, vgl. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 MPBetreibV. 47Die Anordnung dient der Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen. Eine „Gefahr“ (im polizeirechtlichen Sinne) bezeichnet eine Lage, in der bei ungehindertem Ablauf des Geschehens ein Zustand oder ein Verhalten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden hinsichtlich der einschlägigen Schutzgüter führen würde. 48Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13; Webel, in: Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, MPG, 3. Auflage 2018, § 28 Rn. 5; Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, MPDG, 237. EL Juli 2021, § 78 Rn. 3. 49„Drohend“ ist eine Gefahr, wenn ihr Eintritt alsbald bevorsteht; ein unmittelbares Bevorstehen ist nicht erforderlich, sonst hätte der Gesetzgeber den hierfür allgemein üblichen Begriff der gegenwärtigen Gefahr verwendet. 50Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13. 51Ein Einschreiten auf der Grundlage dieser Normen erfordert dabei nicht, wie die Kläger meinen, den Nachweis eines konkreten Gefahreneintritts. Die Anordnungsbefugnis setzt bereits präventiv im Vorfeld einer Gefahr an und begegnet Verstößen gegen Bestimmungen, die dazu dienen, das Auftreten von Gefahren zu verhindern. 52Vgl. VG Köln, Urteil vom 29. November 2016 - 7 K 1587/15 -, juris Rn. 23. 53Es muss zudem stets ein Zusammenhang zwischen der drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit mit dem Zweck des MPG/MPDG bestehen, 54vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, MPG, 3. Auflage 2018, § 28 Rn. 13, 55der nach § 1 MPG a.F. bzw. §§ 1, 2 MPDG i.V.m. Medizinprodukteverordnung darin liegt, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen. 56Die Kläger verletzen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf den von ihnen zu gewährleistenden Gesundheitsschutz ihrer Patienten, indem sie ihre Dentaleinheiten benutzen, obwohl sie entgegen den allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 4 Abs. 1 MPBetreibV) die angeordneten mikrobiologischen Untersuchungen der Wasserqualität auf Legionellen nicht vornehmen lassen. 57In der Zahnmedizin ist die Verwendung von Kühl- und Spülwasser unabdingbar. Dazu sind die Dentaleinheiten an Leitungen angeschlossen, in die Wasser aus dem öffentlichen Wassernetz eingespeist wird. Die Zuständigkeit der Trinkwasserverordnung endet an der Übergabestelle des Wassers in die Behandlungseinheit. Sie gilt also für das Wasser in der Dentaleinheit, das als „Betriebswasser“ bezeichnet wird, nicht. 58Vgl. Deutscher Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DGHK), Hygieneleitfaden, 14. Auflage 2021, Stand: 12. Februar 2021, S. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/Berufsaus%C3%BCbung/ Hygiene/Hygieneleitfaden_des_Deutschen_Arbeitskreises_f%C3%BCr_ Hygiene_in_der_Zahnmedizin.pdf. 59Wenn dieses Wasser wieder aus dem Gerät austritt und bestimmungsgemäß mit der Schleimhaut von Patientinnen und Patienten in Berührung kommt, gelten dafür in Deutschland mikrobiologische Qualitätsanforderungen, die sich an den Vorgaben der Trinkwasserverordnung orientieren und in Bezug auf bestimmte Parameter bzw. spezifische Patientengruppen teilweise auch darüber hinausgehen. 60In der KRINKO-Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ aus dem Jahr 2006 sind Anforderungen an die mikrobiologische Qualität von Betriebswasser aus Dentaleinheiten enthalten. Bei den in dieser Empfehlung niedergelten Grundsätzen handelt es sich (weiterhin) um die aktuellen und allgemein anerkannten Regeln der Technik. Zwar wird die Empfehlung seit Anfang 2021 nicht mehr unter den aktuellen Empfehlungen der KRINKO geführt, sondern ist nunmehr unter „Frühere Empfehlungen“ bzw. unter „Alte, nicht überarbeitete Empfehlungen“ der Kommission zu finden. Eine Neufassung der o.g. Empfehlung ist von der KRINKO nicht geplant. Kriterien für die Bewertung der mikrobiologischen Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten sollen in der zukünftigen KRINKO-Empfehlung „Hygienische Untersuchungen in medizinischen Einrichtungen“ thematisiert werden, welche derzeit erarbeitet wird. Solange es keinen aktuelleren wissenschaftlichen Kenntnisstand zur mikrobiologischen Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten gibt, können die Aussagen der KRINKO-Empfehlung aus dem Jahr 2006 grundsätzlich weiterhin als Referenz angesehen werden. Wie in den Hinweisen zu „Früheren Empfehlungen“ ausgeführt wird, sind bei der Umsetzung, Anwendung und fachlichen Bewertung der älteren Empfehlungen die Adressaten der Richtlinie gehalten, den Abgleich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand selbst vorzunehmen. 61Vgl. dazu: Robert Koch-Institut, Nach welchen Kriterien kann die mikrobiologische Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten in Deutschland bewertet werden?, Stand: 31. März 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/ThemenAZ/Z/FAQ_Wasser_aus_Dentaleinheiten_FG14_2021-03-19_final_002.html. 62Dass es einen von den Empfehlungen abweichenden aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand gibt, wurde weder vorgetragen noch ist dies anderweitig ersichtlich. 63Vgl. auch: Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, Leitfaden Wasser führende Systeme, Stand: Juli 2021, abrufbar unter: https://phb.lzk-bw.de/PHB-CD/QM/Leitfaden_Wasser.pdf; Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Hygienische Anforderungen an das Wasser in zahnärztlichen Behandlungseinheiten“ - Rg.Nr. 075-002, Stand: 18. September 2014, abrufbar unter: https://zahnaerzte-sh.de/app/uploads/2017/04/Leitlinie_Hyg_Anforderungen_an-Wasser_in_Zahnarztpraxis.pdf. 64Mikroorganismen aus dem Trinkwasser können an der Innenwandung der Leitungen sog. Biofilme bilden. Vor allem in Phasen der Stagnation des Wassers (z.B. über Nacht und am Wochenende bzw. Urlaub) und wegen relativ hoher Umgebungstemperaturen kann es zu Kontaminationen des Kühl- und Spülwassers kommen. 65Vgl. Deutscher Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DGHK), Hygieneleitfaden, 14. Ausgabe 2021, Stand: 12. Februar 2021, S. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/Berufsaus%C3%BCbung/ Hygiene/Hygieneleitfaden_des_Deutschen_Arbeitskreises_f%C3%BCr_ Hygiene_in_der_Zahnmedizin.pdf. 66Ausweislich der vorbenannten KRINKO-Empfehlung darf in Dentaleinheiten gemäß § 3 TrinkwV nur Wasser eingespeist werden, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht. Auch bei Einhaltung dieses Standards werden die Wasser führenden Systeme z.B. Übertragungsinstrumente, Mehrfunktionsspritzen, Ultraschall zur Zahnreinigung, Mundspülung) häufig durch verschiedene Mikroorganismen besiedelt. Diese kolonisieren und vermehren sich an den inneren Wandungen der Wasser führenden Systeme. Diese Biofilme können in Perioden der Stagnation zu einer z.T. massiven Kontamination des Kühlwassers führen. 67Bei der Kontamination der Wasser führenden Systeme ist unterschieden zwischen der Kontamination durch Stagnation des eingespeisten Wassers (Biofilmbildung) und der Kontamination durch Blut/Sekret des Patienten. 68Die nachfolgend erläuternden Maßnahmen stellen sowohl einzeln als insbesondere auch in Kombination taugliche Mittel dar, mikrobiellen Kontaminationen in Wasser führenden Systemen in Dentaleinheiten entgegenzuwirken: 69- Die Angaben der Gerätehersteller sind zu berücksichtigen und die relevanten Betriebsparameter zu kontrollieren. 70- Mit Desinfektionsanlagen für die Wasser führenden Systeme der Behandlungseinheiten, deren Wirksamkeit unter praxisnahen Bedingungen nachgewiesen und belegt ist, kann eine Verringerung der mikrobiellen Kontamination des Kühlwassers erreicht werden. 71- […] 72Obwohl das Erkrankungsrisiko für gesunde Patienten oder Behandler aufgrund der aus einer Biofilmbildung unter Umständen resultierenden Kontamination des Kühl- und Spülwassers als gering einzuschätzen ist bzw. ein Zusammenhang mit zahnärztlichen Behandlungen nur in Form von Einzelfallberichten vorliegt, entspricht es den allgemein anerkannten Prinzipien der Infektionsprävention, das Risiko von Gesundheitsschäden durch Verwendung mikrobiologisch unbedenklichen Wassers zu reduzieren. 73Aufgrund der vorbenannten Bewertung des gegenwärtigen Standes von Wissenschaft und Technik sowie der diesbezüglichen geführten Diskussion wird die Untersuchung der folgenden Parameter als geeignet angesehen, den sachgerechten Betrieb einer Dentaleinheit unter dem Aspekt der mikrobiologischen Qualität des Wassers zu überprüfen: 74Die mikrobiologische Überprüfung umfasst die Bestimmung der Koloniezahl bei 36°C sowie die Bestimmung von Legionellen durch ein Labor mit entsprechender Erfahrung. Die Entnahme der zu untersuchenden Probe erfolgt nach Ablaufen des Wassers über einen Zeitraum von 20 Sekunden und soll durch geschultes Personal durchgeführt werden. 75Da bei gut gewarteten Behandlungseinheiten in der Regel eine Koloniezahl von 100/ml nicht überschritten wird, können diese Werte hier als Richtwert angesehen werden; höhere Koloniezahlen sprechen für eine ausgedehnte Biofilmbesiedlung und erfordern eine Intensivierung der Spülung vor Patientenbehandlung und ggf. eine Desinfektion in Abstimmung mit dem Hersteller. 76Das Risiko einer Legionelleninfektion im Zusammenhang mit zahnärztlicher Behandlung ist derzeit aufgrund unzureichender epidemiologischer Untersuchungen nicht sicher zu charakterisieren. Aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes sollte der international etablierte Richtwert von unter 1 KBE Legionellen/1 ml nicht überschritten werden. 77Die Festlegung von Untersuchungsintervallen unterliegt pragmatischen Überlegungen. Liegen keine Anhaltspunkte für Mängel vor, erscheinen Abstände von 12 Monaten sinnvoll. 78Jeder Verdacht auf eine Wasser bedingte Infektion durch zahnärztliche Behandlung muss eine anlassbezogene Nachuntersuchung nach sich ziehen. 79Vgl. Robert Koch-Institut, Infektionsprävention in der Zahnheilkunde, Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2006, S. 381 ff., Bundesgesundheitsblatt 4/2006, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaus hygiene/Kommission/Downloads/Zahn_Rili.pdf?__blob=publicationFile. 80In den letzten Jahren sind einzelne Berichte von Infektionsübertragungen durch kontaminiertes Wasser aus Dentaleinheiten publiziert worden. So wurde 2012 eine schwere Legionella pneumophila-Infektion mit letalem Ausgang bei einer älteren Patientin beschrieben, welche auf kontaminiertes Wasser aus der Dentaleinheit in einer Zahnarztpraxis zurückzuführen war, wo die Patientin zuvor behandelt worden war. 2015 erlitten mehrere Kinder eine odontogene Infektion, mit teilweise schwerem Verlauf. Die Kinder hatten sich nachweislich während einer Zahnbehandlung über das Wasser aus Dentaleinheiten, welches mit Mycobacterium abscessus verunreinigt war, angesteckt. 81Vgl. dazu: Robert Koch-Institut, Nach welchen Kriterien kann die mikrobiologische Qualität von Wasser aus Dentaleinheiten in Deutschland bewertet werden?, Stand: 31. März 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/ThemenAZ/Z/FAQ_Wasser_aus_Dentaleinheiten_FG14_2021-03-19_final_002.html. 82Nach dieser Maßgabe ist die streitgegenständliche Anordnung gegenüber den Klägern, in deren Zahnarztpraxis bereits seit mehreren Jahren (unstreitig) keine Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten auf Legionellen durchgeführt worden sind, nicht zu beanstanden. Ihr steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich bei der KINKO-Empfehlung nicht um eine „rechtsverbindliche Regelung“ in dem Sinne handelt, dass dort z.B. Überprüfungsintervall und Beprobung verbindlich, d.h. ohne Entscheidungsspielraum der zuständigen Fachbehörde festgelegt werden. Denn die Anordnung zur Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen der wasserführenden Behandlungseinheiten kann erlassen werden, wenn - wie hier - der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage, die sich im MPG bzw. MPDG befindet, erfüllt ist. Ergänzt wird dieser Tatbestand durch § 4 MPBetreibV, der die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik voraussetzt. Ausgefüllt wird der unbestimmte Rechtsbegriff der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ durch die Stellungnahmen der Fachgremien wie der KRINKO bzw. dem Robert Koch-Institut. Letztendlich entscheidet die C. als Fachbehörde aber selbst und in der Sache verbindlich, ob eine drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht und welche Maßnahmen deswegen zu ergreifen sind. Der nach der Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde - Anforderungen an die Hygiene“ bestehende Entscheidungsspielraum wird - auch mit Blick auf zu berücksichtigende aktuelle Entwicklungen und Erkenntnisse in der Wissenschaft - von der Behörde ausgefüllt. 83Anders als die Kläger meinen, ist auch kein konkreter Verdacht einer Wasser bedingten Infektionsgefahr mit Legionellen erforderlich. Es genügt - wie dargelegt - eine drohende Gefahr. Unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten Prinzipien der Infektionsprävention, das Risiko von Gesundheitsschäden durch Verwendung mikrobiologisch unbedenklichen Wassers zu reduzieren, sind hinreichende Verdachtsmomente für das Vorliegen dieser - nach gewissen Zeitabständen regelhaft eintretenden - drohenden Gefahr, wie die C. nachvollziehbar dargelegt hat, dass die ordnungsgemäße Qualität des Betriebswassers nicht allein von der Qualität des zugeführten Wassers abhängt, sondern von verschiedenen Bedingungen, unter denen die betriebsführenden Systeme der Behandlungseinheit betrieben werden, wie z.B. die Alterung von Plastikmaterialien, Reinigung, Desinfektion, Spülung, möglicher Rückfluss, Wartung, Standzeiten. Überdies zeigen die langjährigen Erfahrungen der Überwachungsbehörde bei Inspektionen von Zahnarztpraxen, dass auffällige Werte des Betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen Überprüfungen auftreten könnten. 84Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Behandlungseinheiten jeweils über eine Entkeimungsanlage verfügen. Über eine automatische Erkennung von Keimwachstum verfügen die Behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine Verkeimung im Display nicht angezeigt wird und damit unerkannt bleibt. Im Übrigen zeigen die von den Klägern selbst vorgelegten Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2018, dass das Wasser in einzelnen Behandlungseinheiten - wenn auch in geringem Umfang - keimbelastet war. Die von ihnen propagierte Keimfreiheit durch die Entkeimungsanlage trifft damit nicht zu. Hinzu kommt, dass es zu einem Keimwachstum in wasserführenden Systemen trotz Verwendung einer Entkeimungsanlage kommen kann. Schließlich ist die Nutzung einer Desinfektionsanlage auch nach den Empfehlungen der KRINKO nur eine Maßnahme von mehreren, die letztlich die drohende Gefahr der Legionellenentstehung und -verbreitung verhindern soll. 85Schließlich führen auch die Untersuchungen in den Jahren 0000 und 0000 nicht dazu, dass die Anordnung nicht hätte erlassen werden dürfen. Zum einen liegen die Beprobungen bereits über drei Jahre zurück, sodass das übliche Intervall von 12 Monaten längst überschritten ist. Zum anderen basieren die Ergebnisse aus dem Jahr 0000 auf einer nicht akkreditierten Entnahme durch den Kläger zu 1. und ist die Untersuchung insgesamt unzureichend, weil die Proben in den Jahren 0000/0000 jeweils an derselben Entnahmestelle gezogen worden sind und eine Begutachtung der Behandlungseinheit 5 gänzlich fehlt. 86Im Übrigen wird zur weiteren Begründung und Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid der C. , denen sich die erkennende Einzelrichterin nach eigener Würdigung nach Sach- und Rechtslage anschließt. 87c. Ist der Tatbestand erfüllt, steht im Ermessen, welche Maßnahme die zuständige Behörde im Einzelfall anordnet. Sie hat dabei den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. 88Vgl. Wagner, in: Rehmann/Wagner, 3. Auflage 2018, MPG, § 28 Rn. 13; Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, MPDG, 237. EL Juli 2021, § 78 Rn. 3. 89Dies berücksichtigend ist die Anordnung im Rahmen der insoweit eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungskompetenz (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) nicht zu beanstanden. Die C. hat erkannt, dass ihr Ermessen eingeräumt ist. Sie hat das ihr eingeräumte Ermessen am Zweck der gesetzlichen Regelung ausgerichtet und es in einer nicht zu beanstandenden Weise ausgeübt. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass ein Ermessensfehler auch nicht deswegen vorliegt, weil in der Zahnarztpraxis neben der für die Wasseruntersuchung anfallenden Kosten weitere Ausgaben zum Schutz der Patienten zu tätigen sind. Ungeachtet dessen haben die Kläger weder die anfallenden Kosten konkretisiert noch ansatzweise nachvollziehbar eine deswegen bestehende Unzumutbarkeit dargelegt. 902. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 der Verfügungen vom 00.00.0000 ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie beruht auf §§ 55, 60, 63 VwVG NRW. Zur Begründung und Vermeidung von Wiederholungen nimmt die erkennende Einzelrichterin Bezug auf die Ausführungen im Bescheid der C. , denen sie sich nach eigener Würdigung anschließt. 91Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anordnungen über die vorläufige Vollsteckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO. | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die kläger wenden sich gegen die anordnung der c. e. zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen auf legionellen der wasserführenden behandlungseinheiten ihrer zahnarztpraxis. 3am 00.00.0000 fand eine begehung der zahnärztlichen praxisräume der kläger zur überprüfung der einhaltung medizinproduktrechtlicher vorschriften durch den sachverständigen dr. o. statt. eine mikrobiologische wasseruntersuchung der zahnärztlichen betriebseinheiten konnten die kläger ausweislich des inspektionsberichts vom 00.00.0000 nicht vorlegen. 4dazu teilte der kläger zu 1. dem gutachter mit schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die untersuchung auf legionellen nach den angaben des robert koch-instituts im jährlichen intervall sinnvoll erscheine. aus dieser formulierung eine verpflichtung herzuleiten, „erscheine“ ihm sehr weit hergeholt. die behandlungseinheiten unterlägen strengen wartungsintervallen und seien mit entkeimungsanlagen ausgestattet. eine weitere überprüfung „erscheine“ daher nicht sinnvoll. 5herr dr. o. teilte den klägern daraufhin mit schreiben vom 00.00.0000 mit, dass die c. e. mit der einschätzung des robert koch-instituts übereinstimme und daher eine mindestens jährlich durchzuführende testung als nachweis für eine nicht vorhandene kontamination des wassers zusammen mit der mindestens einmal jährlich durchzuführenden prüfung der kbe bei 36°c verlange. er bitte entsprechende nachweise zu erbringen. 6mit schreiben vom 00.00.0000 forderte die c. e. die kläger unter fristsetzung auf, für jede behandlungseinheit in der praxis die ergebnisse einer mikrobiologischen prüfung auf legionellen vorzulegen. 7dies lehnten die kläger mit schreiben vom 00.00.0000 ab. 8nach anhörung wies die c. e. die kläger mit bescheiden vom 00.00.0000 - jeweils zugestellt am 00.00.0000 - an, für jede behandlungseinheit ihrer zahnarztpraxis eine mikrobiologische untersuchung auf legionellen durch ein für wasseruntersuchung nachweislich geeignetes fachlabor, z.b. eine nach § 15 abs. 4 trinkwv zugelassene untersuchungsstelle, durchführen zu lassen und spätestens bis zum 00.00.0000 das ergebnis der jeweiligen untersuchung vorzulegen (ziffer 1). zudem drohte sie den klägern im falle der zuwiderhandlung ein zwangsgeld in höhe von jeweils 1.000 euro pro behandlungseinheit an (ziffer 2). zur begründung führte sie im wesentlichen aus, dass rechtsgrundlage für die anordnung der durchführung von mikrobiologischen untersuchungen der wasserführenden systeme der zahnärztlichen behandlungseinheiten §§ 26, 28 abs. 1 und 2 medizinproduktegesetz (mpg) und § 14 mpg i.v.m. § 4 abs. 1 und 6 medizinprodukte-betreiberverordnung (mpbetreibv) seien. die c. e. sei danach als zuständige behörde befugt, alle erforderlichen maßnahmen zum schutz der gesundheit und zur sicherheit von patienten, anwendern und dritten vor gefahren durch medizinprodukte zu treffen. im falle einer drohenden gefahr für die öffentliche gesundheit, sicherheit oder ordnung sei sie insbesondere befugt, die inbetriebnahme, das betreiben, die anwendung von medizinprodukten zu untersagen, zu beschränken oder von der einhaltung bestimmter auflagen abhängig zu machen. eine drohende gefahr für die öffentliche gesundheit, sicherheit und ordnung bestehe, wenn diese mehr als allgemein üblich gefährdet würden. als betreiber und anwender unterlägen die kläger der überwachung der c. . konstruktionsbedingt (z.b. komplexes verzweigtes leitungssystem, stagnation des eingespeisten wassers, ablagerungen im leitungssystem) könne es in zahnärztlichen behandlungseinheiten zur biofilmbildung an den inneren wandungen der wasser führenden systeme kommen, wodurch sich die mikrobiologische wasserqualität verschlechtere. biofilme bildeten eine komplexe lebensgemeinschaft unterschiedlicher mikroorganismen. eine besondere eigenschaft von biofilmen sei ihre geringe sensivität gegen desinfektionsmittel, mikroorganismen würden daher nur teilweise abgetötet. das zersetzungsmaterial werde von den lebenden mikroorganismen als nährstoff aufgenommen. insgesamt könnten sich in solchen systemen und unter derartigen bedingungen eine vielzahl von bakterien (z.b. legionellen), pilzen und protozoen ansiedeln. neben diesem systembedingten gefahrenherd könne das betriebswasser auch über patienten retrograd kontaminiert werden durch blut und sekret. aus diesem grunde müsse das wasser an den entnahmestellen der dentaleinheiten nachweislich von unbedenklicher mikrobiologischer qualität sein, da wasserführende systeme in zahnärztlichen behandlungseinheiten besonders anfällig für die besiedlung mit unterschiedlichen mikroorganismen seien. es seien maßnahmen erforderlich, um einer mikrobiellen kontamination entgegenzuwirken. die gebrauchsanweisung des geräteherstellers, sicherheitsbezogene informationen und instandhaltungshinweise seien zu beachten. eine installierte entkeimungsanlage und ausgiebige regelmäßige spülvorgänge trügen zur risikoverringerung bei. der nachweis jedoch, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen maßnahmen zu dem in infektionspräventiver hinsicht erforderlichen resultat, nämlich wasser in angemessener mikrobiologischer qualität für die anwendung am patienten zu führen, erfolge durch die untersuchung der parameter gesamtkeimzahl und legionellen entsprechend der mitteilung der kommission für krankenhaushygiene und infektionsprävention (krinko) beim robert koch-institut („infektionsprävention in der zahnheilkunde“). entsprechend hoch sei die gefährdung, wenn das betriebswasser von zahnärztlichen behandlungseinheiten nicht regelmäßig kontrolliert werde. wenn es optisch oder olfaktorisch auffällig werde, sei es schon viel zu spät. nur durch vorsorgende kontrollen könne diesem problem begegnet werden. entgegen der auffassung der kläger handele es sich bei der mitteilung der krinko nicht um eine bloße empfehlung, deren beachtung im ermessen des betreibers einer medizinischen einrichtung liege. vielmehr hätten betreiber einer zahnarztpraxis nach § 23 abs. 3 infektionsschutzgesetz (ifsg) sicherzustellen, dass sie nach dem stand der medizinischen wissenschaft erforderliche maßnahmen getroffen würden, um nosokomiale infektionen zu verhüten. der nachweis, ob die vorstehend genannten technischen und organisatorischen maßnahmen zu dem in infektionspräventiver hinsicht erforderlichen resultaten führten, erfolge durch die untersuchung i.s.d. o.g. mitteilung. dieser fachstandard des robert koch-instituts sei auch in medizinprodukterechtlicher hinsicht einzuhalten. medizinprodukte dürften nach § 14 mpg nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie mängel aufwiesen, durch die patienten gefährdet werden könnten. neben der technisch einwandfreien beschaffenheit müsse auch das an der behandlungseinheit zum einsatz kommende betriebswasser in mikrobiologischer hinsicht von einwandfreier beschaffenheit sein, um vermeidbare gefährdungen von patienten zu begegnen. mögliche gefährdungen durch legionellen seien in der wissenschaftlichen literatur und in den fachlichen veröffentlichungen des robert koch-instituts umfangreich beschrieben („robert koch-institut-ratgeber legionellose“). legionellen fänden im warmen wasser gute wachstumsbedingungen vor und gelangten in der regel durch das einatmen eines fein zerstäubten wassernebels (aerosol) in den menschlichen körper, wo sie z.b. eine schwere pneumonie hervorrufen könnten. gefährdet seien insbesondere vulnerable patientengruppen, z.b. ältere menschen oder immunsupprimierte patienten. bei zahnärztlichen behandlungen mit anwendung von wasser (z.b. kühl- oder spraywasser) entstünden aerosole, die vom patienten eingeatmet würden. das praxispersonal könne sich durch tragen von masken während der behandlung schützen, der patient hingegen nicht. insofern sei über die technischen und betrieblich-organisatorischen maßnahmen hinaus eine regelmäßige mikrobiologische kontrolle des betriebswassers von zahnärztlichen behandlungseinheiten erforderlich, um einen ggf. vorliegenden mangel der wasserqualität überhaupt zu erkennen und die unverzüglich erforderlichen maßnahmen zur beseitigung des mangels ergreifen zu können. wenn in einer zahnarztpraxis risikominimierende maßnahmen umgesetzt würden, wie z.b. die regelmäßige ordnungsgemäße instandhaltung der dentaleinheiten sowie der betrieb von desinfektionsanlagen und keine anhaltspunkte für mängel vorlägen, werde dem rechnung getragen, indem kontrollen des betriebswassers alle 12 monate als ausreichend angesehen würden. diese zeitspanne sei jedoch nur dann anzunehmen, wenn es keine anhaltspunkte für mängel gebe; in diesem falle sei umgehend zu reagieren. ein vollständiges entfallen der mikrobiologischen wasseruntersuchungen sei in der o.g. mitteilung der krinko jedoch nicht vorgesehen. dies erkläre sich dadurch, dass selbst bei gut gewarteten behandlungseinheiten das betriebswasser nicht keimfrei sei. vielmehr seien richtwerte definiert, bei deren überschreitung eine ausgedehnte biofilmbesiedlung anzunehmen und aus gründen des vorbeugenden gesundheitsschutzes unverzüglich zu reagieren sei. daher seien regelmäßige mikrobiologische kontrollen des betriebswassers der dentaleinheiten in bezug auf die gesamtkeimzahl und legionellen unverzichtbar. auch wenn über einen längeren zeitraum bei jährlichen wasseruntersuchungen keine mängel festgestellt worden seien, könne dies nicht dazu führen, künftig auf die wasseruntersuchung zu verzichten und darauf zu vertrauen, dass die richtwerte auch zukünftig nicht überschritten würden. in diesem falle würde eine patientengefährdung zumindest billigend in kauf genommen. zudem zeige die langfähige erfahrung - der c. e. - bei der inspektion von zahnarztpraxen, dass auffällige werte des betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen überprüfungen auftreten könnten. der eingriff in das recht, weiterhin die behandlungseinheiten ohne vorhergehende mikrobiologische untersuchung nutzen zu können, sei deutlich weniger intensiv als der mögliche eingriff in das recht der patienten auf körperliche unversehrtheit. das öffentliche interesse an einem größtmöglichen schutz vor infektionsrisiken überwiege das wirtschaftliche interesse, von der umsetzung dieser verfügung und den damit verbundenen kosten, die sich auf etwa 70 euro zuzüglich mehrwertsteuer pro behandlungseinheit beliefen, verschont zu bleiben. ein milderes gleichwohl geeignetes mittel sei nicht vorhanden. 9der kläger zu 1. hat am 00.00.0000 für alle drei inhaber der als gbr geführten gemeinschaftspraxis klage erhoben. die kläger zu 2. und 3. haben am 00.00.0000 eine unterschriebene klage eingereicht. 10zur begründung machen die kläger im wesentlichen geltend, dass es keine rechtsverbindliche regelung gebe, aus der sich die forderung nach einer wasserbeprobung ohne konkrete verdachtsmomente auf eine wasserbedingte infektionsgefahr herleiten lasse. ein konkreter verdacht liege unstreitig nicht vor. es handele sich also um eine rein prophylaktische maßnahme. 11das thema sei seit jahren in der diskussion. leitlinien zu den „hygienischen anforderungen an das wasser in zahnärztlichen behandlungseinheiten“ seien zwar in arbeit, allerdings noch nicht in kraft getreten. allgemeingültige, rechtlich verbindliche regelungen für alle zahnarztpraxen fehlten, in denen u.a. geregelt werde an welchen stellen in der praxis proben zu entnehmen seien, welche personen zur probeentnahme berechtigt seien und wie entkeimungsanlagen zu bewerten seien. 12sie hätten in ihrer praxis der verhütung und weiterverbreitung nosokomialer infektionen besondere aufmerksamkeit geschenkt. im eigenen interesse hätten sie mehrfach in den vergangenen jahren wasserproben auswerten lassen. aufgrund dieser ergebnisse kämen sie zu dem schluss, dass regelmäßige proben beim technischen stand ihrer wasserinstallation nicht nötig seien. sie hätten den gesetzlichen anforderungen genüge getan. so seien in ihrer praxis am 00.00.0000 und am 00.00.0000 ausweislich der vorliegenden untersuchungsberichte gezielt wasserproben entnommen und ausgewertet worden. 13ihre zahnärztlichen behandlungseinheiten seien mit einer entkeimungsanlage ausgestattet. dabei handele es sich um serienmäßig vom hersteller installierte bestandteile. entkeimungsanlagen reduzierten die keimzahl zuverlässig auf null, d.h. es gebe keine keime im für die patientenbehandlung verwendeten wasser. störungen der funktion würden im display angezeigt, oder die anlage schalte sich aufgrund der störung automatisch ab. die effektivität der anlage hätten sie mehrfach an verschiedenen stellen überprüft, in all den proben hätten sich keine keime befunden. jährliche keimzahlbestimmungen seien damit faktisch sinnlos. 14bei der bewertung der entstehenden kosten für hygienemaßnahmen seien die gesamtzahl der maßnahmen und die daran anknüpfenden kosten zu berücksichtigen. diese seien selbst für große praxen zu einem relevanten kostenfaktor geworden. 15die kläger beantragen - z.t. schriftsätzlich, 16die bescheide vom 00.00.0000 aufzuheben. 17das beklagte land beantragt, 18die klage abzuweisen. 19die gefahr, deren abwehr grund für die anordnung der untersuchung des betriebswassers der behandlungseinheiten auf legionellen sei, ergebe sich aus den verstößen gegen § 14 satz 2 mpg a.f. bzw. § 11 satz 1 medizinprodukterecht-durchführungsgesetz (mpdg) i.v.m. § 4 abs. 1 mpbetreibv. der mangel liege darin, dass die zahnärztlichen behandlungseinheiten nicht nach den allgemein anerkannten regeln der technik betrieben würden. denn ein solcher betrieb erfordere eine regelmäßige untersuchung des betriebswassers der behandlungseinheit auf legionellen. die allgemein anerkannten regeln der technik seien u.a. in ziffer 5 der empfehlung „infektionsprävention in der zahnheilkunde - anforderungen an die hygiene“ der krinko über „wasser führende systeme“ beschrieben. zwar werde diese empfehlung nicht fortgeführt, sie könne nach den angaben auf der homepage des robert koch-instituts aber weiterhin als referenz angesehen werden. 20die verwendung von entkeimungsanlagen stelle keine besonderheit dar. sie könnten mikrobiologisch die qualität des zugeführten wassers verbessern und daher das risiko für verkeimungen in den komplex aufgebauten behandlungseinheiten vermindern. sie führten aber nicht dazu, dass allein dadurch z.b. die bildung der gefürchteten biofilme in der anlage mit der abgabe von legionellen in das betriebswasser verhindert werden könne. durch eine entkeimungsanlage werde weder steriles wasser erzeugt noch seien die systeme, die das betriebswasser führten, steril. eine geringe keimbelastung (nicht mit legionellen) befinde sich auch in mikrobiologisch einwandfreiem betriebswasser, wie z.b. die untersuchung aus dem jahr 2018 in ziffer 3 zur behandlungseinheit 4 und ziffer 6 zur behandlungseinheit 1 belege. 21legionellen seien ubiquitär vorhanden, sodass sie in jede anlage gelangen könnten; kritisch daran sei die gefahr einer vermehrung in der anlage. die ordnungsgemäße qualität des betriebswassers hänge dabei nicht allein von der qualität des zugeführten wassers ab, sondern von verschiedenen bedingungen unter denen die betriebsführenden systeme der behandlungseinheit betrieben würden, wie z.b. alterung von plastikmaterialien, reinigung, desinfektion, spülung, möglicher rückfluss, wartung, standzeiten. 22die 0000 und 0000 vorgenommenen mikrobiologischen untersuchungen umfassten lediglich ein minimalprogramm. es falle negativ auf, dass die beprobung im abstand von drei jahren durchgeführt worden sei, die proben jeweils an derselben entnahmestelle gezogen worden seien und eine beprobung der behandlungseinheit 5 fehle. die behauptungen, dass die entkeimungsanlagen die keimzahl zuverlässig auf null reduziere, die effizienz der anlagen durch mehrfach an verschiedenen stellen geprüft worden seien und sich in den proben keine keime befunden hätten, sei (daher) nicht zutreffend. 23über eine automatische erkennung von keimwachstum verfügten die behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine verkeimung „im display“ nicht angezeigt werde und damit unerkannt bleibe. die jährliche wartung und funktionsprüfung der behandlungseinheiten bleibe unvollständig, da über die mikrobiologische qualität des betriebswassers nur durch entsprechende untersuchungen nach den allgemeinen regeln der technik eine zuverlässige aussage über den mikrobiologischen zustand der wasserführenden systeme getroffenen werden könne. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der c. . 25 | 26die klage hat keinen erfolg. sie ist jedenfalls unbegründet. die angefochtenen bescheide vom 12. november 2020 sind rechtmäßig und verletzen die kläger nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 271. die anordnung der c. e. zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen bei allen wasserführenden behandlungseinheiten in der zahnarztpraxis der kläger ist rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren rechten. 28gemäß § 26 abs. 2 sätze 1 bis 4 mpg in der bis zum 25. mai 2021 geltenden fassung (a.f.) hat sich die zuständige behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die vorschriften über medizinprodukte beachtet werden. sie prüft in angemessenem umfang unter besonderer berücksichtigung möglicher risiken, ob die voraussetzungen zum inverkehrbringen, zur inbetriebnahme, zum errichten, betreiben und anwenden erfüllt sind. satz 2 gilt entsprechend für die überwachung von klinischen prüfungen und von leistungsbewertungsprüfungen sowie für die überwachung der aufbereitung von medizinprodukten, die bestimmungsgemäß keimarm oder steril angewendet werden. die zuständige behörde ergreift die maßnahmen, die notwendig sind, um festgestellte verstöße zu beseitigen und künftigen verstößen vorzubeugen. nach § 28 abs. 1 mpg a.f. trifft die nach diesem gesetz zuständige behörde alle erforderlichen maßnahmen zum schutze der gesundheit und zur sicherheit von patienten, anwendern und dritten vor gefahren durch medizinprodukte, soweit nicht das atomgesetz oder eine darauf gestützte rechtsverordnung für medizinprodukte, die ionisierende strahlen erzeugen oder radioaktive stoffe enthalten, für die danach zuständige behörde entsprechende befugnisse vorsieht. die zuständige behörde ist gemäß § 28 abs. 2 sätze 1 und 2 mpg a.f. insbesondere befugt, anordnungen, auch über die schließung des betriebs oder der einrichtung, zu treffen, soweit es zur abwehr einer drohenden gefahr für die öffentliche gesundheit, sicherheit oder ordnung geboten ist. sie kann das inverkehrbringen, die inbetriebnahme, das betreiben, die anwendung der medizinprodukte sowie den beginn oder die weitere durchführung der klinischen prüfung oder der leistungsbewertungsprüfung untersagen, beschränken oder von der einhaltung bestimmter auflagen abhängig machen oder den rückruf oder die sicherstellung der medizinprodukte anordnen. 29§ 14 mpg a.f. bestimmt, dass medizinprodukte nur nach maßgabe der rechtsverordnung gemäß § 37 abs. 5 mpg betrieben und angewendet werden. medizinprodukte dürfen nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie mängel aufweisen, durch die patienten, beschäftigte oder dritte gefährdet werden können. 30das medizinproduktegesetz wurde durch gesetz vom 28. april 2020 (bgbl i s. 960) in der fassung des gesetzes vom 19. mai 2020 (bgbl i s. 1018) mit wirkung vom 26. mai 2021 weitestgehend aufgehoben. an seine stelle sind nunmehr die regelungen der medizinprodukteverordnung (verordnung (eu) 2017/745 des europäischen parlaments und des rates vom 05.04.2017 über medizinprodukte, zur änderung der richtlinie 2001/83/eg, der verordnung (eg) nr. 178/2002 und der verordnung (eg) nr. 1223/2009 und zur aufhebung der richtlinien 90/385/ewg und 93/42/ewg des rates in der fassung der verordnung (eu) 2020/561 des europäischen parlaments und des rates vom 23.04.2020 zur änderung der verordnung (eu) 2017/745 über medizinprodukte hinsichtlich des geltungsbeginns einiger ihrer regelungen - medical devices regulation - mdr, im folgenden: medizinprodukteverordnung) sowie des gesetzes zur durchführung unionsrechtlicher vorschriften betreffend medizinprodukte (medizinprodukterecht-durchführungsgesetz - mpdg) getreten. 31gemäß § 77 abs. 2 satz 1 mpdg hat sich die zuständige behörde u.a. davon zu überzeugen, dass die medizinproduktrechtlichen vorschriften beachtet werden. nach § 78 abs. 1 satz 1 mpdg ergreift die zuständige behörde unbeschadet der vorschriften der verordnung (eu) 2017/745 zur marktüberwachung und des § 74 abs. 1 satz 2 und abs. 2 mpdg die maßnahmen, die notwendig sind, um einen verstoß zu beseitigen und künftigen verstößen vorzubeugen. sie ist insbesondere befugt anordnungen zu treffen, die zur abwehr einer drohenden gefahr für die öffentliche gesundheit, sicherheit oder ordnung geboten sind (§ 78 abs. 1 satz 2 nr. 1 mpdg). 32§ 11 mpdg bestimmt, dass produkte und produkte nach § 2 abs. 2 mpdg nicht betrieben oder angewendet werden dürfen, wenn sie mängel aufweisen, durch die patienten, beschäftigte oder dritte gefährdet werden können. produkte und produkte nach § 2 abs. 2 mpdg dürfen nur nach maßgabe der rechtsverordnung nach § 88 abs. 1 satz 1 nr. 6 mpdg betrieben und angewendet werden. 33auf der grundlage der vormals in § 37 mpg, jetzt in § 88 mpdg enthaltenen ermächtigungen ist u.a. die verordnung über das errichten, betreiben und anwenden von medizinprodukten (medizinprodukte-betreiberverordnung - mpbetreibv) ergangen, die weiterhin bestand hat. 34vgl. häberle, in: erbs/kohlhaas, strafrechtliche nebengesetze, 237 el. juli 2021, m 60. medizinproduktegesetz, vorbemerkungen rn. 8. 35nach § 4 abs. 1 mpbetreibv dürfen medizinprodukte nur ihrer zweckbestimmung entsprechend und nach den vorschriften dieser verordnung sowie den allgemein anerkannten regeln der technik betrieben und angewendet werden. 36zunächst muss nicht entschieden werden, ob maßgebliche rechtsgrundlage das medizinproduktegesetz in der bis zum 25. mai 2021 geltenden fassung ist oder die im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung geltenden regelungen des medizinprodukterecht-durchführungsgesetzes sowie der medizinprodukteverordnung ist. 37vgl. zum maßgeblichen zeitpunkt z.b.: nds. ovg, beschluss vom 29. september 2017 - 13 la 4/16 -, juris m.w.n.; vg köln, urteil vom 29. november 2016 - 7 k 1587/15 -, juris. 38jedenfalls wäre ein austausch der ermächtigungsgrundlage zulässig, weil die vorschriften mit dem schutz der gesundheit und der sicherheit von patienten, anwendern und sonstigen personen („dritten“) vor gefahren durch medizinprodukte identische ziele verfolgen und zudem eine deutliche strukturelle gleichheit aufweisen. tatbestandsvoraussetzungen und rechtsfolgen stimmen im wesentlichen überein. 39vgl. dazu auch: ovg schleswig-holstein, beschluss vom 23. september 2021 - 3 mb 22/21 -, juris rn. 13. 40sachlich und örtlich zuständige behörde ist weiterhin die c. e. , vgl. § 1 abs. 1 verordnung über die zuständigkeiten im humanarzneimittel-, medizinprodukte- und apothekenwesen sowie auf dem gebiet des schutzes vor nichtionisierender strahlung bei der anwendung am menschen vom 25. januar 2022 (gv. nrw. 2022 s. 100) und § 1 abs. 2 verordnung über zuständigkeiten im arzneimittelwesen und nach dem medizinproduktegesetz vom 11. dezember 1990 (gv. nrw. s. 659), die zuletzt durch artikel 2 der verordnung vom 16. märz 2021 (gv. nrw. s. 304) geändert worden ist, i.v.m. § 5 abs. 3 des landesorganisationsgesetzes nrw sowie § 4 abs. 1 ordnungsbehördengesetz nrw. 41ebenso haben sich die erkenntnisse zu den allgemein anerkannten regeln der technik über den betrieb und die anwendung von medizinprodukten seit erlass der ordnungsverfügung vom 12. november 2020 nicht geändert. 42dies vorangestellt hält die anordnung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheids der c. e. einer inhaltlichen kontrolle stand. sie ist hinreichend bestimmt (a.). zudem sind die tatbestandsvoraussetzungen für den erlass der anordnung erfüllt (b.), ermessensfehler liegen nicht vor (c.). 43a. die anordnung zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen der wasserführenden behandlungseinheiten in der zahnarztpraxis der kläger ist inhaltlich hinreichend bestimmt, § 37 abs. 1 vwvfg nrw. aus dem tenor der verfügung lässt sich eindeutig erlesen, dass „jede“ behandlungseinheit speziell auf „legionellen“ untersucht werden soll, und zwar von einem „fachlabor“, z.b. einer nach § 15 abs. 4 trinkwv zugelassenen untersuchungsstelle. jedenfalls nach klarstellung in der mündlichen verhandlung ist auch unzweifelhaft, dass eine beprobung - unter berücksichtigung der geltenden wissenschaftlichen standards - nur an einer zapfstelle pro behandlungseinheit erforderlich ist. 44b. die tatbestandlichen voraussetzungen für die anordnung der c. e. zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen auf legionellen aller wasserführenden behandlungseinheiten der zahnarztpraxis liegen vor. 45bei zahnärztlichen behandlungseinheiten wird wasser über die behandlungseinheit zur kühlung der instrumente oder als spülflüssigkeit für und durch den patienten verwendet. 46die zahnärztliche behandlungseinheit einschließlich des innen befindlichen betriebswassers sind unzweifelhaft medizinprodukte, vgl. §§ 2, 3 mpg a.f. bzw. §§ 2 abs. 1, 3 nr. 1 mpdg i.v.m. art. 2 nr. 1 medizinprodukteverordnung. die trinkwasserverordnung ist dagegen nicht anwendbar (§ 2 abs. 1 satz 2 nr. 4 trinkwv), es handelt sich bei dem wasser um sog. betriebswasser. die kläger sind auch betreiber, denen die pflicht obliegt, ein sicheres und ordnungsgemäßes anwenden der in ihrer gesundheitseinrichtung am patienten eingesetzten medizinprodukte zu gewährleisten, vgl. §§ 2 abs. 2, 3 abs. 1 mpbetreibv. 47die anordnung dient der abwehr einer drohenden gefahr für die öffentliche sicherheit. der begriff der öffentlichen sicherheit umfasst den schutz zentraler rechtsgüter wie leben, gesundheit, freiheit, ehre, eigentum und vermögen des einzelnen sowie die unversehrtheit der rechtsordnung und der staatlichen einrichtungen. eine „gefahr“ (im polizeirechtlichen sinne) bezeichnet eine lage, in der bei ungehindertem ablauf des geschehens ein zustand oder ein verhalten mit hinreichender wahrscheinlichkeit zu einem schaden hinsichtlich der einschlägigen schutzgüter führen würde. 48vgl. wagner, in: rehmann/wagner, 3. auflage 2018, mpg, § 28 rn. 13; webel, in: bergmann/pauge/steinmeyer, gesamtes medizinrecht, mpg, 3. auflage 2018, § 28 rn. 5; häberle, in: erbs/kohlhaas, strafrechtliche nebengesetze, mpdg, 237. el juli 2021, § 78 rn. 3. 49„drohend“ ist eine gefahr, wenn ihr eintritt alsbald bevorsteht; ein unmittelbares bevorstehen ist nicht erforderlich, sonst hätte der gesetzgeber den hierfür allgemein üblichen begriff der gegenwärtigen gefahr verwendet. 50vgl. wagner, in: rehmann/wagner, 3. auflage 2018, mpg, § 28 rn. 13. 51ein einschreiten auf der grundlage dieser normen erfordert dabei nicht, wie die kläger meinen, den nachweis eines konkreten gefahreneintritts. die anordnungsbefugnis setzt bereits präventiv im vorfeld einer gefahr an und begegnet verstößen gegen bestimmungen, die dazu dienen, das auftreten von gefahren zu verhindern. 52vgl. vg köln, urteil vom 29. november 2016 - 7 k 1587/15 -, juris rn. 23. 53es muss zudem stets ein zusammenhang zwischen der drohenden gefahr für die öffentliche sicherheit mit dem zweck des mpg/mpdg bestehen, 54vgl. wagner, in: rehmann/wagner, mpg, 3. auflage 2018, § 28 rn. 13, 55der nach § 1 mpg a.f. bzw. §§ 1, 2 mpdg i.v.m. medizinprodukteverordnung darin liegt, den verkehr mit medizinprodukten zu regeln und dadurch für die sicherheit, eignung und leistung der medizinprodukte sowie die gesundheit und den erforderlichen schutz der patienten, anwender und dritter zu sorgen. 56die kläger verletzen die öffentliche sicherheit mit blick auf den von ihnen zu gewährleistenden gesundheitsschutz ihrer patienten, indem sie ihre dentaleinheiten benutzen, obwohl sie entgegen den allgemein anerkannten regeln der technik (§ 4 abs. 1 mpbetreibv) die angeordneten mikrobiologischen untersuchungen der wasserqualität auf legionellen nicht vornehmen lassen. 57in der zahnmedizin ist die verwendung von kühl- und spülwasser unabdingbar. dazu sind die dentaleinheiten an leitungen angeschlossen, in die wasser aus dem öffentlichen wassernetz eingespeist wird. die zuständigkeit der trinkwasserverordnung endet an der übergabestelle des wassers in die behandlungseinheit. sie gilt also für das wasser in der dentaleinheit, das als „betriebswasser“ bezeichnet wird, nicht. 58vgl. deutscher arbeitskreis für hygiene in der zahnmedizin (dghk), hygieneleitfaden, 14. auflage 2021, stand: 12. februar 2021, s. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/pdfs/berufsaus%c3%bcbung/ hygiene/hygieneleitfaden_des_deutschen_arbeitskreises_f%c3%bcr_ hygiene_in_der_zahnmedizin.pdf. 59wenn dieses wasser wieder aus dem gerät austritt und bestimmungsgemäß mit der schleimhaut von patientinnen und patienten in berührung kommt, gelten dafür in deutschland mikrobiologische qualitätsanforderungen, die sich an den vorgaben der trinkwasserverordnung orientieren und in bezug auf bestimmte parameter bzw. spezifische patientengruppen teilweise auch darüber hinausgehen. 60in der krinko-empfehlung „infektionsprävention in der zahnheilkunde - anforderungen an die hygiene“ aus dem jahr 2006 sind anforderungen an die mikrobiologische qualität von betriebswasser aus dentaleinheiten enthalten. bei den in dieser empfehlung niedergelten grundsätzen handelt es sich (weiterhin) um die aktuellen und allgemein anerkannten regeln der technik. zwar wird die empfehlung seit anfang 2021 nicht mehr unter den aktuellen empfehlungen der krinko geführt, sondern ist nunmehr unter „frühere empfehlungen“ bzw. unter „alte, nicht überarbeitete empfehlungen“ der kommission zu finden. eine neufassung der o.g. empfehlung ist von der krinko nicht geplant. kriterien für die bewertung der mikrobiologischen qualität von wasser aus dentaleinheiten sollen in der zukünftigen krinko-empfehlung „hygienische untersuchungen in medizinischen einrichtungen“ thematisiert werden, welche derzeit erarbeitet wird. solange es keinen aktuelleren wissenschaftlichen kenntnisstand zur mikrobiologischen qualität von wasser aus dentaleinheiten gibt, können die aussagen der krinko-empfehlung aus dem jahr 2006 grundsätzlich weiterhin als referenz angesehen werden. wie in den hinweisen zu „früheren empfehlungen“ ausgeführt wird, sind bei der umsetzung, anwendung und fachlichen bewertung der älteren empfehlungen die adressaten der richtlinie gehalten, den abgleich mit dem aktuellen wissenschaftlichen kenntnisstand selbst vorzunehmen. 61vgl. dazu: robert koch-institut, nach welchen kriterien kann die mikrobiologische qualität von wasser aus dentaleinheiten in deutschland bewertet werden?, stand: 31. märz 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/de/content/infekt/krankenhaushygiene/themenaz/z/faq_wasser_aus_dentaleinheiten_fg14_2021-03-19_final_002.html. 62dass es einen von den empfehlungen abweichenden aktuellen wissenschaftlichen kenntnisstand gibt, wurde weder vorgetragen noch ist dies anderweitig ersichtlich. 63vgl. auch: landeszahnärztekammer baden-württemberg, leitfaden wasser führende systeme, stand: juli 2021, abrufbar unter: https://phb.lzk-bw.de/phb-cd/qm/leitfaden_wasser.pdf; arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen fachgesellschaften, hygienische anforderungen an das wasser in zahnärztlichen behandlungseinheiten“ - rg.nr. 075-002, stand: 18. september 2014, abrufbar unter: https://zahnaerzte-sh.de/app/uploads/2017/04/leitlinie_hyg_anforderungen_an-wasser_in_zahnarztpraxis.pdf. 64mikroorganismen aus dem trinkwasser können an der innenwandung der leitungen sog. biofilme bilden. vor allem in phasen der stagnation des wassers (z.b. über nacht und am wochenende bzw. urlaub) und wegen relativ hoher umgebungstemperaturen kann es zu kontaminationen des kühl- und spülwassers kommen. 65vgl. deutscher arbeitskreis für hygiene in der zahnmedizin (dghk), hygieneleitfaden, 14. ausgabe 2021, stand: 12. februar 2021, s. 43, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/pdfs/berufsaus%c3%bcbung/ hygiene/hygieneleitfaden_des_deutschen_arbeitskreises_f%c3%bcr_ hygiene_in_der_zahnmedizin.pdf. 66ausweislich der vorbenannten krinko-empfehlung darf in dentaleinheiten gemäß § 3 trinkwv nur wasser eingespeist werden, das den anforderungen der trinkwasserverordnung entspricht. auch bei einhaltung dieses standards werden die wasser führenden systeme z.b. übertragungsinstrumente, mehrfunktionsspritzen, ultraschall zur zahnreinigung, mundspülung) häufig durch verschiedene mikroorganismen besiedelt. diese kolonisieren und vermehren sich an den inneren wandungen der wasser führenden systeme. diese biofilme können in perioden der stagnation zu einer z.t. massiven kontamination des kühlwassers führen. 67bei der kontamination der wasser führenden systeme ist unterschieden zwischen der kontamination durch stagnation des eingespeisten wassers (biofilmbildung) und der kontamination durch blut/sekret des patienten. 68die nachfolgend erläuternden maßnahmen stellen sowohl einzeln als insbesondere auch in kombination taugliche mittel dar, mikrobiellen kontaminationen in wasser führenden systemen in dentaleinheiten entgegenzuwirken: 69- die angaben der gerätehersteller sind zu berücksichtigen und die relevanten betriebsparameter zu kontrollieren. 70- mit desinfektionsanlagen für die wasser führenden systeme der behandlungseinheiten, deren wirksamkeit unter praxisnahen bedingungen nachgewiesen und belegt ist, kann eine verringerung der mikrobiellen kontamination des kühlwassers erreicht werden. 71- […] 72obwohl das erkrankungsrisiko für gesunde patienten oder behandler aufgrund der aus einer biofilmbildung unter umständen resultierenden kontamination des kühl- und spülwassers als gering einzuschätzen ist bzw. ein zusammenhang mit zahnärztlichen behandlungen nur in form von einzelfallberichten vorliegt, entspricht es den allgemein anerkannten prinzipien der infektionsprävention, das risiko von gesundheitsschäden durch verwendung mikrobiologisch unbedenklichen wassers zu reduzieren. 73aufgrund der vorbenannten bewertung des gegenwärtigen standes von wissenschaft und technik sowie der diesbezüglichen geführten diskussion wird die untersuchung der folgenden parameter als geeignet angesehen, den sachgerechten betrieb einer dentaleinheit unter dem aspekt der mikrobiologischen qualität des wassers zu überprüfen: 74die mikrobiologische überprüfung umfasst die bestimmung der koloniezahl bei 36°c sowie die bestimmung von legionellen durch ein labor mit entsprechender erfahrung. die entnahme der zu untersuchenden probe erfolgt nach ablaufen des wassers über einen zeitraum von 20 sekunden und soll durch geschultes personal durchgeführt werden. 75da bei gut gewarteten behandlungseinheiten in der regel eine koloniezahl von 100/ml nicht überschritten wird, können diese werte hier als richtwert angesehen werden; höhere koloniezahlen sprechen für eine ausgedehnte biofilmbesiedlung und erfordern eine intensivierung der spülung vor patientenbehandlung und ggf. eine desinfektion in abstimmung mit dem hersteller. 76das risiko einer legionelleninfektion im zusammenhang mit zahnärztlicher behandlung ist derzeit aufgrund unzureichender epidemiologischer untersuchungen nicht sicher zu charakterisieren. aus gründen des vorsorgenden gesundheitsschutzes sollte der international etablierte richtwert von unter 1 kbe legionellen/1 ml nicht überschritten werden. 77die festlegung von untersuchungsintervallen unterliegt pragmatischen überlegungen. liegen keine anhaltspunkte für mängel vor, erscheinen abstände von 12 monaten sinnvoll. 78jeder verdacht auf eine wasser bedingte infektion durch zahnärztliche behandlung muss eine anlassbezogene nachuntersuchung nach sich ziehen. 79vgl. robert koch-institut, infektionsprävention in der zahnheilkunde, mitteilung der kommission für krankenhaushygiene und infektionsprävention, erscheinungsdatum: 4. oktober 2006, s. 381 ff., bundesgesundheitsblatt 4/2006, abrufbar unter: https://www.rki.de/de/content/infekt/krankenhaus hygiene/kommission/downloads/zahn_rili.pdf?__blob=publicationfile. 80in den letzten jahren sind einzelne berichte von infektionsübertragungen durch kontaminiertes wasser aus dentaleinheiten publiziert worden. so wurde 2012 eine schwere legionella pneumophila-infektion mit letalem ausgang bei einer älteren patientin beschrieben, welche auf kontaminiertes wasser aus der dentaleinheit in einer zahnarztpraxis zurückzuführen war, wo die patientin zuvor behandelt worden war. 2015 erlitten mehrere kinder eine odontogene infektion, mit teilweise schwerem verlauf. die kinder hatten sich nachweislich während einer zahnbehandlung über das wasser aus dentaleinheiten, welches mit mycobacterium abscessus verunreinigt war, angesteckt. 81vgl. dazu: robert koch-institut, nach welchen kriterien kann die mikrobiologische qualität von wasser aus dentaleinheiten in deutschland bewertet werden?, stand: 31. märz 2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/de/content/infekt/krankenhaushygiene/themenaz/z/faq_wasser_aus_dentaleinheiten_fg14_2021-03-19_final_002.html. 82nach dieser maßgabe ist die streitgegenständliche anordnung gegenüber den klägern, in deren zahnarztpraxis bereits seit mehreren jahren (unstreitig) keine untersuchungen der wasserführenden behandlungseinheiten auf legionellen durchgeführt worden sind, nicht zu beanstanden. ihr steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich bei der kinko-empfehlung nicht um eine „rechtsverbindliche regelung“ in dem sinne handelt, dass dort z.b. überprüfungsintervall und beprobung verbindlich, d.h. ohne entscheidungsspielraum der zuständigen fachbehörde festgelegt werden. denn die anordnung zur durchführung mikrobiologischer untersuchungen der wasserführenden behandlungseinheiten kann erlassen werden, wenn - wie hier - der tatbestand der ermächtigungsgrundlage, die sich im mpg bzw. mpdg befindet, erfüllt ist. ergänzt wird dieser tatbestand durch § 4 mpbetreibv, der die einhaltung der allgemein anerkannten regeln der technik voraussetzt. ausgefüllt wird der unbestimmte rechtsbegriff der „allgemein anerkannten regeln der technik“ durch die stellungnahmen der fachgremien wie der krinko bzw. dem robert koch-institut. letztendlich entscheidet die c. als fachbehörde aber selbst und in der sache verbindlich, ob eine drohende gefahr für die öffentliche sicherheit besteht und welche maßnahmen deswegen zu ergreifen sind. der nach der empfehlung „infektionsprävention in der zahnheilkunde - anforderungen an die hygiene“ bestehende entscheidungsspielraum wird - auch mit blick auf zu berücksichtigende aktuelle entwicklungen und erkenntnisse in der wissenschaft - von der behörde ausgefüllt. 83anders als die kläger meinen, ist auch kein konkreter verdacht einer wasser bedingten infektionsgefahr mit legionellen erforderlich. es genügt - wie dargelegt - eine drohende gefahr. unter berücksichtigung der allgemein anerkannten prinzipien der infektionsprävention, das risiko von gesundheitsschäden durch verwendung mikrobiologisch unbedenklichen wassers zu reduzieren, sind hinreichende verdachtsmomente für das vorliegen dieser - nach gewissen zeitabständen regelhaft eintretenden - drohenden gefahr, wie die c. nachvollziehbar dargelegt hat, dass die ordnungsgemäße qualität des betriebswassers nicht allein von der qualität des zugeführten wassers abhängt, sondern von verschiedenen bedingungen, unter denen die betriebsführenden systeme der behandlungseinheit betrieben werden, wie z.b. die alterung von plastikmaterialien, reinigung, desinfektion, spülung, möglicher rückfluss, wartung, standzeiten. überdies zeigen die langjährigen erfahrungen der überwachungsbehörde bei inspektionen von zahnarztpraxen, dass auffällige werte des betriebswassers jederzeit auch bei bisher unauffälligen überprüfungen auftreten könnten. 84etwas anderes ergibt sich nicht aus dem umstand, dass die behandlungseinheiten jeweils über eine entkeimungsanlage verfügen. über eine automatische erkennung von keimwachstum verfügen die behandlungseinheiten nicht, sodass insbesondere eine verkeimung im display nicht angezeigt wird und damit unerkannt bleibt. im übrigen zeigen die von den klägern selbst vorgelegten untersuchungsergebnisse aus dem jahr 2018, dass das wasser in einzelnen behandlungseinheiten - wenn auch in geringem umfang - keimbelastet war. die von ihnen propagierte keimfreiheit durch die entkeimungsanlage trifft damit nicht zu. hinzu kommt, dass es zu einem keimwachstum in wasserführenden systemen trotz verwendung einer entkeimungsanlage kommen kann. schließlich ist die nutzung einer desinfektionsanlage auch nach den empfehlungen der krinko nur eine maßnahme von mehreren, die letztlich die drohende gefahr der legionellenentstehung und -verbreitung verhindern soll. 85schließlich führen auch die untersuchungen in den jahren 0000 und 0000 nicht dazu, dass die anordnung nicht hätte erlassen werden dürfen. zum einen liegen die beprobungen bereits über drei jahre zurück, sodass das übliche intervall von 12 monaten längst überschritten ist. zum anderen basieren die ergebnisse aus dem jahr 0000 auf einer nicht akkreditierten entnahme durch den kläger zu 1. und ist die untersuchung insgesamt unzureichend, weil die proben in den jahren 0000/0000 jeweils an derselben entnahmestelle gezogen worden sind und eine begutachtung der behandlungseinheit 5 gänzlich fehlt. 86im übrigen wird zur weiteren begründung und vermeidung von wiederholungen bezug genommen auf die ausführungen in dem streitgegenständlichen bescheid der c. , denen sich die erkennende einzelrichterin nach eigener würdigung nach sach- und rechtslage anschließt. 87c. ist der tatbestand erfüllt, steht im ermessen, welche maßnahme die zuständige behörde im einzelfall anordnet. sie hat dabei den verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. 88vgl. wagner, in: rehmann/wagner, 3. auflage 2018, mpg, § 28 rn. 13; häberle, in: erbs/kohlhaas, strafrechtliche nebengesetze, mpdg, 237. el juli 2021, § 78 rn. 3. 89dies berücksichtigend ist die anordnung im rahmen der insoweit eingeschränkten gerichtlichen überprüfungskompetenz (vgl. § 114 satz 1 vwgo) nicht zu beanstanden. die c. hat erkannt, dass ihr ermessen eingeräumt ist. sie hat das ihr eingeräumte ermessen am zweck der gesetzlichen regelung ausgerichtet und es in einer nicht zu beanstandenden weise ausgeübt. insoweit wird auf die ausführungen in dem streitgegenständlichen bescheid bezug genommen. ergänzend weist die kammer darauf hin, dass ein ermessensfehler auch nicht deswegen vorliegt, weil in der zahnarztpraxis neben der für die wasseruntersuchung anfallenden kosten weitere ausgaben zum schutz der patienten zu tätigen sind. ungeachtet dessen haben die kläger weder die anfallenden kosten konkretisiert noch ansatzweise nachvollziehbar eine deswegen bestehende unzumutbarkeit dargelegt. 902. die zwangsgeldandrohung in ziffer 2 der verfügungen vom 00.00.0000 ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten. sie beruht auf §§ 55, 60, 63 vwvg nrw. zur begründung und vermeidung von wiederholungen nimmt die erkennende einzelrichterin bezug auf die ausführungen im bescheid der c. , denen sie sich nach eigener würdigung anschließt. 91die kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 abs. 1 vwgo. die anordnungen über die vorläufige vollsteckbarkeit beruhen auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 f. zpo. |
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} | 35 K 6559/20 | 2022-03-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Dem Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00. N. 1963 in N1. B. E. S. geborene Beklagte trat nach dem Erwerb der Fachoberschulreife am 00. April 1981 in den Polizeivollzugsdienst des Landes O. –X. ein. Er wurde unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeiwachtmeister ernannt. Mit Wirkung vom 28. September 1982 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Die Ernennung zum Polizeihauptwachtmeister erfolgte am 00. April 1984 und die Ernennung zum Polizeimeister am 00. April 1986. Dem Beklagten wurde mit Wirkung vom 00. März 1990 die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Der Beklagte wurde am 00. April 1992 befördert und zum Polizeiobermeister ernannt. Nach bestandener II. Fachprüfung erfolgte die Ernennung zum Polizeikommissar mit Wirkung vom 00. September 1997. Der Beklagte wurde am 00. August 2001 zum Kriminaloberkommissar befördert, die Beförderung zum Kriminalhauptkommissar erfolgte am 00. März 2006. 3Der Beklagte wurde ab März 1994 beim Polizeipräsidium E. verwendet. In der Zeit vom 00. Juli 2010 bis 00. August 2010 war er als Sachbearbeiter zur besonderen Verwendung des Inspektionsleiters in der L. 0 tätig. Ab 00. September 2010 wurde der Beklagte in der L. 00, L1. 00 verwendet. Der Beklagte war in der Zeit vom 00. August 2011 bis zum 00. August 2012 zur Polizeidirektion P. / Einsatzleitstelle B. (Land O1. ) abgeordnet. Die vom Beklagten angestrebte Übernahme in den Polizeivollzugsdienst des Landes O1. kam allerdings nicht zustande. Im Anschluss an die Abordnung sollte der Beklagte ab dem 00. August 2012 daher wieder Dienst beim Polizeipräsidium E. versehen. 4Der Beklagte meldete sich jedoch ab dem 00. Juni 2012 unter Vorlage entsprechender privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen krank. Bis zu seinem späteren Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit verrichtete er keinen Dienst mehr. 5Mit polizeiamtsärztlichem Gutachten des Polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums N2. vom 00. Januar 2016 wurde festgestellt, dass der Beklagte dauerhaft polizeidienstunfähig und zum derzeitigen Zeitpunkt dienstunfähig nach § 26 BeamtStG sei. Der Beklagte wurde mit Ablauf des 00. Mai 2016 in den Ruhestand versetzt. 6Der Beklagte wurde während seiner aktiven Dienstzeit zuletzt am 00. Oktober 2008 für den Zeitraum vom 00. Oktober 2005 bis zum 00. Juli 2008 beurteilt. Danach entsprachen Leistung und Befähigung des Beklagten voll den Anforderungen. 7Mit Bescheid des niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie vom 00. August 2016 wurde dem Beklagten ab 00. Dezember 2015 ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt. Der Bescheid wurde erst im behördlichen Disziplinarverfahren mit Schriftsatz vom 00. Oktober 2019 vorgelegt. 8Der Beklagte ist verwitwet. Er heiratete im K. 1991. Seine Ehefrau brachte den im N3. 1988 geborenen Sohn mit in die Ehe, der vom Beklagten adoptiert wurde. Die Ehefrau des Beklagten ist am 00. September 2020 verstorben. 9Im Zusammenhang mit der Erkrankung seiner Ehefrau hatte der Beklagte bereits im Jahr 2009 seinen privaten Wohnsitz nach I. / P1. verlegt. 10Der Beklagte erhält Versorgungsbezüge der Besoldungsgruppe A11 (ca. 2.446,- Euro brutto). 11Mit Ausnahme der hier in Rede stehenden Vorwürfe ist der Beklagte disziplinar- und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. 12Das Polizeipräsidium E. leitete mit Verfügung vom 00. Juli 2015 ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein, das gleichzeitig gemäß § 22 Abs. 2 LDG NRW bis zum Abschluss des gegen den Beklagten laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt wurde. Die Einleitungsverfügung wurde dem Beklagten am 00. August 2015 zugestellt. Dem Beklagten wurde vorgeworfen, er habe der Anordnung vom 00. März 2014, seine Dienstunfähigkeit infolge einer Krankheit durch den zuständigen polizeiärztlichen Dienst überprüfen zu lassen, keine Folge geleistet. In der Konsequenz führe dies dazu, dass er seit dem für den 00. Februar 2014 geplanten Diensteintritt im Rahmen des Wiedereingliederungsplans unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben sein könnte (S. 8 der Einleitungsverfügung). 13Den Vorwürfen lag folgender Sachverhalt zugrunde: 14Das Polizeipräsidium E. forderte den Beklagten mit Schreiben vom . November 2012 aufgrund der langen krankheitsbedingten Abwesenheit auf, sich zur Feststellung seiner aktuellen Einsatz- und Verwendungsfähigkeit mit dem polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums E. in Verbindung zu setzen. Der Beklagte stellte sich am 00. Januar 2013 beim polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums E. vor und wurde durch RMD’in Dr. T.untersucht. Frau Dr. T. führte in ihrer Stellungnahme vom 00. Januar 2013 aus: Unterlagen über vom Beklagten geäußerte Erkrankungen seien ihr nicht zur Verfügung gestellt worden, so dass ihre Beurteilungsmöglichkeiten eingeschränkt seien. Aufgrund ihrer Untersuchungsergebnisse halte sie den Beklagten jedoch für vollschichtig im Innendienst einsetzbar. Er könne allgemeine Verwaltungsaufgaben verrichten und Sachbearbeitertätigkeiten ausführen. Diese seien möglich und zumutbar. Dienst mit der Waffe und Wechseldiensttätigkeiten sollten indes bis zum Vorliegen fachärztlicher Befundberichte unterbleiben. Aussagen zur Wiederherstellung der vollen und uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit könne sie somit erst nach Vorlage dieser Berichte treffen. 15Mit Schreiben vom 00. Februar 2013 wurde dem Beklagten das Untersuchungsergebnis mitgeteilt. Er wurde aufgefordert, bis zum 22. Februar 2013 die noch fehlenden Unterlagen zur weiteren Beurteilung seiner gesundheitlichen Situation einzureichen. Dem kam der Beklagte nicht nach. 16Am 00. Oktober 2013 stellte sich der Beklagte erneut beim polizeiärztlichen Dienst in E. vor. RMD’in Dr. T. führte in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 00. Oktober 2013 aus: Aus polizeiärztlicher Sicht könne der Beklagte – wie bereits in dem Schreiben vom 00. Januar 2013 mitgeteilt – allgemeine Verwaltungsaufgaben verrichten und Sachbearbeitertätigkeiten ausüben. Um entscheiden zu können, inwieweit Einschränkungen für den Polizeivollzugsdienst bestünden, beabsichtige sie, ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten bei Dr. N4. / C. T1. einzuholen. Bis dahin sei der Beklagte nicht geeignet für das Führen einer Dienstwaffe, für Wechseldiensttätigkeiten und Außendienste sowie für Konfliktsituationen mit Rechtsbrechern. Sie wiederhole, dass jedoch Innendiensttätigkeiten (Sachbearbeitung) dem Beklagten zumutbar und möglich seien. 17Auf Veranlassung von RMD’in Dr. T. erstattete der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Neurologie, Dr. N4. aus C. T1., unter dem 00. Dezember 2013 ein psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten über den Beklagten. Der Gutachter kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass der Beklagte keinen Dienst mit der Waffe versehen dürfe und er Konflikten mit Rechtsbrechern nicht gewachsen sei. Die Einschränkungen seien nicht von dauerhafter Natur, da die bislang durchgeführten Behandlungen weder ausreichend noch erfolgversprechend gewesen seien. Allgemeine Bürodienste und Verwaltungsarbeiten seien dem Beklagten möglich und zumutbar. Herr Dr. N4. wies in seinem Gutachten darauf hin, dass weder in dem Arztbericht des Dr. H. noch bei der gutachterlichen Exploration am 00. Dezember 2013 Symptome gefunden worden seien, die eine Krankschreibung rechtfertigten. 18RMD’in Dr. T. schloss sich mit Schreiben vom 00. Januar 2014 den Ausführungen des Gutachtens an. 19Mit Schreiben vom 00. Januar 2014 forderte das Polizeipräsidium E. den Beklagten unter Bezugnahme auf den vom Beklagten vorgelegten Wiedereingliederungsplan seiner behandelnden Ärzte vom 00. Dezember 2013 auf, seinen Dienst am 00. Februar 2014 im Rahmen einer Wiedereingliederung im Polizeipräsidium E. aufzunehmen. Nach Auswertung des Fachgutachtens vom 00. Dezember 2013 komme der PÄD zu dem Ergebnis, dass dem Beklagten allgemeine Bürodienste und Verwaltungsarbeiten zumutbar und möglich seien. Das gelte für jede Art von Sachbearbeitertätigkeiten. Eine medizinische Notwendigkeit für einen Telearbeitsplatz bestehe nicht. Der Fachgutachter Dr. N4. weise zudem darauf hin, dass bei der gutachterlichen Exploration am 00. Dezember 2013 keine Symptome gefunden worden seien, die eine Krankschreibung rechtfertigten. Der Beklagte sei zu diesem Zeitpunkt aber durch seinen Arzt, Praxis S. B1. und D. I1. für arbeitsunfähig erklärt worden (AU vom 00. November 2013). Der Beklagte werde daher aufgefordert, im Falle einer Arbeitsunfähigkeit umgehend den polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums E. aufzusuchen. Eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bleibe vorbehalten. Es wurde darauf hingewiesen, dass es die Pflicht des Beklagten sei, zum Dienst zu erscheinen. Das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst stelle ein schwerwiegendes Dienstvergehen dar, welches bis zur disziplinarischen Höchstmaßnahme, dem Entfernen aus dem Dienst, geahndet werden könne. 20Der Beklagte kam der Aufforderung, seinen Dienst am 00. Februar 2014 im Polizeipräsidium E. aufzunehmen, nicht nach. Er legte vielmehr eine auf den 00. Januar 2014 datierte privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) vor, ausgestellt durch die Praxis S1. B1. und D. I1. aus E1. . 21Das Polizeipräsidium E. ordnete daraufhin mit Verfügung vom 00. März 2014 an, dass der Beklagte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. Januar 2014 sowie jede weitere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte Abwesenheit unverzüglich durch ein Gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen Dienstes überprüfen und nachzuweisen habe. Zu diesem Zweck werde der Beklagte aufgefordert, unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Zugang des Schreibens, beim Polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums E. vorstellig zu werden und erforderliche Untersuchungen vornehmen zu lassen. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet. In der Begründung des Bescheides wurde für den Fall der Nichtbefolgung der dienstlichen Anordnung die Prüfung angekündigt, den Verlust der Dienstbezüge festzustellen. Des Weiteren wurde ausdrücklich auf die Pflicht des Beklagten, zum Dienst zu erscheinen hingewiesen. Das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst stelle ein schwerwiegendes Dienstvergehen dar, welches bis zur disziplinarischen Höchstmaßnahme, dem Entfernen aus dem Beamtenverhältnis, geahndet werden könne. 22Der Beklagte kam der Anordnung nicht nach. Er erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht E. (Az.: 2 K 2679/14) und stellte einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, der ohne Erfolg blieb (Beschluss vom 15. Juli 2014 - 2 L 951/14 -). Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts E. wurde durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land O. –X. (OVG NRW) vom 21. August 2014 zurückgewiesen (Az.: 6 B 910/14). Das Klageverfahren (Az.: 2 K 2679/14) wurde nach Klagerücknahme durch Beschluss des Verwaltungsgerichts E. vom 20. Juli 2015 eingestellt. 23Am 00. April 2014 wurde ein Verlustfeststellungsverfahren gegen den Beklagten eingeleitet. Mit Bescheid vom 00. September 2014 stellte das Polizeipräsidium E. den Verlust der Dienstbezüge ab dem 3. Februar 2014 gemäß § 9 ÜBesG NRW fest und ordnete die sofortige Vollziehung an (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Zur Begründung führte es aus: Der Beklagte sei mit Schreiben vom 00. Januar 2014 aufgefordert worden, seine Wiedereingliederung am 00. Februar 2014 am Dienstort E. anzutreten. Dieser Aufforderung sei der Beklagte nicht nachgekommen, sondern habe eine privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Mit Bescheid vom 00. März 2014 sei ihm gegenüber verfügt worden, dass er diese Bescheinigung sowie weitere privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen unverzüglich durch den Polizeiärztlichen Dienst (PÄD) überprüfen lassen solle. Dieser Verfügung sei der Beklagte ebenfalls nicht nachgekommen. Nach Einschätzung des PÄD sei der Beklagte dienstfähig. Ihm seien allgemeine Bürodienste und Verwaltungsarbeiten zumutbar und möglich. Der Beklagte sei trotz aller Aufforderungen nicht zum Dienst erschienen und sei damit ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst ferngeblieben. 24Der Beklagte erhob mit Schreiben vom 00. September 2014 Widerspruch gegen den Bescheid und stellte beim Verwaltungsgericht E. einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (Az.: 26 L 2169/14). Der Antrag wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts E. vom 10. November 2014 abgelehnt. Der Beklagte erhob Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts E. und legte ein psychiatrisches Gutachten vom 00. Dezember 2014 vor, das von Herrn Dr. (Univ.B1.) A. B2.-T2. erstellt worden war. Die Beschwerde wurde durch Beschluss des OVG NRW vom 31. März 2015 zurückgewiesen (Az.: 3 B 1387/14). 25Der Beklagte begründete seinen Widerspruch mit Schriftsatz vom 00. Mai 2015. Er machte erneut geltend, ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst sei zu verneinen. Er habe mit dem Gutachten des Dr. (Univ. B1.) B2.-T2. vom 00. Dezember 2014 seine allgemeine Dienstunfähigkeit belegt. Das Polizeipräsidium E. wies den Widerspruch des Beklagten gegen den Verlustfeststellungsbescheid vom 00. September 2014 mit Widerspruchsbescheid vom 00. Juni 2015 zurück. 26Am 28. Juli 2015 erhob der Beklagte Klage vor dem Verwaltungsgericht E. (Az.: 26 K 5262/15). Er machte geltend, die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge sei rechtswidrig. Er sei nicht dienstfähig. Ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst liege daher nicht vor. Das Verwaltungsgericht E. wies die Klage durch Urteil vom 3. März 2017 ab. In den Entscheidungsgründen heißt es: 27„Der Bescheid des PP E. vom 00. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des PP E. vom 00. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 28Ermächtigungsgrundlage für die vorliegend streitgegenständliche Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge ist § 9 Satz 3 ÜBesG NRW (in der vom 1. Juni 2013 bis zum 30. Juni 2016 gültigen Fassung; seit 1. Juli 2016: § 11 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz Nordrhein-Westfalen). Bleibt der Beamte ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fern, so verliert er nach § 9 Satz 1 ÜBesG für die Zeit des Fernbleibens seine Bezüge. Gemäß § 9 Satz 3 ÜBesG NRW ist der Verlust der Bezüge festzustellen. 29Gemessen an den Anforderungen dieser Vorschrift erweist sich der angegriffene Bescheid als materiell rechtmäßig. Der Antragsteller ist dem Dienst ab dem 00. Februar 2014 bis zum 00. November 2015 ohne Genehmigung schuldhaft ferngeblieben. Insoweit nimmt das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf seine Ausführungen im Beschluss vom 10. November 2014 – 26 L 2169/14 – sowie auf die Ausführungen des OVG O.-X. in dessen Beschluss vom 31. März 2015 – 3 B 1387/14 –, in deren Rahmen eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers stattgefunden hat, vollinhaltlich Bezug und macht sie sich auch für das Hauptsacheverfahren zu Eigen. Das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung. 30Zusammenfassend ist festzustellen, dass dem Kläger eine Rechtfertigung, dem Dienst ab dem 00. Februar 2014 bis zu der Feststellung seiner Dienstunfähigkeit durch den PÄD des PP N2. am 00. Dezember 2015 fernzubleiben nicht zu Seite stand. Dabei kann dahinstehen, ob er in diesem Zeitraum dienstfähig oder dienstunfähig war. Denn er hat in Bezug auf diesen Zeitraum die von ihm behauptete Dienstunfähigkeit, bei deren Vorliegen ein anzuerkennender Grund für das Fernbleiben vom Dienst anzunehmen wäre, jedenfalls nicht durch amtsärztliche Untersuchung nachgewiesen. Ein solcher Nachweis wäre aber erforderlich gewesen, weil die Verfügung vom 00. März 2014 sofort vollziehbar war. Der Kläger hat jedoch weder die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. Januar 2014 noch spätere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte Abwesenheiten unverzüglich durch ein Gesundheitszeugnis des zuständigen PÄD überprüfen lassen bzw. nachgewiesen, wie es die Verfügung vom 00. März 2014 erfordert hätte. Die von dem Kläger gegen diese Aufforderung bzw. die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung ergriffenen Rechtsmittel blieben in zwei Instanzen erfolglos, 31vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 – 2 L 951/14 – juris und nachfolgend OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. August 2014 – 6 B 910/14 – juris, 32das Hauptsacheverfahren endete aufgrund einer Zurücknahme der Klage. 33Entscheidend für die Annahme des schuldhaften Fernbleibens des Klägers vom Dienst ohne Genehmigung ab dem 00. Februar 2014 ist somit nicht die im Gutachten des Dr. N4. vom 00. Dezember 2013 und der darauf basierenden Stellungnahme der Polizeiärztin Dr. Schroeder vom 6. Januar 2014 angenommene Dienstfähigkeit des Klägers hinsichtlich allgemeiner Bürodienste und Verwaltungsarbeiten, sondern dass der Kläger seine vorgebrachte Dienstunfähigkeit nicht der sofort vollziehbaren Verfügung vom 00. März 2014 entsprechend durch ein Gesundheitszeugnis des PÄD des PP E. nachgewiesen hat; denn die Vorlage privatärztlicher Arbeits- oder Dienstunfähigkeitsbescheinigungen genügte gerade nicht (mehr), um das Fernbleiben vom Dienst zu rechtfertigen. 34Das vom Kläger als nicht hinreichend aussagekräftig angegriffene Gutachten des Dr. N4. vom 00. Dezember 2013 diente vorliegend lediglich als Ausgangspunkt für die Zweifel an der Richtigkeit der von dem Beamten vorgelegten, dessen Dienstunfähigkeit seit dem 00. Juni 2012 bescheinigenden privatärztlichen Atteste, die den Beklagten berechtigten, einen Nachweis der Dienstunfähigkeit durch ein polizeiärztliches Zeugnis zu verlangen, wie es mit der sofort vollziehbaren Verfügung vom 00. März 2014 geschah, 35siehe dazu VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 – 2 L 951/14 – juris und nachfolgend OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. August 2014 – 6 B 910/14 – juris. 36[…] 37Der Kläger handelte auch schuldhaft. In Ergänzung zu den Ausführungen der Kammer in dem Beschluss vom 10. November 2014 – 26 L 2169/14 –, auf die verwiesen wird, hat der Kläger auch im vorliegenden Hauptsacheverfahren nicht schlüssig dargelegt, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar war, den Nachweis seiner Dienstunfähigkeit durch ein Gesundheitszeugnis des PÄD des PP E. zu führen. Auch hier hat der Kläger lediglich behauptet, er sei erkrankungsbedingt nicht in der Lage gewesen, beim genannten PÄD vorstellig zu werden. Soweit er behauptet, er habe immer wieder versucht, zum Polizeiarzt zu gehen, habe aber Panikattacken gehabt und es nicht geschafft, ist dieser Vortrag entweder schon unsubstantiiert oder aber ungeeignet zu belegen, dass es ihm ausnahmslos unmöglich war, sich einer Untersuchung durch den PÄD in E. zu stellen. Es ist ein einziger Versuch des Klägers am 00. September 2014, den PÄD in E. aufzusuchen, belegt. Die entsprechende Bescheinigung durch den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. X1. bezieht sich ausschließlich auf den 00. September 2014. Dr. (Univ. B1.) B2.-T2. trifft in seinem Gutachten vom 00. Dezember 2014 keine Aussage, der Kläger sei wegen Panikattacken oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage gewesen, den PÄD in E. aufzusuchen. Er gibt lediglich die Angaben des Klägers wieder, macht sich diese jedoch nicht zu eigen.“ 38Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts E. vom 3. März 2017 wurde durch Beschluss des OVG NRW vom 8. April 2019 abgelehnt (Az.: 3 A 937/17). 39Das Polizeipräsidium E. setzte das gegen den Beklagten geführte Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 00. Juli 2019 fort und dehnte es gleichzeitig aus. Der Beklagte wurde zudem gemäß § 31 LDG NRW abschließend angehört. In der Begründung wurde ausgeführt: Dem Beklagten sei mit der Einleitungsverfügung vom 00. Juli 2015 zusammenfassend vorgeworfen worden, über einen langen Zeitraum (vom 00. Februar 2014 bis zur Einleitung des Disziplinarverfahrens) unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben zu sein und damit gegen seine Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz nach § 34 Satz 1 BeamtStG und zum allgemeinen Wohlverhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen zu haben. Der Beklagte habe außerdem der Anordnung vom 00. März 2014 zur Überprüfung seiner privatärztlich attestierten krankheitsbedingten Abwesenheit durch ein unverzüglich einzuholendes Gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen Dienstes, entgegen seiner Pflicht zum Gehorsam nach § 35 Satz 2 BeamtStG, weisungswidrig nicht Folge geleistet. Die Ausdehnung des Disziplinarverfahrens beziehe sich auf das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst in dem Zeitraum von der Einleitung des Disziplinarverfahrens am 00. Juli 2015 bis zum 00. November 2015 und der entsprechenden Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Beklagten durch diesbezügliche Verstöße gegen seine Dienstleistungspflicht nach § 34 Satz 1 BeamtStG sowie gegen seine Pflicht zum Wohlverhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG. Bezugnehmend auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Verwaltungsgerichts E. vom 3. März 2017 (Az.: 26 K 5262/15) stehe aus disziplinarrechtlicher Sicht im Ergebnis fest, dass der Beklagte in dem nunmehr vorgeworfenen Gesamtzeitraum vom 00. Februar 2014 bis zum 00. November 2015 unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben sei. 40Der Beklagte äußerte sich mit Schreiben vom 00. September 2019. Am003. Januar 2020 wurde er im Rahmen der abschließenden Anhörung gemäß § 31 LDG NRW auf eigenen Wunsch mündlich angehört. Er gab an: Im Nachhinein wisse er, dass man es damals hätte anders machen sollen. Er habe den Ärzten und Kliniken vertraut. Er habe aus seiner Sicht, wenngleich nicht im juristischen Sinne, nicht vorsätzlich gehandelt und darauf vertraut, dass sein Verhalten ordnungsgemäß sei und er gegen keine Pflichten verstoße. Die gerichtlichen Entscheidungen, die in der Zwischenzeit ergangen seien, habe er akzeptiert. Er sei durch die Folgewirkung des einbehaltenen Gehalts wirtschaftlich schwer belastet. Er zahle zum einen jeden Monat 250,- Euro an das M. zurück. Zum anderen habe er aufgrund des Verlustes der Dienstbezüge jetzt noch mehr als 40.000,- Euro Schulden, die noch im Laufe der nächsten Jahre zurückgezahlt werden müssten. Er habe jetzt noch T3.-Einträge von über 12.000,- Euro, die er nicht zurückzahlen könne. Die Hypothek für das Haus in L2. sei nicht verlängert worden. Damit es nicht „unter den Hammer komme“, habe sein Schwiegervater sich bereit erklärt, das Haus zu übernehmen. Das Haus in P1. bekomme er seit Jahren nicht ansatzweise wirtschaftlich verkauft. Er habe seit 2014 bzw. 2015 hunderte von Inkasso-, Gerichtsvollzieher- und Vollstreckungsschreiben sowie Gerichtsbeschlüsse erhalten, und aktuell auch noch, die alle bedient werden müssten. Hinzu komme, dass er die Angelegenheit mit sich selbst ausmachen müsse, da er seine Frau aus gesundheitlichen Gründen nicht damit belasten könne. Dies alles belaste ihn extrem, zumal er auch zu 50 % schwerbehindert sei und nach wie vor psychische und kognitive Schwierigkeiten habe. Seine Frau sei schon seit Jahren gesundheitlich nicht mehr in der Lage, einen Beruf auszuüben, auch keine Nebentätigkeit. Der Zustand seiner Frau habe sich im Lauf der letzten Jahre derart verschlechtert, dass sie jetzt nach diversen monatelangen Krankenhausaufenthalten und Operationen in Spezialkliniken in den Pflegegrad 4 eingestuft worden sei. Eine Rehabilitation sei ausgeschlossen. Wenn er sie nicht mehr pflegen könne, müsse sie in ein Pflegeheim. Vielleicht hätte es ihn nicht so hart getroffen, wenn eher über seinen Antrag auf Zurruhesetzung entschieden worden wäre. Es habe vom Antrag bis zur Begutachtung durch die Polizeiärztin 14 Monate gedauert. 41Mit Schreiben vom 00. Juni 2020 wurde sowohl die Schwerbehindertenvertretung als auch die Gleichstellungsbeauftragte über die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage unterrichtet und beteiligt. Auf Antrag des Beklagten wurde der Personalrat beteiligt. Der Personalrat stimmte der Erhebung der Disziplinarklage mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts in seiner Sitzung vom 00. September 2020 zu. 42Der Kläger hat am 3. November 2020 die vorliegende Disziplinarklage erhoben, mit der er die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten begehrt. 43Zur Begründung führt er aus: Aufgrund der bindenden Feststellungen des Urteils des Verwaltungsgerichts E. vom 3. März 2017 (Az.: 26 K 5262/15) stehe fest, dass der Beklagte vom 00. Februar 2014 bis zum 00. November 2015 trotz bestehender Dienstfähigkeit unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben sei. Der Beklagte habe sich zunächst weisungs- und damit pflichtwidrig verhalten, indem er die privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht auf die behördliche Weisung vom 00. März 2014 hin durch ein polizeiärztliches Gutachten des PÄD des Polizeipräsidiums E. habe überprüfen lassen. Damit habe der Beklagte seine Pflicht zum Gehorsam nach § 35 Satz 2 BeamtStG a.F. (jetzt: § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) verletzt. Außerdem sei der Beklagte in einem Zeitraum von zusammenhängend annähernd 22 Monaten schuldhaft dem Dienst ferngeblieben. Damit habe er durch sein diesbezügliches Verhalten in erheblicher Weise seine Dienstleistungspflicht unter Verstoß gegen § 34 Satz 1 und 3 BeamtSt i.V.m. § 62 Abs. 1 LBG NRW verletzt. Der Beklagte habe die Pflichtverletzungen im Hinblick auf das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst nach den entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts E. im Urteil vom 3. März 2017 auch vorsätzlich und schuldhaft begangen. Vorsatz und Schuld seien auch in Bezug auf die Verletzung der Gehorsamspflicht gegeben. Der Beklagte habe in Anbetracht der schuldhaft begangenen Pflichtverletzungen ein einheitliches schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Der Beklagte habe durch das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von annähernd 22 Monaten massiv gegen die im Kernbereich liegende Verpflichtung verstoßen, Dienst zu leisten. Damit habe er das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn sowie der Allgemeinheit nicht nur in seinem Fundament erschüttert, sondern endgültig zerstört. Erschwerend komme hinzu, dass dem Beklagten durch die Missachtung der Anordnung vom 00. März 2014 darüber hinaus auch ein Verstoß gegen die Gehorsamspflicht zur Last falle. 44Der Kläger beantragt, 45dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen. 46Der Beklagte beantragt, 47die Klage abzuweisen, 48hilfsweise, 49auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. 50Der Beklagte rügt, das Disziplinarverfahren sei verspätet eingeleitet worden. Die Pflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens entstehe, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorlägen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigten. Danach hätte das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren spätestens wenige Tage nach Bekanntgabe der Verfügung vom 00. März 2014, allerspätestens aber wenige Tage nach Einreichen der nächsten darauffolgenden Dienstunfähigkeitsbescheinigung eingeleitet werden müssen. Der Dienstvorgesetzte habe bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 00. März 2014 erkannt, dass er seine Dienstpflichten in disziplinarrechtlich relevanter Weise verletzt haben könnte, und habe die ihm vorliegenden und bekannten Tatsachen insoweit bewertet. Ausweislich des Vortrags in dem Klageverfahren 26 K 5262/15 sei das Polizeipräsidium E. ab diesem Zeitpunkt der Auffassung gewesen, dass er zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Einschätzung des PÄD dienstfähig gewesen und damit ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst ferngeblieben sei. Weil er nach Bekanntgabe der Verfügung vom 00. März 2014 die privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe überprüfen lassen müssen, sei unmittelbar danach, spätestens aber einige Tage nach Einreichen der folgenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne Vorstellung beim PÄD offensichtlich gewesen, dass auch in der Nichtbefolgung der Weisung ein disziplinarrechtlich relevantes Verhalten liegen könnte. Das Disziplinarverfahren sei aber erst 15 Monate später eingeleitet worden. Der Kläger habe mithin zugewartet, bis er so lange dem Dienst ferngeblieben sei, dass ein aus seiner Sicht mit der Höchstmaßnahme zu ahndendes Dienstvergehen in Rede gestanden habe. Es sei aber nicht auszuschließen, dass er bei einer rechtzeitigen Einleitung des Disziplinarverfahrens im März 2014 oder bei einer unverzüglichen Ahndung der Pflichtverletzung zu diesem Zeitpunkt mit einer niederschwelligen Disziplinarmaßnahme pflichtenmahnend hätte angehalten werden können, solche Pflichtverletzungen sofort einzustellen und künftig zu vermeiden. Dem stehe nicht entgegen, dass er sich zunächst gerichtlich gegen die Verfügung vom 00. März 2014 zur Wehr gesetzt habe. Diese Verfügung einerseits und die Einleitung des Disziplinarverfahrens andererseits hätten nämlich unterschiedliche Ziele verfolgt. Ihm sei während der gesamten Zeit, also auch in dem disziplinarrechtlich relevanten Zeitraum vom 00. Februar 2014 bis zum 00. November 2015, von seinen behandelnden Ärzten die Dienstunfähigkeit testiert worden. Entsprechende Bescheinigungen habe er jeweils dem Kläger eingereicht. Während dieser Zeit sei es ihm nicht gelungen, sich dem PÄD beim Polizeipräsidium E. vorzustellen. Er sei in der Zeit vom 00. März 2014 bzw. vom 00. Juli 2015 bis zum 30. November 2015 aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage gewesen, seinen Dienstpflichten, insbesondere seiner Anwesenheitspflicht nachzukommen oder sich einer polizeiärztlichen Untersuchung beim Polizeipräsidium E. zu unterziehen. 51Durch das Urteil des Verwaltungsgerichts E. vom 3. März 2017 sei nicht festgestellt, ob er dienstfähig gewesen sei. Eben so wenig sei durch das Urteil festgestellt, dass er vorsätzlich gehandelt habe. Er habe nicht vorsätzlich gehandelt. Die Folgerung des Klägers auf Seite 26 der Klageschrift, aus den tatsächlichen Feststellungen in dem genannten Urteil ergebe sich, dass er vorsätzlich gehandelt habe, sei daher nicht möglich. Anhaltspunkte dafür, dass ihm der Verstoß gegen seine Pflichten, zum Dienst zu erscheinen und sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, egal gewesen sei, seien weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen. Hinzu komme, dass er habe darauf vertrauen dürfen, dass er keine Dienstpflichtverletzung begehe, denn es für den gesamten Zeitraum ärztliche Testate vorgelegen, aus denen sich die Dienstunfähigkeit ergeben habe. Im Rahmen der Maßnahmebemessung sei folglich nicht von einem vorsätzlichen unentschuldigten Fernbleiben vom Dienst auszugehen. Zudem sei eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch Dienstvorgesetzte unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Fürsorgepflicht oder des „Mitverschuldens“ als Mitursache der hier in Rede stehenden dienstlichen Verfehlung bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen, weil der Kläger auf ihn hätte einwirken müssen, als er der Anordnung vom 10. März 2014 nicht nachgekommen sei. Mildernd zu berücksichtigen sei ferner, dass er sich in einer sehr belastenden privaten Situation befunden habe. Seine Dienstunfähigkeit über den gesamten hier in Rede stehenden Zeitraum habe er hinreichend dargelegt. Überdies habe er in diesem Zeitraum auch seine kranke Frau gepflegt. All dies müsse sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen lassen. 52Das Landesamt für C1. und W. für das Land O.-X. hat mit Bescheid vom 00. September 2014 zu viel gezahlte Bezüge in Höhe von 35.257,59 Euro vom Beklagten zurückgefordert. Für die Zeit vom 00. Februar 2014 bis auf weiteres sei der Verlust der Dienstbezüge festgestellt worden, daher sei der Anspruch auf Bezüge mit Ablauf des Februar 2014 erloschen. Die Bezüge seien aber in unveränderter Höhe bis zum 31. Oktober 2014 gezahlt worden. Der Antrag des Beklagten auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist durch Beschluss des Verwaltungsgerichts E. vom 15. April 2016 abgelehnt worden (Az.: 26 L 875/16). Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. September 2014 ist durch Widerspruchsbescheid vom 19. April 2016 zurückgewiesen worden. Die vom Beklagten daraufhin erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht E. (Az.: 26 K 6389/16) ist durch Urteil vom 3. März 2017 abgewiesen worden. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist durch Beschluss des OVG NRW vom 12. April 2019 abgelehnt worden. 53Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der beigezogenen Gerichtsakten 26 L 2169/14 und 26 K 5262/15 sowie 26 L 875/16 und 26 K 6389/16, der beigezogenen Personal- und Disziplinarakten sowie auf die Sachentscheidungen aus den Gerichtsakten 2 L 951/14 und 2 K 2679/14, die sich in den vorliegenden Personal- und Disziplinarakten befinden, ergänzend Bezug genommen. 54Entscheidungsgründe: 55Die Disziplinarklage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. 56A. 57I. Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts E. folgt aus § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 3 LDG NRW. Danach ist das Verwaltungsgericht E. zuständig, wenn die Beamtin oder der Beamte im Zeitpunkt der Zustellung der Abschlussentscheidung oder der Erhebung der Disziplinarklage den dienstlichen Wohnsitz im Bereich der Regierungsbezirke E. oder L3. oder außerhalb des Landes hat. Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten ist der Wohnsitz oder, wenn dieser außerhalb des Landes liegt, der letzte dienstliche Wohnsitz im Lande maßgeblich. 58Der Beklagte hatte seinen Wohnsitz bei Klageerhebung in H1./ S2.-Q. und damit außerhalb des Landes. Folglich ist der letzte dienstliche Wohnsitz im Lande maßgeblich. Dieser war beim Polizeipräsidium E. und damit im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts E.. 59II. Mängel der Klageschrift oder des behördlichen Disziplinarverfahrens, die einer Entscheidung der Disziplinarkammer in der Sache entgegenstehen würden, liegen nicht vor. 601. 61Der Beklagte beanstandet zwar zu Recht, dass das behördliche Disziplinarverfahren verspätet eingeleitet worden sei. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen Verfahrensfehler, der einer Sachentscheidung entgegenstehen würde. 62Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW hat die dienstvorgesetzte Stelle ein Disziplinarverfahren einzuleiten und die höhere dienstvorgesetzte Stelle hierüber unverzüglich zu unterrichten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Die Pflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens besteht zwar noch nicht, solange es noch Verwaltungsermittlungen bedarf, um festzustellen, ob über einen bloßen Verdacht hinaus verdachtsbegründende Tatsachen vorliegen. Den Dienstvorgesetzten trifft aber eine Einleitungspflicht, sobald er erstmals Kenntnis von zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten erlangt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. 63Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 21, und Beschluss vom 18. November 2008 – 2 B 63/08 -, juris, Rn. 10. 64Zweck der Vorschrift ist der Schutz des Beamten. Die disziplinarischen Ermittlungen sollen so früh wie möglich im Rahmen des gesetzlich geordneten Verfahrens mit seinen rechtsstaatlichen Sicherungen zu Gunsten des Beamten geführt werden, wozu insbesondere das Recht des Beamten auf Beweisteilhabe (§ 24 Abs. 4 LDG NRW) zählt. Der Dienstvorgesetzte darf, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung vorliegen, nicht abwarten und weiteres Beweismaterial sammeln. 65Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 21. 66Nach diesen Maßgaben hat der Kläger als dienstvorgesetzte Stelle das gegen den Beklagten gerichtete behördliche Disziplinarverfahren verspätet eingeleitet. Die Einleitungsverfügung datiert vom 00. Juli 2015. Unter Beachtung von § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW hätte das Verfahren aber schon deutlich früher, spätestens am 00. April 2014, eingeleitet werden müssen, weil jedenfalls ab diesem Tag der hinreichende Verdacht eines Dienstvergehens bestanden hat, der keiner weiteren Verwaltungsermittlungen mehr bedurfte und sich nicht nur auf eine Bagatelle bezog. Ausweislich eines Vermerks über die disziplinarrechtliche Würdigung des Sachverhalts vom 00. April 2014 (Bl. 7 des Disziplinarvorgangs) war der dienstvorgesetzten Stelle bekannt, dass der Beklagte seinen Dienst am 00. Februar 2014 nicht angetreten hatte und er ungeachtet der Anordnungen in der Verfügung vom 00. März 2014 mit Telefax vom 00. März 2014 abermals nur eine privatärztliche Bescheinigung zum Nachweis seiner fortbestehenden Dienstunfähigkeit vorgelegt hatte. 67Am 00. April 2014 wurde zudem ein Verfahren zur Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge eingeleitet, was den konkreten Verdacht des schuldhaften Fernbleibens vom Dienst voraussetzt. Hierauf hätte die dienstvorgesetzte Stelle (auch) mit der Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens reagieren müssen. 68Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte gegen die Verfügung vom 00. März 2014 Klage erhoben und einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beim Verwaltungsgericht E. gestellt hat. Auch die später vom Beklagten gegen den Verlustfeststellungsbescheid vom 00. September 2014 angestrengten gerichtlichen Verfahren standen der rechtzeitigen Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens nicht entgegen. Der Umstand, dass der Beklagte sowohl gegen die Verfügung vom 00. März 2014 als auch gegen den Bescheid vom 00. September 2014 gerichtlich vorgegangen ist, hätte vom Kläger vielmehr im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Aussetzung des Disziplinarverfahrens nach § 22 Abs. 2 LDG NRW Berücksichtigung finden können. 69Die Disziplinarkammer lässt offen, ob der Verstoß gegen die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW folgende Pflicht zur rechtzeitigen Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens einen wesentlichen Mangel im Sinne von § 54 Abs. 1 LDG NRW darstellt. Der Begriff des Mangels der Vorschrift erfasst Verletzungen von Verfahrensregeln, die im behördlichen Disziplinarverfahren von Bedeutung sind. 70Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 22, und vom 29. März 2012 – 2 A 11/10 -, juris, Rn. 22. 71Hierunter fallen Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, die den äußeren Ablauf des behördlichen Disziplinarverfahrens bis zur abschließenden behördlichen Entscheidung, also bis zur Erhebung der Disziplinarklage oder bis zu dem Erlass einer Disziplinarverfügung, betreffen. 72Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. November 2008 – 2 B 63/08 -, juris, Rn. 14. 73Ein Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist wesentlich im Sinne der Einleitungsvorschriften (§ 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW), wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann. 74Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 23. 75Selbst wenn es sich bei der verspäteten Einleitung des Disziplinarverfahrens um einen wesentlichen Mangel im Sinne von § 54 Abs. 1 LDG NRW handeln sollte, so steht dieser Mangel einer Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren nicht entgegen. Die Klage ist insbesondere nicht deswegen abzuweisen, weil der Mangel nachträglich nicht mehr geheilt werden kann. Das Verfahren ist aber auch nicht gemäß § 54 Abs. 3 Satz 3 LDG NRW einzustellen: Liegt ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Disziplinarklage vor, kann das Gericht gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW dem Dienstherrn zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels eine Frist setzen. Wird der Mangel innerhalb der Frist nicht beseitigt, wird das Disziplinarverfahren durch Beschluss des Gerichts eingestellt (§ 54 Abs. 3 Satz 3 LDG NRW). Das vorliegende Verfahren ist indes nicht gemäß § 54 Abs. 3 Satz 3 LDG NRW einzustellen, denn das Gericht hat dem Kläger keine Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt und auch nicht setzen können, weil es dem Kläger sonst etwas objektiv Unmögliches aufgegeben hätte. Das verspätet eingeleitete Disziplinarverfahren kann nicht mehr rechtzeitig eingeleitet werden. 76Die verspätete Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vielmehr im Rahmen der Zumessungserwägungen berücksichtigt werden: Verzögert der Dienstvorgesetzte entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW die Einleitung des Disziplinarverfahrens, so kann dies bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 LDG NRW als mildernder Umstand berücksichtigt werden, wenn die verzögerte Einleitung für das weitere Fehlverhalten des Beamten ursächlich war. 77Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 21, und vom 29. März 2012 – 2 A 11/10 -, juris, Rn. 20. 782. 79Soweit der Beklagte beanstandet, das Dienstvergehen sei vom Kläger nicht zeitnah mit einer niederschwelligen Disziplinarmaßnahme geahndet worden, ergibt sich hieraus kein Verfahrensmangel. 80Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass der Dienstherr bei zeitlich gestreckt auftretenden Dienstpflichtverletzungen, die nach ihrer Schwere jeweils für sich genommen keine höheren Disziplinarmaßnahmen gebieten, in der Regel zunächst zeitnah zur begangenen Verletzungshandlung mit niederschwelligen disziplinaren Maßnahmen auf den Beamten einwirkt. 81Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 30 ff. 82Aus der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts ergeben sich allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass bei einem entsprechenden Verstoß ein (wesentlicher) Verfahrensmangel vorliegen könnte. Vielmehr kann eine unterlassene zeitnahe niederschwellige disziplinare Ahndung von Dienstpflichtverletzungen im Rahmen der Zumessungserwägungen Berücksichtigung finden. 83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 36. 843. 85Das behördliche Disziplinarverfahren ist mit Verfügung vom 00. Juli 2019 wirksam auf den Zeitraum von der Einleitung des Disziplinarverfahrens am 00. Juli 2015 bis zum 00. November 2015 ausgedehnt worden. 86Gemäß § 19 Abs. 1 LDG NRW kann das Disziplinarverfahren bis zum Erlass einer Entscheidung nach den §§ 33 bis 35 LDG NRW auf neue Handlungen ausgedehnt werden, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Die Ausdehnung ist aktenkundig zu machen. Hier hat der Dienstvorgesetzte das behördliche Disziplinarverfahren durch die Verfügung vom 18. Juli 2019 gleichzeitig fortgesetzt und auf den Zeitraum vom 00. Juli 2015 bis 00. November 2015 ausgedehnt sowie den Beklagten gemäß § 31 LDG NRW abschließend angehört. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist bereits fraglich, ob es sich bei dem dem Beklagten vorgeworfenen fortgesetzten unerlaubten Fernbleiben vom Dienst um „neue“ Handlungen im Sinne von § 19 Abs. 1 LDG NRW handelt. Jedenfalls ist das behördliche Disziplinarverfahren durch die Verfügung vom 00. Juli 2019 – und damit vor Erhebung der Disziplinarklage – ausdrücklich auf den Zeitraum vom 00. Juli 2015 bis 00. November 2015 ausgedehnt worden. 87Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Januar 2021 – 3d A 4887/18.O – juris, Rn. 92 ff. 884. 89Weitere Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Klageschrift sind vom Beklagten nicht geltend gemacht worden. Das Disziplinarverfahren leidet auch sonst an keinem für die disziplinarrechtliche Beurteilung erheblichen Fehler, der einer Sachentscheidung entgegenstehen könnte. 90B. 91Die Disziplinarklage ist begründet. Dem Beklagten ist wegen eines schweren einheitlichen innerdienstlichen Dienstvergehens (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) das Ruhegehalt abzuerkennen. 92Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begehen Beamtinnen und Beamte ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Der Beklagte ist in der Zeit vom 00. Februar 2014 bis 00. November 2015 und damit für eine Gesamtdauer von ca. 22 Monaten schuldhaft unerlaubt dem Dienst ferngeblieben. Er hat zudem weisungswidrig die privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für diesen Zeitraum nicht durch ein Gesundheitszeugnis des Polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums E. überprüfen lassen, obwohl ihm dies durch Verfügung vom 00. März 2014 auferlegt worden war. 93Der Beklagte hat hierdurch ein schweres Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, das unter angemessener Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes sowie des Umfangs der von ihm verletzten Pflichten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich macht. 94I. 95In tatsächlicher Hinsicht legt die Disziplinarkammer ihrer Entscheidung die in dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 3. März 2017 (Az.: 26 K 5262/15) über den Verlust der Dienstbezüge getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Grunde. 96Danach ist der Beklagte in der Zeit vom 00. Februar 2014 bis zum 00. November 2015 unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben, denn ihm stand eine Rechtfertigung, dem Dienst in diesem Zeitraum fernzubleiben, nicht zur Seite. Der Beklagte war in diesem Zeitraum weder beurlaubt oder freigestellt, noch war er wegen nachgewiesener Dienstunfähigkeit vom Dienst befreit. Der Beklagte hat in Bezug auf diesen Zeitraum die von ihm behauptete und privatärztlich attestierte Dienstunfähigkeit nicht durch Gesundheitszeugnisse des polizeiärztlichen Dienstes nachgewiesen, obwohl dies durch die sofort vollziehbare Verfügung vom 00. März 2014 ihm gegenüber angeordnet worden war. Der Beklagte hat weder die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. Januar 2014 noch die späteren privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen unverzüglich durch ein Gesundheitszeugnis des zuständigen PÄD überprüfen lassen und die von ihm behauptete Dienstunfähigkeit nachgewiesen. 97Das Verwaltungsgericht E. hat in dem rechtskräftigen Urteil vom 3. März 2017 zudem festgestellt, dass der Beklagte schuldhaft handelte. 98Diese tatsächlichen Feststellungen sind für die Disziplinarkammer gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW bindend, denn das vorliegende Disziplinarverfahren hat denselben Sachverhalt zum Gegenstand und eine Lösung von den in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts E. vom 3. März 2017 getroffenen Feststellungen nach § 56 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW kommt nicht in Betracht. 991. 100Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW sind die tatsächlichen Feststellungen u.a. eines rechtskräftigen Urteils in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 BBesG bzw. § 9 ÜBesG NRW (heute: § 11 Abs. 1 LBesG NRW) über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, für das sachgleiche Disziplinarverfahren bindend. Die gesetzliche Bindungswirkung dient der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz. Sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf durch verschiedene Gerichte unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. 101Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 11, und Beschlüsse vom 17. Oktober 2019 – 2 B 79/18 -, juris, Rn. 8 m.w.N., und vom 28. August 2017 – 2 B 76/16 -, juris, Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 17. April 2018 – 3d A 1047/15.O -, juris, Rn. 65 ff.; VG Trier, Urteil vom 18. April 2019 – 3 K 5849/18.TR -, juris, Rn. 40. 102Die Bindungswirkung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW bezieht sich dabei auf die tatsächlichen Feststellungen, auf denen das rechtskräftige Urteil beruht, und zwar sowohl hinsichtlich des äußeren als auch des inneren Tatbestandes. 103Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Mai 2018 – 37 K 7058/16.BDG -, S. 14 des Urteilabdrucks; Köhler, in: Köhler/Baunack, BDG, 7. Auflage, 2021, § 57, Rn. 6; Urban, in: Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl. 2017, § 57, Rn. 6; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 – 2 B 60/14 -, juris, Rn. 11 (zur Bindungswirkung eines Strafurteils hinsichtlich sämtlicher tatsächlicher Feststellungen, die den Strafausspruch tragen). 1042. 105Anlass, sich von den tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 3. März 2017 zu lösen, ist nicht gegeben. 106Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW hat das Disziplinargericht die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die „offenkundig unrichtig" sind. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen der Fall. Die Bindungswirkung soll verhindern, dass zu ein- und demselben Sachverhalt unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Eine Lösung kann demgemäß nur erfolgen, wenn das Disziplinargericht ansonsten gezwungen wäre, gleichsam „sehenden Auges" auf der Grundlage eines aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts oder offenkundig bzw. inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden. Dies ist etwa der Fall, wenn die Tatsachenfeststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig sind oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung, wenn Beweismittel eingeführt werden, die vorher nicht zur Verfügung standen und nach denen die Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen. Wird im gerichtlichen Disziplinarverfahren das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Verwaltungsgerichte allerdings erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach § 56 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW ergeben kann. 107Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 12 m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 17. April 2018 – 3d A 1047/15.O -, juris, Rn. 73 m.w.N.; VGH Bayern, Beschluss vom 21. August 2006 – 16b D 05.150 -, juris, Rn. 42. 108Hieran fehlt es im vorliegenden Fall: Der Beklagte hat weder Widersprüche zu Denkgesetzen oder der Lebenserfahrung aufgezeigt, noch hat er eine offenkundige Unrichtigkeit aus sonstigen Gründen dargelegt oder neue Beweismittel vorgelegt. Es sind auch sonst keine Umstände ersichtlich, die erhebliche Zweifel an der Feststellung wecken könnten, der Beklagte sei in der Zeit vom 00. Februar 2014 bis zum 00. November 2015 ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst ferngeblieben. 109a) 110Soweit der Beklagte geltend macht, er sei im Zeitraum vom 00. März 2014 bis zum 00. November 2015, jedenfalls aber in der Zeit vom 00. Juli 2015 bis zum 00. Dezember 2015 dienstunfähig gewesen, weil ihm die Dienstunfähigkeit von seinen Ärzten durchgehend attestiert worden sei, ist dieser Vortrag nicht geeignet, erhebliche Zweifel an den tatsächlichen Feststellungen des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 3. März 2017 zu begründen. Auf die Frage, ob der Beklagte in dem fraglichen Zeitraum dienstfähig oder dienstunfähig war, kommt es nämlich nicht an. Das Verwaltungsgericht E. hat die Frage, ob der Beklagte in dem Zeitraum vom 00. Februar 2014 bis 00. November 2015 dienstfähig oder dienstunfähig war, in seiner Entscheidung vom 3. März 2017 dahinstehen lassen (vgl. S. 6 des Urteilabdrucks). Es hat für die Annahme des schuldhaften Fernbleibens des Beklagten vom Dienst ohne Genehmigung ab dem 00. Februar 2014 vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass der Beklagte seine vorgebrachte Dienstunfähigkeit nicht der sofort vollziehbaren Verfügung vom 00. März 2014 entsprechend durch ein Gesundheitszeugnis des polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums E. nachgewiesen habe; denn die Vorlage privatärztlicher Arbeits- oder Dienstunfähigkeitsbescheinigungen habe gerade nicht (mehr) genügt, um das Fernbleiben vom Dienst zu rechtfertigen (vgl. S. 7 des Urteilabdrucks). 111Diese Begründung lässt „offenkundige Unrichtigkeiten“ nicht erkennen: Die Dienstfähigkeit ist zwar ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst. Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der Beamte wegen seines körperlichen oder geistigen Befindens nicht imstande ist, den ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben nachzukommen. 112Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 17 m.w.N. 113Ein typischer Anwendungsfall der Dienstunfähigkeit liegt in der Erkrankung des Beamten, die das Fernbleiben vom Dienst rechtfertigt. Der Rechtfertigungsgrund greift auch dann ein, wenn der Beamte sich schuldhaft in einen krankhaften Zustand versetzt hat. Solange ein Beamter dienstunfähig ist, ist er von der Dienstleistungspflicht befreit, weil er sie nicht erfüllen kann. 114Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 17 m.w.N. 115Der Beamte muss die Erkrankung aber spätestens am folgenden Tag anzeigen und auf Verlangen des Dienstherrn durch ärztliches Attest, bei längerer Dauer auch wiederholt, nachweisen. Die medizinische Beurteilung eines Amts- oder Polizeiarztes oder eines vom Amts- oder Polizeiarzt hinzugezogenen Facharztes genießt für die Entscheidung über die aktuelle Dienstfähigkeit (Arbeitsfähigkeit) eines Beamten Vorrang vor der medizinischen Beurteilung eines Privatarztes, wenn beide hinsichtlich desselben Krankheitsbildes inhaltlich voneinander abweichen. Dieser Vorrang im Konfliktfall hat seinen Grund in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amts- oder Polizeiarztes. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu behalten, nimmt der Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. Er steht Dienstherrn und Beamten gleichermaßen fern. 116Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 18 m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2015 – 3 B 1387/14 -, S. 3 des Urteilabdrucks. 117Hier ist dem Beklagten durch die sofort vollziehbare Verfügung vom 00. März 2014 aufgegeben worden, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. Januar 2014 sowie jede weitere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte Abwesenheit unverzüglich durch ein Gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen Dienstes überprüfen zu lassen und nachzuweisen. Die Anordnung beinhaltet damit das Verlangen des Dienstherrn, Dienstunfähigkeit infolge Krankheit nachzuweisen, und konkretisiert in entscheidender Weise die Pflichten des Beklagten im Zusammenhang mit diesem Nachweis. Kommt ein Beamter einer solchen – wirksamen – Anordnung nicht nach, kann er dem Dienstherrn Dienstunfähigkeit für den Zeitraum seines Fernbleibens vom Dienst nicht entgegenhalten. 118Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 20; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Juni 2018 – 2 A 11723/17 -, juris, Rn. 65; VG Trier, Urteil vom 18. April 2019 – 3 K 5849/18.TR -, juris, Rn. 50 m.w.N. 119Soweit der Beklagte auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2012 (Az.: 2 C 7/11) verweist, ergibt sich hieraus keine andere Bewertung. Die Entscheidung ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. In der Entscheidung geht es um die Frage, unter welchen Bedingungen ein Beamter in den Ruhestand versetzt werden kann, wenn er sich weigert, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Die Weigerung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, kann nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten, auch im Verwaltungsverfahren geltenden allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Polizeivollzugsbeamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert. Die Verpflichtung, sich zur Nachprüfung der Dienstfähigkeit nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, die für die Vorbereitung der Feststellung seiner Dienstfähigkeit erforderliche ärztliche Untersuchung erheblich zu erschweren oder zu vereiteln. 120Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 C 7/11 -, juris, Rn. 14. 121Im vorliegenden Fall verhält es sich gerade umgekehrt: Der Dienstherr ist aufgrund des Ergebnisses der polizeiärztlichen und fachärztlichen Untersuchungen, die Ende 2013 stattgefunden haben, davon ausgegangen, dass dem Beklagten allgemeine Bürodienste und Verwaltungsarbeiten zumutbar und möglich seien. In dieser Konstellation ginge die Anordnung, privatärztliche Krankschreibungen durch den polizeiärztlichen Dienst überprüfen zu lassen, ins Leere, wenn aus der unberechtigten Weigerung des Beamten der Rückschluss gezogen werden könnte, er sei dienstunfähig. 122b) 123Soweit der Beklagte darüber hinaus geltend macht, aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen zu sein, sich einer polizeiärztlichen Untersuchung beim Polizeipräsidium Düsseldorf zu unterziehen bzw. beim polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums zu erscheinen, dringt er damit im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht durch. Dieses Vorbringen lässt eine „offenkundige Unrichtigkeit“ der Feststellung des Verwaltungsgerichts E. in dem Urteil vom 3. März 2017, der Beklagte habe schuldhaft gehandelt, nicht erkennen. 124Das Verwaltungsgericht E. hat in seiner Entscheidung vom 3. März 2017 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 10. November 2014 (Az.: 26 L 2169/14) festgestellt, der Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Zur Begründung hat es hierzu ausgeführt, der Beklagte habe auch im Klageverfahren nicht schlüssig dargelegt, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar gewesen sei, den Nachweis seiner Dienstunfähigkeit durch ein Gesundheitszeugnis des PÄD des PP E. zu führen. Er habe lediglich behauptet, er sei erkrankungsbedingt nicht in der Lage gewesen, beim PÄD in E. vorstellig zu werden. Soweit er behauptet habe, er habe immer wieder versucht, zum Polizeiarzt zu gehen, habe aber Panikattacken gehabt und es nicht geschafft, sei dieser Vortrag entweder schon unsubstantiiert oder aber ungeeignet zu belegen, dass es ihm ausnahmslos unmöglich gewesen sei, sich einer Untersuchung durch den PÄD des PP E. zu stellen. Es sei nur ein einziger Versuch des Beklagten am 00. September 2014, den PÄD in E. aufzusuchen, belegt. Die entsprechende Bescheinigung durch den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. X1. beziehe sich ausschließlich auf den 00. September 2014. Dr. (Univ. B1.) B2.-T2. treffe in seinem Gutachten vom 00. Dezember 2014 keine Aussage, dass der Kläger wegen Panikattacken oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, den PÄD in E. aufzusuchen. Er gebe lediglich die Angaben des Beklagten wieder, mache sich diese jedoch nicht zu eigen. 125Das Oberverwaltungsgericht für das Land O.-X. hat hierzu in seinem Beschluss vom 8. April 2019 (Az.: 3 A 937/17), mit dem der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts E. vom 3. März 2017 abgelehnt wurde, ausgeführt, hinsichtlich des Vorbringens des Beklagten, sein gesundheitlicher Zustand im Zeitraum des ihm vorgeworfenen unerlaubten Fernbleibens, d.h. ab dem 00. Februar 2014 bis zur Wiederaufnahme der Zahlung der Bezüge ab der polizeiärztlichen Feststellung seiner Dienstunfähigkeit am 00. Dezember 2015, habe es ihm nicht möglich gemacht, beim polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums E. vorstellig zu werden, geschweige denn zum Dienst zu erscheinen, fehle es sowohl an der gebotenen Substantiierung als auch der Darlegung tatsächlicher Umstände, die dieses Vorbringen untermauern könnten. 126Der Beklagte hat im vorliegenden Verfahren wiederum nur behauptet, in der Zeit vom 00. März 2014 bis zum 00. November 2015 nicht in der Lage gewesen zu sein, zu einer Untersuchung bei dem polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums E. zu erscheinen, ohne dies zu konkretisieren. Das Vorbringen ist pauschal und unsubstantiiert, denn der Beklagte hat nach wie vor keine tatsächlichen Umstände z.B. in örtlicher oder zeitlicher Hinsicht dargelegt, die sein Vorbringen untermauern könnten. 127Der Beklagte hat auch keine neuen Beweismittel in das Verfahren eingeführt, die vorher nicht zur Verfügung standen und nach denen die Tatsachenfeststellungen in dem Urteil vom 3. März 2017 zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen könnten. 128II. 129Die disziplinarrechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts ergibt, dass sich der Beklagte eines schweren innerdienstlichen Dienstvergehens schuldig gemacht hat, das zur Aberkennung des Ruhegehalts führt. Der Beklagte hätte als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Dienst entfernt werden müssen (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW). 130Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt. Der Beklagte hat durch das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst gegen die Dienstleistungspflicht aus § 62 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW (in der bis zum 30. Juni 2016 geltenden Fassung) und zugleich gegen seine Pflicht zu vollem persönlichem Einsatz (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) verstoßen. Durch die Weigerung, der Anordnung vom 10. März 2014 zu folgen, hat der Beklagte darüber hinaus gegen die Folgepflicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, die dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen, verstoßen. 131Die Pflichtverletzungen erfolgten innerdienstlich, denn sie betrafen unmittelbar die Dienstausübung des Beklagten. 132Der Verstoß gegen die Dienstleistungspflicht und die Pflicht zu vollem persönlichem Einsatz erfolgte nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts E. im Urteil vom 3. März 2017 auch schuldhaft, denn der Verlust der Dienstbezüge (hier: nach § 9 ÜBesG NRW) setzt voraus, dass dem Beamten das Fernbleiben vom Dienst im Sinne eines schuldhaften Verhaltens vorgeworfen werden kann. 133Die Disziplinarkammer geht von einem (bedingt) vorsätzlichen Verhalten des Beklagten aus. Sie ist hinsichtlich der konkreten Form des Verschuldens (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) nicht an die Feststellungen in dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts E. vom 3. März 2017 gebunden. Die Bindungswirkung aus § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW bezieht sich nur auf die tatsächlichen Feststellungen, auf denen das rechtskräftige Urteil beruht, und zwar sowohl hinsichtlich des äußeren als auch des inneren Tatbestandes. 134Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Mai 2018 – 37 K 7058/16.BDG -, S. 14 des Urteilabdrucks; Köhler, in: Köhler/Baunack, BDG, 7. Auflage, 2021, § 57, Rn. 6; Urban, in: Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl. 2017, § 57, Rn. 6. 135Keine Bindung tritt hingegen ein bei Feststellungen, die nicht den gesetzlichen Tatbestand betreffen. 136Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Oktober 2014 – 2 B 60/14 -, juris, Rn. 11, und vom 1. März 2012 – 2 B 120/11 -, juris, Rn. 13; Köhler, in: Köhler/Baunack, BDG, 7. Auflage, 2021, § 57, Rn. 8. 137Für die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge genügt die Feststellung eines schuldhaften Verhaltens des Beamten. Es kommt – anders als im Strafrecht – nicht darauf an, ob der Beamte vorsätzlich oder fahrlässig handelte. Folglich erstreckt sich die Bindungswirkung auch nur auf die Feststellung eines schuldhaften Verhaltens, nicht hingegen darauf, ob der Beamte vorsätzlich oder fahrlässig handelte. 138Die Verletzung der Dienstleistungspflicht durch das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst ist dem Beamten fahrlässig oder vorsätzlich möglich. Ein Irrtum des Beamten über seine Pflicht zur Dienstleistung entlastet ihn nur, wenn dieser Irrtum unvermeidbar war. 139Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 23, und Beschluss vom 20. Januar 2009 – 2 B 4/08 -, juris, Rn. 38 ff., 44. 140Fahrlässig handelt ein Beamter in Bezug auf seine Anwesenheitspflicht im Dienst, wenn er darauf vertraut, dienstunfähig zu sein, bei zumutbarer Selbsteinschätzung seines gesundheitlichen Zustands aber hätte erkennen müssen, zur – wenn auch eingeschränkten – Dienstausübung in der Lage zu sein. Ein Beamter, der ungenehmigt keinen Dienst leistet, handelt hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „Dienstfähigkeit" dagegen bedingt vorsätzlich, wenn er ernsthaft für möglich hält, dienstfähig zu sein, und im Hinblick darauf billigend in Kauf nimmt, die Dienstleistungspflicht zu verletzen. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn der Beamte mit dem von ihm für möglich gehaltenen Erfolg ausdrücklich oder konkludent einverstanden ist, sondern auch dann, wenn er sich mit einem an sich unerwünschten, aber notwendigerweise eintretenden Erfolg um seines erstrebten Zieles willen abfindet. 141Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 26 m.w.N. 142An diesem Maßstab orientiert, hat der Beklagte bei seinem unerlaubten Fernbleiben vom Dienst in der Zeit vom 00. Februar 2014 bis 00. November 2015 nicht nur (grob) fahrlässig, sondern bedingt vorsätzlich gehandelt. 143Der Dienstherr hat gegenüber dem Beklagten durch Verfügung vom 00. März 2014 angeordnet, dass der Beklagte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. Januar 2014 sowie jede weitere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte Abwesenheit unverzüglich durch ein Gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen Dienstes überprüfen zu lassen und nachzuweisen habe. Mit dieser Anordnung hat der Dienstherr die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen der Beklagte wegen einer Erkrankung von der Dienstleistungspflicht befreit ist. Diese Bedingungen hat der Beklagte trotz der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung nicht eingehalten und ist damit bedingt vorsätzlich dem Dienst ferngeblieben. 144Er konnte nicht darauf vertrauen, keine Dienstpflichtverletzung zu begehen, wenn er der für sofort vollziehbar erklärten Anordnung vom 00. März 2014 keine Folge leisten würde. Dies gilt insbesondere, nachdem das Verwaltungsgericht E. den Antrag des Beklagten auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Untersuchungsanordnung durch Beschluss vom 15. Juli 2014 (Az.: 2 L 951/14) abgelehnt hatte und die Beschwerde gegen diesen Beschluss durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land O.-X. vom 21. August 2014 zurückgewiesen worden war (Az.: 6 B 910/14). 145Der Einwand des Beklagten, er habe von seinen ihn behandelnden Ärzten während des gesamten Zeitraums vom 00. Februar 2014 bis 00. November 2015 die Auskunft erhalten, er sei dienstunfähig, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Diese Einlassung ist schlichtweg nicht nachvollziehbar: Der Beklagte war bereits mit Schreiben des Polizeipräsidiums E. vom 00. Januar 2014 unter Bezugnahme auf den vom Beklagten vorgelegten Wiedereingliederungsplan seiner behandelnden Ärzte aufgefordert worden, seinen Dienst am 00. Februar 2014 im Polizeipräsidium E. aufzunehmen, und im Falle einer Arbeitsunfähigkeit umgehend den polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums E. aufzusuchen; eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bleibe vorbehalten. Bereits damit hatte der Dienstherr unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ein privatärztliches Attest als Nachweis der Dienstunfähigkeit nicht ausreichen würde. Nachdem der Beklagte den Dienst am 00. Februar 2014 nicht angetreten hatte, folgte die Anordnung vom 00. März 2014, mit der dem Beklagten aufgegeben wurde, privatärztliche Krankschreibungen durch den polizeiärztlichen Dienst überprüfen zu lassen. In Anbetracht der für jeden Beamten leicht erkennbaren Pflicht, zum Dienst zu erscheinen, soweit keine Dienstunfähigkeit nachgewiesen oder andere rechtlich wirksame Hinderungsgründe vorliegen, konnte der Beklagte insofern gerade nicht mehr davon ausgehen, dass privatärztliche Krankschreibungen zum Nachweis seiner Dienstunfähigkeit ausreichen. 146Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte sich im Hinblick auf die Bedingungen zum Nachweis seiner Dienstunfähigkeit in einem Irrtum befunden haben könnte. Ein solcher Irrtum wäre im Übrigen vor dem Hintergrund der unmissverständlich formulierten Anordnung vom 00. März 2014 leicht vermeidbar gewesen. Der Beklagte hat damit den Erfolgseintritt, nämlich die Verletzung seiner Pflicht, zum Dienst zu erscheinen, billigend in Kauf genommen und damit bedingt vorsätzlich gehandelt. 147Soweit es den Verstoß gegen die Folgepflicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG betrifft, liegt ebenfalls ein schuldhaftes und vorsätzliches Verhalten des Beklagten vor. Der Beklagte hat die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung vom 00. März 2014, mit der ihm aufgegeben wurde, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. Januar 2014 sowie jede weitere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte Abwesenheit unverzüglich durch ein Gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen Dienstes überprüfen zu lassen und nachzuweisen, bewusst ignoriert. Er ist ihr selbst dann nicht nachgekommen, nachdem das Verwaltungsgericht E. seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 15. Juli 2014 abgelehnt hatte und die Beschwerde gegen diesen Beschluss ohne Erfolg blieb. 148III. 149Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen führt nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte zur Aberkennung des Ruhegehalts. Der Beklagte hat durch das von ihm im Kernbereich seiner Dienstpflichten begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren. Als noch im Dienst befindlicher Beamter hätte er aus dem Dienst entfernt werden müssen (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW). 150Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall zu verhängen ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens. Das Persönlichkeitsbild der Beamtin oder des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist (§ 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 LDG NRW). Hierzu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarrecht geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalles in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. 151Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6/14 -, juris, Rn. 12, vom 18. Juni 2015 – 2 C 9/14 -, juris, Rn. 25, und vom 25. Juli 2013 – 2 C 63/11 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 96. 152Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten. 153Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 38/10 -, juris, Rn. 11 m.w.N. 1541. 155Als maßgebendes Bemessungskriterium ist gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW zunächst die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. 156Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015, – 2 C 6/14 -, juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteile vom 28. Juli 2021 – 3d A 2195/19.O -, juris, Rn. 105, und vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 98. 157Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Hiervon ausgehend kommt es für die endgültige Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. 158Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Februar 2013 – 2 C 62/11 -, juris, Rn. 39, und vom 28. Juli 2011 – 2 C 16/10 -, juris, Rn. 29; OVG NRW, Urteile vom 28. April 2021 – 3d A 1650/20.O -, juris, Rn. 75, und vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 99. 159Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen wiegt so schwer, dass die Aberkennung des Ruhegehalts indiziert ist. 160Das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst kann ein schweres Dienstvergehen darstellen, das auch die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen kann. Das Gebot, zum Dienst zu erscheinen, ist Grundpflicht eines jeden Beamten. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert von einem Beamten vor allem, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen. 161Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 21 m.w.N. 162Wer dem Dienst vorsätzlich unerlaubt fernbleibt, missachtet damit zwangsläufig die Dienstpflichten zum vollen beruflichen Einsatz und zur Befolgung dienstlicher Anordnungen. Nur die pflichtgemäße Dienstleistung der Beamten und anderer Beschäftigter setzt die Verwaltung in die Lage, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Das Erfordernis der Dienstleistung und die Bedeutung ihrer Unterlassung sind für jeden leicht zu erkennen. Setzt sich ein Beamter über diese Erkenntnis hinweg, zeigt er ein hohes Maß an Verantwortungslosigkeit. Je länger der Beamte schuldhaft dem Dienst fernbleibt, desto schwerer wiegt die hierin liegende Dienstpflichtverletzung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst regelmäßig zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, wenn es über Monate andauert oder in der Summe einen vergleichbaren Gesamtzeitraum erreicht. 163Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/19 -, juris, Rn. 21 m.w.N. 164Vorsätzliches unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten ist danach regelmäßig geeignet, das für das Beamtenverhältnis erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten zu zerstören. Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, offenbart das Fernbleiben über einen derart langen Zeitraum ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. Daher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. 165Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 – 2 C 6/2019 -, juris, Rn. 22 m.w.N, und Beschluss vom 31. Juli 2017 – 2 B 30/17 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 105. 166Im vorliegenden Fall ist der Beklagte seiner Dienstleistungspflicht über einen Zeitraum von insgesamt fast 22 Monaten vorsätzlich nicht nachgekommen, so dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist. Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen die im Kernbereich liegende Verpflichtung verstoßen, seinem Dienstherrn die in seinem Beruf verpflichtende Dienstleistung zu erbringen. Damit hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und seinem Dienstherrn nicht nur grundlegend erschüttert, sondern endgültig zerstört. Der Beklagte hat aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, sowie durch sein Fernbleiben vom Dienst über einen langen Zeitraum von fast 22 Monaten ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit gezeigt. 167Erschwerend hinzu tritt der Verstoß gegen die Folgepflicht, der zwar bei weitem nicht so schwer wiegt wie das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst. Allerdings zeigt auch die hartnäckige Weigerung, der Anordnung vom 00. März 2014 nachzukommen, ein hohes Maß an Pflichtvergessenheit, das geeignet ist, das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn nachhaltig zu erschüttern. 1682. 169Für die Bestimmung der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme kommt es weiter darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 2 Sätze 2 und 3 LDG NRW derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. 170Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63/11 -, juris, Rn. 17 m.w.N., und Beschluss vom 1. März 2012- 2 B 140/11 -, juris, Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 108, und vom 17. April 2018 – 3d A 1047/15.O -, juris, Rn. 157. 171Im vorliegenden Fall sind keine außergewöhnlichen Umstände erkennbar, die zu einem Abweichen von der durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Disziplinarmaßnahme führen könnten. 172a) 173Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 LDG NRW erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. 174Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 2 B 37/12 -, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 111 m.w.N., und vom 17. April 2018 – 3d A 1047/15.O -, juris, Rn. 160. 175aa) 176Von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte persönlichkeitsbezogene Milderungsgründe, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen könnten, 177vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 – 2 B 35/13 -, juris, Rn. 27, 178liegen nicht vor. 179Das Verhalten des Beklagten stellt sich insbesondere nicht als einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat im Zuge einer plötzlich entstandenen Versuchungssituation dar. Dies würde voraussetzen, dass die Dienstpflichtverletzung eine Kurzschlusshandlung darstellt, die durch eine spezifische Versuchungssituation hervorgerufen worden ist, und dass sich eine Wiederholung in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten ausschließen lässt. 180Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 – 2 B 60/14 -, juris, Rn. 29, m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 113. 181Dem Beklagten fällt indes ein fortdauernder Pflichtenverstoß über einen Zeitraum von annähernd zwei Jahren zur Last, so dass keine einmalige Entgleisung vorliegt. 182Es ist auch nichts dafür dargelegt oder sonst ersichtlich, dass bei dem Beklagten eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB vorliegen könnte, so dass eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB, die in aller Regel dem Ausspruch der Höchstmaßnahme entgegensteht, 183vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 2013 – 2 B 76/12 -, juris, Rn. 19, 184als anerkannter Milderungsgrund ausscheidet. 185bb) 186Stehen dem Beklagten keine in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anerkannten" Milderungsgründe zur Seite, bedeutet dies nicht, dass die entlastenden Aspekte seines Persönlichkeitsbildes bei der Maßnahmebemessung unberücksichtigt bleiben dürften. Sie sind vielmehr auch dann, wenn sie keinen der anerkannten Milderungsgründe verwirklichen, insgesamt mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dabei bieten die Milderungsgründe Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen im Einzelfall wiegt. 187Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63/11 -, juris, Rn. 25; Beschluss vom 20. Dezember 2013 – 2 B 35/13 -, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 29. September 2021 – 3d A 148/20.O -, juris, Rn. 117. 188Ausgehend von diesen Maßstäben kommt den in den Blick zu nehmenden entlastenden Gesichtspunkten weder isoliert betrachtet noch in ihrer Gesamtheit ein solches Gewicht zu, dass sie eine Maßnahmemilderung für das dem Beklagten zur Last fallende Dienstvergehen rechtfertigen. 189(1) 190Der Milderungsgrund der „Entgleisung während einer inzwischen überwundenen negativen Lebensphase" im Tatzeitraum kann dem Beklagten nicht zu Gute gehalten werden. Eine so genannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums kann je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat. Die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase liegt dabei vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt. 191Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 – 2 C 3/12 -, juris, Rn. 40 f., und Beschlüsse vom 22. März 2016 – 2 B 43/15 -, juris, Rn. 11, und vom 9. Oktober 2014 – 2 B 60/14 -, juris, Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 29. September 2021 – 3d A 148/20.O -, juris, Rn. 120. 192Es muss sich um eine persönlich besonders belastende Situation gehandelt haben, die so gravierend ist, dass die Pflichtverletzung des Beamten in einem milderen Licht erscheint, weil ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann. 193Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 2 B 49/15 -, juris, Rn. 11; OVG NRW, Urteil vom 29. September 2021 – 3d A 148/20.O -, juris, Rn. 122. 194Insoweit hat die Disziplinarkammer das Vorbringen des Beklagten in den Blick genommen, er habe sich in einer sehr belastenden privaten Situation befunden. Er sei über den gesamten in Rede stehenden Zeitraum krank gewesen. Überdies habe er in diesem Zeitraum auch seine kranke Frau gepflegt. Allerdings ist auch dieses Vorbringen des Beklagten pauschal und unsubstantiiert. Der Beklagte behauptet zudem nicht einmal selbst, durch die belastende private Situation während des gesamten Tatzeitraums völlig aus der Bahn geworfen gewesen zu sein. Hierfür ist auch aus den vorliegenden Akten nichts ersichtlich. Wie sich aus dem Gutachten des Herrn Dr. N4. vom 00. Dezember 2013 ergibt, hat der Beklagte bei seiner Untersuchung am 00. Dezember 2013 z.B. angegeben, seine Frau sei 2010 herzinsuffizient geworden; es habe geheißen, es helfe nur noch eine Transplantation. 2011 habe er ein Jahr unbezahlten Urlaub genommen, um seine Frau zu pflegen. Jetzt lebe sie aber immer noch, es gehe ihr besser. Das Ganze auch ohne Transplantation. Die Mediziner hätten hierfür keine Erklärung. 195(2) 196Da der Beklagte sich auch nicht auf einen Verbotsirrtum berufen kann (s.o.), scheidet eine entsprechende Berücksichtigung im Rahmen der nach § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW gebotenen Abwägung aus. 197(3) 198Einen durchgreifenden Milderungsgrund sieht die Disziplinarkammer auch nicht darin, dass das behördliche Disziplinarverfahren verspätet eingeleitet worden ist (s.o.). 199Die verspätete Einleitung des Disziplinarverfahrens kann bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme als mildernder Umstand zu berücksichtigen sein, wenn die verzögerte Einleitung für das weitere Fehlverhalten des Beamten ursächlich war. 200Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 21 m.w.N. 201Dies lässt sich aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles allerdings mit hinreichender Sicherheit ausschließen. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass der Beklagte sein pflichtwidriges Verhalten auch dann nicht beendet hätte, wenn der Kläger das Disziplinarverfahren entsprechend seiner Verpflichtung aus § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW rechtzeitig, nämlich spätestens am 15. April 2014, eingeleitet hätte. 202Hierfür spricht insbesondere, dass der Beklagte auch nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens am 23. Juli 2015 der mit Verfügung vom 00. März 2014 angeordneten Überprüfung von privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch den polizeiärztlichen Dienst nicht nachgekommen ist, sondern weiterhin lediglich privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht hat. Auch zuvor schon hatte sich der Beklagte weder durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts E. vom 15. Juli 2014, mit dem sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde (Az.: 2 L 951/14), noch durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land O.- X. vom 21. August 2014, mit dem die Beschwerde gegen diese Entscheidung zurückgewiesen wurde (Az.: 6 B 910/14), beeindrucken lassen und ihn dazu bewogen, der Verfügung vom 00. März 2014 nunmehr nachzukommen. Auch der Verlustfeststellungsbescheid vom 00. September 2014 hat keine Änderung im Verhalten des Beklagten bewirken können – selbst nachdem der Antrag des Beklagten auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid durch Beschluss des Verwaltungsgerichts E. vom 10. November 2014 abgelehnt worden war (Az.: 26 L 2169/14) und das Oberverwaltungsgericht für das Land O.-X. die Beschwerde des Beklagten durch Beschluss vom 31. März 2015 zurückgewiesen hatte (Az.: 3 B 1387/14). 203(4) 204Das Vorbringen des Beklagten, der Kläger habe das Nichterscheinen zu amtsärztlichen Untersuchungen und das unentschuldigte Nichterscheinen zum Dienst nicht durch zunächst niederschwellige Maßnahmen – wie Verweis oder Geldbuße – unverzüglich geahndet und so pflichtenmahnend auf ihn eingewirkt, stellt ebenfalls keinen durchgreifenden Entlastungsgrund dar. 205Zwar verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass der Dienstherr bei zeitlich gestreckt auftretenden Dienstpflichtverletzungen, die nach ihrer Schwere jeweils für sich genommen keine höheren Disziplinarmaßnahmen gebieten, in der Regel zunächst zeitnah zur begangenen Verletzungshandlung mit niederschwelligen disziplinaren Maßnahmen auf den Beamten einwirkt. 206Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2018 – 2 C 60/17 -, juris, Rn. 30. 207Diese Überlegungen sind aber aus verschiedenen Gründen auf das vorliegende Verfahren nicht übertragbar. Bei dem vom Beklagten begangenen Dienstvergehen handelt es sich nicht um ein Dienstvergehen, das sich durch leichtere bis schwerere einzelne Dienstpflichtverletzungen über einen längeren Zeitraum auszeichnet, sondern es handelt sich um ein Dauerdelikt, das sich ohne Unterbrechung über den Zeitraum vom 00. Februar 2014 bis 00. November 2015 erstreckt. Es ist insofern nicht ersichtlich, wann der Dienstherr zeitnah zur begangenen Pflichtverletzung mit einer niederschwelligen disziplinaren Maßnahme auf den Beklagten hätte einwirken können, zumal im Disziplinarrecht der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens gilt. 208Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2021 – 2 A 9/20 -, juris, Rn. 3; Gansen in: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, 34. Update November 2021, 2.8.1, Rn. 40. 209Hinzu kommt, dass selbst dann, wenn mit der Einleitung des Verlustfeststellungsverfahrens am 00. April 2014 gleichzeitig das behördliche Disziplinarverfahren eingeleitet worden wäre, dies voraussichtlich nicht zu einer zeitnahen niederschwelligen Disziplinarmaßnahme geführt hätte. Es ist vielmehr anzunehmen, dass der Dienstherr das behördliche Disziplinarverfahren wegen des laufenden Verlustfeststellungsverfahrens zunächst gemäß § 22 Abs. 2 LDG NRW ausgesetzt hätte. Danach kann das Disziplinarverfahren ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Bei dem Verlustfeststellungsverfahren handelt es sich um ein anderes gesetzlich geordnetes Verfahren und die Entscheidung in diesem Verfahren ist in einem sachgleichen Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung. 210Schließlich kann im Fall des Beklagten angesichts seiner hartnäckigen Weigerung, der Anordnung vom 00. März 2014 Folge zu leisten und privatärztliche Krankschreibungen durch den polizeiärztlichen Dienst überprüfen und die von ihm geltend gemachte Dienstunfähigkeit nachweisen zu lassen, ausgeschlossen werden, dass mit einer zeitnahen niederschwelligen Disziplinarmaßnahme pflichtenmahnend auf den Beklagten hätte eingewirkt werden können. Da sich der Beklagte weder durch gerichtliche Entscheidungen, noch durch die Einleitung des Verlustfeststellungsverfahrens, noch durch die Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens zu einer Änderung seines Verhaltens hat bewegen lassen, drängt sich der Eindruck einer fehlenden „Erreichbarkeit“ des Beklagten (auch) durch disziplinarrechtliche Maßnahmen auf. 211(5) 212Soweit der Beklagte eine mögliche Mitverursachung des Dienstvergehens durch den Dienstherrn bzw. ein Mitverschulden geltend macht, kann ihn dies ebenfalls nicht durchgreifend entlasten. 213Ein Mitverschulden von Vorgesetzten – etwa im Hinblick auf eine nicht hinreichende Wahrnehmung der Dienstaufsicht – kann sich tatmildernd zugunsten des Beamten auswirken. Mangelnde Dienstaufsicht kann als Ursache einer dienstlichen Verfehlung bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme dann mildernd berücksichtigt werden, wenn Kontrollmaßnahmen durch Vorgesetzte aufgrund besonderer Umstände unerlässlich waren und pflichtwidrig unterlassen wurden. 214Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2003 – 2 WD 49/02 -, juris, Rn. 23; OVG NRW, Urteile vom 28. Juli 2021 – 3d A 2195/19.O -, juris, Rn. 169, und vom 25. Juni 2020 – 3d A 166/16.O -, juris, Rn. 124 m.w.N. 215Solche Umstände sind hier aber weder dargelegt, noch sonst ersichtlich. Soweit der Beklagte dem Kläger vorwirft, dieser habe nicht überwacht, ob er sich amtsärztlichen Untersuchungen unterziehen würde, trifft dieser Vorwurf nicht zu. Der Kläger hat kontrolliert, ob der Beklagte der Verfügung vom 00. März 2014 nachkommt. Anderenfalls hätte er z.B. kein Verlustfeststellungsverfahren einleiten können, nachdem der Beklagte – entgegen der Anordnung – weiterhin nur privatärztliche Krankschreibungen eingereicht hatte. 216Der Beklagte hat auch nicht dargelegt, wie der Dienstherr auf ihn hätte einwirken können, um ihn dazu zu bewegen, der Anordnung vom 00. März 2014 nachzukommen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte bewusst und gewollt die Verfügung vom 00. März 2014 missachtet und sich nach der polizeiärztlichen Untersuchung Ende 2013 keiner weiteren derartigen Untersuchung mehr gestellt, sondern sich mit der Vorlage privatärztlicher Krankschreibungen zu seiner Arbeitsunfähigkeit begnügt hat, obwohl diese Verhaltensweise nach der Verfügung vom 00. März 2014 für den Dienstherrn offensichtlich und für jeden erkennbar ungenügend war. Eine mangelnde Dienstaufsicht oder gar ein Mitverschulden des Dienstherrn lässt sich insoweit jedenfalls nicht feststellen. 217(6) 218Für den Beklagten sprechen seine fehlende strafrechtliche und disziplinarrechtliche Vorbelastung sowie die langjährige unbeanstandete Dienstausübung. 219Allerdings führt das im Übrigen beanstandungsfreie dienstliche und außerdienstliche Verhalten weder für sich genommen noch in der Gesamtschau zu einem anderen Abwägungsergebnis. Eine langjährige Dienstleistung ohne Beanstandungen fällt jedenfalls bei einer gravierenden Dienstpflichtverletzung, wie sie hier in Rede steht, neben der Schwere des Dienstvergehens in aller Regel nicht mildernd ins Gewicht. Jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Die langjährige Erfüllung dieser Verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die Anforderungen an das inner- und außendienstliche Verhalten abgesenkt werden. Weder die langjährige Beachtung der Dienstpflichten noch überdurchschnittliche Leistungen sind deshalb geeignet, schwere Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. 220Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2013 - 2 B 63/12 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Urteile vom 29. September 2021 – 3d A 148/20.O -, juris, Rn. 137, und vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 127. 2213. 222Auch unter Berücksichtigung des Bemessungskriteriums „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ ist es wegen der Schwere des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe geboten, für das Fehlverhalten des Beklagten die disziplinare Höchstmaßnahme zu verhängen. 223Das Bemessungskriterium (§ 13 Abs. 2 Satz 3 LDG NRW) erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. 224Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Juli 2021 – 3d A 2195/19.O -, juris, Rn. 183 m.w.N. 225Die Würdigung aller Aspekte unter Beachtung auch dieses Kriteriums führt bei prognostischer Beurteilung zu der Bewertung, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beklagten nach dem von ihm begangenen schweren Dienstvergehen (ausgehend von einem aktiven Beamten) kein Vertrauen mehr in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen können, weil die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums bei einem Fortbestehen des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen und der vollständige Vertrauensverlust nicht zu beheben ist. Der Beklagte hat gegen leicht einsehbare Pflichten im Kernbereich des Pflichtenkreises eines Beamten verstoßen, deren strikte Einhaltung auch in den Augen der Allgemeinheit von zentraler Bedeutung ist. Sein pflichtwidriges Verhalten hat sich über einen Zeitraum von ca. 22 Monaten hingezogen. Innerhalb dieses Zeitraums hat der Beklagte nicht von seinem pflichtwidrigen Handeln Abstand genommen, sondern an seinem Vorgehen unbeirrt festgehalten. Durch das festgestellte pflichtwidrige Verhalten hat er das Vertrauen von Dienstherrn und Allgemeinheit endgültig verloren. Er ist auch unter Berücksichtigung der für ihn sprechenden Gesichtspunkte als Beamter untragbar geworden. Wäre er noch im aktiven Dienst, wäre er aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen. Nach seiner Zurruhesetzung ist ihm das Ruhegehalt abzuerkennen. 226IV. 227Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit hat die Disziplinarkammer die für den Beklagten eintretenden schwerwiegenden Folgen in persönlicher und auch finanzieller Hinsicht in seine Maßnahmeerwägungen einbezogen. Durch sein besonders schweres Fehlverhalten und mangels durchgreifender Milderungsgründe hat der Beklagte allerdings die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist dann die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Entsprechendes gilt für einen Ruhestandsbeamten. Die darin liegende Härte für den Beamten ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Sie beruht auf dem vorangegangenen Fehlverhalten des für sein Handeln verantwortlichen Beklagten, der sich bewusst gewesen sein musste, dass er hiermit seine berufliche Existenz und die damit verbundene Pension aufs Spiel setzt. 228Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2020 – 3d A 1739/19.O -, juris, Rn. 132. 229Die Gesamtdauer des Disziplinarverfahrens von inzwischen annähernd sieben Jahren führt ebenfalls nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Die Dauer des Verlustfeststellungsverfahrens und des Disziplinarverfahrens bietet keine Handhabe, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen, wenn diese Maßnahme geboten ist. Eine lange Dauer des Verfahrens ist nicht geeignet, das vom Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen. 230Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2014 – 2 B 66/14 -, juris, Rn. 7 m.w.N., und Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63/11 -, juris, Rn. 40. 231Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 1 VwGO. 232Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 233Rechtsmittelbelehrung: 234Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Berufung an den Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts in Münster eingelegt werden. Die Berufung ist bei der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich einzulegen. 235Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 236Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 237In der Berufungsschrift ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen und anzugeben, inwieweit es angefochten wird und welche Änderungen beantragt werden; die Anträge sind zu begründen. | dem beklagten wird das ruhegehalt aberkannt. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der am 00. n. 1963 in n1. b. e. s. geborene beklagte trat nach dem erwerb der fachoberschulreife am 00. april 1981 in den polizeivollzugsdienst des landes o. –x. ein. er wurde unter berufung in das beamtenverhältnis auf widerruf zum polizeiwachtmeister ernannt. mit wirkung vom 28. september 1982 wurde der beklagte unter berufung in das beamtenverhältnis auf probe zum polizeioberwachtmeister ernannt. die ernennung zum polizeihauptwachtmeister erfolgte am 00. april 1984 und die ernennung zum polizeimeister am 00. april 1986. dem beklagten wurde mit wirkung vom 00. märz 1990 die eigenschaft eines beamten auf lebenszeit verliehen. der beklagte wurde am 00. april 1992 befördert und zum polizeiobermeister ernannt. nach bestandener ii. fachprüfung erfolgte die ernennung zum polizeikommissar mit wirkung vom 00. september 1997. der beklagte wurde am 00. august 2001 zum kriminaloberkommissar befördert, die beförderung zum kriminalhauptkommissar erfolgte am 00. märz 2006. 3der beklagte wurde ab märz 1994 beim polizeipräsidium e. verwendet. in der zeit vom 00. juli 2010 bis 00. august 2010 war er als sachbearbeiter zur besonderen verwendung des inspektionsleiters in der l. 0 tätig. ab 00. september 2010 wurde der beklagte in der l. 00, l1. 00 verwendet. der beklagte war in der zeit vom 00. august 2011 bis zum 00. august 2012 zur polizeidirektion p. / einsatzleitstelle b. (land o1. ) abgeordnet. die vom beklagten angestrebte übernahme in den polizeivollzugsdienst des landes o1. kam allerdings nicht zustande. im anschluss an die abordnung sollte der beklagte ab dem 00. august 2012 daher wieder dienst beim polizeipräsidium e. versehen. 4der beklagte meldete sich jedoch ab dem 00. juni 2012 unter vorlage entsprechender privatärztlicher arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen krank. bis zu seinem späteren eintritt in den ruhestand wegen dienstunfähigkeit verrichtete er keinen dienst mehr. 5mit polizeiamtsärztlichem gutachten des polizeiärztlichen dienstes des polizeipräsidiums n2. vom 00. januar 2016 wurde festgestellt, dass der beklagte dauerhaft polizeidienstunfähig und zum derzeitigen zeitpunkt dienstunfähig nach § 26 beamtstg sei. der beklagte wurde mit ablauf des 00. mai 2016 in den ruhestand versetzt. 6der beklagte wurde während seiner aktiven dienstzeit zuletzt am 00. oktober 2008 für den zeitraum vom 00. oktober 2005 bis zum 00. juli 2008 beurteilt. danach entsprachen leistung und befähigung des beklagten voll den anforderungen. 7mit bescheid des niedersächsischen landesamtes für soziales, jugend und familie vom 00. august 2016 wurde dem beklagten ab 00. dezember 2015 ein grad der behinderung von 50 zuerkannt. der bescheid wurde erst im behördlichen disziplinarverfahren mit schriftsatz vom 00. oktober 2019 vorgelegt. 8der beklagte ist verwitwet. er heiratete im k. 1991. seine ehefrau brachte den im n3. 1988 geborenen sohn mit in die ehe, der vom beklagten adoptiert wurde. die ehefrau des beklagten ist am 00. september 2020 verstorben. 9im zusammenhang mit der erkrankung seiner ehefrau hatte der beklagte bereits im jahr 2009 seinen privaten wohnsitz nach i. / p1. verlegt. 10der beklagte erhält versorgungsbezüge der besoldungsgruppe a11 (ca. 2.446,- euro brutto). 11mit ausnahme der hier in rede stehenden vorwürfe ist der beklagte disziplinar- und strafrechtlich nicht in erscheinung getreten. 12das polizeipräsidium e. leitete mit verfügung vom 00. juli 2015 ein disziplinarverfahren gegen den beklagten ein, das gleichzeitig gemäß § 22 abs. 2 ldg nrw bis zum abschluss des gegen den beklagten laufenden verwaltungsgerichtlichen verfahrens ausgesetzt wurde. die einleitungsverfügung wurde dem beklagten am 00. august 2015 zugestellt. dem beklagten wurde vorgeworfen, er habe der anordnung vom 00. märz 2014, seine dienstunfähigkeit infolge einer krankheit durch den zuständigen polizeiärztlichen dienst überprüfen zu lassen, keine folge geleistet. in der konsequenz führe dies dazu, dass er seit dem für den 00. februar 2014 geplanten diensteintritt im rahmen des wiedereingliederungsplans unentschuldigt dem dienst ferngeblieben sein könnte (s. 8 der einleitungsverfügung). 13den vorwürfen lag folgender sachverhalt zugrunde: 14das polizeipräsidium e. forderte den beklagten mit schreiben vom . november 2012 aufgrund der langen krankheitsbedingten abwesenheit auf, sich zur feststellung seiner aktuellen einsatz- und verwendungsfähigkeit mit dem polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums e. in verbindung zu setzen. der beklagte stellte sich am 00. januar 2013 beim polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums e. vor und wurde durch rmd’in dr. t.untersucht. frau dr. t. führte in ihrer stellungnahme vom 00. januar 2013 aus: unterlagen über vom beklagten geäußerte erkrankungen seien ihr nicht zur verfügung gestellt worden, so dass ihre beurteilungsmöglichkeiten eingeschränkt seien. aufgrund ihrer untersuchungsergebnisse halte sie den beklagten jedoch für vollschichtig im innendienst einsetzbar. er könne allgemeine verwaltungsaufgaben verrichten und sachbearbeitertätigkeiten ausführen. diese seien möglich und zumutbar. dienst mit der waffe und wechseldiensttätigkeiten sollten indes bis zum vorliegen fachärztlicher befundberichte unterbleiben. aussagen zur wiederherstellung der vollen und uneingeschränkten arbeitsfähigkeit könne sie somit erst nach vorlage dieser berichte treffen. 15mit schreiben vom 00. februar 2013 wurde dem beklagten das untersuchungsergebnis mitgeteilt. er wurde aufgefordert, bis zum 22. februar 2013 die noch fehlenden unterlagen zur weiteren beurteilung seiner gesundheitlichen situation einzureichen. dem kam der beklagte nicht nach. 16am 00. oktober 2013 stellte sich der beklagte erneut beim polizeiärztlichen dienst in e. vor. rmd’in dr. t. führte in ihrer schriftlichen stellungnahme vom 00. oktober 2013 aus: aus polizeiärztlicher sicht könne der beklagte – wie bereits in dem schreiben vom 00. januar 2013 mitgeteilt – allgemeine verwaltungsaufgaben verrichten und sachbearbeitertätigkeiten ausüben. um entscheiden zu können, inwieweit einschränkungen für den polizeivollzugsdienst bestünden, beabsichtige sie, ein neurologisch-psychiatrisches fachgutachten bei dr. n4. / c. t1. einzuholen. bis dahin sei der beklagte nicht geeignet für das führen einer dienstwaffe, für wechseldiensttätigkeiten und außendienste sowie für konfliktsituationen mit rechtsbrechern. sie wiederhole, dass jedoch innendiensttätigkeiten (sachbearbeitung) dem beklagten zumutbar und möglich seien. 17auf veranlassung von rmd’in dr. t. erstattete der facharzt für psychotherapeutische medizin, psychiatrie und neurologie, dr. n4. aus c. t1., unter dem 00. dezember 2013 ein psychiatrisch-psychosomatisches gutachten über den beklagten. der gutachter kam zusammenfassend zu dem ergebnis, dass der beklagte keinen dienst mit der waffe versehen dürfe und er konflikten mit rechtsbrechern nicht gewachsen sei. die einschränkungen seien nicht von dauerhafter natur, da die bislang durchgeführten behandlungen weder ausreichend noch erfolgversprechend gewesen seien. allgemeine bürodienste und verwaltungsarbeiten seien dem beklagten möglich und zumutbar. herr dr. n4. wies in seinem gutachten darauf hin, dass weder in dem arztbericht des dr. h. noch bei der gutachterlichen exploration am 00. dezember 2013 symptome gefunden worden seien, die eine krankschreibung rechtfertigten. 18rmd’in dr. t. schloss sich mit schreiben vom 00. januar 2014 den ausführungen des gutachtens an. 19mit schreiben vom 00. januar 2014 forderte das polizeipräsidium e. den beklagten unter bezugnahme auf den vom beklagten vorgelegten wiedereingliederungsplan seiner behandelnden ärzte vom 00. dezember 2013 auf, seinen dienst am 00. februar 2014 im rahmen einer wiedereingliederung im polizeipräsidium e. aufzunehmen. nach auswertung des fachgutachtens vom 00. dezember 2013 komme der päd zu dem ergebnis, dass dem beklagten allgemeine bürodienste und verwaltungsarbeiten zumutbar und möglich seien. das gelte für jede art von sachbearbeitertätigkeiten. eine medizinische notwendigkeit für einen telearbeitsplatz bestehe nicht. der fachgutachter dr. n4. weise zudem darauf hin, dass bei der gutachterlichen exploration am 00. dezember 2013 keine symptome gefunden worden seien, die eine krankschreibung rechtfertigten. der beklagte sei zu diesem zeitpunkt aber durch seinen arzt, praxis s. b1. und d. i1. für arbeitsunfähig erklärt worden (au vom 00. november 2013). der beklagte werde daher aufgefordert, im falle einer arbeitsunfähigkeit umgehend den polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums e. aufzusuchen. eine überprüfung der arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bleibe vorbehalten. es wurde darauf hingewiesen, dass es die pflicht des beklagten sei, zum dienst zu erscheinen. das unentschuldigte fernbleiben vom dienst stelle ein schwerwiegendes dienstvergehen dar, welches bis zur disziplinarischen höchstmaßnahme, dem entfernen aus dem dienst, geahndet werden könne. 20der beklagte kam der aufforderung, seinen dienst am 00. februar 2014 im polizeipräsidium e. aufzunehmen, nicht nach. er legte vielmehr eine auf den 00. januar 2014 datierte privatärztliche arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (folgebescheinigung) vor, ausgestellt durch die praxis s1. b1. und d. i1. aus e1. . 21das polizeipräsidium e. ordnete daraufhin mit verfügung vom 00. märz 2014 an, dass der beklagte die arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. januar 2014 sowie jede weitere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte abwesenheit unverzüglich durch ein gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen dienstes überprüfen und nachzuweisen habe. zu diesem zweck werde der beklagte aufgefordert, unverzüglich, spätestens innerhalb einer woche nach zugang des schreibens, beim polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums e. vorstellig zu werden und erforderliche untersuchungen vornehmen zu lassen. gleichzeitig wurde die sofortige vollziehung der verfügung gemäß § 80 abs. 2 satz 1 nr. 4 vwgo angeordnet. in der begründung des bescheides wurde für den fall der nichtbefolgung der dienstlichen anordnung die prüfung angekündigt, den verlust der dienstbezüge festzustellen. des weiteren wurde ausdrücklich auf die pflicht des beklagten, zum dienst zu erscheinen hingewiesen. das unentschuldigte fernbleiben vom dienst stelle ein schwerwiegendes dienstvergehen dar, welches bis zur disziplinarischen höchstmaßnahme, dem entfernen aus dem beamtenverhältnis, geahndet werden könne. 22der beklagte kam der anordnung nicht nach. er erhob klage vor dem verwaltungsgericht e. (az.: 2 k 2679/14) und stellte einen antrag auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung der klage, der ohne erfolg blieb (beschluss vom 15. juli 2014 - 2 l 951/14 -). die beschwerde des beklagten gegen den beschluss des verwaltungsgerichts e. wurde durch beschluss des oberverwaltungsgerichts für das land o. –x. (ovg nrw) vom 21. august 2014 zurückgewiesen (az.: 6 b 910/14). das klageverfahren (az.: 2 k 2679/14) wurde nach klagerücknahme durch beschluss des verwaltungsgerichts e. vom 20. juli 2015 eingestellt. 23am 00. april 2014 wurde ein verlustfeststellungsverfahren gegen den beklagten eingeleitet. mit bescheid vom 00. september 2014 stellte das polizeipräsidium e. den verlust der dienstbezüge ab dem 3. februar 2014 gemäß § 9 übesg nrw fest und ordnete die sofortige vollziehung an (§ 80 abs. 2 nr. 4 vwgo). zur begründung führte es aus: der beklagte sei mit schreiben vom 00. januar 2014 aufgefordert worden, seine wiedereingliederung am 00. februar 2014 am dienstort e. anzutreten. dieser aufforderung sei der beklagte nicht nachgekommen, sondern habe eine privatärztliche arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. mit bescheid vom 00. märz 2014 sei ihm gegenüber verfügt worden, dass er diese bescheinigung sowie weitere privatärztliche arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen unverzüglich durch den polizeiärztlichen dienst (päd) überprüfen lassen solle. dieser verfügung sei der beklagte ebenfalls nicht nachgekommen. nach einschätzung des päd sei der beklagte dienstfähig. ihm seien allgemeine bürodienste und verwaltungsarbeiten zumutbar und möglich. der beklagte sei trotz aller aufforderungen nicht zum dienst erschienen und sei damit ohne genehmigung schuldhaft dem dienst ferngeblieben. 24der beklagte erhob mit schreiben vom 00. september 2014 widerspruch gegen den bescheid und stellte beim verwaltungsgericht e. einen antrag auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung des widerspruchs (az.: 26 l 2169/14). der antrag wurde durch beschluss des verwaltungsgerichts e. vom 10. november 2014 abgelehnt. der beklagte erhob beschwerde gegen den ablehnenden beschluss des verwaltungsgerichts e. und legte ein psychiatrisches gutachten vom 00. dezember 2014 vor, das von herrn dr. (univ.b1.) a. b2.-t2. erstellt worden war. die beschwerde wurde durch beschluss des ovg nrw vom 31. märz 2015 zurückgewiesen (az.: 3 b 1387/14). 25der beklagte begründete seinen widerspruch mit schriftsatz vom 00. mai 2015. er machte erneut geltend, ein schuldhaftes fernbleiben vom dienst sei zu verneinen. er habe mit dem gutachten des dr. (univ. b1.) b2.-t2. vom 00. dezember 2014 seine allgemeine dienstunfähigkeit belegt. das polizeipräsidium e. wies den widerspruch des beklagten gegen den verlustfeststellungsbescheid vom 00. september 2014 mit widerspruchsbescheid vom 00. juni 2015 zurück. 26am 28. juli 2015 erhob der beklagte klage vor dem verwaltungsgericht e. (az.: 26 k 5262/15). er machte geltend, die feststellung des verlustes der dienstbezüge sei rechtswidrig. er sei nicht dienstfähig. ein schuldhaftes fernbleiben vom dienst liege daher nicht vor. das verwaltungsgericht e. wies die klage durch urteil vom 3. märz 2017 ab. in den entscheidungsgründen heißt es: 27„der bescheid des pp e. vom 00. september 2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides des pp e. vom 00. juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 28ermächtigungsgrundlage für die vorliegend streitgegenständliche feststellung des verlustes der dienstbezüge ist § 9 satz 3 übesg nrw (in der vom 1. juni 2013 bis zum 30. juni 2016 gültigen fassung; seit 1. juli 2016: § 11 abs. 1 landesbesoldungsgesetz nordrhein-westfalen). bleibt der beamte ohne genehmigung schuldhaft dem dienst fern, so verliert er nach § 9 satz 1 übesg für die zeit des fernbleibens seine bezüge. gemäß § 9 satz 3 übesg nrw ist der verlust der bezüge festzustellen. 29gemessen an den anforderungen dieser vorschrift erweist sich der angegriffene bescheid als materiell rechtmäßig. der antragsteller ist dem dienst ab dem 00. februar 2014 bis zum 00. november 2015 ohne genehmigung schuldhaft ferngeblieben. insoweit nimmt das gericht zur vermeidung von wiederholungen zunächst auf seine ausführungen im beschluss vom 10. november 2014 – 26 l 2169/14 – sowie auf die ausführungen des ovg o.-x. in dessen beschluss vom 31. märz 2015 – 3 b 1387/14 –, in deren rahmen eine ausführliche auseinandersetzung mit dem vorbringen des klägers stattgefunden hat, vollinhaltlich bezug und macht sie sich auch für das hauptsacheverfahren zu eigen. das vorbringen des klägers im klageverfahren führt zu keiner anderen beurteilung. 30zusammenfassend ist festzustellen, dass dem kläger eine rechtfertigung, dem dienst ab dem 00. februar 2014 bis zu der feststellung seiner dienstunfähigkeit durch den päd des pp n2. am 00. dezember 2015 fernzubleiben nicht zu seite stand. dabei kann dahinstehen, ob er in diesem zeitraum dienstfähig oder dienstunfähig war. denn er hat in bezug auf diesen zeitraum die von ihm behauptete dienstunfähigkeit, bei deren vorliegen ein anzuerkennender grund für das fernbleiben vom dienst anzunehmen wäre, jedenfalls nicht durch amtsärztliche untersuchung nachgewiesen. ein solcher nachweis wäre aber erforderlich gewesen, weil die verfügung vom 00. märz 2014 sofort vollziehbar war. der kläger hat jedoch weder die arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. januar 2014 noch spätere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte abwesenheiten unverzüglich durch ein gesundheitszeugnis des zuständigen päd überprüfen lassen bzw. nachgewiesen, wie es die verfügung vom 00. märz 2014 erfordert hätte. die von dem kläger gegen diese aufforderung bzw. die anordnung ihrer sofortigen vollziehung ergriffenen rechtsmittel blieben in zwei instanzen erfolglos, 31vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 15. juli 2014 – 2 l 951/14 – juris und nachfolgend ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 21. august 2014 – 6 b 910/14 – juris, 32das hauptsacheverfahren endete aufgrund einer zurücknahme der klage. 33entscheidend für die annahme des schuldhaften fernbleibens des klägers vom dienst ohne genehmigung ab dem 00. februar 2014 ist somit nicht die im gutachten des dr. n4. vom 00. dezember 2013 und der darauf basierenden stellungnahme der polizeiärztin dr. schroeder vom 6. januar 2014 angenommene dienstfähigkeit des klägers hinsichtlich allgemeiner bürodienste und verwaltungsarbeiten, sondern dass der kläger seine vorgebrachte dienstunfähigkeit nicht der sofort vollziehbaren verfügung vom 00. märz 2014 entsprechend durch ein gesundheitszeugnis des päd des pp e. nachgewiesen hat; denn die vorlage privatärztlicher arbeits- oder dienstunfähigkeitsbescheinigungen genügte gerade nicht (mehr), um das fernbleiben vom dienst zu rechtfertigen. 34das vom kläger als nicht hinreichend aussagekräftig angegriffene gutachten des dr. n4. vom 00. dezember 2013 diente vorliegend lediglich als ausgangspunkt für die zweifel an der richtigkeit der von dem beamten vorgelegten, dessen dienstunfähigkeit seit dem 00. juni 2012 bescheinigenden privatärztlichen atteste, die den beklagten berechtigten, einen nachweis der dienstunfähigkeit durch ein polizeiärztliches zeugnis zu verlangen, wie es mit der sofort vollziehbaren verfügung vom 00. märz 2014 geschah, 35siehe dazu vg düsseldorf, beschluss vom 15. juli 2014 – 2 l 951/14 – juris und nachfolgend ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 21. august 2014 – 6 b 910/14 – juris. 36[…] 37der kläger handelte auch schuldhaft. in ergänzung zu den ausführungen der kammer in dem beschluss vom 10. november 2014 – 26 l 2169/14 –, auf die verwiesen wird, hat der kläger auch im vorliegenden hauptsacheverfahren nicht schlüssig dargelegt, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar war, den nachweis seiner dienstunfähigkeit durch ein gesundheitszeugnis des päd des pp e. zu führen. auch hier hat der kläger lediglich behauptet, er sei erkrankungsbedingt nicht in der lage gewesen, beim genannten päd vorstellig zu werden. soweit er behauptet, er habe immer wieder versucht, zum polizeiarzt zu gehen, habe aber panikattacken gehabt und es nicht geschafft, ist dieser vortrag entweder schon unsubstantiiert oder aber ungeeignet zu belegen, dass es ihm ausnahmslos unmöglich war, sich einer untersuchung durch den päd in e. zu stellen. es ist ein einziger versuch des klägers am 00. september 2014, den päd in e. aufzusuchen, belegt. die entsprechende bescheinigung durch den arzt für allgemeinmedizin dr. x1. bezieht sich ausschließlich auf den 00. september 2014. dr. (univ. b1.) b2.-t2. trifft in seinem gutachten vom 00. dezember 2014 keine aussage, der kläger sei wegen panikattacken oder aus sonstigen gründen nicht in der lage gewesen, den päd in e. aufzusuchen. er gibt lediglich die angaben des klägers wieder, macht sich diese jedoch nicht zu eigen.“ 38der antrag des beklagten auf zulassung der berufung gegen das urteil des verwaltungsgerichts e. vom 3. märz 2017 wurde durch beschluss des ovg nrw vom 8. april 2019 abgelehnt (az.: 3 a 937/17). 39das polizeipräsidium e. setzte das gegen den beklagten geführte disziplinarverfahren mit verfügung vom 00. juli 2019 fort und dehnte es gleichzeitig aus. der beklagte wurde zudem gemäß § 31 ldg nrw abschließend angehört. in der begründung wurde ausgeführt: dem beklagten sei mit der einleitungsverfügung vom 00. juli 2015 zusammenfassend vorgeworfen worden, über einen langen zeitraum (vom 00. februar 2014 bis zur einleitung des disziplinarverfahrens) unentschuldigt dem dienst ferngeblieben zu sein und damit gegen seine pflicht zum vollen persönlichen einsatz nach § 34 satz 1 beamtstg und zum allgemeinen wohlverhalten nach § 34 satz 3 beamtstg verstoßen zu haben. der beklagte habe außerdem der anordnung vom 00. märz 2014 zur überprüfung seiner privatärztlich attestierten krankheitsbedingten abwesenheit durch ein unverzüglich einzuholendes gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen dienstes, entgegen seiner pflicht zum gehorsam nach § 35 satz 2 beamtstg, weisungswidrig nicht folge geleistet. die ausdehnung des disziplinarverfahrens beziehe sich auf das unentschuldigte fernbleiben vom dienst in dem zeitraum von der einleitung des disziplinarverfahrens am 00. juli 2015 bis zum 00. november 2015 und der entsprechenden pflichtwidrigkeit des verhaltens des beklagten durch diesbezügliche verstöße gegen seine dienstleistungspflicht nach § 34 satz 1 beamtstg sowie gegen seine pflicht zum wohlverhalten nach § 34 satz 3 beamtstg. bezugnehmend auf die tatsächlichen feststellungen des urteils des verwaltungsgerichts e. vom 3. märz 2017 (az.: 26 k 5262/15) stehe aus disziplinarrechtlicher sicht im ergebnis fest, dass der beklagte in dem nunmehr vorgeworfenen gesamtzeitraum vom 00. februar 2014 bis zum 00. november 2015 unentschuldigt dem dienst ferngeblieben sei. 40der beklagte äußerte sich mit schreiben vom 00. september 2019. am003. januar 2020 wurde er im rahmen der abschließenden anhörung gemäß § 31 ldg nrw auf eigenen wunsch mündlich angehört. er gab an: im nachhinein wisse er, dass man es damals hätte anders machen sollen. er habe den ärzten und kliniken vertraut. er habe aus seiner sicht, wenngleich nicht im juristischen sinne, nicht vorsätzlich gehandelt und darauf vertraut, dass sein verhalten ordnungsgemäß sei und er gegen keine pflichten verstoße. die gerichtlichen entscheidungen, die in der zwischenzeit ergangen seien, habe er akzeptiert. er sei durch die folgewirkung des einbehaltenen gehalts wirtschaftlich schwer belastet. er zahle zum einen jeden monat 250,- euro an das m. zurück. zum anderen habe er aufgrund des verlustes der dienstbezüge jetzt noch mehr als 40.000,- euro schulden, die noch im laufe der nächsten jahre zurückgezahlt werden müssten. er habe jetzt noch t3.-einträge von über 12.000,- euro, die er nicht zurückzahlen könne. die hypothek für das haus in l2. sei nicht verlängert worden. damit es nicht „unter den hammer komme“, habe sein schwiegervater sich bereit erklärt, das haus zu übernehmen. das haus in p1. bekomme er seit jahren nicht ansatzweise wirtschaftlich verkauft. er habe seit 2014 bzw. 2015 hunderte von inkasso-, gerichtsvollzieher- und vollstreckungsschreiben sowie gerichtsbeschlüsse erhalten, und aktuell auch noch, die alle bedient werden müssten. hinzu komme, dass er die angelegenheit mit sich selbst ausmachen müsse, da er seine frau aus gesundheitlichen gründen nicht damit belasten könne. dies alles belaste ihn extrem, zumal er auch zu 50 % schwerbehindert sei und nach wie vor psychische und kognitive schwierigkeiten habe. seine frau sei schon seit jahren gesundheitlich nicht mehr in der lage, einen beruf auszuüben, auch keine nebentätigkeit. der zustand seiner frau habe sich im lauf der letzten jahre derart verschlechtert, dass sie jetzt nach diversen monatelangen krankenhausaufenthalten und operationen in spezialkliniken in den pflegegrad 4 eingestuft worden sei. eine rehabilitation sei ausgeschlossen. wenn er sie nicht mehr pflegen könne, müsse sie in ein pflegeheim. vielleicht hätte es ihn nicht so hart getroffen, wenn eher über seinen antrag auf zurruhesetzung entschieden worden wäre. es habe vom antrag bis zur begutachtung durch die polizeiärztin 14 monate gedauert. 41mit schreiben vom 00. juni 2020 wurde sowohl die schwerbehindertenvertretung als auch die gleichstellungsbeauftragte über die beabsichtigte erhebung der disziplinarklage unterrichtet und beteiligt. auf antrag des beklagten wurde der personalrat beteiligt. der personalrat stimmte der erhebung der disziplinarklage mit dem ziel der aberkennung des ruhegehalts in seiner sitzung vom 00. september 2020 zu. 42der kläger hat am 3. november 2020 die vorliegende disziplinarklage erhoben, mit der er die aberkennung des ruhegehalts des beklagten begehrt. 43zur begründung führt er aus: aufgrund der bindenden feststellungen des urteils des verwaltungsgerichts e. vom 3. märz 2017 (az.: 26 k 5262/15) stehe fest, dass der beklagte vom 00. februar 2014 bis zum 00. november 2015 trotz bestehender dienstfähigkeit unentschuldigt dem dienst ferngeblieben sei. der beklagte habe sich zunächst weisungs- und damit pflichtwidrig verhalten, indem er die privatärztlichen arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht auf die behördliche weisung vom 00. märz 2014 hin durch ein polizeiärztliches gutachten des päd des polizeipräsidiums e. habe überprüfen lassen. damit habe der beklagte seine pflicht zum gehorsam nach § 35 satz 2 beamtstg a.f. (jetzt: § 35 abs. 1 satz 2 beamtstg) verletzt. außerdem sei der beklagte in einem zeitraum von zusammenhängend annähernd 22 monaten schuldhaft dem dienst ferngeblieben. damit habe er durch sein diesbezügliches verhalten in erheblicher weise seine dienstleistungspflicht unter verstoß gegen § 34 satz 1 und 3 beamtst i.v.m. § 62 abs. 1 lbg nrw verletzt. der beklagte habe die pflichtverletzungen im hinblick auf das unentschuldigte fernbleiben vom dienst nach den entsprechenden tatsächlichen feststellungen des verwaltungsgerichts e. im urteil vom 3. märz 2017 auch vorsätzlich und schuldhaft begangen. vorsatz und schuld seien auch in bezug auf die verletzung der gehorsamspflicht gegeben. der beklagte habe in anbetracht der schuldhaft begangenen pflichtverletzungen ein einheitliches schwerwiegendes innerdienstliches dienstvergehen begangen. der beklagte habe durch das unentschuldigte fernbleiben vom dienst über einen zeitraum von annähernd 22 monaten massiv gegen die im kernbereich liegende verpflichtung verstoßen, dienst zu leisten. damit habe er das vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem dienstherrn sowie der allgemeinheit nicht nur in seinem fundament erschüttert, sondern endgültig zerstört. erschwerend komme hinzu, dass dem beklagten durch die missachtung der anordnung vom 00. märz 2014 darüber hinaus auch ein verstoß gegen die gehorsamspflicht zur last falle. 44der kläger beantragt, 45dem beklagten das ruhegehalt abzuerkennen. 46der beklagte beantragt, 47die klage abzuweisen, 48hilfsweise, 49auf eine mildere disziplinarmaßnahme zu erkennen. 50der beklagte rügt, das disziplinarverfahren sei verspätet eingeleitet worden. die pflicht zur einleitung eines disziplinarverfahrens entstehe, wenn zureichende tatsächliche anhaltspunkte vorlägen, die den verdacht eines dienstvergehens rechtfertigten. danach hätte das gegen ihn geführte disziplinarverfahren spätestens wenige tage nach bekanntgabe der verfügung vom 00. märz 2014, allerspätestens aber wenige tage nach einreichen der nächsten darauffolgenden dienstunfähigkeitsbescheinigung eingeleitet werden müssen. der dienstvorgesetzte habe bereits im zeitpunkt des erlasses der verfügung vom 00. märz 2014 erkannt, dass er seine dienstpflichten in disziplinarrechtlich relevanter weise verletzt haben könnte, und habe die ihm vorliegenden und bekannten tatsachen insoweit bewertet. ausweislich des vortrags in dem klageverfahren 26 k 5262/15 sei das polizeipräsidium e. ab diesem zeitpunkt der auffassung gewesen, dass er zu diesem zeitpunkt aufgrund der einschätzung des päd dienstfähig gewesen und damit ohne genehmigung schuldhaft dem dienst ferngeblieben sei. weil er nach bekanntgabe der verfügung vom 00. märz 2014 die privatärztlichen arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe überprüfen lassen müssen, sei unmittelbar danach, spätestens aber einige tage nach einreichen der folgenden arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne vorstellung beim päd offensichtlich gewesen, dass auch in der nichtbefolgung der weisung ein disziplinarrechtlich relevantes verhalten liegen könnte. das disziplinarverfahren sei aber erst 15 monate später eingeleitet worden. der kläger habe mithin zugewartet, bis er so lange dem dienst ferngeblieben sei, dass ein aus seiner sicht mit der höchstmaßnahme zu ahndendes dienstvergehen in rede gestanden habe. es sei aber nicht auszuschließen, dass er bei einer rechtzeitigen einleitung des disziplinarverfahrens im märz 2014 oder bei einer unverzüglichen ahndung der pflichtverletzung zu diesem zeitpunkt mit einer niederschwelligen disziplinarmaßnahme pflichtenmahnend hätte angehalten werden können, solche pflichtverletzungen sofort einzustellen und künftig zu vermeiden. dem stehe nicht entgegen, dass er sich zunächst gerichtlich gegen die verfügung vom 00. märz 2014 zur wehr gesetzt habe. diese verfügung einerseits und die einleitung des disziplinarverfahrens andererseits hätten nämlich unterschiedliche ziele verfolgt. ihm sei während der gesamten zeit, also auch in dem disziplinarrechtlich relevanten zeitraum vom 00. februar 2014 bis zum 00. november 2015, von seinen behandelnden ärzten die dienstunfähigkeit testiert worden. entsprechende bescheinigungen habe er jeweils dem kläger eingereicht. während dieser zeit sei es ihm nicht gelungen, sich dem päd beim polizeipräsidium e. vorzustellen. er sei in der zeit vom 00. märz 2014 bzw. vom 00. juli 2015 bis zum 30. november 2015 aufgrund seiner erkrankung nicht in der lage gewesen, seinen dienstpflichten, insbesondere seiner anwesenheitspflicht nachzukommen oder sich einer polizeiärztlichen untersuchung beim polizeipräsidium e. zu unterziehen. 51durch das urteil des verwaltungsgerichts e. vom 3. märz 2017 sei nicht festgestellt, ob er dienstfähig gewesen sei. eben so wenig sei durch das urteil festgestellt, dass er vorsätzlich gehandelt habe. er habe nicht vorsätzlich gehandelt. die folgerung des klägers auf seite 26 der klageschrift, aus den tatsächlichen feststellungen in dem genannten urteil ergebe sich, dass er vorsätzlich gehandelt habe, sei daher nicht möglich. anhaltspunkte dafür, dass ihm der verstoß gegen seine pflichten, zum dienst zu erscheinen und sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, egal gewesen sei, seien weder ersichtlich noch vom kläger vorgetragen. hinzu komme, dass er habe darauf vertrauen dürfen, dass er keine dienstpflichtverletzung begehe, denn es für den gesamten zeitraum ärztliche testate vorgelegen, aus denen sich die dienstunfähigkeit ergeben habe. im rahmen der maßnahmebemessung sei folglich nicht von einem vorsätzlichen unentschuldigten fernbleiben vom dienst auszugehen. zudem sei eine verletzung der aufsichtspflicht durch dienstvorgesetzte unter dem gesichtspunkt der verletzung der fürsorgepflicht oder des „mitverschuldens“ als mitursache der hier in rede stehenden dienstlichen verfehlung bei der bemessung der disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen, weil der kläger auf ihn hätte einwirken müssen, als er der anordnung vom 10. märz 2014 nicht nachgekommen sei. mildernd zu berücksichtigen sei ferner, dass er sich in einer sehr belastenden privaten situation befunden habe. seine dienstunfähigkeit über den gesamten hier in rede stehenden zeitraum habe er hinreichend dargelegt. überdies habe er in diesem zeitraum auch seine kranke frau gepflegt. all dies müsse sein verhalten in einem milderen licht erscheinen lassen. 52das landesamt für c1. und w. für das land o.-x. hat mit bescheid vom 00. september 2014 zu viel gezahlte bezüge in höhe von 35.257,59 euro vom beklagten zurückgefordert. für die zeit vom 00. februar 2014 bis auf weiteres sei der verlust der dienstbezüge festgestellt worden, daher sei der anspruch auf bezüge mit ablauf des februar 2014 erloschen. die bezüge seien aber in unveränderter höhe bis zum 31. oktober 2014 gezahlt worden. der antrag des beklagten auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes ist durch beschluss des verwaltungsgerichts e. vom 15. april 2016 abgelehnt worden (az.: 26 l 875/16). der widerspruch gegen den bescheid vom 29. september 2014 ist durch widerspruchsbescheid vom 19. april 2016 zurückgewiesen worden. die vom beklagten daraufhin erhobene klage vor dem verwaltungsgericht e. (az.: 26 k 6389/16) ist durch urteil vom 3. märz 2017 abgewiesen worden. der antrag auf zulassung der berufung ist durch beschluss des ovg nrw vom 12. april 2019 abgelehnt worden. 53wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der streitakte, der beigezogenen gerichtsakten 26 l 2169/14 und 26 k 5262/15 sowie 26 l 875/16 und 26 k 6389/16, der beigezogenen personal- und disziplinarakten sowie auf die sachentscheidungen aus den gerichtsakten 2 l 951/14 und 2 k 2679/14, die sich in den vorliegenden personal- und disziplinarakten befinden, ergänzend bezug genommen. 54 | 55die disziplinarklage hat erfolg. sie ist zulässig und begründet. 56a. 57i. die örtliche zuständigkeit des verwaltungsgerichts e. folgt aus § 45 abs. 2 sätze 1 und 3 ldg nrw. danach ist das verwaltungsgericht e. zuständig, wenn die beamtin oder der beamte im zeitpunkt der zustellung der abschlussentscheidung oder der erhebung der disziplinarklage den dienstlichen wohnsitz im bereich der regierungsbezirke e. oder l3. oder außerhalb des landes hat. bei ruhestandsbeamtinnen und ruhestandsbeamten ist der wohnsitz oder, wenn dieser außerhalb des landes liegt, der letzte dienstliche wohnsitz im lande maßgeblich. 58der beklagte hatte seinen wohnsitz bei klageerhebung in h1./ s2.-q. und damit außerhalb des landes. folglich ist der letzte dienstliche wohnsitz im lande maßgeblich. dieser war beim polizeipräsidium e. und damit im zuständigkeitsbereich des verwaltungsgerichts e.. 59ii. mängel der klageschrift oder des behördlichen disziplinarverfahrens, die einer entscheidung der disziplinarkammer in der sache entgegenstehen würden, liegen nicht vor. 601. 61der beklagte beanstandet zwar zu recht, dass das behördliche disziplinarverfahren verspätet eingeleitet worden sei. hierbei handelt es sich aber nicht um einen verfahrensfehler, der einer sachentscheidung entgegenstehen würde. 62nach § 17 abs. 1 satz 1 ldg nrw hat die dienstvorgesetzte stelle ein disziplinarverfahren einzuleiten und die höhere dienstvorgesetzte stelle hierüber unverzüglich zu unterrichten, wenn zureichende tatsächliche anhaltspunkte vorliegen, die den verdacht eines dienstvergehens rechtfertigen. die pflicht zur einleitung eines disziplinarverfahrens besteht zwar noch nicht, solange es noch verwaltungsermittlungen bedarf, um festzustellen, ob über einen bloßen verdacht hinaus verdachtsbegründende tatsachen vorliegen. den dienstvorgesetzten trifft aber eine einleitungspflicht, sobald er erstmals kenntnis von zureichenden tatsächlichen anhaltspunkten erlangt, die den verdacht eines dienstvergehens rechtfertigen. 63vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 21, und beschluss vom 18. november 2008 – 2 b 63/08 -, juris, rn. 10. 64zweck der vorschrift ist der schutz des beamten. die disziplinarischen ermittlungen sollen so früh wie möglich im rahmen des gesetzlich geordneten verfahrens mit seinen rechtsstaatlichen sicherungen zu gunsten des beamten geführt werden, wozu insbesondere das recht des beamten auf beweisteilhabe (§ 24 abs. 4 ldg nrw) zählt. der dienstvorgesetzte darf, wenn die voraussetzungen zur einleitung vorliegen, nicht abwarten und weiteres beweismaterial sammeln. 65vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 21. 66nach diesen maßgaben hat der kläger als dienstvorgesetzte stelle das gegen den beklagten gerichtete behördliche disziplinarverfahren verspätet eingeleitet. die einleitungsverfügung datiert vom 00. juli 2015. unter beachtung von § 17 abs. 1 satz 1 ldg nrw hätte das verfahren aber schon deutlich früher, spätestens am 00. april 2014, eingeleitet werden müssen, weil jedenfalls ab diesem tag der hinreichende verdacht eines dienstvergehens bestanden hat, der keiner weiteren verwaltungsermittlungen mehr bedurfte und sich nicht nur auf eine bagatelle bezog. ausweislich eines vermerks über die disziplinarrechtliche würdigung des sachverhalts vom 00. april 2014 (bl. 7 des disziplinarvorgangs) war der dienstvorgesetzten stelle bekannt, dass der beklagte seinen dienst am 00. februar 2014 nicht angetreten hatte und er ungeachtet der anordnungen in der verfügung vom 00. märz 2014 mit telefax vom 00. märz 2014 abermals nur eine privatärztliche bescheinigung zum nachweis seiner fortbestehenden dienstunfähigkeit vorgelegt hatte. 67am 00. april 2014 wurde zudem ein verfahren zur feststellung des verlustes der dienstbezüge eingeleitet, was den konkreten verdacht des schuldhaften fernbleibens vom dienst voraussetzt. hierauf hätte die dienstvorgesetzte stelle (auch) mit der einleitung eines förmlichen disziplinarverfahrens reagieren müssen. 68dem steht nicht entgegen, dass der beklagte gegen die verfügung vom 00. märz 2014 klage erhoben und einen antrag auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung der klage beim verwaltungsgericht e. gestellt hat. auch die später vom beklagten gegen den verlustfeststellungsbescheid vom 00. september 2014 angestrengten gerichtlichen verfahren standen der rechtzeitigen einleitung eines förmlichen disziplinarverfahrens nicht entgegen. der umstand, dass der beklagte sowohl gegen die verfügung vom 00. märz 2014 als auch gegen den bescheid vom 00. september 2014 gerichtlich vorgegangen ist, hätte vom kläger vielmehr im zusammenhang mit der frage einer möglichen aussetzung des disziplinarverfahrens nach § 22 abs. 2 ldg nrw berücksichtigung finden können. 69die disziplinarkammer lässt offen, ob der verstoß gegen die aus § 17 abs. 1 satz 1 ldg nrw folgende pflicht zur rechtzeitigen einleitung des behördlichen disziplinarverfahrens einen wesentlichen mangel im sinne von § 54 abs. 1 ldg nrw darstellt. der begriff des mangels der vorschrift erfasst verletzungen von verfahrensregeln, die im behördlichen disziplinarverfahren von bedeutung sind. 70vgl. bverwg, urteile vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 22, und vom 29. märz 2012 – 2 a 11/10 -, juris, rn. 22. 71hierunter fallen verstöße gegen verfahrensrechtliche vorschriften und rechtsgrundsätze, die den äußeren ablauf des behördlichen disziplinarverfahrens bis zur abschließenden behördlichen entscheidung, also bis zur erhebung der disziplinarklage oder bis zu dem erlass einer disziplinarverfügung, betreffen. 72vgl. bverwg, beschluss vom 18. november 2008 – 2 b 63/08 -, juris, rn. 14. 73ein mangel des behördlichen disziplinarverfahrens ist wesentlich im sinne der einleitungsvorschriften (§ 17 abs. 1 satz 1 ldg nrw), wenn sich nicht mit hinreichender sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das ergebnis des gerichtlichen disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann. 74vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 23. 75selbst wenn es sich bei der verspäteten einleitung des disziplinarverfahrens um einen wesentlichen mangel im sinne von § 54 abs. 1 ldg nrw handeln sollte, so steht dieser mangel einer sachentscheidung im vorliegenden verfahren nicht entgegen. die klage ist insbesondere nicht deswegen abzuweisen, weil der mangel nachträglich nicht mehr geheilt werden kann. das verfahren ist aber auch nicht gemäß § 54 abs. 3 satz 3 ldg nrw einzustellen: liegt ein wesentlicher mangel des behördlichen disziplinarverfahrens oder der disziplinarklage vor, kann das gericht gemäß § 54 abs. 3 satz 1 ldg nrw dem dienstherrn zur beseitigung eines wesentlichen mangels eine frist setzen. wird der mangel innerhalb der frist nicht beseitigt, wird das disziplinarverfahren durch beschluss des gerichts eingestellt (§ 54 abs. 3 satz 3 ldg nrw). das vorliegende verfahren ist indes nicht gemäß § 54 abs. 3 satz 3 ldg nrw einzustellen, denn das gericht hat dem kläger keine frist zur beseitigung des mangels gesetzt und auch nicht setzen können, weil es dem kläger sonst etwas objektiv unmögliches aufgegeben hätte. das verspätet eingeleitete disziplinarverfahren kann nicht mehr rechtzeitig eingeleitet werden. 76die verspätete einleitung des behördlichen disziplinarverfahrens kann nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts vielmehr im rahmen der zumessungserwägungen berücksichtigt werden: verzögert der dienstvorgesetzte entgegen § 17 abs. 1 satz 1 ldg nrw die einleitung des disziplinarverfahrens, so kann dies bei der bemessung der disziplinarmaßnahme gemäß § 13 ldg nrw als mildernder umstand berücksichtigt werden, wenn die verzögerte einleitung für das weitere fehlverhalten des beamten ursächlich war. 77vgl. bverwg, urteile vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 21, und vom 29. märz 2012 – 2 a 11/10 -, juris, rn. 20. 782. 79soweit der beklagte beanstandet, das dienstvergehen sei vom kläger nicht zeitnah mit einer niederschwelligen disziplinarmaßnahme geahndet worden, ergibt sich hieraus kein verfahrensmangel. 80nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts verlangt der grundsatz der verhältnismäßigkeit, dass der dienstherr bei zeitlich gestreckt auftretenden dienstpflichtverletzungen, die nach ihrer schwere jeweils für sich genommen keine höheren disziplinarmaßnahmen gebieten, in der regel zunächst zeitnah zur begangenen verletzungshandlung mit niederschwelligen disziplinaren maßnahmen auf den beamten einwirkt. 81vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 30 ff. 82aus der begründung des bundesverwaltungsgerichts ergeben sich allerdings keine anhaltspunkte dafür, dass bei einem entsprechenden verstoß ein (wesentlicher) verfahrensmangel vorliegen könnte. vielmehr kann eine unterlassene zeitnahe niederschwellige disziplinare ahndung von dienstpflichtverletzungen im rahmen der zumessungserwägungen berücksichtigung finden. 83vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 36. 843. 85das behördliche disziplinarverfahren ist mit verfügung vom 00. juli 2019 wirksam auf den zeitraum von der einleitung des disziplinarverfahrens am 00. juli 2015 bis zum 00. november 2015 ausgedehnt worden. 86gemäß § 19 abs. 1 ldg nrw kann das disziplinarverfahren bis zum erlass einer entscheidung nach den §§ 33 bis 35 ldg nrw auf neue handlungen ausgedehnt werden, die den verdacht eines dienstvergehens rechtfertigen. die ausdehnung ist aktenkundig zu machen. hier hat der dienstvorgesetzte das behördliche disziplinarverfahren durch die verfügung vom 18. juli 2019 gleichzeitig fortgesetzt und auf den zeitraum vom 00. juli 2015 bis 00. november 2015 ausgedehnt sowie den beklagten gemäß § 31 ldg nrw abschließend angehört. dies ist nicht zu beanstanden. es ist bereits fraglich, ob es sich bei dem dem beklagten vorgeworfenen fortgesetzten unerlaubten fernbleiben vom dienst um „neue“ handlungen im sinne von § 19 abs. 1 ldg nrw handelt. jedenfalls ist das behördliche disziplinarverfahren durch die verfügung vom 00. juli 2019 – und damit vor erhebung der disziplinarklage – ausdrücklich auf den zeitraum vom 00. juli 2015 bis 00. november 2015 ausgedehnt worden. 87vgl. ovg nrw, urteil vom 25. januar 2021 – 3d a 4887/18.o – juris, rn. 92 ff. 884. 89weitere mängel des behördlichen disziplinarverfahrens oder der klageschrift sind vom beklagten nicht geltend gemacht worden. das disziplinarverfahren leidet auch sonst an keinem für die disziplinarrechtliche beurteilung erheblichen fehler, der einer sachentscheidung entgegenstehen könnte. 90b. 91die disziplinarklage ist begründet. dem beklagten ist wegen eines schweren einheitlichen innerdienstlichen dienstvergehens (§ 47 abs. 1 satz 1 beamtstg) das ruhegehalt abzuerkennen. 92nach § 47 abs. 1 satz 1 beamtstg begehen beamtinnen und beamte ein dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden pflichten verletzen. der beklagte ist in der zeit vom 00. februar 2014 bis 00. november 2015 und damit für eine gesamtdauer von ca. 22 monaten schuldhaft unerlaubt dem dienst ferngeblieben. er hat zudem weisungswidrig die privatärztlichen arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für diesen zeitraum nicht durch ein gesundheitszeugnis des polizeiärztlichen dienstes des polizeipräsidiums e. überprüfen lassen, obwohl ihm dies durch verfügung vom 00. märz 2014 auferlegt worden war. 93der beklagte hat hierdurch ein schweres dienstvergehen im sinne von § 47 abs. 1 satz 1 beamtstg begangen, das unter angemessener berücksichtigung seines persönlichkeitsbildes sowie des umfangs der von ihm verletzten pflichten und der beeinträchtigung des vertrauens des dienstherrn und der allgemeinheit die aberkennung des ruhegehalts erforderlich macht. 94i. 95in tatsächlicher hinsicht legt die disziplinarkammer ihrer entscheidung die in dem rechtskräftigen urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 3. märz 2017 (az.: 26 k 5262/15) über den verlust der dienstbezüge getroffenen tatsächlichen feststellungen zu grunde. 96danach ist der beklagte in der zeit vom 00. februar 2014 bis zum 00. november 2015 unentschuldigt dem dienst ferngeblieben, denn ihm stand eine rechtfertigung, dem dienst in diesem zeitraum fernzubleiben, nicht zur seite. der beklagte war in diesem zeitraum weder beurlaubt oder freigestellt, noch war er wegen nachgewiesener dienstunfähigkeit vom dienst befreit. der beklagte hat in bezug auf diesen zeitraum die von ihm behauptete und privatärztlich attestierte dienstunfähigkeit nicht durch gesundheitszeugnisse des polizeiärztlichen dienstes nachgewiesen, obwohl dies durch die sofort vollziehbare verfügung vom 00. märz 2014 ihm gegenüber angeordnet worden war. der beklagte hat weder die arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. januar 2014 noch die späteren privatärztlichen arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen unverzüglich durch ein gesundheitszeugnis des zuständigen päd überprüfen lassen und die von ihm behauptete dienstunfähigkeit nachgewiesen. 97das verwaltungsgericht e. hat in dem rechtskräftigen urteil vom 3. märz 2017 zudem festgestellt, dass der beklagte schuldhaft handelte. 98diese tatsächlichen feststellungen sind für die disziplinarkammer gemäß § 56 abs. 1 satz 1 ldg nrw bindend, denn das vorliegende disziplinarverfahren hat denselben sachverhalt zum gegenstand und eine lösung von den in der entscheidung des verwaltungsgerichts e. vom 3. märz 2017 getroffenen feststellungen nach § 56 abs. 1 satz 2 ldg nrw kommt nicht in betracht. 991. 100gemäß § 56 abs. 1 satz 1 ldg nrw sind die tatsächlichen feststellungen u.a. eines rechtskräftigen urteils in einem verwaltungsgerichtlichen verfahren, durch das nach § 9 bbesg bzw. § 9 übesg nrw (heute: § 11 abs. 1 lbesg nrw) über den verlust der besoldung bei schuldhaftem fernbleiben vom dienst entschieden worden ist, für das sachgleiche disziplinarverfahren bindend. die gesetzliche bindungswirkung dient der rechtssicherheit und dem vertrauensschutz. sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben geschehensablauf durch verschiedene gerichte unterschiedliche tatsachenfeststellungen getroffen werden. 101vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 11, und beschlüsse vom 17. oktober 2019 – 2 b 79/18 -, juris, rn. 8 m.w.n., und vom 28. august 2017 – 2 b 76/16 -, juris, rn. 8; ovg nrw, urteil vom 17. april 2018 – 3d a 1047/15.o -, juris, rn. 65 ff.; vg trier, urteil vom 18. april 2019 – 3 k 5849/18.tr -, juris, rn. 40. 102die bindungswirkung nach § 56 abs. 1 satz 1 ldg nrw bezieht sich dabei auf die tatsächlichen feststellungen, auf denen das rechtskräftige urteil beruht, und zwar sowohl hinsichtlich des äußeren als auch des inneren tatbestandes. 103vgl. vg düsseldorf, urteil vom 16. mai 2018 – 37 k 7058/16.bdg -, s. 14 des urteilabdrucks; köhler, in: köhler/baunack, bdg, 7. auflage, 2021, § 57, rn. 6; urban, in: urban/wittkowski, bdg, 2. aufl. 2017, § 57, rn. 6; vgl. auch bverwg, beschluss vom 9. oktober 2014 – 2 b 60/14 -, juris, rn. 11 (zur bindungswirkung eines strafurteils hinsichtlich sämtlicher tatsächlicher feststellungen, die den strafausspruch tragen). 1042. 105anlass, sich von den tatsächlichen feststellungen des rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen urteils vom 3. märz 2017 zu lösen, ist nicht gegeben. 106gemäß § 56 abs. 1 satz 2 ldg nrw hat das disziplinargericht die erneute prüfung solcher feststellungen zu beschließen, die „offenkundig unrichtig" sind. dies ist nach ständiger rechtsprechung nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten voraussetzungen der fall. die bindungswirkung soll verhindern, dass zu ein- und demselben sachverhalt unterschiedliche tatsachenfeststellungen getroffen werden. eine lösung kann demgemäß nur erfolgen, wenn das disziplinargericht ansonsten gezwungen wäre, gleichsam „sehenden auges" auf der grundlage eines aus rechtsstaatlichen gründen unverwertbaren sachverhalts oder offenkundig bzw. inzwischen als unzutreffend erkannter feststellungen zu entscheiden. dies ist etwa der fall, wenn die tatsachenfeststellungen in widerspruch zu denkgesetzen oder allgemeinen erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen gründen offenbar unrichtig sind oder in einem entscheidungserheblichen punkt unter offenkundiger verletzung wesentlicher verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. darüber hinaus entfällt die bindungswirkung, wenn beweismittel eingeführt werden, die vorher nicht zur verfügung standen und nach denen die tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche zweifel stoßen. wird im gerichtlichen disziplinarverfahren das vorliegen einer dieser voraussetzungen geltend gemacht, so sind die verwaltungsgerichte allerdings erst dann befugt, dem vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine lösung nach § 56 abs. 1 satz 2 ldg nrw zu entscheiden, wenn das vorbringen hinreichend substantiiert ist. pauschale behauptungen genügen nicht. es müssen tatsächliche umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige unrichtigkeit im sinne des § 56 abs. 1 satz 2 ldg nrw ergeben kann. 107vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 12 m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 17. april 2018 – 3d a 1047/15.o -, juris, rn. 73 m.w.n.; vgh bayern, beschluss vom 21. august 2006 – 16b d 05.150 -, juris, rn. 42. 108hieran fehlt es im vorliegenden fall: der beklagte hat weder widersprüche zu denkgesetzen oder der lebenserfahrung aufgezeigt, noch hat er eine offenkundige unrichtigkeit aus sonstigen gründen dargelegt oder neue beweismittel vorgelegt. es sind auch sonst keine umstände ersichtlich, die erhebliche zweifel an der feststellung wecken könnten, der beklagte sei in der zeit vom 00. februar 2014 bis zum 00. november 2015 ohne genehmigung schuldhaft dem dienst ferngeblieben. 109a) 110soweit der beklagte geltend macht, er sei im zeitraum vom 00. märz 2014 bis zum 00. november 2015, jedenfalls aber in der zeit vom 00. juli 2015 bis zum 00. dezember 2015 dienstunfähig gewesen, weil ihm die dienstunfähigkeit von seinen ärzten durchgehend attestiert worden sei, ist dieser vortrag nicht geeignet, erhebliche zweifel an den tatsächlichen feststellungen des verwaltungsgerichtlichen urteils vom 3. märz 2017 zu begründen. auf die frage, ob der beklagte in dem fraglichen zeitraum dienstfähig oder dienstunfähig war, kommt es nämlich nicht an. das verwaltungsgericht e. hat die frage, ob der beklagte in dem zeitraum vom 00. februar 2014 bis 00. november 2015 dienstfähig oder dienstunfähig war, in seiner entscheidung vom 3. märz 2017 dahinstehen lassen (vgl. s. 6 des urteilabdrucks). es hat für die annahme des schuldhaften fernbleibens des beklagten vom dienst ohne genehmigung ab dem 00. februar 2014 vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass der beklagte seine vorgebrachte dienstunfähigkeit nicht der sofort vollziehbaren verfügung vom 00. märz 2014 entsprechend durch ein gesundheitszeugnis des polizeiärztlichen dienstes des polizeipräsidiums e. nachgewiesen habe; denn die vorlage privatärztlicher arbeits- oder dienstunfähigkeitsbescheinigungen habe gerade nicht (mehr) genügt, um das fernbleiben vom dienst zu rechtfertigen (vgl. s. 7 des urteilabdrucks). 111diese begründung lässt „offenkundige unrichtigkeiten“ nicht erkennen: die dienstfähigkeit ist zwar ein ungeschriebenes tatbestandsmerkmal des unerlaubten fernbleibens vom dienst. dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der beamte wegen seines körperlichen oder geistigen befindens nicht imstande ist, den ihm übertragenen dienstlichen aufgaben nachzukommen. 112vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 17 m.w.n. 113ein typischer anwendungsfall der dienstunfähigkeit liegt in der erkrankung des beamten, die das fernbleiben vom dienst rechtfertigt. der rechtfertigungsgrund greift auch dann ein, wenn der beamte sich schuldhaft in einen krankhaften zustand versetzt hat. solange ein beamter dienstunfähig ist, ist er von der dienstleistungspflicht befreit, weil er sie nicht erfüllen kann. 114vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 17 m.w.n. 115der beamte muss die erkrankung aber spätestens am folgenden tag anzeigen und auf verlangen des dienstherrn durch ärztliches attest, bei längerer dauer auch wiederholt, nachweisen. die medizinische beurteilung eines amts- oder polizeiarztes oder eines vom amts- oder polizeiarzt hinzugezogenen facharztes genießt für die entscheidung über die aktuelle dienstfähigkeit (arbeitsfähigkeit) eines beamten vorrang vor der medizinischen beurteilung eines privatarztes, wenn beide hinsichtlich desselben krankheitsbildes inhaltlich voneinander abweichen. dieser vorrang im konfliktfall hat seinen grund in der neutralität und unabhängigkeit des amts- oder polizeiarztes. im gegensatz zu einem privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das vertrauen des patienten zu behalten, nimmt der amtsarzt seine beurteilung von seiner aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. er steht dienstherrn und beamten gleichermaßen fern. 116vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 18 m.w.n.; ovg nrw, beschluss vom 31. märz 2015 – 3 b 1387/14 -, s. 3 des urteilabdrucks. 117hier ist dem beklagten durch die sofort vollziehbare verfügung vom 00. märz 2014 aufgegeben worden, die arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. januar 2014 sowie jede weitere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte abwesenheit unverzüglich durch ein gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen dienstes überprüfen zu lassen und nachzuweisen. die anordnung beinhaltet damit das verlangen des dienstherrn, dienstunfähigkeit infolge krankheit nachzuweisen, und konkretisiert in entscheidender weise die pflichten des beklagten im zusammenhang mit diesem nachweis. kommt ein beamter einer solchen – wirksamen – anordnung nicht nach, kann er dem dienstherrn dienstunfähigkeit für den zeitraum seines fernbleibens vom dienst nicht entgegenhalten. 118vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 20; ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 28. juni 2018 – 2 a 11723/17 -, juris, rn. 65; vg trier, urteil vom 18. april 2019 – 3 k 5849/18.tr -, juris, rn. 50 m.w.n. 119soweit der beklagte auf die entscheidung des bundesverwaltungsgerichts vom 26. januar 2012 (az.: 2 c 7/11) verweist, ergibt sich hieraus keine andere bewertung. die entscheidung ist für den vorliegenden fall nicht einschlägig. in der entscheidung geht es um die frage, unter welchen bedingungen ein beamter in den ruhestand versetzt werden kann, wenn er sich weigert, sich ärztlich untersuchen zu lassen. die weigerung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, kann nach dem aus § 444 zpo abgeleiteten, auch im verwaltungsverfahren geltenden allgemeinen rechtsgrundsatz zum nachteil des betroffenen polizeivollzugsbeamten gewertet werden. danach kann im rahmen freier beweiswürdigung auf die dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der beamte durch sein verhalten die feststellung seines gesundheitszustandes bewusst verhindert. die verpflichtung, sich zur nachprüfung der dienstfähigkeit nach weisung der behörde ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins leere, wenn aus einer unberechtigten weigerung keine rückschlüsse gezogen werden könnten. andernfalls hätte es der beamte in der hand, die für die vorbereitung der feststellung seiner dienstfähigkeit erforderliche ärztliche untersuchung erheblich zu erschweren oder zu vereiteln. 120vgl. bverwg, urteil vom 26. januar 2012 – 2 c 7/11 -, juris, rn. 14. 121im vorliegenden fall verhält es sich gerade umgekehrt: der dienstherr ist aufgrund des ergebnisses der polizeiärztlichen und fachärztlichen untersuchungen, die ende 2013 stattgefunden haben, davon ausgegangen, dass dem beklagten allgemeine bürodienste und verwaltungsarbeiten zumutbar und möglich seien. in dieser konstellation ginge die anordnung, privatärztliche krankschreibungen durch den polizeiärztlichen dienst überprüfen zu lassen, ins leere, wenn aus der unberechtigten weigerung des beamten der rückschluss gezogen werden könnte, er sei dienstunfähig. 122b) 123soweit der beklagte darüber hinaus geltend macht, aufgrund seiner psychischen erkrankung nicht in der lage gewesen zu sein, sich einer polizeiärztlichen untersuchung beim polizeipräsidium düsseldorf zu unterziehen bzw. beim polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums zu erscheinen, dringt er damit im vorliegenden verfahren ebenfalls nicht durch. dieses vorbringen lässt eine „offenkundige unrichtigkeit“ der feststellung des verwaltungsgerichts e. in dem urteil vom 3. märz 2017, der beklagte habe schuldhaft gehandelt, nicht erkennen. 124das verwaltungsgericht e. hat in seiner entscheidung vom 3. märz 2017 unter bezugnahme auf den beschluss vom 10. november 2014 (az.: 26 l 2169/14) festgestellt, der beklagte habe schuldhaft gehandelt. zur begründung hat es hierzu ausgeführt, der beklagte habe auch im klageverfahren nicht schlüssig dargelegt, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar gewesen sei, den nachweis seiner dienstunfähigkeit durch ein gesundheitszeugnis des päd des pp e. zu führen. er habe lediglich behauptet, er sei erkrankungsbedingt nicht in der lage gewesen, beim päd in e. vorstellig zu werden. soweit er behauptet habe, er habe immer wieder versucht, zum polizeiarzt zu gehen, habe aber panikattacken gehabt und es nicht geschafft, sei dieser vortrag entweder schon unsubstantiiert oder aber ungeeignet zu belegen, dass es ihm ausnahmslos unmöglich gewesen sei, sich einer untersuchung durch den päd des pp e. zu stellen. es sei nur ein einziger versuch des beklagten am 00. september 2014, den päd in e. aufzusuchen, belegt. die entsprechende bescheinigung durch den arzt für allgemeinmedizin dr. x1. beziehe sich ausschließlich auf den 00. september 2014. dr. (univ. b1.) b2.-t2. treffe in seinem gutachten vom 00. dezember 2014 keine aussage, dass der kläger wegen panikattacken oder aus sonstigen gründen nicht in der lage gewesen sei, den päd in e. aufzusuchen. er gebe lediglich die angaben des beklagten wieder, mache sich diese jedoch nicht zu eigen. 125das oberverwaltungsgericht für das land o.-x. hat hierzu in seinem beschluss vom 8. april 2019 (az.: 3 a 937/17), mit dem der antrag des beklagten auf zulassung der berufung gegen das urteil des verwaltungsgerichts e. vom 3. märz 2017 abgelehnt wurde, ausgeführt, hinsichtlich des vorbringens des beklagten, sein gesundheitlicher zustand im zeitraum des ihm vorgeworfenen unerlaubten fernbleibens, d.h. ab dem 00. februar 2014 bis zur wiederaufnahme der zahlung der bezüge ab der polizeiärztlichen feststellung seiner dienstunfähigkeit am 00. dezember 2015, habe es ihm nicht möglich gemacht, beim polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums e. vorstellig zu werden, geschweige denn zum dienst zu erscheinen, fehle es sowohl an der gebotenen substantiierung als auch der darlegung tatsächlicher umstände, die dieses vorbringen untermauern könnten. 126der beklagte hat im vorliegenden verfahren wiederum nur behauptet, in der zeit vom 00. märz 2014 bis zum 00. november 2015 nicht in der lage gewesen zu sein, zu einer untersuchung bei dem polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums e. zu erscheinen, ohne dies zu konkretisieren. das vorbringen ist pauschal und unsubstantiiert, denn der beklagte hat nach wie vor keine tatsächlichen umstände z.b. in örtlicher oder zeitlicher hinsicht dargelegt, die sein vorbringen untermauern könnten. 127der beklagte hat auch keine neuen beweismittel in das verfahren eingeführt, die vorher nicht zur verfügung standen und nach denen die tatsachenfeststellungen in dem urteil vom 3. märz 2017 zumindest auf erhebliche zweifel stoßen könnten. 128ii. 129die disziplinarrechtliche würdigung des festgestellten sachverhalts ergibt, dass sich der beklagte eines schweren innerdienstlichen dienstvergehens schuldig gemacht hat, das zur aberkennung des ruhegehalts führt. der beklagte hätte als noch im dienst befindlicher beamter aus dem dienst entfernt werden müssen (vgl. § 13 abs. 3 satz 2 ldg nrw). 130gemäß § 47 abs. 1 satz 1 beamtstg begeht ein beamter ein dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden pflichten schuldhaft verletzt. der beklagte hat durch das unerlaubte fernbleiben vom dienst gegen die dienstleistungspflicht aus § 62 abs. 1 satz 1 lbg nrw (in der bis zum 30. juni 2016 geltenden fassung) und zugleich gegen seine pflicht zu vollem persönlichem einsatz (§ 34 abs. 1 satz 1 beamtstg) verstoßen. durch die weigerung, der anordnung vom 10. märz 2014 zu folgen, hat der beklagte darüber hinaus gegen die folgepflicht aus § 35 abs. 1 satz 2 beamtstg, die dienstlichen anordnungen seiner vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine richtlinien zu befolgen, verstoßen. 131die pflichtverletzungen erfolgten innerdienstlich, denn sie betrafen unmittelbar die dienstausübung des beklagten. 132der verstoß gegen die dienstleistungspflicht und die pflicht zu vollem persönlichem einsatz erfolgte nach den bindenden feststellungen des verwaltungsgerichts e. im urteil vom 3. märz 2017 auch schuldhaft, denn der verlust der dienstbezüge (hier: nach § 9 übesg nrw) setzt voraus, dass dem beamten das fernbleiben vom dienst im sinne eines schuldhaften verhaltens vorgeworfen werden kann. 133die disziplinarkammer geht von einem (bedingt) vorsätzlichen verhalten des beklagten aus. sie ist hinsichtlich der konkreten form des verschuldens (vorsatz oder fahrlässigkeit) nicht an die feststellungen in dem rechtskräftigen urteil des verwaltungsgerichts e. vom 3. märz 2017 gebunden. die bindungswirkung aus § 56 abs. 1 satz 1 ldg nrw bezieht sich nur auf die tatsächlichen feststellungen, auf denen das rechtskräftige urteil beruht, und zwar sowohl hinsichtlich des äußeren als auch des inneren tatbestandes. 134vgl. vg düsseldorf, urteil vom 16. mai 2018 – 37 k 7058/16.bdg -, s. 14 des urteilabdrucks; köhler, in: köhler/baunack, bdg, 7. auflage, 2021, § 57, rn. 6; urban, in: urban/wittkowski, bdg, 2. aufl. 2017, § 57, rn. 6. 135keine bindung tritt hingegen ein bei feststellungen, die nicht den gesetzlichen tatbestand betreffen. 136vgl. bverwg, beschlüsse vom 9. oktober 2014 – 2 b 60/14 -, juris, rn. 11, und vom 1. märz 2012 – 2 b 120/11 -, juris, rn. 13; köhler, in: köhler/baunack, bdg, 7. auflage, 2021, § 57, rn. 8. 137für die feststellung des verlustes der dienstbezüge genügt die feststellung eines schuldhaften verhaltens des beamten. es kommt – anders als im strafrecht – nicht darauf an, ob der beamte vorsätzlich oder fahrlässig handelte. folglich erstreckt sich die bindungswirkung auch nur auf die feststellung eines schuldhaften verhaltens, nicht hingegen darauf, ob der beamte vorsätzlich oder fahrlässig handelte. 138die verletzung der dienstleistungspflicht durch das unentschuldigte fernbleiben vom dienst ist dem beamten fahrlässig oder vorsätzlich möglich. ein irrtum des beamten über seine pflicht zur dienstleistung entlastet ihn nur, wenn dieser irrtum unvermeidbar war. 139vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 23, und beschluss vom 20. januar 2009 – 2 b 4/08 -, juris, rn. 38 ff., 44. 140fahrlässig handelt ein beamter in bezug auf seine anwesenheitspflicht im dienst, wenn er darauf vertraut, dienstunfähig zu sein, bei zumutbarer selbsteinschätzung seines gesundheitlichen zustands aber hätte erkennen müssen, zur – wenn auch eingeschränkten – dienstausübung in der lage zu sein. ein beamter, der ungenehmigt keinen dienst leistet, handelt hinsichtlich des tatbestandsmerkmals „dienstfähigkeit" dagegen bedingt vorsätzlich, wenn er ernsthaft für möglich hält, dienstfähig zu sein, und im hinblick darauf billigend in kauf nimmt, die dienstleistungspflicht zu verletzen. dies ist nicht nur dann der fall, wenn der beamte mit dem von ihm für möglich gehaltenen erfolg ausdrücklich oder konkludent einverstanden ist, sondern auch dann, wenn er sich mit einem an sich unerwünschten, aber notwendigerweise eintretenden erfolg um seines erstrebten zieles willen abfindet. 141vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 26 m.w.n. 142an diesem maßstab orientiert, hat der beklagte bei seinem unerlaubten fernbleiben vom dienst in der zeit vom 00. februar 2014 bis 00. november 2015 nicht nur (grob) fahrlässig, sondern bedingt vorsätzlich gehandelt. 143der dienstherr hat gegenüber dem beklagten durch verfügung vom 00. märz 2014 angeordnet, dass der beklagte die arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. januar 2014 sowie jede weitere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte abwesenheit unverzüglich durch ein gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen dienstes überprüfen zu lassen und nachzuweisen habe. mit dieser anordnung hat der dienstherr die voraussetzungen konkretisiert, unter denen der beklagte wegen einer erkrankung von der dienstleistungspflicht befreit ist. diese bedingungen hat der beklagte trotz der sofortigen vollziehbarkeit der anordnung nicht eingehalten und ist damit bedingt vorsätzlich dem dienst ferngeblieben. 144er konnte nicht darauf vertrauen, keine dienstpflichtverletzung zu begehen, wenn er der für sofort vollziehbar erklärten anordnung vom 00. märz 2014 keine folge leisten würde. dies gilt insbesondere, nachdem das verwaltungsgericht e. den antrag des beklagten auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung der klage gegen die untersuchungsanordnung durch beschluss vom 15. juli 2014 (az.: 2 l 951/14) abgelehnt hatte und die beschwerde gegen diesen beschluss durch beschluss des oberverwaltungsgerichts für das land o.-x. vom 21. august 2014 zurückgewiesen worden war (az.: 6 b 910/14). 145der einwand des beklagten, er habe von seinen ihn behandelnden ärzten während des gesamten zeitraums vom 00. februar 2014 bis 00. november 2015 die auskunft erhalten, er sei dienstunfähig, rechtfertigt keine andere beurteilung. diese einlassung ist schlichtweg nicht nachvollziehbar: der beklagte war bereits mit schreiben des polizeipräsidiums e. vom 00. januar 2014 unter bezugnahme auf den vom beklagten vorgelegten wiedereingliederungsplan seiner behandelnden ärzte aufgefordert worden, seinen dienst am 00. februar 2014 im polizeipräsidium e. aufzunehmen, und im falle einer arbeitsunfähigkeit umgehend den polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums e. aufzusuchen; eine überprüfung der arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bleibe vorbehalten. bereits damit hatte der dienstherr unmissverständlich zum ausdruck gebracht, dass ein privatärztliches attest als nachweis der dienstunfähigkeit nicht ausreichen würde. nachdem der beklagte den dienst am 00. februar 2014 nicht angetreten hatte, folgte die anordnung vom 00. märz 2014, mit der dem beklagten aufgegeben wurde, privatärztliche krankschreibungen durch den polizeiärztlichen dienst überprüfen zu lassen. in anbetracht der für jeden beamten leicht erkennbaren pflicht, zum dienst zu erscheinen, soweit keine dienstunfähigkeit nachgewiesen oder andere rechtlich wirksame hinderungsgründe vorliegen, konnte der beklagte insofern gerade nicht mehr davon ausgehen, dass privatärztliche krankschreibungen zum nachweis seiner dienstunfähigkeit ausreichen. 146es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der beklagte sich im hinblick auf die bedingungen zum nachweis seiner dienstunfähigkeit in einem irrtum befunden haben könnte. ein solcher irrtum wäre im übrigen vor dem hintergrund der unmissverständlich formulierten anordnung vom 00. märz 2014 leicht vermeidbar gewesen. der beklagte hat damit den erfolgseintritt, nämlich die verletzung seiner pflicht, zum dienst zu erscheinen, billigend in kauf genommen und damit bedingt vorsätzlich gehandelt. 147soweit es den verstoß gegen die folgepflicht aus § 35 abs. 1 satz 2 beamtstg betrifft, liegt ebenfalls ein schuldhaftes und vorsätzliches verhalten des beklagten vor. der beklagte hat die für sofort vollziehbar erklärte verfügung vom 00. märz 2014, mit der ihm aufgegeben wurde, die arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 00. januar 2014 sowie jede weitere privatärztlich attestierte krankheitsbedingte abwesenheit unverzüglich durch ein gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen dienstes überprüfen zu lassen und nachzuweisen, bewusst ignoriert. er ist ihr selbst dann nicht nachgekommen, nachdem das verwaltungsgericht e. seinen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes mit beschluss vom 15. juli 2014 abgelehnt hatte und die beschwerde gegen diesen beschluss ohne erfolg blieb. 148iii. 149das vom beklagten begangene dienstvergehen führt nach einer gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender gesichtspunkte zur aberkennung des ruhegehalts. der beklagte hat durch das von ihm im kernbereich seiner dienstpflichten begangene dienstvergehen das vertrauen des dienstherrn und der allgemeinheit endgültig verloren. als noch im dienst befindlicher beamter hätte er aus dem dienst entfernt werden müssen (vgl. § 13 abs. 3 satz 2 ldg nrw). 150welche disziplinarmaßnahme im einzelfall zu verhängen ist, richtet sich gemäß § 13 abs. 2 satz 1 ldg nrw insbesondere nach der schwere des dienstvergehens. das persönlichkeitsbild der beamtin oder des beamten ist angemessen zu berücksichtigen. ferner soll berücksichtigt werden, in welchem umfang das vertrauen des dienstherrn oder der allgemeinheit beeinträchtigt worden ist (§ 13 abs. 2 satz 2 und 3 ldg nrw). hierzu sind die genannten bemessungskriterien mit dem ihnen im einzelfall zukommenden gewicht zu ermitteln und in die entscheidung einzustellen, um dem im disziplinarrecht geltenden schuldprinzip und dem grundsatz der verhältnismäßigkeit zu genügen. die disziplinarmaßnahme muss unter berücksichtigung aller be- und entlastenden umstände des einzelfalles in einem gerechten verhältnis zur schwere des dienstvergehens und zum verschulden des beamten stehen. 151vgl. bverwg, urteile vom 10. dezember 2015 – 2 c 6/14 -, juris, rn. 12, vom 18. juni 2015 – 2 c 9/14 -, juris, rn. 25, und vom 25. juli 2013 – 2 c 63/11 -, juris, rn. 13; ovg nrw, urteil vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 96. 152dies entspricht dem zweck der disziplinarbefugnis als einem mittel der funktionssicherung des öffentlichen dienstes. danach ist gegenstand der disziplinarrechtlichen wertung die frage, welche disziplinarmaßnahme geboten ist, um die funktionsfähigkeit des öffentlichen dienstes und die integrität des berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten. 153vgl. bverwg, urteil vom 23. februar 2012 – 2 c 38/10 -, juris, rn. 11 m.w.n. 1541. 155als maßgebendes bemessungskriterium ist gemäß § 13 abs. 2 satz 1 ldg nrw zunächst die schwere des dienstvergehens richtungweisend für die bestimmung der erforderlichen disziplinarmaßnahme. die schwere beurteilt sich nach objektiven handlungsmerkmalen wie eigenart und bedeutung der dienstpflichtverletzungen, den besonderen umständen der tatbegehung sowie häufigkeit und dauer eines wiederholten fehlverhaltens, nach subjektiven handlungsmerkmalen wie form und gewicht des verschuldens des beamten, den beweggründen für sein verhalten sowie den unmittelbaren folgen für den dienstlichen bereich und für dritte. 156vgl. bverwg, urteil vom 10. dezember 2015, – 2 c 6/14 -, juris, rn. 16; ovg nrw, urteile vom 28. juli 2021 – 3d a 2195/19.o -, juris, rn. 105, und vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 98. 157das dienstvergehen ist nach der festgestellten schwere einer der im katalog des § 5 ldg nrw aufgeführten disziplinarmaßnahme zuzuordnen. hiervon ausgehend kommt es für die endgültige bestimmung der disziplinarmaßnahme darauf an, ob erkenntnisse zum persönlichkeitsbild und zum umfang der vertrauensbeeinträchtigung im einzelfall derart ins gewicht fallen, dass eine andere als die durch die schwere des dienstvergehens indizierte maßnahme geboten ist. 158vgl. bverwg, urteile vom 28. februar 2013 – 2 c 62/11 -, juris, rn. 39, und vom 28. juli 2011 – 2 c 16/10 -, juris, rn. 29; ovg nrw, urteile vom 28. april 2021 – 3d a 1650/20.o -, juris, rn. 75, und vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 99. 159das vom beklagten begangene dienstvergehen wiegt so schwer, dass die aberkennung des ruhegehalts indiziert ist. 160das unerlaubte fernbleiben vom dienst kann ein schweres dienstvergehen darstellen, das auch die höchstmaßnahme der entfernung aus dem beamtenverhältnis rechtfertigen kann. das gebot, zum dienst zu erscheinen, ist grundpflicht eines jeden beamten. diese beamtenrechtliche grundpflicht fordert von einem beamten vor allem, sich während der vorgeschriebenen zeit an dem vorgeschriebenen ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen aufgaben wahrzunehmen. 161vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 21 m.w.n. 162wer dem dienst vorsätzlich unerlaubt fernbleibt, missachtet damit zwangsläufig die dienstpflichten zum vollen beruflichen einsatz und zur befolgung dienstlicher anordnungen. nur die pflichtgemäße dienstleistung der beamten und anderer beschäftigter setzt die verwaltung in die lage, die ihr gegenüber der allgemeinheit obliegenden aufgaben zu erfüllen. das erfordernis der dienstleistung und die bedeutung ihrer unterlassung sind für jeden leicht zu erkennen. setzt sich ein beamter über diese erkenntnis hinweg, zeigt er ein hohes maß an verantwortungslosigkeit. je länger der beamte schuldhaft dem dienst fernbleibt, desto schwerer wiegt die hierin liegende dienstpflichtverletzung. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts führt vorsätzliches unerlaubtes fernbleiben vom dienst regelmäßig zur entfernung aus dem beamtenverhältnis, wenn es über monate andauert oder in der summe einen vergleichbaren gesamtzeitraum erreicht. 163vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/19 -, juris, rn. 21 m.w.n. 164vorsätzliches unentschuldigtes fernbleiben vom dienst über einen zeitraum von mehreren monaten ist danach regelmäßig geeignet, das für das beamtenverhältnis erforderliche vertrauensverhältnis zwischen dem dienstherrn und dem beamten zu zerstören. aufgrund der bedeutung und der leichten einsehbarkeit der pflicht, überhaupt zum dienst zu erscheinen, offenbart das fernbleiben über einen derart langen zeitraum ein besonders hohes maß an verantwortungslosigkeit und pflichtvergessenheit. daher ist in diesen fällen die entfernung aus dem dienst grundsätzlich ausgangspunkt der bestimmung der angemessenen disziplinarmaßnahme. 165vgl. bverwg, urteil vom 12. november 2020 – 2 c 6/2019 -, juris, rn. 22 m.w.n, und beschluss vom 31. juli 2017 – 2 b 30/17 -, juris, rn. 13; ovg nrw, urteil vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 105. 166im vorliegenden fall ist der beklagte seiner dienstleistungspflicht über einen zeitraum von insgesamt fast 22 monaten vorsätzlich nicht nachgekommen, so dass die entfernung aus dem beamtenverhältnis ausgangspunkt der maßnahmebemessung ist. der beklagte hat durch sein verhalten gegen die im kernbereich liegende verpflichtung verstoßen, seinem dienstherrn die in seinem beruf verpflichtende dienstleistung zu erbringen. damit hat er das vertrauensverhältnis zwischen sich und seinem dienstherrn nicht nur grundlegend erschüttert, sondern endgültig zerstört. der beklagte hat aufgrund der bedeutung und der leichten einsehbarkeit der pflicht, überhaupt zum dienst zu erscheinen, sowie durch sein fernbleiben vom dienst über einen langen zeitraum von fast 22 monaten ein besonders hohes maß an verantwortungslosigkeit und pflichtvergessenheit gezeigt. 167erschwerend hinzu tritt der verstoß gegen die folgepflicht, der zwar bei weitem nicht so schwer wiegt wie das unerlaubte fernbleiben vom dienst. allerdings zeigt auch die hartnäckige weigerung, der anordnung vom 00. märz 2014 nachzukommen, ein hohes maß an pflichtvergessenheit, das geeignet ist, das vertrauensverhältnis zum dienstherrn nachhaltig zu erschüttern. 1682. 169für die bestimmung der zu verhängenden disziplinarmaßnahme kommt es weiter darauf an, ob erkenntnisse zum persönlichkeitsbild des beklagten und zum umfang der vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 abs. 2 sätze 2 und 3 ldg nrw derart ins gewicht fallen, dass eine andere als die durch die schwere des dienstvergehens indizierte maßnahme geboten ist. 170vgl. bverwg, urteil vom 25. juli 2013 – 2 c 63/11 -, juris, rn. 17 m.w.n., und beschluss vom 1. märz 2012- 2 b 140/11 -, juris, rn. 9; ovg nrw, urteile vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 108, und vom 17. april 2018 – 3d a 1047/15.o -, juris, rn. 157. 171im vorliegenden fall sind keine außergewöhnlichen umstände erkennbar, die zu einem abweichen von der durch die schwere des dienstvergehens indizierten disziplinarmaßnahme führen könnten. 172a) 173das bemessungskriterium „persönlichkeitsbild des beamten“ gemäß § 13 abs. 1 s. 2 ldg nrw erfasst dessen persönliche verhältnisse und sein sonstiges dienstliches verhalten vor und nach der tat. es erfordert eine prüfung, ob das festgestellte dienstvergehen mit seinem bisher gezeigten persönlichkeitsbild übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes verhalten in einer notlage oder einer psychischen ausnahmesituation davon abweicht. 174vgl. bverwg, beschluss vom 11. februar 2014 – 2 b 37/12 -, juris, rn. 21; ovg nrw, urteile vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 111 m.w.n., und vom 17. april 2018 – 3d a 1047/15.o -, juris, rn. 160. 175aa) 176von der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts entwickelte persönlichkeitsbezogene milderungsgründe, die zu einem absehen von der höchstmaßnahme führen könnten, 177vgl. bverwg, beschluss vom 20. dezember 2013 – 2 b 35/13 -, juris, rn. 27, 178liegen nicht vor. 179das verhalten des beklagten stellt sich insbesondere nicht als einmalige persönlichkeitsfremde augenblickstat im zuge einer plötzlich entstandenen versuchungssituation dar. dies würde voraussetzen, dass die dienstpflichtverletzung eine kurzschlusshandlung darstellt, die durch eine spezifische versuchungssituation hervorgerufen worden ist, und dass sich eine wiederholung in ansehung der persönlichkeit des beamten ausschließen lässt. 180vgl. bverwg, beschluss vom 9. oktober 2014 – 2 b 60/14 -, juris, rn. 29, m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 113. 181dem beklagten fällt indes ein fortdauernder pflichtenverstoß über einen zeitraum von annähernd zwei jahren zur last, so dass keine einmalige entgleisung vorliegt. 182es ist auch nichts dafür dargelegt oder sonst ersichtlich, dass bei dem beklagten eines der eingangsmerkmale des § 20 stgb vorliegen könnte, so dass eine verminderte schuldfähigkeit im sinne von § 21 stgb, die in aller regel dem ausspruch der höchstmaßnahme entgegensteht, 183vgl. bverwg, beschluss vom 4. juli 2013 – 2 b 76/12 -, juris, rn. 19, 184als anerkannter milderungsgrund ausscheidet. 185bb) 186stehen dem beklagten keine in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts „anerkannten" milderungsgründe zur seite, bedeutet dies nicht, dass die entlastenden aspekte seines persönlichkeitsbildes bei der maßnahmebemessung unberücksichtigt bleiben dürften. sie sind vielmehr auch dann, wenn sie keinen der anerkannten milderungsgründe verwirklichen, insgesamt mit dem ihnen zukommenden gewicht in die bewertung einzubeziehen. dabei bieten die milderungsgründe vergleichsmaßstäbe für die bewertung, welches gewicht entlastenden gesichtspunkten in der summe zukommen muss, um eine fortsetzung des beamtenverhältnisses in betracht ziehen zu können. generell gilt, dass deren gewicht umso größer sein muss, je schwerer das dienstvergehen im einzelfall wiegt. 187vgl. bverwg, urteil vom 25. juli 2013 – 2 c 63/11 -, juris, rn. 25; beschluss vom 20. dezember 2013 – 2 b 35/13 -, juris, rn. 21; ovg nrw, urteil vom 29. september 2021 – 3d a 148/20.o -, juris, rn. 117. 188ausgehend von diesen maßstäben kommt den in den blick zu nehmenden entlastenden gesichtspunkten weder isoliert betrachtet noch in ihrer gesamtheit ein solches gewicht zu, dass sie eine maßnahmemilderung für das dem beklagten zur last fallende dienstvergehen rechtfertigen. 189(1) 190der milderungsgrund der „entgleisung während einer inzwischen überwundenen negativen lebensphase" im tatzeitraum kann dem beklagten nicht zu gute gehalten werden. eine so genannte negative lebensphase während des tatzeitraums kann je nach den umständen des einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche verhältnisse, die den beamten zeitweilig aus der bahn geworfen haben. hinzukommen muss, dass er die negative lebensphase in der folgezeit überwunden hat. die berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen lebensphase liegt dabei vor allem dann nahe, wenn sich der pflichtenverstoß als folge der lebensumstände darstellt. 191vgl. bverwg, urteil vom 28. februar 2013 – 2 c 3/12 -, juris, rn. 40 f., und beschlüsse vom 22. märz 2016 – 2 b 43/15 -, juris, rn. 11, und vom 9. oktober 2014 – 2 b 60/14 -, juris, rn. 32; ovg nrw, urteil vom 29. september 2021 – 3d a 148/20.o -, juris, rn. 120. 192es muss sich um eine persönlich besonders belastende situation gehandelt haben, die so gravierend ist, dass die pflichtverletzung des beamten in einem milderen licht erscheint, weil ein an normalen maßstäben orientiertes verhalten vom beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann. 193vgl. bverwg, beschluss vom 15. juni 2016 – 2 b 49/15 -, juris, rn. 11; ovg nrw, urteil vom 29. september 2021 – 3d a 148/20.o -, juris, rn. 122. 194insoweit hat die disziplinarkammer das vorbringen des beklagten in den blick genommen, er habe sich in einer sehr belastenden privaten situation befunden. er sei über den gesamten in rede stehenden zeitraum krank gewesen. überdies habe er in diesem zeitraum auch seine kranke frau gepflegt. allerdings ist auch dieses vorbringen des beklagten pauschal und unsubstantiiert. der beklagte behauptet zudem nicht einmal selbst, durch die belastende private situation während des gesamten tatzeitraums völlig aus der bahn geworfen gewesen zu sein. hierfür ist auch aus den vorliegenden akten nichts ersichtlich. wie sich aus dem gutachten des herrn dr. n4. vom 00. dezember 2013 ergibt, hat der beklagte bei seiner untersuchung am 00. dezember 2013 z.b. angegeben, seine frau sei 2010 herzinsuffizient geworden; es habe geheißen, es helfe nur noch eine transplantation. 2011 habe er ein jahr unbezahlten urlaub genommen, um seine frau zu pflegen. jetzt lebe sie aber immer noch, es gehe ihr besser. das ganze auch ohne transplantation. die mediziner hätten hierfür keine erklärung. 195(2) 196da der beklagte sich auch nicht auf einen verbotsirrtum berufen kann (s.o.), scheidet eine entsprechende berücksichtigung im rahmen der nach § 13 abs. 2 satz 2 ldg nrw gebotenen abwägung aus. 197(3) 198einen durchgreifenden milderungsgrund sieht die disziplinarkammer auch nicht darin, dass das behördliche disziplinarverfahren verspätet eingeleitet worden ist (s.o.). 199die verspätete einleitung des disziplinarverfahrens kann bei der bemessung der disziplinarmaßnahme als mildernder umstand zu berücksichtigen sein, wenn die verzögerte einleitung für das weitere fehlverhalten des beamten ursächlich war. 200vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 21 m.w.n. 201dies lässt sich aufgrund der konkreten umstände des vorliegenden falles allerdings mit hinreichender sicherheit ausschließen. es bestehen keine vernünftigen zweifel, dass der beklagte sein pflichtwidriges verhalten auch dann nicht beendet hätte, wenn der kläger das disziplinarverfahren entsprechend seiner verpflichtung aus § 17 abs. 1 satz 1 ldg nrw rechtzeitig, nämlich spätestens am 15. april 2014, eingeleitet hätte. 202hierfür spricht insbesondere, dass der beklagte auch nach der einleitung des disziplinarverfahrens am 23. juli 2015 der mit verfügung vom 00. märz 2014 angeordneten überprüfung von privatärztlichen arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch den polizeiärztlichen dienst nicht nachgekommen ist, sondern weiterhin lediglich privatärztliche arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht hat. auch zuvor schon hatte sich der beklagte weder durch den beschluss des verwaltungsgerichts e. vom 15. juli 2014, mit dem sein antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes abgelehnt wurde (az.: 2 l 951/14), noch durch den beschluss des oberverwaltungsgerichts für das land o.- x. vom 21. august 2014, mit dem die beschwerde gegen diese entscheidung zurückgewiesen wurde (az.: 6 b 910/14), beeindrucken lassen und ihn dazu bewogen, der verfügung vom 00. märz 2014 nunmehr nachzukommen. auch der verlustfeststellungsbescheid vom 00. september 2014 hat keine änderung im verhalten des beklagten bewirken können – selbst nachdem der antrag des beklagten auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung seines widerspruchs gegen den bescheid durch beschluss des verwaltungsgerichts e. vom 10. november 2014 abgelehnt worden war (az.: 26 l 2169/14) und das oberverwaltungsgericht für das land o.-x. die beschwerde des beklagten durch beschluss vom 31. märz 2015 zurückgewiesen hatte (az.: 3 b 1387/14). 203(4) 204das vorbringen des beklagten, der kläger habe das nichterscheinen zu amtsärztlichen untersuchungen und das unentschuldigte nichterscheinen zum dienst nicht durch zunächst niederschwellige maßnahmen – wie verweis oder geldbuße – unverzüglich geahndet und so pflichtenmahnend auf ihn eingewirkt, stellt ebenfalls keinen durchgreifenden entlastungsgrund dar. 205zwar verlangt der grundsatz der verhältnismäßigkeit, dass der dienstherr bei zeitlich gestreckt auftretenden dienstpflichtverletzungen, die nach ihrer schwere jeweils für sich genommen keine höheren disziplinarmaßnahmen gebieten, in der regel zunächst zeitnah zur begangenen verletzungshandlung mit niederschwelligen disziplinaren maßnahmen auf den beamten einwirkt. 206vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2018 – 2 c 60/17 -, juris, rn. 30. 207diese überlegungen sind aber aus verschiedenen gründen auf das vorliegende verfahren nicht übertragbar. bei dem vom beklagten begangenen dienstvergehen handelt es sich nicht um ein dienstvergehen, das sich durch leichtere bis schwerere einzelne dienstpflichtverletzungen über einen längeren zeitraum auszeichnet, sondern es handelt sich um ein dauerdelikt, das sich ohne unterbrechung über den zeitraum vom 00. februar 2014 bis 00. november 2015 erstreckt. es ist insofern nicht ersichtlich, wann der dienstherr zeitnah zur begangenen pflichtverletzung mit einer niederschwelligen disziplinaren maßnahme auf den beklagten hätte einwirken können, zumal im disziplinarrecht der grundsatz der einheit des dienstvergehens gilt. 208vgl. bverwg, beschluss vom 11. oktober 2021 – 2 a 9/20 -, juris, rn. 3; gansen in: gansen, disziplinarrecht in bund und ländern, 34. update november 2021, 2.8.1, rn. 40. 209hinzu kommt, dass selbst dann, wenn mit der einleitung des verlustfeststellungsverfahrens am 00. april 2014 gleichzeitig das behördliche disziplinarverfahren eingeleitet worden wäre, dies voraussichtlich nicht zu einer zeitnahen niederschwelligen disziplinarmaßnahme geführt hätte. es ist vielmehr anzunehmen, dass der dienstherr das behördliche disziplinarverfahren wegen des laufenden verlustfeststellungsverfahrens zunächst gemäß § 22 abs. 2 ldg nrw ausgesetzt hätte. danach kann das disziplinarverfahren ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten verfahren über eine frage zu entscheiden ist, deren beurteilung für die entscheidung im disziplinarverfahren von wesentlicher bedeutung ist. bei dem verlustfeststellungsverfahren handelt es sich um ein anderes gesetzlich geordnetes verfahren und die entscheidung in diesem verfahren ist in einem sachgleichen disziplinarverfahren von wesentlicher bedeutung. 210schließlich kann im fall des beklagten angesichts seiner hartnäckigen weigerung, der anordnung vom 00. märz 2014 folge zu leisten und privatärztliche krankschreibungen durch den polizeiärztlichen dienst überprüfen und die von ihm geltend gemachte dienstunfähigkeit nachweisen zu lassen, ausgeschlossen werden, dass mit einer zeitnahen niederschwelligen disziplinarmaßnahme pflichtenmahnend auf den beklagten hätte eingewirkt werden können. da sich der beklagte weder durch gerichtliche entscheidungen, noch durch die einleitung des verlustfeststellungsverfahrens, noch durch die einleitung des behördlichen disziplinarverfahrens zu einer änderung seines verhaltens hat bewegen lassen, drängt sich der eindruck einer fehlenden „erreichbarkeit“ des beklagten (auch) durch disziplinarrechtliche maßnahmen auf. 211(5) 212soweit der beklagte eine mögliche mitverursachung des dienstvergehens durch den dienstherrn bzw. ein mitverschulden geltend macht, kann ihn dies ebenfalls nicht durchgreifend entlasten. 213ein mitverschulden von vorgesetzten – etwa im hinblick auf eine nicht hinreichende wahrnehmung der dienstaufsicht – kann sich tatmildernd zugunsten des beamten auswirken. mangelnde dienstaufsicht kann als ursache einer dienstlichen verfehlung bei der bemessung der disziplinarmaßnahme dann mildernd berücksichtigt werden, wenn kontrollmaßnahmen durch vorgesetzte aufgrund besonderer umstände unerlässlich waren und pflichtwidrig unterlassen wurden. 214vgl. bverwg, urteil vom 17. september 2003 – 2 wd 49/02 -, juris, rn. 23; ovg nrw, urteile vom 28. juli 2021 – 3d a 2195/19.o -, juris, rn. 169, und vom 25. juni 2020 – 3d a 166/16.o -, juris, rn. 124 m.w.n. 215solche umstände sind hier aber weder dargelegt, noch sonst ersichtlich. soweit der beklagte dem kläger vorwirft, dieser habe nicht überwacht, ob er sich amtsärztlichen untersuchungen unterziehen würde, trifft dieser vorwurf nicht zu. der kläger hat kontrolliert, ob der beklagte der verfügung vom 00. märz 2014 nachkommt. anderenfalls hätte er z.b. kein verlustfeststellungsverfahren einleiten können, nachdem der beklagte – entgegen der anordnung – weiterhin nur privatärztliche krankschreibungen eingereicht hatte. 216der beklagte hat auch nicht dargelegt, wie der dienstherr auf ihn hätte einwirken können, um ihn dazu zu bewegen, der anordnung vom 00. märz 2014 nachzukommen. insoweit ist zu berücksichtigen, dass der beklagte bewusst und gewollt die verfügung vom 00. märz 2014 missachtet und sich nach der polizeiärztlichen untersuchung ende 2013 keiner weiteren derartigen untersuchung mehr gestellt, sondern sich mit der vorlage privatärztlicher krankschreibungen zu seiner arbeitsunfähigkeit begnügt hat, obwohl diese verhaltensweise nach der verfügung vom 00. märz 2014 für den dienstherrn offensichtlich und für jeden erkennbar ungenügend war. eine mangelnde dienstaufsicht oder gar ein mitverschulden des dienstherrn lässt sich insoweit jedenfalls nicht feststellen. 217(6) 218für den beklagten sprechen seine fehlende strafrechtliche und disziplinarrechtliche vorbelastung sowie die langjährige unbeanstandete dienstausübung. 219allerdings führt das im übrigen beanstandungsfreie dienstliche und außerdienstliche verhalten weder für sich genommen noch in der gesamtschau zu einem anderen abwägungsergebnis. eine langjährige dienstleistung ohne beanstandungen fällt jedenfalls bei einer gravierenden dienstpflichtverletzung, wie sie hier in rede steht, neben der schwere des dienstvergehens in aller regel nicht mildernd ins gewicht. jeder beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche leistungen bei vollem einsatz der arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. die langjährige erfüllung dieser verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die anforderungen an das inner- und außendienstliche verhalten abgesenkt werden. weder die langjährige beachtung der dienstpflichten noch überdurchschnittliche leistungen sind deshalb geeignet, schwere pflichtenverstöße in einem milderen licht erscheinen zu lassen. 220vgl. bverwg, beschluss vom 23. januar 2013 - 2 b 63/12 -, juris, rn. 13; ovg nrw, urteile vom 29. september 2021 – 3d a 148/20.o -, juris, rn. 137, und vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 127. 2213. 222auch unter berücksichtigung des bemessungskriteriums „umfang der beeinträchtigung des vertrauens des dienstherrn oder der allgemeinheit“ ist es wegen der schwere des dienstvergehens und mangels durchgreifender milderungsgründe geboten, für das fehlverhalten des beklagten die disziplinare höchstmaßnahme zu verhängen. 223das bemessungskriterium (§ 13 abs. 2 satz 3 ldg nrw) erfordert eine würdigung des fehlverhaltens des beamten im hinblick auf seinen allgemeinen status, seinen tätigkeitsbereich innerhalb der verwaltung und seine konkret ausgeübte funktion. 224vgl. ovg nrw, urteil vom 28. juli 2021 – 3d a 2195/19.o -, juris, rn. 183 m.w.n. 225die würdigung aller aspekte unter beachtung auch dieses kriteriums führt bei prognostischer beurteilung zu der bewertung, dass der dienstherr und die allgemeinheit dem beklagten nach dem von ihm begangenen schweren dienstvergehen (ausgehend von einem aktiven beamten) kein vertrauen mehr in eine zukünftig pflichtgemäße amtsausübung entgegenbringen können, weil die von ihm zu verantwortende ansehensschädigung des berufsbeamtentums bei einem fortbestehen des beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen und der vollständige vertrauensverlust nicht zu beheben ist. der beklagte hat gegen leicht einsehbare pflichten im kernbereich des pflichtenkreises eines beamten verstoßen, deren strikte einhaltung auch in den augen der allgemeinheit von zentraler bedeutung ist. sein pflichtwidriges verhalten hat sich über einen zeitraum von ca. 22 monaten hingezogen. innerhalb dieses zeitraums hat der beklagte nicht von seinem pflichtwidrigen handeln abstand genommen, sondern an seinem vorgehen unbeirrt festgehalten. durch das festgestellte pflichtwidrige verhalten hat er das vertrauen von dienstherrn und allgemeinheit endgültig verloren. er ist auch unter berücksichtigung der für ihn sprechenden gesichtspunkte als beamter untragbar geworden. wäre er noch im aktiven dienst, wäre er aus dem beamtenverhältnis zu entlassen. nach seiner zurruhesetzung ist ihm das ruhegehalt abzuerkennen. 226iv. 227die verhängung der höchstmaßnahme verstößt auch nicht gegen den grundsatz der verhältnismäßigkeit. insoweit hat die disziplinarkammer die für den beklagten eintretenden schwerwiegenden folgen in persönlicher und auch finanzieller hinsicht in seine maßnahmeerwägungen einbezogen. durch sein besonders schweres fehlverhalten und mangels durchgreifender milderungsgründe hat der beklagte allerdings die vertrauensgrundlage für die fortsetzung des beamtenverhältnisses endgültig zerstört. die entfernung aus dem beamtenverhältnis ist dann die einzige möglichkeit, das durch den dienstherrn sonst nicht lösbare beamtenverhältnis einseitig zu beenden. entsprechendes gilt für einen ruhestandsbeamten. die darin liegende härte für den beamten ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am gerechtigkeitsgedanken orientierten betrachtungsweise. sie beruht auf dem vorangegangenen fehlverhalten des für sein handeln verantwortlichen beklagten, der sich bewusst gewesen sein musste, dass er hiermit seine berufliche existenz und die damit verbundene pension aufs spiel setzt. 228vgl. ovg nrw, urteil vom 24. juli 2020 – 3d a 1739/19.o -, juris, rn. 132. 229die gesamtdauer des disziplinarverfahrens von inzwischen annähernd sieben jahren führt ebenfalls nicht zur unverhältnismäßigkeit der maßnahme. die dauer des verlustfeststellungsverfahrens und des disziplinarverfahrens bietet keine handhabe, von der entfernung aus dem beamtenverhältnis bzw. der aberkennung des ruhegehalts abzusehen, wenn diese maßnahme geboten ist. eine lange dauer des verfahrens ist nicht geeignet, das vom beamten zerstörte vertrauensverhältnis wiederherzustellen. 230vgl. bverwg, beschluss vom 10. oktober 2014 – 2 b 66/14 -, juris, rn. 7 m.w.n., und urteil vom 25. juli 2013 – 2 c 63/11 -, juris, rn. 40. 231die kostenentscheidung folgt aus § 74 abs. 1 ldg nrw, § 154 abs. 1 vwgo. 232die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 3 abs. 1 ldg nrw i.v.m. § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 233rechtsmittelbelehrung: 234gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach seiner zustellung berufung an den disziplinarsenat des oberverwaltungsgerichts in münster eingelegt werden. die berufung ist bei der disziplinarkammer des verwaltungsgerichts düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich einzulegen. 235auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 236im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 237in der berufungsschrift ist das angefochtene urteil zu bezeichnen und anzugeben, inwieweit es angefochten wird und welche änderungen beantragt werden; die anträge sind zu begründen. |
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} | 4 A 1381/18 | 2022-03-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 28.2.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist eine seit Mai 2012 im Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit Sitz in I. , die im Bereich des An- und Verkaufs von Metallen und Edelmetallen tätig ist. Im März 2021 erfolgte im Handelsregister die Eintragung über die Verschmelzung der Klägerin mit der ebenfalls im Bereich des Edelmetallhandels tätigen Set Deutschland Service Limited (im Folgenden: Rechtsvorgängerin). 3Die Rechtsvorgängerin mit Sitz in C. , H. , wurde erstmals im Juni 2015 in das Handelsregister beim Amtsgericht I. mit einer Zweigniederlassung in I. eingetragen (Handelsregister-Nr. B 20…). Zum 1.6.2017 meldete sie bei der Beklagten eine unselbständige Zweigstelle unter der Anschrift M. . 14 in H1. mit der Tätigkeit „Handel von und mit Edelmetallen“ an. Hierauf teilte ihr die Beklagte mit, es handele sich bei der von ihr beabsichtigten Tätigkeit um ein überwachungsbedürftiges Gewerbe nach § 38 GewO und bat um Vorlage weiterer Unterlagen zur Bearbeitung der Gewerbeanmeldung. Die Rechtsvorgängerin reagierte hierauf nicht. 4Am 22.6.2017 stellte eine Mitarbeiterin der Beklagten fest, dass auf den Schaufensterscheiben der Betriebsstätte M. . 14 in H1. sowie auf einem Werbereiter vor der E-Shisha Bar in der M. . 14a durch Plakatwerbung auf eine Goldankaufsveranstaltung aufmerksam gemacht wurde, die am 29.6.2017 und 30.6.2017 stattfinden sollte. Auf dem Plakat hieß es unter anderem: „Gold-Ankauf“, „Kontor für Edelmetall-Recycling“ sowie „Goldg. I1. Premium Partner“. Näheres über den Veranstalter wurde nicht angegeben, ebenso wenig der Veranstaltungsort. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Vermieterin des Gebäudes M. . 14 mit, es gebe zwischen dem Veranstalter der Goldankaufsveranstaltung und ihr keinen Mietvertrag, weil es sich dabei nur um eine Einzelaktion von ein paar Tagen handele. 5Am 29.6.2017 fand eine Goldankaufsveranstaltung – anders als in der Gewerbeanzeige angegeben – in den Räumlichkeiten der E-Shisha-Bar (M. . 14a) statt. Hierfür hatte ein Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin in einer Ecke der Geschäftsräume einen Klappcampingtisch und zwei Stühle aufgestellt. Auf dem Tisch standen ein Laptop, ein Taschenrechner und eine Waage, die nach Angaben der Klägerin in die Eichklasse 2 eingestuft war. Unter dem Tisch befand sich ein Drucker. Mitarbeiter der Beklagten, die die Räumlichkeiten an diesem Tag in Augenschein nahmen, forderten den Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin zur sofortigen Beendigung der Goldankaufsveranstaltung auf und untersagten ihm die Tätigkeit mit der Begründung, es handele sich hierbei um die unerlaubte Ausübung des Reisegewerbes. Selbiges teilten sie sodann fernmündlich auch dem Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin mit. Der Mitarbeiter packte alle für den Verkauf mitgebrachten Gegenstände ein und fuhr mit einem Auto mit I2. Kennzeichen davon. 6Mit Ordnungsverfügung vom 3.7.2017 ordnete die Beklagte unter Bezugnahme auf ihre mündlich ausgesprochene Ordnungsverfügung vom 29.6.2017 und unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die sofortige Einstellung des An- und Verkaufs von Edelmetallen (Gold, Silber, Platin und Platinbeimetallen) und edelmetallhaltigen Legierungen in jeder Form sowie Waren mit Edelmetallauflagen im Sinne des § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO an (Ziffer 1). Ferner drohte sie für den Fall, dass die Rechtsvorgängerin der Untersagungsverfügung nicht oder nicht im vollen Umfang nachkommen sollte, den unmittelbaren Zwang in Form der Räumung des von dieser angemieteten Teils der Betriebsräume an (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie aus, die Untersagungsverfügung beruhe auf § 60d GewO. Der von der Rechtsvorgängerin beabsichtigte Ankauf von Edelmetallen habe im Reisegewerbe, außerhalb einer für eine Niederlassung erforderlichen Betriebsstätte im Sinne des § 42 GewO stattfinden sollen. Die Räumlichkeiten seien nur für eine Einzelaktion angemietet worden. Zudem habe es an einer Einrichtung gefehlt, die für eine dort auf Dauer angelegte Tätigkeit erforderlich gewesen wäre. Mangels Angabe des Veranstalters auf den Werbeplakaten wäre es den Kunden auch nicht möglich gewesen, bei Beanstandungen den richtigen Ansprechpartner zu finden. Nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens sei der Rechtsvorgängerin die Fortsetzung des unerlaubten Ankaufs von Edelmetallen zu untersagen. Deren wirtschaftliches Interesse an der Fortsetzung der Tätigkeit trete hinter dem Interesse der Allgemeinheit am Schutz von Eigentum und Vermögen zurück. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Räumung der angemieteten Flächen sei geeignet und erforderlich, um das Ziel zu erreichen, einen weiteren rechtswidrigen Ankauf von Edelmetallen zu unterbinden. Aufgrund der bestehenden Schutzverletzung potentieller Kunden sei eine umgehende Beendigung der Tätigkeit der Rechtsvorgängerin geboten. 7Hiergegen hat die Rechtsvorgängerin mit der Begründung Klage erhoben, das Verbot des An- und Verkaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe beeinträchtige sie in nicht gerechtfertigter Weise in ihrer Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV, weil es eine derartige Beschränkung in keinem anderen EU-Mitgliedstaat gebe. Im Übrigen liege kein Verstoß gegen § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO vor, weil sie nicht im Rahmen des Reisegewerbes tätig geworden sei. Denn nicht sie habe ihre Kunden unangemeldet aufgesucht, sondern die Kunden seien aus freien Stücken zu ihrer Ankaufsstelle gekommen. Auch eine Überrumpelung der Kunden habe nicht stattgefunden. Soweit die Beklagte in ihrer Begründung auf § 42 GewO verweise, sei diese Norm mit Wirkung zum 28.12.2009 aufgehoben worden. Aus der Heranziehung einer nicht mehr existierenden Norm folge, dass die Beklagte kein Ermessen oder ein solches jedenfalls fehlerhaft ausgeübt habe. Die Untersagungsverfügung erweise sich zumindest als unverhältnismäßig, weil sie sich stets seriös und transparent gegenüber ihren Kunden verhalte. 8Die Rechtsvorgängerin hat beantragt, 9die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 3.7.2017 aufzuheben, 10das Verfahren auszusetzen und dem EuGH vorzulegen, um zu klären, ob die §§ 55, 56, 60d GewO mit der Europäischen Warenverkehrsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit vereinbar sind. 11Die Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Rechtsvorgängerin sei im Rahmen des Reisegewerbes tätig geworden. Sie habe den für zwei Tage angesetzten Ankauf von Edelmetallen in der E-Shisha-Bar in H1. außerhalb ihrer gewerblichen Niederlassung und ohne vorhergehende Bestellung durchgeführt und mit Werbung im Eingangsbereich des E-Shisha-Ladenlokals kurzfristig einen unbestimmten Kundenstamm angesprochen. Durch das Verbot des An- und Verkaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe werde die Rechtsvorgängerin auch nicht in ungerechtfertigter Weise in ihrer Niederlassungsfreiheit beeinträchtigt. Insbesondere verstoße § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit. Das Verbot des Feilbietens und des Ankaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe gelte sowohl für Gewerbetreibende anderer Mitgliedstaaten als auch für inländische Gewerbetreibende, ohne dass diese in irgendeiner Form privilegiert würden. Im Übrigen diene das Verbot zwingenden Gründen des Allgemeininteresses. Aus Sicht des Gesetzgebers sei es zur Verhinderung von Straftaten wie Hehlerei und Betrug notwendig und solle den Verbraucher vor Überrumpelung schützen. Zudem verfolge das Verbot das Ziel der präventiven und repressiven Überwachung der Gewerbetreibenden. Neben der Möglichkeit der jederzeitigen behördlichen Kontrolle am Ort der Niederlassung solle auch die Anbieterflüchtigkeit verhindert werden, damit der Verbraucher bei Bedarf auf den Gewerbetreibenden zur Rückabwicklung des Vertrages oder aus sonstigen Gründen zurückgreifen könne. 14Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Materielle Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids sei § 60d i. V. m. § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO. Die Rechtsvorgängerin habe die von ihr durchgeführten Ankaufsaktionen am 29.6. und 30.6.2017 in Form eines Reisegewerbes im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO ausgeübt und beabsichtige, dies auch zukünftig in dieser Art und Weise zu tun. Die im Juni 2017 in dem Stadtgebiet der Beklagten ausgeübte Tätigkeit der Rechtsvorgängerin sei außerhalb ihrer Niederlassung im Sinne des § 4 Abs. 3 GewO erfolgt. Für die Annahme einer Niederlassung mangele es an einer eigenen organisatorisch erkennbaren festen Infrastruktur, von der aus die gewerbliche Tätigkeit der Rechtsvorgängerin ausgeübt werde. Darüber hinaus fehle die Tätigkeit eines dauerhaft für diese Einrichtung verantwortlichen Beschäftigten. Auch für die Zukunft sei nichts anderes anzunehmen, weil nach dem Vortrag des Geschäftsführers der Rechtsvorgängerin in der mündlichen Verhandlung die Veranstaltungen etwa vier bis sieben Mal im Jahr stattfinden und in gleicher bzw. ähnlicher Weise durchgeführt werden sollten. Die Rechtsvorgängerin werde im Rahmen der von ihr veranstalteten Ankaufsaktionen auch „ohne vorhergehende Bestellung“ im Sinne von § 55 GewO tätig. Dieses Tatbestandsmerkmal sei nicht schon dann nicht erfüllt, wenn der Kunde den Händler aufsuche. Es solle allein dann ein Reisegewerbe ausschließen, wenn das Tätigwerden außerhalb der Niederlassung auf Initiative des Kunden – nämlich auf seine vorhergehende Bestellung – erfolge. Unter einer vorhergehenden Bestellung im Sinne von § 55 Abs. 1 GewO sei – in Abgrenzung von der reinen Aufnahme von Vertragsverhandlungen – zumindest eine vorab vom Kunden ausgehende und an den Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung zu hinreichend bestimmten Vertragsverhandlungen bzw. zum Abschluss eines Vertrages zu verstehen. Dieses Auslegungsergebnis stimme auch mit dem Zweck des vom Gesetzgeber in § 55 GewO aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt für das Betreiben eines Reisegewerbes überein, nicht nur den Kunden vor Überrumpelung, sondern auch die Allgemeinheit und die Kunden vor den Risiken zu schützen, die durch eine Geschäftstätigkeit außerhalb einer ständigen Niederlassung oder ohne gewerbliche Niederlassung entstünden. Hier gehe die Initiative zum Ankauf von Gold und anderen Edelmetallen außerhalb ihrer Niederlassung von der Rechtsvorgängerin aus, die ihre Kunden durch kurzfristig von ihr aufgehängte Werbeplakate anspreche. Die Kunden suchten die kurzfristig beworbenen Ankaufsaktionen der Rechtsvorgängerin ohne konkrete Vorstellung des Angebots und Vertragsinhalts auf. Der Anwendung von § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO stehe auch europäisches Recht nicht entgegen. Die Verbotsnorm sei insbesondere mit der Warenverkehrsfreiheit im Sinne der Art. 34 ff. AEUV vereinbar. Es sei nicht erkennbar, dass die Bestimmung des § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker berühre als inländische Waren. Das Verbot knüpfe allein an das Produkt an und richte sich gleichermaßen an sämtliche inländischen und ausländischen Unternehmen. Durch die mit ihm verfolgten Zwecke vornehmlich des Verbraucherschutzes dürfte es jedenfalls gerechtfertigt sein. Ermessensfehler seien nicht erkennbar. Die auf die §§ 55, 57, 62 und 63 VwVG NRW gestützte Anordnung von unmittelbarem Zwang für den Fall der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung sei angesichts der nur kurzfristigen Durchführung von Goldankaufsaktionen auf dem Gebiet der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. 15Mit Schriftsatz vom 7.7.2021 hat die Klägerin das Gericht über ihre Verschmelzung mit der Rechtsvorgängerin in Kenntnis gesetzt und mitgeteilt, sie nehme den Rechtsstreit auf. 16Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt sie ergänzend zu dem erstinstanzlichen Vorbringen der Rechtsvorgängerin vor, diese habe im Ladenlokal unter der Anschrift M1.----------straße 14 eine Niederlassung betrieben, in der sämtliche erforderlichen Utensilien für den Geschäftsbetrieb des Edelmetallankaufs vorhanden gewesen seien. Ihre Absicht, dort auf unbestimmte Zeit eine gewerbliche Tätigkeit aufzunehmen, sei durch die Gewerbeanzeige dokumentiert. Die Rechtsvorgängerin habe ihre Tätigkeit aus der festen Infrastruktur des Agenturpartners heraus erbringen wollen und sei hieran lediglich durch die streitgegenständliche Verfügung gehindert worden. Sie – die Klägerin – beabsichtige, die frühere Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin fortzusetzen. Dass der Edelmetallankauf nicht ganzjährig stattfinde, sei eine Entscheidung im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit und stehe der Annahme einer gewerblichen Niederlassung nicht entgegen. Während ihrer Abwesenheit stehe der Agenturpartner den Kunden als dauerhafter Ansprechpartner zur Verfügung, auch wenn mit ihm lediglich ein Mietvertrag geschlossen sei. Im Übrigen sei bei ihrem Geschäftsmodell keine Überrumpelungsgefahr für die Kunden gegeben. Sie – die Klägerin – schalte etwa eine Woche vor Beginn einer Goldankaufsaktion hierfür Werbung in den Medien, verteile Flyer und versende Mailings an Bestandskunden. Aus diesen ergäben sich ihre Firmendaten, zumindest aber ihre Internetadresse, sowie Ort und Zeit der jeweiligen Aktion. Auf dem Aufsteller vor dem Geschäft sei die Marke „Goldg.“ des Geschäftsführers der Rechtsvorgängerin angegeben gewesen, mit der er Premiumpartner der I1. gewesen sei. Wolle ein Kunde Edelmetall, vor allem Schmuck, verkaufen, werde dieses von ihren Mitarbeitern, die alle Goldschmiede seien, zum Teil sogar Goldschmiedemeister, begutachtet und dem Kunden ein Angebot unterbreitet. Dieses müsse der Kunde nicht sofort annehmen, sondern könne es zunächst mit Angeboten anderer Ankäufer vergleichen. Entscheide sich ein Kunde dafür, zu den ihm genannten Bedingungen an sie – die Klägerin – zu verkaufen, erhalte er einen schriftlichen Vertrag, in dem die persönlichen Daten des Kunden und ihre Daten aufgenommen seien. Zuvor müsse sich der Kunde mit einem amtlichen Ausweis ausweisen. 17Die Klägerin beantragt, 18das auf die mündliche Verhandlung vom 28.2.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zu ändern und die angefochtene Ordnungsverfügung der Beklagten vom 3.7.2017 aufzuheben. 19Die Beklagte beantragt, 20die Berufung zurückzuweisen. 21Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, gegen die Annahme einer Niederlassung spreche die von der Klägerin auf ihrer Internetseite formulierte Tätigkeitsbeschreibung. Sie mache damit Werbung, in Ladengeschäften Dritter regelmäßig Goldschmiedeaktionen durchzuführen. Die Formulierung deute auf eine zeitlich begrenzte, kurzfristige Tätigkeit hin ohne die Absicht, in den betreffenden Ladengeschäften eine eigenständige Außenstelle errichten oder betreiben zu wollen. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „ohne Bestellung“ seien auch die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Der Handel mit Edelmetallen stelle eine besonders verlockende und kurzfristige Möglichkeit für die angesprochenen Kunden dar, um sofort an Bargeld zu gelangen. Zugleich wiesen die Kunden oftmals wenig Fachkenntnis auf. Konkrete Modalitäten würden von der Klägerin vorab nicht genannt. Die gerade bei Edelmetallen vorkommenden erheblichen Preisschwankungen erschwerten eine verlässliche Kalkulation von Preisen für einen Verbraucher zusätzlich. Ferner sei fraglich, ob ein durchschnittlicher Kunde die realistische Möglichkeit habe, das Gewicht, die Qualität und den Anteil des Edelmetalls von seinem Verkaufsobjekt innerhalb einer kurzen Vorbereitungszeit verlässlich und unabhängig durch einen Dritten beurteilen zu lassen. Im Fall einer Reklamation könnten die Kunden nicht ohne weiteres die Klägerin als Vertragspartnerin erkennen, insbesondere werde sie auf den Werbeflächen nicht als Verkäuferin benannt. Es werde vielmehr der Eindruck vermittelt, dass entweder der Ladeninhaber oder der beworbene „Direkthändler ‚I1. ‘“ der richtige Ansprechpartner sei. Der Gesetzgeber habe schließlich wiederholt zum Ausdruck gebracht, Edelmetallhändler stärker regulieren zu wollen. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (ein Band sowie eine elektronische Gerichtsakte) und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten (ein Band) Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. 25Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.). 26I. Die gegen die Ordnungsverfügung der Beklagten gerichtete Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist statthaft. Insbesondere hat sich die an die Rechtsvorgängerin der Klägerin adressierte Ordnungsverfügung nicht im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG NRW erledigt. 27Nach § 43 Abs. 2 VwVfG NRW bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Da das Gesetz den Wirksamkeitsverlust des Verwaltungsakts bei den übrigen in § 43 Abs. 2 VwVfG NRW genannten Varianten entweder – wie in den Fällen der Rücknahme, des Widerrufs oder der anderweitigen Aufhebung – an ein formalisiertes Handeln der Behörde oder – wie im Fall des Zeitablaufs – an einen eindeutig bestimmbaren Tatbestand knüpft, ist die Annahme einer Erledigung „auf andere Weise“ im Sinne der letzten Variante der Vorschrift nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt. 28Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.5.2012 – 6 C 3.11 –, BVerwGE 143, 87 = juris, Rn. 19 f., und Beschluss vom 6.10.2015 – 3 B 9.15 –, juris, Rn. 7. 29Eine Erledigung „auf andere Weise“, die hier allein in Betracht kommt, kann unter anderem dann eintreten, wenn der Verwaltungsakt die ihm zukommende steuernde Funktion verloren hat, weil das Rechtssubjekt, an das er adressiert war, nicht mehr existiert und der Übergang im Wege der Rechtsnachfolge ausscheidet. 30Vgl. BVerwG, Urteile vom 29.4.2015 – 6 C 39.13 –, BVerwGE 152, 87 = juris, Rn. 14 ff.; OVG NRW, Urteil vom 27.2.2013 – 13 A 2661/11 –, juris, Rn. 27 f.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 43 Rn. 210. 31Eine Erledigung „auf andere „Weise“ liegt danach nicht vor. Die angegriffene Ordnungsverfügung hat ihre Wirksamkeit weder durch Wegfall des Rechtssubjekts noch durch Wegfall des Regelungsgegenstandes verloren. Zwar ist die Rechtsvorgängerin aufgrund der Verschmelzung mit der Klägerin nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG erloschen. Die angefochtene Ordnungsverfügung ist aber wegen ihrer Betriebsbezogenheit rechtsnachfolgefähig (hierzu unter 1.). Sie ist auch im Wege der Rechtsnachfolge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die Klägerin übergegangen (hierzu unter 2.), die gegenüber dem Gericht ausdrücklich erklärt hat, sie beabsichtige, die frühere Tätigkeit der in ihr aufgegangenen Rechtsvorgängerin fortzusetzen. Deren gewerblichen Betrieb betrifft die streitgegenständliche Anordnung. 321. Die Übertragbarkeit bzw. Rechtsnachfolgefähigkeit öffentlich-rechtlicher Rechte und Pflichten richtet sich danach, in welchem Maß dies durch das einschlägige materielle Recht sachlich oder persönlich bestimmt wird. Je stärker die sachbestimmten Bezüge sind, desto eher ist eine Übertragbarkeit zu bejahen, während umgekehrt umso eher von einer fehlenden Rechtsnachfolgefähigkeit auszugehen ist, je mehr personale Elemente im Vordergrund stehen. 33Vgl. BVerwG, Urteile vom 29.4.2015 – 6 C 39.13 –, BVerwGE 152, 87 = juris, Rn. 17, und vom 18.9.1981 – 8 C 72.80 –, BVerwGE 64, 105 = juris, Rn. 32, sowie Beschluss vom 7.9.2018 – 3 B 29.17 –, juris, Rn. 9. 34Danach ist die mit der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung angeordnete Pflicht zur sofortigen Einstellung des An- und Verkaufs von Edelmetallen und edelmetallhaltigen Legierungen im Reisegewerbe der Rechtsnachfolge zugänglich. Sie knüpft nicht an die Person der Rechtsvorgängerin, sondern an das von ihr konkret ausgeübte Geschäftsmodell an. Vor allem deshalb – und nicht weil die Rechtsvorgängerin eine juristische Person war – ist die Verfügung im Kern nicht personen-, sondern betriebsbezogen. Die betriebsbezogene Prägung der Pflicht rechtfertigt es, sie von der Person des ursprünglichen Störers – der Rechtsvorgängerin – abzulösen und ihre Übergangsfähigkeit auf ihren Gesamtrechtsnachfolger anzunehmen. 352. Mit Eintragung der Verschmelzung der Klägerin und der T. E. T1. M2. am 22.3.2021 in das Handelsregister des Amtsgerichts I. ist gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG das Vermögen der Rechtsvorgängerin als übertragenden Rechtsträgerin einschließlich der Verbindlichkeiten auf die Klägerin als übernehmende Rechtsträgerin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen. Von dem Nachfolgetatbestand erfasst sind neben den zivilrechtlichen Rechten und Pflichten öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, soweit sie – wie die hier streitgegenständliche Ordnungsverfügung – rechtsnachfolgefähig sind. 36Vgl. Heidinger, in: Henssler/Strohn (Hrsg.), Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, § 20 UmwG Rn. 37; Winter, in: Schmitt/Hörtnagel, Umwandlungsgesetz, 9. Aufl. 2020, § 20 Rn. 92, 94; Leonard/Simon, in: Semler/Stengel/Leonard (Hrgs.), Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. 2021, § 20 Rn. 67. 37II. Die danach zulässige Klage ist unbegründet. 38Die angefochtene Ordnungsverfügung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 391. Materielle Rechtsgrundlage der von der Beklagten unter Nr. 1. der Ordnungsverfügung angeordneten sofortigen Einstellung des An- und Verkaufs von Edelmetallen und edelmetallhaltigen Legierungen in jeder Form sowie Waren mit Edelmetallauflagen ist § 60d i. V. m. § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO. Danach kann die Ausübung des Reisegewerbes entgegen des Verbots des Feilbietens und des Ankaufs von Edelmetallen und edelmetallhaltigen Legierungen in jeder Form sowie Waren mit Edelmetallauflagen von der zuständigen Behörde verhindert werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Regelung sind erfüllt. Die Rechtsvorgängerin hat entgegen des Verbots aus § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO einen Goldankauf im Reisegewerbe betrieben [hierzu unter a)]. Bedenken gegen die Vereinbarkeit des An- und Verkaufsverbots nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO mit Unionsrecht bestehen nicht [hierzu unter b)]. Die zur Verhinderung der weiteren Ausübung dieser Tätigkeit ausgesprochene Untersagungsverfügung erweist sich als ermessensfehlerfrei [hierzu unter c)]. 40a) Ein Reisegewerbe betreibt nach der Legaldefinition des § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 4 Abs. 3 GewO) oder ohne eine solche zu haben unter anderem Waren feilbietet oder Bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft. 41Ein wesentliches Abgrenzungsmerkmal zwischen dem nach § 14 Abs. 1 GewO anzeigepflichtigen stehenden Gewerbe und dem nicht anzeige-, aber erlaubnispflichtigen Reisegewerbe ist danach, ob eine gewerbliche Tätigkeit von einer Niederlassung im Sinne von § 4 Abs. 3 GewO aus erfolgt. 42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.3.2017 – 4 A 489/14 –, juris, Rn. 45 ff., sowie Beschlüsse vom 9.8.2018 ‒ 4 A 1882/16 –, juris, Rn. 7, und vom 6.10.2014 – 4 B 88/14 –, juris, Rn. 85 ff., jeweils m. w. N. 43Besteht eine Niederlassung [hierzu unter aa)], auch in Gestalt einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle, und wird der Gewerbetreibende dort tätig, handelt es sich schon deshalb nicht um Reisegewerbe, sondern um stehendes Gewerbe. Hingegen ist der Anwendungsbereich der §§ 55 ff. GewO eröffnet und es liegt eine Tätigkeit im Reisegewerbe vor, wenn der Gewerbetreibende ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung im Sinne des § 4 Abs. 3 GewO oder ohne eine solche zu haben gewerblich tätig wird [hierzu unter bb)]. Danach war die Rechtsvorgängerin in der Vergangenheit und wird nunmehr die Klägerin im Reisegewerbe tätig [hierzu unter cc)]. 44aa) Eine Niederlassung besteht gemäß § 4 Abs. 3 GewO dann, wenn eine selbständige gewerbsmäßige Tätigkeit auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Einrichtung von dieser aus tatsächlich ausgeübt wird. Damit hat § 4 Abs. 3 GewO in Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG vom 12.12.2006 (ABl. L 376/36) die Definition aus Art. 4 Nr. 5 der Richtlinie aufgenommen und sie nicht nur für den grenzüberschreitenden, sondern auch für den nationalen Dienstleistungsverkehr zum Maßstab erhoben. 45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.3.2017 – 4 A 489/14 –, juris, Rn. 47 ff., unter Hinweis auf die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie im Gewerberecht und in weiteren Rechtsvorschriften, BT-Drs. 16/12784, S. 12 ff. 46Nach Art. 4 Nr. 5 der Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Niederlassung“ die tatsächliche Ausübung einer von Art. 49 AEUV (vormals Art. 43 EGV) erfassten wirtschaftlichen Tätigkeit durch den Dienstleistungserbringer auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Infrastruktur, von der aus die Geschäftstätigkeit der Dienstleistungserbringung tatsächlich ausgeübt wird. In Erwägungsgrund 37 zu der Richtlinie heißt es erläuternd, dass eine Niederlassung nicht die Form einer Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur haben muss, sondern aus einer Geschäftsstelle bestehen kann, die von einem Beschäftigten des Dienstleistungserbringers oder von einem Selbständigen, der ermächtigt ist, dauerhaft für das Unternehmen zu handeln, betrieben wird, wie dies z. B. bei einer Agentur der Fall ist. 47Hierzu auch: EuGH, Urteil vom 23.2.2016 – C-179/14 –, juris, Rn. 106. 48Nach diesen Definitionen und Erläuterungen erfordert auch eine unselbständige Zweigstelle im stehenden Gewerbe eine erkennbare, feste Einrichtung bzw. Infrastruktur, von der aus das Gewerbe auf unbestimmte Zeit tatsächlich betrieben wird, wobei zusätzlich die Tätigkeit eines für die Einrichtung verantwortlichen Beschäftigten für den Gewerbetreibenden zu verlangen ist. Denn andernfalls fehlt es an den Voraussetzungen für das Bestehen einer Niederlassung im Sinne des § 4 Abs. 3 GewO. 49bb) Wird der niedergelassene Gewerbetreibende außerhalb seiner Niederlassung tätig, ist für die Abgrenzung des stehenden Gewerbes nach §§ 14 ff. GewO vom Reisegewerbe nach §§ 55 ff. GewO gemäß § 55 Abs. 1 GewO weiter maßgeblich, ob die Betätigung ohne vorhergehende Bestellung erfolgt ist. Nach Wortlaut, Systematik und Regelungsabsicht erfolgt die Abgrenzung zwischen dem in Titel II der Gewerbeordnung geregelten stehenden Gewerbe von dem in Titel III geregelten Reisegewerbe nur durch die Merkmale „ohne vorhergehende Bestellung außerhalb [einer] gewerblichen Niederlassung (§ 4 Absatz 3) oder ohne eine solche zu haben“, sofern nicht die Regelungen über die Marktfreiheit aus Titel IV zu Messen, Ausstellungen und Märkten einschlägig sind. 50Entscheidend für die Einordnung in das Reisegewerbe ist danach, dass die Initiative zum geschäftlichen Verkehr nicht vom Kunden ausgeht, sondern anders als im stehenden Gewerbe regelmäßig vom Gewerbetreibenden, weshalb dessen Identität infolge des Auftretens außerhalb einer Niederlassung und wegen der vielfach nur flüchtigen Kontakte schwieriger festzustellen ist. Das unterscheidet das Reisegewerbe vom stehenden Gewerbe, bei dem die Kunden um Angebote nachsuchen. Die gewerbliche Niederlassung und die von dort ausgehende Geschäftstätigkeit grenzen die beiden Formen der Berufsausübung voneinander ab. 51Vgl. BT-Drs. 16/4391, S. 35 (zu Artikel 9); BVerwG, Beschluss vom 1.4.2004 – 6 B 5.04 –, juris, Rn. 8; BVerfG, Beschlüsse vom 27.9.2000 – 1 BvR 2176/98 –, juris, Rn. 30, und vom 27.4.2007 – 2 BvR 449/02 –, juris, Rn. 26. 52Es entsprach bereits der ursprünglichen gesetzgeberischen Intention, die Fälle gewerblicher Betätigung außerhalb einer Niederlassung grundsätzlich einheitlich dem Reisegewerbe zuzuordnen. Hierzu hat der Gesetzgeber mit dem Vierten Bundesgesetz zur Änderung der Gewerbeordnung vom 5.2.1960 (BGBl. I S. 61) die vorherige Unterscheidung zwischen dem ambulanten Gewerbe am Wohnort, das dem stehenden Gewerbe zugeordnet war (§ 42 GewO in der bis zum 30.9.1960 gültigen Fassung), und dem sogenannten Wandergewerbe im Sinne des § 55 GewO in der bis zum 30.9.1960 gültigen Fassung aufgegeben und in einem Kapitel unter dem neu eingeführten Begriff des Reisegewerbes zusammengefasst. Entscheidender Gesichtspunkt für die Zuordnung zum Reisegewerbe sollte danach der Umstand sein, dass das Gewerbe außerhalb einer gewerblichen Niederlassung ausgeübt wird. 53Vgl. BT-Drs. 2/2681, S. 27 f.; BT-Drs. 3/318, S. 21 f. 54Nur der Fall, in dem der niedergelassene Gewerbetreibende im konkreten Einzelfall auf vorhergehende Bestellung des Kunden außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung tätig geworden ist, sollte danach weiterhin dem stehenden Gewerbe zuzuordnen sein. 55Zur Auslegung des diesem Zweck seit jeher dienenden zusätzlichen Abgrenzungsmerkmals „ohne vorhergehende Bestellung“ kann ergänzend die zivilrechtliche Judikatur zum Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften nach § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB in der bis zum 12.6.2014 gültigen Fassung (BGB a. F.) herangezogen werden, weil sich das Tatbestandsmerkmal der „vorhergehenden Bestellung“ nach der gesetzgeberischen Intention mit dem aus § 55 Abs. 1 GewO deckt. Die Regelung wurde durch Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) in das BGB aufgenommen. Sie geht auf die mit Wirkung vom 1.1.2002 aufgehobene Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (BGBl. 1986 I S. 122) zurück. Zur Auslegung des Begriffs „vorhergehende Bestellung“ sollte nach dem Willen des Gesetzgebers die gewerberechtliche Rechtsprechung und Literatur zu § 55 Abs. 1 GewO herangezogen werden können. 56Vgl. BT-Drs. 10/2876, S. 12. 57Unter einer vorhergehenden Bestellung im Sinne von § 55 Abs. 1 GewO ist eine vom Kunden ausgehende und an den niedergelassenen Gewerbetreibenden – regelmäßig, aber nicht notwendig, über seine Niederlassung („Vertriebsgeschäft“) – gerichtete vorherige Aufforderung zu hinreichend bestimmten Vertragsverhandlungen außerhalb einer Niederlassung zu verstehen. 58Vgl. BGH, Urteil vom 15.4.2010 – III ZR 218/09 –, BGHZ 185, 192 = juris, Rn. 13; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.11.2010 – 25 U 65/09 –, juris, Rn. 26; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: Februar 2021, § 55 Rn. 30 ff., 32. 59Eine gewerbsmäßige Betätigung im stehenden Gewerbe außerhalb einer Niederlassung ist hiernach nur gegeben, wenn der Gewerbetreibende dort auf vorherige Veranlassung des Kunden tätig wird. Die Bestellung des Gewerbetreibenden durch den Kunden muss nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm der Kundenbegegnung vorausgegangen sein. 60Vgl. auch OLG Frankfurt a. Main, Urteil vom 26.11.2010 – 25 U 65/09 –, juris, Rn. 26; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: Februar 2021, § 55 Rn. 32. 61Voraussetzung ist ferner, dass der Kunde bei der vorab erfolgten Verabredung des Termins den Gegenstand der Verhandlung hinreichend konkret bezeichnet. 62Vgl. BGH, Urteil vom 7.12.1989 – III ZR 276/88 –, juris, Rn. 25, m. w. N. 63Fehlt es an einem solchen vorherigen Anstoß zu Vertragsverhandlungen durch den Kunden, liegt eine Tätigkeit im Reisegewerbe vor. Dabei ist unerheblich, in welcher Form der Gewerbetreibende ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung tätig wird, ob er von Haus zu Haus zieht oder seine gewerbliche Tätigkeit auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen oder an anderen Orten – wie etwa kurzfristig angemieteten Verkaufsflächen – anbietet. Insbesondere setzt das Tatbestandsmerkmal „ohne vorhergehende Bestellung“ im Sinne des § 55 Abs. 1 GewO nicht voraus, dass der Gewerbetreibende den Kunden unangekündigt aufsucht oder explizit anspricht. 64Vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 26.11.2010 – 25 U 65/09 –, juris, Rn. 22 ff. (30 f.); Schl.-H. OLG, Urteil vom 24.4.2012 – 6 U 6/11 –, juris, Rn. 19 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 31.7.2009 – 7 ME 73/09 –, juris, Rn. 10; Hamb. OVG, Beschluss vom 17.10.2006 – 1 Bs 306/06 –, juris, Rn. 8; a. A. Thür. OVG, Beschluss vom 1.7.2010 – 3 EO 876/10 –, juris, Rn. 7 ff.; offen lassend noch: OVG NRW, Beschluss vom 17.5.2010 – 4 B 1693/09 –. 65Wenngleich in solchen Situationen die Gefahr der Überrumpelung besonders hoch ist, lässt sich eine solche einschränkende Auslegung weder dem Wortlaut noch den bereits angeführten Motiven des Gesetzgebers oder der Gesetzessystematik entnehmen. Vielmehr liegt eine gewerbliche Betätigung ohne vorhergehende Bestellung hiernach auch dann vor, wenn sich der Kunde – aufgrund vorausgegangener Werbung oder bei Gelegenheit – zu dem außerhalb seiner Niederlassung tätigen Gewerbetreibenden begibt. Auch in diesen Fällen geht der Kontaktaufnahme keine für Fälle dieser Art als alleiniges Abgrenzungskriterium vorgesehene Bestellung des Kunden im dargelegten Sinne voraus. Den Anstoß zur Anbahnung eines Vertragsabschlusses gibt vielmehr der Gewerbetreibende, der seine gewerbliche Tätigkeit temporär außerhalb seiner Niederlassung anbietet. 66Schließlich gebietet der Zweck der §§ 55 ff. GewO kein einschränkendes Normverständnis. Dieser besteht darin, die Allgemeinheit und die Kunden vor den Risiken zu schützen, die durch eine Geschäftstätigkeit außerhalb einer ständigen gewerblichen Niederlassung oder ohne gewerbliche Niederlassung entstehen. 67Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.9.2000 68– 1 BvR 2176/98 –, juris, Rn. 24. 69Zum einen können Kunden, die in ihrer Wohnung oder an einem sonstigen Ort außerhalb einer gewerblichen Niederlassung unvorbereitet in Vertragsverhandlungen verwickelt werden, eher in eine Situation gebracht werden, die typischerweise die Gefahr einer Überrumpelung in sich birgt. 70Vgl. BGH, Urteil vom 7.12.1989 – III ZR 276/88 –, juris, Rn. 25. 71Diese Situation hatte vor allem die zivilrechtliche Rechtsprechung im Blick, die sich bei der Auslegung des § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB a. F. im Wesentlichen am Zweck des Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften orientiert hat, den Verbraucher vor einem übereilten und unüberlegten Vertragsschluss und somit in seiner rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit zu schützen. 72Vgl. BGH, Urteil vom 15.4.2010 – III ZR 218/09 –, BGHZ 185, 192 = juris, Rn. 13, m. w. N.; BT-Drs. 10/2876, S. 6. 73Die Gefährdungslage, vor der die §§ 55 ff. GewO schützen sollen, besteht zum anderen bis heute darin, dass der Reisegewerbetreibende bei Rückfragen oder bei Reklamationen schwerer greifbar ist. Daher wird die Reisegewerbekarte nur bei Zuverlässigkeit erteilt (§ 57 GewO). 74Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.9.2000 – 1 BvR 2176/98 –, juris, Rn. 24; BT-Drs. 16/4391, S. 35 (zu Art. 9). 75Die Gefahr der sogenannten Anbieterflüchtigkeit ist nicht nur bei unangekündigten Haustürgeschäften, sondern in gleicher Weise in Fällen gegeben, in denen ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit nur kurzzeitig etwa in Räumen anderer Gewerbetreibender ausübt, die ihm zur vorübergehenden Mitbenutzung überlassen sind, und der Kunde den Gewerbetreibenden dort aufsucht. Ob für die Kunden bei dem gewählten Geschäftsmodell eine besondere Gefahr besteht, unvorbereitet in Vertragsverhandlungen verwickelt zu werden, ist deshalb unerheblich. 76cc) Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, wurde die Rechtsvorgängerin in der Vergangenheit und wird nunmehr die Klägerin im Reisegewerbe tätig, indem sie Goldankaufsaktionen in kurzfristig angemieteten Teilen von Geschäftsräumen anderer Gewerbetreibender durchführt. 77Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die gewerberechtliche Untersagungsverfügung während ihres Wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage zu messen. 78Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 10.12 –, BVerwGE 147, 47 = juris, Rn. 25 f. (zur glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung); OVG NRW, Urteil vom 16.10.2017 – 4 A 1607/16 –, juris, Rn. 68 f., und Beschluss vom 2.4.2020 – 4 B 1478/18 –, juris, Rn. 7 f., jeweils m. w. N. 79Zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Ordnungsverfügung im Juli 2017 war die Rechtsvorgängerin der Klägerin in H1. im Reisegewerbe tätig. Sie betrieb – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – in I. eine Niederlassung und kaufte gewerbsmäßig Gold und andere Edelmetalle an. Sie war ohne vorhergehende Bestellung außerhalb ihrer Niederlassung tätig, indem sie auf einer Verkaufsfläche in den Geschäftsräumen M1.----------straße 14a in H1. an zwei Tagen im Juni 2017 eine Goldankaufsaktion durchführte und beabsichtigte, dies auch zukünftig zu tun. 80Die Anforderungen an eine Niederlassung im Sinne des § 4 Abs. 3 GewO erfüllte die genutzte Verkaufsfläche nicht. Die Rechtsvorgängerin übte ihre gewerbliche Betätigung von dort aus tatsächlich nicht auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Einrichtung aus. Allein hierauf – und nicht auf die formale Anmeldung einer (Zweig-) Niederlassung – kommt es aber nach den vorstehenden Ausführungen an. Es fehlte bereits an einer Nutzungsberechtigung an den Verkaufsflächen auf unbestimmte Zeit. Der Rechtsvorgängerin war die Nutzung ohne dauerhafte vertragliche Grundlage lediglich für den Zeitraum einer einzelnen Goldankaufsaktion von zwei Tagen gestattet. Vor allem aber hatte sie weder in den Geschäftsräumen der M1.----------straße 14a, in denen ihr Klapptisch aufgestellt war, noch in den benachbarten Räumen der M1.----------straße 14, für die sie eine „unselbständige Zweigstelle“ angemeldet hatte, eine feste Geschäftseinrichtung. Hierfür genügt nicht, dass sie ihre Tätigkeit aus der festen Infrastruktur der E-Shisha-Bar heraus erbracht hat. Insofern hat sie lediglich eine fremde Infrastruktur kurzfristig mitgenutzt. Die für die Durchführung der Ankaufsaktion erforderlichen Gegenstände – ein Klapptisch, Stühle, ein Laptop, ein Taschenrechner, ein Drucker und eine Waage – stellte ihr Mitarbeiter hingegen zu Beginn auf und baute sie anschließend vollständig wieder ab. Nach Abschluss der Goldankaufsaktionstage verblieb damit kein Hinweis auf ihre dortige Geschäftstätigkeit. Unerheblich ist, dass die Rechtsvorgängerin nach eigenen Angaben beabsichtigte, denselben Standort mit jeweils mitgebrachten Einrichtungsgegenständen mehrfach im Jahr zu nutzen. Hierin liegt gerade keine feste Einrichtung ihres eigenen Geschäftsbetriebs auf unbestimmte Zeit. Die Rechtsvorgängerin hatte nicht einmal ein Firmenschild mit Namen und Hinweisen zu ihrer Erreichbarkeit – weder während der Aktionstage noch erst recht zu anderen Zeiten – angebracht. Der als Marke für Dritte nicht ohne Weiteres erkennbare Begriff „Goldg.“ auf dem nur für wenige Tage aufgestellten Aktionsplakat, unter dem eine Internetrecherche zur Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte führen können, war zu diesem Zweck selbst während der Aktion unzureichend. Schließlich gab es keinen dauerhaft für diese Einrichtung verantwortlichen Beschäftigten. Hierfür genügt nicht, dass – wie die Klägerin behauptet – über den Agenturpartner auch nach Beendigung der Goldankaufsaktion Kontakt zwischen der Rechtsvorgängerin und dem Kunden hätte hergestellt werden können. Vielmehr hätte es – wie dargelegt – eines am Ort der Zweigniederlassung dauerhaft Beschäftigten der Rechtsvorgängerin oder eines dort tätigen Selbstständigen bedurft, der ermächtigt gewesen wäre, dauerhaft für das Unternehmen zu handeln. Hieran aber fehlte es auch nach dem Vorbringen der Klägerin. 81Die Rechtsvorgängerin wurde auch ohne vorhergehende Bestellung tätig. Ihre gewerbliche Betätigung außerhalb ihrer Niederlassung beruhte nicht auf Veranlassung ihrer Kunden. Vielmehr begab sie sich aus eigenem Antrieb in die Nähe potentieller Kunden, um mit diesen in Vertragsverhandlungen einzutreten. Dass sich ihre Kunden – ggf. aufgrund der von ihr zuvor geschalteten Werbung angelockt – zu ihr begaben und bei dem hier in Rede stehenden Geschäftsmodell die Gefahr der Überrumpelung gegebenenfalls in den Hintergrund trat, lässt das Merkmal „ohne vorhergehende Bestellung“ aus den dargelegten Gründen nicht entfallen. 82Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gilt nichts anderes. Die Klägerin mit Niederlassung in I. beabsichtigt, das Geschäftsmodell ihrer Rechtsvorgängerin, Goldankaufsaktionen in Geschäftsräumen anderer Gewerbetreibender über wenige Tage durchzuführen, in gleicher Weise fortzusetzen. Dass sie die Verkaufsflächen in der M1.----------straße 14 bzw. 14a in H1. den Anforderungen an eine Niederlassung im Sinne des § 4 Abs. 3 GewO entsprechend dauerhaft und mittels einer festen Einrichtung zu nutzen beabsichtigt, hat sie nicht dargetan. Vielmehr ist sie der Rechtsmeinung, eine gewerbliche Niederlassung erfordere allein, dass sie diese bei der Gewerbebehörde förmlich anzeigt und ihrer unternehmerischen Freiheit entsprechend ausschließlich bewegliche Einrichtungen für den Edelmetallankauf jeweils nur vorübergehend und flüchtig heranschafft. Dies entspricht jedoch nicht den oben dargelegten Voraussetzungen einer Niederlassung. 83b) Das danach hier einschlägige und aus § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO folgende Verbot des An- und Verkaufs von Gold und anderen Edelmetallen ist auch mit dem Unionsrecht vereinbar. Weder die Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG [hierzu aa)] noch die Bestimmungen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV – [hierzu bb)] stehen dem Verbot entgegen. 84aa) Unionsrechtliche Bedenken gegen das Verkaufsverbot folgen zunächst nicht aus der Richtlinie 2006/123/EG (Dienstleistungsrichtlinie), deren Bestimmungen die Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit durch Dienstleistungserbringer sowie den freien Dienstleistungsverkehr erleichtern sollen (Art. 1 Abs. 1 RL 2006/123/EG). Das Verbot entspricht den Anforderungen der Richtlinie, soweit sie hierfür gelten. Grundsätzlich ist der Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Nr. 1 RL 2006/123/EG i. V. m. Art. 57 Abs. 2 Buchst. b) AEUV auch für Tätigkeiten des Handels mit Waren eröffnet. 85Vgl. EuGH, Urteil vom 30.1.2018 – C-360/15 und C-31/16 –, juris, Rn. 86 ff. 86Das Verbot des An- und Verkaufs von Gold und anderen Edelmetallen im Reisegewerbe betraf die Rechtsvorgängerin und betrifft die Klägerin allerdings ausschließlich in ihrer gewerblichen Betätigung außerhalb einer Niederlassung. Soweit sich hierfür unionsrechtliche Anforderungen aus den Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit der Dienstleistungserbringer (Kapitel III der Dienstleistungsrichtlinie) ergeben können, sind sie auch auf Sachverhalte anwendbar, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinausweisen. 87Vgl. EuGH, Urteil vom 22.9.2020 – C-724/18 und C-727/18 –, juris, Rn. 56, m. w. N., und vom 30.1.2018 – C-360/15 und C-31/16 –, juris, Rn. 98 ff., 110. 88Das Verbot des An- und Verkaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe stellt jedoch bezogen auf die Niederlassungsfreiheit keine unzulässige oder von den Mitgliedstaaten zu prüfende Anforderung nach den Art. 14 und 15 Abs. 2 RL 2006/123/EG dar. Die in diesen Vorschriften genannten Anforderungen sind hier sämtlich nicht einschlägig. 89Ein Verstoß gegen die Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie zur Erleichterung des freien Dienstleistungsverkehrs (Kapitel IV der Richtlinie) scheidet hingegen schon deshalb aus, weil die Vorschriften des Kapitels IV der Richtlinie über den freien Dienstleistungsverkehr – wie u. a. in Art. 16 Abs. 1 und Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie klargestellt – nur das Recht des Dienstleistungserbringers betreffen, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen seiner Niederlassung zu erbringen. Sie setzen einen grenzüberschreitenden Sachverhalt voraus. 90Vgl. EuGH, Urteil vom 30.1.2018 – C-360/15 und C-31/16 –, juris, Rn. 102. 91Entscheidend für die Annahme eines grenzüberschreitenden Sachverhalts ist, dass der Dienstleistungserbringer nicht in dem Staat, in welchem er die Dienstleistung erbringt, ansässig ist. 92Vgl. EuGH, Urteile vom 26.2.1991 – C-154/89 –, ABl. EG 1991, Nr. C 78, 5 = EuZW 1991, 352, und vom 14.7.1994 – C-379/92 –, Slg. 1994, I-3453 = juris, Rn. 41. 93Hat ein Dienstleistungserbringer mehrere Niederlassungsorte, ist maßgeblich, von welchem Niederlassungsort aus die betreffende Dienstleistung tatsächlich erbracht wird. 94Vgl. Erwägungsgrund 37 der RL 2006/123/EG. 95Eine danach erforderliche grenzüberschreitende Erbringung einer Dienstleistung lag und liegt hier nicht vor. Bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheides firmierte die Rechtsvorgängerin zwar als M2. mit Sitz in C. , H. . Zur Durchführung der Goldankaufsaktionen war sie aber nicht von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat aus tätig geworden. Hieran möchte auch die Klägerin festhalten. 96Abgesehen davon verstößt § 56 Abs. 1 Nr. 2 GewO auch für Dienstleistungserbringer mit einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat insbesondere nicht gegen das in Fällen dieser Art allenfalls in Betracht kommende Verbot nach Art. 16 Abs. 2 Buchst. a) RL 2006/123/EG. Danach dürfen die Mitgliedstaaten die Dienstleistungsfreiheit eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers nicht einschränken, indem sie diesen verpflichten, in ihrem Hoheitsgebiet eine Niederlassung zu unterhalten. Eine solche Pflicht ergibt sich aus dem An- und Verkaufsverbot von Edelmetallen im Reisegewerbe nicht einmal mittelbar. Denn das Verbot hindert keinen Dienstleistungserbringer daran, Edelmetalle von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat aus anzukaufen oder zu verkaufen. Das Unterhalten einer Niederlassung in E. ist hierfür nicht erforderlich. Das Verbot betrifft nur die von jeder Niederlassung (in E. oder in einem anderen Mitgliedstaat) losgelöste Vertriebsform des Reisegewerbes. 97bb) Die Regelung des § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO ist schließlich mit den Bestimmungen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vereinbar. Insbesondere stellt das Verbot des An- und Verkaufs von Gold und Edelmetall im Reisegewerbe keine unzulässige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 ff. AEUV) dar. Es ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt, dass nationale Regelungen, die – wie hier – die Modalitäten des Verkaufs von Waren betreffen, grundsätzlich den Bestimmungen über den freien Warenverkehr unterliegen. 98Vgl. EuGH, Urteil vom 26.5.2005 – C-20/03 –, Slg. 2005, I-4133 = juris, Rn. 33 ff. 99Verbote oder sonstigen Beschränkungen des Reisegewerbes stellen keine produktbezogenen Regelungen, sondern bloße Verkaufsmodalitäten dar. In ihnen ist keine Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit zu sehen, solange die Restriktionen diskriminierungsfrei sind. 100Vgl. EuGH, Urteile vom 24.11.1993 – C-267/91,C-268/91 –, ABl. EG 1994, Nr. C 1, 6 = juris, Rn. 15 f., und vom 23.2.2006 – C-441/04 –, Slg. 2006, I-2093 = juris, Rn. 17 ff. 101Das ist hier der Fall. Die Regelung gilt für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Tätigkeit in E. ausüben, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit. Sie unterscheidet ferner nicht nach dem Ursprung der Edelmetalle. Es kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das An- und Verkaufsverbot im Reisegewerbe tatsächlich geeignet ist, den Vertrieb der aus anderen Mitgliedstaaten als E. stammenden Waren stärker zu behindern als den der inländischen Ware. 102Vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 23.2.2006 – C-441/04 –, Slg. 2006, I-2093 = juris, Rn. 24. 103Denn das Verbot hindert, wie ausgeführt, keinen Dienstleistungserbringer daran, Edelmetalle von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat aus anzukaufen oder zu verkaufen. Selbst wenn es dennoch tatsächlich geeignet wäre, den Marktzugang für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker zu behindern als für inländische Erzeugnisse, ist es jedenfalls durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel im Sinne der unionsrechtlichen Rechtsprechung und aus Gründen der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 36 AEUV gerechtfertigt [hierzu unter (1)], zur Verwirklichung dieser Ziele erforderlich und steht dazu in einem angemessenen Verhältnis [hierzu unter (2)]. 104Vgl. zu diesen Erfordernissen EuGH, Urteile vom 23.2.2006 – C-441/04 –, Slg. 2006, I-2093 = juris, Rn. 26 f., und vom 13.1.2000 – C-254/98 –, Slg. 2000, I-151 = juris, Rn. 34, 36. 105(1) Gemäß Art. 36 Satz 1 AEUV steht das Verbot der mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne des Art. 34 AEUV Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen unter anderem der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt sind. In der unionsrechtlichen Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass darüber hinaus zwingende Erfordernisse im Allgemeininteresse eine Einschränkung des freien Warenverkehrs rechtfertigen können. Hierzu zählt etwa der in Art. 169 AEUV verankerte Verbraucherschutz sowie die Lauterkeit des Handelsverkehrs. 106Vgl. EuGH, Urteil vom 20.2.1979 – C-120/78 –, Slg. 1979, 649 = juris, Rn. 8. 107Grundsätzlich ist es Sache der Mitgliedstaaten, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, in welchem Umfang sie Schutz aus den vorgenannten Gründen gewährleisten wollen. 108Vgl. EuGH, Urteile vom 20.5.1976 – C-104/75 –, juris, Rn. 14/18, und vom 12.3.1987 – C-178/84 –, Slg. 1987, 1262 = juris, Rn. 41, und vom 25.7.1991 – C-1/90 u. a. –, Slg. 1991, I-4151 = juris, Rn. 16. 109Hinsichtlich der Geeignetheit billigt der Europäische Gerichthof den Mitgliedstaaten insofern einen weiten Ermessensspielraum zu. 110Vgl. EuGH, Urteile vom 15.9.1994 – C-293/93 –, Slg. 1994, I-4249 = juris, Rn. 22, vom 9.12.1997 – C-265/95 –, Slg. 1997, I-6959 = juris, Rn. 33, und vom 15.6.1999 – C-394/97 –, Slg. 1999, I-3599 = juris, Rn. 43. 111Eine nationale Regelung, die eine beschränkende Wirkung für den freien Warenverkehr hat oder haben kann, muss allerdings in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Zweck stehen, also zu diesem Zweck erforderlich sein. Sie ist danach nicht gerechtfertigt, wenn das Ziel genauso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden kann, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken. 112Vgl. EuGH, Urteile vom 20.5.1976 – C-104/75 –, juris, Rn. 14/18, vom 11.5.1989 – C-25/88 –, Slg. 1989, 1105 = juris, Rn. 13 (jeweils zu Art. 36 EWG-Vertrag), sowie vom 10.11.1982 – C-261/81 –, juris, Rn. 12, vom 6.7.1995 – C-470/93 –, ABl. EG 1995, Nr. C 229, 10 = juris, Rn. 15, m. w. N., und vom 23.2.2006 – C-441/04 –, Slg. 2006, I-2093 = juris, Rn. 27 (jeweils zu zwingenden Erfordernissen des Verbraucherschutzes). 113(2) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem An- und Verkaufsverbot von Edelmetallen im Reisegewerbe im Einklang mit der Unionsrechtsprechung die im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und der Lauterkeit des Handelsverkehrs in Gestalt der Verhinderung von Straftaten. Die Verbotsregelung steht zu diesen Zielen auch in einem angemessenen Verhältnis. 114Die seit dem 1.10.1960 im Wesentlichen unveränderte Fassung des § 56 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) GewO beschränkt sich seit jeher nach rechtlich nicht zu beanstandender Annahme des Gesetzgebers auf ein Verbot, das dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG und der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG entspricht sowie den Bedürfnissen der Volkswirtschaft, der Interessen der Allgemeinheit und der Notwendigkeit gleicher Wettbewerbsbedingungen Rechnung trägt. Schon bei Erlass der Regelung ging der Gesetzgeber davon aus, Beschränkungen des Reisegewerbes ließen sich nur noch insoweit rechtfertigen, als hierfür gewerbepolizeiliche Gründe angeführt werden könnten (Verbraucherschutz, Verhütung von Straftaten, Verhinderung der Verwertung von Diebesgut). Die Aufrechterhaltung des An- und Verkaufsverbots von Edelmetallen im Reisegewerbe hielt er konkret zur Verhinderung von Straftaten (Hehlerei, Betrug) für notwendig. 115Vgl. BT-Drs. 3/318, S. 23 f.; siehe im Ergebnis auch Nds. OVG, Beschluss vom 13.8.2010 – 7 ME 60/10 –, juris, Rn. 6; OVG S.-A., Beschluss vom 16.3.2011 – 1 M 15/11 –, juris, Rn. 9; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 17.3.2010 – 1 S 239.09 –, juris, Rn. 7. 116Gerade hier hat er es deshalb im Interesse der Allgemeinheit nicht mehr für hinnehmbar gehalten, dass der Reisegewerbetreibende bei Rückfragen oder bei Reklamationen schwerer greifbar ist. 117Vgl. zu dieser generellen Problematik im Reisegewerbe BVerfG, Beschluss vom 27.9.2000 – 1 BvR 2176/98 –, juris, Rn. 24. 118An der Notwendigkeit solcher Vertriebsverbote im Reisegewerbe hat sich nach Einschätzung des Gesetzgebers seitdem nichts geändert. Im Gegenteil hat er im Interesse des Verbraucherschutzes wegen fortbestehender Missstände bei Verkaufsveranstaltungen im Reisegewerbe, insbesondere im Zusammenhang mit Kaffeefahrten, erst kürzlich die Schaffung weiterer Vertriebsverbote in § 56a Abs. 6 GewO in der ab dem 28.5.2022 geltenden Fassung für erforderlich gehalten und in diesem Zusammenhang klargestellt, die bisherigen Vertriebsverbote im Reisegewerbe nach § 56 GewO gälten weiterhin. Dabei hat er nochmals klargestellt, die Vertriebsverbote behinderten nicht den Marktzutritt als solchen, sondern stellten lediglich Vertriebsmodalitäten dar. Aus Gründen des Verbraucherschutzes sollten diese Pflichten daher auch auf solche Veranstalter erstreckt werden, die grenzüberschreitend in E. tätig seien. 119Vgl. BT-Drs. 19/27873, S. 44 ff., 46 f. 120Das Verbot erweist sich auch als erforderlich, weil die angeführten Ziele nicht genauso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden können, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken. Insbesondere sind weder das mit dem An- und Verkaufsverbot verfolgte Ziel des Verbraucherschutzes noch die Verhinderung von Straftaten bereits durch dem Gewerbetreibenden obliegende Informations- und Dokumentationspflichten – etwa nach der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (BGBl. I 2010, 267), nach den §§ 312d, 312f BGB oder der Preisangabenverordnung sowie nach den §§ 10 ff. GwG – ebenso wirksam zu erreichen. Hierdurch kann der Gewerbetreibende zwar zur Offenlegung allgemeiner Informationen zu seiner Person bzw. Firma, zur Vorabinformation über die angebotene Dienstleistung und zu bestimmten Vertragsinformationen nach Vertragsschluss sowie zur Identifikation seiner Vertragspartner verpflichtet werden. Solche Hinweis- und Prüfungspflichten sind aber nicht in gleicher Weise wie ein An- und Verkaufsverbot geeignet, den mit dem Vertrieb von Edelmetallen im Reisegewerbe einhergehenden besonderen Gefahren zu begegnen. Dies gilt schon mit Blick auf die größere Gefahr einer Irreführung der Verbraucher, die auf mangelnder Information, der nicht bzw. nur eingeschränkten Möglichkeit eines Preisvergleichs, ungenügenden Garantien in Bezug auf die Echtheit und dem psychologischen Kaufdruck beruht, der bei einem Vertrieb im Reisegewerbe höher ist als von einer festen Niederlassung aus. 121Vgl. EuGH, Urteil vom 23.2.2006 – C-441/04 –, Slg. 2006, I-2093 = juris, Rn. 26 ff. 122Diese Gefahren sind nicht schon dann vollständig ausgeräumt, wenn keine Überrumpelungsgefahr für den Kunden besteht, wie dies etwa bei Haustürgeschäften der Fall ist. Sie sind überwiegend typischerweise bereits mit dem Geschäftsmodell der nur auf kurze Dauer angelegten Veranstaltungen des An- und Verkaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe verbunden. Durch die künstliche Verknappung des Angebots im Wege der zeitlichen Begrenzung der An- und Verkaufsaktionen wird eine psychische Drucklage geschaffen, die dem Kunden das Gefühl vermitteln kann, er müsse von der vermeintlich einmaligen Gelegenheit Gebrauch machen, Gold und andere Edelmetalle in Geld „umzutauschen“. Schon die zeitlichen Zwänge lassen den Druck zum Vertragsabschluss wegen eines fehlenden Bezugs zu einer auf unbestimmte Zeit bestehenden Niederlassung wesentlich höher erscheinen als im stehenden Gewerbe. Dies gilt erst Recht für Kunden, die sich in einer finanziellen Notsituation befinden. Auch die theoretische Möglichkeit, vor Vertragsabschluss bei anderen Händlern Vergleichsangebote einzuholen, wird durch die zeitlichen Rahmenbedingungen deutlich eingeschränkt. Des Weiteren birgt der Vertrieb im Reisegewerbe die Gefahr, dass der Gewerbetreibende für Rückfragen oder Reklamationen der Kunden zu der besonders hochwertigen Ware nicht mehr oder nur erschwert zur Verfügung steht. Schließlich bietet die dem Reisegewerbe innewohnende Flüchtigkeit des Kontakts zwischen Händler und Kunden jedenfalls aus Kundensicht besondere Gelegenheiten für Hehlerei und Betrug, denen durch Informations-, Dokumentations- und Prüfungspflichten nicht in gleicher Weise wie mit einem An- und Verkaufsverbot entgegen getreten werden kann. 123Für Sonderkonstellationen, in denen eine Gefährdung der Allgemeinheit oder der öffentlichen Ordnung im Einzelfall nicht zu befürchten ist, hat der Gesetzgeber in § 56 Abs. 2 GewO Ausnahmen zugelassen. 124Vgl. BT-Drs. 3/318, S. 26. 125c) Bei dieser Ausgangslage war und ist die Untersagungsverfügung auch nicht ermessensfehlerhaft. Soweit die Beklagte in der angegriffenen Ordnungsverfügung noch auf den nicht mehr maßgeblichen Niederlassungsbegriff im Sinne des § 42 GewO a. F. verweist, begründet dies keinen Ermessensfehler. Nicht einmal die Nennung einer falschen Rechtsgrundlage führt zur Rechtswidrigkeit einer Verfügung, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen Rechtsgrundlage erfüllt sind. Grundsätzlich gilt dies auch für Ermessensverwaltungsakte, wenn die Normen demselben Zweck dienen und die Ermessenserwägungen die Verfügung auch nach der zutreffenden Vorschrift tragen. 126Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1989 – 9 C 28.89 –, juris, Rn. 12; OVG NRW, Urteil vom 16.10.2017 – 4 A 1607/16 –, juris, Rn. 34 f. 127So liegt es hier. Hinsichtlich der im Ermessen der Beklagten stehenden Entscheidung, ob und wie der Verstoß gegen das Ankaufsverbot aus § 56 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) GewO unterbunden werden soll, war die fehlerhafte Nennung von § 42 GewO a. F. nicht entscheidungserheblich. Auch im Übrigen wirken sich die Unterschiede zwischen dem früheren Niederlassungsbegriff nach § 42 Abs. 2 GewO a. F. und dem neuen europarechtlich geprägten Niederlassungsbegriff nach § 4 Abs. 3 GewO hier nicht aus. Nach beiden besteht jedenfalls dann keine Niederlassung, wenn sich der Gewerbetreibende – wie hier – von seinem Verkaufsort entfernen kann und dies auch regelmäßig über lange Zeit tut, ohne dass Hinweise auf seine Geschäftstätigkeit erkennbar bleiben. 128Vgl. Korte, VerwArch 2018, 217, 223. 129Die Beklagte ist deshalb auch nicht hinsichtlich eines für die Ermessensausübung möglicherweise relevanten Umstandes von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen. Ihre der Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen, dass die Räumlichkeiten nur für eine Einzelaktion angemietet worden seien, es an einer Einrichtung gefehlt habe, die für eine auf Dauer angelegte Tätigkeit erforderlich gewesen wäre, und die Rechtsvorgängerin auch nicht ausreichend deutlich als Veranstalterin in Erscheinung getreten sei, treffen für beide Niederlassungsbegriffe gleichermaßen zu. 130Die Untersagungsverfügung erweist sich zur Durchsetzung des An- und Verkaufsverbots von Gold im Reisegewerbe auch im Einzelfall als verhältnismäßig. Das Verbot gilt ausnahmslos für alle Gewerbetreibenden, sodass der Einwand der Klägerin, ihre Rechtsvorgängerin und sie selbst verhielten sich stets seriös und transparent gegenüber ihren Kunden, hinsichtlich der Geltung des Verbots unerheblich ist. Aus diesem Einwand ergeben sich auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Ausnahme von diesem Verbot nach § 56 Abs. 2 Satz 3 GewO zulassen müsste. Insbesondere ist die Klägerin in ihrem Geschäftsmodell für Kunden bei Rückfragen oder Reklamationen nicht besser greifbar als bei anderen für das Reisegewerbe typischen Verkaufsmodellen, für die das Verbot nach der gesetzgeberischen Entscheidung greifen soll. Dies wird nicht in Zweifel gezogen durch die nicht weiter belegten Werbematerialien und den im Termin zur mündlichen Verhandlung nachträglich überreichten Flyer für die damalige Verkaufsaktion der Rechtsvorgängerin. Auf diesem ist als einziger Anhaltspunkt für eine Identifikation des Anbieters die damalige Internetadresse der Rechtsvorgängerin der Klägerin „www.xxx.de“ benannt. Auf der von der Klägerin unter dem Namen der erloschenen Rechtsvorgängerin fortgeführten Internetseite selbst findet sich allein im Impressum ein Verweis auf den – nicht mehr aktuellen – Handelsregistereintrag der Rechtsvorgängerin, die auf der Seite noch immer als Verantwortliche geführt wird, sowie der Name des ehemaligen Geschäftsführers, Anschrift und Telefonnummer. Zudem ist unter dem Unterpunkt „Partner“, der sich nicht an Kunden, sondern an Gewerbetreibende richtet, die neben den bereits engagierten „mehreren hundert Agenturpartnern“ ihr Geschäft für eine Ankaufsaktion zur Verfügung stellen wollen, eine Kontaktperson und eine Telefonnummer angegeben. Der Reiter „Kontakt“ ist hingegen leer. Informationen zur Verschmelzung mit der Klägerin finden sich auf der Homepage gar nicht. Die für das Reisegewerbe mit seinen generellen Gefahren typische Flüchtigkeit der Tätigkeit an verschiedensten Orten für jeweils nur kurze Zeit wird hierdurch gerade im konkreten Einzelfall besonders deutlich. Im Übrigen lässt sich aus dem aktenkundig gewordenen Vorgehen nicht der Schluss ziehen, dass sich aus der Person der Rechtsvorgängerin keine Bedenken ergeben. Erst recht gilt dies für die Klägerin, die an diese Vorgehensweise anknüpfen möchte. Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankommt, steht der Annahme einer besondere Seriosität der Klägerin entgegen, dass für sie in der mündlichen Verhandlung ihr ehemaliger Geschäftsführer erschienen ist, ohne dem Eindruck des Gerichts entgegenzutreten, er sei (noch) Geschäftsführer, obwohl er ausweislich des aktuellen Handelsregistereintrags seit dem 3.1.2022 nicht mehr als solcher bestellt ist. 1312. Die Androhung unmittelbaren Zwangs für den Fall der Nichtbefolgung der Untersagungsverfügung in Nr. 2 der angegriffenen Ordnungsverfügung der Beklagten ist ebenfalls rechtmäßig. Sie beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 62 und 63 VwVG NRW und begegnet im Hinblick auf die Wahl des angedrohten Zwangsmittels keinen Bedenken. Insbesondere hat die Beklagte dem in § 62 VwVG NRW zum Ausdruck gebrachten Gedanken des unmittelbaren Zwangs als ultima ratio Rechnung getragen, indem sie das vermeintlich mildere Mittel der Zwangsgeldandrohung in diesem Fall nachvollziehbar für ungeeignet erachtet hat. Es wäre nicht in gleicher Weise wie die angedrohte Räumung geeignet, eine umgehende und effektive Beendigung des nur auf kurzfristige Dauer angelegten An- und Verkaufs von Edelmetallen zu bewirken. Dabei hat sie die umgehende Beendigung zum Schutz der Verbraucher für besonders geboten erachtet, weil die zivilrechtliche Wirksamkeit bereits geschlossener Verträge mit der Klägerin von dem Verbot der Tätigkeit nicht berührt würde. 132Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 133Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 134Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Angesichts voneinander abweichender obergerichtlicher Rechtsprechung bedarf der grundsätzlichen Klärung, ob im Voraus beworbene Edelmetallankaufsaktionen auch dann unter das Verbot des An- und Verkaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe fallen, wenn die Gefahr der Überrumpelung nicht in gleicher Weise besteht wie in anderen Formen des Reisegewerbes. | die berufung gegen das auf die mündliche verhandlung vom 28.2.2018 ergangene urteil des verwaltungsgerichts köln wird zurückgewiesen. die klägerin trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2die klägerin ist eine seit mai 2012 im handelsregister eingetragene gesellschaft mit sitz in i. , die im bereich des an- und verkaufs von metallen und edelmetallen tätig ist. im märz 2021 erfolgte im handelsregister die eintragung über die verschmelzung der klägerin mit der ebenfalls im bereich des edelmetallhandels tätigen set deutschland service limited (im folgenden: rechtsvorgängerin). 3die rechtsvorgängerin mit sitz in c. , h. , wurde erstmals im juni 2015 in das handelsregister beim amtsgericht i. mit einer zweigniederlassung in i. eingetragen (handelsregister-nr. b 20…). zum 1.6.2017 meldete sie bei der beklagten eine unselbständige zweigstelle unter der anschrift m. . 14 in h1. mit der tätigkeit „handel von und mit edelmetallen“ an. hierauf teilte ihr die beklagte mit, es handele sich bei der von ihr beabsichtigten tätigkeit um ein überwachungsbedürftiges gewerbe nach § 38 gewo und bat um vorlage weiterer unterlagen zur bearbeitung der gewerbeanmeldung. die rechtsvorgängerin reagierte hierauf nicht. 4am 22.6.2017 stellte eine mitarbeiterin der beklagten fest, dass auf den schaufensterscheiben der betriebsstätte m. . 14 in h1. sowie auf einem werbereiter vor der e-shisha bar in der m. . 14a durch plakatwerbung auf eine goldankaufsveranstaltung aufmerksam gemacht wurde, die am 29.6.2017 und 30.6.2017 stattfinden sollte. auf dem plakat hieß es unter anderem: „gold-ankauf“, „kontor für edelmetall-recycling“ sowie „goldg. i1. premium partner“. näheres über den veranstalter wurde nicht angegeben, ebenso wenig der veranstaltungsort. auf nachfrage der beklagten teilte die vermieterin des gebäudes m. . 14 mit, es gebe zwischen dem veranstalter der goldankaufsveranstaltung und ihr keinen mietvertrag, weil es sich dabei nur um eine einzelaktion von ein paar tagen handele. 5am 29.6.2017 fand eine goldankaufsveranstaltung – anders als in der gewerbeanzeige angegeben – in den räumlichkeiten der e-shisha-bar (m. . 14a) statt. hierfür hatte ein mitarbeiter der rechtsvorgängerin in einer ecke der geschäftsräume einen klappcampingtisch und zwei stühle aufgestellt. auf dem tisch standen ein laptop, ein taschenrechner und eine waage, die nach angaben der klägerin in die eichklasse 2 eingestuft war. unter dem tisch befand sich ein drucker. mitarbeiter der beklagten, die die räumlichkeiten an diesem tag in augenschein nahmen, forderten den mitarbeiter der rechtsvorgängerin zur sofortigen beendigung der goldankaufsveranstaltung auf und untersagten ihm die tätigkeit mit der begründung, es handele sich hierbei um die unerlaubte ausübung des reisegewerbes. selbiges teilten sie sodann fernmündlich auch dem geschäftsführer der rechtsvorgängerin mit. der mitarbeiter packte alle für den verkauf mitgebrachten gegenstände ein und fuhr mit einem auto mit i2. kennzeichen davon. 6mit ordnungsverfügung vom 3.7.2017 ordnete die beklagte unter bezugnahme auf ihre mündlich ausgesprochene ordnungsverfügung vom 29.6.2017 und unter anordnung der sofortigen vollziehung die sofortige einstellung des an- und verkaufs von edelmetallen (gold, silber, platin und platinbeimetallen) und edelmetallhaltigen legierungen in jeder form sowie waren mit edelmetallauflagen im sinne des § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo an (ziffer 1). ferner drohte sie für den fall, dass die rechtsvorgängerin der untersagungsverfügung nicht oder nicht im vollen umfang nachkommen sollte, den unmittelbaren zwang in form der räumung des von dieser angemieteten teils der betriebsräume an (ziffer 2). zur begründung führte sie aus, die untersagungsverfügung beruhe auf § 60d gewo. der von der rechtsvorgängerin beabsichtigte ankauf von edelmetallen habe im reisegewerbe, außerhalb einer für eine niederlassung erforderlichen betriebsstätte im sinne des § 42 gewo stattfinden sollen. die räumlichkeiten seien nur für eine einzelaktion angemietet worden. zudem habe es an einer einrichtung gefehlt, die für eine dort auf dauer angelegte tätigkeit erforderlich gewesen wäre. mangels angabe des veranstalters auf den werbeplakaten wäre es den kunden auch nicht möglich gewesen, bei beanstandungen den richtigen ansprechpartner zu finden. nach ausübung pflichtgemäßen ermessens sei der rechtsvorgängerin die fortsetzung des unerlaubten ankaufs von edelmetallen zu untersagen. deren wirtschaftliches interesse an der fortsetzung der tätigkeit trete hinter dem interesse der allgemeinheit am schutz von eigentum und vermögen zurück. die androhung des unmittelbaren zwangs in form der räumung der angemieteten flächen sei geeignet und erforderlich, um das ziel zu erreichen, einen weiteren rechtswidrigen ankauf von edelmetallen zu unterbinden. aufgrund der bestehenden schutzverletzung potentieller kunden sei eine umgehende beendigung der tätigkeit der rechtsvorgängerin geboten. 7hiergegen hat die rechtsvorgängerin mit der begründung klage erhoben, das verbot des an- und verkaufs von edelmetallen im reisegewerbe beeinträchtige sie in nicht gerechtfertigter weise in ihrer niederlassungsfreiheit aus art. 49 aeuv, weil es eine derartige beschränkung in keinem anderen eu-mitgliedstaat gebe. im übrigen liege kein verstoß gegen § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo vor, weil sie nicht im rahmen des reisegewerbes tätig geworden sei. denn nicht sie habe ihre kunden unangemeldet aufgesucht, sondern die kunden seien aus freien stücken zu ihrer ankaufsstelle gekommen. auch eine überrumpelung der kunden habe nicht stattgefunden. soweit die beklagte in ihrer begründung auf § 42 gewo verweise, sei diese norm mit wirkung zum 28.12.2009 aufgehoben worden. aus der heranziehung einer nicht mehr existierenden norm folge, dass die beklagte kein ermessen oder ein solches jedenfalls fehlerhaft ausgeübt habe. die untersagungsverfügung erweise sich zumindest als unverhältnismäßig, weil sie sich stets seriös und transparent gegenüber ihren kunden verhalte. 8die rechtsvorgängerin hat beantragt, 9die ordnungsverfügung der beklagten vom 3.7.2017 aufzuheben, 10das verfahren auszusetzen und dem eugh vorzulegen, um zu klären, ob die §§ 55, 56, 60d gewo mit der europäischen warenverkehrsfreiheit, der dienstleistungsfreiheit und der niederlassungsfreiheit vereinbar sind. 11die beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung hat sie ausgeführt, die rechtsvorgängerin sei im rahmen des reisegewerbes tätig geworden. sie habe den für zwei tage angesetzten ankauf von edelmetallen in der e-shisha-bar in h1. außerhalb ihrer gewerblichen niederlassung und ohne vorhergehende bestellung durchgeführt und mit werbung im eingangsbereich des e-shisha-ladenlokals kurzfristig einen unbestimmten kundenstamm angesprochen. durch das verbot des an- und verkaufs von edelmetallen im reisegewerbe werde die rechtsvorgängerin auch nicht in ungerechtfertigter weise in ihrer niederlassungsfreiheit beeinträchtigt. insbesondere verstoße § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo nicht gegen die warenverkehrsfreiheit. das verbot des feilbietens und des ankaufs von edelmetallen im reisegewerbe gelte sowohl für gewerbetreibende anderer mitgliedstaaten als auch für inländische gewerbetreibende, ohne dass diese in irgendeiner form privilegiert würden. im übrigen diene das verbot zwingenden gründen des allgemeininteresses. aus sicht des gesetzgebers sei es zur verhinderung von straftaten wie hehlerei und betrug notwendig und solle den verbraucher vor überrumpelung schützen. zudem verfolge das verbot das ziel der präventiven und repressiven überwachung der gewerbetreibenden. neben der möglichkeit der jederzeitigen behördlichen kontrolle am ort der niederlassung solle auch die anbieterflüchtigkeit verhindert werden, damit der verbraucher bei bedarf auf den gewerbetreibenden zur rückabwicklung des vertrages oder aus sonstigen gründen zurückgreifen könne. 14das verwaltungsgericht hat die klage abgewiesen. materielle rechtsgrundlage des angefochtenen bescheids sei § 60d i. v. m. § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo. die rechtsvorgängerin habe die von ihr durchgeführten ankaufsaktionen am 29.6. und 30.6.2017 in form eines reisegewerbes im sinne des § 55 abs. 1 nr. 1 gewo ausgeübt und beabsichtige, dies auch zukünftig in dieser art und weise zu tun. die im juni 2017 in dem stadtgebiet der beklagten ausgeübte tätigkeit der rechtsvorgängerin sei außerhalb ihrer niederlassung im sinne des § 4 abs. 3 gewo erfolgt. für die annahme einer niederlassung mangele es an einer eigenen organisatorisch erkennbaren festen infrastruktur, von der aus die gewerbliche tätigkeit der rechtsvorgängerin ausgeübt werde. darüber hinaus fehle die tätigkeit eines dauerhaft für diese einrichtung verantwortlichen beschäftigten. auch für die zukunft sei nichts anderes anzunehmen, weil nach dem vortrag des geschäftsführers der rechtsvorgängerin in der mündlichen verhandlung die veranstaltungen etwa vier bis sieben mal im jahr stattfinden und in gleicher bzw. ähnlicher weise durchgeführt werden sollten. die rechtsvorgängerin werde im rahmen der von ihr veranstalteten ankaufsaktionen auch „ohne vorhergehende bestellung“ im sinne von § 55 gewo tätig. dieses tatbestandsmerkmal sei nicht schon dann nicht erfüllt, wenn der kunde den händler aufsuche. es solle allein dann ein reisegewerbe ausschließen, wenn das tätigwerden außerhalb der niederlassung auf initiative des kunden – nämlich auf seine vorhergehende bestellung – erfolge. unter einer vorhergehenden bestellung im sinne von § 55 abs. 1 gewo sei – in abgrenzung von der reinen aufnahme von vertragsverhandlungen – zumindest eine vorab vom kunden ausgehende und an den gewerbetreibenden gerichtete aufforderung zu hinreichend bestimmten vertragsverhandlungen bzw. zum abschluss eines vertrages zu verstehen. dieses auslegungsergebnis stimme auch mit dem zweck des vom gesetzgeber in § 55 gewo aufgestellten verbots mit erlaubnisvorbehalt für das betreiben eines reisegewerbes überein, nicht nur den kunden vor überrumpelung, sondern auch die allgemeinheit und die kunden vor den risiken zu schützen, die durch eine geschäftstätigkeit außerhalb einer ständigen niederlassung oder ohne gewerbliche niederlassung entstünden. hier gehe die initiative zum ankauf von gold und anderen edelmetallen außerhalb ihrer niederlassung von der rechtsvorgängerin aus, die ihre kunden durch kurzfristig von ihr aufgehängte werbeplakate anspreche. die kunden suchten die kurzfristig beworbenen ankaufsaktionen der rechtsvorgängerin ohne konkrete vorstellung des angebots und vertragsinhalts auf. der anwendung von § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo stehe auch europäisches recht nicht entgegen. die verbotsnorm sei insbesondere mit der warenverkehrsfreiheit im sinne der art. 34 ff. aeuv vereinbar. es sei nicht erkennbar, dass die bestimmung des § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo erzeugnisse aus anderen mitgliedstaaten stärker berühre als inländische waren. das verbot knüpfe allein an das produkt an und richte sich gleichermaßen an sämtliche inländischen und ausländischen unternehmen. durch die mit ihm verfolgten zwecke vornehmlich des verbraucherschutzes dürfte es jedenfalls gerechtfertigt sein. ermessensfehler seien nicht erkennbar. die auf die §§ 55, 57, 62 und 63 vwvg nrw gestützte anordnung von unmittelbarem zwang für den fall der nichtbefolgung der untersagungsverfügung sei angesichts der nur kurzfristigen durchführung von goldankaufsaktionen auf dem gebiet der beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. 15mit schriftsatz vom 7.7.2021 hat die klägerin das gericht über ihre verschmelzung mit der rechtsvorgängerin in kenntnis gesetzt und mitgeteilt, sie nehme den rechtsstreit auf. 16zur begründung ihrer vom senat zugelassenen berufung trägt sie ergänzend zu dem erstinstanzlichen vorbringen der rechtsvorgängerin vor, diese habe im ladenlokal unter der anschrift m1.----------straße 14 eine niederlassung betrieben, in der sämtliche erforderlichen utensilien für den geschäftsbetrieb des edelmetallankaufs vorhanden gewesen seien. ihre absicht, dort auf unbestimmte zeit eine gewerbliche tätigkeit aufzunehmen, sei durch die gewerbeanzeige dokumentiert. die rechtsvorgängerin habe ihre tätigkeit aus der festen infrastruktur des agenturpartners heraus erbringen wollen und sei hieran lediglich durch die streitgegenständliche verfügung gehindert worden. sie – die klägerin – beabsichtige, die frühere tätigkeit ihrer rechtsvorgängerin fortzusetzen. dass der edelmetallankauf nicht ganzjährig stattfinde, sei eine entscheidung im rahmen ihrer unternehmerischen freiheit und stehe der annahme einer gewerblichen niederlassung nicht entgegen. während ihrer abwesenheit stehe der agenturpartner den kunden als dauerhafter ansprechpartner zur verfügung, auch wenn mit ihm lediglich ein mietvertrag geschlossen sei. im übrigen sei bei ihrem geschäftsmodell keine überrumpelungsgefahr für die kunden gegeben. sie – die klägerin – schalte etwa eine woche vor beginn einer goldankaufsaktion hierfür werbung in den medien, verteile flyer und versende mailings an bestandskunden. aus diesen ergäben sich ihre firmendaten, zumindest aber ihre internetadresse, sowie ort und zeit der jeweiligen aktion. auf dem aufsteller vor dem geschäft sei die marke „goldg.“ des geschäftsführers der rechtsvorgängerin angegeben gewesen, mit der er premiumpartner der i1. gewesen sei. wolle ein kunde edelmetall, vor allem schmuck, verkaufen, werde dieses von ihren mitarbeitern, die alle goldschmiede seien, zum teil sogar goldschmiedemeister, begutachtet und dem kunden ein angebot unterbreitet. dieses müsse der kunde nicht sofort annehmen, sondern könne es zunächst mit angeboten anderer ankäufer vergleichen. entscheide sich ein kunde dafür, zu den ihm genannten bedingungen an sie – die klägerin – zu verkaufen, erhalte er einen schriftlichen vertrag, in dem die persönlichen daten des kunden und ihre daten aufgenommen seien. zuvor müsse sich der kunde mit einem amtlichen ausweis ausweisen. 17die klägerin beantragt, 18das auf die mündliche verhandlung vom 28.2.2018 ergangene urteil des verwaltungsgerichts köln zu ändern und die angefochtene ordnungsverfügung der beklagten vom 3.7.2017 aufzuheben. 19die beklagte beantragt, 20die berufung zurückzuweisen. 21zur begründung nimmt sie bezug auf ihr bisheriges vorbringen und führt ergänzend aus, gegen die annahme einer niederlassung spreche die von der klägerin auf ihrer internetseite formulierte tätigkeitsbeschreibung. sie mache damit werbung, in ladengeschäften dritter regelmäßig goldschmiedeaktionen durchzuführen. die formulierung deute auf eine zeitlich begrenzte, kurzfristige tätigkeit hin ohne die absicht, in den betreffenden ladengeschäften eine eigenständige außenstelle errichten oder betreiben zu wollen. bei der auslegung des tatbestandsmerkmals „ohne bestellung“ seien auch die umstände des einzelfalls zu berücksichtigen. der handel mit edelmetallen stelle eine besonders verlockende und kurzfristige möglichkeit für die angesprochenen kunden dar, um sofort an bargeld zu gelangen. zugleich wiesen die kunden oftmals wenig fachkenntnis auf. konkrete modalitäten würden von der klägerin vorab nicht genannt. die gerade bei edelmetallen vorkommenden erheblichen preisschwankungen erschwerten eine verlässliche kalkulation von preisen für einen verbraucher zusätzlich. ferner sei fraglich, ob ein durchschnittlicher kunde die realistische möglichkeit habe, das gewicht, die qualität und den anteil des edelmetalls von seinem verkaufsobjekt innerhalb einer kurzen vorbereitungszeit verlässlich und unabhängig durch einen dritten beurteilen zu lassen. im fall einer reklamation könnten die kunden nicht ohne weiteres die klägerin als vertragspartnerin erkennen, insbesondere werde sie auf den werbeflächen nicht als verkäuferin benannt. es werde vielmehr der eindruck vermittelt, dass entweder der ladeninhaber oder der beworbene „direkthändler ‚i1. ‘“ der richtige ansprechpartner sei. der gesetzgeber habe schließlich wiederholt zum ausdruck gebracht, edelmetallhändler stärker regulieren zu wollen. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte (ein band sowie eine elektronische gerichtsakte) und des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten (ein band) bezug genommen. 23 | 24die zulässige berufung der klägerin hat keinen erfolg. 25die klage ist zulässig (i.), aber unbegründet (ii.). 26i. die gegen die ordnungsverfügung der beklagten gerichtete anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo ist statthaft. insbesondere hat sich die an die rechtsvorgängerin der klägerin adressierte ordnungsverfügung nicht im sinne von § 43 abs. 2 vwvfg nrw erledigt. 27nach § 43 abs. 2 vwvfg nrw bleibt ein verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch zeitablauf oder auf andere weise erledigt ist. da das gesetz den wirksamkeitsverlust des verwaltungsakts bei den übrigen in § 43 abs. 2 vwvfg nrw genannten varianten entweder – wie in den fällen der rücknahme, des widerrufs oder der anderweitigen aufhebung – an ein formalisiertes handeln der behörde oder – wie im fall des zeitablaufs – an einen eindeutig bestimmbaren tatbestand knüpft, ist die annahme einer erledigung „auf andere weise“ im sinne der letzten variante der vorschrift nur in eng begrenzten ausnahmefällen gerechtfertigt. 28vgl. bverwg, urteil vom 9.5.2012 – 6 c 3.11 –, bverwge 143, 87 = juris, rn. 19 f., und beschluss vom 6.10.2015 – 3 b 9.15 –, juris, rn. 7. 29eine erledigung „auf andere weise“, die hier allein in betracht kommt, kann unter anderem dann eintreten, wenn der verwaltungsakt die ihm zukommende steuernde funktion verloren hat, weil das rechtssubjekt, an das er adressiert war, nicht mehr existiert und der übergang im wege der rechtsnachfolge ausscheidet. 30vgl. bverwg, urteile vom 29.4.2015 – 6 c 39.13 –, bverwge 152, 87 = juris, rn. 14 ff.; ovg nrw, urteil vom 27.2.2013 – 13 a 2661/11 –, juris, rn. 27 f.; sachs, in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. aufl. 2018, § 43 rn. 210. 31eine erledigung „auf andere „weise“ liegt danach nicht vor. die angegriffene ordnungsverfügung hat ihre wirksamkeit weder durch wegfall des rechtssubjekts noch durch wegfall des regelungsgegenstandes verloren. zwar ist die rechtsvorgängerin aufgrund der verschmelzung mit der klägerin nach § 20 abs. 1 nr. 2 satz 1 umwg erloschen. die angefochtene ordnungsverfügung ist aber wegen ihrer betriebsbezogenheit rechtsnachfolgefähig (hierzu unter 1.). sie ist auch im wege der rechtsnachfolge nach § 20 abs. 1 nr. 1 umwg auf die klägerin übergegangen (hierzu unter 2.), die gegenüber dem gericht ausdrücklich erklärt hat, sie beabsichtige, die frühere tätigkeit der in ihr aufgegangenen rechtsvorgängerin fortzusetzen. deren gewerblichen betrieb betrifft die streitgegenständliche anordnung. 321. die übertragbarkeit bzw. rechtsnachfolgefähigkeit öffentlich-rechtlicher rechte und pflichten richtet sich danach, in welchem maß dies durch das einschlägige materielle recht sachlich oder persönlich bestimmt wird. je stärker die sachbestimmten bezüge sind, desto eher ist eine übertragbarkeit zu bejahen, während umgekehrt umso eher von einer fehlenden rechtsnachfolgefähigkeit auszugehen ist, je mehr personale elemente im vordergrund stehen. 33vgl. bverwg, urteile vom 29.4.2015 – 6 c 39.13 –, bverwge 152, 87 = juris, rn. 17, und vom 18.9.1981 – 8 c 72.80 –, bverwge 64, 105 = juris, rn. 32, sowie beschluss vom 7.9.2018 – 3 b 29.17 –, juris, rn. 9. 34danach ist die mit der streitgegenständlichen ordnungsverfügung angeordnete pflicht zur sofortigen einstellung des an- und verkaufs von edelmetallen und edelmetallhaltigen legierungen im reisegewerbe der rechtsnachfolge zugänglich. sie knüpft nicht an die person der rechtsvorgängerin, sondern an das von ihr konkret ausgeübte geschäftsmodell an. vor allem deshalb – und nicht weil die rechtsvorgängerin eine juristische person war – ist die verfügung im kern nicht personen-, sondern betriebsbezogen. die betriebsbezogene prägung der pflicht rechtfertigt es, sie von der person des ursprünglichen störers – der rechtsvorgängerin – abzulösen und ihre übergangsfähigkeit auf ihren gesamtrechtsnachfolger anzunehmen. 352. mit eintragung der verschmelzung der klägerin und der t. e. t1. m2. am 22.3.2021 in das handelsregister des amtsgerichts i. ist gemäß § 20 abs. 1 nr. 1 umwg das vermögen der rechtsvorgängerin als übertragenden rechtsträgerin einschließlich der verbindlichkeiten auf die klägerin als übernehmende rechtsträgerin im wege der gesamtrechtsnachfolge übergegangen. von dem nachfolgetatbestand erfasst sind neben den zivilrechtlichen rechten und pflichten öffentlich-rechtliche verpflichtungen, soweit sie – wie die hier streitgegenständliche ordnungsverfügung – rechtsnachfolgefähig sind. 36vgl. heidinger, in: henssler/strohn (hrsg.), gesellschaftsrecht, 5. aufl. 2021, § 20 umwg rn. 37; winter, in: schmitt/hörtnagel, umwandlungsgesetz, 9. aufl. 2020, § 20 rn. 92, 94; leonard/simon, in: semler/stengel/leonard (hrgs.), umwandlungsgesetz, 5. aufl. 2021, § 20 rn. 67. 37ii. die danach zulässige klage ist unbegründet. 38die angefochtene ordnungsverfügung der beklagten ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 391. materielle rechtsgrundlage der von der beklagten unter nr. 1. der ordnungsverfügung angeordneten sofortigen einstellung des an- und verkaufs von edelmetallen und edelmetallhaltigen legierungen in jeder form sowie waren mit edelmetallauflagen ist § 60d i. v. m. § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo. danach kann die ausübung des reisegewerbes entgegen des verbots des feilbietens und des ankaufs von edelmetallen und edelmetallhaltigen legierungen in jeder form sowie waren mit edelmetallauflagen von der zuständigen behörde verhindert werden. die tatbestandlichen voraussetzungen der regelung sind erfüllt. die rechtsvorgängerin hat entgegen des verbots aus § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo einen goldankauf im reisegewerbe betrieben [hierzu unter a)]. bedenken gegen die vereinbarkeit des an- und verkaufsverbots nach § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo mit unionsrecht bestehen nicht [hierzu unter b)]. die zur verhinderung der weiteren ausübung dieser tätigkeit ausgesprochene untersagungsverfügung erweist sich als ermessensfehlerfrei [hierzu unter c)]. 40a) ein reisegewerbe betreibt nach der legaldefinition des § 55 abs. 1 nr. 1 gewo, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende bestellung außerhalb seiner gewerblichen niederlassung (§ 4 abs. 3 gewo) oder ohne eine solche zu haben unter anderem waren feilbietet oder bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft. 41ein wesentliches abgrenzungsmerkmal zwischen dem nach § 14 abs. 1 gewo anzeigepflichtigen stehenden gewerbe und dem nicht anzeige-, aber erlaubnispflichtigen reisegewerbe ist danach, ob eine gewerbliche tätigkeit von einer niederlassung im sinne von § 4 abs. 3 gewo aus erfolgt. 42vgl. ovg nrw, urteil vom 20.3.2017 – 4 a 489/14 –, juris, rn. 45 ff., sowie beschlüsse vom 9.8.2018 ‒ 4 a 1882/16 –, juris, rn. 7, und vom 6.10.2014 – 4 b 88/14 –, juris, rn. 85 ff., jeweils m. w. n. 43besteht eine niederlassung [hierzu unter aa)], auch in gestalt einer zweigniederlassung oder einer unselbständigen zweigstelle, und wird der gewerbetreibende dort tätig, handelt es sich schon deshalb nicht um reisegewerbe, sondern um stehendes gewerbe. hingegen ist der anwendungsbereich der §§ 55 ff. gewo eröffnet und es liegt eine tätigkeit im reisegewerbe vor, wenn der gewerbetreibende ohne vorhergehende bestellung außerhalb seiner gewerblichen niederlassung im sinne des § 4 abs. 3 gewo oder ohne eine solche zu haben gewerblich tätig wird [hierzu unter bb)]. danach war die rechtsvorgängerin in der vergangenheit und wird nunmehr die klägerin im reisegewerbe tätig [hierzu unter cc)]. 44aa) eine niederlassung besteht gemäß § 4 abs. 3 gewo dann, wenn eine selbständige gewerbsmäßige tätigkeit auf unbestimmte zeit und mittels einer festen einrichtung von dieser aus tatsächlich ausgeübt wird. damit hat § 4 abs. 3 gewo in umsetzung der dienstleistungsrichtlinie 2006/123/eg vom 12.12.2006 (abl. l 376/36) die definition aus art. 4 nr. 5 der richtlinie aufgenommen und sie nicht nur für den grenzüberschreitenden, sondern auch für den nationalen dienstleistungsverkehr zum maßstab erhoben. 45vgl. ovg nrw, urteil vom 20.3.2017 – 4 a 489/14 –, juris, rn. 47 ff., unter hinweis auf die begründung des gesetzentwurfs der bundesregierung zur umsetzung der dienstleistungsrichtlinie im gewerberecht und in weiteren rechtsvorschriften, bt-drs. 16/12784, s. 12 ff. 46nach art. 4 nr. 5 der richtlinie bezeichnet der ausdruck „niederlassung“ die tatsächliche ausübung einer von art. 49 aeuv (vormals art. 43 egv) erfassten wirtschaftlichen tätigkeit durch den dienstleistungserbringer auf unbestimmte zeit und mittels einer festen infrastruktur, von der aus die geschäftstätigkeit der dienstleistungserbringung tatsächlich ausgeübt wird. in erwägungsgrund 37 zu der richtlinie heißt es erläuternd, dass eine niederlassung nicht die form einer tochtergesellschaft, zweigniederlassung oder agentur haben muss, sondern aus einer geschäftsstelle bestehen kann, die von einem beschäftigten des dienstleistungserbringers oder von einem selbständigen, der ermächtigt ist, dauerhaft für das unternehmen zu handeln, betrieben wird, wie dies z. b. bei einer agentur der fall ist. 47hierzu auch: eugh, urteil vom 23.2.2016 – c-179/14 –, juris, rn. 106. 48nach diesen definitionen und erläuterungen erfordert auch eine unselbständige zweigstelle im stehenden gewerbe eine erkennbare, feste einrichtung bzw. infrastruktur, von der aus das gewerbe auf unbestimmte zeit tatsächlich betrieben wird, wobei zusätzlich die tätigkeit eines für die einrichtung verantwortlichen beschäftigten für den gewerbetreibenden zu verlangen ist. denn andernfalls fehlt es an den voraussetzungen für das bestehen einer niederlassung im sinne des § 4 abs. 3 gewo. 49bb) wird der niedergelassene gewerbetreibende außerhalb seiner niederlassung tätig, ist für die abgrenzung des stehenden gewerbes nach §§ 14 ff. gewo vom reisegewerbe nach §§ 55 ff. gewo gemäß § 55 abs. 1 gewo weiter maßgeblich, ob die betätigung ohne vorhergehende bestellung erfolgt ist. nach wortlaut, systematik und regelungsabsicht erfolgt die abgrenzung zwischen dem in titel ii der gewerbeordnung geregelten stehenden gewerbe von dem in titel iii geregelten reisegewerbe nur durch die merkmale „ohne vorhergehende bestellung außerhalb [einer] gewerblichen niederlassung (§ 4 absatz 3) oder ohne eine solche zu haben“, sofern nicht die regelungen über die marktfreiheit aus titel iv zu messen, ausstellungen und märkten einschlägig sind. 50entscheidend für die einordnung in das reisegewerbe ist danach, dass die initiative zum geschäftlichen verkehr nicht vom kunden ausgeht, sondern anders als im stehenden gewerbe regelmäßig vom gewerbetreibenden, weshalb dessen identität infolge des auftretens außerhalb einer niederlassung und wegen der vielfach nur flüchtigen kontakte schwieriger festzustellen ist. das unterscheidet das reisegewerbe vom stehenden gewerbe, bei dem die kunden um angebote nachsuchen. die gewerbliche niederlassung und die von dort ausgehende geschäftstätigkeit grenzen die beiden formen der berufsausübung voneinander ab. 51vgl. bt-drs. 16/4391, s. 35 (zu artikel 9); bverwg, beschluss vom 1.4.2004 – 6 b 5.04 –, juris, rn. 8; bverfg, beschlüsse vom 27.9.2000 – 1 bvr 2176/98 –, juris, rn. 30, und vom 27.4.2007 – 2 bvr 449/02 –, juris, rn. 26. 52es entsprach bereits der ursprünglichen gesetzgeberischen intention, die fälle gewerblicher betätigung außerhalb einer niederlassung grundsätzlich einheitlich dem reisegewerbe zuzuordnen. hierzu hat der gesetzgeber mit dem vierten bundesgesetz zur änderung der gewerbeordnung vom 5.2.1960 (bgbl. i s. 61) die vorherige unterscheidung zwischen dem ambulanten gewerbe am wohnort, das dem stehenden gewerbe zugeordnet war (§ 42 gewo in der bis zum 30.9.1960 gültigen fassung), und dem sogenannten wandergewerbe im sinne des § 55 gewo in der bis zum 30.9.1960 gültigen fassung aufgegeben und in einem kapitel unter dem neu eingeführten begriff des reisegewerbes zusammengefasst. entscheidender gesichtspunkt für die zuordnung zum reisegewerbe sollte danach der umstand sein, dass das gewerbe außerhalb einer gewerblichen niederlassung ausgeübt wird. 53vgl. bt-drs. 2/2681, s. 27 f.; bt-drs. 3/318, s. 21 f. 54nur der fall, in dem der niedergelassene gewerbetreibende im konkreten einzelfall auf vorhergehende bestellung des kunden außerhalb seiner gewerblichen niederlassung tätig geworden ist, sollte danach weiterhin dem stehenden gewerbe zuzuordnen sein. 55zur auslegung des diesem zweck seit jeher dienenden zusätzlichen abgrenzungsmerkmals „ohne vorhergehende bestellung“ kann ergänzend die zivilrechtliche judikatur zum widerrufsrecht bei haustürgeschäften nach § 312 abs. 3 nr. 1 bgb in der bis zum 12.6.2014 gültigen fassung (bgb a. f.) herangezogen werden, weil sich das tatbestandsmerkmal der „vorhergehenden bestellung“ nach der gesetzgeberischen intention mit dem aus § 55 abs. 1 gewo deckt. die regelung wurde durch art. 1 nr. 13 des gesetzes zur modernisierung des schuldrechts vom 26.11.2001 (bgbl. i s. 3138) in das bgb aufgenommen. sie geht auf die mit wirkung vom 1.1.2002 aufgehobene regelung des § 1 abs. 2 nr. 1 des gesetzes über den widerruf von haustürgeschäften und ähnlichen geschäften (bgbl. 1986 i s. 122) zurück. zur auslegung des begriffs „vorhergehende bestellung“ sollte nach dem willen des gesetzgebers die gewerberechtliche rechtsprechung und literatur zu § 55 abs. 1 gewo herangezogen werden können. 56vgl. bt-drs. 10/2876, s. 12. 57unter einer vorhergehenden bestellung im sinne von § 55 abs. 1 gewo ist eine vom kunden ausgehende und an den niedergelassenen gewerbetreibenden – regelmäßig, aber nicht notwendig, über seine niederlassung („vertriebsgeschäft“) – gerichtete vorherige aufforderung zu hinreichend bestimmten vertragsverhandlungen außerhalb einer niederlassung zu verstehen. 58vgl. bgh, urteil vom 15.4.2010 – iii zr 218/09 –, bghz 185, 192 = juris, rn. 13; olg frankfurt am main, urteil vom 26.11.2010 – 25 u 65/09 –, juris, rn. 26; schönleiter, in: landmann/rohmer, gewo, stand: februar 2021, § 55 rn. 30 ff., 32. 59eine gewerbsmäßige betätigung im stehenden gewerbe außerhalb einer niederlassung ist hiernach nur gegeben, wenn der gewerbetreibende dort auf vorherige veranlassung des kunden tätig wird. die bestellung des gewerbetreibenden durch den kunden muss nach dem eindeutigen wortlaut der norm der kundenbegegnung vorausgegangen sein. 60vgl. auch olg frankfurt a. main, urteil vom 26.11.2010 – 25 u 65/09 –, juris, rn. 26; schönleiter, in: landmann/rohmer, gewo, stand: februar 2021, § 55 rn. 32. 61voraussetzung ist ferner, dass der kunde bei der vorab erfolgten verabredung des termins den gegenstand der verhandlung hinreichend konkret bezeichnet. 62vgl. bgh, urteil vom 7.12.1989 – iii zr 276/88 –, juris, rn. 25, m. w. n. 63fehlt es an einem solchen vorherigen anstoß zu vertragsverhandlungen durch den kunden, liegt eine tätigkeit im reisegewerbe vor. dabei ist unerheblich, in welcher form der gewerbetreibende ohne vorhergehende bestellung außerhalb seiner gewerblichen niederlassung tätig wird, ob er von haus zu haus zieht oder seine gewerbliche tätigkeit auf öffentlichen wegen, straßen oder plätzen oder an anderen orten – wie etwa kurzfristig angemieteten verkaufsflächen – anbietet. insbesondere setzt das tatbestandsmerkmal „ohne vorhergehende bestellung“ im sinne des § 55 abs. 1 gewo nicht voraus, dass der gewerbetreibende den kunden unangekündigt aufsucht oder explizit anspricht. 64vgl. olg frankfurt, urteil vom 26.11.2010 – 25 u 65/09 –, juris, rn. 22 ff. (30 f.); schl.-h. olg, urteil vom 24.4.2012 – 6 u 6/11 –, juris, rn. 19 ff.; nds. ovg, beschluss vom 31.7.2009 – 7 me 73/09 –, juris, rn. 10; hamb. ovg, beschluss vom 17.10.2006 – 1 bs 306/06 –, juris, rn. 8; a. a. thür. ovg, beschluss vom 1.7.2010 – 3 eo 876/10 –, juris, rn. 7 ff.; offen lassend noch: ovg nrw, beschluss vom 17.5.2010 – 4 b 1693/09 –. 65wenngleich in solchen situationen die gefahr der überrumpelung besonders hoch ist, lässt sich eine solche einschränkende auslegung weder dem wortlaut noch den bereits angeführten motiven des gesetzgebers oder der gesetzessystematik entnehmen. vielmehr liegt eine gewerbliche betätigung ohne vorhergehende bestellung hiernach auch dann vor, wenn sich der kunde – aufgrund vorausgegangener werbung oder bei gelegenheit – zu dem außerhalb seiner niederlassung tätigen gewerbetreibenden begibt. auch in diesen fällen geht der kontaktaufnahme keine für fälle dieser art als alleiniges abgrenzungskriterium vorgesehene bestellung des kunden im dargelegten sinne voraus. den anstoß zur anbahnung eines vertragsabschlusses gibt vielmehr der gewerbetreibende, der seine gewerbliche tätigkeit temporär außerhalb seiner niederlassung anbietet. 66schließlich gebietet der zweck der §§ 55 ff. gewo kein einschränkendes normverständnis. dieser besteht darin, die allgemeinheit und die kunden vor den risiken zu schützen, die durch eine geschäftstätigkeit außerhalb einer ständigen gewerblichen niederlassung oder ohne gewerbliche niederlassung entstehen. 67vgl. bverfg, beschluss vom 27.9.2000 68– 1 bvr 2176/98 –, juris, rn. 24. 69zum einen können kunden, die in ihrer wohnung oder an einem sonstigen ort außerhalb einer gewerblichen niederlassung unvorbereitet in vertragsverhandlungen verwickelt werden, eher in eine situation gebracht werden, die typischerweise die gefahr einer überrumpelung in sich birgt. 70vgl. bgh, urteil vom 7.12.1989 – iii zr 276/88 –, juris, rn. 25. 71diese situation hatte vor allem die zivilrechtliche rechtsprechung im blick, die sich bei der auslegung des § 312 abs. 3 nr. 1 bgb a. f. im wesentlichen am zweck des widerrufsrechts bei haustürgeschäften orientiert hat, den verbraucher vor einem übereilten und unüberlegten vertragsschluss und somit in seiner rechtsgeschäftlichen entscheidungsfreiheit zu schützen. 72vgl. bgh, urteil vom 15.4.2010 – iii zr 218/09 –, bghz 185, 192 = juris, rn. 13, m. w. n.; bt-drs. 10/2876, s. 6. 73die gefährdungslage, vor der die §§ 55 ff. gewo schützen sollen, besteht zum anderen bis heute darin, dass der reisegewerbetreibende bei rückfragen oder bei reklamationen schwerer greifbar ist. daher wird die reisegewerbekarte nur bei zuverlässigkeit erteilt (§ 57 gewo). 74vgl. bverfg, beschluss vom 27.9.2000 – 1 bvr 2176/98 –, juris, rn. 24; bt-drs. 16/4391, s. 35 (zu art. 9). 75die gefahr der sogenannten anbieterflüchtigkeit ist nicht nur bei unangekündigten haustürgeschäften, sondern in gleicher weise in fällen gegeben, in denen ein gewerbetreibender seine tätigkeit nur kurzzeitig etwa in räumen anderer gewerbetreibender ausübt, die ihm zur vorübergehenden mitbenutzung überlassen sind, und der kunde den gewerbetreibenden dort aufsucht. ob für die kunden bei dem gewählten geschäftsmodell eine besondere gefahr besteht, unvorbereitet in vertragsverhandlungen verwickelt zu werden, ist deshalb unerheblich. 76cc) diese maßstäbe zugrunde gelegt, wurde die rechtsvorgängerin in der vergangenheit und wird nunmehr die klägerin im reisegewerbe tätig, indem sie goldankaufsaktionen in kurzfristig angemieteten teilen von geschäftsräumen anderer gewerbetreibender durchführt. 77als verwaltungsakt mit dauerwirkung ist die gewerberechtliche untersagungsverfügung während ihres wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen sach- und rechtslage zu messen. 78vgl. bverwg, urteil vom 20.6.2013 – 8 c 10.12 –, bverwge 147, 47 = juris, rn. 25 f. (zur glücksspielrechtlichen untersagungsverfügung); ovg nrw, urteil vom 16.10.2017 – 4 a 1607/16 –, juris, rn. 68 f., und beschluss vom 2.4.2020 – 4 b 1478/18 –, juris, rn. 7 f., jeweils m. w. n. 79zum zeitpunkt des erlasses der angegriffenen ordnungsverfügung im juli 2017 war die rechtsvorgängerin der klägerin in h1. im reisegewerbe tätig. sie betrieb – was zwischen den beteiligten unstreitig ist – in i. eine niederlassung und kaufte gewerbsmäßig gold und andere edelmetalle an. sie war ohne vorhergehende bestellung außerhalb ihrer niederlassung tätig, indem sie auf einer verkaufsfläche in den geschäftsräumen m1.----------straße 14a in h1. an zwei tagen im juni 2017 eine goldankaufsaktion durchführte und beabsichtigte, dies auch zukünftig zu tun. 80die anforderungen an eine niederlassung im sinne des § 4 abs. 3 gewo erfüllte die genutzte verkaufsfläche nicht. die rechtsvorgängerin übte ihre gewerbliche betätigung von dort aus tatsächlich nicht auf unbestimmte zeit und mittels einer festen einrichtung aus. allein hierauf – und nicht auf die formale anmeldung einer (zweig-) niederlassung – kommt es aber nach den vorstehenden ausführungen an. es fehlte bereits an einer nutzungsberechtigung an den verkaufsflächen auf unbestimmte zeit. der rechtsvorgängerin war die nutzung ohne dauerhafte vertragliche grundlage lediglich für den zeitraum einer einzelnen goldankaufsaktion von zwei tagen gestattet. vor allem aber hatte sie weder in den geschäftsräumen der m1.----------straße 14a, in denen ihr klapptisch aufgestellt war, noch in den benachbarten räumen der m1.----------straße 14, für die sie eine „unselbständige zweigstelle“ angemeldet hatte, eine feste geschäftseinrichtung. hierfür genügt nicht, dass sie ihre tätigkeit aus der festen infrastruktur der e-shisha-bar heraus erbracht hat. insofern hat sie lediglich eine fremde infrastruktur kurzfristig mitgenutzt. die für die durchführung der ankaufsaktion erforderlichen gegenstände – ein klapptisch, stühle, ein laptop, ein taschenrechner, ein drucker und eine waage – stellte ihr mitarbeiter hingegen zu beginn auf und baute sie anschließend vollständig wieder ab. nach abschluss der goldankaufsaktionstage verblieb damit kein hinweis auf ihre dortige geschäftstätigkeit. unerheblich ist, dass die rechtsvorgängerin nach eigenen angaben beabsichtigte, denselben standort mit jeweils mitgebrachten einrichtungsgegenständen mehrfach im jahr zu nutzen. hierin liegt gerade keine feste einrichtung ihres eigenen geschäftsbetriebs auf unbestimmte zeit. die rechtsvorgängerin hatte nicht einmal ein firmenschild mit namen und hinweisen zu ihrer erreichbarkeit – weder während der aktionstage noch erst recht zu anderen zeiten – angebracht. der als marke für dritte nicht ohne weiteres erkennbare begriff „goldg.“ auf dem nur für wenige tage aufgestellten aktionsplakat, unter dem eine internetrecherche zur rechtsvorgängerin der klägerin hätte führen können, war zu diesem zweck selbst während der aktion unzureichend. schließlich gab es keinen dauerhaft für diese einrichtung verantwortlichen beschäftigten. hierfür genügt nicht, dass – wie die klägerin behauptet – über den agenturpartner auch nach beendigung der goldankaufsaktion kontakt zwischen der rechtsvorgängerin und dem kunden hätte hergestellt werden können. vielmehr hätte es – wie dargelegt – eines am ort der zweigniederlassung dauerhaft beschäftigten der rechtsvorgängerin oder eines dort tätigen selbstständigen bedurft, der ermächtigt gewesen wäre, dauerhaft für das unternehmen zu handeln. hieran aber fehlte es auch nach dem vorbringen der klägerin. 81die rechtsvorgängerin wurde auch ohne vorhergehende bestellung tätig. ihre gewerbliche betätigung außerhalb ihrer niederlassung beruhte nicht auf veranlassung ihrer kunden. vielmehr begab sie sich aus eigenem antrieb in die nähe potentieller kunden, um mit diesen in vertragsverhandlungen einzutreten. dass sich ihre kunden – ggf. aufgrund der von ihr zuvor geschalteten werbung angelockt – zu ihr begaben und bei dem hier in rede stehenden geschäftsmodell die gefahr der überrumpelung gegebenenfalls in den hintergrund trat, lässt das merkmal „ohne vorhergehende bestellung“ aus den dargelegten gründen nicht entfallen. 82zum zeitpunkt der mündlichen verhandlung gilt nichts anderes. die klägerin mit niederlassung in i. beabsichtigt, das geschäftsmodell ihrer rechtsvorgängerin, goldankaufsaktionen in geschäftsräumen anderer gewerbetreibender über wenige tage durchzuführen, in gleicher weise fortzusetzen. dass sie die verkaufsflächen in der m1.----------straße 14 bzw. 14a in h1. den anforderungen an eine niederlassung im sinne des § 4 abs. 3 gewo entsprechend dauerhaft und mittels einer festen einrichtung zu nutzen beabsichtigt, hat sie nicht dargetan. vielmehr ist sie der rechtsmeinung, eine gewerbliche niederlassung erfordere allein, dass sie diese bei der gewerbebehörde förmlich anzeigt und ihrer unternehmerischen freiheit entsprechend ausschließlich bewegliche einrichtungen für den edelmetallankauf jeweils nur vorübergehend und flüchtig heranschafft. dies entspricht jedoch nicht den oben dargelegten voraussetzungen einer niederlassung. 83b) das danach hier einschlägige und aus § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo folgende verbot des an- und verkaufs von gold und anderen edelmetallen ist auch mit dem unionsrecht vereinbar. weder die dienstleistungsrichtlinie 2006/123/eg [hierzu aa)] noch die bestimmungen des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union – aeuv – [hierzu bb)] stehen dem verbot entgegen. 84aa) unionsrechtliche bedenken gegen das verkaufsverbot folgen zunächst nicht aus der richtlinie 2006/123/eg (dienstleistungsrichtlinie), deren bestimmungen die wahrnehmung der niederlassungsfreiheit durch dienstleistungserbringer sowie den freien dienstleistungsverkehr erleichtern sollen (art. 1 abs. 1 rl 2006/123/eg). das verbot entspricht den anforderungen der richtlinie, soweit sie hierfür gelten. grundsätzlich ist der anwendungsbereich der dienstleistungsrichtlinie gemäß art. 2 abs. 1, art. 4 nr. 1 rl 2006/123/eg i. v. m. art. 57 abs. 2 buchst. b) aeuv auch für tätigkeiten des handels mit waren eröffnet. 85vgl. eugh, urteil vom 30.1.2018 – c-360/15 und c-31/16 –, juris, rn. 86 ff. 86das verbot des an- und verkaufs von gold und anderen edelmetallen im reisegewerbe betraf die rechtsvorgängerin und betrifft die klägerin allerdings ausschließlich in ihrer gewerblichen betätigung außerhalb einer niederlassung. soweit sich hierfür unionsrechtliche anforderungen aus den bestimmungen über die niederlassungsfreiheit der dienstleistungserbringer (kapitel iii der dienstleistungsrichtlinie) ergeben können, sind sie auch auf sachverhalte anwendbar, dessen merkmale sämtlich nicht über die grenzen eines einzigen mitgliedstaats hinausweisen. 87vgl. eugh, urteil vom 22.9.2020 – c-724/18 und c-727/18 –, juris, rn. 56, m. w. n., und vom 30.1.2018 – c-360/15 und c-31/16 –, juris, rn. 98 ff., 110. 88das verbot des an- und verkaufs von edelmetallen im reisegewerbe stellt jedoch bezogen auf die niederlassungsfreiheit keine unzulässige oder von den mitgliedstaaten zu prüfende anforderung nach den art. 14 und 15 abs. 2 rl 2006/123/eg dar. die in diesen vorschriften genannten anforderungen sind hier sämtlich nicht einschlägig. 89ein verstoß gegen die bestimmungen der dienstleistungsrichtlinie zur erleichterung des freien dienstleistungsverkehrs (kapitel iv der richtlinie) scheidet hingegen schon deshalb aus, weil die vorschriften des kapitels iv der richtlinie über den freien dienstleistungsverkehr – wie u. a. in art. 16 abs. 1 und art. 18 abs. 1 der richtlinie klargestellt – nur das recht des dienstleistungserbringers betreffen, dienstleistungen in einem anderen mitgliedstaat als demjenigen seiner niederlassung zu erbringen. sie setzen einen grenzüberschreitenden sachverhalt voraus. 90vgl. eugh, urteil vom 30.1.2018 – c-360/15 und c-31/16 –, juris, rn. 102. 91entscheidend für die annahme eines grenzüberschreitenden sachverhalts ist, dass der dienstleistungserbringer nicht in dem staat, in welchem er die dienstleistung erbringt, ansässig ist. 92vgl. eugh, urteile vom 26.2.1991 – c-154/89 –, abl. eg 1991, nr. c 78, 5 = euzw 1991, 352, und vom 14.7.1994 – c-379/92 –, slg. 1994, i-3453 = juris, rn. 41. 93hat ein dienstleistungserbringer mehrere niederlassungsorte, ist maßgeblich, von welchem niederlassungsort aus die betreffende dienstleistung tatsächlich erbracht wird. 94vgl. erwägungsgrund 37 der rl 2006/123/eg. 95eine danach erforderliche grenzüberschreitende erbringung einer dienstleistung lag und liegt hier nicht vor. bei erlass des streitgegenständlichen bescheides firmierte die rechtsvorgängerin zwar als m2. mit sitz in c. , h. . zur durchführung der goldankaufsaktionen war sie aber nicht von einer niederlassung in einem anderen mitgliedstaat aus tätig geworden. hieran möchte auch die klägerin festhalten. 96abgesehen davon verstößt § 56 abs. 1 nr. 2 gewo auch für dienstleistungserbringer mit einer niederlassung in einem anderen mitgliedstaat insbesondere nicht gegen das in fällen dieser art allenfalls in betracht kommende verbot nach art. 16 abs. 2 buchst. a) rl 2006/123/eg. danach dürfen die mitgliedstaaten die dienstleistungsfreiheit eines in einem anderen mitgliedstaat niedergelassenen dienstleistungserbringers nicht einschränken, indem sie diesen verpflichten, in ihrem hoheitsgebiet eine niederlassung zu unterhalten. eine solche pflicht ergibt sich aus dem an- und verkaufsverbot von edelmetallen im reisegewerbe nicht einmal mittelbar. denn das verbot hindert keinen dienstleistungserbringer daran, edelmetalle von einer niederlassung in einem anderen mitgliedstaat aus anzukaufen oder zu verkaufen. das unterhalten einer niederlassung in e. ist hierfür nicht erforderlich. das verbot betrifft nur die von jeder niederlassung (in e. oder in einem anderen mitgliedstaat) losgelöste vertriebsform des reisegewerbes. 97bb) die regelung des § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo ist schließlich mit den bestimmungen des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union vereinbar. insbesondere stellt das verbot des an- und verkaufs von gold und edelmetall im reisegewerbe keine unzulässige beschränkung der warenverkehrsfreiheit (art. 34 ff. aeuv) dar. es ist in der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs geklärt, dass nationale regelungen, die – wie hier – die modalitäten des verkaufs von waren betreffen, grundsätzlich den bestimmungen über den freien warenverkehr unterliegen. 98vgl. eugh, urteil vom 26.5.2005 – c-20/03 –, slg. 2005, i-4133 = juris, rn. 33 ff. 99verbote oder sonstigen beschränkungen des reisegewerbes stellen keine produktbezogenen regelungen, sondern bloße verkaufsmodalitäten dar. in ihnen ist keine beeinträchtigung der warenverkehrsfreiheit zu sehen, solange die restriktionen diskriminierungsfrei sind. 100vgl. eugh, urteile vom 24.11.1993 – c-267/91,c-268/91 –, abl. eg 1994, nr. c 1, 6 = juris, rn. 15 f., und vom 23.2.2006 – c-441/04 –, slg. 2006, i-2093 = juris, rn. 17 ff. 101das ist hier der fall. die regelung gilt für alle betroffenen wirtschaftsteilnehmer, die ihre tätigkeit in e. ausüben, ungeachtet ihrer staatsangehörigkeit. sie unterscheidet ferner nicht nach dem ursprung der edelmetalle. es kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das an- und verkaufsverbot im reisegewerbe tatsächlich geeignet ist, den vertrieb der aus anderen mitgliedstaaten als e. stammenden waren stärker zu behindern als den der inländischen ware. 102vgl. hierzu eugh, urteile vom 23.2.2006 – c-441/04 –, slg. 2006, i-2093 = juris, rn. 24. 103denn das verbot hindert, wie ausgeführt, keinen dienstleistungserbringer daran, edelmetalle von einer niederlassung in einem anderen mitgliedstaat aus anzukaufen oder zu verkaufen. selbst wenn es dennoch tatsächlich geeignet wäre, den marktzugang für erzeugnisse aus anderen mitgliedstaaten stärker zu behindern als für inländische erzeugnisse, ist es jedenfalls durch ein im allgemeininteresse liegendes ziel im sinne der unionsrechtlichen rechtsprechung und aus gründen der öffentlichen ordnung im sinne von art. 36 aeuv gerechtfertigt [hierzu unter (1)], zur verwirklichung dieser ziele erforderlich und steht dazu in einem angemessenen verhältnis [hierzu unter (2)]. 104vgl. zu diesen erfordernissen eugh, urteile vom 23.2.2006 – c-441/04 –, slg. 2006, i-2093 = juris, rn. 26 f., und vom 13.1.2000 – c-254/98 –, slg. 2000, i-151 = juris, rn. 34, 36. 105(1) gemäß art. 36 satz 1 aeuv steht das verbot der mengenmäßigen einfuhrbeschränkungen sowie aller maßnahmen gleicher wirkung im sinne des art. 34 aeuv einfuhr-, ausfuhr- und durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus gründen unter anderem der öffentlichen ordnung gerechtfertigt sind. in der unionsrechtlichen rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass darüber hinaus zwingende erfordernisse im allgemeininteresse eine einschränkung des freien warenverkehrs rechtfertigen können. hierzu zählt etwa der in art. 169 aeuv verankerte verbraucherschutz sowie die lauterkeit des handelsverkehrs. 106vgl. eugh, urteil vom 20.2.1979 – c-120/78 –, slg. 1979, 649 = juris, rn. 8. 107grundsätzlich ist es sache der mitgliedstaaten, in den durch den vertrag gesetzten grenzen zu bestimmen, in welchem umfang sie schutz aus den vorgenannten gründen gewährleisten wollen. 108vgl. eugh, urteile vom 20.5.1976 – c-104/75 –, juris, rn. 14/18, und vom 12.3.1987 – c-178/84 –, slg. 1987, 1262 = juris, rn. 41, und vom 25.7.1991 – c-1/90 u. a. –, slg. 1991, i-4151 = juris, rn. 16. 109hinsichtlich der geeignetheit billigt der europäische gerichthof den mitgliedstaaten insofern einen weiten ermessensspielraum zu. 110vgl. eugh, urteile vom 15.9.1994 – c-293/93 –, slg. 1994, i-4249 = juris, rn. 22, vom 9.12.1997 – c-265/95 –, slg. 1997, i-6959 = juris, rn. 33, und vom 15.6.1999 – c-394/97 –, slg. 1999, i-3599 = juris, rn. 43. 111eine nationale regelung, die eine beschränkende wirkung für den freien warenverkehr hat oder haben kann, muss allerdings in einem angemessenen verhältnis zu dem mit ihr verfolgten zweck stehen, also zu diesem zweck erforderlich sein. sie ist danach nicht gerechtfertigt, wenn das ziel genauso wirksam durch maßnahmen geschützt werden kann, die den innergemeinschaftlichen handel weniger beschränken. 112vgl. eugh, urteile vom 20.5.1976 – c-104/75 –, juris, rn. 14/18, vom 11.5.1989 – c-25/88 –, slg. 1989, 1105 = juris, rn. 13 (jeweils zu art. 36 ewg-vertrag), sowie vom 10.11.1982 – c-261/81 –, juris, rn. 12, vom 6.7.1995 – c-470/93 –, abl. eg 1995, nr. c 229, 10 = juris, rn. 15, m. w. n., und vom 23.2.2006 – c-441/04 –, slg. 2006, i-2093 = juris, rn. 27 (jeweils zu zwingenden erfordernissen des verbraucherschutzes). 113(2) der gesetzgeber verfolgt mit dem an- und verkaufsverbot von edelmetallen im reisegewerbe im einklang mit der unionsrechtsprechung die im allgemeininteresse liegenden ziele des verbraucherschutzes und der lauterkeit des handelsverkehrs in gestalt der verhinderung von straftaten. die verbotsregelung steht zu diesen zielen auch in einem angemessenen verhältnis. 114die seit dem 1.10.1960 im wesentlichen unveränderte fassung des § 56 abs. 2 nr. 2 buchst. a) gewo beschränkt sich seit jeher nach rechtlich nicht zu beanstandender annahme des gesetzgebers auf ein verbot, das dem allgemeinen gleichheitsgrundsatz nach art. 3 gg und der berufsfreiheit nach art. 12 gg entspricht sowie den bedürfnissen der volkswirtschaft, der interessen der allgemeinheit und der notwendigkeit gleicher wettbewerbsbedingungen rechnung trägt. schon bei erlass der regelung ging der gesetzgeber davon aus, beschränkungen des reisegewerbes ließen sich nur noch insoweit rechtfertigen, als hierfür gewerbepolizeiliche gründe angeführt werden könnten (verbraucherschutz, verhütung von straftaten, verhinderung der verwertung von diebesgut). die aufrechterhaltung des an- und verkaufsverbots von edelmetallen im reisegewerbe hielt er konkret zur verhinderung von straftaten (hehlerei, betrug) für notwendig. 115vgl. bt-drs. 3/318, s. 23 f.; siehe im ergebnis auch nds. ovg, beschluss vom 13.8.2010 – 7 me 60/10 –, juris, rn. 6; ovg s.-a., beschluss vom 16.3.2011 – 1 m 15/11 –, juris, rn. 9; ovg berlin-bbg., beschluss vom 17.3.2010 – 1 s 239.09 –, juris, rn. 7. 116gerade hier hat er es deshalb im interesse der allgemeinheit nicht mehr für hinnehmbar gehalten, dass der reisegewerbetreibende bei rückfragen oder bei reklamationen schwerer greifbar ist. 117vgl. zu dieser generellen problematik im reisegewerbe bverfg, beschluss vom 27.9.2000 – 1 bvr 2176/98 –, juris, rn. 24. 118an der notwendigkeit solcher vertriebsverbote im reisegewerbe hat sich nach einschätzung des gesetzgebers seitdem nichts geändert. im gegenteil hat er im interesse des verbraucherschutzes wegen fortbestehender missstände bei verkaufsveranstaltungen im reisegewerbe, insbesondere im zusammenhang mit kaffeefahrten, erst kürzlich die schaffung weiterer vertriebsverbote in § 56a abs. 6 gewo in der ab dem 28.5.2022 geltenden fassung für erforderlich gehalten und in diesem zusammenhang klargestellt, die bisherigen vertriebsverbote im reisegewerbe nach § 56 gewo gälten weiterhin. dabei hat er nochmals klargestellt, die vertriebsverbote behinderten nicht den marktzutritt als solchen, sondern stellten lediglich vertriebsmodalitäten dar. aus gründen des verbraucherschutzes sollten diese pflichten daher auch auf solche veranstalter erstreckt werden, die grenzüberschreitend in e. tätig seien. 119vgl. bt-drs. 19/27873, s. 44 ff., 46 f. 120das verbot erweist sich auch als erforderlich, weil die angeführten ziele nicht genauso wirksam durch maßnahmen geschützt werden können, die den innergemeinschaftlichen handel weniger beschränken. insbesondere sind weder das mit dem an- und verkaufsverbot verfolgte ziel des verbraucherschutzes noch die verhinderung von straftaten bereits durch dem gewerbetreibenden obliegende informations- und dokumentationspflichten – etwa nach der dienstleistungs-informationspflichten-verordnung (bgbl. i 2010, 267), nach den §§ 312d, 312f bgb oder der preisangabenverordnung sowie nach den §§ 10 ff. gwg – ebenso wirksam zu erreichen. hierdurch kann der gewerbetreibende zwar zur offenlegung allgemeiner informationen zu seiner person bzw. firma, zur vorabinformation über die angebotene dienstleistung und zu bestimmten vertragsinformationen nach vertragsschluss sowie zur identifikation seiner vertragspartner verpflichtet werden. solche hinweis- und prüfungspflichten sind aber nicht in gleicher weise wie ein an- und verkaufsverbot geeignet, den mit dem vertrieb von edelmetallen im reisegewerbe einhergehenden besonderen gefahren zu begegnen. dies gilt schon mit blick auf die größere gefahr einer irreführung der verbraucher, die auf mangelnder information, der nicht bzw. nur eingeschränkten möglichkeit eines preisvergleichs, ungenügenden garantien in bezug auf die echtheit und dem psychologischen kaufdruck beruht, der bei einem vertrieb im reisegewerbe höher ist als von einer festen niederlassung aus. 121vgl. eugh, urteil vom 23.2.2006 – c-441/04 –, slg. 2006, i-2093 = juris, rn. 26 ff. 122diese gefahren sind nicht schon dann vollständig ausgeräumt, wenn keine überrumpelungsgefahr für den kunden besteht, wie dies etwa bei haustürgeschäften der fall ist. sie sind überwiegend typischerweise bereits mit dem geschäftsmodell der nur auf kurze dauer angelegten veranstaltungen des an- und verkaufs von edelmetallen im reisegewerbe verbunden. durch die künstliche verknappung des angebots im wege der zeitlichen begrenzung der an- und verkaufsaktionen wird eine psychische drucklage geschaffen, die dem kunden das gefühl vermitteln kann, er müsse von der vermeintlich einmaligen gelegenheit gebrauch machen, gold und andere edelmetalle in geld „umzutauschen“. schon die zeitlichen zwänge lassen den druck zum vertragsabschluss wegen eines fehlenden bezugs zu einer auf unbestimmte zeit bestehenden niederlassung wesentlich höher erscheinen als im stehenden gewerbe. dies gilt erst recht für kunden, die sich in einer finanziellen notsituation befinden. auch die theoretische möglichkeit, vor vertragsabschluss bei anderen händlern vergleichsangebote einzuholen, wird durch die zeitlichen rahmenbedingungen deutlich eingeschränkt. des weiteren birgt der vertrieb im reisegewerbe die gefahr, dass der gewerbetreibende für rückfragen oder reklamationen der kunden zu der besonders hochwertigen ware nicht mehr oder nur erschwert zur verfügung steht. schließlich bietet die dem reisegewerbe innewohnende flüchtigkeit des kontakts zwischen händler und kunden jedenfalls aus kundensicht besondere gelegenheiten für hehlerei und betrug, denen durch informations-, dokumentations- und prüfungspflichten nicht in gleicher weise wie mit einem an- und verkaufsverbot entgegen getreten werden kann. 123für sonderkonstellationen, in denen eine gefährdung der allgemeinheit oder der öffentlichen ordnung im einzelfall nicht zu befürchten ist, hat der gesetzgeber in § 56 abs. 2 gewo ausnahmen zugelassen. 124vgl. bt-drs. 3/318, s. 26. 125c) bei dieser ausgangslage war und ist die untersagungsverfügung auch nicht ermessensfehlerhaft. soweit die beklagte in der angegriffenen ordnungsverfügung noch auf den nicht mehr maßgeblichen niederlassungsbegriff im sinne des § 42 gewo a. f. verweist, begründet dies keinen ermessensfehler. nicht einmal die nennung einer falschen rechtsgrundlage führt zur rechtswidrigkeit einer verfügung, wenn die tatbestandlichen voraussetzungen der einschlägigen rechtsgrundlage erfüllt sind. grundsätzlich gilt dies auch für ermessensverwaltungsakte, wenn die normen demselben zweck dienen und die ermessenserwägungen die verfügung auch nach der zutreffenden vorschrift tragen. 126vgl. bverwg, urteil vom 21.11.1989 – 9 c 28.89 –, juris, rn. 12; ovg nrw, urteil vom 16.10.2017 – 4 a 1607/16 –, juris, rn. 34 f. 127so liegt es hier. hinsichtlich der im ermessen der beklagten stehenden entscheidung, ob und wie der verstoß gegen das ankaufsverbot aus § 56 abs. 1 nr. 2 buchst. a) gewo unterbunden werden soll, war die fehlerhafte nennung von § 42 gewo a. f. nicht entscheidungserheblich. auch im übrigen wirken sich die unterschiede zwischen dem früheren niederlassungsbegriff nach § 42 abs. 2 gewo a. f. und dem neuen europarechtlich geprägten niederlassungsbegriff nach § 4 abs. 3 gewo hier nicht aus. nach beiden besteht jedenfalls dann keine niederlassung, wenn sich der gewerbetreibende – wie hier – von seinem verkaufsort entfernen kann und dies auch regelmäßig über lange zeit tut, ohne dass hinweise auf seine geschäftstätigkeit erkennbar bleiben. 128vgl. korte, verwarch 2018, 217, 223. 129die beklagte ist deshalb auch nicht hinsichtlich eines für die ermessensausübung möglicherweise relevanten umstandes von einem fehlerhaften sachverhalt ausgegangen. ihre der entscheidung zugrunde liegenden erwägungen, dass die räumlichkeiten nur für eine einzelaktion angemietet worden seien, es an einer einrichtung gefehlt habe, die für eine auf dauer angelegte tätigkeit erforderlich gewesen wäre, und die rechtsvorgängerin auch nicht ausreichend deutlich als veranstalterin in erscheinung getreten sei, treffen für beide niederlassungsbegriffe gleichermaßen zu. 130die untersagungsverfügung erweist sich zur durchsetzung des an- und verkaufsverbots von gold im reisegewerbe auch im einzelfall als verhältnismäßig. das verbot gilt ausnahmslos für alle gewerbetreibenden, sodass der einwand der klägerin, ihre rechtsvorgängerin und sie selbst verhielten sich stets seriös und transparent gegenüber ihren kunden, hinsichtlich der geltung des verbots unerheblich ist. aus diesem einwand ergeben sich auch keine ausreichenden anhaltspunkte dafür, dass die beklagte eine ausnahme von diesem verbot nach § 56 abs. 2 satz 3 gewo zulassen müsste. insbesondere ist die klägerin in ihrem geschäftsmodell für kunden bei rückfragen oder reklamationen nicht besser greifbar als bei anderen für das reisegewerbe typischen verkaufsmodellen, für die das verbot nach der gesetzgeberischen entscheidung greifen soll. dies wird nicht in zweifel gezogen durch die nicht weiter belegten werbematerialien und den im termin zur mündlichen verhandlung nachträglich überreichten flyer für die damalige verkaufsaktion der rechtsvorgängerin. auf diesem ist als einziger anhaltspunkt für eine identifikation des anbieters die damalige internetadresse der rechtsvorgängerin der klägerin „www.xxx.de“ benannt. auf der von der klägerin unter dem namen der erloschenen rechtsvorgängerin fortgeführten internetseite selbst findet sich allein im impressum ein verweis auf den – nicht mehr aktuellen – handelsregistereintrag der rechtsvorgängerin, die auf der seite noch immer als verantwortliche geführt wird, sowie der name des ehemaligen geschäftsführers, anschrift und telefonnummer. zudem ist unter dem unterpunkt „partner“, der sich nicht an kunden, sondern an gewerbetreibende richtet, die neben den bereits engagierten „mehreren hundert agenturpartnern“ ihr geschäft für eine ankaufsaktion zur verfügung stellen wollen, eine kontaktperson und eine telefonnummer angegeben. der reiter „kontakt“ ist hingegen leer. informationen zur verschmelzung mit der klägerin finden sich auf der homepage gar nicht. die für das reisegewerbe mit seinen generellen gefahren typische flüchtigkeit der tätigkeit an verschiedensten orten für jeweils nur kurze zeit wird hierdurch gerade im konkreten einzelfall besonders deutlich. im übrigen lässt sich aus dem aktenkundig gewordenen vorgehen nicht der schluss ziehen, dass sich aus der person der rechtsvorgängerin keine bedenken ergeben. erst recht gilt dies für die klägerin, die an diese vorgehensweise anknüpfen möchte. ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankommt, steht der annahme einer besondere seriosität der klägerin entgegen, dass für sie in der mündlichen verhandlung ihr ehemaliger geschäftsführer erschienen ist, ohne dem eindruck des gerichts entgegenzutreten, er sei (noch) geschäftsführer, obwohl er ausweislich des aktuellen handelsregistereintrags seit dem 3.1.2022 nicht mehr als solcher bestellt ist. 1312. die androhung unmittelbaren zwangs für den fall der nichtbefolgung der untersagungsverfügung in nr. 2 der angegriffenen ordnungsverfügung der beklagten ist ebenfalls rechtmäßig. sie beruht auf den §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 3, abs. 2, 62 und 63 vwvg nrw und begegnet im hinblick auf die wahl des angedrohten zwangsmittels keinen bedenken. insbesondere hat die beklagte dem in § 62 vwvg nrw zum ausdruck gebrachten gedanken des unmittelbaren zwangs als ultima ratio rechnung getragen, indem sie das vermeintlich mildere mittel der zwangsgeldandrohung in diesem fall nachvollziehbar für ungeeignet erachtet hat. es wäre nicht in gleicher weise wie die angedrohte räumung geeignet, eine umgehende und effektive beendigung des nur auf kurzfristige dauer angelegten an- und verkaufs von edelmetallen zu bewirken. dabei hat sie die umgehende beendigung zum schutz der verbraucher für besonders geboten erachtet, weil die zivilrechtliche wirksamkeit bereits geschlossener verträge mit der klägerin von dem verbot der tätigkeit nicht berührt würde. 132die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 133die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 134die revision ist wegen der grundsätzlichen bedeutung der rechtssache zuzulassen, § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo. angesichts voneinander abweichender obergerichtlicher rechtsprechung bedarf der grundsätzlichen klärung, ob im voraus beworbene edelmetallankaufsaktionen auch dann unter das verbot des an- und verkaufs von edelmetallen im reisegewerbe fallen, wenn die gefahr der überrumpelung nicht in gleicher weise besteht wie in anderen formen des reisegewerbes. |
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} | 4 A 1032/20 | 2022-03-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert, soweit es noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweitinstanzlichen Verfahren. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren werden nicht erstattet. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin, die eine Spielhalle in der T. Straße 193 in M. betreibt, wendet sich mit ihrer Klage gegen eine der Beigeladenen für ihre, in einer Entfernung von etwa 65 m Luftlinie befindliche Spielhalle in der T. Straße 203/203a von der Beklagten erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis. 3Die Beklagte erteilte der Beigeladenen die streitgegenständliche, bis zum 30.6.2021 befristete Erlaubnis vom 24.10.2017 zum Betrieb der Spielhalle 1 im Objekt T. Straße 203 nach § 24 Abs. 1 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 AG GlüStV NRW a. F. sowie eine befristet auslaufende Erlaubnis nach §§ 24 Abs. 1, 29 Abs. 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 AG GlüStV NRW a. F. zum Betrieb der Spielhalle 2 im Objekt T. Straße 203a. 4Den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb ihrer Spielhalle in der T. Straße 193 in M. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.10.2017 ab. 5Gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis vom 24.10.2017 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ursprünglich beantragt hatte, die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis vom 24.10.2017 insgesamt aufzuheben. Dieses Begehren hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der Erlaubnis betreffend die Spielhalle 2 im Objekt T. Straße 203a nicht weiterverfolgt und beantragt, 6den Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 24.10.2017 zu Gunsten der Beigeladenen hinsichtlich der Spielhalle 1 aufzuheben 7Die Beklagte hat unter Verteidigung ihrer Auswahlentscheidung beantragt, 8die Klage abzuweisen. 9Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. 10Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Erlaubnis vom 24.10.2017 mit auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangenem Urteil für die Spielhalle 1 der Beigeladenen aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit es zunächst auch die Erlaubnis für die Spielhalle 2 der Beigeladenen zum Gegenstand hatte. 11Zur Begründung ihrer von dem Senat zugelassenen Berufung verteidigt die Beklagte ihre Auswahlentscheidung zugunsten der von der Beigeladenen betriebenen Spielhalle 1. 12Die Beklagte beantragt, 13das auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist. 14Die Klägerin beantragt, 15die Berufung zurückzuweisen. 16Die Beigeladene beantragt, 17das auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist. 18Neben der vorliegenden Klage hat die Klägerin gegen die Ablehnung ihres Erlaubnisantrags Klage erhoben (VG Düsseldorf 3 K 18712/17), auf die das Verwaltungsgericht die Beklagte mit auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangenem Urteil verpflichtet hat, unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 25.10.2017 den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Über die hiergegen erhobene Berufung der Beklagten hat der Senat ebenfalls mit Urteil vom heutigen Tag (4 A 1033/20) entschieden. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 4 A 1033/20 (jeweils ein Band sowie eine elektronische Gerichtsakte) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (insgesamt fünf Hefter) Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Berufung hat Erfolg. 22Die Klage ist unzulässig, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. 23Der noch streitgegenständliche Antrag auf Aufhebung der der Beigeladenen für ihre Spielhalle 1 in dem Gebäude T. Straße 203 erteilten Erlaubnis vom 24.10.2017 ist unstatthaft. 24Während der Senat bei der Entscheidung, ob die Berufung zuzulassen war, nur auf die rechtzeitig dargelegten Gründe abzustellen hatte, wobei die nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingetretene Rechtsänderung unberücksichtigt bleiben musste, 25vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003 – 7 AV 2.03 –, juris, Rn. 10 f., 26darf er im Berufungsverfahren nur bei Vorliegen der von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen gemäß den §§ 40 ff. VwGO über die Begründetheit der Klage entscheiden. 27Vgl. BVerwG, Urteil vom 8.2.2017 – 8 C 2.16 –, BVerwGE 157, 292 = juris, Rn. 19. 28Zum danach maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt ist die Klage unstatthaft. 29Eine Anfechtungsklage ist nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft, wenn die Aufhebung eines wirksamen Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW begehrt wird. Daran fehlt es. Die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis vom 24.10.2017, gegen die sich die Klägerin wendet, war bis zum 30.6.2021 befristet. Sie ist damit zu diesem Zeitpunkt gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG NRW unwirksam geworden. 30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO und bezieht den rechtskräftig gewordenen Teil der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts ein. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren aufzuerlegen. Diese hat im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Im erstinstanzlichen Verfahren hatte sie hingegen keinen Antrag gestellt. 31Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 32Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind. | auf die berufung der beklagten wird das aufgrund der mündlichen verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf geändert, soweit es noch gegenstand des berufungsverfahrens ist. insoweit wird die klage abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens beider instanzen einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen im zweitinstanzlichen verfahren. außergerichtliche kosten der beigeladenen im erstinstanzlichen verfahren werden nicht erstattet. die klägerin kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte oder die beigeladene vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die klägerin, die eine spielhalle in der t. straße 193 in m. betreibt, wendet sich mit ihrer klage gegen eine der beigeladenen für ihre, in einer entfernung von etwa 65 m luftlinie befindliche spielhalle in der t. straße 203/203a von der beklagten erteilte glücksspielrechtliche erlaubnis. 3die beklagte erteilte der beigeladenen die streitgegenständliche, bis zum 30.6.2021 befristete erlaubnis vom 24.10.2017 zum betrieb der spielhalle 1 im objekt t. straße 203 nach § 24 abs. 1 glüstv a. f. i. v. m. § 16 ag glüstv nrw a. f. sowie eine befristet auslaufende erlaubnis nach §§ 24 abs. 1, 29 abs. 4 glüstv a. f. i. v. m. § 16 ag glüstv nrw a. f. zum betrieb der spielhalle 2 im objekt t. straße 203a. 4den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis zum betrieb ihrer spielhalle in der t. straße 193 in m. lehnte die beklagte mit bescheid vom 25.10.2017 ab. 5gegen die der beigeladenen erteilte erlaubnis vom 24.10.2017 hat die klägerin klage erhoben, mit der sie ursprünglich beantragt hatte, die der beigeladenen erteilte erlaubnis vom 24.10.2017 insgesamt aufzuheben. dieses begehren hat sie in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht hinsichtlich der erlaubnis betreffend die spielhalle 2 im objekt t. straße 203a nicht weiterverfolgt und beantragt, 6den genehmigungsbescheid der beklagten vom 24.10.2017 zu gunsten der beigeladenen hinsichtlich der spielhalle 1 aufzuheben 7die beklagte hat unter verteidigung ihrer auswahlentscheidung beantragt, 8die klage abzuweisen. 9die beigeladene hat keinen antrag gestellt. 10das verwaltungsgericht hat die angegriffene erlaubnis vom 24.10.2017 mit auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangenem urteil für die spielhalle 1 der beigeladenen aufgehoben und das verfahren eingestellt, soweit es zunächst auch die erlaubnis für die spielhalle 2 der beigeladenen zum gegenstand hatte. 11zur begründung ihrer von dem senat zugelassenen berufung verteidigt die beklagte ihre auswahlentscheidung zugunsten der von der beigeladenen betriebenen spielhalle 1. 12die beklagte beantragt, 13das auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf zu ändern und die klage abzuweisen, soweit das verfahren nicht eingestellt worden ist. 14die klägerin beantragt, 15die berufung zurückzuweisen. 16die beigeladene beantragt, 17das auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf zu ändern und die klage abzuweisen, soweit das verfahren nicht eingestellt worden ist. 18neben der vorliegenden klage hat die klägerin gegen die ablehnung ihres erlaubnisantrags klage erhoben (vg düsseldorf 3 k 18712/17), auf die das verwaltungsgericht die beklagte mit auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangenem urteil verpflichtet hat, unter entsprechend teilweiser aufhebung des ablehnungsbescheides vom 25.10.2017 den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. über die hiergegen erhobene berufung der beklagten hat der senat ebenfalls mit urteil vom heutigen tag (4 a 1033/20) entschieden. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte in diesem verfahren sowie in dem verfahren 4 a 1033/20 (jeweils ein band sowie eine elektronische gerichtsakte) und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (insgesamt fünf hefter) bezug genommen. 20 | 21die berufung hat erfolg. 22die klage ist unzulässig, soweit sie noch gegenstand des berufungsverfahrens ist. 23der noch streitgegenständliche antrag auf aufhebung der der beigeladenen für ihre spielhalle 1 in dem gebäude t. straße 203 erteilten erlaubnis vom 24.10.2017 ist unstatthaft. 24während der senat bei der entscheidung, ob die berufung zuzulassen war, nur auf die rechtzeitig dargelegten gründe abzustellen hatte, wobei die nach ablauf der frist des § 124a abs. 4 satz 4 vwgo eingetretene rechtsänderung unberücksichtigt bleiben musste, 25vgl. bverwg, beschluss vom 15.12.2003 – 7 av 2.03 –, juris, rn. 10 f., 26darf er im berufungsverfahren nur bei vorliegen der von amts wegen zu prüfenden sachurteilsvoraussetzungen gemäß den §§ 40 ff. vwgo über die begründetheit der klage entscheiden. 27vgl. bverwg, urteil vom 8.2.2017 – 8 c 2.16 –, bverwge 157, 292 = juris, rn. 19. 28zum danach maßgeblichen entscheidungszeitpunkt ist die klage unstatthaft. 29eine anfechtungsklage ist nach § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo statthaft, wenn die aufhebung eines wirksamen verwaltungsakts im sinne des § 35 satz 1 vwvfg nrw begehrt wird. daran fehlt es. die der beigeladenen erteilte erlaubnis vom 24.10.2017, gegen die sich die klägerin wendet, war bis zum 30.6.2021 befristet. sie ist damit zu diesem zeitpunkt gemäß § 43 abs. 2 vwvfg nrw unwirksam geworden. 30die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 und § 162 abs. 3 vwgo und bezieht den rechtskräftig gewordenen teil der kostenentscheidung des verwaltungsgerichts ein. es entspricht der billigkeit, der klägerin auch die außergerichtlichen kosten der beigeladenen im berufungsverfahren aufzuerlegen. diese hat im berufungsverfahren einen antrag gestellt und sich damit einem eigenen kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). im erstinstanzlichen verfahren hatte sie hingegen keinen antrag gestellt. 31die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 32die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht erfüllt sind. |
344,420 | {
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} | 4 A 1033/20 | 2022-03-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert, soweit es noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Auch insoweit wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweitinstanzlichen Verfahren. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren werden nicht erstattet. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die von der Klägerin betriebene Spielhalle in den Räumlichkeiten T. Straße 193 in M. . Für diese war ihr unter dem 24.2.2011 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden. 3Die Klägerin beantragte für die Spielhalle im August 2017 die Erteilung einer unbefristeten, hilfsweise bis zum 30.6.2021 befristeten glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV in der bis zum 30.6.2021 gültigen Fassung (im Folgenden GlüStV a. F.) i. V. m. § 16 AG GlüStV NRW in der bis zum 30.6.2021 gültigen Fassung (im Folgenden: AG GlüStV NRW a. F.), gegebenenfalls unter Befreiung von den Anforderungen des § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW a. F. nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV a. F. 4Nach den Feststellungen der Beklagten steht die Spielhalle der Klägerin in Konflikt mit zwei Spielhallenstandorten. In Sichtweite betreibt unter anderem die Beigeladene in den Räumlichkeiten der T. Straße 203/203a (etwa 65 m Luftlinie entfernt) zwei miteinander in Verbund stehende Spielhallen. 5Nach einer zugunsten der Spielhalle 1 der Beigeladenen erfolgten Auswahlentscheidung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.10.2017 den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle in der T. Straße 193 in M. ab. 6Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 25.10.2017 zu verpflichten, 81. der Klägerin für die Spielhalle in dem Gebäude auf der T. Straße 193 in M. die beantragte unbefristete glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW a. F., die nicht auf der Grundlage der Befreiung von den Anforderungen des § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW a. F. gemäß § 29 Abs. 4 GlüStV a. F. beruht, zu erteilen, 9hilfsweise dazu, 10eine Befristung der zu erteilenden Erlaubnis bis zum Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages a. F. und des AG Glücksspielstaatsvertrages NRW a. F. zu erteilen; 112. hilfsweise dazu, 12eine unbefristete Erlaubnis auf Grundlage einer Befreiung von den Anforderungen des § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW a. F. gemäß § 29 Abs. 4 GlüStV a. F. zu erteilen, 13hilfsweise dazu, 14eine Befristung der zu erteilenden Erlaubnis bis zum Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages a. F. und des AG Glücksspielstaatsvertrages NRW a. F. zu erteilen; 153. hilfsweise zu 1. und 2. ihren Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW a. F. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 16Die Beklagte hat unter Verteidigung ihrer Auswahlentscheidung beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. 19Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 25.10.2017 den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW a. F. für die Spielhalle in dem Gebäude auf der T. Straße 193 in M. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Einen von der Klägerin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat diese noch im Zulassungsverfahren zurückgenommen. 20Zur Begründung ihrer von dem Senat zugelassenen Berufung verteidigt die Beklagte weiterhin ihre Auswahlentscheidung zugunsten der von der Beigeladenen betriebenen Spielhalle 1 und beantragt, 21das auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit das Verfahren noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. 22Die Klägerin beantragt, 23die Berufung zurückzuweisen. 24Die Beigeladene beantragt, 25das auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit das Verfahren noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. 26Neben der vorliegenden Klage hat die Klägerin gegen die der Beigeladenen für ihre Spielhallen erteilte Erlaubnis vom 24.10.2017 Klage erhoben (VG Düsseldorf 3 K 18895/17). Das Verwaltungsgericht hat diese Erlaubnis mit auf die mündliche Verhandlung vom 3.3.2020 ergangenem Urteil hinsichtlich der Spielhalle 1 aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit es zunächst auch die Erlaubnis für die Spielhalle 2 der Beigeladenen zum Gegenstand hatte. Über die Berufung der Beklagten hat der Senat ebenfalls mit Urteil vom heutigen Tag (4 A 1032/20) entschieden. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 4 A 1032/20 (jeweils ein Band sowie eine elektronische Gerichtsakte) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (insgesamt fünf Hefter) Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die Berufung hat Erfolg. 30Die Klage ist hinsichtlich des allein noch streitgegenständlichen Antrags zu 3. unbegründet. Die Klägerin hat jedenfalls keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV a. F. i. V. m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW a. F. Die Ablehnung durch die Beklagte verletzt die Klägerin schon deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 31Während der Senat bei der Entscheidung, ob die Berufung zuzulassen war, nur auf die rechtzeitig dargelegten Gründe abzustellen hatte, wobei die nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingetretene Rechtsänderung unberücksichtigt bleiben musste, 32vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003 – 7 AV 2.03 –, juris, Rn. 10 ff., 33wäre bei der von der Klägerin begehrten Neubescheidung die nunmehr gegebene Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen. 34Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 – 3 C 35.07 –, BVerwGE 132, 64 = juris, Rn. 22. 35Zum danach maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt steht der Klägerin jedenfalls der allein noch geltend gemachte Neubescheidungsanspruch nicht (mehr) zu. Denn nach dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 am 1.7.2021 kann an vor diesem Stichtag begonnene Erlaubnisverfahren auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrages in seiner bis zum 30.6.2021 geltenden Fassung nicht mehr angeknüpft werden. Gemäß § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW bedarf der Betrieb einer Spielhalle nunmehr der Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis ist von eigenständigen Voraussetzungen abhängig, die sich aus der seit dem 1.7.2021 bestehenden Rechtslage ergeben und im Rahmen eines eigenständigen Erlaubnisverfahrens nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 zu prüfen sind. Der Gesetzgeber ist bei der Neuregelung davon ausgegangen, dass sämtliche bestehenden Spielhallenerlaubnisse zum 30.6.2021 ausgelaufen sind und sich ein Folgeantragsverfahren nach neuer Rechtslage anschließen muss. 36Vgl. LT-Drs. 17/12978, S. 94. 37Damit hat er die bereits im alten Recht angelegte Möglichkeit genutzt, im Rahmen der Prüfung von vollständig einzureichenden Neuanträgen an neuen rechtlichen Maßstäben auf Erfahrungen im Bereich der Spielhallen mit dem Vollzug des Glücksspielstaatsvertrages zu reagieren und damit der Sache nach zugleich die Fortführung der nach alter Rechtslage begonnenen Verfahren ausgeschlossen. 38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 4700/19 – juris, Rn. 61 ff. 39Angesichts dessen kann die Klägerin mit ihrer Klage ihr Neubescheidungsbegehren bezogen auf die Erteilung einer Erlaubnis nach dem früheren Glücksspielstaatsvertrag nicht mehr mit Erfolg weiter verfolgen. Sie hat ihr Begehren auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für ihre Spielhalle in einem Erlaubnisverfahren nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag geltend zu machen. 40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO und bezieht den rechtskräftig gewordenen Teil der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts ein. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren aufzuerlegen. Diese hat im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Im erstinstanzlichen Verfahren hatte sie hingegen keinen Antrag gestellt. 41Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 42Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind. | auf die berufung der beklagten wird das aufgrund der mündlichen verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf geändert, soweit es noch gegenstand des berufungsverfahrens ist. auch insoweit wird die klage abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens beider instanzen einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen im zweitinstanzlichen verfahren. außergerichtliche kosten der beigeladenen im erstinstanzlichen verfahren werden nicht erstattet. die klägerin kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte oder die beigeladene vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten über die erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis für die von der klägerin betriebene spielhalle in den räumlichkeiten t. straße 193 in m. . für diese war ihr unter dem 24.2.2011 eine unbefristete erlaubnis nach § 33i gewo erteilt worden. 3die klägerin beantragte für die spielhalle im august 2017 die erteilung einer unbefristeten, hilfsweise bis zum 30.6.2021 befristeten glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 glüstv in der bis zum 30.6.2021 gültigen fassung (im folgenden glüstv a. f.) i. v. m. § 16 ag glüstv nrw in der bis zum 30.6.2021 gültigen fassung (im folgenden: ag glüstv nrw a. f.), gegebenenfalls unter befreiung von den anforderungen des § 16 abs. 3 ag glüstv nrw a. f. nach § 29 abs. 4 satz 4 glüstv a. f. 4nach den feststellungen der beklagten steht die spielhalle der klägerin in konflikt mit zwei spielhallenstandorten. in sichtweite betreibt unter anderem die beigeladene in den räumlichkeiten der t. straße 203/203a (etwa 65 m luftlinie entfernt) zwei miteinander in verbund stehende spielhallen. 5nach einer zugunsten der spielhalle 1 der beigeladenen erfolgten auswahlentscheidung lehnte die beklagte mit bescheid vom 25.10.2017 den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis zum betrieb der spielhalle in der t. straße 193 in m. ab. 6hiergegen hat die klägerin klage erhoben und beantragt, 7die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 25.10.2017 zu verpflichten, 81. der klägerin für die spielhalle in dem gebäude auf der t. straße 193 in m. die beantragte unbefristete glücksspielrechtliche erlaubnis gemäß § 24 glüstv a. f. i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw a. f., die nicht auf der grundlage der befreiung von den anforderungen des § 16 abs. 3 ag glüstv nrw a. f. gemäß § 29 abs. 4 glüstv a. f. beruht, zu erteilen, 9hilfsweise dazu, 10eine befristung der zu erteilenden erlaubnis bis zum außerkrafttreten des glücksspielstaatsvertrages a. f. und des ag glücksspielstaatsvertrages nrw a. f. zu erteilen; 112. hilfsweise dazu, 12eine unbefristete erlaubnis auf grundlage einer befreiung von den anforderungen des § 16 abs. 3 ag glüstv nrw a. f. gemäß § 29 abs. 4 glüstv a. f. zu erteilen, 13hilfsweise dazu, 14eine befristung der zu erteilenden erlaubnis bis zum außerkrafttreten des glücksspielstaatsvertrages a. f. und des ag glücksspielstaatsvertrages nrw a. f. zu erteilen; 153. hilfsweise zu 1. und 2. ihren antrag auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 abs. 1 glüstv a. f. i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw a. f. unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 16die beklagte hat unter verteidigung ihrer auswahlentscheidung beantragt, 17die klage abzuweisen. 18die beigeladene hat keinen antrag gestellt. 19das verwaltungsgericht hat die beklagte verpflichtet, unter entsprechend teilweiser aufhebung des ablehnungsbescheids vom 25.10.2017 den antrag der klägerin auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 abs. 1 glüstv a. f. i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw a. f. für die spielhalle in dem gebäude auf der t. straße 193 in m. unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. im übrigen hat es die klage abgewiesen. einen von der klägerin gestellten antrag auf zulassung der berufung hat diese noch im zulassungsverfahren zurückgenommen. 20zur begründung ihrer von dem senat zugelassenen berufung verteidigt die beklagte weiterhin ihre auswahlentscheidung zugunsten der von der beigeladenen betriebenen spielhalle 1 und beantragt, 21das auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf zu ändern und die klage abzuweisen, soweit das verfahren noch gegenstand des berufungsverfahrens ist. 22die klägerin beantragt, 23die berufung zurückzuweisen. 24die beigeladene beantragt, 25das auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf zu ändern und die klage abzuweisen, soweit das verfahren noch gegenstand des berufungsverfahrens ist. 26neben der vorliegenden klage hat die klägerin gegen die der beigeladenen für ihre spielhallen erteilte erlaubnis vom 24.10.2017 klage erhoben (vg düsseldorf 3 k 18895/17). das verwaltungsgericht hat diese erlaubnis mit auf die mündliche verhandlung vom 3.3.2020 ergangenem urteil hinsichtlich der spielhalle 1 aufgehoben und das verfahren eingestellt, soweit es zunächst auch die erlaubnis für die spielhalle 2 der beigeladenen zum gegenstand hatte. über die berufung der beklagten hat der senat ebenfalls mit urteil vom heutigen tag (4 a 1032/20) entschieden. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte in diesem verfahren sowie in dem verfahren 4 a 1032/20 (jeweils ein band sowie eine elektronische gerichtsakte) und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (insgesamt fünf hefter) bezug genommen. 28 | 29die berufung hat erfolg. 30die klage ist hinsichtlich des allein noch streitgegenständlichen antrags zu 3. unbegründet. die klägerin hat jedenfalls keinen anspruch auf neubescheidung ihres antrags auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis gemäß § 24 abs. 1 glüstv a. f. i. v. m. § 16 abs. 2 ag glüstv nrw a. f. die ablehnung durch die beklagte verletzt die klägerin schon deshalb nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 31während der senat bei der entscheidung, ob die berufung zuzulassen war, nur auf die rechtzeitig dargelegten gründe abzustellen hatte, wobei die nach ablauf der frist des § 124a abs. 4 satz 4 vwgo eingetretene rechtsänderung unberücksichtigt bleiben musste, 32vgl. bverwg, beschluss vom 15.12.2003 – 7 av 2.03 –, juris, rn. 10 ff., 33wäre bei der von der klägerin begehrten neubescheidung die nunmehr gegebene sach- und rechtslage zugrunde zu legen. 34vgl. bverwg, urteil vom 25.9.2008 – 3 c 35.07 –, bverwge 132, 64 = juris, rn. 22. 35zum danach maßgeblichen entscheidungszeitpunkt steht der klägerin jedenfalls der allein noch geltend gemachte neubescheidungsanspruch nicht (mehr) zu. denn nach dem inkrafttreten des glücksspielstaatsvertrages 2021 am 1.7.2021 kann an vor diesem stichtag begonnene erlaubnisverfahren auf der grundlage des glücksspielstaatsvertrages in seiner bis zum 30.6.2021 geltenden fassung nicht mehr angeknüpft werden. gemäß § 16 abs. 2 ag glüstv nrw bedarf der betrieb einer spielhalle nunmehr der erlaubnis nach dem glücksspielstaatsvertrag 2021. die erteilung einer solchen erlaubnis ist von eigenständigen voraussetzungen abhängig, die sich aus der seit dem 1.7.2021 bestehenden rechtslage ergeben und im rahmen eines eigenständigen erlaubnisverfahrens nach dem glücksspielstaatsvertrag 2021 zu prüfen sind. der gesetzgeber ist bei der neuregelung davon ausgegangen, dass sämtliche bestehenden spielhallenerlaubnisse zum 30.6.2021 ausgelaufen sind und sich ein folgeantragsverfahren nach neuer rechtslage anschließen muss. 36vgl. lt-drs. 17/12978, s. 94. 37damit hat er die bereits im alten recht angelegte möglichkeit genutzt, im rahmen der prüfung von vollständig einzureichenden neuanträgen an neuen rechtlichen maßstäben auf erfahrungen im bereich der spielhallen mit dem vollzug des glücksspielstaatsvertrages zu reagieren und damit der sache nach zugleich die fortführung der nach alter rechtslage begonnenen verfahren ausgeschlossen. 38vgl. ovg nrw, urteil vom 10.3.2021 – 4 a 4700/19 – juris, rn. 61 ff. 39angesichts dessen kann die klägerin mit ihrer klage ihr neubescheidungsbegehren bezogen auf die erteilung einer erlaubnis nach dem früheren glücksspielstaatsvertrag nicht mehr mit erfolg weiter verfolgen. sie hat ihr begehren auf erteilung einer glücksspielrechtlichen erlaubnis für ihre spielhalle in einem erlaubnisverfahren nach dem neuen glücksspielstaatsvertrag geltend zu machen. 40die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 und § 162 abs. 3 vwgo und bezieht den rechtskräftig gewordenen teil der kostenentscheidung des verwaltungsgerichts ein. es entspricht der billigkeit, der klägerin auch die außergerichtlichen kosten der beigeladenen im berufungsverfahren aufzuerlegen. diese hat im berufungsverfahren einen antrag gestellt und sich damit einem eigenen kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). im erstinstanzlichen verfahren hatte sie hingegen keinen antrag gestellt. 41die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 42die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht erfüllt sind. |
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} | S 13 KR 53/21 | 2022-03-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 10.139,02 € zuzüglich Zinsenin Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatzseit dem 23.12.2019 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Der Streitwert wird auf 10.139,02 € festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Vergütung für stationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 10.139,02 €. 3Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus und dort in der Klinik für Neurologie und Neurolinguistik eine spezielle Aphasiestation. Dort behandelten ihre Ärzte vom 08.10. bis 09.11.2018 den bei der Beklagten versicherte am xx.xx.xxxx geborene X. D. (im Folgenden: Versicherter). Grund der Behandlung war eine schweren globale Aphasie einschließlich einer rechtsseitigen Halbseitenlähmung aufgrund eines Schlaganfalls kardiogen-embolischer Genese bei hypertensiver Kardiomyopathie im Jahre 2016. 4Nach dem Schlaganfall hatte der Versicherte vom 02.06. bis 22.06.2016 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der C-Klinik W. erhalten. Der Schwerpunkt bestand in der Verbesserung der Gangfähigkeit und -sicherheit durch Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage und Ergotherapie. Darüber hinaus erhielt der Versicherte Logopädie, wodurch sich die bestehende Aphasie und Dysarthophonie (hierbei handelt es sich um eine neurogene Störung der Sprechmotorik und der Sprechkoordination) nicht veränderte. Der Versicherte verständigte sich überwiegend mittels Gesten und „ja-/nein-Reaktionen“; seine verbalen Äußerungen waren meist unverständlich. Bei der Entlassung wurde die dringende Indikation zur Fortführung der logopädischen Therapie gestellt. Der Versicherte erhielt sodann 10 Therapieeinheiten ambulante Logopädie à 45 Minuten. Die Durchführung der Therapie gestaltete sich aufgrund der schweren Einschränkung des Sprachverständnisses sehr schwierig. Bei einer neurologischen Untersuchung am 19.10.2016 wurde auf die bestehende unflüssige Aphasie mit erschwertem Sprachverständnis verwiesen und die Empfehlung zur vorzeitigen erneuten vollstationären Rehabilitation ausgesprochen. Diese Reha-Maßnahme wurde von der Beklagten nicht genehmigt. Die ausschließlich ambulant fortgeführte Logopädie (1 x pro Woche) blieb ohne Erfolg. 5Nach einer Kontaktaufnahme bei der Klägerin zur Durchführung einer Aphasietherapie erhielt der Versicherte am 18.04.2018 zunächst einen Termin für eine ausführliche sprachliche, neurologische und neuropsychologische Voruntersuchung in der Sprachambulanz der Klägerin. Bei diesem Termin wurde in umfassenden Tests geprüft, ob sich der Versicherte für eine Aphasiestherapie bei der Klägerin eignete. Es wurde die Indikation zur 3-wöchigen Aphasiebehandlung gestellt. Hierfür wurden umfassende Informationen zur Durchführung, Inhalt und Umfang der Aphasietherapie zur Verfügung gestellt. Nach eingehender Prüfung der vorgelegten Unterlagen erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 12.06.2018 die Kostenübernahme für Krankenhausbehandlung. Der Versicherte wurde sodann am 08.10.2018 bei der Klägerin aufgenommen und auf der Aphasiestation behandelt. Am 19.10.2018 beantragte die Klägerin die Verlängerung der Behandlung bis zum 24.11.2018 (Ende der 7 wöchigen Aphasietherapie) und teilte der Beklagten die Ergebnisse der Eingangsuntersuchung sowie den Therapieumfang der laufenden Behandlung mit. Mit Schreiben vom 22.10.2018 verwies die Beklagte auf die unbefristete Kostenübernahme und darauf, dass eine Prüfung der Dauer nach Entlassung des Patienten vorbehalten bleibe. In weiteren zwei Behandlungswochen wurde der Fokus der Behandlung auf den kommunikativpragmatischen Schwerpunkt gelegt, um das Sprachverständnis zu festigen und alternative Kommunikationsstrategien zu üben. Mithilfe eines Kommunikationsbuchs lernte der Versicherte, Grundbedürfnisse und Alltagswünsche zu äußern. Zu alltäglichen Gegenständen und Handlungen wurden Gesten eingeübt, die der Versicherte im Verlauf gut und präzise einsetzen konnte. In der Abschlussdiagnostik zeigten sich messbare Verbesserungen in den zum Sprachverständnis durchgeführten Tests, insbesondere beim Sortieren von Objekten (BOSU und LEMO, Tabelle 1 und 2 in der logopädischen Epikrise), sodass die notwendigen „Basisziele“ erreicht wurden. Da ein weiterer Therapiefortschritt nicht erwartet wurde, wurde der Patient am 09.11.2018 aus der stationären Behandlung entlassen. 6Die Kosten der Behandlung in Höhe von 10.139,02 € wurden der Beklagten am 26.11.2018 in Rechnung gestellt und von dieser vollständig bezahlt. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung des Falles. Dieser kam im Gutachten vom 23.09.2019 zum Ergebnis, es habe sich um primär rehabilitative Maßnahmen gehandelt. Eine Diagnostik für einen akutstationären Behandlungsbedarf sei nicht erkennbar. Zwar sei eine Notwendigkeit zur weiteren Behandlung erkennbar, jedoch sei eine Notwendigkeit zur akutstationären Behandlung nicht gegeben. Auch das fehlende Angebot einer rehabilitativen Maßnahme mit hoher Therapiedichte begründe keine akutstationäre Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V. Ob und in welcher Form hier eine Vergütung der rehabilitativen Behandlung erfolgen solle, sei eine Entscheidung des Kostenträgers. Daraufhin verrechnete die Beklagte mit Schreiben vom 20.12.2019 ihren vermeintlichen Rückforderungsanspruch in Höhe von 10.139,02 € mit – genau bezeichneten – unstrittigen Vergütungsforderungen der Klägerin aus Behandlungen anderer bei der Beklagten versicherter Patienten. 7Am 18.02.2021 hat die Klägerin Klage auf Zahlung der Rest-Vergütung in Höhe von 10.139,02 € erhoben. Sie ist der Auffassung, der aus der Behandlung des Versicherten resultierende Vergütungsanspruch sei begründet gewesen. Sie habe den Versicherten im Rahmen der erforderlichen stationären Behandlung mit den nach Art und Schwere der Krankheit notwendigen Krankenhausleistungen versorgt. Die Indikation zur Durchführung der Aphasiebehandlung bei ihr sei aufgrund der umfassenden neurologischen, neurolinguistischen und neuropsychologischen Untersuchungen in ihrer Sprachambulanz am 18.04.2018 gestellt worden. Bei der Indikationsstellung sei insbesondere berücksichtigt worden, dass der Versicherte noch keine Aphasietherapie im notwendigen Umfang erhalten hatte. Bei der Behandlung in der C.-Klinik W. habe der Behandlungsschwerpunkt nicht auf der neurologischen und logopädischen Behandlung der Aphasie, sondern auf der Verbesserung der Gangfähigkeit und -sicherheit durch Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage sowie Ergotherapie gelegen. Bei Entlassung sei die dringende Indikation zur Fortführung der logopädischen Therapie gestellt worden. Nach 10 Therapieeinheiten mit ambulanter logopädischer Versorgung à 45 Minuten hätten sich noch kein messbarer Fortschritt gezeigt, sodass bei der sozialmedizinisch-neurologischen Untersuchung am 19.10.2016 erneut auf die bestehende unflüssige Aphasie mit erschwertem Sprachverständnis hingewiesen und empfohlen worden sei, eine vorzeitige vollstationären Reha im Neurologischen Bereich durchzuführen. Die empfohlene Behandlung sei dem Versicherten seitens der Beklagten jedoch nicht gewährt. Daher habe er in der Folgezeit ausschließlich ambulante Logopädie 1 x pro Woche erhalten, was nachweislich keinen Therapiefortschritt erbracht habe. 8Die Klägerin verweist darauf, dass die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) für die Durchführung einer intensiven Intervalltherapie der Aphasie einen Therapieumfang von mindestens 5 bis 10 Therapiestunden pro Woche über einen Zeitraum von bis zu 7 Wochen vorsehen. Je nach individuellen Rehabilitationszielen und der Dynamik der erreichbaren Verbesserungen seien intensive Intervallbehandlungen auch mehr als 12 Monate nach dem Schlaganfall zu empfehlen. Ein wesentlicher Faktor, der die Wirksamkeit der Sprachtherapie beeinflusse, sei die Therapieintensität. Studien, die keinen Wirksamkeitsnachweis erbrachten hätten, seien solche mit sehr geringer Intensität von im Mittel 2 h/Woche über 23 Wochen gewesen, während solche mit positivem Wirksamkeitsnachweis eine Therapiefrequenz von durchschnittlich mehr als 8 h/Woche über 8-12 Wochen aufgewiesen hätten. Der Versicherte habe somit bis zur Vorstellung in der Sprachambulanz der Klägerin (noch) keine leitlinienkonforme Behandlung der Aphasie erhalten. Die bei der Klägerin durchgeführte Aphasietherapie sei eine „störungsspezifische Therapie", bei der die Verbesserung der neuropsychologischen Erkrankung durch hochintensive, fachärztlich geleitete, logopädische Therapie im Vordergrund stehe. Der Versicherte habe während des Aufenthaltes bei der Klägerin 65 Therapieeinheiten, davon 28,5 logopädische Einzeltherapien (5,7 h/Woche), 15 logopädische Gruppentherapien (3,0 h/Woche), 5 Therapieeinheiten kommunikative und kreative Therapien (1 h/Woche) und 16,5 Therapieeinheiten Physiotherapie und Physikalische Therapie erhalten. Die Klägerin ist der Ansicht, die erreichten Therapiefortschritte belegten die Notwendigkeit und Erforderlichkeit der erfolgten Krankenhausbehandlung. Eine hinsichtlich der Behandlung des Erkrankungsbildes gleichermaßen wirksame Rehabilitationsmaßnahme, wie sie vom MDK behauptet werde, sei nicht belegbar. Darüber hinaus verfolge die vom MDK vorgeschlagene rehabilitative Maßnahme ein anderes Therapieziel als die bei der Klägerin durchgeführte Krankenhausbehandlung. Es gehört zur Aufgabe der Krankenversicherung, die Gesundheit des Versicherten wiederherzustellen bzw. seinen Gesundheitszustand zu verbessern (§ 1 S. 1 SGB V). Dementsprechend beziehe sich der Therapieansatz der Klägerin auf das Krankheitsbild selbst, also direkt auf die Aphasie und die Verbesserung der neuropsychologischen Erkrankung. Im Gegensatz dazu verfolge die medizinische Rehabilitation das Ziel, eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 11 Abs. 2 SGB V). Der Schwerpunkt einer rehabilitativen Maßnahme liege in der Behandlung der aus der Erkrankung resultierenden Funktionseinschränkungen gemäß ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health). Die Einschätzung des MDK, es habe alternative Behandlungsmöglichkeiten im Sinne einer ambulanten bzw. einer stationäre Reha gegeben, seien angesichts der Behandlungshistorie und der dabei erzielten Behandlungsfortschritte des Versicherten nicht nachvollziehbar. Allein die Gleichstellung von ambulanter und stationärer Rehabilitation als Behandlungsalternativen sei unverständlich, da sich diese Behandlungsformen in Dauer und Intensität notwendigerweise unterschieden. Die Beurteilung des MDK hätte seitens der Beklagten bereits vor Therapiebeginn im Rahmen des Kostenübernahmeverfahrens eingeholt werden können. Hierdurch wäre es der Beklagten möglich gewesen, die geplante Therapie vorab zu prüfen und dem Versicherten – bei von der Klägerin abweichender Einschätzung zur Notwendigkeit der Krankenhausaufnahme – einen geeigneten Therapieplatz zur Verfügung zu stellen. Es sei weder eine Prüfung der vorgelegten medizinischen Unterlagen erfolgt, noch seien von der Beklagten oder dem MDK alternative Therapieplätze benannt worden. Im Gegenteil: Nach eingehender Prüfung der umfassenden Information seitens der Klägerin über die notwendige Aphasiebehandlung und die üblicherweise entstehenden Einwände zur Krankenhausbedürftigkeit habe die Beklagte eine Kostenübernahme für die Krankenhausbehandlung erteilt. Wenn sie ihre Leistungspflicht nun mit dem Hinweis auf eine durchgeführte stationäre Rehabilitationsbehandlung ablehne, sei dies treuwidrig. Die Klägerin verweist darauf, dass in zahlreichen Urteilen verschiedener Sozialgerichte bestätigt worden sei, dass es sich bei der Aphasiebehandlung der Klägerin um Krankenhausbehandlung handele. Auch die stationäre Behandlung des Versicherten sei nach Art und Schwere der Erkrankung als Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen. In den DGN-Leitlinien heiße es, die Therapie der Aphasie werde je nach klinischen und/oder psychosozialen Gegebenheiten ambulant, teilstationär oder stationär durchgeführt. Der Sachverständige habe im vorliegenden Fall die Indikation für eine stationäre Aphasietherapie bestätigt. 9Die Klägerin beantragt, 10die Beklagte zu verurteilen, ihr 10.139,02 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2019 zu zahlen. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie ist der Auffassung, die Klageforderung sei erloschen Sie habe rechtmäßig einen Erstattungsanspruch aus der bereits geleisteten Vergütung der Behandlung des Versicherten aufgerechnet. Zur Begründung hat sie zunächst allgemeine rechtliche Ausführungen zur Abgrenzung einer Rehabilitationsbehandlung von einer Krankenhausbehandlung gemacht und den Vorrang der Rehabilitation gegenüber der stationären Behandlung betont. Im konkreten Fall des Versicherten sei es an der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass die Maßnahmen zwingend im vollstationären Rahmen erforderlich gewesen seien und nicht im ambulanten Setting hätten durchgeführt werden können. Selbst wenn die erbrachte Leistung formal betrachtet als stationäre Leistung zu qualifizieren wäre, folge hieraus noch nicht axiomatisch, dass eine solche Behandlung auch sozialrechtlich und-medizinisch erforderlich und angemessen gewesen sei. Wenn die Klägerin ihr Behandlungskonzept auch für Rehabilitation nutzen wolle, müsse sie eine Rehabilitationseinrichtung einrichten. Tue sie das nicht, habe sie kein Anrecht darauf, systemwidrig zulasten der Versichertengemeinschaft Rehabilitationsbehandlungen als Krankenhausbehandlungen abzurechnen. 14Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts ein Gutachten von dem Arzt für Neurologie, Geriatrie und neurologische Intensivmedizin und Psychiatrie Dr. med. B. I. eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird das Gutachten vom 08.12.2021 verwiesen. 15Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). 19Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Vergütung wegen der Behandlung von Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten. 20Die Klage ist auch begründet. 21Gegenstand der Klageforderung ist nicht der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung des Versicherten. Denn dieser ist durch die Zahlung der Beklagten in vollem Umfang erfüllt. Gegenstand der Klageforderung ist vielmehr der Rest-Anspruch auf Vergütung aufgrund der Behandlungen anderer Versicherten, aus denen die Klägerin – dies ist unstreitig – zunächst Anspruch auf die in Rechnung gestellte Vergütung in voller Höhe hatte. Die Rest-Forderung der Klägerin aus diesen Behandlungen ist in Höhe der Klageforderung begründet, da die Beklagte dagegen mit ihrem vermeintlichen Rückforderungsanspruch aus dem Behandlungsfall des Versicherten nicht wirksam aufgerechnet hat. Die Klägerin hatte der Beklagten aus dieser Behandlung am 26.11.2018 zurecht 10.139,02 € in Rechnung gestellt, die die Beklagte auch zurecht bezahlt hat. Die Klägerin hatte Anspruch auf Vergütung der stationären Behandlung des Versicherten, da diese als Krankenhausbehandlung notwendig war. 22Rechtsgrundlage des geltenden gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch des Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung von Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkasse andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV). 23Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Besondere Mittel des Krankenhauses sind u.a. eine operative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter Arzt. Dabei fordert die Rechtsprechung für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch sieht sie ihn stets als ausreichend an. Es ist vielmehr eine Gesamtbeachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R - m.w.N.). Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Zur Beurteilung der Notwendigkeit ist von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen (BSG/Großer Senat, Beschluss vom 25.09.2007 - GS 1/06). 24Nach Auswertung aller ihr über den Behandlungsfall des Versicherten bekannt gewordenen Umstände, medizinischen Unterlagen und Stellungnahmen und des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. I. vom 08.12.2021 ist die Kammer davon überzeugt, dass die Behandlung auf der Aphasiestation der Klägerin als stationäre Krankenhausbehandlung notwendig war, weil der Versicherte im streitbefangenen Zeitraum krankenhausbehandlungsbedürftig war. 25Dass es sich bei der „B. W. 26Aphasiebehandlung“ um eine Behandlung handelt, die stationär nur in einem Krankenhaus durchgeführt wird und als solche Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V ist, ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung seit vielen Jahren anerkannt und wird durch die von der Klägerin in der Klageschrift zitierten Entscheidungen belegt (vgl. SG Trier, Urteil vom 09.05.2007 – S 5 KR 10/08; SG Aachen, Urteil vom 11.01.2011 – S 13 KR 55/10; SG Nürnberg, Urteil vom 08.05.2014 – S 7 KR 176/13; SG Aachen, Urteil vom 24.03.2016 – S 15 KR 365/13; SG Detmold, Beschluss vom 27.07.2016 – S 3 KR 558/16 ER; SG Aachen, Urteil vom 20.08.2019 – S 13 KR 88/19; SG Aachen, Urteil vom 10.12.2020 – S 15 KR 55/19). Dies trifft auch für den vorliegenden Fall zu. 27Die seit vielen Jahren in der Klinik der Klägerin durchgeführte Aphasiespezialbehandlung wird als intensive multidisziplinäre Komplexbehandlung durchgeführt und ist als solche in der medizinischen Fachwelt anerkannt. Sie umfasst logopädische Intensivtherapie, physiotherapeutische Behandlung der Grob- und Feinmotorikstörung, physikalische Therapie, neuropsychologische Diagnostik und neuropsychologisches Training am Computer, Dyskalkuliediagnostik sowie ein Training zur Zahlenverarbeitung, Milieutherapie zur Verbesserung der Selbstständigkeit im Alltag, neurologische und internistische Kontrolluntersuchungen sowie kontinuierliche ärztliche Betreuung. Das Behandlungsangebot wird für jeden Patienten individuell angepasst. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel sieben Wochen. Die medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung auf der B. Aphasiestation wird im Einzelfall entweder durch ausführliche neurologische, neuropsychologische und neulinguistische Untersuchungen in der Sprachambulanz vor Ort ermittelt oder durch sorgfältige Evaluation von früheren Befundberichten. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Rehabilitation aphasischer Störungen nach Schlaganfall" (Stand: 9/2012; Gültigkeit verlängert bis 2017) ist die Therapieintensität ein wesentlicher Einflussfaktor. Studien haben gezeigt, dass eine höhere Therapiefrequenz mit einem größeren positiven Behandlungseffekt einhergeht. Gegebenenfalls ist auch nach mehr als zwölf Monaten nach dem Schlaganfallereignis eine Wiederholung von stationärer Behandlung mit Intensivtherapie (sechs bis acht Wochen mit möglichst täglichen Therapiestunden) notwendig. 28Aus den ausführlichen Berichten der Klinik für Neurologie – Aphasiestation – der Klägerin, die der Klageschrift beigefügt waren, ergibt sich, das aufgrund der sehr reduzierten Spontansprache zunächst eine logopädische Intensivtherapie täglich 2 Stunden à 60 Minuten, zusätzlich Selbsttraining, Physiotherapie, neuropsychologische Diagnostik, Milieutherapie mit In-vivo-Training und kontinuierliche ärztliche Betreuung mit neurologischen und internistischen Kontrolluntersuchungen durchgeführt wurden. Die intensive Aphasietherapie führte nachweislich dazu, dass bei Entlassung nur noch eine Restaphasie bestand. Der Sachverständige Prof. Dr. I. hat die Unterlagen des Behandlungsfalles ausgewertet und in seinem Gutachten ausgeführt: 29„Notwendigkeit des stationären Behandlungskonzeptes: 30Angesichts der schweren chronischen Aphasie, mit bis zu dem Zeitpunkt nicht ausreichender minimaler Kommunikationsfähigkeit, war ein Konzept analog der B. Aphasiebehandlung als hochspezifisches Behandlungskonzept notwendig, da die zuvor durchgeführten ambulanten und auch vorausgehend in einer Rehaklinik stationär durchgeführten Maßnahmen nicht ausreichend waren, um das Mindestmaß einer Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit, welche dem Patienten zumutbar gewesen waren, zu erreichen. 31Der Erfolg der Behandlung unterstützt die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der angewandten Methoden in ihrer Gesamtheit während der stationären Unterbringung im V. B. 32Die vorausgegangenen ausführlichen Untersuchungen in der Sprachambulanz vom 23.04.2018 und 03.05.2018 konnten die im Vordergrund stehende Sprachstörung als schwere bis mittelgradig globale Aphasie in ihrem Schweregrad klassifizieren und durch zusätzliche Verfahren differenziert diagnostizieren. Mit diesem Ausgangsbefund erfolgte eine für den Patienten optimierte Therapie, die bis zum Abschluss des vollständigen Behandlungsschemas analog den Leitlinien zur Therapie der Aphasie DGN 2012 und entsprechend dem Konzept bis zum 24.11.2019 – richtig: 2018 – verlängert werden sollten. 33Konkrete Verbesserungen 34Die spezifische neurolinguistische Intensivtherapie erfolgte unter dem Wissen der bisherigen Misserfolge der ambulanten und das insuffiziente Ergebnis der stationär-rehabilitativen Ergebnisse einerseits und der zusätzlichen neuropsychologischen Einschränkungen im Bereich Sprechapraxie, Aufmerksamkeit, Gesichtsfelder und Belastungsfähigkeit andererseits. Die individuelle Schwere und Komplexität werden auch in am DGN-Leitlinien als Voraussetzung für eine leitliniengerechte multimodale Behandlung generiert, wie sie im Oktober 2018, 21/2 Jahre nach dem Schlaganfall am V. B. durchgeführt wurde. 35Der Erfolg der Behandlung auf multimodaler Ebene konnte trotz des vom Konzept vorgesehenen 7-Wochen Zeitraums, der auf 5 Wochen wegen mangelnder Kostenzusage reduziert werden musste, in einer multimodalen Erfassung der Defizite objektiviert werden. Bis zur Entlassung am 09.11.2018 konnten die Erfolge mit verbesserter Zielerreichung beobachtet werden. 36Amb. Voruntersuchung V. 4+5/2018 Eingang 08/10/2018 VL 19/10/2018 Prognose E 09/11/2018 Konzept 24/11/2018 u.a. B. Aphasietest mit Prozentrang (AAT PR = 16) Sprachver ständnis (AAT PR = 25) 40% 60% > 60 % >> 60 % Wortfindung (PR = 6) Ja/Nein Unzuverlässig Ja/Nein Zuverlässig auch in Stresssituationen ja/nein zuverlässig Sprechapraxie (PR = 4) Emotionale Worte meist Neologismen Lautanbahnung ermöglicht von | a | Weitere -Reduktion der Neologismen -Stabilisierung der Lautanbahnung Alternative Kommunikation Inkonstant spez. Gesten spez. Gesten zu Alltagsgegenständen alternative Kommunikation durch Kommunikationsbuch möglich spez. Gesten zu Alltagsgegenständen alternative Kommunikation durch Kommunikationsbuch möglich Erweiterung der spezifischen Gesten 37Alternative Therapieoption 38Eine ambulante sprachtherapeutische Behandlung könnte angesichts des Schweregrades die notwendigen Ziele nicht erreichen, da weder die Intensität noch die Multimodalität damit realisierbar gewesen wären. Hier muss insbesondere zusätzlich noch berücksichtigt werden, dass zwar von Seiten der Mobilität dies zumutbar gewesen wäre, aber von Seiten der begleitenden zusätzlichen neuropsychologischen Defizite mit apraktischen Anteilen und Hemianopsie sowie einer allgemeinen Minderung der Aufmerksamkeit bei in beiden Hirnhälften abgelaufenen zerebralen Ischämien deutlich erschwerte Bedingungen für ein ambulantes Setting vorlagen, welches auch bei einer teilstationären Rehabilitation mit hochfrequenten An- und Abreisen und den alltäglichen Basisbelastungen zu einer Überforderung geführt hätte. 39Zwar ist eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in einer Rehabilitationsklinik grundsätzlich für chronische Aphasien als ausreichend anzusehen, aber im vorliegenden Fall – eine entsprechende stationäre Rehabilitationsmaßnahme wurde in der C.-Klinik W. vorausgehend schon durchgeführt – war eine Wiederholung deutlich weniger erfolgversprechend einzustufen. Insbesondere da sich in der V. B. die in Deutschland höchst qualifizierte stationäre Behandlungseinheit in den letzten 50 Jahren entwickelt hat, die alleine der besonderen Komplexität des vorliegenden Falles entsprechen konnte. 40Aus diesen Gründen war in der speziellen Situation nur das multimodale Behandlungskonzept im stationären Setting im V. mit der höchsten Kompetenz zielführend und notwendig. Es handelt sich dabei nicht um eine komplexe therapeutische Maßnahme, die auch an einem anderen Ort in vergleichbarer Qualität hätte erbracht werden können. Für die notwendige spezifische Zielerreichung einer ausreichenden Kommunikationsfähigkeit wäre durch eine andere stationäre Einrichtung inkl. spezialisierter Rehabilitationskliniken zur sprachtherapeutischen Behandlung des Patienten nach anerkanntem Stand der medizinischen Wissenschaft weder ausreichend noch in gleicher Form sicher zu stellen gewesen.“ 41Dem schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Die dagegen erhobenen Einwände der Beklagten überzeugen nicht. 42Die Beklagte rügt einen „Verstoß gegen § 118 Abs. 1 S, 1 SGG i.V.m. § 407a Abs. 3 S. 1, 2 ZPO“. Sie meint, mit dem Satz „Einverstanden aufgrund eigener Beurteilung“ bringe Prof. Dr. Hetzel zum Ausdruck, dass er den Inhalt des Gutachtens billige, dieses jedoch nicht selbst erstellt habe; die Phrase werde typischerweise verwendet, wenn Dritte, z.B. Assistenz- oder Oberärzte, Gutachten „vorschreiben“ und der beauftragte Sachverständige nur noch unterschreibe. Die Rüge ist unbegründet. Der Sachverständige hat das Gutachten nicht allein unterschrieben. Seine Unterschrift unter dem Text „Einverstanden aufgrund eigener Beurteilung“ am Ende des Gutachtens lässt die alleinige und verantwortliche Autorenschaft von Prof. Dr. I. erkennen. Ein anderer Autor (z.B. Assistenz- oder Oberarzt) ist zu keinem Zeitpunkt des Gutachtenauftrags und an keiner Stelle des Gutachtens selbst, weder durch eine zusätzliche Unterschrift als Bearbeiter noch in sonst einer Art offenbar geworden. Die Behauptung der Beklagten, der Sachverständige habe gegen die gesetzlichen Vorgaben nach § 407a Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO verstoßen, das heißt, er habe den Auftrag auf einen anderen übertragen (Satz 1) und/oder er habe sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, ohne diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienst von untergeordneter Bedeutung handelt (Satz 2), ist reine Spekulation und entbehrt im konkreten Fall jeglicher tatsächlicher Grundlage.. 43In der Sache hat die Beklagte zwar zutreffend aus der Vorschrift des § 107 SGB V zitiert. Sie verkennt jedoch, dass die Grenzen zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation nicht starr („entweder – oder“) verlaufen, sondern fließend sind und ineinander übergehen bzw. sich überschneiden können. Rehabilitationseinrichtungen dienen der stationären Behandlung der Patienten, um u.a. auch „eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern“ (vgl. § 107 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) SGB V); genau diesem Ziel dient auch stationäre Krankenhausbehandlung. Die Krankenhausbehandlung umfasst andererseits nicht nur die ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; vielmehr umfasst die akutstationäre Behandlung „auch die im Einzelfall erforderliche und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V). 44Die Aphasiespezialbehandlung des Versicherten diente sowohl der Behandlung einer Krankheit – „Aphasie“ (ICD-10-Ziffer R47.0 – als auch der Frührehabilitation gem. § 39 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz SGB V. Die Aufnahme in das Krankenhaus der Klägerin erfolgte nur deshalb, weil die rehabilitativen Vorbehandlungen nicht zur signifikanten Verbesserung der schweren Aphasie geführt hatten. In dem Umfang und insbesondere in der Intensität, wie die bei dem Versicherten erforderlichen Leistungen im Rahmen der „B. Aphasiebehandlung“ erbracht worden sind, waren sie nur im Krankenhaus der Klägerin möglich und durchführbar. Diese Leistungen hätten in diesem Umfang und dieser Intensität in keinem anderen Krankenhaus und auch in keiner Rehabilitationseinrichtung erbracht werden können. Die Beklagten hat weder zum früheren Zeitpunkt der Behandlung des Versicherten ab 2016 noch im Verlauf dieses Verfahrens eine solche Einrichtung benannt wird eine solche auch nicht benennen können. 45Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV sind Rechnungen innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang zu begleichen. Die Beklagte hat ihren (vermeintlichen) Rückforderungsanspruch aus der Krankenhausbehandlung der Versicherten in Höhe von 10.139,02 € am 20.12.2019 gegen zu diesem Zeitpunkt fällige – unstreitige – Forderungen der Klägerin verrechnet. Im Hinblick darauf ist sie jedenfalls seit dem 23.12.2019 mit der Vergütung der Restforderung in Verzug. Daher ist das Zinsbegehren der Klägerin sowohl nach dessen Beginn als auch der Höhe nach (vgl. § 15 KBV) begründet. 46Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 47Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). | die beklagte wird verurteilt, der klägerin 10.139,02 € zuzüglich zinsenin höhe von zwei prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatzseit dem 23.12.2019 zu zahlen. die kosten des verfahrens trägt die beklagte. der streitwert wird auf 10.139,02 € festgesetzt. 1 | 2die beteiligten streiten über die vergütung für stationäre krankenhausbehandlung in höhe von 10.139,02 €. 3die klägerin betreibt ein zugelassenes krankenhaus und dort in der klinik für neurologie und neurolinguistik eine spezielle aphasiestation. dort behandelten ihre ärzte vom 08.10. bis 09.11.2018 den bei der beklagten versicherte am xx.xx.xxxx geborene x. d. (im folgenden: versicherter). grund der behandlung war eine schweren globale aphasie einschließlich einer rechtsseitigen halbseitenlähmung aufgrund eines schlaganfalls kardiogen-embolischer genese bei hypertensiver kardiomyopathie im jahre 2016. 4nach dem schlaganfall hatte der versicherte vom 02.06. bis 22.06.2016 eine stationäre rehabilitationsbehandlung in der c-klinik w. erhalten. der schwerpunkt bestand in der verbesserung der gangfähigkeit und -sicherheit durch krankengymnastik auf neurophysiologischer grundlage und ergotherapie. darüber hinaus erhielt der versicherte logopädie, wodurch sich die bestehende aphasie und dysarthophonie (hierbei handelt es sich um eine neurogene störung der sprechmotorik und der sprechkoordination) nicht veränderte. der versicherte verständigte sich überwiegend mittels gesten und „ja-/nein-reaktionen“; seine verbalen äußerungen waren meist unverständlich. bei der entlassung wurde die dringende indikation zur fortführung der logopädischen therapie gestellt. der versicherte erhielt sodann 10 therapieeinheiten ambulante logopädie à 45 minuten. die durchführung der therapie gestaltete sich aufgrund der schweren einschränkung des sprachverständnisses sehr schwierig. bei einer neurologischen untersuchung am 19.10.2016 wurde auf die bestehende unflüssige aphasie mit erschwertem sprachverständnis verwiesen und die empfehlung zur vorzeitigen erneuten vollstationären rehabilitation ausgesprochen. diese reha-maßnahme wurde von der beklagten nicht genehmigt. die ausschließlich ambulant fortgeführte logopädie (1 x pro woche) blieb ohne erfolg. 5nach einer kontaktaufnahme bei der klägerin zur durchführung einer aphasietherapie erhielt der versicherte am 18.04.2018 zunächst einen termin für eine ausführliche sprachliche, neurologische und neuropsychologische voruntersuchung in der sprachambulanz der klägerin. bei diesem termin wurde in umfassenden tests geprüft, ob sich der versicherte für eine aphasiestherapie bei der klägerin eignete. es wurde die indikation zur 3-wöchigen aphasiebehandlung gestellt. hierfür wurden umfassende informationen zur durchführung, inhalt und umfang der aphasietherapie zur verfügung gestellt. nach eingehender prüfung der vorgelegten unterlagen erteilte die beklagte mit schreiben vom 12.06.2018 die kostenübernahme für krankenhausbehandlung. der versicherte wurde sodann am 08.10.2018 bei der klägerin aufgenommen und auf der aphasiestation behandelt. am 19.10.2018 beantragte die klägerin die verlängerung der behandlung bis zum 24.11.2018 (ende der 7 wöchigen aphasietherapie) und teilte der beklagten die ergebnisse der eingangsuntersuchung sowie den therapieumfang der laufenden behandlung mit. mit schreiben vom 22.10.2018 verwies die beklagte auf die unbefristete kostenübernahme und darauf, dass eine prüfung der dauer nach entlassung des patienten vorbehalten bleibe. in weiteren zwei behandlungswochen wurde der fokus der behandlung auf den kommunikativpragmatischen schwerpunkt gelegt, um das sprachverständnis zu festigen und alternative kommunikationsstrategien zu üben. mithilfe eines kommunikationsbuchs lernte der versicherte, grundbedürfnisse und alltagswünsche zu äußern. zu alltäglichen gegenständen und handlungen wurden gesten eingeübt, die der versicherte im verlauf gut und präzise einsetzen konnte. in der abschlussdiagnostik zeigten sich messbare verbesserungen in den zum sprachverständnis durchgeführten tests, insbesondere beim sortieren von objekten (bosu und lemo, tabelle 1 und 2 in der logopädischen epikrise), sodass die notwendigen „basisziele“ erreicht wurden. da ein weiterer therapiefortschritt nicht erwartet wurde, wurde der patient am 09.11.2018 aus der stationären behandlung entlassen. 6die kosten der behandlung in höhe von 10.139,02 € wurden der beklagten am 26.11.2018 in rechnung gestellt und von dieser vollständig bezahlt. die beklagte beauftragte den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) mit der prüfung des falles. dieser kam im gutachten vom 23.09.2019 zum ergebnis, es habe sich um primär rehabilitative maßnahmen gehandelt. eine diagnostik für einen akutstationären behandlungsbedarf sei nicht erkennbar. zwar sei eine notwendigkeit zur weiteren behandlung erkennbar, jedoch sei eine notwendigkeit zur akutstationären behandlung nicht gegeben. auch das fehlende angebot einer rehabilitativen maßnahme mit hoher therapiedichte begründe keine akutstationäre krankenhausbehandlung nach § 39 sgb v. ob und in welcher form hier eine vergütung der rehabilitativen behandlung erfolgen solle, sei eine entscheidung des kostenträgers. daraufhin verrechnete die beklagte mit schreiben vom 20.12.2019 ihren vermeintlichen rückforderungsanspruch in höhe von 10.139,02 € mit – genau bezeichneten – unstrittigen vergütungsforderungen der klägerin aus behandlungen anderer bei der beklagten versicherter patienten. 7am 18.02.2021 hat die klägerin klage auf zahlung der rest-vergütung in höhe von 10.139,02 € erhoben. sie ist der auffassung, der aus der behandlung des versicherten resultierende vergütungsanspruch sei begründet gewesen. sie habe den versicherten im rahmen der erforderlichen stationären behandlung mit den nach art und schwere der krankheit notwendigen krankenhausleistungen versorgt. die indikation zur durchführung der aphasiebehandlung bei ihr sei aufgrund der umfassenden neurologischen, neurolinguistischen und neuropsychologischen untersuchungen in ihrer sprachambulanz am 18.04.2018 gestellt worden. bei der indikationsstellung sei insbesondere berücksichtigt worden, dass der versicherte noch keine aphasietherapie im notwendigen umfang erhalten hatte. bei der behandlung in der c.-klinik w. habe der behandlungsschwerpunkt nicht auf der neurologischen und logopädischen behandlung der aphasie, sondern auf der verbesserung der gangfähigkeit und -sicherheit durch krankengymnastik auf neurophysiologischer grundlage sowie ergotherapie gelegen. bei entlassung sei die dringende indikation zur fortführung der logopädischen therapie gestellt worden. nach 10 therapieeinheiten mit ambulanter logopädischer versorgung à 45 minuten hätten sich noch kein messbarer fortschritt gezeigt, sodass bei der sozialmedizinisch-neurologischen untersuchung am 19.10.2016 erneut auf die bestehende unflüssige aphasie mit erschwertem sprachverständnis hingewiesen und empfohlen worden sei, eine vorzeitige vollstationären reha im neurologischen bereich durchzuführen. die empfohlene behandlung sei dem versicherten seitens der beklagten jedoch nicht gewährt. daher habe er in der folgezeit ausschließlich ambulante logopädie 1 x pro woche erhalten, was nachweislich keinen therapiefortschritt erbracht habe. 8die klägerin verweist darauf, dass die leitlinien der deutschen gesellschaft für neurologie (dgn) für die durchführung einer intensiven intervalltherapie der aphasie einen therapieumfang von mindestens 5 bis 10 therapiestunden pro woche über einen zeitraum von bis zu 7 wochen vorsehen. je nach individuellen rehabilitationszielen und der dynamik der erreichbaren verbesserungen seien intensive intervallbehandlungen auch mehr als 12 monate nach dem schlaganfall zu empfehlen. ein wesentlicher faktor, der die wirksamkeit der sprachtherapie beeinflusse, sei die therapieintensität. studien, die keinen wirksamkeitsnachweis erbrachten hätten, seien solche mit sehr geringer intensität von im mittel 2 h/woche über 23 wochen gewesen, während solche mit positivem wirksamkeitsnachweis eine therapiefrequenz von durchschnittlich mehr als 8 h/woche über 8-12 wochen aufgewiesen hätten. der versicherte habe somit bis zur vorstellung in der sprachambulanz der klägerin (noch) keine leitlinienkonforme behandlung der aphasie erhalten. die bei der klägerin durchgeführte aphasietherapie sei eine „störungsspezifische therapie", bei der die verbesserung der neuropsychologischen erkrankung durch hochintensive, fachärztlich geleitete, logopädische therapie im vordergrund stehe. der versicherte habe während des aufenthaltes bei der klägerin 65 therapieeinheiten, davon 28,5 logopädische einzeltherapien (5,7 h/woche), 15 logopädische gruppentherapien (3,0 h/woche), 5 therapieeinheiten kommunikative und kreative therapien (1 h/woche) und 16,5 therapieeinheiten physiotherapie und physikalische therapie erhalten. die klägerin ist der ansicht, die erreichten therapiefortschritte belegten die notwendigkeit und erforderlichkeit der erfolgten krankenhausbehandlung. eine hinsichtlich der behandlung des erkrankungsbildes gleichermaßen wirksame rehabilitationsmaßnahme, wie sie vom mdk behauptet werde, sei nicht belegbar. darüber hinaus verfolge die vom mdk vorgeschlagene rehabilitative maßnahme ein anderes therapieziel als die bei der klägerin durchgeführte krankenhausbehandlung. es gehört zur aufgabe der krankenversicherung, die gesundheit des versicherten wiederherzustellen bzw. seinen gesundheitszustand zu verbessern (§ 1 s. 1 sgb v). dementsprechend beziehe sich der therapieansatz der klägerin auf das krankheitsbild selbst, also direkt auf die aphasie und die verbesserung der neuropsychologischen erkrankung. im gegensatz dazu verfolge die medizinische rehabilitation das ziel, eine behinderung oder pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre verschlimmerung zu verhüten oder ihre folgen zu mildern (§ 11 abs. 2 sgb v). der schwerpunkt einer rehabilitativen maßnahme liege in der behandlung der aus der erkrankung resultierenden funktionseinschränkungen gemäß icf (international classification of functioning, disability and health). die einschätzung des mdk, es habe alternative behandlungsmöglichkeiten im sinne einer ambulanten bzw. einer stationäre reha gegeben, seien angesichts der behandlungshistorie und der dabei erzielten behandlungsfortschritte des versicherten nicht nachvollziehbar. allein die gleichstellung von ambulanter und stationärer rehabilitation als behandlungsalternativen sei unverständlich, da sich diese behandlungsformen in dauer und intensität notwendigerweise unterschieden. die beurteilung des mdk hätte seitens der beklagten bereits vor therapiebeginn im rahmen des kostenübernahmeverfahrens eingeholt werden können. hierdurch wäre es der beklagten möglich gewesen, die geplante therapie vorab zu prüfen und dem versicherten – bei von der klägerin abweichender einschätzung zur notwendigkeit der krankenhausaufnahme – einen geeigneten therapieplatz zur verfügung zu stellen. es sei weder eine prüfung der vorgelegten medizinischen unterlagen erfolgt, noch seien von der beklagten oder dem mdk alternative therapieplätze benannt worden. im gegenteil: nach eingehender prüfung der umfassenden information seitens der klägerin über die notwendige aphasiebehandlung und die üblicherweise entstehenden einwände zur krankenhausbedürftigkeit habe die beklagte eine kostenübernahme für die krankenhausbehandlung erteilt. wenn sie ihre leistungspflicht nun mit dem hinweis auf eine durchgeführte stationäre rehabilitationsbehandlung ablehne, sei dies treuwidrig. die klägerin verweist darauf, dass in zahlreichen urteilen verschiedener sozialgerichte bestätigt worden sei, dass es sich bei der aphasiebehandlung der klägerin um krankenhausbehandlung handele. auch die stationäre behandlung des versicherten sei nach art und schwere der erkrankung als krankenhausbehandlung erforderlich gewesen. in den dgn-leitlinien heiße es, die therapie der aphasie werde je nach klinischen und/oder psychosozialen gegebenheiten ambulant, teilstationär oder stationär durchgeführt. der sachverständige habe im vorliegenden fall die indikation für eine stationäre aphasietherapie bestätigt. 9die klägerin beantragt, 10die beklagte zu verurteilen, ihr 10.139,02 € nebst zinsen in höhe von zwei prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 23.12.2019 zu zahlen. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie ist der auffassung, die klageforderung sei erloschen sie habe rechtmäßig einen erstattungsanspruch aus der bereits geleisteten vergütung der behandlung des versicherten aufgerechnet. zur begründung hat sie zunächst allgemeine rechtliche ausführungen zur abgrenzung einer rehabilitationsbehandlung von einer krankenhausbehandlung gemacht und den vorrang der rehabilitation gegenüber der stationären behandlung betont. im konkreten fall des versicherten sei es an der klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass die maßnahmen zwingend im vollstationären rahmen erforderlich gewesen seien und nicht im ambulanten setting hätten durchgeführt werden können. selbst wenn die erbrachte leistung formal betrachtet als stationäre leistung zu qualifizieren wäre, folge hieraus noch nicht axiomatisch, dass eine solche behandlung auch sozialrechtlich und-medizinisch erforderlich und angemessen gewesen sei. wenn die klägerin ihr behandlungskonzept auch für rehabilitation nutzen wolle, müsse sie eine rehabilitationseinrichtung einrichten. tue sie das nicht, habe sie kein anrecht darauf, systemwidrig zulasten der versichertengemeinschaft rehabilitationsbehandlungen als krankenhausbehandlungen abzurechnen. 14das gericht hat zur aufklärung des sachverhalts ein gutachten von dem arzt für neurologie, geriatrie und neurologische intensivmedizin und psychiatrie dr. med. b. i. eingeholt. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird das gutachten vom 08.12.2021 verwiesen. 15die beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer entscheidung der kammer ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten, die bei der entscheidung vorgelegen haben, bezug genommen. 17 | 18die kammer konnte ohne mündliche verhandlung durch urteil entscheiden, weil sich die beteiligten übereinstimmend mit dieser verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz – sgg). 19die klage ist als (echte) leistungsklage nach § 54 abs. 5 sozialgerichtsgesetz (sgg) zulässig. bei einer auf zahlung der (rest-)vergütung wegen der behandlung von versicherten gerichteten klage eines krankenhauses gegen eine krankenkasse geht es um einen so genannten parteienstreit im gleichordnungsverhältnis, in dem eine regelung durch verwaltungsakt nicht in betracht kommt (vgl. bsg, urteil vom 17.06.2000 – b 3 kr 33/99 r = bsge 86,166 = sozr 3-2500 § 112 nr. 1; urteil vom 23.07.2002 – b 3 kr 64/01 r = sozr 3-2500 § 112 nr. 3). ein vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die einhaltung einer klagefrist nicht geboten. 20die klage ist auch begründet. 21gegenstand der klageforderung ist nicht der vergütungsanspruch der klägerin aus der behandlung des versicherten. denn dieser ist durch die zahlung der beklagten in vollem umfang erfüllt. gegenstand der klageforderung ist vielmehr der rest-anspruch auf vergütung aufgrund der behandlungen anderer versicherten, aus denen die klägerin – dies ist unstreitig – zunächst anspruch auf die in rechnung gestellte vergütung in voller höhe hatte. die rest-forderung der klägerin aus diesen behandlungen ist in höhe der klageforderung begründet, da die beklagte dagegen mit ihrem vermeintlichen rückforderungsanspruch aus dem behandlungsfall des versicherten nicht wirksam aufgerechnet hat. die klägerin hatte der beklagten aus dieser behandlung am 26.11.2018 zurecht 10.139,02 € in rechnung gestellt, die die beklagte auch zurecht bezahlt hat. die klägerin hatte anspruch auf vergütung der stationären behandlung des versicherten, da diese als krankenhausbehandlung notwendig war. 22rechtsgrundlage des geltenden gemachten restlichen vergütungsanspruchs der klägerin ist § 109 abs. 4 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) i.v.m. dem aus § 39 abs. 1 satz 2 sgb v folgenden krankenhausbehandlungsanspruch des versicherten. die zahlungsverpflichtung der krankenkasse entsteht unmittelbar mit der inanspruchnahme der leistung durch die versicherten (bsg, urteil vom 13.12.2001 - b 3 kr 11/01 r = sozr 3-2500 § 112 nr. 2; urteil vom 23.07.2002 - b 3 kr 64/01 r = sozr 3-2500 § 112 nr. 3). die näheren einzelheiten über aufnahme und entlassung von versicherten, kostenübernahme, abrechnung der entgelte sowie die überprüfung der notwendigkeit und dauer der krankenhausbehandlung ist in den zwischen der krankenhausgesellschaft nordrhein-westfalen einerseits und verschiedenen krankenkassen sowie landesverbänden der krankenkasse andererseits geschlossenen verträge nach § 112 abs. 2 nr. 1 und 2 sgb v geregelt. es sind dies der vertrag über allgemeine bedingungen der krankenhausbehandlung (kbv) und der vertrag zur überprüfung der notwendigkeit und dauer der krankenhausbehandlung (küv). 23nach § 39 abs. 1 satz 2 sgb v haben versicherte anspruch auf vollstationäre behandlung in einem zugelassenen krankenhaus, wenn die aufnahme nach prüfung durch das krankenhaus erforderlich ist, weil das behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante behandlung einschließlich häuslicher krankenpflege erreicht werden kann. krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein krankheitszustand, dessen behandlung den einsatz der besonderen mittel eines krankenhauses erforderlich macht. besondere mittel des krankenhauses sind u.a. eine operative mindestausstattung, geschultes pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter arzt. dabei fordert die rechtsprechung für die notwendigkeit einer krankenhausbehandlung weder den einsatz aller dieser mittel noch sieht sie ihn stets als ausreichend an. es ist vielmehr eine gesamtbeachtung vorzunehmen, bei der den mit aussicht auf erfolg angestrebten behandlungszielen und den vorhandenen möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten behandlung entscheidende bedeutung zukommt (bsg, urteil vom 16.12.2008 - b 1 kn 3/08 kr r - m.w.n.). ob eine stationäre krankenhausbehandlung notwendig ist, richtet sich allein nach den medizinischen erfordernissen. zur beurteilung der notwendigkeit ist von dem im behandlungszeitpunkt verfügbaren wissens- und kenntnisstand des verantwortlichen krankenhausarztes auszugehen (bsg/großer senat, beschluss vom 25.09.2007 - gs 1/06). 24nach auswertung aller ihr über den behandlungsfall des versicherten bekannt gewordenen umstände, medizinischen unterlagen und stellungnahmen und des gutachtens des sachverständigen prof. dr. i. vom 08.12.2021 ist die kammer davon überzeugt, dass die behandlung auf der aphasiestation der klägerin als stationäre krankenhausbehandlung notwendig war, weil der versicherte im streitbefangenen zeitraum krankenhausbehandlungsbedürftig war. 25dass es sich bei der „b. w. 26aphasiebehandlung“ um eine behandlung handelt, die stationär nur in einem krankenhaus durchgeführt wird und als solche krankenhausbehandlung im sinne von § 39 sgb v ist, ist in der sozialgerichtlichen rechtsprechung seit vielen jahren anerkannt und wird durch die von der klägerin in der klageschrift zitierten entscheidungen belegt (vgl. sg trier, urteil vom 09.05.2007 – s 5 kr 10/08; sg aachen, urteil vom 11.01.2011 – s 13 kr 55/10; sg nürnberg, urteil vom 08.05.2014 – s 7 kr 176/13; sg aachen, urteil vom 24.03.2016 – s 15 kr 365/13; sg detmold, beschluss vom 27.07.2016 – s 3 kr 558/16 er; sg aachen, urteil vom 20.08.2019 – s 13 kr 88/19; sg aachen, urteil vom 10.12.2020 – s 15 kr 55/19). dies trifft auch für den vorliegenden fall zu. 27die seit vielen jahren in der klinik der klägerin durchgeführte aphasiespezialbehandlung wird als intensive multidisziplinäre komplexbehandlung durchgeführt und ist als solche in der medizinischen fachwelt anerkannt. sie umfasst logopädische intensivtherapie, physiotherapeutische behandlung der grob- und feinmotorikstörung, physikalische therapie, neuropsychologische diagnostik und neuropsychologisches training am computer, dyskalkuliediagnostik sowie ein training zur zahlenverarbeitung, milieutherapie zur verbesserung der selbstständigkeit im alltag, neurologische und internistische kontrolluntersuchungen sowie kontinuierliche ärztliche betreuung. das behandlungsangebot wird für jeden patienten individuell angepasst. die behandlungsdauer beträgt in der regel sieben wochen. die medizinische notwendigkeit einer stationären behandlung auf der b. aphasiestation wird im einzelfall entweder durch ausführliche neurologische, neuropsychologische und neulinguistische untersuchungen in der sprachambulanz vor ort ermittelt oder durch sorgfältige evaluation von früheren befundberichten. nach den leitlinien der deutschen gesellschaft für neurologie "rehabilitation aphasischer störungen nach schlaganfall" (stand: 9/2012; gültigkeit verlängert bis 2017) ist die therapieintensität ein wesentlicher einflussfaktor. studien haben gezeigt, dass eine höhere therapiefrequenz mit einem größeren positiven behandlungseffekt einhergeht. gegebenenfalls ist auch nach mehr als zwölf monaten nach dem schlaganfallereignis eine wiederholung von stationärer behandlung mit intensivtherapie (sechs bis acht wochen mit möglichst täglichen therapiestunden) notwendig. 28aus den ausführlichen berichten der klinik für neurologie – aphasiestation – der klägerin, die der klageschrift beigefügt waren, ergibt sich, das aufgrund der sehr reduzierten spontansprache zunächst eine logopädische intensivtherapie täglich 2 stunden à 60 minuten, zusätzlich selbsttraining, physiotherapie, neuropsychologische diagnostik, milieutherapie mit in-vivo-training und kontinuierliche ärztliche betreuung mit neurologischen und internistischen kontrolluntersuchungen durchgeführt wurden. die intensive aphasietherapie führte nachweislich dazu, dass bei entlassung nur noch eine restaphasie bestand. der sachverständige prof. dr. i. hat die unterlagen des behandlungsfalles ausgewertet und in seinem gutachten ausgeführt: 29„notwendigkeit des stationären behandlungskonzeptes: 30angesichts der schweren chronischen aphasie, mit bis zu dem zeitpunkt nicht ausreichender minimaler kommunikationsfähigkeit, war ein konzept analog der b. aphasiebehandlung als hochspezifisches behandlungskonzept notwendig, da die zuvor durchgeführten ambulanten und auch vorausgehend in einer rehaklinik stationär durchgeführten maßnahmen nicht ausreichend waren, um das mindestmaß einer verbesserung der kommunikationsfähigkeit, welche dem patienten zumutbar gewesen waren, zu erreichen. 31der erfolg der behandlung unterstützt die sinnhaftigkeit und notwendigkeit der angewandten methoden in ihrer gesamtheit während der stationären unterbringung im v. b. 32die vorausgegangenen ausführlichen untersuchungen in der sprachambulanz vom 23.04.2018 und 03.05.2018 konnten die im vordergrund stehende sprachstörung als schwere bis mittelgradig globale aphasie in ihrem schweregrad klassifizieren und durch zusätzliche verfahren differenziert diagnostizieren. mit diesem ausgangsbefund erfolgte eine für den patienten optimierte therapie, die bis zum abschluss des vollständigen behandlungsschemas analog den leitlinien zur therapie der aphasie dgn 2012 und entsprechend dem konzept bis zum 24.11.2019 – richtig: 2018 – verlängert werden sollten. 33konkrete verbesserungen 34die spezifische neurolinguistische intensivtherapie erfolgte unter dem wissen der bisherigen misserfolge der ambulanten und das insuffiziente ergebnis der stationär-rehabilitativen ergebnisse einerseits und der zusätzlichen neuropsychologischen einschränkungen im bereich sprechapraxie, aufmerksamkeit, gesichtsfelder und belastungsfähigkeit andererseits. die individuelle schwere und komplexität werden auch in am dgn-leitlinien als voraussetzung für eine leitliniengerechte multimodale behandlung generiert, wie sie im oktober 2018, 21/2 jahre nach dem schlaganfall am v. b. durchgeführt wurde. 35der erfolg der behandlung auf multimodaler ebene konnte trotz des vom konzept vorgesehenen 7-wochen zeitraums, der auf 5 wochen wegen mangelnder kostenzusage reduziert werden musste, in einer multimodalen erfassung der defizite objektiviert werden. bis zur entlassung am 09.11.2018 konnten die erfolge mit verbesserter zielerreichung beobachtet werden. 36amb. voruntersuchung v. 4+5/2018 eingang 08/10/2018 vl 19/10/2018 prognose e 09/11/2018 konzept 24/11/2018 u.a. b. aphasietest mit prozentrang (aat pr = 16) sprachver ständnis (aat pr = 25) 40% 60% > 60 % >> 60 % wortfindung (pr = 6) ja/nein unzuverlässig ja/nein zuverlässig auch in stresssituationen ja/nein zuverlässig sprechapraxie (pr = 4) emotionale worte meist neologismen lautanbahnung ermöglicht von | a | weitere -reduktion der neologismen -stabilisierung der lautanbahnung alternative kommunikation inkonstant spez. gesten spez. gesten zu alltagsgegenständen alternative kommunikation durch kommunikationsbuch möglich spez. gesten zu alltagsgegenständen alternative kommunikation durch kommunikationsbuch möglich erweiterung der spezifischen gesten 37alternative therapieoption 38eine ambulante sprachtherapeutische behandlung könnte angesichts des schweregrades die notwendigen ziele nicht erreichen, da weder die intensität noch die multimodalität damit realisierbar gewesen wären. hier muss insbesondere zusätzlich noch berücksichtigt werden, dass zwar von seiten der mobilität dies zumutbar gewesen wäre, aber von seiten der begleitenden zusätzlichen neuropsychologischen defizite mit apraktischen anteilen und hemianopsie sowie einer allgemeinen minderung der aufmerksamkeit bei in beiden hirnhälften abgelaufenen zerebralen ischämien deutlich erschwerte bedingungen für ein ambulantes setting vorlagen, welches auch bei einer teilstationären rehabilitation mit hochfrequenten an- und abreisen und den alltäglichen basisbelastungen zu einer überforderung geführt hätte. 39zwar ist eine stationäre rehabilitationsbehandlung in einer rehabilitationsklinik grundsätzlich für chronische aphasien als ausreichend anzusehen, aber im vorliegenden fall – eine entsprechende stationäre rehabilitationsmaßnahme wurde in der c.-klinik w. vorausgehend schon durchgeführt – war eine wiederholung deutlich weniger erfolgversprechend einzustufen. insbesondere da sich in der v. b. die in deutschland höchst qualifizierte stationäre behandlungseinheit in den letzten 50 jahren entwickelt hat, die alleine der besonderen komplexität des vorliegenden falles entsprechen konnte. 40aus diesen gründen war in der speziellen situation nur das multimodale behandlungskonzept im stationären setting im v. mit der höchsten kompetenz zielführend und notwendig. es handelt sich dabei nicht um eine komplexe therapeutische maßnahme, die auch an einem anderen ort in vergleichbarer qualität hätte erbracht werden können. für die notwendige spezifische zielerreichung einer ausreichenden kommunikationsfähigkeit wäre durch eine andere stationäre einrichtung inkl. spezialisierter rehabilitationskliniken zur sprachtherapeutischen behandlung des patienten nach anerkanntem stand der medizinischen wissenschaft weder ausreichend noch in gleicher form sicher zu stellen gewesen.“ 41dem schließt sich die kammer in vollem umfang an. die dagegen erhobenen einwände der beklagten überzeugen nicht. 42die beklagte rügt einen „verstoß gegen § 118 abs. 1 s, 1 sgg i.v.m. § 407a abs. 3 s. 1, 2 zpo“. sie meint, mit dem satz „einverstanden aufgrund eigener beurteilung“ bringe prof. dr. hetzel zum ausdruck, dass er den inhalt des gutachtens billige, dieses jedoch nicht selbst erstellt habe; die phrase werde typischerweise verwendet, wenn dritte, z.b. assistenz- oder oberärzte, gutachten „vorschreiben“ und der beauftragte sachverständige nur noch unterschreibe. die rüge ist unbegründet. der sachverständige hat das gutachten nicht allein unterschrieben. seine unterschrift unter dem text „einverstanden aufgrund eigener beurteilung“ am ende des gutachtens lässt die alleinige und verantwortliche autorenschaft von prof. dr. i. erkennen. ein anderer autor (z.b. assistenz- oder oberarzt) ist zu keinem zeitpunkt des gutachtenauftrags und an keiner stelle des gutachtens selbst, weder durch eine zusätzliche unterschrift als bearbeiter noch in sonst einer art offenbar geworden. die behauptung der beklagten, der sachverständige habe gegen die gesetzlichen vorgaben nach § 407a abs. 3 satz 1 und 2 zpo verstoßen, das heißt, er habe den auftrag auf einen anderen übertragen (satz 1) und/oder er habe sich der mitarbeit einer anderen person bedient, ohne diese namhaft zu machen und den umfang ihrer tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um hilfsdienst von untergeordneter bedeutung handelt (satz 2), ist reine spekulation und entbehrt im konkreten fall jeglicher tatsächlicher grundlage.. 43in der sache hat die beklagte zwar zutreffend aus der vorschrift des § 107 sgb v zitiert. sie verkennt jedoch, dass die grenzen zwischen krankenhausbehandlung und rehabilitation nicht starr („entweder – oder“) verlaufen, sondern fließend sind und ineinander übergehen bzw. sich überschneiden können. rehabilitationseinrichtungen dienen der stationären behandlung der patienten, um u.a. auch „eine krankheit zu heilen, ihre verschlimmerung zu verhüten und krankheitsbeschwerden zu lindern“ (vgl. § 107 abs. 2 nr. 1 buchst. b) sgb v); genau diesem ziel dient auch stationäre krankenhausbehandlung. die krankenhausbehandlung umfasst andererseits nicht nur die ärztliche behandlung, krankenpflege, versorgung mit arznei-, heil- und hilfsmitteln, unterkunft und verpflegung; vielmehr umfasst die akutstationäre behandlung „auch die im einzelfall erforderliche und zum frühestmöglichen zeitpunkt einsetzenden leistungen zur frührehabilitation (§ 39 abs. 1 satz 3 sgb v). 44die aphasiespezialbehandlung des versicherten diente sowohl der behandlung einer krankheit – „aphasie“ (icd-10-ziffer r47.0 – als auch der frührehabilitation gem. § 39 abs. 1 satz 3, 2. halbsatz sgb v. die aufnahme in das krankenhaus der klägerin erfolgte nur deshalb, weil die rehabilitativen vorbehandlungen nicht zur signifikanten verbesserung der schweren aphasie geführt hatten. in dem umfang und insbesondere in der intensität, wie die bei dem versicherten erforderlichen leistungen im rahmen der „b. aphasiebehandlung“ erbracht worden sind, waren sie nur im krankenhaus der klägerin möglich und durchführbar. diese leistungen hätten in diesem umfang und dieser intensität in keinem anderen krankenhaus und auch in keiner rehabilitationseinrichtung erbracht werden können. die beklagten hat weder zum früheren zeitpunkt der behandlung des versicherten ab 2016 noch im verlauf dieses verfahrens eine solche einrichtung benannt wird eine solche auch nicht benennen können. 45der zinsanspruch ist unter dem gesichtspunkt des verzuges begründet. nach § 15 abs. 1 satz 1 kbv sind rechnungen innerhalb von 15 kalendertagen nach eingang zu begleichen. die beklagte hat ihren (vermeintlichen) rückforderungsanspruch aus der krankenhausbehandlung der versicherten in höhe von 10.139,02 € am 20.12.2019 gegen zu diesem zeitpunkt fällige – unstreitige – forderungen der klägerin verrechnet. im hinblick darauf ist sie jedenfalls seit dem 23.12.2019 mit der vergütung der restforderung in verzug. daher ist das zinsbegehren der klägerin sowohl nach dessen beginn als auch der höhe nach (vgl. § 15 kbv) begründet. 46die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. §§ 154 abs. 1, 161 abs. 1, 162 abs. 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 47die streitwertfestsetzung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 52 abs. 1 und 3 gerichtskostengesetz (gkg). |
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} | 26 K 406/19 | 2022-03-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. der jeweils vollstreckbaren Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00. E. 1966 geborene Klägerin ist seit September 1986 in den Diensten der Beklagten zu 1. Anfang Juli 2005 wurde sie der B. N. -B1. (heute: K. N. – B1. = Beklagter zu 2.) als Fallmanagerin (Arbeitsvermittlerin) zugewiesen. Am 00. Mai 2017 fand ein Personalgespräch statt, in dem ihr unangemessenes Verhalten gegenüber einer Mitarbeiterin namens L. D. vorgehalten wurde. Diese Mitarbeiterin habe in ihrem Mitarbeitergespräch am 00. April 2017 geäußert, sie – die Klägerin – sei eine polarisierende und spaltende Kraft und agiere gegen die Teamleitung. Sie – die Klägerin – habe zum Nachteil der anderen Mitarbeiterin folgende Drohung ausgesprochen: „Am liebsten würde ich dir den Wasserkocher über den Kopf hauen“. Ferner habe die andere Mitarbeiterin gegenüber der Beklagten zu 2. die Behauptung aufgestellt, die Klägerin habe sich abfällig gegenüber nichtdeutschen Klienten geäußert und diese beleidigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Dokumentation des Mitarbeitergesprächs vom 00. Mai 2017, die ergänzende Stellungnahme der Kläger zu ihrem Mitarbeitergespräch und die Zusammenfassung der Klägerin in ihrem außergerichtlichen Schreiben an den Beklagten zu 2. vom 00. Juli 2018 Bezug genommen. Als Reaktion darauf beantragte die Klägerin ihre Rückkehr zu einer Tätigkeit im Kernverwaltungsbereich der Beklagten zu 1., zunächst mündlich (Mai 2017), später schriftlich (September 2017). Damit verbunden war ihre Bewerbung auf eine intern ausgeschriebene Stelle in der Abteilung 1.4 – Recht –, die die Bearbeitung von Versicherungs- und Haftpflichtangelegenheit vorsah. Im Zuge des Bewerbungsverfahrens forderte die Beklagte zu 1. beim Beklagten zu 2. eine anlassbezogene dienstliche Beurteilung an, die am 00. Oktober 2017 erstellt wurde. U. a. wurde unter dem Gliederungspunkt 3.2 die kooperative Zusammenarbeit gegenüber Mitarbeitern unter Beachtung des kooperativen Führungsstils zwar als „einwandfrei“ beurteilt. In einer Ergänzung wurde dieses Werturteil jedoch wie folgt relativiert: „Im Allgemeinen war das Verhalten von Frau … gegenüber den Mitarbeitern einwandfrei. Jedoch kam es vereinzelt mit wenigen Mitarbeitern im Team zu immer wiederkehrenden Meinungsverschiedenheiten“. Nach Aktenlage wurde die dienstliche Beurteilung gegenüber der Klägerin nicht eröffnet. Die ausgeschriebene Stelle wurde anderweitig vergeben. Die Zuweisung zum Beklagten zu 2. wurde mit Wirkung vom 1. Februar 2018 aufgehoben. Vom 1. Juni 2017 bis zum 31. Januar 2018 war die Klägerin dort dienstunfähig erkrankt. Die Klägerin sollte zunächst mit ihrem Einvernehmen ohne Unterbrechung zum L1. - und W. W1. (L2. ) umgesetzt werden, um dort Tätigkeiten im Bereich der Personal- und Projektorganisation wahrzunehmen. Diese Entscheidung wurde indes nicht realisiert. Stattdessen fand ab dem 5. Februar 2018 im Einvernehmen mit der Klägerin ihr Einsatz bei der Beklagten zu 1. in der Abteilung 7.2 – Gebäudebewirtschaftung statt. Im April 2018 erfolgte die dokumentierte Bekanntgabe der dienstlichen Beurteilung vom 00. Oktober 2017. Ab dem 17. Mai 2018 erkrankte die Klägerin erneut dienstunfähig. Erst im November 2019 konnte sie ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. 3Vorprozessual wandte sich die Klägerin zunächst an den Beklagten zu 2. mit der Aufforderung, die dienstliche Beurteilung vom 00. Oktober 2017 aus der Personalakte ersatzlos zu entfernen und ihre mindestens mit „gut“ zu bewertenden Arbeitsleistungen im Rahmen einer neuen dienstlichen Beurteilung entsprechend zu honorieren. Unter dem 12. April 2018 wandte sich die Klägerin erneut an den Beklagten zu 2. mit dem Begehren, die Dokumentation des Mitarbeitergesprächs vom 00. April 2017 mit Frau L. D. herauszugeben. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die gegen sie erhobenen Vorwürfe auf Angaben ihrer ehemaligen Kollegin in deren Mitarbeitergespräch beruhten. Obwohl sie – die Kläger – in ihrem Mitarbeitergespräch am 00. Mai 2017 die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zurückgewiesen habe, sei auf der Grundlage der vermeintlichen Äußerungen von Frau L. D. eine negative Leistungsbeurteilung zu ihren Lasten erstellt worden, die wiederum Ursache dafür gewesen sei, dass sie im Rahmen einer Stellenvergabe von der Beklagten zu 1. nicht berücksichtigt worden sei. Auch ihre längerfristige dienstunfähige Erkrankung sei Folge der unberechtigten Anschuldigungen. Wegen einer Verletzung der Fürsorgepflicht bliebe die Geltendmachung eines Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruchs vorbehalten. Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 19. April 2018. Die Herausgabe wurde u. a. mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Dokumentation des Mitarbeitergesprächs vom 00. April 2017 mit Frau L. D. nicht Bestandteil der Personalakte der Klägerin geworden sei. Eine Neuvornahme der dienstlichen Beurteilung käme nicht in Betracht, weil die Bewertung auf einer fehlerfrei ermittelten Sachlage beruhe und eine persönliche Eröffnung aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit der Klägerin nicht möglich gewesen sei. Schließlich werde der Vorwurf zurückgewiesen, die Geschäftsführung des Beklagten zu 2. habe ihre Fürsorgepflichten verletzt. Mangels schuldhafter Pflichtverletzung scheitere der vorbehaltene Schadensersatzanspruch. Letztmalig lehnte der Beklagte zu 2. mit Schreiben vom 6. September 2018 eine Korrektur der dienstlichen Beurteilung ab. 4Mit Schriftsatz vom 18. November 2018, der am 18. Januar 2019 bei Gericht eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben. Damit begehrt sie eine neue dienstliche Beurteilung, die Herausgabe der Dokumentation des mit Frau L. D. geführten Mitarbeitergesprächs und ein Schmerzensgeld. 5Zur Begründung vertieft sie zunächst ihre bereits vorprozessuale entwickelte Kausalkette von den sie zu Unrecht belastenden Äußerungen ihrer ehemaligen Kollegin über ihre nicht rechtmäßig zustande gekommene dienstliche Beurteilung, die zum Unterliegen im Stellenbesetzungsverfahren geführt habe, bis hin zur belastenden Gesamtsituation ab Beginn ihrer Tätigkeit bei der Beklagten zu 1. zum 5. Februar 2018. Ihr angeblich unangemessenes Verhalten gegenüber Frau L. D. sei für den Beklagten zu 2. nur ein Vorwand gewesen, sie „loszuwerden“. Denn bereits vor ihrem Mitarbeitergespräch im Mai 2017 habe es ein Telefonat zwischen den Beklagten gegeben, in dem die Beklagte zu 1. aufgefordert worden sei, sie „zurückzunehmen“. Über dieses Gespräch sei sie nicht informiert worden. Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, seit über zweieinhalb Jahren nicht amtsangemessen beschäftigt worden zu sein. Zudem habe sich die Beklagte zu 1. trotz der unberechtigten Anwürfe der Beklagten zu 2. nicht schützend vor sie gestellt bzw. sie nicht unterstützt. Darüber sei sie erkrankt. 6Nachdem die Klägerin ursprünglich auch beantragt hat, unter Aufhebung ihrer dienstlichen Beurteilung vom 00. Oktober 2017 hauptsächlich die Beklagte zu 1., hilfsweise den Beklagten zu 2. zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen, verbleibt nach Erledigungserklärungen aller Beteiligten der Antrag, 71.8die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihr das Protokoll des Mitarbeitergesprächs mit Frau L. D. vom 00. April 2017 herauszugeben, 2.9die Beklagte zu 1. zu verurteilen, ihr ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 20.000 Euro betragen muss, nebst 5 v.H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 10hilfsweise den Beklagten zu 2. zu verurteilen, ihr ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 5.000 Euro betragen muss, nebst 5 v.H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 11Die Beklagten beantragen, 12die Klage abzuweisen. 13In ihrer Klageerwiderung beruft sich die Beklagte zu 1. auf einen fehlenden Antrag an die Behörde als nicht nachholbare Prozessvoraussetzung und verneint im Übrigen ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Dienstherrn, das bei der Klägerin zu einem kausalen Schaden geführt hat. Auf letzteres beruft sich auch der Beklagte zu 2. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Streitakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Kammer konnte durch den Einzelrichter gem. § 6 Abs. 1 VwGO entscheiden, weil sie ihm den Rechtsstreit zur Entscheidung mit Beschluss vom 1. Februar 2022 übertragen hat. 17Die teilweise erfolgte Einstellung des Verfahrens erfolgt in analoger Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO. 18Der noch anhängige Teil der Klage hat insgesamt keinen Erfolg. 19Er ist zulässig, aber unbegründet. 20Für den im Wege der Leistungsklage geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe des Protokolls eines Mitarbeitergesprächs mit Frau L. D. vom 00. April 2017 ist § 86 LBG NRW als Rechtsgrundlage einschlägig. Unabhängig von der konkreten Aktenführung handelt es sich in der Sache bei einem dokumentierten Mitarbeitergespräch um ein Schriftstück, das dem Begriff der Personalakte unterfällt. Es enthält nämlich personenbezogene Daten, die einen Bezug zu einem konkreten Dienstverhältnis aufweisen. Entsprechend weitet § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW das Auskunftsrecht auf Personalakten und andere Akten aus, die personenbezogene Daten über einen Beamten enthalten, die für sein Dienstverhältnis verarbeitet werden. Diese Norm ist aber im vorliegenden Fall nicht einschlägig, soweit das von der Klägerin begehrte Dokument nicht Teil der eigenen Personalakte ist. Denn das streitbefangene Mitarbeiterprotokoll bezieht sich auf die dienstrechtlichen Beziehungen zwischen Frau L. D. und dem Beklagten zu 2. Zwar mag im Übrigen eine Fallkonstellation der „anderen Akten“ im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW vorliegen. Für den hier angenommenen Fall, dass Daten der oder des Betroffenen (hier der Klägerin) mit Daten Dritter (hier Frau L. D. ) derart verbunden sind, dass ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist, ist aber die Einsichtnahme (und damit auch die Herausgabe gemäß § 86 Abs. 3 LBG NRW) nach § 86 Abs. 1 Satz 4 LBG NRW unzulässig. Der Beklagte zu 2. ist jedoch dem Interesse der Klägerin insoweit nachgekommen, als er entsprechend der bis 24. Mai 2018 geltenden Rechtslage Auskunft erteilt hat (vgl. § 86 Abs. 4 Satz 3 LBG NRW a. F.). Das die Klägerin betreffende Protokoll über ihr Mitarbeitergespräch vom 00. Mai 2017 enthält die wesentlichen Angaben über die Vorwürfe, die Frau L. D. zum Nachteil der Kläger erhoben hat, teilweise wörtlich zitiert. Die allgemeinen Normen, die ein Auskunftsrecht bei der Verarbeitung personenbezogener Daten vorsehen (Art. 15 der Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. April 2016 - Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), § 34 BDSG, § 12 DSG NRW) treten gegenüber der Spezialregelung im LBG NRW bereits aus systematischen Gründen zurück, vgl. nur § 5 Abs. 6 DSG NRW. Darüber hinaus schränkt die grundlegende Norm der DS-GVO (vgl. § 1 DSG NRW, § 1 Abs. 5 BDSG) das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 4 ein, wenn Rechte und Freiheiten anderer Personen beeinträchtigt werden. Das ist hier der Fall, wenn eine Kopie des Protokolls über das Mitarbeitergespräch mit Frau L. D. vom 00. April 2017 an die Klägerin herausgegeben werden würde. Über ihre eigenen personenbezogenen Daten würde der Klägerin dann Einblick auch in solche personenbezogenen Daten ermöglicht werden, die Frau L. D. oder weitere Personen betreffen. Im Rahmen einer Abwägung aller Interessen ist ein solcher Eingriff nicht zu rechtfertigen, weil die Klägerin – wie bereits dargestellt – in anderer geeigneter Weise über die sie betreffenden personenbezogenen Daten informiert worden ist. Damit hat es sein Bewenden. 21Rechtsgrundlage für den im Wege des Schadenersatzes geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch ist die dem Dienstherrn obliegende, in § 45 Abs. 1 BeamtStG verankerte Fürsorgepflicht, die im Falle eine Pflichtverletzung Schadenersatzansprüche auslösen kann, hier konkretisiert durch § 280 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB. Nach dem Willen der Klägerin stützt sie dieses Begehren ausdrücklich nicht auf eine Amtspflichtverletzung gemäß Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB (vgl. Seite 16 der Klageschrift vom 18. November 2018). Ungeachtet des Vortrages der Klägerin zur Sache scheitert ein darauf gerichteter Anspruch schon deshalb, weil sie es versäumt hat, sowohl gegen die Beklagte zu 1. als auch gegen den Beklagten zu 2. einen vorherigen Antrag zu stellen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bei auf Schadenersatz (oder Folgenbeseitigung) gerichteten Verpflichtungs- und Leistungsklagen ein vorheriger Antrag an die Behörde eine nicht nachholbare Klagevoraussetzung. 22BVerwG, Urteil vom 4. November 1976 – II C 59.73 –, juris. 23Gegenüber der Beklagten zu 1., gegen die sich der Hauptantrag richtet, ist die Klägerin zu keiner Zeit mit einen Anspruch auf Schadenersatz wegen Verletzung der Fürsorgepflicht herangetreten. Soweit der Beklagte zu 2. sich vorprozessual in einem Schreiben vom 19. April 2018 zu einem Schadenersatzanspruch geäußert hat, vermag das von der Klägerin bemühte Konstrukt einer Zurechnung zulasten der Beklagten zu 1. (vgl. Seite 5 der Klagebegründungsschrift vom 30. September 2019) nicht zu verfangen, weil der Beklagten zu 1. eine eigene Prüfungs- und Entscheidungskompetenz zusteht, die auch die Klägerin dem Grunde nach anerkennt, weil sie die Forderungshöhe nach ihrem Haupt- und Hilfsantrag staffelt. Damit scheidet eine Anspruchsidentität auch aus Sicht der Klägerin aus. In Bezug auf den Beklagten zu 2., gegen den sich der Hilfsantrag richtet, kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf ihr vor Schreiben vom 12. April 2018 berufen. Auf Seite 3 (unten) behält sie sich die Geltendmachung eines Schmerzensgeld- und Schadenersatzanspruchs vor. Die Reaktion der Beklagten zu 2. in dem schon erwähnten vorprozessualen Schreiben vom 19. April 2018 bezieht den Vorbehalt ausdrücklich ein, wenn es auf Seite 3 (unten) heißt: „Für den vorbehaltenen Schadensersatzanspruch fehlt es somit bereits an einer schuldhaften Pflichtverletzung“. Die von der Klägerin daraus gezogene Schlussfolgerung, der Beklagte zu 2. habe ihre Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche ausdrücklich zurückgewiesen (vgl. Seite 5 der Klagebegründungsschrift vom 30. September 2019) entbehrt jeder Grundlage. Auch gegenüber dem Beklagten zu 2. wäre eine vorbehaltlose Antragstellung – die vorprozessual nie erfolgt ist – keineswegs eine bloße Förmelei. 24Ohne Zuspruch eines Schadensersatzes ist für eine Zinsforderung als davon abhängige Nebenforderung kein Raum. 25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 161 Abs. 1 VwGO. Soweit der Einzelrichter dazu berufen war, bei der Kostenverteilung eine Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen, stellt sich der Verzicht der Klägerin auf Aufhebung der bisherigen dienstlichen Beurteilung und Erstellung einer neuen dienstlichen Beurteilung im Ergebnis als Klagerücknahme dar. Dieser Bewertung entspricht die Kostenfolge aus § 155 Abs. 2 VwGO im Sinne eines Rechtsgedankens. 26Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. 27Rechtsmittelbelehrung: 28Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, ist das Urteil unanfechtbar, vgl. § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO. 29Im Übrigen kann gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 30Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 31Die Berufung ist nur zuzulassen, 321. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 332. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 343. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 354. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 365. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 37Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 38Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 39Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 40Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 41Beschluss: 42Der Streitwert wird bis zum 1. Juli 2021 (Eingang der letzten Erledigungserklärung bei Gericht) auf die Wertstufe bis 30.000 und für die Zeit danach auf die Wertstufe bis 25.000 Euro festgesetzt. 43Gründe: 44Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 und 2 GKG erfolgt. Die Komplexe dienstliche Beurteilung und Herausgabe eines Mitarbeiterprotokolls werden jeweils mit dem gesetzlichen Auffangwert in Ansatz gebracht. Für das Schmerzensgeld ist der Betrag des Hauptantrages entscheidend, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Die Zusammenrechnung mehrerer Streitgegenstände beruht auf § 39 Abs. 1 GKG. 45Rechtsmittelbelehrung: 46Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 47Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 48Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 49Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 50Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 51War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | soweit die beteiligten den rechtsstreit in der hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das verfahren eingestellt. im übrigen wird die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 v. h. des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 v. h. der jeweils vollstreckbaren betrages leistet. 1 | 2die am 00. e. 1966 geborene klägerin ist seit september 1986 in den diensten der beklagten zu 1. anfang juli 2005 wurde sie der b. n. -b1. (heute: k. n. – b1. = beklagter zu 2.) als fallmanagerin (arbeitsvermittlerin) zugewiesen. am 00. mai 2017 fand ein personalgespräch statt, in dem ihr unangemessenes verhalten gegenüber einer mitarbeiterin namens l. d. vorgehalten wurde. diese mitarbeiterin habe in ihrem mitarbeitergespräch am 00. april 2017 geäußert, sie – die klägerin – sei eine polarisierende und spaltende kraft und agiere gegen die teamleitung. sie – die klägerin – habe zum nachteil der anderen mitarbeiterin folgende drohung ausgesprochen: „am liebsten würde ich dir den wasserkocher über den kopf hauen“. ferner habe die andere mitarbeiterin gegenüber der beklagten zu 2. die behauptung aufgestellt, die klägerin habe sich abfällig gegenüber nichtdeutschen klienten geäußert und diese beleidigt. wegen der weiteren einzelheiten wird insoweit auf die dokumentation des mitarbeitergesprächs vom 00. mai 2017, die ergänzende stellungnahme der kläger zu ihrem mitarbeitergespräch und die zusammenfassung der klägerin in ihrem außergerichtlichen schreiben an den beklagten zu 2. vom 00. juli 2018 bezug genommen. als reaktion darauf beantragte die klägerin ihre rückkehr zu einer tätigkeit im kernverwaltungsbereich der beklagten zu 1., zunächst mündlich (mai 2017), später schriftlich (september 2017). damit verbunden war ihre bewerbung auf eine intern ausgeschriebene stelle in der abteilung 1.4 – recht –, die die bearbeitung von versicherungs- und haftpflichtangelegenheit vorsah. im zuge des bewerbungsverfahrens forderte die beklagte zu 1. beim beklagten zu 2. eine anlassbezogene dienstliche beurteilung an, die am 00. oktober 2017 erstellt wurde. u. a. wurde unter dem gliederungspunkt 3.2 die kooperative zusammenarbeit gegenüber mitarbeitern unter beachtung des kooperativen führungsstils zwar als „einwandfrei“ beurteilt. in einer ergänzung wurde dieses werturteil jedoch wie folgt relativiert: „im allgemeinen war das verhalten von frau … gegenüber den mitarbeitern einwandfrei. jedoch kam es vereinzelt mit wenigen mitarbeitern im team zu immer wiederkehrenden meinungsverschiedenheiten“. nach aktenlage wurde die dienstliche beurteilung gegenüber der klägerin nicht eröffnet. die ausgeschriebene stelle wurde anderweitig vergeben. die zuweisung zum beklagten zu 2. wurde mit wirkung vom 1. februar 2018 aufgehoben. vom 1. juni 2017 bis zum 31. januar 2018 war die klägerin dort dienstunfähig erkrankt. die klägerin sollte zunächst mit ihrem einvernehmen ohne unterbrechung zum l1. - und w. w1. (l2. ) umgesetzt werden, um dort tätigkeiten im bereich der personal- und projektorganisation wahrzunehmen. diese entscheidung wurde indes nicht realisiert. stattdessen fand ab dem 5. februar 2018 im einvernehmen mit der klägerin ihr einsatz bei der beklagten zu 1. in der abteilung 7.2 – gebäudebewirtschaftung statt. im april 2018 erfolgte die dokumentierte bekanntgabe der dienstlichen beurteilung vom 00. oktober 2017. ab dem 17. mai 2018 erkrankte die klägerin erneut dienstunfähig. erst im november 2019 konnte sie ihre tätigkeit wieder aufnehmen. 3vorprozessual wandte sich die klägerin zunächst an den beklagten zu 2. mit der aufforderung, die dienstliche beurteilung vom 00. oktober 2017 aus der personalakte ersatzlos zu entfernen und ihre mindestens mit „gut“ zu bewertenden arbeitsleistungen im rahmen einer neuen dienstlichen beurteilung entsprechend zu honorieren. unter dem 12. april 2018 wandte sich die klägerin erneut an den beklagten zu 2. mit dem begehren, die dokumentation des mitarbeitergesprächs vom 00. april 2017 mit frau l. d. herauszugeben. zur begründung verwies sie darauf, dass die gegen sie erhobenen vorwürfe auf angaben ihrer ehemaligen kollegin in deren mitarbeitergespräch beruhten. obwohl sie – die kläger – in ihrem mitarbeitergespräch am 00. mai 2017 die gegen sie erhobenen anschuldigungen zurückgewiesen habe, sei auf der grundlage der vermeintlichen äußerungen von frau l. d. eine negative leistungsbeurteilung zu ihren lasten erstellt worden, die wiederum ursache dafür gewesen sei, dass sie im rahmen einer stellenvergabe von der beklagten zu 1. nicht berücksichtigt worden sei. auch ihre längerfristige dienstunfähige erkrankung sei folge der unberechtigten anschuldigungen. wegen einer verletzung der fürsorgepflicht bliebe die geltendmachung eines schmerzensgeld- und schadensersatzanspruchs vorbehalten. die beklagte reagierte mit schreiben vom 19. april 2018. die herausgabe wurde u. a. mit dem hinweis abgelehnt, dass die dokumentation des mitarbeitergesprächs vom 00. april 2017 mit frau l. d. nicht bestandteil der personalakte der klägerin geworden sei. eine neuvornahme der dienstlichen beurteilung käme nicht in betracht, weil die bewertung auf einer fehlerfrei ermittelten sachlage beruhe und eine persönliche eröffnung aufgrund der krankheitsbedingten abwesenheit der klägerin nicht möglich gewesen sei. schließlich werde der vorwurf zurückgewiesen, die geschäftsführung des beklagten zu 2. habe ihre fürsorgepflichten verletzt. mangels schuldhafter pflichtverletzung scheitere der vorbehaltene schadensersatzanspruch. letztmalig lehnte der beklagte zu 2. mit schreiben vom 6. september 2018 eine korrektur der dienstlichen beurteilung ab. 4mit schriftsatz vom 18. november 2018, der am 18. januar 2019 bei gericht eingegangen ist, hat die klägerin klage erhoben. damit begehrt sie eine neue dienstliche beurteilung, die herausgabe der dokumentation des mit frau l. d. geführten mitarbeitergesprächs und ein schmerzensgeld. 5zur begründung vertieft sie zunächst ihre bereits vorprozessuale entwickelte kausalkette von den sie zu unrecht belastenden äußerungen ihrer ehemaligen kollegin über ihre nicht rechtmäßig zustande gekommene dienstliche beurteilung, die zum unterliegen im stellenbesetzungsverfahren geführt habe, bis hin zur belastenden gesamtsituation ab beginn ihrer tätigkeit bei der beklagten zu 1. zum 5. februar 2018. ihr angeblich unangemessenes verhalten gegenüber frau l. d. sei für den beklagten zu 2. nur ein vorwand gewesen, sie „loszuwerden“. denn bereits vor ihrem mitarbeitergespräch im mai 2017 habe es ein telefonat zwischen den beklagten gegeben, in dem die beklagte zu 1. aufgefordert worden sei, sie „zurückzunehmen“. über dieses gespräch sei sie nicht informiert worden. darüber hinaus macht die klägerin geltend, seit über zweieinhalb jahren nicht amtsangemessen beschäftigt worden zu sein. zudem habe sich die beklagte zu 1. trotz der unberechtigten anwürfe der beklagten zu 2. nicht schützend vor sie gestellt bzw. sie nicht unterstützt. darüber sei sie erkrankt. 6nachdem die klägerin ursprünglich auch beantragt hat, unter aufhebung ihrer dienstlichen beurteilung vom 00. oktober 2017 hauptsächlich die beklagte zu 1., hilfsweise den beklagten zu 2. zu verurteilen, sie unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu beurteilen, verbleibt nach erledigungserklärungen aller beteiligten der antrag, 71.8die beklagte zu 2. zu verurteilen, ihr das protokoll des mitarbeitergesprächs mit frau l. d. vom 00. april 2017 herauszugeben, 2.9die beklagte zu 1. zu verurteilen, ihr ein schmerzensgeld, dessen höhe in das ermessen des gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 20.000 euro betragen muss, nebst 5 v.h. zinsen über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen, 10hilfsweise den beklagten zu 2. zu verurteilen, ihr ein schmerzensgeld, dessen höhe in das ermessen des gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 5.000 euro betragen muss, nebst 5 v.h. zinsen über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 11die beklagten beantragen, 12die klage abzuweisen. 13in ihrer klageerwiderung beruft sich die beklagte zu 1. auf einen fehlenden antrag an die behörde als nicht nachholbare prozessvoraussetzung und verneint im übrigen ein rechtswidriges und schuldhaftes verhalten des dienstherrn, das bei der klägerin zu einem kausalen schaden geführt hat. auf letzteres beruft sich auch der beklagte zu 2. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der streitakte sowie auf die beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 15 | 16die kammer konnte durch den einzelrichter gem. § 6 abs. 1 vwgo entscheiden, weil sie ihm den rechtsstreit zur entscheidung mit beschluss vom 1. februar 2022 übertragen hat. 17die teilweise erfolgte einstellung des verfahrens erfolgt in analoger anwendung von § 92 abs. 3 satz 1 vwgo. 18der noch anhängige teil der klage hat insgesamt keinen erfolg. 19er ist zulässig, aber unbegründet. 20für den im wege der leistungsklage geltend gemachten anspruch auf herausgabe des protokolls eines mitarbeitergesprächs mit frau l. d. vom 00. april 2017 ist § 86 lbg nrw als rechtsgrundlage einschlägig. unabhängig von der konkreten aktenführung handelt es sich in der sache bei einem dokumentierten mitarbeitergespräch um ein schriftstück, das dem begriff der personalakte unterfällt. es enthält nämlich personenbezogene daten, die einen bezug zu einem konkreten dienstverhältnis aufweisen. entsprechend weitet § 86 abs. 1 satz 1 lbg nrw das auskunftsrecht auf personalakten und andere akten aus, die personenbezogene daten über einen beamten enthalten, die für sein dienstverhältnis verarbeitet werden. diese norm ist aber im vorliegenden fall nicht einschlägig, soweit das von der klägerin begehrte dokument nicht teil der eigenen personalakte ist. denn das streitbefangene mitarbeiterprotokoll bezieht sich auf die dienstrechtlichen beziehungen zwischen frau l. d. und dem beklagten zu 2. zwar mag im übrigen eine fallkonstellation der „anderen akten“ im sinne von § 86 abs. 1 satz 1 lbg nrw vorliegen. für den hier angenommenen fall, dass daten der oder des betroffenen (hier der klägerin) mit daten dritter (hier frau l. d. ) derart verbunden sind, dass ihre trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem aufwand möglich ist, ist aber die einsichtnahme (und damit auch die herausgabe gemäß § 86 abs. 3 lbg nrw) nach § 86 abs. 1 satz 4 lbg nrw unzulässig. der beklagte zu 2. ist jedoch dem interesse der klägerin insoweit nachgekommen, als er entsprechend der bis 24. mai 2018 geltenden rechtslage auskunft erteilt hat (vgl. § 86 abs. 4 satz 3 lbg nrw a. f.). das die klägerin betreffende protokoll über ihr mitarbeitergespräch vom 00. mai 2017 enthält die wesentlichen angaben über die vorwürfe, die frau l. d. zum nachteil der kläger erhoben hat, teilweise wörtlich zitiert. die allgemeinen normen, die ein auskunftsrecht bei der verarbeitung personenbezogener daten vorsehen (art. 15 der verordnung (eu) 2016/679 vom 27. april 2016 - datenschutz-grundverordnung (ds-gvo), § 34 bdsg, § 12 dsg nrw) treten gegenüber der spezialregelung im lbg nrw bereits aus systematischen gründen zurück, vgl. nur § 5 abs. 6 dsg nrw. darüber hinaus schränkt die grundlegende norm der ds-gvo (vgl. § 1 dsg nrw, § 1 abs. 5 bdsg) das recht auf erhalt einer kopie gemäß art. 15 abs. 4 ein, wenn rechte und freiheiten anderer personen beeinträchtigt werden. das ist hier der fall, wenn eine kopie des protokolls über das mitarbeitergespräch mit frau l. d. vom 00. april 2017 an die klägerin herausgegeben werden würde. über ihre eigenen personenbezogenen daten würde der klägerin dann einblick auch in solche personenbezogenen daten ermöglicht werden, die frau l. d. oder weitere personen betreffen. im rahmen einer abwägung aller interessen ist ein solcher eingriff nicht zu rechtfertigen, weil die klägerin – wie bereits dargestellt – in anderer geeigneter weise über die sie betreffenden personenbezogenen daten informiert worden ist. damit hat es sein bewenden. 21rechtsgrundlage für den im wege des schadenersatzes geltend gemachten schmerzensgeldanspruch ist die dem dienstherrn obliegende, in § 45 abs. 1 beamtstg verankerte fürsorgepflicht, die im falle eine pflichtverletzung schadenersatzansprüche auslösen kann, hier konkretisiert durch § 280 abs. 1, § 253 abs. 2 bgb. nach dem willen der klägerin stützt sie dieses begehren ausdrücklich nicht auf eine amtspflichtverletzung gemäß art. 34 gg in verbindung mit § 839 bgb (vgl. seite 16 der klageschrift vom 18. november 2018). ungeachtet des vortrages der klägerin zur sache scheitert ein darauf gerichteter anspruch schon deshalb, weil sie es versäumt hat, sowohl gegen die beklagte zu 1. als auch gegen den beklagten zu 2. einen vorherigen antrag zu stellen. nach der höchstrichterlichen rechtsprechung ist bei auf schadenersatz (oder folgenbeseitigung) gerichteten verpflichtungs- und leistungsklagen ein vorheriger antrag an die behörde eine nicht nachholbare klagevoraussetzung. 22bverwg, urteil vom 4. november 1976 – ii c 59.73 –, juris. 23gegenüber der beklagten zu 1., gegen die sich der hauptantrag richtet, ist die klägerin zu keiner zeit mit einen anspruch auf schadenersatz wegen verletzung der fürsorgepflicht herangetreten. soweit der beklagte zu 2. sich vorprozessual in einem schreiben vom 19. april 2018 zu einem schadenersatzanspruch geäußert hat, vermag das von der klägerin bemühte konstrukt einer zurechnung zulasten der beklagten zu 1. (vgl. seite 5 der klagebegründungsschrift vom 30. september 2019) nicht zu verfangen, weil der beklagten zu 1. eine eigene prüfungs- und entscheidungskompetenz zusteht, die auch die klägerin dem grunde nach anerkennt, weil sie die forderungshöhe nach ihrem haupt- und hilfsantrag staffelt. damit scheidet eine anspruchsidentität auch aus sicht der klägerin aus. in bezug auf den beklagten zu 2., gegen den sich der hilfsantrag richtet, kann sich die klägerin nicht mit erfolg auf ihr vor schreiben vom 12. april 2018 berufen. auf seite 3 (unten) behält sie sich die geltendmachung eines schmerzensgeld- und schadenersatzanspruchs vor. die reaktion der beklagten zu 2. in dem schon erwähnten vorprozessualen schreiben vom 19. april 2018 bezieht den vorbehalt ausdrücklich ein, wenn es auf seite 3 (unten) heißt: „für den vorbehaltenen schadensersatzanspruch fehlt es somit bereits an einer schuldhaften pflichtverletzung“. die von der klägerin daraus gezogene schlussfolgerung, der beklagte zu 2. habe ihre schmerzensgeld- und schadensersatzansprüche ausdrücklich zurückgewiesen (vgl. seite 5 der klagebegründungsschrift vom 30. september 2019) entbehrt jeder grundlage. auch gegenüber dem beklagten zu 2. wäre eine vorbehaltlose antragstellung – die vorprozessual nie erfolgt ist – keineswegs eine bloße förmelei. 24ohne zuspruch eines schadensersatzes ist für eine zinsforderung als davon abhängige nebenforderung kein raum. 25die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 und § 161 abs. 1 vwgo. soweit der einzelrichter dazu berufen war, bei der kostenverteilung eine entscheidung nach billigem ermessen zu treffen, stellt sich der verzicht der klägerin auf aufhebung der bisherigen dienstlichen beurteilung und erstellung einer neuen dienstlichen beurteilung im ergebnis als klagerücknahme dar. dieser bewertung entspricht die kostenfolge aus § 155 abs. 2 vwgo im sinne eines rechtsgedankens. 26die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11, § 711 zpo. 27rechtsmittelbelehrung: 28soweit das verfahren eingestellt worden ist, ist das urteil unanfechtbar, vgl. § 92 abs. 3 satz 2 vwgo. 29im übrigen kann gegen dieses urteil innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 30auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 31die berufung ist nur zuzulassen, 321. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 332. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 343. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 354. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 365. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 37die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 38über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 39im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 40die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 41beschluss: 42der streitwert wird bis zum 1. juli 2021 (eingang der letzten erledigungserklärung bei gericht) auf die wertstufe bis 30.000 und für die zeit danach auf die wertstufe bis 25.000 euro festgesetzt. 43gründe: 44die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 und 2 gkg erfolgt. die komplexe dienstliche beurteilung und herausgabe eines mitarbeiterprotokolls werden jeweils mit dem gesetzlichen auffangwert in ansatz gebracht. für das schmerzensgeld ist der betrag des hauptantrages entscheidend, § 45 abs. 1 satz 3 gkg. die zusammenrechnung mehrerer streitgegenstände beruht auf § 39 abs. 1 gkg. 45rechtsmittelbelehrung: 46gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 47auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 48die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 49die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 50die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 51war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach 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Straße Teil 1 M.“ der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ursprungsbebauungsplan). Er ist Eigentümer des im Plangebiet gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks T. 12 in W. 3Die 4. Änderung überplant einen Teilbereich des Geltungsbereichs des Ursprungsbebauungsplans. Das Plangebiet der 4. Änderung befindet sich nördlich der W1. Innenstadt. Es grenzt im Norden an die C.-straße und an die I.-straße, im Osten an die Q.‑straße, im Süden an die P1.-straße und im Westen an die Straße M. Durch das Plangebiet führen von Norden nach Südwesten die Straße T. und von Norden nach Süden der G. 4Der Ursprungsbebauungsplan setzt für den Geltungsbereich der 4. Änderung die Baugrundstücke im Plangebiet als Allgemeines Wohngebiet, eine Grundflächenzahl von maximal 0,4 und eine Geschossflächenzahl von höchstens 0,8 fest. Zulässig sind bis zu zwei Vollgeschosse. Vorgaben zur maximalen Höhe der baulichen Anlagen fehlen. Es gilt offene Bauweise. Die Anzahl der je Gebäude zulässigen Wohneinheiten ist nicht begrenzt. Auf der Grundlage des Ursprungsbebauungsplans wurden die Baugrundstücke im Plangebiet mehrheitlich mit Ein- und Zweifamilienhäusern bebaut. 5Der Regionalplan stellt das Plangebiet der 4. Änderung als Allgemeinen Siedlungsbereich, der Flächennutzungsplan stellt es als Gebiet für Wohnbaufläche dar. 6Die 4. Änderung setzt die Grundstücke im Plangebiet mit Ausnahme der Straßengrundstücke ebenfalls als Allgemeines Wohngebiet fest. Die Grundflächenzahl ist im Vergleich zum Ursprungsbebauungsplan auf maximal 0,3, die Geschossflächenzahl auf höchstens 0,6 reduziert. Nach Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen darf die zulässige Grundflächenzahl ausnahmsweise durch Gebäude mit einer Oberkante ≤ 7 m bis zu einer Grundflächenzahl von 0,4 überschritten werden (Abs. 1). Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen sieht vor, dass die zulässige Geschossflächenzahl ausnahmsweise durch Gebäude mit einer Oberkante ≤ 7 m bis zu einer Geschossflächenzahl von 0,8 überschritten werden darf (Abs. 3). Zulässig sind weiterhin maximal zwei Vollgeschosse. Die festgesetzte maximal zulässige Höhe der baulichen Anlagen wird bestimmt durch eine Höhenangabe in Metern bezogen auf Normalhöhennull (NHN), die von der Oberkante baulicher Anlagen eingehalten werden muss. Die jeweils überbaubare Grundstücksfläche wird durch zeichnerisch dargestellte vordere Baugrenzen und vorgegebene Bebauungstiefen festgelegt. Nach Nr. 2.1 der textlichen Festsetzungen gilt eine maximale Bebauungstiefe von 30 m, ermittelt ab der festgesetzten Straßenbegrenzungslinie. Ausnahmsweise darf die festgesetzte Bebauungstiefe durch Gebäude mit einer Oberkante ≤ 7 m um höchstens fünf Meter überschritten werden (Abs. 2). Nr. 3 der textlichen Festsetzungen begrenzt die Anzahl der Wohnungen pro Wohngebäude auf eine Wohnung je angefangene 175 qm und insgesamt auf maximal sechs Wohnungen. Nr. 4 der textlichen Festsetzungen bestimmt die zulässige Bauweise dahingehend, dass die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen mit einer Länge von höchstens 20 m errichtet werden dürfen. Gebäude mit einer Oberkante von ≤ 7 m dürfen ausnahmsweise 25 m lang sein (Satz 3). 7Der Rat beschloss in seiner Sitzung am 26. September 2018 die Aufstellung der 4. Änderung. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt vom 21. März 2019 bekannt gemacht. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit fand in der Zeit vom 25. März bis zum 29. April 2019 statt. Parallel dazu erfolgte die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange. Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss beschloss in seiner Sitzung vom 10. September 2019, den Planentwurf öffentlich auszulegen. Die Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs gemäß § 3 Abs. 2 BauGB erfolgte im Amtsblatt vom 19. September 2019. Danach lag der Planentwurf mit Begründung in der Zeit vom 27. September bis zum 4. November 2019 öffentlich aus. Parallel dazu fand die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange statt. Der Rat beschloss in seiner Sitzung am 13. Dezember 2019 die 4. Änderung als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde aufgrund der Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters vom 6. Februar 2020 im Amtsblatt vom 13. Februar 2020 bekannt gemacht. 8Anlass für die 4. Änderung ist die geplante Errichtung mehrerer Mehrfamilienhäuser auf zwei unbebauten Grundstücken an der Straße T., mit denen die Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans deutlich stärker ausgenutzt werden sollen, als dies mit der in der Umgebung vorhandenen Bebauung geschehen ist. Ziel der 4. Änderung sei die Steuerung einer angemessenen und siedlungsverträglichen Nachverdichtung des überwiegend bebauten Siedlungsbereichs. Neben der Schließung der im Plangebiet vorhandenen Baulücken sei auch mit der Ersetzung oder dem Umbau von vorhandenen Wohngebäuden zu rechnen. Es gelte, die unterschiedlichen Interessen der von der Planung Betroffenen auszugleichen. Dabei solle die vorhandene bauliche Dichte nicht als Höchstmaß für alle Grundstücke festgeschrieben werden, weil dies dem Grundsatz der Nachverdichtung und des schonenden Umgangs mit Grund und Boden sowie der Notwendigkeit, Wohnraum zu schaffen, widerspräche. Auch ein „Milieuschutz“ durch den Ausschluss von Mehrfamilienhäusern sei nicht vorgesehen. Im Plangebiet gebe es bereits zwei Mehrfamilienhäuser, nämlich eines auf dem Grundstück I.-straße 4 mit sechs Wohneinheiten und eines auf dem Grundstück P1.-straße 80 mit drei Wohneinheiten. Die Zahl der insgesamt im Plangebiet möglichen Wohneinheiten solle jedoch begrenzt werden, um insbesondere den planbedingten Straßenverkehr und seine negativen Folgen in Grenzen zu halten. 9Der Antragsteller hat unter anderem mit Schreiben vom 4. November 2019 Einwendungen gegen die Planung erhoben. Ziel der 4. Änderung solle seiner Meinung nach die Erhaltung der gewachsenen städtebaulichen Strukturen sein. Die gegenwärtige Bebauung solle deshalb zum Maßstab für die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zu den überbaubaren Grundstücksflächen genommen werden. Die Planung bewirke das Gegenteil. Insbesondere durch die geplanten Festsetzungen zur zulässigen Bebauungstiefe könnten nunmehr auch die rückwärtigen Gartenbereiche bebaut werden. Die geplanten Festsetzungen ließen mit maximal 240 Wohneinheiten das Vierfache des bisher Vorhandenen zu. Das Plangebiet sei für derart viele Wohneinheiten nicht geeignet. 10Der Antragsteller hat am 13. Februar 2020 den Normenkontrollantrag gestellt und zugleich beantragt, die 4. Änderung vorläufig außer Vollzug zu setzen. Mit Beschluss vom 24. Juni 2020 im Verfahren 10 B 201/20.NE hat der Senat den Eilantrag abgelehnt. 11Zur Begründung seines Normenkontrollantrags trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor: 12Einige textliche Festsetzungen seien unbestimmt. Soweit diese an Gebäude mit einer Oberkante von ≤ 7 m anknüpften, fehle die Festlegung eines unteren Bezugspunktes für die Bestimmung der tatsächlichen Gebäudehöhe. 13Die 4. Änderung beruhe auf Fehlern bei der Abwägung. Der Rat sei fälschlich davon ausgegangen, dass der Ursprungsbebauungsplan wirksam sei, und habe die durch dessen Festsetzungen ermöglichte Bebauungsdichte durch die 4. Änderung reduzieren wollen. Die Unwirksamkeit der zeichnerischen Festsetzung des Ursprungsbebauungsplans, wonach das zweite Geschoss als Dachgeschoss zu nutzen sei, führe aber zur Unwirksamkeit des Ursprungsbebauungsplans insgesamt. Zudem seien auch die Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans zur zulässigen Höhe baulicher Anlagen unbestimmt, was ebenfalls seine Unwirksamkeit zur Folge habe. Ausgangspunkt für die mit der 4. Änderung verfolgte Planung hätte also eine Beurteilung der im künftigen Plangebiet gegebenen Bebauungsmöglichkeiten nach § 34 BauGB sein müssen. Davon ausgehend erweiterten die Festsetzungen der 4. Änderung die bisherigen Möglichkeiten zur baulichen Ausnutzung der Grundstücke im Plangebiet, statt sie einzuschränken. Dies gelte auch insoweit, als die 4. Änderung die Errichtung von Mehrfamilienhäusern zulasse, die sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügten, welche durch eine Bebauung mit Ein- und Zweifamilienhäusern geprägt sei. 14Der Antragsteller beantragt, 15die 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. „P. Straße Teil 1 M.“ der Stadt W. für unwirksam zu erklären. 16Die Antragsgegnerin beantragt, 17den Antrag abzulehnen. 18Sie trägt im Wesentlichen vor: 19Die textlichen Festsetzungen zur maximal zulässigen Höhe baulicher Anlagen seien hinreichend bestimmt. Der untere und der obere Bezugspunkt der Höhenangaben seien eindeutig festgelegt. Dies gelte insbesondere auch für die textlichen Festsetzungen, die an ein Gebäude mit einer Oberkante ≤ 7 m anknüpften. Unterer Bezugspunkt sei insoweit jeweils die Höhe der jeweiligen Erschließungsstraße, die durch Interpolation ihrer in dem Bebauungsplan festgesetzten Höhen zu ermitteln sei. Dies ergebe sich aus der Planbegründung, in der es heiße, dass die Gebäudehöhe auf rund 10 m „über Straßenniveau“ festgesetzt werde. Grundlage für die Höhe baulicher Anlagen sei also das Straßenniveau, das in eine maximale Gebäudehöhe über Normalhöhennull umgerechnet worden sei. In den textlichen Festsetzungen, die an Gebäude mit einer Höhe von ≤ 7 m anknüpften, sei lediglich von einer Umrechnung der zulässigen Gebäudehöhe auf Normalhöhennull abgesehen worden. Selbst wenn die in Rede stehenden textlichen Festsetzungen unwirksam sein sollten, führte dies nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt. 20Die 4. Änderung beruhe nicht deswegen auf einer fehlerhaften Abwägung, weil der Rat von der Wirksamkeit des Ursprungsbebauungsplans ausgegangen sei. Ziel der Planung sei es, die bauliche Dichte in dem gewachsenen Wohngebiet zu steuern und eine angemessene und siedlungsverträgliche Nachverdichtung zu ermöglichen. Diese Ziele seien nicht davon abhängig, ob der Ursprungsbebauungsplan wirksam oder unwirksam sei. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens 10 B 201/20.NE und der beigezogenen Aufstellungsvorgänge (Beiakten Heft 1 bis 3) Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Der Vorsitzende entscheidet im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats (§ 87a Abs. 2 VwGO). 24Der Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen bleibt der Antrag erfolglos. 25Der Antrag ist zulässig. 26Insbesondere ist der Antragsteller als Eigentümer eines im Plangebiet liegenden Grundstücks nach § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. 27Der Antrag ist teilweise begründet. 28Die Nrn. 1.1 Abs. 1, 1.2 Abs. 3, 2.1 Abs. 2 und 4.0 Satz 3 der textlichen Festsetzungen, die für Gebäude mit einer Oberkante ≤ 7 m Ausnahmen von der jeweils festgesetzten maximal zulässigen Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl, Bebauungstiefe und Länge von Gebäuden zulassen, sind unwirksam. Sie sind unbestimmt, weil sie einen unteren Bezugspunkt für die Ermittlung der Gebäudehöhe nicht benennen und ein solcher auch nicht eindeutig bestimmbar ist. 29Bebauungspläne müssen wie andere Rechtsnormen die Rechtslage für die Betroffenen eindeutig erkennbar umschreiben. Dies gilt allgemein sowohl für die Planzeichnung als auch für die textlichen Festsetzungen. Die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit fehlt allerdings nicht schon dann, wenn die Festsetzung der Auslegung bedarf. Es ist ausreichend, wenn der Inhalt des Bebauungsplans durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut beschränkt wird. Ausschlaggebend ist vielmehr der objektive Wille des Plangebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Satzungstext einen Niederschlag gefunden hat. 30Um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen, kann eine Höhenfestsetzung auf Bezugspunkte im Geltungsbereich des Bebauungsplans abstellen, die bestimmt oder bestimmbar sind. So entspricht etwa die Festsetzung der Höhenlage eines bestimmten Punktes auf einer vorhandenen Verkehrsfläche als unterer Bezugspunkt dem Bestimmtheitsgebot, wenn im Zuge der Realisierung des Bebauungsplans eine erhebliche Veränderung dieses Punktes nicht zu erwarten ist. Überdies kann unter dieser Maßgabe das Inbeziehungsetzen des jeweiligen Baugrundstücks zur faktischen Höhe einer zugeordneten öffentlichen Verkehrsfläche hinreichend bestimmt sein und dies auch dann, wenn die Höhenfestsetzung bei geneigter Verkehrsfläche auf eine mittlere Höhenlage abstellt. Für die Bestimmtheit entscheidend bleibt gerade bei einer eher rechtstechnischen Festsetzung wie derjenigen der Gebäudehöhen, dass sie bei der Plananwendung nach den Verhältnissen des Einzelfalls absehbar praktikabel ist. 31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. März 2021 – 2 B 181/21 –, juris, Rn. 9, Urteile vom 24. Juni 2019 – 10 D 38/17.NE –, juris, Rn. 42, und vom 6. Oktober 2016 – 2 D 62/14.NE –, juris, Rn. 56 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen. 32Danach genügen die genannten Festsetzungen nicht dem Bestimmtheitsgebot, soweit sie an eine Gebäudehöhe von ≤ 7 m als Voraussetzung für die Zulassung von Ausnahmen von der jeweils festgesetzten maximal zulässigen Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl, Bebauungstiefe und Länge der Gebäude anknüpfen, denn der untere Bezugspunkt dieser Höhenangabe ist weder bestimmt noch bestimmbar. 33Die Antragsgegnerin meint, nach dem Willen des Rates sei der untere Bezugspunkt für die Bestimmung der Gebäudehöhe von ≤ 7 m die Höhe der Erschließungsstraße, die wiederum durch Interpolation der in dem Bebauungsplan festgesetzten Höhen der Erschließungsstraße zu ermitteln sei. Dies ergebe sich aus der Begründung der 4. Änderung, wo es heiße, dass die Begrenzung der Gebäudehöhe auf rund 10 m „über Straßenniveau“ festgesetzt werde. Grundlage für die Bestimmung der Höhe baulicher Anlagen sei das Straßenniveau, das in eine Höhe über Normalhöhennull umgerechnet worden sei. Bei den in Rede stehenden Ausnahmeregelungen sei lediglich von einer Umrechnung in eine Höhe über Normalhöhennull abgesehen worden. 34Die Bestimmbarkeit des unteren Bezugspunktes für die Ermittlung der Gebäudehöhe von ≤ 7 m ergibt sich hieraus jedoch nicht. Ausgehend davon, dass ein solcher Wille des Rates im Wortlaut der in Rede stehenden textlichen Festsetzungen selbst keinen Niederschlag gefunden hat, lässt auch die Begründung der 4. Änderung keinen hinreichend eindeutigen Schluss darauf zu, dass der Rat den unteren Bezugspunkt bei der Bestimmung der Gebäudehöhe von ≤ 7 m wie von der Antragsgegnerin vorgetragen verstanden wissen wollte. Der von der Antragsgegnerin herangezogene Teil der Planbegründung (siehe dort Seite 7 unten) bezieht sich auf die Festsetzung der in der Regel maximal zulässigen Gebäudehöhe, die in Metern über Normalhöhennull angegeben ist, wodurch eine Begrenzung der Gebäudehöhe auf rund 10 m über Straßenniveau erreicht werden solle. Als unterer Bezugspunkt für die in der Regel zulässige maximale Gebäudehöhe wurde also gerade nicht das „Straßenniveau“, das in seinen Verläufen zumindest geringe Höhenunterschiede aufweist, gewählt und in Meter über Normalhöhennull „umgerechnet“. Das Straßenniveau diente vielmehr lediglich als ungefähre Orientierung für die Bestimmung der maximalen Höhen in Metern über Normalhöhennull, dem unteren Bezugspunkt. 35In dem Teil der Planbegründung, der sich zu den Ausnahmeregelungen verhält (siehe dort Seite 9), fehlt es an jeglicher Äußerung dazu, dass das „Straßenniveau“ zur Bestimmung der Gebäudehöhe von ≤ 7 m herangezogen werden sollte. Dies erscheint mit Blick auf die Intention des Rates bei der Schaffung der Ausnahmeregelungen auch keineswegs zwingend. Die Ausnahmeregelungen sollen denjenigen Bauherren zugutekommen, die auf eine dritte Wohnebene verzichten, weil gerade die Realisierung einer dritten Wohnebene von den Nachbarn häufig kritisch gesehen werde. Im Gegenzug für den Verzicht auf die dritte Wohnebene soll eine größere Ausnutzung der Grundstücksflächen zulässig sein. Ausgehend hiervon wäre es ebenso denkbar, als unteren Bezugspunkt für die Bestimmung der Gebäudehöhe von ≤ 7 m die natürliche Geländeoberfläche des jeweiligen Baugrundstücks oder das dort vor Baubeginn vorhandene Gelände, 36vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2019 – 10 A 2557/16 –, juris, Rn. 114, 37heranzuziehen, zumal die Planurkunde auch insoweit Höhenangaben enthält. Eine Angabe in Metern über Normalhöhennull, wie sie für die in der Regel zulässige maximale Gebäudehöhe erfolgt ist (47,5 m beziehungsweise 47,0 m jeweils minus 3 m), wäre auch in Betracht gekommen. Die Planbegründung ist insoweit schlicht nicht aussagekräftig. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die in Rede stehenden Ausnahmeregelungen bei der Plananwendung dennoch als praktikabel erweisen werden, denn es lässt sich nicht feststellen, dass die denkbaren unteren Bezugspunkte für die Höhenangabe ≤ 7 m, auch wenn das Plangebiet vergleichsweise eben sein mag, derart geringfügig voneinander abweichen, dass sich diese Unterschiede – ungeachtet fehlender abstrakter Angaben zu den für eine Interpolation der festgesetzten Höhen der Erschließungsstraßen erforderlichen Ausgangswerten – praktisch nicht auswirken können. 38Weitere beachtliche Fehler der 4. Änderung sind nicht ersichtlich. 39Die 4. Änderung ist insbesondere in ihrer Grundkonzeption im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich gerechtfertigt. 40Was nach § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Die erforderliche Planrechtfertigung ist gegeben, wenn der Bebauungsplan nach seinem Inhalt auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ausgerichtet und nach der planerischen Konzeption der zur Planung berufenen Gemeinde als Mittel hierfür erforderlich ist. Erforderlich ist ein Bebauungsplan in diesem Zusammenhang nicht nur dann, wenn er dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind demgegenüber solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist auszugehen, wenn eine planerische Festsetzung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen, oder eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken. Dies kann auch der Fall sein, wenn das objektiv Festgesetzte (bewusst) nicht das planerisch (eigentlich) Gewollte abbildet. Ebenso wenig erforderlich ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung bietet. 41Vgl. hierzu insgesamt: BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2015 – 4 CN 4.14 –, juris, Rn. 10, vom 27. März 2013 – 4 C 13.11 –, juris, Rn. 9, und vom 19. September 2002 – 4 CN 1.02 –, juris, Rn. 33, Beschlüsse vom 25. Juli 2017 – 4 BN 2.17 –, juris, Rn. 3, vom 11. Mai 1999 – 4 BN 15.99 –, juris, Rn. 4 f., und vom 14. August 1995 – 4 NB 21.95 –, juris, Rn. 3; OVG NRW, Urteile vom 6. Mai 2014 – 2 D 14/13.NE –, vom 6. Juli 2012 – 10 D 47/10.NE –, juris, Rn. 43, und vom 25. Januar 2010 – 7 D 97/09.NE –, juris, Rn. 41. 42Danach fehlt es der 4. Änderung nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit. Ihr liegt ausweislich der Planbegründung eine von städtebaulich legitimen Zielen getragene Planungskonzeption zugrunde. Die Planung dient der Steuerung der vom Gesetzgeber allgemein gewollten Nachverdichtung (§§ 1 Abs. 5 Satz 3, 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB) des überwiegend bebauten Plangebiets zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum. Die Nachverdichtung soll dabei angemessen und siedlungsverträglich erfolgen (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 und Nr. 4 BauGB), insbesondere auch mit dem Ziel, den Straßenverkehr mit seinen negativen Folgen im Plangebiet in Grenzen zu halten (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe c). Der Rat hat in den Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans keine hinreichend geeignete Grundlage für eine angemessene und siedlungsverträgliche Nachverdichtung gesehen und diese Erkenntnis zum Anlass für eine umfassende, räumlich beschränkte Änderung der Planung genommen, mit der er jedoch eine über das Bisherige hinausgehende bauliche Ausnutzung der Grundstücke nicht gänzlich verhindern wollte. Vor diesem Hintergrund entspricht die 4. Änderung unabhängig von der Wirksamkeit des Ursprungsbebauungsplans dem Willen des Rates. Eine mögliche Fehlvorstellung des Rates über die Wirksamkeit des Ursprungsbebauungsplans wirkt sich also auf die städtebauliche Erforderlichkeit der Planung nicht aus. 43Es besteht auch nicht deswegen ein Zusammenhang zwischen der Rechtmäßigkeit der 4. Änderung und der Rechtmäßigkeit des Ursprungsbebauungsplans, weil die 4. Änderung etwa eine unselbstständige Änderung wäre, für die im Fall der Unwirksamkeit des geänderten Ursprungsbebauungsplans eine taugliche Grundlage fehlte. Der Rat hat mit der 4. Änderung für einen Teilbereich des Ursprungsbebauungsplans das gesamte Regelwerk erneut als Satzung beschlossen und damit den Ursprungsbebauungsplan in diesem Teilbereich ersetzt. Die 4. Änderung schafft für sich genommen und unabhängig von dem Ursprungsbebauungsplan eine vollständige und eigenständige städtebauliche Ordnung für ihren Geltungsbereich, ohne dass dadurch die Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans in seinen übrigen Teilen ihren Sinn oder ihre Legitimation verlieren würden. 44Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2019 – 10 A 2557/16 –, juris, Rn. 86 ff. 45Die 4. Änderung beruht auch nicht auf einem beachtlichen Fehler bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung. 46Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. 47Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. September 2015 – 10 D 82/13.NE –, juris, Rn. 30. 48Hiervon ausgehend hat der Rat die Belange der von der Planung betroffenen Grundstückseigentümer fehlerfrei abgewogen. Er hat insbesondere auch das private Interesse von Grundstückseigentümern, die eine Beibehaltung des bisherigen Zustands wünschen und eine Nachverdichtung des gewachsenen Baugebiets durch eine größere bauliche Ausnutzung der Grundstücke wegen der damit verbundenen negativen Folgen ablehnen, erkannt und in die Abwägung eingestellt. Er hat jedoch das öffentliche Interesse an einer Nachverdichtung zur Schaffung von Wohnraum, auch in Form von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, höher gewichtet als das private Interesse an der Beibehaltung des status quo, wie er sich auf der Grundlage des Ursprungsbebauungsplans in der Vergangenheit tatsächlich entwickelt hat. Der Rat hat in diesem Zusammenhang fehlerfrei zugrunde gelegt, dass ein Anspruch der Grundstückseigentümer auf eine planungsrechtliche Absicherung dieses status quo grundsätzlich nicht besteht. Den Interessen der Grundstückseigentümer, durch eine Umsetzung der zugelassenen Nachverdichtung auf benachbarten Grundstücken und deren Folgen nicht unzumutbar beeinträchtigt zu werden, hat der Rat Rechnung getragen. Insbesondere sollen die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur überbaubaren Grundstücksfläche und zur Zahl der maximal zulässigen Wohneinheiten pro Wohngebäude und orientiert an der Grundstücksfläche, die ermöglichte Nachverdichtung in diesem Sinne steuern und nur moderate, zumutbare und verträgliche Veränderungen der gewachsenen Bebauungsstruktur ermöglichen. Eine Fehlgewichtung der oben beschriebenen und vom Rat berücksichtigten Belange der privaten Grundstückseigentümer, die eine Nachverdichtung weitgehend ablehnen, ist insoweit nicht zu erkennen. 49Der Senat braucht in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob die Auffassung des Antragstellers, der Rat sei fehlerhaft von der Wirksamkeit des Ursprungsbebauungsplans ausgegangen, zutrifft. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass, sollte der Ursprungsbebauungsplan tatsächlich unwirksam sein, eine entsprechende Fehleinschätzung durch den Rat zugleich zu einer Fehlgewichtung der von ihm berücksichtigten Interessen der privaten Grundstückseigentümer geführt haben könnte. Der Rat hat nämlich mit der 4. Änderung für deren Geltungsbereich eine neue Gesamtregelung schaffen wollen, die ausgehend von der tatsächlich vorhandenen Bebauung eine angemessene Nachverdichtung ermöglichen soll, und sich dabei gerade nicht an den Bebauungsmöglichkeiten orientiert, die der Ursprungsbebauungsplan bisher eröffnet hat. 50Soweit der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung Zweifel an der Richtigkeit des Abwägungsergebnisses geäußert hat, hat der Senat solche Zweifel nicht. Es ist nicht erkennbar, dass der Rat bei der gebotenen Abwägung den Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen haben könnte, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner der konkret in die Abwägung eingestellten Belange außer Verhältnis steht. Dem öffentlichen Interesse an einer Nachverdichtung der in den Siedlungsbereichen der Gemeinden vorhandenen Bebauung zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum, das der Rat auch für das Gebiet der Antragsgegnerin bejaht hat, kommt unter den bereits oben angesprochenen Aspekten ein erhebliches städtebauliches Gewicht zu, dass es auch hier im Ergebnis rechtfertigt, die privaten Interessen von Grundstückseigentümern an der vollständigen Beibehaltung des gewachsenen status quo hinsichtlich der Dichte der Bebauung und der baulichen Ausnutzung der Grundstücke im Plangebiet wie geschehen zurückzustellen. 51Die nach dem Vorstehenden festgestellte Unwirksamkeit der textlichen Festsetzungen Nrn. 1.1 Abs. 1, 1.2 Abs. 3, 2.1 Abs. 2 und 4.0 Satz 3 berührt die Wirksamkeit der übrigen Festsetzungen der 4. Änderung nicht. 52Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen Unwirksamkeit insgesamt, wenn die übrigen Regelungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn der Plangeber nach seinem im Aufstellungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. 53Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. April 2013 – 4 BN 22.13 –, juris, Rn. 3, und vom 18. Februar 2009 – 4 B 54.08 –, juris, Rn. 5. 54Dies ist hier der Fall. Die in Rede stehenden Festsetzungen enthalten lediglich Ausnahmen von der jeweils festgesetzten maximal zulässigen Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl, Bebauungstiefe und Länge von Gebäuden. In der Planbegründung heißt es hierzu einleitend, es werde grundsätzlich davon ausgegangen, dass die von den künftigen Bauherren gewünschten Wohnflächen auf bis zu drei Wohnebenen in der Höhe verteilt würden. Es sollten aber Ausnahmen von den Festsetzungen zur maximal zulässigen Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl, Bebauungstiefe und Länge von Gebäuden für diejenigen Bauherren ermöglicht werden, die auf eine dritte Ebene verzichteten. Vor diesem Hintergrund lässt sich feststellen, dass die 4. Änderung ohne die besagten Ausnahmeregelungen eine sinnvolle städtebauliche Ordnung des Plangebiets auch insoweit bewirkt, als sie neben den übrigen Festsetzungen auch Festsetzungen zur maximal zulässigen Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl, Bebauungstiefe und Länge von Gebäuden für den Regelfall trifft, die nach dem Wegfall der hierzu jeweils festgesetzten Ausnahmen uneingeschränkt anwendbar bleiben. Soweit es in einem zweiten Schritt darum geht, zu ermitteln, ob der Rat im Zweifel einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Umfangs beschlossen hätte, lässt sich ein solcher Wille in erster Linie aus den Zielen herleiten, die er sowohl mit den verbleibenden als auch mit den weggefallenen Festsetzungen verfolgen wollte. Hier ist es so, dass mit einer Umsetzung der für den Regelfall getroffenen Festsetzungen zur maximal zulässigen Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl, Bebauungstiefe und Länge von Gebäuden auf allen Grundstücken im Geltungsbereich der 4. Änderung die vom Rat quasi als Kernanliegen beabsichtigte nachbar- und gebietsverträgliche Nachverdichtung zur Schaffung von Wohnraum stattfinden kann. Dass die den künftigen Bauherren mit den fehlerhaften Festsetzungen daneben eingeräumte Wahlmöglichkeit zur baulichen Ausnutzung ihrer Grundstücke diesem Kernanliegen nachgeordnet sein sollte, zeigt sich schon daran, dass der Rat sie in die Form von Ausnahmeregelungen gekleidet hat. Für den Senat ist aus den Aufstellungsvorgängen nicht ersichtlich, dass der Rat gerade die mit den Ausnahmeregelungen ermöglichten Bebauungsmöglichkeiten als unverzichtbar angesehen hat, um das Verhältnis der Grundstücksnachbarn im Fall einer von der bisherigen baulichen Entwicklung des Plangebiets abweichenden stärken baulichen Ausnutzung eines Grundstück verträglich zu gestalten. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Rat die besagten Festsetzungen für den Regelfall und die Festsetzungen der jeweils zugehörigen Ausnahmen als ein nicht voneinander trennbares Regelungspaket verstanden wissen wollte. Dies alles lässt den Schluss zu, dass der Rat im Zweifel auch einen Bebauungsplan ohne die beanstandeten Festsetzungen beschlossen hätte. Dass er die Ausnahmeregelungen selbstverständlich gewollt hat und ihm eine Behebung der Fehler, hätte er sie erkannt, leicht möglich gewesen wäre, ist für die nachträgliche tatsächliche Beurteilung seines hypothetischen Willens im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses durch den Senat unter dem Gesichtspunkt der Planerhaltung nicht ausschlaggebend. 55Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. 56Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 57Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | die textlichen festsetzungen nrn. 1.1 abs. 3, 1.2 abs. 3, 2.1 abs. 2 und 4.0 satz 3 der 4. änderung des bebauungsplans nr. „p. straße teil 1 m.“ der stadt w. sind unwirksam. im übrigen wird der antrag abgelehnt. die kosten des verfahrens tragen der antragsteller zu drei vierteln und die antragsgegnerin zu einem viertel. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der antragsteller wendet sich gegen die 4. änderung (im folgenden: 4. änderung) des im jahr 1983 in kraft getretenen bebauungsplans nr. „p. straße teil 1 m.“ der antragsgegnerin (im folgenden: ursprungsbebauungsplan). er ist eigentümer des im plangebiet gelegenen, mit einem wohnhaus bebauten grundstücks t. 12 in w. 3die 4. änderung überplant einen teilbereich des geltungsbereichs des ursprungsbebauungsplans. das plangebiet der 4. änderung befindet sich nördlich der w1. innenstadt. es grenzt im norden an die c.-straße und an die i.-straße, im osten an die q.‑straße, im süden an die p1.-straße und im westen an die straße m. durch das plangebiet führen von norden nach südwesten die straße t. und von norden nach süden der g. 4der ursprungsbebauungsplan setzt für den geltungsbereich der 4. änderung die baugrundstücke im plangebiet als allgemeines wohngebiet, eine grundflächenzahl von maximal 0,4 und eine geschossflächenzahl von höchstens 0,8 fest. zulässig sind bis zu zwei vollgeschosse. vorgaben zur maximalen höhe der baulichen anlagen fehlen. es gilt offene bauweise. die anzahl der je gebäude zulässigen wohneinheiten ist nicht begrenzt. auf der grundlage des ursprungsbebauungsplans wurden die baugrundstücke im plangebiet mehrheitlich mit ein- und zweifamilienhäusern bebaut. 5der regionalplan stellt das plangebiet der 4. änderung als allgemeinen siedlungsbereich, der flächennutzungsplan stellt es als gebiet für wohnbaufläche dar. 6die 4. änderung setzt die grundstücke im plangebiet mit ausnahme der straßengrundstücke ebenfalls als allgemeines wohngebiet fest. die grundflächenzahl ist im vergleich zum ursprungsbebauungsplan auf maximal 0,3, die geschossflächenzahl auf höchstens 0,6 reduziert. nach nr. 1.1 der textlichen festsetzungen darf die zulässige grundflächenzahl ausnahmsweise durch gebäude mit einer oberkante ≤ 7 m bis zu einer grundflächenzahl von 0,4 überschritten werden (abs. 1). nr. 1.2 der textlichen festsetzungen sieht vor, dass die zulässige geschossflächenzahl ausnahmsweise durch gebäude mit einer oberkante ≤ 7 m bis zu einer geschossflächenzahl von 0,8 überschritten werden darf (abs. 3). zulässig sind weiterhin maximal zwei vollgeschosse. die festgesetzte maximal zulässige höhe der baulichen anlagen wird bestimmt durch eine höhenangabe in metern bezogen auf normalhöhennull (nhn), die von der oberkante baulicher anlagen eingehalten werden muss. die jeweils überbaubare grundstücksfläche wird durch zeichnerisch dargestellte vordere baugrenzen und vorgegebene bebauungstiefen festgelegt. nach nr. 2.1 der textlichen festsetzungen gilt eine maximale bebauungstiefe von 30 m, ermittelt ab der festgesetzten straßenbegrenzungslinie. ausnahmsweise darf die festgesetzte bebauungstiefe durch gebäude mit einer oberkante ≤ 7 m um höchstens fünf meter überschritten werden (abs. 2). nr. 3 der textlichen festsetzungen begrenzt die anzahl der wohnungen pro wohngebäude auf eine wohnung je angefangene 175 qm und insgesamt auf maximal sechs wohnungen. nr. 4 der textlichen festsetzungen bestimmt die zulässige bauweise dahingehend, dass die gebäude mit seitlichem grenzabstand als einzelhäuser, doppelhäuser oder hausgruppen mit einer länge von höchstens 20 m errichtet werden dürfen. gebäude mit einer oberkante von ≤ 7 m dürfen ausnahmsweise 25 m lang sein (satz 3). 7der rat beschloss in seiner sitzung am 26. september 2018 die aufstellung der 4. änderung. der aufstellungsbeschluss wurde im amtsblatt vom 21. märz 2019 bekannt gemacht. die frühzeitige beteiligung der öffentlichkeit fand in der zeit vom 25. märz bis zum 29. april 2019 statt. parallel dazu erfolgte die frühzeitige beteiligung der behörden und sonstiger träger öffentlicher belange. der bau-, planungs- und umweltausschuss beschloss in seiner sitzung vom 10. september 2019, den planentwurf öffentlich auszulegen. die bekanntmachung der öffentlichen auslegung des planentwurfs gemäß § 3 abs. 2 baugb erfolgte im amtsblatt vom 19. september 2019. danach lag der planentwurf mit begründung in der zeit vom 27. september bis zum 4. november 2019 öffentlich aus. parallel dazu fand die beteiligung der behörden und sonstiger träger öffentlicher belange statt. der rat beschloss in seiner sitzung am 13. dezember 2019 die 4. änderung als satzung. der satzungsbeschluss wurde aufgrund der bekanntmachungsanordnung des bürgermeisters vom 6. februar 2020 im amtsblatt vom 13. februar 2020 bekannt gemacht. 8anlass für die 4. änderung ist die geplante errichtung mehrerer mehrfamilienhäuser auf zwei unbebauten grundstücken an der straße t., mit denen die festsetzungen des ursprungsbebauungsplans deutlich stärker ausgenutzt werden sollen, als dies mit der in der umgebung vorhandenen bebauung geschehen ist. ziel der 4. änderung sei die steuerung einer angemessenen und siedlungsverträglichen nachverdichtung des überwiegend bebauten siedlungsbereichs. neben der schließung der im plangebiet vorhandenen baulücken sei auch mit der ersetzung oder dem umbau von vorhandenen wohngebäuden zu rechnen. es gelte, die unterschiedlichen interessen der von der planung betroffenen auszugleichen. dabei solle die vorhandene bauliche dichte nicht als höchstmaß für alle grundstücke festgeschrieben werden, weil dies dem grundsatz der nachverdichtung und des schonenden umgangs mit grund und boden sowie der notwendigkeit, wohnraum zu schaffen, widerspräche. auch ein „milieuschutz“ durch den ausschluss von mehrfamilienhäusern sei nicht vorgesehen. im plangebiet gebe es bereits zwei mehrfamilienhäuser, nämlich eines auf dem grundstück i.-straße 4 mit sechs wohneinheiten und eines auf dem grundstück p1.-straße 80 mit drei wohneinheiten. die zahl der insgesamt im plangebiet möglichen wohneinheiten solle jedoch begrenzt werden, um insbesondere den planbedingten straßenverkehr und seine negativen folgen in grenzen zu halten. 9der antragsteller hat unter anderem mit schreiben vom 4. november 2019 einwendungen gegen die planung erhoben. ziel der 4. änderung solle seiner meinung nach die erhaltung der gewachsenen städtebaulichen strukturen sein. die gegenwärtige bebauung solle deshalb zum maßstab für die festsetzungen zum maß der baulichen nutzung und zu den überbaubaren grundstücksflächen genommen werden. die planung bewirke das gegenteil. insbesondere durch die geplanten festsetzungen zur zulässigen bebauungstiefe könnten nunmehr auch die rückwärtigen gartenbereiche bebaut werden. die geplanten festsetzungen ließen mit maximal 240 wohneinheiten das vierfache des bisher vorhandenen zu. das plangebiet sei für derart viele wohneinheiten nicht geeignet. 10der antragsteller hat am 13. februar 2020 den normenkontrollantrag gestellt und zugleich beantragt, die 4. änderung vorläufig außer vollzug zu setzen. mit beschluss vom 24. juni 2020 im verfahren 10 b 201/20.ne hat der senat den eilantrag abgelehnt. 11zur begründung seines normenkontrollantrags trägt der antragsteller im wesentlichen vor: 12einige textliche festsetzungen seien unbestimmt. soweit diese an gebäude mit einer oberkante von ≤ 7 m anknüpften, fehle die festlegung eines unteren bezugspunktes für die bestimmung der tatsächlichen gebäudehöhe. 13die 4. änderung beruhe auf fehlern bei der abwägung. der rat sei fälschlich davon ausgegangen, dass der ursprungsbebauungsplan wirksam sei, und habe die durch dessen festsetzungen ermöglichte bebauungsdichte durch die 4. änderung reduzieren wollen. die unwirksamkeit der zeichnerischen festsetzung des ursprungsbebauungsplans, wonach das zweite geschoss als dachgeschoss zu nutzen sei, führe aber zur unwirksamkeit des ursprungsbebauungsplans insgesamt. zudem seien auch die festsetzungen des ursprungsbebauungsplans zur zulässigen höhe baulicher anlagen unbestimmt, was ebenfalls seine unwirksamkeit zur folge habe. ausgangspunkt für die mit der 4. änderung verfolgte planung hätte also eine beurteilung der im künftigen plangebiet gegebenen bebauungsmöglichkeiten nach § 34 baugb sein müssen. davon ausgehend erweiterten die festsetzungen der 4. änderung die bisherigen möglichkeiten zur baulichen ausnutzung der grundstücke im plangebiet, statt sie einzuschränken. dies gelte auch insoweit, als die 4. änderung die errichtung von mehrfamilienhäusern zulasse, die sich nicht in die eigenart der näheren umgebung einfügten, welche durch eine bebauung mit ein- und zweifamilienhäusern geprägt sei. 14der antragsteller beantragt, 15die 4. änderung des bebauungsplans nr. „p. straße teil 1 m.“ der stadt w. für unwirksam zu erklären. 16die antragsgegnerin beantragt, 17den antrag abzulehnen. 18sie trägt im wesentlichen vor: 19die textlichen festsetzungen zur maximal zulässigen höhe baulicher anlagen seien hinreichend bestimmt. der untere und der obere bezugspunkt der höhenangaben seien eindeutig festgelegt. dies gelte insbesondere auch für die textlichen festsetzungen, die an ein gebäude mit einer oberkante ≤ 7 m anknüpften. unterer bezugspunkt sei insoweit jeweils die höhe der jeweiligen erschließungsstraße, die durch interpolation ihrer in dem bebauungsplan festgesetzten höhen zu ermitteln sei. dies ergebe sich aus der planbegründung, in der es heiße, dass die gebäudehöhe auf rund 10 m „über straßenniveau“ festgesetzt werde. grundlage für die höhe baulicher anlagen sei also das straßenniveau, das in eine maximale gebäudehöhe über normalhöhennull umgerechnet worden sei. in den textlichen festsetzungen, die an gebäude mit einer höhe von ≤ 7 m anknüpften, sei lediglich von einer umrechnung der zulässigen gebäudehöhe auf normalhöhennull abgesehen worden. selbst wenn die in rede stehenden textlichen festsetzungen unwirksam sein sollten, führte dies nicht zur unwirksamkeit des bebauungsplans insgesamt. 20die 4. änderung beruhe nicht deswegen auf einer fehlerhaften abwägung, weil der rat von der wirksamkeit des ursprungsbebauungsplans ausgegangen sei. ziel der planung sei es, die bauliche dichte in dem gewachsenen wohngebiet zu steuern und eine angemessene und siedlungsverträgliche nachverdichtung zu ermöglichen. diese ziele seien nicht davon abhängig, ob der ursprungsbebauungsplan wirksam oder unwirksam sei. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte dieses verfahrens sowie des verfahrens 10 b 201/20.ne und der beigezogenen aufstellungsvorgänge (beiakten heft 1 bis 3) bezug genommen. 22 | 23der vorsitzende entscheidet im einverständnis der beteiligten anstelle des senats (§ 87a abs. 2 vwgo). 24der antrag hat in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang erfolg. im übrigen bleibt der antrag erfolglos. 25der antrag ist zulässig. 26insbesondere ist der antragsteller als eigentümer eines im plangebiet liegenden grundstücks nach § 47 abs. 2 vwgo antragsbefugt. 27der antrag ist teilweise begründet. 28die nrn. 1.1 abs. 1, 1.2 abs. 3, 2.1 abs. 2 und 4.0 satz 3 der textlichen festsetzungen, die für gebäude mit einer oberkante ≤ 7 m ausnahmen von der jeweils festgesetzten maximal zulässigen grundflächenzahl, geschossflächenzahl, bebauungstiefe und länge von gebäuden zulassen, sind unwirksam. sie sind unbestimmt, weil sie einen unteren bezugspunkt für die ermittlung der gebäudehöhe nicht benennen und ein solcher auch nicht eindeutig bestimmbar ist. 29bebauungspläne müssen wie andere rechtsnormen die rechtslage für die betroffenen eindeutig erkennbar umschreiben. dies gilt allgemein sowohl für die planzeichnung als auch für die textlichen festsetzungen. die rechtsstaatlich gebotene bestimmtheit fehlt allerdings nicht schon dann, wenn die festsetzung der auslegung bedarf. es ist ausreichend, wenn der inhalt des bebauungsplans durch auslegung ermittelt werden kann, wobei die interpretation nicht durch den formalen wortlaut beschränkt wird. ausschlaggebend ist vielmehr der objektive wille des plangebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im satzungstext einen niederschlag gefunden hat. 30um dem bestimmtheitsgebot zu genügen, kann eine höhenfestsetzung auf bezugspunkte im geltungsbereich des bebauungsplans abstellen, die bestimmt oder bestimmbar sind. so entspricht etwa die festsetzung der höhenlage eines bestimmten punktes auf einer vorhandenen verkehrsfläche als unterer bezugspunkt dem bestimmtheitsgebot, wenn im zuge der realisierung des bebauungsplans eine erhebliche veränderung dieses punktes nicht zu erwarten ist. überdies kann unter dieser maßgabe das inbeziehungsetzen des jeweiligen baugrundstücks zur faktischen höhe einer zugeordneten öffentlichen verkehrsfläche hinreichend bestimmt sein und dies auch dann, wenn die höhenfestsetzung bei geneigter verkehrsfläche auf eine mittlere höhenlage abstellt. für die bestimmtheit entscheidend bleibt gerade bei einer eher rechtstechnischen festsetzung wie derjenigen der gebäudehöhen, dass sie bei der plananwendung nach den verhältnissen des einzelfalls absehbar praktikabel ist. 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. märz 2021 – 2 b 181/21 –, juris, rn. 9, urteile vom 24. juni 2019 – 10 d 38/17.ne –, juris, rn. 42, und vom 6. oktober 2016 – 2 d 62/14.ne –, juris, rn. 56 ff., jeweils mit weiteren nachweisen. 32danach genügen die genannten festsetzungen nicht dem bestimmtheitsgebot, soweit sie an eine gebäudehöhe von ≤ 7 m als voraussetzung für die zulassung von ausnahmen von der jeweils festgesetzten maximal zulässigen grundflächenzahl, geschossflächenzahl, bebauungstiefe und länge der gebäude anknüpfen, denn der untere bezugspunkt dieser höhenangabe ist weder bestimmt noch bestimmbar. 33die antragsgegnerin meint, nach dem willen des rates sei der untere bezugspunkt für die bestimmung der gebäudehöhe von ≤ 7 m die höhe der erschließungsstraße, die wiederum durch interpolation der in dem bebauungsplan festgesetzten höhen der erschließungsstraße zu ermitteln sei. dies ergebe sich aus der begründung der 4. änderung, wo es heiße, dass die begrenzung der gebäudehöhe auf rund 10 m „über straßenniveau“ festgesetzt werde. grundlage für die bestimmung der höhe baulicher anlagen sei das straßenniveau, das in eine höhe über normalhöhennull umgerechnet worden sei. bei den in rede stehenden ausnahmeregelungen sei lediglich von einer umrechnung in eine höhe über normalhöhennull abgesehen worden. 34die bestimmbarkeit des unteren bezugspunktes für die ermittlung der gebäudehöhe von ≤ 7 m ergibt sich hieraus jedoch nicht. ausgehend davon, dass ein solcher wille des rates im wortlaut der in rede stehenden textlichen festsetzungen selbst keinen niederschlag gefunden hat, lässt auch die begründung der 4. änderung keinen hinreichend eindeutigen schluss darauf zu, dass der rat den unteren bezugspunkt bei der bestimmung der gebäudehöhe von ≤ 7 m wie von der antragsgegnerin vorgetragen verstanden wissen wollte. der von der antragsgegnerin herangezogene teil der planbegründung (siehe dort seite 7 unten) bezieht sich auf die festsetzung der in der regel maximal zulässigen gebäudehöhe, die in metern über normalhöhennull angegeben ist, wodurch eine begrenzung der gebäudehöhe auf rund 10 m über straßenniveau erreicht werden solle. als unterer bezugspunkt für die in der regel zulässige maximale gebäudehöhe wurde also gerade nicht das „straßenniveau“, das in seinen verläufen zumindest geringe höhenunterschiede aufweist, gewählt und in meter über normalhöhennull „umgerechnet“. das straßenniveau diente vielmehr lediglich als ungefähre orientierung für die bestimmung der maximalen höhen in metern über normalhöhennull, dem unteren bezugspunkt. 35in dem teil der planbegründung, der sich zu den ausnahmeregelungen verhält (siehe dort seite 9), fehlt es an jeglicher äußerung dazu, dass das „straßenniveau“ zur bestimmung der gebäudehöhe von ≤ 7 m herangezogen werden sollte. dies erscheint mit blick auf die intention des rates bei der schaffung der ausnahmeregelungen auch keineswegs zwingend. die ausnahmeregelungen sollen denjenigen bauherren zugutekommen, die auf eine dritte wohnebene verzichten, weil gerade die realisierung einer dritten wohnebene von den nachbarn häufig kritisch gesehen werde. im gegenzug für den verzicht auf die dritte wohnebene soll eine größere ausnutzung der grundstücksflächen zulässig sein. ausgehend hiervon wäre es ebenso denkbar, als unteren bezugspunkt für die bestimmung der gebäudehöhe von ≤ 7 m die natürliche geländeoberfläche des jeweiligen baugrundstücks oder das dort vor baubeginn vorhandene gelände, 36vgl. hierzu ovg nrw, urteil vom 25. februar 2019 – 10 a 2557/16 –, juris, rn. 114, 37heranzuziehen, zumal die planurkunde auch insoweit höhenangaben enthält. eine angabe in metern über normalhöhennull, wie sie für die in der regel zulässige maximale gebäudehöhe erfolgt ist (47,5 m beziehungsweise 47,0 m jeweils minus 3 m), wäre auch in betracht gekommen. die planbegründung ist insoweit schlicht nicht aussagekräftig. es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die in rede stehenden ausnahmeregelungen bei der plananwendung dennoch als praktikabel erweisen werden, denn es lässt sich nicht feststellen, dass die denkbaren unteren bezugspunkte für die höhenangabe ≤ 7 m, auch wenn das plangebiet vergleichsweise eben sein mag, derart geringfügig voneinander abweichen, dass sich diese unterschiede – ungeachtet fehlender abstrakter angaben zu den für eine interpolation der festgesetzten höhen der erschließungsstraßen erforderlichen ausgangswerten – praktisch nicht auswirken können. 38weitere beachtliche fehler der 4. änderung sind nicht ersichtlich. 39die 4. änderung ist insbesondere in ihrer grundkonzeption im sinne von § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich gerechtfertigt. 40was nach § 1 abs. 3 baugb städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen konzeption der gemeinde. welche städtebaulichen ziele die gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen ermessen. der gesetzgeber ermächtigt sie, die städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen ordnungsvorstellungen entspricht. die erforderliche planrechtfertigung ist gegeben, wenn der bebauungsplan nach seinem inhalt auf die städtebauliche entwicklung und ordnung ausgerichtet und nach der planerischen konzeption der zur planung berufenen gemeinde als mittel hierfür erforderlich ist. erforderlich ist ein bebauungsplan in diesem zusammenhang nicht nur dann, wenn er dazu dient, entwicklungen, die bereits im gange sind, in geordnete bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die gemeinde die planerischen voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die zukunft abzeichnet. nicht erforderlich im sinne des § 1 abs. 3 baugb sind demgegenüber solche bauleitpläne, die einer positiven planungskonzeption entbehren und ersichtlich der förderung von zielen dienen, für deren verwirklichung die planungsinstrumente des baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. davon ist auszugehen, wenn eine planerische festsetzung lediglich dazu dient, private interessen zu befriedigen, oder eine positive zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in wahrheit auf bloße verhinderung gerichtete planung zu verdecken. dies kann auch der fall sein, wenn das objektiv festgesetzte (bewusst) nicht das planerisch (eigentlich) gewollte abbildet. ebenso wenig erforderlich ist ein bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare zeit keine aussicht auf verwirklichung bietet. 41vgl. hierzu insgesamt: bverwg, urteile vom 5. mai 2015 – 4 cn 4.14 –, juris, rn. 10, vom 27. märz 2013 – 4 c 13.11 –, juris, rn. 9, und vom 19. september 2002 – 4 cn 1.02 –, juris, rn. 33, beschlüsse vom 25. juli 2017 – 4 bn 2.17 –, juris, rn. 3, vom 11. mai 1999 – 4 bn 15.99 –, juris, rn. 4 f., und vom 14. august 1995 – 4 nb 21.95 –, juris, rn. 3; ovg nrw, urteile vom 6. mai 2014 – 2 d 14/13.ne –, vom 6. juli 2012 – 10 d 47/10.ne –, juris, rn. 43, und vom 25. januar 2010 – 7 d 97/09.ne –, juris, rn. 41. 42danach fehlt es der 4. änderung nicht an der städtebaulichen erforderlichkeit. ihr liegt ausweislich der planbegründung eine von städtebaulich legitimen zielen getragene planungskonzeption zugrunde. die planung dient der steuerung der vom gesetzgeber allgemein gewollten nachverdichtung (§§ 1 abs. 5 satz 3, 1a abs. 2 satz 1 baugb) des überwiegend bebauten plangebiets zur schaffung von zusätzlichem wohnraum. die nachverdichtung soll dabei angemessen und siedlungsverträglich erfolgen (§ 1 abs. 6 nr. 2 und nr. 4 baugb), insbesondere auch mit dem ziel, den straßenverkehr mit seinen negativen folgen im plangebiet in grenzen zu halten (§ 1 abs. 6 nr. 7 buchstabe c). der rat hat in den festsetzungen des ursprungsbebauungsplans keine hinreichend geeignete grundlage für eine angemessene und siedlungsverträgliche nachverdichtung gesehen und diese erkenntnis zum anlass für eine umfassende, räumlich beschränkte änderung der planung genommen, mit der er jedoch eine über das bisherige hinausgehende bauliche ausnutzung der grundstücke nicht gänzlich verhindern wollte. vor diesem hintergrund entspricht die 4. änderung unabhängig von der wirksamkeit des ursprungsbebauungsplans dem willen des rates. eine mögliche fehlvorstellung des rates über die wirksamkeit des ursprungsbebauungsplans wirkt sich also auf die städtebauliche erforderlichkeit der planung nicht aus. 43es besteht auch nicht deswegen ein zusammenhang zwischen der rechtmäßigkeit der 4. änderung und der rechtmäßigkeit des ursprungsbebauungsplans, weil die 4. änderung etwa eine unselbstständige änderung wäre, für die im fall der unwirksamkeit des geänderten ursprungsbebauungsplans eine taugliche grundlage fehlte. der rat hat mit der 4. änderung für einen teilbereich des ursprungsbebauungsplans das gesamte regelwerk erneut als satzung beschlossen und damit den ursprungsbebauungsplan in diesem teilbereich ersetzt. die 4. änderung schafft für sich genommen und unabhängig von dem ursprungsbebauungsplan eine vollständige und eigenständige städtebauliche ordnung für ihren geltungsbereich, ohne dass dadurch die festsetzungen des ursprungsbebauungsplans in seinen übrigen teilen ihren sinn oder ihre legitimation verlieren würden. 44vgl. in diesem zusammenhang ovg nrw, urteil vom 25. februar 2019 – 10 a 2557/16 –, juris, rn. 86 ff. 45die 4. änderung beruht auch nicht auf einem beachtlichen fehler bei der nach § 1 abs. 7 baugb gebotenen abwägung. 46gemäß § 1 abs. 7 baugb sind die öffentlichen und privaten belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. das abwägungsgebot umfasst als verfahrensnorm das gebot zur ermittlung und bewertung des abwägungsmaterials (§ 2 abs. 3 baugb) und stellt inhaltlich anforderungen an den abwägungsvorgang und an das abwägungsergebnis. es ist verletzt, wenn eine sachgerechte abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die abwägung belange nicht eingestellt werden, die nach lage der dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die bedeutung der betroffenen belange verkannt oder wenn der ausgleich zwischen den von der planung berührten belangen in einer weise vorgenommen wird, die zur objektiven gewichtigkeit einzelner belange außer verhältnis steht. innerhalb des so gezogenen rahmens ist dem abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur planung berufene gemeinde im widerstreit verschiedener belange für die bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die zurückstellung des anderen belangs entscheidet. 47vgl. ovg nrw, urteil vom 22. september 2015 – 10 d 82/13.ne –, juris, rn. 30. 48hiervon ausgehend hat der rat die belange der von der planung betroffenen grundstückseigentümer fehlerfrei abgewogen. er hat insbesondere auch das private interesse von grundstückseigentümern, die eine beibehaltung des bisherigen zustands wünschen und eine nachverdichtung des gewachsenen baugebiets durch eine größere bauliche ausnutzung der grundstücke wegen der damit verbundenen negativen folgen ablehnen, erkannt und in die abwägung eingestellt. er hat jedoch das öffentliche interesse an einer nachverdichtung zur schaffung von wohnraum, auch in form von wohnungen in mehrfamilienhäusern, höher gewichtet als das private interesse an der beibehaltung des status quo, wie er sich auf der grundlage des ursprungsbebauungsplans in der vergangenheit tatsächlich entwickelt hat. der rat hat in diesem zusammenhang fehlerfrei zugrunde gelegt, dass ein anspruch der grundstückseigentümer auf eine planungsrechtliche absicherung dieses status quo grundsätzlich nicht besteht. den interessen der grundstückseigentümer, durch eine umsetzung der zugelassenen nachverdichtung auf benachbarten grundstücken und deren folgen nicht unzumutbar beeinträchtigt zu werden, hat der rat rechnung getragen. insbesondere sollen die festsetzungen zum maß der baulichen nutzung, zur überbaubaren grundstücksfläche und zur zahl der maximal zulässigen wohneinheiten pro wohngebäude und orientiert an der grundstücksfläche, die ermöglichte nachverdichtung in diesem sinne steuern und nur moderate, zumutbare und verträgliche veränderungen der gewachsenen bebauungsstruktur ermöglichen. eine fehlgewichtung der oben beschriebenen und vom rat berücksichtigten belange der privaten grundstückseigentümer, die eine nachverdichtung weitgehend ablehnen, ist insoweit nicht zu erkennen. 49der senat braucht in diesem zusammenhang nicht zu entscheiden, ob die auffassung des antragstellers, der rat sei fehlerhaft von der wirksamkeit des ursprungsbebauungsplans ausgegangen, zutrifft. es ist nichts dafür ersichtlich, dass, sollte der ursprungsbebauungsplan tatsächlich unwirksam sein, eine entsprechende fehleinschätzung durch den rat zugleich zu einer fehlgewichtung der von ihm berücksichtigten interessen der privaten grundstückseigentümer geführt haben könnte. der rat hat nämlich mit der 4. änderung für deren geltungsbereich eine neue gesamtregelung schaffen wollen, die ausgehend von der tatsächlich vorhandenen bebauung eine angemessene nachverdichtung ermöglichen soll, und sich dabei gerade nicht an den bebauungsmöglichkeiten orientiert, die der ursprungsbebauungsplan bisher eröffnet hat. 50soweit der prozessbevollmächtigte des antragstellers in der mündlichen verhandlung zweifel an der richtigkeit des abwägungsergebnisses geäußert hat, hat der senat solche zweifel nicht. es ist nicht erkennbar, dass der rat bei der gebotenen abwägung den ausgleich zwischen den von der planung berührten öffentlichen und privaten belangen in einer weise vorgenommen haben könnte, die zur objektiven gewichtigkeit einzelner der konkret in die abwägung eingestellten belange außer verhältnis steht. dem öffentlichen interesse an einer nachverdichtung der in den siedlungsbereichen der gemeinden vorhandenen bebauung zur schaffung von zusätzlichem wohnraum, das der rat auch für das gebiet der antragsgegnerin bejaht hat, kommt unter den bereits oben angesprochenen aspekten ein erhebliches städtebauliches gewicht zu, dass es auch hier im ergebnis rechtfertigt, die privaten interessen von grundstückseigentümern an der vollständigen beibehaltung des gewachsenen status quo hinsichtlich der dichte der bebauung und der baulichen ausnutzung der grundstücke im plangebiet wie geschehen zurückzustellen. 51die nach dem vorstehenden festgestellte unwirksamkeit der textlichen festsetzungen nrn. 1.1 abs. 1, 1.2 abs. 3, 2.1 abs. 2 und 4.0 satz 3 berührt die wirksamkeit der übrigen festsetzungen der 4. änderung nicht. 52mängel, die einzelnen festsetzungen eines bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen unwirksamkeit insgesamt, wenn die übrigen regelungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche ordnung im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb bewirken können und wenn der plangeber nach seinem im aufstellungsverfahren zum ausdruck gelangten willen im zweifel auch eine satzung dieses eingeschränkten inhalts beschlossen hätte. 53vgl. bverwg, beschlüsse vom 24. april 2013 – 4 bn 22.13 –, juris, rn. 3, und vom 18. februar 2009 – 4 b 54.08 –, juris, rn. 5. 54dies ist hier der fall. die in rede stehenden festsetzungen enthalten lediglich ausnahmen von der jeweils festgesetzten maximal zulässigen grundflächenzahl, geschossflächenzahl, bebauungstiefe und länge von gebäuden. in der planbegründung heißt es hierzu einleitend, es werde grundsätzlich davon ausgegangen, dass die von den künftigen bauherren gewünschten wohnflächen auf bis zu drei wohnebenen in der höhe verteilt würden. es sollten aber ausnahmen von den festsetzungen zur maximal zulässigen grundflächenzahl, geschossflächenzahl, bebauungstiefe und länge von gebäuden für diejenigen bauherren ermöglicht werden, die auf eine dritte ebene verzichteten. vor diesem hintergrund lässt sich feststellen, dass die 4. änderung ohne die besagten ausnahmeregelungen eine sinnvolle städtebauliche ordnung des plangebiets auch insoweit bewirkt, als sie neben den übrigen festsetzungen auch festsetzungen zur maximal zulässigen grundflächenzahl, geschossflächenzahl, bebauungstiefe und länge von gebäuden für den regelfall trifft, die nach dem wegfall der hierzu jeweils festgesetzten ausnahmen uneingeschränkt anwendbar bleiben. soweit es in einem zweiten schritt darum geht, zu ermitteln, ob der rat im zweifel einen bebauungsplan dieses eingeschränkten umfangs beschlossen hätte, lässt sich ein solcher wille in erster linie aus den zielen herleiten, die er sowohl mit den verbleibenden als auch mit den weggefallenen festsetzungen verfolgen wollte. hier ist es so, dass mit einer umsetzung der für den regelfall getroffenen festsetzungen zur maximal zulässigen grundflächenzahl, geschossflächenzahl, bebauungstiefe und länge von gebäuden auf allen grundstücken im geltungsbereich der 4. änderung die vom rat quasi als kernanliegen beabsichtigte nachbar- und gebietsverträgliche nachverdichtung zur schaffung von wohnraum stattfinden kann. dass die den künftigen bauherren mit den fehlerhaften festsetzungen daneben eingeräumte wahlmöglichkeit zur baulichen ausnutzung ihrer grundstücke diesem kernanliegen nachgeordnet sein sollte, zeigt sich schon daran, dass der rat sie in die form von ausnahmeregelungen gekleidet hat. für den senat ist aus den aufstellungsvorgängen nicht ersichtlich, dass der rat gerade die mit den ausnahmeregelungen ermöglichten bebauungsmöglichkeiten als unverzichtbar angesehen hat, um das verhältnis der grundstücksnachbarn im fall einer von der bisherigen baulichen entwicklung des plangebiets abweichenden stärken baulichen ausnutzung eines grundstück verträglich zu gestalten. ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der rat die besagten festsetzungen für den regelfall und die festsetzungen der jeweils zugehörigen ausnahmen als ein nicht voneinander trennbares regelungspaket verstanden wissen wollte. dies alles lässt den schluss zu, dass der rat im zweifel auch einen bebauungsplan ohne die beanstandeten festsetzungen beschlossen hätte. dass er die ausnahmeregelungen selbstverständlich gewollt hat und ihm eine behebung der fehler, hätte er sie erkannt, leicht möglich gewesen wäre, ist für die nachträgliche tatsächliche beurteilung seines hypothetischen willens im zeitpunkt des satzungsbeschlusses durch den senat unter dem gesichtspunkt der planerhaltung nicht ausschlaggebend. 55die kostenentscheidung beruht auf § 155 abs. 1 vwgo. 56die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 57die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. |
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April 2017 – 10 D 70/15.NE – auf den Antrag des Betreibers eines im Plangebiet ansässigen Lebensmittel-Discountmarktes für unwirksam erklärt hatte. 4Die öffentliche Auslegung des überarbeiteten Planentwurfs fand im Zeitraum vom 19. Juli 2018 bis einschließlich 13. August 2018 statt. Der Rat beschloss in seiner Sitzung am 29. November 2018 den Bebauungsplan als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde im Amtsblatt vom 6. Dezember 2018 bekannt gemacht. 5Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans bestimmt, dass im gesamten Plangebiet Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentralenrelevanten Warensortimenten der I1. Liste nicht zulässig sind. Weitere Festsetzungen enthält der Bebauungsplan nicht. In den Hinweisen auf der Planurkunde ist unter der Nr. 6 die I1. Liste „(Fortschreibung im Februar 2013, Anpassung im März 2018)“ abgedruckt. 6Nach der Planbegründung stellt die vergleichsweise massive Präsenz von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Warensortimenten im Plangebiet mit insgesamt circa 7.200 qm Verkaufsfläche eine potenzielle Gefahr für den Einzelhandelsbestand in der I1. Innenstadt und deren künftige Entwicklung dar. Diese Verkaufsfläche entspreche etwa 42 % der in der Innenstadt im Jahr 2008 ermittelten Verkaufsflächen für vergleichbare Warensortimente von insgesamt rund 16.975 qm. Im Übrigen sollten die im Plangebiet gelegenen Grundstücke mangels anderweitiger Flächenreserven für Gewerbebetriebe im Stadtgebiet vorrangig für eine gewerbliche Entwicklung genutzt werden. Zur Stärkung der Wirtschaftlichkeit von Gewerbebetrieben sollten für solche Betriebe Spielräume für Einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten verbleiben. 7Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 4. Dezember 2019 an die Antragsgegnerin Mängel des Plans gerügt. 8Am 4. Dezember 2019 hat sie den Normenkontrollantrag gestellt, mit dem sie geltend macht, der Bebauungsplan sei bereits in formeller Hinsicht unwirksam. Die Planurkunde genüge nicht den dafür maßgeblichen rechtlichen Anforderungen. Darüber hinaus verstoße der Einzelhandelsausschluss gegen das Abwägungsgebot. Der Rat stelle in der Planbegründung maßgeblich auf das aus dem Jahre 2008 stammende und 2009 redaktionell ergänzte Einzelhandelskonzept für die Stadt I. der D. Beratung und Management GmbH (im Folgenden: Einzelhandelskonzept) ab. Dieses Konzept könne aber angesichts der erheblichen Veränderungen des Einzelhandels im Gemeindegebiet als städtebauliche Rahmenplanung offensichtlich keine Relevanz mehr haben. 9Der Einzelhandelsausschluss sei mit Art. 15 Abs. 3 Buchstaben b) und c) der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG – im Folgenden: Dienstleistungsrichtlinie) nicht zu vereinbaren. Sei eine Festsetzung zur Einzelhandelssteuerung in einem Bebauungsplan nicht erforderlich oder unverhältnismäßig im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie, so sei sie nicht anzuwenden. Der Rat habe es unterlassen, anhand aktueller Daten beziehungsweise anhand eines aktuellen Einzelhandelskonzepts zu untersuchen, bei welcher Sortimentsstruktur und ab welcher Verkaufsfläche tatsächlich mit negativen Auswirkungen für die aus seiner Sicht zu schützenden zentralen Versorgungsbereiche der Stadt gerechnet werden müsse beziehungsweise deren Entwicklung beeinträchtigt werde. 10Zahlreiche Einzelhandelsbetriebe dürften wegen der textlichen Festsetzung Nr. 1.1. des Bebauungsplans, sollten die Betriebsgebäude etwa durch ein Feuer zerstört werden, nicht weitergeführt werden. Dieser massive Eingriff in die Eigentumsrechte der betroffenen Betriebsinhaber sei mit Blick auf europarechtliche Vorgaben und das überholte Einzelhandelskonzept nicht zu rechtfertigen. 11Darüber hinaus macht die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27. Februar 2022 geltend, dass das Plangebiet mit den Flurstücken 235, 243, 245, 246 und 311 sowie mit Teilen der Flurstücke 307, 317, 318, 319 und 362 auch Flächen einschließe, die dem Außenbereich zuzurechnen seien, sodass insoweit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2a BauGB nicht vorlägen. Der Bebauungsplan sei darüber hinaus auch deshalb unwirksam, weil er den grundlegenden Anforderungen an die notwendigen Planunterlagen nach § 1 PlanzV nicht genüge. 12Die Antragstellerin beantragt, 13den Bebauungsplans Nr. „S. Straße“ der Stadt I. für unwirksam zu erklären. 14Die Antragsgegnerin beantragt, 15den Antrag abzulehnen. 16Zur Begründung trägt sie vor, die Antragstellerin habe formelle Mängel nicht in einer den Anforderungen des § 215 Abs. 1 BauGB entsprechen Weise gerügt. Ihre pauschalen Einwendungen böten keine Veranlassung, über eine Behebung etwaiger Fehler des Bebauungsplans nachzudenken. 17Der Einzelhandelsausschluss sei erforderlich im Sinne des Art. 15 Abs. 3 Buchstabe b) der Dienstleistungsrichtlinie. Der Europäische Gerichtshof habe klargestellt, dass der Schutz der städtischen Umwelt ein zwingender Grund des Allgemeininteresses gemäß Art. 4 Nr. 8 in Verbindung mit dem Erwägungsgrund Nr. 40 der Dienstleistungsrichtlinie sein könne, der einen Einzelhandelsausschluss zu rechtfertigen vermöge. Hier sei der Einzelhandelsausschluss zum Schutz der städtischen Umwelt erfolgt und er sei auch nicht unverhältnismäßig. Um die Verhältnismäßigkeit eines Einzelhandelsausschlusses bejahen zu können, bedürfe es keines individuellen und einzelfallbezogenen Nachweises, dass ein Einzelhandelsbetrieb, würde er außerhalb des zu schützenden zentralen Versorgungsbereichs zugelassen, diesen konkret schädigen würde. 18Die Antragstellerin verschweige, dass das Einzelhandelskonzept 2009, 2013 und zuletzt während des Aufstellungsverfahrens im März 2018 überprüft und aktualisiert worden sei. In Bezug auf welche Umstände oder Sortimente die I1. Liste überholt sein solle, trage sie nicht vor. 19Schließlich habe der Rat die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerinteressen auch fehlerfrei ermittelt, gewichtet und mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Er habe den entsprechenden Hinweis des Senats im Urteil vom 12. April 2017 aufgegriffen und umgesetzt. 20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Aufstellungsvorgänge Bezug genommen (Beiakten Hefte 1 bis 5). 21Entscheidungsgründe: 22Der Vorsitzende entscheidet im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats (§ 87a Abs. 2 VwGO). 23Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet. 24Dem Rat sind bei der Aufstellung des Bebauungsplans keine Verfahrensfehler unterlaufen, die heute noch beachtlich wären. Nach § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB wird eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Bebauungsplans schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. So ist es hier. Die Antragstellerin hat insoweit nur pauschale Rügen erhoben, die diesen gesetzlichen Anforderungen nicht genügen. 25Der Bebauungsplan hat auch keine materiellen Fehler. Seine einzige Festsetzung, nämlich der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Warensortimenten im gesamten Plangebiet ist insbesondere städtebaulich erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. 26Grundlegende Voraussetzung für die städtebauliche Rechtfertigung eines Ausschlusses von Einzelhandelsbetrieben nach § 9 Abs. 2a BauGB ist die Zweckgerichtetheit dieser Festsetzung. Sie darf ausschließlich zur Erhaltung oder zur Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche erfolgen. Nach ihrem Wortlaut kommt zudem eine Anwendung der Vorschrift nur in Betracht, wenn das Plangebiet innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 BauGB liegt. 27Letzteres ist hier der Fall. Der Bebauungsplan überplant mit den im Plangebiet gelegenen, ganz überwiegend bebauten oder mit der Bebauung zusammenhängend genutzten Grundstücke ersichtlich einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Soweit die Plangebietsgrenzen entlang öffentlicher Verkehrsflächen oder entlang der Grenzen einzelner von der Antragstellerin benannter Flurstücke oder Teilen davon verlaufen, die – soweit ersichtlich – als Straßen, Wege oder Waldflächen im Eigentum der Antragsgegnerin stehen, runden sie das Plangebiet in sinnvoller und praktisch handhabbarer Weise unter Berücksichtigung der jeweiligen Örtlichkeit und des Straßenverlaufs ab, statt sich im Übergang vom Innen- zum Außenbereich, wie es der Antragstellerin offenbar vorschwebt, an den jederzeit veränderlichen Kanten vorhandener Gebäude zu orientieren und damit möglicherweise einen Grenzverlauf zu schaffen, der mit der zulässigen baulichen Nutzung der teils einbezogenen, teils ausgegrenzten Grundstücke nicht übereinstimmt. Vor diesem Hintergrund geht der Senat auch unter Berücksichtigung des vertieften Vortrags des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung nicht davon aus, dass der Rat die Grenzen der ihm mit § 9 Abs. 2a BauGB eingeräumten Ermächtigung dadurch überschritten hat, dass er in nennenswertem Umfang Flächen in das Plangebiet einbezogen hat, die möglicherweise dem Außenbereich zugeordnet werden könnten. Die Grenzen eines Bebauungsplans nach § 9 Abs. 2a BauGB bezwecken in keiner Weise die Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich. Dass die Aufstellung eines Bebauungsplans, der lediglich bestimmte Einzelhandelsbetriebe in seinem Geltungsbereich ausschließt, nur für Innenbereichsflächen in Frage kommt, versteht sich eigentlich von selbst, denn solche Betriebe sind im Außenbereich ohnehin grundsätzlich nicht zulässig. Wie die überplanten Flächen im Übrigen baulich zu nutzen sind, bestimmt ein solcher Bebauungsplan nicht. Danach lässt die hier in Rede stehende Einbeziehung von Randflächen zum Zwecke der Abrundung, selbst wenn diese Flächen bei einer Beurteilung entsprechend der zur Abgrenzung vom Innenbereich zum Außenbereich ergangenen Rechtsprechung dem Außenbereich zuzuordnen wären, die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage § 9 Abs. 2a BauGB nicht entfallen. 28Dem von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang angesprochenen Urteil des Senats vom 22. Juli 2019 – 10 D 56/17.NE –, juris, Rn. 25, lag ein gänzlich anderer Fall zugrunde, bei dem das Plangebiet auch größere Teile einer als Außenbereich zu qualifizierenden zusammenhängenden Grünfläche umfasst hatte. 29Der Vortrag der Antragstellerin, der Bebauungsplan genüge nicht den grundlegenden Anforderungen des § 1 PlanzV, liegt auch in Ansehung ihrer Ausführungen zur Einbeziehung von möglicherweise im Außenbereich gelegenen Flächen in das Plangebiet neben der Sache. Sie meint, gerade bei einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB sei es mit Rücksicht auf die gesetzliche Beschränkung der Planungsermächtigung auf Innenbereichslagen erforderlich, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Plangebiet bereits vorhandenen Gebäude in der Planurkunde korrekt darzustellen, was hier nicht geschehen sei. Abgesehen davon, dass allein die beklagte Ungenauigkeit der Planurkunde wohl kaum die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge haben könnte, legt die Antragstellerin schon nicht dar, weshalb die Eintragung des tatsächlichen Gebäudebestandes in der Planurkunde für den hier allein festgesetzten Einzelhandelsausschluss überhaupt von Relevanz sein könnte. Eine solche Relevanz ist auch sonst nicht ersichtlich. Soweit es in § 1 Abs. 2 Satz 1 PlanzV heißt, dass sich aus den Planunterlagen unter anderem die vorhandenen baulichen Anlagen ergeben sollen, bestimmt Abs. 2 Satz 2, dass von diesen Angaben insoweit abgesehen werden kann, als sie für die Festsetzungen nicht erforderlich sind. Ob die Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage betreffend die Beschränkung der Planung auf den Innenbereich im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gegeben sind, ist anhand der tatsächlichen Situation im jeweiligen Plangebiet zu beurteilen und hängt nicht von der korrekten Eintragung des dortigen Baubestandes im Planwerk ab, zumal sich die Bauleitplanung im Regelfall unabhängig vom Zuschnitt der überplanten Grundstücke und deren Bebauung vollzieht. 30Zu den materiellen Voraussetzungen eines Bebauungsplans nach § 9 Abs. 2a BauGB im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass es für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben in allen Fällen einer städtebaulichen Begründung bedürfe, die sich aus der jeweiligen konkreten Planungssituation ergeben und die den Ausschluss durch hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange in nachvollziehbarer Weise rechtfertigen müsse. 31Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. August 2013 – 4 BN 8.13 –, juris, Rn. 6. 32Bei einem Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben zur Erhaltung und/oder Entwicklung eines zentralen Versorgungsbereichs ist – so es ein solches gibt – insbesondere ein städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB, das Aussagen über die zu erhaltenden und/oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Teils der Gemeinde enthält, zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2a Satz 2 BauGB). 33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. April 2013 – 10 D 39/11.NE –, juris, Rn. 38. 34Die Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche im Gemeindegebiet ist grundsätzlich ein tragfähiges städtebauliches Ziel, das den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten an anderer Stelle rechtfertigen kann. Bauleitplanung erschöpft sich nicht darin, bereits eingeleitete Entwicklungen zu steuern, sondern ist auch ein Mittel, um städtebauliche Ziele für die Zukunft festzulegen und aktiv auf eine Änderung des städtebaulichen Status Quo hinzuwirken. Sofern es ein Konzept gibt, anhand dessen die Einzelhandelsentwicklung im gesamten Gemeindegebiet in diesem Sinne nachvollziehbar und widerspruchsfrei geordnet werden kann, ist jedenfalls auf der Ebene eines Bebauungsplans, der dieses Konzept für einen bestimmten Bereich durch den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit bestimmten Sortimenten umsetzt, keine weitere Differenzierung der ausgeschlossenen Sortimente danach erforderlich, ob sie für einen Vertrieb in den zentralen Versorgungsbereichen, die gestärkt werden sollen, konkret geeignet wären. 35Eine belastbare Prognose in dem Sinne, dass durch die Zulassung von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten im Plangebiet eine Beeinträchtigung der zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde tatsächlich eintreten wird, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht Voraussetzung für einen auf der Grundlage des § 9 Abs. 2a BauGB festgesetzten Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit entsprechenden Sortimenten zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche. Das mit der Vorschrift eingeführte Planungsinstrument dient nicht nur dazu, zu verhindern, dass zentrale Versorgungsbereiche ihren Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen können, sondern auch als Mittel, um im Rahmen des den Gemeinden eingeräumten planerischen Gestaltungsspielraums die Attraktivität ihrer zentralen Versorgungsbereiche zu steigern oder jedenfalls im Status quo zu erhalten. Schließlich kann eine Festsetzung nach § 9 Abs. 2a BauGB auch bezwecken, zentrale Versorgungsbereiche, die ihre Funktion verloren haben, wieder zu entwickeln. 36Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Mai 2013 – 4 BN 1.13 –, juris, Rn. 11, und vom 14. Februar 2013 – 4 B 44.12 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Urteile vom 21. September 2020 – 10 D 3759/18.NE –, juris, Rn. 64, und vom 15. November 2017 – 7 A 2048/15 –, juris, Rn. 42 und 67. 38Diese Zweckgerichtetheit ist, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. April 2017 – 10 D 70/15.NE – zu dem Vorgängerplan mit einer identischen Festsetzung ausgeführt hat, hinsichtlich der textlichen Festsetzung Nr. 1.1, die insbesondere das Einzelhandelskonzept berücksichtigt, gegeben. 39Das Einzelhandelskonzept enthält Ausführungen zur Zentrenstruktur innerhalb des Stadtgebiets und lässt auch eine auf das gesamte Stadtgebiet bezogene Steuerung und Ordnung des Einzelhandels zur Sicherung und zur Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche erkennen. 40Die Planbegründung zeigt insoweit im Grundsatz hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange auf, die auf der Grundlage des § 9 Abs. 2a BauGB den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten im Plangebiet in nachvollziehbarer Weise städtebaulich rechtfertigen können. In der Planbegründung heißt es hierzu, dass Anlass für die Planung die gesamtstädtische Steuerung des Einzelhandels zur Erhaltung und Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche auf der Grundlage des Einzelhandelskonzepts sei. In unmittelbarer Nähe des Plangebiets liege der zentrale Versorgungsbereich I.-Innenstadt, der in seiner Funktion als Hauptzentrum entsprechend den Zielsetzungen des Einzelhandelskonzepts geschützt und gestärkt werden solle. 41Das Einzelhandelskonzept hat seine Steuerungsfunktion nicht etwa dadurch eingebüßt, dass sich die Antragsgegnerin bei der Zulassung von Einzelhandelsbetrieben im Stadtgebiet möglicherweise nicht immer daran gehalten hat. 42Allerdings gilt, je häufiger und je umfangreicher ein städtebauliches Entwicklungskonzept in der Vergangenheit missachtet worden ist, desto geringer ist sein Gewicht als wesentlicher Belang bei der Entscheidung über die Zulassung von Einzelhandelsstandorten im Gemeindegebiet. 43Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 – 4 C 16.07 –, juris, Rn. 28. 44Soweit die Antragstellerin des Verfahrens 10 D 70/15.NE, bei dem es um die Wirksamkeit des Vorgängerplans ging, gemeint hat, dass das Einzelhandelskonzept seine Steuerungsfunktion verloren habe, weil jedenfalls nach der Genehmigung eines weiteren Lebensmittelmarktes im Plangebiet dieses selbst die Funktion eines zentralen Versorgungsbereichs übernommen habe, ging diese Einschätzung fehl. 45Bei der Bestimmung der zentralen Versorgungsbereiche und ihrer genauen Grenzen ist der Gemeinde weitgehende planerische Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Die Grenze dieses Planungsermessens überschreitet sie nur dann, wenn die von ihr getroffene Festlegung und Abgrenzung des jeweiligen zentralen Versorgungsbereichs eine nachvollziehbare städtebauliche Begründung vermissen lässt und deswegen willkürlich erscheint. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweilige örtliche Situation nicht individuell in den Blick genommen oder der Begriff des zentralen Versorgungsbereichs verkannt worden ist. 46Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. Februar 2012 – 10 D 32/11.NE –, juris, Rn. 57, und vom 22. November 2010 – 7 D 1/09.NE –, juris, Rn. 91. 47Ein zentraler Versorgungsbereich ist ein räumlich abgrenzbarer Bereich, dem aufgrund vorhandener oder erst noch zu entwickelnder Einzelhandelsnutzungen, häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungsangebote und Gastronomiebetriebe, eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt oder zukommen soll. Zentral ist in diesem Zusammenhang nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen. Das heißt, der zentrale Versorgungsbereich hat nach Lage, Art und Zweckbestimmung die Versorgung des Gemeindegebiets oder eines Teils davon mit einem auf seinen Einzugsbereich abgestimmten Spektrum an Waren des kurz-, mittel- oder langfristigen Bedarfs sicherzustellen. 48Sein Einzugsbereich muss städtebauliches Gewicht haben und über seine eigenen Grenzen hinausreichen, sodass seine Anziehungskraft über den unmittelbaren Nahbereich hinaus wirkt. Zudem muss er städtebaulich integriert sein, was insbesondere heißt, dass er in fußläufiger Entfernung und in ausreichendem Maß von Wohnbebauung umgeben ist, deren Bewohner er versorgen soll. Isolierte, von der Wohnbebauung abgesetzte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben oder Agglomerationen solcher Betriebe bilden keinen zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich für Kunden verfügen, die mit dem Kraftfahrzeug zum Einkaufen fahren, und insoweit eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen. 49Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 4 C 2.08 –, juris, Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 15. Februar 2012 – 10 D 32/11.NE –, juris, Rn. 57, und vom 17. November 2011 – 10 A 787/09 –, n.v. 50Von einer im Blick auf die Versorgungsfunktion integrierten Lage des Plangebiets kann hier nicht die Rede sein. Es handelt sich dabei nach der Planbegründung vielmehr um einen Standort, der ganz überwiegend anderweitig gewerblich genutzt wird und an dem es nur vereinzelte – wenn auch mehrere –, nicht zusammenhängende Einzelhandelsbetriebe gibt, die überdies nicht durch Dienstleistungsangebote und/oder Gastronomiebetriebe ergänzt werden. Wohnbebauung in nennenswertem Umfang ist in der fußläufigen Entfernung des Plangebiets nicht zu finden. Die Wohnbebauung im Nordwesten ist zudem durch die Gleisanlagen der Eisenbahn, die Wohnbebauung im Süden durch die M. und den Kanal vom Plangebiet getrennt. 51Soweit im Plangebiet nach der Planbegründung auf circa 7.300 qm Verkaufsfläche nahversorgungs- und zentrenrelevante Sortimente vertrieben werden, was rund 42 % der in der Innenstadt im Jahr 2008 ermittelten Verkaufsflächen von insgesamt rund 16.975 qm ausmache und insgesamt lediglich circa 20 % der im Stadtgebiet insgesamt gehandelten nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimente in der Innenstadt angeboten würden, folgt daraus im Ergebnis nichts Anderes. 52Dass der hier festgesetzte Einzelhandelsausschluss gleichwohl nicht geeignet sein könnte, im vorgenannten Sinne zur Stärkung des innerstädtischen Versorgungszentrums und seiner Struktur beizutragen, ist nicht ersichtlich. Die Zulassung weiterer Einzelhandelsnutzungen im Plangebiet widersprach und widerspricht zwar den Zielsetzungen des Einzelhandelskonzepts, doch folgt aus dieser Abweichung von den Vorgaben des Einzelhandelskonzepts im Einzelfall weder, dass das Einzelhandelskonzept seine Steuerungsfunktion für das Stadtgebiet insgesamt eingebüßt hätte, noch ist das Plangebiet dadurch zu einem eigenständigen zentralen Versorgungsbereich erstarkt. Die oben beschriebene Struktur der im Plangebiet angesiedelten Einzelhandelsbetriebe hat sich durch weitere zugelassene Nutzungen nicht maßgeblich verändert. Es ist daher für die Wirksamkeit des Bebauungsplans unerheblich, ob die Erteilung entsprechender Baugenehmigungen unter Berufung auf die Regelung des § 34 Abs. 3 BauGB hätten versagt werden können oder ob die Antragsgegnerin planungsrechtliche Möglichkeiten zur Verhinderung weiterer Einzelhandelsnutzungen früher hätte ergreifen können. 53Soweit die Antragstellerin pauschal geltend macht, dass angesichts der erheblichen Änderungen der Einzelhandelssituation im Stadtgebiet und im Plangebiet das Einzelhandelskonzept aus 2008 als städtebauliche Rahmenplanung nicht mehr angewendet werden könne, hat die Antragsgegnerin auf Fortschreibungen und Anpassungen der I1. Liste verwiesen. Zudem bestätigt die nunmehr vorliegende Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts der Firma K. und L. Stadtforschung Planung aus 2021 (im Folgenden: Fortschreibung) die bedeutende Rolle der bestehenden Konzentration von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten im zentralen Versorgungsbereich Hauptzentrum Innenstadt und von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten im Nahversorgungszentrum T. und an Nahversorgungsstandorten. Eine Aufteilung der zwischen den zentralen Versorgungsbereichen (Innenstadt und T.), den Sonderstandorten (S. Straße, N.-straße und Gewerbepark N1.) und den Nahversorgungsstandorten nach ihren jeweiligen Funktionen sei unabdingbar (Seite 93). 54Außerhalb der beiden zentralen Versorgungsbereiche prägten die Sonderstandorte S. Straße, N.-straße und Gewerbepark N1. sowie verschiedene isoliert gelegene Einzelhandelsbetriebe mit überörtlicher Bedeutung die Standortstruktur in der Stadt. Insbesondere die Sonderstandorte S. Straße und N.-straße mit großflächigen Anbietern nahversorgungsrelevanter und zentrenrelevanter Sortimente stünden in einem ausgeprägten Wettbewerb zu den zentralen Versorgungsbereichen und zu den Nahversorgungsstandorten und seien vor allem durch die Dimension des jeweiligen Angebots und der damit verbundenen Ausstrahlung in Form einer Kaufkraftabschöpfung deutlich über den Nahbereich hinaus gekennzeichnet (Seite 94). Im Sinne einer funktionalen Aufteilung könnten diese Sonderstandorte auch zukünftig in Ergänzung der zentralen Versorgungsbereiche und Nahversorgungsstandorte gesichert und – allerdings mit dem Fokus auf den Vertrieb von nicht zentrenrelevanten Sortimenten – gegebenenfalls weiterentwickelt werden. 55Bei Neuansiedlungen sowie bei Erweiterungen oder Umnutzungen bestehender Betriebe sei, egal an welchem Standort, jeweils die Verträglichkeit des Vorhabens mit den in der Fortschreibung formulierten Zielen und Grundsätzen zur Einzelhandelssteuerung im Stadtgebiet zu überprüfen. Auch seien an geeigneten Standorten, die städtebaulich nicht integriert seien, Ausweitungen des Angebots von nicht zentrenrelevanten Sortimenten nach einer positiv verlaufenen Einzelfallprüfung prinzipiell möglich. Neuansiedlungen oder Erweiterungen von vorhandenen Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und/oder zentrenrelevanten Kernsortimenten über den genehmigten Bestand hinaus seien an nicht integrierten Standorten konsequent auszuschließen (Seite 95). 56Nach alldem lässt sich nicht feststellen, dass zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses das diesem zugrunde liegende Einzelhandelskonzept mit der Festlegung der zentralen Versorgungsbereiche und seinen Handlungsempfehlungen seine Steuerungsfunktion eingebüßt haben könnte. Die ausschlaggebenden Feststellungen des Einzelhandelskonzepts im Hinblick auf die untersuchten einschlägigen Strukturen im Stadtgebiet, auf deren Erhaltungs- und Entwicklungsbedürftigkeit einerseits sowie auf deren Schwächen und auf die Verhinderung von Fehlentwicklungen beziehungsweise ihre Verfestigung andererseits waren damals und sind heute – ungeachtet der nach der Verabschiedung des Einzelhandelskonzepts im Plangebiet zugelassenen Einzelhandelsbetriebe – nach wie vor aktuell. Der Einzelhandelsbesatz des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt ist in seiner für die Stadt in ganz besonderer Weise prägenden Struktur schützenswert und wegen seiner Kleinteiligkeit leicht verletzlich und schutzbedürftig. Eine Ausdünnung dieses Besatzes als Folge einer Ansiedlung konkurrierender Betriebe außerhalb dieses Versorgungsbereichs könnte dessen Attraktivität ganz wesentlich herabsetzen und seinen Niedergang einleiten, was für die gewachsene Einzelhandelssituation im Zentrum und damit in der Stadt insgesamt fatal wäre. Soweit der Geschäftsführer der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat, dass das Plangebiet mit dem anlässlich der Modernisierung des östlich gelegenen Bahnhofs angelegten Tunnel unter den Gleisanlagen, durch den zunehmend Kunden mit dem Fahrrad zum Einkaufen in das Plangebiet kämen, besser integriert sei, ändert das nichts daran, dass es an einer nennenswerten Wohnbebauung in der fußläufigen Umgebung des Plangebiets fehlt und die dortigen Einzelhandelsbetriebe ihre Umsätze ganz überwiegend von Kunden generieren, die mit dem Kraftfahrzeug dorthin fahren. 57Dass für das in der Planbegründung angesprochene grundsätzliche Anliegen, Gewerbeflächen für produzierende Gewerbebetriebe zu sichern, § 9 Abs. 2a BauGB keine Rechtsgrundlage bietet, berührt die Wirksamkeit des Bebauungsplans nicht. Festsetzungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 2a BauGB sind allerdings nur zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche zulässig und nicht ausschließlich im Interesse der sonstigen Innenentwicklung. Der Zusatz „auch im Interesse der Innenentwicklung“ stellt nur heraus, dass der Zweck des § 9 Abs. 2a BauGB, zentrale Versorgungsbereiche zu erhalten und zu entwickeln, dem Interesse der Innenentwicklung zuzuordnen ist. 58Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. August 2013 – 4 BN 8.13 –, a.a.O., Rn. 10, und vom 15. Mai 2013 – 4 BN 1.13 –, juris, Rn. 11. 59Hier lässt sich aber nicht feststellen, dass der Bebauungsplan tatsächlich der Stärkung des produzierenden Gewerbes innerhalb der Stadt oder im Plangebiet dienen soll. Die Planbegründung beschreibt eine solche Stärkung zwar als durchaus erwünschte Folge des für das Plangebiet festgesetzten Einzelhandelsausschlusses, verweist aber für die planungsrechtliche Umsetzung des insoweit gewünschten Ergebnisses auf den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan Nr. „Gewerbegebiet I.-Süd“ mit einem über das Plangebiet hinausgehenden Geltungsbereich. Dass der mit dem Bebauungsplan eindeutig verfolgte Zweck Begleiterscheinungen haben mag, die seitens des Rates gern gesehen werden, schadet nicht. 60Der Bebauungsplan ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 7 BauGB unwirksam. 61Der Rat hat nunmehr insbesondere die durch Art. 14 GG geschützten Interessen der Antragstellerin, die der übrigen Eigentümer der mit Einzelhandelsbetrieben bebauten Grundstücke und die ihrer Betreiber fehlerfrei abgewogen. 62Er hat entsprechend dem Hinweis des Senats im Urteil vom 12. April 2017 die Auswirkungen des Einzelhandelsausschlusses für die im Plangebiet vorhandenen Einzelhandelsbetriebe zutreffend erkannt. 63Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kann eine Gemeinde durch ihre Bauleitplanung die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken verändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht. Allerdings setzt eine wirksame städtebauliche Planung voraus, dass hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange für sie sprechen. Diese städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen, denn das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen. Es umfasst neben der Substanz des Eigentums auch die Beachtung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss daher vom Plangeber als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange beachtet werden. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB hat dieser folglich die Nachteile einer Planung für die Planunterworfenen zu berücksichtigen. 64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 4 BN 1.13 –, a.a.O., Rn. 17. 65Die Interessen der betroffenen Grundeigentümer an einer möglichst wirtschaftlichen Nutzung ihrer im Plangebiet gelegenen Grundstücke werden danach durch einen Einzelhandelsausschluss nicht unangemessen beeinträchtigt, wenn ihnen trotz des Ausschlusses von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten über den gegebenenfalls bestehenden Bestandsschutz vorhandener Nutzungen hinaus eine hinreichende Bandbreite sonstiger Nutzungen verbleibt. Auch wenn die Vermarktung der Grundstücke im Plangebiet durch die Einschränkung der bisher nach § 34 BauGB zulässigen Nutzungen im Einzelfall Schwierigkeiten verursachen könnte, ergäbe sich daraus allein grundsätzlich kein Abwägungsfehler. 66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2015 – 10 A 567/14 –, juris, Rn. 23. 67In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin eingewandt, der Rat hätte, um den Interessen der Eigentümer derjenigen Grundstücke, auf denen Einzelhandelsgeschäfte betrieben würden, ausreichend Rechnung zu tragen, für das Plangebiet einen qualifizierten Bebauungsplan nach § 30 BauGB aufstellen müssen, in dem er für die besagten Einzelhandelsgeschäfte einen erweiterten Bestandsschutz nach § 1 Abs. 10 BauNVO hätte festsetzen können. Dass er dies nicht getan habe, zeige, dass er die im Eigentum wurzelnden Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer, die bisherigen Nutzungen auch wirtschaftlich dauerhaft abzusichern, zumindest nicht richtig gewichtet habe. 68Der Senat sieht auch insoweit keinen Fehler bei der Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange. Der Gesetzgeber hat den Gemeinden mit der Ermächtigung in § 9 Abs. 2a BauGB ein Planungsinstrument in die Hand gegeben, mit dem es ihnen möglich sein soll, die zentralen Versorgungsbereiche im jeweiligen Gemeindegebiet zu erhalten und zu entwickeln, indem sie ihre diesbezüglichen städtebaulichen Vorstellungen durch die von ihnen als notwendig erkannte Steuerung des Einzelhandels gerade auf vergleichbar einfachem Weg planerisch umsetzen. Der Gesetzgeber hat dabei unter anderem mit Blick auf das städtebauliche Gewicht der Erhaltung und Entwicklung zentraler Strukturen und der verbrauchernahen Versorgung in Kauf genommen, dass ein solcher Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB keine gezielten Festsetzungen zum Schutz einzelner in seinem Geltungsbereich bereits vorhandener Einzelhandelsbetriebe zulässt und diese durch einen festgesetzten Einzelhandelsausschluss gegebenenfalls auf den Bestand gesetzt werden. Vor diesem Hintergrund eignet sich das Planungsinstrument des § 9 Abs. 2a BauGB, worauf auch der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, insbesondere für die Überplanung von – wie hier – komplex strukturierten Gemengelagen, deren Überplanung mit einem qualifizierten Bebauungsplan in vielerlei Hinsicht einen ganz erheblichen planerischen Aufwand und viel Zeit erfordern würde. Dass sich der Rat zur zeitnahen Umsetzung seiner hier einschlägigen städtebaulichen Vorstellung für einen Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB entschlossen hat, ist mithin kein Indiz für eine fehlerhafte Ungleichgewichtung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Belange. Dies umso weniger, als sich der Rat auch bei einer Überplanung des Plangebiets mit einem qualifizierten Bebauungsplan die Frage stellen müsste, ob eine planerische Absicherung aller dort bereits angesiedelten Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten durch Festsetzungen nach § 1 Abs. 10 BauNVO – die nicht etwa unabdingbar ist – überhaupt in Betracht käme, weil solche Festsetzungen den im Einzelhandelskonzept niedergelegten städtebaulichen Vorstellungen der Antragsgegnerin zuwiderlaufen und deren Verwirklichung dauerhaft gefährden könnten. 69Die textliche Festsetzung zum Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten verstößt nicht gegen die Vorgaben der Richtlinie 2006/123/EG. 70Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Januar 2018 – C-360/15 und C-31/16 –, juris, Rn. 84 ff., finden Art. 14 und 15 der Richtlinie 2006/123 auf einen Einzelhandelsausschluss in einem Bebauungsplan Anwendung. Als territoriale Beschränkung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Buchstabe a) der Richtlinie 2006/123 ist ein solcher Einzelhandelsausschluss am Maßstab des Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 zu messen. Danach prüfen die Mitgliedstaaten, ob die in Absatz 2 genannten Anforderungen folgende Bedingungen erfüllen: a) Nicht-Diskriminierung: die Anforderungen dürfen weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder – bei Gesellschaften – aufgrund des Orts des satzungsmäßigen Sitzes darstellen; b) Erforderlichkeit: die Anforderungen müssen durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein; c) Verhältnismäßigkeit: die Anforderungen müssen zur Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels geeignet sein; sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist; diese Anforderungen können nicht durch andere weniger einschneidende Maßnahmen ersetzt werden, die zum selben Ergebnis führen. 71Die textliche Festsetzung Nr. 1.1 genügt diesen Vorgaben. Eine unzulässige Diskriminierung nach Art. 15 Abs. 3 Buchstabe a) der Richtlinie 2006/123 ist damit nicht verbunden, da der Einzelhandelsausschluss potenzielle Betreiber ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit beziehungsweise des Ortes ihres satzungsmäßigen Sitzes trifft. 72Der Einzelhandelsausschluss ist auch erforderlich im Sinne des Art. 15 Abs. 3 Buchstabe b) der Richtlinie 2006/123. Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass der Schutz der städtischen Umwelt ein zwingender Grund des Allgemeininteresses gemäß Art. 4 Nr. 8 in Verbindung mit dem Erwägungsgrund Nr. 40 der Richtlinie 2006/123 sein kann. 73Der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten im Plangebiet ist hier zum Schutz der städtischen Umwelt erfolgt. Die hiermit beabsichtigte Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche, insbesondere des Hauptzentrums Innenstadt, soll helfen, eine drohende Schwächung und letztlich die Abwanderung entsprechender Einzelhandelsbetriebe aus den innerstädtischen Lagen in die mit dem Auto gut erreichbaren Randlagen zu vermeiden. Eine solche Verlagerung würde die verbrauchernahe Versorgung, deren Sicherung angesichts der demografischen Entwicklung ein besonderes Gewicht zukommt, beeinträchtigen und wäre überdies mit einem vermeidbaren Flächen- und Ressourcenverbrauch sowie zunehmendem Straßenverkehr verbunden. Die Absicht, solchen aus städtebaulicher Sicht negativen Tendenzen im Wege der Bauleitplanung entgegenzuwirken, kann eine territoriale Beschränkung rechtfertigen. 74Vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2013 – 4 B 3.13 –, juris, Rn. 4, mit weiteren Nachweisen; Hamb. OVG, Urteil vom 11. April 2019 – 2 E 10.16.N –, juris, Rn. 77 ff., auch unter Bezugnahme auf die Schlussanträge des Generalanwalts vom 18. Mai 2017 in den oben genannten Verfahren vor dem EuGH, juris, Rn. 147 f.; OVG NRW, Urteile vom 21. September 2020 – 10 D 59/18.NE –, juris, Rn. 102 ff., und vom 19. Mai 2020 – 7 D 77/17.NE –, juris, Rn. 37 ff. 75Der Einzelhandelsausschluss ist schließlich nicht unverhältnismäßig, denn er ist, was sich aus dem Vorstehenden ergibt, zur Erreichung des mit ihm verfolgten Ziels, die zentralen Versorgungsbereiche im Stadtgebiet zu stärken, geeignet. Andere, für die Planbetroffenen weniger einschneidende städtebauliche oder sonstige Maßnahmen, die zum selben gewünschten Ergebnis führen würden, sind nicht ersichtlich. 76Die Antragstellerin geht, was ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung nochmals betont hat, in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der städtebaulichen Erforderlichkeit eines auf § 9 Abs. 2a BauGB gestützten Einzelhandelsausschlusses beziehungsweise zu den Anforderungen, denen die Abwägung der damit verbundenen öffentlichen und privaten Belange genügen muss, den Vorgaben des Art. 15 Abs. 3 Buchstaben b) und c) der Richtlinie 2006/123 nicht entspreche. Sie meint, gerade weil das Planungsinstrument des § 9 Abs. 2a BauGB den Gemeinden eine vergleichsweise einfache Überplanung des Bestandes ermögliche und keine Festsetzungen zum erweiterten Bestandsschutz zulasse, müssten strengere Anforderungen an die die Planung rechtfertigende Prognose schädlicher Auswirkungen des im Plangebiet tatsächlich betriebenen oder bisher zumindest möglichen Einzelhandels auf die zu erhaltenden und/oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche gestellt werden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Der Europäische Gerichtshof erkennt in dem oben genannten Urteil an, dass in dem Ziel, „im Sinne einer guten Stadt- und Raumplanung die Lebensqualität im Stadtzentrum … zu erhalten und Leerstand im Stadtgebiet zu vermeiden“, ein zwingender Grund des Allgemeininteresses liegen kann, der einen Einzelhandelsausschluss der hier in Rede stehenden Art zu rechtfertigen vermag. 77Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2018 – C-360/15 und C-31/16 –, juris, Rn. 134 f.; siehe auch die Schlussanträge des Generalanwalts vom 18. Mai 2017, juris, Rn. 147 f. 78Diese Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs lassen sich ohne Weiteres dahingehend verstehen, dass er – wie auch das Bundesverwaltungsgericht – den Gemeinden eine Befugnis zur planerischen, das heißt auf längere Zukunft angelegten Lenkung von Einzelhandelsvorhaben zum Zweck der Stärkung ihrer zentralen Versorgungsbereiche zugesteht, die gerade nicht von der zwangsläufig momentbezogenen sortiments- und verkaufsflächenscharfen Prognose abhängt, dass ein Einzelhandelsbetrieb, würde er außerhalb eines zentralen Versorgungsbereichs zugelassen, die zentralen Versorgungsbereiche im Gemeindegebiet konkret schädigen würde. Eine solche Prognose setzt die Feststellung der Verhältnismäßigkeit des festgesetzten Einzelhandelsausschlusses hier auch sonst nicht voraus. 79Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO und den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 80Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | der antrag wird abgelehnt. die antragstellerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragstellerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die antragsgegnerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die antragstellerin wendet sich gegen den bebauungsplan nr. „s. straße“ der antragsgegnerin (im folgenden: bebauungsplan). sie ist eigentümerin eines grundstücks im plangebiet. 3der rat beschloss am 14. november 2017, den bebauungsplan auf der grundlage von § 9 abs. 2a baugb erneut im wege eines ergänzenden verfahrens aufzustellen, nachdem der senat den vorgängerplan mit urteil vom 12. april 2017 – 10 d 70/15.ne – auf den antrag des betreibers eines im plangebiet ansässigen lebensmittel-discountmarktes für unwirksam erklärt hatte. 4die öffentliche auslegung des überarbeiteten planentwurfs fand im zeitraum vom 19. juli 2018 bis einschließlich 13. august 2018 statt. der rat beschloss in seiner sitzung am 29. november 2018 den bebauungsplan als satzung. der satzungsbeschluss wurde im amtsblatt vom 6. dezember 2018 bekannt gemacht. 5nr. 1.1 der textlichen festsetzungen des bebauungsplans bestimmt, dass im gesamten plangebiet einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentralenrelevanten warensortimenten der i1. liste nicht zulässig sind. weitere festsetzungen enthält der bebauungsplan nicht. in den hinweisen auf der planurkunde ist unter der nr. 6 die i1. liste „(fortschreibung im februar 2013, anpassung im märz 2018)“ abgedruckt. 6nach der planbegründung stellt die vergleichsweise massive präsenz von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten warensortimenten im plangebiet mit insgesamt circa 7.200 qm verkaufsfläche eine potenzielle gefahr für den einzelhandelsbestand in der i1. innenstadt und deren künftige entwicklung dar. diese verkaufsfläche entspreche etwa 42 % der in der innenstadt im jahr 2008 ermittelten verkaufsflächen für vergleichbare warensortimente von insgesamt rund 16.975 qm. im übrigen sollten die im plangebiet gelegenen grundstücke mangels anderweitiger flächenreserven für gewerbebetriebe im stadtgebiet vorrangig für eine gewerbliche entwicklung genutzt werden. zur stärkung der wirtschaftlichkeit von gewerbebetrieben sollten für solche betriebe spielräume für einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten sortimenten verbleiben. 7die antragstellerin hat mit schreiben vom 4. dezember 2019 an die antragsgegnerin mängel des plans gerügt. 8am 4. dezember 2019 hat sie den normenkontrollantrag gestellt, mit dem sie geltend macht, der bebauungsplan sei bereits in formeller hinsicht unwirksam. die planurkunde genüge nicht den dafür maßgeblichen rechtlichen anforderungen. darüber hinaus verstoße der einzelhandelsausschluss gegen das abwägungsgebot. der rat stelle in der planbegründung maßgeblich auf das aus dem jahre 2008 stammende und 2009 redaktionell ergänzte einzelhandelskonzept für die stadt i. der d. beratung und management gmbh (im folgenden: einzelhandelskonzept) ab. dieses konzept könne aber angesichts der erheblichen veränderungen des einzelhandels im gemeindegebiet als städtebauliche rahmenplanung offensichtlich keine relevanz mehr haben. 9der einzelhandelsausschluss sei mit art. 15 abs. 3 buchstaben b) und c) der europäischen dienstleistungsrichtlinie (richtlinie 2006/123/eg – im folgenden: dienstleistungsrichtlinie) nicht zu vereinbaren. sei eine festsetzung zur einzelhandelssteuerung in einem bebauungsplan nicht erforderlich oder unverhältnismäßig im sinne der dienstleistungsrichtlinie, so sei sie nicht anzuwenden. der rat habe es unterlassen, anhand aktueller daten beziehungsweise anhand eines aktuellen einzelhandelskonzepts zu untersuchen, bei welcher sortimentsstruktur und ab welcher verkaufsfläche tatsächlich mit negativen auswirkungen für die aus seiner sicht zu schützenden zentralen versorgungsbereiche der stadt gerechnet werden müsse beziehungsweise deren entwicklung beeinträchtigt werde. 10zahlreiche einzelhandelsbetriebe dürften wegen der textlichen festsetzung nr. 1.1. des bebauungsplans, sollten die betriebsgebäude etwa durch ein feuer zerstört werden, nicht weitergeführt werden. dieser massive eingriff in die eigentumsrechte der betroffenen betriebsinhaber sei mit blick auf europarechtliche vorgaben und das überholte einzelhandelskonzept nicht zu rechtfertigen. 11darüber hinaus macht die antragstellerin mit schriftsatz vom 27. februar 2022 geltend, dass das plangebiet mit den flurstücken 235, 243, 245, 246 und 311 sowie mit teilen der flurstücke 307, 317, 318, 319 und 362 auch flächen einschließe, die dem außenbereich zuzurechnen seien, sodass insoweit die tatbestandlichen voraussetzungen des § 9 abs. 2a baugb nicht vorlägen. der bebauungsplan sei darüber hinaus auch deshalb unwirksam, weil er den grundlegenden anforderungen an die notwendigen planunterlagen nach § 1 planzv nicht genüge. 12die antragstellerin beantragt, 13den bebauungsplans nr. „s. straße“ der stadt i. für unwirksam zu erklären. 14die antragsgegnerin beantragt, 15den antrag abzulehnen. 16zur begründung trägt sie vor, die antragstellerin habe formelle mängel nicht in einer den anforderungen des § 215 abs. 1 baugb entsprechen weise gerügt. ihre pauschalen einwendungen böten keine veranlassung, über eine behebung etwaiger fehler des bebauungsplans nachzudenken. 17der einzelhandelsausschluss sei erforderlich im sinne des art. 15 abs. 3 buchstabe b) der dienstleistungsrichtlinie. der europäische gerichtshof habe klargestellt, dass der schutz der städtischen umwelt ein zwingender grund des allgemeininteresses gemäß art. 4 nr. 8 in verbindung mit dem erwägungsgrund nr. 40 der dienstleistungsrichtlinie sein könne, der einen einzelhandelsausschluss zu rechtfertigen vermöge. hier sei der einzelhandelsausschluss zum schutz der städtischen umwelt erfolgt und er sei auch nicht unverhältnismäßig. um die verhältnismäßigkeit eines einzelhandelsausschlusses bejahen zu können, bedürfe es keines individuellen und einzelfallbezogenen nachweises, dass ein einzelhandelsbetrieb, würde er außerhalb des zu schützenden zentralen versorgungsbereichs zugelassen, diesen konkret schädigen würde. 18die antragstellerin verschweige, dass das einzelhandelskonzept 2009, 2013 und zuletzt während des aufstellungsverfahrens im märz 2018 überprüft und aktualisiert worden sei. in bezug auf welche umstände oder sortimente die i1. liste überholt sein solle, trage sie nicht vor. 19schließlich habe der rat die durch art. 14 abs. 1 gg geschützten eigentümerinteressen auch fehlerfrei ermittelt, gewichtet und mit dem ihnen zustehenden gewicht in die abwägung eingestellt. er habe den entsprechenden hinweis des senats im urteil vom 12. april 2017 aufgegriffen und umgesetzt. 20wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen aufstellungsvorgänge bezug genommen (beiakten hefte 1 bis 5). 21 | 22der vorsitzende entscheidet im einverständnis der beteiligten anstelle des senats (§ 87a abs. 2 vwgo). 23der zulässige normenkontrollantrag ist unbegründet. 24dem rat sind bei der aufstellung des bebauungsplans keine verfahrensfehler unterlaufen, die heute noch beachtlich wären. nach § 215 abs. 1 satz 1 baugb wird eine verletzung von verfahrens- oder formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines jahres seit bekanntmachung des bebauungsplans schriftlich gegenüber der gemeinde unter darlegung des die verletzung begründenden sachverhalts geltend gemacht worden sind. so ist es hier. die antragstellerin hat insoweit nur pauschale rügen erhoben, die diesen gesetzlichen anforderungen nicht genügen. 25der bebauungsplan hat auch keine materiellen fehler. seine einzige festsetzung, nämlich der ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten warensortimenten im gesamten plangebiet ist insbesondere städtebaulich erforderlich im sinne des § 1 abs. 3 baugb. 26grundlegende voraussetzung für die städtebauliche rechtfertigung eines ausschlusses von einzelhandelsbetrieben nach § 9 abs. 2a baugb ist die zweckgerichtetheit dieser festsetzung. sie darf ausschließlich zur erhaltung oder zur entwicklung zentraler versorgungsbereiche erfolgen. nach ihrem wortlaut kommt zudem eine anwendung der vorschrift nur in betracht, wenn das plangebiet innerhalb eines im zusammenhang bebauten ortsteils im sinne des § 34 baugb liegt. 27letzteres ist hier der fall. der bebauungsplan überplant mit den im plangebiet gelegenen, ganz überwiegend bebauten oder mit der bebauung zusammenhängend genutzten grundstücke ersichtlich einen im zusammenhang bebauten ortsteil. soweit die plangebietsgrenzen entlang öffentlicher verkehrsflächen oder entlang der grenzen einzelner von der antragstellerin benannter flurstücke oder teilen davon verlaufen, die – soweit ersichtlich – als straßen, wege oder waldflächen im eigentum der antragsgegnerin stehen, runden sie das plangebiet in sinnvoller und praktisch handhabbarer weise unter berücksichtigung der jeweiligen örtlichkeit und des straßenverlaufs ab, statt sich im übergang vom innen- zum außenbereich, wie es der antragstellerin offenbar vorschwebt, an den jederzeit veränderlichen kanten vorhandener gebäude zu orientieren und damit möglicherweise einen grenzverlauf zu schaffen, der mit der zulässigen baulichen nutzung der teils einbezogenen, teils ausgegrenzten grundstücke nicht übereinstimmt. vor diesem hintergrund geht der senat auch unter berücksichtigung des vertieften vortrags des prozessbevollmächtigten der antragstellerin in der mündlichen verhandlung nicht davon aus, dass der rat die grenzen der ihm mit § 9 abs. 2a baugb eingeräumten ermächtigung dadurch überschritten hat, dass er in nennenswertem umfang flächen in das plangebiet einbezogen hat, die möglicherweise dem außenbereich zugeordnet werden könnten. die grenzen eines bebauungsplans nach § 9 abs. 2a baugb bezwecken in keiner weise die abgrenzung des innenbereichs vom außenbereich. dass die aufstellung eines bebauungsplans, der lediglich bestimmte einzelhandelsbetriebe in seinem geltungsbereich ausschließt, nur für innenbereichsflächen in frage kommt, versteht sich eigentlich von selbst, denn solche betriebe sind im außenbereich ohnehin grundsätzlich nicht zulässig. wie die überplanten flächen im übrigen baulich zu nutzen sind, bestimmt ein solcher bebauungsplan nicht. danach lässt die hier in rede stehende einbeziehung von randflächen zum zwecke der abrundung, selbst wenn diese flächen bei einer beurteilung entsprechend der zur abgrenzung vom innenbereich zum außenbereich ergangenen rechtsprechung dem außenbereich zuzuordnen wären, die voraussetzungen der ermächtigungsgrundlage § 9 abs. 2a baugb nicht entfallen. 28dem von der antragstellerin in diesem zusammenhang angesprochenen urteil des senats vom 22. juli 2019 – 10 d 56/17.ne –, juris, rn. 25, lag ein gänzlich anderer fall zugrunde, bei dem das plangebiet auch größere teile einer als außenbereich zu qualifizierenden zusammenhängenden grünfläche umfasst hatte. 29der vortrag der antragstellerin, der bebauungsplan genüge nicht den grundlegenden anforderungen des § 1 planzv, liegt auch in ansehung ihrer ausführungen zur einbeziehung von möglicherweise im außenbereich gelegenen flächen in das plangebiet neben der sache. sie meint, gerade bei einem bebauungsplan nach § 9 abs. 2a baugb sei es mit rücksicht auf die gesetzliche beschränkung der planungsermächtigung auf innenbereichslagen erforderlich, die im zeitpunkt des satzungsbeschlusses im plangebiet bereits vorhandenen gebäude in der planurkunde korrekt darzustellen, was hier nicht geschehen sei. abgesehen davon, dass allein die beklagte ungenauigkeit der planurkunde wohl kaum die unwirksamkeit des bebauungsplans zur folge haben könnte, legt die antragstellerin schon nicht dar, weshalb die eintragung des tatsächlichen gebäudebestandes in der planurkunde für den hier allein festgesetzten einzelhandelsausschluss überhaupt von relevanz sein könnte. eine solche relevanz ist auch sonst nicht ersichtlich. soweit es in § 1 abs. 2 satz 1 planzv heißt, dass sich aus den planunterlagen unter anderem die vorhandenen baulichen anlagen ergeben sollen, bestimmt abs. 2 satz 2, dass von diesen angaben insoweit abgesehen werden kann, als sie für die festsetzungen nicht erforderlich sind. ob die vorgaben der ermächtigungsgrundlage betreffend die beschränkung der planung auf den innenbereich im zeitpunkt des satzungsbeschlusses gegeben sind, ist anhand der tatsächlichen situation im jeweiligen plangebiet zu beurteilen und hängt nicht von der korrekten eintragung des dortigen baubestandes im planwerk ab, zumal sich die bauleitplanung im regelfall unabhängig vom zuschnitt der überplanten grundstücke und deren bebauung vollzieht. 30zu den materiellen voraussetzungen eines bebauungsplans nach § 9 abs. 2a baugb im übrigen hat das bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass es für den ausschluss von einzelhandelsbetrieben in allen fällen einer städtebaulichen begründung bedürfe, die sich aus der jeweiligen konkreten planungssituation ergeben und die den ausschluss durch hinreichend gewichtige städtebauliche allgemeinwohlbelange in nachvollziehbarer weise rechtfertigen müsse. 31vgl. bverwg, beschluss vom 6. august 2013 – 4 bn 8.13 –, juris, rn. 6. 32bei einem ausschluss von einzelhandelsbetrieben zur erhaltung und/oder entwicklung eines zentralen versorgungsbereichs ist – so es ein solches gibt – insbesondere ein städtebauliches entwicklungskonzept im sinne des § 1 abs. 6 nr. 11 baugb, das aussagen über die zu erhaltenden und/oder zu entwickelnden zentralen versorgungsbereiche der gemeinde oder eines teils der gemeinde enthält, zu berücksichtigen (§ 9 abs. 2a satz 2 baugb). 33vgl. ovg nrw, urteil vom 26. april 2013 – 10 d 39/11.ne –, juris, rn. 38. 34die stärkung der zentralen versorgungsbereiche im gemeindegebiet ist grundsätzlich ein tragfähiges städtebauliches ziel, das den ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten an anderer stelle rechtfertigen kann. bauleitplanung erschöpft sich nicht darin, bereits eingeleitete entwicklungen zu steuern, sondern ist auch ein mittel, um städtebauliche ziele für die zukunft festzulegen und aktiv auf eine änderung des städtebaulichen status quo hinzuwirken. sofern es ein konzept gibt, anhand dessen die einzelhandelsentwicklung im gesamten gemeindegebiet in diesem sinne nachvollziehbar und widerspruchsfrei geordnet werden kann, ist jedenfalls auf der ebene eines bebauungsplans, der dieses konzept für einen bestimmten bereich durch den ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit bestimmten sortimenten umsetzt, keine weitere differenzierung der ausgeschlossenen sortimente danach erforderlich, ob sie für einen vertrieb in den zentralen versorgungsbereichen, die gestärkt werden sollen, konkret geeignet wären. 35eine belastbare prognose in dem sinne, dass durch die zulassung von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten im plangebiet eine beeinträchtigung der zentralen versorgungsbereiche der gemeinde tatsächlich eintreten wird, ist nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts nicht voraussetzung für einen auf der grundlage des § 9 abs. 2a baugb festgesetzten ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit entsprechenden sortimenten zur erhaltung und entwicklung zentraler versorgungsbereiche. das mit der vorschrift eingeführte planungsinstrument dient nicht nur dazu, zu verhindern, dass zentrale versorgungsbereiche ihren versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner branchen nicht mehr in substantieller weise wahrnehmen können, sondern auch als mittel, um im rahmen des den gemeinden eingeräumten planerischen gestaltungsspielraums die attraktivität ihrer zentralen versorgungsbereiche zu steigern oder jedenfalls im status quo zu erhalten. schließlich kann eine festsetzung nach § 9 abs. 2a baugb auch bezwecken, zentrale versorgungsbereiche, die ihre funktion verloren haben, wieder zu entwickeln. 36vgl. bverwg, beschlüsse vom 15. mai 2013 – 4 bn 1.13 –, juris, rn. 11, und vom 14. februar 2013 – 4 b 44.12 –, juris, rn. 4; ovg nrw, urteile vom 21. september 2020 – 10 d 3759/18.ne –, juris, rn. 64, und vom 15. november 2017 – 7 a 2048/15 –, juris, rn. 42 und 67. 38diese zweckgerichtetheit ist, wie der senat bereits in seinem urteil vom 12. april 2017 – 10 d 70/15.ne – zu dem vorgängerplan mit einer identischen festsetzung ausgeführt hat, hinsichtlich der textlichen festsetzung nr. 1.1, die insbesondere das einzelhandelskonzept berücksichtigt, gegeben. 39das einzelhandelskonzept enthält ausführungen zur zentrenstruktur innerhalb des stadtgebiets und lässt auch eine auf das gesamte stadtgebiet bezogene steuerung und ordnung des einzelhandels zur sicherung und zur stärkung der zentralen versorgungsbereiche erkennen. 40die planbegründung zeigt insoweit im grundsatz hinreichend gewichtige städtebauliche allgemeinwohlbelange auf, die auf der grundlage des § 9 abs. 2a baugb den ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten im plangebiet in nachvollziehbarer weise städtebaulich rechtfertigen können. in der planbegründung heißt es hierzu, dass anlass für die planung die gesamtstädtische steuerung des einzelhandels zur erhaltung und entwicklung der zentralen versorgungsbereiche auf der grundlage des einzelhandelskonzepts sei. in unmittelbarer nähe des plangebiets liege der zentrale versorgungsbereich i.-innenstadt, der in seiner funktion als hauptzentrum entsprechend den zielsetzungen des einzelhandelskonzepts geschützt und gestärkt werden solle. 41das einzelhandelskonzept hat seine steuerungsfunktion nicht etwa dadurch eingebüßt, dass sich die antragsgegnerin bei der zulassung von einzelhandelsbetrieben im stadtgebiet möglicherweise nicht immer daran gehalten hat. 42allerdings gilt, je häufiger und je umfangreicher ein städtebauliches entwicklungskonzept in der vergangenheit missachtet worden ist, desto geringer ist sein gewicht als wesentlicher belang bei der entscheidung über die zulassung von einzelhandelsstandorten im gemeindegebiet. 43vgl. bverwg, urteil vom 29. januar 2009 – 4 c 16.07 –, juris, rn. 28. 44soweit die antragstellerin des verfahrens 10 d 70/15.ne, bei dem es um die wirksamkeit des vorgängerplans ging, gemeint hat, dass das einzelhandelskonzept seine steuerungsfunktion verloren habe, weil jedenfalls nach der genehmigung eines weiteren lebensmittelmarktes im plangebiet dieses selbst die funktion eines zentralen versorgungsbereichs übernommen habe, ging diese einschätzung fehl. 45bei der bestimmung der zentralen versorgungsbereiche und ihrer genauen grenzen ist der gemeinde weitgehende planerische gestaltungsfreiheit eingeräumt. die grenze dieses planungsermessens überschreitet sie nur dann, wenn die von ihr getroffene festlegung und abgrenzung des jeweiligen zentralen versorgungsbereichs eine nachvollziehbare städtebauliche begründung vermissen lässt und deswegen willkürlich erscheint. dies kann insbesondere dann der fall sein, wenn die jeweilige örtliche situation nicht individuell in den blick genommen oder der begriff des zentralen versorgungsbereichs verkannt worden ist. 46vgl. ovg nrw, urteile vom 15. februar 2012 – 10 d 32/11.ne –, juris, rn. 57, und vom 22. november 2010 – 7 d 1/09.ne –, juris, rn. 91. 47ein zentraler versorgungsbereich ist ein räumlich abgrenzbarer bereich, dem aufgrund vorhandener oder erst noch zu entwickelnder einzelhandelsnutzungen, häufig ergänzt durch diverse dienstleistungsangebote und gastronomiebetriebe, eine versorgungsfunktion über den unmittelbaren nahbereich hinaus zukommt oder zukommen soll. zentral ist in diesem zusammenhang nicht geografisch im sinne einer innenstadtlage oder ortsmitte, sondern funktional zu verstehen. das heißt, der zentrale versorgungsbereich hat nach lage, art und zweckbestimmung die versorgung des gemeindegebiets oder eines teils davon mit einem auf seinen einzugsbereich abgestimmten spektrum an waren des kurz-, mittel- oder langfristigen bedarfs sicherzustellen. 48sein einzugsbereich muss städtebauliches gewicht haben und über seine eigenen grenzen hinausreichen, sodass seine anziehungskraft über den unmittelbaren nahbereich hinaus wirkt. zudem muss er städtebaulich integriert sein, was insbesondere heißt, dass er in fußläufiger entfernung und in ausreichendem maß von wohnbebauung umgeben ist, deren bewohner er versorgen soll. isolierte, von der wohnbebauung abgesetzte standorte mit einzelnen einzelhandelsbetrieben oder agglomerationen solcher betriebe bilden keinen zentralen versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten einzugsbereich für kunden verfügen, die mit dem kraftfahrzeug zum einkaufen fahren, und insoweit eine beachtliche versorgungsfunktion erfüllen mögen. 49vgl. bverwg, urteil vom 17. dezember 2009 – 4 c 2.08 –, juris, rn. 9; ovg nrw, urteile vom 15. februar 2012 – 10 d 32/11.ne –, juris, rn. 57, und vom 17. november 2011 – 10 a 787/09 –, n.v. 50von einer im blick auf die versorgungsfunktion integrierten lage des plangebiets kann hier nicht die rede sein. es handelt sich dabei nach der planbegründung vielmehr um einen standort, der ganz überwiegend anderweitig gewerblich genutzt wird und an dem es nur vereinzelte – wenn auch mehrere –, nicht zusammenhängende einzelhandelsbetriebe gibt, die überdies nicht durch dienstleistungsangebote und/oder gastronomiebetriebe ergänzt werden. wohnbebauung in nennenswertem umfang ist in der fußläufigen entfernung des plangebiets nicht zu finden. die wohnbebauung im nordwesten ist zudem durch die gleisanlagen der eisenbahn, die wohnbebauung im süden durch die m. und den kanal vom plangebiet getrennt. 51soweit im plangebiet nach der planbegründung auf circa 7.300 qm verkaufsfläche nahversorgungs- und zentrenrelevante sortimente vertrieben werden, was rund 42 % der in der innenstadt im jahr 2008 ermittelten verkaufsflächen von insgesamt rund 16.975 qm ausmache und insgesamt lediglich circa 20 % der im stadtgebiet insgesamt gehandelten nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimente in der innenstadt angeboten würden, folgt daraus im ergebnis nichts anderes. 52dass der hier festgesetzte einzelhandelsausschluss gleichwohl nicht geeignet sein könnte, im vorgenannten sinne zur stärkung des innerstädtischen versorgungszentrums und seiner struktur beizutragen, ist nicht ersichtlich. die zulassung weiterer einzelhandelsnutzungen im plangebiet widersprach und widerspricht zwar den zielsetzungen des einzelhandelskonzepts, doch folgt aus dieser abweichung von den vorgaben des einzelhandelskonzepts im einzelfall weder, dass das einzelhandelskonzept seine steuerungsfunktion für das stadtgebiet insgesamt eingebüßt hätte, noch ist das plangebiet dadurch zu einem eigenständigen zentralen versorgungsbereich erstarkt. die oben beschriebene struktur der im plangebiet angesiedelten einzelhandelsbetriebe hat sich durch weitere zugelassene nutzungen nicht maßgeblich verändert. es ist daher für die wirksamkeit des bebauungsplans unerheblich, ob die erteilung entsprechender baugenehmigungen unter berufung auf die regelung des § 34 abs. 3 baugb hätten versagt werden können oder ob die antragsgegnerin planungsrechtliche möglichkeiten zur verhinderung weiterer einzelhandelsnutzungen früher hätte ergreifen können. 53soweit die antragstellerin pauschal geltend macht, dass angesichts der erheblichen änderungen der einzelhandelssituation im stadtgebiet und im plangebiet das einzelhandelskonzept aus 2008 als städtebauliche rahmenplanung nicht mehr angewendet werden könne, hat die antragsgegnerin auf fortschreibungen und anpassungen der i1. liste verwiesen. zudem bestätigt die nunmehr vorliegende fortschreibung des einzelhandelskonzepts der firma k. und l. stadtforschung planung aus 2021 (im folgenden: fortschreibung) die bedeutende rolle der bestehenden konzentration von einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten sortimenten im zentralen versorgungsbereich hauptzentrum innenstadt und von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungsrelevanten sortimenten im nahversorgungszentrum t. und an nahversorgungsstandorten. eine aufteilung der zwischen den zentralen versorgungsbereichen (innenstadt und t.), den sonderstandorten (s. straße, n.-straße und gewerbepark n1.) und den nahversorgungsstandorten nach ihren jeweiligen funktionen sei unabdingbar (seite 93). 54außerhalb der beiden zentralen versorgungsbereiche prägten die sonderstandorte s. straße, n.-straße und gewerbepark n1. sowie verschiedene isoliert gelegene einzelhandelsbetriebe mit überörtlicher bedeutung die standortstruktur in der stadt. insbesondere die sonderstandorte s. straße und n.-straße mit großflächigen anbietern nahversorgungsrelevanter und zentrenrelevanter sortimente stünden in einem ausgeprägten wettbewerb zu den zentralen versorgungsbereichen und zu den nahversorgungsstandorten und seien vor allem durch die dimension des jeweiligen angebots und der damit verbundenen ausstrahlung in form einer kaufkraftabschöpfung deutlich über den nahbereich hinaus gekennzeichnet (seite 94). im sinne einer funktionalen aufteilung könnten diese sonderstandorte auch zukünftig in ergänzung der zentralen versorgungsbereiche und nahversorgungsstandorte gesichert und – allerdings mit dem fokus auf den vertrieb von nicht zentrenrelevanten sortimenten – gegebenenfalls weiterentwickelt werden. 55bei neuansiedlungen sowie bei erweiterungen oder umnutzungen bestehender betriebe sei, egal an welchem standort, jeweils die verträglichkeit des vorhabens mit den in der fortschreibung formulierten zielen und grundsätzen zur einzelhandelssteuerung im stadtgebiet zu überprüfen. auch seien an geeigneten standorten, die städtebaulich nicht integriert seien, ausweitungen des angebots von nicht zentrenrelevanten sortimenten nach einer positiv verlaufenen einzelfallprüfung prinzipiell möglich. neuansiedlungen oder erweiterungen von vorhandenen einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und/oder zentrenrelevanten kernsortimenten über den genehmigten bestand hinaus seien an nicht integrierten standorten konsequent auszuschließen (seite 95). 56nach alldem lässt sich nicht feststellen, dass zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses das diesem zugrunde liegende einzelhandelskonzept mit der festlegung der zentralen versorgungsbereiche und seinen handlungsempfehlungen seine steuerungsfunktion eingebüßt haben könnte. die ausschlaggebenden feststellungen des einzelhandelskonzepts im hinblick auf die untersuchten einschlägigen strukturen im stadtgebiet, auf deren erhaltungs- und entwicklungsbedürftigkeit einerseits sowie auf deren schwächen und auf die verhinderung von fehlentwicklungen beziehungsweise ihre verfestigung andererseits waren damals und sind heute – ungeachtet der nach der verabschiedung des einzelhandelskonzepts im plangebiet zugelassenen einzelhandelsbetriebe – nach wie vor aktuell. der einzelhandelsbesatz des zentralen versorgungsbereichs innenstadt ist in seiner für die stadt in ganz besonderer weise prägenden struktur schützenswert und wegen seiner kleinteiligkeit leicht verletzlich und schutzbedürftig. eine ausdünnung dieses besatzes als folge einer ansiedlung konkurrierender betriebe außerhalb dieses versorgungsbereichs könnte dessen attraktivität ganz wesentlich herabsetzen und seinen niedergang einleiten, was für die gewachsene einzelhandelssituation im zentrum und damit in der stadt insgesamt fatal wäre. soweit der geschäftsführer der antragstellerin in der mündlichen verhandlung eingewandt hat, dass das plangebiet mit dem anlässlich der modernisierung des östlich gelegenen bahnhofs angelegten tunnel unter den gleisanlagen, durch den zunehmend kunden mit dem fahrrad zum einkaufen in das plangebiet kämen, besser integriert sei, ändert das nichts daran, dass es an einer nennenswerten wohnbebauung in der fußläufigen umgebung des plangebiets fehlt und die dortigen einzelhandelsbetriebe ihre umsätze ganz überwiegend von kunden generieren, die mit dem kraftfahrzeug dorthin fahren. 57dass für das in der planbegründung angesprochene grundsätzliche anliegen, gewerbeflächen für produzierende gewerbebetriebe zu sichern, § 9 abs. 2a baugb keine rechtsgrundlage bietet, berührt die wirksamkeit des bebauungsplans nicht. festsetzungen auf der grundlage des § 9 abs. 2a baugb sind allerdings nur zur erhaltung und entwicklung zentraler versorgungsbereiche zulässig und nicht ausschließlich im interesse der sonstigen innenentwicklung. der zusatz „auch im interesse der innenentwicklung“ stellt nur heraus, dass der zweck des § 9 abs. 2a baugb, zentrale versorgungsbereiche zu erhalten und zu entwickeln, dem interesse der innenentwicklung zuzuordnen ist. 58vgl. bverwg, beschlüsse vom 6. august 2013 – 4 bn 8.13 –, a.a.o., rn. 10, und vom 15. mai 2013 – 4 bn 1.13 –, juris, rn. 11. 59hier lässt sich aber nicht feststellen, dass der bebauungsplan tatsächlich der stärkung des produzierenden gewerbes innerhalb der stadt oder im plangebiet dienen soll. die planbegründung beschreibt eine solche stärkung zwar als durchaus erwünschte folge des für das plangebiet festgesetzten einzelhandelsausschlusses, verweist aber für die planungsrechtliche umsetzung des insoweit gewünschten ergebnisses auf den in aufstellung befindlichen bebauungsplan nr. „gewerbegebiet i.-süd“ mit einem über das plangebiet hinausgehenden geltungsbereich. dass der mit dem bebauungsplan eindeutig verfolgte zweck begleiterscheinungen haben mag, die seitens des rates gern gesehen werden, schadet nicht. 60der bebauungsplan ist auch nicht wegen eines verstoßes gegen § 1 abs. 7 baugb unwirksam. 61der rat hat nunmehr insbesondere die durch art. 14 gg geschützten interessen der antragstellerin, die der übrigen eigentümer der mit einzelhandelsbetrieben bebauten grundstücke und die ihrer betreiber fehlerfrei abgewogen. 62er hat entsprechend dem hinweis des senats im urteil vom 12. april 2017 die auswirkungen des einzelhandelsausschlusses für die im plangebiet vorhandenen einzelhandelsbetriebe zutreffend erkannt. 63nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts und des senats kann eine gemeinde durch ihre bauleitplanung die bauliche nutzbarkeit von grundstücken verändern und dabei auch die privaten nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. einen planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene bebauung eines gebiets nach art und maß auch bei einer überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht. allerdings setzt eine wirksame städtebauliche planung voraus, dass hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche allgemeinbelange für sie sprechen. diese städtebaulich beachtlichen allgemeinbelange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die festsetzungen eines bebauungsplans die befugnisse des eigentümers einschränken oder grundstücke von einer bebauung ganz ausschließen, denn das durch art. 14 gg gewährleistete eigentumsrecht gehört in hervorgehobener weise zu den von der bauleitplanung zu berücksichtigenden belangen. es umfasst neben der substanz des eigentums auch die beachtung des verfassungsrechtlichen grundsatzes der verhältnismäßigkeit und des allgemeinen gleichheitssatzes. die beschränkung der nutzungsmöglichkeiten eines grundstücks muss daher vom plangeber als ein wichtiger belang privater eigentümerinteressen bei der nach § 1 abs. 7 baugb gebotenen abwägung der öffentlichen und der privaten belange beachtet werden. im rahmen der abwägungsentscheidung nach § 1 abs. 7 baugb hat dieser folglich die nachteile einer planung für die planunterworfenen zu berücksichtigen. 64vgl. bverwg, beschluss vom 15. mai 2013 – 4 bn 1.13 –, a.a.o., rn. 17. 65die interessen der betroffenen grundeigentümer an einer möglichst wirtschaftlichen nutzung ihrer im plangebiet gelegenen grundstücke werden danach durch einen einzelhandelsausschluss nicht unangemessen beeinträchtigt, wenn ihnen trotz des ausschlusses von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten über den gegebenenfalls bestehenden bestandsschutz vorhandener nutzungen hinaus eine hinreichende bandbreite sonstiger nutzungen verbleibt. auch wenn die vermarktung der grundstücke im plangebiet durch die einschränkung der bisher nach § 34 baugb zulässigen nutzungen im einzelfall schwierigkeiten verursachen könnte, ergäbe sich daraus allein grundsätzlich kein abwägungsfehler. 66vgl. ovg nrw, beschluss vom 3. august 2015 – 10 a 567/14 –, juris, rn. 23. 67in der mündlichen verhandlung hat der prozessbevollmächtigte der antragstellerin eingewandt, der rat hätte, um den interessen der eigentümer derjenigen grundstücke, auf denen einzelhandelsgeschäfte betrieben würden, ausreichend rechnung zu tragen, für das plangebiet einen qualifizierten bebauungsplan nach § 30 baugb aufstellen müssen, in dem er für die besagten einzelhandelsgeschäfte einen erweiterten bestandsschutz nach § 1 abs. 10 baunvo hätte festsetzen können. dass er dies nicht getan habe, zeige, dass er die im eigentum wurzelnden interessen der betroffenen grundstückseigentümer, die bisherigen nutzungen auch wirtschaftlich dauerhaft abzusichern, zumindest nicht richtig gewichtet habe. 68der senat sieht auch insoweit keinen fehler bei der abwägung der berührten öffentlichen und privaten belange. der gesetzgeber hat den gemeinden mit der ermächtigung in § 9 abs. 2a baugb ein planungsinstrument in die hand gegeben, mit dem es ihnen möglich sein soll, die zentralen versorgungsbereiche im jeweiligen gemeindegebiet zu erhalten und zu entwickeln, indem sie ihre diesbezüglichen städtebaulichen vorstellungen durch die von ihnen als notwendig erkannte steuerung des einzelhandels gerade auf vergleichbar einfachem weg planerisch umsetzen. der gesetzgeber hat dabei unter anderem mit blick auf das städtebauliche gewicht der erhaltung und entwicklung zentraler strukturen und der verbrauchernahen versorgung in kauf genommen, dass ein solcher bebauungsplan nach § 9 abs. 2a baugb keine gezielten festsetzungen zum schutz einzelner in seinem geltungsbereich bereits vorhandener einzelhandelsbetriebe zulässt und diese durch einen festgesetzten einzelhandelsausschluss gegebenenfalls auf den bestand gesetzt werden. vor diesem hintergrund eignet sich das planungsinstrument des § 9 abs. 2a baugb, worauf auch der prozessbevollmächtigte der antragsgegnerin in der mündlichen verhandlung hingewiesen hat, insbesondere für die überplanung von – wie hier – komplex strukturierten gemengelagen, deren überplanung mit einem qualifizierten bebauungsplan in vielerlei hinsicht einen ganz erheblichen planerischen aufwand und viel zeit erfordern würde. dass sich der rat zur zeitnahen umsetzung seiner hier einschlägigen städtebaulichen vorstellung für einen bebauungsplan nach § 9 abs. 2a baugb entschlossen hat, ist mithin kein indiz für eine fehlerhafte ungleichgewichtung der bei der abwägung zu berücksichtigenden belange. dies umso weniger, als sich der rat auch bei einer überplanung des plangebiets mit einem qualifizierten bebauungsplan die frage stellen müsste, ob eine planerische absicherung aller dort bereits angesiedelten einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten durch festsetzungen nach § 1 abs. 10 baunvo – die nicht etwa unabdingbar ist – überhaupt in betracht käme, weil solche festsetzungen den im einzelhandelskonzept niedergelegten städtebaulichen vorstellungen der antragsgegnerin zuwiderlaufen und deren verwirklichung dauerhaft gefährden könnten. 69die textliche festsetzung zum ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten verstößt nicht gegen die vorgaben der richtlinie 2006/123/eg. 70nach dem urteil des europäischen gerichtshofs vom 30. januar 2018 – c-360/15 und c-31/16 –, juris, rn. 84 ff., finden art. 14 und 15 der richtlinie 2006/123 auf einen einzelhandelsausschluss in einem bebauungsplan anwendung. als territoriale beschränkung im sinne von art. 15 abs. 2 buchstabe a) der richtlinie 2006/123 ist ein solcher einzelhandelsausschluss am maßstab des art. 15 abs. 3 der richtlinie 2006/123 zu messen. danach prüfen die mitgliedstaaten, ob die in absatz 2 genannten anforderungen folgende bedingungen erfüllen: a) nicht-diskriminierung: die anforderungen dürfen weder eine direkte noch eine indirekte diskriminierung aufgrund der staatsangehörigkeit oder – bei gesellschaften – aufgrund des orts des satzungsmäßigen sitzes darstellen; b) erforderlichkeit: die anforderungen müssen durch einen zwingenden grund des allgemeininteresses gerechtfertigt sein; c) verhältnismäßigkeit: die anforderungen müssen zur verwirklichung des mit ihnen verfolgten ziels geeignet sein; sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur erreichung dieses ziels erforderlich ist; diese anforderungen können nicht durch andere weniger einschneidende maßnahmen ersetzt werden, die zum selben ergebnis führen. 71die textliche festsetzung nr. 1.1 genügt diesen vorgaben. eine unzulässige diskriminierung nach art. 15 abs. 3 buchstabe a) der richtlinie 2006/123 ist damit nicht verbunden, da der einzelhandelsausschluss potenzielle betreiber ungeachtet ihrer staatsangehörigkeit beziehungsweise des ortes ihres satzungsmäßigen sitzes trifft. 72der einzelhandelsausschluss ist auch erforderlich im sinne des art. 15 abs. 3 buchstabe b) der richtlinie 2006/123. der europäische gerichtshof hat klargestellt, dass der schutz der städtischen umwelt ein zwingender grund des allgemeininteresses gemäß art. 4 nr. 8 in verbindung mit dem erwägungsgrund nr. 40 der richtlinie 2006/123 sein kann. 73der ausschluss von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten sortimenten im plangebiet ist hier zum schutz der städtischen umwelt erfolgt. die hiermit beabsichtigte stärkung der zentralen versorgungsbereiche, insbesondere des hauptzentrums innenstadt, soll helfen, eine drohende schwächung und letztlich die abwanderung entsprechender einzelhandelsbetriebe aus den innerstädtischen lagen in die mit dem auto gut erreichbaren randlagen zu vermeiden. eine solche verlagerung würde die verbrauchernahe versorgung, deren sicherung angesichts der demografischen entwicklung ein besonderes gewicht zukommt, beeinträchtigen und wäre überdies mit einem vermeidbaren flächen- und ressourcenverbrauch sowie zunehmendem straßenverkehr verbunden. die absicht, solchen aus städtebaulicher sicht negativen tendenzen im wege der bauleitplanung entgegenzuwirken, kann eine territoriale beschränkung rechtfertigen. 74vgl. hierzu auch bverwg, beschluss vom 30. mai 2013 – 4 b 3.13 –, juris, rn. 4, mit weiteren nachweisen; hamb. ovg, urteil vom 11. april 2019 – 2 e 10.16.n –, juris, rn. 77 ff., auch unter bezugnahme auf die schlussanträge des generalanwalts vom 18. mai 2017 in den oben genannten verfahren vor dem eugh, juris, rn. 147 f.; ovg nrw, urteile vom 21. september 2020 – 10 d 59/18.ne –, juris, rn. 102 ff., und vom 19. mai 2020 – 7 d 77/17.ne –, juris, rn. 37 ff. 75der einzelhandelsausschluss ist schließlich nicht unverhältnismäßig, denn er ist, was sich aus dem vorstehenden ergibt, zur erreichung des mit ihm verfolgten ziels, die zentralen versorgungsbereiche im stadtgebiet zu stärken, geeignet. andere, für die planbetroffenen weniger einschneidende städtebauliche oder sonstige maßnahmen, die zum selben gewünschten ergebnis führen würden, sind nicht ersichtlich. 76die antragstellerin geht, was ihr prozessbevollmächtigter in der mündlichen verhandlung nochmals betont hat, in diesem zusammenhang davon aus, dass die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts zu der städtebaulichen erforderlichkeit eines auf § 9 abs. 2a baugb gestützten einzelhandelsausschlusses beziehungsweise zu den anforderungen, denen die abwägung der damit verbundenen öffentlichen und privaten belange genügen muss, den vorgaben des art. 15 abs. 3 buchstaben b) und c) der richtlinie 2006/123 nicht entspreche. sie meint, gerade weil das planungsinstrument des § 9 abs. 2a baugb den gemeinden eine vergleichsweise einfache überplanung des bestandes ermögliche und keine festsetzungen zum erweiterten bestandsschutz zulasse, müssten strengere anforderungen an die die planung rechtfertigende prognose schädlicher auswirkungen des im plangebiet tatsächlich betriebenen oder bisher zumindest möglichen einzelhandels auf die zu erhaltenden und/oder zu entwickelnden zentralen versorgungsbereiche gestellt werden. dem vermag der senat nicht zu folgen. der europäische gerichtshof erkennt in dem oben genannten urteil an, dass in dem ziel, „im sinne einer guten stadt- und raumplanung die lebensqualität im stadtzentrum … zu erhalten und leerstand im stadtgebiet zu vermeiden“, ein zwingender grund des allgemeininteresses liegen kann, der einen einzelhandelsausschluss der hier in rede stehenden art zu rechtfertigen vermag. 77vgl. eugh, urteil vom 30. januar 2018 – c-360/15 und c-31/16 –, juris, rn. 134 f.; siehe auch die schlussanträge des generalanwalts vom 18. mai 2017, juris, rn. 147 f. 78diese ausführungen des europäischen gerichtshofs lassen sich ohne weiteres dahingehend verstehen, dass er – wie auch das bundesverwaltungsgericht – den gemeinden eine befugnis zur planerischen, das heißt auf längere zukunft angelegten lenkung von einzelhandelsvorhaben zum zweck der stärkung ihrer zentralen versorgungsbereiche zugesteht, die gerade nicht von der zwangsläufig momentbezogenen sortiments- und verkaufsflächenscharfen prognose abhängt, dass ein einzelhandelsbetrieb, würde er außerhalb eines zentralen versorgungsbereichs zugelassen, die zentralen versorgungsbereiche im gemeindegebiet konkret schädigen würde. eine solche prognose setzt die feststellung der verhältnismäßigkeit des festgesetzten einzelhandelsausschlusses hier auch sonst nicht voraus. 79die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo und den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 80die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. |
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} | 2 K 5930/19 | 2022-03-04T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin war Studierende im Bachelorstudiengang Polizeivollzugsdienst an der Hochschule für Q. und P. W. O. –X. (vormals G. für P. W. O1. ,G1.) im Einstellungsjahrgang 2017 und als solche Kommissaranwärterin sowie Beamtin auf Widerruf. 3Im Rahmen ihres Bachelorstudiums hatte die Klägerin im Modul HS 1.2 – Bekämpfung der einfachen und mittleren Kriminalität – am 00. März 2019 eine Prüfungsleistung in Form einer Wiederholungsklausur „Einsatzlehre und Kriminalistik/Kriminaltechnik“ zu absolvieren. Die G1. bewertete diesen Wiederholungsversuch mit „nicht ausreichend“ (5,0). Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten – Klausurtext, Bearbeitung durch die Klägerin, Bewertung der Klausur durch die Korrektoren – wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen 4Mit Bescheid vom 00. April 2019 gab die G1. gegenüber der Klägerin ihr endgültiges Nichtbestehen des Moduls und das damit einhergehende Ende ihres Bachelorstudiums bekannt. 5Unter dem 00. April 2019 legte die Klägerin per E-Mail und unter dem 00. April 2019 per Schreiben gegen die Bewertung ihrer Wiederholungsprüfung Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 00. Juni 2019 begründete. Zur Begründung führte sie diesbezüglich im Wesentlichen aus, aufgrund der Aufgabenstellung und des beigefügten Kartenmaterials sei eine sachgerechte Bearbeitung der Klausur nicht möglich gewesen. Es sei eine Übersichtskarte über den derzeitigen Standort der Verfolgungsfahrt sowie die voraussichtliche Fahrtstrecke und ein Überblick über die A 0 und dort die Anschlussstelle N. beigefügt gewesen. Die Übersichtskarten zusammen mit dem Klausursachverhalt seien im Ergebnis nicht brauchbar gewesen. Dies schon deshalb, weil sich auf den Karten kein Maßstab befunden habe, was es unmöglich gemacht habe, die weitergehenden Einsatzkräfte zu koordinieren und den zeitlichen Ablauf einzuschätzen. Desweiteren befände sich auf der Übersichtskarte im linken Drittel ein Strich, der im Hinblick auf die Klausurlösung keinen Sinn ergeben, jedoch zur Verwirrung führen würde, weil er nicht erklärbar sei. Aus dem Klausursachverhalt lasse sich auch nicht entnehmen, an welchem Standort sich die weiteren zur Verfügung stehenden Kräfte befinden würden. Daher habe sie diesbezüglich nur Vermutungen anstellen können. Insgesamt sei die Aufgabenstellung so nicht zu bearbeiten gewesen. Auch lasse sich aus dem Kartenmaterial nicht erkennen, inwieweit getrennte Fahrbahnen vorlägen, weshalb die Einhaltung der Grundsätze der PDV 100 nicht habe geprüft werden können. Gleiches betreffe die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten. Die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten sei unter anderem auch mit Blick auf die im Sachverhalt angegebene Uhrzeit nicht notwendig gewesen. Insgesamt lasse sich festhalten, dass der Sachverhalt Lücken aufweise, die eine ordnungsgemäße Bearbeitung unmöglich gemacht hätten. Betreffend Aufgabe 7 sei darauf hinzuweisen, dass allenfalls ein Verdacht im Hinblick auf unerlaubten Waffenbesitz vorliege, weshalb es ausgereicht habe, genau dies zu thematisieren. Die Thematik des Waffenrechts habe bis dato auch noch nicht zum Prüfungsinhalt des Kurrikulums gehört, sodass sie auch keine weiteren Erkenntnisse darüber haben konnte. In der Klausur sei etwas von ihr verlangt worden, was sie bis zu diesem Zeitpunkt ihres Studiums noch nicht habe wissen müssen. Ein weiterer Fehler des Klausursachverhalts liege darin begründet, dass sie keine Kenntnis darüber hätte haben können, inwieweit die anderen Einsatzkräfte über sog. Stoppsticks verfügten. 6Die G1. forderte die jeweiligen Erst- und Zweitkorrektoren im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zur Stellungnahme hinsichtlich der geltend gemachten Einwendungen ihrer Korrekturen auf. Sämtliche der Korrektoren hielten an der durch sie erfolgten Bewertung der Klausur fest. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen. 7Mit Widerspruchsbescheid vom 00. Juli 2019 wies die G1. den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führt die G1. im Wesentlichen aus, die Klägerin dringe mit ihren geltend gemachten Rügen nicht durch. Für eine sachgerechte Klausurbearbeitung habe es vorliegend eines Maßstabes auf dem beigefügten Kartenmaterial nicht gebraucht. Die Übersichtskarten dienten lediglich zur Lagebeurteilung. Ferner sei die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten in der beschriebenen Fallkonstellation einer Verfolgungsfahrt gemäß § 38 Abs. 1 StVO zulässig. Schließlich sei in dem Klausursachverhalt unter Punkt „1.3.6. FEM/sonstige Ausrüstungsgegenstände“ ausdrücklich aufgeführt, dass Stoppsticks vorhanden seien. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Widerspruchsbescheid vom 00. Juli 2019 Bezug genommen. 8Dagegen hat die Klägerin am 00. August 2019 Klage erhoben. 9Zur Begründung ihrer Klage nimmt die Klägerin Bezug auf die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gemachten Ausführungen und wiederholt diese im Wesentlichen. Ergänzend und vertiefend trägt sie vor, betreffend der Aufgabe 7 läge ein Bewertungsfehler vor. Ausweislich der im Widerspruchsbescheid gegebenen Begründung sei erwartet worden, dass zu daktyloskopischen Spuren, DNA-Spuren sowie Spuren an verfeuerter Munition Stellung genommen werde. Diese habe sie getan. Schließlich läge keine wirksame Prüfungsordnung vor. Damit existiere folglich auch kein wirksamer Modulverteilungsplan, aus dem sich habe ergeben können, in welchen Fächern, welche Prüfungsleistungen überhaupt zu erbringen seien. 10Die Klägerin beantragt sinngemäß, 11das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides über das endgültige Nichtbestehen des Moduls HS 1.2 und damit der gesamten Bachelor-Prüfung im Studiengang Polizeivollzugsdienst vom 00. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00. Juli 2019 zu verpflichten, ihr die Möglichkeit zur erneuten Ablegung der Wiederholungsprüfung im Modul HS 1.2 einzuräumen, 12hilfsweise, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides über das endgültige Nichtbestehen des Moduls HS 1.2 und damit der gesamten Bachelor-Prüfung im Studiengang Polizeivollzugsdienst vom 00. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00. Juli 2019 zu verpflichten, ihre am 00. März 2019 absolvierte Wiederholungsprüfung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts, einer Neubewertung zu unterziehen. 13Das beklagte Land beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung nimmt es im Wesentlichen Bezug auf die Gründe der angefochtenen Bescheide. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Kammer konnte gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter entscheiden, weil sie ihm mit Beschluss vom 17. Mai 2021 den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat. 19Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 20I. Die Klage hat zunächst mit ihrem Hauptantrag keinen Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Gewährung eines weiteren Prüfungsversuchs im Modul HS 1.2 zu. Der Bescheid respektive die Bewertung des Wiederholungsversuchs vom 7. März 2019 sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 211. Ein Anspruch auf einen weiteren regulären Prüfungsversuch im Modul HS 1.2 ergibt sich zunächst nicht aus den prüfungsrechtlichen Vorschriften. 22Einschlägig sind hierbei die Vorschriften der Verordnung über die Ausbildung und die II. Fachprüfung für den Laufbahnabschnitt II (Bachelor) der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Laufbahnabschnitt II Bachelor - VAPPol II Bachelor) in der aktuellen Fassung vom 14. Juli 2021. Weiterhin findet Teil A der Studienordnung der Bachelorstudiengänge an der HSPV (im Folgenden StudO-BA Teil A) Anwendung. Schließlich sind die „Regelungen für den Studiengang Polizeivollzugsdienst B.A. Ergänzende Regelungen“ (im Folgenden StudO-BA Teil B) einschlägig. 23Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 VAPPol II und § 13 Abs. 2 StudO-BA Teil A sind Studienleistungen in Modulen oder Teilmodulen, die schlechter als ausreichend (4,0) oder mit „nicht bestanden“ bewertet wurden, nicht bestanden und können einmal wiederholt werden. Wird in einer Studienleistungen auch in der Wiederholung eine Bewertung von mindestens ausreichend (4,0) bzw. „bestanden“ nicht erreicht, ist die Studienleistung endgültig nicht bestanden. Die Fortsetzung des Studiums ist ausgeschlossen. 24Diese prüfungsrechtlichen Vorschriften sind wirksam. Die Klägerin geht in diesem Zusammenhang zu Unrecht davon aus, dass es an einer verfassungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage fehle, um im Rahmen der Studienordnung der Bachelorstudiengänge an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW (StudO-BA) prüfungsrechtliche Regelungen für beamtete Studierende im Studiengang „Polizeivollzugsdienst“ zu treffen. Das Gericht schließt sich den Feststellungen des OVG NRW im Beschluss vom 25. Januar 2022, 6 B 1352/21, an, nach denen prüfungsrechtliche Regelungen in der Studienordnung für das hier streitgegenständliche Bachelorstudium, mit dessen erfolgreichem Abschluss die Befähigung für den Laufbahnabschnitt II des Polizeivollzugsdienstes erworben wird, nicht zu beanstanden sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorgenannte - den Beteiligten im Übrigen bekannte - Entscheidung verwiesen. 252. Ein Anspruch auf Gewährung eines weiteren Prüfungsversuchs erwächst der Klägerin auch nicht daraus, dass der Wiederholungsversuch an einem erheblichen Prüfungsmangel gelitten hätte. Die Entscheidung der G1. , die absolvierte Prüfungsleistung im Modul HS 1.2 als „nicht ausreichend“ (5,0) zu bewerten, begegnet vielmehr keinen rechtlichen Bedenken. 26Mit ihrer Rüge, eine sachgerechte Bearbeitung der Klausur sei nicht möglich gewesen, weil die Übersichtskarten aufgrund des fehlenden Maßstabs nicht brauchbar gewesen seien und der auf der Übersichtskarte im linken Drittel vorhandene Strich zur Verwirrung geführt habe, dringt die Klägerin nicht durch. Dies gilt auch für ihren weiteren Einwand, aus dem Klausursachverhalt lasse sich der Standort der weiteren, für den Einsatz zur Verfügung stehenden Kräfte nicht entnehmen, weswegen eine sinnvolle Koordinierung der Anfahrtswege unmöglich gewesen sei. 27Die Kammer hat zu dieser Aufgabenstellung bereits mit Beschluss vom 15. September 2020 - 2 L 1686/20 – festgestellt: 28„[…] Die Rüge des Antragstellers, eine sachgerechte Bearbeitung der Aufgabenstellung sei auch angesichts des beigefügten und nicht mit einem Maßstab versehenen Kartenmaterials nicht möglich gewesen, hat keinen Erfolg. 29Es kann offenbleiben, ob Mängel hinsichtlich der Aufgabenstellung vorlagen. Jedenfalls kann sich der Antragsteller hierauf nicht mehr berufen. 30Der Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt, dass die Prüflinge ihre Prüfungsleistungen möglichst unter gleichen äußeren Prüfungsbedingungen erbringen können. Dieser Grundsatz verlangt aber nicht, die Sorge für einen ordnungsgemäßen Ablauf allein der Prüfungsbehörde und den Prüfern aufzuerlegen. Aus dem zwischen dem Prüfling und der Prüfungsbehörde begründeten Rechtsverhältnis ergibt sich für den Kandidaten nach dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Mitwirkungspflicht, die auch die Pflicht zur rechtzeitigen Geltendmachung von Mängeln des Prüfungsverfahrens beinhaltet. Denn es stellt ein widersprüchliches Verhalten dar, einerseits Rechte nicht voll in Anspruch zu nehmen und sich andererseits darauf zu berufen, sie seien nicht im erforderlichen Umfang gewährt worden. Der Prüfling ist daher nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gemäß § 242 BGB aufgrund seiner Mitwirkungsobliegenheit verpflichtet, Verfahrensmängel unverzüglich geltend zu machen, wenn er hieraus rechtliche Konsequenzen ziehen will. Diese Obliegenheit dient der Wahrung der Chancengleichheit in zweierlei Hinsicht: Sie soll zum einen verhindern, dass der Prüfling, indem er in Kenntnis des Verfahrensmangels zunächst die Prüfung fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet, sich mit einer späteren Rüge eine zusätzliche – ihm nicht zustehende – Prüfungschance verschafft. Zum anderen soll der Prüfungsbehörde eine zeitnahe Überprüfung des gerügten Mangels mit dem Ziel einer noch rechtzeitigen Korrektur oder Kompensation ermöglicht werden. 31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. August 2017 – 19 A 1451/15 –, juris Rn. 9 f. m.w.N.; Urteil der Kammer vom 20. November 2018 – 2 K 3180/18 –, juris Rn. 24. 32Unterlässt der Prüfling eine rechtzeitige Rüge, kann er sich nach Abschluss der Prüfung auf denselben Mangel nicht mehr berufen. 33Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2016 – 6 E 302/16 –, juris Rn. 4. 34Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Prüfling geltend macht, dass der Prüfungsstoff unzulässig oder ungeeignet sei. 35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2010 – 6 B 743/10 –, juris Rn. 11. 36So liegt der Fall hier. Dem Antragsteller oblag es nach den oben dargestellten Grundsätzen, den von ihm als solchen empfundenen Mangel, dass es aufgrund der Aufgabenstellung und des beigefügten Kartenmaterials nicht möglich gewesen sei, die Wiederholungsklausur sachgerecht zu bearbeiten, jedenfalls vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses gegenüber der Prüfungsbehörde zu rügen. Dies hat er indes unterlassen. Das Ergebnis über das Nichtbestehen der am 00. März 2019 angefertigten Wiederholungsklausur ist ihm am 00. April 2019 bekanntgegeben worden. Den am 00. April 2019 eingelegten Widerspruch hat er erstmals am 00. Juni 2019 durch seine Prozessbevollmächtigten begründen lassen. 37Allein bis zur Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses hat er mithin nahezu einen Monat verstreichen lassen, ohne die ihm bekannten Mängel zu rügen. Wenn der Antragsteller auf der einen Seite mit dem Erheben der Rüge gegebenenfalls in der Hoffnung abwartet, doch noch bestanden zu haben, muss er auf der anderen Seite das Risiko des Scheiterns dieser Erwartung auf sich nehmen. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller im Vorfeld der Klausur darauf hingewiesen worden ist („Hinweise zu Störungen durch inhaltliche Fehler in den Klausuren, formale Aufbaufehler und sonstige Unregelmäßigkeiten“), dass etwaige Einwendungen nach der Klausur an das Prüfungsamt herangetragen werden können. 38Aus den vorgenannten Gründen dringt der Antragsteller auch mit seinem Einwand, der der Klausur zugrunde liegenden Sachverhalt weise Lücken (wie etwa fehlende Angaben zu Standorten und zur aktuellen Verkehrslage) auf, nicht durch. 39Nicht nachvollziehbar ist der Vorhalt des Antragstellers, er habe während der Bearbeitung der Klausur gar keine Kenntnis darüber besessen, inwieweit die anderen Einsatzkräfte über sogenannte Stoppsticks verfügt hätten. Denn unter Ziffer 1.3.6 FEM/sonstige Ausrüstungsgegenstände der Aufgabenstellung ist aufgeführt worden, dass „an die PVB“ solche Sticks ausgegeben worden sind. 40(…) 41Auch inhaltliche Bewertungsfehler sind nicht ersichtlich. Die Rüge des Antragstellers, dass bis zum Anfertigen der Klausur waffenrechtliche Vorschriften noch gar nicht zum Lerninhalt gehört hätten, geht fehl. Nach der Aufgabe 7 sollten die Prüflinge lediglich den Sachbeweis bezogen auf die Schusswaffe und die daran befindlichen beziehungsweise zu erwartenden Spuren analysieren. Waffenrechtliche Vorschriften waren nicht Gegenstand der Aufgabenstellung.“ 42Der Einzelrichter nimmt Bezug auf diese Feststellungen und macht sie sich auch im Streitfall zu Eigen. 43Bewertungsfehler liegen auch sonst nicht vor. Soweit die Klägerin pauschal einwendet, sie habe die Aufgabe 7 bearbeitet, hat KD G. in seiner Stellungnahme vom 00. Juni 2019 insoweit bewertungsfehlerfrei ausgeführt: „Bei der Fragestellung 7 „Analysieren Sie den Sachbeweis bezogen auf die Schusswaffe und die daran befindlichen bzw. zu erwartenden Spuren“ ging es nicht darum, eventuelle waffenrechtliche Verstöße festzustellen. Vielmehr waren entsprechende Schusswaffenspuren sowie an der Schusswaffe befindliche Spuren nach dem Schema der Kriminalistischen Fallanalyse zu analysieren. Die Spuren wären hinsichtlich der Analysefelder Spurenart, Beweiskraft, Beweiswert und Abgleichmöglichkeiten zu analysieren gewesen. Erwartet wurden hier u.a. Ausführungen zu Fingerspuren, DNA-Spuren, Situationsspuren und den spezifischen Spuren der Schusswaffe an verfeuerten Projektilen. (…)“. An einer solchen analytischen Darstellung fehlt es in der Klausurbearbeitung der Klägerin auf den Seiten 7 und 8. Dies hebt auch KD G. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 00. Dezember 2019 nochmals hervor, in der er sich mit dem diesbezüglichen Einwand der Klägerin auseinandersetzt. 44II. Auch der zulässige Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg. Die vorstehenden Ausführungen vorangestellt, begegnet die getroffene Prüfungsentscheidung in der Sache keinen Bedenken, sodass die Klägerin vor diesem Hintergrund weder eine Neubewertung noch eine erneute Wiederholungsprüfung beanspruchen kann. 45Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 46Rechtsmittelbelehrung: 47Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 48Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 49Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 50Die Berufung ist nur zuzulassen, 511. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 522. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 533. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 544. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 555. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 56Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 57Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 58Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 59Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 60Beschluss: 61Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 5.000,00 Euro festgesetzt. 62Gründe: 63Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 64Rechtsmittelbelehrung: 65Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 66Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 67Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 68Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 69Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 70War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, soweit nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin war studierende im bachelorstudiengang polizeivollzugsdienst an der hochschule für q. und p. w. o. –x. (vormals g. für p. w. o1. ,g1.) im einstellungsjahrgang 2017 und als solche kommissaranwärterin sowie beamtin auf widerruf. 3im rahmen ihres bachelorstudiums hatte die klägerin im modul hs 1.2 – bekämpfung der einfachen und mittleren kriminalität – am 00. märz 2019 eine prüfungsleistung in form einer wiederholungsklausur „einsatzlehre und kriminalistik/kriminaltechnik“ zu absolvieren. die g1. bewertete diesen wiederholungsversuch mit „nicht ausreichend“ (5,0). wegen der diesbezüglichen einzelheiten – klausurtext, bearbeitung durch die klägerin, bewertung der klausur durch die korrektoren – wird auf den beigezogenen verwaltungsvorgang bezug genommen 4mit bescheid vom 00. april 2019 gab die g1. gegenüber der klägerin ihr endgültiges nichtbestehen des moduls und das damit einhergehende ende ihres bachelorstudiums bekannt. 5unter dem 00. april 2019 legte die klägerin per e-mail und unter dem 00. april 2019 per schreiben gegen die bewertung ihrer wiederholungsprüfung widerspruch ein, den sie mit schreiben vom 00. juni 2019 begründete. zur begründung führte sie diesbezüglich im wesentlichen aus, aufgrund der aufgabenstellung und des beigefügten kartenmaterials sei eine sachgerechte bearbeitung der klausur nicht möglich gewesen. es sei eine übersichtskarte über den derzeitigen standort der verfolgungsfahrt sowie die voraussichtliche fahrtstrecke und ein überblick über die a 0 und dort die anschlussstelle n. beigefügt gewesen. die übersichtskarten zusammen mit dem klausursachverhalt seien im ergebnis nicht brauchbar gewesen. dies schon deshalb, weil sich auf den karten kein maßstab befunden habe, was es unmöglich gemacht habe, die weitergehenden einsatzkräfte zu koordinieren und den zeitlichen ablauf einzuschätzen. desweiteren befände sich auf der übersichtskarte im linken drittel ein strich, der im hinblick auf die klausurlösung keinen sinn ergeben, jedoch zur verwirrung führen würde, weil er nicht erklärbar sei. aus dem klausursachverhalt lasse sich auch nicht entnehmen, an welchem standort sich die weiteren zur verfügung stehenden kräfte befinden würden. daher habe sie diesbezüglich nur vermutungen anstellen können. insgesamt sei die aufgabenstellung so nicht zu bearbeiten gewesen. auch lasse sich aus dem kartenmaterial nicht erkennen, inwieweit getrennte fahrbahnen vorlägen, weshalb die einhaltung der grundsätze der pdv 100 nicht habe geprüft werden können. gleiches betreffe die entscheidung über die inanspruchnahme von sonder- und wegerechten. die inanspruchnahme von sonder- und wegerechten sei unter anderem auch mit blick auf die im sachverhalt angegebene uhrzeit nicht notwendig gewesen. insgesamt lasse sich festhalten, dass der sachverhalt lücken aufweise, die eine ordnungsgemäße bearbeitung unmöglich gemacht hätten. betreffend aufgabe 7 sei darauf hinzuweisen, dass allenfalls ein verdacht im hinblick auf unerlaubten waffenbesitz vorliege, weshalb es ausgereicht habe, genau dies zu thematisieren. die thematik des waffenrechts habe bis dato auch noch nicht zum prüfungsinhalt des kurrikulums gehört, sodass sie auch keine weiteren erkenntnisse darüber haben konnte. in der klausur sei etwas von ihr verlangt worden, was sie bis zu diesem zeitpunkt ihres studiums noch nicht habe wissen müssen. ein weiterer fehler des klausursachverhalts liege darin begründet, dass sie keine kenntnis darüber hätte haben können, inwieweit die anderen einsatzkräfte über sog. stoppsticks verfügten. 6die g1. forderte die jeweiligen erst- und zweitkorrektoren im rahmen des widerspruchsverfahrens zur stellungnahme hinsichtlich der geltend gemachten einwendungen ihrer korrekturen auf. sämtliche der korrektoren hielten an der durch sie erfolgten bewertung der klausur fest. wegen der diesbezüglichen einzelheiten wird auf den beigezogenen verwaltungsvorgang bezug genommen. 7mit widerspruchsbescheid vom 00. juli 2019 wies die g1. den widerspruch der klägerin zurück. zur begründung führt die g1. im wesentlichen aus, die klägerin dringe mit ihren geltend gemachten rügen nicht durch. für eine sachgerechte klausurbearbeitung habe es vorliegend eines maßstabes auf dem beigefügten kartenmaterial nicht gebraucht. die übersichtskarten dienten lediglich zur lagebeurteilung. ferner sei die inanspruchnahme von sonder- und wegerechten in der beschriebenen fallkonstellation einer verfolgungsfahrt gemäß § 38 abs. 1 stvo zulässig. schließlich sei in dem klausursachverhalt unter punkt „1.3.6. fem/sonstige ausrüstungsgegenstände“ ausdrücklich aufgeführt, dass stoppsticks vorhanden seien. wegen der begründung im einzelnen wird auf den widerspruchsbescheid vom 00. juli 2019 bezug genommen. 8dagegen hat die klägerin am 00. august 2019 klage erhoben. 9zur begründung ihrer klage nimmt die klägerin bezug auf die im rahmen des widerspruchsverfahrens gemachten ausführungen und wiederholt diese im wesentlichen. ergänzend und vertiefend trägt sie vor, betreffend der aufgabe 7 läge ein bewertungsfehler vor. ausweislich der im widerspruchsbescheid gegebenen begründung sei erwartet worden, dass zu daktyloskopischen spuren, dna-spuren sowie spuren an verfeuerter munition stellung genommen werde. diese habe sie getan. schließlich läge keine wirksame prüfungsordnung vor. damit existiere folglich auch kein wirksamer modulverteilungsplan, aus dem sich habe ergeben können, in welchen fächern, welche prüfungsleistungen überhaupt zu erbringen seien. 10die klägerin beantragt sinngemäß, 11das beklagte land unter aufhebung des bescheides über das endgültige nichtbestehen des moduls hs 1.2 und damit der gesamten bachelor-prüfung im studiengang polizeivollzugsdienst vom 00. april 2019 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 00. juli 2019 zu verpflichten, ihr die möglichkeit zur erneuten ablegung der wiederholungsprüfung im modul hs 1.2 einzuräumen, 12hilfsweise, das beklagte land unter aufhebung des bescheides über das endgültige nichtbestehen des moduls hs 1.2 und damit der gesamten bachelor-prüfung im studiengang polizeivollzugsdienst vom 00. april 2019 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 00. juli 2019 zu verpflichten, ihre am 00. märz 2019 absolvierte wiederholungsprüfung unter berücksichtigung der rechtsauffassung des gerichts, einer neubewertung zu unterziehen. 13das beklagte land beantragt, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung nimmt es im wesentlichen bezug auf die gründe der angefochtenen bescheide. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie den der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten landes bezug genommen. 17 | 18die kammer konnte gemäß § 6 abs. 1 vwgo durch den einzelrichter entscheiden, weil sie ihm mit beschluss vom 17. mai 2021 den rechtsstreit zur entscheidung übertragen hat. 19die klage hat insgesamt keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 20i. die klage hat zunächst mit ihrem hauptantrag keinen erfolg. der klägerin steht kein anspruch auf gewährung eines weiteren prüfungsversuchs im modul hs 1.2 zu. der bescheid respektive die bewertung des wiederholungsversuchs vom 7. märz 2019 sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 211. ein anspruch auf einen weiteren regulären prüfungsversuch im modul hs 1.2 ergibt sich zunächst nicht aus den prüfungsrechtlichen vorschriften. 22einschlägig sind hierbei die vorschriften der verordnung über die ausbildung und die ii. fachprüfung für den laufbahnabschnitt ii (bachelor) der polizeivollzugsbeamtinnen und polizeivollzugsbeamten des landes nordrhein-westfalen (ausbildungs- und prüfungsverordnung laufbahnabschnitt ii bachelor - vappol ii bachelor) in der aktuellen fassung vom 14. juli 2021. weiterhin findet teil a der studienordnung der bachelorstudiengänge an der hspv (im folgenden studo-ba teil a) anwendung. schließlich sind die „regelungen für den studiengang polizeivollzugsdienst b.a. ergänzende regelungen“ (im folgenden studo-ba teil b) einschlägig. 23nach § 12 abs. 1 satz 1 vappol ii und § 13 abs. 2 studo-ba teil a sind studienleistungen in modulen oder teilmodulen, die schlechter als ausreichend (4,0) oder mit „nicht bestanden“ bewertet wurden, nicht bestanden und können einmal wiederholt werden. wird in einer studienleistungen auch in der wiederholung eine bewertung von mindestens ausreichend (4,0) bzw. „bestanden“ nicht erreicht, ist die studienleistung endgültig nicht bestanden. die fortsetzung des studiums ist ausgeschlossen. 24diese prüfungsrechtlichen vorschriften sind wirksam. die klägerin geht in diesem zusammenhang zu unrecht davon aus, dass es an einer verfassungsmäßigen ermächtigungsgrundlage fehle, um im rahmen der studienordnung der bachelorstudiengänge an der hochschule für polizei und öffentliche verwaltung nrw (studo-ba) prüfungsrechtliche regelungen für beamtete studierende im studiengang „polizeivollzugsdienst“ zu treffen. das gericht schließt sich den feststellungen des ovg nrw im beschluss vom 25. januar 2022, 6 b 1352/21, an, nach denen prüfungsrechtliche regelungen in der studienordnung für das hier streitgegenständliche bachelorstudium, mit dessen erfolgreichem abschluss die befähigung für den laufbahnabschnitt ii des polizeivollzugsdienstes erworben wird, nicht zu beanstanden sind. zur vermeidung von wiederholungen wird auf die vorgenannte - den beteiligten im übrigen bekannte - entscheidung verwiesen. 252. ein anspruch auf gewährung eines weiteren prüfungsversuchs erwächst der klägerin auch nicht daraus, dass der wiederholungsversuch an einem erheblichen prüfungsmangel gelitten hätte. die entscheidung der g1. , die absolvierte prüfungsleistung im modul hs 1.2 als „nicht ausreichend“ (5,0) zu bewerten, begegnet vielmehr keinen rechtlichen bedenken. 26mit ihrer rüge, eine sachgerechte bearbeitung der klausur sei nicht möglich gewesen, weil die übersichtskarten aufgrund des fehlenden maßstabs nicht brauchbar gewesen seien und der auf der übersichtskarte im linken drittel vorhandene strich zur verwirrung geführt habe, dringt die klägerin nicht durch. dies gilt auch für ihren weiteren einwand, aus dem klausursachverhalt lasse sich der standort der weiteren, für den einsatz zur verfügung stehenden kräfte nicht entnehmen, weswegen eine sinnvolle koordinierung der anfahrtswege unmöglich gewesen sei. 27die kammer hat zu dieser aufgabenstellung bereits mit beschluss vom 15. september 2020 - 2 l 1686/20 – festgestellt: 28„[…] die rüge des antragstellers, eine sachgerechte bearbeitung der aufgabenstellung sei auch angesichts des beigefügten und nicht mit einem maßstab versehenen kartenmaterials nicht möglich gewesen, hat keinen erfolg. 29es kann offenbleiben, ob mängel hinsichtlich der aufgabenstellung vorlagen. jedenfalls kann sich der antragsteller hierauf nicht mehr berufen. 30der grundsatz der chancengleichheit (art. 3 abs. 1 gg) verlangt, dass die prüflinge ihre prüfungsleistungen möglichst unter gleichen äußeren prüfungsbedingungen erbringen können. dieser grundsatz verlangt aber nicht, die sorge für einen ordnungsgemäßen ablauf allein der prüfungsbehörde und den prüfern aufzuerlegen. aus dem zwischen dem prüfling und der prüfungsbehörde begründeten rechtsverhältnis ergibt sich für den kandidaten nach dem auch im öffentlichen recht anwendbaren grundsatz von treu und glauben (§ 242 bgb) eine mitwirkungspflicht, die auch die pflicht zur rechtzeitigen geltendmachung von mängeln des prüfungsverfahrens beinhaltet. denn es stellt ein widersprüchliches verhalten dar, einerseits rechte nicht voll in anspruch zu nehmen und sich andererseits darauf zu berufen, sie seien nicht im erforderlichen umfang gewährt worden. der prüfling ist daher nach ständiger höchstrichterlicher rechtsprechung gemäß § 242 bgb aufgrund seiner mitwirkungsobliegenheit verpflichtet, verfahrensmängel unverzüglich geltend zu machen, wenn er hieraus rechtliche konsequenzen ziehen will. diese obliegenheit dient der wahrung der chancengleichheit in zweierlei hinsicht: sie soll zum einen verhindern, dass der prüfling, indem er in kenntnis des verfahrensmangels zunächst die prüfung fortsetzt und das prüfungsergebnis abwartet, sich mit einer späteren rüge eine zusätzliche – ihm nicht zustehende – prüfungschance verschafft. zum anderen soll der prüfungsbehörde eine zeitnahe überprüfung des gerügten mangels mit dem ziel einer noch rechtzeitigen korrektur oder kompensation ermöglicht werden. 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 7. august 2017 – 19 a 1451/15 –, juris rn. 9 f. m.w.n.; urteil der kammer vom 20. november 2018 – 2 k 3180/18 –, juris rn. 24. 32unterlässt der prüfling eine rechtzeitige rüge, kann er sich nach abschluss der prüfung auf denselben mangel nicht mehr berufen. 33vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. juli 2016 – 6 e 302/16 –, juris rn. 4. 34diese grundsätze gelten auch, wenn der prüfling geltend macht, dass der prüfungsstoff unzulässig oder ungeeignet sei. 35vgl. ovg nrw, beschluss vom 8. juli 2010 – 6 b 743/10 –, juris rn. 11. 36so liegt der fall hier. dem antragsteller oblag es nach den oben dargestellten grundsätzen, den von ihm als solchen empfundenen mangel, dass es aufgrund der aufgabenstellung und des beigefügten kartenmaterials nicht möglich gewesen sei, die wiederholungsklausur sachgerecht zu bearbeiten, jedenfalls vor bekanntgabe des prüfungsergebnisses gegenüber der prüfungsbehörde zu rügen. dies hat er indes unterlassen. das ergebnis über das nichtbestehen der am 00. märz 2019 angefertigten wiederholungsklausur ist ihm am 00. april 2019 bekanntgegeben worden. den am 00. april 2019 eingelegten widerspruch hat er erstmals am 00. juni 2019 durch seine prozessbevollmächtigten begründen lassen. 37allein bis zur bekanntgabe des prüfungsergebnisses hat er mithin nahezu einen monat verstreichen lassen, ohne die ihm bekannten mängel zu rügen. wenn der antragsteller auf der einen seite mit dem erheben der rüge gegebenenfalls in der hoffnung abwartet, doch noch bestanden zu haben, muss er auf der anderen seite das risiko des scheiterns dieser erwartung auf sich nehmen. dies gilt umso mehr, als der antragsteller im vorfeld der klausur darauf hingewiesen worden ist („hinweise zu störungen durch inhaltliche fehler in den klausuren, formale aufbaufehler und sonstige unregelmäßigkeiten“), dass etwaige einwendungen nach der klausur an das prüfungsamt herangetragen werden können. 38aus den vorgenannten gründen dringt der antragsteller auch mit seinem einwand, der der klausur zugrunde liegenden sachverhalt weise lücken (wie etwa fehlende angaben zu standorten und zur aktuellen verkehrslage) auf, nicht durch. 39nicht nachvollziehbar ist der vorhalt des antragstellers, er habe während der bearbeitung der klausur gar keine kenntnis darüber besessen, inwieweit die anderen einsatzkräfte über sogenannte stoppsticks verfügt hätten. denn unter ziffer 1.3.6 fem/sonstige ausrüstungsgegenstände der aufgabenstellung ist aufgeführt worden, dass „an die pvb“ solche sticks ausgegeben worden sind. 40(…) 41auch inhaltliche bewertungsfehler sind nicht ersichtlich. die rüge des antragstellers, dass bis zum anfertigen der klausur waffenrechtliche vorschriften noch gar nicht zum lerninhalt gehört hätten, geht fehl. nach der aufgabe 7 sollten die prüflinge lediglich den sachbeweis bezogen auf die schusswaffe und die daran befindlichen beziehungsweise zu erwartenden spuren analysieren. waffenrechtliche vorschriften waren nicht gegenstand der aufgabenstellung.“ 42der einzelrichter nimmt bezug auf diese feststellungen und macht sie sich auch im streitfall zu eigen. 43bewertungsfehler liegen auch sonst nicht vor. soweit die klägerin pauschal einwendet, sie habe die aufgabe 7 bearbeitet, hat kd g. in seiner stellungnahme vom 00. juni 2019 insoweit bewertungsfehlerfrei ausgeführt: „bei der fragestellung 7 „analysieren sie den sachbeweis bezogen auf die schusswaffe und die daran befindlichen bzw. zu erwartenden spuren“ ging es nicht darum, eventuelle waffenrechtliche verstöße festzustellen. vielmehr waren entsprechende schusswaffenspuren sowie an der schusswaffe befindliche spuren nach dem schema der kriminalistischen fallanalyse zu analysieren. die spuren wären hinsichtlich der analysefelder spurenart, beweiskraft, beweiswert und abgleichmöglichkeiten zu analysieren gewesen. erwartet wurden hier u.a. ausführungen zu fingerspuren, dna-spuren, situationsspuren und den spezifischen spuren der schusswaffe an verfeuerten projektilen. (…)“. an einer solchen analytischen darstellung fehlt es in der klausurbearbeitung der klägerin auf den seiten 7 und 8. dies hebt auch kd g. in seiner ergänzenden stellungnahme vom 00. dezember 2019 nochmals hervor, in der er sich mit dem diesbezüglichen einwand der klägerin auseinandersetzt. 44ii. auch der zulässige hilfsantrag bleibt ohne erfolg. die vorstehenden ausführungen vorangestellt, begegnet die getroffene prüfungsentscheidung in der sache keinen bedenken, sodass die klägerin vor diesem hintergrund weder eine neubewertung noch eine erneute wiederholungsprüfung beanspruchen kann. 45die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit fußt auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 46rechtsmittelbelehrung: 47gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 48auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 49innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 50die berufung ist nur zuzulassen, 511. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 522. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 533. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 544. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 555. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 56die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 57über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 58im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 59die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 60beschluss: 61der streitwert wird auf die wertstufe bis 5.000,00 euro festgesetzt. 62gründe: 63die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 64rechtsmittelbelehrung: 65gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 66auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 67die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 68die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 69die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 70war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 1 K 194/21.A | 2022-03-02T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Sprungrevision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der aus Syrien stammenden Kläger. 3Die Kläger sind nach eigenen Angaben syrische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit islamischen Glaubens. Die Klägerin zu 1. ist am 00.00.0000 geboren. Sie ist die Mutter der Kläger zu 2. bis 4. Die Klägerin zu 2. ist am 00.00.0000, die Klägerin zu 3. am 00.00.0000 und der Kläger zu 4. am 00.00.0000 geboren. 4Die Kläger verließen Syrien nach eigenen Angaben im Mai 2014 und reisten von dort u.a. über Griechenland im April 2019 nach Deutschland ein. Sie stellten am 30. April 2019 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) Asylanträge. Wie sich aus einer vom Bundesamt veranlassten EURODAC-Abfrage und einer im behördlichen Asylverfahren eingegangenen E-Mail der griechischen Behörden (Bl. 58 Beiakte 3) ergibt, war der Klägerin zu 1. in Griechenland am 25. Mai 2018 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Das Bundesamt hörte die Klägerin zu 1. am 30. April 2019 persönlich zu ihren Asylgründen an. Sie erklärte, vor ihrer Ausreise in Muhasan, Gouvernement Deir ez Zor, gelebt zu haben. Sie sei vor dem Krieg geflohen. In ihrem Wohnort sei es zu Bombardierungen durch das Regime gekommen, bei denen Menschen getötet worden seien. Auch das Haus ihrer Eltern sei durch einen Luftangriff zur Hälfte zerstört worden. Die Bombardierungen hätten sich vor allem gegen Kämpfer der Freien Syrischen Armee in ihrem Ort gerichtet, jedoch seien davon auch Zivilisten betroffen gewesen. Es herrsche in ganz Syrien noch Krieg, daher wolle sie - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Kinder - nicht dorthin zurückkehren, sondern in Deutschland in Sicherheit leben. 5Mit Bescheid vom 15. Mai 2019 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger als unzulässig ab und drohte ihnen die Abschiebung nach Griechenland an. Mit Urteil vom 25. August 2020 hob das Verwaltungsgericht Arnsberg diesen Bescheid im Wesentlichen auf. Daraufhin erkannte das Bundesamt den Klägern mit Bescheid vom 13. Januar 2021, zur Post gegeben am 18. Januar 2021, den subsidiären Schutzstatus zu (Ziffer 1). Im Übrigen lehnte es ihre Asylanträge ab (Ziffer 2). 6Am 28. Januar 2021 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung nehmen sie auf die Angaben in ihrer Anhörung vor dem Bundesamt Bezug. 7Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß, 8die Beklagte zu verpflichten, ihnen unter Aufhebung der Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13. Januar 2021 die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 9Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 10die Klage abzuweisen, 11und bezieht sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (eine Datei) und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts (drei Dateien) verwiesen. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung. Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 13. Januar und 2. Februar 2022 wirksam ihr Einverständnis hierzu erklärt (§ 101 Abs. 2 VwGO). 15Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Die Klagefrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung (§ 74 Abs. 1, Halbsatz 1 AsylG) ist gewahrt. Der angegriffene Bescheid wurde ausweislich eines Vermerks in den Verwaltungsvorgängen (Bl. 261 Beiakte 1) erst am 18. Januar 2021 zur Post gegeben; die Klage ging bereits am 28. Januar 2021 bei Gericht ein. 16Die Klage ist jedoch unbegründet. 17Die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft mit Bescheid vom 13. Januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ein solcher Anspruch folgt weder daraus, dass der Klägerin zu 1. in Griechenland die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (I.) noch aus § 3 Abs. 1 und 4 AsylG (II.). Aus diesem Grund bedarf die Frage der Zulässigkeit der Asylanträge, insbesondere ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Asylanträge der Kläger im vorliegenden Verfahren trotz des Urteils des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25. August 2020 gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgewiesen werden dürften, keiner weiteren Vertiefung. 18I. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft folgt nicht bereits daraus, dass der Klägerin zu 1. in Griechenland die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. 191. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 60, sog. Asylverfahrensrichtlinie, im Folgenden: RL 2013/32/EU) dahingehend auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verbietet, einen Asylantrag mit der Begründung als unzulässig abzulehnen, dass dem Antragsteller bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz zuerkannt wurde, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen Mitgliedstaat erwarten, ihn der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aussetzen würden. 20Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. (Ibrahim u.a.) -, NVwZ 2019, 785, Rn. 81 ff., sowie Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a. (Hamed u.a.) -, InfAuslR 2020, 62, Rn. 43. 21In einem solchen Fall hat das Bundesamt ein neues Asylverfahren durchzuführen. 22Vgl. EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a. (Hamed u.a.) -, InfAuslR 2020, 62, Rn. 42. 23§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist entsprechend unionsrechtskonform einschränkend auszulegen. 24Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. April 2020 - 1 C 4.19 -, NVwZ 2020, 1839, Rn. 36, und vom 17. Juni 2020 - 1 C 35.19 -, Asylmagazin 2020, 316, Rn. 23. 25Diesen Anforderungen ist das Bundesamt nachgekommen, indem es nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25. August 2020 mit dem angefochtenen Bescheid über die Asylanträge der Kläger in der Sache entschieden hat. 262. Bei seiner Entscheidung war das Bundesamt nicht an die Entscheidung der griechischen Behörden gebunden. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat entfaltet keine Bindungswirkung für die Entscheidung des Bundesamts über einen in Deutschland gestellten Asylantrag. 27Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 30. September 2021 im Verfahren C- 483/20, juris Rn. 64 und 70; VG Ansbach, Urteil vom 17. März 2020 - AN 17 K 18.50394 -, juris Rn. 21 ff.; VG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 7. Juli 2020 - A 9 K 4137/19 -, juris Rn. 59, und Urteil vom 6. August 2020 - A 4 K 1897/20 -, juris Rn. 45; VG Aachen, Urteil vom 9. Juni 2021 - 1 K 1646/20.A -, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteile vom 4. August 2021 - 16 K 1148/21.A -, juris Rn. 39, und vom 9. August 2021 - 29 K 1915/19.A -, juris Rn. 79; VG Göttingen, Urteil vom 18. August 2021 - 2 A 74/21 -, juris Rn. 30; VG Cottbus, Urteil vom 18. August 2021 - 5 K 243/21.A -, juris Rn. 29; Dörig, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2. Auflage 2016, Art. 1 RL 2011/95/EU, Rn. 2; Funke, in: Enzyklopädie Europarecht, Band 10: Europäischer Freizügigkeitsraum - Unionsbürgerschaft und Migrationsrecht, § 16 Rn. 53; a.A. Becker, Asylmagazin 2020, 299, 301 f.; zweifelnd Pfersich, ZAR 2021, 387, 387; offen gelassen von Berlit, jurisPR-BVerwG 23/2020 Anm. 1 unter C; Bülow/Schiebel, ZAR 2020, 72, 74. 28Für eine solche Bindung besteht keine rechtliche Grundlage. Aus dem nationalen Recht folgt eine solche Bindung nicht (a.). Dies steht sowohl mit Völkerrecht (b.) als auch mit Unionsrecht (c.) in Einklang. Deshalb durfte das Bundesamt die (erneuten) Asylanträge der Kläger (erneut) inhaltlich prüfen. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG steht dem nicht entgegen. 29A.A. VG Saarlouis, Urteil vom 2. November 2020 - 3 K 699/20 -, juris Rn. 16 f. 30Zwar hat nach dieser Norm das Bundesamt kein erneutes Asylverfahren durchzuführen, wenn eine Person - wie hier - bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling anerkannt ist. Jedoch ist hier von der Anwendung dieser Vorschrift abzusehen, weil ihre Anwendung im vorliegenden Fall nicht mit Unionsrecht in Einklang stünde. Auf die Ausführungen unter 1. wird Bezug genommen. 31a. Das nationale Recht kennt keine Bindung an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat. Die von entsprechenden Entscheidungen anderer Staaten ausgehenden Rechtswirkungen sind in § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG abschließend geregelt. Danach schließt die für einen bestimmten Staat ausgesprochene ausländische Anerkennung als Flüchtling die Abschiebung in diesen Staat auch für Deutschland aus. Durch diese nationale Regelung hat der deutsche Gesetzgeber den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beigemessen und eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung angeordnet. 32Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, BVerwGE 150, 29, Rn. 29, und vom 30. März 2021 - 1 C 41.20 -, NVwZ 2022, 66, Rn. 32. 33Andere sich aus dem nationalen Recht ergebende Anknüpfungspunkte für eine - über die in § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG hinausgehende - Bindung an ausländische Anerkennungsentscheidungen sind nicht ersichtlich. Insbesondere gibt es keine dem § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG 34- vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 4. Juni 1991 - 1 C 42.88 -, BVerwGE 88, 254 (juris Rn. 17 ff.), und vom 27. April 2021 - 1 C 2.21 -, Asylmagazin 2021, 330, Rn. 12 - 35entsprechende Regelung, die anordnet, dass einem Asylantragsteller bei einer ausländischen Anerkennung als Flüchtling auch von den deutschen Behörden die Flüchtlingseigenschaft ohne eine inhaltliche Prüfung, ob die allgemeinen Flüchtlingsmerkmale des § 3 Abs. 1 AsylG erfüllt sind, "ipso facto" zuzuerkennen ist. 36b. Aus dem Völkerrecht, insbesondere aus der Genfer Flüchtlingskonvention, ergibt sich keine Bindung an eine in einem anderen Mitgliedstaat erfolgte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Die Genfer Flüchtlingskonvention legt zwar einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen Staats vor. 37Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 -, BVerfGE 52, 391 (juris Rn. 22 ff.); BVerwG, Urteile vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, BVerwGE 150, 29, Rn. 29, und vom 30. März 2021 - 1 C 41.20 -, NVwZ 2022, 66, Rn. 32. 38c. Eine Bindung an eine in einem anderen Mitgliedstaat erfolgte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Eine solche kann weder dem Primär- noch dem Sekundärrecht oder der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entnommen werden. 39Das Primärrecht der Europäischen Union enthält keine Bestimmung, die eine Bindung an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat vorsieht. Es ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 lit. a) und b) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2016, C 202, S. 1, im Folgenden: AEUV) zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen. Das maßgebliche Sekundärrecht enthält jedoch derzeit keine Regelungen, die einen solchen einheitlichen Status umsetzen; weder die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9, sog. Qualifikationsrichtlinie, im Folgenden: RL 2011/95/EU) noch die Richtlinie 2013/32/EU sehen eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung vor. 40Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, BVerwGE 150, 29, Rn. 29, und vom 30. März 2021 - 1 C 41.20 -, NVwZ 2022, 66, Rn. 32; Dörig, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2. Auflage 2016, Art. 1 RL 2011/95/EU, Rn. 2; Funke, in: Enzyklopädie Europarecht, Band 10: Europäischer Freizügigkeitsraum - Unionsbürgerschaft und Migrationsrecht, § 16 Rn. 53. 41aa. Insbesondere findet sich in der Richtlinie 2011/95/EU keine Art. 12 Abs. 1 lit. a) Satz 2 RL 2011/95/EU 42- vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 19. Dezember 2012 - C-364/11 (El Kott) -, NVwZ-RR 2013, 160, Rn. 67, 70 ff. und 76, und vom 25. Juli 2018 - C-585/16 (Alheto) -, ZAR 2019, 31, Rn. 86 - 43entsprechende Regelung, aus der sich ergäbe, dass der Asylantragsteller im Falle der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat "ipso facto" in allen anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen wäre. 44bb. Auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben des Unionsrechts enthalten keine Regelung, aus der sich eine Bindung an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat ergibt. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog Dublin-Verordnung, im Folgenden: VO 604/2013) und Art. 3 Abs. 1 RL 2013/32/EU prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Die Bearbeitung der Asylanträge erfolgt gemäß Art. 31 Abs. 1 RL 2013/32/EU unter Beachtung der Grundsätze und Garantien der Art. 6 bis 30 RL 2013/32/EU und beinhaltet in der Regel eine inhaltliche Prüfung des Antrags (vgl. Erwägungsgrund 43 der Richtlinie 2013/32/EU). Abweichend hiervon gestattet Art. 33 Abs. 1 und 2 RL 2013/32/EU es einem Mitgliedstaat, in den dort abschließend geregelten 45- vgl. EuGH, Urteil vom 14. Mai 2020 - C-924/19 PPU u.a. (FMS u.a.) -, EuGRZ 2020, 546, Rn. 149 - 46Fällen einen Asylantrag unter Verzicht auf eine inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens als unzulässig abzuweisen. Von der hier einschlägigen Regelung des auf Art. 33 Abs. 2 lit. a) RL 2013/32/EU basierenden § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG hat das Bundesamt aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25. August 2020 keinen Gebrauch macht. Eine Regelung, die explizit eine Bindung an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat vorsieht, enthält die Richtlinie 2013/32/EU nicht. 47Eine solche Bindung kann auch nicht aus anderen Regelungen der Richtlinie 2013/32/EU abgeleitet werden. Zwar hat der Unzulässigkeitsgrund des Art. 33 Abs. 2 lit. d) RL 2013/32/EU jedenfalls nach der ganz h.M., die diese Norm auch auf Fälle der Stellung eines weiteren Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (vgl. § 71a Abs. 1 AsylG) anwendet 48- vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 18. März 2021 im Verfahren C-8/20, juris Rn. 49 bis 86; Sächsisches OVG, Beschluss vom 27. Juli 2020 - 5 A 638/19.A -, juris Rn. 12 ("acte clair"); OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - OVG 6 N 89/20 -, juris Rn. 24 ("acte clair"); OVG Bremen, Urteil vom 3. November 2020 - 1 LB 28/20 -, juris Rn. 45 ff. ("acte clair"); VG Berlin, Beschluss vom 17. Juli 2015 - 33 L 164/15.A -, juris Rn. 10 ff.; VG Hamburg, Beschluss vom 14. Juli 2016 - 1 AE 2790/16 -, juris Rn. 11 ff.; VG Karlsruhe, Urteil vom 13. März 2019 - A 1 K 3235/16 -, juris Rn. 26; VG Minden, Urteil vom 9. Dezember 2019 - 10 K 995/18 -, juris Rn. 34 f.; Funke-Kaiser, in: Funke-Kaiser/Vormeier, GKAsylG, § 71a Rn. 14 (Stand: Dezember 2019); Hailbronner, in: Hailbronner, Ausländerrecht, § 71a AsylG Rn. 6 (Stand: August 2020); a.A. Europäische Kommission, zitiert nach EuGH, Urteil vom 20. Mai 2021 - C-8/20 (L.R.) -, ZAR 2021, 254, Rn. 29; Marx, AsylG, 10. Auflage 2019, § 71a Rn. 4 unter Bezugnahme auf Art. 40 Abs. 1 RL 2013/32/EU; offen gelassen: BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, BVerwGE 157, 18 Rn. 26 -, 49eine faktische Bindung an ablehnende Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten zur Folge, wenn nach Ablehnung eines Asylantrags in einem Mitgliedstaat ein weiterer Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt wird und keine neuen Umstände oder Erkenntnisse zutage treten oder vorgebracht werden. Jedoch ist Art. 33 Abs. 2 lit. d) RL 2013/32/EU - ebenso wie die übrigen Unzulässigkeitsgründe des Art. 33 Abs. 2 RL 2013/32/EU - für die Mitgliedstaaten nicht bindend, sondern fakultativ; dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 1 ("müssen die Mitgliedstaaten nicht prüfen") und Abs. 2 ("können … als unzulässig betrachten") RL 2013/32/EU sowie Erwägungsgrund 43 ("sollten … nicht verpflichtet sein"). 50Vgl. EuGH, Urteil vom 22. Februar 2022 - C-483/20 - juris Rn. 31 ff. und 44 f. ("die durch Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU eingeräumte Befugnis"); Schlussanträge des Generalanwalts vom 30. September 2021 im Verfahren C-483/20, juris Rn. 68 ("fakultativen Charakter"). 51Kann Art. 33 Abs. 2 lit. d) RL 2013/32/EU schon in seinem Anwendungsbereich keine die Mitgliedstaaten verpflichtende Bindungswirkung an von einem anderen Mitgliedstaat getroffene Entscheidungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entnommen werden, scheidet diese Regelung auch als Grundlage für die Ableitung einer Bindungswirkung im vorliegenden Fall aus. 52cc. Aus dem unionsrechtlichen Grundsatz, dass der Asylantrag eines Antragstellers von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VO 604/2013), ergibt sich ebenfalls keine Bindungswirkung. Dieser Grundsatz stellt ein zentrales Prinzip des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) dar. 53Vgl. EuGH, Urteil vom 2. April 2019 - C-582/17 u.a. (H. und R.) -, Asylmagazin 2019, 190, Rn. 78. 54Aus diesem Grundsatz lässt sich schon deshalb nichts für eine Bindungswirkung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat entnehmen, da bei strikter Wahrung dieses u.a. auch durch Art. 33 Abs. 2 lit a) RL 2013/32/EU und § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährleisteten Grundsatzes die Frage einer Bindungswirkung überhaupt nicht aufkommen kann, weil es gar nicht zur Entscheidung eines weiteren Mitgliedstaats kommt. 55dd. Eine Bindungswirkung kann auch nicht aus dem im Unionsrecht geltenden Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens hergeleitet werden. 56A.A. Becker, Asylmagazin 2020, 299, 301 f. 57Das gegenseitige Vertrauen richtet sich darauf, dass die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2012, C 326, S. 391) anerkannten Grundrechte bieten. Im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gilt danach die Vermutung, dass die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Europäischen Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. 58Vgl. etwa EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, EuGRZ 2012, 24, Rn. 78 und 80, sowie vom 19. März 2019 - C-297/17 -, NVwZ 2019, 785, Rn. 83 ff. 59Diesem Grundsatz eines gegenseitigen Vertrauens in die Einhaltung der verfahrensmäßigen Garantien und Grundrechte im Asylverfahren lässt sich eine tatbestandliche Bindungswirkung an Asylentscheidungen anderer Mitgliedstaaten schon im Ansatz nicht entnehmen. Im Übrigen würde eine entsprechende Herleitung einer Bindungswirkung der bewussten Entscheidung des Unionsgesetzgebers widersprechen, zum jetzigen Zeitpunkt (noch) keinen einheitlichen Asyl- und subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige einzuführen. Aus den Erwägungsgründen 6 der Verordnung 604/2013 und 4 der Richtlinie 2013/32/EU ist ersichtlich, dass ein solcher einheitlicher Status noch nicht zum jetzigen Zeitpunkt, sondern erst auf längere Sicht umgesetzt werden soll. 60ee. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gerichtshof der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen Mitgliedstaat bindende Wirkung für andere Mitgliedstaaten beimisst. Entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich insbesondere nicht aus dem Beschluss des Gerichtshofs vom 13. November 2019 zur einschränkenden Auslegung des Art. 33 Abs. 2 lit. a) RL 2013/32/EU. Dort ist lediglich von der Durchführung eines neuen Asylverfahrens die Rede; die Frage der Bindungswirkung wird nicht thematisiert. 61Vgl. EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a. (Hamed u.a.) -, InfAuslR 2020, 62, Rn. 42. 62Die dortigen Ausführungen ("es sieht jedoch ohne ein neues Asylverfahren nicht die Anerkennung dieser Eigenschaft und die Gewährung der damit verbundenen Rechte auch in Deutschland vor") lassen allenfalls die Erwartung des Gerichtshofs erkennen, dass aufgrund eines weiteren Asylverfahrens dieselbe Entscheidung wie in dem in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten Asylverfahren getroffen wird. 63Zu dieser Erwartung vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 30. September 2021 im Verfahren C-483/20, juris Rn. 68. 64ff. Bindet die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat nach den vorstehenden Ausführungen das Bundesamt nicht, ist es nach der vorstehend unter bb) dargelegten Konzeption des Unionsrechts verpflichtet, den Asylantrag erneut in der Sache zu prüfen. 65Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 30. September 2021 im Verfahren C-483/20, juris Rn. 64; OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 2021 - 11 A 1564/20.A -, Asylmagazin 2021, 92 (juris Rn. 101). 66Dabei ist eine inhaltlich abweichende Entscheidung des Bundesamts nicht ausgeschlossen. 67Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 30. September 2021 im Verfahren C-483/20, juris Rn. 70; BVerwG, Beschluss vom 2. August 2017 - 1 C 37.16 -, juris Rn. 25; ähnlich Hessischer VGH, Urteil vom 4. November 2016 - 3 A 1292/16.A -, NVwZ 2017, 570, Leitsatz 4 "bei positiver Bescheidung". 68II. Ein Anspruch der Kläger auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. 691. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG setzt voraus, dass ein Ausländer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Gemäß § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen von Staaten (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die einen Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3). 70Gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG gelten Handlungen als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG kann als eine solche Verfolgung insbesondere die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt gelten. 71Zwischen den genannten Verfolgungsgründen und den genannten Verfolgungshandlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG), wobei es unerheblich ist, ob der Ausländer tatsächlich eines der in §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 AsylG aufgeführten Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG). Erforderlich ist ein gezielter Eingriff, wobei die Zielgerichtetheit sich nicht nur auf die durch die Handlung bewirkte Rechtsgutsverletzung selbst bezieht, sondern auch auf die Verfolgungsgründe, an die die Handlung anknüpfen muss. Maßgebend ist im Sinne einer objektiven Gerichtetheit die Zielrichtung, die der Maßnahme unter den jeweiligen Umständen ihrem Charakter nach zukommt. 72Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55, Rn. 22 und 24. 73Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. 74Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67, Rn. 19 und 32; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, juris Rn. 35 ff. 75Bei einer Vorverfolgung greift die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU. Nach dieser Bestimmung ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. 76Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, die Voraussetzungen hierfür glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutzsuchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Asylbewerbers berücksichtigt werden. 77Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A -, juris Rn. 59. 782. Gemessen daran erfüllen die Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht. 79Die Kläger haben keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass sie in Syrien vor ihrer Ausreise von staatlicher Seite oder von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt wurden oder ihnen eine Verfolgung unmittelbar drohte. Die von den Klägern geltend gemachten Kriegsgefahren (Bombardierungen) stellen keine gezielte Verfolgung dar und sind im Übrigen nicht mit einem in §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsmerkmal verknüpft. 80Den Klägern droht auch nicht allein aufgrund ihrer Ausreise aus Syrien, der Stellung eines Asylantrags sowie einem längeren Aufenthalt im westlichen Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Zwar machen die ausgewerteten Länderberichte und Auskünfte deutlich, dass für Syrer, denen eine oppositionelle Haltung zugeschrieben wird, ein beachtliches Risiko besteht, Opfer gravierender Verfolgungshandlungen zu werden. Die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass Syrern eine regimefeindliche Haltung allein deshalb unterstellt wird, weil sie aus Syrien ausgereist sind, in Deutschland einen Asylantrag gestellt und sich dort eine längere Zeit aufgehalten haben. 81Vgl. Europäisches Zentrum für Kurdische Studien, Auskunft an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vom 29. März 2017, S. 1 f.; Danish Immigration Service, Syria - Consequences of illegal exit, consequences of leaving a civil servant position with-out notice and the situation of Kurds in Damascus, Juni 2019, S. 6 f.; EASO, Country Guidance: Syria, November 2021, S. 54; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 1 A 10922/16 -, juris Rn. 57 ff.; OVG NRW (st. Rspr.), etwa Urteile vom 21. Februar 2017 - 14 A 2316/16.A -, NVwZ 2017, 1223 (juris Rn. 47 ff.), und vom 22. März 2021 - 14 A 3439/18.A -, Asylmagazin 2021, 165 (juris Rn. 41 ff.), sowie Beschluss vom 21. Mai 2021 - 14 A 895/18.A -, AuAS 2021, 178 (juris Rn. 6 ff.); OVG Saarlouis, Urteil vom 11. März 2017 - 2 A 215/17 -, NVwZ-RR 2017, 588 (juris Rn. 26 ff.); Thüringer OVG, Urteil vom 15. Juni 2018 - 3 KO 155/18 -, juris Rn. 60 f.; Sächsisches OVG, Urteil vom 21. August 2019 - 5 A 50/17.A -, SächsVBl 2020, 184 (juris Rn. 29); OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 3. Januar 2020 - 5 LB 34/19 -, juris Rn. 32 f.; Bayerischer VGH, Urteile vom 21. September 2020 - 21 B 19.32725 - juris Rn. 23 ff., und vom 8. Dezember 2021 - 21 B 19.33948 -, juris Rn. 21 ff.; OVG Bremen, Urteil vom 24. März 2021 - 2 LB 123/18 -, juris Rn. 30; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 22. April 2021 - 2 LB 147/18 -, juris Rn. 42 ff.; Hessischer VGH, Urteil vom 23. August 2021 - 8 A 1992/18.A -, juris S. 10 ff. 82Sonstige Umstände, aufgrund derer das syrische Regime den Klägern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle Gesinnung zuschreiben würde, oder die darauf hindeuten, dass den Klägern aus anderweitigen Gründen eine Verfolgung droht, sind nicht ersichtlich. 83III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 84IV. Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf §§ 78 Abs. 6 AsylG, 134 Abs. 1 und 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dem Verfahren kommt grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Rechtsfrage zu, ob das Bundesamt nach einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erfolgten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft das Asylbegehren noch inhaltlich prüfen darf oder ob die Zuerkennungsentscheidung des anderen Mitgliedstaats insoweit Bindungswirkung entfaltet. | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die sprungrevision wird zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten um die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft der aus syrien stammenden kläger. 3die kläger sind nach eigenen angaben syrische staatsangehörige arabischer volkszugehörigkeit islamischen glaubens. die klägerin zu 1. ist am 00.00.0000 geboren. sie ist die mutter der kläger zu 2. bis 4. die klägerin zu 2. ist am 00.00.0000, die klägerin zu 3. am 00.00.0000 und der kläger zu 4. am 00.00.0000 geboren. 4die kläger verließen syrien nach eigenen angaben im mai 2014 und reisten von dort u.a. über griechenland im april 2019 nach deutschland ein. sie stellten am 30. april 2019 beim bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) asylanträge. wie sich aus einer vom bundesamt veranlassten eurodac-abfrage und einer im behördlichen asylverfahren eingegangenen e-mail der griechischen behörden (bl. 58 beiakte 3) ergibt, war der klägerin zu 1. in griechenland am 25. mai 2018 die flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. das bundesamt hörte die klägerin zu 1. am 30. april 2019 persönlich zu ihren asylgründen an. sie erklärte, vor ihrer ausreise in muhasan, gouvernement deir ez zor, gelebt zu haben. sie sei vor dem krieg geflohen. in ihrem wohnort sei es zu bombardierungen durch das regime gekommen, bei denen menschen getötet worden seien. auch das haus ihrer eltern sei durch einen luftangriff zur hälfte zerstört worden. die bombardierungen hätten sich vor allem gegen kämpfer der freien syrischen armee in ihrem ort gerichtet, jedoch seien davon auch zivilisten betroffen gewesen. es herrsche in ganz syrien noch krieg, daher wolle sie - insbesondere auch im hinblick auf ihre kinder - nicht dorthin zurückkehren, sondern in deutschland in sicherheit leben. 5mit bescheid vom 15. mai 2019 lehnte das bundesamt die asylanträge der kläger als unzulässig ab und drohte ihnen die abschiebung nach griechenland an. mit urteil vom 25. august 2020 hob das verwaltungsgericht arnsberg diesen bescheid im wesentlichen auf. daraufhin erkannte das bundesamt den klägern mit bescheid vom 13. januar 2021, zur post gegeben am 18. januar 2021, den subsidiären schutzstatus zu (ziffer 1). im übrigen lehnte es ihre asylanträge ab (ziffer 2). 6am 28. januar 2021 haben die kläger die vorliegende klage erhoben. zur begründung nehmen sie auf die angaben in ihrer anhörung vor dem bundesamt bezug. 7die kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß, 8die beklagte zu verpflichten, ihnen unter aufhebung der ziffer 2 des bescheids des bundesamts für migration und flüchtlinge vom 13. januar 2021 die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 9die beklagte beantragt schriftsätzlich, 10die klage abzuweisen, 11und bezieht sich zur begründung auf ihre ausführungen im angefochtenen bescheid. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakte (eine datei) und die beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamts (drei dateien) verwiesen. 13 | 14das gericht entscheidet ohne mündliche verhandlung. die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 13. januar und 2. februar 2022 wirksam ihr einverständnis hierzu erklärt (§ 101 abs. 2 vwgo). 15die klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. die klagefrist von zwei wochen nach zustellung der entscheidung (§ 74 abs. 1, halbsatz 1 asylg) ist gewahrt. der angegriffene bescheid wurde ausweislich eines vermerks in den verwaltungsvorgängen (bl. 261 beiakte 1) erst am 18. januar 2021 zur post gegeben; die klage ging bereits am 28. januar 2021 bei gericht ein. 16die klage ist jedoch unbegründet. 17die ablehnung der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft mit bescheid vom 13. januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). die kläger haben nach der sach- und rechtslage im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung (§ 77 abs. 1 satz 1 asylg) keinen anspruch auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. ein solcher anspruch folgt weder daraus, dass der klägerin zu 1. in griechenland die flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (i.) noch aus § 3 abs. 1 und 4 asylg (ii.). aus diesem grund bedarf die frage der zulässigkeit der asylanträge, insbesondere ob und ggf. unter welchen voraussetzungen die asylanträge der kläger im vorliegenden verfahren trotz des urteils des verwaltungsgerichts arnsberg vom 25. august 2020 gemäß § 29 abs. 1 nr. 2 asylg als unzulässig abgewiesen werden dürften, keiner weiteren vertiefung. 18i. ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft folgt nicht bereits daraus, dass der klägerin zu 1. in griechenland die flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. 191. nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union ist art. 33 abs. 2 lit. a) der richtlinie 2013/32/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 (abl. l 180, s. 60, sog. asylverfahrensrichtlinie, im folgenden: rl 2013/32/eu) dahingehend auszulegen, dass er es einem mitgliedstaat der europäischen union verbietet, einen asylantrag mit der begründung als unzulässig abzulehnen, dass dem antragsteller bereits in einem anderen mitgliedstaat internationaler schutz zuerkannt wurde, wenn die lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen mitgliedstaat erwarten, ihn der ernsthaften gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung aussetzen würden. 20vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019 - c-297/17 u.a. (ibrahim u.a.) -, nvwz 2019, 785, rn. 81 ff., sowie beschluss vom 13. november 2019 - c-540/17 u.a. (hamed u.a.) -, infauslr 2020, 62, rn. 43. 21in einem solchen fall hat das bundesamt ein neues asylverfahren durchzuführen. 22vgl. eugh, beschluss vom 13. november 2019 - c-540/17 u.a. (hamed u.a.) -, infauslr 2020, 62, rn. 42. 23§ 29 abs. 1 nr. 2 asylg ist entsprechend unionsrechtskonform einschränkend auszulegen. 24vgl. bverwg, urteile vom 21. april 2020 - 1 c 4.19 -, nvwz 2020, 1839, rn. 36, und vom 17. juni 2020 - 1 c 35.19 -, asylmagazin 2020, 316, rn. 23. 25diesen anforderungen ist das bundesamt nachgekommen, indem es nach eintritt der rechtskraft des urteils des verwaltungsgerichts arnsberg vom 25. august 2020 mit dem angefochtenen bescheid über die asylanträge der kläger in der sache entschieden hat. 262. bei seiner entscheidung war das bundesamt nicht an die entscheidung der griechischen behörden gebunden. die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen anderen mitgliedstaat entfaltet keine bindungswirkung für die entscheidung des bundesamts über einen in deutschland gestellten asylantrag. 27vgl. schlussanträge des generalanwalts vom 30. september 2021 im verfahren c- 483/20, juris rn. 64 und 70; vg ansbach, urteil vom 17. märz 2020 - an 17 k 18.50394 -, juris rn. 21 ff.; vg karlsruhe, gerichtsbescheid vom 7. juli 2020 - a 9 k 4137/19 -, juris rn. 59, und urteil vom 6. august 2020 - a 4 k 1897/20 -, juris rn. 45; vg aachen, urteil vom 9. juni 2021 - 1 k 1646/20.a -, juris rn. 24; vg düsseldorf, urteile vom 4. august 2021 - 16 k 1148/21.a -, juris rn. 39, und vom 9. august 2021 - 29 k 1915/19.a -, juris rn. 79; vg göttingen, urteil vom 18. august 2021 - 2 a 74/21 -, juris rn. 30; vg cottbus, urteil vom 18. august 2021 - 5 k 243/21.a -, juris rn. 29; dörig, in: hailbronner/thym, eu immigration and asylum law, 2. auflage 2016, art. 1 rl 2011/95/eu, rn. 2; funke, in: enzyklopädie europarecht, band 10: europäischer freizügigkeitsraum - unionsbürgerschaft und migrationsrecht, § 16 rn. 53; a.a. becker, asylmagazin 2020, 299, 301 f.; zweifelnd pfersich, zar 2021, 387, 387; offen gelassen von berlit, jurispr-bverwg 23/2020 anm. 1 unter c; bülow/schiebel, zar 2020, 72, 74. 28für eine solche bindung besteht keine rechtliche grundlage. aus dem nationalen recht folgt eine solche bindung nicht (a.). dies steht sowohl mit völkerrecht (b.) als auch mit unionsrecht (c.) in einklang. deshalb durfte das bundesamt die (erneuten) asylanträge der kläger (erneut) inhaltlich prüfen. § 60 abs. 1 satz 3 aufenthg steht dem nicht entgegen. 29a.a. vg saarlouis, urteil vom 2. november 2020 - 3 k 699/20 -, juris rn. 16 f. 30zwar hat nach dieser norm das bundesamt kein erneutes asylverfahren durchzuführen, wenn eine person - wie hier - bereits außerhalb des bundesgebiets als flüchtling anerkannt ist. jedoch ist hier von der anwendung dieser vorschrift abzusehen, weil ihre anwendung im vorliegenden fall nicht mit unionsrecht in einklang stünde. auf die ausführungen unter 1. wird bezug genommen. 31a. das nationale recht kennt keine bindung an die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen anderen mitgliedstaat. die von entsprechenden entscheidungen anderer staaten ausgehenden rechtswirkungen sind in § 60 abs. 1 satz 2 aufenthg abschließend geregelt. danach schließt die für einen bestimmten staat ausgesprochene ausländische anerkennung als flüchtling die abschiebung in diesen staat auch für deutschland aus. durch diese nationale regelung hat der deutsche gesetzgeber den anerkennungsentscheidungen anderer staaten in begrenztem umfang rechtswirkungen auch im eigenen land beigemessen und eine auf den abschiebungsschutz begrenzte bindungswirkung der ausländischen flüchtlingsanerkennung angeordnet. 32vgl. bverwg, urteile vom 17. juni 2014 - 10 c 7.13 -, bverwge 150, 29, rn. 29, und vom 30. märz 2021 - 1 c 41.20 -, nvwz 2022, 66, rn. 32. 33andere sich aus dem nationalen recht ergebende anknüpfungspunkte für eine - über die in § 60 abs. 1 satz 2 aufenthg hinausgehende - bindung an ausländische anerkennungsentscheidungen sind nicht ersichtlich. insbesondere gibt es keine dem § 3 abs. 3 satz 2 asylg 34- vgl. hierzu bverwg, urteile vom 4. juni 1991 - 1 c 42.88 -, bverwge 88, 254 (juris rn. 17 ff.), und vom 27. april 2021 - 1 c 2.21 -, asylmagazin 2021, 330, rn. 12 - 35entsprechende regelung, die anordnet, dass einem asylantragsteller bei einer ausländischen anerkennung als flüchtling auch von den deutschen behörden die flüchtlingseigenschaft ohne eine inhaltliche prüfung, ob die allgemeinen flüchtlingsmerkmale des § 3 abs. 1 asylg erfüllt sind, "ipso facto" zuzuerkennen ist. 36b. aus dem völkerrecht, insbesondere aus der genfer flüchtlingskonvention, ergibt sich keine bindung an eine in einem anderen mitgliedstaat erfolgte zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. die genfer flüchtlingskonvention legt zwar einheitliche kriterien für die qualifizierung als flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche bindung eines vertragsstaats an die anerkennungsentscheidung eines anderen staats vor. 37vgl. bverfg, beschluss vom 14. november 1979 - 1 bvr 654/79 -, bverfge 52, 391 (juris rn. 22 ff.); bverwg, urteile vom 17. juni 2014 - 10 c 7.13 -, bverwge 150, 29, rn. 29, und vom 30. märz 2021 - 1 c 41.20 -, nvwz 2022, 66, rn. 32. 38c. eine bindung an eine in einem anderen mitgliedstaat erfolgte zuerkennung der flüchtlingseigenschaft ergibt sich auch nicht aus dem unionsrecht. eine solche kann weder dem primär- noch dem sekundärrecht oder der hierzu ergangenen rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union entnommen werden. 39das primärrecht der europäischen union enthält keine bestimmung, die eine bindung an die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen anderen mitgliedstaat vorsieht. es ermächtigt zwar nach art. 78 abs. 2 lit. a) und b) des vertrags über die arbeitsweise der europäischen union (abl. 2016, c 202, s. 1, im folgenden: aeuv) zu gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen union gültigen einheitlichen asylstatus und einen einheitlichen subsidiären schutzstatus für drittstaatsangehörige vorsehen. das maßgebliche sekundärrecht enthält jedoch derzeit keine regelungen, die einen solchen einheitlichen status umsetzen; weder die richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 (abl. l 337, s. 9, sog. qualifikationsrichtlinie, im folgenden: rl 2011/95/eu) noch die richtlinie 2013/32/eu sehen eine in der ganzen union gültige statusentscheidung vor. 40vgl. bverwg, urteile vom 17. juni 2014 - 10 c 7.13 -, bverwge 150, 29, rn. 29, und vom 30. märz 2021 - 1 c 41.20 -, nvwz 2022, 66, rn. 32; dörig, in: hailbronner/thym, eu immigration and asylum law, 2. auflage 2016, art. 1 rl 2011/95/eu, rn. 2; funke, in: enzyklopädie europarecht, band 10: europäischer freizügigkeitsraum - unionsbürgerschaft und migrationsrecht, § 16 rn. 53. 41aa. insbesondere findet sich in der richtlinie 2011/95/eu keine art. 12 abs. 1 lit. a) satz 2 rl 2011/95/eu 42- vgl. hierzu eugh, urteile vom 19. dezember 2012 - c-364/11 (el kott) -, nvwz-rr 2013, 160, rn. 67, 70 ff. und 76, und vom 25. juli 2018 - c-585/16 (alheto) -, zar 2019, 31, rn. 86 - 43entsprechende regelung, aus der sich ergäbe, dass der asylantragsteller im falle der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen anderen mitgliedstaat "ipso facto" in allen anderen mitgliedstaaten anzuerkennen wäre. 44bb. auch die verfahrensrechtlichen vorgaben des unionsrechts enthalten keine regelung, aus der sich eine bindung an die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen anderen mitgliedstaat ergibt. gemäß art. 3 abs. 1 satz 1 der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 (abl. l 180, s. 31, sog dublin-verordnung, im folgenden: vo 604/2013) und art. 3 abs. 1 rl 2013/32/eu prüfen die mitgliedstaaten jeden asylantrag, den ein drittstaatsangehöriger oder staatenloser im hoheitsgebiet eines mitgliedstaats einschließlich an der grenze oder in den transitzonen stellt. die bearbeitung der asylanträge erfolgt gemäß art. 31 abs. 1 rl 2013/32/eu unter beachtung der grundsätze und garantien der art. 6 bis 30 rl 2013/32/eu und beinhaltet in der regel eine inhaltliche prüfung des antrags (vgl. erwägungsgrund 43 der richtlinie 2013/32/eu). abweichend hiervon gestattet art. 33 abs. 1 und 2 rl 2013/32/eu es einem mitgliedstaat, in den dort abschließend geregelten 45- vgl. eugh, urteil vom 14. mai 2020 - c-924/19 ppu u.a. (fms u.a.) -, eugrz 2020, 546, rn. 149 - 46fällen einen asylantrag unter verzicht auf eine inhaltliche prüfung des asylbegehrens als unzulässig abzuweisen. von der hier einschlägigen regelung des auf art. 33 abs. 2 lit. a) rl 2013/32/eu basierenden § 29 abs. 1 nr. 2 asylg hat das bundesamt aufgrund des rechtskräftigen urteils des verwaltungsgerichts arnsberg vom 25. august 2020 keinen gebrauch macht. eine regelung, die explizit eine bindung an die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen anderen mitgliedstaat vorsieht, enthält die richtlinie 2013/32/eu nicht. 47eine solche bindung kann auch nicht aus anderen regelungen der richtlinie 2013/32/eu abgeleitet werden. zwar hat der unzulässigkeitsgrund des art. 33 abs. 2 lit. d) rl 2013/32/eu jedenfalls nach der ganz h.m., die diese norm auch auf fälle der stellung eines weiteren asylantrags in einem anderen mitgliedstaat (vgl. § 71a abs. 1 asylg) anwendet 48- vgl. schlussanträge des generalanwalts vom 18. märz 2021 im verfahren c-8/20, juris rn. 49 bis 86; sächsisches ovg, beschluss vom 27. juli 2020 - 5 a 638/19.a -, juris rn. 12 ("acte clair"); ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 13. oktober 2020 - ovg 6 n 89/20 -, juris rn. 24 ("acte clair"); ovg bremen, urteil vom 3. november 2020 - 1 lb 28/20 -, juris rn. 45 ff. ("acte clair"); vg berlin, beschluss vom 17. juli 2015 - 33 l 164/15.a -, juris rn. 10 ff.; vg hamburg, beschluss vom 14. juli 2016 - 1 ae 2790/16 -, juris rn. 11 ff.; vg karlsruhe, urteil vom 13. märz 2019 - a 1 k 3235/16 -, juris rn. 26; vg minden, urteil vom 9. dezember 2019 - 10 k 995/18 -, juris rn. 34 f.; funke-kaiser, in: funke-kaiser/vormeier, gkasylg, § 71a rn. 14 (stand: dezember 2019); hailbronner, in: hailbronner, ausländerrecht, § 71a asylg rn. 6 (stand: august 2020); a.a. europäische kommission, zitiert nach eugh, urteil vom 20. mai 2021 - c-8/20 (l.r.) -, zar 2021, 254, rn. 29; marx, asylg, 10. auflage 2019, § 71a rn. 4 unter bezugnahme auf art. 40 abs. 1 rl 2013/32/eu; offen gelassen: bverwg, urteil vom 14. dezember 2016 - 1 c 4.16 -, bverwge 157, 18 rn. 26 -, 49eine faktische bindung an ablehnende entscheidungen anderer mitgliedstaaten zur folge, wenn nach ablehnung eines asylantrags in einem mitgliedstaat ein weiterer asylantrag in einem anderen mitgliedstaat gestellt wird und keine neuen umstände oder erkenntnisse zutage treten oder vorgebracht werden. jedoch ist art. 33 abs. 2 lit. d) rl 2013/32/eu - ebenso wie die übrigen unzulässigkeitsgründe des art. 33 abs. 2 rl 2013/32/eu - für die mitgliedstaaten nicht bindend, sondern fakultativ; dies ergibt sich aus dem wortlaut des art. 33 abs. 1 ("müssen die mitgliedstaaten nicht prüfen") und abs. 2 ("können … als unzulässig betrachten") rl 2013/32/eu sowie erwägungsgrund 43 ("sollten … nicht verpflichtet sein"). 50vgl. eugh, urteil vom 22. februar 2022 - c-483/20 - juris rn. 31 ff. und 44 f. ("die durch art. 33 abs. 2 buchst. a der richtlinie 2013/32/eu eingeräumte befugnis"); schlussanträge des generalanwalts vom 30. september 2021 im verfahren c-483/20, juris rn. 68 ("fakultativen charakter"). 51kann art. 33 abs. 2 lit. d) rl 2013/32/eu schon in seinem anwendungsbereich keine die mitgliedstaaten verpflichtende bindungswirkung an von einem anderen mitgliedstaat getroffene entscheidungen über die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft entnommen werden, scheidet diese regelung auch als grundlage für die ableitung einer bindungswirkung im vorliegenden fall aus. 52cc. aus dem unionsrechtlichen grundsatz, dass der asylantrag eines antragstellers von einem einzigen mitgliedstaat geprüft wird (art. 3 abs. 1 satz 2 vo 604/2013), ergibt sich ebenfalls keine bindungswirkung. dieser grundsatz stellt ein zentrales prinzip des gemeinsamen europäischen asylsystems (geas) dar. 53vgl. eugh, urteil vom 2. april 2019 - c-582/17 u.a. (h. und r.) -, asylmagazin 2019, 190, rn. 78. 54aus diesem grundsatz lässt sich schon deshalb nichts für eine bindungswirkung der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen anderen mitgliedstaat entnehmen, da bei strikter wahrung dieses u.a. auch durch art. 33 abs. 2 lit a) rl 2013/32/eu und § 29 abs. 1 nr. 2 asylg gewährleisteten grundsatzes die frage einer bindungswirkung überhaupt nicht aufkommen kann, weil es gar nicht zur entscheidung eines weiteren mitgliedstaats kommt. 55dd. eine bindungswirkung kann auch nicht aus dem im unionsrecht geltenden grundsatz des gegenseitigen vertrauens hergeleitet werden. 56a.a. becker, asylmagazin 2020, 299, 301 f. 57das gegenseitige vertrauen richtet sich darauf, dass die nationalen rechtsordnungen der mitgliedstaaten einen gleichwertigen und wirksamen schutz der in der charta der grundrechte der europäischen union (abl. 2012, c 326, s. 391) anerkannten grundrechte bieten. im kontext des gemeinsamen europäischen asylsystems gilt danach die vermutung, dass die behandlung der personen, die internationalen schutz beantragen, in jedem einzelnen mitgliedstaat in einklang mit den erfordernissen der europäischen grundrechte-charta, der genfer flüchtlingskonvention und der europäischen menschenrechtskonvention steht. 58vgl. etwa eugh, urteile vom 21. dezember 2011 - c-411/10 und c-493/10 -, eugrz 2012, 24, rn. 78 und 80, sowie vom 19. märz 2019 - c-297/17 -, nvwz 2019, 785, rn. 83 ff. 59diesem grundsatz eines gegenseitigen vertrauens in die einhaltung der verfahrensmäßigen garantien und grundrechte im asylverfahren lässt sich eine tatbestandliche bindungswirkung an asylentscheidungen anderer mitgliedstaaten schon im ansatz nicht entnehmen. im übrigen würde eine entsprechende herleitung einer bindungswirkung der bewussten entscheidung des unionsgesetzgebers widersprechen, zum jetzigen zeitpunkt (noch) keinen einheitlichen asyl- und subsidiären schutzstatus für drittstaatsangehörige einzuführen. aus den erwägungsgründen 6 der verordnung 604/2013 und 4 der richtlinie 2013/32/eu ist ersichtlich, dass ein solcher einheitlicher status noch nicht zum jetzigen zeitpunkt, sondern erst auf längere sicht umgesetzt werden soll. 60ee. aus der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union ergeben sich keine anhaltspunkte dafür, dass der gerichtshof der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen mitgliedstaat bindende wirkung für andere mitgliedstaaten beimisst. entsprechende anhaltspunkte ergeben sich insbesondere nicht aus dem beschluss des gerichtshofs vom 13. november 2019 zur einschränkenden auslegung des art. 33 abs. 2 lit. a) rl 2013/32/eu. dort ist lediglich von der durchführung eines neuen asylverfahrens die rede; die frage der bindungswirkung wird nicht thematisiert. 61vgl. eugh, beschluss vom 13. november 2019 - c-540/17 u.a. (hamed u.a.) -, infauslr 2020, 62, rn. 42. 62die dortigen ausführungen ("es sieht jedoch ohne ein neues asylverfahren nicht die anerkennung dieser eigenschaft und die gewährung der damit verbundenen rechte auch in deutschland vor") lassen allenfalls die erwartung des gerichtshofs erkennen, dass aufgrund eines weiteren asylverfahrens dieselbe entscheidung wie in dem in einem anderen mitgliedstaat durchgeführten asylverfahren getroffen wird. 63zu dieser erwartung vgl. schlussanträge des generalanwalts vom 30. september 2021 im verfahren c-483/20, juris rn. 68. 64ff. bindet die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft durch einen anderen mitgliedstaat nach den vorstehenden ausführungen das bundesamt nicht, ist es nach der vorstehend unter bb) dargelegten konzeption des unionsrechts verpflichtet, den asylantrag erneut in der sache zu prüfen. 65vgl. schlussanträge des generalanwalts vom 30. september 2021 im verfahren c-483/20, juris rn. 64; ovg nrw, urteil vom 21. januar 2021 - 11 a 1564/20.a -, asylmagazin 2021, 92 (juris rn. 101). 66dabei ist eine inhaltlich abweichende entscheidung des bundesamts nicht ausgeschlossen. 67vgl. schlussanträge des generalanwalts vom 30. september 2021 im verfahren c-483/20, juris rn. 70; bverwg, beschluss vom 2. august 2017 - 1 c 37.16 -, juris rn. 25; ähnlich hessischer vgh, urteil vom 4. november 2016 - 3 a 1292/16.a -, nvwz 2017, 570, leitsatz 4 "bei positiver bescheidung". 68ii. ein anspruch der kläger auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft ergibt sich auch nicht aus § 3 abs. 1 und 4 asylg. 691. die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 und 4 asylg setzt voraus, dass ein ausländer sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb seines herkunftslandes befindet. gemäß § 3c asylg kann die verfolgung ausgehen von staaten (nr. 1), parteien oder organisationen, die einen staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebiets beherrschen (nr. 2), oder von nichtstaatlichen akteuren, sofern die in den nrn. 1 und 2 genannten akteure einschließlich internationaler organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, im sinne des § 3d asylg schutz vor verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (nr. 3). 70gemäß § 3a abs. 1 nr. 1 und 2 asylg gelten handlungen als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg, die auf grund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen (nr. 1), oder die in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher wie der in nr. 1 beschriebenen weise betroffen ist (nr. 2). nach § 3a abs. 2 nr. 1 asylg kann als eine solche verfolgung insbesondere die anwendung physischer oder psychischer gewalt gelten. 71zwischen den genannten verfolgungsgründen und den genannten verfolgungshandlungen muss eine verknüpfung bestehen (§ 3a abs. 3 asylg), wobei es unerheblich ist, ob der ausländer tatsächlich eines der in §§ 3 abs. 1 nr. 1, 3b abs. 1 asylg aufgeführten merkmale aufweist, die zur verfolgung führen, sofern ihm diese merkmale von seinem verfolger zugeschrieben werden (§ 3b abs. 2 asylg). erforderlich ist ein gezielter eingriff, wobei die zielgerichtetheit sich nicht nur auf die durch die handlung bewirkte rechtsgutsverletzung selbst bezieht, sondern auch auf die verfolgungsgründe, an die die handlung anknüpfen muss. maßgebend ist im sinne einer objektiven gerichtetheit die zielrichtung, die der maßnahme unter den jeweiligen umständen ihrem charakter nach zukommt. 72vgl. bverwg, urteil vom 19. januar 2009 - 10 c 52.07 -, bverwge 133, 55, rn. 22 und 24. 73die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn dem ausländer die vorgenannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen als die dagegen sprechenden. dabei ist eine "qualifizierende" betrachtungsweise im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung anzulegen. es kommt darauf an, ob in anbetracht dieser umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. 74vgl. dazu bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23.12 - bverwge 146, 67, rn. 19 und 32; ovg nrw, urteil vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -, juris rn. 35 ff. 75bei einer vorverfolgung greift die beweiserleichterung nach art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu. nach dieser bestimmung ist die tatsache, dass ein antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften schaden erlitten hat bzw. von solcher verfolgung oder einem solchen schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter hinweis darauf, dass seine furcht vor verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich gefahr läuft, ernsthaften schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher verfolgung oder einem solchen schaden bedroht wird. 76es obliegt dem schutz vor verfolgung suchenden, die voraussetzungen hierfür glaubhaft zu machen. er muss in bezug auf die in seine eigene sphäre fallenden ereignisse und persönlichen erlebnisse eine schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. ein in diesem sinne schlüssiges schutzbegehren setzt im regelfall voraus, dass der schutzsuchende konkrete einzelheiten seines individuellen verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine darlegungen beschränkt. er muss nachvollziehbar machen, weshalb gerade er eine verfolgung befürchtet. bei der bewertung der stimmigkeit des sachverhalts müssen u.a. persönlichkeitsstruktur, wissensstand und herkunft des asylbewerbers berücksichtigt werden. 77vgl. ovg nrw, urteil vom 2. juli 2013 - 8 a 2632/06.a -, juris rn. 59. 782. gemessen daran erfüllen die kläger die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nicht. 79die kläger haben keine umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass sie in syrien vor ihrer ausreise von staatlicher seite oder von nichtstaatlichen akteuren verfolgt wurden oder ihnen eine verfolgung unmittelbar drohte. die von den klägern geltend gemachten kriegsgefahren (bombardierungen) stellen keine gezielte verfolgung dar und sind im übrigen nicht mit einem in §§ 3 abs. 1 nr. 1, 3b abs. 1 asylg genannten verfolgungsmerkmal verknüpft. 80den klägern droht auch nicht allein aufgrund ihrer ausreise aus syrien, der stellung eines asylantrags sowie einem längeren aufenthalt im westlichen ausland mit beachtlicher wahrscheinlichkeit verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 nr. 1 asylg. zwar machen die ausgewerteten länderberichte und auskünfte deutlich, dass für syrer, denen eine oppositionelle haltung zugeschrieben wird, ein beachtliches risiko besteht, opfer gravierender verfolgungshandlungen zu werden. die dem gericht vorliegenden erkenntnisse lassen jedoch nicht den schluss zu, dass syrern eine regimefeindliche haltung allein deshalb unterstellt wird, weil sie aus syrien ausgereist sind, in deutschland einen asylantrag gestellt und sich dort eine längere zeit aufgehalten haben. 81vgl. europäisches zentrum für kurdische studien, auskunft an das verwaltungsgericht gelsenkirchen vom 29. märz 2017, s. 1 f.; danish immigration service, syria - consequences of illegal exit, consequences of leaving a civil servant position with-out notice and the situation of kurds in damascus, juni 2019, s. 6 f.; easo, country guidance: syria, november 2021, s. 54; ovg rheinland-pfalz, urteil vom 16. dezember 2016 - 1 a 10922/16 -, juris rn. 57 ff.; ovg nrw (st. rspr.), etwa urteile vom 21. februar 2017 - 14 a 2316/16.a -, nvwz 2017, 1223 (juris rn. 47 ff.), und vom 22. märz 2021 - 14 a 3439/18.a -, asylmagazin 2021, 165 (juris rn. 41 ff.), sowie beschluss vom 21. mai 2021 - 14 a 895/18.a -, auas 2021, 178 (juris rn. 6 ff.); ovg saarlouis, urteil vom 11. märz 2017 - 2 a 215/17 -, nvwz-rr 2017, 588 (juris rn. 26 ff.); thüringer ovg, urteil vom 15. juni 2018 - 3 ko 155/18 -, juris rn. 60 f.; sächsisches ovg, urteil vom 21. august 2019 - 5 a 50/17.a -, sächsvbl 2020, 184 (juris rn. 29); ovg schleswig-holstein, urteil vom 3. januar 2020 - 5 lb 34/19 -, juris rn. 32 f.; bayerischer vgh, urteile vom 21. september 2020 - 21 b 19.32725 - juris rn. 23 ff., und vom 8. dezember 2021 - 21 b 19.33948 -, juris rn. 21 ff.; ovg bremen, urteil vom 24. märz 2021 - 2 lb 123/18 -, juris rn. 30; niedersächsisches ovg, urteil vom 22. april 2021 - 2 lb 147/18 -, juris rn. 42 ff.; hessischer vgh, urteil vom 23. august 2021 - 8 a 1992/18.a -, juris s. 10 ff. 82sonstige umstände, aufgrund derer das syrische regime den klägern mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine oppositionelle gesinnung zuschreiben würde, oder die darauf hindeuten, dass den klägern aus anderweitigen gründen eine verfolgung droht, sind nicht ersichtlich. 83iii. die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1 vwgo, 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit findet ihre grundlage in § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 84iv. die zulassung der sprungrevision beruht auf §§ 78 abs. 6 asylg, 134 abs. 1 und 2, 132 abs. 2 nr. 1 vwgo. dem verfahren kommt grundsätzliche bedeutung hinsichtlich der rechtsfrage zu, ob das bundesamt nach einer in einem anderen mitgliedstaat der europäischen union erfolgten zuerkennung der flüchtlingseigenschaft das asylbegehren noch inhaltlich prüfen darf oder ob die zuerkennungsentscheidung des anderen mitgliedstaats insoweit bindungswirkung entfaltet. |
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"name": "Amtsgericht Köln",
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} | 125 C 193/21 | 2022-03-02T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagten werden verurteilt, den Graupapagei namens Grisu, ca. 2530 cm groß/lang, grau gefiedert, um die Augen unbefiedert weiß sowie den Senegalpapagei mit Namen Tweety, ca.20 cm groß/lang, grünes Gefieder mit orangfarbenem Gefieder am Bauch, dunkles Gefieder am Kopf, silberfarbener Ring um ein Bein, an den Kläger herauszugeben. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Vollstreckung des Herausgabeanspruchs gilt: Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.100,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Für die Vollstreckung der Kosten gilt: Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über zwei Papageien. Der Kläger ist der ältere Bruder des Beklagten zu 1). 3Der Senegalpapagei, den der Kläger als „Tweety“ bezeichnet, wurde vor mindestens ca. 30 Jahren vom Kläger im Beisein des Beklagten zu 1) gefangen. Dabei biss der Papagei dem Kläger in den Finger und lies erst los, nachdem er in einen Käfig gesetzt wurde, welchen die Zeugin I. dem Beklagten zu 1) gebracht hatte. Der Beklagte zu 1) beteiligte sich in keiner Weise an dem Geschehen, insbesondere nicht an dem Fang des Vogels, sondern schaute zu. Zur damaligen Zeit hatte der Beklagte zu 1) eher Angst vor Vögeln und wollte ihn keinesfalls anfassen. 4Senegalpapageien sind in Deutschland nicht heimisch. Sie leben hier unter menschlicher Herrschaft. Bei dem Senegalpapagei handelte es sich bei seinem Fang um ein zahmes Tier. 5Den Graupapagei „Grisu“ beschaffte sich der Kläger vor 35 bis 40 Jahren, wobei der genaue Ablauf streitig ist. 6Beide Tiere beließ der Kläger nach seinem Auszug aus der elterlichen Wohnung beim gemeinsamen Vater. 7Im Rahmen eines Streits zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) über den weiteren Umgang mit dem erkrankten Vater, drohte der Kläger zunächst damit, die Vögel abzuholen, sobald der Vater in eine Demenzwohngruppe umgezogen sei. 8Daraufhin sagte die Beklagte zu 2) ihm, dass er die Tiere dann direkt holen solle. Das lehnte der Kläger ab und teilte mit, dass die Tiere bei dem Vater verbleiben sollten, da dieser seinerzeit sehr unter dem Verlust seiner Ehefrau litt und der Kläger ihm nicht noch zusätzlich die beiden Vögel wegnehmen wollte. 9Im April 2021 zog der gemeinsame Vater in eine Demenzwohngruppe um. Danach nahmen die Beklagten die Papageien an sich. Der Vater verstarb Ende April 2021. Der Beklagte zu 1) ist zumindest Miterbe geworden. 10Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.05.2021 forderte der Kläger mit einer Frist von sieben Tagen ab Zugang des Schreibens zur Herausgabe der Tiere auf. Die Beklagten lehnten mit Schreiben vom 25.05.2021 die Herausgabe ab. 11Der Kläger behauptet, er habe den Graupapagei dergestalt erhalten, dass er ihn auf dem Taubenmarkt in Köln gekauft habe. Dabei habe ihn der Beklagte zu 1) begleitet. Es sei in der Familie nie in Zweifel gezogen worden, dass die Tiere auch nach dem Auszug des Klägers noch in dessen Eigentum stehen sollten. 12Der Kläger beantragt, 13die Beklagten zu verurteilen, den Graupapagei namens Grisu, ca. 25-30 cm groß/lang, grau gefiedert, um die Augen unbefiedert weiß sowie den Senegalpapagei mit Namen Tweety, ca.20 cm groß/lang, grünes Gefieder mit orangefarbenem Gefieder am Bauch, dunkles Gefieder am Kopf, silberfarbener Ring um ein Bein, an ihn herauszugeben. 14Die Beklagten beantragen, 15 die Klage abzuweisen. 16Die Beklagten behaupten, dass sich der Graupapagei beim Vater als ihm (dem Vater) gehörend befunden hätte. Dies lasse sich daraus ableiten, dass der Vater vor seinem Umzug in die Demenzwohngruppe geäußert habe, dass die Vögel nicht vom Kläger, sondern von den Beklagten betreut werden sollten. Die Aufforderung zur Abholung der Vögel durch die Beklagte zu 2) sei im Übrigen nicht ernsthaft gemeint gewesen. Sie sind der Ansicht, dass der Vater an den Vögeln jedenfalls Eigentum durch Ersitzung begründet habe. Zudem habe der Beklagte zu 1) beim Fangen des Vogels auch unmittelbare Sachherrschaft über diesen erlangt und der Kläger damit kein Alleineigentum. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist begründet. 20I. 21Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Graupapageis gemäß § 985 BGB in Verbindung mit § 90a BGB. 22a) 23Es ist davon auszugehen, dass der Kläger Eigentümer des Graupapageis ist. Zwar ist er für den eigentlichen Erwerb beweisfällig geblieben. Jedoch folgt sein Eigentum aus der entsprechenden gesetzlichen Vermutung des § 1006 Abs. 2 BGB, wonach anzunehmen ist, dass der frühere Eigenbesitzer der Eigentümer war. Der Kläger hat ursprünglich Eigenbesitz erworben. Zwar sind die genauen Umstände beim Besitzerwerb streitig, es genügt jedoch nach allen Ansichten für einen schlüssigen 24Vortrag, wenn er plausibel zu dem Erwerbsvorgang – wie hier geschehen – ausführt (vgl. zum Meinungsstand Laumen, in: Handbuch der Beweislast, 4. Aufl. (2019), Band 3, § 1006 Rn. 18a ff.). Für die Dauer der Vermutung gilt laut BGH (Urteil vom 10.11.2004, VIII ZR 186/03, NJW 2005, 359, 363): „Die von dem Besitzerwerb ausgehende Eigentumsvermutung zu Gunsten des früheren Besitzers wirkt jedoch gem. § 1006 II BGB – ungeachtet des irreführenden Wortlauts der Bestimmung – über die Beendigung des Besitzes hinaus so lange fort, bis sie widerlegt wird […]“. 25b) 26Soweit die insoweit mit dem vollen Beweis des Gegenteils belasteten Beklagten (vgl. Laumen, a.a.O. Rn. 34) behaupten, der Vater habe die Vögel als ihm gehörend behalten, sind sie dafür beweisfällig geblieben. Sie haben weder einen entsprechenden Erwerbsvorgang des Vaters geschildert noch unter Beweis gestellt. Es kann im Sinne der Beklagten unterstellt werden, dass die aus ihrer Sicht dafür sprechende behauptete Äußerung des Vaters, die sie unter Beweis gestellt haben (vgl. Schriftsatz vom 20.09.2021, dort Seite 2, Bl. 29 d.A. und Schriftsatz vom 06.12.2021, dort Seite 1, Bl. 64 d.A.), zutrifft. Diese Äußerung – der (angebliche) Wunsch, dass die Vögel beim Beklagten und nicht beim Kläger untergebracht werden – erlaubt keinen zwingenden Rückschluss dahingehend, dass der Vater sich selbst als Eigentümer der Vögel sah. Er könnte dies ebenso gut geäußert haben, wenn er meinte, der Kläger sei der Eigentümer. Zudem ist davon auszugehen, dass die Beklagten selbst noch bei dem Streit über den Umzug des Vaters annahmen, der Kläger sei Eigentümer der Tiere. Dies ergibt sich aus den insoweit gewechselten Worten. Denn der Kläger „drohte“ mit der Abholung der Tiere, „sobald sein Vater in der Demenz-WG wäre“ und die Beklagte zu 2) erwiderte, er solle „sie dann direkt holen“ (vgl. Schriftsatz vom 20.09.2021, dort Seite 3, Bl. 30 d.A.). Wäre die Beklagte zu 2) davon ausgegangen, dass der Kläger kein eigenes Recht an den Papageien hatte, wäre es naheliegend, dass ihre im Streit gefallene Antwort dies aufgreift. Es hätte etwa erwidert werden können, dass eine Abholung durch den Kläger ausscheide, da die Tiere dem Vater gehören und dieser das nicht wolle. Die Beklagten treten einheitlich in diesem Rechtsstreit auf, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass die Einschätzung der beiden an diesem Punkt unterschiedlich war. Zwar haben die Beklagten bestritten, dass die Abholungsaufforderung ernst gemeint war. Die angebliche mangelnde Ernsthaftigkeit ist indes aus dem Kontext nicht ersichtlich. Einzelheiten oder ein Beweisangebot dazu, dass die Aufforderung nicht ernst gemeint war, sind nicht vorgetragen. Die unwidersprochen gebliebene Antwort des Klägers auf die Aufforderung, wonach er die Papageien dort noch belassen wolle, um den Vater nicht zu belasten, spricht ebenfalls dafür, dass sein Recht, die Vögel jederzeit an sich zu nehmen, zu diesem Zeitpunkt nicht in Frage gestellt wurde. 27c) 28Eine Ersitzung der Papageien durch den Vater gemäß § 937 Abs. 1 BGB scheitert bereits daran, dass nicht vorgetragen ist, welcher Zeitraum zwischen dem Auszug des Klägers und dem Umzug des Vaters lag. Selbst wenn man im Sinne der Beklagten annehmen würde, wofür die Umstände wohl sprechen, dass es sich um mehr als zehn Jahre gehandelt hat, fehlt es für eine Ersitzung am Eigenbesitz des Vaters. Ein solcher ist von den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten lediglich behauptet, nicht unter Beweis gestellt und widerspricht dem unstreitigen Inhalt der Auseinandersetzung um die Abholungsaufforderung (vgl. oben). 29d) 30Ein Recht zum Besitz der Beklagten im Verhältnis zum Kläger, welches sich nicht aus einer Eigentumsstellung des Vaters ableitet, ist weder dargetan noch ersichtlich. 31II. 32Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Senegalpapageis gemäß § 985 BGB in Verbindung mit § 90a BGB. 33a) 34Der Kläger ist durch Ersitzung gemäß § 937 Abs. 1 BGB Eigentümer des 35Senegalpapageis geworden. Der entsprechend erforderliche Zeitraum von zehn Jahren ist nach Vortrag beider Parteien vergangen. Der Kläger hat damals Eigenbesitz erworben. Die unstreitig gewordenen Einzelheiten zum genauen Ablauf des Fangs lassen keinen (Mit)-Besitz des Beklagten zu 1) erkennen. Besitz erfordert die Sachherrschaft und der von außen erkennbare Wille zur Sachherrschaft. Dafür reicht ein natürlicher Wille, den auch geschäftsunfähige Personen, wie Kinder, haben können. Die Umstände lassen schon keine Sachherrschaft des Beklagten zu 1) erkennen. Die Verkehrsauffassung geht bei dem Fang eines Tieres davon aus, dass derjenige Sachherrschaft hat, der das Tier gefangen hat. Die bloße Anwesenheit und möglicherweise darin liegende psychische Unterstützung genügen ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht. Zwar hat der Beklagte zu 1) den Käfig von der Zeugin erhalten. Er hat diesen jedoch dem Kläger überlassen müssen, da er damals noch Angst vor Vögeln hatte und den Papagei daher keinesfalls anfassen wollte. Selbst wenn man anderer Ansicht ist und über die Weitergabe des Käfigs noch eine geringe Sachherrschaft annehmen wollte, fehlt es jedenfalls vor dem Hintergrund der Angst vor Vögeln an einem (natürlichen) und von außen erkennbaren Willen, die Sachherrschaft über den Papagei zu begründen. 36Für die Ersitzung genügt der mittelbare Besitz, so dass offen bleiben kann, ob zwischen dem Fang und dem Auszug des Klägers zehn Jahre lagen. Denn danach vermittelte sein Vater ihm dem Besitz. Ein Eigenbesitz des Vaters im Hinblick auf den Senegalpapagei ist – anders als beim Graupapagei, vgl. oben – von den Beklagten nicht behauptet, so dass es insoweit sein Bewenden mit dem Vortrag des Klägers hat. 37b) 38Zwar ist – wie die Beklagten zutreffend anmerken – der Papagei nicht als herrenlose Sachen anzusehen, da er eine hier nicht heimische Art entstammt und von dem vorhergehenden Besitz eines anderen Menschen auszugehen ist. Ein Eigentumserwerb über eine Aneignung nach § 958 BGB ist damit ausgeschlossen. 39Eine Ersitzung ist gleichwohl möglich. Dies widerspricht nicht dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Denn das BGB trifft insoweit diverse, individuell zu prüfende Regelungen zum Eigentumserwerb in verschiedenen Konstellationen. Ein Widerspruch zu anderen Gesetzen ist weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere verbietet das Bundesnaturschutzgesetz den Fang von hier nicht heimischen Arten nicht. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 2 Nr. 1 a) BNatSchG, wonach „herrenlos gewordene“ Tiere nicht zu denen im Sinne des BNatSchG zählen. Das Verbot in § 39 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wild lebende Tiere zu fangen, schließt daher „Haus- und Nutztiere oder auch menschlich gezüchtete Kultur- und Nutzpflanzen aus, selbst wenn es sich im Fall der Haus- und Nutztiere um verwilderte oder herrenlose Exemplare handelt“ (Zitat von Gläß, in: BeckOK, UmweltR, 60. Ed. (Stand 01.10.2021), BNatSchG § 37 Rn. 9). 40c) 41Eine Bösgläubigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Begründung des Besitzes an dem Papagei, welche dem Eigentumserwerb nach § 937 Abs. 2 Alt. 1 BGB entgegenstünde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Beweisbelastet wären die Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 19.7.2019, V ZR 255/17 Rn. 38 ff.). Erforderlich wäre positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis, § 932 Abs. 2 BGB. Insoweit gilt, dass ein Handeln vorliegen muss, „bei dem die erforderliche Sorgfalt den gesamten Umständen nach in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen“ (Zitat aus BGH, Urteil vom 18.09.2020, V ZR 8/19 Rn. 28). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die noch im Kindesalter befindlichen Brüder damals auf den Gedanken hätten kommen müssen, dass der Papagei einer anderen Person gehören könnte. Soweit ersichtlich haben zudem weder die offenbar erwachsene Zeugin Eiselein noch die Eltern der Brüder versucht, den ursprünglichen Besitzer ausfindig zu machen. Wenn aber nicht einmal die Erwachsenen im Umfeld des Klägers in diese Richtung dachten, kann solches ohne zusätzliche Anhaltspunkte auch nicht – zumindest nicht verbunden mit dem Vorwurf der Verletzung der Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße – vom Kläger erwartet werden. 42Bei der Kenntniserlangung nach dem Besitzerwerb ist nur noch positive Kenntnis schädlich, § 937 Abs. 2 Alt. 2 BGB. Der früheste dem Sachverhalt zu entnehmende Zeitpunkt, zu dem der Kläger positiv erfahren hat, dass der Papagei damals vermutlich einer anderen Person gehörte, ist der vorliegende Prozess. Denn dort hatten die Beklagten schriftsätzlich darauf hingewiesen. Zu diesem Zeitpunkt war der Ersitzungszeitraum von zehn Jahren bereits lange verstrichen. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob es nicht ohnehin widersprüchlich wäre, wenn sich der Beklagte zu 1) auf eine etwaige grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an dem gefangenen Papagei berufen könnte obgleich ihm dann wohl derselbe Vorwurf zu machen wäre. 43d) 44Die Verletzung der Vorschrift über die Anzeige eines Fundes nach § 965 BGB – die vorliegend auch für den Papagei galt – hindert eine Ersitzung nicht. Der Schutz des ursprünglichen Eigentümers wird insoweit ausreichend durch § 973 BGB und die soeben diskutierte Regelung des § 937 Abs. 2 BGB sichergestellt. Die Ersitzung ist zudem eine originäre Eigentumserwerbart, die dem Erwerb aufgrund der Fundvorschriften nicht sonderlich nahesteht (vgl. C. Heinze, in: Staudinger, (2020), § 973 Rn. 4). 45e) 46Ein Recht zum Besitz der Beklagten im Verhältnis zum Kläger, welches sich nicht aus einer Eigentumsstellung des Vaters ableitet, ist erneut weder dargetan noch ersichtlich. 47III. 48Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht bezüglich des Herausgabeanspruchs auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1, 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO und bezüglich der Kosten auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und Satz 2, 709 Satz 2 ZPO. 49Streitwert: 1.000,00 € 50Rechtsbehelfsbelehrung: 51A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 521. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 532. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 54Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 55Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 56Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die 57Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 58Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 59B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem 60Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher 61Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 62Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. | die beklagten werden verurteilt, den graupapagei namens grisu, ca. 2530 cm groß/lang, grau gefiedert, um die augen unbefiedert weiß sowie den senegalpapagei mit namen tweety, ca.20 cm groß/lang, grünes gefieder mit orangfarbenem gefieder am bauch, dunkles gefieder am kopf, silberfarbener ring um ein bein, an den kläger herauszugeben. die kosten des rechtsstreits tragen die beklagten. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. für die vollstreckung des herausgabeanspruchs gilt: die beklagten dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 1.100,00 € abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. für die vollstreckung der kosten gilt: die beklagten dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die parteien streiten über zwei papageien. der kläger ist der ältere bruder des beklagten zu 1). 3der senegalpapagei, den der kläger als „tweety“ bezeichnet, wurde vor mindestens ca. 30 jahren vom kläger im beisein des beklagten zu 1) gefangen. dabei biss der papagei dem kläger in den finger und lies erst los, nachdem er in einen käfig gesetzt wurde, welchen die zeugin i. dem beklagten zu 1) gebracht hatte. der beklagte zu 1) beteiligte sich in keiner weise an dem geschehen, insbesondere nicht an dem fang des vogels, sondern schaute zu. zur damaligen zeit hatte der beklagte zu 1) eher angst vor vögeln und wollte ihn keinesfalls anfassen. 4senegalpapageien sind in deutschland nicht heimisch. sie leben hier unter menschlicher herrschaft. bei dem senegalpapagei handelte es sich bei seinem fang um ein zahmes tier. 5den graupapagei „grisu“ beschaffte sich der kläger vor 35 bis 40 jahren, wobei der genaue ablauf streitig ist. 6beide tiere beließ der kläger nach seinem auszug aus der elterlichen wohnung beim gemeinsamen vater. 7im rahmen eines streits zwischen dem kläger und der beklagten zu 2) über den weiteren umgang mit dem erkrankten vater, drohte der kläger zunächst damit, die vögel abzuholen, sobald der vater in eine demenzwohngruppe umgezogen sei. 8daraufhin sagte die beklagte zu 2) ihm, dass er die tiere dann direkt holen solle. das lehnte der kläger ab und teilte mit, dass die tiere bei dem vater verbleiben sollten, da dieser seinerzeit sehr unter dem verlust seiner ehefrau litt und der kläger ihm nicht noch zusätzlich die beiden vögel wegnehmen wollte. 9im april 2021 zog der gemeinsame vater in eine demenzwohngruppe um. danach nahmen die beklagten die papageien an sich. der vater verstarb ende april 2021. der beklagte zu 1) ist zumindest miterbe geworden. 10mit anwaltlichem schreiben vom 21.05.2021 forderte der kläger mit einer frist von sieben tagen ab zugang des schreibens zur herausgabe der tiere auf. die beklagten lehnten mit schreiben vom 25.05.2021 die herausgabe ab. 11der kläger behauptet, er habe den graupapagei dergestalt erhalten, dass er ihn auf dem taubenmarkt in köln gekauft habe. dabei habe ihn der beklagte zu 1) begleitet. es sei in der familie nie in zweifel gezogen worden, dass die tiere auch nach dem auszug des klägers noch in dessen eigentum stehen sollten. 12der kläger beantragt, 13die beklagten zu verurteilen, den graupapagei namens grisu, ca. 25-30 cm groß/lang, grau gefiedert, um die augen unbefiedert weiß sowie den senegalpapagei mit namen tweety, ca.20 cm groß/lang, grünes gefieder mit orangefarbenem gefieder am bauch, dunkles gefieder am kopf, silberfarbener ring um ein bein, an ihn herauszugeben. 14die beklagten beantragen, 15 die klage abzuweisen. 16die beklagten behaupten, dass sich der graupapagei beim vater als ihm (dem vater) gehörend befunden hätte. dies lasse sich daraus ableiten, dass der vater vor seinem umzug in die demenzwohngruppe geäußert habe, dass die vögel nicht vom kläger, sondern von den beklagten betreut werden sollten. die aufforderung zur abholung der vögel durch die beklagte zu 2) sei im übrigen nicht ernsthaft gemeint gewesen. sie sind der ansicht, dass der vater an den vögeln jedenfalls eigentum durch ersitzung begründet habe. zudem habe der beklagte zu 1) beim fangen des vogels auch unmittelbare sachherrschaft über diesen erlangt und der kläger damit kein alleineigentum. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 18 | 19die zulässige klage ist begründet. 20i. 21der kläger hat gegen die beklagten einen anspruch auf herausgabe des graupapageis gemäß § 985 bgb in verbindung mit § 90a bgb. 22a) 23es ist davon auszugehen, dass der kläger eigentümer des graupapageis ist. zwar ist er für den eigentlichen erwerb beweisfällig geblieben. jedoch folgt sein eigentum aus der entsprechenden gesetzlichen vermutung des § 1006 abs. 2 bgb, wonach anzunehmen ist, dass der frühere eigenbesitzer der eigentümer war. der kläger hat ursprünglich eigenbesitz erworben. zwar sind die genauen umstände beim besitzerwerb streitig, es genügt jedoch nach allen ansichten für einen schlüssigen 24vortrag, wenn er plausibel zu dem erwerbsvorgang – wie hier geschehen – ausführt (vgl. zum meinungsstand laumen, in: handbuch der beweislast, 4. aufl. (2019), band 3, § 1006 rn. 18a ff.). für die dauer der vermutung gilt laut bgh (urteil vom 10.11.2004, viii zr 186/03, njw 2005, 359, 363): „die von dem besitzerwerb ausgehende eigentumsvermutung zu gunsten des früheren besitzers wirkt jedoch gem. § 1006 ii bgb – ungeachtet des irreführenden wortlauts der bestimmung – über die beendigung des besitzes hinaus so lange fort, bis sie widerlegt wird […]“. 25b) 26soweit die insoweit mit dem vollen beweis des gegenteils belasteten beklagten (vgl. laumen, a.a.o. rn. 34) behaupten, der vater habe die vögel als ihm gehörend behalten, sind sie dafür beweisfällig geblieben. sie haben weder einen entsprechenden erwerbsvorgang des vaters geschildert noch unter beweis gestellt. es kann im sinne der beklagten unterstellt werden, dass die aus ihrer sicht dafür sprechende behauptete äußerung des vaters, die sie unter beweis gestellt haben (vgl. schriftsatz vom 20.09.2021, dort seite 2, bl. 29 d.a. und schriftsatz vom 06.12.2021, dort seite 1, bl. 64 d.a.), zutrifft. diese äußerung – der (angebliche) wunsch, dass die vögel beim beklagten und nicht beim kläger untergebracht werden – erlaubt keinen zwingenden rückschluss dahingehend, dass der vater sich selbst als eigentümer der vögel sah. er könnte dies ebenso gut geäußert haben, wenn er meinte, der kläger sei der eigentümer. zudem ist davon auszugehen, dass die beklagten selbst noch bei dem streit über den umzug des vaters annahmen, der kläger sei eigentümer der tiere. dies ergibt sich aus den insoweit gewechselten worten. denn der kläger „drohte“ mit der abholung der tiere, „sobald sein vater in der demenz-wg wäre“ und die beklagte zu 2) erwiderte, er solle „sie dann direkt holen“ (vgl. schriftsatz vom 20.09.2021, dort seite 3, bl. 30 d.a.). wäre die beklagte zu 2) davon ausgegangen, dass der kläger kein eigenes recht an den papageien hatte, wäre es naheliegend, dass ihre im streit gefallene antwort dies aufgreift. es hätte etwa erwidert werden können, dass eine abholung durch den kläger ausscheide, da die tiere dem vater gehören und dieser das nicht wolle. die beklagten treten einheitlich in diesem rechtsstreit auf, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass die einschätzung der beiden an diesem punkt unterschiedlich war. zwar haben die beklagten bestritten, dass die abholungsaufforderung ernst gemeint war. die angebliche mangelnde ernsthaftigkeit ist indes aus dem kontext nicht ersichtlich. einzelheiten oder ein beweisangebot dazu, dass die aufforderung nicht ernst gemeint war, sind nicht vorgetragen. die unwidersprochen gebliebene antwort des klägers auf die aufforderung, wonach er die papageien dort noch belassen wolle, um den vater nicht zu belasten, spricht ebenfalls dafür, dass sein recht, die vögel jederzeit an sich zu nehmen, zu diesem zeitpunkt nicht in frage gestellt wurde. 27c) 28eine ersitzung der papageien durch den vater gemäß § 937 abs. 1 bgb scheitert bereits daran, dass nicht vorgetragen ist, welcher zeitraum zwischen dem auszug des klägers und dem umzug des vaters lag. selbst wenn man im sinne der beklagten annehmen würde, wofür die umstände wohl sprechen, dass es sich um mehr als zehn jahre gehandelt hat, fehlt es für eine ersitzung am eigenbesitz des vaters. ein solcher ist von den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten beklagten lediglich behauptet, nicht unter beweis gestellt und widerspricht dem unstreitigen inhalt der auseinandersetzung um die abholungsaufforderung (vgl. oben). 29d) 30ein recht zum besitz der beklagten im verhältnis zum kläger, welches sich nicht aus einer eigentumsstellung des vaters ableitet, ist weder dargetan noch ersichtlich. 31ii. 32der kläger hat gegen die beklagten einen anspruch auf herausgabe des senegalpapageis gemäß § 985 bgb in verbindung mit § 90a bgb. 33a) 34der kläger ist durch ersitzung gemäß § 937 abs. 1 bgb eigentümer des 35senegalpapageis geworden. der entsprechend erforderliche zeitraum von zehn jahren ist nach vortrag beider parteien vergangen. der kläger hat damals eigenbesitz erworben. die unstreitig gewordenen einzelheiten zum genauen ablauf des fangs lassen keinen (mit)-besitz des beklagten zu 1) erkennen. besitz erfordert die sachherrschaft und der von außen erkennbare wille zur sachherrschaft. dafür reicht ein natürlicher wille, den auch geschäftsunfähige personen, wie kinder, haben können. die umstände lassen schon keine sachherrschaft des beklagten zu 1) erkennen. die verkehrsauffassung geht bei dem fang eines tieres davon aus, dass derjenige sachherrschaft hat, der das tier gefangen hat. die bloße anwesenheit und möglicherweise darin liegende psychische unterstützung genügen ohne das hinzutreten weiterer umstände nicht. zwar hat der beklagte zu 1) den käfig von der zeugin erhalten. er hat diesen jedoch dem kläger überlassen müssen, da er damals noch angst vor vögeln hatte und den papagei daher keinesfalls anfassen wollte. selbst wenn man anderer ansicht ist und über die weitergabe des käfigs noch eine geringe sachherrschaft annehmen wollte, fehlt es jedenfalls vor dem hintergrund der angst vor vögeln an einem (natürlichen) und von außen erkennbaren willen, die sachherrschaft über den papagei zu begründen. 36für die ersitzung genügt der mittelbare besitz, so dass offen bleiben kann, ob zwischen dem fang und dem auszug des klägers zehn jahre lagen. denn danach vermittelte sein vater ihm dem besitz. ein eigenbesitz des vaters im hinblick auf den senegalpapagei ist – anders als beim graupapagei, vgl. oben – von den beklagten nicht behauptet, so dass es insoweit sein bewenden mit dem vortrag des klägers hat. 37b) 38zwar ist – wie die beklagten zutreffend anmerken – der papagei nicht als herrenlose sachen anzusehen, da er eine hier nicht heimische art entstammt und von dem vorhergehenden besitz eines anderen menschen auszugehen ist. ein eigentumserwerb über eine aneignung nach § 958 bgb ist damit ausgeschlossen. 39eine ersitzung ist gleichwohl möglich. dies widerspricht nicht dem grundsatz der einheitlichkeit der rechtsordnung. denn das bgb trifft insoweit diverse, individuell zu prüfende regelungen zum eigentumserwerb in verschiedenen konstellationen. ein widerspruch zu anderen gesetzen ist weder dargetan noch ersichtlich. insbesondere verbietet das bundesnaturschutzgesetz den fang von hier nicht heimischen arten nicht. das ergibt sich schon aus dem wortlaut von § 7 abs. 2 nr. 1 a) bnatschg, wonach „herrenlos gewordene“ tiere nicht zu denen im sinne des bnatschg zählen. das verbot in § 39 abs. 1 nr. 1 bnatschg, wild lebende tiere zu fangen, schließt daher „haus- und nutztiere oder auch menschlich gezüchtete kultur- und nutzpflanzen aus, selbst wenn es sich im fall der haus- und nutztiere um verwilderte oder herrenlose exemplare handelt“ (zitat von gläß, in: beckok, umweltr, 60. ed. (stand 01.10.2021), bnatschg § 37 rn. 9). 40c) 41eine bösgläubigkeit des klägers im zeitpunkt der begründung des besitzes an dem papagei, welche dem eigentumserwerb nach § 937 abs. 2 alt. 1 bgb entgegenstünde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. beweisbelastet wären die beklagten (vgl. bgh, urteil vom 19.7.2019, v zr 255/17 rn. 38 ff.). erforderlich wäre positive kenntnis oder grob fahrlässige unkenntnis, § 932 abs. 2 bgb. insoweit gilt, dass ein handeln vorliegen muss, „bei dem die erforderliche sorgfalt den gesamten umständen nach in ungewöhnlich großem maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen fall jedem hätte einleuchten müssen“ (zitat aus bgh, urteil vom 18.09.2020, v zr 8/19 rn. 28). es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die noch im kindesalter befindlichen brüder damals auf den gedanken hätten kommen müssen, dass der papagei einer anderen person gehören könnte. soweit ersichtlich haben zudem weder die offenbar erwachsene zeugin eiselein noch die eltern der brüder versucht, den ursprünglichen besitzer ausfindig zu machen. wenn aber nicht einmal die erwachsenen im umfeld des klägers in diese richtung dachten, kann solches ohne zusätzliche anhaltspunkte auch nicht – zumindest nicht verbunden mit dem vorwurf der verletzung der sorgfalt in ungewöhnlich grobem maße – vom kläger erwartet werden. 42bei der kenntniserlangung nach dem besitzerwerb ist nur noch positive kenntnis schädlich, § 937 abs. 2 alt. 2 bgb. der früheste dem sachverhalt zu entnehmende zeitpunkt, zu dem der kläger positiv erfahren hat, dass der papagei damals vermutlich einer anderen person gehörte, ist der vorliegende prozess. denn dort hatten die beklagten schriftsätzlich darauf hingewiesen. zu diesem zeitpunkt war der ersitzungszeitraum von zehn jahren bereits lange verstrichen. vor diesem hintergrund kann offen bleiben, ob es nicht ohnehin widersprüchlich wäre, wenn sich der beklagte zu 1) auf eine etwaige grob fahrlässige unkenntnis des klägers hinsichtlich der eigentumsverhältnisse an dem gefangenen papagei berufen könnte obgleich ihm dann wohl derselbe vorwurf zu machen wäre. 43d) 44die verletzung der vorschrift über die anzeige eines fundes nach § 965 bgb – die vorliegend auch für den papagei galt – hindert eine ersitzung nicht. der schutz des ursprünglichen eigentümers wird insoweit ausreichend durch § 973 bgb und die soeben diskutierte regelung des § 937 abs. 2 bgb sichergestellt. die ersitzung ist zudem eine originäre eigentumserwerbart, die dem erwerb aufgrund der fundvorschriften nicht sonderlich nahesteht (vgl. c. heinze, in: staudinger, (2020), § 973 rn. 4). 45e) 46ein recht zum besitz der beklagten im verhältnis zum kläger, welches sich nicht aus einer eigentumsstellung des vaters ableitet, ist erneut weder dargetan noch ersichtlich. 47iii. 48die kostenentscheidung folgt aus § 91 zpo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht bezüglich des herausgabeanspruchs auf §§ 708 nr. 11, 711 satz 1, 709 satz 1, 108 abs. 1 zpo und bezüglich der kosten auf §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 und satz 2, 709 satz 2 zpo. 49streitwert: 1.000,00 € 50rechtsbehelfsbelehrung: 51a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 521. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 532. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 54die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 55die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 56die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die 57berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 58mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 59b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht köln statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem 60amtsgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, schriftlich in deutscher 61sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 62ist der streitwert 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} | 22 K 2834/18.A | 2022-03-02T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind Staatsangehörige von Aserbaidschan. Die 1986 bzw. 1980 geborenen Kläger zu 1. und 2. sind die Eltern der 2018 geborenen Klägerin zu 3. 3Die Kläger zu 1. und 2. reisten nach eigenen Angaben am 27. November 2017 in das Bundesgebiet ein. Ausweislich einer Abfrage im Visa-Informationssystem am 9. Januar 2018 war den Klägern zu 1. und 2. am 20. November 2017 von der Schweizer Auslandsvertretung in C. ein Schengen-Visum mit Gültigkeit ab dem 26. November 2017 bis zum 2. Dezember 2017 erteilt worden. Am 9. Januar 2018 stellten die Kläger zu 1. und 2. einen förmlichen Asylantrag und wurden im Folgenden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) angehört. Am 9. Januar 2018 stellte das Bundesamt ein Aufnahmeersuchen für die Kläger zu 1. und 2. an die Schweiz. Diesem stimmte die Schweiz mit Schreiben vom 11. Januar 2018, das am 15. Januar 2018 beim Bundesamt einging, zu. 4Am 00. G. 2018 wurde die Klägerin zu 3. geboren. Mit Schreiben vom 2. März 2018 erweiterte das Bundesamt das Aufnahmeersuchen gegenüber der Schweiz um die Klägerin zu 3. 5Mit Bescheid vom 8. März 2018 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger als unzulässig ab, stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen, drohte die Abschiebung der Kläger in die Schweiz an, falls sie das Bundesgebiet nicht innerhalb von 30 Tagen verlassen und ordnete ein auf 9 Monate befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot an. Der Bescheid wurde den Klägern am 13. März 2018 zugestellt. 6Die Kläger haben am 23. März 2018 Klage erhoben. 7Mit Schreiben vom 29. Juni 2018 hat das Bundesamt der Schweiz mitgeteilt, dass ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung eingelegt worden ist. 8Am 00. N. 2020 ist als weiteres Kind der Kläger zu 1. und 2. F. U. zur Welt gekommen. 9Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor: Der Bescheid sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig. Denn die Vorgaben der Asylverfahrensrichtlinie, insbesondere Art. 31 der Richtlinie und der Beschleunigungsgrundsatz des europäischen Asylsystems einschließlich der Dublin III‑VO seien verletzt. Die dortigen Vorgaben für die Verfahrenslaufzeit seien seit langem überschritten. Ferner sei der Erlass der Abschiebungsandrohung anstelle der gesetzlich vorgesehenen Abschiebungsanordnung rechtsfehlerhaft. Durch die aufschiebende Wirkung der Klage drohe den Klägern nach langer Verfahrenslaufzeit noch eine Überstellung. Es sei den Klägern nicht zumutbar, nunmehr in der Schweiz nochmals ein Asylverfahren durchzuführen und wohlmöglich längere Zeit auf eine Entscheidung warten zu müssen. Dies widerspreche auch der ausländerrechtlichen Wertung des § 25b AufenthG, wonach Personen insbesondere mit Kindern, die sich hier einige Jahre aufhielten und gut integriert seien ein Aufenthaltsrecht zugesprochen bekommen könnten. Die Kläger seien gut in Deutschland integriert. Das gelte insbesondere auch für die Klägerin zu 3., die den Kindergarten besuche. Das weitere Kind der Kläger zu 1. und 2., F. , sei bereits beim Kindergarten angemeldet und dort auch angenommen worden. 10Die Kläger beantragen, 11den Bescheid des Bundeamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. März 2018 aufzuheben, 12hilfsweise, für den Fall, dass die Klage gegen Ziffer 1 des Bescheides keinen Erfolg hat, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in Bezug auf die Schweiz vorliegt. 13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung. 16Mit Beschluss vom 3. Februar 2022 ist der Rechtsstreit der Vorsitzenden zur Entscheidung übertragen worden. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Ausländerbehörde des Kreises W. Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 20Die Klage ist zulässig. 21Sie ist fristgerecht erhoben worden. 22Die mit dem Hauptantrag gegen den Bescheid insgesamt gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO statthaft, 23Vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 ‑ 1 C 32.14 ‑, Rn. 13 ff., juris, und vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, Rn. 16 f. (in Bezug auf eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG), juris; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, Rn. 28 ff., und vom 16. September 2015 ‑ 13 A 800/15.A ‑, Rn. 22 ff. m.w.N., juris. 24Die isolierte Aufhebung der angefochtenen Regelungen führt auf die weitere Prüfung des Asylantrages der Kläger durch die Beklagte. Denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids wird das Verwaltungsverfahren in den Verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor Erlass der streitgegenständlichen Regelungen war. Das Bundesamt ist im Falle einer Aufhebung des Bescheides gemäß §§ 24, 31 AsylG gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren weiterzuführen. 25Zugleich ist der hilfsweise für den Fall, dass die Anfechtungsklage in Bezug auf Ziffer 1 keinen Erfolg hat, gestellte Verpflichtungsantrag statthaft, 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 1 C 4/16 –, Rn. 20 a.E., BVerwGE 157, 18-34 und juris. 27Die Klage ist jedoch unbegründet. 28A. Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet. 29In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 30Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG. 31Nach dieser Norm ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vor. 32Nicht die Beklagte, sondern die Schweiz ist für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger zuständig. 33Die Zuständigkeit für das Asylverfahren der Kläger zu 1. und 2. richtet sich vorliegend nach den Regelungen über das Aufnahmeverfahren gemäß Art. 21, 22 Dublin III-VO. Im Aufnahmeverfahren wird der für die Prüfung des Antrages zuständige Staat grundsätzlich nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO bestimmt, 34EuGH, Urteil vom 2. April 2019, C-582/17 und C-583/17, Rn. 55 - 57, juris, 35wobei gemäß Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO grundsätzlich von der Situation auszugehen ist, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. 36Nach Art. 12 Abs. 4 der Dublin III‑VO ist die Schweiz für die Prüfung des Asylantrages der Kläger zu 1. und 2. zuständig. Gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz Dublin III‑VO ist in den Fällen, in denen der Antragsteller ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig, der das Visum erteilt hat. Dies gilt gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO auch, wenn das Visum, aufgrund dessen ein Antragsteller in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, bei Stellung des Asylantrages (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) zwar nicht mehr gültig ist, aber seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. 37So liegt der Fall hier. Das den Klägern zu 1. und 2. am 20. November 2017 von der schweizerischen Auslandsvertretung in C. erteilte Schengen-Visum, mit dem diese nach eigenen Angaben am 27. November 2017 nach Deutschland einreisen konnten, war bis zum 2. Dezember 2017 gültig und damit bei Asylbeantragung in Deutschland am 9. Januar 2018 noch weniger als sechs Monate abgelaufen. Die Kläger hatten nach eigenem Vortrag das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten in der Zwischenzeit auch nicht verlassen. 38Die für die Schweiz anzunehmende Zuständigkeit für das Asylverfahren der Kläger zu 1. und 2. ist auch nicht nachträglich entfallen. Insbesondere hat das Bundesamt innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO genannten Frist am 9. Januar 2018 ein Übernahmeersuchen für die Kläger zu 1. und 2. an die Schweiz gerichtet. Die Schweiz hat das Übernahmeersuchen auch fristgerecht angenommen. 39Unter diesen Umständen ist die Schweiz gemäß Art. 20 Abs. 3 Satz 2 Dublin III-VO auch für die Prüfung des Asylantrages der Klägerin zu 3. zuständig. Bei dieser handelt es sich um das minderjährige unverheiratete Kind der Kläger zu 1. und 2., mithin um eine Familienangehörige im Sinne des Art. 2 g) zweiter Spiegelstrich Dublin III-VO. Sie ist nach Ankunft der Kläger zu 1. und 2. im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren. Die Prüfung der Asylanträge aller Familienangehörigen durch das für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zu 1 und 2. zuständige Land (hier: Schweiz) dient auch dem Wohl der Klägerin zu 3. 40Schließlich ist kein Zuständigkeitsübergang nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO wegen Ablaufs der Überstellungsfrist erfolgt, da die vorliegende Klage gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung im Sinne von Art. 27 Dublin III-VO hat. 41vgl. zur aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Abschiebungsandrohung nach §§ 34a Abs. 1 Satz 4, 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG im Einzelnen: VG Würzburg, Urteil vom 3. April 2020 ‑ 10 K 19.30677 ‑ Rn. 34 f, juris. 42Das Bundesamt hat die Tatsache, dass ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung eingelegt wurde, der Schweiz auch fristgerecht mitgeteilt. 43Eine Zuständigkeit der Beklagten – anstelle der Schweiz – ergibt sich schließlich auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO. Denn die Beklagte ist nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO gehindert, die Kläger in die Schweiz zu überstellen. 44Nach dieser Vorschrift steht es der Überstellung eines Antragstellers in den zunächst als zuständig bestimmten Staat entgegen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufwiesen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCh) bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs, 45EuGH, Urteile vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 87 und vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413, 46der Fall wäre, liegen hier nicht vor. 47Zwar bezieht sich Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-Verordnung nur auf die Situation, in der sich die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh aus systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Personen, die internationalen Schutz beantragen, in dem Mitgliedstaat ergibt, der nach dieser Verordnung als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt ist. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten Charakter des Verbots in Art. 4 EU-GRCh geht jedoch hervor, dass die Überstellung eines Antragstellers in diesen Mitgliedstaat in all jenen Situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller bei seiner Überstellung oder infolge seiner Überstellung eine solche Gefahr laufen wird. 48Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 87, juris. 49Dabei ist für die Anwendung von Art. 4 EU-GRCh gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss, das heißt im Falle der Gewährung internationalen Schutzes, dazu kommt, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin III‑Verordnung einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren. 50Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 88, 76, juris. 51Insoweit ist das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die die betreffende Person zum Nachweis des Vorliegens eines solchen Risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. 52Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 90, juris, unter Bezugnahme auf Urteil vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, ‑ C‑404/15 und C‑659/15 PPU ‑, EU:C:2016:198, Rn. 89. 53Schwachstellen fallen nur dann unter Art. 4 EU-GRCh, der Art. 3 EMRK entspricht und nach Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh die gleiche Bedeutung und Tragweite hat, wie sie ihm in der EMRK verliehen wird, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. 54Vgl. EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, § 254. 55Denn im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und insbesondere der Dublin III-VO, die auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruht und durch eine Rationalisierung der Anträge auf internationalen Schutz deren Bearbeitung im Interesse sowohl der Antragsteller als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigen soll, gilt die Vermutung, dass die Behandlung dieser Antragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-GRCh, der GFK und der EMRK steht. 56Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a., ‑ C-411/10 und C-493/10 ‑, EU:C:2011:865, Rn. 78 bis 80, juris. 57Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. 58Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, ‑ C-163/17 ‑, EU:C:2019:218, Rn. 89 ff., juris unter Bezugnahme auf EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, §§ 252 bis 263. 59Unter Anwendung dieser Maßstäbe fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in der Schweiz mit systemischen Mängeln behaftet wären, die eine beachtliche Gefahr einer den Klägern – einschließlich des aufgrund der familienbezogenen Betrachtungsweise mit einzubeziehenden nachgeborenen Kindes F. – drohenden unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss nach sich ziehen könnten. 60Die aktuelle Erkenntnislage des Gerichts bietet keine Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger systemischer Mängel im schweizerischen Asylsystem. Dies gilt auch für Personen in der familiären Situation, in der sich die Kläger bei einer Rückkehr in die Schweiz im Familienverbund befänden. Entsprechendes haben die Kläger auch nicht vorgebracht. 61Eine Rechtswidrigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung oder ein Anspruch auf einen Selbsteintritt der Beklagten gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO folgt – entgegen der Auffassung der Kläger – auch nicht aus der langen Verfahrensdauer zwischen dem Asylantrag der Kläger im Januar 2018 und dem Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahren mit dem vorliegenden Urteil. Die Beschleunigungsmaxime im 5. Erwägungsgrund der Dublin III‑VO vermag ohne Hinzutreten weiterer Umstände weder den Übergang der Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylgesuchs auf einen anderen Mitgliedstaat noch einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts zu begründen. Dieser Grundsatz steht in einem Spannungsverhältnis mit der – ebenfalls im 5. Erwägungsgrund der Dublin III‑VO verankerten – Vorgabe, dass die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auf objektiven und für die Mitgliedstaaten und die Betroffenen gerechten Kriterien basieren soll, sowie mit den in Art. 27 der Dublin III‑VO gewährleisteten Rechtsschutzmöglichkeiten. 62Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 26. August 2020 – A 1 K 1026/20 –, Rn. 56, juris. 63Das Gleiche gilt für die Vorgaben aus Art. 31 Abs. 2 der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes). Nach dieser Vorschrift stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass das Prüfungsverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht wird. 64Soweit in der Rechtsprechung des EuGH der asylrechtliche Beschleunigungsgrundsatz im Zusammenhang mit der Zuständigkeitsbestimmung oder der Pflicht zum Selbsteintrittspflicht herangezogen wurde, erfolgte dies in Bezug auf solche Fälle, in denen die Verletzung von Grundrechten des Asylsuchenden in dem für die Prüfung ihres Schutzgesuchs zuständigen Staat droht; diese Situation – so der EuGH – darf nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert werden, 65vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris; EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris. 66Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Den Klägern drohte und droht in der Schweiz nicht die Gefahr, dass dort ihre Grundrechte verletzt werden. Die lange Verfahrensdauer steht in keinem Zusammenhang mit den Verhältnissen in der Schweiz. Dementsprechend fehlt es auch an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Verfahrensdauer bis zum Abschluss einer materiellen Prüfung der Asylanträge der Kläger durch ihre Überstellung in die Schweiz nennenswert verlängert würde im Vergleich zu einer Fortführung ihrer Asylverfahren in Deutschland. 67Schließlich vermag die gesetzliche Wertung des § 25b AufenthG weder einen Zuständigkeitsübergang noch einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintritts zu begründen. Die unionsrechtlichen Vorgaben des Asylverfahrens stehen nicht zur Disposition des nationalen Gesetzgebers. Dementsprechend sieht § 25b AufenthG auch keine asylrechtliche Rechtsfolge vor, sondern ermöglicht die Erteilung eines nationalen, vom Asylrecht unabhängigen Aufenthaltstitel, sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Die von den Klägerin geltend gemachte Integration in Deutschland können in diesem ausländerrechtlichen Zusammenhang rechtserheblich sein. 68B. Der Hilfsantrag ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet. 69I. Die Beklagte kann nicht zu der mit dem Hilfsantrag begehrten Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verpflichtet werden, da die Kläger keinen Anspruch auf diese Feststellung haben und durch deren Versagung nicht in ihren Rechten verletzt werden, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Es liegen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass in der Person der Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf die Schweiz vorliegt. 70Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. In Betracht kommt insoweit vor allem eine Verletzung von Art. 3 EMRK. Nach dieser Vorschrift darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Unter Zugrundelegung des Maßstabs des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte muss die Verletzung von Art. 3 EMRK mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen („real risk“). Dies hängt von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie – in einigen Fällen – vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. 71Vgl. ständige Rechtsprechung des EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12, Tarakhel/Switzerland -, Rn. 93 f., m. w. N.; zum Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit: BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, juris Rn. 22. 72Bezugspunkt dieser Prüfung ist grundsätzlich der gesamte Abschiebungszielstaat und zunächst der Ort, an dem die Abschiebung endet. 73Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 - 8319/07, 11449/07, Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich - Rn. 65, 301, 309; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, juris Rn. 26. 74Nach diesen Maßstäben fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Kläger – über die Frage systemischer Mängel des schweizerischen Asylsystems hinaus – einer solchen Gefahr ausgesetzt sein könnten, und zwar auch unter Einbeziehung des nachgeborenen Kindes F. (familienbezogene Betrachtungsweise). 75Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Nach der Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte hierfür lassen sich nicht feststellen. 76II. Der Hilfsantrag ist ferner zulässig, aber unbegründet. Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 77Die Abschiebungsandrohung beruht auf § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG i.V.m. §§ 34, 38 Abs. 1 AsylG. Nach § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG droht das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat an, wenn eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 oder 2 AsylG nicht ergehen kann. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Einer Abschiebung der Klägerin zu 2. stand bei Erlass des Bescheides am 8. März 2018 ein rechtliches Abschiebungshindernis entgegen. Sie befand sich in Mutterschutz nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 Satz 1 MuSchG. Seit der Entbindung von ihrer am 7. Februar 2018 geborenen Tochter (der Klägerin zu 3.) waren noch keine 8 Wochen vergangen. § 3 MuSchG beruht auf der tatsächlichen Vermutung, dass bei einer erheblichen physischen oder psychischen Belastung der Schwangeren bzw. Mutter in der Mutterschutzzeit Gefahren für Mutter und Kind nicht von der Hand zu weisen sind. Diese zeitliche Grenze ist auf Abschiebungen zu übertragen, so dass eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass eine Schwangere bzw. eine Mutter und ihr neugeborenes Kind während der Mutterschutzfrist nicht gefahrlos abgeschoben werden können. 78Vgl. VG München, Beschluss vom 29. Dezember 2016 – M 1 S 16.50997 ‑, Rn. 22, juris m.w.N. 79Vor diesem Hintergrund lässt sich – entgegen der Auffassung der Kläger – auch nicht aus dem Vermerk vom 27. Juli 2018 (Bl. 346 der Asylakte der Kläger) schließen, dass die Abschiebungsandrohung versehentlich anstelle einer Abschiebungsanordnung ergangen sei. Dieser Vermerk ist im Rahmen der Richtigstellung der fehlerhaften Bestandskraftmitteilung an die Ausländerbehörde unter dem 5. April 2018 sowie einer fehlerhaften Eintragung im Ausländerzentralregister (Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung) erstellt worden. Da die Abschiebungsandrohung bei Dublin-Bescheiden gemäß § 34a Abs. 1 AsylG nicht den Regelfall darstellt, sondern nach Satz 4 dieser Vorschrift nur unter bestimmten Voraussetzungen ergehen kann, ist es folgerichtig, dass diese besonderen Konstellation in dem betreffenden Vermerk besonders hervorgehoben wurde. 80Der Erlass einer Abschiebungsandrohung anstelle einer Abschiebungsanordnung verletzt die Kläger im Übrigen auch nicht in ihren Rechten. Insbesondere ist das Interesse eines Asylantragstellers an einem für die Zukunft erwarteten Zuständigkeitsübergang durch Ablauf der Überstellungsfrist, der im vorliegenden Fall den Klägern durch die aufschiebende Wirkung ihrer Klage versperrt blieb, als solches nicht rechtlich geschützt, 81vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juli 2020 – 22 K 8760/18.A –, juris Rn. 131 ff; VG Würzburg, Urteil vom 13. November 2020 – W 10 K 19.31019 –, Rn. 63, juris. 82Ob das Asylverfahren des nachgeborenen Kindes F. bereits abgeschlossen ist oder diesem noch ein (asylverfahrensrechtliches) Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zusteht, kann offen bleiben. Denn in diesem Fall bestünde zwar ein Abschiebungshindernis im Sinne von § 60a AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG, ein solches steht dem Erlass der Abschiebungsandrohung gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG jedoch nicht entgegen, 83vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2005 ‑ 18 B 2801/04 ‑, OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. April 2013 – OVG 12 S 25.13 –, Rn. 5, juris m.w.N. 84III. Schließlich ist der Hilfsantrag auch zulässig, aber unbegründet, soweit er sich gegen Ziffer 4 des Bescheides richtet. 85Die auf § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl. I 1386 (AufenthG a.F.) gestützte Anordnung des auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 86Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) findet diese Regelung als Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots ihre Rechtsgrundlage in der seit dem 21. August 2019 geltenden aktuellen Fassung des § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG. 87Die Zuständigkeit des Bundesamtes ergibt sich unverändert des § 75 Nr. 12 AufenthG. 88Es ist nach Maßgabe des § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG unschädlich, dass das Bundesamt den Ausspruch und die Ermessensausübung an § 11 AufenthG a.F. orientiert. Denn durch die Neufassung des § 11 AufenthG haben sich die für die behördliche Anordnung und Fristbestimmung zu berücksichtigenden Umstände nicht geändert. Der Gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige Rechtslage an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 89vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 ‑ 1 VR 3/17 ‑, Rn. 70 ff., juris, 90angepasst. 91Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. April 2020 ‑ 2 L 30/20 ‑, Rn. 17 m.w.N., juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 ‑ A 19 K 1718/17 ‑, Rn. 38, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. November 2019 ‑ 27 K 1769/18.A ‑ Rn. 33 - 36, juris. 92Die Ermessensentscheidung des Bundesamtes begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Diese ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob die Behörde das Ermessen in seiner Reichweite erkannt, ihre Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten hat, § 114 Satz 1 VwGO, § 40 VwVfG. 93Vgl. zur Überprüfung der Ermessensentscheidung nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG auch: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2017 ‑ 11 A 52/17.A ‑, Rn. 110, juris. 94Mit einer Befristung auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung hat das Bundesamt die Reichweite seines Ermessens nicht überschritten. Aus der Begründung des Bescheides ist zudem erkennbar, dass es seine Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet hat, indem es das öffentliche Interesse an dem Verbot einer kurzfristigen Wiedereinreise der Kläger mit deren Interesse an einer erneuten Einreise in das Bundesgebiet abgewogen hat. Schließlich dürfte auch nichts dafür ersichtlich sein, dass die Beklagte diese Abwägung auf der Grundlage eines falschen Sachverhalts vorgenommen hätte oder sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt nachträglich in einer Weise verändert hätte, die eine Ergänzung der Ermessensausübung erfordern würde. Entsprechendes wird von den Klägern auch nicht vorgetragen. 95Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, §§ 83b, 83c AsylG. 96Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. 97Der Gegenstandswert richtet sich nach § 30 Abs. 1 RVG 98Rechtsmittelbelehrung: 99Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 100Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1011. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 1022. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1033. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 104Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 105Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 106In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 107Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 108Die Antragsschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger können die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die kläger sind staatsangehörige von aserbaidschan. die 1986 bzw. 1980 geborenen kläger zu 1. und 2. sind die eltern der 2018 geborenen klägerin zu 3. 3die kläger zu 1. und 2. reisten nach eigenen angaben am 27. november 2017 in das bundesgebiet ein. ausweislich einer abfrage im visa-informationssystem am 9. januar 2018 war den klägern zu 1. und 2. am 20. november 2017 von der schweizer auslandsvertretung in c. ein schengen-visum mit gültigkeit ab dem 26. november 2017 bis zum 2. dezember 2017 erteilt worden. am 9. januar 2018 stellten die kläger zu 1. und 2. einen förmlichen asylantrag und wurden im folgenden vom bundesamt für migration und flüchtlinge (nachfolgend: bundesamt) angehört. am 9. januar 2018 stellte das bundesamt ein aufnahmeersuchen für die kläger zu 1. und 2. an die schweiz. diesem stimmte die schweiz mit schreiben vom 11. januar 2018, das am 15. januar 2018 beim bundesamt einging, zu. 4am 00. g. 2018 wurde die klägerin zu 3. geboren. mit schreiben vom 2. märz 2018 erweiterte das bundesamt das aufnahmeersuchen gegenüber der schweiz um die klägerin zu 3. 5mit bescheid vom 8. märz 2018 lehnte das bundesamt die asylanträge der kläger als unzulässig ab, stellte fest, dass keine abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 aufenthg vorliegen, drohte die abschiebung der kläger in die schweiz an, falls sie das bundesgebiet nicht innerhalb von 30 tagen verlassen und ordnete ein auf 9 monate befristetes einreise- und aufenthaltsverbot an. der bescheid wurde den klägern am 13. märz 2018 zugestellt. 6die kläger haben am 23. märz 2018 klage erhoben. 7mit schreiben vom 29. juni 2018 hat das bundesamt der schweiz mitgeteilt, dass ein rechtsbehelf mit aufschiebender wirkung eingelegt worden ist. 8am 00. n. 2020 ist als weiteres kind der kläger zu 1. und 2. f. u. zur welt gekommen. 9zur begründung ihrer klage tragen die kläger vor: der bescheid sei zum maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung rechtswidrig. denn die vorgaben der asylverfahrensrichtlinie, insbesondere art. 31 der richtlinie und der beschleunigungsgrundsatz des europäischen asylsystems einschließlich der dublin iii‑vo seien verletzt. die dortigen vorgaben für die verfahrenslaufzeit seien seit langem überschritten. ferner sei der erlass der abschiebungsandrohung anstelle der gesetzlich vorgesehenen abschiebungsanordnung rechtsfehlerhaft. durch die aufschiebende wirkung der klage drohe den klägern nach langer verfahrenslaufzeit noch eine überstellung. es sei den klägern nicht zumutbar, nunmehr in der schweiz nochmals ein asylverfahren durchzuführen und wohlmöglich längere zeit auf eine entscheidung warten zu müssen. dies widerspreche auch der ausländerrechtlichen wertung des § 25b aufenthg, wonach personen insbesondere mit kindern, die sich hier einige jahre aufhielten und gut integriert seien ein aufenthaltsrecht zugesprochen bekommen könnten. die kläger seien gut in deutschland integriert. das gelte insbesondere auch für die klägerin zu 3., die den kindergarten besuche. das weitere kind der kläger zu 1. und 2., f. , sei bereits beim kindergarten angemeldet und dort auch angenommen worden. 10die kläger beantragen, 11den bescheid des bundeamtes für migration und flüchtlinge vom 8. märz 2018 aufzuheben, 12hilfsweise, für den fall, dass die klage gegen ziffer 1 des bescheides keinen erfolg hat, die beklagte unter entsprechender aufhebung des bescheides zu verpflichten, festzustellen, dass ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 und 7 aufenthg in bezug auf die schweiz vorliegt. 13die beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung bezieht sie sich auf die angefochtene entscheidung. 16mit beschluss vom 3. februar 2022 ist der rechtsstreit der vorsitzenden zur entscheidung übertragen worden. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten sowie der ausländerbehörde des kreises w. bezug genommen. 18 | 19die klage ist zulässig, aber unbegründet. 20die klage ist zulässig. 21sie ist fristgerecht erhoben worden. 22die mit dem hauptantrag gegen den bescheid insgesamt gerichtete klage ist als anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1, 1. var. vwgo statthaft, 23vgl. im einzelnen: bverwg, urteile vom 27. oktober 2015 ‑ 1 c 32.14 ‑, rn. 13 ff., juris, und vom 14. dezember 2016 - 1 c 4.16 -, rn. 16 f. (in bezug auf eine unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 abs. 1 nr. 5 asylg), juris; ovg nrw, urteile vom 7. märz 2014 ‑ 1 a 21/12.a ‑, rn. 28 ff., und vom 16. september 2015 ‑ 13 a 800/15.a ‑, rn. 22 ff. m.w.n., juris. 24die isolierte aufhebung der angefochtenen regelungen führt auf die weitere prüfung des asylantrages der kläger durch die beklagte. denn mit der aufhebung des streitgegenständlichen bescheids wird das verwaltungsverfahren in den verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor erlass der streitgegenständlichen regelungen war. das bundesamt ist im falle einer aufhebung des bescheides gemäß §§ 24, 31 asylg gesetzlich verpflichtet, das asylverfahren weiterzuführen. 25zugleich ist der hilfsweise für den fall, dass die anfechtungsklage in bezug auf ziffer 1 keinen erfolg hat, gestellte verpflichtungsantrag statthaft, 26vgl. bverwg, urteil vom 14. dezember 2016 – 1 c 4/16 –, rn. 20 a.e., bverwge 157, 18-34 und juris. 27die klage ist jedoch unbegründet. 28a. die klage ist mit dem hauptantrag unbegründet. 29in dem für die rechtliche beurteilung maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts (vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylg) ist die unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides nicht rechtswidrig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 30sie findet ihre rechtsgrundlage in § 29 abs. 1 nr. 1 buchst. a asylg. 31nach dieser norm ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat nach maßgabe der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (dublin iii-vo), für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. diese voraussetzungen liegen hier zum zeitpunkt der entscheidung des gerichts vor. 32nicht die beklagte, sondern die schweiz ist für die durchführung des asylverfahrens der kläger zuständig. 33die zuständigkeit für das asylverfahren der kläger zu 1. und 2. richtet sich vorliegend nach den regelungen über das aufnahmeverfahren gemäß art. 21, 22 dublin iii-vo. im aufnahmeverfahren wird der für die prüfung des antrages zuständige staat grundsätzlich nach den kriterien des kapitels iii der dublin iii-vo bestimmt, 34eugh, urteil vom 2. april 2019, c-582/17 und c-583/17, rn. 55 - 57, juris, 35wobei gemäß art. 7 abs. 2 dublin iii-vo grundsätzlich von der situation auszugehen ist, die zu dem zeitpunkt gegeben ist, zu dem der antragsteller seinen antrag auf internationalen schutz zum ersten mal in einem mitgliedstaat stellt. 36nach art. 12 abs. 4 der dublin iii‑vo ist die schweiz für die prüfung des asylantrages der kläger zu 1. und 2. zuständig. gemäß art. 12 abs. 2 satz 1, 1. halbsatz dublin iii‑vo ist in den fällen, in denen der antragsteller ein gültiges visum besitzt, der mitgliedstaat für die prüfung des antrages auf internationalen schutz zuständig, der das visum erteilt hat. dies gilt gemäß art. 12 abs. 4 dublin iii-vo auch, wenn das visum, aufgrund dessen ein antragsteller in das hoheitsgebiet eines mitgliedstaats einreisen konnte, bei stellung des asylantrages (vgl. art. 7 abs. 2 dublin iii-vo) zwar nicht mehr gültig ist, aber seit weniger als sechs monaten abgelaufen ist, solange der antragsteller das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten nicht verlassen hat. 37so liegt der fall hier. das den klägern zu 1. und 2. am 20. november 2017 von der schweizerischen auslandsvertretung in c. erteilte schengen-visum, mit dem diese nach eigenen angaben am 27. november 2017 nach deutschland einreisen konnten, war bis zum 2. dezember 2017 gültig und damit bei asylbeantragung in deutschland am 9. januar 2018 noch weniger als sechs monate abgelaufen. die kläger hatten nach eigenem vortrag das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten in der zwischenzeit auch nicht verlassen. 38die für die schweiz anzunehmende zuständigkeit für das asylverfahren der kläger zu 1. und 2. ist auch nicht nachträglich entfallen. insbesondere hat das bundesamt innerhalb der in art. 21 abs. 1 dublin iii-vo genannten frist am 9. januar 2018 ein übernahmeersuchen für die kläger zu 1. und 2. an die schweiz gerichtet. die schweiz hat das übernahmeersuchen auch fristgerecht angenommen. 39unter diesen umständen ist die schweiz gemäß art. 20 abs. 3 satz 2 dublin iii-vo auch für die prüfung des asylantrages der klägerin zu 3. zuständig. bei dieser handelt es sich um das minderjährige unverheiratete kind der kläger zu 1. und 2., mithin um eine familienangehörige im sinne des art. 2 g) zweiter spiegelstrich dublin iii-vo. sie ist nach ankunft der kläger zu 1. und 2. im hoheitsgebiet der mitgliedstaaten geboren. die prüfung der asylanträge aller familienangehörigen durch das für die prüfung der asylanträge der kläger zu 1 und 2. zuständige land (hier: schweiz) dient auch dem wohl der klägerin zu 3. 40schließlich ist kein zuständigkeitsübergang nach art. 29 abs. 2 dublin iii-vo wegen ablaufs der überstellungsfrist erfolgt, da die vorliegende klage gemäß § 75 abs. 1 satz 1 i.v.m. § 38 abs. 1 satz 1 asylg kraft gesetzes aufschiebende wirkung im sinne von art. 27 dublin iii-vo hat. 41vgl. zur aufschiebenden wirkung der klage gegen eine abschiebungsandrohung nach §§ 34a abs. 1 satz 4, 38 abs. 1 satz 1 asylg im einzelnen: vg würzburg, urteil vom 3. april 2020 ‑ 10 k 19.30677 ‑ rn. 34 f, juris. 42das bundesamt hat die tatsache, dass ein rechtsbehelf mit aufschiebender wirkung eingelegt wurde, der schweiz auch fristgerecht mitgeteilt. 43eine zuständigkeit der beklagten – anstelle der schweiz – ergibt sich schließlich auch nicht aus art. 3 abs. 2 unterabs. 2 und 3 dublin iii-vo. denn die beklagte ist nicht gemäß art. 3 abs. 2 unterabs. 2 dublin iii-vo gehindert, die kläger in die schweiz zu überstellen. 44nach dieser vorschrift steht es der überstellung eines antragstellers in den zunächst als zuständig bestimmten staat entgegen, wenn es wesentliche gründe für die annahme gibt, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für antragsteller in diesem mitgliedstaat systemische schwachstellen aufwiesen, die eine gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des art. 4 der charta der grundrechte der europäischen union (eu-grch) bzw. art. 3 der konvention zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) mit sich bringen. die voraussetzungen, unter denen dies nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte und des europäischen gerichtshofs, 45eugh, urteile vom 19. märz 2019, jawo, c-163/17, eu:c:2019:218, rn. 87 und vom 21. dezember 2011 - c-411/10 et al. -, juris, rn. 83 ff., 99; egmr, urteil vom 21. januar 2011 - 30696/09 -, nvwz 2011, 413, 46der fall wäre, liegen hier nicht vor. 47zwar bezieht sich art. 3 abs. 2 unterabs. 2 dublin iii-verordnung nur auf die situation, in der sich die tatsächliche gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von art. 4 eu-grch aus systemischen schwachstellen des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen für personen, die internationalen schutz beantragen, in dem mitgliedstaat ergibt, der nach dieser verordnung als für die prüfung des antrags zuständig bestimmt ist. aus der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten charakter des verbots in art. 4 eu-grch geht jedoch hervor, dass die überstellung eines antragstellers in diesen mitgliedstaat in all jenen situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme vorliegen, dass der antragsteller bei seiner überstellung oder infolge seiner überstellung eine solche gefahr laufen wird. 48vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 87, juris. 49dabei ist für die anwendung von art. 4 eu-grch gleichgültig, ob es zum zeitpunkt der überstellung, während des asylverfahrens oder nach dessen abschluss, das heißt im falle der gewährung internationalen schutzes, dazu kommt, dass die betreffende person aufgrund ihrer überstellung an den zuständigen mitgliedstaat im sinne der dublin iii‑verordnung einem ernsthaften risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung zu erfahren. 50vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 88, 76, juris. 51insoweit ist das mit einem rechtsbehelf gegen eine überstellungsentscheidung befasste gericht in dem fall, dass es über angaben verfügt, die die betreffende person zum nachweis des vorliegens eines solchen risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter angaben und im hinblick auf den durch das unionsrecht gewährleisteten schutzstandard der grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte personengruppen betreffende schwachstellen vorliegen. 52vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 90, juris, unter bezugnahme auf urteil vom 5. april 2016, aranyosi und căldăraru, ‑ c‑404/15 und c‑659/15 ppu ‑, eu:c:2016:198, rn. 89. 53schwachstellen fallen nur dann unter art. 4 eu-grch, der art. 3 emrk entspricht und nach art. 52 abs. 3 eu-grch die gleiche bedeutung und tragweite hat, wie sie ihm in der emrk verliehen wird, wenn sie eine besonders hohe schwelle der erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen umständen des falles abhängt. 54vgl. egmr, 21. januar 2011, m.s.s./belgien und griechenland, ce:echr:2011:0121jud003069609, § 254. 55denn im kontext des gemeinsamen europäischen asylsystems und insbesondere der dublin iii-vo, die auf dem grundsatz des gegenseitigen vertrauens beruht und durch eine rationalisierung der anträge auf internationalen schutz deren bearbeitung im interesse sowohl der antragsteller als auch der teilnehmenden staaten beschleunigen soll, gilt die vermutung, dass die behandlung dieser antragsteller in jedem einzelnen mitgliedstaat in einklang mit den erfordernissen der eu-grch, der gfk und der emrk steht. 56vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011, n. s. u. a., ‑ c-411/10 und c-493/10 ‑, eu:c:2011:865, rn. 78 bis 80, juris. 57diese besonders hohe schwelle der erheblichkeit wäre erreicht, wenn die gleichgültigkeit der behörden eines mitgliedstaats zur folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher unterstützung abhängige person sich unabhängig von ihrem willen und ihren persönlichen entscheidungen in einer situation extremer materieller not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen zustand der verelendung versetzte, der mit der menschenwürde unvereinbar wäre. diese schwelle ist daher selbst in durch große armut oder eine starke verschlechterung der lebensverhältnisse der betreffenden person gekennzeichneten situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller not verbunden sind, aufgrund deren sich diese person in einer solch schwerwiegenden lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung gleichgestellt werden kann. 58vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, ‑ c-163/17 ‑, eu:c:2019:218, rn. 89 ff., juris unter bezugnahme auf egmr, 21. januar 2011, m.s.s./belgien und griechenland, ce:echr:2011:0121jud003069609, §§ 252 bis 263. 59unter anwendung dieser maßstäbe fehlt es an hinreichenden anhaltspunkten dafür, dass das asylverfahren oder die aufnahmebedingungen in der schweiz mit systemischen mängeln behaftet wären, die eine beachtliche gefahr einer den klägern – einschließlich des aufgrund der familienbezogenen betrachtungsweise mit einzubeziehenden nachgeborenen kindes f. – drohenden unmenschlichen behandlung im sinne von art. 4 eu-grch bzw. art. 3 emrk zum zeitpunkt der überstellung, während des asylverfahrens oder nach dessen abschluss nach sich ziehen könnten. 60die aktuelle erkenntnislage des gerichts bietet keine anhaltspunkte für das vorliegen derartiger systemischer mängel im schweizerischen asylsystem. dies gilt auch für personen in der familiären situation, in der sich die kläger bei einer rückkehr in die schweiz im familienverbund befänden. entsprechendes haben die kläger auch nicht vorgebracht. 61eine rechtswidrigkeit der unzulässigkeitsentscheidung oder ein anspruch auf einen selbsteintritt der beklagten gemäß art. 17 abs. 1 dublin iii-vo folgt – entgegen der auffassung der kläger – auch nicht aus der langen verfahrensdauer zwischen dem asylantrag der kläger im januar 2018 und dem abschluss des erstinstanzlichen klageverfahren mit dem vorliegenden urteil. die beschleunigungsmaxime im 5. erwägungsgrund der dublin iii‑vo vermag ohne hinzutreten weiterer umstände weder den übergang der zuständigkeit für die prüfung eines asylgesuchs auf einen anderen mitgliedstaat noch einen anspruch auf ausübung des selbsteintrittsrechts zu begründen. dieser grundsatz steht in einem spannungsverhältnis mit der – ebenfalls im 5. erwägungsgrund der dublin iii‑vo verankerten – vorgabe, dass die bestimmung des zuständigen mitgliedstaats auf objektiven und für die mitgliedstaaten und die betroffenen gerechten kriterien basieren soll, sowie mit den in art. 27 der dublin iii‑vo gewährleisteten rechtsschutzmöglichkeiten. 62vgl. vg karlsruhe, urteil vom 26. august 2020 – a 1 k 1026/20 –, rn. 56, juris. 63das gleiche gilt für die vorgaben aus art. 31 abs. 2 der asylverfahrensrichtlinie (richtlinie 2013/32/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zu gemeinsamen verfahren für die zuerkennung und aberkennung des internationalen schutzes). nach dieser vorschrift stellen die mitgliedstaaten sicher, dass das prüfungsverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen prüfung so rasch wie möglich zum abschluss gebracht wird. 64soweit in der rechtsprechung des eugh der asylrechtliche beschleunigungsgrundsatz im zusammenhang mit der zuständigkeitsbestimmung oder der pflicht zum selbsteintrittspflicht herangezogen wurde, erfolgte dies in bezug auf solche fälle, in denen die verletzung von grundrechten des asylsuchenden in dem für die prüfung ihres schutzgesuchs zuständigen staat droht; diese situation – so der eugh – darf nicht durch ein unangemessen langes verfahren zur bestimmung des zuständigen mitgliedstaats verschlimmert werden, 65vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011 – c-411/10 und c-493/10 –, juris; eugh, urteil vom 14. november 2013 – c-4/11 –, juris. 66ein solcher fall ist hier jedoch nicht gegeben. den klägern drohte und droht in der schweiz nicht die gefahr, dass dort ihre grundrechte verletzt werden. die lange verfahrensdauer steht in keinem zusammenhang mit den verhältnissen in der schweiz. dementsprechend fehlt es auch an hinreichenden anhaltspunkten dafür, dass die verfahrensdauer bis zum abschluss einer materiellen prüfung der asylanträge der kläger durch ihre überstellung in die schweiz nennenswert verlängert würde im vergleich zu einer fortführung ihrer asylverfahren in deutschland. 67schließlich vermag die gesetzliche wertung des § 25b aufenthg weder einen zuständigkeitsübergang noch einen anspruch auf ausübung des selbsteintritts zu begründen. die unionsrechtlichen vorgaben des asylverfahrens stehen nicht zur disposition des nationalen gesetzgebers. dementsprechend sieht § 25b aufenthg auch keine asylrechtliche rechtsfolge vor, sondern ermöglicht die erteilung eines nationalen, vom asylrecht unabhängigen aufenthaltstitel, sofern die entsprechenden voraussetzungen vorliegen. die von den klägerin geltend gemachte integration in deutschland können in diesem ausländerrechtlichen zusammenhang rechtserheblich sein. 68b. der hilfsantrag ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet. 69i. die beklagte kann nicht zu der mit dem hilfsantrag begehrten feststellung von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg verpflichtet werden, da die kläger keinen anspruch auf diese feststellung haben und durch deren versagung nicht in ihren rechten verletzt werden, vgl. § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. es liegen keine greifbaren anhaltspunkte dafür vor, dass in der person der kläger ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg in bezug auf die schweiz vorliegt. 70nach § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der anwendung der emrk ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. in betracht kommt insoweit vor allem eine verletzung von art. 3 emrk. nach dieser vorschrift darf niemand der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender strafe oder behandlung unterworfen werden. unter zugrundelegung des maßstabs des europäischen gerichtshofes für menschenrechte muss die verletzung von art. 3 emrk mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen („real risk“). dies hängt von den gesamtumständen des jeweiligen einzelfalls ab, wie etwa der art und dem kontext der fehlbehandlung, der dauer, den körperlichen und geistigen auswirkungen, sowie – in einigen fällen – vom geschlecht, alter und gesundheitszustand des opfers. 71vgl. ständige rechtsprechung des egmr, urteil vom 4. november 2014 - 29217/12, tarakhel/switzerland -, rn. 93 f., m. w. n.; zum maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit: bverwg, urteil vom 27. april 2010 - 10 c 5.09 -, juris rn. 22. 72bezugspunkt dieser prüfung ist grundsätzlich der gesamte abschiebungszielstaat und zunächst der ort, an dem die abschiebung endet. 73vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 - 8319/07, 11449/07, sufi und elmi/vereinigtes königreich - rn. 65, 301, 309; bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, juris rn. 26. 74nach diesen maßstäben fehlt es an hinreichenden anhaltspunkten dafür, dass die kläger – über die frage systemischer mängel des schweizerischen asylsystems hinaus – einer solchen gefahr ausgesetzt sein könnten, und zwar auch unter einbeziehung des nachgeborenen kindes f. (familienbezogene betrachtungsweise). 75die voraussetzungen für ein abschiebungsverbot gemäß § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg liegen ebenfalls nicht vor. nach der vorschrift soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. hinreichend konkrete anhaltspunkte hierfür lassen sich nicht feststellen. 76ii. der hilfsantrag ist ferner zulässig, aber unbegründet. die abschiebungsandrohung in ziffer 3 des bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 77die abschiebungsandrohung beruht auf § 34a abs. 1 satz 4 asylg i.v.m. §§ 34, 38 abs. 1 asylg. nach § 34a abs. 1 satz 4 asylg droht das bundesamt die abschiebung in den zuständigen staat an, wenn eine abschiebungsanordnung nach § 34a abs. 1 satz 1 oder 2 asylg nicht ergehen kann. diese voraussetzung ist erfüllt. einer abschiebung der klägerin zu 2. stand bei erlass des bescheides am 8. märz 2018 ein rechtliches abschiebungshindernis entgegen. sie befand sich in mutterschutz nach maßgabe des § 3 abs. 2 satz 1 muschg. seit der entbindung von ihrer am 7. februar 2018 geborenen tochter (der klägerin zu 3.) waren noch keine 8 wochen vergangen. § 3 muschg beruht auf der tatsächlichen vermutung, dass bei einer erheblichen physischen oder psychischen belastung der schwangeren bzw. mutter in der mutterschutzzeit gefahren für mutter und kind nicht von der hand zu weisen sind. diese zeitliche grenze ist auf abschiebungen zu übertragen, so dass eine tatsächliche vermutung dafür besteht, dass eine schwangere bzw. eine mutter und ihr neugeborenes kind während der mutterschutzfrist nicht gefahrlos abgeschoben werden können. 78vgl. vg münchen, beschluss vom 29. dezember 2016 – m 1 s 16.50997 ‑, rn. 22, juris m.w.n. 79vor diesem hintergrund lässt sich – entgegen der auffassung der kläger – auch nicht aus dem vermerk vom 27. juli 2018 (bl. 346 der asylakte der kläger) schließen, dass die abschiebungsandrohung versehentlich anstelle einer abschiebungsanordnung ergangen sei. dieser vermerk ist im rahmen der richtigstellung der fehlerhaften bestandskraftmitteilung an die ausländerbehörde unter dem 5. april 2018 sowie einer fehlerhaften eintragung im ausländerzentralregister (vollziehbarkeit der abschiebungsandrohung) erstellt worden. da die abschiebungsandrohung bei dublin-bescheiden gemäß § 34a abs. 1 asylg nicht den regelfall darstellt, sondern nach satz 4 dieser vorschrift nur unter bestimmten voraussetzungen ergehen kann, ist es folgerichtig, dass diese besonderen konstellation in dem betreffenden vermerk besonders hervorgehoben wurde. 80der erlass einer abschiebungsandrohung anstelle einer abschiebungsanordnung verletzt die kläger im übrigen auch nicht in ihren rechten. insbesondere ist das interesse eines asylantragstellers an einem für die zukunft erwarteten zuständigkeitsübergang durch ablauf der überstellungsfrist, der im vorliegenden fall den klägern durch die aufschiebende wirkung ihrer klage versperrt blieb, als solches nicht rechtlich geschützt, 81vgl. vg düsseldorf, urteil vom 21. juli 2020 – 22 k 8760/18.a –, juris rn. 131 ff; vg würzburg, urteil vom 13. november 2020 – w 10 k 19.31019 –, rn. 63, juris. 82ob das asylverfahren des nachgeborenen kindes f. bereits abgeschlossen ist oder diesem noch ein (asylverfahrensrechtliches) aufenthaltsrecht im bundesgebiet zusteht, kann offen bleiben. denn in diesem fall bestünde zwar ein abschiebungshindernis im sinne von § 60a aufenthg i.v.m. art. 6 abs. 1 gg, ein solches steht dem erlass der abschiebungsandrohung gemäß § 34 abs. 1 asylg i.v.m. § 59 abs. 3 satz 1 aufenthg jedoch nicht entgegen, 83vgl. ovg nrw, beschluss vom 6. januar 2005 ‑ 18 b 2801/04 ‑, ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 30. april 2013 – ovg 12 s 25.13 –, rn. 5, juris m.w.n. 84iii. schließlich ist der hilfsantrag auch zulässig, aber unbegründet, soweit er sich gegen ziffer 4 des bescheides richtet. 85die auf § 11 abs. 1 und 2 aufenthg in der fassung des art. 1 nr. 5 des gesetzes zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung vom 27. juli 2015, bgbl. i 1386 (aufenthg a.f.) gestützte anordnung des auf 9 monate ab dem tag der abschiebung befristeten einreise- und aufenthaltsverbots ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 86zum maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts (§ 77 abs. 1 satz 1 asylg) findet diese regelung als anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbots ihre rechtsgrundlage in der seit dem 21. august 2019 geltenden aktuellen fassung des § 11 abs. 1 und 2 aufenthg. 87die zuständigkeit des bundesamtes ergibt sich unverändert des § 75 nr. 12 aufenthg. 88es ist nach maßgabe des § 11 abs. 1 und 2 aufenthg unschädlich, dass das bundesamt den ausspruch und die ermessensausübung an § 11 aufenthg a.f. orientiert. denn durch die neufassung des § 11 aufenthg haben sich die für die behördliche anordnung und fristbestimmung zu berücksichtigenden umstände nicht geändert. der gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige rechtslage an die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, wonach die befristung des gesetzlichen einreise- und aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 89vgl. bverwg, beschluss vom 13. juli 2017 ‑ 1 vr 3/17 ‑, rn. 70 ff., juris, 90angepasst. 91vgl. ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 23. april 2020 ‑ 2 l 30/20 ‑, rn. 17 m.w.n., juris; vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 ‑ a 19 k 1718/17 ‑, rn. 38, juris; vg düsseldorf, urteil vom 25. november 2019 ‑ 27 k 1769/18.a ‑ rn. 33 - 36, juris. 92die ermessensentscheidung des bundesamtes begegnet auch im übrigen keinen bedenken. diese ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob die behörde das ermessen in seiner reichweite erkannt, ihre erwägungen am zweck der ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen grenzen ihres ermessens nicht überschritten hat, § 114 satz 1 vwgo, § 40 vwvfg. 93vgl. zur überprüfung der ermessensentscheidung nach § 11 abs. 2 und 3 aufenthg auch: ovg nrw, urteil vom 19. mai 2017 ‑ 11 a 52/17.a ‑, rn. 110, juris. 94mit einer befristung auf 9 monate ab dem tag der abschiebung hat das bundesamt die reichweite seines ermessens nicht überschritten. aus der begründung des bescheides ist zudem erkennbar, dass es seine erwägungen am zweck der ermessensermächtigung ausgerichtet hat, indem es das öffentliche interesse an dem verbot einer kurzfristigen wiedereinreise der kläger mit deren interesse an einer erneuten einreise in das bundesgebiet abgewogen hat. schließlich dürfte auch nichts dafür ersichtlich sein, dass die beklagte diese abwägung auf der grundlage eines falschen sachverhalts vorgenommen hätte oder sich der entscheidungserhebliche sachverhalt nachträglich in einer weise verändert hätte, die eine ergänzung der ermessensausübung erfordern würde. entsprechendes wird von den klägern auch nicht vorgetragen. 95die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 155 abs. 2 vwgo, §§ 83b, 83c asylg. 96die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, § 711 zpo. 97der gegenstandswert richtet sich nach § 30 abs. 1 rvg 98rechtsmittelbelehrung: 99gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 100die berufung ist nur zuzulassen, wenn 1011. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 1022. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1033. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 104der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 105auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 106in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 107im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 108die antragsschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. |
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} | 6 K 517/21 | 2022-02-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Erteilung der Fällgenehmigung für eine Blutbuche. Er ist Miteigentümer des Grundstücks I.-----weg 3 in M. , das mit einem Reihenmittelhaus bebaut ist. Das Grundstück ist rund 38 m tief und rund 6 m breit. Der rückwärtige Garten erstreckt sich über eine Tiefe von rund 25 m. Hinter diesem Garten verläuft ein rund 2,50 m breiter Wohnweg, der eine weitere Reihenhauszeile erschließt. Die Vorderfront des hinter dem Garten des Klägers liegenden Nachbarhauses Nr. 13 ist rund 6,50 von der rückwärtigen Grenze des klägerischen Grundstücks entfernt. 3Weitere Einzelheiten zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt: 4An dieser Stelle befindet in der Originalentscheidung eine Skizze 5Am 28. Mai 2020 beantragte der Kläger die Genehmigung zur Fällung der am südlichen Ende seines Grundstücks – in etwa mittig – aufstehenden Blutbuche. Zur Begründung führte er aus, der Baum nehme ihm zu viel Tageslicht; auch seine Nachbarn seien beeinträchtigt. Mit Bescheid vom 24. Juli 2020 lehnte die Beklagte den Antrag ab. 6Anfang Januar 2021 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Fällgenehmigung. Nach Durchführung eines Ortstermins lehnte die Beklagte auch diesen Antrag mit Bescheid vom 21. Januar 2021 ab. 7Am 12. Februar 2021 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. 8Zur Begründung führt er aus: Die Anwendbarkeit der Baumschutzsatzung sei zweifelhaft; die Beklagte habe keinen konkreten Stammumfang angegeben. Der Baum habe eine erdrückende visuelle Dominanz. Er verschatte den Garten und die Räume, auch der benachbarten Häuser. Ein Ende des Wachstums sei nicht absehbar. In dem fraglichen Bereich sei auch ohne den Baum genügend Begrünung in Form von Bäumen und Sträuchern vorhanden. Von dem sehr hohen Baum gehe eine konkrete Gefahr aus; beim letzten Sturm seien fünf Zentimeter starke Äste herabgefallen. Die für regelmäßige Baumkontrollen anfallenden Kosten seien ihm als Grundstückseigentümer gegenüber unzumutbar. Es gebe immer wieder Ärger wegen des Laubfalls. Der Garten könne nicht sinnvoll genutzt werden. Der erforderliche Abstand zum Nachbargrundstück sei nicht gewahrt. 9Der Kläger beantragt (schriftsätzlich), 10den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Fällgenehmigung zu erteilen. 11Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 12die Klage abzuweisen. 13Sie meint, die Voraussetzungen einer Ausnahme oder Befreiung lägen nicht vor. Der etwa siebzig bis achtzig Jahre alte Baum sei in einem guten, vitalen Zustand und weise keinerlei Anzeichen auf, die seine Stand- und Bruchsicherheit in Frage stellen könnten. Auch die sehr heißen Sommer der vergangenen Jahre habe er gut verkraftet. Das von ihm ausgehende Risiko sei mit allgemein üblichem Überwachungs- und Pflegeaufwand unter Kontrolle zu halten. Das niemals auszuschließende Restrisiko eines Schadenseintritts genüge für eine Fällgenehmigung nicht. Laubfall, eine gewisse Verschattung des Gartens und ähnliche typische Auswirkungen seien bei einem geschützten Baum hinzunehmen. Auch die Gesamtheit der in Rede stehenden Auswirkungen rechtfertige es nicht, eine unbeabsichtigte Härte anzunehmen. 14Der Einzelrichter hat am 16. Februar 2022 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Ergebnisse wird auf die Protokollniederschrift Bezug genommen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten sich hiermit im Ortstermin bzw. im Anschluss an den Ortstermin einverstanden erklärt haben. 18Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 19Der Ablehnungsbescheid vom 21. Januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahme bzw. Befreiung von den Verboten der inzwischen geltenden und für die Entscheidung maßgeblichen Baumschutzsatzung der Stadt M. vom 18. November 2021 (BSS). 20Die streitgegenständliche Blutbuche ist nach Maßgabe der auf § 49 Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) NRW beruhenden Baumschutzsatzung geschützt, da sie in einem Meter Höhe einen Stammumfang von mehr als 80 cm hat, § 3 Abs. 1 BSS. Daran besteht nach den Feststellungen im Ortstermin kein Zweifel. Für die Beseitigung des Baumes bedarf es somit einer Ausnahme oder Befreiung nach § 6 BSS, da die Entfernung geschützter Bäume im Geltungsbereich der Satzung verboten ist, § 4 Abs. 1 S. 1 BSS. 21Die Voraussetzungen für eine Ausnahme oder Befreiung liegen indes nicht vor. 22Als Ausnahmetatbestand kommt vorliegend zunächst § 6 Abs. 1 lit. c) BSS in Betracht. Danach ist eine Ausnahme von den Verboten des § 4 BSS zu genehmigen, wenn von dem geschützten Baum Gefahren für Leib und Leben ausgehen oder Sachschäden von erheblichem Wert verursacht werden und diese nicht auf andere Weise mit zumutbarem Aufwand beseitigt werden können. Eine Gefahr in diesem Sinne liegt vor, wenn der Eintritt eines Schadens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller zur Begründung seines Begehrens einen Sachverhalt darlegt, der den Schadenseintritt als wahrscheinlich erscheinen lässt. 23Vgl. dazu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 4. Januar 2011 - 8 A 2003/09 -, juris (Rn. 4 ff.) m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 1. Februar 2013 - 6 K 4399/11 -, juris (Rn. 22), vom 15. Dezember 2020 - 6 K 4/19 -, juris (Rn. 21) und vom 24. Januar 2022 - 6 K 3380/18 -. 24Eine entsprechende Gefahr ist nicht mit Blick auf die Standfestigkeit der Buche anzunehmen. Der Kläger hat keine konkreten Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Standfestigkeit benannt. Der mit entsprechenden Fachkenntnissen ausgestatte Mitarbeiter der Beklagten hat im Ortstermin nachvollziehbar ausgeführt, dass der Baum vital und gesund sei. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegen getreten. 25Soweit der Kläger geltend macht, es bestehe die Gefahr, dass durch herabstürzende Äste Personen verletzt oder Sachen beschädigt werden könnten, ist er die Angabe von Anhaltspunkten für eine über das mit jedem höheren Baum verbundene Risiko hinausgehende Gefahr schuldig geblieben. Wenn die von jedem Baumeigentümer zu erwartenden Überwachungs- und Pflegemaßnahmen durchgeführt werden, also zum Beispiel etwaiges Totholz regelmäßig aus der Krone entfernt und eine fachmännische Sichtkontrolle vorgenommen wird, gehen von dem Baum keine Gefahren aus, die nicht von jedem hohen Baum im Bereich besiedelter Gebiete ausgehen. Das verbleibende Restrisiko ist im Geltungsbereich einer Baumschutzsatzung in Kauf zu nehmen. Entsprechende Unglücksfälle gehören zum allgemeinen Lebensrisiko; sie ließen sich allenfalls dadurch vermeiden, dass in besiedelten Bereichen sämtliche größeren Bäume beseitigt werden. 26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2011 - 8 A 2003/09 -, juris (Rn. 8); OVG Saarland, Urteil vom 29. September 1998 - 2 R 2/98 -, juris (Rn. 42); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. Februar 2015 - 6 K 2442/12 - juris (Rn. 23). 27Die genannten Pflege- und Überwachungsmaßnahmen sind für den Kläger auch nicht unzumutbar. Entgegen seinen Angaben im Ortstermin bedarf es insoweit nicht einer zweimal pro Jahr stattfinden Kontrolle durch ein Fachunternehmen. Die Baumkontrollrichtlinien sehen nach der plausiblen Angabe der Beklagten vielmehr einen Kontrollabstand von etwa fünfzehn Monaten vor. Damit ist auch der von dem Kläger genannten (unbelegten) Schätzung des finanziellen Aufwands die Grundlage entzogen. 28Auch die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 6 Abs. 1 lit. f) BSS vermag das Gericht nicht festzustellen. Nach dieser Vorschrift ist eine Ausnahme zu erteilen, wenn ein Baum die Einwirkung von Licht und Sonne auf Fenster unzumutbar beeinträchtigt. Vorliegend ist festzustellen, dass angesichts des Abstands zwischen dem streitgegenständlichen Baum und dem Wohnhaus des Klägers von beinahe 25 Metern eine nennenswerte Verschattung der Fenster nicht angenommen werden kann. Auch beim Ortstermin war eine Beeinträchtigung der Belichtung des Hauses nicht festzustellen. Näher läge eine Beeinträchtigung des benachbarten Wohnhauses I.-----weg 13. Allerdings steht der Baum nördlich dieses Gebäudes und verhindert daher ersichtlich keine direkte Sonneneinstrahlung. Da die Krone der Blutbuche erst knapp unterhalb der Traufe des Wohnhauses Nr. 13 beginnt, dürfte sich auch die Beeinträchtigung der Belichtung im zumutbaren Bereich bewegen. Gegenteiliges ist im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen worden. 29Eine Befreiung nach § 6 Abs. 2 S. 1 lit. a) BSS kommt ebenfalls nicht in Betracht. Danach kann von den Verboten des § 4 BSS im Einzelfall eine Befreiung erteilt werden, wenn das Verbot zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde. Die in Baumschutzsatzungen geregelten Befreiungstatbestände erfassen ausschließlich atypische Fallgestaltungen. Deshalb kommt eine Befreiung regelmäßig nicht in Betracht bei typischerweise von Bäumen ausgehenden Belastungen wie etwa Schattenwurf, Laubfall, Samenflug oder Beeinträchtigungen durch Wurzeln, soweit nicht der Grad einer Gefahr erreicht wird. Eine unbeabsichtigte Härte liegt danach allenfalls dann vor, wenn die genannten Beeinträchtigungen ein Ausmaß erreichen, mit dem bei einem innerörtlichen Baumbestand nicht zu rechnen ist, und dadurch die jeweilige Grundstücksnutzung unzumutbar eingeschränkt wird. 30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 1995 - 7 A 2646/92 - und Beschluss vom 13. Februar 2002 - 8 A 5373/99 -, juris (Rn. 15); VG Köln, Urteil vom 21. Januar 2014 - 14 K 3986/11 -, juris (Rn. 66); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. März 2007 - 6 K 1020/05 -. 31Derartige unzumutbare Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung sind weder von dem Kläger vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. 32Dass die Blutbuche entgegen den Regelungen des Nachbarrechtsgesetzes mit zu geringem Grenzabstand gepflanzt wurde, wie in der Klagebegründung angedeutet, ist für das vorliegende Streitverfahren ohne Bedeutung. Denn das Nachbarrechtsgesetz regelt ausschließlich zivilrechtliche Ansprüche der Nachbarn untereinander und nicht das Verhältnis des Bürgers zu den Umweltbehörden. Nachbargrenzen sind im Naturschutzrecht im Allgemeinen ohne Belang. Bei der auf § 49 LNatSchG NRW beruhenden Baumschutzsatzung dürfte es sich im Übrigen um Landesrecht im Sinne von Art. 111 EGBGB handeln. 33Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 6. November 2007 - 3 Ss OWi 494/07-, juris (Rn. 8). 34Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 35Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. 36Rechtsmittelbelehrung: 37Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 381. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 392. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 403. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 414. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 425. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 43Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 44Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 45Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger begehrt die erteilung der fällgenehmigung für eine blutbuche. er ist miteigentümer des grundstücks i.-----weg 3 in m. , das mit einem reihenmittelhaus bebaut ist. das grundstück ist rund 38 m tief und rund 6 m breit. der rückwärtige garten erstreckt sich über eine tiefe von rund 25 m. hinter diesem garten verläuft ein rund 2,50 m breiter wohnweg, der eine weitere reihenhauszeile erschließt. die vorderfront des hinter dem garten des klägers liegenden nachbarhauses nr. 13 ist rund 6,50 von der rückwärtigen grenze des klägerischen grundstücks entfernt. 3weitere einzelheiten zeigt der nachfolgende kartenausschnitt: 4an dieser stelle befindet in der originalentscheidung eine skizze 5am 28. mai 2020 beantragte der kläger die genehmigung zur fällung der am südlichen ende seines grundstücks – in etwa mittig – aufstehenden blutbuche. zur begründung führte er aus, der baum nehme ihm zu viel tageslicht; auch seine nachbarn seien beeinträchtigt. mit bescheid vom 24. juli 2020 lehnte die beklagte den antrag ab. 6anfang januar 2021 stellte der kläger einen weiteren antrag auf fällgenehmigung. nach durchführung eines ortstermins lehnte die beklagte auch diesen antrag mit bescheid vom 21. januar 2021 ab. 7am 12. februar 2021 hat der kläger die vorliegende klage erhoben. 8zur begründung führt er aus: die anwendbarkeit der baumschutzsatzung sei zweifelhaft; die beklagte habe keinen konkreten stammumfang angegeben. der baum habe eine erdrückende visuelle dominanz. er verschatte den garten und die räume, auch der benachbarten häuser. ein ende des wachstums sei nicht absehbar. in dem fraglichen bereich sei auch ohne den baum genügend begrünung in form von bäumen und sträuchern vorhanden. von dem sehr hohen baum gehe eine konkrete gefahr aus; beim letzten sturm seien fünf zentimeter starke äste herabgefallen. die für regelmäßige baumkontrollen anfallenden kosten seien ihm als grundstückseigentümer gegenüber unzumutbar. es gebe immer wieder ärger wegen des laubfalls. der garten könne nicht sinnvoll genutzt werden. der erforderliche abstand zum nachbargrundstück sei nicht gewahrt. 9der kläger beantragt (schriftsätzlich), 10den bescheid der beklagten vom 21. januar 2021 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, die beantragte fällgenehmigung zu erteilen. 11die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 12die klage abzuweisen. 13sie meint, die voraussetzungen einer ausnahme oder befreiung lägen nicht vor. der etwa siebzig bis achtzig jahre alte baum sei in einem guten, vitalen zustand und weise keinerlei anzeichen auf, die seine stand- und bruchsicherheit in frage stellen könnten. auch die sehr heißen sommer der vergangenen jahre habe er gut verkraftet. das von ihm ausgehende risiko sei mit allgemein üblichem überwachungs- und pflegeaufwand unter kontrolle zu halten. das niemals auszuschließende restrisiko eines schadenseintritts genüge für eine fällgenehmigung nicht. laubfall, eine gewisse verschattung des gartens und ähnliche typische auswirkungen seien bei einem geschützten baum hinzunehmen. auch die gesamtheit der in rede stehenden auswirkungen rechtfertige es nicht, eine unbeabsichtigte härte anzunehmen. 14der einzelrichter hat am 16. februar 2022 einen ortstermin durchgeführt. wegen der ergebnisse wird auf die protokollniederschrift bezug genommen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 16 | 17das gericht entscheidet gemäß § 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung, nachdem die beteiligten sich hiermit im ortstermin bzw. im anschluss an den ortstermin einverstanden erklärt haben. 18die klage ist zulässig, aber unbegründet. 19der ablehnungsbescheid vom 21. januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo); der kläger hat keinen anspruch auf erteilung der begehrten ausnahme bzw. befreiung von den verboten der inzwischen geltenden und für die entscheidung maßgeblichen baumschutzsatzung der stadt m. vom 18. november 2021 (bss). 20die streitgegenständliche blutbuche ist nach maßgabe der auf § 49 landesnaturschutzgesetz (lnatschg) nrw beruhenden baumschutzsatzung geschützt, da sie in einem meter höhe einen stammumfang von mehr als 80 cm hat, § 3 abs. 1 bss. daran besteht nach den feststellungen im ortstermin kein zweifel. für die beseitigung des baumes bedarf es somit einer ausnahme oder befreiung nach § 6 bss, da die entfernung geschützter bäume im geltungsbereich der satzung verboten ist, § 4 abs. 1 s. 1 bss. 21die voraussetzungen für eine ausnahme oder befreiung liegen indes nicht vor. 22als ausnahmetatbestand kommt vorliegend zunächst § 6 abs. 1 lit. c) bss in betracht. danach ist eine ausnahme von den verboten des § 4 bss zu genehmigen, wenn von dem geschützten baum gefahren für leib und leben ausgehen oder sachschäden von erheblichem wert verursacht werden und diese nicht auf andere weise mit zumutbarem aufwand beseitigt werden können. eine gefahr in diesem sinne liegt vor, wenn der eintritt eines schadens mit hinreichender wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der antragsteller zur begründung seines begehrens einen sachverhalt darlegt, der den schadenseintritt als wahrscheinlich erscheinen lässt. 23vgl. dazu oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 4. januar 2011 - 8 a 2003/09 -, juris (rn. 4 ff.) m.w.n.; vg gelsenkirchen, urteile vom 1. februar 2013 - 6 k 4399/11 -, juris (rn. 22), vom 15. dezember 2020 - 6 k 4/19 -, juris (rn. 21) und vom 24. januar 2022 - 6 k 3380/18 -. 24eine entsprechende gefahr ist nicht mit blick auf die standfestigkeit der buche anzunehmen. der kläger hat keine konkreten anzeichen für eine beeinträchtigung der standfestigkeit benannt. der mit entsprechenden fachkenntnissen ausgestatte mitarbeiter der beklagten hat im ortstermin nachvollziehbar ausgeführt, dass der baum vital und gesund sei. dem ist der kläger nicht substantiiert entgegen getreten. 25soweit der kläger geltend macht, es bestehe die gefahr, dass durch herabstürzende äste personen verletzt oder sachen beschädigt werden könnten, ist er die angabe von anhaltspunkten für eine über das mit jedem höheren baum verbundene risiko hinausgehende gefahr schuldig geblieben. wenn die von jedem baumeigentümer zu erwartenden überwachungs- und pflegemaßnahmen durchgeführt werden, also zum beispiel etwaiges totholz regelmäßig aus der krone entfernt und eine fachmännische sichtkontrolle vorgenommen wird, gehen von dem baum keine gefahren aus, die nicht von jedem hohen baum im bereich besiedelter gebiete ausgehen. das verbleibende restrisiko ist im geltungsbereich einer baumschutzsatzung in kauf zu nehmen. entsprechende unglücksfälle gehören zum allgemeinen lebensrisiko; sie ließen sich allenfalls dadurch vermeiden, dass in besiedelten bereichen sämtliche größeren bäume beseitigt werden. 26vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. januar 2011 - 8 a 2003/09 -, juris (rn. 8); ovg saarland, urteil vom 29. september 1998 - 2 r 2/98 -, juris (rn. 42); vg gelsenkirchen, urteil vom 4. februar 2015 - 6 k 2442/12 - juris (rn. 23). 27die genannten pflege- und überwachungsmaßnahmen sind für den kläger auch nicht unzumutbar. entgegen seinen angaben im ortstermin bedarf es insoweit nicht einer zweimal pro jahr stattfinden kontrolle durch ein fachunternehmen. die baumkontrollrichtlinien sehen nach der plausiblen angabe der beklagten vielmehr einen kontrollabstand von etwa fünfzehn monaten vor. damit ist auch der von dem kläger genannten (unbelegten) schätzung des finanziellen aufwands die grundlage entzogen. 28auch die voraussetzungen für eine ausnahme nach § 6 abs. 1 lit. f) bss vermag das gericht nicht festzustellen. nach dieser vorschrift ist eine ausnahme zu erteilen, wenn ein baum die einwirkung von licht und sonne auf fenster unzumutbar beeinträchtigt. vorliegend ist festzustellen, dass angesichts des abstands zwischen dem streitgegenständlichen baum und dem wohnhaus des klägers von beinahe 25 metern eine nennenswerte verschattung der fenster nicht angenommen werden kann. auch beim ortstermin war eine beeinträchtigung der belichtung des hauses nicht festzustellen. näher läge eine beeinträchtigung des benachbarten wohnhauses i.-----weg 13. allerdings steht der baum nördlich dieses gebäudes und verhindert daher ersichtlich keine direkte sonneneinstrahlung. da die krone der blutbuche erst knapp unterhalb der traufe des wohnhauses nr. 13 beginnt, dürfte sich auch die beeinträchtigung der belichtung im zumutbaren bereich bewegen. gegenteiliges ist im übrigen nicht substantiiert vorgetragen worden. 29eine befreiung nach § 6 abs. 2 s. 1 lit. a) bss kommt ebenfalls nicht in betracht. danach kann von den verboten des § 4 bss im einzelfall eine befreiung erteilt werden, wenn das verbot zu einer nicht beabsichtigten härte führen würde. die in baumschutzsatzungen geregelten befreiungstatbestände erfassen ausschließlich atypische fallgestaltungen. deshalb kommt eine befreiung regelmäßig nicht in betracht bei typischerweise von bäumen ausgehenden belastungen wie etwa schattenwurf, laubfall, samenflug oder beeinträchtigungen durch wurzeln, soweit nicht der grad einer gefahr erreicht wird. eine unbeabsichtigte härte liegt danach allenfalls dann vor, wenn die genannten beeinträchtigungen ein ausmaß erreichen, mit dem bei einem innerörtlichen baumbestand nicht zu rechnen ist, und dadurch die jeweilige grundstücksnutzung unzumutbar eingeschränkt wird. 30vgl. ovg nrw, urteil vom 13. september 1995 - 7 a 2646/92 - und beschluss vom 13. februar 2002 - 8 a 5373/99 -, juris (rn. 15); vg köln, urteil vom 21. januar 2014 - 14 k 3986/11 -, juris (rn. 66); vg gelsenkirchen, urteil vom 28. märz 2007 - 6 k 1020/05 -. 31derartige unzumutbare beeinträchtigungen der grundstücksnutzung sind weder von dem kläger vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. 32dass die blutbuche entgegen den regelungen des nachbarrechtsgesetzes mit zu geringem grenzabstand gepflanzt wurde, wie in der klagebegründung angedeutet, ist für das vorliegende streitverfahren ohne bedeutung. denn das nachbarrechtsgesetz regelt ausschließlich zivilrechtliche ansprüche der nachbarn untereinander und nicht das verhältnis des bürgers zu den umweltbehörden. nachbargrenzen sind im naturschutzrecht im allgemeinen ohne belang. bei der auf § 49 lnatschg nrw beruhenden baumschutzsatzung dürfte es sich im übrigen um landesrecht im sinne von art. 111 egbgb handeln. 33vgl. olg hamm, beschluss vom 6. november 2007 - 3 ss owi 494/07-, juris (rn. 8). 34die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 35die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung. 36rechtsmittelbelehrung: 37gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 381. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 392. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 403. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 414. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 425. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 43die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 44auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 45im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. |
344,201 | {
"id": 794,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
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} | 1 Sa 1282/21 | 2022-02-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 16.09.2021 – 1 Ca 46/21 – unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten teilweise abgeändert. Unter vollständiger Zurückweisung ihrer Widerklage wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 1.390 € netto sowie weitere 6.275,22 € brutto nebst jeweils fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2021 zu zahlen. Der Kläger trägt 16 %, die Beklagte 84 % der Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 20 %, der Beklagten zu 80 % auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten – klagend und widerklagend – um Zahlungsansprüche aus dem inzwischen beendeten Arbeitsverhältnis. 3Der Kläger war bei der Beklagten auf der Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 13.05.2019 nebst Nachträgen (Im Folgenden: AV-Nachträge) gleichen Datums über den Zeitraum vom 01.06.2019 bis zum 30.11.2020 als stellvertretende verantwortliche Pflegefachkraft mit regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit von 40 Stunden und einem Bruttomonatsverdienst von 3.250 € soweit einer Zulage von 200 € tätig. Arbeitsvertrag und Anhänge wurden dem Kläger vorformuliert von der Beklagten zur Unterzeichnung vorgelegt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Klägers vom 01.11.2020. 4Der Kläger, dem kalenderjährlich ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub im Umfang von 30 Tagen zustand, befand sich vom 06.01.2020 bis zum 28.01.2020, vom 20.04.2020 bis zum 24.04.2020, vom 26.07.2020 bis zum 31.07.2020, vom 03.08.2020 bis zum 07.08.2020 und vom 12.10.2020 bis zum 16.10.2020 und damit insgesamt an 37 Tagen im Erholungsurlaub. 5Dem Kläger war ein Dienstfahrzeug zu einem Anschaffungspreis von etwa 21.000 € überlassen. Die dazu getroffene „Dienstwagenvereinbarung“ vom 20.07.2019 legte u.a. fest: 6„§ 7 Widerruf, Rückgabe des Fahrzeugs 7Der Arbeitgeber behält sich vor, aus betriebliche Gründen die Rückgabe des Fahrzeugs nebst Zubehör von dem Arbeitnehmer zu verlangen, insbesondere bei Erkrankung des Arbeitnehmers mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums, in der Elternzeit, mit Freistellung des Arbeitnehmers, sowie für den Fall einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses. 8Dieses Widerrufsrecht des Arbeitgebers gilt unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung. Für die bisherige Privatnutzung wird dem Arbeitnehmer eine Nutzungsentschädigung in Höhe der lohnsteuerrechtlichen Nutzungspauschale gewährt.“ 9Das Dienstfahrzeug gab der Kläger am 22.01.2020 bei der Beklagte ab. Er stellte das Fahrzeug auf den Betriebshof der Beklagten vor das dortige Büro. Den Fahrzeugschlüssel gab der Kläger Ende Januar 2020 ab. 10Der Kläger nahm in der Zeit von August bis November 2020 an einer Fortbildung zum Erwerb des Zertifikats „Pflegeexperte für die außerklinische Beatmungspflege“ teil. Die Kosten für die Teilnahme des Klägers beliefen sich auf 1.890 €. Der Kläger erhielt einen Bildungsscheck in Höhe von 500 €, der vom Bildungsträger auf diese Kosten angerechnet wurde. Für die Teilnahme wurde der Kläger von der Arbeit unter Vergütungszahlung an insgesamt 12 Tagen freigestellt. 11Arbeitsvertraglich regelten die Parteien in den Nachträgen vom 13.05.2021 u.a. Folgendes: 12„§ 13 Vereinbarung Fortbildung (Anhang 6 und 7) 13„Vereinbarung über Fortbildung mit Rückzahlungsklausel“ 14Der Arbeitnehmer nimmt nach der Probezeit (6 Monate) verpflichtend an folgenden Fortbildungsmaßnahmen teil: (Grundkurs Pflegefachkraft Beatmungspflege (falls noch nicht vorhanden), innerbetriebliche, regelmäßige Schulungen, sonstige Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. 15(…) 16Der Arbeitnehmer ist zur Rückzahlung der für die Dauer der Fortbildungsmaßnahmen empfangenen Bezüge und der von dem Arbeitgeber übernommenen Kosten der Fortbildungsmaßnahme verpflichtet, wenn er das Arbeitsverhältnis selbst kündigt oder wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aus einem Grund gekündigt wird, den der Arbeitnehmer zu vertreten hat.“ 17Einer zweitinstanzlich erstmals vorgelegten „Dienstvereinbarung über Arbeitszeitkonten vom 13.05.2019 ist im dortigen § 2 „Führung des Arbeitszeitkontos“ zu entnehmen, dass die Beklagte ein Arbeitszeitkonto mittels eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems für die Erfassung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unterhält, die die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit über- oder unterschreitet. Die Dienstvereinbarung regelt u.a.: 18„§ 4 Erfassung und Aufzeichnung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit 19Zur Ermittlung der monatlich geleisteten Mehr- oder Minderzeiten hat der Anstellungsträger die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden (Beginn, Ende, Dauer) aufzuzeichnen. 20Der Anstellungsträger (PDL/GF) kann die Aufzeichnung delegieren. 21Wird die Aufzeichnung der Arbeitszeit auf den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin selbst delegiert, kann die Arbeitszeit auf einem Stundenzettel erfasst werden. In diesen Fällen erfolgt die Übernahme der auf dem Stundenzettel erfassten Arbeitszeiten in die Arbeitszeitaufzeichnung durch die PDL/GF oder durch eine von der PDL/GF beauftragte Person. 22Die tatsächliche Arbeitszeit (Stundenzettel) ist spätestens bis zum Ablauf des 3. Kalendertages des nächsten Monats der PDL/GF per Mail, SMS oder auf dem Postweg vorzulegen. 23Die am Ende des Kalendermonats von der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit abweichenden Arbeitsstunden werden auf das vom Anstellungsträger geführte Arbeitszeitkonto gebucht.“ 24Von dem Vergütungsanspruch des Klägers für den Monat November 2019 zog die Beklagte 1.890 € netto ab und wies dies in der Lohnabrechnung unter „sonstiger Lohnabzug aus“. 25Der Kläger hat behauptet, die Geschäftsführerin der Beklagten habe ihm angeboten, den Dienstwagen gegen Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung in Höhe von 500 € zurückzugeben. Ein diesbezügliches Gespräch habe zwischen den Parteien in der Wohnung einer Patientin während der Übergabezeit stattgefunden. Zwei Angehörige der Patientin seien anwesend gewesen. Am 16.01.2020 habe er dem Zeugen A. telefonisch mitgeteilt, dass er den Dienstwagen zu Ende Januar zurückgeben werde und die Ersatzzahlung in Anspruch nehme. Am 24.01.2020 sei die Geschäftsführerin nicht persönlich zugegen gewesen. Der Schlüssel sei ihr am 29.01.2020 ausgehändigt worden. Daher, so seine Auffassung, stünde ihm eine Nutzungspauschale von 500 € monatlich zu, die er für 10 Monate in Höhe von 5.000 € einfordere. 26Der von ihm überreichten Tabelle sei zu entnehmen, dass sein Arbeitszeitkonto bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 414,5 Mehrarbeitsstunden aufgewiesen habe. Die Beklagte habe seine Arbeitszeit von Juni 2019 bis April 2020 elektronisch erfasst. Von Mai bis November 2020 habe das nicht mehr stattgefunden, obwohl der Beklagten seine handschriftlichen Stundenzettel vorgelegen hätten. Vergütet habe die Beklagte mit der Novemberabrechnung lediglich 80 Mehrarbeitsstunden. Es seien damit noch 334,5 Stunden zu je 18,76 €, also 6.275,22 € brutto zu bezahlen. 27Der Lohnabzug für November 2020 – so seine Auffassung - sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Soweit die Beklagte Kosten im Zusammenhang mit der von ihm absolvierten Fortbildung in Abzug gebracht habe, stünde der Beklagten eine Anspruchsgrundlage für die Rückforderung nicht zu. Die Beklagte müsse daher für November 2020 an ihn noch 1.890 € netto bezahlen. 28Fordere die Beklagte nun widerklagend Rückzahlung der Urlaubsabgeltung und Zahlung für vermeintlich zu viel gewährten Urlaub ein, fehle ihr eine Anspruchsgrundlage. So habe es sich beim Urlaub vom 6. bis zum 28.01.2020 in Höhe von 17 Tagen um Resturlaub aus 2019 gehandelt. Dieser Erholungsurlaub sei von der Beklagten einseitig angeordnet worden. Aufgrund des massiven Arbeitsaufkommens habe er den Urlaub in 2019 nicht antreten können. 2020 habe er lediglich 20 Urlaubstage erhalten. 10 Urlaubstage hätten damit – wie geschehen - abgegolten werden müssen. 29Die Vorwürfe der Beklagten, die sie zur Grundlage von Schadensersatzforderungen über 8.000 € mache, seien unsubstantiiert. Die Beklagte müsse ferner Nachtschichtzulagen in Höhe von 78,96 € zahlen, Arbeitspapiere herausgeben und ein Arbeitszeugnis erteilen. 30Der Kläger hat beantragt: 31321. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 11.275,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 332. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 1.968,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 343. Die Beklagte wird verurteilt, ihm ein Arbeitszeugnis zu erteilen. 354. Die Beklagte wird verurteilt, ihm einen Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2020 auszuhändigen oder elektronisch bereitzustellen. 365. Die Beklagte wird verurteilt, ihm den Inhalt der Meldung zur Sozialversicherung betreffend die Jahresmeldung für das Jahr 2020 in Textform mitzuteilen. 37Die Beklagte hat beantragt, 38die Klage abzuweisen. 39sowie - rechtshängig seit dem 27.05.2021 - unter Widerklagerücknahme im Übrigen: 40411. Der Kläger wird verurteilt, an sie 4.877,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2020 zu zahlen. 422. Der Kläger wird verurteilt, an sie 8.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 43Die Kläger hat beantragt, 44die Widerklage abzuweisen. 45Die Beklagte hat bestritten, dass zwischen den Parteien ein Gespräch über die Gewährung einer monatlichen Nutzungsentschädigung stattgefunden habe. Sie hat die Auffassung geäußert, sie könne vom Kläger nach § 13 Abs. 6 AV-Nachtrag Erstattung der Kosten verlangen, die dessen Fortbildung verursacht hätte. Diese habe sie in Höhe von 1.890 € vom Novemberlohn in Abzug gebracht. Außerdem stünde ihr ein Anspruch auf Rückzahlung der während der Freistellung des Klägers für die Zwecke der Teilnahme an der Fortbildung für 12 Tage gewährten Vergütung zu. Bei einem Stundenlohn von 18,76 € und einer achtstündigen täglichen Arbeitsverpflichtung ergäbe sich damit unter Berücksichtigung arbeitgeberseitiger Sozialabgaben von 20 Prozent ein Betrag in Höhe von 2.165,15 €, den sie zuletzt reduziert um den Betrag der Sozialabgaben in Höhe von 1.800,96 € widerklagend einfordere. 46Der Kläger habe eine Urlaubsabgeltung erhalten, die ihm nicht zustünde. Dem Kläger seien im Kalenderjahr 2020 37 Tage Erholungsurlaub gewährt worden. Mit der Novemberabrechnung habe sie für 10 Tage eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.026,08 € brutto an den Kläger zur Auszahlung gebracht, ohne dass dem Kläger ein Zahlungsanspruch zugestanden habe. Die Rückzahlung des Betrages verfolge sie mit der Widerklage. Für das Jahr 2020 habe der Kläger 7 Tag zu viel Urlaub erhalten. Darauf entfiele ein Urlaubsentgelt in Höhe von 1.056,56 € brutto. Auch diesen Betrag fordere sie vom Kläger mit ihrer Widerklage ein. 47Sie hat behauptet, eine elektronische Zeiterfassung habe nicht bestanden. Ihren Dienstplänen lasse sich entnehmen, dass der Kläger 2019 insgesamt 1.360.50 Stunden und im Jahr 2020 insgesamt 1.639 Stunden gearbeitet habe. Abgegolten worden seien sowohl 2019 als auch 2020 jeweils 90 Überstunden. Damit ergebe sich ein Saldo zugunsten des Klägers von 17 Stunden. Der Vortrag des Klägers zu Überstunden, die er einfordere, sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. 48Sie könne vom Kläger Schadensersatz in Höhe von 8.000 € verlangen. Der Kläger habe während seiner Tätigkeit für sie aktiv den Pflegedienst B eingeschaltet, damit der Patient C. betreut werden solle. Die Ehefrau des Patienten habe er mit Vergünstigungen gelockt. Dies habe er offen gegenüber einer weiteren Mitarbeiterin bekundet. Die Abwerbung sei im November/Dezember 2020 erfolgt. Gegenüber anderen Patienten habe er bekundet, er habe die Absicht, sie - die Beklagte - zu vernichten. Eine erste Aussage dieser Art sei bereits auf der Weihnachtsfeier 2019 erfolgt. Durch die Abwerbung des Patienten sei ihr ein Schaden in Höhe von monatlich 2.000 € entstanden, den sie für die Monate Januar bis April 2021 widerklagend einfordere. 49Mit Urteil vom 16.09.2021 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, soweit der Kläger Zahlung einer Nutzungsentschädigung sowie Abgeltung von Überstunden eingefordert hat. Der Kläger habe nicht vortragen können, dass die Vorrausetzungen einer vertraglichen Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Nutzungsausfallentschädigung gegeben seien. Auch Schadensersatzansprüche seien nicht ersichtlich. Der Sachvortrag des Klägers habe der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess nicht entsprochen. Abgewiesen hat das Arbeitsgericht die Klage auch insoweit, als der Kläger Zahlung des von der Novembervergütung einbehaltenen Betrags in Höhe von 1.890 € netto einfordert, soweit die Klage insoweit den Betrag von 500 € überschritten hatte. Die Beklagte habe zurecht mit einem Anspruch auf Rückzahlung der für die Fortbildung des Klägers aufgewandten Kosten aufrechnen können. Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich aus § 13 AV-Nachtrag. An der Wirksamkeit der Klausel, deren Voraussetzungen gegeben seien, bestünden keine Zweifel. Anrechnen lassen müsse sich die Beklagte allerdings einen Betrag in Höhe von 500 €. Der dem Kläger gewährte und vom Träger der Fortbildung akzeptierte Bildungsscheck reduziere die erstattungsfähigen Kosten der Beklagten. Zuzusprechen sei der Klage, soweit der Kläger Nachtzuschläge in Höhe von 78,96 € einfordere. Auch solche Erschwerniszuschläge unterfielen der Entgeltfortzahlungsverpflichtung. Die bergehrten Arbeitspapiere und das Arbeitszeugnis könne der Kläger ebenfalls einfordern. 50Das Arbeitsgericht hat der Widerklage im Umfang von 1.800,96 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Beklagte könne auf der Grundlage des § 13 AV-Nachträge auch die Vergütungskosten während der Freistellung zur Teilnahme des Klägers an der Fortbildung verlangen. 51Weitere Zahlungsansprüche stünden ihr nicht zu. Die Urlaubsabgeltung des Klägers sei nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Beklagte sei den Behauptungen des Klägers nicht substantiiert entgegengetreten, bei dem ihm vom 06.01.2020 bis zum 28.01.2020 gewährten Urlaub habe es sich um Resturlaub aus dem Kalenderjahr 2019 gehandelt. Mit der Gewährung des in diese Zeit fallenden Urlaubs habe die Beklagte demgemäß nicht den Erholungsurlaubsanspruch des Jahres 2020 erfüllt. Die auf diese Zeit entfallenden 17 Tage an Erholungsurlaub seien von den 37 in 2020 gewährten Tagen in Abzug zu bringen. Damit habe die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020 in einem Umfang von 20 Tagen erfüllt. 10 Tage seien damit noch abzugelten gewesen. Damit bestünde weder ein Anspruch auf Rückzahlung einer rechtsgrundlos gewährten Urlaubsabgeltung noch ein Anspruch auf Erstattung des auf 7 Tage entfallenden Urlaubsentgelts. Der im Übrigen eingeklagte Schadensersatz über 8.000 € scheitere am unschlüssigem Vortrag der Beklagten zu einer Pflichtverletzung des Klägers. 52Gegen das dem Kläger am 08.10.2021 und der Beklagten am 11.10.2021 zugestellte Urteil richten sich die Berufungen der Parteien. Der Kläger hat die Berufung am 29.10.2021 eingelegt und am 28.12.2021 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.01.2022 begründet. Der Berufung hat sich die Beklagte am 13.12.2021 angeschlossen und diese am 04.01.2022 begründet. 53Der Kläger begründet seine Berufung unter Wiederholung und Vertiefung der erstinstanzlichen Ausführungen und unter Beantwortung der Berufung der Beklagten im Wesentlichen wie folgt: 54Das Arbeitsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, sein Vortrag zur Gewährung einer Nutzungsausfallentschädigung sei zu pauschal. Kurz vor dem 16.01.2020 habe ein Gespräch zwischen ihm und der Geschäftsführerin der Beklagten in der Wohnung einer Patientin stattgefunden. Während des Gesprächs habe die Geschäftsführerin der Beklagten ihm angeboten, den Dienstwagen gegen Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung in Höhe von 500,00 € zurückzugeben. Dieses Gespräch habe in Anwesenheit zweier Angehöriger der Patientin stattgefunden. Zuletzt habe die Geschäftsführerin angeboten, 500 € monatlich zu zahlen. Am 16.01.2021 habe er sodann dem Mitarbeiter A. mitgeteilt, er werde den Dienstwagen zu Ende Januar zurückgegeben und die Ersatzzahlung ab Februar in Anspruch nehmen. Das Fahrzeug sei am 24.01.2020 ordnungsgemäß übergeben worden. Da die Geschäftsführerin nicht anwesend gewesen sei, sei ihr der Schlüssel am 29.01.2021 ausgehändigt worden. 55Das Arbeitsgericht habe zwar die Grundsätze der bestehenden Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess richtig erkannt, doch fehlerhaft angewandt. Zwischen den Parteien bestünde eine „Dienstvereinbarung über Arbeitszeitkonten“. Dadurch habe sich die Beklagte verpflichtet, ein Arbeitszeitkonto mittels eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems zu führen. Die Erfassung der Arbeitszeiten habe die Beklagte entsprechend der Regelung in § 4 dieser Dienstvereinbarung auf ihn – den Kläger – delegiert. Am Ende eines jeden Monats habe er dem Mitarbeiter A. seine Aufzeichnungen übergeben. Bis April 2020 habe dieser Mitarbeiter die übermittelten Angaben in das Arbeitszeitkonto eingetragen. Die von ihm im Rahmen des Prozesses vorgelegten Ausdrucke seien solche aus dem Arbeitszeiterfassungssystem der Beklagten. Für Mai bis November 2020 habe er seine Aufzeichnungen ebenfalls übergeben. Seiner Kenntnis entziehe es sich, warum der Mitarbeiter A. diese Angaben nicht in das Arbeitszeiterfassungssystem übertragen habe. 56Einen Lohnabzug im November 2020 habe die Beklagte zu Unrecht vorgenommen. Dem stünde schon entgegen, dass es sich ausweislich der Regelung in § 13 AV-Nachtrag bei der Fortbildung zu Beatmungspflege um eine Pflichtfortbildung gehandelt habe. Außerdem sei die Klausel unangemessen benachteiligend im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB und damit unwirksam. Sie differenziere nicht ausreichend nach dem Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte könne damit weder den Lohneinbehalt vornehmen noch einen Betrag in Höhe von 1.800,06 € an Freistellungskosten von ihm zurückverlangen. Die Widerklage sei demgemäß in vollem Umfang abzuweisen. 57Zutreffend habe das Arbeitsgericht die Widerklage abgewiesen, soweit die Beklagte Rückzahlung für eine vermeintlich ohne Rechtsgrund erlangte Urlaubsabgeltung und gezahltes Urlaubsentgelt für 7 Tage sowie Schadensersatz eingefordert hat. Der Urlaub – so seine Behauptung – habe 2019 aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden können. Die Beklagte habe auch in ihrer Berufung nicht dargelegt, wann er Urlaub im Kalenderjahr 2019 Urlaub erhalten haben solle. Aus dem elektronischen Arbeitszeitkonto ergebe sich, dass ihm im Jahr 2019 kein Erholungsurlaub gewährt worden sei. Er sei deshalb in das Folgejahr übertragen worden. Er habe keinen Patienten der Beklagten abgeworben. Den Geschäftsführer des von der Beklagten benannten Pflegdienstes kenne er nicht. Die Ausführungen zur Schadenshöhe seien nach wie vor unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Die Behauptungen im Zusammenhang mit einem vermeintlichen Abwerben eines Patienten seien unsubstantiiert geblieben. 58Der Kläger beantragt, 59das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 16.09.2021 – 1 Ca 46/21 – teilweise abzuändern und die Beklagte unter vollständiger Abweisung deren Widerklage zu verurteilen, an ihn 11.275,22 € brutto sowie weitere 1.390 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2021 zu zahlen. 60Die Beklagte beantragt, 61unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen teilweise abzuändern und den Kläger widerklagend zu verurteilen, an sie 3.076,64 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2020 sowie weitere 8.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.05.2021 zu zahlen. 62Der Kläger beantragt, 63die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. 64Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Abweisung der Widerklage. Sie begründet ihre Berufung und erwidert auf die klägerische Berufung im Wesentlichen wie folgt: 65Ihr stünde ein Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.026,08 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Unstreitig sei, dass dem Kläger in 2020 insgesamt 37 Tage Urlaub gewährt worden seien. Ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Gewährung von Urlaub für das Kalenderjahr 2019 sei mit Ablauf des 31.12.2019 verfallen. Hat sie zunächst behauptet, der Kläger habe in 2019 bereits 17 Tage Urlaub genommen, wozu sie Urlaubslisten für das Kalenderjahr 2019 vorlegen könne, behauptet sie nun, der Kläger sei immer wieder darauf angesprochen worden, er möge seinen Jahresurlaub nehmen, andernfalls verfalle dieser. Der Kläger habe immer wieder mitgeteilt, er benötige keinen Urlaub. Das gelte auch für den dem Kläger ihrerseits für die zweite, dritte und vierte Woche im Dezember 2019 angebotenen Urlaub. Sie könne demgemäß die gezahlte Urlaubsabgeltung und das Urlaubsentgelt für 7 Tage Erholungsurlaub, die dem Kläger nicht zugestanden hätten, herausverlangen. 66Außerdem stünde ihr ein Zahlungsanspruch über 8.000 € aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Kläger habe seine Pflichten im November 2020 verletzt. Während seiner Tätigkeit habe er den Patienten C. aus D betreut. Ende November 2020 sei der Kläger „proaktiv“ auf den Pflegedienst B zugegangen. Dem dortigen Geschäftsführer habe er mitgeteilt, er könne ihm einen Patienten vermitteln. Der Ehefrau des Patienten habe er dafür eine Belohnung versprochen. Diese habe in einer „Vergünstigung“ bei der Pflege bestanden. Dazu habe er mit dem Geschäftsführer der Fa. B besondere Konditionen ausgehandelt. Der Behandlungsvertrag des Patienten C. sei nach diesem Gespräch außerordentlich gekündigt worden. Dies stelle einen vorsätzlichen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten dar. Der Schaden belaufe sich monatlich auf 2.000 €. Dieser Gewinn sei bei einer vierundzwanzigstündigen Intensivpflege üblich. Das Arbeitsgericht hätte ihrem erstinstanzlichen Vortrag nachgehen und Beweis über ihre Behauptung erheben müssen, der Kläger habe sich bereits anlässlich der Weihnachtsfeier 2019 geschäftsschädigend gegenüber einer Zeugin geäußert. 67Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen. 68Entscheidungsgründe: 69I. Die Berufungen beider Parteien sind nach § 64 Abs. 1 ArbGG statthaft und nach dem Wert des jeweiligen Beschwerdegegenstandes gem. § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG zulässig. Der Kläger hat die Berufung gegen das ihm am 08.10.2021 zugestellte Urteil am 29.10.2021 eingelegt und am 28.12.2021 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.01.2022 begründet. Der Beklagten wurde das Urteil am 10.11.2021 zugestellt. Sie hat sich der Berufung des Klägers am 13.12.2021 angeschlossen und diese am 04.01.2022 – also innerhalb der ihr bis zum 12.02.2022 gesetzten Berufungserwiderungsfrist und damit rechtzeitig gem. den §§ 64 Abs. 6 ArbGG; 524 Abs. 2 S. 2 ZPO - begründet. 70Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. 71II. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet. 721. Unbegründet ist sie jedoch, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Arbeitsgericht den auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.000 € gerichteten Klageantrag abgewiesen hat. Der Kläger selbst stützt diesen Anspruch ausschließlich auf eine angenommene vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien. Eine solche ist nicht ersichtlich. Der klägerische Vortrag ist unschlüssig. 73Der Kläger kann den Anspruch insbesondere nicht auf § 7 Abs. 2 S. 2 Dienstwagenvereinbarung stützen. Danach wird dem Arbeitnehmer für die bisherige Privatnutzung eine Nutzungsentschädigung in Höhe der lohnsteuerrechtlichen Nutzungspauschale gewährt. Das wiederum setzt voraus, dass der Arbeitgeber von seinem in § 7 Abs. 1 Dienstwagenvereinbarung geregelten Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hat. 74a) Der Kläger hat nicht behauptet, die Beklagte habe einen solchen Widerruf im Sinne des § 7 Abs. 1 Dienstwagenvereinbarung erklärt. Behauptet hat er, die Geschäftsführerin der Beklagten habe ihm angeboten, den Dienstwagen gegen Zahlung der monatlichen Nutzungsentschädigung zurückzugeben. Das Berufungsgericht versteht dies dahingehend, der Kläger wolle behaupten, die Geschäftsführerin der Beklagten habe ihm ein Angebot dahingehend unterbreitet, trotz des nicht erfolgten Widerrufs der Fahrzeugüberlassung eine Nutzungsentschädigung zu zahlen, sofern er das Fahrzeug zurückgebe. 75b) Das so vom Kläger behauptete Angebot im Sinne des § 145 BGB soll nach den in der Berufung ergänzend vorgetragenen Behauptungen des Klägers während eines Gesprächs der Parteien in der Wohnung einer Patientin in Anwesenheit zweier Angehöriger erfolgt sein. Dieses Gespräch soll kurz vor dem 16.01.2020 stattgefunden haben. Die Geschäftsführerin habe ihm angeboten, 500 € monatlich zu zahlen. 76c) Nach den weiteren Behauptungen des Klägers habe er sodann dem Mitarbeiter A. der Beklagten am 16.01.2020 telefonisch mitgeteilt, er werde den Dienstwagen zu Ende Januar zurückgegeben und die Ersatzzahlung ab Februar in Anspruch nehmen. Danach hat der Kläger die Annahme des behaupteten Angebots der Beklagten also nicht unmittelbar während des Gesprächs in Anwesenheit der Patientin und zweier Angehöriger erklärt, sondern erst am 16.01.2020 telefonisch gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten. 77d) Ein Angebot unter Anwesenden kann nach § 147 Abs. 1 S. 1 BGB allerdings nur sofort angenommen werden. Das ist nach den – als zutreffend unterstellten - Behauptungen des Klägers indes nicht geschehen. Nach § 147 BGB erlischt ein Angebot, wenn es nicht nach den §§ 147 ff BGB rechtzeitig angenommen wird. Mangels sofortiger Annahme des vom Kläger behaupteten Angebots der Beklagten „kurz vor dem 16.01.2020“ wäre dieses Angebot nach § 146 BGB erloschen. 78e) Die verspätet erklärte Annahme des behaupteten Angebots der Geschäftsführerin der Beklagten, die der Kläger gegenüber dem Mitarbeiter A. am 16.01.2020 telefonisch abgegeben haben will, gilt nach § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag. Doch lassen sich dem Sachvortrag des Klägers keine weiteren Behauptungen entnehmen, dass die Annahme dieses neuen Angebot des Klägers von der Beklagten erklärt worden ist. Eine Annahmeerklärung des Mitarbeiters A. wird vom Kläger nicht behauptet. Auch fehlen Behauptungen zur Vertretungsmacht dieses Mitarbeiters i.S.d. § 164 Abs. 1 BGB. Soweit der Kläger behauptet, der Schlüssel des Dienstfahrzeugs sei der Geschäftsführerin am 29.01.2020 ausgehändigt worden, lässt sich auch dem nicht entnehmen, dass das Angebot des Klägers auf Abschluss einer Nutzungsentschädigungsvereinbarung angenommen worden sein könnte. Will der Kläger vortragen, dass in der behaupteten Annahme des Schlüssels durch die Geschäftsführerin eine konkludente Annahme eines möglichen Angebots vom 16.01.2020 zu sehen sei, wäre auch dieses Angebot verspätet angenommen worden. Denn auch das Angebot vom 16.01.2020 hätte sofort angenommen werden müssen. Dies gilt nämlich nach § 147 Abs. 1 S. 2 BGB auch für solche Angebote, die mittels Fernsprechers von Person zu Person gemacht worden sind. 79f) Damit lässt sich dem unstreitigen Sachvortrag und den – als richtig unterstellten – Behauptungen des Klägers nicht schlüssig entnehmen, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung über die Gewährung einer Nutzungsausfallentschädigung zustande gekommen ist. Da der Kläger bereits den Grund des Anspruchs nicht schlüssig vorgetragen hat, musste sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage befassen, ob dies jedenfalls für die Höhe des Anspruchs gilt. Die Kammer konnte auch offenlassen, ob der Anspruch des Klägers – zumindest teilweise – verfallen ist, weil er vom Kläger nicht innerhalb der sechsmonatigen Verfallfrist des § 12 Arbeitsvertrag geltend gemacht worden ist. 802. Die Berufung des Klägers hat Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Arbeitsgericht die Klage im Hinblick auf geltend gemachte Überstunden abgewiesen hat. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung einer Überstundenvergütung für 334,5 Überstunden zu je 18,76 € in Höhe von insgesamt 6.275,22 € brutto aus § 611a Abs. 2 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag der Parteien und § 5 Abs. 2 Dienstvereinbarung Arbeitszeitkonten zu. 81a) Die Parteien haben in § 5 Abs. 1 Dienstvereinbarung Arbeitszeitkonten ausdrücklich geregelt, dass Überstunden unter dort näher genannten Voraussetzungen auszuzahlen sind. Sie haben damit eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zur Abgeltung von Überstunden herbeigefügt, so dass die Regelung in § 612 BGB nicht mehr zu bemühen war. 82b) Die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos, das der Erfassung von Überstunden diente, gilt zweitinstanzlich als unbestritten. Zwar hat die Beklage erstinstanzlich behauptet, eine elektronische Zeiterfassung habe nicht bestanden. Den zweitinstanzlichen Behauptungen des Klägers zur verpflichtenden Führung eines Arbeitszeitkontos, die der Kläger unter Vorlage einer von den Parteien unter dem 13.05.2019 unterzeichneten „Dienstvereinbarung über Arbeitszeitkonten“ vorgetragen hat, ist die Beklagte aber nicht mehr entgegengetreten. 83Damit steht für das Berufungsgericht fest, dass die Beklagte – wie es § 4 Dienstvereinbarung über Arbeitszeitkonten vorsah und möglich machte – die Erfassung der Arbeitszeit auf den Kläger delegierte, dieser die Arbeitszeit auf Stundenzetteln erfasste und sodann von der Pflegedienstleitung oder Geschäftsleitung in die Arbeitszeitaufzeichnung übernehmen ließ. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang bereits erstinstanzlich unter Vorlage von Auszügen aus der Arbeitszeiterfassung und von Stundenzetteln zu geleisteten Überstunden vorgetragen, ohne dass sich die Beklagte dazu über ein bloßes Bestreiten hinaus qualifiziert erklärt hätte. Zweitinstanzlich hat der Kläger diese Behauptungen durch Vorlage der „Dienstvereinbarung über Arbeitszeitkonten“ und weitere Unterlagen konkretisiert. Zu diesem Vortrag hat sich die Beklagte zweitinstanzlich nicht mehr erklärt. Die Behauptungen des Klägers gelten damit nach § 138 Abs. 3 ZPO mangels ausdrücklichen Bestreitens als zugestanden. 84b) Damit ist der Kläger seiner Darlegungslast zu Überstunden, die noch nicht vergütet worden sind, zumindest zweitinstanzlich ausreichend nachgekommen. Einen Arbeitnehmer, der eine Vergütung von Überstunden begehrt, trifft die Darlegungs- und Beweislast sowohl für geleisteten Arbeitsstunden über die vereinbarte Normalarbeitszeit hinaus als auch dafür, dass die Überstunden vom Arbeitgeber veranlasst worden oder diesem jedenfalls zuzurechnen sind (BAG, 21.12.2016 - 5 AZR 363/16; 10.04.2013 - 5 AZR 122/12 - Rn 9, 13 ff). 85aa) Der Kläger hat schlüssig dargelegt, dass sich der Stand seines Arbeitszeitkontos im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf 334,5 Stunden belief. Für den schlüssigen Sachvortrag des Klägers ist es ausreichend, dass er die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos und das Bestehen eines Guthabens zum vereinbarten Auszahlungszeitpunkt darlegt. Buchungen auf einem Arbeitszeitkonto sind zwar keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen, sondern lediglich tatsächliche Handlungen im Sinne von Wissenserklärungen. Doch stellt der Arbeitgeber mit der vorbehaltlosen Ausweisung von Guthabenstunden in einem Arbeitszeitkonto dessen Saldo streitlos und bringt damit zum Ausdruck, dass bestimmte Arbeitsstunden tatsächlich und mit seiner Billigung geleistet wurden (vgl. BAG 26.06.2019 – 5 AZR 452/18; 23.09.2015 - 5 AZR 767/13). 86bb) Der Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags steht nicht entgegen, dass nicht sämtliche der 334,5 zur Abgeltung eingeklagten Überstunden in das Arbeitszeitkonto eingestellt worden waren. So hat die Beklagte die vom Kläger auf einem dafür vorgesehenen Muster handschriftlich erfassten Arbeitszeiten nur bis April 2020 in das Arbeitszeitkonto übertragen und sodann lediglich die vom Kläger erfassten Arbeitszeiten entgegengenommen. § 4 Abs. 3 Dienstvereinbarung über ein Arbeitszeitkonto legt fest, dass die vom Arbeitnehmer auf einem Stundenzettel erfassten Arbeitszeiten durch die Pflegedienstleitung, die Geschäftsführung oder eine entsprechend beauftragte Person in die Arbeitszeitaufzeichnung zu übernehmen sind. Es lag damit im Verantwortungs- und Pflichtenkreis der Beklagten, nach Hereingabe der Stundenzettel eine Übernahme in die Arbeitszeitaufzeichnung durchzuführen. Kommt sie dem nicht nach, obwohl der Kläger seinerseits alle arbeitsvertraglichen Verpflichtungen erfüllt hat, kann sie sich darauf nach § 162 Abs. 1 BGB nicht berufen. 87Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung dann als eingetreten, wenn sie von der Person wider Treu und Glauben vereitelt wird, zu deren Nachteil der Bedingungseintritt gereichen würde. Nach diesem Rechtssatz, der § 242 BGB entspringt, handelt wider Treu und Glauben, wer sich anders verhält, als es im Hinblick auf Eintritt und Nichteintritt der Bedingung Sinn und Zweck des Rechtsgeschäfts entspricht (Jauernig-Mansel, BGB, 18. Aufl. 2021, § 162 Rn. 3). Der Kläger musste sich darauf verlassen können, dass die Beklagte ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachkommt und die in ihrem Verantwortungsbereich liegende Übertragung der vom Kläger erfassten Arbeitszeiten vornimmt. Rechtsfolge des § 161 BGB ist die Fiktion des Bedingungseintritts, hier also die Annahme, dass eine Übertragung der vom Kläger aufgelisteten Arbeitsstunden in das Arbeitszeitkonto erfolgt ist. Für diese fingiert erfassten Arbeitsstunden greifen dieselben Darlegungsgrundsätze wie für diejenigen Stunden, die die Beklagte dem Arbeitszeitkonto bis April 2020 zugeführt hat. 88cc) Dem so schlüssig dargelegten Umfang offener Überstunden am Ende des Arbeitsverhältnisses ist die Beklagte ihrerseits nicht mit substantiiertem und schlüssigem Vortrag entgegengetreten. So ist insbesondere der erfolgte Verweis auf die in Dienstplänen festgelegten Arbeitszeiten unbehelflich. Darin dokumentieren sich lediglich die Soll-, nicht aber die Ist-Arbeitszeiten der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also diejenigen Arbeitszeiten, die abweichend geplanter Dienste tatsächlich erbracht worden sind. 89c) Die Beklagte kann nicht einwenden, die Abgeltung der auf dem Arbeitszeitkonto ausgewiesenen Überstunden sei nach § 12 Arbeitsvertrag – zumindest teilweise – verfallen, weil sie nicht vom Kläger innerhalb der dort genannten Verfallfristen geltend gemacht worden ist. Werden Überstunden in einem Arbeitszeitkonto vorbehaltlos ausgewiesen, ist der Zweck der Geltendmachung – ähnlich der vorbehaltlosen Ausweisung einer Vergütungsforderung in einer Lohnabrechnung – erreicht (BAG 23.09.2015 -5 AZR 767/13). Der Kläger war daher nicht mehr angehalten, die von der Beklagten durch Ausweisung des Arbeitszeitkontos bereits streitlos gestellten Guthaben erneut geltend zu machen. 903. Das arbeitsgerichtliche Urteil war abzuändern, soweit es den auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.890 € netto geltend gemachten Zahlungsantrag nur in einem Umfang von 500,00 € netto zugesprochen und im Übrigen abgewiesen hat. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung des im November 2020 einbehaltenen Betrages in vollständiger Höhe aus § 611a Abs. 2 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag verlangen. 91Der zwischen den Parteien dem Grunde nach nicht im Streite stehende Teilvergütungsanspruch des Klägers ist nicht durch Aufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch nach § 389 BGB erloschen. Der Beklagten steht kein Anspruch gegen den Kläger in dieser Höhe zu, mit dem sie die Aufrechnung mit Erfüllungswirkung erklärt hätte. Insbesondere steht der Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung der Kosten für die Fortbildung zu, die der Kläger in den Monaten August bis November 2020 bei einer Freistellung unter Vergütungsfortzahlung mit dem Fortbildungsziel „Pflegeexperte für die außerklinische Beatmungspflege“ durchgeführt hat. Die Beklagte kann diesen Anspruch nicht auf eine rechtswirksame Anspruchsgrundlage stützen, insbesondere nicht auf § 13 AV-Nachträge. Die Rückzahlungsklausel in dieser vertraglichen Bestimmung benachteiligt den Kläger unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und ist demgemäß unwirksam. 92a) § 13 AV-Nachtrag stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. §§ 305, 310 Abs. 3 Ziff. 1 BGB dar. Sowohl der Arbeitsvertrag als auch dessen Nachträge wurden dem Kläger von der Beklagte vorformuliert vorgelegt. Sie gelten damit bereits nach § 310 Abs. 3 Ziff. 1 BGB als Allgemeine Geschäftsbedingungen. 93Die Bestimmung verpflichtet den Kläger zur Rückzahlung der für die Dauer der Fortbildungsmaßnahme empfangenen Bezüge und der vom dem Arbeitgeber übernommenen Kosten der Fortbildungsmaßname, „wenn er das Arbeitsverhältnis selbst kündigt oder wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aus einem Grund gekündigt wird, den der Arbeitnehmer zu vertreten hat.“ Eine Rückzahlungsverpflichtung des Klägers besteht nicht, würde der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen kündigen. 94aa) Die Rückzahlungsklausel in § 13 AV-Nachtrag unterliegt mit diesem Inhalt einer Angemessenheits- und Transparenzkontrolle i.S.d. §§ 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB. Eine solche findet nach § 308 Abs. 3 S. 1 BGB nur bei solchen Allgemeinen Geschäftsbedingungen statt, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dazu zählen alle Gesetze im materiellen Sinne, ebenso wie richterrechtlich entwickelte Rechtsgrundsätze (Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 307 Rn. 51) und auch solche Regelungen, die die Umstände des vom Verwender gemachten Hauptleistungsversprechens ausgestalten (BAG 11.12.2018 – 9 AZR 383/18; 18.03.2014 - 9 AZR 545/12; 13.12.2011 - 3 AZR 791/09; LAG Hamm 29.01.2021 - 1 Sa 954/20). Eine solche Ausgestaltung des Hauptleistungsversprechens legt § 13 AV-Nachtrag fest. Dort wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Rückzahlung der Fortbildungskosten in Betracht kommt, zu deren Zahlung der Kläger sich synallagmatisch verpflichtet hatte. 95Ferner wird durch den ausgelösten Bleibedruck eine von der arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1, 2 GG und damit eine von Rechtsvorschriften abweichende Bestimmung getroffen (vgl. BAG 11.12.2018 – 9 AZR 383/18; 18.11.2008 - 3 AZR 192/07; 23.01.2007 - 9 AZR 482/06; 11.04.2006 - 9 AZR 610/05; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18; 10.09.2010 – 7 Sa 633/10). 96bb) § 13 AV-Nachtrag benachteiligt dem Kläger gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Die Klausel ist daher unwirksam und entfällt ersatzlos. Sie ist auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung mit einem zulässigen Inhalt aufrechtzuerhalten. 97(1) Nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung müssen sich Rückzahlungsklauseln, die als allgemeine Geschäftsbedingungen formuliert sind, nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB daran messen lassen, ob sie den Arbeitnehmer als Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen. Dabei sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB angemessen zu berücksichtigen (vgl. nur BAG 18.03.2014 - 9 AZR 545/12; 21.08.2012 - 3 AZR 698/10; 18.11.2008 - 3 AZR 192/07; 23.01.2007 - 9 AZR 482/06; 11.04.2001 - 9 AZR 610/05; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18; 09.03.2012 - 7 Sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 Sa 1386/10; 10.09.2010 - 7 Sa 633/10; LAG Nürnberg 26.03.2021 - 8 Sa 412/20; Schrade, Festschrift Ingrid Schmidt, 2021, S. 895, 897; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 338; Meier/Mosig, NZA 2008, 1168, 1169; Düwell/Ebeling, DB 2008, 406; Schmidt, NZA 2004, 1002). 98Vorformulierte Rückforderungsklauseln sind nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dann unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu beachten und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren (BAG 18.03.2008 - 9 AZR 186/07; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 21.01.2021 – 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18). Um festzustellen, ob eine unangemessene Benachteiligung gegeben ist, sind die rechtlich anzuerkennenden Interessen der Vertragspartner wechselseitig zu berücksichtigen und zu bewerten. Dabei ist ein genereller und typisierender Maßstab anzulegen, der vom Einzelfall losgelöst ist. Unter Berücksichtigung der beteiligten Verkehrskreise sind Art, Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des Geschäfts zu berücksichtigen (BAG 27.7.2010 - 3 AZR 777/08; 18.03.2008 - 9 AZR 186/07; 11.04.2006 - 9 AZR 610/05; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 – 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18). 99Zwar sind einzelvertragliche Vereinbarungen, die den Arbeitnehmer zu einer Beteiligung an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildung für den Fall verpflichten, dass er aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, grundsätzlich zulässig (BAG 18.03.2008 - 9 AZR 186/07; 11.04.2006 - 9 AZR 610/05; 24.06.2004 - 6 AZR 383/03; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18; 09.03.2012 - 7 Sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 Sa 1386/10; LAG Nürnberg 26.03.2021 – 8 Sa 412/20). Unwirksam sind sie dann, wenn die grundgesetzlich über Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG garantierte arbeitsplatzbezogene Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers unzulässig eingeschränkt wird. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn die Rückzahlungsverpflichtung bei verständiger Betrachtung einerseits einem billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entspricht und andererseits der Arbeitnehmer mit der Fortbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhält. Dabei sind die für den Arbeitnehmer zumutbaren Bindungen anhand einer unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erfolgenden Güter- und Interessenabwägung zu ermitteln (BAG 11.04.2006 - 9 AZR 610/05; 19.02.2004 – 6 AZR 552/02; 05.12.2002 - 6 AZR 539/01; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 - 1 Sa 954/20; 18.05.2018 - 1 Sa. 49/18; 09.03.2012 - 7 Sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 Sa 1386/10). 100Auf Seiten des Arbeitgebers ist zunächst das Interesse beachtenswert, eine vom Arbeitnehmer erworbene und von ihm – dem Arbeitgeber – finanzierte Qualifikation grundsätzlich für seinen Betrieb nutzen zu können (Erf-Kom.-Preis, 22. Aufl. 2022, § 611a BGB Rn. 438). Dies lässt es berechtigt erscheinen, einen auf Kosten des Arbeitgebers fortgebildeten Arbeitnehmer im Falle eines Ausscheidens aus dem Betrieb an den Kosten zu beteiligen (BAG 11.04.2006 - 9 AZR 610/05; 19.02.2004 - 6 AZR 552/02). Dem steht das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber, seinen Arbeitsplatz frei wählen zu können, ohne mit der Last einer Kostenerstattung konfrontiert zu sein. Im Vordergrund des Abwägungsprozesses befindet sich der Umstand, ob der Arbeitnehmer mit der Ausbildung einen geldwerten Vorteil erlangt, der über die sonstigen wechselseitigen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen hinausgeht (vgl. nur BAG 11.04.2006 - 9 AZR 610/05; 19.02.2004 – 6 AZR 552/02; 16.03.1994 - 5 AZR 339/92; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 21.01.2021 – 1 Sa 954/20; 18.05.2018 – 1 Sa 49/18; 09.03.2012 - 7 Sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 Sa 1386/10). 101(2) Es mag offen bleiben, ob dem Kläger mit der zwölftägigen Fortbildung zum „Pflegexperten für die außerklinische Beatmungspflege“ ein geldwerter Vorteil zugekommen ist, an den überhaupt eine Rückforderungsverpflichtung geknüpft werden kann. Dagegen spricht, dass es sich um eine Fortbildung zu handeln scheint, die durchgeführt werden muss, damit die Beklagte ihren pflegerischen Verpflichtungen gegenüber ihren Patienten mit den so geschulten Arbeitnehmern überhaupt erfüllen kann. So legt jedenfalls § 13 Abs. 1 AV-Nachtrag fest, dass ein „Grundkurs Pflegefachkraft Beatmungspflege“ zu absolvieren ist, falls eine solche Fortbildung noch nicht abgeschlossen worden war. 102(3) Die Klausel ist jedenfalls deshalb unangemessen benachteiligend, weil sie unter Berücksichtigung des generellen und typisierenden Maßstabs, der im Rahmen der Angemessenheitskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen anzulegen ist (BAG 11.12.2018 – 9 AZR 383/18; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 – 1 Sa 954/20; 18.05.2018 – 1 Sa 49/18), nicht ausreichend nach dem Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses differenziert. 103So ist höchstrichterlich entschieden, dass es nicht zulässig ist, eine Rückzahlungspflicht einschränkungslos an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Es bedarf vielmehr einer nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenzierten Betrachtung (BAG 11.12.2018 – 9 AZR 383/18; 28.05.2013 – 3 AZR 103/12; 11.04.2006 - 9 AZR 610; vgl. auch LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21). Dabei lässt sich die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung davon leiten, dass eine Rückzahlungsklausel nur dann ausgewogen ist, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, der Rückzahlungsverpflichtung durch eigene Betriebstreue zu entgehen. Damit wird der Risikoverteilung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber entsprochen. So ist es der Arbeitgeber, der Verluste aufgrund von Investitionen trägt, die nachträglich wertlos werden. Müsste der Arbeitnehmer die in seine Aus- und Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zurückzahlen, wenn die Ursachen einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses alleine dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers entstammen, hätte es der Arbeitgeber entgegen der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung in der Hand, den Arbeitnehmer mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition zu belasten. Eine solche Klausel würde den Arbeitnehmer mangels ausreichender Beachtung der wechselseitigen Interessen unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB benachteiligen (vgl. BAG 18.03.2014 – 9 AZR 545/12; 28.05.2013 – 3 AZR 103/12; 13.12.2011 - 3 AZR 791/09; 24.06.2004 - 6 AZR 383/03; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 21.01.2021 – 1 Sa 954/20; 18.05.2018 – 1 Sa 49/18; Hessisches LAG 20.10.2010 – 19 Sa 329/10). 104Zwar nimmt § 13 AV-Nachtrag eine Differenzierung vor. Doch ist die vorgenommene Differenzierung unzureichend. Denn der Kläger bleibt uneingeschränkt zur Rückzahlung verpflichtet, wenn „er das Arbeitsverhältnis selbst kündigt“. Der Kläger müsste damit Aus- und Fortbildungskosten auch dann tragen, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungs- und Risikobereich der Beklagten zuzurechnen wären. Eine Vertragsklausel, die auch für einen solchen Fall eine Rückzahlungspflicht vorsieht, berücksichtigt nicht die wechselseitig anzuerkennenden Interessen beider Vertragspartner, sondern einseitig diejenigen des Arbeitgebers. Das Bundesarbeitsgericht nimmt überzeugend an, dass eine Rückzahlungsklausel unwirksam ist, die den Arbeitnehmer „im Falle einer selbst ausgesprochenen Kündigung auch dann mit den Ausbildungskosten belastet, wenn er sich wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitgebers als zur Eigenkündigung berechtigt ansehen darf“ (BAG 13.12.2011 – 3 AZR 791/09 Rn. 27) oder aber dazu „vom Arbeitgeber veranlasst wurde“ (BAG 13.12.2011 – 3 AZR 791/09 Rn. 20; vgl. auch LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21). Die Rückzahlungsklausel in § 13 AV-Nachtrag berücksichtigt daher nicht die im Arbeitsleben übliche Risikoverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, bevorzugt einseitig die Interessen der Beklagten und benachteiligt damit den Kläger unangemessen (vgl. BAG 13.12.2011 - 3 AZR 791/09; 24.06.2004 - 6 AZR 383/03; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21). Die Klausel ist demgemäß nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam und kann der Beklagten nicht als Anspruchsgrundlage dienen. 105b) § 13 AV-Nachtrag kann auch nicht mit einem rechtlich haltbaren Inhalt Bestand haben. Eine geltungserhaltende Reduktion Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nicht möglich (BAG 11.12.2018 – 9 AZR 383/18; 28.05.2013 – 3 AZR 103/12; 13.12.2011 - 3 AZR 791/09; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 29.01.2021 – 1 Sa 954/20; 18.05.2018 – 1 Sa 49/18; Wisskirchen/Block, in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 11. Aufl. 2019, Arbeitsvertrag und AGB-Kontrolle, Rn. 118b). 106c) Die Beklagte kann ihren Anspruch auf Erstattung der Fortbildungskosten auch nicht auf die §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB stützen. Der Kläger hat die Fortbildung nicht ohne rechtlichen Grund erlangt, sondern auf Basis der - mit Ausnahme der Rückzahlungsklausel - wirksamen arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien über die Durchführung der Fortbildung (vgl. BAG 06.08.2013 - 9 AZR 442/12; 21. 08. 2012 - 3 AZR 698/10; LAG Hamm 11.02.2022 - 1 Sa 648/21; 21.01.2021 – 1 Sa 954/20; 18.05.2018 – 1 Sa 49/18; Staudinger/Richardi/Fischinger (2020) BGB § 611a, Rn. 1581). 107d) Mangels Anspruchsgrundlage ging die in der Lohnabrechnung für November 2020 als Lohneinbehalt i.S.d. § 388 BGB konkludent erklärte Aufrechnung der Beklagen über den gesamten Betrag in Höhe von 1.890 € netto ins Leere. Erfüllungswirkung kam der Aufrechnung damit nicht zu. Die Beklagte bleibt zur Zahlung des noch offenen Teil-Vergütungsanspruchs für November 2020 verpflichtet. Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Streitgegenstands nur in Höhe von 500,00 € netto stattgegeben. Das Urteil war deshalb insoweit abzuändern und ein weiterer Betrag von 1.390 € netto zuzusprechen. 1084. Die Berufung des Kläger ist begründet, soweit er mit ihr die Abweisung der Widerklage verfolgt und sich dagegen wendet, an die Beklagte 1.800,96 € zahlen zu sollen. Aus den bereits dargestellten Gründen hat das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, der Beklagten stünde, gestützt auf § 13 AV-Nachtrag, ein Anspruch auf Rückzahlung der Fortbildungskosten zu. Damit fehlt es auch an einer Anspruchsgrundlage für die Rückzahlung der für die Dauer von 12 Fortbildungstagen erfolgten Vergütungszahlung. 1095. Soweit Zinsen zugesprochen worden sind, beruht dies auf den §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 291, 288 Abs. 1 BGB. 110III. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. 1111. Der Beklagten steht gegen den Kläger kein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.026,08 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Dem Kläger stand gegen die Beklagte ein Anspruch auf Abgeltung von 20 Urlaubstagen zu, den die Beklagte mit der Abrechnung für November 2020 zur Auszahlung gebracht hat. Den Betrag über 2.026,08 € hat der Kläger damit nicht ohne Rechtsgrund i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erlangt. Das Arbeitsgericht hat die Widerklage insoweit zu Recht abgewiesen. 112a) Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass dem Kläger im Kalenderjahr 2020 insgesamt 37 Urlaubstage während verschiedener Zeiträume von der Beklagten gewährt worden sind. Damit hat die Beklagte den offenen Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Kalenderjahr 2019 und 2020 nicht in vollem Umfang erfüllt. Sie war demgemäß zur Abgeltung von 10 Urlaubstagen verpflichtet. 113Im Kalenderjahr 2019 wurde dem Kläger kein Urlaub bewilligt. Der Urlaub des Jahres 2019 ist nicht mit Ablauf des 31.12.2019 untergegangen. Mit dem Urlaub vom 06.01.2020 bis zum 28.01.2020, der dem Kläger gewährt worden ist, wurde ein solcher erfüllt, der in 2019 entstanden war. 114So hat die Beklagte nicht ausreichend vorgetragen, dass sie ihren arbeitgeberseitigen Verpflichtungen nachgekommen ist, dem Kläger eine Verwirklichung seines Urlaubs in 2019 zu ermöglichen. Dabei musste das Berufungsgericht die zweitinstanzlich wenige Tage vor Schluss der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragene Behauptung der Beklagten nicht aufklären, sie habe den Kläger in 2019 immer wieder darauf angesprochen, ihm Resturlaub zu gewähren, der andernfalls verfallen würde. Diese Behauptung der Beklagten ist nicht nur gänzlich ohne Substanz zu Ort, Zeit und näheren Umständen der behaupteten Urlaubsgewährung für 2019. Sie steht ferner in Widerspruch zu deren bisherigen erst- und zweitinstanzlichen Behauptungen. So hat die Beklagte erstinstanzlich und auch zu Beginn in der Berufungsinstanz gegensätzlich vorgetragen und behauptet, dem Kläger sei im Kalenderjahr 2019 ein dreiwöchiger Urlaub gewährt worden, was sie durch Vorlage von Urlaubslisten belegen könne. Gründe für den nunmehrigen Vortragswechsel trägt sie nicht vor. Widersprüchlich mutet es ferner an, ergänzt die Beklagte ihre Behauptungen dahingehend, der Kläger, den sie immer wieder auf die Urlaubsnahme angesprochen haben will, habe einen dreiwöchigen Urlaub im Dezember 2019 abgelehnt, weil er eben keinen Urlaub benötige. Warum der Kläger dann aber gleichwohl im Januar 2020 und damit nur wenige Wochen später unstreitig genau einen solchen Urlaub in Anspruch genommen hat, ist nicht erklärlich. Darüber hinaus ist die Beklagte bis zur Aufnahme dieses Rechtsstreits davon ausgegangen, dem Kläger stünde ein Abgeltungsanspruch zu, den sie zu erfüllen habe und auch durch Zahlung im November 2020 erfüllt hat. Eigenes Verhalten der Beklagten, deren bisherige Behauptungen und der nunmehriger Vortragswechsel stehen in einem derartigen Widerspruch, dass sich die zuletzt vorgetragenen Behauptungen als Verstoß gegen die eine jede Partei nach § 138 Abs. 1 ZPO treffende Verpflichtung zu vollständigem und wahrheitsgemäßen Vortrag darstellen. Sie bleiben aus Gründen der Verletzung der Wahrheitspflicht unbeachtlich. 115b) Mit dem Urlaub vom 06.01.2020 bis zum 28.01.2020, der dem Kläger gewährt worden ist, wurde damit ein solcher erfüllt, der in 2019 entstanden war. Dabei ist es unerheblich, dass es zu einer ausdrücklichen Übertragungsvereinbarung zwischen den Parteien nicht gekommen ist. Denn einer ausdrücklichen Übertragung i.S.d. § 7 Abs. 3 S. 2 BurlG bedurfte es nicht. 116Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub gem. §§ 1, 3 Abs. 1 BurlG erlischt bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG konformen Auslegung von § 7 BUrlG nur dann gem. § 7 Abs. 3 S. 1 BurlG am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums gem. § 7 Abs. 3 S. 2, 4 BurlG, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen und der Arbeitnehmer diesen Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Den Arbeitgeber trifft eine Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Sollen die Wirkungen des urlaubsrechtlichen Fristenregimes greifen, insbesondere also der Urlaub mit Ablauf des 31. Dezember eines Kalenderjahres erlöschen, ist dafür Voraussetzung, dass der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachkommt (BAG 26.05.2020 - 9 AZR 259/19, 19.02.2019 - 9 AZR 423/16; LAG Rheinland-Pfalz, 14.01.2021 – 5 Sa 267/19). 117So ist bei einer richtlinienkonformen Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 BUrlG der Anwendungsbereich der Fristen- und Übertragungsregelung von § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG auf die Fälle beschränkt, in denen der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nachgekommen ist. Erfüllt er seine Mitwirkungsobliegenheiten nicht, ist der Urlaubsanspruch für das jeweilige Urlaubsjahr unabhängig vom Vorliegen eines Übertragungsgrundes regelmäßig nicht i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG an das Urlaubsjahr gebunden. Einer Übertragung auf das nächste Kalenderjahr bedarf es demgemäß nicht (BAG, 19.02.2019 – 9 AZR 423/16). 118c) Damit hat die Beklagte mit der Urlaubsgewährung vom 06.01.2020 bis zum 27.01.2020 Urlaubsansprüche des Klägers aus dem Kalenderjahr 2019 erfüllt. Für das Kalenderjahr 2020 stand dem Kläger damit der volle (vertragliche) Urlaubsanspruch von 30 Kalendertagen zu. Gewährt hat die Beklagte darauf 20 Urlaubstage. Die verbliebenen 10 Urlaubstage waren daher – wie mit der Novemberabrechnung geschehen – dem Kläger nach § 7 Abs. 4 BurlG – abzugelten. 1192. Aus vorstehenden Gründen steht der Beklagten auch kein Rückforderungsanspruch des für 7 Tage Erholungsurlaubs gewährten Urlaubsentgelts aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB in Höhe von 1.050,56 € zu. Dem Kläger stand für jeden der in 2020 gewährten Urlaubstage ein Urlaubsentgelt gem. § 7 Abs. 1 BurlG zu. Die Vergütungszahlung hat er deshalb nicht ohne Rechtsgrund erhalten. 1203. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den auf Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 8.000 € gerichteten Widerklageantrag der Beklagte aus den §§ 241 Abs. 2, 280, 282 BGB, 826 BGB abgewiesen. 121a) Die Beklagte ist für die anspruchsbegründenden Tatsachen der haftungsbegründenden Kausalität einer etwaigen vertraglichen oder deliktischen Pflichtverletzung des Klägers darlegungs- und beweispflichtig. Ihr erstinstanzlicher Vortrag beschränkt sich auf die Behauptung, der Kläger habe während seiner Tätigkeit den Pflegedienst B eingeschaltet, damit der Patient C. betreut werde. Er habe die Ehefrau des Patienten mit Vergünstigungen gelockt und sich bereits anlässlich der Weihnachtsfeier 2019 dahingehend erklärt, er wolle sie – die Beklagte - vernichten. Zweitinstanzlich hat die Beklage dies dahingehend ergänzt, der Kläger sei Ende November 2020 „proaktiv“ auf den Pflegedienst B zugegangen und habe mitgeteilt, er könne ihm einen Patienten vermitteln. Der Ehefrau des Patienten sei eine Vergünstigung in der Pflege versprochen worden. Das Arbeitsgericht hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der erstinstanzliche Sachvortrag mangels ausreichender Substantiierung zum Schadensgrund und auch zur Schadenshöhe einer Zeugenvernehmung nicht zugänglich war, ohne eine unzulässige Ausforschung zu betreiben, die mit dem die zivil- und arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung beherrschenden Beibringungsgrundsatz nicht vereinbar ist. Auf die Gründe der arbeitsgerichtlichen Entscheidung wird entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. 122b) Die Beklagte trifft nach § 138 Abs. 1 ZPO die Pflicht zum vollständigen Vortrag. Sie darf demgemäß keine in ihre Darlegungslast fallenden Tatsachen unterdrücken. Zugleich ist sie nicht etwa angehalten, den streitigen Lebensvorgang von vornherein in allen Einzelheiten wiederzugeben. Für die Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags ist die Wiedergabe der tatsächlichen Umstände ausreichend, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben. Soweit dem entsprochen ist, trifft wiederum den Gegner die Erklärungslast, die wiederum eine Substantiierungslast des Darlegungspflichtigen auslöst ((Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 138 Rn. 7b). Der Kläger hat die sehr pauschal gehaltenen Behauptungen der Beklagten seinerseits bestritten. Zweitinstanzlich hat die Beklagte ihren Vortrag nicht weiter substantiiert und ist dabei geblieben, ein „proaktives Zugehen“ auf den Geschäftsführer eines weiteren Pflegedienstes zu behaupten, ohne dies nach Zeit, Ort und näheren Umständen des Geschehens oder dem Inhalt behaupteter Erklärungen und den Umständen eigenen Erfahrens näher darzulegen. Ihren prozessualen Verpflichtungen zu einem nach näheren Umständen vollständigen Vortrag ist die Beklagte damit nicht nachgekommen. 123IV. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Der Gebührenstreitwert des arbeitsgerichtlichen Urteils belief sich auf 30.621,97 €. Der Kläger unterlag erstinstanzlich hinsichtlich der eingeforderten Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 5.000 € und hat die darauf anteilig entfallenden Kosten zu tragen. Die auf einen Streitwert von 25.621,97 € entfallenden Kosten hat die Beklagte infolge ihres Unterliegens und der Teilrücknahme ihrer Widerklage zu tragen. Die Kosten erster Instanz waren damit dem Kläger zu 16 % und der Beklagten zu 84 % aufzuerlegen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt unter Berücksichtigung der nicht mehr in die Berufung gelangten Streitgegenstände 25.542,82 €. Der Kläger unterliegt zweitinstanzlich in einem Umfang von 5.000 €. Dies führt zu einer Kostenlast des Klägers von 20 % und einer solchen der Beklagten von 80 %. 124Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG nicht zuzulassen. Keine der angesprochenen Rechtsfragen ist von grundsätzlicher Bedeutung. Auch weicht die Entscheidung des Berufungsgerichts von keiner Entscheidung der in § 72 Abs. 2 Ziff. 2 genannten Gerichte ab. 125RECHTSMITTELBELEHRUNG 126Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. 127Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen. | auf die berufung des klägers wird das urteil des arbeitsgerichts hagen vom 16.09.2021 – 1 ca 46/21 – unter zurückweisung der berufung der beklagten teilweise abgeändert. unter vollständiger zurückweisung ihrer widerklage wird die beklagte verurteilt, an den kläger weitere 1.390 € netto sowie weitere 6.275,22 € brutto nebst jeweils fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszinssatz seit dem 21.01.2021 zu zahlen. der kläger trägt 16 %, die beklagte 84 % der kosten des arbeitsgerichtlichen verfahrens. die kosten des berufungsverfahrens werden dem kläger zu 20 %, der beklagten zu 80 % auferlegt. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die parteien streiten – klagend und widerklagend – um zahlungsansprüche aus dem inzwischen beendeten arbeitsverhältnis. 3der kläger war bei der beklagten auf der basis eines schriftlichen arbeitsvertrages vom 13.05.2019 nebst nachträgen (im folgenden: av-nachträge) gleichen datums über den zeitraum vom 01.06.2019 bis zum 30.11.2020 als stellvertretende verantwortliche pflegefachkraft mit regelmäßiger wöchentlicher arbeitszeit von 40 stunden und einem bruttomonatsverdienst von 3.250 € soweit einer zulage von 200 € tätig. arbeitsvertrag und anhänge wurden dem kläger vorformuliert von der beklagten zur unterzeichnung vorgelegt. das arbeitsverhältnis endete durch kündigung des klägers vom 01.11.2020. 4der kläger, dem kalenderjährlich ein arbeitsvertraglicher anspruch auf gewährung von erholungsurlaub im umfang von 30 tagen zustand, befand sich vom 06.01.2020 bis zum 28.01.2020, vom 20.04.2020 bis zum 24.04.2020, vom 26.07.2020 bis zum 31.07.2020, vom 03.08.2020 bis zum 07.08.2020 und vom 12.10.2020 bis zum 16.10.2020 und damit insgesamt an 37 tagen im erholungsurlaub. 5dem kläger war ein dienstfahrzeug zu einem anschaffungspreis von etwa 21.000 € überlassen. die dazu getroffene „dienstwagenvereinbarung“ vom 20.07.2019 legte u.a. fest: 6„§ 7 widerruf, rückgabe des fahrzeugs 7der arbeitgeber behält sich vor, aus betriebliche gründen die rückgabe des fahrzeugs nebst zubehör von dem arbeitnehmer zu verlangen, insbesondere bei erkrankung des arbeitnehmers mit dem ende des entgeltfortzahlungszeitraums, in der elternzeit, mit freistellung des arbeitnehmers, sowie für den fall einer kündigung des arbeitsverhältnisses. 8dieses widerrufsrecht des arbeitgebers gilt unabhängig von der wirksamkeit der kündigung. für die bisherige privatnutzung wird dem arbeitnehmer eine nutzungsentschädigung in höhe der lohnsteuerrechtlichen nutzungspauschale gewährt.“ 9das dienstfahrzeug gab der kläger am 22.01.2020 bei der beklagte ab. er stellte das fahrzeug auf den betriebshof der beklagten vor das dortige büro. den fahrzeugschlüssel gab der kläger ende januar 2020 ab. 10der kläger nahm in der zeit von august bis november 2020 an einer fortbildung zum erwerb des zertifikats „pflegeexperte für die außerklinische beatmungspflege“ teil. die kosten für die teilnahme des klägers beliefen sich auf 1.890 €. der kläger erhielt einen bildungsscheck in höhe von 500 €, der vom bildungsträger auf diese kosten angerechnet wurde. für die teilnahme wurde der kläger von der arbeit unter vergütungszahlung an insgesamt 12 tagen freigestellt. 11arbeitsvertraglich regelten die parteien in den nachträgen vom 13.05.2021 u.a. folgendes: 12„§ 13 vereinbarung fortbildung (anhang 6 und 7) 13„vereinbarung über fortbildung mit rückzahlungsklausel“ 14der arbeitnehmer nimmt nach der probezeit (6 monate) verpflichtend an folgenden fortbildungsmaßnahmen teil: (grundkurs pflegefachkraft beatmungspflege (falls noch nicht vorhanden), innerbetriebliche, regelmäßige schulungen, sonstige fort- und weiterbildungsmaßnahmen. 15(…) 16der arbeitnehmer ist zur rückzahlung der für die dauer der fortbildungsmaßnahmen empfangenen bezüge und der von dem arbeitgeber übernommenen kosten der fortbildungsmaßnahme verpflichtet, wenn er das arbeitsverhältnis selbst kündigt oder wenn das arbeitsverhältnis vom arbeitgeber aus einem grund gekündigt wird, den der arbeitnehmer zu vertreten hat.“ 17einer zweitinstanzlich erstmals vorgelegten „dienstvereinbarung über arbeitszeitkonten vom 13.05.2019 ist im dortigen § 2 „führung des arbeitszeitkontos“ zu entnehmen, dass die beklagte ein arbeitszeitkonto mittels eines elektronischen arbeitszeiterfassungssystems für die erfassung der tatsächlich geleisteten arbeitszeit unterhält, die die vertraglich vereinbarte arbeitszeit über- oder unterschreitet. die dienstvereinbarung regelt u.a.: 18„§ 4 erfassung und aufzeichnung der tatsächlich geleisteten arbeitszeit 19zur ermittlung der monatlich geleisteten mehr- oder minderzeiten hat der anstellungsträger die tatsächlich geleisteten arbeitsstunden (beginn, ende, dauer) aufzuzeichnen. 20der anstellungsträger (pdl/gf) kann die aufzeichnung delegieren. 21wird die aufzeichnung der arbeitszeit auf den mitarbeiter oder die mitarbeiterin selbst delegiert, kann die arbeitszeit auf einem stundenzettel erfasst werden. in diesen fällen erfolgt die übernahme der auf dem stundenzettel erfassten arbeitszeiten in die arbeitszeitaufzeichnung durch die pdl/gf oder durch eine von der pdl/gf beauftragte person. 22die tatsächliche arbeitszeit (stundenzettel) ist spätestens bis zum ablauf des 3. kalendertages des nächsten monats der pdl/gf per mail, sms oder auf dem postweg vorzulegen. 23die am ende des kalendermonats von der vertraglich vereinbarten arbeitszeit abweichenden arbeitsstunden werden auf das vom anstellungsträger geführte arbeitszeitkonto gebucht.“ 24von dem vergütungsanspruch des klägers für den monat november 2019 zog die beklagte 1.890 € netto ab und wies dies in der lohnabrechnung unter „sonstiger lohnabzug aus“. 25der kläger hat behauptet, die geschäftsführerin der beklagten habe ihm angeboten, den dienstwagen gegen zahlung einer monatlichen nutzungsentschädigung in höhe von 500 € zurückzugeben. ein diesbezügliches gespräch habe zwischen den parteien in der wohnung einer patientin während der übergabezeit stattgefunden. zwei angehörige der patientin seien anwesend gewesen. am 16.01.2020 habe er dem zeugen a. telefonisch mitgeteilt, dass er den dienstwagen zu ende januar zurückgeben werde und die ersatzzahlung in anspruch nehme. am 24.01.2020 sei die geschäftsführerin nicht persönlich zugegen gewesen. der schlüssel sei ihr am 29.01.2020 ausgehändigt worden. daher, so seine auffassung, stünde ihm eine nutzungspauschale von 500 € monatlich zu, die er für 10 monate in höhe von 5.000 € einfordere. 26der von ihm überreichten tabelle sei zu entnehmen, dass sein arbeitszeitkonto bei beendigung des arbeitsverhältnisses 414,5 mehrarbeitsstunden aufgewiesen habe. die beklagte habe seine arbeitszeit von juni 2019 bis april 2020 elektronisch erfasst. von mai bis november 2020 habe das nicht mehr stattgefunden, obwohl der beklagten seine handschriftlichen stundenzettel vorgelegen hätten. vergütet habe die beklagte mit der novemberabrechnung lediglich 80 mehrarbeitsstunden. es seien damit noch 334,5 stunden zu je 18,76 €, also 6.275,22 € brutto zu bezahlen. 27der lohnabzug für november 2020 – so seine auffassung - sei ohne rechtsgrund erfolgt. soweit die beklagte kosten im zusammenhang mit der von ihm absolvierten fortbildung in abzug gebracht habe, stünde der beklagten eine anspruchsgrundlage für die rückforderung nicht zu. die beklagte müsse daher für november 2020 an ihn noch 1.890 € netto bezahlen. 28fordere die beklagte nun widerklagend rückzahlung der urlaubsabgeltung und zahlung für vermeintlich zu viel gewährten urlaub ein, fehle ihr eine anspruchsgrundlage. so habe es sich beim urlaub vom 6. bis zum 28.01.2020 in höhe von 17 tagen um resturlaub aus 2019 gehandelt. dieser erholungsurlaub sei von der beklagten einseitig angeordnet worden. aufgrund des massiven arbeitsaufkommens habe er den urlaub in 2019 nicht antreten können. 2020 habe er lediglich 20 urlaubstage erhalten. 10 urlaubstage hätten damit – wie geschehen - abgegolten werden müssen. 29die vorwürfe der beklagten, die sie zur grundlage von schadensersatzforderungen über 8.000 € mache, seien unsubstantiiert. die beklagte müsse ferner nachtschichtzulagen in höhe von 78,96 € zahlen, arbeitspapiere herausgeben und ein arbeitszeugnis erteilen. 30der kläger hat beantragt: 31321. die beklagte wird verurteilt, an ihn 11.275,22 euro brutto nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 332. die beklagte wird verurteilt, an ihn 1.968,96 euro nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 343. die beklagte wird verurteilt, ihm ein arbeitszeugnis zu erteilen. 354. die beklagte wird verurteilt, ihm einen ausdruck der elektronischen lohnsteuerbescheinigung für das jahr 2020 auszuhändigen oder elektronisch bereitzustellen. 365. die beklagte wird verurteilt, ihm den inhalt der meldung zur sozialversicherung betreffend die jahresmeldung für das jahr 2020 in textform mitzuteilen. 37die beklagte hat beantragt, 38die klage abzuweisen. 39sowie - rechtshängig seit dem 27.05.2021 - unter widerklagerücknahme im übrigen: 40411. der kläger wird verurteilt, an sie 4.877,60 € brutto nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 01.12.2020 zu zahlen. 422. der kläger wird verurteilt, an sie 8.000,00 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten seit rechtshängigkeit zu zahlen. 43die kläger hat beantragt, 44die widerklage abzuweisen. 45die beklagte hat bestritten, dass zwischen den parteien ein gespräch über die gewährung einer monatlichen nutzungsentschädigung stattgefunden habe. sie hat die auffassung geäußert, sie könne vom kläger nach § 13 abs. 6 av-nachtrag erstattung der kosten verlangen, die dessen fortbildung verursacht hätte. diese habe sie in höhe von 1.890 € vom novemberlohn in abzug gebracht. außerdem stünde ihr ein anspruch auf rückzahlung der während der freistellung des klägers für die zwecke der teilnahme an der fortbildung für 12 tage gewährten vergütung zu. bei einem stundenlohn von 18,76 € und einer achtstündigen täglichen arbeitsverpflichtung ergäbe sich damit unter berücksichtigung arbeitgeberseitiger sozialabgaben von 20 prozent ein betrag in höhe von 2.165,15 €, den sie zuletzt reduziert um den betrag der sozialabgaben in höhe von 1.800,96 € widerklagend einfordere. 46der kläger habe eine urlaubsabgeltung erhalten, die ihm nicht zustünde. dem kläger seien im kalenderjahr 2020 37 tage erholungsurlaub gewährt worden. mit der novemberabrechnung habe sie für 10 tage eine urlaubsabgeltung in höhe von 2.026,08 € brutto an den kläger zur auszahlung gebracht, ohne dass dem kläger ein zahlungsanspruch zugestanden habe. die rückzahlung des betrages verfolge sie mit der widerklage. für das jahr 2020 habe der kläger 7 tag zu viel urlaub erhalten. darauf entfiele ein urlaubsentgelt in höhe von 1.056,56 € brutto. auch diesen betrag fordere sie vom kläger mit ihrer widerklage ein. 47sie hat behauptet, eine elektronische zeiterfassung habe nicht bestanden. ihren dienstplänen lasse sich entnehmen, dass der kläger 2019 insgesamt 1.360.50 stunden und im jahr 2020 insgesamt 1.639 stunden gearbeitet habe. abgegolten worden seien sowohl 2019 als auch 2020 jeweils 90 überstunden. damit ergebe sich ein saldo zugunsten des klägers von 17 stunden. der vortrag des klägers zu überstunden, die er einfordere, sei vor diesem hintergrund nicht nachvollziehbar. 48sie könne vom kläger schadensersatz in höhe von 8.000 € verlangen. der kläger habe während seiner tätigkeit für sie aktiv den pflegedienst b eingeschaltet, damit der patient c. betreut werden solle. die ehefrau des patienten habe er mit vergünstigungen gelockt. dies habe er offen gegenüber einer weiteren mitarbeiterin bekundet. die abwerbung sei im november/dezember 2020 erfolgt. gegenüber anderen patienten habe er bekundet, er habe die absicht, sie - die beklagte - zu vernichten. eine erste aussage dieser art sei bereits auf der weihnachtsfeier 2019 erfolgt. durch die abwerbung des patienten sei ihr ein schaden in höhe von monatlich 2.000 € entstanden, den sie für die monate januar bis april 2021 widerklagend einfordere. 49mit urteil vom 16.09.2021 hat das arbeitsgericht die klage abgewiesen, soweit der kläger zahlung einer nutzungsentschädigung sowie abgeltung von überstunden eingefordert hat. der kläger habe nicht vortragen können, dass die vorrausetzungen einer vertraglichen anspruchsgrundlage für die gewährung der nutzungsausfallentschädigung gegeben seien. auch schadensersatzansprüche seien nicht ersichtlich. der sachvortrag des klägers habe der darlegungs- und beweislast im überstundenprozess nicht entsprochen. abgewiesen hat das arbeitsgericht die klage auch insoweit, als der kläger zahlung des von der novembervergütung einbehaltenen betrags in höhe von 1.890 € netto einfordert, soweit die klage insoweit den betrag von 500 € überschritten hatte. die beklagte habe zurecht mit einem anspruch auf rückzahlung der für die fortbildung des klägers aufgewandten kosten aufrechnen können. der rückzahlungsanspruch ergebe sich aus § 13 av-nachtrag. an der wirksamkeit der klausel, deren voraussetzungen gegeben seien, bestünden keine zweifel. anrechnen lassen müsse sich die beklagte allerdings einen betrag in höhe von 500 €. der dem kläger gewährte und vom träger der fortbildung akzeptierte bildungsscheck reduziere die erstattungsfähigen kosten der beklagten. zuzusprechen sei der klage, soweit der kläger nachtzuschläge in höhe von 78,96 € einfordere. auch solche erschwerniszuschläge unterfielen der entgeltfortzahlungsverpflichtung. die bergehrten arbeitspapiere und das arbeitszeugnis könne der kläger ebenfalls einfordern. 50das arbeitsgericht hat der widerklage im umfang von 1.800,96 € stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. die beklagte könne auf der grundlage des § 13 av-nachträge auch die vergütungskosten während der freistellung zur teilnahme des klägers an der fortbildung verlangen. 51weitere zahlungsansprüche stünden ihr nicht zu. die urlaubsabgeltung des klägers sei nicht ohne rechtsgrund erfolgt. die beklagte sei den behauptungen des klägers nicht substantiiert entgegengetreten, bei dem ihm vom 06.01.2020 bis zum 28.01.2020 gewährten urlaub habe es sich um resturlaub aus dem kalenderjahr 2019 gehandelt. mit der gewährung des in diese zeit fallenden urlaubs habe die beklagte demgemäß nicht den erholungsurlaubsanspruch des jahres 2020 erfüllt. die auf diese zeit entfallenden 17 tage an erholungsurlaub seien von den 37 in 2020 gewährten tagen in abzug zu bringen. damit habe die beklagte den anspruch des klägers auf erholungsurlaub für das kalenderjahr 2020 in einem umfang von 20 tagen erfüllt. 10 tage seien damit noch abzugelten gewesen. damit bestünde weder ein anspruch auf rückzahlung einer rechtsgrundlos gewährten urlaubsabgeltung noch ein anspruch auf erstattung des auf 7 tage entfallenden urlaubsentgelts. der im übrigen eingeklagte schadensersatz über 8.000 € scheitere am unschlüssigem vortrag der beklagten zu einer pflichtverletzung des klägers. 52gegen das dem kläger am 08.10.2021 und der beklagten am 11.10.2021 zugestellte urteil richten sich die berufungen der parteien. der kläger hat die berufung am 29.10.2021 eingelegt und am 28.12.2021 nach verlängerung der berufungsbegründungsfrist bis zum 08.01.2022 begründet. der berufung hat sich die beklagte am 13.12.2021 angeschlossen und diese am 04.01.2022 begründet. 53der kläger begründet seine berufung unter wiederholung und vertiefung der erstinstanzlichen ausführungen und unter beantwortung der berufung der beklagten im wesentlichen wie folgt: 54das arbeitsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, sein vortrag zur gewährung einer nutzungsausfallentschädigung sei zu pauschal. kurz vor dem 16.01.2020 habe ein gespräch zwischen ihm und der geschäftsführerin der beklagten in der wohnung einer patientin stattgefunden. während des gesprächs habe die geschäftsführerin der beklagten ihm angeboten, den dienstwagen gegen zahlung einer monatlichen nutzungsentschädigung in höhe von 500,00 € zurückzugeben. dieses gespräch habe in anwesenheit zweier angehöriger der patientin stattgefunden. zuletzt habe die geschäftsführerin angeboten, 500 € monatlich zu zahlen. am 16.01.2021 habe er sodann dem mitarbeiter a. mitgeteilt, er werde den dienstwagen zu ende januar zurückgegeben und die ersatzzahlung ab februar in anspruch nehmen. das fahrzeug sei am 24.01.2020 ordnungsgemäß übergeben worden. da die geschäftsführerin nicht anwesend gewesen sei, sei ihr der schlüssel am 29.01.2021 ausgehändigt worden. 55das arbeitsgericht habe zwar die grundsätze der bestehenden darlegungs- und beweislast im überstundenprozess richtig erkannt, doch fehlerhaft angewandt. zwischen den parteien bestünde eine „dienstvereinbarung über arbeitszeitkonten“. dadurch habe sich die beklagte verpflichtet, ein arbeitszeitkonto mittels eines elektronischen arbeitszeiterfassungssystems zu führen. die erfassung der arbeitszeiten habe die beklagte entsprechend der regelung in § 4 dieser dienstvereinbarung auf ihn – den kläger – delegiert. am ende eines jeden monats habe er dem mitarbeiter a. seine aufzeichnungen übergeben. bis april 2020 habe dieser mitarbeiter die übermittelten angaben in das arbeitszeitkonto eingetragen. die von ihm im rahmen des prozesses vorgelegten ausdrucke seien solche aus dem arbeitszeiterfassungssystem der beklagten. für mai bis november 2020 habe er seine aufzeichnungen ebenfalls übergeben. seiner kenntnis entziehe es sich, warum der mitarbeiter a. diese angaben nicht in das arbeitszeiterfassungssystem übertragen habe. 56einen lohnabzug im november 2020 habe die beklagte zu unrecht vorgenommen. dem stünde schon entgegen, dass es sich ausweislich der regelung in § 13 av-nachtrag bei der fortbildung zu beatmungspflege um eine pflichtfortbildung gehandelt habe. außerdem sei die klausel unangemessen benachteiligend im sinne des § 307 abs. 1 bgb und damit unwirksam. sie differenziere nicht ausreichend nach dem grund der beendigung des arbeitsverhältnisses. die beklagte könne damit weder den lohneinbehalt vornehmen noch einen betrag in höhe von 1.800,06 € an freistellungskosten von ihm zurückverlangen. die widerklage sei demgemäß in vollem umfang abzuweisen. 57zutreffend habe das arbeitsgericht die widerklage abgewiesen, soweit die beklagte rückzahlung für eine vermeintlich ohne rechtsgrund erlangte urlaubsabgeltung und gezahltes urlaubsentgelt für 7 tage sowie schadensersatz eingefordert hat. der urlaub – so seine behauptung – habe 2019 aus betrieblichen gründen nicht genommen werden können. die beklagte habe auch in ihrer berufung nicht dargelegt, wann er urlaub im kalenderjahr 2019 urlaub erhalten haben solle. aus dem elektronischen arbeitszeitkonto ergebe sich, dass ihm im jahr 2019 kein erholungsurlaub gewährt worden sei. er sei deshalb in das folgejahr übertragen worden. er habe keinen patienten der beklagten abgeworben. den geschäftsführer des von der beklagten benannten pflegdienstes kenne er nicht. die ausführungen zur schadenshöhe seien nach wie vor unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. die behauptungen im zusammenhang mit einem vermeintlichen abwerben eines patienten seien unsubstantiiert geblieben. 58der kläger beantragt, 59das urteil des arbeitsgerichts hagen vom 16.09.2021 – 1 ca 46/21 – teilweise abzuändern und die beklagte unter vollständiger abweisung deren widerklage zu verurteilen, an ihn 11.275,22 € brutto sowie weitere 1.390 € netto zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 21.01.2021 zu zahlen. 60die beklagte beantragt, 61unter zurückweisung der berufung des klägers das urteil des arbeitsgerichts hagen teilweise abzuändern und den kläger widerklagend zu verurteilen, an sie 3.076,64 € nebst 5 prozentpunkte zinsen über dem basiszinssatz seit dem 01.12.2020 sowie weitere 8.000 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 27.05.2021 zu zahlen. 62der kläger beantragt, 63die berufung der beklagten zurückzuweisen. 64die beklagte wendet sich mit ihrer berufung gegen die abweisung der widerklage. sie begründet ihre berufung und erwidert auf die klägerische berufung im wesentlichen wie folgt: 65ihr stünde ein anspruch auf rückzahlung der überzahlten urlaubsabgeltung in höhe von 2.026,08 € aus § 812 abs. 1 s. 1 bgb zu. unstreitig sei, dass dem kläger in 2020 insgesamt 37 tage urlaub gewährt worden seien. ein etwaiger anspruch des klägers auf gewährung von urlaub für das kalenderjahr 2019 sei mit ablauf des 31.12.2019 verfallen. hat sie zunächst behauptet, der kläger habe in 2019 bereits 17 tage urlaub genommen, wozu sie urlaubslisten für das kalenderjahr 2019 vorlegen könne, behauptet sie nun, der kläger sei immer wieder darauf angesprochen worden, er möge seinen jahresurlaub nehmen, andernfalls verfalle dieser. der kläger habe immer wieder mitgeteilt, er benötige keinen urlaub. das gelte auch für den dem kläger ihrerseits für die zweite, dritte und vierte woche im dezember 2019 angebotenen urlaub. sie könne demgemäß die gezahlte urlaubsabgeltung und das urlaubsentgelt für 7 tage erholungsurlaub, die dem kläger nicht zugestanden hätten, herausverlangen. 66außerdem stünde ihr ein zahlungsanspruch über 8.000 € aus § 280 abs. 1 bgb zu. der kläger habe seine pflichten im november 2020 verletzt. während seiner tätigkeit habe er den patienten c. aus d betreut. ende november 2020 sei der kläger „proaktiv“ auf den pflegedienst b zugegangen. dem dortigen geschäftsführer habe er mitgeteilt, er könne ihm einen patienten vermitteln. der ehefrau des patienten habe er dafür eine belohnung versprochen. diese habe in einer „vergünstigung“ bei der pflege bestanden. dazu habe er mit dem geschäftsführer der fa. b besondere konditionen ausgehandelt. der behandlungsvertrag des patienten c. sei nach diesem gespräch außerordentlich gekündigt worden. dies stelle einen vorsätzlichen verstoß gegen arbeitsvertragliche nebenpflichten dar. der schaden belaufe sich monatlich auf 2.000 €. dieser gewinn sei bei einer vierundzwanzigstündigen intensivpflege üblich. das arbeitsgericht hätte ihrem erstinstanzlichen vortrag nachgehen und beweis über ihre behauptung erheben müssen, der kläger habe sich bereits anlässlich der weihnachtsfeier 2019 geschäftsschädigend gegenüber einer zeugin geäußert. 67wegen des weiteren sach- und rechtsvortrags der parteien wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen ergänzend bezug genommen. 68 | 69i. die berufungen beider parteien sind nach § 64 abs. 1 arbgg statthaft und nach dem wert des jeweiligen beschwerdegegenstandes gem. § 64 abs. 2 lit. b) arbgg zulässig. der kläger hat die berufung gegen das ihm am 08.10.2021 zugestellte urteil am 29.10.2021 eingelegt und am 28.12.2021 nach verlängerung der berufungsbegründungsfrist bis zum 08.01.2022 begründet. der beklagten wurde das urteil am 10.11.2021 zugestellt. sie hat sich der berufung des klägers am 13.12.2021 angeschlossen und diese am 04.01.2022 – also innerhalb der ihr bis zum 12.02.2022 gesetzten berufungserwiderungsfrist und damit rechtzeitig gem. den §§ 64 abs. 6 arbgg; 524 abs. 2 s. 2 zpo - begründet. 70die berufung des klägers ist teilweise begründet. die berufung der beklagten ist unbegründet. 71ii. die berufung des klägers ist teilweise begründet. 721. unbegründet ist sie jedoch, soweit sie sich dagegen richtet, dass das arbeitsgericht den auf zahlung einer nutzungsentschädigung in höhe von 5.000 € gerichteten klageantrag abgewiesen hat. der kläger selbst stützt diesen anspruch ausschließlich auf eine angenommene vertragliche vereinbarung zwischen den parteien. eine solche ist nicht ersichtlich. der klägerische vortrag ist unschlüssig. 73der kläger kann den anspruch insbesondere nicht auf § 7 abs. 2 s. 2 dienstwagenvereinbarung stützen. danach wird dem arbeitnehmer für die bisherige privatnutzung eine nutzungsentschädigung in höhe der lohnsteuerrechtlichen nutzungspauschale gewährt. das wiederum setzt voraus, dass der arbeitgeber von seinem in § 7 abs. 1 dienstwagenvereinbarung geregelten widerrufsrecht gebrauch gemacht hat. 74a) der kläger hat nicht behauptet, die beklagte habe einen solchen widerruf im sinne des § 7 abs. 1 dienstwagenvereinbarung erklärt. behauptet hat er, die geschäftsführerin der beklagten habe ihm angeboten, den dienstwagen gegen zahlung der monatlichen nutzungsentschädigung zurückzugeben. das berufungsgericht versteht dies dahingehend, der kläger wolle behaupten, die geschäftsführerin der beklagten habe ihm ein angebot dahingehend unterbreitet, trotz des nicht erfolgten widerrufs der fahrzeugüberlassung eine nutzungsentschädigung zu zahlen, sofern er das fahrzeug zurückgebe. 75b) das so vom kläger behauptete angebot im sinne des § 145 bgb soll nach den in der berufung ergänzend vorgetragenen behauptungen des klägers während eines gesprächs der parteien in der wohnung einer patientin in anwesenheit zweier angehöriger erfolgt sein. dieses gespräch soll kurz vor dem 16.01.2020 stattgefunden haben. die geschäftsführerin habe ihm angeboten, 500 € monatlich zu zahlen. 76c) nach den weiteren behauptungen des klägers habe er sodann dem mitarbeiter a. der beklagten am 16.01.2020 telefonisch mitgeteilt, er werde den dienstwagen zu ende januar zurückgegeben und die ersatzzahlung ab februar in anspruch nehmen. danach hat der kläger die annahme des behaupteten angebots der beklagten also nicht unmittelbar während des gesprächs in anwesenheit der patientin und zweier angehöriger erklärt, sondern erst am 16.01.2020 telefonisch gegenüber einem mitarbeiter der beklagten. 77d) ein angebot unter anwesenden kann nach § 147 abs. 1 s. 1 bgb allerdings nur sofort angenommen werden. das ist nach den – als zutreffend unterstellten - behauptungen des klägers indes nicht geschehen. nach § 147 bgb erlischt ein angebot, wenn es nicht nach den §§ 147 ff bgb rechtzeitig angenommen wird. mangels sofortiger annahme des vom kläger behaupteten angebots der beklagten „kurz vor dem 16.01.2020“ wäre dieses angebot nach § 146 bgb erloschen. 78e) die verspätet erklärte annahme des behaupteten angebots der geschäftsführerin der beklagten, die der kläger gegenüber dem mitarbeiter a. am 16.01.2020 telefonisch abgegeben haben will, gilt nach § 150 abs. 1 bgb als neuer antrag. doch lassen sich dem sachvortrag des klägers keine weiteren behauptungen entnehmen, dass die annahme dieses neuen angebot des klägers von der beklagten erklärt worden ist. eine annahmeerklärung des mitarbeiters a. wird vom kläger nicht behauptet. auch fehlen behauptungen zur vertretungsmacht dieses mitarbeiters i.s.d. § 164 abs. 1 bgb. soweit der kläger behauptet, der schlüssel des dienstfahrzeugs sei der geschäftsführerin am 29.01.2020 ausgehändigt worden, lässt sich auch dem nicht entnehmen, dass das angebot des klägers auf abschluss einer nutzungsentschädigungsvereinbarung angenommen worden sein könnte. will der kläger vortragen, dass in der behaupteten annahme des schlüssels durch die geschäftsführerin eine konkludente annahme eines möglichen angebots vom 16.01.2020 zu sehen sei, wäre auch dieses angebot verspätet angenommen worden. denn auch das angebot vom 16.01.2020 hätte sofort angenommen werden müssen. dies gilt nämlich nach § 147 abs. 1 s. 2 bgb auch für solche angebote, die mittels fernsprechers von person zu person gemacht worden sind. 79f) damit lässt sich dem unstreitigen sachvortrag und den – als richtig unterstellten – behauptungen des klägers nicht schlüssig entnehmen, dass zwischen den parteien eine vereinbarung über die gewährung einer nutzungsausfallentschädigung zustande gekommen ist. da der kläger bereits den grund des anspruchs nicht schlüssig vorgetragen hat, musste sich das berufungsgericht nicht mit der frage befassen, ob dies jedenfalls für die höhe des anspruchs gilt. die kammer konnte auch offenlassen, ob der anspruch des klägers – zumindest teilweise – verfallen ist, weil er vom kläger nicht innerhalb der sechsmonatigen verfallfrist des § 12 arbeitsvertrag geltend gemacht worden ist. 802. die berufung des klägers hat erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das arbeitsgericht die klage im hinblick auf geltend gemachte überstunden abgewiesen hat. dem kläger steht gegen die beklagte ein anspruch auf zahlung einer überstundenvergütung für 334,5 überstunden zu je 18,76 € in höhe von insgesamt 6.275,22 € brutto aus § 611a abs. 2 bgb i.v.m. dem arbeitsvertrag der parteien und § 5 abs. 2 dienstvereinbarung arbeitszeitkonten zu. 81a) die parteien haben in § 5 abs. 1 dienstvereinbarung arbeitszeitkonten ausdrücklich geregelt, dass überstunden unter dort näher genannten voraussetzungen auszuzahlen sind. sie haben damit eine arbeitsvertragliche vereinbarung zur abgeltung von überstunden herbeigefügt, so dass die regelung in § 612 bgb nicht mehr zu bemühen war. 82b) die vereinbarung eines arbeitszeitkontos, das der erfassung von überstunden diente, gilt zweitinstanzlich als unbestritten. zwar hat die beklage erstinstanzlich behauptet, eine elektronische zeiterfassung habe nicht bestanden. den zweitinstanzlichen behauptungen des klägers zur verpflichtenden führung eines arbeitszeitkontos, die der kläger unter vorlage einer von den parteien unter dem 13.05.2019 unterzeichneten „dienstvereinbarung über arbeitszeitkonten“ vorgetragen hat, ist die beklagte aber nicht mehr entgegengetreten. 83damit steht für das berufungsgericht fest, dass die beklagte – wie es § 4 dienstvereinbarung über arbeitszeitkonten vorsah und möglich machte – die erfassung der arbeitszeit auf den kläger delegierte, dieser die arbeitszeit auf stundenzetteln erfasste und sodann von der pflegedienstleitung oder geschäftsleitung in die arbeitszeitaufzeichnung übernehmen ließ. der kläger hat in diesem zusammenhang bereits erstinstanzlich unter vorlage von auszügen aus der arbeitszeiterfassung und von stundenzetteln zu geleisteten überstunden vorgetragen, ohne dass sich die beklagte dazu über ein bloßes bestreiten hinaus qualifiziert erklärt hätte. zweitinstanzlich hat der kläger diese behauptungen durch vorlage der „dienstvereinbarung über arbeitszeitkonten“ und weitere unterlagen konkretisiert. zu diesem vortrag hat sich die beklagte zweitinstanzlich nicht mehr erklärt. die behauptungen des klägers gelten damit nach § 138 abs. 3 zpo mangels ausdrücklichen bestreitens als zugestanden. 84b) damit ist der kläger seiner darlegungslast zu überstunden, die noch nicht vergütet worden sind, zumindest zweitinstanzlich ausreichend nachgekommen. einen arbeitnehmer, der eine vergütung von überstunden begehrt, trifft die darlegungs- und beweislast sowohl für geleisteten arbeitsstunden über die vereinbarte normalarbeitszeit hinaus als auch dafür, dass die überstunden vom arbeitgeber veranlasst worden oder diesem jedenfalls zuzurechnen sind (bag, 21.12.2016 - 5 azr 363/16; 10.04.2013 - 5 azr 122/12 - rn 9, 13 ff). 85aa) der kläger hat schlüssig dargelegt, dass sich der stand seines arbeitszeitkontos im zeitpunkt der beendigung des arbeitsverhältnisses auf 334,5 stunden belief. für den schlüssigen sachvortrag des klägers ist es ausreichend, dass er die vereinbarung eines arbeitszeitkontos und das bestehen eines guthabens zum vereinbarten auszahlungszeitpunkt darlegt. buchungen auf einem arbeitszeitkonto sind zwar keine rechtsgeschäftlichen erklärungen, sondern lediglich tatsächliche handlungen im sinne von wissenserklärungen. doch stellt der arbeitgeber mit der vorbehaltlosen ausweisung von guthabenstunden in einem arbeitszeitkonto dessen saldo streitlos und bringt damit zum ausdruck, dass bestimmte arbeitsstunden tatsächlich und mit seiner billigung geleistet wurden (vgl. bag 26.06.2019 – 5 azr 452/18; 23.09.2015 - 5 azr 767/13). 86bb) der schlüssigkeit des klägerischen vortrags steht nicht entgegen, dass nicht sämtliche der 334,5 zur abgeltung eingeklagten überstunden in das arbeitszeitkonto eingestellt worden waren. so hat die beklagte die vom kläger auf einem dafür vorgesehenen muster handschriftlich erfassten arbeitszeiten nur bis april 2020 in das arbeitszeitkonto übertragen und sodann lediglich die vom kläger erfassten arbeitszeiten entgegengenommen. § 4 abs. 3 dienstvereinbarung über ein arbeitszeitkonto legt fest, dass die vom arbeitnehmer auf einem stundenzettel erfassten arbeitszeiten durch die pflegedienstleitung, die geschäftsführung oder eine entsprechend beauftragte person in die arbeitszeitaufzeichnung zu übernehmen sind. es lag damit im verantwortungs- und pflichtenkreis der beklagten, nach hereingabe der stundenzettel eine übernahme in die arbeitszeitaufzeichnung durchzuführen. kommt sie dem nicht nach, obwohl der kläger seinerseits alle arbeitsvertraglichen verpflichtungen erfüllt hat, kann sie sich darauf nach § 162 abs. 1 bgb nicht berufen. 87nach § 162 abs. 1 bgb gilt eine bedingung dann als eingetreten, wenn sie von der person wider treu und glauben vereitelt wird, zu deren nachteil der bedingungseintritt gereichen würde. nach diesem rechtssatz, der § 242 bgb entspringt, handelt wider treu und glauben, wer sich anders verhält, als es im hinblick auf eintritt und nichteintritt der bedingung sinn und zweck des rechtsgeschäfts entspricht (jauernig-mansel, bgb, 18. aufl. 2021, § 162 rn. 3). der kläger musste sich darauf verlassen können, dass die beklagte ihren arbeitsvertraglichen verpflichtungen nachkommt und die in ihrem verantwortungsbereich liegende übertragung der vom kläger erfassten arbeitszeiten vornimmt. rechtsfolge des § 161 bgb ist die fiktion des bedingungseintritts, hier also die annahme, dass eine übertragung der vom kläger aufgelisteten arbeitsstunden in das arbeitszeitkonto erfolgt ist. für diese fingiert erfassten arbeitsstunden greifen dieselben darlegungsgrundsätze wie für diejenigen stunden, die die beklagte dem arbeitszeitkonto bis april 2020 zugeführt hat. 88cc) dem so schlüssig dargelegten umfang offener überstunden am ende des arbeitsverhältnisses ist die beklagte ihrerseits nicht mit substantiiertem und schlüssigem vortrag entgegengetreten. so ist insbesondere der erfolgte verweis auf die in dienstplänen festgelegten arbeitszeiten unbehelflich. darin dokumentieren sich lediglich die soll-, nicht aber die ist-arbeitszeiten der betroffenen arbeitnehmerinnen und arbeitnehmer, also diejenigen arbeitszeiten, die abweichend geplanter dienste tatsächlich erbracht worden sind. 89c) die beklagte kann nicht einwenden, die abgeltung der auf dem arbeitszeitkonto ausgewiesenen überstunden sei nach § 12 arbeitsvertrag – zumindest teilweise – verfallen, weil sie nicht vom kläger innerhalb der dort genannten verfallfristen geltend gemacht worden ist. werden überstunden in einem arbeitszeitkonto vorbehaltlos ausgewiesen, ist der zweck der geltendmachung – ähnlich der vorbehaltlosen ausweisung einer vergütungsforderung in einer lohnabrechnung – erreicht (bag 23.09.2015 -5 azr 767/13). der kläger war daher nicht mehr angehalten, die von der beklagten durch ausweisung des arbeitszeitkontos bereits streitlos gestellten guthaben erneut geltend zu machen. 903. das arbeitsgerichtliche urteil war abzuändern, soweit es den auf zahlung eines betrages in höhe von 1.890 € netto geltend gemachten zahlungsantrag nur in einem umfang von 500,00 € netto zugesprochen und im übrigen abgewiesen hat. der kläger kann von der beklagten zahlung des im november 2020 einbehaltenen betrages in vollständiger höhe aus § 611a abs. 2 bgb i.v.m. dem arbeitsvertrag verlangen. 91der zwischen den parteien dem grunde nach nicht im streite stehende teilvergütungsanspruch des klägers ist nicht durch aufrechnung der beklagten mit einem gegenanspruch nach § 389 bgb erloschen. der beklagten steht kein anspruch gegen den kläger in dieser höhe zu, mit dem sie die aufrechnung mit erfüllungswirkung erklärt hätte. insbesondere steht der beklagten kein anspruch auf rückzahlung der kosten für die fortbildung zu, die der kläger in den monaten august bis november 2020 bei einer freistellung unter vergütungsfortzahlung mit dem fortbildungsziel „pflegeexperte für die außerklinische beatmungspflege“ durchgeführt hat. die beklagte kann diesen anspruch nicht auf eine rechtswirksame anspruchsgrundlage stützen, insbesondere nicht auf § 13 av-nachträge. die rückzahlungsklausel in dieser vertraglichen bestimmung benachteiligt den kläger unangemessen i.s.d. § 307 abs. 1 s. 1 bgb und ist demgemäß unwirksam. 92a) § 13 av-nachtrag stellt eine allgemeine geschäftsbedingung i.s.d. §§ 305, 310 abs. 3 ziff. 1 bgb dar. sowohl der arbeitsvertrag als auch dessen nachträge wurden dem kläger von der beklagte vorformuliert vorgelegt. sie gelten damit bereits nach § 310 abs. 3 ziff. 1 bgb als allgemeine geschäftsbedingungen. 93die bestimmung verpflichtet den kläger zur rückzahlung der für die dauer der fortbildungsmaßnahme empfangenen bezüge und der vom dem arbeitgeber übernommenen kosten der fortbildungsmaßname, „wenn er das arbeitsverhältnis selbst kündigt oder wenn das arbeitsverhältnis vom arbeitgeber aus einem grund gekündigt wird, den der arbeitnehmer zu vertreten hat.“ eine rückzahlungsverpflichtung des klägers besteht nicht, würde der arbeitgeber das arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten gründen kündigen. 94aa) die rückzahlungsklausel in § 13 av-nachtrag unterliegt mit diesem inhalt einer angemessenheits- und transparenzkontrolle i.s.d. §§ 307 abs. 1 s. 1 und 2 bgb. eine solche findet nach § 308 abs. 3 s. 1 bgb nur bei solchen allgemeinen geschäftsbedingungen statt, durch die von rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende regelungen vereinbart werden. dazu zählen alle gesetze im materiellen sinne, ebenso wie richterrechtlich entwickelte rechtsgrundsätze (grüneberg/grüneberg, bgb, 81. aufl. 2022, § 307 rn. 51) und auch solche regelungen, die die umstände des vom verwender gemachten hauptleistungsversprechens ausgestalten (bag 11.12.2018 – 9 azr 383/18; 18.03.2014 - 9 azr 545/12; 13.12.2011 - 3 azr 791/09; lag hamm 29.01.2021 - 1 sa 954/20). eine solche ausgestaltung des hauptleistungsversprechens legt § 13 av-nachtrag fest. dort wird geregelt, unter welchen voraussetzungen eine rückzahlung der fortbildungskosten in betracht kommt, zu deren zahlung der kläger sich synallagmatisch verpflichtet hatte. 95ferner wird durch den ausgelösten bleibedruck eine von der arbeitsplatzbezogenen berufswahlfreiheit des arbeitnehmers aus art. 12 abs. 1, 2 gg und damit eine von rechtsvorschriften abweichende bestimmung getroffen (vgl. bag 11.12.2018 – 9 azr 383/18; 18.11.2008 - 3 azr 192/07; 23.01.2007 - 9 azr 482/06; 11.04.2006 - 9 azr 610/05; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 29.01.2021 - 1 sa 954/20; 18.05.2018 - 1 sa. 49/18; 10.09.2010 – 7 sa 633/10). 96bb) § 13 av-nachtrag benachteiligt dem kläger gem. § 307 abs. 1 s. 1 bgb entgegen den geboten von treu und glauben unangemessen. die klausel ist daher unwirksam und entfällt ersatzlos. sie ist auch nicht im wege der ergänzenden vertragsauslegung mit einem zulässigen inhalt aufrechtzuerhalten. 97(1) nach ständiger arbeitsgerichtlicher rechtsprechung müssen sich rückzahlungsklauseln, die als allgemeine geschäftsbedingungen formuliert sind, nach § 307 abs. 1 s. 1 bgb daran messen lassen, ob sie den arbeitnehmer als vertragspartner des verwenders unangemessen benachteiligen. dabei sind die im arbeitsrecht geltenden besonderheiten nach § 310 abs. 4 s. 2 bgb angemessen zu berücksichtigen (vgl. nur bag 18.03.2014 - 9 azr 545/12; 21.08.2012 - 3 azr 698/10; 18.11.2008 - 3 azr 192/07; 23.01.2007 - 9 azr 482/06; 11.04.2001 - 9 azr 610/05; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 29.01.2021 - 1 sa 954/20; 18.05.2018 - 1 sa. 49/18; 09.03.2012 - 7 sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 sa 1386/10; 10.09.2010 - 7 sa 633/10; lag nürnberg 26.03.2021 - 8 sa 412/20; schrade, festschrift ingrid schmidt, 2021, s. 895, 897; hoffmann, nza-rr 2015, 337, 338; meier/mosig, nza 2008, 1168, 1169; düwell/ebeling, db 2008, 406; schmidt, nza 2004, 1002). 98vorformulierte rückforderungsklauseln sind nach § 307 abs. 1 satz 1 bgb dann unangemessen, wenn der verwender durch einseitige vertragsgestaltung missbräuchlich eigene interessen auf kosten seines vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen belange hinreichend zu beachten und ihm einen angemessenen ausgleich zu gewähren (bag 18.03.2008 - 9 azr 186/07; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 21.01.2021 – 1 sa 954/20; 18.05.2018 - 1 sa. 49/18). um festzustellen, ob eine unangemessene benachteiligung gegeben ist, sind die rechtlich anzuerkennenden interessen der vertragspartner wechselseitig zu berücksichtigen und zu bewerten. dabei ist ein genereller und typisierender maßstab anzulegen, der vom einzelfall losgelöst ist. unter berücksichtigung der beteiligten verkehrskreise sind art, gegenstand, zweck und besondere eigenart des geschäfts zu berücksichtigen (bag 27.7.2010 - 3 azr 777/08; 18.03.2008 - 9 azr 186/07; 11.04.2006 - 9 azr 610/05; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 29.01.2021 – 1 sa 954/20; 18.05.2018 - 1 sa. 49/18). 99zwar sind einzelvertragliche vereinbarungen, die den arbeitnehmer zu einer beteiligung an den kosten einer vom arbeitgeber finanzierten fortbildung für den fall verpflichten, dass er aus dem arbeitsverhältnis ausscheidet, grundsätzlich zulässig (bag 18.03.2008 - 9 azr 186/07; 11.04.2006 - 9 azr 610/05; 24.06.2004 - 6 azr 383/03; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 29.01.2021 - 1 sa 954/20; 18.05.2018 - 1 sa. 49/18; 09.03.2012 - 7 sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 sa 1386/10; lag nürnberg 26.03.2021 – 8 sa 412/20). unwirksam sind sie dann, wenn die grundgesetzlich über art. 12 abs. 1 s. 1 gg garantierte arbeitsplatzbezogene berufswahlfreiheit des arbeitnehmers unzulässig eingeschränkt wird. das ist nur dann nicht der fall, wenn die rückzahlungsverpflichtung bei verständiger betrachtung einerseits einem billigenswerten interesse des arbeitgebers entspricht und andererseits der arbeitnehmer mit der fortbildungsmaßnahme eine angemessene gegenleistung für die rückzahlungsverpflichtung erhält. dabei sind die für den arbeitnehmer zumutbaren bindungen anhand einer unter berücksichtigung des verhältnismäßigkeitsprinzips erfolgenden güter- und interessenabwägung zu ermitteln (bag 11.04.2006 - 9 azr 610/05; 19.02.2004 – 6 azr 552/02; 05.12.2002 - 6 azr 539/01; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 29.01.2021 - 1 sa 954/20; 18.05.2018 - 1 sa. 49/18; 09.03.2012 - 7 sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 sa 1386/10). 100auf seiten des arbeitgebers ist zunächst das interesse beachtenswert, eine vom arbeitnehmer erworbene und von ihm – dem arbeitgeber – finanzierte qualifikation grundsätzlich für seinen betrieb nutzen zu können (erf-kom.-preis, 22. aufl. 2022, § 611a bgb rn. 438). dies lässt es berechtigt erscheinen, einen auf kosten des arbeitgebers fortgebildeten arbeitnehmer im falle eines ausscheidens aus dem betrieb an den kosten zu beteiligen (bag 11.04.2006 - 9 azr 610/05; 19.02.2004 - 6 azr 552/02). dem steht das interesse des arbeitnehmers gegenüber, seinen arbeitsplatz frei wählen zu können, ohne mit der last einer kostenerstattung konfrontiert zu sein. im vordergrund des abwägungsprozesses befindet sich der umstand, ob der arbeitnehmer mit der ausbildung einen geldwerten vorteil erlangt, der über die sonstigen wechselseitigen arbeitsvertraglichen verpflichtungen hinausgeht (vgl. nur bag 11.04.2006 - 9 azr 610/05; 19.02.2004 – 6 azr 552/02; 16.03.1994 - 5 azr 339/92; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 21.01.2021 – 1 sa 954/20; 18.05.2018 – 1 sa 49/18; 09.03.2012 - 7 sa 1500/11; 14.01.2011 - 7 sa 1386/10). 101(2) es mag offen bleiben, ob dem kläger mit der zwölftägigen fortbildung zum „pflegexperten für die außerklinische beatmungspflege“ ein geldwerter vorteil zugekommen ist, an den überhaupt eine rückforderungsverpflichtung geknüpft werden kann. dagegen spricht, dass es sich um eine fortbildung zu handeln scheint, die durchgeführt werden muss, damit die beklagte ihren pflegerischen verpflichtungen gegenüber ihren patienten mit den so geschulten arbeitnehmern überhaupt erfüllen kann. so legt jedenfalls § 13 abs. 1 av-nachtrag fest, dass ein „grundkurs pflegefachkraft beatmungspflege“ zu absolvieren ist, falls eine solche fortbildung noch nicht abgeschlossen worden war. 102(3) die klausel ist jedenfalls deshalb unangemessen benachteiligend, weil sie unter berücksichtigung des generellen und typisierenden maßstabs, der im rahmen der angemessenheitskontrolle allgemeiner geschäftsbedingungen anzulegen ist (bag 11.12.2018 – 9 azr 383/18; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 29.01.2021 – 1 sa 954/20; 18.05.2018 – 1 sa 49/18), nicht ausreichend nach dem grund für eine beendigung des arbeitsverhältnisses differenziert. 103so ist höchstrichterlich entschieden, dass es nicht zulässig ist, eine rückzahlungspflicht einschränkungslos an das ausscheiden aufgrund einer eigenkündigung des arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten bindungsfrist zu knüpfen. es bedarf vielmehr einer nach dem grund des vorzeitigen ausscheidens differenzierten betrachtung (bag 11.12.2018 – 9 azr 383/18; 28.05.2013 – 3 azr 103/12; 11.04.2006 - 9 azr 610; vgl. auch lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21). dabei lässt sich die arbeitsgerichtliche rechtsprechung davon leiten, dass eine rückzahlungsklausel nur dann ausgewogen ist, wenn es der arbeitnehmer selbst in der hand hat, der rückzahlungsverpflichtung durch eigene betriebstreue zu entgehen. damit wird der risikoverteilung zwischen arbeitnehmer und arbeitgeber entsprochen. so ist es der arbeitgeber, der verluste aufgrund von investitionen trägt, die nachträglich wertlos werden. müsste der arbeitnehmer die in seine aus- und weiterbildung investierten betriebsausgaben auch dann zurückzahlen, wenn die ursachen einer vorzeitigen beendigung des arbeitsverhältnisses alleine dem verantwortungs- und risikobereich des arbeitgebers entstammen, hätte es der arbeitgeber entgegen der das arbeitsrecht prägenden risikoverteilung in der hand, den arbeitnehmer mit den kosten einer fehlgeschlagenen investition zu belasten. eine solche klausel würde den arbeitnehmer mangels ausreichender beachtung der wechselseitigen interessen unangemessen im sinne des § 307 abs. 1 bgb benachteiligen (vgl. bag 18.03.2014 – 9 azr 545/12; 28.05.2013 – 3 azr 103/12; 13.12.2011 - 3 azr 791/09; 24.06.2004 - 6 azr 383/03; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 21.01.2021 – 1 sa 954/20; 18.05.2018 – 1 sa 49/18; hessisches lag 20.10.2010 – 19 sa 329/10). 104zwar nimmt § 13 av-nachtrag eine differenzierung vor. doch ist die vorgenommene differenzierung unzureichend. denn der kläger bleibt uneingeschränkt zur rückzahlung verpflichtet, wenn „er das arbeitsverhältnis selbst kündigt“. der kläger müsste damit aus- und fortbildungskosten auch dann tragen, wenn die gründe für die vorzeitige beendigung des arbeitsverhältnisses ausschließlich dem verantwortungs- und risikobereich der beklagten zuzurechnen wären. eine vertragsklausel, die auch für einen solchen fall eine rückzahlungspflicht vorsieht, berücksichtigt nicht die wechselseitig anzuerkennenden interessen beider vertragspartner, sondern einseitig diejenigen des arbeitgebers. das bundesarbeitsgericht nimmt überzeugend an, dass eine rückzahlungsklausel unwirksam ist, die den arbeitnehmer „im falle einer selbst ausgesprochenen kündigung auch dann mit den ausbildungskosten belastet, wenn er sich wegen eines fehlverhaltens des arbeitgebers als zur eigenkündigung berechtigt ansehen darf“ (bag 13.12.2011 – 3 azr 791/09 rn. 27) oder aber dazu „vom arbeitgeber veranlasst wurde“ (bag 13.12.2011 – 3 azr 791/09 rn. 20; vgl. auch lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21). die rückzahlungsklausel in § 13 av-nachtrag berücksichtigt daher nicht die im arbeitsleben übliche risikoverteilung zwischen arbeitgeber und arbeitnehmer, bevorzugt einseitig die interessen der beklagten und benachteiligt damit den kläger unangemessen (vgl. bag 13.12.2011 - 3 azr 791/09; 24.06.2004 - 6 azr 383/03; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21). die klausel ist demgemäß nach § 307 abs. 1 s. 1 bgb unwirksam und kann der beklagten nicht als anspruchsgrundlage dienen. 105b) § 13 av-nachtrag kann auch nicht mit einem rechtlich haltbaren inhalt bestand haben. eine geltungserhaltende reduktion allgemeiner geschäftsbedingungen ist nicht möglich (bag 11.12.2018 – 9 azr 383/18; 28.05.2013 – 3 azr 103/12; 13.12.2011 - 3 azr 791/09; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 29.01.2021 – 1 sa 954/20; 18.05.2018 – 1 sa 49/18; wisskirchen/block, in: tschöpe, arbeitsrecht handbuch, 11. aufl. 2019, arbeitsvertrag und agb-kontrolle, rn. 118b). 106c) die beklagte kann ihren anspruch auf erstattung der fortbildungskosten auch nicht auf die §§ 812 abs. 1 satz 1, 818 abs. 2 bgb stützen. der kläger hat die fortbildung nicht ohne rechtlichen grund erlangt, sondern auf basis der - mit ausnahme der rückzahlungsklausel - wirksamen arbeitsvertraglichen vereinbarung der parteien über die durchführung der fortbildung (vgl. bag 06.08.2013 - 9 azr 442/12; 21. 08. 2012 - 3 azr 698/10; lag hamm 11.02.2022 - 1 sa 648/21; 21.01.2021 – 1 sa 954/20; 18.05.2018 – 1 sa 49/18; staudinger/richardi/fischinger (2020) bgb § 611a, rn. 1581). 107d) mangels anspruchsgrundlage ging die in der lohnabrechnung für november 2020 als lohneinbehalt i.s.d. § 388 bgb konkludent erklärte aufrechnung der beklagen über den gesamten betrag in höhe von 1.890 € netto ins leere. erfüllungswirkung kam der aufrechnung damit nicht zu. die beklagte bleibt zur zahlung des noch offenen teil-vergütungsanspruchs für november 2020 verpflichtet. das arbeitsgericht hat der klage hinsichtlich dieses streitgegenstands nur in höhe von 500,00 € netto stattgegeben. das urteil war deshalb insoweit abzuändern und ein weiterer betrag von 1.390 € netto zuzusprechen. 1084. die berufung des kläger ist begründet, soweit er mit ihr die abweisung der widerklage verfolgt und sich dagegen wendet, an die beklagte 1.800,96 € zahlen zu sollen. aus den bereits dargestellten gründen hat das arbeitsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, der beklagten stünde, gestützt auf § 13 av-nachtrag, ein anspruch auf rückzahlung der fortbildungskosten zu. damit fehlt es auch an einer anspruchsgrundlage für die rückzahlung der für die dauer von 12 fortbildungstagen erfolgten vergütungszahlung. 1095. soweit zinsen zugesprochen worden sind, beruht dies auf den §§ 286 abs. 1, abs. 2 nr. 1, 291, 288 abs. 1 bgb. 110iii. die berufung der beklagten ist unbegründet. 1111. der beklagten steht gegen den kläger kein anspruch auf zahlung in höhe von 2.026,08 € aus § 812 abs. 1 s. 1 bgb zu. dem kläger stand gegen die beklagte ein anspruch auf abgeltung von 20 urlaubstagen zu, den die beklagte mit der abrechnung für november 2020 zur auszahlung gebracht hat. den betrag über 2.026,08 € hat der kläger damit nicht ohne rechtsgrund i.s.d. § 812 abs. 1 s. 1 bgb erlangt. das arbeitsgericht hat die widerklage insoweit zu recht abgewiesen. 112a) zwischen den parteien ist nicht im streit, dass dem kläger im kalenderjahr 2020 insgesamt 37 urlaubstage während verschiedener zeiträume von der beklagten gewährt worden sind. damit hat die beklagte den offenen urlaubsanspruch des klägers aus dem kalenderjahr 2019 und 2020 nicht in vollem umfang erfüllt. sie war demgemäß zur abgeltung von 10 urlaubstagen verpflichtet. 113im kalenderjahr 2019 wurde dem kläger kein urlaub bewilligt. der urlaub des jahres 2019 ist nicht mit ablauf des 31.12.2019 untergegangen. mit dem urlaub vom 06.01.2020 bis zum 28.01.2020, der dem kläger gewährt worden ist, wurde ein solcher erfüllt, der in 2019 entstanden war. 114so hat die beklagte nicht ausreichend vorgetragen, dass sie ihren arbeitgeberseitigen verpflichtungen nachgekommen ist, dem kläger eine verwirklichung seines urlaubs in 2019 zu ermöglichen. dabei musste das berufungsgericht die zweitinstanzlich wenige tage vor schluss der mündlichen verhandlung erstmals vorgetragene behauptung der beklagten nicht aufklären, sie habe den kläger in 2019 immer wieder darauf angesprochen, ihm resturlaub zu gewähren, der andernfalls verfallen würde. diese behauptung der beklagten ist nicht nur gänzlich ohne substanz zu ort, zeit und näheren umständen der behaupteten urlaubsgewährung für 2019. sie steht ferner in widerspruch zu deren bisherigen erst- und zweitinstanzlichen behauptungen. so hat die beklagte erstinstanzlich und auch zu beginn in der berufungsinstanz gegensätzlich vorgetragen und behauptet, dem kläger sei im kalenderjahr 2019 ein dreiwöchiger urlaub gewährt worden, was sie durch vorlage von urlaubslisten belegen könne. gründe für den nunmehrigen vortragswechsel trägt sie nicht vor. widersprüchlich mutet es ferner an, ergänzt die beklagte ihre behauptungen dahingehend, der kläger, den sie immer wieder auf die urlaubsnahme angesprochen haben will, habe einen dreiwöchigen urlaub im dezember 2019 abgelehnt, weil er eben keinen urlaub benötige. warum der kläger dann aber gleichwohl im januar 2020 und damit nur wenige wochen später unstreitig genau einen solchen urlaub in anspruch genommen hat, ist nicht erklärlich. darüber hinaus ist die beklagte bis zur aufnahme dieses rechtsstreits davon ausgegangen, dem kläger stünde ein abgeltungsanspruch zu, den sie zu erfüllen habe und auch durch zahlung im november 2020 erfüllt hat. eigenes verhalten der beklagten, deren bisherige behauptungen und der nunmehriger vortragswechsel stehen in einem derartigen widerspruch, dass sich die zuletzt vorgetragenen behauptungen als verstoß gegen die eine jede partei nach § 138 abs. 1 zpo treffende verpflichtung zu vollständigem und wahrheitsgemäßen vortrag darstellen. sie bleiben aus gründen der verletzung der wahrheitspflicht unbeachtlich. 115b) mit dem urlaub vom 06.01.2020 bis zum 28.01.2020, der dem kläger gewährt worden ist, wurde damit ein solcher erfüllt, der in 2019 entstanden war. dabei ist es unerheblich, dass es zu einer ausdrücklichen übertragungsvereinbarung zwischen den parteien nicht gekommen ist. denn einer ausdrücklichen übertragung i.s.d. § 7 abs. 3 s. 2 burlg bedurfte es nicht. 116der anspruch auf den gesetzlichen mindesturlaub gem. §§ 1, 3 abs. 1 burlg erlischt bei einer mit art. 7 der richtlinie 2003/88/eg konformen auslegung von § 7 burlg nur dann gem. § 7 abs. 3 s. 1 burlg am ende des kalenderjahres oder eines zulässigen übertragungszeitraums gem. § 7 abs. 3 s. 2, 4 burlg, wenn der arbeitgeber den arbeitnehmer zuvor in die lage versetzt hat, seinen urlaubsanspruch wahrzunehmen und der arbeitnehmer diesen urlaub dennoch aus freien stücken nicht genommen hat. den arbeitgeber trifft eine initiativlast bei der verwirklichung des urlaubsanspruchs. sollen die wirkungen des urlaubsrechtlichen fristenregimes greifen, insbesondere also der urlaub mit ablauf des 31. dezember eines kalenderjahres erlöschen, ist dafür voraussetzung, dass der arbeitgeber seinen mitwirkungsobliegenheiten nachkommt (bag 26.05.2020 - 9 azr 259/19, 19.02.2019 - 9 azr 423/16; lag rheinland-pfalz, 14.01.2021 – 5 sa 267/19). 117so ist bei einer richtlinienkonformen auslegung von § 7 abs. 1 satz 1 und abs. 3 satz 1 burlg der anwendungsbereich der fristen- und übertragungsregelung von § 7 abs. 3 satz 2 burlg auf die fälle beschränkt, in denen der arbeitgeber seinen mitwirkungsobliegenheiten isv. § 7 abs. 1 satz 1 burlg nachgekommen ist. erfüllt er seine mitwirkungsobliegenheiten nicht, ist der urlaubsanspruch für das jeweilige urlaubsjahr unabhängig vom vorliegen eines übertragungsgrundes regelmäßig nicht i.s.v. § 7 abs. 3 satz 1 burlg an das urlaubsjahr gebunden. einer übertragung auf das nächste kalenderjahr bedarf es demgemäß nicht (bag, 19.02.2019 – 9 azr 423/16). 118c) damit hat die beklagte mit der urlaubsgewährung vom 06.01.2020 bis zum 27.01.2020 urlaubsansprüche des klägers aus dem kalenderjahr 2019 erfüllt. für das kalenderjahr 2020 stand dem kläger damit der volle (vertragliche) urlaubsanspruch von 30 kalendertagen zu. gewährt hat die beklagte darauf 20 urlaubstage. die verbliebenen 10 urlaubstage waren daher – wie mit der novemberabrechnung geschehen – dem kläger nach § 7 abs. 4 burlg – abzugelten. 1192. aus vorstehenden gründen steht der beklagten auch kein rückforderungsanspruch des für 7 tage erholungsurlaubs gewährten urlaubsentgelts aus § 812 abs. 1 s. 1 bgb in höhe von 1.050,56 € zu. dem kläger stand für jeden der in 2020 gewährten urlaubstage ein urlaubsentgelt gem. § 7 abs. 1 burlg zu. die vergütungszahlung hat er deshalb nicht ohne rechtsgrund erhalten. 1203. zu recht hat das arbeitsgericht den auf zahlung eines schadensersatzes in höhe von 8.000 € gerichteten widerklageantrag der beklagte aus den §§ 241 abs. 2, 280, 282 bgb, 826 bgb abgewiesen. 121a) die beklagte ist für die anspruchsbegründenden tatsachen der haftungsbegründenden kausalität einer etwaigen vertraglichen oder deliktischen pflichtverletzung des klägers darlegungs- und beweispflichtig. ihr erstinstanzlicher vortrag beschränkt sich auf die behauptung, der kläger habe während seiner tätigkeit den pflegedienst b eingeschaltet, damit der patient c. betreut werde. er habe die ehefrau des patienten mit vergünstigungen gelockt und sich bereits anlässlich der weihnachtsfeier 2019 dahingehend erklärt, er wolle sie – die beklagte - vernichten. zweitinstanzlich hat die beklage dies dahingehend ergänzt, der kläger sei ende november 2020 „proaktiv“ auf den pflegedienst b zugegangen und habe mitgeteilt, er könne ihm einen patienten vermitteln. der ehefrau des patienten sei eine vergünstigung in der pflege versprochen worden. das arbeitsgericht hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der erstinstanzliche sachvortrag mangels ausreichender substantiierung zum schadensgrund und auch zur schadenshöhe einer zeugenvernehmung nicht zugänglich war, ohne eine unzulässige ausforschung zu betreiben, die mit dem die zivil- und arbeitsgerichtliche auseinandersetzung beherrschenden beibringungsgrundsatz nicht vereinbar ist. auf die gründe der arbeitsgerichtlichen entscheidung wird entsprechend § 69 abs. 2 arbgg bezug genommen. 122b) die beklagte trifft nach § 138 abs. 1 zpo die pflicht zum vollständigen vortrag. sie darf demgemäß keine in ihre darlegungslast fallenden tatsachen unterdrücken. zugleich ist sie nicht etwa angehalten, den streitigen lebensvorgang von vornherein in allen einzelheiten wiederzugeben. für die schlüssigkeit des klägerischen vortrags ist die wiedergabe der tatsächlichen umstände ausreichend, aus denen sich die gesetzlichen voraussetzungen der begehrten rechtsfolge ergeben. soweit dem entsprochen ist, trifft wiederum den gegner die erklärungslast, die wiederum eine substantiierungslast des darlegungspflichtigen auslöst ((zöller-greger, zpo, 34. aufl. 2022, § 138 rn. 7b). der kläger hat die sehr pauschal gehaltenen behauptungen der beklagten seinerseits bestritten. zweitinstanzlich hat die beklagte ihren vortrag nicht weiter substantiiert und ist dabei geblieben, ein „proaktives zugehen“ auf den geschäftsführer eines weiteren pflegedienstes zu behaupten, ohne dies nach zeit, ort und näheren umständen des geschehens oder dem inhalt behaupteter erklärungen und den umständen eigenen erfahrens näher darzulegen. ihren prozessualen verpflichtungen zu einem nach näheren umständen vollständigen vortrag ist die beklagte damit nicht nachgekommen. 123iv. die kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 abs. 1, 92 abs. 1 zpo. der gebührenstreitwert des arbeitsgerichtlichen urteils belief sich auf 30.621,97 €. der kläger unterlag erstinstanzlich hinsichtlich der eingeforderten nutzungsausfallentschädigung in höhe von 5.000 € und hat die darauf anteilig entfallenden kosten zu tragen. die auf einen streitwert von 25.621,97 € entfallenden kosten hat die beklagte infolge ihres unterliegens und der teilrücknahme ihrer widerklage zu tragen. die kosten erster instanz waren damit dem kläger zu 16 % und der beklagten zu 84 % aufzuerlegen. der streitwert für das berufungsverfahren beträgt unter berücksichtigung der nicht mehr in die berufung gelangten streitgegenstände 25.542,82 €. der kläger unterliegt zweitinstanzlich in einem umfang von 5.000 €. dies führt zu einer kostenlast des klägers von 20 % und einer solchen der beklagten von 80 %. 124die revision war nach § 72 abs. 2 ziff. 1 arbgg nicht zuzulassen. keine der angesprochenen rechtsfragen ist von grundsätzlicher bedeutung. auch weicht die entscheidung des berufungsgerichts von keiner entscheidung der in § 72 abs. 2 ziff. 2 genannten gerichte ab. 125rechtsmittelbelehrung 126gegen dieses urteil ist ein rechtsmittel nicht gegeben. 127wegen der möglichkeit der nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a arbgg verwiesen. |
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} | 14 O 252/19 | 2022-02-25T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Auf die Widerklage wird a) die Klägerin verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 3.631,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.05.2020 sowie aus EUR 4.545,80 für die Zeit seit dem 19.05.2020 bis zum 28.02.2021 zu zahlen; b) festgestellt, dass die Widerklage betreffend einen Betrag in Höhe von 4.545,80 € erledigt ist. 3. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen. 4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 79% und die Beklagte zu 21%. 5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus der Wahrnehmung von Rechten durch die Beklagte als Verwertungsgesellschaft. 3Die Beklagte ist die allgemein bekannte Verwertungsgesellschaft H. Die Klägerin ist ein 0000 gegründeter Musikverlag. Sie war bereits bei den Vorgängerorganisationen der Beklagten Mitglied. Sie ist seit Gründung der Beklagten Mitglied. Ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten beruhen auf dem Berechtigungsvertrag vom 17.06.2009/18.01.2010 (Anlage B1, Bl. 56 ff. GA). Unter § 6 lit. a) heißt es dort: 4„Satzung wie Verteilungsplan, auch soweit künftig die Satzung oder der Verteilungsplan geändert werden sollte, bilden einen Bestandteil des Vertrags“. 5Die Beklagte kehrt Erlöse aus der Wahrnehmung von Rechten aufgrund eines Verteilungsplans aus. Dieser Verteilungsplan sah bis einschließlich 2016 eine pauschale prozentuale Beteiligung von Verlegern vor, wenn von einem Verlagsvertrag umfasste Werke als verlegt angemeldet worden waren und hierzu niemand widersprochen hat. Verlagsverträge zwischen Verlagen und Urhebern forderte die Beklagte in der Vergangenheit nicht an und diese lagen ihr auch im Zusammenhang mit der Ausschüttung nicht vor. 6Zwischen den Parteien entstand Streit im Zuge der Reaktion der Beklagten auf die Rechtsprechung des BGH zur Verlegerbeteiligung bei der VG Wort (Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 198/13 – Verlegerbeteiligung) sowie eines rechtskräftig gewordenen Urteils des KG zur Verlegerbeteiligung bei der Beklagten (Teilurteil vom 14.11.2016 – 24 U 96/14), die jeweils die Verteilungspläne insoweit für unwirksam nach § 307 Abs. 1 BGB angesehen hatten, weil die Ausschüttungsvorschriften zugunsten der Verleger mit wesentlichen Grundgedanken des damals geltenden § 7 S. 1 UrhWG nicht vereinbar seien. Das KG führte in seinem Urteil ergänzend aus, dass eine Berechtigung individualvertraglich vereinbart werden kann. Dies nahm die Beklagte, handelnd durch ihre satzungsmäßigen Organe, zum Anlass, grundsätzlich von der Unwirksamkeit der Verlegerbeteiligung und einer anstehenden Rückabwicklung geleisteter Zahlungen für die Jahre 2012 bis 2016 auszugehen. Um eine allumfassende Rückabwicklung zu vermeiden, entwickelte die Beklagte ein besonderes Verfahren, das Elektronische Bestätigungsverfahren („EBV“), um Verlagen die Möglichkeit zum Nachweis ihrer Berechtigung zur Beteiligung zu geben. Die Hauptversammlung der Beklagten fasste am 24.05.2017 als Tagesordnungspunkt 21 (siehe Anlage B4, Bl. 91 ff. GA) einen Beschluss zur Änderung des Verteilungsplans sowie einen Grundsatzbeschluss zur Rückabwicklung von Beteiligungen von Urhebern und Verlegern für die Ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016, soweit eine solche Rückabwicklung nach Durchführung des „EBV“ notwendig werden sollte (siehe Anlage B3, Bl. 70 ff. GA, zum Grundsatzbeschluss, Bl. 86 ff. GA). Das Verfahren wurde von der Beklagten durch mehrere Mitgliederschreiben im Dezember 2016, sowie Februar und März 2017 bekannt gemacht, und war bis zum 13.01.2018 befristet, sodass bis dahin Informationen zur Berechtigung der Verlagsbeteiligung von den Verlagen bei der Beklagten für jedes verlegte Werk einzureichen waren. Nachdem die Verlage die Informationen zur Verfügung stellten, erhielten die beteiligten Urheber von der Beklagten eine Information über die Registrierung, wogegen die Urheber Einspruch einlegen konnten. Erfolgte kein Widerspruch der Urheber sah die Beklagte bei Vorlage hinreichender Nachweise für die Verlegerbeteiligung von einer Rückabwicklung ab. Bei Widerspruch erfolgte eine Prüfung danach, ob der Urheber oder der Verlag Rechte bei der Beklagten eingebracht hatte. Nach Abschluss des Verfahrens wurden weniger als 3% der an Musikverlage ausgeschütteten Beträge rückabgewickelt. 7Die Klägerin nahm an diesem Elektronischen Bestätigungsverfahren nicht Teil, was sie der Beklagten auch mit Schreiben vom 09.05.2019 ausdrücklich mitteilte und die Gründe für die Nichtteilnahme erläuterte, insbesondere habe es an Personal für die Bewältigung des bürokratischen Aufwandes gefehlt. Sie teilte außerdem mit, dass „der weit überwiegende Teil unserer Verlagsverträge vor 1966 abgeschlossen wurde. In diesen Verträgen wurde – was vor 0000 noch möglich war – das Urheberrecht insgesamt auf den Verlag übertragen. Wir sind daher bei diesen Werken Inhaber der Urheberrechte.“ 8Die Beklagte zahlte an die Klägerin im Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 31.12.2016 34.719,43 € netto. Sie behauptete zunächst unter Vorlage ausführlicher ausgedruckter Excel-Listen und Belege, dass davon nur 16.369,78 € brutto auf für die hier streitgegenständliche Rückabwicklung beachtliche Zahlungen entfielen. Der übrige Betrag entfiele auf Auslandsausschüttungen, die nicht Gegenstand der Rückabwicklung waren. Von den 16.369,78 € entfiele wiederum ein Betrag von 15.529,77 € auf urheberrechtliche Nutzungsrechte und ein Betrag von 840,01 € auf gesetzliche Vergütungsansprüche, davon 351,25 € für die private Vervielfältigung nach § 54 Abs. 1 UrhG. Mit E-Mail vom 14.11.2021 korrigierte die Beklagte ihren Vortrag dahingehend, dass der Betrag für Nutzungsrechte nicht 15.529,77 €, sondern nur 13.815,40 € betrug, wobei davon 1.714,37 € zunächst auf einem Sperrkonto zurückgehalten worden waren, sodann aber am 01.02.2021 mit Rückforderungsansprüchen verrechnet worden seien. 9Einen Betrag in Höhe von 16.369,78 € forderte die Beklagte von der Klägerin mit Schreiben vom 05.12.2018 zurück (Anlage zur Klageschrift, Bl. 17 GA). 10Für die Zeit ab 2017 ermittelte die Beklagte Ausschüttungen an die Klägerin in Höhe von 4.764,24 € und 4.545,80 €. Diese Beträge verrechnete sie mit der vorprozessual geltend gemachten Rückforderung in Höhe von 16.369,78 €. 11Mit Schreiben vom 10.11.2015 (Anlage B24, Bl. 497 GA) verzichtete die Klägerin gegenüber der Beklagten im dort konkret genannten Umfang auf die Einrede der Verjährung sowie der Entreicherung gegen Rückforderungsansprüchen der Beklagten aufgrund der Problematik der Verlagsbeteiligung „bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage“. 12Die Klägerin erhebt die Einrede der Verjährung. 13Die Klägerin bestreitet die Höhe der geltend gemachten Rückforderung unter Hinweis auf die fehlende Nachvollziehbarkeit der beklagtenseits vorgelegten Unterlagen. 14Sie behauptet, für alle von ihr angemeldeten Werke berechtigt gewesen zu sein, die Verlegerbeteiligungen zu erhalten. Sie legt zum Nachweis mit den Anlagen 4 – 23 diverse Verlagsverträge vor. 15Die Klägerin hält die Rechtsprechung des BGH zur Verlagsbeteiligung bei der VG Wort für nicht anwendbar und das oben zitierte Urteil des KG für rechtlich falsch. Die Ausschüttung der Verlagsbeteiligung habe an sie weiterhin ohne Änderung zu erfolgen, was u.a. auch aus Gewohnheitsrecht folge. Eine Pflicht zur Teilnahme am Elektronischen Bestätigungsverfahren habe nicht bestanden; dieses Verfahren sei unnötig und unsinnig gewesen. Der Beklagten fehle die Aktivlegitimation zur Rückforderung, weil es sich bei zu Unrecht gezahlten Beträgen an die Verleger um Ansprüche der Urheber handele. Die Beklagte verhalte sich insgesamt widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich. Zur Verrechnung von Ausschüttungen ab dem Jahr 2017 sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, weshalb diese Beträge im Wege der Wider-Widerklage geltend gemacht würden. 16Mit Schriftsatz vom 02.12.2021 berief sich die Klägerin erstmals auf Entreicherung. 17Die Klägerin hat ursprünglich in der Klageschrift beantragt, 18festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin kein Anspruch in Höhe von 16.369,78 € gemäß Schreiben der Beklagten vom 5.12.2018 (Kontoauszug Nr. 2018/6) zusteht (im Weiteren Klageantrag zu 1.). 19Mit Schriftsatz vom 29.04.2021 beantragte sie ergänzend zum vorgenannten Antrag im Wege der so von ihr bezeichneten „Wider-Widerklage“, 20die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.764,24 und 4.545,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit 7.4.2021 zu zahlen (im Weiteren Klageantrag zu 2.). 21Die Klägerin hat den Klageantrag zu 1.) in der mündlichen Verhandlung am 04.11.2021 in Höhe eines Betrags von 9.310,04 € für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Teilerledigungserklärung angeschlossen. 22Die Beklagte beantragt im Übrigen, 23 Klageabweisung und Abweisung der „Wider-Widerklage“. 24Widerklagend hat die Beklagte und Widerklägerin in der Klageerwiderung ursprünglich beantragt, 25die Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerin EUR 11.605,54 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu bezahlen. 26Mit Schriftsatz vom 07.04.2021 hat die Beklagte die Widerklage in Höhe von 4.545,80 € für erledigt erklärt. Die Klägerin hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen. 27Sie beantragte zuletzt, 28die Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerin EUR 7.059,74 zu bezahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Widerklage sowie aus EUR 4.545,80 für die Zeit seit Rechtshängigkeit der Widerklage bis zum 28.02.2021. 29Die Klägerin beantragt, 30 die Widerklage abzuweisen. 31Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Verteilungspläne mit Blick auf die Verlagsbeteiligungen in den Jahren 2012 bis 2016 unwirksam gem. § 307 Abs. 1 BGB waren und demnach ein Kondiktionsanspruch nach § 812 BGB bestehe. Die Klägerin habe es sich selbst zuzurechnen, dass sie der Rückforderung ausgesetzt sei, weil sie sich bewusst nicht am Elektronischen Bestätigungsverfahren beteiligt hatte. Die Einrede der Verjährung greife nicht durch, weil die Klägerin hierauf wirksam verzichtet habe und die Verjährung sodann durch die Zustellung der Widerklage gehemmt worden sei. Die Wider-Widerklage sei unzulässig, weil sie lediglich das kontradiktorische Gegenteil der Widerklage darstelle. 32Die Beklagte hat durch ihren Mitarbeiter Dr. X die zunächst in der Akte ausgedruckte und unleserlich zerstückelte „Excel-Liste“ mit den Buchhaltungsdaten auf den Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung am 04.11.2021 hin per E-Mail am 14.11.2021 dem Gericht und der Klägerin zur Verfügung gestellt, um eine Datenüberprüfung per Computer zu ermöglichen. Aus gerichtsorganisatorischen Gründen hätte eine Einreichung über das beA bei der als Papierakte geführten Verfahrensakte zum erneuten Ausdruck der Liste geführt. Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.12.2021 Stellung genommen, worauf wiederum die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.12.2021 Stellung genommen hat. 33Die Widerklage ist der Klägerin am 18.05.2020 zugestellt worden (siehe Bl. 510 GA). 34Entscheidungsgründe: 35Die Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Die zulässige Widerklage ist teilweise begründet. 36I. Zulässigkeit 371. Die Klage ist als negative Feststellungsklage im noch nicht erledigten Umfang zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung unzulässig. Sie wurde mit Beginn der mündlichen Verhandlung und der nicht mehr einseitigen Klagerücknahmemöglichkeit im Umfang des Widerklageantrags unzulässig, weil dieser die kontradiktorische Leistungsklage darstellt. Zwar betrifft die Widerklage formal nur einen Teil des ursprünglich mit der negativen Feststellungsklage betroffenen Betrags in Höhe von 16.369,78 €. Jedoch ist Grundlage der Widerklage dieser gesamte Betrag abzüglich verrechneter Zahlungen. Demnach ergeht bei der Entscheidung über die Widerklage eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den gesamten Betrag der negativen Feststellungsklage inklusive der bereits vorprozessual verrechneten Summe. 38Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 12, 17 ZPO, weil die Klägerin als Schuldnerin der Forderung ihren Gerichtsstand im hiesigen Gerichtsbezirk hat. 392. Die Widerklage ist gem. § 33 ZPO zulässig. Die Parteien streiten um denselben Streitgegenstand, sodass die notwendige Konnexität gegeben ist. 403. Ob die als solche bezeichnete „Wider-Widerklage“ zulässig ist, bedarf keiner Entscheidung, weil der im Laufe des Verfahrens neu eingeführte Klageantrag zu 2.) als Klageerweiterung der ursprünglichen Klage auszulegen ist. Als Leistungsklage ist diese Klage zulässig. Die örtliche Zuständigkeit für den Klageantrag zu 2.) folgt aus der rügelosen Einlassung der Beklagten, § 39 ZPO. Die Einwendung der Beklagten, dass die „Wider-Widerklage“ bloß das kontradiktorische Gegenteil der Widerklageanträge sei, überzeugt nicht. Zutreffend verweist die Klägerin darauf, dass sie durch die (Teil-) Abweisung der Widerklage keinen Zahlungstitel mit Blick auf verrechneten Beträge erlangt. Dies wird durch den Klageantrag zu 2.) möglich. 41II. Begründetheit 42Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird zunächst die Begründetheit der Widerklage dargestellt. Sodann folgen Ausführungen zur Klage. 431. Widerklage 44Die Widerklage ist teilweise begründet. 45Nach der einseitig gebliebenen Teilerledigungserklärung der Beklagten sind die Widerklageanträge so auszulegen, dass die Beklagte zum einen Zahlung von 7.059,74 € (Widerklageantrag zu 1.) und zum anderen die Feststellung der Erledigung der Widerklage über einen Betrag in Höhe von 4.545,80 € (Widerklageantrag zu 2.) begehrt. 46a) Widerklageantrag zu 1. – Zahlung 47Die Beklagte hat einen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückzahlung erhaltener Zahlungen für die Jahre 2012 – 2016 aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 BGB. Dieser Rückzahlungsbetrag ist mit 14.655,41 € zu beziffern. Abzüglich vorgerichtlich bereits verrechneter 4.764,24 € sowie im Laufe des Prozesses verrechneter 4.545,80 € (siehe dazu den Widerklageantrag zu 2.) und weiterer verrechneter 1.713.37 € von einem Sperrkonto verbleibt demnach ein Betrag in Höhe von 3.631,00 €, den die Klägerin an die Beklagte zu zahlen verpflichtet ist. 48aa) Die Klägerin hat in den Jahre 2012 – 2016 Geldbeträge in Höhe von ca. 34.000 € von der Beklagten erhalten, wobei durch die Überweisungen durch die Beklagte konkret die jeweiligen Auszahlungsansprüche gegen die Bank der Klägerin erlangt worden sind. Diese Ansprüche erlangte die Klägerin durch Leistung der Beklagten, die auf eine vermeintliche vertragliche Forderung der Beklagten zahlte (vgl. insoweit auch OLG München, ZUM 2006, 473, 478; a.A. Ventroni, ZUM 2017, 187, 204). 49Allein durch diese Leistung ist die Beklagte auch aktivlegitimiert für einen Anspruch nach § 812 BGB. Die diesbezüglichen Einwendungen der Klägerin, die insoweit vielmehr einen (Zahlungs-) Anspruch der von einer im Zuge der Verlegerbeteiligung durch zu geringe Ausschüttung betroffenen Urheber annehmen wollen, greifen nicht durch. Denn bei der Rückabwicklung von rechtsgrundlosen Leistungen ist auf die unmittelbare Leistungsbeziehung abzustellen. Davon ist hier auch nicht abzuweichen, weil im konkreten Fall kein Mehrpersonenverhältnis vorliegt. Es ist die Beklagte, die als Verwertungsgesellschaft auf Grundlage ihrer Verteilungspläne in Verbindung mit den jeweils erforderlichen Berechtigungs- oder Wahrnehmungsverträgen die von ihr eingezogenen Gelder verteilt. Sie wird dabei zwar als Treuhänderin ihrer Mitglieder tätig, jedoch als eigenständige Akteurin, nicht etwa als Stellvertreterin ihrer Mitglieder, insbesondere der Urheber. Sie macht folglich einen eigenen Anspruch, keinen fremden Anspruch geltend. Der Verweis der Klägerin auf eine Streitbeilegungsvorschrift wegen Ausschüttungen zwischen Mitgliedern der Beklagten im Verteilungsplan (§ 10) ist unerheblich, weil diese Regelung ersichtlich nur dann Sinn macht, wenn die Verteilung gemäß Verteilungsplan wirksam ist, aber sich die Frage stellt, ob das richtige Mitglied die Ausschüttung erhalten hat. So liegt der Fall hier aber nicht, was unten näher ausgeführt wird. Es kommt dabei entgegen der wiederholten Ausführungen der Klägerin auch nicht darauf an, ob betroffene Urheber der Verlegerbeteiligung der Klägerin im Einzelfall nicht widersprochen haben und keine diesbezüglichen Ansprüche geltend gemacht haben. Diese Ansicht verkennt, dass Grundlage der Verteilung durch die Beklagte der für alle Mitglieder maßgebliche Verteilungsplan ist und die Beklagte nicht etwa bloße Einziehungsstelle oder Prozessstandschafterin ihrer Mitglieder ist. Wie die Beklagte nach Durchsetzung von Rückzahlungsansprüchen die derart eingezogenen Gelder wiederum verteilt, ist keine in diesem Verfahren zu klärende Frage. Selbst wenn die Beklagte diese Zahlungen rechtswidrig verteilen würde, würde sich hieraus keine Berechtigung der Klägerin zum Behalten der erlangten Geldbeträge begründen. 50bb) Der vorgenannten Leistung der Beklagten fehlte wegen der Unwirksamkeit der Verteilungspläne mit Blick auf die Verlagsbeteiligung hinsichtlich der davon betroffenen Zahlungen in Höhe von nach Klarstellung der Beklagten 14.655,41 € der Rechtsgrund. Rechtsgrund für die Überweisungen durch die Beklagte war jeweils der Berechtigungsvertrag zwischen der Beklagten und der Klägerin als ihrem Mitglied, wobei der hier konkret maßgebliche Vertrag (Anlage B1) keine konkrete Klausel zur Höhe der Auszahlung enthält, sondern in § 6 auf die Verteilungspläne verweist. Da die Verteilungspläne für die Jahre 2012 - 2016 unwirksam nach § 307 Abs. 1 BGB sind, ist der Rechtsgrund für die Leistungen nie vorhanden gewesen. Ein anderer Rechtsgrund für die Zahlung liegt nicht vor. 51(1) Von der Unwirksamkeit der Verteilungspläne geht die Kammer angesichts der Rechtsprechung des KG (Teilurteil vom 14.11.2016 – 24 U 96/14) sowie der Rechtsprechung des BGH zur Verlegerbeteiligung bei der VG Wort (Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 198/13 – Verlegerbeteiligung) aus. Die Kammer schließt sich insoweit trotz der ausführlichen Kritik der Klägerin (sowie in der Literatur: vgl. hierzu auch Ventroni, ZUM 2017, 187; hingegen weitestgehend zustimmend Flechsig GRUR-Prax 2017,31) der Rechtsansicht der vorgenannten Gerichte an. 52Das KG führte dabei in einer Sachverhaltskonstellation, in der Urheber von der hiesigen wie dortigen Beklagten die fehlende Berechtigung der Beklagten festzustellen begehrten, bei der Ausschüttung der Vergütung für ihre bei Musikverlagen verlegten Werke einen Verlegeranteil von der Verteilungssumme abzuziehen, wie folgt aus: 53„17 b) Im vorliegenden Fall können die Kl. von der Bekl. aufgrund der mit ihr abgeschlossenen Berechtigungsverträge vom 9.8./18.10.1989 (Kl. zu 1) und vom 28.10./14.12.1992 (Kl. zu 2) verlangen, mit einem Anteil an ihren Einnahmen beteiligt zu werden, der den Erlösen entspricht, die sie durch die Auswertung ihrer Rechte erzielt hat. Die Ausschüttung dieses Anteils richtet sich nach der Satzung und dem Verteilungsplan der Bekl., die – auch soweit sie künftig geändert werden sollten – nach § 6 a der Verträge Bestandteil des Berechtigungsvertrags sind. Nach den §§ 2, 4 Nr. 1 der Allgemeinen Grundsätzen zum Verteilungsplan der Bekl. für das Aufführungs- und Senderecht (Verteilungsplan A) bzw. §§ 2, 3 Nr. 1 der Allgemeinen Grundsätzen zum Verteilungsplan für das mechanische Vervielfältigungsrecht (Verteilungsplan B) gehört neben dem Komponisten, dem Textdichter und dem Bearbeiter auch der Verleger des Werks zu den beteiligten Bezugsberechtigten, wenn das Werk als verlegt gemeldet worden ist und dieser Registrierung – wie auch im vorliegenden Fall – nicht widersprochen worden ist. In der Vergangenheit resultierte daraus eine durchschnittliche Beteiligung des Verlags iHv 4/12 (Aufführungs- und Senderecht) bzw. 40 % (mechanisches Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht). 5418 c) Gem. § 307 I 1, II Nr. 1 BGB sind diese Bestimmungen des Verteilungsplans (§§ 2, 4 Nr. 1 der Allgemeinen Grundsätzen zum Verteilungsplan der Bekl. für das Aufführungs- und Senderecht [Verteilungsplan A] bzw. §§ 2, 3 Nrn. 1 u. 5 der Allgemeinen Grundsätzen zum Verteilungsplan für das mechanische Vervielfältigungsrecht [Verteilungsplan B] und Abschnitt I Nr. 2 der Ausführungsbestimmungen zum Verteilungsplan A bzw. zum Verteilungsplan B), die als Bestandteil des Berechtigungsvertrags Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, unwirksam, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweichen, nicht zu vereinbaren sind. 5519 aa) Gem. § 7 S. 1 WahrnG aF (jetzt § 27 VGG) hat die Verwertungsgesellschaft die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit nach festen Regeln aufzuteilen, die ein willkürliches Vorgehen bei der Verteilung ausschließen. Diese gesetzliche Regelung beruht auf dem wesentlichen Grundgedanken, dass die Verwertungsgesellschaft als Treuhänderin der Berechtigten die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit ausschließlich an die Berechtigten zu verteilen hat, und zwar in dem Verhältnis, in dem dieses Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen. Mit diesem Grundgedanken ist es nach der genannten Entscheidung des BGH unvereinbar, Nichtberechtigte an diesen Einnahmen zu beteiligen (BGH, GRUR 2016, 596 Rn. 30, 51, 62 – Verlegeranteil). Insbesondere ist eine Beteiligung von Verlegern an den Einnahmen der Bekl. nicht allein deshalb zulässig, weil diese mit ihr Wahrnehmungsverträge geschlossen oder ihr Werke gemeldet haben. Eine Beteiligung von Verlegern setzt vielmehr voraus, dass die Einnahmen der Bekl. auf der Wahrnehmung originärer oder von den Musik- und Textautoren abgeleiteter Rechte oder Ansprüche dieser Verleger beruhen (vgl. BGH, GRUR 2016, 596 Rn. 33 – Verlegeranteil). Der Grundgedanke willkürfreier Verteilung kommt allein bei einer Verteilung der Einnahmen an Berechtigte zum Tragen. Eine Ausschüttung der durch die treuhänderische Wahrnehmung von Rechten und Ansprüchen der Berechtigten erzielten Einnahmen an Nichtberechtigte kann nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, das sei materiell leistungsgerecht, weil die betreffenden Nichtberechtigten schützenswerte Leistungen erbracht hätten. Verleger dürfen darum nach dem genannten Urteil des BGH (GRUR 2016, 596 Rn. 36 – Verlegerantei) nicht allein deshalb an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaft beteiligt werden, weil ihre verlegerische Leistung eine Voraussetzung für vergütungspflichtige Nutzungen der verlegten Werke schafft. Es ist – so der BGH in dem die VG Wort betreffenden Verfahren – allein Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob und inwieweit die verlegerische Leistung urheberrechtlichen Schutz genießt und ihre Nutzung gesetzliche Vergütungsansprüche begründet. Nach geltender Gesetzeslage stehen den Verlegern nach dem Urheberrechtsgesetz keine eigenen Rechte oder Ansprüche zu, die von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden könnten. Verleger sind – von Presseverlegern abgesehen – nicht Inhaber eines urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts. 5620 bb) Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, ist die Bekl. nicht berechtigt, den auf verlegte Werke der Kl. entfallenden Anteil an den Erlösen der Kl. unter Abzug eines nach festen Quoten berechneten Verlegeranteils von der Verteilungsmasse zu berechnen. Denn die Verleger der von den Kl. geschaffenen Werke, die S-GmbH und die D-GmbH, die dem Rechtsstreit als Streithelferinnen zu 1 und 2 auf Seiten der Bekl. beigetreten sind, haben der Bekl. keine Rechte zur Wahrnehmung übertragen, die eine Beteiligung am Vergütungsaufkommen rechtfertigen könnten. 57[…] 5823 d) Es kann nach alledem dahinstehen, ob der Verteilung von Erlösen aus der verwertungsgesellschaftspflichtigen Einziehung der Bibliothekstantieme (§ 27 UrhG) und der Gerätevergütung (§ 54 UrhG) – auch insoweit sind die gesetzlichen Vergütungsansprüche durch die von den Kl. abgeschlossenen Berechtigungsverträge der Bekl. zur Wahrnehmung übertragen worden – an die Verlage darüber hinaus Regelungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts (insbesondere Art. 5 II, III RL 2001/29/EG und Art. 3 I, VI Abs. 1 RL 2006/115/EG – vgl. dazu BGH, GRUR 2016, 596 Rn. 42-63 – Verlegeranteil) entgegenstehen. Denn die fehlende Berechtigung der Streithelferinnen der Bekl. ergibt sich schon aus der Unwirksamkeit der sie begünstigenden Bestimmungen des Verteilungsplans. Insoweit besteht auch kein Grund, zwischen den Erlösen aus der Verwertung urheberrechtlichen Nutzungsrechte und aus der Einziehung gesetzlicher Vergütungsansprüche zu unterscheiden. Maßgeblich bleibt nach der Rechtsprechung des BGH in beiden Fällen, dass es der Bekl. als Treuhänderin nicht gestattet ist, Nichtberechtigte an dem Vergütungsaufkommen zu beteiligen und dass Regelungen des Verteilungsplans, die feste Quoten für die Verlegerbeteiligung unabhängig davon vorsehen, ob und inwieweit die Einnahmen der Verwertungsgesellschaft auf der Wahrnehmung von Rechten oder Ansprüchen beruhen, die ihr von Verlegern eingeräumt oder übertragen worden sind, gegen das Willkürverbot des § 7 WahrnG aF (jetzt § 27 VGG) verstoßen und damit einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten. Dabei ist der Beitrag der Musikverleger zum Vergütungsaufkommen der Bekl. wesentlich vermittelter und weniger fassbar als dies bei der Wahrnehmung der gesetzlichen Vergütungsansprüche durch die VG Wort der Fall ist. Denn während es offenkundig ist, dass Printmedien ohne den Beitrag der verlegerischen Leistung nicht in nennenswertem Umfang kopiert oder verliehen werden können, diese also erst die Voraussetzung für die vergütungspflichtige Nutzung der verlegten Werke schafft, steht die quotale Verlegerbeteiligung im Bereich der Bekl. nicht in einem konkret quantifizierbaren Zusammenhang mit dem Umfang der Promotionstätigkeit der Musikverlage. Die pauschale Verlegerbeteiligung bleibt vielmehr unverändert, auch wenn die Attraktivität des verlegten Musikwerks für die Nutzer und das sich daraus generierende Vergütungsaufkommen maßgeblich aus anderen Quellen als der verlegerischen Förderung gespeist wird. 5924 e) Die in den Verteilungsplänen der Bekl. vorgesehene Verlegerbeteiligung kann – entgegen der Auffassung der Bekl. – auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass eine Abtretung von künftigen Ausschüttungsansprüchen in den Verlagsverträgen zwischen Komponisten und Textdichtern auf der einen und Musikverlegern auf der anderen Seite standardisiert vereinbart sei und der Verteilungsplan insoweit lediglich die in den Verlagsverträgen wirksam vereinbarten Abtretungen von künftigen Ausschüttungsansprüchen in einheitlicher Weise umsetze. Entsprechendes gilt für die Unterstellung einer Zahlungsanweisung (§§ 362 II, 185 BGB) in einer bestimmten Höhe. 6025 aa) Zwar kann der Urheber dem Verleger nach der Rechtsprechung des BGH im Grundsatz nicht nur seine gesetzlichen Vergütungsansprüche und urheberrechtlichen Nutzungsrechte, sondern auch seine Ansprüche gegen die Verwertungsgesellschaft auf Herausgabe des Erlöses aus der Durchsetzung dieser Vergütungsansprüche bzw. aus der Wahrnehmung dieser Nutzungsrechte wirksam abtreten (vgl. BGH, GRUR 2016, 596 Rn. 81 – Verlegeranteil; BGH, GRUR 1964, 326 Rn. 93 – Subverleger). Der Wortlaut der Berechtigungsverträge, die die Kl. zu 1 und 2 mit der Bekl. – wie zahlreiche Urheber auch – geschlossen haben, bietet für die Annahme einer solchen Vorausabtretung keinen Anhaltspunkt; vielmehr sollen nach dessen § 4 Ansprüche des Berechtigten gegen die H nur nach (gesonderter) Vereinbarung abtretbar sein. Eine Abtretungsanzeige, die der Berechtigte bei der Ausschüttung des zur Verteilung anstehenden Erlöses gegen sich gelten lassen müsste (§ 409 I 1 BGB), kann auch nicht in der Anmeldung der Werke als verlegt gesehen werden. Denn die im Verteilungsplan bestimmten festen Quoten nehmen auf die zwischen Urhebern und Verlegern getroffenen Vereinbarungen keine Rücksicht. Der den zugrundeliegenden Regelungen des Verteilungsplans nunmehr von der Bekl. beigemessene rechtsgeschäftliche Erklärungswert, auf dessen Bedeutungsgehalt im Verteilungsplan und in dessen Ausführungsbestimmungen nicht hingewiesen wird, läuft deshalb auf die Fiktion einer Willenserklärung hinaus, die in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden kann (§ 308 Nr. 5 BGB). Es kann auch nicht zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung und im Interesse einer praktikablen und kostengünstigen Erlösausschüttung unterstellt werden, dass die Verteilungsquoten sich im Regelfall mit einer Vereinbarung im Innenverhältnis zwischen Urhebern und Verlegern decken, so dass abweichende Vertragsgestaltungen einer nachgelagerten Refundierung überlassen werden könnten. Schuldrechtliche Absprachen können nicht in einem derart weitreichenden Umfang als gleichförmig getroffen unterstellt werden. Schon die hier eingereichten differierenden Verträge zwischen den Kl. mit den beiden Streitverkündeten machen deutlich, dass eine einheitliche Vertragspraxis nicht besteht. Auch die (zum Teil ausdrücklich) dynamische Verweisung auf den jeweiligen Verteilungsplan in den verbreiteten Vertragsmustern macht schon für sich genommen deutlich, dass eine Abtretung oder Zahlungsanweisung in einer bestimmten Höhe als typischerweise vereinbart oder erklärt gerade nicht unterstellt werden kann. 6126 bb) Vielmehr bleibt es eine im Einzelfall zu prüfende Frage, ob die nach den vom BGH aufgestellten Grundsätzen Berechtigten ihre Ansprüche individualvertraglich durch Abtretungsvertrag (§ 398 BGB) an die Verleger wirksam abgetreten haben oder ob zumindest eine Anweisung zur Auszahlung an diese als Dritte wirksam erteilt worden ist.“ 62Diese Ausführungen gelten auch im Verhältnis der Parteien zueinander. Die maßgeblichen Passagen der Verteilungspläne, die Vertragsbestandteil geworden sind und die Grundlage der Zahlungen der Beklagten an die Klägerin waren, sind demnach gem. § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie verstoßen wegen der Pauschalität der Gewährung eines Verlegeranteils unabhängig von der tatsächlichen Einbringung von Rechten zur Wahrnehmung durch die Beklagte gegen den Grundgedanken des § 7 S. 1 WahrnG aF (jetzt § 27 VGG). Sie können folglich nicht als Rechtsgrund für die Leistungen der Beklagten an die Klägerin herangezogen werden. 63Die Angriffe der Klägerin gegen dieses Urteil überzeugen nicht. Die Klägerin erkennt richtig, dass das oben zitierte Urteil des KG nur Wirkung inter partes der dortigen Parteien entfaltet. Die Ausführungen des KG betreffen jedoch nicht nur eine Vertragsklausel, die nur eine individualvertragliche Regelung zwischen den dortigen Parteien darstellten, sondern den für alle Leistungsbezieher der Beklagten maßgeblichen Verteilungsplan. Diese Ausführungen des KG überzeugen auch, sodass in hiesigem Verfahren dieselbe Rechtsfolge der Unwirksamkeit der maßgeblichen Stellen des Verteilungsplans festzustellen ist. Dabei ergibt sich aus den Feststellungen des KG, dass es jedenfalls Fälle gibt, in denen der Verteilungsplan zu Unrecht die Verlegerbeteiligung gewährte, obwohl u.a. die Urheber wegen des Prioritätsgrundsatzes schon alle – auch zukünftige – Rechte der Beklagten zur Wahrnehmung übertragen hatten und sie mit einem nachfolgenden Verlagsvertrag keine diesbezüglichen Rechte mehr an die Verlage einräumen konnten, die die Verlage dann bei der Beklagten zur Wahrnehmung einbrachten. Ob dies im Verhältnis der Parteien zueinander nicht der Fall ist, bedarf keiner Aufklärung, weil der Verteilungsplan der Beklagten angesichts seiner universellen Bedeutung nicht gegenüber einzelnen Mitgliedern Bestand haben und anderen Mitgliedern gegenüber unwirksam sein kann. Die Vorlage von Verlagsverträgen durch die Klägerin in diesem Verfahren ändert hieran nichts, zumal diese nur eine Auswahl des Repertoires betrifft. Es ist keinesfalls möglich die maßgeblichen Stellen des Verteilungsplans nur gegenüber der Klägerin weiterhin anzuwenden, weil damit eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Mitglieder der Beklagten verbunden wäre. 64(2) Insofern ist auch die grundlegende Entscheidung der Beklagten im Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten am 24.05.2017 zur Rückabwicklung von Beteiligungen von Urhebern und Verlegern für die Ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016, soweit eine solche Rückabwicklung nach Durchführung des „EBV“ notwendig werden sollte (siehe Anlage B3, Bl. 86 ff. GA, sowie Anlage B4) nicht zu beanstanden. Es war für die Beklagte absehbar, dass ihr andernfalls eine Vielzahl von Prozessen von Urhebern drohen würden, in welchen die Rechtsprechung des KG bestätigt werden würde. Die Kritik der Klägerin an diesem Vorgehen ist dabei rechtlich unerheblich. Sie verkennt, dass mangels wirksamer Klauseln zur Verlegerbeteiligung im Verteilungsplan zu keiner Zeit eine Rechtsgrundlage für die entsprechenden Zahlungen bestanden hat. Soweit die Klägerin also eine unzulässige Rückwirkung einwendet, ist dies rechtsirrig. 65Das „EBV“ der Beklagten stellte ein geordnetes Verfahren zur nachträglichen Schaffung eines Rechtsgrundes dar. Da die Klägerin sich hieran unstreitig nicht beteiligt hat, ließ sie die Gelegenheit, einen Rechtsgrund zu schaffen, ungenutzt. Hierfür ist nur sie selbst verantwortlich. Es bestand zwar keine Pflicht der Klägerin zur Teilnahme, die negativen Folgen der Nichtteilnahme – hier die Perpetuierung des fehlenden Rechtsgrundes der gezahlten Verlegerbeteiligungen – hat die Klägerin jedoch wie bei einer Obliegenheitsverletzung hinzunehmen. 66(3) Der Einwand der Klägerin, eine AGB-Kontrolle der Klauseln zur pauschalen Verlegerbeteiligung in den für die streitgegenständlichen Jahren anwendbaren Verteilungsplänen müsse vorliegend ausscheiden, weil es sich um eine Preisvereinbarung handele (vgl. hierzu auch Ventroni, ZUM 2017, 187, 190 m.w.N. zum Streitstand), überzeugt nicht. Bei den Regelungen des Berechtigungsvertrags handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Verteilungsplan ist Bestandteil des Berechtigungsvertrags (§ 6 lit. a des Berechtigungsvertrags). Die Bestimmungen des Verteilungsplans einschließlich seiner Ausführungsbestimmungen sind daher gleichfalls Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH GRUR 2016, 606 Rn. 17 – Allgemeine Marktnachfrage; GRUR 2013, 375, Rn. 13 – Missbrauch des Verteilungsplans, m.w.N.; von Ungern-Sternberg, GRUR 2020, 923, 932ff.). Zu beachten ist, dass die hier maßgeblichen Klauseln nicht im Sinne einer materiellen Verteilungsregel die konkrete Höhe eines Entgelts zwischen den Parteien betreffen und folglich keine Preisvereinbarung im engeren Sinne darstellen. Insbesondere geht es vorliegend nicht um eine nicht über die AGB-Kontrolle gerechtfertigte Preiskontrolle. Die Klauseln stellen vielmehr die Konkretisierung von nach § 7 S. 1 WahrnG aF bzw. § 27 VGG gesetzlich gebotenen Regeln zur Verteilung der Einnahmen der Beklagten an die Wahrnehmungsberechtigten dar. Diese Klauseln unterfallen demnach der Klauselkontrolle gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Sie stellen eine ergänzende Regelung zu den o.g. Rechtsvorschriften dar. Hinzu kommt, dass vorliegend bei der Verlegerbeteiligung im Verhältnis der Parteien zueinander nicht von einem Entgelt ausgegangen werden kann. Die Beklagte ist nicht Nutzer von Werken für die sie ein „Lizenzentgelt“ zu entrichten hätte. Die Beklagte zieht vielmehr bei den Nutzern von urheberrechtlich geschützten Werken Zahlungen ein und verteilt diese dann an die Urheber bzw. Verlage. Diese Ausschüttungen sind demnach weder rechtlich noch tatsächlich ein von der Beklagten zu zahlendes Entgelt für eine Überlassung von Rechten ihrer Mitglieder. Ob hierin ein Entgelt der Urheber an die Verlage für die Verlagstätigkeit zu sehen ist, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, weil die Beklagte keine Ansprüche der Urheber, sondern eigene Ansprüche durchsetzt. 67(4) Ein anderer Rechtsgrund für die Leistung ist nicht ersichtlich. Eine vertragliche Grundlage liegt mangels anderer vertraglicher Vergütungsklauseln im Berechtigungsvertrag der Beklagten mit der Klägerin nicht vor. Die Satzung der Beklagten enthält entgegen des Vorbringens der Klägerin ebenfalls keine Grundlage für die hier konkret zu beurteilende Zahlung. Die Klägerin vermag insoweit schon keine konkrete Regelung der Satzung vorzutragen, aus welcher sich die konkrete Höhe der Ausschüttung der Verlegerbeteiligung ergeben soll. Dabei verkennt die Kammer auch nicht, dass die Beklagte für die Bemessung der Erlösanteile der einzelnen Berechtigten ein Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB für einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Berechtigungsvertrag i.V.m. §§ 675, 667 BGB zusteht (BGH GRUR 2005, 757, 759 – PRO-Verfahren). Insoweit sind die Verteilungspläne nur ein Teil der Leistungsbestimmung im geordneten Verfahren, nicht Leistungsbestimmung selbst (vgl. von Ungern-Sternberg, GRUR 2020, 923, 934). Die Leistungsbestimmung für den streitgegenständlichen Zeitraum ist durch Abrechnung und Ausschüttung der Beklagten gegenüber der Klägerin zunächst erfolgt. Nach Wegfall der unwirksamen Passagen im Verteilungsplan fiel sodann aber auch die Leistungsbestimmung weg. Eine neue Leistungsbestimmung nach den Grundsätzen von § 315 BGB, d.h. nach billigem Ermessen, und von § § 7 S. 1 WahrnG aF bzw. § 27 VGG, d.h. willkürfrei, war geboten. Um diese vorzunehmen benötigte die Beklagte die Mitwirkung der Verlage, die sie im Rahmen des „EBV“ einforderte. Mangels Teilnahme der Klägerin an diesem „EBV“ war die Beklagte aber gehindert eine neue Leistungsbestimmung vorzunehmen. Jede Leistungsbestimmung ohne Mitwirkung der Klägerin wäre wiederum nicht nach billigem Ermessen und nicht willkürfrei gegenüber den übrigen Mitgliedern und Ausschüttungsberechtigten der Beklagten gewesen. 68Auch der Verweis der Klägerin auf die Verlagsverträge zwischen ihr und ihren Autoren ist nicht geeignet als Rechtsgrund der Zahlung zu dienen, weil hierdurch die Beklagte nicht vertraglich gebunden ist. Wie oben dargestellt ist die Beklagte nicht Stellvertreter oder Abrechnungsstelle der Urheber, sondern eigenständig als Treuhänderin tätig. Auch ein Anerkenntnis durch Zahlung der Beklagten ist nicht anzunehmen, weil die Beklagte durch die bloße Ausschüttung nicht die unwirksamen Stellen des Verteilungsplans faktisch heilen konnte und dies offenbar auch nicht wollte. 69(5) Ein Rechtsgrund kann auch nicht im Gewohnheitsrecht erkannt werden. Für den Bereich der gesetzlichen Vergütungsansprüche hatte der BGH bereits ausgeführt, dass etwaig bestehendes Gewohnheitsrecht wegen entgegenstehender gesetzlicher Normen außer Kraft gesetzt worden wäre (GRUR 2016, 596, Rn. 84 ff. – Verlegeranteil). Diese Wertung kann auch auf hiesigen Fall übertragen werden. Doch auch mit Blick auf die hier zum Großteil maßgeblichen Ausschüttungen auf Nutzungsrechte kann die Kammer auf Grundlage des hierfür maßgeblichen Klägervortrags kein Gewohnheitsrecht erkennen. Die Entstehung von Gewohnheitsrecht erfordert eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine tatsächliche Übung, die von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird. Notwendig ist mithin die Überzeugung der beteiligten Verkehrskreise, durch die Einhaltung der Übung bestehendes Recht zu befolgen (BGH GRUR 2016, 596, Rn. 85 – Verlegeranteil). Insoweit ist die Klägerin, weil dieser Umstand für sie vorteilhaft ist, darlegungs- und beweisbelastet. Über pauschale Ausführungen zur langjährigen Praxis der Verlegerbeteiligung hinaus ist aber nicht zu erkennen, dass alle Beteiligten, insbesondere Urheber, die Verlegerbeteiligung auch ohne Regelung im Verteilungsplan als verbindliches Recht ansahen. Die bloße Duldung entsprechender Ausschüttungen genügt hierfür nach Ansicht der Kammer nicht. Hinzu kommt, dass auch ein etwaiges dahingehendes Gewohnheitsrecht nicht den gesetzlichen Wertungen in § 7 S. 1 WahrnG aF (jetzt § 27 VGG) widersprechen darf, da insoweit dem formellen Gesetz Vorrang einzuräumen ist. Dann aber wiederholen sich auch an dieser Stelle die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit der AGB-Kontrolle nach § 307 BGB. 70(6) Dieses Ergebnis, wonach die Klägerin trotz zur Wahrnehmung übertragener Rechte ganz ohne Gegenleistung verbleibt und sozusagen „leer ausgeht“, ist auch im Einzelfall nicht unbillig. Denn die Klägerin hätte am „EBV“ teilnehmen und dadurch nachträglich ihre Legitimation nachweisen können. Dies hat laut unbestrittenem Vortrag der Beklagten auch eine Vielzahl der Musikverlage getan, weshalb nur ein geringer Prozentsatz der Verlegerbeteiligungen rückabgewickelt werden mussten. Die Einwände der Klägerin, dass sie es nicht eingesehen habe, den Aufwand des „EBV“ zu erfüllen, führen nicht dazu, dass der Klägerin – etwa aus Billigkeitserwägungen – ausgeschüttete Beteiligungen verbleiben müssen. Denn nach dem Gesamteindruck des schriftlichen Vortrags der Klägerin nahm diese gegenüber dem „EBV“, das von der Mitgliederversammlung der Beklagten beschlossen worden ist, von Anfang an eine ablehnende Haltung ein. Eine eingehende Auseinandersetzung mit den erforderlichen Angaben in diesem Nachweisverfahren erfolgte offenbar nicht. Im Rahmen dieses Gerichtsverfahrens war es der Klägerin insoweit möglich eine gewisse Zahl von Verlagsverträgen vorzulegen. Warum im Rahmen des „EBV“ der Aufwand angeblich unzumutbar hoch gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls aber hat die Klägerin durch ihre grundsätzlich ablehnende Haltung derart gegen die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten verstoßen, dass es vorliegend angemessen erscheint, dass sie für den streitgegenständlichen Zeitraum keinerlei Ausschüttungen erhält bzw. behalten darf. Nichts anderes gilt auch bei Beachtung des Klägervortrags, dass die Klägerin durch Rechtsübertragungen in Jahren bis zum 31.12.1965 Urheber von Werken geworden ist. Ein etwaiger Anspruch nach § 32 UrhG auf angemessene Vergütung für diese Werke besteht angesichts § 132 Abs. 1 S. 1 UrhG nicht. 71cc) Die Klägerin ist folglich zur Herausgabe der Bereicherung, konkret zum Wertersatz der nach Banküberweisung erlangten Auszahlungsansprüche, verpflichtet (§ 818 Abs. 1, 2 BGB). 72Bei der Berechnung ist angesichts der zwischenzeitlichen Verrechnungen sowie der prozessualen Lage nach einseitig gebliebenen Erledigungserklärungen wie folgt vorzugehen: 73Rechtsgrundlose Ausschüttungen auf Nutzungsrechte 13.815,40 € 74Rechtsgrundlose Ausschüttungen auf ges. Vergütungsansprüche 840,01 € 75Zwischensumme 14.655,41 € 76abzüglich Verrechnung vor Widerklageerhebung 4.764,24 € 77abzüglich Verrechnung zum 28.02.2021 (siehe Bl. 586 GA) 4.545,80 € 78abzüglich Verrechnung Sperrkonto (siehe Bl. 713A GA) 1.714,37 € 79Verbleibende Bereicherung 3.631,00 € 80Der Betrag der rechtsgrundlosen Ausschüttungen auf Nutzungsrechte in Höhe von 13.815,40 € ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der vorgelegten Excel-Tabelle, die insoweit 1214 Buchungssätze enthält zu Werken, die die Klägerin verlegt. Dabei ist der Tabelle zu entnehmen, dass alle Buchungssätze in der maßgeblichen Zeit vom 01.07.2012 bis zum 23.12.2016 erfolgt sind, konkret betreffen die ältesten Buchungen das Datum „2012 07 01“ und die jüngsten Buchungen das Datum „2016 11 01“. In jedem Fall ist die Klägerin als Hauptkontoinhaberin mit der Rolle „4“ angegeben, was sich ausweislich des Schlüssels in Anlage B19, Bl. 473 GA, als Verleger auflösen lässt. In manchen Fällen ist kein Urheber angegeben, sodass dort ebenfalls die Klägerin als Urheberin erfasst ist. Diese Einträge betrafen Beträge, die zunächst auf ein Sperrkonto gebucht worden sind und sodann an die Klägerin ausgeschüttet worden sind. Anhand dieser Informationen erscheinen die Buchungen für die Kammer ausreichend nachvollziehbar. Die Stellungnahme der Klägerin vermag insoweit den Gesamtbetrag nicht in Zweifel zu ziehen. Soweit sie hier wiederum ihre Berechtigung für die Urheber Bülow und Hengstler und ihre Urhebereigenschaft für den Urheber Max Seiffert vorträgt, geht dies nach den obigen Ausführungen ins Leere. Diese Angaben hätten im „EBV“ gemacht werden können. Die Kritik an Zeile 228 der Excel Tabelle, dort das Werk „Verloren“ betreffend den Urheber Brozat, ändert auch nichts. Zum einen betrifft dies nur eine einzige von 1214 Buchungen mit einem Ausschüttungswert zugunsten der Klägerin von 0,37 €. Zum anderen bleibt der Vortrag zur angeblich nicht vereinnahmten Ausschüttung substanzlos, weil nur auf das Fehlen des Verlagsvertrags verwiesen wird. Der Beklagten lagen bei der pauschalen Ausschüttung nach Verteilungsplan unstreitig keine Verlagsverträge vor, sodass insoweit eine Ausschüttung ggf. materiell zu Unrecht erfolgt sein könnte. Der Klägerin hätte es aber oblegen anhand ihrer Unterlagen nachzuvollziehen, ob sie die 0,37 € am 01.01.2014 erhalten hat oder nicht. 81Der Betrag der rechtsgrundlosen Ausschüttungen auf gesetzliche Vergütungsansprüche in Höhe von 840,01 € ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus den Anlagen B26 – B29 (Bl. 592 – 643 GA). Diesen Abrechnungen ist die Klägerin nicht ausreichend qualifiziert entgegen getreten. 82Vor diesem Hintergrund war die Verrechnung vor Widerklageerhebung mit einem Betrag in Höhe von 4.764,24 € berechtigt. Dasselbe gilt für die Verrechnung zum 28.02.2021 in Höhe von 4.545,80 € (betrifft Widerklageantrag zu 2.). Die Verrechnung von 1.714,37 € vom Sperrkonto kommt der Klägerin zugute und vermindert die Widerklageforderung, ohne dass dazu eine prozessuale Erklärung erfolgt wäre und mithin ein Teilunterliegen der Beklagten vorliegt. 83Der Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB ist als verspätet nach § 296a ZPO unbeachtlich. Dieser wurde erstmals nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 04.11.2021 im Schriftsatz vom 02.12.2021 erklärt, obwohl dieser Schriftsatz insoweit nicht nachgelassen war (der Nachlass betraf nur die Inhalte der Excel-Tabelle, siehe Protokoll der Sitzung vom 04.11.2021, Bl. 708R). Angesichts des Umstands, dass die Beklagte ihre Widerklage von Beginn an auf § 812 BGB stützte, hätte die Klägerin den Einwand jedenfalls vor Schluss der mündlichen Verhandlung erheben können. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war wegen dieses Vortrags nicht geboten. Hinzu kommt, dass die Klägerin mit Erklärung vom 10.11.2015 gegenüber der Beklagten auf „die Einrede der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB“ verzichtete (Anlage B24, Bl. 497). 84dd) Entgegen der Ausführungen der Klägerin ist der Verhalten der Beklagten nicht rechtsmissbräuchlich. Allein der Umstand, dass die Beklagte sich beim oben mehrfach zitierten Verfahren beim KG gegen die Klage verteidigt hat und die Verlegerbeteiligung im Verteilungsplan für rechtmäßig hielt, führt nicht dazu, dass sie sich nunmehr nach Anerkennung der rechtlichen Ausführungen des rechtskräftigen Urteils sowie entsprechender Willensbildung zum „EBV“ und zur etwaigen Rückabwicklung durch die zuständigen Organe der Beklagten nicht auf die neue Rechtsansicht berufen darf. Anderenfalls würde sich die als rechtswidrig erkannte Ausschüttungspraxis zwangsläufig verfestigen, was gerade nicht Folge des KG-Urteils sein soll. 85ee) Die Einrede der Verjährung der Klägerin gegen die Widerklageforderung hat keinen Erfolg. Mit Erklärung vom 10.11.2015 (Bl. 497 GA) hat die Klägerin für die hier streitgegenständliche Forderung seit Juli 2012 sowie für zukünftige Ausschüttungen auf die Einrede der Verjährung verzichtet und zwar „bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage“. Wann diese abschließende Klärung der Rechtslage eingetreten ist, bedarf der Auslegung nach § 133, 157 BGB. Nach der Argumentation der Klägerin ist diese Rechtslage bis heute nicht geklärt, was sich in der massiven Kritik des Urteils des KG niederschlägt. Dann wäre der Verjährungsverzicht jedenfalls bis zur Widerklagezustellung anwendbar. Nach dem aber maßgeblichen objektivierten Empfängerhorizont und unter Beachtung der formularvertraglichen Vereinbarung ist damit der Zeitpunkt der Rechtskraft des zuvor zitierten Urteils des KG zu verstehen. Der Beschluss des BGH, mit der die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist, datiert auf den 18.10.2017. 86Die Widerklage ist der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten (und Geschäftsführers) ausweislich ihres Schriftsatzes vom 29.06.2020 am 18.05.2020 zugegangen (Bl. 510 GA). Die Verjährung des Rückforderungsanspruchs ist demnach rechtzeitig durch Widerklage gehemmt geworden nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Dabei kann im Ergebnis offenbleiben, wann die gem. § 195 BGB dreijährige Verjährungsfrist begonnen hat. Selbst wenn man dieses Datum auf den 18.10.2017 festlegen wollte, weil zu diesem Zeitpunkt „die abschließende Klärung der Rechtslage“ eingetreten ist, erfolgte die Verjährungshemmung innerhalb der drei Jahre. 87Der Verjährungsverzicht hält auch einer AGB-Kontrolle stand. Eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Es handelt sich in Ansehung der bahnbrechenden Rechtsprechung von BGH (betreffend die VG Wort) und des KG um eine ausgewogene Regelung, die die Klägerin im Übrigen nicht unterzeichnen musste. Dann hätte sie aber schon früher mit einer Rückforderung rechnen müssen. Durch den Verjährungsverzicht hat die Beklagte den Verlagen zudem die Möglichkeit gegeben, sich am „EBV“ zu beteiligen und damit eine Rückforderung zu vermeiden. Dass die Klägerin diese Möglichkeit nicht wahrgenommen hat, ist von ihr wie oben ausführlich beschrieben selbst zu vertreten. 88Die Klausel ist auch nicht intransparent. Die Verwendung der unbestimmten zeitlichen Formulierung „bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage“ war angesichts der laufenden Nichtzulassungsbeschwerde nach dem Urteil des KG auch für die Verlage ausreichend verständlich, wobei vorliegend zu beachten ist, dass der Geschäftsführer der Klägerin (und zugleich ihr Prozessbevollmächtigter) Rechtsanwalt ist. 89ff) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. 90b) Antrag zu 2. 91Nach den obigen Ausführungen ist auch der Widerklageantrag zu 2.) auf Feststellung der Erledigung der Widerklage in Höhe der Verrechnung zum 28.02.2021 in Höhe von 4.545,80 € begründet. 922. Klage 93Wegen der Unzulässigkeit des Klageantrages zu 1.) bedarf es nur Ausführungen zum Klageantrag zu 2.). Nach den obigen Ausführungen ist dieser Klageantrag unbegründet. 94III. Prozessuale Nebenentscheidungen 95Die Kostenentscheidung folgt für den nicht übereinstimmend erledigten Teil aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war davon auszugehen, dass die Klage und die Widerklage wirtschaftlich identisch sind und demnach keine Streitwerterhöhung anzunehmen ist. Die Beklagte hat insoweit mit Blick auf die zugesprochene Widerklageforderung sowie die vorgerichtliche Verrechnung und die Verrechnung im Prozess, die Gegenstand des Widerklageantrags zu 2.) war, obsiegt, war jedoch mit Blick auf den eingeräumten Rechenfehler bei der Berechnung der Rückabwicklungsforderung und den nach Auflösung des Sperrkontos verrechneten Betrags unterlegen, sodass die Quote mit folgenden Beträgen zu berechnen war: 12.941,04 € ./. 16.369,78 €. Angesichts der wirtschaftlichen Identität hat die übereinstimmende Teilerledigungserklärung (§ 91a ZPO) mit Blick auf die Klage keine Auswirkung auf die Kostenentscheidung. 96Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2 ZPO. 97IV. Die Korrespondenz der Parteien nach der mündlichen Verhandlung hat die Kammer bei Abfassung des Urteils berücksichtigt. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht geboten. 98V. Der Streitwert wird auf 16.369,78 EUR festgesetzt. | 1. die klage wird abgewiesen. 2. auf die widerklage wird a) die klägerin verurteilt, an die beklagte einen betrag in höhe von 3.631,00 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit dem 19.05.2020 sowie aus eur 4.545,80 für die zeit seit dem 19.05.2020 bis zum 28.02.2021 zu zahlen; b) festgestellt, dass die widerklage betreffend einen betrag in höhe von 4.545,80 € erledigt ist. 3. im übrigen wird die widerklage abgewiesen. 4. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 79% und die beklagte zu 21%. 5. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die beklagte jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages. die beklagte kann die vollstreckung der klägerin durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der kläger vor der zwangsvollstreckung sicherheit in höhe von 110% des zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die parteien streiten um zahlungsansprüche aus der wahrnehmung von rechten durch die beklagte als verwertungsgesellschaft. 3die beklagte ist die allgemein bekannte verwertungsgesellschaft h. die klägerin ist ein 0000 gegründeter musikverlag. sie war bereits bei den vorgängerorganisationen der beklagten mitglied. sie ist seit gründung der beklagten mitglied. ihre gegenseitigen rechte und pflichten beruhen auf dem berechtigungsvertrag vom 17.06.2009/18.01.2010 (anlage b1, bl. 56 ff. ga). unter § 6 lit. a) heißt es dort: 4„satzung wie verteilungsplan, auch soweit künftig die satzung oder der verteilungsplan geändert werden sollte, bilden einen bestandteil des vertrags“. 5die beklagte kehrt erlöse aus der wahrnehmung von rechten aufgrund eines verteilungsplans aus. dieser verteilungsplan sah bis einschließlich 2016 eine pauschale prozentuale beteiligung von verlegern vor, wenn von einem verlagsvertrag umfasste werke als verlegt angemeldet worden waren und hierzu niemand widersprochen hat. verlagsverträge zwischen verlagen und urhebern forderte die beklagte in der vergangenheit nicht an und diese lagen ihr auch im zusammenhang mit der ausschüttung nicht vor. 6zwischen den parteien entstand streit im zuge der reaktion der beklagten auf die rechtsprechung des bgh zur verlegerbeteiligung bei der vg wort (urteil vom 21.04.2016 – i zr 198/13 – verlegerbeteiligung) sowie eines rechtskräftig gewordenen urteils des kg zur verlegerbeteiligung bei der beklagten (teilurteil vom 14.11.2016 – 24 u 96/14), die jeweils die verteilungspläne insoweit für unwirksam nach § 307 abs. 1 bgb angesehen hatten, weil die ausschüttungsvorschriften zugunsten der verleger mit wesentlichen grundgedanken des damals geltenden § 7 s. 1 urhwg nicht vereinbar seien. das kg führte in seinem urteil ergänzend aus, dass eine berechtigung individualvertraglich vereinbart werden kann. dies nahm die beklagte, handelnd durch ihre satzungsmäßigen organe, zum anlass, grundsätzlich von der unwirksamkeit der verlegerbeteiligung und einer anstehenden rückabwicklung geleisteter zahlungen für die jahre 2012 bis 2016 auszugehen. um eine allumfassende rückabwicklung zu vermeiden, entwickelte die beklagte ein besonderes verfahren, das elektronische bestätigungsverfahren („ebv“), um verlagen die möglichkeit zum nachweis ihrer berechtigung zur beteiligung zu geben. die hauptversammlung der beklagten fasste am 24.05.2017 als tagesordnungspunkt 21 (siehe anlage b4, bl. 91 ff. ga) einen beschluss zur änderung des verteilungsplans sowie einen grundsatzbeschluss zur rückabwicklung von beteiligungen von urhebern und verlegern für die ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016, soweit eine solche rückabwicklung nach durchführung des „ebv“ notwendig werden sollte (siehe anlage b3, bl. 70 ff. ga, zum grundsatzbeschluss, bl. 86 ff. ga). das verfahren wurde von der beklagten durch mehrere mitgliederschreiben im dezember 2016, sowie februar und märz 2017 bekannt gemacht, und war bis zum 13.01.2018 befristet, sodass bis dahin informationen zur berechtigung der verlagsbeteiligung von den verlagen bei der beklagten für jedes verlegte werk einzureichen waren. nachdem die verlage die informationen zur verfügung stellten, erhielten die beteiligten urheber von der beklagten eine information über die registrierung, wogegen die urheber einspruch einlegen konnten. erfolgte kein widerspruch der urheber sah die beklagte bei vorlage hinreichender nachweise für die verlegerbeteiligung von einer rückabwicklung ab. bei widerspruch erfolgte eine prüfung danach, ob der urheber oder der verlag rechte bei der beklagten eingebracht hatte. nach abschluss des verfahrens wurden weniger als 3% der an musikverlage ausgeschütteten beträge rückabgewickelt. 7die klägerin nahm an diesem elektronischen bestätigungsverfahren nicht teil, was sie der beklagten auch mit schreiben vom 09.05.2019 ausdrücklich mitteilte und die gründe für die nichtteilnahme erläuterte, insbesondere habe es an personal für die bewältigung des bürokratischen aufwandes gefehlt. sie teilte außerdem mit, dass „der weit überwiegende teil unserer verlagsverträge vor 1966 abgeschlossen wurde. in diesen verträgen wurde – was vor 0000 noch möglich war – das urheberrecht insgesamt auf den verlag übertragen. wir sind daher bei diesen werken inhaber der urheberrechte.“ 8die beklagte zahlte an die klägerin im zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 31.12.2016 34.719,43 € netto. sie behauptete zunächst unter vorlage ausführlicher ausgedruckter excel-listen und belege, dass davon nur 16.369,78 € brutto auf für die hier streitgegenständliche rückabwicklung beachtliche zahlungen entfielen. der übrige betrag entfiele auf auslandsausschüttungen, die nicht gegenstand der rückabwicklung waren. von den 16.369,78 € entfiele wiederum ein betrag von 15.529,77 € auf urheberrechtliche nutzungsrechte und ein betrag von 840,01 € auf gesetzliche vergütungsansprüche, davon 351,25 € für die private vervielfältigung nach § 54 abs. 1 urhg. mit e-mail vom 14.11.2021 korrigierte die beklagte ihren vortrag dahingehend, dass der betrag für nutzungsrechte nicht 15.529,77 €, sondern nur 13.815,40 € betrug, wobei davon 1.714,37 € zunächst auf einem sperrkonto zurückgehalten worden waren, sodann aber am 01.02.2021 mit rückforderungsansprüchen verrechnet worden seien. 9einen betrag in höhe von 16.369,78 € forderte die beklagte von der klägerin mit schreiben vom 05.12.2018 zurück (anlage zur klageschrift, bl. 17 ga). 10für die zeit ab 2017 ermittelte die beklagte ausschüttungen an die klägerin in höhe von 4.764,24 € und 4.545,80 €. diese beträge verrechnete sie mit der vorprozessual geltend gemachten rückforderung in höhe von 16.369,78 €. 11mit schreiben vom 10.11.2015 (anlage b24, bl. 497 ga) verzichtete die klägerin gegenüber der beklagten im dort konkret genannten umfang auf die einrede der verjährung sowie der entreicherung gegen rückforderungsansprüchen der beklagten aufgrund der problematik der verlagsbeteiligung „bis zur abschließenden klärung der rechtslage“. 12die klägerin erhebt die einrede der verjährung. 13die klägerin bestreitet die höhe der geltend gemachten rückforderung unter hinweis auf die fehlende nachvollziehbarkeit der beklagtenseits vorgelegten unterlagen. 14sie behauptet, für alle von ihr angemeldeten werke berechtigt gewesen zu sein, die verlegerbeteiligungen zu erhalten. sie legt zum nachweis mit den anlagen 4 – 23 diverse verlagsverträge vor. 15die klägerin hält die rechtsprechung des bgh zur verlagsbeteiligung bei der vg wort für nicht anwendbar und das oben zitierte urteil des kg für rechtlich falsch. die ausschüttung der verlagsbeteiligung habe an sie weiterhin ohne änderung zu erfolgen, was u.a. auch aus gewohnheitsrecht folge. eine pflicht zur teilnahme am elektronischen bestätigungsverfahren habe nicht bestanden; dieses verfahren sei unnötig und unsinnig gewesen. der beklagten fehle die aktivlegitimation zur rückforderung, weil es sich bei zu unrecht gezahlten beträgen an die verleger um ansprüche der urheber handele. die beklagte verhalte sich insgesamt widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich. zur verrechnung von ausschüttungen ab dem jahr 2017 sei die beklagte nicht berechtigt gewesen, weshalb diese beträge im wege der wider-widerklage geltend gemacht würden. 16mit schriftsatz vom 02.12.2021 berief sich die klägerin erstmals auf entreicherung. 17die klägerin hat ursprünglich in der klageschrift beantragt, 18festzustellen, dass der beklagten gegen die klägerin kein anspruch in höhe von 16.369,78 € gemäß schreiben der beklagten vom 5.12.2018 (kontoauszug nr. 2018/6) zusteht (im weiteren klageantrag zu 1.). 19mit schriftsatz vom 29.04.2021 beantragte sie ergänzend zum vorgenannten antrag im wege der so von ihr bezeichneten „wider-widerklage“, 20die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 4.764,24 und 4.545,80 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszins seit 7.4.2021 zu zahlen (im weiteren klageantrag zu 2.). 21die klägerin hat den klageantrag zu 1.) in der mündlichen verhandlung am 04.11.2021 in höhe eines betrags von 9.310,04 € für erledigt erklärt. die beklagte hat sich dieser teilerledigungserklärung angeschlossen. 22die beklagte beantragt im übrigen, 23 klageabweisung und abweisung der „wider-widerklage“. 24widerklagend hat die beklagte und widerklägerin in der klageerwiderung ursprünglich beantragt, 25die widerbeklagte zu verurteilen, an die widerklägerin eur 11.605,54 zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit rechtshängigkeit der widerklage zu bezahlen. 26mit schriftsatz vom 07.04.2021 hat die beklagte die widerklage in höhe von 4.545,80 € für erledigt erklärt. die klägerin hat sich dieser erledigungserklärung nicht angeschlossen. 27sie beantragte zuletzt, 28die widerbeklagte zu verurteilen, an die widerklägerin eur 7.059,74 zu bezahlen, zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit rechtshängigkeit der widerklage sowie aus eur 4.545,80 für die zeit seit rechtshängigkeit der widerklage bis zum 28.02.2021. 29die klägerin beantragt, 30 die widerklage abzuweisen. 31die beklagte ist der ansicht, dass die verteilungspläne mit blick auf die verlagsbeteiligungen in den jahren 2012 bis 2016 unwirksam gem. § 307 abs. 1 bgb waren und demnach ein kondiktionsanspruch nach § 812 bgb bestehe. die klägerin habe es sich selbst zuzurechnen, dass sie der rückforderung ausgesetzt sei, weil sie sich bewusst nicht am elektronischen bestätigungsverfahren beteiligt hatte. die einrede der verjährung greife nicht durch, weil die klägerin hierauf wirksam verzichtet habe und die verjährung sodann durch die zustellung der widerklage gehemmt worden sei. die wider-widerklage sei unzulässig, weil sie lediglich das kontradiktorische gegenteil der widerklage darstelle. 32die beklagte hat durch ihren mitarbeiter dr. x die zunächst in der akte ausgedruckte und unleserlich zerstückelte „excel-liste“ mit den buchhaltungsdaten auf den hinweis der kammer in der mündlichen verhandlung am 04.11.2021 hin per e-mail am 14.11.2021 dem gericht und der klägerin zur verfügung gestellt, um eine datenüberprüfung per computer zu ermöglichen. aus gerichtsorganisatorischen gründen hätte eine einreichung über das bea bei der als papierakte geführten verfahrensakte zum erneuten ausdruck der liste geführt. hierauf hat die klägerin mit schriftsatz vom 02.12.2021 stellung genommen, worauf wiederum die beklagte mit schriftsatz vom 22.12.2021 stellung genommen hat. 33die widerklage ist der klägerin am 18.05.2020 zugestellt worden (siehe bl. 510 ga). 34 | 35die klage ist teilweise unzulässig, im übrigen unbegründet. die zulässige widerklage ist teilweise begründet. 36i. zulässigkeit 371. die klage ist als negative feststellungsklage im noch nicht erledigten umfang zum zeitpunkt des schlusses der mündlichen verhandlung unzulässig. sie wurde mit beginn der mündlichen verhandlung und der nicht mehr einseitigen klagerücknahmemöglichkeit im umfang des widerklageantrags unzulässig, weil dieser die kontradiktorische leistungsklage darstellt. zwar betrifft die widerklage formal nur einen teil des ursprünglich mit der negativen feststellungsklage betroffenen betrags in höhe von 16.369,78 €. jedoch ist grundlage der widerklage dieser gesamte betrag abzüglich verrechneter zahlungen. demnach ergeht bei der entscheidung über die widerklage eine der rechtskraft fähige entscheidung über den gesamten betrag der negativen feststellungsklage inklusive der bereits vorprozessual verrechneten summe. 38die örtliche zuständigkeit ergibt sich aus §§ 12, 17 zpo, weil die klägerin als schuldnerin der forderung ihren gerichtsstand im hiesigen gerichtsbezirk hat. 392. die widerklage ist gem. § 33 zpo zulässig. die parteien streiten um denselben streitgegenstand, sodass die notwendige konnexität gegeben ist. 403. ob die als solche bezeichnete „wider-widerklage“ zulässig ist, bedarf keiner entscheidung, weil der im laufe des verfahrens neu eingeführte klageantrag zu 2.) als klageerweiterung der ursprünglichen klage auszulegen ist. als leistungsklage ist diese klage zulässig. die örtliche zuständigkeit für den klageantrag zu 2.) folgt aus der rügelosen einlassung der beklagten, § 39 zpo. die einwendung der beklagten, dass die „wider-widerklage“ bloß das kontradiktorische gegenteil der widerklageanträge sei, überzeugt nicht. zutreffend verweist die klägerin darauf, dass sie durch die (teil-) abweisung der widerklage keinen zahlungstitel mit blick auf verrechneten beträge erlangt. dies wird durch den klageantrag zu 2.) möglich. 41ii. begründetheit 42aus gründen der übersichtlichkeit wird zunächst die begründetheit der widerklage dargestellt. sodann folgen ausführungen zur klage. 431. widerklage 44die widerklage ist teilweise begründet. 45nach der einseitig gebliebenen teilerledigungserklärung der beklagten sind die widerklageanträge so auszulegen, dass die beklagte zum einen zahlung von 7.059,74 € (widerklageantrag zu 1.) und zum anderen die feststellung der erledigung der widerklage über einen betrag in höhe von 4.545,80 € (widerklageantrag zu 2.) begehrt. 46a) widerklageantrag zu 1. – zahlung 47die beklagte hat einen anspruch gegen die klägerin auf rückzahlung erhaltener zahlungen für die jahre 2012 – 2016 aus §§ 812 abs. 1 s. 1 alt. 1, 818 bgb. dieser rückzahlungsbetrag ist mit 14.655,41 € zu beziffern. abzüglich vorgerichtlich bereits verrechneter 4.764,24 € sowie im laufe des prozesses verrechneter 4.545,80 € (siehe dazu den widerklageantrag zu 2.) und weiterer verrechneter 1.713.37 € von einem sperrkonto verbleibt demnach ein betrag in höhe von 3.631,00 €, den die klägerin an die beklagte zu zahlen verpflichtet ist. 48aa) die klägerin hat in den jahre 2012 – 2016 geldbeträge in höhe von ca. 34.000 € von der beklagten erhalten, wobei durch die überweisungen durch die beklagte konkret die jeweiligen auszahlungsansprüche gegen die bank der klägerin erlangt worden sind. diese ansprüche erlangte die klägerin durch leistung der beklagten, die auf eine vermeintliche vertragliche forderung der beklagten zahlte (vgl. insoweit auch olg münchen, zum 2006, 473, 478; a.a. ventroni, zum 2017, 187, 204). 49allein durch diese leistung ist die beklagte auch aktivlegitimiert für einen anspruch nach § 812 bgb. die diesbezüglichen einwendungen der klägerin, die insoweit vielmehr einen (zahlungs-) anspruch der von einer im zuge der verlegerbeteiligung durch zu geringe ausschüttung betroffenen urheber annehmen wollen, greifen nicht durch. denn bei der rückabwicklung von rechtsgrundlosen leistungen ist auf die unmittelbare leistungsbeziehung abzustellen. davon ist hier auch nicht abzuweichen, weil im konkreten fall kein mehrpersonenverhältnis vorliegt. es ist die beklagte, die als verwertungsgesellschaft auf grundlage ihrer verteilungspläne in verbindung mit den jeweils erforderlichen berechtigungs- oder wahrnehmungsverträgen die von ihr eingezogenen gelder verteilt. sie wird dabei zwar als treuhänderin ihrer mitglieder tätig, jedoch als eigenständige akteurin, nicht etwa als stellvertreterin ihrer mitglieder, insbesondere der urheber. sie macht folglich einen eigenen anspruch, keinen fremden anspruch geltend. der verweis der klägerin auf eine streitbeilegungsvorschrift wegen ausschüttungen zwischen mitgliedern der beklagten im verteilungsplan (§ 10) ist unerheblich, weil diese regelung ersichtlich nur dann sinn macht, wenn die verteilung gemäß verteilungsplan wirksam ist, aber sich die frage stellt, ob das richtige mitglied die ausschüttung erhalten hat. so liegt der fall hier aber nicht, was unten näher ausgeführt wird. es kommt dabei entgegen der wiederholten ausführungen der klägerin auch nicht darauf an, ob betroffene urheber der verlegerbeteiligung der klägerin im einzelfall nicht widersprochen haben und keine diesbezüglichen ansprüche geltend gemacht haben. diese ansicht verkennt, dass grundlage der verteilung durch die beklagte der für alle mitglieder maßgebliche verteilungsplan ist und die beklagte nicht etwa bloße einziehungsstelle oder prozessstandschafterin ihrer mitglieder ist. wie die beklagte nach durchsetzung von rückzahlungsansprüchen die derart eingezogenen gelder wiederum verteilt, ist keine in diesem verfahren zu klärende frage. selbst wenn die beklagte diese zahlungen rechtswidrig verteilen würde, würde sich hieraus keine berechtigung der klägerin zum behalten der erlangten geldbeträge begründen. 50bb) der vorgenannten leistung der beklagten fehlte wegen der unwirksamkeit der verteilungspläne mit blick auf die verlagsbeteiligung hinsichtlich der davon betroffenen zahlungen in höhe von nach klarstellung der beklagten 14.655,41 € der rechtsgrund. rechtsgrund für die überweisungen durch die beklagte war jeweils der berechtigungsvertrag zwischen der beklagten und der klägerin als ihrem mitglied, wobei der hier konkret maßgebliche vertrag (anlage b1) keine konkrete klausel zur höhe der auszahlung enthält, sondern in § 6 auf die verteilungspläne verweist. da die verteilungspläne für die jahre 2012 - 2016 unwirksam nach § 307 abs. 1 bgb sind, ist der rechtsgrund für die leistungen nie vorhanden gewesen. ein anderer rechtsgrund für die zahlung liegt nicht vor. 51(1) von der unwirksamkeit der verteilungspläne geht die kammer angesichts der rechtsprechung des kg (teilurteil vom 14.11.2016 – 24 u 96/14) sowie der rechtsprechung des bgh zur verlegerbeteiligung bei der vg wort (urteil vom 21.04.2016 – i zr 198/13 – verlegerbeteiligung) aus. die kammer schließt sich insoweit trotz der ausführlichen kritik der klägerin (sowie in der literatur: vgl. hierzu auch ventroni, zum 2017, 187; hingegen weitestgehend zustimmend flechsig grur-prax 2017,31) der rechtsansicht der vorgenannten gerichte an. 52das kg führte dabei in einer sachverhaltskonstellation, in der urheber von der hiesigen wie dortigen beklagten die fehlende berechtigung der beklagten festzustellen begehrten, bei der ausschüttung der vergütung für ihre bei musikverlagen verlegten werke einen verlegeranteil von der verteilungssumme abzuziehen, wie folgt aus: 53„17 b) im vorliegenden fall können die kl. von der bekl. aufgrund der mit ihr abgeschlossenen berechtigungsverträge vom 9.8./18.10.1989 (kl. zu 1) und vom 28.10./14.12.1992 (kl. zu 2) verlangen, mit einem anteil an ihren einnahmen beteiligt zu werden, der den erlösen entspricht, die sie durch die auswertung ihrer rechte erzielt hat. die ausschüttung dieses anteils richtet sich nach der satzung und dem verteilungsplan der bekl., die – auch soweit sie künftig geändert werden sollten – nach § 6 a der verträge bestandteil des berechtigungsvertrags sind. nach den §§ 2, 4 nr. 1 der allgemeinen grundsätzen zum verteilungsplan der bekl. für das aufführungs- und senderecht (verteilungsplan a) bzw. §§ 2, 3 nr. 1 der allgemeinen grundsätzen zum verteilungsplan für das mechanische vervielfältigungsrecht (verteilungsplan b) gehört neben dem komponisten, dem textdichter und dem bearbeiter auch der verleger des werks zu den beteiligten bezugsberechtigten, wenn das werk als verlegt gemeldet worden ist und dieser registrierung – wie auch im vorliegenden fall – nicht widersprochen worden ist. in der vergangenheit resultierte daraus eine durchschnittliche beteiligung des verlags ihv 4/12 (aufführungs- und senderecht) bzw. 40 % (mechanisches vervielfältigungs- und verbreitungsrecht). 5418 c) gem. § 307 i 1, ii nr. 1 bgb sind diese bestimmungen des verteilungsplans (§§ 2, 4 nr. 1 der allgemeinen grundsätzen zum verteilungsplan der bekl. für das aufführungs- und senderecht [verteilungsplan a] bzw. §§ 2, 3 nrn. 1 u. 5 der allgemeinen grundsätzen zum verteilungsplan für das mechanische vervielfältigungsrecht [verteilungsplan b] und abschnitt i nr. 2 der ausführungsbestimmungen zum verteilungsplan a bzw. zum verteilungsplan b), die als bestandteil des berechtigungsvertrags allgemeine geschäftsbedingungen darstellen, unwirksam, weil sie mit wesentlichen grundgedanken der gesetzlichen regelung, von der sie abweichen, nicht zu vereinbaren sind. 5519 aa) gem. § 7 s. 1 wahrng af (jetzt § 27 vgg) hat die verwertungsgesellschaft die einnahmen aus ihrer tätigkeit nach festen regeln aufzuteilen, die ein willkürliches vorgehen bei der verteilung ausschließen. diese gesetzliche regelung beruht auf dem wesentlichen grundgedanken, dass die verwertungsgesellschaft als treuhänderin der berechtigten die einnahmen aus ihrer tätigkeit ausschließlich an die berechtigten zu verteilen hat, und zwar in dem verhältnis, in dem dieses einnahmen auf einer verwertung der rechte und geltendmachung von ansprüchen der jeweiligen berechtigten beruhen. mit diesem grundgedanken ist es nach der genannten entscheidung des bgh unvereinbar, nichtberechtigte an diesen einnahmen zu beteiligen (bgh, grur 2016, 596 rn. 30, 51, 62 – verlegeranteil). insbesondere ist eine beteiligung von verlegern an den einnahmen der bekl. nicht allein deshalb zulässig, weil diese mit ihr wahrnehmungsverträge geschlossen oder ihr werke gemeldet haben. eine beteiligung von verlegern setzt vielmehr voraus, dass die einnahmen der bekl. auf der wahrnehmung originärer oder von den musik- und textautoren abgeleiteter rechte oder ansprüche dieser verleger beruhen (vgl. bgh, grur 2016, 596 rn. 33 – verlegeranteil). der grundgedanke willkürfreier verteilung kommt allein bei einer verteilung der einnahmen an berechtigte zum tragen. eine ausschüttung der durch die treuhänderische wahrnehmung von rechten und ansprüchen der berechtigten erzielten einnahmen an nichtberechtigte kann nicht mit der erwägung gerechtfertigt werden, das sei materiell leistungsgerecht, weil die betreffenden nichtberechtigten schützenswerte leistungen erbracht hätten. verleger dürfen darum nach dem genannten urteil des bgh (grur 2016, 596 rn. 36 – verlegerantei) nicht allein deshalb an den einnahmen der verwertungsgesellschaft beteiligt werden, weil ihre verlegerische leistung eine voraussetzung für vergütungspflichtige nutzungen der verlegten werke schafft. es ist – so der bgh in dem die vg wort betreffenden verfahren – allein sache des gesetzgebers zu entscheiden, ob und inwieweit die verlegerische leistung urheberrechtlichen schutz genießt und ihre nutzung gesetzliche vergütungsansprüche begründet. nach geltender gesetzeslage stehen den verlegern nach dem urheberrechtsgesetz keine eigenen rechte oder ansprüche zu, die von einer verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden könnten. verleger sind – von presseverlegern abgesehen – nicht inhaber eines urheberrechtlichen leistungsschutzrechts. 5620 bb) nach diesen grundsätzen, denen der senat folgt, ist die bekl. nicht berechtigt, den auf verlegte werke der kl. entfallenden anteil an den erlösen der kl. unter abzug eines nach festen quoten berechneten verlegeranteils von der verteilungsmasse zu berechnen. denn die verleger der von den kl. geschaffenen werke, die s-gmbh und die d-gmbh, die dem rechtsstreit als streithelferinnen zu 1 und 2 auf seiten der bekl. beigetreten sind, haben der bekl. keine rechte zur wahrnehmung übertragen, die eine beteiligung am vergütungsaufkommen rechtfertigen könnten. 57[…] 5823 d) es kann nach alledem dahinstehen, ob der verteilung von erlösen aus der verwertungsgesellschaftspflichtigen einziehung der bibliothekstantieme (§ 27 urhg) und der gerätevergütung (§ 54 urhg) – auch insoweit sind die gesetzlichen vergütungsansprüche durch die von den kl. abgeschlossenen berechtigungsverträge der bekl. zur wahrnehmung übertragen worden – an die verlage darüber hinaus regelungen des europäischen gemeinschaftsrechts (insbesondere art. 5 ii, iii rl 2001/29/eg und art. 3 i, vi abs. 1 rl 2006/115/eg – vgl. dazu bgh, grur 2016, 596 rn. 42-63 – verlegeranteil) entgegenstehen. denn die fehlende berechtigung der streithelferinnen der bekl. ergibt sich schon aus der unwirksamkeit der sie begünstigenden bestimmungen des verteilungsplans. insoweit besteht auch kein grund, zwischen den erlösen aus der verwertung urheberrechtlichen nutzungsrechte und aus der einziehung gesetzlicher vergütungsansprüche zu unterscheiden. maßgeblich bleibt nach der rechtsprechung des bgh in beiden fällen, dass es der bekl. als treuhänderin nicht gestattet ist, nichtberechtigte an dem vergütungsaufkommen zu beteiligen und dass regelungen des verteilungsplans, die feste quoten für die verlegerbeteiligung unabhängig davon vorsehen, ob und inwieweit die einnahmen der verwertungsgesellschaft auf der wahrnehmung von rechten oder ansprüchen beruhen, die ihr von verlegern eingeräumt oder übertragen worden sind, gegen das willkürverbot des § 7 wahrng af (jetzt § 27 vgg) verstoßen und damit einer agb-rechtlichen inhaltskontrolle nicht standhalten. dabei ist der beitrag der musikverleger zum vergütungsaufkommen der bekl. wesentlich vermittelter und weniger fassbar als dies bei der wahrnehmung der gesetzlichen vergütungsansprüche durch die vg wort der fall ist. denn während es offenkundig ist, dass printmedien ohne den beitrag der verlegerischen leistung nicht in nennenswertem umfang kopiert oder verliehen werden können, diese also erst die voraussetzung für die vergütungspflichtige nutzung der verlegten werke schafft, steht die quotale verlegerbeteiligung im bereich der bekl. nicht in einem konkret quantifizierbaren zusammenhang mit dem umfang der promotionstätigkeit der musikverlage. die pauschale verlegerbeteiligung bleibt vielmehr unverändert, auch wenn die attraktivität des verlegten musikwerks für die nutzer und das sich daraus generierende vergütungsaufkommen maßgeblich aus anderen quellen als der verlegerischen förderung gespeist wird. 5924 e) die in den verteilungsplänen der bekl. vorgesehene verlegerbeteiligung kann – entgegen der auffassung der bekl. – auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass eine abtretung von künftigen ausschüttungsansprüchen in den verlagsverträgen zwischen komponisten und textdichtern auf der einen und musikverlegern auf der anderen seite standardisiert vereinbart sei und der verteilungsplan insoweit lediglich die in den verlagsverträgen wirksam vereinbarten abtretungen von künftigen ausschüttungsansprüchen in einheitlicher weise umsetze. entsprechendes gilt für die unterstellung einer zahlungsanweisung (§§ 362 ii, 185 bgb) in einer bestimmten höhe. 6025 aa) zwar kann der urheber dem verleger nach der rechtsprechung des bgh im grundsatz nicht nur seine gesetzlichen vergütungsansprüche und urheberrechtlichen nutzungsrechte, sondern auch seine ansprüche gegen die verwertungsgesellschaft auf herausgabe des erlöses aus der durchsetzung dieser vergütungsansprüche bzw. aus der wahrnehmung dieser nutzungsrechte wirksam abtreten (vgl. bgh, grur 2016, 596 rn. 81 – verlegeranteil; bgh, grur 1964, 326 rn. 93 – subverleger). der wortlaut der berechtigungsverträge, die die kl. zu 1 und 2 mit der bekl. – wie zahlreiche urheber auch – geschlossen haben, bietet für die annahme einer solchen vorausabtretung keinen anhaltspunkt; vielmehr sollen nach dessen § 4 ansprüche des berechtigten gegen die h nur nach (gesonderter) vereinbarung abtretbar sein. eine abtretungsanzeige, die der berechtigte bei der ausschüttung des zur verteilung anstehenden erlöses gegen sich gelten lassen müsste (§ 409 i 1 bgb), kann auch nicht in der anmeldung der werke als verlegt gesehen werden. denn die im verteilungsplan bestimmten festen quoten nehmen auf die zwischen urhebern und verlegern getroffenen vereinbarungen keine rücksicht. der den zugrundeliegenden regelungen des verteilungsplans nunmehr von der bekl. beigemessene rechtsgeschäftliche erklärungswert, auf dessen bedeutungsgehalt im verteilungsplan und in dessen ausführungsbestimmungen nicht hingewiesen wird, läuft deshalb auf die fiktion einer willenserklärung hinaus, die in allgemeinen geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden kann (§ 308 nr. 5 bgb). es kann auch nicht zum zwecke der verwaltungsvereinfachung und im interesse einer praktikablen und kostengünstigen erlösausschüttung unterstellt werden, dass die verteilungsquoten sich im regelfall mit einer vereinbarung im innenverhältnis zwischen urhebern und verlegern decken, so dass abweichende vertragsgestaltungen einer nachgelagerten refundierung überlassen werden könnten. schuldrechtliche absprachen können nicht in einem derart weitreichenden umfang als gleichförmig getroffen unterstellt werden. schon die hier eingereichten differierenden verträge zwischen den kl. mit den beiden streitverkündeten machen deutlich, dass eine einheitliche vertragspraxis nicht besteht. auch die (zum teil ausdrücklich) dynamische verweisung auf den jeweiligen verteilungsplan in den verbreiteten vertragsmustern macht schon für sich genommen deutlich, dass eine abtretung oder zahlungsanweisung in einer bestimmten höhe als typischerweise vereinbart oder erklärt gerade nicht unterstellt werden kann. 6126 bb) vielmehr bleibt es eine im einzelfall zu prüfende frage, ob die nach den vom bgh aufgestellten grundsätzen berechtigten ihre ansprüche individualvertraglich durch abtretungsvertrag (§ 398 bgb) an die verleger wirksam abgetreten haben oder ob zumindest eine anweisung zur auszahlung an diese als dritte wirksam erteilt worden ist.“ 62diese ausführungen gelten auch im verhältnis der parteien zueinander. die maßgeblichen passagen der verteilungspläne, die vertragsbestandteil geworden sind und die grundlage der zahlungen der beklagten an die klägerin waren, sind demnach gem. § 307 abs. 1 s. 1 und abs. 2 nr. 1 bgb unwirksam. sie verstoßen wegen der pauschalität der gewährung eines verlegeranteils unabhängig von der tatsächlichen einbringung von rechten zur wahrnehmung durch die beklagte gegen den grundgedanken des § 7 s. 1 wahrng af (jetzt § 27 vgg). sie können folglich nicht als rechtsgrund für die leistungen der beklagten an die klägerin herangezogen werden. 63die angriffe der klägerin gegen dieses urteil überzeugen nicht. die klägerin erkennt richtig, dass das oben zitierte urteil des kg nur wirkung inter partes der dortigen parteien entfaltet. die ausführungen des kg betreffen jedoch nicht nur eine vertragsklausel, die nur eine individualvertragliche regelung zwischen den dortigen parteien darstellten, sondern den für alle leistungsbezieher der beklagten maßgeblichen verteilungsplan. diese ausführungen des kg überzeugen auch, sodass in hiesigem verfahren dieselbe rechtsfolge der unwirksamkeit der maßgeblichen stellen des verteilungsplans festzustellen ist. dabei ergibt sich aus den feststellungen des kg, dass es jedenfalls fälle gibt, in denen der verteilungsplan zu unrecht die verlegerbeteiligung gewährte, obwohl u.a. die urheber wegen des prioritätsgrundsatzes schon alle – auch zukünftige – rechte der beklagten zur wahrnehmung übertragen hatten und sie mit einem nachfolgenden verlagsvertrag keine diesbezüglichen rechte mehr an die verlage einräumen konnten, die die verlage dann bei der beklagten zur wahrnehmung einbrachten. ob dies im verhältnis der parteien zueinander nicht der fall ist, bedarf keiner aufklärung, weil der verteilungsplan der beklagten angesichts seiner universellen bedeutung nicht gegenüber einzelnen mitgliedern bestand haben und anderen mitgliedern gegenüber unwirksam sein kann. die vorlage von verlagsverträgen durch die klägerin in diesem verfahren ändert hieran nichts, zumal diese nur eine auswahl des repertoires betrifft. es ist keinesfalls möglich die maßgeblichen stellen des verteilungsplans nur gegenüber der klägerin weiterhin anzuwenden, weil damit eine ungerechtfertigte ungleichbehandlung der mitglieder der beklagten verbunden wäre. 64(2) insofern ist auch die grundlegende entscheidung der beklagten im beschluss der hauptversammlung der beklagten am 24.05.2017 zur rückabwicklung von beteiligungen von urhebern und verlegern für die ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016, soweit eine solche rückabwicklung nach durchführung des „ebv“ notwendig werden sollte (siehe anlage b3, bl. 86 ff. ga, sowie anlage b4) nicht zu beanstanden. es war für die beklagte absehbar, dass ihr andernfalls eine vielzahl von prozessen von urhebern drohen würden, in welchen die rechtsprechung des kg bestätigt werden würde. die kritik der klägerin an diesem vorgehen ist dabei rechtlich unerheblich. sie verkennt, dass mangels wirksamer klauseln zur verlegerbeteiligung im verteilungsplan zu keiner zeit eine rechtsgrundlage für die entsprechenden zahlungen bestanden hat. soweit die klägerin also eine unzulässige rückwirkung einwendet, ist dies rechtsirrig. 65das „ebv“ der beklagten stellte ein geordnetes verfahren zur nachträglichen schaffung eines rechtsgrundes dar. da die klägerin sich hieran unstreitig nicht beteiligt hat, ließ sie die gelegenheit, einen rechtsgrund zu schaffen, ungenutzt. hierfür ist nur sie selbst verantwortlich. es bestand zwar keine pflicht der klägerin zur teilnahme, die negativen folgen der nichtteilnahme – hier die perpetuierung des fehlenden rechtsgrundes der gezahlten verlegerbeteiligungen – hat die klägerin jedoch wie bei einer obliegenheitsverletzung hinzunehmen. 66(3) der einwand der klägerin, eine agb-kontrolle der klauseln zur pauschalen verlegerbeteiligung in den für die streitgegenständlichen jahren anwendbaren verteilungsplänen müsse vorliegend ausscheiden, weil es sich um eine preisvereinbarung handele (vgl. hierzu auch ventroni, zum 2017, 187, 190 m.w.n. zum streitstand), überzeugt nicht. bei den regelungen des berechtigungsvertrags handelt es sich nach ständiger rechtsprechung des bgh um allgemeine geschäftsbedingungen. der verteilungsplan ist bestandteil des berechtigungsvertrags (§ 6 lit. a des berechtigungsvertrags). die bestimmungen des verteilungsplans einschließlich seiner ausführungsbestimmungen sind daher gleichfalls allgemeine geschäftsbedingungen (bgh grur 2016, 606 rn. 17 – allgemeine marktnachfrage; grur 2013, 375, rn. 13 – missbrauch des verteilungsplans, m.w.n.; von ungern-sternberg, grur 2020, 923, 932ff.). zu beachten ist, dass die hier maßgeblichen klauseln nicht im sinne einer materiellen verteilungsregel die konkrete höhe eines entgelts zwischen den parteien betreffen und folglich keine preisvereinbarung im engeren sinne darstellen. insbesondere geht es vorliegend nicht um eine nicht über die agb-kontrolle gerechtfertigte preiskontrolle. die klauseln stellen vielmehr die konkretisierung von nach § 7 s. 1 wahrng af bzw. § 27 vgg gesetzlich gebotenen regeln zur verteilung der einnahmen der beklagten an die wahrnehmungsberechtigten dar. diese klauseln unterfallen demnach der klauselkontrolle gem. § 307 abs. 3 s. 1 bgb. sie stellen eine ergänzende regelung zu den o.g. rechtsvorschriften dar. hinzu kommt, dass vorliegend bei der verlegerbeteiligung im verhältnis der parteien zueinander nicht von einem entgelt ausgegangen werden kann. die beklagte ist nicht nutzer von werken für die sie ein „lizenzentgelt“ zu entrichten hätte. die beklagte zieht vielmehr bei den nutzern von urheberrechtlich geschützten werken zahlungen ein und verteilt diese dann an die urheber bzw. verlage. diese ausschüttungen sind demnach weder rechtlich noch tatsächlich ein von der beklagten zu zahlendes entgelt für eine überlassung von rechten ihrer mitglieder. ob hierin ein entgelt der urheber an die verlage für die verlagstätigkeit zu sehen ist, bedarf an dieser stelle keiner entscheidung, weil die beklagte keine ansprüche der urheber, sondern eigene ansprüche durchsetzt. 67(4) ein anderer rechtsgrund für die leistung ist nicht ersichtlich. eine vertragliche grundlage liegt mangels anderer vertraglicher vergütungsklauseln im berechtigungsvertrag der beklagten mit der klägerin nicht vor. die satzung der beklagten enthält entgegen des vorbringens der klägerin ebenfalls keine grundlage für die hier konkret zu beurteilende zahlung. die klägerin vermag insoweit schon keine konkrete regelung der satzung vorzutragen, aus welcher sich die konkrete höhe der ausschüttung der verlegerbeteiligung ergeben soll. dabei verkennt die kammer auch nicht, dass die beklagte für die bemessung der erlösanteile der einzelnen berechtigten ein leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 bgb für einen anspruch der klägerin gegen die beklagte aus dem berechtigungsvertrag i.v.m. §§ 675, 667 bgb zusteht (bgh grur 2005, 757, 759 – pro-verfahren). insoweit sind die verteilungspläne nur ein teil der leistungsbestimmung im geordneten verfahren, nicht leistungsbestimmung selbst (vgl. von ungern-sternberg, grur 2020, 923, 934). die leistungsbestimmung für den streitgegenständlichen zeitraum ist durch abrechnung und ausschüttung der beklagten gegenüber der klägerin zunächst erfolgt. nach wegfall der unwirksamen passagen im verteilungsplan fiel sodann aber auch die leistungsbestimmung weg. eine neue leistungsbestimmung nach den grundsätzen von § 315 bgb, d.h. nach billigem ermessen, und von § § 7 s. 1 wahrng af bzw. § 27 vgg, d.h. willkürfrei, war geboten. um diese vorzunehmen benötigte die beklagte die mitwirkung der verlage, die sie im rahmen des „ebv“ einforderte. mangels teilnahme der klägerin an diesem „ebv“ war die beklagte aber gehindert eine neue leistungsbestimmung vorzunehmen. jede leistungsbestimmung ohne mitwirkung der klägerin wäre wiederum nicht nach billigem ermessen und nicht willkürfrei gegenüber den übrigen mitgliedern und ausschüttungsberechtigten der beklagten gewesen. 68auch der verweis der klägerin auf die verlagsverträge zwischen ihr und ihren autoren ist nicht geeignet als rechtsgrund der zahlung zu dienen, weil hierdurch die beklagte nicht vertraglich gebunden ist. wie oben dargestellt ist die beklagte nicht stellvertreter oder abrechnungsstelle der urheber, sondern eigenständig als treuhänderin tätig. auch ein anerkenntnis durch zahlung der beklagten ist nicht anzunehmen, weil die beklagte durch die bloße ausschüttung nicht die unwirksamen stellen des verteilungsplans faktisch heilen konnte und dies offenbar auch nicht wollte. 69(5) ein rechtsgrund kann auch nicht im gewohnheitsrecht erkannt werden. für den bereich der gesetzlichen vergütungsansprüche hatte der bgh bereits ausgeführt, dass etwaig bestehendes gewohnheitsrecht wegen entgegenstehender gesetzlicher normen außer kraft gesetzt worden wäre (grur 2016, 596, rn. 84 ff. – verlegeranteil). diese wertung kann auch auf hiesigen fall übertragen werden. doch auch mit blick auf die hier zum großteil maßgeblichen ausschüttungen auf nutzungsrechte kann die kammer auf grundlage des hierfür maßgeblichen klägervortrags kein gewohnheitsrecht erkennen. die entstehung von gewohnheitsrecht erfordert eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine tatsächliche übung, die von den beteiligten als verbindliche rechtsnorm anerkannt wird. notwendig ist mithin die überzeugung der beteiligten verkehrskreise, durch die einhaltung der übung bestehendes recht zu befolgen (bgh grur 2016, 596, rn. 85 – verlegeranteil). insoweit ist die klägerin, weil dieser umstand für sie vorteilhaft ist, darlegungs- und beweisbelastet. über pauschale ausführungen zur langjährigen praxis der verlegerbeteiligung hinaus ist aber nicht zu erkennen, dass alle beteiligten, insbesondere urheber, die verlegerbeteiligung auch ohne regelung im verteilungsplan als verbindliches recht ansahen. die bloße duldung entsprechender ausschüttungen genügt hierfür nach ansicht der kammer nicht. hinzu kommt, dass auch ein etwaiges dahingehendes gewohnheitsrecht nicht den gesetzlichen wertungen in § 7 s. 1 wahrng af (jetzt § 27 vgg) widersprechen darf, da insoweit dem formellen gesetz vorrang einzuräumen ist. dann aber wiederholen sich auch an dieser stelle die obigen ausführungen im zusammenhang mit der agb-kontrolle nach § 307 bgb. 70(6) dieses ergebnis, wonach die klägerin trotz zur wahrnehmung übertragener rechte ganz ohne gegenleistung verbleibt und sozusagen „leer ausgeht“, ist auch im einzelfall nicht unbillig. denn die klägerin hätte am „ebv“ teilnehmen und dadurch nachträglich ihre legitimation nachweisen können. dies hat laut unbestrittenem vortrag der beklagten auch eine vielzahl der musikverlage getan, weshalb nur ein geringer prozentsatz der verlegerbeteiligungen rückabgewickelt werden mussten. die einwände der klägerin, dass sie es nicht eingesehen habe, den aufwand des „ebv“ zu erfüllen, führen nicht dazu, dass der klägerin – etwa aus billigkeitserwägungen – ausgeschüttete beteiligungen verbleiben müssen. denn nach dem gesamteindruck des schriftlichen vortrags der klägerin nahm diese gegenüber dem „ebv“, das von der mitgliederversammlung der beklagten beschlossen worden ist, von anfang an eine ablehnende haltung ein. eine eingehende auseinandersetzung mit den erforderlichen angaben in diesem nachweisverfahren erfolgte offenbar nicht. im rahmen dieses gerichtsverfahrens war es der klägerin insoweit möglich eine gewisse zahl von verlagsverträgen vorzulegen. warum im rahmen des „ebv“ der aufwand angeblich unzumutbar hoch gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. jedenfalls aber hat die klägerin durch ihre grundsätzlich ablehnende haltung derart gegen die sorgfalt in eigenen angelegenheiten verstoßen, dass es vorliegend angemessen erscheint, dass sie für den streitgegenständlichen zeitraum keinerlei ausschüttungen erhält bzw. behalten darf. nichts anderes gilt auch bei beachtung des klägervortrags, dass die klägerin durch rechtsübertragungen in jahren bis zum 31.12.1965 urheber von werken geworden ist. ein etwaiger anspruch nach § 32 urhg auf angemessene vergütung für diese werke besteht angesichts § 132 abs. 1 s. 1 urhg nicht. 71cc) die klägerin ist folglich zur herausgabe der bereicherung, konkret zum wertersatz der nach banküberweisung erlangten auszahlungsansprüche, verpflichtet (§ 818 abs. 1, 2 bgb). 72bei der berechnung ist angesichts der zwischenzeitlichen verrechnungen sowie der prozessualen lage nach einseitig gebliebenen erledigungserklärungen wie folgt vorzugehen: 73rechtsgrundlose ausschüttungen auf nutzungsrechte 13.815,40 € 74rechtsgrundlose ausschüttungen auf ges. vergütungsansprüche 840,01 € 75zwischensumme 14.655,41 € 76abzüglich verrechnung vor widerklageerhebung 4.764,24 € 77abzüglich verrechnung zum 28.02.2021 (siehe bl. 586 ga) 4.545,80 € 78abzüglich verrechnung sperrkonto (siehe bl. 713a ga) 1.714,37 € 79verbleibende bereicherung 3.631,00 € 80der betrag der rechtsgrundlosen ausschüttungen auf nutzungsrechte in höhe von 13.815,40 € ergibt sich zur überzeugung der kammer aus der vorgelegten excel-tabelle, die insoweit 1214 buchungssätze enthält zu werken, die die klägerin verlegt. dabei ist der tabelle zu entnehmen, dass alle buchungssätze in der maßgeblichen zeit vom 01.07.2012 bis zum 23.12.2016 erfolgt sind, konkret betreffen die ältesten buchungen das datum „2012 07 01“ und die jüngsten buchungen das datum „2016 11 01“. in jedem fall ist die klägerin als hauptkontoinhaberin mit der rolle „4“ angegeben, was sich ausweislich des schlüssels in anlage b19, bl. 473 ga, als verleger auflösen lässt. in manchen fällen ist kein urheber angegeben, sodass dort ebenfalls die klägerin als urheberin erfasst ist. diese einträge betrafen beträge, die zunächst auf ein sperrkonto gebucht worden sind und sodann an die klägerin ausgeschüttet worden sind. anhand dieser informationen erscheinen die buchungen für die kammer ausreichend nachvollziehbar. die stellungnahme der klägerin vermag insoweit den gesamtbetrag nicht in zweifel zu ziehen. soweit sie hier wiederum ihre berechtigung für die urheber bülow und hengstler und ihre urhebereigenschaft für den urheber max seiffert vorträgt, geht dies nach den obigen ausführungen ins leere. diese angaben hätten im „ebv“ gemacht werden können. die kritik an zeile 228 der excel tabelle, dort das werk „verloren“ betreffend den urheber brozat, ändert auch nichts. zum einen betrifft dies nur eine einzige von 1214 buchungen mit einem ausschüttungswert zugunsten der klägerin von 0,37 €. zum anderen bleibt der vortrag zur angeblich nicht vereinnahmten ausschüttung substanzlos, weil nur auf das fehlen des verlagsvertrags verwiesen wird. der beklagten lagen bei der pauschalen ausschüttung nach verteilungsplan unstreitig keine verlagsverträge vor, sodass insoweit eine ausschüttung ggf. materiell zu unrecht erfolgt sein könnte. der klägerin hätte es aber oblegen anhand ihrer unterlagen nachzuvollziehen, ob sie die 0,37 € am 01.01.2014 erhalten hat oder nicht. 81der betrag der rechtsgrundlosen ausschüttungen auf gesetzliche vergütungsansprüche in höhe von 840,01 € ergibt sich zur überzeugung der kammer aus den anlagen b26 – b29 (bl. 592 – 643 ga). diesen abrechnungen ist die klägerin nicht ausreichend qualifiziert entgegen getreten. 82vor diesem hintergrund war die verrechnung vor widerklageerhebung mit einem betrag in höhe von 4.764,24 € berechtigt. dasselbe gilt für die verrechnung zum 28.02.2021 in höhe von 4.545,80 € (betrifft widerklageantrag zu 2.). die verrechnung von 1.714,37 € vom sperrkonto kommt der klägerin zugute und vermindert die widerklageforderung, ohne dass dazu eine prozessuale erklärung erfolgt wäre und mithin ein teilunterliegen der beklagten vorliegt. 83der einwand der entreicherung nach § 818 abs. 3 bgb ist als verspätet nach § 296a zpo unbeachtlich. dieser wurde erstmals nach dem schluss der mündlichen verhandlung am 04.11.2021 im schriftsatz vom 02.12.2021 erklärt, obwohl dieser schriftsatz insoweit nicht nachgelassen war (der nachlass betraf nur die inhalte der excel-tabelle, siehe protokoll der sitzung vom 04.11.2021, bl. 708r). angesichts des umstands, dass die beklagte ihre widerklage von beginn an auf § 812 bgb stützte, hätte die klägerin den einwand jedenfalls vor schluss der mündlichen verhandlung erheben können. die wiedereröffnung der mündlichen verhandlung war wegen dieses vortrags nicht geboten. hinzu kommt, dass die klägerin mit erklärung vom 10.11.2015 gegenüber der beklagten auf „die einrede der entreicherung nach § 818 abs. 3 bgb“ verzichtete (anlage b24, bl. 497). 84dd) entgegen der ausführungen der klägerin ist der verhalten der beklagten nicht rechtsmissbräuchlich. allein der umstand, dass die beklagte sich beim oben mehrfach zitierten verfahren beim kg gegen die klage verteidigt hat und die verlegerbeteiligung im verteilungsplan für rechtmäßig hielt, führt nicht dazu, dass sie sich nunmehr nach anerkennung der rechtlichen ausführungen des rechtskräftigen urteils sowie entsprechender willensbildung zum „ebv“ und zur etwaigen rückabwicklung durch die zuständigen organe der beklagten nicht auf die neue rechtsansicht berufen darf. anderenfalls würde sich die als rechtswidrig erkannte ausschüttungspraxis zwangsläufig verfestigen, was gerade nicht folge des kg-urteils sein soll. 85ee) die einrede der verjährung der klägerin gegen die widerklageforderung hat keinen erfolg. mit erklärung vom 10.11.2015 (bl. 497 ga) hat die klägerin für die hier streitgegenständliche forderung seit juli 2012 sowie für zukünftige ausschüttungen auf die einrede der verjährung verzichtet und zwar „bis zur abschließenden klärung der rechtslage“. wann diese abschließende klärung der rechtslage eingetreten ist, bedarf der auslegung nach § 133, 157 bgb. nach der argumentation der klägerin ist diese rechtslage bis heute nicht geklärt, was sich in der massiven kritik des urteils des kg niederschlägt. dann wäre der verjährungsverzicht jedenfalls bis zur widerklagezustellung anwendbar. nach dem aber maßgeblichen objektivierten empfängerhorizont und unter beachtung der formularvertraglichen vereinbarung ist damit der zeitpunkt der rechtskraft des zuvor zitierten urteils des kg zu verstehen. der beschluss des bgh, mit der die nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist, datiert auf den 18.10.2017. 86die widerklage ist der klägerin zu händen ihres prozessbevollmächtigten (und geschäftsführers) ausweislich ihres schriftsatzes vom 29.06.2020 am 18.05.2020 zugegangen (bl. 510 ga). die verjährung des rückforderungsanspruchs ist demnach rechtzeitig durch widerklage gehemmt geworden nach § 204 abs. 1 nr. 1 bgb. dabei kann im ergebnis offenbleiben, wann die gem. § 195 bgb dreijährige verjährungsfrist begonnen hat. selbst wenn man dieses datum auf den 18.10.2017 festlegen wollte, weil zu diesem zeitpunkt „die abschließende klärung der rechtslage“ eingetreten ist, erfolgte die verjährungshemmung innerhalb der drei jahre. 87der verjährungsverzicht hält auch einer agb-kontrolle stand. eine unangemessene benachteiligung der klägerin nach § 307 abs. 1, abs. 2 bgb liegt nicht vor. es handelt sich in ansehung der bahnbrechenden rechtsprechung von bgh (betreffend die vg wort) und des kg um eine ausgewogene regelung, die die klägerin im übrigen nicht unterzeichnen musste. dann hätte sie aber schon früher mit einer rückforderung rechnen müssen. durch den verjährungsverzicht hat die beklagte den verlagen zudem die möglichkeit gegeben, sich am „ebv“ zu beteiligen und damit eine rückforderung zu vermeiden. dass die klägerin diese möglichkeit nicht wahrgenommen hat, ist von ihr wie oben ausführlich beschrieben selbst zu vertreten. 88die klausel ist auch nicht intransparent. die verwendung der unbestimmten zeitlichen formulierung „bis zur abschließenden klärung der rechtslage“ war angesichts der laufenden nichtzulassungsbeschwerde nach dem urteil des kg auch für die verlage ausreichend verständlich, wobei vorliegend zu beachten ist, dass der geschäftsführer der klägerin (und zugleich ihr prozessbevollmächtigter) rechtsanwalt ist. 89ff) der zinsanspruch folgt aus §§ 288 abs. 1, 291 bgb. 90b) antrag zu 2. 91nach den obigen ausführungen ist auch der widerklageantrag zu 2.) auf feststellung der erledigung der widerklage in höhe der verrechnung zum 28.02.2021 in höhe von 4.545,80 € begründet. 922. klage 93wegen der unzulässigkeit des klageantrages zu 1.) bedarf es nur ausführungen zum klageantrag zu 2.). nach den obigen ausführungen ist dieser klageantrag unbegründet. 94iii. prozessuale nebenentscheidungen 95die kostenentscheidung folgt für den nicht übereinstimmend erledigten teil aus § 92 abs. 1 zpo. dabei war davon auszugehen, dass die klage und die widerklage wirtschaftlich identisch sind und demnach keine streitwerterhöhung anzunehmen ist. die beklagte hat insoweit mit blick auf die zugesprochene widerklageforderung sowie die vorgerichtliche verrechnung und die verrechnung im prozess, die gegenstand des widerklageantrags zu 2.) war, obsiegt, war jedoch mit blick auf den eingeräumten rechenfehler bei der berechnung der rückabwicklungsforderung und den nach auflösung des sperrkontos verrechneten betrags unterlegen, sodass die quote mit folgenden beträgen zu berechnen war: 12.941,04 € ./. 16.369,78 €. angesichts der wirtschaftlichen identität hat die übereinstimmende teilerledigungserklärung (§ 91a zpo) mit blick auf die klage keine auswirkung auf die kostenentscheidung. 96der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 nr. 11, 709 s. 2 zpo. 97iv. die korrespondenz der parteien nach der mündlichen verhandlung hat die kammer bei abfassung des urteils berücksichtigt. die wiedereröffnung der mündlichen verhandlung war nicht geboten. 98v. der streitwert wird auf 16.369,78 eur festgesetzt. |
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} | 1a K 2967/19.A | 2022-02-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Juni 2019 (Az.: 7828122-232) wird aufgehoben. Die Kosten des – gerichtsgebührenfreien – Verfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. 1Tatbestand: 2Die Kläger wenden sich gegen die mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) ausgesprochene Unzulässigkeit ihrer Asylanträge und die darauf beruhende angeordnete Abschiebung nach Italien. 3Die Kläger sind nigerianische Staatsangehörige. Die Klägerin zu 1. ist die Mutter des im Jahr 2018 in Italien geborenen Klägers zu 2. Die Kläger reisten eigenen Angaben zufolge gemeinsam mit dem Ehemann der Klägerin zu 1., der zugleich Vater des Klägers zu 2. ist und bei dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen 1a K 2947/19.A ein eigenständiges Klageverfahren gegen die auf denselben Gründen beruhende Ablehnung seines Asylantrages durch das Bundesamt betreibt, am 9. Mai 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten dort am 28. Mai 2019 jeweils einen Antrag auf Asyl. In Deutschland bekam die Klägerin zu 1. im Jahr 2020 zusammen mit ihrem Ehemann ein weiteres Kind. 4Eine am 10. Mai 2019 erfolgte EURODAC-Anfrage durch das Bundesamt ergab, dass die Klägerin zu 1. am 28. September 2017 einen Asylantrag in Livorno, Italien, gestellt hatte. Im Rahmen ihrer Anhörung am 28. Mai 2019 gab die Klägerin zu 1. an, zusammen mit ihrem Ehemann über Libyen zunächst nach Italien eingereist zu sein. Der Kläger zu 2. sei in Italien geboren. Die Familie sei in einem Camp untergebracht worden, das sie aber nach einer gewissen Zeit habe verlassen müssen. Danach habe sie auf der Straße gelebt und sich insgesamt zwei Jahre lang in Italien aufgehalten. 5Mit Formularantrag vom 29. Mai 2019 ersuchte das Bundesamt die italienischen Behörden um Wiederaufnahme der Kläger. Das Gesuch ging an demselben Tag bei den italienischen Behörden ein. Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 erklärten die italienischen Behörden ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme beider Kläger. 6Mit Bescheid vom 12. Juni 2019 lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Kläger als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote vorlägen, (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 3) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 15 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Zur Begründung führte es aus, die Unzulässigkeit des Asylantrages beruhe auf der Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens. Abschiebungsverbote hinsichtlich Italiens seien auch nicht feststellbar, weil den Klägern dort insbesondere keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe. Der Bescheid wurde den Klägern am 19. Juni 2019 zugestellt. 7Am 19. Juli 2019 – während des gerichtlichen Verfahrens – stellte das Bundesamt, nachdem die Kläger im zugehörigen Eilverfahren (1a L 1016/19.A) Kopien von auf ihre Namen ausgestellten italienischen Aufenthaltserlaubnissen vorgelegt hatten, ein Auskunftsersuchens an Italien. Die italienischen Behörden teilten mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 mit, dass der Asylantrag der Klägerin zu 1. endgültig abgelehnt worden sei, sie nur eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis bis zum 4. Dezember 2020 erteilt bekommen habe und ihr Asylverfahren daher nicht mehr fortgesetzt werde. 8Die Kläger haben am 26. Juni 2019 Klage erhoben. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, ihnen drohe in Italien aufgrund der dort herrschenden Zustände für Dublin-Rückkehrer eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung, zumal die italienischen Behörden keine individuelle Zusicherung für eine adäquate Unterbringung und Versorgung abgegeben hätten. 9Die Kläger beantragen, 10den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Juni 2019 (Az.: 7828122-232) aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung verweist sie auf den angegriffenen Bescheid. 14Mit Beschluss vom 15. Oktober 2019 hat das erkennende Gericht auf Antrag der Kläger vom 26. Juni 2019 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage angeordnet (Az. 1a L 1016/19.A). 15Mit Beschluss vom 20. September 2021 hat die erkennende Kammer den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit Schriftsatz vom 11. März 2021 haben die Kläger auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Mai 2021 erteilt. 16Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowohl des hiesigen Verfahrens als auch des zugehörigen Eilverfahrens (1a L 1016/19.A) als auch des Verfahren des Ehemannes bzw. Vaters der Kläger (1a K 2947/19.A) nebst zugehörigen Eilverfahrens (1a L 1002/19.A) sowie auf die jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Der vor dem Hintergrund des Beschlusses der Kammer vom 20. September 2021 gemäß § 76 Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) zuständige Einzelrichter entscheidet über die Sache ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich die Beteiligten hiermit wirksam einverstanden erklärt haben (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –). 19Die zulässige – insbesondere gemäß § 74 Abs. 1 Hs. 2 in Verbindung mit § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG fristgerecht erhobene – Klage hat in der Sache Erfolg. Der Bescheid des Bundesamtes vom 12. Juni 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil bereits die in Ziffer 1 des Bescheids ausgesprochene Ablehnung des Asylantrags als unzulässig auf keiner gesetzlichen Grundlage beruht (dazu I.). Vor diesem Hintergrund sind auch die weiteren Ziffern des Bescheids aufzuheben (dazu II.). 20I. 21Die in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes vom 12. Juni 2019 enthaltene Unzulässigkeitsentscheidung ist rechtswidrig. Denn die Voraussetzungen der vom Bundesamt für die Ablehnung der Asylanträge der Kläger primär herangezogenen Vorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG liegen nicht vor (dazu 1.). Die Unzulässigkeitsentscheidung kann auch nicht in eine solche auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG beruhende Unzulässigkeitsentscheidung umgedeutet werden (dazu 2.). 221. 23Der Asylantrag ist nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig abzulehnen, da die Zuständigkeit Italiens für das Asylbegehren der Kläger nicht mehr besteht. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. 24Vorliegend ist allerdings nicht Italien, sondern die Beklagte für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger zuständig. Italien war zwar ursprünglich zuständig (dazu a.). Die Zuständigkeit ist auch nicht wegen verspäteten Stellens des Wiederaufnahmegesuches (dazu b.) oder Ablaufes der Überstellungsfrist (dazu c.), gleichwohl aber wegen der den Klägern in Italien drohenden Gefahr einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung auf die Beklagte übergegangen (dazu d.). 25a) 26Italien war ursprünglich für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger zuständig. Das ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO. Danach ist ein Mitgliedsstaat – hier Italien – verpflichtet, einen Ausländer wiederaufzunehmen, wenn dieser dort bereits einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Antrag abgelehnt worden ist. Bei der Vorschrift des Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO handelt es sich, auch wenn der Wortlaut von den „Pflichten des zuständigen Mitgliedsstaates“ spricht, um eine genuine die Zuständigkeit für die Durchführung eines Asylverfahrens begründende Vorschrift, die eine Prüfung der Art. 7 ff. Dublin-III-VO entbehrlich macht. 27Vgl. EuGH, Urteil vom 2. April 2019 - C-582/17 und C-583/17 -, juris, Rn. 67. 28Die italienischen Behörden haben auch mit Schreiben vom 11. Juni 2019 ihre Zuständigkeit für beide Kläger entsprechend erklärt und ihre Bereitschaft zur Wiederaufnahme formuliert. Auch wenn Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO nicht einschlägig wäre, ergäbe sich die Zuständigkeit Italiens, wie die italienischen Behörden in ihrer Annahme des deutschen Wiederaufnahmegesuches auch zutreffend ausführen, zudem auf Grundlage des Art. 12 Abs. 1 Dublin-III-VO, weil die Kläger in Italien eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben. 29b) 30Die damit begründete Zuständigkeit Italiens ist weiter nicht nachträglich gemäß Art. 23 Abs. 2 und 3 Dublin III-VO entfallen. Danach geht die Zuständigkeit für die Durchführung eines Asylverfahrens auf den ersuchenden Mitgliedsstaat – die Beklagte – über, wenn das Wiederaufnahmegesuch an den ersuchten Staat – Italien – nicht innerhalb von zwei Monaten nach der EURODAC-Treffermeldung erfolgt. Das Bundesamt richtete hier nach der am 10. Mai 2019 erfolgten EURODAC-Treffermeldung am 29. Mai 2019, also nach 19 Tagen und damit offensichtlich fristgerecht, ein Wiederaufnahmeersuchen für die Kläger an die italienischen Behörden, welches ausweislich der automatisch generierten Empfangsbestätigung am selben Tag dort einging und mit Schreiben der italienischen Behörden am 11. Juni 2019 positiv beantwortet wurde. 31c) 32Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte kann auch nicht auf Grundlage des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO angenommen werden. Danach geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedsstaat – die Beklagte – über, wenn der Asylantragsteller nicht innerhalb von sechs Monaten an den an sich zuständigen Mitgliedsstaat überstellt wird. Beginn des Laufes dieser Frist ist nach Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin-III-VO der Zeitpunkt der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch den zuständigen Staat. Wurde hingegen gegen die Überstellungsentscheidung ein Rechtsbehelf eingelegt, dem aufschiebende Wirkung zukommt, beginnt die Frist erst mit der endgültigen Entscheidung über diesen Rechtsbehelf. Vor diesem Hintergrund hat die Überstellfrist vorliegend noch gar nicht zu laufen begonnen, weil die Kläger gegen die Überstellungsentscheidung vorliegende Klage erhoben haben, der aufgrund des Beschlusses des erkennenden Gerichts vom 15. Oktober 2019 auch aufschiebende Wirkung zukommt. 33Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 2016 - 13 A 2302/15.A -, juris, Rn. 27 m.w.N. 34d) 35Die Zuständigkeit Italiens ist aber entfallen, weil sie auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 der Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen ist. Nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat – die Beklagte – die Prüfung der in Kapitel III der Verordnung vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat – hier Italien – zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechte-Charta (GR-Charta) oder Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) mit sich bringen. Kann die Überstellung an den zuständigen Mitgliedsstaat oder an den Mitgliedsstaat, in dem erstmalig ein Asylantrag gestellt worden ist, nicht erfolgen, ist der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 Dublin-III-VO zuständig. 36Danach ist die Beklagte ist ein Zuständigkeitsübergang zu bejahen. Eine Gefahr im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK ist zu bejahen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in diesem Zielstaat aufgrund systemischer Mängel, das heißt regelhaft, so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylsuchenden auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta oder Art. 3 EMRK droht (dazu aa.). Dies trifft auf den hiesigen Einzelfall zu (dazu bb.). Mangels einschlägiger anderweitiger Zuständigkeitskriterien ist die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen (dazu cc.). 37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 9. 38aa) 39Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 bzw. 3 der Dublin-III-Verordnung stellt danach klar, dass in einer Situation, in welcher ein Antragsteller aufgrund systemischer Schwachstellen im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz selbst zuständig wird, wenn er nach Fortsetzung der Prüfung der Kriterien des Kapitels III der Verordnung feststellt, dass keine Überstellung an einen aufgrund dieser Kriterien bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden kann. 40Zunächst spricht im vorliegenden Einzelfall Maßgebliches dafür, dass in Italien in den Fällen von vulnerablen Personen – hier in Bezug auf eine Familie mit Kleinkindern – (abstrakt gesehen) bereits systemische Schwachstellen i. S. d. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO bezogen auf die Gruppe der Vulnerablen bestehen und daher die Unzulässigkeitsentscheidung aufzuheben ist. 41Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 16. April 2020 - 15 K 790/18.A -, nicht veröffentlicht, und Beschluss vom 4. Juli 2018 - 22 L 5076/17.A -, juris, Rn. 13 ff. 42Darüber hinaus bezieht sich zwar Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO seinem Wortlaut nach nur auf die Situation, in der sich die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta aus systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Personen, die internationalen Schutz beantragen, in dem Mitgliedstaat ergibt, der nach dieser Verordnung als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt ist. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten Charakter des Verbots in Art. 4 GR-Charta geht jedoch hervor, dass die Überstellung eines Antragstellers in den nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat nicht nur im Fall systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen, sondern in all jenen Situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller bei oder infolge seiner Überstellung der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung ausgesetzt sein wird. 43Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 (Jawo) -, juris, Rn. 87; VG Aachen, Urteil vom 1. Dezember 2020 - 9 K 3816/18.A -, nicht veröffentlicht; VG Karlsruhe Gerichtsbescheid vom 11. März 2020 - A 9 K 3651/18 -, juris, Rn. 35; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2020 - 22 K 13275/17.A -, juris, Rn. 41. 44Denn für die Anwendung von Art. 4 GR-Charta, der Art. 3 EMRK entspricht, ist es gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss dazu kommt, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin III-VO einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren. Die Überstellung eines Antragstellers in diesen Mitgliedstaat ist in all jenen Situationen ausgeschlossen, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller bei oder infolge seiner Überstellung einer solchen Gefahr ausgesetzt wird. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem und der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruhen nämlich auf der Zusicherung, dass die Anwendung dieses Systems in keinem Stadium und in keiner Weise zu einem ernsthaften Risiko von Verstößen gegen Art. 4 GR-Charta führt. In dieser Hinsicht wäre es widersprüchlich, wenn das Vorliegen eines solchen Risikos im Stadium des Asylverfahrens eine Überstellung verhindern würde, während dasselbe Risiko dann geduldet würde, wenn dieses Verfahren durch die Zuerkennung von internationalem Schutz zum Abschluss kommt. 45Eine Überstellung ist daher immer auch dann unzulässig, wenn im Einzelfall eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta droht. Mit anderen Worten kommt es für die Unzulässigkeit der Rücküberstellung nicht (mehr) darauf an, ob im an sich zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel vorliegen oder ob dem Asylsuchenden dort (nur) im Einzelfall eine Verletzung von Art. 4 GR-Charta droht. Hieraus kann nur folgen, dass sodann auch die hieran anknüpfende Rechtsfolge, nämlich die des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO, identisch sein muss. 46Dabei sind eine Gefahr im Sinne des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK begründende Zustände in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union in der Regel nicht anzunehmen. Denn das Unionsrecht beruht auf der grundlegenden Prämisse, dass jeder Mitgliedstaat mit allen anderen Mitgliedstaaten eine Reihe gemeinsamer Werte teilt – und anerkennt, dass sie diese mit ihm teilen –, auf die sich, wie es in Art. 2 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) heißt, die Union gründet. Diese Prämisse impliziert und rechtfertigt die Existenz gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten bei der Anerkennung dieser Werte und damit bei der Beachtung des Unionsrechts, mit dem sie umgesetzt werden und gegenseitigen Vertrauens darauf, dass die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in der Lage sind, einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der in der Charta anerkannten Grundrechte, insbesondere ihrem Art. 4, in denen einer der Grundwerte der Union und ihrer Mitgliedstaaten verankert ist, zu bieten. 47Der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten hat im Unionsrecht fundamentale Bedeutung, da er die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Raums ohne Binnengrenzen ermöglicht. Konkret verlangt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, namentlich in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, von jedem Mitgliedstaat, dass er – abgesehen von außergewöhnlichen Umständen – davon ausgeht, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten. 48Folglich muss im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und insbesondere der Dublin-III-Verordnung, die auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruht und durch eine Rationalisierung der Anträge auf internationalen Schutz deren Bearbeitung im Interesse sowohl der Antragsteller als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigen soll, die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen oder denen internationaler Schutz gewährt worden ist, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Charta, dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der EMRK steht. 49Vgl. EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. (Ibrahim) -, juris, Rn. 83 ff., und - C-163/17 (Jawo) -, juris, Rn. 80 ff. 50Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass ein ernsthaftes Risiko besteht, dass Personen, die internationalen Schutz beantragen, bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. 51Daher wäre die Anwendung einer unwiderlegbaren Vermutung, dass die Grundrechte der Person, die internationalen Schutz beantragt hat, in dem Mitgliedstaat beachtet werden, der nach der Dublin III-VO als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt ist, mit der Pflicht zu grundrechtskonformer Auslegung und Anwendung der Verordnung unvereinbar. Insoweit ist das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die die betreffende Person zum Nachweis des Vorliegens eines solchen Risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. Solche Schwachstellen fallen jedoch nur dann unter Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. 52Vgl. EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. (Ibrahim) -, juris, Rn. 83 ff., und - C-163/17 (Jawo) -, juris, Rn. 90 ff. 53Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit ist erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hat, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist. Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund derer sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. Das Fehlen familiärer Solidarität ist keine ausreichende Grundlage für die Feststellung einer Situation extremer materieller Not. Auch Mängel bei der Durchführung von Programmen zur Integration von Schutzberechtigten reichen für einen Verstoß gegen Art. 4 GR-Charta nicht aus. Der bloße Umstand, dass im ersuchenden Mitgliedstaat die Sozialhilfeleistungen und/oder die Lebensverhältnisse günstiger sind als im normalerweise zuständigen Mitgliedstaat, kann nicht die Schlussfolgerung stützen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Überstellung tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen Art. 4 Grundrechtecharta verstoßende Behandlung zu erfahren. 54Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 (Jawo) -, juris, Rn. 92 f. und 96 f., und Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 und C-541/17 (Hamed) -, juris, Rn. 39. 55Art. 4 GR-Charta verpflichtet die Mitgliedsstaaten auch nicht, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Unterkunft und eine finanzielle Unterstützung zu gewährleisten, damit sie einen gewissen Lebensstandard haben. 56Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, EuGRZ 2011, 243 (245), Rn. 249 (zum gleichlautenden Art. 3 EMRK). 57Durch Missstände im sozialen Bereich wird die Eingriffsschwelle von Art. 4 GR-Charta nur unter strengen Voraussetzungen überschritten. Neben den rechtlichen Vorgaben ist dabei aber auch auf den (Arbeits-) Willen und reale Arbeitsmöglichkeiten abzustellen sowie die persönlichen Entscheidungen des Betroffenen zu berücksichtigen. 58Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juli 2019 - A 4 S 749/19 -, juris, Rn. 40, unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 - (Jawo), juris, Rn. 92; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. Mai 2018 - 4 LB 27/17 -, juris, Rn. 60 m.w.N. 59Weiter ist auch die spezifische Situation des Betroffenen in den Blick zu nehmen und dabei muss zwischen gesunden und arbeitsfähigen Flüchtlingen sowie besonders vulnerablen Gruppen mit besonderer Verletzbarkeit (z. B. Kleinkinder, minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, Hochschwangere, erheblich Erkrankte etc.) unterschieden werden. Bei Letzteren ist der Schutzbedarf naturgemäß anders bzw. höher. 60Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juli 2019 - A 4 S 749/19 -, juris, Rn. 41. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -, juris, Rn. 67; VG Freiburg, Urteil vom 28. Dezember 2020 - A 4 K 10160/17 -, juris, Rn. 33. 61Dies gilt insbesondere im Fall der Betroffenheit von Kindern. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der durch Art. 4 GR-Charta bzw. in gleicher Weise durch Art. 3 EMRK vermittelte Schutz bei Kindern – unabhängig davon, ob sie von ihren Eltern begleitet werden – noch wichtiger ist, weil sie besondere Bedürfnisse haben und extrem verwundbar sind. Diese bestehen aufgrund ihres Alters und ihrer Abhängigkeit, aber auch ihres Status als Schutzsuchende. 62Vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, juris, Rn. 119. 63Kinder sind grundsätzlich verletzlicher und ihre Bewältigungsmechanismen sind noch unentwickelter. Sie neigen zudem mehr dazu, feindselige Situationen als verstörend zu empfinden, Drohungen Glauben zu schenken und von ungewohnten Umständen emotional beeinträchtigt zu werden. Sie reagieren auch stärker auf Handlungen, die gegen nahe Verwandte gerichtet sind. Was für einen Erwachsenen unbequem ist, kann für ein Kind eine ungebührende Härte darstellen. 64Vgl. UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz: Asylanträge von Kindern, vom 22. Dezember 2009, S. 10 und 25. 65Die Aufnahmebedingungen für minderjährige Schutzsuchende müssen deshalb an ihr Alter angepasst sein um sicherzustellen, dass keine Situation von Anspannung und Angst mit besonders traumatisierenden Wirkungen für die Psyche der Kinder entsteht. Anderenfalls wird die Schwere erreicht, die erforderlich ist, um unter das Verbot in Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta zu fallen. Bei Minderjährigen wiegt ihre besonders verwundbare Lage schwerer als die Tatsache, dass sie Ausländer mit unrechtmäßigem Aufenthalt sind. 66Vgl. EGMR, Urteil vom 4.November 2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, juris, Rn. 99, 119. 67bb) 68Nach diesen Maßgaben ist im aktuellen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung der Entwicklungen seit Beginn der Corona-Pandemie und deren gesundheitlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen beachtlich wahrscheinlich, dass die Kläger im Falle einer Rückkehr nach Italien eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung droht. Die Klägerin zu 1. ist die Mutter des Klägers zu 2. sowie die Ehefrau des Klägers im Verfahren 1a K 2947/19.A, mit dem sie in Deutschland ein weiteres Kind bekommen hat. Die Familie lebt in Deutschland zusammen. Aufgrund dessen sind die Klägerin zu 1., der Kläger zu 2., der Kläger im Verfahren 1a K 2947/19.A sowie das weitere minderjährige Kinde der Familie – davon ausgehend, dass der Rückkehrprognose auf der Basis von Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) eine Ausreise bzw. Überstellung aller Familienmitglieder nur gemeinsam zu Grunde zu legen ist, 69vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45.18 -, juris, Rn. 16 ff. – 70insgesamt der Personengruppe der vulnerablen Personen zuzuordnen, für die die vorstehend beschriebenen Maßstäbe mit Blick auf ihren erhöhten Schutzbedarf differenziert anzuwenden sind. 71Die Vermutung, dass Italien Dublin-Rückkehrern, die sich in der Situation der Kläger sowie ihre Familie befinden, den Schutz der in der GR-Charta anerkannten Grundrechte, insbesondere aus Art. 4, bietet, ist auf der Grundlage der dem Gericht vorliegenden Informationen durchgreifend erschüttert. Aufgrund aktueller Erkenntnisse ist zu befürchten, dass die Kläger und ihre Familie die in ihrer speziellen Situation dringend erforderliche Unterstützung in Italien nicht erhalten und dadurch in eine Situation der Verelendung unabhängig von ihrem eigenen Willen geraten werden. 72Das erkennende Gericht geht nämlich auf Grundlage der vorliegenden aktuellen Erkenntnismittel und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 73BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 939/14 -, juris, Rn. 16; EGMR, Urteil vom 4. November 2014, (Tarakhel/Schweiz) Nr. 29217/12, juris, Rn. 122, 74weiterhin davon aus, dass vulnerablen Personen bei Rücküberstellung nach Italien derzeit im Allgemeinen eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung droht, solange die italienischen Behörden keine individuelle und konkrete Zusicherung abgegeben haben, dass die jeweils betroffenen Personen Zugang zu ihrer Schutzbedürftigkeit angemessenen Unterkunft und darüber hinaus auch für die Dauer der Vulnerabilität angemessene Unterstützung erhalten werden. 75Die Gefahr der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ergibt sich dabei auch unabhängig davon, ob und inwieweit die Betroffenen im Falle einer Rücküberstellung eine – von der seitens der italienischen Behörden vorab erfolgten Zustimmung zur Rücküberstellung abhängigen – gewisse Hilfestellung dahingehend erhalten, dass sie am Flughafen des Überstellungszielortes und bei der womöglich erforderlichen inneritalienischen Weiterreise unterstützt werden. 76Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 20. Juli 2021 - 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 41 ff. 77Denn selbst bei Annahme einer solchen „Starthilfe“ erweist sich das italienische Unterbringungssystem (weiterhin) in Bezug auf vulnerable Personen als in menschenrechtlicher Hinsicht beachtlich defizitär (dazu [1]). Adäquate Möglichkeiten, trotz fehlender angemessener Unterkunft auf sich allein gestellt für sich sorgen zu können, gibt es für vulnerable Personen dabei nicht (dazu [2]). 78(1) 79Hinsichtlich der Unterbringungssituation vulnerabler Personen, insbesondere von Familien mit kleinen Kindern, lässt sich nach der Auskunftslage im Wesentlichen Folgendes feststellen: 80Seit Inkrafttreten des sogenannten Salvini-Dekrets (Gesetzesdekrets des Ministerrates Nr. 113/2018 vom 4. Oktober 2018, bestätigt durch den italienischen Senat im November 2018 und als Gesetz fortgeltend aufgrund Beschlusses der Abgeordnetenhauskammer vom 29. November 2018) hatten Asylsuchende, die unter der Dublin-III-Verordnung nach Italien überstellt wurden, kein Anrecht mehr auf Unterkunft in den SIPROIMI, den Zweitaufnahmeeinrichtungen. Solange sie im Asylverfahren waren und solange ihr Recht auf Unterkunft nicht entzogen wurde, konnten Dublin-Rückkehrende wie alle anderen Asylsuchenden in Italien nur in Erstaufnahmezentren und temporären Einrichtungen (CAS) untergebracht werden. Das Inkrafttreten des Salvini-Dekrets hatte zudem zu zahlreichen Änderungen der Bedingungen für die Auftragsvergabe zum Betreiben der CAS-Unterkünfte durch das Innenministerium (sog. Capitolato) geführt. Insoweit ist besonders zu beachten, dass seit dem Inkrafttreten des genannten Dekrets auch Familien mit Kindern, die sich noch im Asylverfahren befanden, nicht mehr in SIPROIMI-Projekten untergebracht werden konnten, weil jene nunmehr nur noch für unbegleitete Minderjährige und anerkannte Flüchtlinge zur Verfügung standen. 81Vgl. Swiss Refugee Council / Danish Refugee Council, Mutual trust is still not enough, 12. Dezember 2018; SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, Aktualisierter Bericht zur Lage von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrern, in Italien, Januar 2020, S. 37 ff. 82Dabei ist davon auszugehen, dass die übrigen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber, nämlich Erstaufnahmeeinrichtungen (Hotspots, CPSA und Erstaufnahmeeinrichtungen in der Verantwortung lokaler Behörden) sowie CAS-Unterkünfte aufgrund ihrer Größe und Struktur sowie der Tatsache, dass sie eine eher grundlegende Versorgung mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung bieten, grundsätzlich keinen geschützten Rahmen für kleine Kinder bieten, die aufgrund ihres Alters und der besonderen Umstände des Einzelfalls besonderes schutzbedürftig sind. 83Vgl. aida, Country Report Italy, Update 2019 (Stand: Juni 2020), S. 104 f.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Italien, 9. Oktober 2019, S. 12 ff.; Swiss Refugee Council / Danish Refugee Council, Mutual trust is still not enough, The situation of persons with special reception needs transferred to Italy under the Dublin III Regulation, Ziffer 3.3, S. 12 und 14 ff., SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, Aktualisierter Bericht zur Lage von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrern in Italien, Januar 2020, S. 40 f. 84Diese Zentren waren bereits in der Vergangenheit oft nicht im Stande, Personen mit besonderen Bedürfnissen adäquat unterzubringen, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Tarakhel-Urteil, 85Urteil vom 4. November 2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, 127 (131), 86festgestellt hatte. Seit den Änderungen aufgrund des Salvini-Dekretes hatten sich Qualität und Leistungen in den Erstaufnahmezentren nochmals deutlich verschlechtert. Hauptgrund dafür waren die Vorgaben bei der öffentlichen Auftragsvergabe (Capitolato) für Erstaufnahmezentren. Im neuen Capitolato wurde der staatliche Zuschuss von 35 Euro pro asylsuchender Person und Tag auf 20 Euro gekürzt. Deshalb mussten Bewerbende für den Leistungsvertrag ihre Leistungen massiv zurückschrauben und die Hälfte ihrer Angestellten entlassen. Diese Entwicklung hatte einen negativen Einfluss auf alle Personen, die in CAS untergebracht waren, doch am stärksten davon betroffen waren verletzliche Personen, die auf besondere Betreuung angewiesen sind. Eine weitere Konsequenz war die aufgrund der beschränkten Ressourcen und Angestellten schiere Unmöglichkeit der Identifizierung von Vulnerabilitäten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Personen mit besonderen Bedürfnissen bei der Unterbringung in den Erstaufnahmezentren mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die nötige Unterstützung erhielten. 87SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, Aktualisierter Bericht zur Lage von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrern in Italien, Januar 2020, S. 40 f., 102 f. 88In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass als eine Konsequenz des Capitolato vor allem kleinere Zentren geschlossen wurden, die nicht mehr finanziert werden konnten. Stattdessen wurden große Kollektivzentren eröffnet, die eher mit den sehr geringen finanziellen staatlichen Beiträgen betrieben werden konnten. Im Salvini-Dekret wurde darüber hinaus kein Rechtsrahmen für die Aufnahmezentren genannt, in welchen auch vulnerable Personen unterzubringen sind. So blieb eine große Lücke im Hinblick auf die Aufnahmemodalitäten und Garantien für die dort untergebrachten Personen. 89SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, Aktualisierter Bericht zur Lage von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrern in Italien, Januar 2020, S. 42. 90Seit Beginn des Jahres 2019 hatte sich beispielsweise die Caritas, die sich nach ihrem Selbstverständnis weigerte, lediglich „Hotelier“ für Flüchtlinge zu sein, aufgrund der Mittelkürzung durch das Capitolato in mehreren Regionen Italiens aus dem Betrieb von CAS-Unterkünften zurückgezogen bzw. wollte sich an den kommenden Ausschreibungen für den Betrieb von CAS nicht mehr beteiligen. Auch schlossen bereits die ersten CAS aus wirtschaftlichen Gründen. 91Vgl. zum Ganzen borderline-europe, Stellungnahme zur derzeitigen Situation von Geflüchteten in Italien mit besonderem Blick auf die Unterbringung, 3. Mai 2019, S. 7; SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, Aktualisierter Bericht zur Lage von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrern in Italien, Januar 2020, S. 43. 92Erschwerend kommt generell hinzu, dass Asylbewerber ihr Recht auf Unterbringung verlieren konnten, wenn sie bereits einmal untergebracht waren. Wenn eine Person das Zentrum ohne vorherige Mitteilung verließ und mehr als 72 Stunden abwesend war, wurde angenommen, dass sie auf ihr Recht auf Unterbringung verzichtete. Folglich verlor die Person ihr Recht auf Unterkunft. Die Zentren waren verpflichtet, die Präfektur umgehend zu informieren, falls jemand abwesend ist. Das Recht auf Unterkunft konnten Asylsuchende nur zurückerhalten, wenn sie nachweisen konnten, dass sie das Zentrum wegen eines Unfalls, höherer Gewalt oder aus einem anderen triftigen persönlichen Grund verlassen hatten. 93SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, Aktualisierter Bericht zur Lage von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrern in Italien, Januar 2020, S. 44 f. 94Die Möglichkeit einer Registrierung von Asylsuchenden im Melderegister, die Grundvoraussetzung für den Zugang zu einer Gemeindeunterkunft und gewissen Sozialleistungen sind, war im Zuge der sogenannten Salvini-Gesetzgebung überdies abgeschafft worden. 95Vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien, Aktualisierter Bericht zur Lage von Asylsuchenden und Personen mit Schutzstatus, insbesondere Dublin-Rückkehrern in Italien, Januar 2020, S 79 ff. 96An diesen Missständen hat sich nach aktueller Erkenntnislage nichts Entscheidungserhebliches geändert. Das erkennende Gericht sieht sich daher auch unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen nicht veranlasst, für vulnerable Personen die beachtliche Gefahr, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein, zu verneinen, sofern Italien keine konkrete und individualisierte Zusicherung abgegeben hat, dass die Betroffenen eine gesicherte Unterkunft und hinreichende Unterstützung erhalten werden. 97Vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. November 2021 - A 4 S 2850/21 -, juris, Rn. 15, 16; VG Hannover, Beschluss vom 10. November 2021 - 12 B 5205/21 -, juris; VG Bremen, Beschluss vom 8. Dezember 2021 - 6 V 1964/21 -, juris; VG Freiburg, Beschluss vom 10. November 2021 - A 9 K 2793/21 -, juris; VG Köln, Urteil vom 8. September 2021 - 12 K 4019/20.A -, juris; VG Kassel, Urteil vom 24. August 2021 - 3 K 1923/19.KS.A -, juris; VG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. August 2021 - 9 K 1340/18.F.A -, juris; VG Oldenburg, Urteile vom 2. Juli 2021 - 6 A 2745/19 -, juris, und vom 30. Juni 2021 - 6 A 1759/21 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 19. Mai 2021 - 28 K 281.17 A, juris; vgl. auch für bereits anerkannte Schutzberechtigte Hessischer VGH, Beschluss vom 11. Januar 2021 - 3 A 539/20.A -, juris, Rn. 14 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. April 2021 - 7 A 11654/20.OVG -, juris; VG Bremen, Beschluss vom 10. November 2021 - 6 V 796/20.A -, juris; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 17. August 2021 - 12 K 4589/21.A -, nicht veröffentlicht; VG Köln, Urteil vom 10. Juni 2021 - 8 K 4803/18.A -, juris. Anders hingegen etwa VG München, Beschlüsse vom 17. Juni 2021 - M 3 S 21.50230 -, juris, Rn. 30 ff., und vom 7. Juni 2021 - M 19 S7 21.50344 -, juris, Rn. 19 ff.; VG Gera, Urteil vom 11. August 2021 - 4 K 161/20 Ge, juris. 98Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist für das Gericht insbesondere nicht hinreichend belastbar erkennbar, dass sich aus den Maßnahmen des italienischen Gesetzgebers der jüngeren Zeit, insbesondere aus dem seit dem 20. Dezember 2020 geltenden Gesetz Nr. 173/2020, für die hier gegebene Verfahrenskonstellation substantiell auswirkende Änderungen ergeben haben. Mit dem auf dem Dekret Nr. 130/2020 („Lamorgese-Dekret“) beruhenden Gesetz Nr. 173/2020 sollten insbesondere die vormals mit dem Dekret Nr. 113/2018 („Salvini-Dekret“) eingeführten asylrechtlichen Verschärfungen weitestgehend zurückgenommen werden. In Bezug auf die Unterbringung von Asylbewerbern gilt seitdem jedenfalls auf dem Papier, dass besonders im Falle vorliegender Vulnerabilität bevorzugter Zugang zu dem Aufnahmeeinrichtungssystem nicht nur erster, sondern – im Rahmen der Kapazität – auch zweiter Stufe, die nunmehr nicht SIPROIMI, sondern SAI (Sistema Accoglienza Integrazione) heißen, gewährt wird, auch wenn möglicherweise die Voraussetzungen für ein Entzug des Unterbringungsrechts vorliegen. Im Falle des Zuganges erhalten sie dann auch weitere Integrationsangebote wie etwa Sprachkurse. 99Vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Juni 2021, S. 5 f.; Romer, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Asylmagazin 2021, 207 (209 f.); OVG NRW, Urteil vom 20. Juli 2021 - 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 60 ff. 100Weiter wurden die im Zuge des Salvini-Dekrets erfolgte Kürzung der finanziellen und personellen Mittel für die CAS-Einrichtungen rückgängig gemacht. 101Vgl. Romer, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Asylmagazin 2021, 207 (210 f.). 102Schließlich ist nunmehr auch eine Registrierung von Asylsuchenden wieder möglich, die Grundvoraussetzung für den Zugang zu einer Gemeindeunterkunft ist sowie zu Sozialleistungen ist. 103Vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Juni 2021, S. 13, 14; Romer, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Asylmagazin 2021, 207 (208). 104Dies vermag aber jedenfalls zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an dem Umstand des defizitären Unterbringungssystems für vulnerable Personen nichts zu ändern. 105Denn zunächst handelt es sich lediglich um eine Reform auf dem Papier, der unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnismittel noch keine faktische Veränderung gefolgt ist. Spürbare Verbesserungen sind insoweit nicht auszumachen, zumal auch noch keine entsprechend angepassten Richtlinien erlassen worden sind. 106Vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Juni 2021, S. 5, 8, 12; Romer, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Asylmagazin 2021, 207 (209 f.); vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2020 - 11 A 571/20.A -, juris, Rn. 23, sowie Urteile vom 20. Juli 2021 - 11 A 1674/20.A und 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 43 bzw. 60; VG Köln, Urteil vom 10. Juni 2021 - 8 K 4803/18.A -, juris, Rn. 66 ff. 107Insbesondere ist trotz der Reform die Registrierung von Asylsuchenden weiterhin – nicht zuletzt auch wegen der sogenannten Corona-Pandemie – schwierig, zumal die Nachwirkungen der vorangegangenen Salvini-Gesetzgebung weiterhin spürbar sind. Das Nachholen der Registrierungen dauert daher lange und lässt aktuell Verbesserungen in diesem Bereich nicht erkennen. 108Vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Juni 2021, S. 14 f. 109Überdies ist zu berücksichtigen, dass zwar nunmehr per se eine Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen zweiter Stufe möglich ist, die Zuweisung einer Unterbringung aber auch weiterhin unter dem Vorbehalt vorhandener Kapazitäten erfolgt, also ohnehin nicht garantiert, sondern stets von der konkreten Auslastung im Einzelfall abhängig ist. In dem Gesetz Nr. 173/2020 ist insoweit auch keine Kapazitätserhöhung bei den Aufnahmeeinrichtungen erster wie zweiter Stufe vorgesehen. Von daher bleibt es weiter dabei, dass die vorhandenen Aufnahmeeinrichtungen den tatsächlichen Bedarf nicht hinreichend abzudecken vermögen. 110Vgl. SFH, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Juni 2021, S. 8; Romer, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Asylmagazin 2021, 207 (209 f.). 111Das ergibt sich bereits dadurch, dass die Anzahl an Asylsuchenden besonders im Jahr 2021 sprunghaft angestiegen ist. Während etwa im ersten Halbjahr 2021 23.948 Asylsuchende in Italien angekommen sind, waren es in demselben Zeitraum 2020 nur 8.948. Dies bedeutet einen Anstieg von knapp 170 %. 112Vgl. Bundesamt, Situation des Aufnahmesystems seit der Reform des Salvini-Dekrets, 15. April 2021, S. 5. 113Berücksichtigt man nun, dass Italien im Jahr 2020 insgesamt, d.h. unter Berücksichtigung jeglicher Unterkunftskapazitäten, 87.001 Unterkunftsplätze zur Verfügung stellte, allein im Jahr 2020 aber bereits 34.134 Asylsuchende, also knapp 40 % der Gesamtkapazität, in Italien angelangt sind, 114vgl. Bundesamt, Situation des Aufnahmesystems seit der Reform des Salvini-Dekrets, 15. April 2021, S. 5, 115ergibt sich gerade unter Einbeziehung der aufgrund der regelmäßig mehrjährigen Dauer des Asylverfahrens nicht unerheblichen durchschnittlichen Unterbringungszeit eines Asylbewerbers schnell, dass in Italien nicht so viele Plätze verfügbar sind, als dass er für den Ausschluss einer beachtlichen Gefahr einer Obdachlosigkeit hinreichend wäre. 116Dies gilt auch trotz der – ohnehin bislang nur auf dem Papier feststellbaren – Öffnung des Aufnahmeeinrichtungssystems zweiter Stufe (SAI) für Asylsuchende. Denn auch hier erscheinen die vorhandenen Kapazitäten keinesfalls als hinreichend. Derzeit verfügen die SAI über 32.456 Plätze, 117vgl. https://www.retesai.it/i-numeri-dello-sprar/, 118während es im Januar 2021 30.049 Plätze waren. 119Vgl. Romer, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Asylmagazin 2021, 207 (210). 120Die Kapazitätserweiterungen von gut 2.000 Plätzen erscheinen aber gerade angesichts der zugleich stattfindenden Ausweitungen des Kreises der Unterkunftsanspruchsberechtigten daher im günstigsten Fall als nicht hinreichend, wenn nicht gar als Rückschritt. 121Vgl. auch VG Köln, Urteil vom 10. Juni 2021 - 8 K 4803/18.A -, juris, Rn. 70. 122Dies ergibt sich letztlich auch aus dem Bericht des Bundesamtes vom 15. April 2021. Danach sei das (Zweitaufnahme-)Unterbringungssystem im Jahr 2020 nicht überlastet gewesen, weil (nur) 27.372 Zugangsberechtigte (die tatsächlich im Bericht stehende Angabe von „37.372“ scheint insoweit ein Schreibfehler zu sein, weil im Bericht anschließend stets von 27.372 Zugangsberechtigten die Rede ist und ansonsten die vom Bundesamt vorgenommene Schlussfolgerung der Nichtauslastung der Unterbringungseinrichtungen nicht tragfähig wäre) auf 31.324 Plätze zu verteilen gewesen sind. 123Vgl. Bundesamt, Situation des Aufnahmesystems seit der Reform des Salvini-Dekrets, 15. April 2021, S. 6. 124Bedenkt man aber, dass die Anzahl an Plätzen im Jahr 2021 nicht signifikant größer geworden ist, zugleich aber der Kreis an Zugangsberechtigten erheblich breiter gezeichnet worden ist, erscheint ein „Puffer“ von gut 4.000 Plätzen im Jahr 2020 (31.324 Plätze - 27.372 Zugangsberechtigte) jedenfalls nicht so groß, als dass er für den Ausschluss einer beachtlichen Gefahr einer Obdachlosigkeit hinreichend wäre. 125Ferner bleibt die Beurteilung des Entzuges des Unterbringungsrechts und damit des Zugangs zum staatlichen Aufnahmeeinrichtungssystem eine dem „Servizio Centrale“ obliegende Einzelfallentscheidung. Ob und inwieweit sich dieser an der neuen Gesetzeslage orientiert, ist dabei nicht bekannt. Insbesondere finden sich auch in dem Bericht des Bundesamtes vom 15. April 2021 keinerlei Hinweise darauf, ob sich im Zuge des Gesetzes Nr. 173/2020 tatsächliche Änderungen bei der Entscheidung über den Entzugs des Unterbringungsanspruches ergeben haben. 126Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2020 - 11 A 571/20.A -, juris, Rn. 23, sowie Urteile vom 20. Juli 2021 - 11 A 1674/20.A und 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 194 bzw. Rn. 145. 127Unabhängig davon sind auch keine signifikanten Qualitätsverbesserungen der der Schutzbedürftigkeit vulnerabler Personen bislang nicht angemessenen Unterkünfte feststellbar. 128Soweit die zuletzt ergangenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zur Unzulässigkeit einer Rücküberstellung nichtvulnerabler Personen womöglich dahingehend zu verstehen sein könnten, dass im Falle vorhandener Vulnerabilität ein anderes Ergebnis anzunehmen wäre, 129vgl. OVG NRW, Urteile vom 20. Juli 2021 - 11 A 1674/20.A - sowie 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 93 bzw. 100. 130hat dies keine Auswirkungen auf die vorliegende Entscheidung. Denn die beiden obergerichtlichen Entscheidungen betreffen nichtvulnerable Personen und enthalten zu der Situation vulnerabler Personen gerade keine belastbaren Aussagen. Sie führen insoweit lediglich aus, dass die jeweils betroffenen Kläger bereits nicht vulnerabel sind. Es bedurfte daher offensichtlich keiner die Entscheidung tragenden Erörterung der Bedeutung vorhandener Vulnerabilität. 131Auch soweit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 23. März 2021 davon ausgegangen ist, dass aufgrund der neuen Lage eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kleinkindern nach Italien rücküberstellt werden dürfe, 132vgl. EGMR, Urteil vom 23. März 2021 - 46595/19 („MT“) -, abrufbar in englischer Sprache unter https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-209487%22]}, 133handelt es sich, wie bei Entscheidungen des Gerichtshofs zwar ohnehin, in diesem Fall aber im Besonderen, um eine Einzelfallentscheidung, weil der Gerichtshof maßgeblich darauf abgestellt hat, dass aufgrund einer entsprechenden Information an den italienischen Staat eine hinreichende individuelle Versorgung der Familie nach Ankunft gewährleistet ist. Die Änderung der allgemeinen Rechtslage ist gerade nicht der maßgebliche Aspekt für die Entscheidung. Es ist insoweit keineswegs ersichtlich, dass der Gerichtshof von seiner bisherigen Rechtsprechung abweichen und – anders als das erkennende Gericht – eine Rücküberstellung vulnerabler Personen unabhängig von einer im Einzelfall festzustellenden individualisierten Versorgungsgewährleistung für zulässig erklären wollte. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Entscheidung bereits nicht aus dem Englischen weiterübersetzt worden ist, eine Änderung der Rechtsprechung daher äußerst fernliegend ist. 134Vgl. die gleichlautende Wertung des VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. November 2021 - A 4 S 2850/21 -, juris, Rn. 16. 135Entsprechendes gilt für die jüngere Entscheidung des Schweizerischen Bundesverwaltungsgerichts, 136Urteil vom 18. Oktober 2021, abrufbar unter https://www.bvger.ch/dam/bvger/de/dokumente/2021/10/F-6330_2020_WEB.pdf.download.pdf/F-6330_2020_WEB.pdf, 137bei der ebenfalls ein entscheidender Punkt die in dem zugrunde liegenden Einzelfall vorhandene Zusicherung der italienischen Behörden im Hinblick auf eine garantierte individuelle Versorgung der betroffenen Familie mit Kleinkindern war (vgl. Rn. 11.1: Eine „Überstellung ist (…) nur zulässig, wenn von den italienischen Behörden eine ausreichende Garantie für eine kindgerechte und die Einheit der Familie wahrende Unterbringung vorliegt“). 138Der Annahme weiterhin unzureichender Aufnahmebedingungen bezüglich dem hier vorliegenden Fall einer Familien mit kleinen Kindern steht vorliegend auch nicht der Bericht der Beklagten „zur Aufnahmesituation von Familien mit minderjährigen Kindern nach einer Dublin-Überstellung in Italien“ vom 2. April 2020 entgegen, den sie aus Anlass einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, 139vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2019 - 2 BvR 1380/19 -, juris, 140von dem Verbindungsbeamten des Bundesamtes beim italienischen Innenministerium und von dem Austauschbeamten des Bundesministeriums des Innern, für Heimat und Bau beim italienischen Innenministerium hat fertigen lassen. Dieser Bericht stellt als Ergebnis der Recherchen zur Aufnahmesituation von Familien mit kleinen Kindern fest, dass es bei der Aufnahmesituation dieser Personengruppe durchaus regionale Unterschiede gebe, die auch mit der Größe der Aufnahmeeinrichtung zusammenhingen. Insgesamt sei jedoch die Sorge einer nicht unmittelbaren und unangemessenen Unterkunft unbegründet. Durch den Rückgang der Anlandungszahlen und die rechtlichen und organisatorischen Maßnahmen zur Beschleunigung des Asylverfahrens sei eine Aufnahmesituation eingetreten, die durch ein zunehmend strukturiertes System charakterisiert sei. Hierzu habe auch die Tatsache beigetragen, dass eine immer klarere Trennlinie zwischen Asylbewerbern und Statusinhabern gezogen worden sei. Dass damit Einschränkungen bei der Inklusion von Asylbewerbern in die italienische Gesellschaft einhergingen, sei eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung. 141Vgl. BAMF, Bericht zur Aufnahmesituation von Familien mit minderjährigen Kindern nach einer Dublin-Überstellung in Italien, 2. April 2020. 142Dieser Bericht erscheint nicht ohne weiteres als geeignet, die Gesichtspunkte zu widerlegen, welche die Gerichte bislang bewogen haben, für vulnerable Personen nach Italien eine individuelle Garantieerklärung der italienischen Behörden für notwendig zu halten. Denn unabhängig davon, dass der Bericht ohnehin nur die Situation von Dublin-Rückkehrern und damit nicht den hier vorliegenden Fall von als Schutzberechtigte anerkannten Personen betrifft, erscheint der Bericht auch unter Berücksichtigung der damaligen Lage insgesamt nicht plausibel. Seine Schlussfolgerung, es sei die Sorge unbegründet, dass Familien mit minderjährigen Kindern nach ihrer Dublin-Rückkehr nicht unmittelbar angemessen untergebracht würden, unter anderem weil strukturierte Abläufe und Strukturen zwischen relevanten Akteuren nach der Ankunft bis zu einer Unterbringung bestünden, wird im Bericht selbst relativiert durch die Feststellung, dass (immer noch) regionale Unterschiede und „Reduzierungen“ durch das „Salvini-Dekret“ vorhanden seien. Auch wird in dem Bericht über eine Vielzahl von formellen Beanstandungen anlässlich von Inspektionen der Aufnahmestrukturen berichtet, welche im Übrigen häufiger in den südlichen Regionen wie Sizilien und Sardinien aufgetreten seien. Auch die Formulierung, der Umstand, dass Familien mit minderjährigen Kindern während des Asylverfahrens nicht mehr Aufnahme in den so genannten SIPROIMI-Einrichtungen und zusätzliche Integrationsmaßnahmen erhalten könnten, bedeute noch nicht, dass ihre Aufnahme nicht den Standards der EU-Aufnahmerichtlinie entspräche, legt nahe, dass jedenfalls nicht gewährleistet ist, dass vulnerable Personen entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit untergebracht werden. Aus dem Bericht wird zudem deutlich, dass die darin gewonnenen Eindrücke über die Aufnahme- und Unterbringungssituation zurückkehrender Familien lediglich einen Ausschnitt im Aufnahme- und Unterbringungssystems Italiens abbilden und nicht verallgemeinerungsfähig sind. Insbesondere stellen die drei besuchten und ausgewählten Unterkünfte in dem Bericht des Bundesamtes lediglich einen Bruchteil der Unterkünfte in Italien dar. Dass landesweit der Standard wie in den drei dargestellten Unterkünften herrscht, wird von der Beklagten gerade nicht dargetan, insbesondere verweist der Bericht selbst auf regionale Unterschiede. Auch ist nicht sichergestellt, dass die Kläger und ihre Familie in einer dieser Unterkünfte untergebracht würden. Abgesehen davon wird in dem Bericht des Bundesamtes ein Gespräch mit dem Direktor des Italienischen Flüchtlingsrates (CIR) dokumentiert, wonach die vorbildliche Unterbringung in den SIPROIMI-Zentren bedauerlicherweise nicht mehr möglich sei und die CAS/CARA-Einrichtungen nur noch die Grundbedürfnisse abdecken würden, was aus den bereits dargestellten Gründen für vulnerable Personen angesichts ihrer Schutzbedürftigkeit gerade nicht ausreichend ist. Dass die besonderen Grundbedürfnisse des vulnerablen Personenkreises gewährleistet werden, wird gerade nicht dargetan. Im Übrigen wird ausgeführt, dass in den großen Zentren aufgrund der begrenzten zeitlichen und personellen Kapazitäten die psychologische Betreuung schwieriger sei und regionale Unterschiede hinsichtlich Unterkunft und medizinischer Betreuung bestünden, auch wenn diese nicht mehr so groß seien. Daher kann allein aufgrund der Ausführungen in diesem Bericht unter Berücksichtigung der weiteren Erkenntnismittel nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass Familien mit kleinen Kindern bei einer Rückkehr im Rahmen des Dublin-Verfahrens in jedem Fall angemessen untergebracht werden. 143Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. September 2020 - 3 L 143/20 -, juris, Rn. 15 ff.; bezogen auf die Rücküberstellung junger, alleinstehender Männer OVG NRW, Urteile vom 20. Juli 2021 - 11 A 1674/20.A und 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 196 bzw. 147; 144(2) 145Im Übrigen erweist sich eine Rücküberstellung vulnerabler Personen ohne individuelle Zusicherung hinreichender Versorgung nicht etwa deshalb als unionsrechtskonform, weil es den Betroffenen trotz der Frage der Unterbringung möglich wäre, für sich sorgen zu können. Denn insoweit erweist sich die Situation des Arbeitsmarktes sowie der staatlichen oder nichtstaatlichen Unterstützungshandlungen als prekär. Vor diesem Hintergrund hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen unter Auswertung der aktuellen Erkenntnisse ausgeführt, dass selbst ein junger, gesunder und alleinstehender Dublin-Rückkehrer in Italien nicht für sich sorgen könne. 146Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Juli 2021 - 1689/20.A -, juris, Rn. 110 ff. 147Hinsichtlich dieses Aspekts gilt erst recht nichts Anderes für vulnerable Personen. Die Situation des Arbeitsmarktes hat sich nämlich im Jahr 2020 infolge der sogenannten Corona-Pandemie massiv verschlechtert und im Jahr 2021 jedenfalls (noch) nicht entscheidungserheblich gebessert. Die Arbeitslosenquote lag 2020 bei knapp 10 % (die Jugendarbeitslosigkeit bei knapp 33 %). Die italienische Wirtschaft ist im Jahre 2020 um 8,8 Prozent geschrumpft. Es handelt sich hierbei um den stärksten Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. 148Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW, 17. Mai 2021, S. 4 f.; SFH, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Juni 2021, S. 13 f.; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 20. Juli 2021 - 11 A 1674/20.A -, juris, Rn. 114 ff. m.w.N. 149Gerade das Dienstleistungsgewerbe, vornehmlich der Tourismussektor, ist im Jahr 2020 um 69 % zurückgegangen. 150SFH, Auskunft an das OVG NRW, 17. Mai 2021, S. 5. 151Zwar hat sich Italiens Wirtschaft im Laufe des Jahres 2021 wieder etwas erholt. So konnte das Bruttoinlandsprodukt insbesondere durch Fördergelder der Europäischen Union und dadurch mögliche Investitionen ein Wachstum von knapp 5 % aufweisen. Vornehmlich die Produktion der verarbeitenden Industrie stieg im Zeitraum von Januar bis September 2021 gegenüber dem Vorjahr um 16,5 %. Auch für das Jahr 2022 liegen die Prognosen im positiven Bereich. 152Vgl. „Mit positivem Vorzeichen ins Jahr 2022“, abrufbar unter https://www.gtai.de/gtai-de/trade/italien/wirtschaftsumfeld1/mit-positiven-vorzeichen-ins-jahr-2022-244482. 153Dies hat aber jedenfalls aktuell noch keine beachtlichen tatsächlichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote liegt ausweislich des italienischen Statistikamtes weiterhin zwischen 9 und 10 % (die Jugendarbeitslosigkeit bei 28 %)und ist damit die dritthöchste in der Europäischen Union. 154Vgl. https://www.istat.it/it/files//2022/01/Employment-and-unemployment_202111.pdf. 155Auch im Übrigen gibt es keine aktuellen Erkenntnismittel, nach denen die wirtschaftliche Lage eine solche Wandlung erfahren hat, als dass es nunmehr gerade für Asylsuchende mit ihren persönlichen Handicaps – vornehmlich das mangelnde Beherrschen der italienischen Sprache sowie das Fehlen spezifischer beruflicher Qualifikationen – eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auskommend vergüteten Arbeitsplatzes gäbe. 156Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 20. Juli 2021 - 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 137. 157Auch sind weder Anzahl oder Leistungsumfang der Notunterkünfte bzw. der Hilfsorganisationen verbessert worden, noch hat sich der Zugang zum allgemeinen Mietmarkt, zu Sozialwohnungen oder zu anderen staatlichen Unterstützungshandlungen entscheidungserheblich ausreichend gebessert. Im Gegenteil sind etwa die Notschlafstellen sogar im Zuge der Pandemie halbiert worden – unabhängig davon, dass sie in der Regel nur Schlafplätze, aber keine der Schutzbedürftigkeit vulnerabler Personen angemessene Unterkunft bieten. 158Vgl. dazu insgesamt OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2021 - 11 A 571/20.A -, juris, Rn. 30 ff., sowie Urteile vom 20. Juli 2021 - 11 A 1674/20.A und 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 68 ff., 137 ff. bzw. 102 ff., 138 ff.; Romer, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Asylmagazin 2021, 207 (212); SFH, Aufnahmebedingungen in Italien – aktuelle Entwicklungen, Juni 2021, S. 11 ff. 159Nach alledem bedarf es vor einer Abschiebungsanordnung von Familien mit minderjährigen Kindern, wie bei den Klägern und ihrer Familie, einer individuellen Garantieerklärung, dass Schutzsuchende bei ihrer Ankunft in Italien (auch aktuell) in Einrichtungen und unter Bedingungen untergebracht werden, die dem Alter der Kinder entsprechen und dass die Familieneinheit gewahrt wird. 160Das Vorliegen einer solchen individuellen Garantieerklärung der italienischen Behörden ist für die Kläger und ihrer Familie nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus dem beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Bundesamtes. Insbesondere haben die italienischen Behörden in ihrer Annahme des Wiederaufnahmegesuchs vom 11. Juni 2019 nichts Entsprechendes erklärt, sondern nur mitgeteilt, dass die Kläger und ihre Familie in Bologna empfangen würden, und um Mitteilung etwaiger Krankheiten gebeten. Von einer individuellen Garantieerklärung hinsichtlich einer adäquaten Unterbringung und Versorgung der gesamten Familie kann daher nicht die Rede sein. 161Angesichts der nicht entscheidungserheblichen Wandlung der tatsächlichen Verhältnisse kann auch die seitens der italienischen Behörden mit ihren Rundschreiben – zuletzt mit dem „circular letter“ vom 8. Februar 2021 – abgegebene Versicherung, wonach für eine zureichende Unterkunft für Familien mit Kleinkindern gesorgt werde, weiterhin nicht als tragfähig und genügend angesehen werden. Sie vermögen nämlich aufgrund ihrer Pauschalität und Allgemeinheit keine zuverlässige Basis zu begründen, auf der die im Einzelfall bestehende Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigen Behandlung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnte. Im Übrigen folgt aus den Rundbriefen weiterhin nicht, dass Familien mit minderjährigen Kindern – entgegen den Darstellungen in den des erkennenden Gerichts vorliegenden Erkenntnismitteln – zur Verhinderung einer Verletzung von Art. 4 GR-Charta auch über einen Zeitraum von sechs bzw. 18 Monaten hinaus untergebracht würden. 162Vgl. VG Bremen, Beschluss vom 8. Dezember 2021 - 6 V 1964/21 -, juris, Rn. 30; VG Oldenburg, Urteil vom 30. Juni 2021 - 6 A 1759/21 -, juris, Rn. 42; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Oktober 2021 - F-6330/2020 -, abrufbar unter https://www.bvger.ch/dam/bvger/de/dokumente/2021/10/F-6330_2020_WEB.pdf.download.pdf/F-6330_2020_WEB.pdf, Rn. 11.1; vgl. auch früher bereits VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Februar 2020 - 1a K 887/18.A -, juris, Rn. 167; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19. Dezember 2019 - 10 LA 64/19 -, juris, Rn. 26 f. 163cc) 164Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die Beklagte nunmehr für die Prüfung des Asylverfahrens der Kläger zuständig ist. Aufgrund der beschriebenen, den Klägern und ihrer Familie drohenden Gefahr kann die Überstellung nach Italien als eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat nicht erfolgen. Dies hat gemäß Art. 3 Abs. 2 UA 3 Dublin-III-VO den Übergang der Zuständigkeit auf den die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedsstaat, mithin die Beklagte, zur Folge, weil zum einen die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates nicht ersichtlich ist und zum anderen Italien zugleich der Mitgliedsstaat ist, in dem die Kläger erstmalig einen Asylantrag gestellt haben. 1652. 166Die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ausgesprochene Unzulässigkeitsentscheidung kann nicht in eine solche auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG beruhende Unzulässigkeitsentscheidung umgedeutet werden. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag (auch) unzulässig, wenn ein weiteres Asylverfahren bei einem Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylG nicht durchzuführen ist, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. 167Zwar mag der jeweilige Asylantrag der Kläger als Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylG angesehen werden. Ein solcher liegt nämlich nach § 71a Abs. 1 AsylG vor, wenn ein Asylantrag gestellt wird, nachdem ein in einem anderen Mitgliedsstaat geführtes Asylverfahren erfolglos abgeschlossen worden ist. Dass dem hier so ist, erscheint nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Auskunft der italienischen Behörden vom 4. Oktober 2019 naheliegend. Womöglich liegen dabei auch die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a Abs. 1 AsylG nicht vor, weswegen der Asylantrag der Kläger als unzulässig zu bewerten sein könnte. 168Eine entsprechende Umdeutung ist in einem solchen Fall aber deshalb nicht zulässig, weil der Streitgegenstand bei einer wegen anderweitiger Prüfungszuständigkeit anzunehmenden Unzulässigkeit ein anderer ist als bei einer auf Grundlage der Regelungen zum Zweitantrag zu bejahenden Unzulässigkeit. Nach § 47 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt aber nur dann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. 169Hier sind die beiden möglichen Verwaltungsakte, die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags einerseits und die inhaltliche Ablehnung eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG, schon nicht auf das gleiche Ziel gerichtet. Erstere Entscheidung beinhaltet allein die Feststellung, dass nicht die Beklagte, sondern ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Der Inhalt des Asylbegehrens selbst spielt dabei keine Rolle. Letztere Variante bezieht sich die hingegen auf die materielle (Nicht-)Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Auch würde die Umdeutung der im Bescheid explizit genannten Absicht, den Asylantrag in der Bundesrepublik nicht materiell zu prüfen, widersprechen. Insoweit bilden beide Entscheidungen auch zwei verschiedene (prozessuale) Streitgegenstände: Denn eine auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG gestützte (Unzulässigkeits-)Entscheidung hat zur Folge, dass der (Zweit-)Antrag des Klägers auch von keinem anderen Staat geprüft wird und er grundsätzlich in jeden zu seiner Aufnahme bereiten Staat einschließlich seines Herkunftslands abgeschoben werden könnte, während die Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit.a AsylG – wie hier geschehen – „nur“ eine Abschiebung in den für die Prüfung des Asylverfahrens zuständigen Staat zur Folge hat, in dem die Prüfung des Asylbegehrens jedenfalls nicht per se ausgeschlossen ist. 170Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 -, juris, Rn. 21; BayVGH, Beschluss vom 23. Januar 2015 - 13a ZB 14.50071 -, juris, Rn. 9; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 24. Oktober 2014 - RN 8 K 14.30034 -, juris, Rn. 22 ff. 171II. 172Angesichts der Aufhebung der Ziffer 1 fehlt es auch für die weiteren Ziffern im streitgegenständlichen Bescheid an den Voraussetzungen ihrer jeweiligen Rechtsgrundlagen, weil jedenfalls in dieser Konstellation bei den erlassenen Ziffern stets die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vonnöten ist, an der es aufgrund der bereits gemachten Ausführungen gerade mangelt. Das gilt sowohl für das in Ziffer 2 enthaltene Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG), als auch die in Ziffer 3 angeordnete Abschiebung (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG), als auch für die in Ziffer 4 vorgenommene Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG). 173III. 174Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, 709 Satz 2 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). 175Rechtsmittelbelehrung: 176Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1771. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1782. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1793. ein in § 138 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 180Die Zulassung der Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich zu beantragen. In dem Antrag, der das angefochtene Urteil bezeichnen muss, sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 181Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 182Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 12. juni 2019 (az.: 7828122-232) wird aufgehoben. die kosten des – gerichtsgebührenfreien – verfahrens trägt die beklagte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leisten. 1 | 2die kläger wenden sich gegen die mit bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge (nachfolgend: bundesamt) ausgesprochene unzulässigkeit ihrer asylanträge und die darauf beruhende angeordnete abschiebung nach italien. 3die kläger sind nigerianische staatsangehörige. die klägerin zu 1. ist die mutter des im jahr 2018 in italien geborenen klägers zu 2. die kläger reisten eigenen angaben zufolge gemeinsam mit dem ehemann der klägerin zu 1., der zugleich vater des klägers zu 2. ist und bei dem erkennenden gericht unter dem aktenzeichen 1a k 2947/19.a ein eigenständiges klageverfahren gegen die auf denselben gründen beruhende ablehnung seines asylantrages durch das bundesamt betreibt, am 9. mai 2019 in die bundesrepublik deutschland ein und stellten dort am 28. mai 2019 jeweils einen antrag auf asyl. in deutschland bekam die klägerin zu 1. im jahr 2020 zusammen mit ihrem ehemann ein weiteres kind. 4eine am 10. mai 2019 erfolgte eurodac-anfrage durch das bundesamt ergab, dass die klägerin zu 1. am 28. september 2017 einen asylantrag in livorno, italien, gestellt hatte. im rahmen ihrer anhörung am 28. mai 2019 gab die klägerin zu 1. an, zusammen mit ihrem ehemann über libyen zunächst nach italien eingereist zu sein. der kläger zu 2. sei in italien geboren. die familie sei in einem camp untergebracht worden, das sie aber nach einer gewissen zeit habe verlassen müssen. danach habe sie auf der straße gelebt und sich insgesamt zwei jahre lang in italien aufgehalten. 5mit formularantrag vom 29. mai 2019 ersuchte das bundesamt die italienischen behörden um wiederaufnahme der kläger. das gesuch ging an demselben tag bei den italienischen behörden ein. mit schreiben vom 11. juni 2019 erklärten die italienischen behörden ihre zustimmung zur wiederaufnahme beider kläger. 6mit bescheid vom 12. juni 2019 lehnte das bundesamt den asylantrag der kläger als unzulässig ab (ziffer 1), stellte fest, dass keine abschiebungsverbote vorlägen, (ziffer 2), ordnete die abschiebung nach italien an (ziffer 3) und befristete das einreise- und aufenthaltsverbot auf 15 monate ab dem tag der abschiebung (ziffer 4). zur begründung führte es aus, die unzulässigkeit des asylantrages beruhe auf der zuständigkeit italiens für die durchführung des asylverfahrens. abschiebungsverbote hinsichtlich italiens seien auch nicht feststellbar, weil den klägern dort insbesondere keine unmenschliche oder erniedrigende behandlung drohe. der bescheid wurde den klägern am 19. juni 2019 zugestellt. 7am 19. juli 2019 – während des gerichtlichen verfahrens – stellte das bundesamt, nachdem die kläger im zugehörigen eilverfahren (1a l 1016/19.a) kopien von auf ihre namen ausgestellten italienischen aufenthaltserlaubnissen vorgelegt hatten, ein auskunftsersuchens an italien. die italienischen behörden teilten mit schreiben vom 4. oktober 2019 mit, dass der asylantrag der klägerin zu 1. endgültig abgelehnt worden sei, sie nur eine vorübergehende aufenthaltserlaubnis bis zum 4. dezember 2020 erteilt bekommen habe und ihr asylverfahren daher nicht mehr fortgesetzt werde. 8die kläger haben am 26. juni 2019 klage erhoben. zur begründung führen sie im wesentlichen aus, ihnen drohe in italien aufgrund der dort herrschenden zustände für dublin-rückkehrer eine unmenschliche und erniedrigende behandlung, zumal die italienischen behörden keine individuelle zusicherung für eine adäquate unterbringung und versorgung abgegeben hätten. 9die kläger beantragen, 10den bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 12. juni 2019 (az.: 7828122-232) aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung verweist sie auf den angegriffenen bescheid. 14mit beschluss vom 15. oktober 2019 hat das erkennende gericht auf antrag der kläger vom 26. juni 2019 die aufschiebende wirkung ihrer klage angeordnet (az. 1a l 1016/19.a). 15mit beschluss vom 20. september 2021 hat die erkennende kammer den rechtsstreit auf den berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. mit schriftsatz vom 11. märz 2021 haben die kläger auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung hat die beklagte mit schriftsatz vom 6. mai 2021 erteilt. 16hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowohl des hiesigen verfahrens als auch des zugehörigen eilverfahrens (1a l 1016/19.a) als auch des verfahren des ehemannes bzw. vaters der kläger (1a k 2947/19.a) nebst zugehörigen eilverfahrens (1a l 1002/19.a) sowie auf die jeweils beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 17 | 18der vor dem hintergrund des beschlusses der kammer vom 20. september 2021 gemäß § 76 abs. 1 des asylgesetzes (asylg) zuständige einzelrichter entscheidet über die sache ohne mündliche verhandlung, nachdem sich die beteiligten hiermit wirksam einverstanden erklärt haben (vgl. § 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo –). 19die zulässige – insbesondere gemäß § 74 abs. 1 hs. 2 in verbindung mit § 34a abs. 2 satz 1 asylg fristgerecht erhobene – klage hat in der sache erfolg. der bescheid des bundesamtes vom 12. juni 2019 ist rechtswidrig und verletzt die kläger in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo), weil bereits die in ziffer 1 des bescheids ausgesprochene ablehnung des asylantrags als unzulässig auf keiner gesetzlichen grundlage beruht (dazu i.). vor diesem hintergrund sind auch die weiteren ziffern des bescheids aufzuheben (dazu ii.). 20i. 21die in ziffer 1 des bescheides des bundesamtes vom 12. juni 2019 enthaltene unzulässigkeitsentscheidung ist rechtswidrig. denn die voraussetzungen der vom bundesamt für die ablehnung der asylanträge der kläger primär herangezogenen vorschrift des § 29 abs. 1 nr. 1 lit. a asylg liegen nicht vor (dazu 1.). die unzulässigkeitsentscheidung kann auch nicht in eine solche auf § 29 abs. 1 nr. 5 asylg beruhende unzulässigkeitsentscheidung umgedeutet werden (dazu 2.). 221. 23der asylantrag ist nicht gemäß § 29 abs. 1 nr. 1 asylg als unzulässig abzulehnen, da die zuständigkeit italiens für das asylbegehren der kläger nicht mehr besteht. nach dieser vorschrift ist ein asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer staat nach maßgabe der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist, (dublin iii-vo) für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. 24vorliegend ist allerdings nicht italien, sondern die beklagte für die durchführung des asylverfahrens der kläger zuständig. italien war zwar ursprünglich zuständig (dazu a.). die zuständigkeit ist auch nicht wegen verspäteten stellens des wiederaufnahmegesuches (dazu b.) oder ablaufes der überstellungsfrist (dazu c.), gleichwohl aber wegen der den klägern in italien drohenden gefahr einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden behandlung auf die beklagte übergegangen (dazu d.). 25a) 26italien war ursprünglich für die durchführung des asylverfahrens der kläger zuständig. das ergibt sich aus art. 3 abs. 2 satz 1 in verbindung mit art. 18 abs. 1 lit. d dublin iii-vo. danach ist ein mitgliedsstaat – hier italien – verpflichtet, einen ausländer wiederaufzunehmen, wenn dieser dort bereits einen (ersten) antrag auf internationalen schutz gestellt hat und dieser antrag abgelehnt worden ist. bei der vorschrift des art. 18 abs. 1 dublin-iii-vo handelt es sich, auch wenn der wortlaut von den „pflichten des zuständigen mitgliedsstaates“ spricht, um eine genuine die zuständigkeit für die durchführung eines asylverfahrens begründende vorschrift, die eine prüfung der art. 7 ff. dublin-iii-vo entbehrlich macht. 27vgl. eugh, urteil vom 2. april 2019 - c-582/17 und c-583/17 -, juris, rn. 67. 28die italienischen behörden haben auch mit schreiben vom 11. juni 2019 ihre zuständigkeit für beide kläger entsprechend erklärt und ihre bereitschaft zur wiederaufnahme formuliert. auch wenn art. 18 abs. 1 lit. d dublin-iii-vo nicht einschlägig wäre, ergäbe sich die zuständigkeit italiens, wie die italienischen behörden in ihrer annahme des deutschen wiederaufnahmegesuches auch zutreffend ausführen, zudem auf grundlage des art. 12 abs. 1 dublin-iii-vo, weil die kläger in italien eine aufenthaltserlaubnis erhalten haben. 29b) 30die damit begründete zuständigkeit italiens ist weiter nicht nachträglich gemäß art. 23 abs. 2 und 3 dublin iii-vo entfallen. danach geht die zuständigkeit für die durchführung eines asylverfahrens auf den ersuchenden mitgliedsstaat – die beklagte – über, wenn das wiederaufnahmegesuch an den ersuchten staat – italien – nicht innerhalb von zwei monaten nach der eurodac-treffermeldung erfolgt. das bundesamt richtete hier nach der am 10. mai 2019 erfolgten eurodac-treffermeldung am 29. mai 2019, also nach 19 tagen und damit offensichtlich fristgerecht, ein wiederaufnahmeersuchen für die kläger an die italienischen behörden, welches ausweislich der automatisch generierten empfangsbestätigung am selben tag dort einging und mit schreiben der italienischen behörden am 11. juni 2019 positiv beantwortet wurde. 31c) 32ein zuständigkeitsübergang auf die beklagte kann auch nicht auf grundlage des art. 29 abs. 2 satz 1 dublin-iii-vo angenommen werden. danach geht die zuständigkeit auf den ersuchenden mitgliedsstaat – die beklagte – über, wenn der asylantragsteller nicht innerhalb von sechs monaten an den an sich zuständigen mitgliedsstaat überstellt wird. beginn des laufes dieser frist ist nach art. 29 abs. 1 uabs. 1 dublin-iii-vo der zeitpunkt der annahme des wiederaufnahmegesuchs durch den zuständigen staat. wurde hingegen gegen die überstellungsentscheidung ein rechtsbehelf eingelegt, dem aufschiebende wirkung zukommt, beginnt die frist erst mit der endgültigen entscheidung über diesen rechtsbehelf. vor diesem hintergrund hat die überstellfrist vorliegend noch gar nicht zu laufen begonnen, weil die kläger gegen die überstellungsentscheidung vorliegende klage erhoben haben, der aufgrund des beschlusses des erkennenden gerichts vom 15. oktober 2019 auch aufschiebende wirkung zukommt. 33vgl. ovg nrw, beschluss vom 7. juli 2016 - 13 a 2302/15.a -, juris, rn. 27 m.w.n. 34d) 35die zuständigkeit italiens ist aber entfallen, weil sie auf der grundlage des art. 3 abs. 2 uabs. 2 und 3 der dublin iii-vo auf die beklagte übergegangen ist. nach art. 3 abs. 2 uabs. 2 dublin-iii-vo setzt der die zuständigkeit prüfende mitgliedstaat – die beklagte – die prüfung der in kapitel iii der verordnung vorgesehenen kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten mitgliedstaat – hier italien – zu überstellen, da es wesentliche gründe für die annahme gibt, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für antragsteller in diesem mitgliedstaat systemische schwachstellen aufweisen, die eine gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des art. 4 der grundrechte-charta (gr-charta) oder art. 3 der europäischen menschenrechtskonvention (emrk) mit sich bringen. kann die überstellung an den zuständigen mitgliedsstaat oder an den mitgliedsstaat, in dem erstmalig ein asylantrag gestellt worden ist, nicht erfolgen, ist der die zuständigkeit prüfende mitgliedsstaat nach art. 3 abs. 2 uabs. 3 dublin-iii-vo zuständig. 36danach ist die beklagte ist ein zuständigkeitsübergang zu bejahen. eine gefahr im sinne von art. 4 gr-charta bzw. art. 3 emrk ist zu bejahen, wenn das asylverfahren oder die aufnahmebedingungen für asylsuchende in diesem zielstaat aufgrund systemischer mängel, das heißt regelhaft, so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem asylsuchenden auch im konkret zu entscheidenden einzelfall dort mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung im sinne von art. 4 gr-charta oder art. 3 emrk droht (dazu aa.). dies trifft auf den hiesigen einzelfall zu (dazu bb.). mangels einschlägiger anderweitiger zuständigkeitskriterien ist die zuständigkeit auf die beklagte übergegangen (dazu cc.). 37vgl. bverwg, beschluss vom 19. märz 2014 - 10 b 6.14 -, juris, rn. 9. 38aa) 39art. 3 abs. 2 uabs. 2 bzw. 3 der dublin-iii-verordnung stellt danach klar, dass in einer situation, in welcher ein antragsteller aufgrund systemischer schwachstellen im asylverfahren und in den aufnahmebedingungen für asylbewerber in dem eigentlich zuständigen mitgliedstaat tatsächlich gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne dieser bestimmung ausgesetzt zu werden, der die zuständigkeit prüfende mitgliedstaat für die prüfung des antrags auf internationalen schutz selbst zuständig wird, wenn er nach fortsetzung der prüfung der kriterien des kapitels iii der verordnung feststellt, dass keine überstellung an einen aufgrund dieser kriterien bestimmten mitgliedstaat oder an den ersten mitgliedstaat, in dem der antrag gestellt wurde, vorgenommen werden kann. 40zunächst spricht im vorliegenden einzelfall maßgebliches dafür, dass in italien in den fällen von vulnerablen personen – hier in bezug auf eine familie mit kleinkindern – (abstrakt gesehen) bereits systemische schwachstellen i. s. d. art. 3 abs. 2 uabs. 2 und 3 dublin iii-vo bezogen auf die gruppe der vulnerablen bestehen und daher die unzulässigkeitsentscheidung aufzuheben ist. 41vgl. vg düsseldorf, urteil vom 16. april 2020 - 15 k 790/18.a -, nicht veröffentlicht, und beschluss vom 4. juli 2018 - 22 l 5076/17.a -, juris, rn. 13 ff. 42darüber hinaus bezieht sich zwar art. 3 abs. 2 uabs. 2 dublin iii-vo seinem wortlaut nach nur auf die situation, in der sich die tatsächliche gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von art. 4 gr-charta aus systemischen schwachstellen des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen für personen, die internationalen schutz beantragen, in dem mitgliedstaat ergibt, der nach dieser verordnung als für die prüfung des antrags zuständig bestimmt ist. aus der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten charakter des verbots in art. 4 gr-charta geht jedoch hervor, dass die überstellung eines antragstellers in den nach den kriterien des kapitels iii der dublin iii-vo zuständigen mitgliedstaat nicht nur im fall systemischer schwachstellen des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen, sondern in all jenen situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme vorliegen, dass der antragsteller bei oder infolge seiner überstellung der ernsthaften gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung ausgesetzt sein wird. 43vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019 - c-163/17 (jawo) -, juris, rn. 87; vg aachen, urteil vom 1. dezember 2020 - 9 k 3816/18.a -, nicht veröffentlicht; vg karlsruhe gerichtsbescheid vom 11. märz 2020 - a 9 k 3651/18 -, juris, rn. 35; vg düsseldorf, gerichtsbescheid vom 27. januar 2020 - 22 k 13275/17.a -, juris, rn. 41. 44denn für die anwendung von art. 4 gr-charta, der art. 3 emrk entspricht, ist es gleichgültig, ob es zum zeitpunkt der überstellung, während des asylverfahrens oder nach dessen abschluss dazu kommt, dass die betreffende person aufgrund ihrer überstellung an den zuständigen mitgliedstaat im sinne der dublin iii-vo einem ernsthaften risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung zu erfahren. die überstellung eines antragstellers in diesen mitgliedstaat ist in all jenen situationen ausgeschlossen, in denen ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme vorliegen, dass der antragsteller bei oder infolge seiner überstellung einer solchen gefahr ausgesetzt wird. das gemeinsame europäische asylsystem und der grundsatz des gegenseitigen vertrauens beruhen nämlich auf der zusicherung, dass die anwendung dieses systems in keinem stadium und in keiner weise zu einem ernsthaften risiko von verstößen gegen art. 4 gr-charta führt. in dieser hinsicht wäre es widersprüchlich, wenn das vorliegen eines solchen risikos im stadium des asylverfahrens eine überstellung verhindern würde, während dasselbe risiko dann geduldet würde, wenn dieses verfahren durch die zuerkennung von internationalem schutz zum abschluss kommt. 45eine überstellung ist daher immer auch dann unzulässig, wenn im einzelfall eine verletzung des art. 4 gr-charta droht. mit anderen worten kommt es für die unzulässigkeit der rücküberstellung nicht (mehr) darauf an, ob im an sich zuständigen mitgliedstaat systemische mängel vorliegen oder ob dem asylsuchenden dort (nur) im einzelfall eine verletzung von art. 4 gr-charta droht. hieraus kann nur folgen, dass sodann auch die hieran anknüpfende rechtsfolge, nämlich die des art. 3 abs. 2 uabs. 2 und 3 dublin iii-vo, identisch sein muss. 46dabei sind eine gefahr im sinne des art. 4 gr-charta bzw. art. 3 emrk begründende zustände in einem mitgliedsstaat der europäischen union in der regel nicht anzunehmen. denn das unionsrecht beruht auf der grundlegenden prämisse, dass jeder mitgliedstaat mit allen anderen mitgliedstaaten eine reihe gemeinsamer werte teilt – und anerkennt, dass sie diese mit ihm teilen –, auf die sich, wie es in art. 2 des vertrages über die europäische union (euv) heißt, die union gründet. diese prämisse impliziert und rechtfertigt die existenz gegenseitigen vertrauens zwischen den mitgliedstaaten bei der anerkennung dieser werte und damit bei der beachtung des unionsrechts, mit dem sie umgesetzt werden und gegenseitigen vertrauens darauf, dass die nationalen rechtsordnungen der mitgliedstaaten in der lage sind, einen gleichwertigen und wirksamen schutz der in der charta anerkannten grundrechte, insbesondere ihrem art. 4, in denen einer der grundwerte der union und ihrer mitgliedstaaten verankert ist, zu bieten. 47der grundsatz des gegenseitigen vertrauens zwischen den mitgliedstaaten hat im unionsrecht fundamentale bedeutung, da er die schaffung und aufrechterhaltung eines raums ohne binnengrenzen ermöglicht. konkret verlangt der grundsatz des gegenseitigen vertrauens, namentlich in bezug auf den raum der freiheit, der sicherheit und des rechts, von jedem mitgliedstaat, dass er – abgesehen von außergewöhnlichen umständen – davon ausgeht, dass alle anderen mitgliedstaaten das unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten grundrechte beachten. 48folglich muss im kontext des gemeinsamen europäischen asylsystems und insbesondere der dublin-iii-verordnung, die auf dem grundsatz des gegenseitigen vertrauens beruht und durch eine rationalisierung der anträge auf internationalen schutz deren bearbeitung im interesse sowohl der antragsteller als auch der teilnehmenden staaten beschleunigen soll, die vermutung gelten, dass die behandlung der personen, die internationalen schutz beantragen oder denen internationaler schutz gewährt worden ist, in jedem einzelnen mitgliedstaat in einklang mit den erfordernissen der eu-charta, dem am 28. juli 1951 in genf unterzeichneten abkommen über die rechtsstellung der flüchtlinge und der emrk steht. 49vgl. eugh, urteile vom 19. märz 2019 - c-297/17 u.a. (ibrahim) -, juris, rn. 83 ff., und - c-163/17 (jawo) -, juris, rn. 80 ff. 50diese vermutung kann jedoch widerlegt werden. denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses system in der praxis auf größere funktionsstörungen in einem bestimmten mitgliedstaat stößt, so dass ein ernsthaftes risiko besteht, dass personen, die internationalen schutz beantragen, bei einer überstellung in diesen mitgliedstaat in einer weise behandelt werden, die mit ihren grundrechten unvereinbar ist. 51daher wäre die anwendung einer unwiderlegbaren vermutung, dass die grundrechte der person, die internationalen schutz beantragt hat, in dem mitgliedstaat beachtet werden, der nach der dublin iii-vo als für die prüfung des antrags zuständig bestimmt ist, mit der pflicht zu grundrechtskonformer auslegung und anwendung der verordnung unvereinbar. insoweit ist das mit einem rechtsbehelf gegen eine überstellungsentscheidung befasste gericht in dem fall, dass es über angaben verfügt, die die betreffende person zum nachweis des vorliegens eines solchen risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter angaben und im hinblick auf den durch das unionsrecht gewährleisteten schutzstandard der grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte personengruppen betreffende schwachstellen vorliegen. solche schwachstellen fallen jedoch nur dann unter art. 4 gr-charta bzw. art. 3 emrk, wenn sie eine besonders hohe schwelle der erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen umständen des falles abhängt. 52vgl. eugh, urteile vom 19. märz 2019 - c-297/17 u.a. (ibrahim) -, juris, rn. 83 ff., und - c-163/17 (jawo) -, juris, rn. 90 ff. 53diese besonders hohe schwelle der erheblichkeit ist erreicht, wenn die gleichgültigkeit der behörden eines mitgliedstaats zur folge hat, dass eine vollständig von öffentlicher unterstützung abhängige person sich unabhängig von ihrem willen und ihren persönlichen entscheidungen in einer situation extremer materieller not befindet, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen zustand der verelendung versetzt, der mit der menschenwürde unvereinbar ist. diese schwelle ist daher selbst in durch große armut oder eine starke verschlechterung der lebensverhältnisse der betreffenden person gekennzeichneten situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller not verbunden sind, aufgrund derer sich diese person in einer solch schwerwiegenden lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung gleichgestellt werden kann. das fehlen familiärer solidarität ist keine ausreichende grundlage für die feststellung einer situation extremer materieller not. auch mängel bei der durchführung von programmen zur integration von schutzberechtigten reichen für einen verstoß gegen art. 4 gr-charta nicht aus. der bloße umstand, dass im ersuchenden mitgliedstaat die sozialhilfeleistungen und/oder die lebensverhältnisse günstiger sind als im normalerweise zuständigen mitgliedstaat, kann nicht die schlussfolgerung stützen, dass die betreffende person im fall ihrer überstellung tatsächlich der gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen art. 4 grundrechtecharta verstoßende behandlung zu erfahren. 54vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019 - c-163/17 (jawo) -, juris, rn. 92 f. und 96 f., und beschluss vom 13. november 2019 - c-540/17 und c-541/17 (hamed) -, juris, rn. 39. 55art. 4 gr-charta verpflichtet die mitgliedsstaaten auch nicht, allen ihrer hoheitsgewalt unterstehenden personen das recht auf eine unterkunft und eine finanzielle unterstützung zu gewährleisten, damit sie einen gewissen lebensstandard haben. 56vgl. egmr, urteil vom 21. januar 2011 - 30696/09 -, eugrz 2011, 243 (245), rn. 249 (zum gleichlautenden art. 3 emrk). 57durch missstände im sozialen bereich wird die eingriffsschwelle von art. 4 gr-charta nur unter strengen voraussetzungen überschritten. neben den rechtlichen vorgaben ist dabei aber auch auf den (arbeits-) willen und reale arbeitsmöglichkeiten abzustellen sowie die persönlichen entscheidungen des betroffenen zu berücksichtigen. 58vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 29. juli 2019 - a 4 s 749/19 -, juris, rn. 40, unter verweis auf eugh, urteil vom 19. märz 2019 - c-163/17 - (jawo), juris, rn. 92; ovg schleswig-holstein, urteil vom 24. mai 2018 - 4 lb 27/17 -, juris, rn. 60 m.w.n. 59weiter ist auch die spezifische situation des betroffenen in den blick zu nehmen und dabei muss zwischen gesunden und arbeitsfähigen flüchtlingen sowie besonders vulnerablen gruppen mit besonderer verletzbarkeit (z. b. kleinkinder, minderjährige unbegleitete flüchtlinge, hochschwangere, erheblich erkrankte etc.) unterschieden werden. bei letzteren ist der schutzbedarf naturgemäß anders bzw. höher. 60vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 29. juli 2019 - a 4 s 749/19 -, juris, rn. 41. ovg schleswig-holstein, urteil vom 25. juli 2019 - 4 lb 12/17 -, juris, rn. 67; vg freiburg, urteil vom 28. dezember 2020 - a 4 k 10160/17 -, juris, rn. 33. 61dies gilt insbesondere im fall der betroffenheit von kindern. dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der durch art. 4 gr-charta bzw. in gleicher weise durch art. 3 emrk vermittelte schutz bei kindern – unabhängig davon, ob sie von ihren eltern begleitet werden – noch wichtiger ist, weil sie besondere bedürfnisse haben und extrem verwundbar sind. diese bestehen aufgrund ihres alters und ihrer abhängigkeit, aber auch ihres status als schutzsuchende. 62vgl. egmr, urteil vom 4. november 2014 - 29217/12 (tarakhel/schweiz) -, juris, rn. 119. 63kinder sind grundsätzlich verletzlicher und ihre bewältigungsmechanismen sind noch unentwickelter. sie neigen zudem mehr dazu, feindselige situationen als verstörend zu empfinden, drohungen glauben zu schenken und von ungewohnten umständen emotional beeinträchtigt zu werden. sie reagieren auch stärker auf handlungen, die gegen nahe verwandte gerichtet sind. was für einen erwachsenen unbequem ist, kann für ein kind eine ungebührende härte darstellen. 64vgl. unhcr, richtlinien zum internationalen schutz: asylanträge von kindern, vom 22. dezember 2009, s. 10 und 25. 65die aufnahmebedingungen für minderjährige schutzsuchende müssen deshalb an ihr alter angepasst sein um sicherzustellen, dass keine situation von anspannung und angst mit besonders traumatisierenden wirkungen für die psyche der kinder entsteht. anderenfalls wird die schwere erreicht, die erforderlich ist, um unter das verbot in art. 3 emrk bzw. art. 4 gr-charta zu fallen. bei minderjährigen wiegt ihre besonders verwundbare lage schwerer als die tatsache, dass sie ausländer mit unrechtmäßigem aufenthalt sind. 66vgl. egmr, urteil vom 4.november 2014 - 29217/12 (tarakhel/schweiz) -, juris, rn. 99, 119. 67bb) 68nach diesen maßgaben ist im aktuellen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung (vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylg) nicht zuletzt auch unter berücksichtigung der entwicklungen seit beginn der corona-pandemie und deren gesundheitlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen auswirkungen beachtlich wahrscheinlich, dass die kläger im falle einer rückkehr nach italien eine unmenschliche und erniedrigende behandlung droht. die klägerin zu 1. ist die mutter des klägers zu 2. sowie die ehefrau des klägers im verfahren 1a k 2947/19.a, mit dem sie in deutschland ein weiteres kind bekommen hat. die familie lebt in deutschland zusammen. aufgrund dessen sind die klägerin zu 1., der kläger zu 2., der kläger im verfahren 1a k 2947/19.a sowie das weitere minderjährige kinde der familie – davon ausgehend, dass der rückkehrprognose auf der basis von art. 8 emrk bzw. art. 6 abs. 1 des grundgesetzes (gg) eine ausreise bzw. überstellung aller familienmitglieder nur gemeinsam zu grunde zu legen ist, 69vgl. bverwg, urteil vom 4. juli 2019 - 1 c 45.18 -, juris, rn. 16 ff. – 70insgesamt der personengruppe der vulnerablen personen zuzuordnen, für die die vorstehend beschriebenen maßstäbe mit blick auf ihren erhöhten schutzbedarf differenziert anzuwenden sind. 71die vermutung, dass italien dublin-rückkehrern, die sich in der situation der kläger sowie ihre familie befinden, den schutz der in der gr-charta anerkannten grundrechte, insbesondere aus art. 4, bietet, ist auf der grundlage der dem gericht vorliegenden informationen durchgreifend erschüttert. aufgrund aktueller erkenntnisse ist zu befürchten, dass die kläger und ihre familie die in ihrer speziellen situation dringend erforderliche unterstützung in italien nicht erhalten und dadurch in eine situation der verelendung unabhängig von ihrem eigenen willen geraten werden. 72das erkennende gericht geht nämlich auf grundlage der vorliegenden aktuellen erkenntnismittel und in übereinstimmung mit der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts sowie des europäischen gerichtshofs für menschenrechte, 73bverfg, beschluss vom 17. september 2014 - 2 bvr 939/14 -, juris, rn. 16; egmr, urteil vom 4. november 2014, (tarakhel/schweiz) nr. 29217/12, juris, rn. 122, 74weiterhin davon aus, dass vulnerablen personen bei rücküberstellung nach italien derzeit im allgemeinen eine unmenschliche und erniedrigende behandlung droht, solange die italienischen behörden keine individuelle und konkrete zusicherung abgegeben haben, dass die jeweils betroffenen personen zugang zu ihrer schutzbedürftigkeit angemessenen unterkunft und darüber hinaus auch für die dauer der vulnerabilität angemessene unterstützung erhalten werden. 75die gefahr der unmenschlichen und erniedrigenden behandlung ergibt sich dabei auch unabhängig davon, ob und inwieweit die betroffenen im falle einer rücküberstellung eine – von der seitens der italienischen behörden vorab erfolgten zustimmung zur rücküberstellung abhängigen – gewisse hilfestellung dahingehend erhalten, dass sie am flughafen des überstellungszielortes und bei der womöglich erforderlichen inneritalienischen weiterreise unterstützt werden. 76vgl. dazu ovg nrw, urteil vom 20. juli 2021 - 11 a 1689/20.a -, juris, rn. 41 ff. 77denn selbst bei annahme einer solchen „starthilfe“ erweist sich das italienische unterbringungssystem (weiterhin) in bezug auf vulnerable personen als in menschenrechtlicher hinsicht beachtlich defizitär (dazu [1]). adäquate möglichkeiten, trotz fehlender angemessener unterkunft auf sich allein gestellt für sich sorgen zu können, gibt es für vulnerable personen dabei nicht (dazu [2]). 78(1) 79hinsichtlich der unterbringungssituation vulnerabler personen, insbesondere von familien mit kleinen kindern, lässt sich nach der auskunftslage im wesentlichen folgendes feststellen: 80seit inkrafttreten des sogenannten salvini-dekrets (gesetzesdekrets des ministerrates nr. 113/2018 vom 4. oktober 2018, bestätigt durch den italienischen senat im november 2018 und als gesetz fortgeltend aufgrund beschlusses der abgeordnetenhauskammer vom 29. november 2018) hatten asylsuchende, die unter der dublin-iii-verordnung nach italien überstellt wurden, kein anrecht mehr auf unterkunft in den siproimi, den zweitaufnahmeeinrichtungen. solange sie im asylverfahren waren und solange ihr recht auf unterkunft nicht entzogen wurde, konnten dublin-rückkehrende wie alle anderen asylsuchenden in italien nur in erstaufnahmezentren und temporären einrichtungen (cas) untergebracht werden. das inkrafttreten des salvini-dekrets hatte zudem zu zahlreichen änderungen der bedingungen für die auftragsvergabe zum betreiben der cas-unterkünfte durch das innenministerium (sog. capitolato) geführt. insoweit ist besonders zu beachten, dass seit dem inkrafttreten des genannten dekrets auch familien mit kindern, die sich noch im asylverfahren befanden, nicht mehr in siproimi-projekten untergebracht werden konnten, weil jene nunmehr nur noch für unbegleitete minderjährige und anerkannte flüchtlinge zur verfügung standen. 81vgl. swiss refugee council / danish refugee council, mutual trust is still not enough, 12. dezember 2018; sfh, aufnahmebedingungen in italien, aktualisierter bericht zur lage von asylsuchenden und personen mit schutzstatus, insbesondere dublin-rückkehrern, in italien, januar 2020, s. 37 ff. 82dabei ist davon auszugehen, dass die übrigen aufnahmeeinrichtungen für asylbewerber, nämlich erstaufnahmeeinrichtungen (hotspots, cpsa und erstaufnahmeeinrichtungen in der verantwortung lokaler behörden) sowie cas-unterkünfte aufgrund ihrer größe und struktur sowie der tatsache, dass sie eine eher grundlegende versorgung mit nahrungsmitteln, kleidung, basisinformation, rechtsberatung und medizinischer notversorgung bieten, grundsätzlich keinen geschützten rahmen für kleine kinder bieten, die aufgrund ihres alters und der besonderen umstände des einzelfalls besonderes schutzbedürftig sind. 83vgl. aida, country report italy, update 2019 (stand: juni 2020), s. 104 f.; bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation – italien, 9. oktober 2019, s. 12 ff.; swiss refugee council / danish refugee council, mutual trust is still not enough, the situation of persons with special reception needs transferred to italy under the dublin iii regulation, ziffer 3.3, s. 12 und 14 ff., sfh, aufnahmebedingungen in italien, aktualisierter bericht zur lage von asylsuchenden und personen mit schutzstatus, insbesondere dublin-rückkehrern in italien, januar 2020, s. 40 f. 84diese zentren waren bereits in der vergangenheit oft nicht im stande, personen mit besonderen bedürfnissen adäquat unterzubringen, wie der europäische gerichtshof für menschenrechte in seinem tarakhel-urteil, 85urteil vom 4. november 2014, nr. 29217/12, nvwz 2015, 127 (131), 86festgestellt hatte. seit den änderungen aufgrund des salvini-dekretes hatten sich qualität und leistungen in den erstaufnahmezentren nochmals deutlich verschlechtert. hauptgrund dafür waren die vorgaben bei der öffentlichen auftragsvergabe (capitolato) für erstaufnahmezentren. im neuen capitolato wurde der staatliche zuschuss von 35 euro pro asylsuchender person und tag auf 20 euro gekürzt. deshalb mussten bewerbende für den leistungsvertrag ihre leistungen massiv zurückschrauben und die hälfte ihrer angestellten entlassen. diese entwicklung hatte einen negativen einfluss auf alle personen, die in cas untergebracht waren, doch am stärksten davon betroffen waren verletzliche personen, die auf besondere betreuung angewiesen sind. eine weitere konsequenz war die aufgrund der beschränkten ressourcen und angestellten schiere unmöglichkeit der identifizierung von vulnerabilitäten. zusammenfassend lässt sich festhalten, dass personen mit besonderen bedürfnissen bei der unterbringung in den erstaufnahmezentren mit großer wahrscheinlichkeit nicht die nötige unterstützung erhielten. 87sfh, aufnahmebedingungen in italien, aktualisierter bericht zur lage von asylsuchenden und personen mit schutzstatus, insbesondere dublin-rückkehrern in italien, januar 2020, s. 40 f., 102 f. 88in diesem zusammenhang ist auch festzustellen, dass als eine konsequenz des capitolato vor allem kleinere zentren geschlossen wurden, die nicht mehr finanziert werden konnten. stattdessen wurden große kollektivzentren eröffnet, die eher mit den sehr geringen finanziellen staatlichen beiträgen betrieben werden konnten. im salvini-dekret wurde darüber hinaus kein rechtsrahmen für die aufnahmezentren genannt, in welchen auch vulnerable personen unterzubringen sind. so blieb eine große lücke im hinblick auf die aufnahmemodalitäten und garantien für die dort untergebrachten personen. 89sfh, aufnahmebedingungen in italien, aktualisierter bericht zur lage von asylsuchenden und personen mit schutzstatus, insbesondere dublin-rückkehrern in italien, januar 2020, s. 42. 90seit beginn des jahres 2019 hatte sich beispielsweise die caritas, die sich nach ihrem selbstverständnis weigerte, lediglich „hotelier“ für flüchtlinge zu sein, aufgrund der mittelkürzung durch das capitolato in mehreren regionen italiens aus dem betrieb von cas-unterkünften zurückgezogen bzw. wollte sich an den kommenden ausschreibungen für den betrieb von cas nicht mehr beteiligen. auch schlossen bereits die ersten cas aus wirtschaftlichen gründen. 91vgl. zum ganzen borderline-europe, stellungnahme zur derzeitigen situation von geflüchteten in italien mit besonderem blick auf die unterbringung, 3. mai 2019, s. 7; sfh, aufnahmebedingungen in italien, aktualisierter bericht zur lage von asylsuchenden und personen mit schutzstatus, insbesondere dublin-rückkehrern in italien, januar 2020, s. 43. 92erschwerend kommt generell hinzu, dass asylbewerber ihr recht auf unterbringung verlieren konnten, wenn sie bereits einmal untergebracht waren. wenn eine person das zentrum ohne vorherige mitteilung verließ und mehr als 72 stunden abwesend war, wurde angenommen, dass sie auf ihr recht auf unterbringung verzichtete. folglich verlor die person ihr recht auf unterkunft. die zentren waren verpflichtet, die präfektur umgehend zu informieren, falls jemand abwesend ist. das recht auf unterkunft konnten asylsuchende nur zurückerhalten, wenn sie nachweisen konnten, dass sie das zentrum wegen eines unfalls, höherer gewalt oder aus einem anderen triftigen persönlichen grund verlassen hatten. 93sfh, aufnahmebedingungen in italien, aktualisierter bericht zur lage von asylsuchenden und personen mit schutzstatus, insbesondere dublin-rückkehrern in italien, januar 2020, s. 44 f. 94die möglichkeit einer registrierung von asylsuchenden im melderegister, die grundvoraussetzung für den zugang zu einer gemeindeunterkunft und gewissen sozialleistungen sind, war im zuge der sogenannten salvini-gesetzgebung überdies abgeschafft worden. 95vgl. sfh, aufnahmebedingungen in italien, aktualisierter bericht zur lage von asylsuchenden und personen mit schutzstatus, insbesondere dublin-rückkehrern in italien, januar 2020, s 79 ff. 96an diesen missständen hat sich nach aktueller erkenntnislage nichts entscheidungserhebliches geändert. das erkennende gericht sieht sich daher auch unter berücksichtigung der aktuellen entwicklungen nicht veranlasst, für vulnerable personen die beachtliche gefahr, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt zu sein, zu verneinen, sofern italien keine konkrete und individualisierte zusicherung abgegeben hat, dass die betroffenen eine gesicherte unterkunft und hinreichende unterstützung erhalten werden. 97vgl. auch vgh baden-württemberg, beschluss vom 8. november 2021 - a 4 s 2850/21 -, juris, rn. 15, 16; vg hannover, beschluss vom 10. november 2021 - 12 b 5205/21 -, juris; vg bremen, beschluss vom 8. dezember 2021 - 6 v 1964/21 -, juris; vg freiburg, beschluss vom 10. november 2021 - a 9 k 2793/21 -, juris; vg köln, urteil vom 8. september 2021 - 12 k 4019/20.a -, juris; vg kassel, urteil vom 24. august 2021 - 3 k 1923/19.ks.a -, juris; vg frankfurt am main, urteil vom 9. august 2021 - 9 k 1340/18.f.a -, juris; vg oldenburg, urteile vom 2. juli 2021 - 6 a 2745/19 -, juris, und vom 30. juni 2021 - 6 a 1759/21 -, juris; vg berlin, urteil vom 19. mai 2021 - 28 k 281.17 a, juris; vgl. auch für bereits anerkannte schutzberechtigte hessischer vgh, beschluss vom 11. januar 2021 - 3 a 539/20.a -, juris, rn. 14 ff.; ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 9. april 2021 - 7 a 11654/20.ovg -, juris; vg bremen, beschluss vom 10. november 2021 - 6 v 796/20.a -, juris; vg düsseldorf, gerichtsbescheid vom 17. august 2021 - 12 k 4589/21.a -, nicht veröffentlicht; vg köln, urteil vom 10. juni 2021 - 8 k 4803/18.a -, juris. anders hingegen etwa vg münchen, beschlüsse vom 17. juni 2021 - m 3 s 21.50230 -, juris, rn. 30 ff., und vom 7. juni 2021 - m 19 s7 21.50344 -, juris, rn. 19 ff.; vg gera, urteil vom 11. august 2021 - 4 k 161/20 ge, juris. 98zum gegenwärtigen zeitpunkt ist für das gericht insbesondere nicht hinreichend belastbar erkennbar, dass sich aus den maßnahmen des italienischen gesetzgebers der jüngeren zeit, insbesondere aus dem seit dem 20. dezember 2020 geltenden gesetz nr. 173/2020, für die hier gegebene verfahrenskonstellation substantiell auswirkende änderungen ergeben haben. mit dem auf dem dekret nr. 130/2020 („lamorgese-dekret“) beruhenden gesetz nr. 173/2020 sollten insbesondere die vormals mit dem dekret nr. 113/2018 („salvini-dekret“) eingeführten asylrechtlichen verschärfungen weitestgehend zurückgenommen werden. in bezug auf die unterbringung von asylbewerbern gilt seitdem jedenfalls auf dem papier, dass besonders im falle vorliegender vulnerabilität bevorzugter zugang zu dem aufnahmeeinrichtungssystem nicht nur erster, sondern – im rahmen der kapazität – auch zweiter stufe, die nunmehr nicht siproimi, sondern sai (sistema accoglienza integrazione) heißen, gewährt wird, auch wenn möglicherweise die voraussetzungen für ein entzug des unterbringungsrechts vorliegen. im falle des zuganges erhalten sie dann auch weitere integrationsangebote wie etwa sprachkurse. 99vgl. sfh, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, juni 2021, s. 5 f.; romer, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, asylmagazin 2021, 207 (209 f.); ovg nrw, urteil vom 20. juli 2021 - 11 a 1689/20.a -, juris, rn. 60 ff. 100weiter wurden die im zuge des salvini-dekrets erfolgte kürzung der finanziellen und personellen mittel für die cas-einrichtungen rückgängig gemacht. 101vgl. romer, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, asylmagazin 2021, 207 (210 f.). 102schließlich ist nunmehr auch eine registrierung von asylsuchenden wieder möglich, die grundvoraussetzung für den zugang zu einer gemeindeunterkunft ist sowie zu sozialleistungen ist. 103vgl. sfh, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, juni 2021, s. 13, 14; romer, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, asylmagazin 2021, 207 (208). 104dies vermag aber jedenfalls zum zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung an dem umstand des defizitären unterbringungssystems für vulnerable personen nichts zu ändern. 105denn zunächst handelt es sich lediglich um eine reform auf dem papier, der unter berücksichtigung der aktuellen erkenntnismittel noch keine faktische veränderung gefolgt ist. spürbare verbesserungen sind insoweit nicht auszumachen, zumal auch noch keine entsprechend angepassten richtlinien erlassen worden sind. 106vgl. sfh, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, juni 2021, s. 5, 8, 12; romer, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, asylmagazin 2021, 207 (209 f.); vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 25. november 2020 - 11 a 571/20.a -, juris, rn. 23, sowie urteile vom 20. juli 2021 - 11 a 1674/20.a und 11 a 1689/20.a -, juris, rn. 43 bzw. 60; vg köln, urteil vom 10. juni 2021 - 8 k 4803/18.a -, juris, rn. 66 ff. 107insbesondere ist trotz der reform die registrierung von asylsuchenden weiterhin – nicht zuletzt auch wegen der sogenannten corona-pandemie – schwierig, zumal die nachwirkungen der vorangegangenen salvini-gesetzgebung weiterhin spürbar sind. das nachholen der registrierungen dauert daher lange und lässt aktuell verbesserungen in diesem bereich nicht erkennen. 108vgl. sfh, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, juni 2021, s. 14 f. 109überdies ist zu berücksichtigen, dass zwar nunmehr per se eine unterbringung in den aufnahmeeinrichtungen zweiter stufe möglich ist, die zuweisung einer unterbringung aber auch weiterhin unter dem vorbehalt vorhandener kapazitäten erfolgt, also ohnehin nicht garantiert, sondern stets von der konkreten auslastung im einzelfall abhängig ist. in dem gesetz nr. 173/2020 ist insoweit auch keine kapazitätserhöhung bei den aufnahmeeinrichtungen erster wie zweiter stufe vorgesehen. von daher bleibt es weiter dabei, dass die vorhandenen aufnahmeeinrichtungen den tatsächlichen bedarf nicht hinreichend abzudecken vermögen. 110vgl. sfh, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, juni 2021, s. 8; romer, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, asylmagazin 2021, 207 (209 f.). 111das ergibt sich bereits dadurch, dass die anzahl an asylsuchenden besonders im jahr 2021 sprunghaft angestiegen ist. während etwa im ersten halbjahr 2021 23.948 asylsuchende in italien angekommen sind, waren es in demselben zeitraum 2020 nur 8.948. dies bedeutet einen anstieg von knapp 170 %. 112vgl. bundesamt, situation des aufnahmesystems seit der reform des salvini-dekrets, 15. april 2021, s. 5. 113berücksichtigt man nun, dass italien im jahr 2020 insgesamt, d.h. unter berücksichtigung jeglicher unterkunftskapazitäten, 87.001 unterkunftsplätze zur verfügung stellte, allein im jahr 2020 aber bereits 34.134 asylsuchende, also knapp 40 % der gesamtkapazität, in italien angelangt sind, 114vgl. bundesamt, situation des aufnahmesystems seit der reform des salvini-dekrets, 15. april 2021, s. 5, 115ergibt sich gerade unter einbeziehung der aufgrund der regelmäßig mehrjährigen dauer des asylverfahrens nicht unerheblichen durchschnittlichen unterbringungszeit eines asylbewerbers schnell, dass in italien nicht so viele plätze verfügbar sind, als dass er für den ausschluss einer beachtlichen gefahr einer obdachlosigkeit hinreichend wäre. 116dies gilt auch trotz der – ohnehin bislang nur auf dem papier feststellbaren – öffnung des aufnahmeeinrichtungssystems zweiter stufe (sai) für asylsuchende. denn auch hier erscheinen die vorhandenen kapazitäten keinesfalls als hinreichend. derzeit verfügen die sai über 32.456 plätze, 117vgl. https://www.retesai.it/i-numeri-dello-sprar/, 118während es im januar 2021 30.049 plätze waren. 119vgl. romer, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, asylmagazin 2021, 207 (210). 120die kapazitätserweiterungen von gut 2.000 plätzen erscheinen aber gerade angesichts der zugleich stattfindenden ausweitungen des kreises der unterkunftsanspruchsberechtigten daher im günstigsten fall als nicht hinreichend, wenn nicht gar als rückschritt. 121vgl. auch vg köln, urteil vom 10. juni 2021 - 8 k 4803/18.a -, juris, rn. 70. 122dies ergibt sich letztlich auch aus dem bericht des bundesamtes vom 15. april 2021. danach sei das (zweitaufnahme-)unterbringungssystem im jahr 2020 nicht überlastet gewesen, weil (nur) 27.372 zugangsberechtigte (die tatsächlich im bericht stehende angabe von „37.372“ scheint insoweit ein schreibfehler zu sein, weil im bericht anschließend stets von 27.372 zugangsberechtigten die rede ist und ansonsten die vom bundesamt vorgenommene schlussfolgerung der nichtauslastung der unterbringungseinrichtungen nicht tragfähig wäre) auf 31.324 plätze zu verteilen gewesen sind. 123vgl. bundesamt, situation des aufnahmesystems seit der reform des salvini-dekrets, 15. april 2021, s. 6. 124bedenkt man aber, dass die anzahl an plätzen im jahr 2021 nicht signifikant größer geworden ist, zugleich aber der kreis an zugangsberechtigten erheblich breiter gezeichnet worden ist, erscheint ein „puffer“ von gut 4.000 plätzen im jahr 2020 (31.324 plätze - 27.372 zugangsberechtigte) jedenfalls nicht so groß, als dass er für den ausschluss einer beachtlichen gefahr einer obdachlosigkeit hinreichend wäre. 125ferner bleibt die beurteilung des entzuges des unterbringungsrechts und damit des zugangs zum staatlichen aufnahmeeinrichtungssystem eine dem „servizio centrale“ obliegende einzelfallentscheidung. ob und inwieweit sich dieser an der neuen gesetzeslage orientiert, ist dabei nicht bekannt. insbesondere finden sich auch in dem bericht des bundesamtes vom 15. april 2021 keinerlei hinweise darauf, ob sich im zuge des gesetzes nr. 173/2020 tatsächliche änderungen bei der entscheidung über den entzugs des unterbringungsanspruches ergeben haben. 126vgl. ovg nrw, beschluss vom 25. november 2020 - 11 a 571/20.a -, juris, rn. 23, sowie urteile vom 20. juli 2021 - 11 a 1674/20.a und 11 a 1689/20.a -, juris, rn. 194 bzw. rn. 145. 127unabhängig davon sind auch keine signifikanten qualitätsverbesserungen der der schutzbedürftigkeit vulnerabler personen bislang nicht angemessenen unterkünfte feststellbar. 128soweit die zuletzt ergangenen entscheidungen des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen zur unzulässigkeit einer rücküberstellung nichtvulnerabler personen womöglich dahingehend zu verstehen sein könnten, dass im falle vorhandener vulnerabilität ein anderes ergebnis anzunehmen wäre, 129vgl. ovg nrw, urteile vom 20. juli 2021 - 11 a 1674/20.a - sowie 11 a 1689/20.a -, juris, rn. 93 bzw. 100. 130hat dies keine auswirkungen auf die vorliegende entscheidung. denn die beiden obergerichtlichen entscheidungen betreffen nichtvulnerable personen und enthalten zu der situation vulnerabler personen gerade keine belastbaren aussagen. sie führen insoweit lediglich aus, dass die jeweils betroffenen kläger bereits nicht vulnerabel sind. es bedurfte daher offensichtlich keiner die entscheidung tragenden erörterung der bedeutung vorhandener vulnerabilität. 131auch soweit der europäische gerichtshof für menschenrechte in seinem urteil vom 23. märz 2021 davon ausgegangen ist, dass aufgrund der neuen lage eine alleinerziehende mutter mit zwei kleinkindern nach italien rücküberstellt werden dürfe, 132vgl. egmr, urteil vom 23. märz 2021 - 46595/19 („mt“) -, abrufbar in englischer sprache unter https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-209487%22]}, 133handelt es sich, wie bei entscheidungen des gerichtshofs zwar ohnehin, in diesem fall aber im besonderen, um eine einzelfallentscheidung, weil der gerichtshof maßgeblich darauf abgestellt hat, dass aufgrund einer entsprechenden information an den italienischen staat eine hinreichende individuelle versorgung der familie nach ankunft gewährleistet ist. die änderung der allgemeinen rechtslage ist gerade nicht der maßgebliche aspekt für die entscheidung. es ist insoweit keineswegs ersichtlich, dass der gerichtshof von seiner bisherigen rechtsprechung abweichen und – anders als das erkennende gericht – eine rücküberstellung vulnerabler personen unabhängig von einer im einzelfall festzustellenden individualisierten versorgungsgewährleistung für zulässig erklären wollte. dies nicht zuletzt deshalb, weil die entscheidung bereits nicht aus dem englischen weiterübersetzt worden ist, eine änderung der rechtsprechung daher äußerst fernliegend ist. 134vgl. die gleichlautende wertung des vgh baden-württemberg, beschluss vom 8. november 2021 - a 4 s 2850/21 -, juris, rn. 16. 135entsprechendes gilt für die jüngere entscheidung des schweizerischen bundesverwaltungsgerichts, 136urteil vom 18. oktober 2021, abrufbar unter https://www.bvger.ch/dam/bvger/de/dokumente/2021/10/f-6330_2020_web.pdf.download.pdf/f-6330_2020_web.pdf, 137bei der ebenfalls ein entscheidender punkt die in dem zugrunde liegenden einzelfall vorhandene zusicherung der italienischen behörden im hinblick auf eine garantierte individuelle versorgung der betroffenen familie mit kleinkindern war (vgl. rn. 11.1: eine „überstellung ist (…) nur zulässig, wenn von den italienischen behörden eine ausreichende garantie für eine kindgerechte und die einheit der familie wahrende unterbringung vorliegt“). 138der annahme weiterhin unzureichender aufnahmebedingungen bezüglich dem hier vorliegenden fall einer familien mit kleinen kindern steht vorliegend auch nicht der bericht der beklagten „zur aufnahmesituation von familien mit minderjährigen kindern nach einer dublin-überstellung in italien“ vom 2. april 2020 entgegen, den sie aus anlass einer entscheidung des bundesverfassungsgerichts, 139vgl. bverfg, beschluss vom 10. oktober 2019 - 2 bvr 1380/19 -, juris, 140von dem verbindungsbeamten des bundesamtes beim italienischen innenministerium und von dem austauschbeamten des bundesministeriums des innern, für heimat und bau beim italienischen innenministerium hat fertigen lassen. dieser bericht stellt als ergebnis der recherchen zur aufnahmesituation von familien mit kleinen kindern fest, dass es bei der aufnahmesituation dieser personengruppe durchaus regionale unterschiede gebe, die auch mit der größe der aufnahmeeinrichtung zusammenhingen. insgesamt sei jedoch die sorge einer nicht unmittelbaren und unangemessenen unterkunft unbegründet. durch den rückgang der anlandungszahlen und die rechtlichen und organisatorischen maßnahmen zur beschleunigung des asylverfahrens sei eine aufnahmesituation eingetreten, die durch ein zunehmend strukturiertes system charakterisiert sei. hierzu habe auch die tatsache beigetragen, dass eine immer klarere trennlinie zwischen asylbewerbern und statusinhabern gezogen worden sei. dass damit einschränkungen bei der inklusion von asylbewerbern in die italienische gesellschaft einhergingen, sei eine bewusste gesetzgeberische entscheidung. 141vgl. bamf, bericht zur aufnahmesituation von familien mit minderjährigen kindern nach einer dublin-überstellung in italien, 2. april 2020. 142dieser bericht erscheint nicht ohne weiteres als geeignet, die gesichtspunkte zu widerlegen, welche die gerichte bislang bewogen haben, für vulnerable personen nach italien eine individuelle garantieerklärung der italienischen behörden für notwendig zu halten. denn unabhängig davon, dass der bericht ohnehin nur die situation von dublin-rückkehrern und damit nicht den hier vorliegenden fall von als schutzberechtigte anerkannten personen betrifft, erscheint der bericht auch unter berücksichtigung der damaligen lage insgesamt nicht plausibel. seine schlussfolgerung, es sei die sorge unbegründet, dass familien mit minderjährigen kindern nach ihrer dublin-rückkehr nicht unmittelbar angemessen untergebracht würden, unter anderem weil strukturierte abläufe und strukturen zwischen relevanten akteuren nach der ankunft bis zu einer unterbringung bestünden, wird im bericht selbst relativiert durch die feststellung, dass (immer noch) regionale unterschiede und „reduzierungen“ durch das „salvini-dekret“ vorhanden seien. auch wird in dem bericht über eine vielzahl von formellen beanstandungen anlässlich von inspektionen der aufnahmestrukturen berichtet, welche im übrigen häufiger in den südlichen regionen wie sizilien und sardinien aufgetreten seien. auch die formulierung, der umstand, dass familien mit minderjährigen kindern während des asylverfahrens nicht mehr aufnahme in den so genannten siproimi-einrichtungen und zusätzliche integrationsmaßnahmen erhalten könnten, bedeute noch nicht, dass ihre aufnahme nicht den standards der eu-aufnahmerichtlinie entspräche, legt nahe, dass jedenfalls nicht gewährleistet ist, dass vulnerable personen entsprechend ihrer schutzbedürftigkeit untergebracht werden. aus dem bericht wird zudem deutlich, dass die darin gewonnenen eindrücke über die aufnahme- und unterbringungssituation zurückkehrender familien lediglich einen ausschnitt im aufnahme- und unterbringungssystems italiens abbilden und nicht verallgemeinerungsfähig sind. insbesondere stellen die drei besuchten und ausgewählten unterkünfte in dem bericht des bundesamtes lediglich einen bruchteil der unterkünfte in italien dar. dass landesweit der standard wie in den drei dargestellten unterkünften herrscht, wird von der beklagten gerade nicht dargetan, insbesondere verweist der bericht selbst auf regionale unterschiede. auch ist nicht sichergestellt, dass die kläger und ihre familie in einer dieser unterkünfte untergebracht würden. abgesehen davon wird in dem bericht des bundesamtes ein gespräch mit dem direktor des italienischen flüchtlingsrates (cir) dokumentiert, wonach die vorbildliche unterbringung in den siproimi-zentren bedauerlicherweise nicht mehr möglich sei und die cas/cara-einrichtungen nur noch die grundbedürfnisse abdecken würden, was aus den bereits dargestellten gründen für vulnerable personen angesichts ihrer schutzbedürftigkeit gerade nicht ausreichend ist. dass die besonderen grundbedürfnisse des vulnerablen personenkreises gewährleistet werden, wird gerade nicht dargetan. im übrigen wird ausgeführt, dass in den großen zentren aufgrund der begrenzten zeitlichen und personellen kapazitäten die psychologische betreuung schwieriger sei und regionale unterschiede hinsichtlich unterkunft und medizinischer betreuung bestünden, auch wenn diese nicht mehr so groß seien. daher kann allein aufgrund der ausführungen in diesem bericht unter berücksichtigung der weiteren erkenntnismittel nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass familien mit kleinen kindern bei einer rückkehr im rahmen des dublin-verfahrens in jedem fall angemessen untergebracht werden. 143vgl. ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 15. september 2020 - 3 l 143/20 -, juris, rn. 15 ff.; bezogen auf die rücküberstellung junger, alleinstehender männer ovg nrw, urteile vom 20. juli 2021 - 11 a 1674/20.a und 11 a 1689/20.a -, juris, rn. 196 bzw. 147; 144(2) 145im übrigen erweist sich eine rücküberstellung vulnerabler personen ohne individuelle zusicherung hinreichender versorgung nicht etwa deshalb als unionsrechtskonform, weil es den betroffenen trotz der frage der unterbringung möglich wäre, für sich sorgen zu können. denn insoweit erweist sich die situation des arbeitsmarktes sowie der staatlichen oder nichtstaatlichen unterstützungshandlungen als prekär. vor diesem hintergrund hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen unter auswertung der aktuellen erkenntnisse ausgeführt, dass selbst ein junger, gesunder und alleinstehender dublin-rückkehrer in italien nicht für sich sorgen könne. 146vgl. ovg nrw, urteil vom 20. juli 2021 - 1689/20.a -, juris, rn. 110 ff. 147hinsichtlich dieses aspekts gilt erst recht nichts anderes für vulnerable personen. die situation des arbeitsmarktes hat sich nämlich im jahr 2020 infolge der sogenannten corona-pandemie massiv verschlechtert und im jahr 2021 jedenfalls (noch) nicht entscheidungserheblich gebessert. die arbeitslosenquote lag 2020 bei knapp 10 % (die jugendarbeitslosigkeit bei knapp 33 %). die italienische wirtschaft ist im jahre 2020 um 8,8 prozent geschrumpft. es handelt sich hierbei um den stärksten einbruch seit dem zweiten weltkrieg. 148vgl. sfh, auskunft an das ovg nrw, 17. mai 2021, s. 4 f.; sfh, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, juni 2021, s. 13 f.; vgl. auch ovg nrw, urteil vom 20. juli 2021 - 11 a 1674/20.a -, juris, rn. 114 ff. m.w.n. 149gerade das dienstleistungsgewerbe, vornehmlich der tourismussektor, ist im jahr 2020 um 69 % zurückgegangen. 150sfh, auskunft an das ovg nrw, 17. mai 2021, s. 5. 151zwar hat sich italiens wirtschaft im laufe des jahres 2021 wieder etwas erholt. so konnte das bruttoinlandsprodukt insbesondere durch fördergelder der europäischen union und dadurch mögliche investitionen ein wachstum von knapp 5 % aufweisen. vornehmlich die produktion der verarbeitenden industrie stieg im zeitraum von januar bis september 2021 gegenüber dem vorjahr um 16,5 %. auch für das jahr 2022 liegen die prognosen im positiven bereich. 152vgl. „mit positivem vorzeichen ins jahr 2022“, abrufbar unter https://www.gtai.de/gtai-de/trade/italien/wirtschaftsumfeld1/mit-positiven-vorzeichen-ins-jahr-2022-244482. 153dies hat aber jedenfalls aktuell noch keine beachtlichen tatsächlichen auswirkungen auf den arbeitsmarkt. die arbeitslosenquote liegt ausweislich des italienischen statistikamtes weiterhin zwischen 9 und 10 % (die jugendarbeitslosigkeit bei 28 %)und ist damit die dritthöchste in der europäischen union. 154vgl. https://www.istat.it/it/files//2022/01/employment-and-unemployment_202111.pdf. 155auch im übrigen gibt es keine aktuellen erkenntnismittel, nach denen die wirtschaftliche lage eine solche wandlung erfahren hat, als dass es nunmehr gerade für asylsuchende mit ihren persönlichen handicaps – vornehmlich das mangelnde beherrschen der italienischen sprache sowie das fehlen spezifischer beruflicher qualifikationen – eine hinreichende wahrscheinlichkeit eines auskommend vergüteten arbeitsplatzes gäbe. 156vgl. auch ovg nrw, urteil vom 20. juli 2021 - 11 a 1689/20.a -, juris, rn. 137. 157auch sind weder anzahl oder leistungsumfang der notunterkünfte bzw. der hilfsorganisationen verbessert worden, noch hat sich der zugang zum allgemeinen mietmarkt, zu sozialwohnungen oder zu anderen staatlichen unterstützungshandlungen entscheidungserheblich ausreichend gebessert. im gegenteil sind etwa die notschlafstellen sogar im zuge der pandemie halbiert worden – unabhängig davon, dass sie in der regel nur schlafplätze, aber keine der schutzbedürftigkeit vulnerabler personen angemessene unterkunft bieten. 158vgl. dazu insgesamt ovg nrw, beschluss vom 25. november 2021 - 11 a 571/20.a -, juris, rn. 30 ff., sowie urteile vom 20. juli 2021 - 11 a 1674/20.a und 11 a 1689/20.a -, juris, rn. 68 ff., 137 ff. bzw. 102 ff., 138 ff.; romer, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, asylmagazin 2021, 207 (212); sfh, aufnahmebedingungen in italien – aktuelle entwicklungen, juni 2021, s. 11 ff. 159nach alledem bedarf es vor einer abschiebungsanordnung von familien mit minderjährigen kindern, wie bei den klägern und ihrer familie, einer individuellen garantieerklärung, dass schutzsuchende bei ihrer ankunft in italien (auch aktuell) in einrichtungen und unter bedingungen untergebracht werden, die dem alter der kinder entsprechen und dass die familieneinheit gewahrt wird. 160das vorliegen einer solchen individuellen garantieerklärung der italienischen behörden ist für die kläger und ihrer familie nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus dem beigezogenen verwaltungsvorgängen des bundesamtes. insbesondere haben die italienischen behörden in ihrer annahme des wiederaufnahmegesuchs vom 11. juni 2019 nichts entsprechendes erklärt, sondern nur mitgeteilt, dass die kläger und ihre familie in bologna empfangen würden, und um mitteilung etwaiger krankheiten gebeten. von einer individuellen garantieerklärung hinsichtlich einer adäquaten unterbringung und versorgung der gesamten familie kann daher nicht die rede sein. 161angesichts der nicht entscheidungserheblichen wandlung der tatsächlichen verhältnisse kann auch die seitens der italienischen behörden mit ihren rundschreiben – zuletzt mit dem „circular letter“ vom 8. februar 2021 – abgegebene versicherung, wonach für eine zureichende unterkunft für familien mit kleinkindern gesorgt werde, weiterhin nicht als tragfähig und genügend angesehen werden. sie vermögen nämlich aufgrund ihrer pauschalität und allgemeinheit keine zuverlässige basis zu begründen, auf der die im einzelfall bestehende gefahr einer unmenschlichen und erniedrigen behandlung mit der erforderlichen wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnte. im übrigen folgt aus den rundbriefen weiterhin nicht, dass familien mit minderjährigen kindern – entgegen den darstellungen in den des erkennenden gerichts vorliegenden erkenntnismitteln – zur verhinderung einer verletzung von art. 4 gr-charta auch über einen zeitraum von sechs bzw. 18 monaten hinaus untergebracht würden. 162vgl. vg bremen, beschluss vom 8. dezember 2021 - 6 v 1964/21 -, juris, rn. 30; vg oldenburg, urteil vom 30. juni 2021 - 6 a 1759/21 -, juris, rn. 42; schweizerisches bundesverwaltungsgericht, urteil vom 18. oktober 2021 - f-6330/2020 -, abrufbar unter https://www.bvger.ch/dam/bvger/de/dokumente/2021/10/f-6330_2020_web.pdf.download.pdf/f-6330_2020_web.pdf, rn. 11.1; vgl. auch früher bereits vg gelsenkirchen, urteil vom 26. februar 2020 - 1a k 887/18.a -, juris, rn. 167; ovg niedersachsen, beschluss vom 19. dezember 2019 - 10 la 64/19 -, juris, rn. 26 f. 163cc) 164aus dem vorgesagten ergibt sich, dass die beklagte nunmehr für die prüfung des asylverfahrens der kläger zuständig ist. aufgrund der beschriebenen, den klägern und ihrer familie drohenden gefahr kann die überstellung nach italien als eigentlich zuständigen mitgliedsstaat nicht erfolgen. dies hat gemäß art. 3 abs. 2 ua 3 dublin-iii-vo den übergang der zuständigkeit auf den die zuständigkeit prüfenden mitgliedsstaat, mithin die beklagte, zur folge, weil zum einen die zuständigkeit eines anderen mitgliedsstaates nicht ersichtlich ist und zum anderen italien zugleich der mitgliedsstaat ist, in dem die kläger erstmalig einen asylantrag gestellt haben. 1652. 166die in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheids ausgesprochene unzulässigkeitsentscheidung kann nicht in eine solche auf § 29 abs. 1 nr. 5 asylg beruhende unzulässigkeitsentscheidung umgedeutet werden. nach dieser vorschrift ist ein asylantrag (auch) unzulässig, wenn ein weiteres asylverfahren bei einem zweitantrag im sinne von § 71a asylg nicht durchzuführen ist, weil dessen voraussetzungen nicht vorliegen. 167zwar mag der jeweilige asylantrag der kläger als zweitantrag im sinne des § 71a asylg angesehen werden. ein solcher liegt nämlich nach § 71a abs. 1 asylg vor, wenn ein asylantrag gestellt wird, nachdem ein in einem anderen mitgliedsstaat geführtes asylverfahren erfolglos abgeschlossen worden ist. dass dem hier so ist, erscheint nicht zuletzt vor dem hintergrund der auskunft der italienischen behörden vom 4. oktober 2019 naheliegend. womöglich liegen dabei auch die voraussetzungen für die durchführung eines weiteren asylverfahrens nach § 71a abs. 1 asylg nicht vor, weswegen der asylantrag der kläger als unzulässig zu bewerten sein könnte. 168eine entsprechende umdeutung ist in einem solchen fall aber deshalb nicht zulässig, weil der streitgegenstand bei einer wegen anderweitiger prüfungszuständigkeit anzunehmenden unzulässigkeit ein anderer ist als bei einer auf grundlage der regelungen zum zweitantrag zu bejahenden unzulässigkeit. nach § 47 abs. 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes (vwvfg) kann ein fehlerhafter verwaltungsakt aber nur dann in einen anderen verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche ziel gerichtet ist, von der erlassenden behörde in der geschehenen verfahrensweise und form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die voraussetzungen für dessen erlass erfüllt sind. 169hier sind die beiden möglichen verwaltungsakte, die feststellung der unzulässigkeit des asylantrags einerseits und die inhaltliche ablehnung eines zweitantrags nach § 71a asylvfg, schon nicht auf das gleiche ziel gerichtet. erstere entscheidung beinhaltet allein die feststellung, dass nicht die beklagte, sondern ein anderer staat für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. der inhalt des asylbegehrens selbst spielt dabei keine rolle. letztere variante bezieht sich die hingegen auf die materielle (nicht-)durchführung eines weiteren asylverfahrens. auch würde die umdeutung der im bescheid explizit genannten absicht, den asylantrag in der bundesrepublik nicht materiell zu prüfen, widersprechen. insoweit bilden beide entscheidungen auch zwei verschiedene (prozessuale) streitgegenstände: denn eine auf § 29 abs. 1 nr. 5 asylg gestützte (unzulässigkeits-)entscheidung hat zur folge, dass der (zweit-)antrag des klägers auch von keinem anderen staat geprüft wird und er grundsätzlich in jeden zu seiner aufnahme bereiten staat einschließlich seines herkunftslands abgeschoben werden könnte, während die unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 abs. 1 nr. 1 lit.a asylg – wie hier geschehen – „nur“ eine abschiebung in den für die prüfung des asylverfahrens zuständigen staat zur folge hat, in dem die prüfung des asylbegehrens jedenfalls nicht per se ausgeschlossen ist. 170vgl. bverwg, urteil vom 9. august 2016 - 1 c 6.16 -, juris, rn. 21; bayvgh, beschluss vom 23. januar 2015 - 13a zb 14.50071 -, juris, rn. 9; vg regensburg, gerichtsbescheid vom 24. oktober 2014 - rn 8 k 14.30034 -, juris, rn. 22 ff. 171ii. 172angesichts der aufhebung der ziffer 1 fehlt es auch für die weiteren ziffern im streitgegenständlichen bescheid an den voraussetzungen ihrer jeweiligen rechtsgrundlagen, weil jedenfalls in dieser konstellation bei den erlassenen ziffern stets die ablehnung des asylantrags als unzulässig vonnöten ist, an der es aufgrund der bereits gemachten ausführungen gerade mangelt. das gilt sowohl für das in ziffer 2 enthaltene nichtvorliegen von abschiebungsverboten (vgl. § 31 abs. 3 satz 1 asylg), als auch die in ziffer 3 angeordnete abschiebung (vgl. § 34a abs. 1 satz 1 asylg), als auch für die in ziffer 4 vorgenommene befristung des einreise- und aufenthaltsverbotes (vgl. § 11 abs. 1 satz 1 des aufenthaltsgesetzes – aufenthg). 173iii. 174die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo und § 83b asylg, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit auf § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11, 709 satz 2 und 711 der zivilprozessordnung (zpo). 175rechtsmittelbelehrung: 176gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 1771. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1782. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1793. ein in § 138 verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 180die zulassung der berufung ist bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, innerhalb eines monats nach zustellung des urteils schriftlich zu beantragen. in dem antrag, der das angefochtene urteil bezeichnen muss, sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 181auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 182im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. |
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} | 11 D 171/20.AK | 2022-02-21T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung L. , Flur 42, Flurstück 387, mit der postalischen Anschrift A. Straße . Das Grundstück mit einer Fläche von 189 m² ist mit einem leerstehenden, eingeschossigen Gebäude zur gastronomischen Nutzung bebaut. Eine Nutzung des Gebäudes findet seit 2015 nicht mehr statt. Unmittelbar nordöstlich entlang des nach Osten spitz zulaufenden Grundstücks verläuft eine Böschung hinauf zum parallel verlaufenden Bahnhof Köln Süd. An der Stirnseite in nord-westlicher Richtung des Grundstücks verläuft die A1. Straße, die die Bahnlinie unterquert. Unterhalb der Bahnlinie befindet sich eine Stadtbahnhaltestelle der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). 3Die Beigeladene wies mit Schreiben vom 2. Januar 2017 den Kläger auf die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens hin, das vorsehe, sein Grundstück in Anspruch zu nehmen. 4Mit Antrag vom 23. Juni 2017, eingegangen bei der Beklagten am 12. September 2017, beantragte die Beigeladene die Erteilung einer planungsrechtlichen Zulassungsentscheidung für das Vorhaben „Neubau einer Personenunterführung ‚Bf Köln-Süd‘ Strecke 2630, km 3,1 + 68“, in dessen Rahmen als Kernmaßnahmen ein Neubau einer Personenunterführung von der A2. Straße aus mit zwei Aufzügen und zwei Treppenanlagen zu den Bahnsteigen 1 und 2, die Sicherstellung der barrierefreien Erschließung der Bahnsteige 1 (Gleis 1 und 2) und 2 (Gleis 3 und 4), die Modernisierung des Bahnsteigdachs auf Bahnsteig 1, der Neubau mehrerer Teilbahnsteigdächer auf Bahnsteig 2, die Anpassung bzw. der Neubau der Beleuchtung und Beschallung der Bahnsteige 1 und 2 sowie der Personenunterführung und die Anpassung bzw. die Ergänzung der Bahnsteigausstattung und Wegeleitung durchgeführt werden sollen. 5Im Zuge der geplanten Baumaßnahmen soll das Grundstück des Klägers erworben werden, um es (vorübergehend) als Rampe für Baustellenfahrzeuge, als Zuwegung in den Gleisbereich sowie (im Endzustand) als öffentlichen Zugang zu der Personenunterführung zu nutzen. 6Die von der Beigeladenen eingereichten Unterlagen enthielten u. a. einen Erläuterungsbericht, Übersichts- und Lagepläne, ein Grunderwerbsverzeichnis und eine Umwelterklärung. 7Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens, an dem sich der Kläger nicht beteiligte, genehmigte die Beklagte das Vorhaben mit Planfeststellungsbeschluss vom 19. März 2020. 8Die Beigeladene teilte dem Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 2020 die beabsichtigte dauerhafte Inanspruchnahme seines Grundstücks mit, um eine Vereinbarung zum Ausgleich der Grundstücksinanspruchnahme und der erforderlichen Beseitigung der vorhandenen baulichen Anlage abzuschließen. 9Mit Schreiben vom 16. Juni 2020 antwortete der Prozessbevollmächtigte des Klägers und führte aus: „Angesichts des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses gehen wir davon aus, dass dem Grunde und voraussichtlich auch der Höhe nach eine gütliche Einigung möglich sein wird. Bezüglich der Höhe der Entschädigung haben Sie bislang auf den veröffentlichten Bodenrichtwert verwiesen, was noch der abschließenden Prüfung bedarf, ob hiermit alle zu entschädigenden Positionen angemessen berücksichtigt sind. Hierzu bedarf es auch noch unsererseits der weiteren Abstimmung mit dem Mandanten.“ 10In einem Schreiben vom 8. Juli 2020 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers: „Wie mir unser Mandant in unserer gestrigen Besprechung mitgeteilt hat, besteht aus seiner Sicht eine Alternative, nach der das Gebäude auf dem Grundstück erhalten bleiben kann. Ob diese Alternative auch im Planfeststellungsverfahren geprüft worden ist, kann ich nicht beurteilen. Sollte es jedoch eine gleichgeeignete Alternative geben, bei der der Abriss und eine Enteignung nicht notwendig sind, könnte dies einen Abwägungsmangel des Planfeststellungsbeschlusses darstellen. Von daher ist es zum heutigen Zeitpunkt noch offen, ob Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss eingereicht wird.'' 11In einem weiteren Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 29. Juli 2020 führte dieser aus: „Bezugnehmend auf Ihren Kaufvertragsentwurf, der uns mit E-Mail vom 01.07.2020 übermittelt wurde, teilen wir mit, dass unser Mandant eine Besitzüberlassung zum 01.09.2020 und einen freihändigen Erwerb des Grundstücks nicht dem Grunde nach ablehnt. Grundlage für eine Einigung kann jedoch – wie der Einleitung eines Enteignungsverfahrens – allein ein objektiv angemessenes Angebot auf Grundlage des Verkehrswerts des Grundstücks sein, der bisher unzulänglich ermittelt wurde.“ und „Unser Mandant steht einer kurzfristigen Einigung zur Besitzüberlassung und zum Erwerb des Grundstücks offen gegenüber.“ 12Auf Veranlassung der Beklagten machte die Stadt Köln den Planfeststellungsbeschluss im Amtsblatt Nr. 55 vom 22. Juli 2020 unter Ziffer 200 öffentlich bekannt. Die Auslage erfolgte vom 27. Juli 2020 bis zum 10. August 2020. 13Der Kläger hat am 7. September 2020 Klage erhoben. 14Zur Begründung trägt er vor, als von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffener habe er einen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Plans auch auf seine objektive Rechtmäßigkeit, soweit der geltend gemachte Fehler für die Eigentumsbetroffenheit kausal sei. Er sei mit seinem Vorbringen nicht präkludiert. Nach § 7 Abs. 4, Abs. 6, § 1 Abs. 1 Nr. 1a UmwRG i. V. m. § 6 UVPG i. V. m. Nr. 14.7 der Anlage 1 zum UVPG fänden die Vorschriften des § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG, § 18e Nr. 7 AEG keine Anwendung. Dieses gelte auch für umweltunabhängige Abwehransprüche. 15Die Planfeststellungsbehörde habe seine Belange, hier den Eingriff in sein Eigentum, unzureichend abgewogen bzw. eine Abwägung hierüber überhaupt nicht getroffen. Denn die Beklagte habe ihrer Entscheidung im Hinblick auf eine Beanspruchung von Grundeigentum allein die Nutzung von Flächen Dritter, die für Bauarbeiten genutzt werden sollen, zugrunde gelegt. Die Belange des Klägers, dass sein Grundstück dauerhaft für die planfestgestellte Planung in Anspruch genommen werden solle, fänden weder in der materiell-rechtlichen Würdigung des Vorhabens noch in der Gesamtabwägung der Beklagten Berücksichtigung. 16Auch in Bezug auf die Variantenauswahl zum Neubau einer Personenunterführung leide der Planfeststellungsbeschluss unter erheblichen Mängeln. 17Die Variantenauswahl durch die Beklagte sei schon deswegen abwägungsfehlerhaft, da die Beklagte selbst als verantwortliche Behörde in ihrem Planfeststellungsbeschluss überhaupt keine Variantenentscheidung getroffen habe, mithin ein Abwägungsausfall in Bezug auf die Variantenwahl vorliege, obwohl die Beigeladene im Erläuterungsbericht schon sechs Varianten betrachtet habe 18Zum anderen sei auch die Variantenwahl durch die Vorhabenträgerin in den Antragsunterlagen nicht abwägungsfehlerfrei durchgeführt worden. Der Vorhabenträgerin hätten sich sogar mehrere Alternativvarianten aufdrängen müssen, die das Planungsziel, nämlich den barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen auch von der A3. Straße aus, erreichten und eindeutig und offensichtlich besser seien, weil sie die öffentlichen und privaten Belange insgesamt schonender behandelten. 19Die „Variante A“ sehe einen Zugang zur Personenunterführung ausschließlich durch einen Durchstoß des Tunnels zur N.----straße vor. Nach dieser Variante werde entweder eine Ampelanlage zur Querung der N.----straße benötigt, da die zum Bahndamm gelegene Straßenseite bisher über keinen Fußweg verfüge. Eine Zuwegung zur A4. Straße sei aber auch möglich, sofern ein Fußweg auf der N1.----straße entlang des Bahndammes errichtet werde. Diese Variante sei im Hinblick auf das Ziel des barrierefreien Zugangs zur Personenunterführung von der A5. Straße aus aufgrund derselben Entfernung im Vergleich zur planfestgestellten Variante gleich geeignet, würde jedoch ohne die Inanspruchnahme seines Grundstücks und der Enteignung zu seinen Lasten auskommen, weil dabei lediglich bahneigene bzw. städtische Flächen, die bisher als Parkplatzflächen genutzt würden, in Anspruch genommen werden müssten. 20Weiterhin hätte die Vorhabenträgerin die „Variante B“ in Betracht ziehen müssen, die einen Zugang entsprechend des nunmehr beklagten Plans zur Personenunterführung ermögliche, dabei jedoch gänzlich ohne Inanspruchnahme des Grundeigentums Dritter umgesetzt werden könne. Die Zuwegung zur Personenunterführung von der A6. Straße könne demnach zwischen seinem Grundstück und dem Bahndamm verlaufen, wenn die vorhandene Böschung abgetragen und zur Abfangung eine Stützwand errichtet werde. 21Als „Variante C“ schlage er die Inanspruchnahme der unbebauten Fläche im Eigentum der Universität zu Köln südlich seines Grundstücks vor, wodurch sein Grundstück nur im von der A7. Straße aus gesehenen hinteren Teil gequert, jedoch nicht das Gebäude rückgebaut werden müsse. 22Eine weitere Variante ohne die Inanspruchnahme von Grundeigentum Dritter zur Erreichung des Planziels stelle er als „Variante D“ vor, die einen Tunnel von der A8. Straße aus (KVB-Haltestelle) zu der Personenunterführung vorsehe. 23Eine zusätzliche Erschließung des Bahnsteigs 1 von der A9. Straße aus mittels Errichtung einer Treppe und einer Aufzuganlage, jedoch ohne Personenunterführung zwischen den Bahnsteigen, dränge sich ebenfalls auf („Plan II“). 24Durch die Zusammenlegung verschiedener Varianten („Variante A+B“) lasse sich eine über das eigentliche Planungsziel hinausgehende Gesamtzugangssituationsverbesserung darstellen, die für die Nutzer die Vorteile aller Varianten verbinden würde. Die beidseitige Erschließung der Personenunterführung von der N2.----straße und der A10. Straße aus hätte mehrere Vorteile, nämlich die Verbesserung des Zugangs ohne Rampe zum Beispiel für Rollstuhlfahrer, geh- und sehbehinderte Menschen und Senioren durch die geringere Tieferlegung um 71 cm der Personenunterführung, die Vermeidung von Tunnelängsten durch beidseitige Erschließung, die Entlastung der KVB-Haltestelle und des Bürgersteigs durch Lenkung des Fahrgastflusses sowie dass Fußgänger aus Richtung S.-----platz , A11. Platz und C.---------platz direkt die Erschließung über die N3.----straße nutzen könnten. Aus Richtung der Universität könnten Studenten und Angestellte der Universität die südliche Erschließung nutzen. 25Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2022 trägt der Kläger ergänzend vor, der angefochtene Planfeststellungsbeschluss sei bereits deswegen nach § 77 Abs. 1 VwVfG aufzuheben, weil die Beigeladene das planfestgestellte Vorhaben aufgegeben habe. Der nach dem Schienen-Infrastrukturprojekt „Westspange Köln“ (Projekt-Nr. K-003-V01) geplante Bau zweier weiterer S-Bahngleise zwischen Köln-Hansaring und Hürth-Kalscheuren stünde einer Umsetzung des Vorhabens zur Errichtung einer Personenunterführung im Bahnhof Köln-Süd in der planfestgestellten Form entgegen. 26Der Kläger beantragt, 27den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten für das Vorhaben „Neubau einer Personenunterführung im Bahnhof Köln-Süd" vom 19. März 2020 aufzuheben, soweit das Grundstück des Klägers betroffen ist, 28hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss vom 19. März 2020 insoweit für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. 29Die Beklagte beantragt, 30die Klage abzuweisen. 31Zur Begründung führt sie aus: Der Kläger sei hinsichtlich der mit der Klage dargelegten Bedenken nach § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG präkludiert. Die allgemeine Präklusionsvorschrift des § 73 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwVfG sei nicht durch § 7 Abs. 4 UmwRG gesperrt. Soweit sich der Kläger gegen den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss der Beklagten wende, sei § 5 UmwRG anzuwenden. Der Kläger habe es schlicht versäumt, im Anhörungsverfahren seine Interessen mit einer Einwendung an die Anhörungsbehörde zu wahren, so dass diese in ihrer abschließenden Stellungnahme, die Grundlage des späteren Planfeststellungsbeschlusses geworden sei, nichts zur Betroffenheit des Klägers habe aufnehmen können. Erst nach Kenntnis vom Planfeststellungsbeschluss habe der Kläger die Klage erhoben und diese mit seiner eigentumsrechtlichen Betroffenheit begründet. In der Klagebegründung werde die Variantenentscheidung problematisiert. Somit würden die Eigentumsinteressen des Klägers erstmalig mit Umweltbelangen verknüpft. Dies sei unredlich, da es dem Kläger ausschließlich um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seines Eigentums gehe. Letztlich würden hier Fragen, die im Planfeststellungsverfahren zu regeln und zu lösen gewesen wären, in das Verwaltungsstreitverfahren verlagert. 32Der Planfeststellungsbeschluss sei im Übrigen rechtsfehlerfrei. Die Variantenentscheidung der Vorhabenträgerin sei im Erläuterungsbericht vorgenommen worden und von der Planfeststellungsbehörde nachvollzogen worden. Der Erläuterungsbericht sei Bestandteil des festgesetzten Plans. Die Vorzugsvariante sei ausgewählt worden, da diese eine kundenfreundliche und barrierefreie Zuwegung von der A12. Straße zu den Bahnsteigen schaffe. Die vom Kläger eingebrachte Variante eines Zugangs über die Parkplätze der N4.----straße sei von der Beigeladenen zurecht verworfen worden, weil sich an der N5.----straße kein Gehweg befinde und ein neuer Fußgängerüberweg mit Lichtzeichenanlage zum sicheren Erreichen des Gehwegs auf der anderen Straßenseite erforderlich geworden wäre. 33Die Beigeladene beantragt, 34die Klage abzuweisen. 35Sie trägt vor, die Rügen des Klägers seien nach § 5 UmwRG im Klageverfahren ausgeschlossen. Es sei ein missbräuchliches Verhalten des Klägers greifbar. Die nunmehr erhobenen Einwendungen hinsichtlich seiner vermeintlich betroffenen Belange habe der Kläger weder im Anhörungsverfahren noch in den nach der Beschlussfassung erfolgten Grunderwerbsverhandlungen vorgebracht. In der Gesamtschau habe der Kläger damit durch sein Verhalten deutlich gemacht, dass er keine Einwendungen gegen das Vorhaben habe. Erst nachdem sich die außergerichtlichen Verhandlungen nicht nach den Vorstellungen des Klägers entwickelt hätten, habe er Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss erhoben und diese mit der angeblich unzureichenden Berücksichtigung seiner eigentumsrechtlichen Belange und vermeintlichen Fehlern der Variantenabwägung der Beklagten begründet. 36Im Übrigen sei der Planfeststellungsbeschluss frei von Rechtsfehlern. Eine Verletzung des Abwägungsgebots durch eine mangelnde Berücksichtigung oder Gewichtung der Belange des Klägers, insbesondere seiner Eigentumsbetroffenheit, liege nicht vor. Die Beklagte habe eine eigenständige Abwägungsentscheidung getroffen, das Abwägungsmaterial fehlerfrei zusammengestellt, die betroffenen Belange zutreffend gewichtet und diese in einen möglichst schonenden Ausgleich gebracht. Sie habe eine eigenständige und unabhängige Abwägungsentscheidung auf Grundlage des vorgelegten Plans vorgenommen. Die Ausführungen der Beklagten auf Seite 27 des Planfeststellungsbeschlusses seien zwar relativ allgemein gehalten, zeigten aber, dass sie die unterschiedlichen öffentlichen und privaten Belange ermittelt, alle Belange in die Abwägung eingestellt und diese gegeneinander und untereinander abgewogen habe. In der Zusammenschau mit den weiteren planfestgestellten Unterlagen werde deutlich, dass die Beklagte alle für die Abwägung erforderlichen Umstände in ihre Überlegungen einbezogen habe. Der Umstand, dass sich die Beklagte in der materiell-rechtlichen Würdigung auf Seite 27 des Planfeststellungsbeschlusses mit einer im Ergebnis verneinten Rechtsverkürzung im Hinblick auf die Einwendungen der ebenfalls grundstücksbetroffenen Universität zu Köln beschäftigt habe, unterstreiche, dass sich die Beklagte insgesamt ihres planerischen Gestaltungsspielraums bewusst gewesen sei, sich auch hinsichtlich der Inanspruchnahme von Grundeigentum nicht in der einen oder anderen Weise gebunden gefühlt und somit eine eigenständige und unabhängige Abwägungsentscheidung getroffen habe. 37Auch mit seinen gegen die Variantenauswahl erhobenen Rügen könne der Kläger nicht durchdringen. Die Beklagte habe die Anforderungen an die Zusammenstellung und Bewertung der Varianten bei ihrer Grobanalyse und der Auswahl der ernsthaft in Betracht kommenden Varianten gewahrt. Die Präferenzentscheidung lasse Abwägungsmängel ebenfalls nicht erkennen und das Optimierungsgebot sei beachtet worden. 38Die Beklagte habe zwar im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 21 keine Ausführungen zu ihrer Variantenentscheidung gemacht. Sie habe jedoch die von ihr ‑ der Beigeladenen - vorgeschlagene Variante auf Seite 10 des Erläuterungsberichts als Teil des Plans nachvollzogen und sich diese mittels des Verweises auf Seite 4 des Planfeststellungsbeschlusses zu eigen gemacht. 39Die Entscheidung der Beklagten, die klägerische Variante „Aufzug von KVB-Haltestelle“ in der A13. Straße in der Grobanalyse auszuscheiden und nicht weiter zu berücksichtigen, sei rechtmäßig. Eine Zuwegung von der KVB-Haltestelle sei aus technischer Sicht nicht möglich. Die Widerlager des Brückenbauwerks würden die Integrierung eines Zugangs nicht zulassen. Weiterhin würde auch in dieser Variante der aktuell schon enge Fußgängerbereich im unmittelbaren Umfeld der KVB-Haltestelle weiter dezimiert, das Fußgängeraufkommen in diesem Bereich aber gleichzeitig erhöht werden. 40Es spreche eine Vielzahl an Gründen gegen die vom Kläger genannte Variante mit einem Zugang zur Personenunterführung über die N5.----straße . Der Straßenraum der N6.----straße sei für eine Zuwegung nicht geeignet. Auf der an den Gleisanlagen liegenden Straßenseite befänden sich aktuell öffentliche Parkplätze, Parkplätze eines Car-Sharing-Anbieters sowie ein umfangreicher Baumbestand. Ein Bürgersteig im Bereich der Zuwegung müsste eigens für die Zuwegung errichtet werden. Weiterhin würde der Fußgängerüberweg aufgrund der hohen Anzahl an straßenquerenden Personen aus Aspekten der Verkehrssicherheit aller Voraussicht nach nicht mehr ausreichen und müsste durch eine Lichtsignalanlage ersetzt werden. Ausweislich der Angaben des Amts für Landschaftspflege und Grünflächen der Stadt Köln seien die Bäume auf der N7.----straße nach der Baumschutzsatzung der Stadt Köln geschützt. Eine direkte Anbindung der Zuwegung der Personenunterführung an die Gebäude der Universität zu Köln wäre mit dieser Variante nicht erreicht. Zudem widerspreche diese Variante einem der originären Projektziele, nämlich der Gewährleistung eines sicheren Zugangs von Bahnsteig 1 zur Stadtbahnhaltestelle an der A14. Straße. Durch die längere Bauweise entstünden zum einen höhere Kosten, zum anderen fiele der Tunneleffekt massiver aus. Statt der erforderlichen Sperrung von drei Gleisen wäre die Sperrung von fünf Gleisen erforderlich. Somit könnte im Falle einer unbedingt erforderlichen durchgehenden Sperrung der Gleise 2 bis 6 der Ersatzverkehr nur noch über Gleis 1 abgewickelt werden. Zudem sei das benötigte Flurstück 387 auch in dieser Variante für die Erschließung des Baufeldes erforderlich. 41Die Abfangung des Dammes und die Errichtung einer Stützwand, die der Kläger als weitere Variante vorschlage, hätten zur Folge, dass das bei zukünftig steigendem Verkehrsbedarf zusätzlich erforderliche und geplante Gleis zwischen dem Flurstück 387 und dem aktuellen Gleis 1 nicht mehr umsetzbar wäre. Zudem sei aufgrund der beengten Platzverhältnisse und der unklaren Lage der Stützmauer keinesfalls gewährleistet, dass eine kapazitiv ausreichende Zuwegung für eine Personenunterführung hergestellt werden könne. Eine solche Stützmauer stelle ein immenses, statisch stark beanspruchtes und in der Errichtung aufwändiges Ingenieurbauwerk dar. 42Die vom Kläger vorgeschlagene Variante des Zugangs über das Gelände der Universität zu Köln sei vor dem Hintergrund rechtsfehlerfrei von der Beklagten abgelehnt worden, dass im Bereich der potentiellen Zuwegung eine Hochspannungsanlage der Universität zu Köln verlaufe, die in erheblichem Umfang die von der Universität benötigte Energie verteile. Weiterhin stünden der Nutzung des Universitätsgeländes diverse konkrete Ausbaupläne der Universität zu Köln entgegen, deren Umsetzung hinsichtlich der einzuhaltenden Flucht- und Rettungswege sowie der erforderlichen Feuerwehrzufahrt mit der vom Kläger vorgeschlagenen Variante in Konflikt stehe. Wie bereits zuvor angemerkt, wäre das Flurstück 387 auch in dieser Variante für die Erschließung des Baufeldes erforderlich. 43Hinsichtlich der vom Kläger in der Klagebegründung angeführten vermeintlich vorzugswürdigen „Variante D“ würden die Ausführungen zur in der Grobanalyse rechtsfehlerfrei ausgeschiedenen Variante „Zuwegung von der KVB-Haltestelle“ entsprechend gelten. Die vom Kläger angedachte Zusammenlegung der Varianten A und B sei vor dem Hintergrund der zu der jeweiligen Variante geschilderten und entgegenstehenden Belange und Interessen ebenfalls nicht realisierbar. 44Die Durchführung des Vorhabens sei auch nicht aufgegeben worden. Die Beigeladene als Vorhabenträgerin habe zu keinem Zeitpunkt erklärt oder beabsichtigt, von der Realisierung Abstand zu nehmen. Die Kompatibilität des im Verantwortungsbereich der DB Netz AG liegenden Projektes „Westspange“ sei von dieser mit dem streitgegenständlichen Vorhaben überprüft und am 29. Juli 2019 bestätigt worden. Die bisher untersuchten Varianten der Westspange hätten auf die Position der Personenunterführung keinen Einfluss, da die Anzahl der Gleise und deren Anordnung im Bereich des Bahnhofs Köln-Süd auch im Rahmen des Projektes „Westspange“ nicht ausschlaggebend verändert werde. 45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten planfestgestellten Unterlagen und Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 46Entscheidungsgründe: 47Die Klage ist zulässig, aber weder mit dem Hauptantrag noch dem Hilfsantrag begründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. 48I. Rechtsgrundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. März 2020 ist § 18 AEG vom 27. Dezember 1993, im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2020 (im Folgenden: AEG a. F.) i. V. m. den §§ 72 ff. VwVfG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003, im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2018 (im Folgenden: VwVfG a. F.). 49Dabei ist „maßgeblicher Zeitpunkt“ in diesem Sinne das Erlassdatum des Planfeststellungsbeschlusses. Denn bei der Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei seinem Erlass abzustellen. 50Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juni 2019- 7 C 22.17 -, Buchholz 406.403 § 64 BNatSchG 2010 Nr. 2 = juris, Rn. 14, vom 9. Februar 2017- 7 A 2.15 -, Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 14 = juris, Rn. 21, und vom 14. April 2010- 9 A 5.08 -, Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 45 = juris, Rn. 29. 51Der Senat überprüft den streitigen Planfeststellungsbeschlusses unbeschadet der sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Aufklärungspflicht grundsätzlich nur im Rahmen der vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Planfeststellungsverfahren sich ein Kläger beschwert fühlt. Dies folgt aus § 18e Abs. 5 AEG a. F. Diese Vorschrift setzt dem klagenden Beteiligten kraft Gesetzes eine Frist von zehn Wochen, innerhalb der er die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben hat. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind grundsätzlich nur zuzulassen, wenn die Verspätung entschuldigt ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Klägers zu ermitteln. Die Frist kann auf Antrag verlängert werden, wenn der Kläger in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, keine Möglichkeit der Beteiligung hatte. 52Hiervon ausgehend legt der Senat seiner Prüfung die Einwendungen zugrunde, die der Kläger in seinem Klagebegründungsschriftsatz vom 12. November 2020 formuliert hat. Die Klagebegründung ist am 13. November 2020 bei Gericht eingegangen und wahrt daher die Zehnwochenfrist. 53II. Die Einwände des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung greifen nicht durch. 541. Der Kläger ist mit seinen Einwendungen weder gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG a. F. ausgeschlossen noch bleiben diese nach § 5 UmwRG unberücksichtigt. 55a) Entgegen der Ansicht der Beklagten findet § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG a. F. hier nach § 7 Abs. 4 UmwRG schon keine Anwendung, da es sich bei dem Vorhaben um ein solches handelt, bei dem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) UmwRG bestehen kann, mithin eine UVP-Vorprüfung - hier gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG in der bis zum 9. Dezember 2020 geltenden Fassung - durchzuführen ist. Eine solche ist von der Beklagten auch durchgeführt worden. 56Der Anwendungsausschluss nach § 7 Abs. 4 UmwRG bezieht sich auf alle Einwendungen, ungeachtet dessen, ob diese Umweltauswirkungen oder andere Aspekte des Vorhabens betreffen. 57Vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 43 f.; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Mai 2021, § 7 UmwRG, Rn. 78. 58b) Ferner steht einer Berücksichtigung der Einwendungen des Klägers auch § 5 UmwRG nicht entgegen. Nach dieser Norm bleiben Einwendungen, die eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG erstmals im Rechtsbehelfsverfahren erhebt, unberücksichtigt, wenn die erstmalige Geltendmachung im Rechtsbehelfsverfahren missbräuchlich oder unredlich ist. 59Dass die erstmalige Geltendmachung der Einwendungen durch den Kläger im gerichtlichen Verfahren missbräuchlich oder unredlich wäre, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat vor der Erhebung der Klage weder ausdrücklich erklärt, dass er keine Einwände erhebt, noch hat er dies auf anderem Wege konkludent zum Ausdruck gebracht. Vielmehr hat er sich lediglich am Anhörungsverfahren nicht beteiligt. 60Daraus alleine kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht auf ein missbräuchliches oder unredliches Verhalten geschlossen werden. 61Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 = juris, Rn. 24; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Mai 2021, § 5 UmwRG, Rn. 19 ff. 62Andernfalls liefe der Anwendungsausschluss des § 7 Abs. 4 UmwRG leer, den der Gesetzgeber zur vollständigen und europarechtskonformen Umsetzung des Urteils des EuGH vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 - als notwendig erachtet hat. 63Vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 43. 64Solche Umstände sind nicht im Verhalten des Klägers während der Grunderwerbsverhandlungen mit der Beigeladenen zu erblicken. Der Kläger hat sich hier weder widersprüchlich verhalten noch aufgrund der Gesamtumstände deutlich gemacht, dass er keine Einwendungen geltend machen werde und die Behörde berechtigterweise darauf hätte vertrauen dürfen. 65Vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 4. September 2017 – 11 D 14/14.AK –, juris Rn. 158 ff. 66Soweit der Kläger in den Schreiben ausführt, dass im Hinblick auf die Entschädigung „dem Grunde und voraussichtlich auch der Höhe nach eine gütliche Einigung möglich sein wird“, dass er „eine Besitzüberlassung zum 01.09.2020 und einen freihändigen Erwerb des Grundstücks nicht dem Grunde nach“ ablehne sowie dass er „einer kurzfristigen Einigung zur Besitzüberlassung und zum Erwerb des Grundstücks offen gegenüber“ stehe, zeigt er lediglich seine Verhandlungsbereitschaft an, ohne jedoch in der Sache Zugeständnisse im Hinblick auf einen Einwendungsverzicht zu machen. Mit dem Schreiben vom 8. Juli 2020 weist er vielmehr ausdrücklich auf bestehende Vorbehalte bezüglich der Variantenentscheidung hin und hält sich eine Klage ausdrücklich offen. 672. Verstöße der Beklagten gegen das Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG a. F. sind jedoch nicht erkennbar. 68a) Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG a. F. sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. 69Das Abwägungsgebot verlangt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass- zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat. 70Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 ‑ IV C 79.76 u. a. -, Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 = juris, Rn. 59; vgl. auch Urteile vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 -, juris, Rn. 103, und vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 -, Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 8 = juris, Rn. 23. 71Nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AEG a. F. i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG a. F. sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht. 72Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2015- 7 C 15.13 -, Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 16 = juris, Rn. 29. 73b) Hieran gemessen liegen die - allein in den Blick zu nehmenden - vom Kläger geltend gemachten Abwägungsfehler nicht vor. 74Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen einerseits alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt werden. Eine Planfeststellungsbehörde handelt andererseits nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssenoder wenn der Planfeststellungsbehörde in Folge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. Die Planfeststellungsbehörde ist dabei nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. 75Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020- 7 A 9.19 -, juris, Rn. 123 ff., m. w. N. 76aa. Ausgehend davon liegt kein Abwägungsmangel vor, weil der Beklagten in Folge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen wäre. Mit dem Einwand, die Planfeststellungsbehörde habe in ihre Abwägung nicht die ihm – dem Kläger – durch den Planfeststellungsbeschluss auferlegten Eigentumsbeeinträchtigungen durch eine dauerhafte Inanspruchnahme einbezogen, zeigt der Kläger keinen Abwägungsmangel auf. 77Zu den abwägungserheblichen Belangen im Rahmen einer hoheitlichen Planungsentscheidung gehört selbstverständlich und in hervorgehobener Weise das unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Eigentum. Dabei bedeutet die in der Abwägung gebotene Berücksichtigung des Eigentums aber nicht etwa, dass das Eigentum vor Eingriffen überhaupt geschützt wäre. Vielmehr gilt für das Eigentum nicht anders als für andere abwägungserhebliche Belange, dass es in der Abwägung zugunsten einer durch eine hinreichende Planrechtfertigung gedeckten und mit den Planungsleitsätzen übereinstimmenden Planung zurückgestellt werden kann. 78Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981 - 4 C 4.78 -, BVerwGE 61, 295 (301 f.) = juris, Rn. 32; OVG NRW, Urteile vom 6. September 2013 - 11 D 118/10.AK -, NWVBl. 2014, 113 (117) = juris, Rn. 112, und vom 24. August 2016 - 11 D 2/14.AK -, juris, Rn. 225. 79Daran gemessen hat die Planfeststellungsbehörde die vom Vorhaben ausgehenden Eigentumsbeeinträchtigungen abwägungsfehlerfrei behandelt. Sie hat ausgeführt, dass sie die unterschiedlichen öffentlichen und privaten Belange ermittelt, alle Belange in die Abwägung eingestellt und diese gegeneinander und untereinander abgewogen habe. Sie sei nach eingehender Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die öffentlichen, für die Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens sprechenden Belange die entgegenstehenden, von dem Vorhaben berührten privaten und öffentlichen Belange überwögen und die beantragte Maßnahme geeignet und geboten sei, das angestrebte Planungsziel zu erreichen (PFB B.6, S. 28). Bei der Ermittlung der privaten Belange hat sie nicht nur – wie der Kläger meint – die vorübergehende Inanspruchnahme privater Grundstücke für die Baustelleneinrichtung, sondern auch die dauerhafte Inanspruchnahme seines Grundstücks berücksichtigt. 80Dazu führt der Planfeststellungsbeschluss unter Punkt A.4.3, S. 5. „Beanspruchung von Grundeigentum, Eingriffe in Rechte Dritter, Entschädigung“ aus: „Vor Inanspruchnahme der gemäß dem Grunderwerbsverzeichnis und den Grunderwerbsplänen für die Durchführung des Bauvorhabens notwendigen Flächen sind, soweit möglich, schriftliche Vereinbarungen zwischen der Vorhabenträgerin und dem jeweiligen Eigentümer zu schließen.“ Auch die Begründung des Vorhabens auf Seite 14 des Planfeststellungsbeschlusses erwähnt den Rückbau des vorhandenen Gebäudes auf dem Grundstück des Klägers: „Auf der A15. Straße ist vorgesehen, das Bestandsgebäude (ehem. Bistro/Biergarten) auf der südwestlichen Seite der Eisenbahnunterführung, zwischen den Bahngleisen und der Universität zurückzubauen.“ 81Auch aus dem Erläuterungsbericht sowie dem Grunderwerbsverzeichnis und den Grunderwerbsplänen, die als Anlagen zum Bestandteil des Planfeststellungsbeschluss gemacht wurden (PFB A.2, S. 2), wird deutlich, dass die Planfeststellungsbehörde alle für die Abwägung erforderlichen Umstände in ihre Überlegungen eingestellt hat. 82Soweit weitere Umstände nicht ausdrücklich im Planfeststellungsbeschluss, sondern nur in seinen Anlagen erwähnt sind, ist dies unschädlich. 83Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 2007 – 9 VR 13.06 –, NuR 2008, 36 = juris, Rn. 41. 84Die benötigten Flächen sind im Grunderwerbsverzeichnis aufgeführt. Im Einzelnen ist bezeichnet, welche Flächen zu erwerben sind und welche nur vorübergehend in Anspruch genommen werden. Der Erläuterungsbericht führt auf Seite 10 aus: „Für den Anschluss an die A16. Straße ist eine Zuwegung zu errichten. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse im Bestand kann die Zuwegung nur unter Inanspruchnahme des Flurstücks 387 erstellt werden. Diese Privatfläche ist deshalb zu erwerben. Der Rückbau des Bestandsgebäudes (Grillstube) ist dafür notwendig.“ Dabei hat die Planfeststellungsbehörde insbesondere auch den Zustand und die fehlende, gegenwärtige Nutzung des Grundstücks berücksichtigt. Dazu heißt es weiter auf Seite 22 unter dem Punkte „7. Baudurchführung“: „Des Weiteren ist der Rückbau eines leerstehenden privaten Gebäudes für den Anschluss der PU an die A17. Straße notwendig“. Auch auf Seite 30 unter „9.1 Grunderwerb“ geht der Erläuterungsbericht auf das Eigentum des Klägers ein: „Ein Grunderwerb im Bereich der Zuwegung von der A18. Straße zur Personenunterführung ist erforderlich. Das zu erwerbende Fremdgrundstück befindet sich süd-westlich der Bahnsteige (Flurstück 387). Grundlage bildet der Flimas-Auszug vom 10.08.2015. Auf diesem Fremdgrundstück (Dritter) befindet sich ein leerstehendes Gebäude, welches für die Baumaßnahme zurückgebaut werden muss. Für die zu erwerbende Fläche liegt vom Eigentümer weder eine Zustimmung noch eine Stellungnahme vor.“ 85bb. Einen Abwägungsmangel zeigt der Kläger auch im Hinblick auf die Variantenauswahl der Beklagten nicht auf. 86(1) Soweit er einwendet, die Planfeststellungsbehörde habe keine eigenständige Variantenprüfung vorgenommen, dringt er damit nicht durch. 87Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 88vgl. Beschluss vom 26. September 2013 - 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 = juris, Rn. 41, unter Bezugnahme auf Urteil vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 (151 ff.) = juris, Rn. 31, 89ist es nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, die planerischen Erwägungen des Vorhabenträgers durch abweichende eigene Überlegungen zu ersetzen. Die Planfeststellungsbehörde kontrolliert nur, ob die vom Vorhabenträger getroffene Entscheidung rechtmäßig ist. Das enthebt die Planfeststellungsbehörde aber nicht ihrer Pflicht, bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen zu berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen. Sie ist befugt, auch bisher noch nicht berücksichtigten abwägungsrelevanten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. 90BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 – 4 A 5.14 –, BVerwGE 154, 73 = juris, Rn. 168 ff. 91Die Planfeststellungsbehörde darf sich deshalb nicht auf die Kontrolle zurückziehen, ob sich der Vorhabenträgerin eine andere Linienführung hätte aufdrängen müssen. Sie muss vielmehr selbst alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange einstellen. 92BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 – 4 A 5.14 –, BVerwGE 154, 73 = juris, Rn. 169. 93Es ist nicht ersichtlich, dass die Planfeststellungsbehörde hier nicht alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen berücksichtigt hat. Zwar weist der Planfeststellungsbeschluss unter Überschrift „B.5.3 Variantenentscheidung“ lediglich daraufhin, dass diese „entfällt“. Die Behörde hat sich jedoch durch die Ausführungen der Beigeladenen im Erläuterungsbericht auf Seite 10 zu Eigen gemacht, indem sie den Erläuterungsbericht unter Punkt A.2 zum Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses gemacht hat. 94Vgl. zur Anknüpfung an die Variantenuntersuchung der Vorhabenträgerin BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 – 7 A 9.19 –, NVwZ 2021, 1145 = juris, Rn. 126. 95Der Erläuterungsbericht enthält insgesamt sechs Varianten, von denen die planfestgestellte Variante als Vorzugsvariante herausgestellt wird. Auf Seite 10 wird darlegt, welche Überlegungen ausschlaggebend waren, fünf Varianten zu verwerfen. Der Bericht setzt sich erkennbar mit der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von Flurstücken im Eigentum Dritter auseinander. Dabei sind die für und gegen die planfestgestellte Variante sprechenden Gesichtspunkte einander gegenübergestellt. Neben der Barrierefreiheit gewährleiste die Vorzugsvariante im Gegensatz zu den anderen Varianten eine direkte Zuwegung von der A19. Straße auf den Bahnsteig 1, die bisher nicht vorhanden sei. Auch die Beklagte weist in der Klageerwiderung vom 4. Januar 2021 darauf hin, dass die Vorzugsvariante ausgewählt worden sei, da diese eine kundenfreundliche und barrierefreie Zuwegung von der A20. Straße zu den Bahnsteigen schaffe. Die auch vom Kläger im Verwaltungsstreitverfahren eingebrachte Variante eines Zuganges über die Parkplätze der N8.----straße sei von der Vorhabenträgerin zu Recht verworfen worden, weil sich an der N9.----straße kein Gehweg befinde und ein neuer Fußgängerübergang mit Lichtzeichen zum sicheren Erreichen des Gehweges auf der anderen Straßenseite erforderlich geworden wäre. 96Insbesondere die vom Kläger vorgebrachten Varianten konnte die Beklagte überdies schon nicht im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigten, weil sich der Kläger am Anhörungsverfahren nicht beteiligt hat. 97(2) Dass sich neben der Planfeststellungsvariante unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eine andere Lösung - und zwar eine der vom Kläger im Verwaltungsstreitverfahren benannten - eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen, legt der Kläger nicht dar. 98Die vom Kläger angeführten Varianten weisen zwar – aus seiner Sicht – den Vorteil auf, dass sein Grundstück nicht dauerhaft beansprucht wird. Die Beigeladene hat aber aufgezeigt, dass auch in den vom Kläger skizzierten Varianten das Gebäude auf dem Flurstück des Klägers für die jeweiligen Baustelleneinrichtungen rückgebaut werden müsste. Aufgrund der notwendigerweise für andere Beteiligte entstehenden Nachteile drängt sich keine der vom Kläger benannten Varianten als zwingend auf. 99Im Einzelnen: 100(a) Die vom Kläger als „Variante A“ bezeichnete und in wesentlichen Zügen bereits als „Variante 1c“ im Erläuterungsbericht verworfene Variante (Zugang von der N9.----straße ) drängt sich gegenüber der planfestgestellten Variante nicht als die eindeutig bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, auf. Sie bedingt, dass ebenfalls private und öffentliche Belange nachteilig betroffen sind. In dem Bereich des vorgeschlagenen Durchstoßes der Personenunterführung zur N9.----straße befinden sich öffentliche Parkplätze, die von einem Car-Sharing-Anbieter genutzt werden, und ein Baumbestand. Für eine Zuwegung zur Personenunterführung müssten diese unter dem Schutz der Baumschutzsatzung der Stadt Köln stehenden Bäume gefällt und die Parkplätze rückgebaut werden. Des Weiteren verfügt die N10.----straße auf der Straßenseite entlang des Bahngeländes über keinen Gehweg. Zur verkehrssicheren Erschließung müsste also entweder ein Überweg, wahrscheinlich unter Errichtung einer Lichtzeichenanlage, zur anderen Straßenseite errichtet werden. Dann würde sich der Fußweg zur KVB-Haltestelle an der A21. Straße jedoch im Gegensatz zur planfestgestellten Variante verlängern, da die N11.----straße zweimal überquert werden muss. Zudem hätte die Lichtzeichenanlage wiederum Einfluss auf die lichtsignaltechnische Steuerung der in der Nähe befindlichen Anlagen und somit auch auf den Verkehrsfluss des öffentlichen sowie des Individualverkehrs. Oder es müsste eigens ein Fußweg an der N12.----straße auf der Straßenseite entlang des Bahndammes errichtet werden, wodurch eine noch größere Zahl an Bäumen gefällt und Parkplätze wegfallen würden. 101Des Weiteren würde sich der Fußweg für eine große Zahl von Fahrgästen von den Universitätsgebäuden nicht nur erheblich verlängern, sondern diese müssten von Süden kommend zunächst die KVB-Haltestelle auf der A22. Straße passieren. Bereits jetzt gebe es nach unbestrittenen Angaben der Beigeladenen ein hohes Personenaufkommen zu Stoßzeiten an der Haltestelle, das durch den Fahrgaststrom zur Bahnlinie noch verstärkt werde. die Gefahr des Überfüllens und eines Betretens des Gleisbereichs der Stadtbahn würden sich erhöhen. 102Die vom Kläger vorgeschlagene Variante würde erheblich höhere Kosten hervorrufen. Die Gesamtlänge der Personenunterführung würde sich im Vergleich zur planfestgestellten Variante erheblich erhöhen und alle Gleise, ausgenommen von Gleis 1, unterqueren. Allein durch die längere Bauweise würden zum einen höhere Kosten entstehen, zum anderen würde der Tunneleffekt massiver ausfallen. Nachvollziehbar erläutert die Beigeladene, dass die baubetrieblichen Rahmenbedingungen den Zugverkehr erheblich mehr belasten würden als in der planfestgestellten Variante. Statt der erforderlichen Sperrung von drei Gleisen wäre die Sperrung von fünf Gleisen erforderlich. Somit könne im Falle einer unbedingt erforderlichen durchgehenden Sperrung der Gleise 2 bis 6 der Ersatzverkehr nur noch über Gleis 1 abgewickelt werden. Der vorwiegend über die Gleise 5 und 6 fahrende Güterverkehr hätte demzufolge hohe Verspätungs- und Ausfallraten, was einen von der Beigeladenen nicht näher definierbaren hohen wirtschaftlichen Schaden zur Folge hätte. Zudem verkehre gemäß dem aktuellen Betriebskonzept über Gleis 5 täglich morgens und mittags ein Güterzug, der Gefahrstoffe in Form von Blausäure geladen habe. Aufgrund bestehender Sicherungsmaßnahmen und eines vordefinierten umfangreichen Gefahrgut-Sicherungskonzeptes sei eine Umleitung des Zuges über andere Strecken nicht möglich. 103(b) Dass die von ihm als „Variante B“ bezeichnete Bauausführung der Zuwegung zur Personenunterführung zwischen Bahnanlage und seinem Grundstück unter Abtragung der vorhandenen Böschung und Errichtung einer Stützmauer sich aufdrängt, legt der Kläger durch Vorlage einer Zeichnung nicht dar. Die Beigeladene verweist insoweit zutreffend darauf, dass aufgrund der beengten Platzverhältnisse und der unklaren Lage der Stützmauer keinesfalls gewährleistet sei, dass eine kapazitiv ausreichende Zuwegung für eine Personenunterführung hergestellt werden könnte. Zudem verhindere diese Lösung, dass in Zukunft ein weiteres Gleis südlich der vorhandenen Gleise verlegt werden könnte. 104(c) Die vom Kläger so bezeichnete „Variante C“ drängt sich ebenfalls nicht auf. Augenscheinlich bedingt diese Variante die Inanspruchnahme der Fläche eines anderen privaten Dritten, nämlich der Universität zu Köln, die dort Parkplätze vorhält, anstelle der des Klägers. Damit ersetzt der Kläger nur die Abwägungsentscheidung der Beklagten durch eine – ihn bevorteilende – eigene Abwägung, ohne dass diese als eindeutig vorzugswürdig erschiene. Weiterhin stehen der Nutzung des Universitätsgeländes diverse konkrete Ausbaupläne der Universität zu Köln entgegen, deren Umsetzung hinsichtlich der einzuhaltenden Flucht- und Rettungswege sowie der erforderlichen Feuerwehrzufahrt mit der vom Kläger vorgeschlagenen Variante in Konflikt steht. 105(d) Der Kläger zeigt ebenfalls nicht die eindeutige Vorzugswürdigkeit der „Variante D“ auf. Dass diese technisch überhaupt zu realisieren ist, legt er schon nicht dar. Die Widerlager des Brückenbauwerks ließen die Integrierung eines Zugangs den nachvollziehbaren Ausführungen der Beigeladen nach nicht zu. Weiterhin würde auch in dieser Variante der aktuell schon enge Fußgängerbereich im unmittelbaren Umfeld der KVB-Haltestelle weiter verkleinert, das Fußgängeraufkommen in diesem Bereich aber gleichzeitig erhöht werden mit der Gefahr des Betretens der Fahrbahn. Aufgrund der Dammlage und der geologischen Gegebenheiten müssen die Verbauten mit schweren Geräten in den Boden eingebracht werden. Die hierfür erforderlichen Gerätschaften sind für eine schienengebundene Logistik nicht konzipiert. 106(e) Die vom Kläger angeführte Variante mit der Bezeichnung „Plan II“ drängt sich ebenfalls nicht als vorzugswürdig auf. Soweit er eine Erschließung des Bahnsteigs 1 ausschließlich über eine Treppenanlage und einen Aufzug von der A23. Straße aus vorschlägt, begegnet diese Variante denselben Bedenken wie zuvor zu der „Variante A“ und „Variante D“ hinsichtlich des Personenaufkommens an der KVB-Haltestelle. Auch verweist die Beigeladene auf die mangelnde technische Realisierbarkeit im Hinblick auf die dort verlaufenden Widerlager des Brückenwerks. Überdies würde bei dieser Variante ein Planziel, nämlich die barrierefreie Erschließung auch des Bahnsteigs 2 von der A24. Straße aus nicht erreicht, da zu diesem weiterhin nur eine Treppenanlage von der A25. Straße hinaufführe. 107(f) Schließlich legt der Kläger auch mit der Vereinigung der Varianten „A“ und „B“ nicht dar, dass diese eindeutig vorzugswürdig wäre. Er zeigt zwar eine Reihe von Vorteilen auf, denen jedoch ebenso die zuvor genannten Nachteile gegenüberstehen. 108III. Mit dem erst mit Schriftsatz vom 14. Februar 2022 vorgetragenen Einwand, der Planfeststellungsbeschluss sei wegen der Aufgabe des Vorhabens nach § 77 Abs. 1 VwVfG aufzuheben, ist der Kläger ausgeschlossen, da dieser nicht die Zehnwochenfrist des § 18e Abs. 5 AEG a. F wahrt. 109Ungeachtet dessen dringt er mit diesem Einwand auch in der Sache nicht durch. 110Zwar findet § 77 Abs. 1 VwVfG über seinen Wortlaut hinaus auf noch nicht begonnene Vorhaben und während eines Anfechtungsprozesses Anwendung. 111BVerwG, Urteil vom 11. April 1986 - 4 C 53.82 -, NVwZ 1986, 834 = juris, sowie Beschluss vom 10. November 2004 - 4 B 57.04 -, NVwZ 2005, 327 = juris. 112Das streitgegenständliche Vorhaben ist jedoch noch nicht im Sinne des § 77 Abs. 1 VwVfG „aufgegeben“ worden. 113Die Vorschrift stellt auf den Willen des Vorhabenträgers ab. 114BVerwG, Beschluss vom 11. November 2009 - 7 B 13.09 -, juris, Rn. 35. 115Die Gründe, die zur Aufgabe führen, sind dabei unerheblich. Maßgeblich sind hierfür objektive Kriterien und zwar, ob bei verständiger Würdigung des Einzelfalls, unter maßgeblicher Berücksichtigung der Gesamtkonzeption des Planungsträgers mit einer Ausführung des Vorhabens entsprechend dem festgestellten Plan gerechnet werden kann. 116VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Oktober 1998 - 5 S 1358/97 -, NVwZ-RR 2000, 87, 88 = juris, Rn. 18. 117Die Aufgabe kann sich aus der ausdrücklichen oder konkludenten Willensäußerung des Vorhabenträgers ergeben, wobei das lediglich verbale Festhalten an dem festgestellten Plan unbeachtlich ist. Demgegenüber können äußere Umstände wie längere Bauunterbrechungen oder Schwierigkeiten bei der Verwirklichung des Vorhabens indizielle Wirkung für eine Aufgabe haben, lassen jedoch nicht zwingend auf eine endgültige Aufgabe schließen. 118Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2009 - 7 B 13.09 -, juris, Rn. 35; s. auch Wickel, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2021, § 77 VwVfG, Rn. 13. 119Die Beigeladene hat erklärt, das Vorhaben mit der DB Netz AG abstimmt zu haben und weiterhin durchführen zu wollen. Greifbare, objektive Anhaltspunkte für eine Aufgabe finden sich nicht. Die sog. „Westspange Köln“ befindet sich nach öffentlich zugänglichen und auch vom Kläger vorgelegten Informationen im Verfahrensstadium der Grundlagenermittlung und Vorplanung, ohne dass erkennbar wäre, dass der Neubau von zwei S-Bahngleisen zwischen Köln Hansaring und Hürth-Kalscheuren dem Bau der planfestgestellten Personenunterführung entgegenstünde. 120IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko unterworfen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). 121Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Sätze 1 und 2, 711 ZPO. 122Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar, für die beigeladene jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. der kläger darf die vollstreckung der beklagten durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der kläger ist eigentümer des grundstücks gemarkung l. , flur 42, flurstück 387, mit der postalischen anschrift a. straße . das grundstück mit einer fläche von 189 m² ist mit einem leerstehenden, eingeschossigen gebäude zur gastronomischen nutzung bebaut. eine nutzung des gebäudes findet seit 2015 nicht mehr statt. unmittelbar nordöstlich entlang des nach osten spitz zulaufenden grundstücks verläuft eine böschung hinauf zum parallel verlaufenden bahnhof köln süd. an der stirnseite in nord-westlicher richtung des grundstücks verläuft die a1. straße, die die bahnlinie unterquert. unterhalb der bahnlinie befindet sich eine stadtbahnhaltestelle der kölner verkehrsbetriebe (kvb). 3die beigeladene wies mit schreiben vom 2. januar 2017 den kläger auf die durchführung eines planfeststellungsverfahrens hin, das vorsehe, sein grundstück in anspruch zu nehmen. 4mit antrag vom 23. juni 2017, eingegangen bei der beklagten am 12. september 2017, beantragte die beigeladene die erteilung einer planungsrechtlichen zulassungsentscheidung für das vorhaben „neubau einer personenunterführung ‚bf köln-süd‘ strecke 2630, km 3,1 + 68“, in dessen rahmen als kernmaßnahmen ein neubau einer personenunterführung von der a2. straße aus mit zwei aufzügen und zwei treppenanlagen zu den bahnsteigen 1 und 2, die sicherstellung der barrierefreien erschließung der bahnsteige 1 (gleis 1 und 2) und 2 (gleis 3 und 4), die modernisierung des bahnsteigdachs auf bahnsteig 1, der neubau mehrerer teilbahnsteigdächer auf bahnsteig 2, die anpassung bzw. der neubau der beleuchtung und beschallung der bahnsteige 1 und 2 sowie der personenunterführung und die anpassung bzw. die ergänzung der bahnsteigausstattung und wegeleitung durchgeführt werden sollen. 5im zuge der geplanten baumaßnahmen soll das grundstück des klägers erworben werden, um es (vorübergehend) als rampe für baustellenfahrzeuge, als zuwegung in den gleisbereich sowie (im endzustand) als öffentlichen zugang zu der personenunterführung zu nutzen. 6die von der beigeladenen eingereichten unterlagen enthielten u. a. einen erläuterungsbericht, übersichts- und lagepläne, ein grunderwerbsverzeichnis und eine umwelterklärung. 7nach durchführung des anhörungsverfahrens, an dem sich der kläger nicht beteiligte, genehmigte die beklagte das vorhaben mit planfeststellungsbeschluss vom 19. märz 2020. 8die beigeladene teilte dem kläger mit schreiben vom 29. mai 2020 die beabsichtigte dauerhafte inanspruchnahme seines grundstücks mit, um eine vereinbarung zum ausgleich der grundstücksinanspruchnahme und der erforderlichen beseitigung der vorhandenen baulichen anlage abzuschließen. 9mit schreiben vom 16. juni 2020 antwortete der prozessbevollmächtigte des klägers und führte aus: „angesichts des bestandskräftigen planfeststellungsbeschlusses gehen wir davon aus, dass dem grunde und voraussichtlich auch der höhe nach eine gütliche einigung möglich sein wird. bezüglich der höhe der entschädigung haben sie bislang auf den veröffentlichten bodenrichtwert verwiesen, was noch der abschließenden prüfung bedarf, ob hiermit alle zu entschädigenden positionen angemessen berücksichtigt sind. hierzu bedarf es auch noch unsererseits der weiteren abstimmung mit dem mandanten.“ 10in einem schreiben vom 8. juli 2020 erklärte der prozessbevollmächtigte des klägers: „wie mir unser mandant in unserer gestrigen besprechung mitgeteilt hat, besteht aus seiner sicht eine alternative, nach der das gebäude auf dem grundstück erhalten bleiben kann. ob diese alternative auch im planfeststellungsverfahren geprüft worden ist, kann ich nicht beurteilen. sollte es jedoch eine gleichgeeignete alternative geben, bei der der abriss und eine enteignung nicht notwendig sind, könnte dies einen abwägungsmangel des planfeststellungsbeschlusses darstellen. von daher ist es zum heutigen zeitpunkt noch offen, ob klage gegen den planfeststellungsbeschluss eingereicht wird.'' 11in einem weiteren schreiben des prozessbevollmächtigten des klägers vom 29. juli 2020 führte dieser aus: „bezugnehmend auf ihren kaufvertragsentwurf, der uns mit e-mail vom 01.07.2020 übermittelt wurde, teilen wir mit, dass unser mandant eine besitzüberlassung zum 01.09.2020 und einen freihändigen erwerb des grundstücks nicht dem grunde nach ablehnt. grundlage für eine einigung kann jedoch – wie der einleitung eines enteignungsverfahrens – allein ein objektiv angemessenes angebot auf grundlage des verkehrswerts des grundstücks sein, der bisher unzulänglich ermittelt wurde.“ und „unser mandant steht einer kurzfristigen einigung zur besitzüberlassung und zum erwerb des grundstücks offen gegenüber.“ 12auf veranlassung der beklagten machte die stadt köln den planfeststellungsbeschluss im amtsblatt nr. 55 vom 22. juli 2020 unter ziffer 200 öffentlich bekannt. die auslage erfolgte vom 27. juli 2020 bis zum 10. august 2020. 13der kläger hat am 7. september 2020 klage erhoben. 14zur begründung trägt er vor, als von der enteignungsrechtlichen vorwirkung des planfeststellungsbeschlusses betroffener habe er einen anspruch auf gerichtliche überprüfung des plans auch auf seine objektive rechtmäßigkeit, soweit der geltend gemachte fehler für die eigentumsbetroffenheit kausal sei. er sei mit seinem vorbringen nicht präkludiert. nach § 7 abs. 4, abs. 6, § 1 abs. 1 nr. 1a umwrg i. v. m. § 6 uvpg i. v. m. nr. 14.7 der anlage 1 zum uvpg fänden die vorschriften des § 73 abs. 4 satz 3 vwvfg, § 18e nr. 7 aeg keine anwendung. dieses gelte auch für umweltunabhängige abwehransprüche. 15die planfeststellungsbehörde habe seine belange, hier den eingriff in sein eigentum, unzureichend abgewogen bzw. eine abwägung hierüber überhaupt nicht getroffen. denn die beklagte habe ihrer entscheidung im hinblick auf eine beanspruchung von grundeigentum allein die nutzung von flächen dritter, die für bauarbeiten genutzt werden sollen, zugrunde gelegt. die belange des klägers, dass sein grundstück dauerhaft für die planfestgestellte planung in anspruch genommen werden solle, fänden weder in der materiell-rechtlichen würdigung des vorhabens noch in der gesamtabwägung der beklagten berücksichtigung. 16auch in bezug auf die variantenauswahl zum neubau einer personenunterführung leide der planfeststellungsbeschluss unter erheblichen mängeln. 17die variantenauswahl durch die beklagte sei schon deswegen abwägungsfehlerhaft, da die beklagte selbst als verantwortliche behörde in ihrem planfeststellungsbeschluss überhaupt keine variantenentscheidung getroffen habe, mithin ein abwägungsausfall in bezug auf die variantenwahl vorliege, obwohl die beigeladene im erläuterungsbericht schon sechs varianten betrachtet habe 18zum anderen sei auch die variantenwahl durch die vorhabenträgerin in den antragsunterlagen nicht abwägungsfehlerfrei durchgeführt worden. der vorhabenträgerin hätten sich sogar mehrere alternativvarianten aufdrängen müssen, die das planungsziel, nämlich den barrierefreien zugang zu den bahnsteigen auch von der a3. straße aus, erreichten und eindeutig und offensichtlich besser seien, weil sie die öffentlichen und privaten belange insgesamt schonender behandelten. 19die „variante a“ sehe einen zugang zur personenunterführung ausschließlich durch einen durchstoß des tunnels zur n.----straße vor. nach dieser variante werde entweder eine ampelanlage zur querung der n.----straße benötigt, da die zum bahndamm gelegene straßenseite bisher über keinen fußweg verfüge. eine zuwegung zur a4. straße sei aber auch möglich, sofern ein fußweg auf der n1.----straße entlang des bahndammes errichtet werde. diese variante sei im hinblick auf das ziel des barrierefreien zugangs zur personenunterführung von der a5. straße aus aufgrund derselben entfernung im vergleich zur planfestgestellten variante gleich geeignet, würde jedoch ohne die inanspruchnahme seines grundstücks und der enteignung zu seinen lasten auskommen, weil dabei lediglich bahneigene bzw. städtische flächen, die bisher als parkplatzflächen genutzt würden, in anspruch genommen werden müssten. 20weiterhin hätte die vorhabenträgerin die „variante b“ in betracht ziehen müssen, die einen zugang entsprechend des nunmehr beklagten plans zur personenunterführung ermögliche, dabei jedoch gänzlich ohne inanspruchnahme des grundeigentums dritter umgesetzt werden könne. die zuwegung zur personenunterführung von der a6. straße könne demnach zwischen seinem grundstück und dem bahndamm verlaufen, wenn die vorhandene böschung abgetragen und zur abfangung eine stützwand errichtet werde. 21als „variante c“ schlage er die inanspruchnahme der unbebauten fläche im eigentum der universität zu köln südlich seines grundstücks vor, wodurch sein grundstück nur im von der a7. straße aus gesehenen hinteren teil gequert, jedoch nicht das gebäude rückgebaut werden müsse. 22eine weitere variante ohne die inanspruchnahme von grundeigentum dritter zur erreichung des planziels stelle er als „variante d“ vor, die einen tunnel von der a8. straße aus (kvb-haltestelle) zu der personenunterführung vorsehe. 23eine zusätzliche erschließung des bahnsteigs 1 von der a9. straße aus mittels errichtung einer treppe und einer aufzuganlage, jedoch ohne personenunterführung zwischen den bahnsteigen, dränge sich ebenfalls auf („plan ii“). 24durch die zusammenlegung verschiedener varianten („variante a+b“) lasse sich eine über das eigentliche planungsziel hinausgehende gesamtzugangssituationsverbesserung darstellen, die für die nutzer die vorteile aller varianten verbinden würde. die beidseitige erschließung der personenunterführung von der n2.----straße und der a10. straße aus hätte mehrere vorteile, nämlich die verbesserung des zugangs ohne rampe zum beispiel für rollstuhlfahrer, geh- und sehbehinderte menschen und senioren durch die geringere tieferlegung um 71 cm der personenunterführung, die vermeidung von tunnelängsten durch beidseitige erschließung, die entlastung der kvb-haltestelle und des bürgersteigs durch lenkung des fahrgastflusses sowie dass fußgänger aus richtung s.-----platz , a11. platz und c.---------platz direkt die erschließung über die n3.----straße nutzen könnten. aus richtung der universität könnten studenten und angestellte der universität die südliche erschließung nutzen. 25mit schriftsatz vom 14. februar 2022 trägt der kläger ergänzend vor, der angefochtene planfeststellungsbeschluss sei bereits deswegen nach § 77 abs. 1 vwvfg aufzuheben, weil die beigeladene das planfestgestellte vorhaben aufgegeben habe. der nach dem schienen-infrastrukturprojekt „westspange köln“ (projekt-nr. k-003-v01) geplante bau zweier weiterer s-bahngleise zwischen köln-hansaring und hürth-kalscheuren stünde einer umsetzung des vorhabens zur errichtung einer personenunterführung im bahnhof köln-süd in der planfestgestellten form entgegen. 26der kläger beantragt, 27den planfeststellungsbeschluss der beklagten für das vorhaben „neubau einer personenunterführung im bahnhof köln-süd" vom 19. märz 2020 aufzuheben, soweit das grundstück des klägers betroffen ist, 28hilfsweise den planfeststellungsbeschluss vom 19. märz 2020 insoweit für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. 29die beklagte beantragt, 30die klage abzuweisen. 31zur begründung führt sie aus: der kläger sei hinsichtlich der mit der klage dargelegten bedenken nach § 73 abs. 4 satz 3 vwvfg präkludiert. die allgemeine präklusionsvorschrift des § 73 abs. 4 satz 3 bis 6 vwvfg sei nicht durch § 7 abs. 4 umwrg gesperrt. soweit sich der kläger gegen den angefochtenen planfeststellungsbeschluss der beklagten wende, sei § 5 umwrg anzuwenden. der kläger habe es schlicht versäumt, im anhörungsverfahren seine interessen mit einer einwendung an die anhörungsbehörde zu wahren, so dass diese in ihrer abschließenden stellungnahme, die grundlage des späteren planfeststellungsbeschlusses geworden sei, nichts zur betroffenheit des klägers habe aufnehmen können. erst nach kenntnis vom planfeststellungsbeschluss habe der kläger die klage erhoben und diese mit seiner eigentumsrechtlichen betroffenheit begründet. in der klagebegründung werde die variantenentscheidung problematisiert. somit würden die eigentumsinteressen des klägers erstmalig mit umweltbelangen verknüpft. dies sei unredlich, da es dem kläger ausschließlich um die wirtschaftliche leistungsfähigkeit seines eigentums gehe. letztlich würden hier fragen, die im planfeststellungsverfahren zu regeln und zu lösen gewesen wären, in das verwaltungsstreitverfahren verlagert. 32der planfeststellungsbeschluss sei im übrigen rechtsfehlerfrei. die variantenentscheidung der vorhabenträgerin sei im erläuterungsbericht vorgenommen worden und von der planfeststellungsbehörde nachvollzogen worden. der erläuterungsbericht sei bestandteil des festgesetzten plans. die vorzugsvariante sei ausgewählt worden, da diese eine kundenfreundliche und barrierefreie zuwegung von der a12. straße zu den bahnsteigen schaffe. die vom kläger eingebrachte variante eines zugangs über die parkplätze der n4.----straße sei von der beigeladenen zurecht verworfen worden, weil sich an der n5.----straße kein gehweg befinde und ein neuer fußgängerüberweg mit lichtzeichenanlage zum sicheren erreichen des gehwegs auf der anderen straßenseite erforderlich geworden wäre. 33die beigeladene beantragt, 34die klage abzuweisen. 35sie trägt vor, die rügen des klägers seien nach § 5 umwrg im klageverfahren ausgeschlossen. es sei ein missbräuchliches verhalten des klägers greifbar. die nunmehr erhobenen einwendungen hinsichtlich seiner vermeintlich betroffenen belange habe der kläger weder im anhörungsverfahren noch in den nach der beschlussfassung erfolgten grunderwerbsverhandlungen vorgebracht. in der gesamtschau habe der kläger damit durch sein verhalten deutlich gemacht, dass er keine einwendungen gegen das vorhaben habe. erst nachdem sich die außergerichtlichen verhandlungen nicht nach den vorstellungen des klägers entwickelt hätten, habe er klage gegen den planfeststellungsbeschluss erhoben und diese mit der angeblich unzureichenden berücksichtigung seiner eigentumsrechtlichen belange und vermeintlichen fehlern der variantenabwägung der beklagten begründet. 36im übrigen sei der planfeststellungsbeschluss frei von rechtsfehlern. eine verletzung des abwägungsgebots durch eine mangelnde berücksichtigung oder gewichtung der belange des klägers, insbesondere seiner eigentumsbetroffenheit, liege nicht vor. die beklagte habe eine eigenständige abwägungsentscheidung getroffen, das abwägungsmaterial fehlerfrei zusammengestellt, die betroffenen belange zutreffend gewichtet und diese in einen möglichst schonenden ausgleich gebracht. sie habe eine eigenständige und unabhängige abwägungsentscheidung auf grundlage des vorgelegten plans vorgenommen. die ausführungen der beklagten auf seite 27 des planfeststellungsbeschlusses seien zwar relativ allgemein gehalten, zeigten aber, dass sie die unterschiedlichen öffentlichen und privaten belange ermittelt, alle belange in die abwägung eingestellt und diese gegeneinander und untereinander abgewogen habe. in der zusammenschau mit den weiteren planfestgestellten unterlagen werde deutlich, dass die beklagte alle für die abwägung erforderlichen umstände in ihre überlegungen einbezogen habe. der umstand, dass sich die beklagte in der materiell-rechtlichen würdigung auf seite 27 des planfeststellungsbeschlusses mit einer im ergebnis verneinten rechtsverkürzung im hinblick auf die einwendungen der ebenfalls grundstücksbetroffenen universität zu köln beschäftigt habe, unterstreiche, dass sich die beklagte insgesamt ihres planerischen gestaltungsspielraums bewusst gewesen sei, sich auch hinsichtlich der inanspruchnahme von grundeigentum nicht in der einen oder anderen weise gebunden gefühlt und somit eine eigenständige und unabhängige abwägungsentscheidung getroffen habe. 37auch mit seinen gegen die variantenauswahl erhobenen rügen könne der kläger nicht durchdringen. die beklagte habe die anforderungen an die zusammenstellung und bewertung der varianten bei ihrer grobanalyse und der auswahl der ernsthaft in betracht kommenden varianten gewahrt. die präferenzentscheidung lasse abwägungsmängel ebenfalls nicht erkennen und das optimierungsgebot sei beachtet worden. 38die beklagte habe zwar im planfeststellungsbeschluss auf seite 21 keine ausführungen zu ihrer variantenentscheidung gemacht. sie habe jedoch die von ihr ‑ der beigeladenen - vorgeschlagene variante auf seite 10 des erläuterungsberichts als teil des plans nachvollzogen und sich diese mittels des verweises auf seite 4 des planfeststellungsbeschlusses zu eigen gemacht. 39die entscheidung der beklagten, die klägerische variante „aufzug von kvb-haltestelle“ in der a13. straße in der grobanalyse auszuscheiden und nicht weiter zu berücksichtigen, sei rechtmäßig. eine zuwegung von der kvb-haltestelle sei aus technischer sicht nicht möglich. die widerlager des brückenbauwerks würden die integrierung eines zugangs nicht zulassen. weiterhin würde auch in dieser variante der aktuell schon enge fußgängerbereich im unmittelbaren umfeld der kvb-haltestelle weiter dezimiert, das fußgängeraufkommen in diesem bereich aber gleichzeitig erhöht werden. 40es spreche eine vielzahl an gründen gegen die vom kläger genannte variante mit einem zugang zur personenunterführung über die n5.----straße . der straßenraum der n6.----straße sei für eine zuwegung nicht geeignet. auf der an den gleisanlagen liegenden straßenseite befänden sich aktuell öffentliche parkplätze, parkplätze eines car-sharing-anbieters sowie ein umfangreicher baumbestand. ein bürgersteig im bereich der zuwegung müsste eigens für die zuwegung errichtet werden. weiterhin würde der fußgängerüberweg aufgrund der hohen anzahl an straßenquerenden personen aus aspekten der verkehrssicherheit aller voraussicht nach nicht mehr ausreichen und müsste durch eine lichtsignalanlage ersetzt werden. ausweislich der angaben des amts für landschaftspflege und grünflächen der stadt köln seien die bäume auf der n7.----straße nach der baumschutzsatzung der stadt köln geschützt. eine direkte anbindung der zuwegung der personenunterführung an die gebäude der universität zu köln wäre mit dieser variante nicht erreicht. zudem widerspreche diese variante einem der originären projektziele, nämlich der gewährleistung eines sicheren zugangs von bahnsteig 1 zur stadtbahnhaltestelle an der a14. straße. durch die längere bauweise entstünden zum einen höhere kosten, zum anderen fiele der tunneleffekt massiver aus. statt der erforderlichen sperrung von drei gleisen wäre die sperrung von fünf gleisen erforderlich. somit könnte im falle einer unbedingt erforderlichen durchgehenden sperrung der gleise 2 bis 6 der ersatzverkehr nur noch über gleis 1 abgewickelt werden. zudem sei das benötigte flurstück 387 auch in dieser variante für die erschließung des baufeldes erforderlich. 41die abfangung des dammes und die errichtung einer stützwand, die der kläger als weitere variante vorschlage, hätten zur folge, dass das bei zukünftig steigendem verkehrsbedarf zusätzlich erforderliche und geplante gleis zwischen dem flurstück 387 und dem aktuellen gleis 1 nicht mehr umsetzbar wäre. zudem sei aufgrund der beengten platzverhältnisse und der unklaren lage der stützmauer keinesfalls gewährleistet, dass eine kapazitiv ausreichende zuwegung für eine personenunterführung hergestellt werden könne. eine solche stützmauer stelle ein immenses, statisch stark beanspruchtes und in der errichtung aufwändiges ingenieurbauwerk dar. 42die vom kläger vorgeschlagene variante des zugangs über das gelände der universität zu köln sei vor dem hintergrund rechtsfehlerfrei von der beklagten abgelehnt worden, dass im bereich der potentiellen zuwegung eine hochspannungsanlage der universität zu köln verlaufe, die in erheblichem umfang die von der universität benötigte energie verteile. weiterhin stünden der nutzung des universitätsgeländes diverse konkrete ausbaupläne der universität zu köln entgegen, deren umsetzung hinsichtlich der einzuhaltenden flucht- und rettungswege sowie der erforderlichen feuerwehrzufahrt mit der vom kläger vorgeschlagenen variante in konflikt stehe. wie bereits zuvor angemerkt, wäre das flurstück 387 auch in dieser variante für die erschließung des baufeldes erforderlich. 43hinsichtlich der vom kläger in der klagebegründung angeführten vermeintlich vorzugswürdigen „variante d“ würden die ausführungen zur in der grobanalyse rechtsfehlerfrei ausgeschiedenen variante „zuwegung von der kvb-haltestelle“ entsprechend gelten. die vom kläger angedachte zusammenlegung der varianten a und b sei vor dem hintergrund der zu der jeweiligen variante geschilderten und entgegenstehenden belange und interessen ebenfalls nicht realisierbar. 44die durchführung des vorhabens sei auch nicht aufgegeben worden. die beigeladene als vorhabenträgerin habe zu keinem zeitpunkt erklärt oder beabsichtigt, von der realisierung abstand zu nehmen. die kompatibilität des im verantwortungsbereich der db netz ag liegenden projektes „westspange“ sei von dieser mit dem streitgegenständlichen vorhaben überprüft und am 29. juli 2019 bestätigt worden. die bisher untersuchten varianten der westspange hätten auf die position der personenunterführung keinen einfluss, da die anzahl der gleise und deren anordnung im bereich des bahnhofs köln-süd auch im rahmen des projektes „westspange“ nicht ausschlaggebend verändert werde. 45wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der von der beklagten vorgelegten planfestgestellten unterlagen und verwaltungsvorgänge bezug genommen. 46 | 47die klage ist zulässig, aber weder mit dem hauptantrag noch dem hilfsantrag begründet. der planfeststellungsbeschluss leidet an keinem zur aufhebung des beschlusses oder zur feststellung seiner rechtswidrigkeit und nichtvollziehbarkeit führenden rechtsfehler. 48i. rechtsgrundlage des planfeststellungsbeschlusses vom 19. märz 2020 ist § 18 aeg vom 27. dezember 1993, im maßgeblichen zeitpunkt zuletzt geändert durch gesetz vom 3. märz 2020 (im folgenden: aeg a. f.) i. v. m. den §§ 72 ff. vwvfg in der fassung der bekanntmachung vom 23. januar 2003, im maßgeblichen zeitpunkt zuletzt geändert durch gesetz vom 18. dezember 2018 (im folgenden: vwvfg a. f.). 49dabei ist „maßgeblicher zeitpunkt“ in diesem sinne das erlassdatum des planfeststellungsbeschlusses. denn bei der überprüfung eines planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich auf die sach- und rechtslage bei seinem erlass abzustellen. 50vgl. bverwg, urteile vom 27. juni 2019- 7 c 22.17 -, buchholz 406.403 § 64 bnatschg 2010 nr. 2 = juris, rn. 14, vom 9. februar 2017- 7 a 2.15 -, buchholz 445.5 § 14 wastrg nr. 14 = juris, rn. 21, und vom 14. april 2010- 9 a 5.08 -, buchholz 451.91 europ. umweltr nr. 45 = juris, rn. 29. 51der senat überprüft den streitigen planfeststellungsbeschlusses unbeschadet der sich aus § 86 abs. 1 vwgo ergebenden aufklärungspflicht grundsätzlich nur im rahmen der vorgetragenen tatsachen, durch deren berücksichtigung oder nichtberücksichtigung im planfeststellungsverfahren sich ein kläger beschwert fühlt. dies folgt aus § 18e abs. 5 aeg a. f. diese vorschrift setzt dem klagenden beteiligten kraft gesetzes eine frist von zehn wochen, innerhalb der er die zur begründung seiner klage dienenden tatsachen und beweismittel anzugeben hat. erklärungen und beweismittel, die erst nach ablauf dieser frist vorgebracht werden, sind grundsätzlich nur zuzulassen, wenn die verspätung entschuldigt ist. dies gilt nur dann nicht, wenn es mit geringem aufwand möglich ist, den sachverhalt auch ohne mitwirkung des klägers zu ermitteln. die frist kann auf antrag verlängert werden, wenn der kläger in dem verfahren, in dem die angefochtene entscheidung ergangen ist, keine möglichkeit der beteiligung hatte. 52hiervon ausgehend legt der senat seiner prüfung die einwendungen zugrunde, die der kläger in seinem klagebegründungsschriftsatz vom 12. november 2020 formuliert hat. die klagebegründung ist am 13. november 2020 bei gericht eingegangen und wahrt daher die zehnwochenfrist. 53ii. die einwände des klägers gegen die rechtmäßigkeit der planfeststellung greifen nicht durch. 541. der kläger ist mit seinen einwendungen weder gemäß § 73 abs. 4 satz 3 vwvfg a. f. ausgeschlossen noch bleiben diese nach § 5 umwrg unberücksichtigt. 55a) entgegen der ansicht der beklagten findet § 73 abs. 4 satz 3 vwvfg a. f. hier nach § 7 abs. 4 umwrg schon keine anwendung, da es sich bei dem vorhaben um ein solches handelt, bei dem eine pflicht zur durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung nach § 1 abs. 1 satz 1 nr. 1a) umwrg bestehen kann, mithin eine uvp-vorprüfung - hier gemäß § 7 abs. 1 satz 1 uvpg i. v. m. nr. 14.8 der anlage 1 zum uvpg in der bis zum 9. dezember 2020 geltenden fassung - durchzuführen ist. eine solche ist von der beklagten auch durchgeführt worden. 56der anwendungsausschluss nach § 7 abs. 4 umwrg bezieht sich auf alle einwendungen, ungeachtet dessen, ob diese umweltauswirkungen oder andere aspekte des vorhabens betreffen. 57vgl. bt-drs. 18/9526, s. 43 f.; fellenberg/schiller, in: landmann/rohmer, umweltrecht, stand: mai 2021, § 7 umwrg, rn. 78. 58b) ferner steht einer berücksichtigung der einwendungen des klägers auch § 5 umwrg nicht entgegen. nach dieser norm bleiben einwendungen, die eine person oder eine vereinigung im sinne des § 4 abs. 3 satz 1 umwrg erstmals im rechtsbehelfsverfahren erhebt, unberücksichtigt, wenn die erstmalige geltendmachung im rechtsbehelfsverfahren missbräuchlich oder unredlich ist. 59dass die erstmalige geltendmachung der einwendungen durch den kläger im gerichtlichen verfahren missbräuchlich oder unredlich wäre, ist nicht ersichtlich. der kläger hat vor der erhebung der klage weder ausdrücklich erklärt, dass er keine einwände erhebt, noch hat er dies auf anderem wege konkludent zum ausdruck gebracht. vielmehr hat er sich lediglich am anhörungsverfahren nicht beteiligt. 60daraus alleine kann ohne hinzutreten weiterer umstände nicht auf ein missbräuchliches oder unredliches verhalten geschlossen werden. 61vgl. in diesem sinne bverwg, urteil vom 29. juni 2017 - 3 a 1.16 -, buchholz 442.09 § 18 aeg nr. 77 = juris, rn. 24; fellenberg/schiller, in: landmann/rohmer, umweltrecht, stand: mai 2021, § 5 umwrg, rn. 19 ff. 62andernfalls liefe der anwendungsausschluss des § 7 abs. 4 umwrg leer, den der gesetzgeber zur vollständigen und europarechtskonformen umsetzung des urteils des eugh vom 15. oktober 2015 - c-137/14 - als notwendig erachtet hat. 63vgl. bt-drs. 18/9526, s. 43. 64solche umstände sind nicht im verhalten des klägers während der grunderwerbsverhandlungen mit der beigeladenen zu erblicken. der kläger hat sich hier weder widersprüchlich verhalten noch aufgrund der gesamtumstände deutlich gemacht, dass er keine einwendungen geltend machen werde und die behörde berechtigterweise darauf hätte vertrauen dürfen. 65vgl. hierzu auch ovg nrw, urteil vom 4. september 2017 – 11 d 14/14.ak –, juris rn. 158 ff. 66soweit der kläger in den schreiben ausführt, dass im hinblick auf die entschädigung „dem grunde und voraussichtlich auch der höhe nach eine gütliche einigung möglich sein wird“, dass er „eine besitzüberlassung zum 01.09.2020 und einen freihändigen erwerb des grundstücks nicht dem grunde nach“ ablehne sowie dass er „einer kurzfristigen einigung zur besitzüberlassung und zum erwerb des grundstücks offen gegenüber“ stehe, zeigt er lediglich seine verhandlungsbereitschaft an, ohne jedoch in der sache zugeständnisse im hinblick auf einen einwendungsverzicht zu machen. mit dem schreiben vom 8. juli 2020 weist er vielmehr ausdrücklich auf bestehende vorbehalte bezüglich der variantenentscheidung hin und hält sich eine klage ausdrücklich offen. 672. verstöße der beklagten gegen das abwägungsgebot des § 18 abs. 1 satz 2 aeg a. f. sind jedoch nicht erkennbar. 68a) nach § 18 abs. 1 satz 2 aeg a. f. sind bei der planfeststellung die von dem vorhaben berührten öffentlichen und privaten belange einschließlich der umweltverträglichkeit im rahmen der abwägung zu berücksichtigen. 69das abwägungsgebot verlangt nach der ständigen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, dass - erstens - eine abwägung überhaupt stattfindet, dass- zweitens - in die abwägung an belangen eingestellt wird, was nach lage der dinge in sie eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten belange verkannt noch der ausgleich zwischen ihnen in einer weise vorgenommen wird, die zur objektiven gewichtigkeit einzelner belange außer verhältnis steht. innerhalb des so gezogenen rahmens wird das abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur planung ermächtigte stelle in der kollision zwischen verschiedenen belangen für die bevorzugung des einen und damit notwendig für die zurückstellung eines anderen entscheidet. die darin liegende gewichtung der von der planung berührten öffentlichen und privaten belange ist ein wesentliches element der planerischen gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen kontrolle entzogen. diese beschränkt sich im rahmen des abwägungsgebots daher auf die frage, ob die verwaltungsbehörde die abwägungserheblichen gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der grundlage des derart zutreffend ermittelten abwägungsmaterials - die aufgezeigten grenzen der ihr obliegenden gewichtung eingehalten hat. 70vgl. grundlegend bverwg, urteil vom 7. juli 1978 ‑ iv c 79.76 u. a. -, buchholz 442.40 § 8 luftvg nr. 2 = juris, rn. 59; vgl. auch urteile vom 15. oktober 2020 - 7 a 9.19 -, juris, rn. 103, und vom 14. märz 2018 - 4 a 5.17 -, buchholz 451.17 § 43 enwg nr. 8 = juris, rn. 23. 71nach § 18 abs. 1 satz 3 aeg a. f. i. v. m. § 75 abs. 1a satz 1 vwvfg a. f. sind mängel bei der abwägung der von dem vorhaben berührten öffentlichen und privaten belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen sind. ergebnisrelevanz in diesem sinne liegt vor, wenn nach den umständen des falls die konkrete möglichkeit besteht, dass ohne den abwägungsmangel eine andere entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte möglichkeit einer anderen entscheidung genügt nicht. 72vgl. etwa bverwg, urteil vom 22. oktober 2015- 7 c 15.13 -, buchholz 406.254 umwrg nr. 16 = juris, rn. 29. 73b) hieran gemessen liegen die - allein in den blick zu nehmenden - vom kläger geltend gemachten abwägungsfehler nicht vor. 74bei der zusammenstellung des abwägungsmaterials müssen einerseits alle ernsthaft in betracht kommenden alternativlösungen berücksichtigt und mit der ihnen zukommenden bedeutung in die vergleichende prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten belange eingestellt werden. eine planfeststellungsbehörde handelt andererseits nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene alternative ebenfalls mit guten gründen vertretbar gewesen wäre. vielmehr sind die grenzen der planerischen gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte lösung unter berücksichtigung aller abwägungserheblichen belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssenoder wenn der planfeststellungsbehörde in folge einer fehlerhaften ermittlung, bewertung oder gewichtung einzelner belange ein rechtserheblicher fehler unterlaufen ist. die planfeststellungsbehörde ist dabei nicht verpflichtet, die variantenprüfung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten zeitpunkt erwogenen oder von dritter seite vorgeschlagenen alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. sie braucht den sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte entscheidung und eine zweckmäßige gestaltung des verfahrens erforderlich ist; alternativen, die ihr aufgrund einer grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen verfahrensstadium ausscheiden. 75vgl. bverwg, urteil vom 15. oktober 2020- 7 a 9.19 -, juris, rn. 123 ff., m. w. n. 76aa. ausgehend davon liegt kein abwägungsmangel vor, weil der beklagten in folge einer fehlerhaften ermittlung, bewertung oder gewichtung einzelner belange ein rechtserheblicher fehler unterlaufen wäre. mit dem einwand, die planfeststellungsbehörde habe in ihre abwägung nicht die ihm – dem kläger – durch den planfeststellungsbeschluss auferlegten eigentumsbeeinträchtigungen durch eine dauerhafte inanspruchnahme einbezogen, zeigt der kläger keinen abwägungsmangel auf. 77zu den abwägungserheblichen belangen im rahmen einer hoheitlichen planungsentscheidung gehört selbstverständlich und in hervorgehobener weise das unter den schutz des art. 14 abs. 1 gg fallende eigentum. dabei bedeutet die in der abwägung gebotene berücksichtigung des eigentums aber nicht etwa, dass das eigentum vor eingriffen überhaupt geschützt wäre. vielmehr gilt für das eigentum nicht anders als für andere abwägungserhebliche belange, dass es in der abwägung zugunsten einer durch eine hinreichende planrechtfertigung gedeckten und mit den planungsleitsätzen übereinstimmenden planung zurückgestellt werden kann. 78vgl. bverwg, urteil vom 23. januar 1981 - 4 c 4.78 -, bverwge 61, 295 (301 f.) = juris, rn. 32; ovg nrw, urteile vom 6. september 2013 - 11 d 118/10.ak -, nwvbl. 2014, 113 (117) = juris, rn. 112, und vom 24. august 2016 - 11 d 2/14.ak -, juris, rn. 225. 79daran gemessen hat die planfeststellungsbehörde die vom vorhaben ausgehenden eigentumsbeeinträchtigungen abwägungsfehlerfrei behandelt. sie hat ausgeführt, dass sie die unterschiedlichen öffentlichen und privaten belange ermittelt, alle belange in die abwägung eingestellt und diese gegeneinander und untereinander abgewogen habe. sie sei nach eingehender prüfung zu der überzeugung gelangt, dass die öffentlichen, für die verwirklichung des planfestgestellten vorhabens sprechenden belange die entgegenstehenden, von dem vorhaben berührten privaten und öffentlichen belange überwögen und die beantragte maßnahme geeignet und geboten sei, das angestrebte planungsziel zu erreichen (pfb b.6, s. 28). bei der ermittlung der privaten belange hat sie nicht nur – wie der kläger meint – die vorübergehende inanspruchnahme privater grundstücke für die baustelleneinrichtung, sondern auch die dauerhafte inanspruchnahme seines grundstücks berücksichtigt. 80dazu führt der planfeststellungsbeschluss unter punkt a.4.3, s. 5. „beanspruchung von grundeigentum, eingriffe in rechte dritter, entschädigung“ aus: „vor inanspruchnahme der gemäß dem grunderwerbsverzeichnis und den grunderwerbsplänen für die durchführung des bauvorhabens notwendigen flächen sind, soweit möglich, schriftliche vereinbarungen zwischen der vorhabenträgerin und dem jeweiligen eigentümer zu schließen.“ auch die begründung des vorhabens auf seite 14 des planfeststellungsbeschlusses erwähnt den rückbau des vorhandenen gebäudes auf dem grundstück des klägers: „auf der a15. straße ist vorgesehen, das bestandsgebäude (ehem. bistro/biergarten) auf der südwestlichen seite der eisenbahnunterführung, zwischen den bahngleisen und der universität zurückzubauen.“ 81auch aus dem erläuterungsbericht sowie dem grunderwerbsverzeichnis und den grunderwerbsplänen, die als anlagen zum bestandteil des planfeststellungsbeschluss gemacht wurden (pfb a.2, s. 2), wird deutlich, dass die planfeststellungsbehörde alle für die abwägung erforderlichen umstände in ihre überlegungen eingestellt hat. 82soweit weitere umstände nicht ausdrücklich im planfeststellungsbeschluss, sondern nur in seinen anlagen erwähnt sind, ist dies unschädlich. 83vgl. bverwg, beschluss vom 18. juni 2007 – 9 vr 13.06 –, nur 2008, 36 = juris, rn. 41. 84die benötigten flächen sind im grunderwerbsverzeichnis aufgeführt. im einzelnen ist bezeichnet, welche flächen zu erwerben sind und welche nur vorübergehend in anspruch genommen werden. der erläuterungsbericht führt auf seite 10 aus: „für den anschluss an die a16. straße ist eine zuwegung zu errichten. aufgrund der beengten platzverhältnisse im bestand kann die zuwegung nur unter inanspruchnahme des flurstücks 387 erstellt werden. diese privatfläche ist deshalb zu erwerben. der rückbau des bestandsgebäudes (grillstube) ist dafür notwendig.“ dabei hat die planfeststellungsbehörde insbesondere auch den zustand und die fehlende, gegenwärtige nutzung des grundstücks berücksichtigt. dazu heißt es weiter auf seite 22 unter dem punkte „7. baudurchführung“: „des weiteren ist der rückbau eines leerstehenden privaten gebäudes für den anschluss der pu an die a17. straße notwendig“. auch auf seite 30 unter „9.1 grunderwerb“ geht der erläuterungsbericht auf das eigentum des klägers ein: „ein grunderwerb im bereich der zuwegung von der a18. straße zur personenunterführung ist erforderlich. das zu erwerbende fremdgrundstück befindet sich süd-westlich der bahnsteige (flurstück 387). grundlage bildet der flimas-auszug vom 10.08.2015. auf diesem fremdgrundstück (dritter) befindet sich ein leerstehendes gebäude, welches für die baumaßnahme zurückgebaut werden muss. für die zu erwerbende fläche liegt vom eigentümer weder eine zustimmung noch eine stellungnahme vor.“ 85bb. einen abwägungsmangel zeigt der kläger auch im hinblick auf die variantenauswahl der beklagten nicht auf. 86(1) soweit er einwendet, die planfeststellungsbehörde habe keine eigenständige variantenprüfung vorgenommen, dringt er damit nicht durch. 87nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, 88vgl. beschluss vom 26. september 2013 - 4 vr 1.13 - nur 2013, 800 = juris, rn. 41, unter bezugnahme auf urteil vom 27. oktober 2000 - 4 a 18.99 - bverwge 112, 140 (151 ff.) = juris, rn. 31, 89ist es nicht aufgabe der planfeststellungsbehörde, die planerischen erwägungen des vorhabenträgers durch abweichende eigene überlegungen zu ersetzen. die planfeststellungsbehörde kontrolliert nur, ob die vom vorhabenträger getroffene entscheidung rechtmäßig ist. das enthebt die planfeststellungsbehörde aber nicht ihrer pflicht, bei der zusammenstellung des abwägungsmaterials alle ernsthaft in betracht kommenden alternativen zu berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden bedeutung in die vergleichende prüfung der von den möglichen alternativen berührten öffentlichen und privaten belange einzustellen. sie ist befugt, auch bisher noch nicht berücksichtigten abwägungsrelevanten gesichtspunkten rechnung zu tragen. 90bverwg, urteil vom 21. januar 2016 – 4 a 5.14 –, bverwge 154, 73 = juris, rn. 168 ff. 91die planfeststellungsbehörde darf sich deshalb nicht auf die kontrolle zurückziehen, ob sich der vorhabenträgerin eine andere linienführung hätte aufdrängen müssen. sie muss vielmehr selbst alle ernsthaft in betracht kommenden alternativen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden bedeutung in die vergleichende prüfung der von den möglichen alternativen berührten öffentlichen und privaten belange einstellen. 92bverwg, urteil vom 21. januar 2016 – 4 a 5.14 –, bverwge 154, 73 = juris, rn. 169. 93es ist nicht ersichtlich, dass die planfeststellungsbehörde hier nicht alle ernsthaft in betracht kommenden alternativen berücksichtigt hat. zwar weist der planfeststellungsbeschluss unter überschrift „b.5.3 variantenentscheidung“ lediglich daraufhin, dass diese „entfällt“. die behörde hat sich jedoch durch die ausführungen der beigeladenen im erläuterungsbericht auf seite 10 zu eigen gemacht, indem sie den erläuterungsbericht unter punkt a.2 zum bestandteil des planfeststellungsbeschlusses gemacht hat. 94vgl. zur anknüpfung an die variantenuntersuchung der vorhabenträgerin bverwg, urteil vom 15. oktober 2020 – 7 a 9.19 –, nvwz 2021, 1145 = juris, rn. 126. 95der erläuterungsbericht enthält insgesamt sechs varianten, von denen die planfestgestellte variante als vorzugsvariante herausgestellt wird. auf seite 10 wird darlegt, welche überlegungen ausschlaggebend waren, fünf varianten zu verwerfen. der bericht setzt sich erkennbar mit der notwendigkeit der dauerhaften inanspruchnahme von flurstücken im eigentum dritter auseinander. dabei sind die für und gegen die planfestgestellte variante sprechenden gesichtspunkte einander gegenübergestellt. neben der barrierefreiheit gewährleiste die vorzugsvariante im gegensatz zu den anderen varianten eine direkte zuwegung von der a19. straße auf den bahnsteig 1, die bisher nicht vorhanden sei. auch die beklagte weist in der klageerwiderung vom 4. januar 2021 darauf hin, dass die vorzugsvariante ausgewählt worden sei, da diese eine kundenfreundliche und barrierefreie zuwegung von der a20. straße zu den bahnsteigen schaffe. die auch vom kläger im verwaltungsstreitverfahren eingebrachte variante eines zuganges über die parkplätze der n8.----straße sei von der vorhabenträgerin zu recht verworfen worden, weil sich an der n9.----straße kein gehweg befinde und ein neuer fußgängerübergang mit lichtzeichen zum sicheren erreichen des gehweges auf der anderen straßenseite erforderlich geworden wäre. 96insbesondere die vom kläger vorgebrachten varianten konnte die beklagte überdies schon nicht im planfeststellungsbeschluss berücksichtigten, weil sich der kläger am anhörungsverfahren nicht beteiligt hat. 97(2) dass sich neben der planfeststellungsvariante unter berücksichtigung aller abwägungserheblichen belange eine andere lösung - und zwar eine der vom kläger im verwaltungsstreitverfahren benannten - eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen, legt der kläger nicht dar. 98die vom kläger angeführten varianten weisen zwar – aus seiner sicht – den vorteil auf, dass sein grundstück nicht dauerhaft beansprucht wird. die beigeladene hat aber aufgezeigt, dass auch in den vom kläger skizzierten varianten das gebäude auf dem flurstück des klägers für die jeweiligen baustelleneinrichtungen rückgebaut werden müsste. aufgrund der notwendigerweise für andere beteiligte entstehenden nachteile drängt sich keine der vom kläger benannten varianten als zwingend auf. 99im einzelnen: 100(a) die vom kläger als „variante a“ bezeichnete und in wesentlichen zügen bereits als „variante 1c“ im erläuterungsbericht verworfene variante (zugang von der n9.----straße ) drängt sich gegenüber der planfestgestellten variante nicht als die eindeutig bessere, weil öffentliche und private belange insgesamt schonendere, auf. sie bedingt, dass ebenfalls private und öffentliche belange nachteilig betroffen sind. in dem bereich des vorgeschlagenen durchstoßes der personenunterführung zur n9.----straße befinden sich öffentliche parkplätze, die von einem car-sharing-anbieter genutzt werden, und ein baumbestand. für eine zuwegung zur personenunterführung müssten diese unter dem schutz der baumschutzsatzung der stadt köln stehenden bäume gefällt und die parkplätze rückgebaut werden. des weiteren verfügt die n10.----straße auf der straßenseite entlang des bahngeländes über keinen gehweg. zur verkehrssicheren erschließung müsste also entweder ein überweg, wahrscheinlich unter errichtung einer lichtzeichenanlage, zur anderen straßenseite errichtet werden. dann würde sich der fußweg zur kvb-haltestelle an der a21. straße jedoch im gegensatz zur planfestgestellten variante verlängern, da die n11.----straße zweimal überquert werden muss. zudem hätte die lichtzeichenanlage wiederum einfluss auf die lichtsignaltechnische steuerung der in der nähe befindlichen anlagen und somit auch auf den verkehrsfluss des öffentlichen sowie des individualverkehrs. oder es müsste eigens ein fußweg an der n12.----straße auf der straßenseite entlang des bahndammes errichtet werden, wodurch eine noch größere zahl an bäumen gefällt und parkplätze wegfallen würden. 101des weiteren würde sich der fußweg für eine große zahl von fahrgästen von den universitätsgebäuden nicht nur erheblich verlängern, sondern diese müssten von süden kommend zunächst die kvb-haltestelle auf der a22. straße passieren. bereits jetzt gebe es nach unbestrittenen angaben der beigeladenen ein hohes personenaufkommen zu stoßzeiten an der haltestelle, das durch den fahrgaststrom zur bahnlinie noch verstärkt werde. die gefahr des überfüllens und eines betretens des gleisbereichs der stadtbahn würden sich erhöhen. 102die vom kläger vorgeschlagene variante würde erheblich höhere kosten hervorrufen. die gesamtlänge der personenunterführung würde sich im vergleich zur planfestgestellten variante erheblich erhöhen und alle gleise, ausgenommen von gleis 1, unterqueren. allein durch die längere bauweise würden zum einen höhere kosten entstehen, zum anderen würde der tunneleffekt massiver ausfallen. nachvollziehbar erläutert die beigeladene, dass die baubetrieblichen rahmenbedingungen den zugverkehr erheblich mehr belasten würden als in der planfestgestellten variante. statt der erforderlichen sperrung von drei gleisen wäre die sperrung von fünf gleisen erforderlich. somit könne im falle einer unbedingt erforderlichen durchgehenden sperrung der gleise 2 bis 6 der ersatzverkehr nur noch über gleis 1 abgewickelt werden. der vorwiegend über die gleise 5 und 6 fahrende güterverkehr hätte demzufolge hohe verspätungs- und ausfallraten, was einen von der beigeladenen nicht näher definierbaren hohen wirtschaftlichen schaden zur folge hätte. zudem verkehre gemäß dem aktuellen betriebskonzept über gleis 5 täglich morgens und mittags ein güterzug, der gefahrstoffe in form von blausäure geladen habe. aufgrund bestehender sicherungsmaßnahmen und eines vordefinierten umfangreichen gefahrgut-sicherungskonzeptes sei eine umleitung des zuges über andere strecken nicht möglich. 103(b) dass die von ihm als „variante b“ bezeichnete bauausführung der zuwegung zur personenunterführung zwischen bahnanlage und seinem grundstück unter abtragung der vorhandenen böschung und errichtung einer stützmauer sich aufdrängt, legt der kläger durch vorlage einer zeichnung nicht dar. die beigeladene verweist insoweit zutreffend darauf, dass aufgrund der beengten platzverhältnisse und der unklaren lage der stützmauer keinesfalls gewährleistet sei, dass eine kapazitiv ausreichende zuwegung für eine personenunterführung hergestellt werden könnte. zudem verhindere diese lösung, dass in zukunft ein weiteres gleis südlich der vorhandenen gleise verlegt werden könnte. 104(c) die vom kläger so bezeichnete „variante c“ drängt sich ebenfalls nicht auf. augenscheinlich bedingt diese variante die inanspruchnahme der fläche eines anderen privaten dritten, nämlich der universität zu köln, die dort parkplätze vorhält, anstelle der des klägers. damit ersetzt der kläger nur die abwägungsentscheidung der beklagten durch eine – ihn bevorteilende – eigene abwägung, ohne dass diese als eindeutig vorzugswürdig erschiene. weiterhin stehen der nutzung des universitätsgeländes diverse konkrete ausbaupläne der universität zu köln entgegen, deren umsetzung hinsichtlich der einzuhaltenden flucht- und rettungswege sowie der erforderlichen feuerwehrzufahrt mit der vom kläger vorgeschlagenen variante in konflikt steht. 105(d) der kläger zeigt ebenfalls nicht die eindeutige vorzugswürdigkeit der „variante d“ auf. dass diese technisch überhaupt zu realisieren ist, legt er schon nicht dar. die widerlager des brückenbauwerks ließen die integrierung eines zugangs den nachvollziehbaren ausführungen der beigeladen nach nicht zu. weiterhin würde auch in dieser variante der aktuell schon enge fußgängerbereich im unmittelbaren umfeld der kvb-haltestelle weiter verkleinert, das fußgängeraufkommen in diesem bereich aber gleichzeitig erhöht werden mit der gefahr des betretens der fahrbahn. aufgrund der dammlage und der geologischen gegebenheiten müssen die verbauten mit schweren geräten in den boden eingebracht werden. die hierfür erforderlichen gerätschaften sind für eine schienengebundene logistik nicht konzipiert. 106(e) die vom kläger angeführte variante mit der bezeichnung „plan ii“ drängt sich ebenfalls nicht als vorzugswürdig auf. soweit er eine erschließung des bahnsteigs 1 ausschließlich über eine treppenanlage und einen aufzug von der a23. straße aus vorschlägt, begegnet diese variante denselben bedenken wie zuvor zu der „variante a“ und „variante d“ hinsichtlich des personenaufkommens an der kvb-haltestelle. auch verweist die beigeladene auf die mangelnde technische realisierbarkeit im hinblick auf die dort verlaufenden widerlager des brückenwerks. überdies würde bei dieser variante ein planziel, nämlich die barrierefreie erschließung auch des bahnsteigs 2 von der a24. straße aus nicht erreicht, da zu diesem weiterhin nur eine treppenanlage von der a25. straße hinaufführe. 107(f) schließlich legt der kläger auch mit der vereinigung der varianten „a“ und „b“ nicht dar, dass diese eindeutig vorzugswürdig wäre. er zeigt zwar eine reihe von vorteilen auf, denen jedoch ebenso die zuvor genannten nachteile gegenüberstehen. 108iii. mit dem erst mit schriftsatz vom 14. februar 2022 vorgetragenen einwand, der planfeststellungsbeschluss sei wegen der aufgabe des vorhabens nach § 77 abs. 1 vwvfg aufzuheben, ist der kläger ausgeschlossen, da dieser nicht die zehnwochenfrist des § 18e abs. 5 aeg a. f wahrt. 109ungeachtet dessen dringt er mit diesem einwand auch in der sache nicht durch. 110zwar findet § 77 abs. 1 vwvfg über seinen wortlaut hinaus auf noch nicht begonnene vorhaben und während eines anfechtungsprozesses anwendung. 111bverwg, urteil vom 11. april 1986 - 4 c 53.82 -, nvwz 1986, 834 = juris, sowie beschluss vom 10. november 2004 - 4 b 57.04 -, nvwz 2005, 327 = juris. 112das streitgegenständliche vorhaben ist jedoch noch nicht im sinne des § 77 abs. 1 vwvfg „aufgegeben“ worden. 113die vorschrift stellt auf den willen des vorhabenträgers ab. 114bverwg, beschluss vom 11. november 2009 - 7 b 13.09 -, juris, rn. 35. 115die gründe, die zur aufgabe führen, sind dabei unerheblich. maßgeblich sind hierfür objektive kriterien und zwar, ob bei verständiger würdigung des einzelfalls, unter maßgeblicher berücksichtigung der gesamtkonzeption des planungsträgers mit einer ausführung des vorhabens entsprechend dem festgestellten plan gerechnet werden kann. 116vgh baden-württemberg, urteil vom 1. oktober 1998 - 5 s 1358/97 -, nvwz-rr 2000, 87, 88 = juris, rn. 18. 117die aufgabe kann sich aus der ausdrücklichen oder konkludenten willensäußerung des vorhabenträgers ergeben, wobei das lediglich verbale festhalten an dem festgestellten plan unbeachtlich ist. demgegenüber können äußere umstände wie längere bauunterbrechungen oder schwierigkeiten bei der verwirklichung des vorhabens indizielle wirkung für eine aufgabe haben, lassen jedoch nicht zwingend auf eine endgültige aufgabe schließen. 118vgl. bverwg, beschluss vom 11. november 2009 - 7 b 13.09 -, juris, rn. 35; s. auch wickel, in: fehling/kastner/störmer, verwaltungsrecht, 5. auflage 2021, § 77 vwvfg, rn. 13. 119die beigeladene hat erklärt, das vorhaben mit der db netz ag abstimmt zu haben und weiterhin durchführen zu wollen. greifbare, objektive anhaltspunkte für eine aufgabe finden sich nicht. die sog. „westspange köln“ befindet sich nach öffentlich zugänglichen und auch vom kläger vorgelegten informationen im verfahrensstadium der grundlagenermittlung und vorplanung, ohne dass erkennbar wäre, dass der neubau von zwei s-bahngleisen zwischen köln hansaring und hürth-kalscheuren dem bau der planfestgestellten personenunterführung entgegenstünde. 120iv. die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 vwgo. es entspricht der billigkeit, die außergerichtlichen kosten der beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese einen eigenen antrag gestellt und sich damit einem kostenrisiko unterworfen hat (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). 121die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 709 sätze 1 und 2, 711 zpo. 122die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. |
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} | 9 A 361/18 | 2022-02-21T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin betreibt bundesweit private Laboratorien und führt u. a. im Auftrag von Lebensmittelunternehmen Analysen bei Lebensmitteln durch. Sie wendet sich gegen die ihr nach § 44 Abs. 4a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) obliegende Meldepflicht. 3Im April 2016 beauftragte die T. GmbH und Co. KG (im Folgenden: Auftraggeberin) die Klägerin mit einer mikrobiologischen Untersuchung des Produkts „C. Mandelkerne“. Die zu untersuchende Probe ging am 15. April 2016 bei der Klägerin ein. Am 19. April 2016 erfolgte die Prüfung des Produkts. Dabei wurde die Probe positiv auf Salmonellen getestet. Am selben Tag informierte die Klägerin die Auftraggeberin über dieses Ergebnis. Zugleich wies sie darauf hin, dass es sich möglicherweise um einen meldepflichtigen Fall nach § 44 Abs. 4a LFGB handele, und bat für das weitere Vorgehen und eine abschließende Beurteilung um weitere Informationen, u. a. um Mitteilung, ob das untersuchte Produkt als Lebensmittel oder Futtermittel in Deutschland in den Verkehr gebracht worden sei. Diese Frage verneinte die Auftraggeberin gegenüber der Klägerin. Daraufhin entschied ein Mitarbeiter der Klägerin am 23. April 2016, dass der Fall nicht meldepflichtig sei. Mit Prüfbericht vom 11. Mai 2016 übermittelte die Klägerin der Auftraggeberin das Ergebnis der mikrobiologischen Untersuchung. Aus dem Bericht ergibt sich das positive Ergebnis in Bezug auf Salmonellen. 4Am 9. November 2016 führte der Beklagte eine Plankontrolle im Betrieb der Auftraggeberin durch. Bei der Überprüfung der mikrobiologischen Eigenkontrollen fanden die Kontrolleure u. a. den Prüfbericht der Klägerin vom 11. Mai 2016 vor. 5Mit Bußgeldbescheid vom 2. Februar 2017 setzte der Beklagte gegen den Beigeladenen als verantwortliche Person im Labor der Klägerin eine Geldbuße in Höhe von 750 Euro wegen Verstoßes gegen § 44 Abs. 4a LFGB fest. Ihm wird angelastet, am 11. Mai 2016 und danach als Verantwortlicher des Labors der Klägerin vorsätzlich die zuständige Behörde entgegen § 44 Abs. 4a LFGB nicht unterrichtet und damit gegen die Meldepflicht verstoßen zu haben. Gegen den Bußgeldbescheid legte der Beigeladene Einspruch ein und beantragte, das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens auszusetzen. 6Am 7. April 2017 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Aachen Klage erhoben mit dem Begehren, festzustellen, dass eine Meldepflicht in dem dem Bußgeldbescheid zugrunde liegenden Fall nicht bestanden habe. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Sie diene der Klärung eines hinreichend konkreten Rechtsverhältnisses. Sie, die Klägerin, sei der Auffassung, dass eine Meldepflicht nach § 44 Abs. 4a LFGB trotz eines positiven Salmonellenbefundes nicht bestehe, wenn die betroffene Lebensmittelcharge überhaupt nicht in den Verkehr gelangt sei und das Inverkehrbringen ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ vom Auftraggeber gerade davon abhängig gemacht worden sei, dass die Untersuchung der Probe keinen Nachweis von gesundheitsgefährdenden Keimen ergebe (sog. Freigabeuntersuchung). Der Beklagte gehe dagegen auch in diesem Fall von einer Meldepflicht aus. Wegen drohender (weiterer) Bußgeld- bzw. sogar Strafverfahren gegen ihre Mitarbeiter bestehe auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Einen im Verwaltungsrechtsweg anfechtbaren Verwaltungsakt gebe es nicht. Eine Verpflichtungsklage sei ebenfalls nicht möglich. 7Die Feststellungsklage sei auch begründet. Ihre Meldepraxis sei rechtmäßig. Eine Meldepflicht bestehe nach § 44 Abs. 4a LFGB nur dann, wenn der Verantwortliche des Labors „Grund zu der Annahme“ habe, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde. Wenn ein Inverkehrbringen des Lebensmittels ‑ wie im Fall einer Freigabeanalyse ‑ ausgeschlossen sei, bestehe jedoch kein Grund für die Annahme eines Verkehrsverbots und mithin auch keine Meldepflicht. Dies nehme auch die ALB-Projektgruppe der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) in dem von ihr erstellten Leitfaden für die Durchführung der Meldungen nach § 44 Abs. 4a und 5a LFGB an. Danach bestehe eine Meldepflicht nur dann, wenn das analysierte Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden solle. 8Unabhängig davon bestünden erhebliche Zweifel an der EU-Rechtskonformität der Vorschrift des § 44 Abs. 4a LFGB. Denn die gesetzlichen Meldepflichten im Fall von unsicheren Lebensmitteln seien bereits auf EU-Ebene abschließend in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002 geregelt. Die Vorschrift stelle eine Vollharmonisierung dar und regele nicht lediglich einen Mindeststandard. Verantwortlich sei danach allein der Lebensmittelunternehmer. Nach dem Willen des EU-Verordnungsgebers hätten Laboratorien weder eine eigene Verantwortung in der Lebensmittelkette noch eine Berechtigung oder gar eine ausdrückliche Verpflichtung, ohne entsprechende Weisung des jeweiligen Lebensmittelunternehmers Meldungen an die zuständige Überwachungsbehörde zu machen. Eine Anweisung des Lebensmittelunternehmers an das Labor zur Meldung von Untersuchungsergebnissen sehe die Verordnung, anders als im Futtermittelrecht im Bereich der Dioxinüberwachung, nicht vor. Diese Auffassung vertrete auch der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) in einer Stellungnahme vom 20. Juni 2017 an das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Dem EuGH sei daher im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens die Frage vorzulegen, ob § 44 Abs. 4a LFGB gegen Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 verstoße. 9Die Klägerin hat beantragt, 10festzustellen, dass das Untersuchungsergebnis gemäß Prüfbericht der Klägerin vom 11. Mai 2016, der Gegenstand des Bußgeldbescheides des Beklagten vom 2. Februar 2017 (Az.: 39 10 12 / S - 137/16) ist, keine Meldepflicht im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB ausgelöst hat. 11Der Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Feststellungsklage. Es handele sich vorliegend um ein streitiges Rechtsverhältnis, das sich ausschließlich in einer Bußgeldangelegenheit und somit innerhalb des Ordnungswidrigkeitenrechts bewege, welches nach § 68 OWiG den Amtsgerichten zur Entscheidung übertragen sei. Der Verwaltungsrechtsweg sei damit nicht eröffnet. 14Jedenfalls sei die Feststellungsklage nicht begründet. Im konkreten Fall habe eine Meldepflicht bestanden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Frage, ob das untersuchte Produkt unmittelbar in den Verkehr gebracht werden solle, für die Frage der Meldepflicht nicht relevant. Im Gesetzgebungsverfahren sei bewusst die Formulierung gewählt worden, dass der Verantwortliche des Labors Grund zu der Annahme habe, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot „unterliegen würde“ (vorher laut Gesetzentwurf „unterliegt“). Dem Gesetzgeber sei es vor dem Hintergrund des Dioxin-Skandals Ende 2010/Anfang 2011 ein wichtiges Anliegen gewesen, zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit neue Meldepflichten für Laboratorien sowie Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer zu schaffen. Im konkreten Fall habe es sich um eine Kontrolle verkaufsfertiger Packungen zu je 200 g mit vollständigem Werbeaufdruck gehandelt, die nach der Laboruntersuchung in den Verkehr gebracht werden sollten. Das Labor der Klägerin habe demnach „Grund zu der Annahme“ gehabt, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde. Weder nach den Angaben der Auftraggeberin noch nach den äußeren Merkmalen des Vorgangs hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich bei dem Produkt etwa um ein Muster im Rahmen von Produktentwicklungen oder um einen Rohstoff handeln könnte, der nicht zum Inverkehrbringen bestimmt sei. Es habe daher kein Grund bestanden, die Meldepflicht zu bezweifeln. Die einmal entstandene Meldepflicht könne auch nicht durch gezielte Rückfragen beim Auftraggeber zu dem beabsichtigten Inverkehrbringen wieder entfallen. Der von der Klägerin angeführte Leitfaden der ALB-Projektgruppe erfasse nicht die vorliegende Fallgestaltung bzw. besage nichts anderes. 15Es bestünden auch keine Zweifel an der EU-Rechtskonformität des § 44 Abs. 4a LFGB. Die EU-Basisverordnung mit Regelungen zur Eigenverantwortung von Lebensmittelunternehmen stehe der Schaffung einer zusätzlichen Meldepflicht für Laboratorien durch den nationalen Gesetzgeber nicht entgegen. Es sei diesem unbenommen, weitergehende Regelungen zu schaffen, solange der Anwendungsvorrang von Unionsvorschriften hierdurch nicht berührt werde. 16Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. Dezember 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Die mit der Klage aufgeworfenen Fragen seien dem öffentlichen Recht im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzuordnen. Es liege keine abdrängende Spezialzuweisung vor. Dass der Streitstoff auch Gegenstand eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder Strafverfahrens sein könne, begründe keine anderweitige gesetzliche Zuweisung. 17Die Klage sei als allgemeine Feststellungsklage statthaft. Dem Feststellungsbegehren liege ein konkretes Rechtsverhältnis zugrunde. Die Beteiligten stritten darüber, ob in der vorliegenden Konstellation der Untersuchung durch ein privates Labor eine Meldepflicht gegenüber der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde bestehe. Zwar treffe die Meldepflicht des § 44 Abs. 4a LFGB nicht die Klägerin selbst, weil ihr bzw. ihrem Geschäftsführer gegenüber kein Bußgeldbescheid erlassen worden sei. Gegenstand der Feststellungsklage könne aber auch ein Rechtsverhältnis zwischen einem Dritten und dem Beklagten sein. Das Feststellungsinteresse der Klägerin sei gegeben. Der Klägerin sei als Arbeitgeberin mit Weisungsrecht gegenüber ihren Arbeitnehmern zuzugestehen, sich außerhalb eines allein diese betreffenden Bußgeld- oder Strafverfahrens Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Umfang eine Meldepflicht gegenüber der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde bestehe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert sei. Es würde gegen die Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, die Klägerin bzw. ihre Mitarbeiter auf die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel in einem ‑ wie hier bereits eingeleiteten ‑ Bußgeld- bzw. Strafverfahren zu verweisen. Den Arbeitnehmern, zu denen auch der verantwortliche Laborleiter gehöre, sei es nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „von der Anklagebank herab“ herbeiführen zu müssen. Sie hätten vielmehr ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“ Rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihnen wegen verwaltungsrechtlicher Fragen ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren drohe. 18Die Klage sei aber unbegründet. Der verantwortliche Laborleiter der Klägerin habe gegen die gesetzliche Meldepflicht aus § 44 Abs. 4a LFGB verstoßen. Aufgrund des Ergebnisses der mikrobiologischen Untersuchung („Salmonella spp. - Ergebnis: verdächtig“) habe Grund zu der Annahme bestanden, dass das untersuchte Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde. Bei einem positiven Salmonellenbefund liege die Gesundheitsschädlichkeit des beprobten Lebensmittels auf der Hand. Die Klägerin könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass es sich um eine sog. Freigabeuntersuchung gehandelt habe, dass mithin ein Inverkehrbringen von dem Untersuchungsergebnis abhängig gemacht worden sei. Der Gesetzgeber habe gerade auch diese Konstellation erfassen wollen. Er habe sicherstellen wollen, dass ein nicht sicheres Lebensmittel auch wirklich nicht in den Verkehr gelange. Der von der Klägerin angeführte Leitfaden der ALB-Projektgruppe führe nicht weiter. Zum einen könne er keine Verbindlichkeit in der Gesetzesinterpretation für sich beanspruchen. Zum anderen beträfen die angeführten Regelungen nicht die Konstellation im vorliegenden Fall. 19Die Regelung des § 44 Abs. 4a LFGB widerspreche auch nicht europarechtlichen Vorgaben. Insbesondere stehe Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht entgegen. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob diese Vorschrift lediglich einen Mindeststandard festlege, der von den Mitgliedstaaten erweitert werden dürfe, oder ob die Regelung als vollständig harmonisiertes Recht anzusehen sei. Denn der europarechtliche Grundsatz der Vollharmonisierung durch eine EU-Verordnung könne einer abweichenden nationalen Regelung nur insoweit entgegenstehen, als sich der Anwendungsbereich der EU-Verordnung erstrecke. Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfasse aber allein den Lebensmittel- bzw. Futtermittelunternehmer. Die unionsrechtlich vorgegebene Verantwortlichkeit des Lebensmittelunternehmers werde durch § 44 Abs. 4a LFGB weder erweitert noch suspendiert. 20Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und begründet. Sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor: Mit der vom Verwaltungsgericht gegebenen Begründung, der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass ein unsicheres Lebensmittel auch wirklich nicht in den Verkehr gelange, sei das in § 44 Abs. 4 Satz 3 LFGB normierte „Privileg“ des primär meldeverantwortlichen Lebensmittelunternehmers nicht haltbar. Es sei nicht nachvollziehbar, warum diesem „eigentlich“ für die Lebensmittelsicherheit Hauptverantwortlichen deutlich weniger Meldepflichten obliegen sollten als dem lediglich sekundär meldeverantwortlichen privaten Labor. Die Meldepflicht des § 44 Abs. 4a LFGB stelle darüber hinaus einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht auf Achtung des Privatlebens gemäß Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh sowie in das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG dar. Die Meldepflicht sei mit dem im Kundenverhältnis/Auftragsverhältnis geltenden Vertraulichkeitsprinzip sowie der beruflichen Pflicht des Laborverantwortlichen zur Geheimhaltung bestimmter Sachverhalte, die ihm im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bekannt werden, unvereinbar. Der Eingriff in diese Grundrechte sei weder geeignet, erforderlich oder angemessen, um den vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck einer Verbesserung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zu erreichen. Die zusätzliche Meldepflicht könne einen erhöhten Bürokratieaufwand und damit eine Reduktion der Effektivität sowie der Reaktionsgeschwindigkeit der Behörden zur Folge haben. Die Meldepflicht der Labore könne zudem umgangen werden, indem ausländische Labore, die der Meldepflicht nicht unterlägen, mit der Untersuchung von Proben beauftragt würden. Der nicht rechtskonform agierende Lebensmittelunternehmer werde daher von der Vorschrift des § 44 Abs. 4a LFGB nicht erreicht. Den Laborverantwortlichen werde schließlich eine rechtliche Beurteilung der Frage abverlangt, ob aufgrund des analytischen Befundes ein Verkehrsverbot besteht bzw. bestehen könnte. Dies gehe weit über deren Aufgaben und Verantwortlichkeiten hinaus und könne weder sachlich noch fachlich erwartet werden. Es handele sich dabei um eine reine Rechtsfrage, die Juristen vorbehalten bleibe. Die Laborverantwortlichen müssten das Risiko einer Fehleinschätzung tragen. Eine von der Behörde abweichende Einschätzung könne Sanktionen zur Folge haben. Außerdem bestünden schwere haftungsrechtliche Folgen im Fall einer ungerechtfertigten Ausübung der Meldepflicht. Diese Abwälzung des Haftungsrisikos auf eine Stelle, die lediglich als Auftragnehmer bestimmte wissenschaftliche Tatsachen feststelle, sei nicht hinnehmbar. 21Die Klägerin beantragt, 22festzustellen, dass das Untersuchungsergebnis gemäß Prüfbericht der Klägerin vom 11. Mai 2016, der Gegenstand des Bußgeldbescheides des Beklagten vom 2. Februar 2017 (Az.: 39 10 12 / S - 137/16) ist, keine Meldepflicht im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB ausgelöst hat. 23Der Beklagte beantragt, 24die Berufung zurückzuweisen. 25Zur Begründung verweist er auf sein erstinstanzliches Vorbringen und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 8. Dezember 2017. Er trägt weiter vor, der von der Klägerin angeführte Vergleich mit Meldepflichten des Lebensmittelunternehmers nach § 44 Abs. 4 LFGB sei nicht zielführend. Der Gesetzgeber dürfe unterschiedliche Meldepflichten für unterschiedliche Adressaten regeln. Im Übrigen habe ein Fall im Sinne von § 44 Abs. 4 LFGB hier auch nicht vorgelegen. Den Lebensmittelunternehmer habe ebenfalls eine Meldepflicht getroffen. Die von der Klägerin darüber hinaus betonte primäre Verantwortung des Lebensmittelunternehmers sei nicht zu bestreiten, schließe aber eine sekundäre Verantwortung Dritter, etwa der Laborverantwortlichen, durch eine spezielle rechtliche Regelung nicht aus. Auch könne aus dieser Eigenverantwortung der Unternehmer nicht hergeleitet werden, dass darüber hinausgehende, weitere Verantwortlichkeiten für den gesundheitlichen Verbraucherschutz nicht geeignet, nicht erforderlich, nicht angemessen und sogar schädlich sein könnten. 26Der mit Beschluss vom 3. Februar 2022 beigeladene Beigeladene stellt keinen Antrag und äußert sich nicht zur Sache. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die Berufung hat keinen Erfolg. 30Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Feststellungsbegehren der Klägerin, das auch Gegenstand der klageabweisenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts war. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter und erstrebt eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils. Das ergibt sich bereits aus dem im Berufungsbegründungsschriftsatz angekündigten Antrag und ist auch sonst nicht zweifelhaft. Dass in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der erste Teil des angekündigten Antrags, das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, versehentlich nicht wörtlich gestellt worden ist, ist unschädlich. 31Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Feststellungsklage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.). 32I. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. 33Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. 341. Gegenstand der von der Klägerin erhobenen (negativen) Feststellungsklage ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, und zwar eines zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen. 35Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d. h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig“ sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. 36St. Rspr. des BVerwG, vgl. etwa Urteil vom 28. Januar 2010 ‑ 8 C 19.09 ‑, BVerwGE 136, 54 = juris Rn. 24. 37Es ist nicht erforderlich, dass der die Feststellung begehrende Kläger an dem streitigen Rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt ist. Das feststellungsfähige Rechtsverhältnis kann, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen, auch zwischen einem Beteiligten des Rechtsstreits und einem Dritten bestehen. 38Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1997 ‑ 8 C 23.96 ‑ DVBl. 1998, 49 = juris Rn. 17 m. w. N.; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2018, § 43 Rn. 22 f. 39Auf ein solches Drittrechtsverhältnis bezieht sich vorliegend das Feststellungsbegehren der Klägerin. Es zielt auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen. 40Zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Streitig ist zwischen ihnen das Bestehen bzw. Nichtbestehen der in § 44 Abs. 4a LFGB geregelten Meldepflicht des Beigeladenen, der Verantwortlicher eines Labors ‑ hier eines Labors der Klägerin in I. ‑ ist, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt. Dass die Meldepflicht nach dieser Vorschrift im konkreten, zur Feststellung gestellten Fall nicht gegenüber dem Beklagten, sondern gegenüber der zuständigen Behörde in Hamburg bestanden hätte, steht der Annahme eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen dem Beigeladenen und dem Beklagten nicht entgegen. 41Wird ‑ wie hier ‑ über die Frage gestritten, ob eine Meldepflicht nach § 44 Abs. 4a LFGB anzunehmen ist, besteht die Rechtsbeziehung zwar vorrangig zwischen demjenigen, der meldepflichtig ist, also dem Verantwortlichen des Labors (hier: dem Beigeladenen), und der für die Entgegennahme der Meldung zuständigen Behörde. 42Zum grundsätzlich zwischen Normadressat und Normanwender bestehenden Rechtsverhältnis vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2021 ‑ 1 C 13.19 ‑, NVwZ-RR 2021, 952 = juris Rn. 15. 43Örtlich zuständige Behörde im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB ist dabei die Behörde am Sitz des Labors (hier: I. ), nicht diejenige am Sitz des Auftraggebers. Das ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) und lässt sich ferner damit begründen, dass dem Labor nicht zugemutet werden kann, in jedem Fall die für den Sitz des Auftraggebers oder den Herstellungsort des Produkts zuständige Behörde zu ermitteln. 44Vgl. Preuß, in: Bülte/Dannecker/Domeier/Gorny/Preuß, LFGB Kommentar, § 44 Rn. 25t; Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 44 Rn. 40 a. E. 45Zwischen dem Beigeladenen als Normadressaten und der im konkreten Fall für die Entgegennahme der Meldung zuständigen Behörde in I. besteht jedoch derzeit kein streitiges konkretes Rechtsverhältnis im oben genannten Sinne. 46Allerdings sind im vorliegenden Fall durch das vom Beklagten gegen den Beigeladenen geführte Bußgeldverfahren zwischen diesen Beteiligten Rechtsbeziehungen entstanden, die ein konkretes und streitiges Rechtsverhältnis bilden. Der Beklagte ist der Auffassung, dass eine Meldepflicht des Beigeladenen im Fall des am 19. April 2016 untersuchten Produkts „C. Mandelkerne“ bestanden und der Beigeladene diese Meldung entgegen § 44 Abs. 4a LFGB vorsätzlich unterlassen habe. In eigener Zuständigkeit (vgl. §§ 36 Abs. 2 Satz 1, 37 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG, § 1 Abs. 2 Nr. 1 ZustVOVS NRW) hat der Beklagte einen Bußgeldbescheid gegen den Beigeladenen erlassen, gegen den dieser Einspruch erhoben hat, weil er meint, im konkreten Fall einer Freigabeuntersuchung, in der das Lebensmittel noch nicht in den Verkehr gelangt ist, nicht zur Meldung verpflichtet gewesen zu sein. Aufgrund dieses Vorgehens des Beklagten gegenüber dem Beigeladenen haben sich die Rechtsbeziehungen zwischen diesen Beteiligten zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet. 472. Die an diesem Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen nicht unmittelbar beteiligte Klägerin hat, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, auch das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung. 48Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage im Drittrechtsverhältnis ‑ wie hier ‑ setzt voraus, dass das Feststellungsinteresse gerade gegenüber dem Beklagten besteht. 49Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juni 1997 ‑ 8 C 23.96 ‑, a. a. O. Rn. 17 m. w. N., und vom 27. April 2021 ‑ 1 C 13.19 ‑, a. a. O. Rn. 15 (für ein Rechtsverhältnis zwischen dem Normadressaten und einem beklagten Dritten); Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2018, § 43 Rn. 22 f. 50Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. 51Die Klägerin betreibt bundesweit Labore, die u. a. Analysen bei Lebensmitteln durchführen. Nach ihrer Rechtsauffassung besteht in der zur Feststellung gestellten Konstellation einer Freigabeuntersuchung keine Meldepflicht ihres Labors bzw. ihres Laborverantwortlichen. Der Beklagte nimmt demgegenüber eine Meldepflicht auch im Fall von Freigabeuntersuchungen an und leitet bei fehlender Meldung Bußgeldverfahren gegen den Verantwortlichen des Labors ein. Gegen den Beigeladenen als Verantwortlichen des Labors der Klägerin in I. hat der Beklagte bereits zum zweiten Mal einen Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen § 44 Abs. 4a LFGB erlassen. Zudem hat der Beklagte die Klägerin, wie sich aus dem Bußgeldbescheid gegen den Beigeladenen vom 2. Februar 2017 ergibt, bereits mit Schreiben vom 26. August 2014 auf die Meldepflicht hingewiesen und die Klägerin aufgefordert, dieser zukünftig nachzukommen. Das berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten gerichtlichen Feststellung folgt unter diesen Umständen aus der Wiederholungsgefahr, also der konkret absehbaren Möglichkeit, dass in naher Zukunft und unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleiche oder gleichartige Maßnahme des Beklagten gegen ihre Mitarbeiter zu erwarten ist. 52Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 27. April 2021 ‑ 1 C 13.19 ‑, a. a. O. Rn. 16, und vom 16. Mai 2013 ‑ 8 C 14.12 ‑, BVerwGE 146, 303 = juris Rn. 21. 53Der Annahme eines Feststellungsinteresses der Klägerin steht nicht entgegen, dass die Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 60 Abs. 2 Nr. 22 LFGB i. V. m. § 44 Abs. 4a LFGB gegen die bei der Klägerin tätigen Laborverantwortlichen geführt werden und nicht gegen die Klägerin bzw. ihren Geschäftsführer. Denn (auch) die Klägerin selbst hat gegenüber dem Beklagten ein als schutzwürdig anzuerkennendes ‑ rechtliches ‑ Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO an der begehrten gerichtlichen Feststellung. Die Klägerin ist als Betreiberin der Labore in der Lage und in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass gesetzliche Vorgaben in ihrem Unternehmen eingehalten werden. Als Arbeitgeberin kann sie ihren Mitarbeitern, insbesondere den Verantwortlichen ihrer Labore, etwa Anleitungen zum Umgang mit der gesetzlichen Meldepflicht zur Verfügung stellen und das grundsätzliche Vorgehen bzw. interne Betriebsabläufe in derartigen Fällen regeln. Dadurch kann sie etwaige Verstöße gegen die Meldepflicht ebenso wie ein weiteres Vorgehen des Beklagten gegen ihre Laborverantwortlichen verhindern. Die Klärung der Rechtslage durch die von der Klägerin begehrte gerichtliche Feststellung trägt damit zu einer Befriedung im Verhältnis zum Beklagten bei. 543. Unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität bestehen keine Zulässigkeitsbedenken gegen die Feststellungsklage. 55Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. 56Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin kann ihr Begehren nicht in zulässiger Weise durch eine derartige Klage verfolgen. Eine Regelung durch Verwaltungsakt sieht das Gesetz für die Meldepflichten der Labore nicht vor. Auch mit einer Leistungsklage kann die Klägerin ihr Rechtsschutzziel nicht erreichen. 57Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nicht das Ordnungswidrigkeitenverfahren bzw. eine Klage gegen den Bußgeldbescheid des Beklagten vom 2. Februar 2017 vorrangig vor der verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage. Für die Klägerin besteht diese Möglichkeit einer Klärung der streitigen Fragen im Ordnungswidrigkeitenverfahren bereits nicht, weil sie nicht Adressat des Bußgeldbescheids ist. Sie kann nicht darauf verwiesen werden, dass ein Dritter ‑ hier der Beigeladene ‑ dieses (Klage-)Verfahren, an dem sie selbst nicht beteiligt wäre, durchführen und so eine Klärung herbeiführen könnte. Dies genügt den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Im Übrigen wäre es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, auch dem Beigeladenen nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen nicht mit der fachspezifischeren Rechtsschutzform erzielen zu können, sondern im Bußgeldverfahren „von der Anklagebank aus“ betreiben zu müssen. 58Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 2019 ‑ 3 C 3.18 ‑, BVerwGE 166, 265 = juris Rn. 29; BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 ‑ 1 BvR 2129/02 ‑, NVwZ 2003, 856 = juris Rn. 14. 59II. Die Feststellungsklage ist unbegründet. Im Fall der mikrobiologischen Untersuchung der Proben-Nr. 160387587 (Probenbezeichnung: C. Mandelkerne) am 19. April 2016 hätte die zuständige Behörde nach § 44 Abs. 4a LFGB unterrichtet werden müssen (1.). Die in dieser Vorschrift normierte Meldepflicht des Laborverantwortlichen verstößt nicht gegen Europarecht (2.). Sie verletzt auch keine Grundrechte der Klägerin (3.). 601. Der Beigeladene als Verantwortlicher des Labors der Klägerin in I1. , das am 19. April 2016 die oben genannte Probe des Lebensmittels „C. Mandelkerne“ untersucht hat, war zur Unterrichtung der zuständigen Behörde nach § 44 Abs. 4a LFGB verpflichtet. 61Nach dieser Vorschrift hat der Verantwortliche eines Labors, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt, die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysenmethode und dem Auftraggeber der Analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten, wenn er aufgrund einer von dem Labor erstellten Analyse einer im Inland von einem Lebensmittel gezogenen Probe Grund zu der Annahme hat, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde. 62Diese Voraussetzungen für das Bestehen der Meldepflicht lagen im Fall der Analyse der Probe „C. Mandelkerne“ vor. In diesem konkreten Fall bestand Grund zu der Annahme eines Verkehrsverbots des untersuchten Lebensmittels. 63a) Bei der untersuchten Probe „C. Mandelkerne“ handelt es sich um ein Lebensmittel im Sinne von § 44 Abs. 4a LFGB i. V. m. § 3 Abs. 3 LFGB, Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. 64b) Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand im konkreten Fall für den Beigeladenen als Verantwortlichen des Labors auch „Grund zu der Annahme“, dass die Mandelkerne einem Verkehrsverbot unterliegen würden. 65Aus der Formulierung „Grund zu der Annahme“ ergibt sich, dass dieses Tatbestandsmerkmal sowohl eine objektive als auch eine subjektive Komponente hat. Der „Grund“ für die Annahme eines Verkehrsverbots muss sich aus konkreten tatsächlichen Umständen ergeben; diese Umstände müssen für den Verantwortlichen des Labors bei vernünftiger Betrachtung auch erkennbar sein. Dazu muss eine subjektive Vorstellung („Annahme“) des Verantwortlichen des Labors kommen, wonach die tatsächlichen Umstände zu einem Verkehrsverbot führen. 66Vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 8. März 2021 ‑ 20 CS 20.2720 ‑, LMuR 2021, 213 = juris Rn. 21; Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 74, 51 f. 67Die Frage, ob der Verantwortliche eines Labors im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB Grund zu der Annahme eines Verkehrsverbots hat, ist danach immer unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls zu beantworten. 68So auch Bay. VGH, Beschluss vom 8. März 2021 ‑ 20 CS 20.2720 ‑, a. a. O. Rn. 23. 69Dazu können als objektive Gesichtspunkte etwa das Analyseergebnis sowie die erkennbare Art bzw. Verwendung des beprobten Lebensmittels gehören. In subjektiver Hinsicht kann insbesondere die Kenntnis des Laborverantwortlichen von den Umständen der Produktion und dem Stand des Herstellungsprozesses, etwa darüber, ob es sich um ein bloßes Muster im Rahmen einer Produktentwicklung oder um ein Vor- oder Zwischenprodukt handelt oder ob weitere Verarbeitungsschritte erfolgen, zu berücksichtigen sein. Da die von dem Verantwortlichen des Labors zu treffende Entscheidung, ob das beprobte Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde, zudem von rechtlichen Bewertungen abhängt, besteht eine Meldepflicht dann nicht, wenn der Laborverantwortliche aufgrund einer rechtlich vertretbaren Auffassung annimmt, das Verkehrsverbot des Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 greife nicht ein. 70So auch Bay. VGH, Beschluss vom 8. März 2021 ‑ 20 CS 20.2720 ‑, a. a. O. Rn. 21 und 23; Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 52. 71Davon ausgehend musste der Beigeladene im Fall der am 16. April 2016 untersuchten Mandelkerne Grund zu der Annahme haben, dass dieses Lebensmittel, das mit Salmonellen belastet war, einem Verkehrsverbot unterliegen würde. 72Ohne Zweifel ‑ zwischen den Beteiligten nicht streitig und für den Beigeladenen damals auch ohne Weiteres erkennbar ‑ besteht ein Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 für Lebensmittel, die mit Salmonellen belastet sind. Denn dabei handelt es sich um im Sinne dieser Vorschrift nicht sichere Lebensmittel, weil sie gesundheitsschädlich, jedenfalls aber für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind. 73Auch nach den sonstigen Umständen im konkreten Fall, insbesondere mit Blick auf die erkennbare Art bzw. Verwendung des beprobten Lebensmittels, bestand für den Beigeladenen Grund zu der Annahme eines Verkehrsverbots. Bei den beprobten Mandelkernen handelte es sich um ein zum Verkauf anstehendes, fertig verpacktes Lebensmittel, das erkennbar ‑ nach beanstandungsfreier Analyse ‑ ohne weitere Verarbeitungsschritte in den Verkehr gebracht werden sollte, mithin zum Inverkehrbringen bestimmt war. 74Der Einwand der Klägerin, es habe nicht im Sinne von § 44 Abs. 4a LFGB Grund zu der Annahme bestanden, dass die Mandelkerne einem Verkehrsverbot unterliegen würden, weil ein Inverkehrbringen des Lebensmittels ausgeschlossen gewesen sei, greift nicht durch. Vielmehr besteht auch bei sogenannten Freigabeuntersuchungen, bei denen das Inverkehrbringen des Lebensmittels von einer beanstandungsfreien Analyse abhängig gemacht wird, bzw. dann, wenn der Lebensmittelunternehmer gegenüber dem Labor erklärt, das Lebensmittel in dem unsicheren Zustand nicht in den Verkehr zu bringen, eine Meldepflicht des Laborverantwortlichen. 75Es ist unerheblich, dass das Labor der Klägerin nach Rückfrage bei der Auftraggeberin nach dem Salmonellenfund die (formularmäßige) Auskunft erhalten hat, dass das Produkt in Deutschland (noch) nicht in den Verkehr gebracht worden sei und dass die Ware einer zulässigen Behandlung zur nachweislichen Reduzierung des Schadstoffs auf ein unbedenkliches Maß unterzogen werde. Die Auskunft der Auftraggeberin mag die Annahme des Laborverantwortlichen rechtfertigen, dass das Lebensmittel bislang nicht in den Verkehr gebracht worden ist und ein Inverkehrbringen des Lebensmittels in dem untersuchten Zustand auch nicht erfolgen wird. Sie rechtfertigt indes nicht die Annahme, dass das beprobte Lebensmittel keinem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde. Denn die Frage, ob das Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde, hängt nicht davon ab, ob das Lebensmittel bereits im Verkehr ist oder der Lebensmittelunternehmer ein Inverkehrbringen in dem unsicheren Zustand beabsichtigt. 76Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 4a LFGB, wonach Grund zu der Annahme bestehen muss, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot „unterliegen würde“. Die Formulierung im Konjunktiv macht deutlich, dass es allein hypothetisch auf ein Inverkehrbringen ankommt, maßgeblich also ist, ob das Lebensmittel einem Verkehrsverbot unterliegen würde, wenn es im Verkehr wäre. Ferner stellt die Vorschrift nicht darauf ab, dass Grund zu der Annahme bestehen muss, dass eine konkrete Gesundheitsgefahr für Verbraucher besteht. 77Die von der Klägerin angestellten systematischen Erwägungen, namentlich der systematische Vergleich mit der Regelung in § 44 Abs. 4 Satz 3 LFGB, erfordern kein anderes Verständnis des § 44 Abs. 4a LFGB. § 44 Abs. 4 Satz 3 LFGB regelt einen bereits nicht vergleichbaren Fall. Nach dieser Vorschrift besteht für einen Lebensmittelunternehmer dann keine Pflicht zur Unterrichtung der zuständigen Behörde, wenn er ein nicht sicheres pflanzliches Lebensmittel, das ihm angeliefert worden ist oder das er erworben hat und über das er die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft erlangt hat, unschädlich beseitigt hat (Nr. 1) oder so hergestellt oder behandelt hat oder herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht mehr unterliegt (Nr. 2). Die Vorschrift betrifft also eine Situation, in der der Lebensmittelunternehmer die tatsächliche Sachherrschaft über das (pflanzliche) Lebensmittel und damit Einflussmöglichkeiten - Beseitigung, Herstellung, Behandlung ‑ auf den Zustand des Lebensmittels hat. Ein Labor, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt, besitzt jedoch weder eine solche Sachherrschaft noch hat es derartige Einflussmöglichkeiten. Den Wertungswiderspruch, den die Klägerin der Sache nach geltend macht, sieht der Senat bereits deshalb nicht. Abgesehen davon zielt jedenfalls die in § 44 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 LFGB geregelte Ausnahme von der Unterrichtungspflicht auf Fallkonstellationen, die nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar sind. Erfasst werden sollen von dieser Vorschrift bestimmte Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, insbesondere Getreide, die in der Regel vor ihrer Abgabe an den Endverbraucher vom Lebensmittelunternehmer einer Behandlung durch Reinigungs-, Sortier- oder sonstige physikalische Verfahren unterzogen und dabei so behandelt werden, dass sie einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 nicht mehr unterliegen. 78Vgl. BT-Drs. 16/8100, S. 21; Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 67. 79Eine solche Weiterbehandlung vor der Abgabe an den (End-)Verbraucher findet jedoch im Fall von Freigabeuntersuchungen gerade nicht mehr statt. Gegen die systematischen Erwägungen der Klägerin spricht schließlich, dass dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 44 Abs. 4a LFGB die Regelung in § 44 Abs. 4 Satz 3 LFGB bekannt war. Gleichwohl hat er eine (entsprechende oder ähnliche) Ausnahme von der Meldepflicht in § 44 Abs. 4a LFGB nicht normiert. Insbesondere hat er keine Ausnahme für die Fälle geregelt, dass es sich bei der vom Labor durchgeführten Analyse um eine Freigabeuntersuchung handelt oder dass der Lebensmittelunternehmer gegenüber dem Labor erklärt, das Lebensmittel in dem unsicheren Zustand nicht in den Verkehr zu bringen. 80Auch die Erwägungen des Gesetzgebers und die Entstehungsgeschichte des § 44 Abs. 4a LFGB sprechen für die oben genannte Auslegung. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Vorschrift ‑ durch Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften (2. LFGBuaÄndG) vom 27. Juli 2011 (BGBl. I S. 1608) ‑ als Reaktion auf den Dioxinskandal in des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch eingefügt worden. Mit der Erweiterung des Kreises der Meldepflichtigen auf die Verantwortlichen von Laboren sollte neben den in bestimmten Fällen bereits meldepflichtigen Lebensmittelunternehmern ein Personenkreis in die Meldepflicht einbezogen werden, der an der Herstellung, dem Behandeln oder dem Vertrieb des untersuchten Lebensmittels nicht beteiligt ist und damit keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt. 81Vgl. BR-Drs. 52/11, S. 53 f.; BT-Drs. 17/4984, S. 24. 82Die zunächst noch gewählte Formulierung „unterliegt“ ist aufgrund der Empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in „unterliegen würde“ abgeändert worden. Begründet wurde dies damit, dass die Adressaten für eine Entscheidung über eine Verkehrsfähigkeit eines Erzeugnisses nicht die Labore seien; es erscheine sachgerecht, dies zu verdeutlichen. 83Vgl. BT-Drs. 17/5953, S. 6 und 19. 84Der Gesetzgeber wollte damit ersichtlich dem Umstand Rechnung tragen, dass private Labore keinen Einfluss auf das Inverkehrbringen des untersuchten Erzeugnisses haben und regelmäßig auch kein sicheres Wissen darüber, ob sich das Erzeugnis bereits im Verkehr befindet bzw. wann und unter welchen Voraussetzungen ein Inverkehrbringen durch den Lebensmittelunternehmer beabsichtigt ist. Dazu sollte das Labor nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch nicht vor der Meldung zunächst Erkundigungen beim Lebensmittelunternehmer einholen. Dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass die Unterrichtung der zuständigen Behörde nach § 44 Abs. 4a LFGB unverzüglich zu erfolgen hat. 85Auch das mit der Vorschrift des § 44 Abs. 4a LFGB beabsichtigte Ziel, die Sicherheit des Verkehrs mit Lebensmitteln und damit den Verbraucherschutz zu erhöhen, bestätigt das hier vertretene Verständnis der Norm. Die Erweiterung der Meldepflicht auf private Labore erhöht die Sicherheit des Verkehrs mit Lebensmitteln. 86So auch Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 72. 87Die Auffassung der Klägerin, zusätzliche Meldungen von Laborverantwortlichen könnten zu einem erhöhten Bürokratieaufwand führen und damit die effektive Reaktion der Behörden beeinträchtigen, teilt der Senat nicht. Es bestehen keine objektiven Anhaltspunkte für die Annahme, die zuständigen Behörden könnten aufgrund der Meldungen von privaten Laboren überfordert sein und ihren Überwachungsaufgaben deshalb nicht mehr in ausreichendem Maße bzw. schlechter als ohne die Meldungen von Laboren nachkommen. In diesem Sinne haben auch die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass weder aktuell eine Überforderung der zuständigen Behörden bekannt sei noch dies zu befürchten sei, selbst wenn sich die Anzahl an Meldungen von Laboren in Zukunft erhöhte. 88Der von der Klägerin angeführte „Leitfaden für die Durchführung der Meldungen nach § 44 Abs. 4a und 5a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)“ der ALB-Projektgruppe der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) vom 27./28. September 2012 stellt das hier gefundene Auslegungsergebnis nicht in Frage. Rechtliche Verbindlichkeit kommt dem Leitfaden mangels Rechtsnormcharakter ohnehin nicht zu. Abgesehen davon sind die in dem Leitfaden gegebenen Hinweise aber auch nicht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahingehend zu verstehen, dass danach in der hier in Rede stehenden Konstellation eine Meldepflicht des Laborverantwortlichen nicht besteht. 89Anders als die Klägerin meint, ergibt sich derartiges nicht aus Ziff. 1a des Leitfadens. Im Gegenteil besteht danach eine Meldepflicht im hier streitigen Fall. Der Hinweis mit der Überschrift „Zweckbestimmung“ bezieht sich auf von dem Labor analysierte Lebensmittel, die nicht in den Verkehr gebracht werden sollen. Genannt sind Muster im Rahmen von Produktentwicklungen oder Rohstoffe, die nicht zum Inverkehrbringen bestimmt sind. Solche Erzeugnisse sind nach Auffassung der Ersteller des Leitfadens nicht von einer Meldeverpflichtung erfasst. Das im vorliegenden Fall analysierte Lebensmittel „C. Mandelkerne“ war jedoch, wie ausgeführt, zum Inverkehrbringen bestimmt. Darüber hinaus weist Satz 3 in Ziff. 1a darauf hin, dass der Verantwortliche des Labors davon ausgehen muss, dass das Lebensmittel zum Inverkehrbringen bestimmt ist, sofern er nicht vom Auftraggeber einen Hinweis erhält, dass es sich beispielsweise um ein Muster im Rahmen von Produktentwicklungen handelt. 90Ziff. 5c des Leitfadens, worauf sich die Klägerin weiter beruft, betrifft einen anderen als den vorliegenden Fall. Nach diesem Hinweis des Leitfadens entfällt die Pflicht (des Labors) zur Meldung, wenn der Verantwortliche des Labors bei einer Nachfrage erfährt, dass das Erzeugnis bereits unschädlich vernichtet oder unschädlich weiterverarbeitet worden ist. Ungeachtet der Frage, ob dies mit der gesetzlichen Regelung in § 44 Abs. 4a LFGB vereinbar ist, hat der Laborverantwortliche im hier streitigen Fall eine solche Auskunft jedenfalls nicht erhalten. Vielmehr hat die Auftraggeberin (nur) mitgeteilt, dass das untersuchte Produkt nicht in den Verkehr gebracht worden sei, und dass die Ware einer Behandlung zur nachweislichen Reduzierung des Schadstoffs auf ein unbedenkliches Maß unterzogen werde. Dass das Erzeugnis unschädlich vernichtet oder weiterverarbeitet worden ist, hat das Labor der Klägerin durch die von ihr veranlasste Nachfrage („Kundenauskunft“) nicht erfahren. 91Den ‑ hier im Streit stehenden ‑ Fall einer Freigabeuntersuchung bzw. den Fall, dass das Labor bei einer Nachfrage erfährt, dass das Lebensmittel noch nicht in den Verkehr gebracht worden ist und dass es einer Behandlung zur Reduzierung des Schadstoffs auf ein unbedenkliches Maß unterzogen wird, regelt der Leitfaden nicht. Das hat auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt und ausgeführt, dass sich die Rechtsauffassung der Klägerin nur mittelbar aus den genannten Ziffern des Leitfadens ergebe. 922. Die in § 44 Abs. 4a LFGB normierte Meldepflicht der Labore verstößt nicht gegen europäisches Recht. Eine vollständige Harmonisierung im Bereich der Meldepflichten über nicht sichere Lebensmittel mit der Folge der Unzulässigkeit weitergehender mitgliedstaatlicher Regelungen hat die VO (EG) Nr. 178/2002 nicht bewirkt (a.). Die Meldepflicht der Laborverantwortlichen ist auch im Übrigen unionsrechtlich nicht zu beanstanden (b.). Eine Vorlage an den EuGH ist nicht erforderlich (c.). 93a. Anders als die Klägerin meint, harmonisiert Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 die Meldepflichten bei nicht sicheren Lebensmitteln nicht abschließend mit der Folge, dass die Mitgliedstaaten weitergehende Meldepflichten nach nationalem Recht grundsätzlich nicht vorsehen dürften. Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002 teilt ein Lebensmittelunternehmer, wenn er erkennt oder Grund zu der Annahme hat, dass ein von ihm in Verkehr gebrachtes Lebensmittelmöglicherweise die Gesundheit des Menschen schädigen kann, dies unverzüglich der zuständigen Behörde mit. Nach Art. 19 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 trifft den Lebensmittelunternehmer außerdem die Pflicht zu einer Rücknahme oder einem Rückruf von nicht sicheren Lebensmitteln. Eine Meldepflicht des Verantwortlichen eines Labors, das Lebensmittel analysiert, sieht die Verordnung nicht vor. Das hindert den deutschen Gesetzgeber aber nicht, eine solche Meldepflicht von Laboren auf nationaler Ebene anzuordnen. 94Das Lebensmittelrecht ist in weiten Teilen unionsrechtlich determiniert. Auch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist Teil des rechtlichen Rahmens, der die Lebensmittelsicherheit in der Union regelt. 95Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts vom 11. Februar 2021 im Verfahren C-579/19, juris Rn. 2. 96Durch diese Verordnung sind zwar einzelstaatliche Vorschriften im Bereich des Lebensmittelrechts harmonisiert worden. Nach § 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 bilden die in den Artikeln 5 bis 10 der Verordnung festgelegten allgemeinen Grundsätze einen horizontalen Gesamtrahmen, der einzuhalten ist, wenn Maßnahmen getroffen werden. Auch dem fünften Erwägungsgrund lässt sich entnehmen, dass mit der Verordnung harmonisierte Regeln geschaffen werden sollten. Nach dieser Erwägung ist eine Angleichung der Konzepte, Grundsätze und Verfahren des Lebensmittelrechts der Mitgliedstaaten notwendig, um eine gemeinsame Grundlage für Maßnahmen des Lebensmittel- und Futtermittelsektors zu schaffen, die in den Mitgliedstaaten und auf Gemeinschaftsebene erlassen werden. Im Bereich der Meldepflichten bei unsicheren Lebensmitteln ist diese Harmonisierung jedoch nicht abschließend, so dass es den Mitgliedstaaten freigestellt bleibt, unter Beachtung der Regelungen im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darüber hinausgehende Regelungen zu treffen. 97So auch Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2021, § 44 Rn. 50a (zu § 44 Abs. 4); a. A. Sperlich, ZLR 2010, 59 (65); Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 44 Rn. 35; Grube, ZLR 2012, 446 (455) und ZLR 2021, 259 (263 f.); Meisterernst/Eberlein, LMuR 2018, 137 (138). 98Aus dem Umstand, dass in Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 konkrete Plichten der Lebensmittelunternehmer geregelt sind, kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geschlossen werden, dass deshalb eine Meldepflicht eines Laborverantwortlichen unionsrechtlich nicht zulässig wäre. Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 regelt allein die Pflichten der Lebensmittelunternehmer, die die primäre rechtliche Verantwortung für die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit tragen (vgl. Erwägungsgrund 30 der Verordnung). Lebensmittelunternehmer trifft nach dieser Vorschrift die Pflicht zu einer Rücknahme, einem Rückruf oder einer Meldung von nicht sicheren Lebensmitteln. Harmonisiert ist danach durch Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 allenfalls der Bereich der Pflichten der Lebensmittelunternehmer, zu denen etwa auch deren Meldepflichten gehören. Etwaige Pflichten von privaten Laboren, die Lebensmittel analysieren, bzw. von Laborverantwortlichen sind dagegen weder in Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 geregelt noch in einer anderen Vorschrift der Verordnung; sie verhält sich hierzu nicht. Der Verordnungsgeber hat im Übrigen auch nicht den Bereich der Meldepflichten (für unterschiedliche Personenkreise) generell geregelt, sondern vielmehr unterschiedliche Pflichten (nur) der primär verantwortlichen Lebensmittelunternehmer. Aus einer solchen Regelung lässt sich dann aber nicht der Rückschluss ziehen, Meldepflichten seien abschließend geregelt worden. Ebenso wenig lässt sich aus der Nichtregelung einer Meldepflicht für Labore folgern, dass der Verordnungsgeber diese für nicht zulässig gehalten hätte. Entgegen der Auffassung der Klägerin widerspricht die Meldepflicht der Labore auch nicht dem „Grundprinzip der Eigenverantwortung“ des Lebensmittelunternehmers. Die (primäre) Verantwortung des Lebensmittelunternehmers entsprechend den Vorgaben des Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002 bleibt durch die Meldepflicht der Labore unberührt. Dass der Lebensmittelunternehmer hauptverantwortlich ist für die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit, schließt es nicht aus, dass auch andere Personen oder Stellen (mit‑)verantwortlich sind. 99Gegen eine Vollharmonisierung im Bereich der Meldepflichten sprechen weiter die Verordnungsziele eines hohen Maßes an Schutz für die Gesundheit der Menschen sowie des Schutzes der Verbraucherinteressen (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 der Verordnung und Erwägungsgründe 2 und 8). Wie bereits ausgeführt, führt die zusätzliche Meldepflicht privater Labore zu einer erhöhten Sicherheit des Verkehrs mit Lebensmitteln. Ziel der Verordnung ist im Übrigen, wie ebenfalls bereits ausgeführt, eine Angleichung der „Konzepte,Grundsätze und Verfahren“ des Lebensmittelrechts der Mitgliedstaaten (vgl. Art. 4 Abs. 2 der Verordnung und Erwägungsgrund 5). Daraus folgt, dass mit der Verordnung nicht sämtliche Einzelmaßnahmen im Bereich des Lebensmittelrechts harmonisiert werden sollten. 100Dem steht nicht entgegen, dass der Verordnungsgeber auch im Blick hatte, dass unterschiedliche Maßnahmen der Mitgliedstaaten betreffend Lebensmittel das Funktionieren des Binnenmarkts unmittelbar beeinträchtigen können (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung und Erwägungsgründe 4, 26 und 30). Denn Ziel des Verordnungsgebers ist ersichtlich ein funktionierender Binnenmarkt für sichere Lebensmittel (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung und Erwägungsgründe 1 und 27). Dieses Ziel soll durch eine Angleichung der Konzepte, Grundsätze und Verfahren des Lebensmittelrechts erreicht werden (vgl. Erwägungsgründe 4 und 5), erfordert aber nicht die Harmonisierung aller Einzelmaßnahmen. 101Dieses Ergebnis einer fehlenden Vollharmonisierung im Bereich der Meldepflichten ergibt sich auch aus anderen Vorschriften der Verordnung, die auf mitgliedstaatliches Recht verweisen. So betreiben die Mitgliedstaaten nach Art. 17 Abs. 2 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 ein System amtlicher Kontrollen und führen andere den Umständen angemessene Maßnahmen durch. Auch Art. 19 Abs. 3 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002 verweist auf das einzelstaatliche Recht und die einzelstaatliche Rechtspraxis. 102Das (wohl systematische) Argument der Klägerin, die Regelung im Futtermittelrecht, wonach der Futtermittelunternehmer das mit der Durchführung einerDioxinuntersuchung beauftragte Labor anweist, die Ergebnisse dieser Untersuchung der zuständigen Behörde zu melden, falls die maßgeblichen Dioxinhöchstgehalte überschritten wurden (vgl. Anhang II der VO (EG) Nr. 183/2005, Ziff. 7 im Abschnitt „Dioxinüberwachung von Ölen, Fetten und daraus hergestellten Erzeugnissen“), belege, dass ein Labor keine eigene Verantwortung habe, stellt das gefundene Ergebnis nicht in Frage. Der Regelung lässt sich zwar entnehmen, dass der Verordnungsgeber den Futtermittelunternehmer als primär verantwortlich für die Sicherheit von Futtermitteln angesehen hat. Daraus lässt sich indes nicht schließen, dass Labore, die Analysen bei Lebensmitteln durchführen, im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nach dem Willen des Verordnungsgebers nicht sekundär Verantwortliche für die Sicherheit von Lebensmitteln sein können. 103A. A. Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 44 Rn. 35. 104Im Gegenteil dürfte sich aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung im (unionsrechtlichen) Lebensmittelrecht sogar schließen lassen, dass der Verordnungsgeber insoweit eine Meldepflicht von Laboren bewusst nicht geregelt hat, mithin insoweit eine vollständige Harmonisierung nicht beabsichtigt hat. 105b. Die in § 44 Abs. 4a LFGB geregelte Meldepflicht der Laborverantwortlichen verstößt auch sonst nicht gegen Unionsrecht. Selbst wenn man darin eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV) der privaten Labore in Deutschland sehen wollte, wäre diese aus Gründen des Gesundheits- und Verbraucherschutzes gerechtfertigt. 106c. Eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 2 AEUV ist nicht erforderlich. Nach den oben gemachten Ausführungen lässt sich die Frage der Vereinbarkeit von § 44 Abs. 4a LFGB mit Art. 19 VO (EG) Nr. 178/2002, insbesondere die Frage nach einer etwaigen Harmonisierung von Meldepflichten bei nicht sicheren Lebensmitteln, auch ohne eine Vorlage an den EuGH beantworten. Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV trifft den Senat, der nicht letztinstanzlich entscheidet, nicht. 1073. Die Meldepflicht der Laborverantwortlichen verletzt die Klägerin nicht in ihren Grundrechten. 108Zur Anwendung kommen hier die Grundrechte des Grundgesetzes und nicht diejenigen der Grundrechtecharta der Europäischen Union. 109Im Geltungsbereich des Rechts der Europäischen Union hängt die Bestimmung der für deutsche Behörden und Gerichte maßgeblichen Grundrechtsverbürgungen grundsätzlich davon ab, ob die zu entscheidende Rechtsfrage unionsrechtlich vollständig determiniert ist. Dies richtet sich in aller Regel nach den Normen, aus denen die Rechtsfolgen für den streitgegenständlichen Fall abzuleiten sind, also danach, ob das streitgegenständliche Rechtsverhältnis und die sich aus ihm konkret ergebenden Rechtsfolgen durch das Unionsrecht oder das nationale Recht festgelegt werden. Maßgeblich sind die im konkreten Fall anzuwendenden Vorschriften in ihrem Kontext, nicht eine allgemeine Betrachtung des in Rede stehenden Regelungsbereichs. 110Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. April 2021 ‑ 2 BvR 206/14 ‑, NVwZ 2021, 1211 = juris Rn. 35, 42, und vom 6. November 2019 ‑ 1 BvR 276/17 ‑, BVerfGE 152, 216 = juris Rn. 78; OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2021 ‑ 9 A 1531/16 ‑, juris Rn. 144. 111Hiervon ausgehend ist der Streitfall nicht vollständig unionsrechtlich determiniert. Vielmehr wird das streitgegenständliche Rechtsverhältnis durch § 44 Abs. 4a LFGB bestimmt. Dabei handelt es sich nach den vorstehenden Ausführungen ‑ und im Übrigen auch nach Auffassung der Klägerin ‑ um eine rein nationale Vorschrift. 112Im Übrigen dürften aber ohnehin die Grundrechtsgarantien des Grundgesetzes, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einen im Wesentlichen funktional vergleichbaren Schutz gewährleisten und sich in großem Umfang als deckungsgleiche Gewährleistungen darstellen. Das gilt insbesondere für Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 16 GRCh. 113Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. April 2021 ‑ 2 BvR 206/14 ‑, a. a. O. Rn. 58, 83. 114a. Die in § 44 Abs. 4a LFGB geregelte Meldepflicht der Laborverantwortlichen verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. 115Die Meldepflicht der Laborverantwortlichen beeinträchtigt schon nicht die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin. Mit der Verpflichtung zur Unterrichtung der zuständigen Behörde durch ihre Laborverantwortlichen wird von der Klägerin nicht die Offenlegung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen verlangt. 116Das Grundrecht der Berufsfreiheit gewährleistet grundsätzlich auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. 117Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 ‑ 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 ‑, BVerfGE 115, 205 = juris Rn. 81 ff. m. w. N. 118Werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch den Staat offen gelegt oder verlangt er deren Offenlegung, ist Art. 12 Abs. 1 GG in seinem Schutzbereich berührt, weil dadurch die ausschließliche Nutzungsmöglichkeit des betroffenen Wissens für den eigenen Erwerb beeinträchtigt werden kann. Wird exklusives wettbewerbserhebliches Wissen Konkurrenten zugänglich gemacht, mindert dies die Möglichkeiten eines Grundrechtsträgers, die eigene Berufsausübung unter Rückgriff auf dieses Wissen erfolgreich zu gestalten. 119Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 27. April 2021 ‑ 2 BvR 206/14 ‑, a. a. O. Rn. 52 m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2021 ‑ 9 B 966/20 ‑, NWVBl. 2021, 337 = juris Rn. 48. 120Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Dazu zählen etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können. 121Vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 ‑ 2 BvE 5/11 ‑, BVerfGE 137, 185 = juris Rn. 182 m. w. N. 122Die nach § 44 Abs. 4a LFGB an die zuständige Behörde zu übermittelnden Informationen, insbesondere das Ergebnis der Analyse und der Auftraggeber der Analyse, sind keine in diesem Sinne schützenswerten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Klägerin. Bei den betreffenden Informationen handelt es sich nicht um exklusives, auf den Betrieb der Klägerin bezogenes technisches oder kaufmännisches Wissen. Das behauptet im Übrigen auch die Klägerin nicht. Sie beruft sich vielmehr auf eine generelle, ihr obliegende Verschwiegenheitspflicht und damit letztlich auf eine Art „Berufsgeheimnis“, das sie als Geschäftsgeheimnis bezeichnet. Um ein Geschäftsgeheimnis im Sinne der oben genannten Definition geht es dabei aber nicht. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter ausführt, ihre Kunden beauftragten sie in dem Vertrauen darauf, dass „Geschäftsgeheimnisse“, zu denen auch „Informationen zu den eigenen Produkten“ zählten, nicht weitergegeben würden, ist schon nicht erkennbar, dass ein Geschäftsgeheimnis der Klägerin weitergegeben würde. Den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ihrer Kunden kann die Klägerin nicht geltend machen. Darüber hinaus ist es kein von Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Betriebsgeheimnis im Sinne der oben genannten Definition, dass ein Lebensmittel gesundheitsschädlich oder aus anderen Gründen nicht sicher ist. 123b. Soweit die Klägerin ‑ unter Berufung auf Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK ‑ eine Verletzung ihres Rechts auf Achtung des (beruflichen bzw. geschäftlichen) Privatlebens geltend macht, ist für eine Grundrechtsverletzung ‑ zur Anwendung käme hier Art. 2 Abs. 1 GG ‑ nichts ersichtlich. Nach den vorstehenden Ausführungen beeinträchtigt die in § 44 Abs. 4a LFGB normierte Meldepflicht der Laborverantwortlichen nicht die berufliche und geschäftliche Tätigkeit der Klägerin unter dem Aspekt des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die grundsätzlich (auch) dem Schutz von Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh unterfallen dürften. Insoweit gewährt Art. 2 Abs. 1 GG keinen weitergehenden Schutz. 124Die in § 44 Abs. 4a LFGB normierte Meldepflicht der Laborverantwortlichen berührt auch nicht den Schutzbereich des Rechts der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch die Meldepflicht einer Gefährdung hinsichtlich ihrer spezifischen Freiheitsausübung, hier ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgesetzt wäre, 125vgl. zum Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einer juristischen Person etwa BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 ‑ 1 BvR 1550/03 u. a. ‑, BVerfGE 118, 168 = juris Rn. 155, 126sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführte Vergleich mit Kenntnissen eines Rechtsanwalts über einen Mandanten oder einen Sachverhalt, die dieser Behörden nicht offenbaren dürfe, trägt nicht. Diese Situation ist mit der Weitergabe der von § 44 Abs. 4a LFGB erfassten Informationen an die zuständige Behörde nicht vergleichbar. Weder ist die Klägerin eine natürliche Person noch ein Berufsgeheimnisträger noch geht es bei den hier betroffenen Informationen über ein unsicheres Lebensmittel um eine schutzbedürftige, vertrauliche Kommunikation wie im Verhältnis von Rechtsanwalt und Mandant, die ‑ insbesondere bei Strafverfahren ‑ auch durch das Recht auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren begründet ist. 127Vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 12. April 2005 ‑ 2 BvR 1027/02 ‑, BVerfGE 113, 29 = juris Rn. 87 ff. 128Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO. Dem Beigeladenen können Kosten nicht auferlegt werden, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat. 129Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 und § 709 Satz 2 ZPO. 130Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Fragen der Vereinbarkeit der Meldepflicht von Laborverantwortlichen mit Unionsrecht sowie die Auslegung des § 44 Abs. 4a LFGB sind höchstrichterlich noch nicht geklärt. | die berufung wird zurückgewiesen. die klägerin trägt die kosten des berufungsverfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten des beigeladenen, die dieser selbst trägt. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2die klägerin betreibt bundesweit private laboratorien und führt u. a. im auftrag von lebensmittelunternehmen analysen bei lebensmitteln durch. sie wendet sich gegen die ihr nach § 44 abs. 4a des lebensmittel- und futtermittelgesetzbuchs (lfgb) obliegende meldepflicht. 3im april 2016 beauftragte die t. gmbh und co. kg (im folgenden: auftraggeberin) die klägerin mit einer mikrobiologischen untersuchung des produkts „c. mandelkerne“. die zu untersuchende probe ging am 15. april 2016 bei der klägerin ein. am 19. april 2016 erfolgte die prüfung des produkts. dabei wurde die probe positiv auf salmonellen getestet. am selben tag informierte die klägerin die auftraggeberin über dieses ergebnis. zugleich wies sie darauf hin, dass es sich möglicherweise um einen meldepflichtigen fall nach § 44 abs. 4a lfgb handele, und bat für das weitere vorgehen und eine abschließende beurteilung um weitere informationen, u. a. um mitteilung, ob das untersuchte produkt als lebensmittel oder futtermittel in deutschland in den verkehr gebracht worden sei. diese frage verneinte die auftraggeberin gegenüber der klägerin. daraufhin entschied ein mitarbeiter der klägerin am 23. april 2016, dass der fall nicht meldepflichtig sei. mit prüfbericht vom 11. mai 2016 übermittelte die klägerin der auftraggeberin das ergebnis der mikrobiologischen untersuchung. aus dem bericht ergibt sich das positive ergebnis in bezug auf salmonellen. 4am 9. november 2016 führte der beklagte eine plankontrolle im betrieb der auftraggeberin durch. bei der überprüfung der mikrobiologischen eigenkontrollen fanden die kontrolleure u. a. den prüfbericht der klägerin vom 11. mai 2016 vor. 5mit bußgeldbescheid vom 2. februar 2017 setzte der beklagte gegen den beigeladenen als verantwortliche person im labor der klägerin eine geldbuße in höhe von 750 euro wegen verstoßes gegen § 44 abs. 4a lfgb fest. ihm wird angelastet, am 11. mai 2016 und danach als verantwortlicher des labors der klägerin vorsätzlich die zuständige behörde entgegen § 44 abs. 4a lfgb nicht unterrichtet und damit gegen die meldepflicht verstoßen zu haben. gegen den bußgeldbescheid legte der beigeladene einspruch ein und beantragte, das verfahren bis zum rechtskräftigen abschluss des vorliegenden verfahrens auszusetzen. 6am 7. april 2017 hat die klägerin beim verwaltungsgericht aachen klage erhoben mit dem begehren, festzustellen, dass eine meldepflicht in dem dem bußgeldbescheid zugrunde liegenden fall nicht bestanden habe. zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: die klage sei als feststellungsklage zulässig. sie diene der klärung eines hinreichend konkreten rechtsverhältnisses. sie, die klägerin, sei der auffassung, dass eine meldepflicht nach § 44 abs. 4a lfgb trotz eines positiven salmonellenbefundes nicht bestehe, wenn die betroffene lebensmittelcharge überhaupt nicht in den verkehr gelangt sei und das inverkehrbringen ‑ wie im vorliegenden fall ‑ vom auftraggeber gerade davon abhängig gemacht worden sei, dass die untersuchung der probe keinen nachweis von gesundheitsgefährdenden keimen ergebe (sog. freigabeuntersuchung). der beklagte gehe dagegen auch in diesem fall von einer meldepflicht aus. wegen drohender (weiterer) bußgeld- bzw. sogar strafverfahren gegen ihre mitarbeiter bestehe auch das erforderliche feststellungsinteresse. einen im verwaltungsrechtsweg anfechtbaren verwaltungsakt gebe es nicht. eine verpflichtungsklage sei ebenfalls nicht möglich. 7die feststellungsklage sei auch begründet. ihre meldepraxis sei rechtmäßig. eine meldepflicht bestehe nach § 44 abs. 4a lfgb nur dann, wenn der verantwortliche des labors „grund zu der annahme“ habe, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 unterliegen würde. wenn ein inverkehrbringen des lebensmittels ‑ wie im fall einer freigabeanalyse ‑ ausgeschlossen sei, bestehe jedoch kein grund für die annahme eines verkehrsverbots und mithin auch keine meldepflicht. dies nehme auch die alb-projektgruppe der länderarbeitsgemeinschaft verbraucherschutz (lav) in dem von ihr erstellten leitfaden für die durchführung der meldungen nach § 44 abs. 4a und 5a lfgb an. danach bestehe eine meldepflicht nur dann, wenn das analysierte lebensmittel in den verkehr gebracht werden solle. 8unabhängig davon bestünden erhebliche zweifel an der eu-rechtskonformität der vorschrift des § 44 abs. 4a lfgb. denn die gesetzlichen meldepflichten im fall von unsicheren lebensmitteln seien bereits auf eu-ebene abschließend in art. 19 abs. 1 satz 1 vo (eg) nr. 178/2002 geregelt. die vorschrift stelle eine vollharmonisierung dar und regele nicht lediglich einen mindeststandard. verantwortlich sei danach allein der lebensmittelunternehmer. nach dem willen des eu-verordnungsgebers hätten laboratorien weder eine eigene verantwortung in der lebensmittelkette noch eine berechtigung oder gar eine ausdrückliche verpflichtung, ohne entsprechende weisung des jeweiligen lebensmittelunternehmers meldungen an die zuständige überwachungsbehörde zu machen. eine anweisung des lebensmittelunternehmers an das labor zur meldung von untersuchungsergebnissen sehe die verordnung, anders als im futtermittelrecht im bereich der dioxinüberwachung, nicht vor. diese auffassung vertrete auch der bund für lebensmittelrecht und lebensmittelkunde e. v. (bll) in einer stellungnahme vom 20. juni 2017 an das bayerische staatsministerium für umwelt und verbraucherschutz. dem eugh sei daher im wege des vorabentscheidungsverfahrens die frage vorzulegen, ob § 44 abs. 4a lfgb gegen art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 verstoße. 9die klägerin hat beantragt, 10festzustellen, dass das untersuchungsergebnis gemäß prüfbericht der klägerin vom 11. mai 2016, der gegenstand des bußgeldbescheides des beklagten vom 2. februar 2017 (az.: 39 10 12 / s - 137/16) ist, keine meldepflicht im sinne des § 44 abs. 4a lfgb ausgelöst hat. 11der beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung hat er im wesentlichen vorgetragen: es bestünden bereits zweifel an der zulässigkeit der feststellungsklage. es handele sich vorliegend um ein streitiges rechtsverhältnis, das sich ausschließlich in einer bußgeldangelegenheit und somit innerhalb des ordnungswidrigkeitenrechts bewege, welches nach § 68 owig den amtsgerichten zur entscheidung übertragen sei. der verwaltungsrechtsweg sei damit nicht eröffnet. 14jedenfalls sei die feststellungsklage nicht begründet. im konkreten fall habe eine meldepflicht bestanden. entgegen der auffassung der klägerin sei die frage, ob das untersuchte produkt unmittelbar in den verkehr gebracht werden solle, für die frage der meldepflicht nicht relevant. im gesetzgebungsverfahren sei bewusst die formulierung gewählt worden, dass der verantwortliche des labors grund zu der annahme habe, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot „unterliegen würde“ (vorher laut gesetzentwurf „unterliegt“). dem gesetzgeber sei es vor dem hintergrund des dioxin-skandals ende 2010/anfang 2011 ein wichtiges anliegen gewesen, zur gewährleistung der lebensmittelsicherheit neue meldepflichten für laboratorien sowie lebensmittel- und futtermittelunternehmer zu schaffen. im konkreten fall habe es sich um eine kontrolle verkaufsfertiger packungen zu je 200 g mit vollständigem werbeaufdruck gehandelt, die nach der laboruntersuchung in den verkehr gebracht werden sollten. das labor der klägerin habe demnach „grund zu der annahme“ gehabt, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde. weder nach den angaben der auftraggeberin noch nach den äußeren merkmalen des vorgangs hätten sich anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich bei dem produkt etwa um ein muster im rahmen von produktentwicklungen oder um einen rohstoff handeln könnte, der nicht zum inverkehrbringen bestimmt sei. es habe daher kein grund bestanden, die meldepflicht zu bezweifeln. die einmal entstandene meldepflicht könne auch nicht durch gezielte rückfragen beim auftraggeber zu dem beabsichtigten inverkehrbringen wieder entfallen. der von der klägerin angeführte leitfaden der alb-projektgruppe erfasse nicht die vorliegende fallgestaltung bzw. besage nichts anderes. 15es bestünden auch keine zweifel an der eu-rechtskonformität des § 44 abs. 4a lfgb. die eu-basisverordnung mit regelungen zur eigenverantwortung von lebensmittelunternehmen stehe der schaffung einer zusätzlichen meldepflicht für laboratorien durch den nationalen gesetzgeber nicht entgegen. es sei diesem unbenommen, weitergehende regelungen zu schaffen, solange der anwendungsvorrang von unionsvorschriften hierdurch nicht berührt werde. 16das verwaltungsgericht hat die klage durch urteil vom 8. dezember 2017 abgewiesen. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: der verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. die mit der klage aufgeworfenen fragen seien dem öffentlichen recht im sinne von § 40 abs. 1 satz 1 vwgo zuzuordnen. es liege keine abdrängende spezialzuweisung vor. dass der streitstoff auch gegenstand eines ordnungswidrigkeitenverfahrens oder strafverfahrens sein könne, begründe keine anderweitige gesetzliche zuweisung. 17die klage sei als allgemeine feststellungsklage statthaft. dem feststellungsbegehren liege ein konkretes rechtsverhältnis zugrunde. die beteiligten stritten darüber, ob in der vorliegenden konstellation der untersuchung durch ein privates labor eine meldepflicht gegenüber der zuständigen lebensmittelüberwachungsbehörde bestehe. zwar treffe die meldepflicht des § 44 abs. 4a lfgb nicht die klägerin selbst, weil ihr bzw. ihrem geschäftsführer gegenüber kein bußgeldbescheid erlassen worden sei. gegenstand der feststellungsklage könne aber auch ein rechtsverhältnis zwischen einem dritten und dem beklagten sein. das feststellungsinteresse der klägerin sei gegeben. der klägerin sei als arbeitgeberin mit weisungsrecht gegenüber ihren arbeitnehmern zuzugestehen, sich außerhalb eines allein diese betreffenden bußgeld- oder strafverfahrens klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem umfang eine meldepflicht gegenüber der zuständigen lebensmittelüberwachungsbehörde bestehe. dem stehe auch nicht entgegen, dass der verwaltungsgerichtliche rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert sei. es würde gegen die garantie wirkungsvollen rechtsschutzes aus art. 19 abs. 4 gg verstoßen, die klägerin bzw. ihre mitarbeiter auf die ihr zur verfügung stehenden rechtsmittel in einem ‑ wie hier bereits eingeleiteten ‑ bußgeld- bzw. strafverfahren zu verweisen. den arbeitnehmern, zu denen auch der verantwortliche laborleiter gehöre, sei es nicht zuzumuten, die klärung verwaltungsrechtlicher zweifelsfragen „von der anklagebank herab“ herbeiführen zu müssen. sie hätten vielmehr ein als schutzwürdig anzuerkennendes interesse daran, den verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“ rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihnen wegen verwaltungsrechtlicher fragen ein straf- oder ordnungswidrigkeitenverfahren drohe. 18die klage sei aber unbegründet. der verantwortliche laborleiter der klägerin habe gegen die gesetzliche meldepflicht aus § 44 abs. 4a lfgb verstoßen. aufgrund des ergebnisses der mikrobiologischen untersuchung („salmonella spp. - ergebnis: verdächtig“) habe grund zu der annahme bestanden, dass das untersuchte lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde. bei einem positiven salmonellenbefund liege die gesundheitsschädlichkeit des beprobten lebensmittels auf der hand. die klägerin könne auch nicht mit erfolg geltend machen, dass es sich um eine sog. freigabeuntersuchung gehandelt habe, dass mithin ein inverkehrbringen von dem untersuchungsergebnis abhängig gemacht worden sei. der gesetzgeber habe gerade auch diese konstellation erfassen wollen. er habe sicherstellen wollen, dass ein nicht sicheres lebensmittel auch wirklich nicht in den verkehr gelange. der von der klägerin angeführte leitfaden der alb-projektgruppe führe nicht weiter. zum einen könne er keine verbindlichkeit in der gesetzesinterpretation für sich beanspruchen. zum anderen beträfen die angeführten regelungen nicht die konstellation im vorliegenden fall. 19die regelung des § 44 abs. 4a lfgb widerspreche auch nicht europarechtlichen vorgaben. insbesondere stehe art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 nicht entgegen. es bedürfe keiner entscheidung, ob diese vorschrift lediglich einen mindeststandard festlege, der von den mitgliedstaaten erweitert werden dürfe, oder ob die regelung als vollständig harmonisiertes recht anzusehen sei. denn der europarechtliche grundsatz der vollharmonisierung durch eine eu-verordnung könne einer abweichenden nationalen regelung nur insoweit entgegenstehen, als sich der anwendungsbereich der eu-verordnung erstrecke. die verordnung (eg) nr. 178/2002 erfasse aber allein den lebensmittel- bzw. futtermittelunternehmer. die unionsrechtlich vorgegebene verantwortlichkeit des lebensmittelunternehmers werde durch § 44 abs. 4a lfgb weder erweitert noch suspendiert. 20dagegen hat die klägerin rechtzeitig die vom verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassene berufung eingelegt und begründet. sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches vorbringen und trägt weiter vor: mit der vom verwaltungsgericht gegebenen begründung, der gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass ein unsicheres lebensmittel auch wirklich nicht in den verkehr gelange, sei das in § 44 abs. 4 satz 3 lfgb normierte „privileg“ des primär meldeverantwortlichen lebensmittelunternehmers nicht haltbar. es sei nicht nachvollziehbar, warum diesem „eigentlich“ für die lebensmittelsicherheit hauptverantwortlichen deutlich weniger meldepflichten obliegen sollten als dem lediglich sekundär meldeverantwortlichen privaten labor. die meldepflicht des § 44 abs. 4a lfgb stelle darüber hinaus einen nicht gerechtfertigten eingriff in ihr grundrecht auf achtung des privatlebens gemäß art. 8 emrk und art. 7 grch sowie in das grundrecht der berufsfreiheit gemäß art. 12 abs. 1 gg dar. die meldepflicht sei mit dem im kundenverhältnis/auftragsverhältnis geltenden vertraulichkeitsprinzip sowie der beruflichen pflicht des laborverantwortlichen zur geheimhaltung bestimmter sachverhalte, die ihm im rahmen seiner beruflichen tätigkeit bekannt werden, unvereinbar. der eingriff in diese grundrechte sei weder geeignet, erforderlich oder angemessen, um den vom gesetzgeber beabsichtigten zweck einer verbesserung des gesundheitlichen verbraucherschutzes zu erreichen. die zusätzliche meldepflicht könne einen erhöhten bürokratieaufwand und damit eine reduktion der effektivität sowie der reaktionsgeschwindigkeit der behörden zur folge haben. die meldepflicht der labore könne zudem umgangen werden, indem ausländische labore, die der meldepflicht nicht unterlägen, mit der untersuchung von proben beauftragt würden. der nicht rechtskonform agierende lebensmittelunternehmer werde daher von der vorschrift des § 44 abs. 4a lfgb nicht erreicht. den laborverantwortlichen werde schließlich eine rechtliche beurteilung der frage abverlangt, ob aufgrund des analytischen befundes ein verkehrsverbot besteht bzw. bestehen könnte. dies gehe weit über deren aufgaben und verantwortlichkeiten hinaus und könne weder sachlich noch fachlich erwartet werden. es handele sich dabei um eine reine rechtsfrage, die juristen vorbehalten bleibe. die laborverantwortlichen müssten das risiko einer fehleinschätzung tragen. eine von der behörde abweichende einschätzung könne sanktionen zur folge haben. außerdem bestünden schwere haftungsrechtliche folgen im fall einer ungerechtfertigten ausübung der meldepflicht. diese abwälzung des haftungsrisikos auf eine stelle, die lediglich als auftragnehmer bestimmte wissenschaftliche tatsachen feststelle, sei nicht hinnehmbar. 21die klägerin beantragt, 22festzustellen, dass das untersuchungsergebnis gemäß prüfbericht der klägerin vom 11. mai 2016, der gegenstand des bußgeldbescheides des beklagten vom 2. februar 2017 (az.: 39 10 12 / s - 137/16) ist, keine meldepflicht im sinne des § 44 abs. 4a lfgb ausgelöst hat. 23der beklagte beantragt, 24die berufung zurückzuweisen. 25zur begründung verweist er auf sein erstinstanzliches vorbringen und die ausführungen des verwaltungsgerichts im urteil vom 8. dezember 2017. er trägt weiter vor, der von der klägerin angeführte vergleich mit meldepflichten des lebensmittelunternehmers nach § 44 abs. 4 lfgb sei nicht zielführend. der gesetzgeber dürfe unterschiedliche meldepflichten für unterschiedliche adressaten regeln. im übrigen habe ein fall im sinne von § 44 abs. 4 lfgb hier auch nicht vorgelegen. den lebensmittelunternehmer habe ebenfalls eine meldepflicht getroffen. die von der klägerin darüber hinaus betonte primäre verantwortung des lebensmittelunternehmers sei nicht zu bestreiten, schließe aber eine sekundäre verantwortung dritter, etwa der laborverantwortlichen, durch eine spezielle rechtliche regelung nicht aus. auch könne aus dieser eigenverantwortung der unternehmer nicht hergeleitet werden, dass darüber hinausgehende, weitere verantwortlichkeiten für den gesundheitlichen verbraucherschutz nicht geeignet, nicht erforderlich, nicht angemessen und sogar schädlich sein könnten. 26der mit beschluss vom 3. februar 2022 beigeladene beigeladene stellt keinen antrag und äußert sich nicht zur sache. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakten und den beigezogenen verwaltungsvorgang des beklagten bezug genommen. 28 | 29die berufung hat keinen erfolg. 30gegenstand des berufungsverfahrens ist das feststellungsbegehren der klägerin, das auch gegenstand der klageabweisenden entscheidung des verwaltungsgerichts war. mit ihrer berufung verfolgt die klägerin ihr erstinstanzliches begehren weiter und erstrebt eine abänderung des erstinstanzlichen urteils. das ergibt sich bereits aus dem im berufungsbegründungsschriftsatz angekündigten antrag und ist auch sonst nicht zweifelhaft. dass in der mündlichen verhandlung vor dem senat der erste teil des angekündigten antrags, das urteil des verwaltungsgerichts zu ändern, versehentlich nicht wörtlich gestellt worden ist, ist unschädlich. 31die zulässige berufung ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat die klage zu recht abgewiesen. die feststellungsklage ist zulässig (i.), aber unbegründet (ii.). 32i. die klage ist als feststellungsklage gemäß § 43 abs. 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. 33gemäß § 43 abs. 1 vwgo kann durch klage die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat. 341. gegenstand der von der klägerin erhobenen (negativen) feststellungsklage ist ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis, und zwar eines zwischen dem beklagten und dem beigeladenen. 35unter einem feststellungsfähigen rechtsverhältnis sind die rechtlichen beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen norm für das verhältnis von (natürlichen oder juristischen) personen untereinander oder einer person zu einer sache ergeben. gegenstand der feststellungsklage muss ein streitiges konkretes rechtsverhältnis sein, d. h. es muss „in anwendung einer rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren sachverhalt streitig“ sein. unabhängig von der frage der konkretisierung des rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den parteien dieses rechtsverhältnisses ein meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine seite berühmt, ein bestimmtes tun oder unterlassen der anderen seite verlangen zu können. es müssen sich also aus dieser rechtsbeziehung heraus bestimmte rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die anwendung von bestimmten normen auf den konkreten sachverhalt voraussetzt. daran fehlt es, wenn nur abstrakte rechtsfragen wie die gültigkeit einer norm zur entscheidung gestellt werden. auch bloße vorfragen oder unselbstständige elemente eines rechtsverhältnisses können nicht gegenstand einer feststellungsklage sein. 36st. rspr. des bverwg, vgl. etwa urteil vom 28. januar 2010 ‑ 8 c 19.09 ‑, bverwge 136, 54 = juris rn. 24. 37es ist nicht erforderlich, dass der die feststellung begehrende kläger an dem streitigen rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt ist. das feststellungsfähige rechtsverhältnis kann, wenn die weiteren voraussetzungen vorliegen, auch zwischen einem beteiligten des rechtsstreits und einem dritten bestehen. 38vgl. bverwg, urteil vom 27. juni 1997 ‑ 8 c 23.96 ‑ dvbl. 1998, 49 = juris rn. 17 m. w. n.; happ, in: eyermann, vwgo, 15. aufl. 2018, § 43 rn. 22 f. 39auf ein solches drittrechtsverhältnis bezieht sich vorliegend das feststellungsbegehren der klägerin. es zielt auf die feststellung des nichtbestehens eines rechtsverhältnisses zwischen dem beklagten und dem beigeladenen. 40zwischen dem beklagten und dem beigeladenen besteht ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis. streitig ist zwischen ihnen das bestehen bzw. nichtbestehen der in § 44 abs. 4a lfgb geregelten meldepflicht des beigeladenen, der verantwortlicher eines labors ‑ hier eines labors der klägerin in i. ‑ ist, das analysen bei lebensmitteln durchführt. dass die meldepflicht nach dieser vorschrift im konkreten, zur feststellung gestellten fall nicht gegenüber dem beklagten, sondern gegenüber der zuständigen behörde in hamburg bestanden hätte, steht der annahme eines feststellungsfähigen rechtsverhältnisses zwischen dem beigeladenen und dem beklagten nicht entgegen. 41wird ‑ wie hier ‑ über die frage gestritten, ob eine meldepflicht nach § 44 abs. 4a lfgb anzunehmen ist, besteht die rechtsbeziehung zwar vorrangig zwischen demjenigen, der meldepflichtig ist, also dem verantwortlichen des labors (hier: dem beigeladenen), und der für die entgegennahme der meldung zuständigen behörde. 42zum grundsätzlich zwischen normadressat und normanwender bestehenden rechtsverhältnis vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2021 ‑ 1 c 13.19 ‑, nvwz-rr 2021, 952 = juris rn. 15. 43örtlich zuständige behörde im sinne des § 44 abs. 4a lfgb ist dabei die behörde am sitz des labors (hier: i. ), nicht diejenige am sitz des auftraggebers. das ergibt sich bereits aus dem allgemeinen verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 3 abs. 1 nr. 2 vwvfg) und lässt sich ferner damit begründen, dass dem labor nicht zugemutet werden kann, in jedem fall die für den sitz des auftraggebers oder den herstellungsort des produkts zuständige behörde zu ermitteln. 44vgl. preuß, in: bülte/dannecker/domeier/gorny/preuß, lfgb kommentar, § 44 rn. 25t; meyer, in: meyer/streinz, lfgb kommentar, 2. aufl. 2012, § 44 rn. 40 a. e. 45zwischen dem beigeladenen als normadressaten und der im konkreten fall für die entgegennahme der meldung zuständigen behörde in i. besteht jedoch derzeit kein streitiges konkretes rechtsverhältnis im oben genannten sinne. 46allerdings sind im vorliegenden fall durch das vom beklagten gegen den beigeladenen geführte bußgeldverfahren zwischen diesen beteiligten rechtsbeziehungen entstanden, die ein konkretes und streitiges rechtsverhältnis bilden. der beklagte ist der auffassung, dass eine meldepflicht des beigeladenen im fall des am 19. april 2016 untersuchten produkts „c. mandelkerne“ bestanden und der beigeladene diese meldung entgegen § 44 abs. 4a lfgb vorsätzlich unterlassen habe. in eigener zuständigkeit (vgl. §§ 36 abs. 2 satz 1, 37 abs. 1 nr. 1 alt. 2 owig, § 1 abs. 2 nr. 1 zustvovs nrw) hat der beklagte einen bußgeldbescheid gegen den beigeladenen erlassen, gegen den dieser einspruch erhoben hat, weil er meint, im konkreten fall einer freigabeuntersuchung, in der das lebensmittel noch nicht in den verkehr gelangt ist, nicht zur meldung verpflichtet gewesen zu sein. aufgrund dieses vorgehens des beklagten gegenüber dem beigeladenen haben sich die rechtsbeziehungen zwischen diesen beteiligten zu einem rechtsverhältnis im sinne des § 43 abs. 1 vwgo verdichtet. 472. die an diesem rechtsverhältnis zwischen dem beklagten und dem beigeladenen nicht unmittelbar beteiligte klägerin hat, wie das verwaltungsgericht zu recht angenommen hat, auch das nach § 43 abs. 1 vwgo erforderliche berechtigte interesse an der feststellung. 48die zulässigkeit einer feststellungsklage im drittrechtsverhältnis ‑ wie hier ‑ setzt voraus, dass das feststellungsinteresse gerade gegenüber dem beklagten besteht. 49vgl. bverwg, urteile vom 27. juni 1997 ‑ 8 c 23.96 ‑, a. a. o. rn. 17 m. w. n., und vom 27. april 2021 ‑ 1 c 13.19 ‑, a. a. o. rn. 15 (für ein rechtsverhältnis zwischen dem normadressaten und einem beklagten dritten); happ, in: eyermann, vwgo, 15. aufl. 2018, § 43 rn. 22 f. 50diese voraussetzung ist hier erfüllt. 51die klägerin betreibt bundesweit labore, die u. a. analysen bei lebensmitteln durchführen. nach ihrer rechtsauffassung besteht in der zur feststellung gestellten konstellation einer freigabeuntersuchung keine meldepflicht ihres labors bzw. ihres laborverantwortlichen. der beklagte nimmt demgegenüber eine meldepflicht auch im fall von freigabeuntersuchungen an und leitet bei fehlender meldung bußgeldverfahren gegen den verantwortlichen des labors ein. gegen den beigeladenen als verantwortlichen des labors der klägerin in i. hat der beklagte bereits zum zweiten mal einen bußgeldbescheid wegen verstoßes gegen § 44 abs. 4a lfgb erlassen. zudem hat der beklagte die klägerin, wie sich aus dem bußgeldbescheid gegen den beigeladenen vom 2. februar 2017 ergibt, bereits mit schreiben vom 26. august 2014 auf die meldepflicht hingewiesen und die klägerin aufgefordert, dieser zukünftig nachzukommen. das berechtigte interesse der klägerin an der begehrten gerichtlichen feststellung folgt unter diesen umständen aus der wiederholungsgefahr, also der konkret absehbaren möglichkeit, dass in naher zukunft und unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen umständen eine gleiche oder gleichartige maßnahme des beklagten gegen ihre mitarbeiter zu erwarten ist. 52vgl. hierzu bverwg, urteile vom 27. april 2021 ‑ 1 c 13.19 ‑, a. a. o. rn. 16, und vom 16. mai 2013 ‑ 8 c 14.12 ‑, bverwge 146, 303 = juris rn. 21. 53der annahme eines feststellungsinteresses der klägerin steht nicht entgegen, dass die ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 60 abs. 2 nr. 22 lfgb i. v. m. § 44 abs. 4a lfgb gegen die bei der klägerin tätigen laborverantwortlichen geführt werden und nicht gegen die klägerin bzw. ihren geschäftsführer. denn (auch) die klägerin selbst hat gegenüber dem beklagten ein als schutzwürdig anzuerkennendes ‑ rechtliches ‑ interesse im sinne des § 43 abs. 1 vwgo an der begehrten gerichtlichen feststellung. die klägerin ist als betreiberin der labore in der lage und in der pflicht, dafür zu sorgen, dass gesetzliche vorgaben in ihrem unternehmen eingehalten werden. als arbeitgeberin kann sie ihren mitarbeitern, insbesondere den verantwortlichen ihrer labore, etwa anleitungen zum umgang mit der gesetzlichen meldepflicht zur verfügung stellen und das grundsätzliche vorgehen bzw. interne betriebsabläufe in derartigen fällen regeln. dadurch kann sie etwaige verstöße gegen die meldepflicht ebenso wie ein weiteres vorgehen des beklagten gegen ihre laborverantwortlichen verhindern. die klärung der rechtslage durch die von der klägerin begehrte gerichtliche feststellung trägt damit zu einer befriedung im verhältnis zum beklagten bei. 543. unter dem gesichtspunkt der subsidiarität bestehen keine zulässigkeitsbedenken gegen die feststellungsklage. 55nach § 43 abs. 2 satz 1 vwgo kann die feststellung nicht begehrt werden, soweit der kläger seine rechte durch gestaltungs- oder leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. 56das ist hier nicht der fall. die klägerin kann ihr begehren nicht in zulässiger weise durch eine derartige klage verfolgen. eine regelung durch verwaltungsakt sieht das gesetz für die meldepflichten der labore nicht vor. auch mit einer leistungsklage kann die klägerin ihr rechtsschutzziel nicht erreichen. 57entgegen der auffassung des beklagten ist auch nicht das ordnungswidrigkeitenverfahren bzw. eine klage gegen den bußgeldbescheid des beklagten vom 2. februar 2017 vorrangig vor der verwaltungsgerichtlichen feststellungsklage. für die klägerin besteht diese möglichkeit einer klärung der streitigen fragen im ordnungswidrigkeitenverfahren bereits nicht, weil sie nicht adressat des bußgeldbescheids ist. sie kann nicht darauf verwiesen werden, dass ein dritter ‑ hier der beigeladene ‑ dieses (klage-)verfahren, an dem sie selbst nicht beteiligt wäre, durchführen und so eine klärung herbeiführen könnte. dies genügt den anforderungen des art. 19 abs. 4 gg nicht. im übrigen wäre es, worauf das verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, auch dem beigeladenen nicht zuzumuten, die klärung verwaltungsrechtlicher zweifelsfragen nicht mit der fachspezifischeren rechtsschutzform erzielen zu können, sondern im bußgeldverfahren „von der anklagebank aus“ betreiben zu müssen. 58vgl. bverwg, urteil vom 12. september 2019 ‑ 3 c 3.18 ‑, bverwge 166, 265 = juris rn. 29; bverfg, beschluss vom 7. april 2003 ‑ 1 bvr 2129/02 ‑, nvwz 2003, 856 = juris rn. 14. 59ii. die feststellungsklage ist unbegründet. im fall der mikrobiologischen untersuchung der proben-nr. 160387587 (probenbezeichnung: c. mandelkerne) am 19. april 2016 hätte die zuständige behörde nach § 44 abs. 4a lfgb unterrichtet werden müssen (1.). die in dieser vorschrift normierte meldepflicht des laborverantwortlichen verstößt nicht gegen europarecht (2.). sie verletzt auch keine grundrechte der klägerin (3.). 601. der beigeladene als verantwortlicher des labors der klägerin in i1. , das am 19. april 2016 die oben genannte probe des lebensmittels „c. mandelkerne“ untersucht hat, war zur unterrichtung der zuständigen behörde nach § 44 abs. 4a lfgb verpflichtet. 61nach dieser vorschrift hat der verantwortliche eines labors, das analysen bei lebensmitteln durchführt, die zuständige behörde von dem zeitpunkt und dem ergebnis der analyse, der angewandten analysenmethode und dem auftraggeber der analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten, wenn er aufgrund einer von dem labor erstellten analyse einer im inland von einem lebensmittel gezogenen probe grund zu der annahme hat, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 unterliegen würde. 62diese voraussetzungen für das bestehen der meldepflicht lagen im fall der analyse der probe „c. mandelkerne“ vor. in diesem konkreten fall bestand grund zu der annahme eines verkehrsverbots des untersuchten lebensmittels. 63a) bei der untersuchten probe „c. mandelkerne“ handelt es sich um ein lebensmittel im sinne von § 44 abs. 4a lfgb i. v. m. § 3 abs. 3 lfgb, art. 2 vo (eg) nr. 178/2002. 64b) entgegen der auffassung der klägerin bestand im konkreten fall für den beigeladenen als verantwortlichen des labors auch „grund zu der annahme“, dass die mandelkerne einem verkehrsverbot unterliegen würden. 65aus der formulierung „grund zu der annahme“ ergibt sich, dass dieses tatbestandsmerkmal sowohl eine objektive als auch eine subjektive komponente hat. der „grund“ für die annahme eines verkehrsverbots muss sich aus konkreten tatsächlichen umständen ergeben; diese umstände müssen für den verantwortlichen des labors bei vernünftiger betrachtung auch erkennbar sein. dazu muss eine subjektive vorstellung („annahme“) des verantwortlichen des labors kommen, wonach die tatsächlichen umstände zu einem verkehrsverbot führen. 66vgl. auch bay. vgh, beschluss vom 8. märz 2021 ‑ 20 cs 20.2720 ‑, lmur 2021, 213 = juris rn. 21; rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 74, 51 f. 67die frage, ob der verantwortliche eines labors im sinne des § 44 abs. 4a lfgb grund zu der annahme eines verkehrsverbots hat, ist danach immer unter berücksichtigung sämtlicher umstände des konkreten einzelfalls zu beantworten. 68so auch bay. vgh, beschluss vom 8. märz 2021 ‑ 20 cs 20.2720 ‑, a. a. o. rn. 23. 69dazu können als objektive gesichtspunkte etwa das analyseergebnis sowie die erkennbare art bzw. verwendung des beprobten lebensmittels gehören. in subjektiver hinsicht kann insbesondere die kenntnis des laborverantwortlichen von den umständen der produktion und dem stand des herstellungsprozesses, etwa darüber, ob es sich um ein bloßes muster im rahmen einer produktentwicklung oder um ein vor- oder zwischenprodukt handelt oder ob weitere verarbeitungsschritte erfolgen, zu berücksichtigen sein. da die von dem verantwortlichen des labors zu treffende entscheidung, ob das beprobte lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde, zudem von rechtlichen bewertungen abhängt, besteht eine meldepflicht dann nicht, wenn der laborverantwortliche aufgrund einer rechtlich vertretbaren auffassung annimmt, das verkehrsverbot des art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 greife nicht ein. 70so auch bay. vgh, beschluss vom 8. märz 2021 ‑ 20 cs 20.2720 ‑, a. a. o. rn. 21 und 23; rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 52. 71davon ausgehend musste der beigeladene im fall der am 16. april 2016 untersuchten mandelkerne grund zu der annahme haben, dass dieses lebensmittel, das mit salmonellen belastet war, einem verkehrsverbot unterliegen würde. 72ohne zweifel ‑ zwischen den beteiligten nicht streitig und für den beigeladenen damals auch ohne weiteres erkennbar ‑ besteht ein verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 für lebensmittel, die mit salmonellen belastet sind. denn dabei handelt es sich um im sinne dieser vorschrift nicht sichere lebensmittel, weil sie gesundheitsschädlich, jedenfalls aber für den verzehr durch den menschen ungeeignet sind. 73auch nach den sonstigen umständen im konkreten fall, insbesondere mit blick auf die erkennbare art bzw. verwendung des beprobten lebensmittels, bestand für den beigeladenen grund zu der annahme eines verkehrsverbots. bei den beprobten mandelkernen handelte es sich um ein zum verkauf anstehendes, fertig verpacktes lebensmittel, das erkennbar ‑ nach beanstandungsfreier analyse ‑ ohne weitere verarbeitungsschritte in den verkehr gebracht werden sollte, mithin zum inverkehrbringen bestimmt war. 74der einwand der klägerin, es habe nicht im sinne von § 44 abs. 4a lfgb grund zu der annahme bestanden, dass die mandelkerne einem verkehrsverbot unterliegen würden, weil ein inverkehrbringen des lebensmittels ausgeschlossen gewesen sei, greift nicht durch. vielmehr besteht auch bei sogenannten freigabeuntersuchungen, bei denen das inverkehrbringen des lebensmittels von einer beanstandungsfreien analyse abhängig gemacht wird, bzw. dann, wenn der lebensmittelunternehmer gegenüber dem labor erklärt, das lebensmittel in dem unsicheren zustand nicht in den verkehr zu bringen, eine meldepflicht des laborverantwortlichen. 75es ist unerheblich, dass das labor der klägerin nach rückfrage bei der auftraggeberin nach dem salmonellenfund die (formularmäßige) auskunft erhalten hat, dass das produkt in deutschland (noch) nicht in den verkehr gebracht worden sei und dass die ware einer zulässigen behandlung zur nachweislichen reduzierung des schadstoffs auf ein unbedenkliches maß unterzogen werde. die auskunft der auftraggeberin mag die annahme des laborverantwortlichen rechtfertigen, dass das lebensmittel bislang nicht in den verkehr gebracht worden ist und ein inverkehrbringen des lebensmittels in dem untersuchten zustand auch nicht erfolgen wird. sie rechtfertigt indes nicht die annahme, dass das beprobte lebensmittel keinem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 unterliegen würde. denn die frage, ob das lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde, hängt nicht davon ab, ob das lebensmittel bereits im verkehr ist oder der lebensmittelunternehmer ein inverkehrbringen in dem unsicheren zustand beabsichtigt. 76dieses ergebnis ergibt sich bereits aus dem wortlaut des § 44 abs. 4a lfgb, wonach grund zu der annahme bestehen muss, dass das lebensmittel einem verkehrsverbot „unterliegen würde“. die formulierung im konjunktiv macht deutlich, dass es allein hypothetisch auf ein inverkehrbringen ankommt, maßgeblich also ist, ob das lebensmittel einem verkehrsverbot unterliegen würde, wenn es im verkehr wäre. ferner stellt die vorschrift nicht darauf ab, dass grund zu der annahme bestehen muss, dass eine konkrete gesundheitsgefahr für verbraucher besteht. 77die von der klägerin angestellten systematischen erwägungen, namentlich der systematische vergleich mit der regelung in § 44 abs. 4 satz 3 lfgb, erfordern kein anderes verständnis des § 44 abs. 4a lfgb. § 44 abs. 4 satz 3 lfgb regelt einen bereits nicht vergleichbaren fall. nach dieser vorschrift besteht für einen lebensmittelunternehmer dann keine pflicht zur unterrichtung der zuständigen behörde, wenn er ein nicht sicheres pflanzliches lebensmittel, das ihm angeliefert worden ist oder das er erworben hat und über das er die tatsächliche unmittelbare sachherrschaft erlangt hat, unschädlich beseitigt hat (nr. 1) oder so hergestellt oder behandelt hat oder herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 nicht mehr unterliegt (nr. 2). die vorschrift betrifft also eine situation, in der der lebensmittelunternehmer die tatsächliche sachherrschaft über das (pflanzliche) lebensmittel und damit einflussmöglichkeiten - beseitigung, herstellung, behandlung ‑ auf den zustand des lebensmittels hat. ein labor, das analysen bei lebensmitteln durchführt, besitzt jedoch weder eine solche sachherrschaft noch hat es derartige einflussmöglichkeiten. den wertungswiderspruch, den die klägerin der sache nach geltend macht, sieht der senat bereits deshalb nicht. abgesehen davon zielt jedenfalls die in § 44 abs. 4 satz 3 nr. 2 lfgb geregelte ausnahme von der unterrichtungspflicht auf fallkonstellationen, die nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar sind. erfasst werden sollen von dieser vorschrift bestimmte lebensmittel pflanzlicher herkunft, insbesondere getreide, die in der regel vor ihrer abgabe an den endverbraucher vom lebensmittelunternehmer einer behandlung durch reinigungs-, sortier- oder sonstige physikalische verfahren unterzogen und dabei so behandelt werden, dass sie einem verkehrsverbot nach art. 14 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 nicht mehr unterliegen. 78vgl. bt-drs. 16/8100, s. 21; rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 67. 79eine solche weiterbehandlung vor der abgabe an den (end-)verbraucher findet jedoch im fall von freigabeuntersuchungen gerade nicht mehr statt. gegen die systematischen erwägungen der klägerin spricht schließlich, dass dem gesetzgeber bei schaffung des § 44 abs. 4a lfgb die regelung in § 44 abs. 4 satz 3 lfgb bekannt war. gleichwohl hat er eine (entsprechende oder ähnliche) ausnahme von der meldepflicht in § 44 abs. 4a lfgb nicht normiert. insbesondere hat er keine ausnahme für die fälle geregelt, dass es sich bei der vom labor durchgeführten analyse um eine freigabeuntersuchung handelt oder dass der lebensmittelunternehmer gegenüber dem labor erklärt, das lebensmittel in dem unsicheren zustand nicht in den verkehr zu bringen. 80auch die erwägungen des gesetzgebers und die entstehungsgeschichte des § 44 abs. 4a lfgb sprechen für die oben genannte auslegung. wie das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die vorschrift ‑ durch art. 1 des zweiten gesetzes zur änderung des lebensmittel- und futtermittelgesetzbuches sowie anderer vorschriften (2. lfgbuaändg) vom 27. juli 2011 (bgbl. i s. 1608) ‑ als reaktion auf den dioxinskandal in des lebensmittel- und futtermittelgesetzbuch eingefügt worden. mit der erweiterung des kreises der meldepflichtigen auf die verantwortlichen von laboren sollte neben den in bestimmten fällen bereits meldepflichtigen lebensmittelunternehmern ein personenkreis in die meldepflicht einbezogen werden, der an der herstellung, dem behandeln oder dem vertrieb des untersuchten lebensmittels nicht beteiligt ist und damit keine eigenen wirtschaftlichen interessen verfolgt. 81vgl. br-drs. 52/11, s. 53 f.; bt-drs. 17/4984, s. 24. 82die zunächst noch gewählte formulierung „unterliegt“ ist aufgrund der empfehlung des ausschusses für ernährung, landwirtschaft und verbraucherschutz in „unterliegen würde“ abgeändert worden. begründet wurde dies damit, dass die adressaten für eine entscheidung über eine verkehrsfähigkeit eines erzeugnisses nicht die labore seien; es erscheine sachgerecht, dies zu verdeutlichen. 83vgl. bt-drs. 17/5953, s. 6 und 19. 84der gesetzgeber wollte damit ersichtlich dem umstand rechnung tragen, dass private labore keinen einfluss auf das inverkehrbringen des untersuchten erzeugnisses haben und regelmäßig auch kein sicheres wissen darüber, ob sich das erzeugnis bereits im verkehr befindet bzw. wann und unter welchen voraussetzungen ein inverkehrbringen durch den lebensmittelunternehmer beabsichtigt ist. dazu sollte das labor nach der vorstellung des gesetzgebers auch nicht vor der meldung zunächst erkundigungen beim lebensmittelunternehmer einholen. dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass die unterrichtung der zuständigen behörde nach § 44 abs. 4a lfgb unverzüglich zu erfolgen hat. 85auch das mit der vorschrift des § 44 abs. 4a lfgb beabsichtigte ziel, die sicherheit des verkehrs mit lebensmitteln und damit den verbraucherschutz zu erhöhen, bestätigt das hier vertretene verständnis der norm. die erweiterung der meldepflicht auf private labore erhöht die sicherheit des verkehrs mit lebensmitteln. 86so auch rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 72. 87die auffassung der klägerin, zusätzliche meldungen von laborverantwortlichen könnten zu einem erhöhten bürokratieaufwand führen und damit die effektive reaktion der behörden beeinträchtigen, teilt der senat nicht. es bestehen keine objektiven anhaltspunkte für die annahme, die zuständigen behörden könnten aufgrund der meldungen von privaten laboren überfordert sein und ihren überwachungsaufgaben deshalb nicht mehr in ausreichendem maße bzw. schlechter als ohne die meldungen von laboren nachkommen. in diesem sinne haben auch die vertreter des beklagten in der mündlichen verhandlung vor dem senat erklärt, dass weder aktuell eine überforderung der zuständigen behörden bekannt sei noch dies zu befürchten sei, selbst wenn sich die anzahl an meldungen von laboren in zukunft erhöhte. 88der von der klägerin angeführte „leitfaden für die durchführung der meldungen nach § 44 abs. 4a und 5a lebensmittel- und futtermittelgesetzbuch (lfgb)“ der alb-projektgruppe der länderarbeitsgemeinschaft verbraucherschutz (lav) vom 27./28. september 2012 stellt das hier gefundene auslegungsergebnis nicht in frage. rechtliche verbindlichkeit kommt dem leitfaden mangels rechtsnormcharakter ohnehin nicht zu. abgesehen davon sind die in dem leitfaden gegebenen hinweise aber auch nicht, wie das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dahingehend zu verstehen, dass danach in der hier in rede stehenden konstellation eine meldepflicht des laborverantwortlichen nicht besteht. 89anders als die klägerin meint, ergibt sich derartiges nicht aus ziff. 1a des leitfadens. im gegenteil besteht danach eine meldepflicht im hier streitigen fall. der hinweis mit der überschrift „zweckbestimmung“ bezieht sich auf von dem labor analysierte lebensmittel, die nicht in den verkehr gebracht werden sollen. genannt sind muster im rahmen von produktentwicklungen oder rohstoffe, die nicht zum inverkehrbringen bestimmt sind. solche erzeugnisse sind nach auffassung der ersteller des leitfadens nicht von einer meldeverpflichtung erfasst. das im vorliegenden fall analysierte lebensmittel „c. mandelkerne“ war jedoch, wie ausgeführt, zum inverkehrbringen bestimmt. darüber hinaus weist satz 3 in ziff. 1a darauf hin, dass der verantwortliche des labors davon ausgehen muss, dass das lebensmittel zum inverkehrbringen bestimmt ist, sofern er nicht vom auftraggeber einen hinweis erhält, dass es sich beispielsweise um ein muster im rahmen von produktentwicklungen handelt. 90ziff. 5c des leitfadens, worauf sich die klägerin weiter beruft, betrifft einen anderen als den vorliegenden fall. nach diesem hinweis des leitfadens entfällt die pflicht (des labors) zur meldung, wenn der verantwortliche des labors bei einer nachfrage erfährt, dass das erzeugnis bereits unschädlich vernichtet oder unschädlich weiterverarbeitet worden ist. ungeachtet der frage, ob dies mit der gesetzlichen regelung in § 44 abs. 4a lfgb vereinbar ist, hat der laborverantwortliche im hier streitigen fall eine solche auskunft jedenfalls nicht erhalten. vielmehr hat die auftraggeberin (nur) mitgeteilt, dass das untersuchte produkt nicht in den verkehr gebracht worden sei, und dass die ware einer behandlung zur nachweislichen reduzierung des schadstoffs auf ein unbedenkliches maß unterzogen werde. dass das erzeugnis unschädlich vernichtet oder weiterverarbeitet worden ist, hat das labor der klägerin durch die von ihr veranlasste nachfrage („kundenauskunft“) nicht erfahren. 91den ‑ hier im streit stehenden ‑ fall einer freigabeuntersuchung bzw. den fall, dass das labor bei einer nachfrage erfährt, dass das lebensmittel noch nicht in den verkehr gebracht worden ist und dass es einer behandlung zur reduzierung des schadstoffs auf ein unbedenkliches maß unterzogen wird, regelt der leitfaden nicht. das hat auch der prozessbevollmächtigte der klägerin in der mündlichen verhandlung vor dem senat eingeräumt und ausgeführt, dass sich die rechtsauffassung der klägerin nur mittelbar aus den genannten ziffern des leitfadens ergebe. 922. die in § 44 abs. 4a lfgb normierte meldepflicht der labore verstößt nicht gegen europäisches recht. eine vollständige harmonisierung im bereich der meldepflichten über nicht sichere lebensmittel mit der folge der unzulässigkeit weitergehender mitgliedstaatlicher regelungen hat die vo (eg) nr. 178/2002 nicht bewirkt (a.). die meldepflicht der laborverantwortlichen ist auch im übrigen unionsrechtlich nicht zu beanstanden (b.). eine vorlage an den eugh ist nicht erforderlich (c.). 93a. anders als die klägerin meint, harmonisiert art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 die meldepflichten bei nicht sicheren lebensmitteln nicht abschließend mit der folge, dass die mitgliedstaaten weitergehende meldepflichten nach nationalem recht grundsätzlich nicht vorsehen dürften. nach art. 19 abs. 3 satz 1 vo (eg) nr. 178/2002 teilt ein lebensmittelunternehmer, wenn er erkennt oder grund zu der annahme hat, dass ein von ihm in verkehr gebrachtes lebensmittelmöglicherweise die gesundheit des menschen schädigen kann, dies unverzüglich der zuständigen behörde mit. nach art. 19 abs. 1 vo (eg) nr. 178/2002 trifft den lebensmittelunternehmer außerdem die pflicht zu einer rücknahme oder einem rückruf von nicht sicheren lebensmitteln. eine meldepflicht des verantwortlichen eines labors, das lebensmittel analysiert, sieht die verordnung nicht vor. das hindert den deutschen gesetzgeber aber nicht, eine solche meldepflicht von laboren auf nationaler ebene anzuordnen. 94das lebensmittelrecht ist in weiten teilen unionsrechtlich determiniert. auch die verordnung (eg) nr. 178/2002 ist teil des rechtlichen rahmens, der die lebensmittelsicherheit in der union regelt. 95vgl. auch schlussanträge des generalanwalts vom 11. februar 2021 im verfahren c-579/19, juris rn. 2. 96durch diese verordnung sind zwar einzelstaatliche vorschriften im bereich des lebensmittelrechts harmonisiert worden. nach § 4 abs. 2 vo (eg) nr. 178/2002 bilden die in den artikeln 5 bis 10 der verordnung festgelegten allgemeinen grundsätze einen horizontalen gesamtrahmen, der einzuhalten ist, wenn maßnahmen getroffen werden. auch dem fünften erwägungsgrund lässt sich entnehmen, dass mit der verordnung harmonisierte regeln geschaffen werden sollten. nach dieser erwägung ist eine angleichung der konzepte, grundsätze und verfahren des lebensmittelrechts der mitgliedstaaten notwendig, um eine gemeinsame grundlage für maßnahmen des lebensmittel- und futtermittelsektors zu schaffen, die in den mitgliedstaaten und auf gemeinschaftsebene erlassen werden. im bereich der meldepflichten bei unsicheren lebensmitteln ist diese harmonisierung jedoch nicht abschließend, so dass es den mitgliedstaaten freigestellt bleibt, unter beachtung der regelungen im vertrag über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv) darüber hinausgehende regelungen zu treffen. 97so auch rathke, in: zipfel/rathke, lebensmittelrecht, stand: juli 2021, § 44 rn. 50a (zu § 44 abs. 4); a. a. sperlich, zlr 2010, 59 (65); meyer, in: meyer/streinz, lfgb kommentar, 2. aufl. 2012, § 44 rn. 35; grube, zlr 2012, 446 (455) und zlr 2021, 259 (263 f.); meisterernst/eberlein, lmur 2018, 137 (138). 98aus dem umstand, dass in art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 konkrete plichten der lebensmittelunternehmer geregelt sind, kann entgegen der auffassung der klägerin nicht geschlossen werden, dass deshalb eine meldepflicht eines laborverantwortlichen unionsrechtlich nicht zulässig wäre. art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 regelt allein die pflichten der lebensmittelunternehmer, die die primäre rechtliche verantwortung für die gewährleistung der lebensmittelsicherheit tragen (vgl. erwägungsgrund 30 der verordnung). lebensmittelunternehmer trifft nach dieser vorschrift die pflicht zu einer rücknahme, einem rückruf oder einer meldung von nicht sicheren lebensmitteln. harmonisiert ist danach durch art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 allenfalls der bereich der pflichten der lebensmittelunternehmer, zu denen etwa auch deren meldepflichten gehören. etwaige pflichten von privaten laboren, die lebensmittel analysieren, bzw. von laborverantwortlichen sind dagegen weder in art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 geregelt noch in einer anderen vorschrift der verordnung; sie verhält sich hierzu nicht. der verordnungsgeber hat im übrigen auch nicht den bereich der meldepflichten (für unterschiedliche personenkreise) generell geregelt, sondern vielmehr unterschiedliche pflichten (nur) der primär verantwortlichen lebensmittelunternehmer. aus einer solchen regelung lässt sich dann aber nicht der rückschluss ziehen, meldepflichten seien abschließend geregelt worden. ebenso wenig lässt sich aus der nichtregelung einer meldepflicht für labore folgern, dass der verordnungsgeber diese für nicht zulässig gehalten hätte. entgegen der auffassung der klägerin widerspricht die meldepflicht der labore auch nicht dem „grundprinzip der eigenverantwortung“ des lebensmittelunternehmers. die (primäre) verantwortung des lebensmittelunternehmers entsprechend den vorgaben des art. 19 vo (eg) nr. 178/2002 bleibt durch die meldepflicht der labore unberührt. dass der lebensmittelunternehmer hauptverantwortlich ist für die gewährleistung der lebensmittelsicherheit, schließt es nicht aus, dass auch andere personen oder stellen (mit‑)verantwortlich sind. 99gegen eine vollharmonisierung im bereich der meldepflichten sprechen weiter die verordnungsziele eines hohen maßes an schutz für die gesundheit der menschen sowie des schutzes der verbraucherinteressen (vgl. art. 1 abs. 1 satz 1, art. 5 abs. 1 und art. 8 der verordnung und erwägungsgründe 2 und 8). wie bereits ausgeführt, führt die zusätzliche meldepflicht privater labore zu einer erhöhten sicherheit des verkehrs mit lebensmitteln. ziel der verordnung ist im übrigen, wie ebenfalls bereits ausgeführt, eine angleichung der „konzepte,grundsätze und verfahren“ des lebensmittelrechts der mitgliedstaaten (vgl. art. 4 abs. 2 der verordnung und erwägungsgrund 5). daraus folgt, dass mit der verordnung nicht sämtliche einzelmaßnahmen im bereich des lebensmittelrechts harmonisiert werden sollten. 100dem steht nicht entgegen, dass der verordnungsgeber auch im blick hatte, dass unterschiedliche maßnahmen der mitgliedstaaten betreffend lebensmittel das funktionieren des binnenmarkts unmittelbar beeinträchtigen können (vgl. art. 1 abs. 1 satz 1 der verordnung und erwägungsgründe 4, 26 und 30). denn ziel des verordnungsgebers ist ersichtlich ein funktionierender binnenmarkt für sichere lebensmittel (vgl. art. 5 abs. 2 der verordnung und erwägungsgründe 1 und 27). dieses ziel soll durch eine angleichung der konzepte, grundsätze und verfahren des lebensmittelrechts erreicht werden (vgl. erwägungsgründe 4 und 5), erfordert aber nicht die harmonisierung aller einzelmaßnahmen. 101dieses ergebnis einer fehlenden vollharmonisierung im bereich der meldepflichten ergibt sich auch aus anderen vorschriften der verordnung, die auf mitgliedstaatliches recht verweisen. so betreiben die mitgliedstaaten nach art. 17 abs. 2 uabs. 2 vo (eg) nr. 178/2002 ein system amtlicher kontrollen und führen andere den umständen angemessene maßnahmen durch. auch art. 19 abs. 3 satz 2 vo (eg) nr. 178/2002 verweist auf das einzelstaatliche recht und die einzelstaatliche rechtspraxis. 102das (wohl systematische) argument der klägerin, die regelung im futtermittelrecht, wonach der futtermittelunternehmer das mit der durchführung einerdioxinuntersuchung beauftragte labor anweist, die ergebnisse dieser untersuchung der zuständigen behörde zu melden, falls die maßgeblichen dioxinhöchstgehalte überschritten wurden (vgl. anhang ii der vo (eg) nr. 183/2005, ziff. 7 im abschnitt „dioxinüberwachung von ölen, fetten und daraus hergestellten erzeugnissen“), belege, dass ein labor keine eigene verantwortung habe, stellt das gefundene ergebnis nicht in frage. der regelung lässt sich zwar entnehmen, dass der verordnungsgeber den futtermittelunternehmer als primär verantwortlich für die sicherheit von futtermitteln angesehen hat. daraus lässt sich indes nicht schließen, dass labore, die analysen bei lebensmitteln durchführen, im anwendungsbereich der verordnung (eg) nr. 178/2002 nach dem willen des verordnungsgebers nicht sekundär verantwortliche für die sicherheit von lebensmitteln sein können. 103a. a. meyer, in: meyer/streinz, lfgb kommentar, 2. aufl. 2012, § 44 rn. 35. 104im gegenteil dürfte sich aus dem fehlen einer entsprechenden regelung im (unionsrechtlichen) lebensmittelrecht sogar schließen lassen, dass der verordnungsgeber insoweit eine meldepflicht von laboren bewusst nicht geregelt hat, mithin insoweit eine vollständige harmonisierung nicht beabsichtigt hat. 105b. die in § 44 abs. 4a lfgb geregelte meldepflicht der laborverantwortlichen verstößt auch sonst nicht gegen unionsrecht. selbst wenn man darin eine beschränkung der dienstleistungsfreiheit (art. 49 ff. aeuv) der privaten labore in deutschland sehen wollte, wäre diese aus gründen des gesundheits- und verbraucherschutzes gerechtfertigt. 106c. eine vorlage an den eugh nach art. 267 abs. 2 aeuv ist nicht erforderlich. nach den oben gemachten ausführungen lässt sich die frage der vereinbarkeit von § 44 abs. 4a lfgb mit art. 19 vo (eg) nr. 178/2002, insbesondere die frage nach einer etwaigen harmonisierung von meldepflichten bei nicht sicheren lebensmitteln, auch ohne eine vorlage an den eugh beantworten. eine vorlagepflicht nach art. 267 abs. 3 aeuv trifft den senat, der nicht letztinstanzlich entscheidet, nicht. 1073. die meldepflicht der laborverantwortlichen verletzt die klägerin nicht in ihren grundrechten. 108zur anwendung kommen hier die grundrechte des grundgesetzes und nicht diejenigen der grundrechtecharta der europäischen union. 109im geltungsbereich des rechts der europäischen union hängt die bestimmung der für deutsche behörden und gerichte maßgeblichen grundrechtsverbürgungen grundsätzlich davon ab, ob die zu entscheidende rechtsfrage unionsrechtlich vollständig determiniert ist. dies richtet sich in aller regel nach den normen, aus denen die rechtsfolgen für den streitgegenständlichen fall abzuleiten sind, also danach, ob das streitgegenständliche rechtsverhältnis und die sich aus ihm konkret ergebenden rechtsfolgen durch das unionsrecht oder das nationale recht festgelegt werden. maßgeblich sind die im konkreten fall anzuwendenden vorschriften in ihrem kontext, nicht eine allgemeine betrachtung des in rede stehenden regelungsbereichs. 110vgl. bverfg, beschlüsse vom 27. april 2021 ‑ 2 bvr 206/14 ‑, nvwz 2021, 1211 = juris rn. 35, 42, und vom 6. november 2019 ‑ 1 bvr 276/17 ‑, bverfge 152, 216 = juris rn. 78; ovg nrw, urteil vom 14. dezember 2021 ‑ 9 a 1531/16 ‑, juris rn. 144. 111hiervon ausgehend ist der streitfall nicht vollständig unionsrechtlich determiniert. vielmehr wird das streitgegenständliche rechtsverhältnis durch § 44 abs. 4a lfgb bestimmt. dabei handelt es sich nach den vorstehenden ausführungen ‑ und im übrigen auch nach auffassung der klägerin ‑ um eine rein nationale vorschrift. 112im übrigen dürften aber ohnehin die grundrechtsgarantien des grundgesetzes, der europäischen menschenrechtskonvention und der charta der grundrechte der europäischen union einen im wesentlichen funktional vergleichbaren schutz gewährleisten und sich in großem umfang als deckungsgleiche gewährleistungen darstellen. das gilt insbesondere für art. 12 abs. 1 gg und art. 16 grch. 113vgl. bverfg, beschluss vom 27. april 2021 ‑ 2 bvr 206/14 ‑, a. a. o. rn. 58, 83. 114a. die in § 44 abs. 4a lfgb geregelte meldepflicht der laborverantwortlichen verletzt die klägerin nicht in ihrer berufsausübungsfreiheit aus art. 12 abs. 1 satz 2 gg. 115die meldepflicht der laborverantwortlichen beeinträchtigt schon nicht die berufsausübungsfreiheit der klägerin. mit der verpflichtung zur unterrichtung der zuständigen behörde durch ihre laborverantwortlichen wird von der klägerin nicht die offenlegung von betriebs- oder geschäftsgeheimnissen verlangt. 116das grundrecht der berufsfreiheit gewährleistet grundsätzlich auch den schutz von betriebs- und geschäftsgeheimnissen. 117vgl. etwa bverfg, beschluss vom 14. märz 2006 ‑ 1 bvr 2087/03, 1 bvr 2111/03 ‑, bverfge 115, 205 = juris rn. 81 ff. m. w. n. 118werden betriebs- und geschäftsgeheimnisse durch den staat offen gelegt oder verlangt er deren offenlegung, ist art. 12 abs. 1 gg in seinem schutzbereich berührt, weil dadurch die ausschließliche nutzungsmöglichkeit des betroffenen wissens für den eigenen erwerb beeinträchtigt werden kann. wird exklusives wettbewerbserhebliches wissen konkurrenten zugänglich gemacht, mindert dies die möglichkeiten eines grundrechtsträgers, die eigene berufsausübung unter rückgriff auf dieses wissen erfolgreich zu gestalten. 119vgl. etwa bverfg, beschluss vom 27. april 2021 ‑ 2 bvr 206/14 ‑, a. a. o. rn. 52 m. w. n.; ovg nrw, beschluss vom 23. märz 2021 ‑ 9 b 966/20 ‑, nwvbl. 2021, 337 = juris rn. 48. 120betriebs- und geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein unternehmen bezogenen tatsachen, umstände und vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten personenkreis zugänglich sind und an deren nichtverbreitung der rechtsträger ein berechtigtes interesse hat. betriebsgeheimnisse umfassen im wesentlichen technisches wissen im weitesten sinne; geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches wissen. dazu zählen etwa umsätze, ertragslagen, geschäftsbücher, kundenlisten, bezugsquellen, konditionen, marktstrategien, unterlagen zur kreditwürdigkeit, kalkulationsunterlagen, patentanmeldungen und sonstige entwicklungs- und forschungsprojekte, durch welche die wirtschaftlichen verhältnisse eines betriebs maßgeblich bestimmt werden können. 121vgl. etwa bverfg, urteil vom 21. oktober 2014 ‑ 2 bve 5/11 ‑, bverfge 137, 185 = juris rn. 182 m. w. n. 122die nach § 44 abs. 4a lfgb an die zuständige behörde zu übermittelnden informationen, insbesondere das ergebnis der analyse und der auftraggeber der analyse, sind keine in diesem sinne schützenswerten betriebs- oder geschäftsgeheimnisse der klägerin. bei den betreffenden informationen handelt es sich nicht um exklusives, auf den betrieb der klägerin bezogenes technisches oder kaufmännisches wissen. das behauptet im übrigen auch die klägerin nicht. sie beruft sich vielmehr auf eine generelle, ihr obliegende verschwiegenheitspflicht und damit letztlich auf eine art „berufsgeheimnis“, das sie als geschäftsgeheimnis bezeichnet. um ein geschäftsgeheimnis im sinne der oben genannten definition geht es dabei aber nicht. soweit die klägerin in diesem zusammenhang weiter ausführt, ihre kunden beauftragten sie in dem vertrauen darauf, dass „geschäftsgeheimnisse“, zu denen auch „informationen zu den eigenen produkten“ zählten, nicht weitergegeben würden, ist schon nicht erkennbar, dass ein geschäftsgeheimnis der klägerin weitergegeben würde. den schutz von betriebs- und geschäftsgeheimnissen ihrer kunden kann die klägerin nicht geltend machen. darüber hinaus ist es kein von art. 12 abs. 1 gg geschütztes betriebsgeheimnis im sinne der oben genannten definition, dass ein lebensmittel gesundheitsschädlich oder aus anderen gründen nicht sicher ist. 123b. soweit die klägerin ‑ unter berufung auf art. 7 grch und art. 8 emrk ‑ eine verletzung ihres rechts auf achtung des (beruflichen bzw. geschäftlichen) privatlebens geltend macht, ist für eine grundrechtsverletzung ‑ zur anwendung käme hier art. 2 abs. 1 gg ‑ nichts ersichtlich. nach den vorstehenden ausführungen beeinträchtigt die in § 44 abs. 4a lfgb normierte meldepflicht der laborverantwortlichen nicht die berufliche und geschäftliche tätigkeit der klägerin unter dem aspekt des schutzes von betriebs- und geschäftsgeheimnissen, die grundsätzlich (auch) dem schutz von art. 8 emrk und art. 7 grch unterfallen dürften. insoweit gewährt art. 2 abs. 1 gg keinen weitergehenden schutz. 124die in § 44 abs. 4a lfgb normierte meldepflicht der laborverantwortlichen berührt auch nicht den schutzbereich des rechts der klägerin auf informationelle selbstbestimmung. anhaltspunkte dafür, dass die klägerin durch die meldepflicht einer gefährdung hinsichtlich ihrer spezifischen freiheitsausübung, hier ihrer wirtschaftlichen tätigkeit ausgesetzt wäre, 125vgl. zum schutzbereich des rechts auf informationelle selbstbestimmung einer juristischen person etwa bverfg, beschluss vom 13. juni 2007 ‑ 1 bvr 1550/03 u. a. ‑, bverfge 118, 168 = juris rn. 155, 126sind weder von der klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. der von dem prozessbevollmächtigten der klägerin in der mündlichen verhandlung vor dem senat angeführte vergleich mit kenntnissen eines rechtsanwalts über einen mandanten oder einen sachverhalt, die dieser behörden nicht offenbaren dürfe, trägt nicht. diese situation ist mit der weitergabe der von § 44 abs. 4a lfgb erfassten informationen an die zuständige behörde nicht vergleichbar. weder ist die klägerin eine natürliche person noch ein berufsgeheimnisträger noch geht es bei den hier betroffenen informationen über ein unsicheres lebensmittel um eine schutzbedürftige, vertrauliche kommunikation wie im verhältnis von rechtsanwalt und mandant, die ‑ insbesondere bei strafverfahren ‑ auch durch das recht auf ein rechtsstaatlich faires verfahren begründet ist. 127vgl. hierzu etwa bverfg, beschluss vom 12. april 2005 ‑ 2 bvr 1027/02 ‑, bverfge 113, 29 = juris rn. 87 ff. 128die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 und abs. 3 vwgo. dem beigeladenen können kosten nicht auferlegt werden, weil dieser keinen antrag gestellt und sich damit selbst einem kostenrisiko nicht ausgesetzt hat. 129die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711 und § 709 satz 2 zpo. 130die revision ist wegen grundsätzlicher bedeutung gemäß § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo zuzulassen. die fragen der vereinbarkeit der meldepflicht von laborverantwortlichen mit unionsrecht sowie die auslegung des § 44 abs. 4a lfgb sind höchstrichterlich noch nicht geklärt. |
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} | 8 O 372/17 | 2022-02-17T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 249.065,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2018 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 12 Prozent, die Beklagte zu 88 Prozent. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Trägerin des Krankenhauses in T. Sie gewährt ihren Beschäftigten eine betriebliche Zusatzversorgung nach Maßgabe des öffentlichen Tarifrechts. Die Zusatzversorgung wird durch die Beklagte durchgeführt. Das Krankenhaus war zunächst als Eigenbetrieb der BKK Hoesch, zuletzt der BKK vor Ort, einem Mitglied der Beklagten, geführt worden. Zum 01.01.2013 wurde der Betrieb auf die Klägerin übertragen, die zu diesem Datum auch selbständiges Mitglied der Beklagten wurde. 3Die Beklagte führt die Zusatzversorgungskasse als rechtlich unselbständiges Sondervermögen. Die Einzelversicherungsverhältnisse und Versicherungsleistungen richten sich nach den Bestimmungen des Altersvorsorge-Tarifvertrags Kommunal („ATV-K“, siehe § 2 Abs. 2 der Satzung der Zusatzversorgungskasse der Beklagten („KVWS“)). 4Für das streitgegenständliche Kalenderjahr 2014 enthielt die Satzung der Zusatzversorgungskasse der Beklagten folgende Regelungen zur Umlagezahlungspflicht ihrer Mitglieder: 5„§ 60 Ermittlung und Deckung des Finanzbedarfs im Abrechnungsverband I 61Der Finanzbedarf für die Kassenleistungen aus der Pflichtversicherung wird für den Deckungsabschnitt und ein weiteres Jahr festgestellt. 2Zur Deckung dieses Finanzbedarfs sind die Umlagen und Sanierungsgelder für den Deckungsabschnitt nach versicherungsmathematischen Grundsätzen so festzusetzen, dass die für den Deckungsabschnitt zu entrichtenden Umlagen zusammen mit den sonstigen zu erwartenden Einnahmen aus der Pflichtversicherung und dem zu Beginn des Deckungsabschnitts insoweit vorhandenen Teilvermögen – jedoch ohne das Vermögen nach § 56 Abs. 2 Satz 2 – voraussichtlich ausreichen, um die Ausgaben für den Deckungsabschnitt und ein weiteres Jahr zu bestreiten. 3Der Deckungsabschnitt soll so bemessen werden, dass die voraussichtlichen Verpflichtungen der Kasse aus den Anwartschaften und Leistungen aus der Pflichtversicherung dauerhaft erfüllt werden können; er darf jedoch zehn Jahre nicht unterschreiten. 4Nach spätestens drei Jahren ist der Bedarf an Umlage und Sanierungsgeld für einen neuen Deckungsabschnitt nach Satz 1 festzusetzen (gleitender Deckungsabschnitt). 7§ 62 Umlagen 8(1) Die Umlage beträgt 4,5 v.H. des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (Absatz 2). […] 9§ 63 Sanierungsgeld 10(1) Infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels zum Punktemodell erhebt die Kasse zur Finanzierung der Ansprüche und Anwartschaften, die vor dem 1. Januar 2002 begründet worden sind, ein pauschales Sanierungsgeld zur Deckung eines zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die Einnahmen bei dem Umlagesatz von 4,5 v.H. hinausgeht. 11(2) Sanierungsgeld kann erhoben werden, solange das Kassenvermögen am Ende des Deckungsabschnittes ohne Berücksichtigung des Sanierungsgelds den versicherungsmathematischen Barwert der zu diesem Zeitpunkt bestehenden und vor dem 1. Januar 2002 begründeten Anwartschaften und Ansprüche voraussichtlich unterschreitet […]“ 12(Fassung der Satzung der Kommunalen Zusatzversorgungskasse Westfalen-Lippe in der Neufassung vom 9. Juli 2002 (GV. NRW. S. 468), hinsichtlich § 63 geändert durch die 1. Satzungsänderung vom 16. Juli 2003 (GV. NRW. S. 619) und die 5. Satzungsänderung vom 8. Juni 2006 (GV. NRW. S. 457). 13Für das Kalenderjahr 2014 galt ein seit dem 01.01.2012 laufender Deckungsabschnitt mit einer einhundertjährigen Dauer. Für diesen Deckungsabschnitt hatte der Kassenausschuss der Beklagten in einem Beschluss vom 19.10.2011, der Empfehlung des Verantwortlichen Aktuars folgend, einen Gesamtfinanzierungsbedarf von 7,50 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts festgestellt. Es wurde ein Sanierungsgeld von 3,00 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts festgesetzt. Die Klägerin zahlte auf dieser Grundlage insgesamt 249.065,94 € für das Jahr 2014 an die Beklagte. 14Die Klägerin ist der Ansicht, das Sanierungsgeld sei fehlerhaft erhoben worden. Sanierungsgeld habe nach dem ATV-K nur zur Deckung eines aus der zum 01.01.2002 vorgenommenen Systemumstellung vom Gesamtversorgungssystem zum sogenannten Punktemodell entstehenden zusätzlichen Finanzbedarfs erhoben werden dürfen; das von der Beklagten erhobene Sanierungsgeld diene aber ihrer allgemeinen Finanzierung. Auch seien falsche Rechnungsgrundlagen sowie ein unzulässig langer Deckungsabschnitt gewählt worden. Der Beschluss zur Erhebung des Sanierungsgelds sei damit ermessensfehlerhaft gewesen. 15Mit ihrer am 05.01.2018 zugestellten Klage beantragt sie, 161. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 249.065,94 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen, 172. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin zur Herausgabe der seit Erhalt der jeweiligen Teilzahlungen bis zur Rechtshängigkeit gezogenen Nutzungen verpflichtet ist. 18Die Beklagte beantragt, 19 die Klage abzuweisen. 20Sie verteidigt ihre Satzungsbestimmungen sowie den Beschluss zur Sanierungsgelderhebung vom 19.10.2011 mit eingehendem Vortrag als rechtmäßig. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Die Klage ist, was den Zahlungsantrag zu Ziffer 1.) betrifft, begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. 24I. 25Die Klage auf Rückzahlung der geleisteten Sanierungsgelder ist begründet. 261. 27Dabei kann es dahinstehen, ob das Sanierungsgeld bei der Beklagten schon deshalb zu Unrecht erhoben wurde, weil die satzungsmäßige Zweckbestimmung des Sanierungsgelds in § 63 Abs. 1 KVWS – wonach Sanierungsgeld erhoben werden durfte zur Finanzierung der Altverbindlichkeiten – mit der Befugnis nach § 17 Abs. 1 ATV-K unvereinbar ist. Letztere erlaubt zumindest nach ihrem Wortlaut nur die Erhebung von Sanierungsgeld für Finanzbedarf, der „infolge“ des Systemwechsels vom Gesamtversorgungssystem zum Punktemodell entstanden ist. Jedenfalls nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm soll diese Befugnis so zu verstehen sein, dass nur kausal durch den Systemwechsel entstandener Finanzbedarf mit Sanierungsgeld gedeckt werden darf (OLG Hamm, Urteil vom 29. Juni 2017 – I-6 U 212/15 –, juris Rn. 94ff.). Dies würde im Kern bedeuten, dass nur solche Zusatzversorgungskassen, die zusammen mit dem Systemwechsel auf Leistungsseite auch einen Systemwechsel auf Finanzierungsseite (hin zu einer zumindest teilweise kapitalgedeckten Finanzierung) vollzogen, nennenswerte Sanierungsgelder hätten erheben dürfen. Die Beklagte hätte, wie sie selbst zutreffend ausführt, wegen ihrer Entscheidung zur Beibehaltung der Umlagefinanzierung allenfalls Verwaltungskosten über Sanierungsgelder abdecken können. 28Inwiefern diese wortlautgetreue Auslegung von § 17 Abs. 1 ATV-K zutrifft, erschien zumindest im Jahr 2015 dem Bundesgerichtshof zweifelhaft (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2015 – IV ZR 336/14 – juris Rn. 34), jedenfalls war es auch im Jahr 2011, in dem der streitgegenständliche Kassenausschussbeschluss erging, höchstrichterliche Rechtsprechung, dass die in ihrer Zweckbestimmung (Finanzierung des Altbestands) identische Regelung von § 65 der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) mit den Vorgaben des § 17 Abs. 1 ATV-K vereinbar sei (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 76/09 –, BGHZ 190, 314-353, juris Rn. 58; ebenso in den weiteren Urteilen vom selben Tag, BGH IV ZR 46/09 und 68/09, und zuletzt BGH, Beschluss vom 09. September 2014 – IV ZR 35/12 –, juris Rn. 5). 292. 30Die vorbeschriebene Auslegungsfrage bedarf jedoch keiner Beantwortung, weil jedenfalls die konkrete Sanierungsgeldbemessung für die Jahre ab 2012 durch die Zusatzversorgungskasse der Beklagten unzutreffend erfolgte. Das Gericht folgt hier der überzeugenden Einschätzung der 15. Zivilkammer des hiesigen Landgerichts im Parallelverfahren Az. (Urteil vom 23.09.2021). Der Kassenausschussbeschluss vom 19.10.2011 erfolgte ermessensfehlerhaft, weil nach diesem Beschluss das erhobene Sanierungsgeld nicht auf seinen satzungsmäßigen Zweck – die Finanzierung von Altverbindlichkeiten – beschränkt war und auch keine satzungskonforme Deckungsabschnittslänge gewählt wurde. 31Hierzu gilt: 32§ 63 Abs. 1 der Satzung der Zusatzversorgungskasse der Beklagten (im Folgenden: KVWS) – in der Fassung der 1. und 5. Satzungsänderungen vom 16. Juli 2003 und 8. Juni 2006 – erlaubte der Zusatzversorgungskasse allein die Erhebung von Sanierungsgeld „zur Finanzierung der Ansprüche und Anwartschaften, die vor dem 1. Januar 2002 begründet worden sind.“ Zugleich war in § 63 Abs. 2 KWVS als „Abbruchkriterium“ festgeschrieben, dass Sanierungsgeld nicht mehr erhoben werden durfte, wenn das Kassenvermögen unter Herausrechnung des Sanierungsgelds „am Ende des Deckungsabschnitts“ den Barwert der Altverbindlichkeiten überschritt. 33Beiden Regelungen wurde der Kassenausschussbeschluss vom 19.10.2011 nicht gerecht. Denn Grundlage der beschlossenen Umlagesätze war allein eine zuvor erfolgte Berechnung der insgesamt erforderlichen Einnahmen bzw. Vermögensrückstellungen, die ohne Differenzierung von Neu- und Altverbindlichkeiten erfolgte. Die Beklagte hat sodann diesen gesamten Finanzierungsbedarf in einen hundertjährigen Deckungsabschnitt eingestellt. Dies führte dazu, dass sie (nur) einen einzelnen anzustrebenden Gesamtumlagesatz ermittelte, nämlich einen solchen, der einhundert Jahre stabil bleiben kann (unterstellt, dass sich bei den wesentlichen versicherungsmathematischen Rechnungsgrößen – Sterbetafeln, Zinsfüße, Entgelt- und Rentendynamik – nichts verändert). Dies wird ganz plastisch durch die Ausführungen auf S. 4 des versicherungsmathematischen Gutachtens C vom 22.07.2011, das Grundlage des Kassenausschlussbeschlusses vom 19.10.2011 war. Dort ist u.a. dargestellt: 34„10. Seit Umstellung des Leistungsrechts von der Gesamtversorgung auf das Punktemodell wird von der [Zusatzversorgungskasse] unverändert ein Umlagesatz in Höhe von 4,5 % der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte erhoben; das heißt, dass die Anpassung des Finanzierungsbedarfs, soweit möglich, jeweils über eine Veränderung/Anpassung des steuerfreien Sanierungsgeldes umgesetzt wird […] 3515. Der jeweilige Mindestwert für den Gesamtsatz S von Umlagen und Sanierungsgeldern als v.H.-Satz der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte (Vomhundertsatz) wird [wie folgt] errechnet […]“ 36Dies war indes unzulässig. Denn Sanierungsgeld durfte nach § 63 Abs. 1 KVWS nur für die Finanzierung von Altverbindlichkeiten erhoben werden. Dies gebot auch der zugrundeliegende § 17 ATV-K, denn dieser erforderte – vorbehaltlich der noch engeren Lesart des Oberlandesgerichts Hamm (s.o.) –, dass eine Abgrenzung zwischen den Kosten für das ehemalige Gesamtversorgungssystem einerseits und dem Punktemodell andererseits vorzunehmen war (Hügelschäffer in Sponer/Steinherr, TVöD/TV-L Gesamtausgabe, 230. AL Januar 2022, § 17 ATV 2.1 Anwendungsbereich Rn. 5; Kiefer/Langenbrinck/Kulok, Betriebliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst, 29. Update Oktober 2021, 2 § 17 ATV und Ziff. 4.1 des Altersvorsorgeplans: „Kosten für die alte ZV-Welt“; Breier/Dassau/Kiefer u.a., TV-L, 104. AL 09/2021, 1 Finanzierungszweck Rn. 2: „Auffüllen der Deckungslücke“). Entsprechend hat auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jüngst griffig formuliert, durch § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K habe vermieden werden sollen, dass die neuen Verpflichtungen unter dem – beitragsfinanzierten – Punktemodell mit der Erhebung von Sanierungsgeldern finanziert werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 18. März 2020 – 13 U 106/17 –, juris Rn. 60). 37Durch die Methode eines (allein ermittelten) Gesamtsatzes an anzustrebender Umlage, berechnet auf einen hundertjährigen Deckungsabschnitt, war aber das Sanierungsgeld bei der Zusatzversorgungskasse der Beklagten nichts weiter als ein Teil der (Gesamt-)Umlage der Mitglieder. Eine Differenzierung, nach der das Sanierungsgeld nur zur Zahlung auf die Altverbindlichkeiten und die allgemeine Umlage zum Kapitalaufbau für den hundertjährigen Deckungsabschnitt und die Zahlung auf Neuverbindlichkeiten verwendet würde, hat die Beklagte nicht getroffen. 38Auch konnte durch die Wahl des hundertjährigen Deckungsabschnitts die satzungsmäßige Vorgabe des „Abbruchkriteriums“ nicht gewahrt werden. Die sachgerechte Anwendung dieses „Abbruchkriteriums“ setzt aus Sicht des Gerichts – in Übereinstimmung mit der hiesigen 15. Zivilkammer – zwingend voraus, dass die zur Berechnung des Sanierungsgelds gewählten Deckungsabschnitte eine angemessene (und nicht zu große) Länge haben. Denn nur dann kann überhaupt ermessen werden, welches Kassenvermögen und welche Barwerte am Ende dieses Deckungsabschnitts vorliegen, und nur dann kann auch der Zweck des „Abbruchkriteriums“ erfüllt werden, nämlich den gewünschten Übergang zur Finanzierung aller Verbindlichkeiten durch die allgemeine Umlage herzustellen. Dieses wurde der Beklagten auch in dem C-Gutachten vom 22.07.2011 auf S. 7 für einen zehn-, zwanzig- und dreißigjährigen Deckungsabschnitt vorgerechnet (mit dem Ergebnis, dass bei einem zwanzigjährigen Deckungsabschnitt das Abbruchkriterium noch nicht, bei einem dreißigjährigen Deckungsabschnitt aber wohl schon erreicht wäre). Für einen hundertjährigen oder „ewigen“ Deckungsabschnitt enthält das Gutachten dann (logischerweise) gar keine Angaben mehr. Denn beim hundertjährigen Deckungsabschnitt geht die Kalkulation dahin, dass die heute eingenommenen Gelder potenziell (auch) solche Ausgaben mitfinanzieren, die in siebzig, achtzig oder neunzig Jahren zu machen sind, d.h. auch dann noch, wenn längst keine Altverbindlichkeiten aus dem Gesamtversorgungssystem mehr bestehen konnten. Wegen dieser Eigenheit gereicht es der Beklagten auch nicht zum Erfolg, dass sie ein gleitendes Deckungsabschnittsverfahren nutzt und im dreijährigen Rhythmus eine Überprüfung der Umlage- und Sanierungsgeldhöhe vornimmt. 39Der Einwand der Beklagten, bei einem einheitlichen Abrechnungsverband der Neu- und Altverbindlichkeiten sei ein anderes Vorgehen (im Sinne einer Kalkulation des Gesamtfinanzbedarfs und eines einheitlichen Umlagesatzes) nicht möglich, gereicht ihr dabei nicht zum Erfolg. Es scheint dem Gericht schon inhaltlich nicht zutreffend, dass zwingend ein einheitlicher Umlagesatz für alle Verbindlichkeiten hätte gebildet werden müssen. Denn es war auch in dem Heubeck-Gutachten ohne Weiteres möglich, die notwendigen Rückstellungen für Altverbindlichkeiten auszuweisen, und es war dem von der 15. Zivilkammer hinzugezogenen Sachverständigen G, dessen Gutachten die Klägerin vorgelegt hat, auch unproblematisch möglich, den zur (isolierten) Finanzierung dieser Altverbindlichkeiten erforderlichen Umlagesatz (von ihm als „Altrentensatz“ bezeichnet) zu errechnen. Die Beklagte hätte diesen Umlagesatz für die Altverbindlichkeiten zum Ausgangspunkt ihrer Sanierungsgelderhebung machen können, sodass sie – nach Abzug des „Umlage-Exzedenten“ (4,5 %, siehe § 16 Abs. 1 Satz 4 ATV-K) – einen Vom-Hundert-Satz als Sanierungsgeldsatz ermitteln konnte (siehe zu einem vergleichbaren Vorgehen einer kirchlichen Zusatzversorgungseinrichtung OLG Frankfurt, Urteil vom 18. März 2020 – 13 U 106/17 –, juris Rn. 59). Anschließend hätte die Zusatzversorgungskasse der Beklagten – auch wenn sie bei einem einheitlichen Abrechnungsverband bleiben wollte – errechnen können, wie hoch danach der allgemeine Umlagesatz sein müsste, um die noch nicht vom Sanierungsgeld gedeckten Alt- und Neuverbindlichkeiten zu finanzieren. 40Überdies gilt für den vorstehenden Einwand der Beklagten, dass sie – wenn sie sich schon darauf beschränkten wollte, einen einheitlichen Gesamtumlagesatz für alle Verbindlichkeiten zu berechnen – jedenfalls einen kürzeren Deckungsabschnitt hätte wählen können, um sicherzustellen, dass der für diesen Deckungsabschnitt festgesetzte Sanierungsgeldsatz im Wesentlichen der Finanzierung der Altverbindlichkeiten dienen würde (und im Anschluss das Abbruchkriterium zum Tragen kommt, sodass der von § 63 Abs. 2 KVWS vorgesehene Übergang zur Finanzierung aller Verbindlichkeiten durch die allgemeine Umlage vorgenommen wird). Die Beklagte hat zur Rechtfertigung ihres hundertjährigen Deckungsabschnittes indes nur vorgebracht, hiermit besonders lange Stabilität und Generationengerechtigkeit unter ihren Mitgliedern herzustellen. Hierfür war aber das Sanierungsgeld nicht gedacht. Es diente allein der „Restfinanzierung“ der Altverbindlichkeiten, nicht der Dauerfinanzierung der Beklagten. 41Die vorbeschriebenen Fehler waren auch nicht vom Ermessensspielraum des Kassenausschusses der Zusatzversorgungskasse gedeckt. Denn die Zweckbindung des Sanierungsgeldes an die Zahlung auf Altverbindlichkeiten (§ 63 Abs. 1 KVWS) diente der Einhaltung der (zwingenden) steuerlichen Vorgabe, dass steuerfreies Sanierungsgeld „der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dient“ (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 (Gesetz v. 13.12.2006, BGBl. I S. 2878). Allgemeine Umlagebeiträge des Arbeitgebers waren indes zu versteuern, weil durch sie dem Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil zufließt. 42Zur Wahrung dieser Vorgabe diente auch das Abbruchkriterium (§ 63 Abs. 2 KVWS). Letzteres bedeutete überdies, dass Kapitalauf- und abbau aus Sanierungsgeldern nur für den Zeitraum möglich war, in dem Kapital für die Zahlung von Altverbindlichkeiten benötigt wird. Beide Satzungsvorgaben durfte der Kassenausschuss der Zusatzversorgungskasse nicht – zumindest nicht ohne vorherige Satzungsänderung – ignorieren. 433. 44Da bei Zusatzversorgungskassen an die Stelle einer ermessensfehlerhaft getroffenen Leistungsbestimmung – abweichend von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB – keine gerichtliche, der Billigkeit entsprechende Leistungsbestimmung treten kann (BGH, Urteil vom 09. Dezember 2015 – IV ZR 336/14 –, juris Rn. 19), ist das erhobene Sanierungsgeld von der Beklagten insgesamt rechtsgrundlos vereinnahmt worden. Diese hat es mithin vollständig aus Bereicherungsrecht zurückzuzahlen (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB). 454. 46Das Gericht hat intensiv erwogen, inwiefern der Klägerin bei ihrem Bestreben, die von der Beklagten erhobenen Sanierungsgelder zurückzufordern, der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenstehen muss. 47Dieser Einwand liegt insoweit nahe, als dass die „Methode“ der Beklagten zu einem rechnerisch zu hohen Sanierungsgeld- und zu niedrigen allgemeinen Umlagesatz führte. Da der Finanzbedarf aber aus Sicht des Kassenausschusses der Beklagten in jedem Fall bestand, wäre bei einer korrekten „Rechenmethode“ – d.h. bei Einhaltung der vorbeschriebenen Vorgaben des § 63 Abs. 1 KVWS – ein niedrigerer Sanierungsgeldsatz, zugleich aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine höhere allgemeine Umlage festgesetzt worden. Dies wäre für die Klägerin wirtschaftlich nicht vorteilhafter gewesen, denn wegen der „Festschreibung“ des maximalen Arbeitnehmeranteils an den Beiträgen in § 16 Abs. 1 Satz 4 ATV-K hätte sie Umlagesatzsteigerungen ebenso selbst tragen müssen. Zugleich wäre eine höhere allgemeine Umlage für die Arbeitnehmer der Klägerin unmittelbar nachteilhaft gewesen, weil diese – auch in Form des Arbeitgeberbeitrags – im Jahr 2014 jedenfalls in nennenswertem Anteil als Arbeitslohn zu versteuern war, während das Sanierungsgeld steuerfrei blieb (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, einschließlich Satz 2 Buchst. d, Satz 4 EStG, und im Gegensatz dazu § 3 Nr. 56 Satz 1, § 40b Abs. 1 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007). 48Der Einwand unzulässiger Rechtsausübung greift jedoch im Ergebnis nicht durch, weil die Klägerin (und ihre Arbeitnehmer) jedenfalls durch die Wahl der Deckungsabschnittslänge selbst benachteiligt wurden. Wie das C-Gutachten vom 22.07.2011 auf S. 3 aufzeigt, lag der für die Zusatzversorgungskasse der Beklagten erforderliche Gesamtumlagesatz (inklusive Sanierungsgeld) bei einem kürzeren Deckungsabschnitt bei jeder unterstellten Zinsentwicklung und Entgeltdynamik erheblich niedriger als bei dem von dem Kassenausschuss gewählten hundertjährigen Deckungsabschnitt. Beispielhaft lag der erforderliche Gesamtumlagesatz im hundertjährigen Deckungsabschnitt bei einer angenommenen „mittleren“ Entgeltdynamik von 2,0 % und Zinsentwicklung von 4,5 % bei 7,48 % (was zu der Festsetzung von 7,5 % Gesamtumlagesatz durch den Kassenausschuss führte); bei einem zwanzigjährigen Deckungsabschnitt wären jedoch nur 5,89 %, bei einem dreißigjährigen Deckungsabschnitt 6,53 % erforderlich gewesen. 49II. 50Der weiter gestellte Feststellungsantrag ist jedenfalls unbegründet, weil unschlüssig. Auch bei einem reinen Feststellungsantrag auf Auskehr von Nutzungen (§ 818 Abs. 1 BGB) muss der Anspruchsteller zumindest grundlegend darstellen, welche Art Nutzungen der Bereicherte gezogen haben soll. Erforderlich wäre hier eine konkrete Darlegung der Klägerin gewesen, dass und inwieweit tatsächlich aus den Beiträgen Erträge erzielt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2016 – IV ZR 512/14 –, juris Rn. 27 zum vergleichbaren Fall der Nutzungsherausgabe bei der Rückforderung von Versicherungsprämien). Dies hat die Klägerin nicht getan, es kann auch nicht allgemein aus Erfahrungssätzen unterstellt werden. Denn die Beklagte ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne eigene Gewinnerzielungsabsicht tätig. Etwaige Überschüsse nutzt sie zum Aufbau von Rücklagen, statt sie an ihre Mitglieder auszuschütten; auch aus der Zahlung auf die gegen sie begründeten Rentenansprüche erwirtschaftet sie keinen Vermögensvorteil. 51III. 52Anlass zur Gewährung weitergehenden Schriftsatznachlasses zu den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung, wie von der Beklagten beantragt, bestand nicht. In der mündlichen Verhandlung sind weder neues Tatsachenvorbringen der Klägerin noch überraschende Rechtsansichten des Gerichts zur Sprache gekommen, zu denen sich die Beklagte während der bereits vierjährigen Dauer des Rechtsstreits nicht angemessen äußern konnte (und auch geäußert hat). 53IV. 54Das Gericht hat, anders als die Klägerin, dem Klageantrag zu 2.) einen eigenständigen Streitwert beigemessen (ca. 35.000 €); dieser ergibt sich als Schätzung etwaiger denkbarer Erträge aus den von der Klägerin gezahlten 249.065,94 € für fünf Jahre bis zur Klageerhebung bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 3,0 %. 55Bei einem Gesamtstreitwert von bis 284.065,94 € war danach eine Unterliegensquote bei der Klägerin zuzumessen (§ 92 Abs. 1 ZPO), für die Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bestand kein Anlass. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. | die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 249.065,94 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 06.01.2018 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin zu 12 prozent, die beklagte zu 88 prozent. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1 | 2die klägerin ist trägerin des krankenhauses in t. sie gewährt ihren beschäftigten eine betriebliche zusatzversorgung nach maßgabe des öffentlichen tarifrechts. die zusatzversorgung wird durch die beklagte durchgeführt. das krankenhaus war zunächst als eigenbetrieb der bkk hoesch, zuletzt der bkk vor ort, einem mitglied der beklagten, geführt worden. zum 01.01.2013 wurde der betrieb auf die klägerin übertragen, die zu diesem datum auch selbständiges mitglied der beklagten wurde. 3die beklagte führt die zusatzversorgungskasse als rechtlich unselbständiges sondervermögen. die einzelversicherungsverhältnisse und versicherungsleistungen richten sich nach den bestimmungen des altersvorsorge-tarifvertrags kommunal („atv-k“, siehe § 2 abs. 2 der satzung der zusatzversorgungskasse der beklagten („kvws“)). 4für das streitgegenständliche kalenderjahr 2014 enthielt die satzung der zusatzversorgungskasse der beklagten folgende regelungen zur umlagezahlungspflicht ihrer mitglieder: 5„§ 60 ermittlung und deckung des finanzbedarfs im abrechnungsverband i 61der finanzbedarf für die kassenleistungen aus der pflichtversicherung wird für den deckungsabschnitt und ein weiteres jahr festgestellt. 2zur deckung dieses finanzbedarfs sind die umlagen und sanierungsgelder für den deckungsabschnitt nach versicherungsmathematischen grundsätzen so festzusetzen, dass die für den deckungsabschnitt zu entrichtenden umlagen zusammen mit den sonstigen zu erwartenden einnahmen aus der pflichtversicherung und dem zu beginn des deckungsabschnitts insoweit vorhandenen teilvermögen – jedoch ohne das vermögen nach § 56 abs. 2 satz 2 – voraussichtlich ausreichen, um die ausgaben für den deckungsabschnitt und ein weiteres jahr zu bestreiten. 3der deckungsabschnitt soll so bemessen werden, dass die voraussichtlichen verpflichtungen der kasse aus den anwartschaften und leistungen aus der pflichtversicherung dauerhaft erfüllt werden können; er darf jedoch zehn jahre nicht unterschreiten. 4nach spätestens drei jahren ist der bedarf an umlage und sanierungsgeld für einen neuen deckungsabschnitt nach satz 1 festzusetzen (gleitender deckungsabschnitt). 7§ 62 umlagen 8(1) die umlage beträgt 4,5 v.h. des zusatzversorgungspflichtigen entgelts (absatz 2). […] 9§ 63 sanierungsgeld 10(1) infolge der schließung des gesamtversorgungssystems und des wechsels zum punktemodell erhebt die kasse zur finanzierung der ansprüche und anwartschaften, die vor dem 1. januar 2002 begründet worden sind, ein pauschales sanierungsgeld zur deckung eines zusätzlichen finanzbedarfs, der über die einnahmen bei dem umlagesatz von 4,5 v.h. hinausgeht. 11(2) sanierungsgeld kann erhoben werden, solange das kassenvermögen am ende des deckungsabschnittes ohne berücksichtigung des sanierungsgelds den versicherungsmathematischen barwert der zu diesem zeitpunkt bestehenden und vor dem 1. januar 2002 begründeten anwartschaften und ansprüche voraussichtlich unterschreitet […]“ 12(fassung der satzung der kommunalen zusatzversorgungskasse westfalen-lippe in der neufassung vom 9. juli 2002 (gv. nrw. s. 468), hinsichtlich § 63 geändert durch die 1. satzungsänderung vom 16. juli 2003 (gv. nrw. s. 619) und die 5. satzungsänderung vom 8. juni 2006 (gv. nrw. s. 457). 13für das kalenderjahr 2014 galt ein seit dem 01.01.2012 laufender deckungsabschnitt mit einer einhundertjährigen dauer. für diesen deckungsabschnitt hatte der kassenausschuss der beklagten in einem beschluss vom 19.10.2011, der empfehlung des verantwortlichen aktuars folgend, einen gesamtfinanzierungsbedarf von 7,50 % des zusatzversorgungspflichtigen entgelts festgestellt. es wurde ein sanierungsgeld von 3,00 % des zusatzversorgungspflichtigen entgelts festgesetzt. die klägerin zahlte auf dieser grundlage insgesamt 249.065,94 € für das jahr 2014 an die beklagte. 14die klägerin ist der ansicht, das sanierungsgeld sei fehlerhaft erhoben worden. sanierungsgeld habe nach dem atv-k nur zur deckung eines aus der zum 01.01.2002 vorgenommenen systemumstellung vom gesamtversorgungssystem zum sogenannten punktemodell entstehenden zusätzlichen finanzbedarfs erhoben werden dürfen; das von der beklagten erhobene sanierungsgeld diene aber ihrer allgemeinen finanzierung. auch seien falsche rechnungsgrundlagen sowie ein unzulässig langer deckungsabschnitt gewählt worden. der beschluss zur erhebung des sanierungsgelds sei damit ermessensfehlerhaft gewesen. 15mit ihrer am 05.01.2018 zugestellten klage beantragt sie, 161. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin eur 249.065,94 zzgl. zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit der klage zu zahlen, 172. festzustellen, dass die beklagte der klägerin zur herausgabe der seit erhalt der jeweiligen teilzahlungen bis zur rechtshängigkeit gezogenen nutzungen verpflichtet ist. 18die beklagte beantragt, 19 die klage abzuweisen. 20sie verteidigt ihre satzungsbestimmungen sowie den beschluss zur sanierungsgelderhebung vom 19.10.2011 mit eingehendem vortrag als rechtmäßig. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze bezug genommen. 22 | 23die klage ist, was den zahlungsantrag zu ziffer 1.) betrifft, begründet. im übrigen ist sie unbegründet. 24i. 25die klage auf rückzahlung der geleisteten sanierungsgelder ist begründet. 261. 27dabei kann es dahinstehen, ob das sanierungsgeld bei der beklagten schon deshalb zu unrecht erhoben wurde, weil die satzungsmäßige zweckbestimmung des sanierungsgelds in § 63 abs. 1 kvws – wonach sanierungsgeld erhoben werden durfte zur finanzierung der altverbindlichkeiten – mit der befugnis nach § 17 abs. 1 atv-k unvereinbar ist. letztere erlaubt zumindest nach ihrem wortlaut nur die erhebung von sanierungsgeld für finanzbedarf, der „infolge“ des systemwechsels vom gesamtversorgungssystem zum punktemodell entstanden ist. jedenfalls nach auffassung des oberlandesgerichts hamm soll diese befugnis so zu verstehen sein, dass nur kausal durch den systemwechsel entstandener finanzbedarf mit sanierungsgeld gedeckt werden darf (olg hamm, urteil vom 29. juni 2017 – i-6 u 212/15 –, juris rn. 94ff.). dies würde im kern bedeuten, dass nur solche zusatzversorgungskassen, die zusammen mit dem systemwechsel auf leistungsseite auch einen systemwechsel auf finanzierungsseite (hin zu einer zumindest teilweise kapitalgedeckten finanzierung) vollzogen, nennenswerte sanierungsgelder hätten erheben dürfen. die beklagte hätte, wie sie selbst zutreffend ausführt, wegen ihrer entscheidung zur beibehaltung der umlagefinanzierung allenfalls verwaltungskosten über sanierungsgelder abdecken können. 28inwiefern diese wortlautgetreue auslegung von § 17 abs. 1 atv-k zutrifft, erschien zumindest im jahr 2015 dem bundesgerichtshof zweifelhaft (bgh, urteil vom 9. dezember 2015 – iv zr 336/14 – juris rn. 34), jedenfalls war es auch im jahr 2011, in dem der streitgegenständliche kassenausschussbeschluss erging, höchstrichterliche rechtsprechung, dass die in ihrer zweckbestimmung (finanzierung des altbestands) identische regelung von § 65 der satzung der versorgungsanstalt des bundes und der länder (vbl) mit den vorgaben des § 17 abs. 1 atv-k vereinbar sei (vgl. bgh, urteil vom 20. juli 2011 – iv zr 76/09 –, bghz 190, 314-353, juris rn. 58; ebenso in den weiteren urteilen vom selben tag, bgh iv zr 46/09 und 68/09, und zuletzt bgh, beschluss vom 09. september 2014 – iv zr 35/12 –, juris rn. 5). 292. 30die vorbeschriebene auslegungsfrage bedarf jedoch keiner beantwortung, weil jedenfalls die konkrete sanierungsgeldbemessung für die jahre ab 2012 durch die zusatzversorgungskasse der beklagten unzutreffend erfolgte. das gericht folgt hier der überzeugenden einschätzung der 15. zivilkammer des hiesigen landgerichts im parallelverfahren az. (urteil vom 23.09.2021). der kassenausschussbeschluss vom 19.10.2011 erfolgte ermessensfehlerhaft, weil nach diesem beschluss das erhobene sanierungsgeld nicht auf seinen satzungsmäßigen zweck – die finanzierung von altverbindlichkeiten – beschränkt war und auch keine satzungskonforme deckungsabschnittslänge gewählt wurde. 31hierzu gilt: 32§ 63 abs. 1 der satzung der zusatzversorgungskasse der beklagten (im folgenden: kvws) – in der fassung der 1. und 5. satzungsänderungen vom 16. juli 2003 und 8. juni 2006 – erlaubte der zusatzversorgungskasse allein die erhebung von sanierungsgeld „zur finanzierung der ansprüche und anwartschaften, die vor dem 1. januar 2002 begründet worden sind.“ zugleich war in § 63 abs. 2 kwvs als „abbruchkriterium“ festgeschrieben, dass sanierungsgeld nicht mehr erhoben werden durfte, wenn das kassenvermögen unter herausrechnung des sanierungsgelds „am ende des deckungsabschnitts“ den barwert der altverbindlichkeiten überschritt. 33beiden regelungen wurde der kassenausschussbeschluss vom 19.10.2011 nicht gerecht. denn grundlage der beschlossenen umlagesätze war allein eine zuvor erfolgte berechnung der insgesamt erforderlichen einnahmen bzw. vermögensrückstellungen, die ohne differenzierung von neu- und altverbindlichkeiten erfolgte. die beklagte hat sodann diesen gesamten finanzierungsbedarf in einen hundertjährigen deckungsabschnitt eingestellt. dies führte dazu, dass sie (nur) einen einzelnen anzustrebenden gesamtumlagesatz ermittelte, nämlich einen solchen, der einhundert jahre stabil bleiben kann (unterstellt, dass sich bei den wesentlichen versicherungsmathematischen rechnungsgrößen – sterbetafeln, zinsfüße, entgelt- und rentendynamik – nichts verändert). dies wird ganz plastisch durch die ausführungen auf s. 4 des versicherungsmathematischen gutachtens c vom 22.07.2011, das grundlage des kassenausschlussbeschlusses vom 19.10.2011 war. dort ist u.a. dargestellt: 34„10. seit umstellung des leistungsrechts von der gesamtversorgung auf das punktemodell wird von der [zusatzversorgungskasse] unverändert ein umlagesatz in höhe von 4,5 % der zusatzversorgungspflichtigen entgelte erhoben; das heißt, dass die anpassung des finanzierungsbedarfs, soweit möglich, jeweils über eine veränderung/anpassung des steuerfreien sanierungsgeldes umgesetzt wird […] 3515. der jeweilige mindestwert für den gesamtsatz s von umlagen und sanierungsgeldern als v.h.-satz der zusatzversorgungspflichtigen entgelte (vomhundertsatz) wird [wie folgt] errechnet […]“ 36dies war indes unzulässig. denn sanierungsgeld durfte nach § 63 abs. 1 kvws nur für die finanzierung von altverbindlichkeiten erhoben werden. dies gebot auch der zugrundeliegende § 17 atv-k, denn dieser erforderte – vorbehaltlich der noch engeren lesart des oberlandesgerichts hamm (s.o.) –, dass eine abgrenzung zwischen den kosten für das ehemalige gesamtversorgungssystem einerseits und dem punktemodell andererseits vorzunehmen war (hügelschäffer in sponer/steinherr, tvöd/tv-l gesamtausgabe, 230. al januar 2022, § 17 atv 2.1 anwendungsbereich rn. 5; kiefer/langenbrinck/kulok, betriebliche altersversorgung im öffentlichen dienst, 29. update oktober 2021, 2 § 17 atv und ziff. 4.1 des altersvorsorgeplans: „kosten für die alte zv-welt“; breier/dassau/kiefer u.a., tv-l, 104. al 09/2021, 1 finanzierungszweck rn. 2: „auffüllen der deckungslücke“). entsprechend hat auch das oberlandesgericht frankfurt am main jüngst griffig formuliert, durch § 17 abs. 1 satz 1 atv-k habe vermieden werden sollen, dass die neuen verpflichtungen unter dem – beitragsfinanzierten – punktemodell mit der erhebung von sanierungsgeldern finanziert werden (olg frankfurt, urteil vom 18. märz 2020 – 13 u 106/17 –, juris rn. 60). 37durch die methode eines (allein ermittelten) gesamtsatzes an anzustrebender umlage, berechnet auf einen hundertjährigen deckungsabschnitt, war aber das sanierungsgeld bei der zusatzversorgungskasse der beklagten nichts weiter als ein teil der (gesamt-)umlage der mitglieder. eine differenzierung, nach der das sanierungsgeld nur zur zahlung auf die altverbindlichkeiten und die allgemeine umlage zum kapitalaufbau für den hundertjährigen deckungsabschnitt und die zahlung auf neuverbindlichkeiten verwendet würde, hat die beklagte nicht getroffen. 38auch konnte durch die wahl des hundertjährigen deckungsabschnitts die satzungsmäßige vorgabe des „abbruchkriteriums“ nicht gewahrt werden. die sachgerechte anwendung dieses „abbruchkriteriums“ setzt aus sicht des gerichts – in übereinstimmung mit der hiesigen 15. zivilkammer – zwingend voraus, dass die zur berechnung des sanierungsgelds gewählten deckungsabschnitte eine angemessene (und nicht zu große) länge haben. denn nur dann kann überhaupt ermessen werden, welches kassenvermögen und welche barwerte am ende dieses deckungsabschnitts vorliegen, und nur dann kann auch der zweck des „abbruchkriteriums“ erfüllt werden, nämlich den gewünschten übergang zur finanzierung aller verbindlichkeiten durch die allgemeine umlage herzustellen. dieses wurde der beklagten auch in dem c-gutachten vom 22.07.2011 auf s. 7 für einen zehn-, zwanzig- und dreißigjährigen deckungsabschnitt vorgerechnet (mit dem ergebnis, dass bei einem zwanzigjährigen deckungsabschnitt das abbruchkriterium noch nicht, bei einem dreißigjährigen deckungsabschnitt aber wohl schon erreicht wäre). für einen hundertjährigen oder „ewigen“ deckungsabschnitt enthält das gutachten dann (logischerweise) gar keine angaben mehr. denn beim hundertjährigen deckungsabschnitt geht die kalkulation dahin, dass die heute eingenommenen gelder potenziell (auch) solche ausgaben mitfinanzieren, die in siebzig, achtzig oder neunzig jahren zu machen sind, d.h. auch dann noch, wenn längst keine altverbindlichkeiten aus dem gesamtversorgungssystem mehr bestehen konnten. wegen dieser eigenheit gereicht es der beklagten auch nicht zum erfolg, dass sie ein gleitendes deckungsabschnittsverfahren nutzt und im dreijährigen rhythmus eine überprüfung der umlage- und sanierungsgeldhöhe vornimmt. 39der einwand der beklagten, bei einem einheitlichen abrechnungsverband der neu- und altverbindlichkeiten sei ein anderes vorgehen (im sinne einer kalkulation des gesamtfinanzbedarfs und eines einheitlichen umlagesatzes) nicht möglich, gereicht ihr dabei nicht zum erfolg. es scheint dem gericht schon inhaltlich nicht zutreffend, dass zwingend ein einheitlicher umlagesatz für alle verbindlichkeiten hätte gebildet werden müssen. denn es war auch in dem heubeck-gutachten ohne weiteres möglich, die notwendigen rückstellungen für altverbindlichkeiten auszuweisen, und es war dem von der 15. zivilkammer hinzugezogenen sachverständigen g, dessen gutachten die klägerin vorgelegt hat, auch unproblematisch möglich, den zur (isolierten) finanzierung dieser altverbindlichkeiten erforderlichen umlagesatz (von ihm als „altrentensatz“ bezeichnet) zu errechnen. die beklagte hätte diesen umlagesatz für die altverbindlichkeiten zum ausgangspunkt ihrer sanierungsgelderhebung machen können, sodass sie – nach abzug des „umlage-exzedenten“ (4,5 %, siehe § 16 abs. 1 satz 4 atv-k) – einen vom-hundert-satz als sanierungsgeldsatz ermitteln konnte (siehe zu einem vergleichbaren vorgehen einer kirchlichen zusatzversorgungseinrichtung olg frankfurt, urteil vom 18. märz 2020 – 13 u 106/17 –, juris rn. 59). anschließend hätte die zusatzversorgungskasse der beklagten – auch wenn sie bei einem einheitlichen abrechnungsverband bleiben wollte – errechnen können, wie hoch danach der allgemeine umlagesatz sein müsste, um die noch nicht vom sanierungsgeld gedeckten alt- und neuverbindlichkeiten zu finanzieren. 40überdies gilt für den vorstehenden einwand der beklagten, dass sie – wenn sie sich schon darauf beschränkten wollte, einen einheitlichen gesamtumlagesatz für alle verbindlichkeiten zu berechnen – jedenfalls einen kürzeren deckungsabschnitt hätte wählen können, um sicherzustellen, dass der für diesen deckungsabschnitt festgesetzte sanierungsgeldsatz im wesentlichen der finanzierung der altverbindlichkeiten dienen würde (und im anschluss das abbruchkriterium zum tragen kommt, sodass der von § 63 abs. 2 kvws vorgesehene übergang zur finanzierung aller verbindlichkeiten durch die allgemeine umlage vorgenommen wird). die beklagte hat zur rechtfertigung ihres hundertjährigen deckungsabschnittes indes nur vorgebracht, hiermit besonders lange stabilität und generationengerechtigkeit unter ihren mitgliedern herzustellen. hierfür war aber das sanierungsgeld nicht gedacht. es diente allein der „restfinanzierung“ der altverbindlichkeiten, nicht der dauerfinanzierung der beklagten. 41die vorbeschriebenen fehler waren auch nicht vom ermessensspielraum des kassenausschusses der zusatzversorgungskasse gedeckt. denn die zweckbindung des sanierungsgeldes an die zahlung auf altverbindlichkeiten (§ 63 abs. 1 kvws) diente der einhaltung der (zwingenden) steuerlichen vorgabe, dass steuerfreies sanierungsgeld „der finanzierung der zum zeitpunkt der umstellung bestehenden versorgungsverpflichtungen oder versorgungsanwartschaften dient“ (§ 19 abs. 1 satz 1 nr. 3 satz 4 estg in der fassung des jahressteuergesetzes 2007 (gesetz v. 13.12.2006, bgbl. i s. 2878). allgemeine umlagebeiträge des arbeitgebers waren indes zu versteuern, weil durch sie dem arbeitnehmer ein geldwerter vorteil zufließt. 42zur wahrung dieser vorgabe diente auch das abbruchkriterium (§ 63 abs. 2 kvws). letzteres bedeutete überdies, dass kapitalauf- und abbau aus sanierungsgeldern nur für den zeitraum möglich war, in dem kapital für die zahlung von altverbindlichkeiten benötigt wird. beide satzungsvorgaben durfte der kassenausschuss der zusatzversorgungskasse nicht – zumindest nicht ohne vorherige satzungsänderung – ignorieren. 433. 44da bei zusatzversorgungskassen an die stelle einer ermessensfehlerhaft getroffenen leistungsbestimmung – abweichend von § 315 abs. 3 satz 2 bgb – keine gerichtliche, der billigkeit entsprechende leistungsbestimmung treten kann (bgh, urteil vom 09. dezember 2015 – iv zr 336/14 –, juris rn. 19), ist das erhobene sanierungsgeld von der beklagten insgesamt rechtsgrundlos vereinnahmt worden. diese hat es mithin vollständig aus bereicherungsrecht zurückzuzahlen (§ 812 abs. 1 satz 1 alt. 1 bgb). 454. 46das gericht hat intensiv erwogen, inwiefern der klägerin bei ihrem bestreben, die von der beklagten erhobenen sanierungsgelder zurückzufordern, der einwand unzulässiger rechtsausübung (§ 242 bgb) entgegenstehen muss. 47dieser einwand liegt insoweit nahe, als dass die „methode“ der beklagten zu einem rechnerisch zu hohen sanierungsgeld- und zu niedrigen allgemeinen umlagesatz führte. da der finanzbedarf aber aus sicht des kassenausschusses der beklagten in jedem fall bestand, wäre bei einer korrekten „rechenmethode“ – d.h. bei einhaltung der vorbeschriebenen vorgaben des § 63 abs. 1 kvws – ein niedrigerer sanierungsgeldsatz, zugleich aber mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit eine höhere allgemeine umlage festgesetzt worden. dies wäre für die klägerin wirtschaftlich nicht vorteilhafter gewesen, denn wegen der „festschreibung“ des maximalen arbeitnehmeranteils an den beiträgen in § 16 abs. 1 satz 4 atv-k hätte sie umlagesatzsteigerungen ebenso selbst tragen müssen. zugleich wäre eine höhere allgemeine umlage für die arbeitnehmer der klägerin unmittelbar nachteilhaft gewesen, weil diese – auch in form des arbeitgeberbeitrags – im jahr 2014 jedenfalls in nennenswertem anteil als arbeitslohn zu versteuern war, während das sanierungsgeld steuerfrei blieb (vgl. § 19 abs. 1 satz 1 nr. 3, einschließlich satz 2 buchst. d, satz 4 estg, und im gegensatz dazu § 3 nr. 56 satz 1, § 40b abs. 1 estg in der fassung des jahressteuergesetzes 2007). 48der einwand unzulässiger rechtsausübung greift jedoch im ergebnis nicht durch, weil die klägerin (und ihre arbeitnehmer) jedenfalls durch die wahl der deckungsabschnittslänge selbst benachteiligt wurden. wie das c-gutachten vom 22.07.2011 auf s. 3 aufzeigt, lag der für die zusatzversorgungskasse der beklagten erforderliche gesamtumlagesatz (inklusive sanierungsgeld) bei einem kürzeren deckungsabschnitt bei jeder unterstellten zinsentwicklung und entgeltdynamik erheblich niedriger als bei dem von dem kassenausschuss gewählten hundertjährigen deckungsabschnitt. beispielhaft lag der erforderliche gesamtumlagesatz im hundertjährigen deckungsabschnitt bei einer angenommenen „mittleren“ entgeltdynamik von 2,0 % und zinsentwicklung von 4,5 % bei 7,48 % (was zu der festsetzung von 7,5 % gesamtumlagesatz durch den kassenausschuss führte); bei einem zwanzigjährigen deckungsabschnitt wären jedoch nur 5,89 %, bei einem dreißigjährigen deckungsabschnitt 6,53 % erforderlich gewesen. 49ii. 50der weiter gestellte feststellungsantrag ist jedenfalls unbegründet, weil unschlüssig. auch bei einem reinen feststellungsantrag auf auskehr von nutzungen (§ 818 abs. 1 bgb) muss der anspruchsteller zumindest grundlegend darstellen, welche art nutzungen der bereicherte gezogen haben soll. erforderlich wäre hier eine konkrete darlegung der klägerin gewesen, dass und inwieweit tatsächlich aus den beiträgen erträge erzielt worden sind (vgl. bgh, urteil vom 24. februar 2016 – iv zr 512/14 –, juris rn. 27 zum vergleichbaren fall der nutzungsherausgabe bei der rückforderung von versicherungsprämien). dies hat die klägerin nicht getan, es kann auch nicht allgemein aus erfahrungssätzen unterstellt werden. denn die beklagte ist als körperschaft des öffentlichen rechts ohne eigene gewinnerzielungsabsicht tätig. etwaige überschüsse nutzt sie zum aufbau von rücklagen, statt sie an ihre mitglieder auszuschütten; auch aus der zahlung auf die gegen sie begründeten rentenansprüche erwirtschaftet sie keinen vermögensvorteil. 51iii. 52anlass zur gewährung weitergehenden schriftsatznachlasses zu den erörterungen in der mündlichen verhandlung, wie von der beklagten beantragt, bestand nicht. in der mündlichen verhandlung sind weder neues tatsachenvorbringen der klägerin noch überraschende rechtsansichten des gerichts zur sprache gekommen, zu denen sich die beklagte während der bereits vierjährigen dauer des rechtsstreits nicht angemessen äußern konnte (und auch geäußert hat). 53iv. 54das gericht hat, anders als die klägerin, dem klageantrag zu 2.) einen eigenständigen streitwert beigemessen (ca. 35.000 €); dieser ergibt sich als schätzung etwaiger denkbarer erträge aus den von der klägerin gezahlten 249.065,94 € für fünf jahre bis zur klageerhebung bei einem durchschnittlichen zinssatz von 3,0 %. 55bei einem gesamtstreitwert von bis 284.065,94 € war danach eine unterliegensquote bei der klägerin zuzumessen (§ 92 abs. 1 zpo), für die anwendung von § 92 abs. 2 nr. 1 zpo bestand kein anlass. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 zpo. |
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} | 13 K 3811/19 E | 2022-02-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht für den Betrieb einer Reithalle in den Streitjahren 2012 bis 2014. 3Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus einem Gewerbebetrieb als Hufschmied und zudem im Jahr 2012 aus nichtselbständiger Arbeit. Die am 00.00.1960 geborene Klägerin erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Die gewerblichen Einkünfte der Klägerin resultierten aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einem Angestelltenverhältnis im Betrieb des Klägers. 4Die Klägerin betrieb zudem eine Reithalle. Diese befand sich ab dem Jahr 2007 im Bau und konnte ab dem Jahr 2017 genutzt werden. Für die Reithalle ermittelte die Klägerin ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnungen gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. In den den Streitjahren vorangehenden Veranlagungszeiträumen erklärte sie die folgenden Einkünfte: 5Jahr Einnahmen Ausgaben Einkünfte Summe 2007 0,00 X -X 2008 0,00 X -X 2009 0,00 X -X 2010 X X -X 2011 0,00 X -X -X 6Für das Streitjahr 2012 reichte die Klägerin am 18.2.2014 beim Beklagten eine Gewinnermittlung ein, die keine Einnahmen, aber Betriebsausgaben i.H.v. X € auswies. Aufgrund der von den Kläger eingereichten Einkommensteuererklärung für 2012 veranlagte der Beklagte die Kläger zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer für das Jahr 2012. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –. 7Für die übrigen Jahre des Streitzeitraums erstellte die Klägerin zunächst keine Gewinnermittlungen. Die Kläger reichten zunächst auch keine Einkommensteuererklärungen ein. Daher erließ der Beklagte Schätzungsbescheide gemäß § 162 AO, die ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. 8Am 11.4.2018 erließ der Beklagte gemäß § 164 Abs. 2 AO einen Änderungsbescheid zur Einkommensteuer für 2012, mit dem er die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin für die Reithalle nicht mehr anerkannte und die diesbezüglichen Einkünfte mit 0 € berücksichtigte. Die Einkommensteuer für 2012 setzte er auf X € fest. Der dabei zugrunde gelegte Gesamtbetrag der Einkünfte betrug X €. Zur Begründung gab der Beklagte an, der Verlust aus der Reithallennutzung habe nicht berücksichtigt werden können, da bisher keine Einnahmen erzielt worden seien. Zugleich hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Ebenfalls am 11.4.2018 erließ er Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 und 2014, mit denen er den Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO aufhob. 9Gegen diese Bescheide legten die Kläger am 14.5.2018 Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren gaben die Kläger am 27.6.2018 und 6.11.2018 Einkommensteuererklärungen für 2013 und 2014 ab. Sie erklärten einen Verlust der Klägerin aus der Reithalle i.H.v. X € für 2013 und X € für 2014. Während die Gewinnermittlung für 2013 keine Einnahmen enthielt, waren für 2014 u.a. Betriebseinnahmen i.H.v. X € und vom Finanzamt erstattete Umsatzsteuer i.H.v. X € ausgewiesen. Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens erläuterten die Kläger mit Schreiben vom 14.2.2019 und 25.5.2019, der Bau der Reithalle ziehe sich bereits seit Jahren hin und sei noch nicht fertiggestellt. Eine bauliche Abnahme stehe noch aus, sodass der Betrieb noch nicht aufgenommen werden könne. Keineswegs handele es sich aber um Liebhaberei. 10Aufgrund der eingereichten Steuererklärungen setzte der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 21.10.2019 die Einkommensteuer für 2013 auf X € und für 2014 auf X € fest. Die Einkünfte der Klägerin aus der Reithalle berücksichtigte er jeweils mit 0 €, da keine Gewinnerzielungsabsicht vorliege. Der Besteuerung legte er einen Gesamtbetrag der Einkünfte von X € für 2013 und X € für 2014 zugrunde. Die Bescheide ergingen auf der Grundlage des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. 11Mit Einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Dies begründete er damit, eine Gewinnerzielungsabsicht für den Betrieb der Reithalle könne nicht anerkannt werden, da bis zum Jahr 2014 insgesamt Verluste i.H.v. X € und unter weiterer Berücksichtigung der inzwischen für die Jahre 2015 und 2016 eingegangenen Gewinnermittlungen Verluste in Höhe von insgesamt X € entstanden seien entsprechend der folgenden Berechnung: 12Jahr Einnahmen Ausgaben Einkünfte Summen 2007 0,00 X -X 2008 0,00 X -X 2009 0,00 X -X 2010 X X -X 2011 0,00 X -X -X 2012 0,00 X -X 2013 0,00 X -X 2014 X X -X -X 2015 0,00 X -X 2016 0,00 X -X -X 13Die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie diese Verluste durch spätere Gewinne ausgleichen und ein positives Gesamtergebnis erzielen werde. Zwischen den Beteiligten ist inzwischen unstreitig, dass die Einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 erst am 21.11.2019 bei der Prozessbevollmächtigten der Kläger einging. 14Daraufhin haben die Kläger am 19.12.2019 Klage erhoben. 15Im Klageverfahren hat der Beklagte am 28.8.2020 Änderungsbescheide für die Jahre 2013 und 2014 erlassen und die Einkommensteuer auf X € für 2013 und auf X € für 2014 herabgesetzt. Hintergrund der Änderungsbescheide war ein zuvor zwischen den Beteiligten bestehender Streit über die Berücksichtigung von Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung. Mit Schriftsatz vom 10.6.2020 haben die Kläger zusätzliche Angaben zu den Fahrten gemacht, so dass sich der Beklagte mit der Berücksichtigung der Fahrtkosten einverstanden erklärt hat. Die streitigen Verluste aus der Reithalle hat er weiterhin unberücksichtigt gelassen. Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist unverändert geblieben. 16Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger mit Schriftsatz vom 19.12.2019 vorgetragen, der Kläger habe die Reithalle eigenhändig aufbauen wollen. Dies sei nur in kleinen Abschnitten möglich gewesen, soweit Zeit und Geld vorhanden gewesen seien. Inzwischen seien außer der Halle auch Sozialräume und eine Ferienwohnung eingerichtet worden. Die Reithalle solle zum Zweck des Reitunterrichts vermietet werden. Auch für Veranstaltungen von ortsansässigen Vereinen oder privaten Gesellschaften solle die Halle kostenpflichtig zur Verfügung gestellt werden. Die Ferienwohnung solle an Gäste vermietet werden. Eine Gewinnprognose sei allerdings nicht erstellt worden. 17Mit Schriftsatz vom 4.2.2020 haben die Kläger eine handschriftliche Auflistung vorgelegt, wonach zur Zeit fünf Pensionspferde aufgenommen seien, für die eine anteilige Hallennutzung i.H.v. monatlich X € pro Pferd und ein kompletter Pensionspreis von monatlich X € pro Pferd laut Einstellverträgen eingenommen würde. Fremdreiter würden X € pro Stunde und Pferd zahlen. Die Nutzungsgebühr für Seminare und Kurse betrage X € pro Tag, bei Anmietung für Feierlichkeiten X € pro Tag. Geplant sei eine Nutzung der Ferienwohnung („Ferien auf dem Bauernhof“) sowie eine Nutzung der Reithalle durch Vereine, selbständige Therapeuten und eine offene Ganztagsschule. 18Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 6.4.2020 erläutert, die Reithalle als solche sei fertiggestellt worden, die Außenanlagen jedoch noch nicht. Es fehle etwa die Hofpflasterung sowie die Gestaltung der Umgebung. Solange dies nicht erledigt sei, dürfe die Klägerin den Betrieb der Reithalle nicht aufnehmen. Allerdings seien bereits seit dem Jahr 2017 geringe jährliche Einnahmen erzielt worden. Dabei habe es sich um „Probeläufe“ für Privatpersonen gehandelt. Die Ferienwohnung könne nicht vermietet werden, da sie wegen Baumängeln bereits sanierungsbedürftig sei. 19Mit Schriftsätzen vom 10.6.2020 und vom 30.7.2020 haben die Kläger weiter erklärt, der ursprüngliche Businessplan für die Reithalle habe vorgesehen, für zwölf Einstellpferde monatlich durchschnittlich X € einzunehmen (X € für Großpferde, X € für Minipferde). In diesen Preisen seien die Grundversorgung der Pferde mit Heu, Stroh und Wasser sowie die Nutzung der Reithalle enthalten gewesen. Zudem sollte die Nutzung der Reithalle durch Fremdreiter einen monatlichen Umsatz von X € und die Nutzung für einzelne Stunden einen monatlichen Umsatz von X € einbringen. Eine Nutzung der Halle als Kursort für Tages- oder Wochenendseminare sollte für X € pro Kurstag erfolgen. Allerdings sei einzugestehen, dass aufgrund einer nicht unerheblichen Konkurrenz im nahen Umfeld die Nachfrage nicht so groß sei wie erhofft. Es sei geplant, das therapeutische Reiten noch professionell zu bewerben. Als Aufwand seien jährliche Kosten von X € für Energie, Abfallentsorgung, Betriebsbedarf, Werkzeuge, Grundstückspflege und Vorsteuer einzukalkulieren. Die Herstellungskosten für die Reithalle aus den Jahren 2002 bis 2018 hätten sich auf X € summiert, welche als Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung – AfA – anzusetzen seien. 20Auf gerichtliche Anforderung haben die Kläger mit Schriftsatz vom 8.9.2020 die folgende (hier zusammengefasste) Gewinnprognose für die Jahre 2012 bis 2025 abgegeben, wobei in den Aufwendungen keine AfA enthalten war: 21Jahr Einnahmen Ausgaben Einkünfte Summen 2012 0,00 X -X 2013 0,00 X -X 2014 X X -X 2015 0,00 X -X 2016 0,00 X -X -X 2017 X X -X 2018 X X -X 2019 X X -X 2020 X X X 2021 X X X 2022 X X X 2023 X X X 2024 X X X 2025 X X X X 22Hierzu haben die Kläger erläutert, im Jahr 2020 seien von zwölf Pferdeeinstellplätzen sieben belegt, wodurch Einnahmen von ca. X € pro Monat entstünden. Aus der Hallennutzung für Kurse seien im Jahr 2020 bislang X € eingenommen worden. Einnahmen durch Fremdreiter sowie durch therapeutische Angebote seien demgegenüber nicht zu verzeichnen. Allerdings werde hier weiterhin Potential gesehen. Eine Gewinnerhöhung sei außerdem deshalb zu erwarten, weil Ende September 2020 aufgrund der Auszahlung einer Lebensversicherung eines der Darlehen abgelöst werden könne, so dass die Zinsbelastung dafür entfalle. In der Gewinnprognose waren Zinsen in Höhe von X € für 2017, „ca.“ X € für 2018, X € für 2019 und X € für 2020 enthalten. Ab dem Jahr 2021 waren keine Zinsen mehr angesetzt. AfA war in allen Jahren nicht enthalten. Mit weiterem Schriftsatz vom 9.11.2020 haben die Kläger ergänzt, dass es sich bei den zusammengestellten Zahlen nur um „vorläufige und aus den vorhandenen Unterlagen rekonstruierte ungefähre Angaben“ handle. 23Mit Schriftsatz vom 28.12.2020 haben die Kläger ihre Gewinnprognose für die Jahre 2017 bis 2025 sodann wie folgt geändert: 24Jahr Einnahmen Ausgaben Einkünfte Summen 2007 0,00 X -X 2008 0,00 X -X 2009 0,00 X -X 2010 0,00 X -X 2011 0,00 X -X -X 2012 0,00 X -X 2013 0,00 X -X 2014 X X -X 2015 0,00 X -X 2016 0,00 X -X -X 2017 X X -X -X 2018 X X -X -X 2019 X X X -X 2020 X X X -X 2021 X X X -X 2022 X X X X 2023 X X X X 2024 X X X X 2025 X X X X 25Bei den Einkünften für das Jahr 2019 war der Saldo von Einnahmen und Ausgaben im Schriftsatz vom 28.12.2020 mit X € anstatt mit (rechnerisch richtig) X € angegeben. Die Kläger haben weiter erläutert, im Jahr 2020 seien zuletzt vier Großpferde (X € monatlich) und drei Ponys (X € monatlich) eingestellt gewesen. Allein daraus würden jährliche Einnahmen von X € resultieren. Die Prognose gehe davon aus, dass noch weitere Tiere hinzukämen, auch wenn nicht alle zwölf vorhandenen Plätze ständig belegt seien. Bei den Ausgaben waren Zinsen in Höhe von X € für 2017, X € für 2018, X € für 2019, X € für 2020, X € für 2021, X € für 2022, X € für 2023, X € für 2024 und X € für 2025 angesetzt. Die Energiekosten betrugen X € für 2017, X € für 2018, X € für 2019 und jeweils X € für die Jahre 2020 bis 2025. Die AfA, welche in der Berechnung weiterhin nicht berücksichtigt war, sei auf der Grundlage von Anschaffungs- und Herstellungskosten i.H.v. X € zu berechnen (jährlich X €), so die Kläger. Im Jahr 2017 seien mit der Reithalle „Probeläufe“ vorgenommen und erstmals Einnahmen erzielt worden. 26Darüber hinaus sei im Falle einer Veräußerung ein geschätzter Erlös i.H.v. X € zu berücksichtigen, sodass abzüglich der noch bestehenden Darlehensverpflichtungen ein Veräußerungsgewinn verbleibe. Mit Schriftsatz vom 4.3.2021 haben die Kläger den Wert der Reithalle mit X € beziffert, der sich aus dem Angebot vergleichbarer Objekte im Internet ergeben solle. 27Im Schriftsatz vom 4.3.2021 haben die Kläger weiter erklärt, die Anschaffungs- und Herstellungskosten zum 31.12.2019 hätten tatsächlich nur X € betragen. Dabei handele es sich um Fremdleistungen für Fundament und Stahlkonstruktion. Die übrigen Leistungen seien in Eigenleistung erbracht worden, deren Gegenwert schwer zu errechnen sei. Bei den Betriebsausgaben könnten keine Kosten für den Wasserverbrauch der Pferde einkalkuliert werden, da dieser von der Klägerin bereits „in die Preise für die Einstellung einberechnet“ worden sei. Das Heu, mit welchem die Pferde versorgt würden, werde von eigenen privaten Wiese der Kläger gewonnen. Das Stroh zum Einstreuen werde unentgeltlich von Nachbarn der Kläger geliefert. Für den übrigen Bedarf der Tiere kämen die „Einsteller“ auf eigene Kosten auf. Aufwendungen für Wartungsarbeiten der Reithalle seien nicht bzw. in Höhe von höchstens X € einzukalkulieren, da diese bei einer Halle aus Stahlbau nicht zu erwarten seien. 28In einem vom Berichterstatter des Senats durchgeführten Erörterungstermin vom 24.6.2021 haben die Kläger ihre Gewinnermittlung für das Jahr 2019 vorgelegt, aus der sich – unter weiterer Berücksichtigung der Angaben für das Vorjahr 2018 – ein Gewinn i.H.v. X € für 2019 und ein Verlust von X € für 2018 ergab. Die umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen betrugen X € für 2019 und X € für 2018, worin Umsatzsteuererstattungen von X € im Jahr 2019 und X € im Jahr 2018 enthalten waren. Die Betriebsausgaben betrugen X € für 2019 und X € für 2018, jeweils unter Berücksichtigung u.a. von Vorsteuer und AfA i.H.v. X € für 2019 und X € für 2018. Schuldzinsen waren nicht berücksichtigt. Aus den Kontennachweisen ergaben sich aber Darlehensbestände bei der Bank 1 und weitere Darlehen i.H.v. X € im Jahr 2019 und X € im Jahr 2018. Hinsichtlich der Energiekosten, die in den Betriebsausgaben mit X € für 2018 und X € für 2019 angesetzt waren, haben die Kläger darauf hingewiesen, dass die Installation einer Photovoltaikanlage geplant sei, um die Energie selbst zu gewinnen. 29Mit Schriftsatz vom 29.7.2021 haben die Kläger weiter erklärt, die Bemessungsgrundlage für die Anschaffungs- und Herstellungskosten sei im Schriftsatz vom 30.7.2020 unzutreffend mit X € beziffert worden. Offensichtlich sei nicht der jährliche Zuwachs, sondern die Salden der einzelnen Jahre addiert worden. Tatsächlich betrügen die Anschaffungs- und Herstellungskosten nach der Einnahmenüberschussrechnung für 2020 X €, sodass eine jährliche AfA von X € (inkl. Afa auf Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände) anzusetzen sei. In diesen Anschaffungs- und Herstellungskosten seien neben den Aufwendungen für Fundament und Stahlkonstruktion der Halle auch die Elektro- und Sanitärinstallationen, Malerarbeiten, Bodenbeläge und diverse Kleinteile enthalten. Zudem sei inzwischen aufgefallen, dass Aufwendungen für das Trinkwasser der Pferde bislang nicht berücksichtigt worden seien. Dies solle zukünftig geändert werden. Heu und Stroh für die Pferde werde aber weiterhin von den eigenen Flächen der Landwirtschaft des Klägers bzw. von einem Nachbarn unentgeltlich bezogen. Für Zusatzfutter und Medikamente sorgten die Besitzer der Pensionspferde selbst. Zudem haben die Kläger mit dem vorgenannten Schriftsatz die vorläufige Einnahmenüberschussrechnung für 2020 vorgelegt, die einen Gewinn i.H.v. X € ausweist. Die umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen betrugen demnach X € inklusive einer Umsatzsteuererstattung von X €, die zukünftig nicht mehr zu erwarten sei, so die Kläger. Bei den Betriebsausgaben (Summe X €) waren die AfA mit X € und die Energiekosten mit X € angesetzt. Gezahlte Vorsteuer war berücksichtigt. Zinsen waren nicht angesetzt, wobei der Darlehensbestand laut Kontennachweis X € betrug. Die Haupteinnahmequelle des Jahres 2020 seien, so die Kläger, drei große Pensionspferde und zwei Ponys gewesen. Im Jahr 2021 seien zwei Großpferde hinzugekommen, im Jahr 2022 noch ein weiteres. Ausweislich eines von den Klägern vorgelegten „Vertrags über einen Offenstallplatz“ vom 17.9.2018, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, werde für die Einstellung eines Großpferdes ein Pensionspreis von monatlich X € berechnet, in dem ein Futtermittelanteil von monatlich X € inkl. 7 % Umsatzsteuer enthalten sei. Daraus resultierten ab 2022 Einnahmen von jährlich X € zuzüglich weiterer Einnahmen in Höhe von X € für die Vermietung der Reithalle an unterschiedliche Nutzer. Das Angebot der Klägerin werde gut angenommen, es sei von einer langfristigen Auslastung der Pferdepension auszugehen. Es liege bereits eine Reservierungsliste vor. Auch Feriengäste hätten sich bereits angemeldet. Weitere Nutzungen der Reithalle, etwa für therapeutische Angebote, seien ernsthaft geplant. Die Gewinnprognose aus dem Schriftsatz vom 28.12.2020 sei nun wie folgt fortzuentwickeln, wobei die prognostizierten Einnahmen und Ausgaben ab 2023 zu 90 % und ab 2024 zu 80 % der Beträge des Jahres 2022 angesetzt würden: 30Jahr Einnahmen Ausgaben AfA Einkünfte Summen 2007 0,00 X -X 2008 0,00 X -X 2009 0,00 X -X 2010 X X -X 2011 0,00 X -X -X 2012 0,00 X -X 2013 0,00 X -X 2014 X X -X 2015 0,00 X -X 2016 0,00 X -X -X 2017 X X X -X -X 2018 X X X -X -X 2019 X X X X -X 2020 X X X X -X 2021 X X X X -X 2022 X X X X -X 2023 X X X X -X 2024 X X X X X 2025 X X X X X 31Mit Schriftsatz vom 20.9.2021 haben die Kläger schließlich erklärt, dass in der bisherigen Totalgewinnprognose die Betriebsausgaben für Futtermittel nicht enthalten seien, weil die Abgrenzung zwischen der von den Klägern betriebenen Landwirtschaft und der Reithalle nicht richtig vorgenommen worden sei. Zukünftig wolle die Landwirtschaft die Futtermittelgestellung der Reithalle in Rechnung stellen. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Reithalle seit dem 1. Vierteljahr 2021 umsatzsteuerpflichtig sei aufgrund der erzielten Umsätze. Daraus sei die Absicht abzuleiten, am wirtschaftlichen Geschäftsverkehr teilzunehmen in Abgrenzung zur Liebhaberei. Weitere einem Erkenntnisgewinn dienende Informationen seien nun nicht mehr zu erwarten. 32Die Kläger beantragen sinngemäß, 33 den Einkommensteuerbescheid vom 11.4.2018 für 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 und die Einkommensteuerbescheide vom 28.8.2020 für 2013 und 2014 in der Weise zu ändern, dass Verluste aus dem Betrieb der Reithalle in Höhe von X € für 2012, X € für 2013 und X € für 2014 anerkannt werden. 34Der Beklagte beantragt, 35 die Klage abzuweisen. 36Er ist der Auffassung, dass eine Gewinnerzielungsabsicht für den Betrieb der Reithalle nicht festzustellen sei. Der Vortrag der Kläger sei widersprüchlich, und zwar hinsichtlich des Zeitpunkts der Fertigstellung der Reithalle und hinsichtlich der geplanten Nutzung. Auch die Angabe der zu erwartenden Einnahmen und der anfallenden Kosten sei zu ungenau und nicht folgerichtig. Die Erreichung eines Totalgewinns sei nach den Erläuterungen nicht anzunehmen. 37Die mit Schriftsatz vom 28.12.2020 eingereichte Totalgewinnprognose entspreche nicht den Anforderungen an eine steuerliche Gewinnermittlung und sei unvollständig. Es sei keine AfA berücksichtigt. Zudem seien die Angaben der Kläger zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten sehr widersprüchlich. In der Kalkulation seien die Nutzungsdauer und auch ein Veräußerungsgewinn nicht berücksichtigt. Darüber hinaus seien zwingend erforderliche Aufwendungen hinsichtlich der Grundversorgung der Pferde mit Heu, Stroh und Wasser nicht enthalten. Auch der Umstand, dass eine Erhöhung der Einnahmen mit einer Erhöhung der Ausgaben, etwa der Energiekosten, einhergehen müsse, bleibe unberücksichtigt. Größere zukünftige Wartungs- und Reparaturkosten wie etwa eine Erneuerung des Reithallenbodens seien ebenfalls nicht angesetzt worden. Die offenen Fragen seien auch durch die mit Schriftsatz vom 29.7.2021 eingereichte Totalgewinnprognose nicht geklärt worden. Vielmehr sei anzumerken, dass sich aus dem mit diesem Schriftsatz eingereichten „Einstellervertrag“ ergebe, dass in dem monatlichen Pensionspreis für Pferde von X € auch Futtermittel i.H.v. X € enthalten seien. Diese Futtermittel seien aber nicht als Betriebsausgaben in der Gewinnprognose berücksichtigt. 38Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 4.10.2021, der Beklagte mit Schriftsatz vom 22.10.2021 auf mündliche Verhandlung verzichtet. 39Entscheidungsgründe: 40Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). 41Die Klage hat keinen Erfolg. 42I. Die Klage ist zulässig. 43Die Klage ist innerhalb der Monatsfrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO erhoben worden. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 haben die Kläger am 19.12.2019 Klage erhoben. Dies war nicht verspätet, da zwischen den Beteiligten inzwischen unstreitig ist, dass die Einspruchsentscheidung erst am 21.11.2019 bei der Prozessbevollmächtigten der Kläger eingegangen ist. 44II. Die Klage ist jedoch unbegründet. 45Der Einkommensteuerbescheid vom 11.4.2018 für 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 und die Einkommensteuerbescheide vom 28.8.2020 für 2013 und 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die der Klägerin aus der Reithalle entstandenen Verluste sind in den Streitjahren nicht als steuerbare Einkünfte anzuerkennen. Der Klägerin fehlte die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht. 461. Gewinnerzielungsabsicht als Tatbestandsmerkmal gewerblicher Tätigkeit ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 25.6.1984 GrS 4/82, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 141, 405, 434, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1984, 751). An dieser Absicht fehlt es, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt. Es handelt sich bei der Gewinnerzielungsabsicht um eine innere Tatsache, die – wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge – nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann (BFH-Urteile vom 24.2.1999 X R 106/95, BFH/NV 1999, 1081; vom 31.7.2002 X R 48/99, BFHE 200, 504, BStBl II 2003, 282; vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 16; vom 7.4.2016 IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz. 19). 47a) Bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet sind, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen, lässt allein das Erzielen langjähriger Verluste noch keinen zwingenden Schluss auf das Nichtvorliegen der inneren Tatsache „Gewinnerzielungsabsicht“ zu. Vielmehr muss bei längeren Verlustperioden aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (BFH-Beschluss vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 434, BStBl II 1984, 751; BFH-Urteil vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 22). Übt der Steuerpflichtige eine gewerbliche Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, so können im Falle einer längeren Verlustperiode die Reaktionen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen (BFH-Urteile vom 25.10.1989 X R 109/87, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278; vom 7.8.1991 X R 10/88, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 1992, 108; vom 2.6.1999 X R 149/95, BFH/NV 2000, 23; vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 23). So spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige, stetig ansteigende Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden (BFH-Urteile vom 26.2.2004 IV R 43/02, BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455; vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 24; BFH-Beschluss vom 5.7.2002 IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447). Auch wenn selbst in diesen Fällen die Gewinnerzielungsabsicht nicht allein wegen der Tatsache langjähriger Erwirtschaftung von Verlusten und fehlender Reaktionen auf bereits eingetretene hohe Verluste verneint werden kann (BFH-Urteil vom 12.9.2002 IV R 60/01, BFHE 200, 284, BStBl II 2003, 85), so ist das Unterlassen geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen im Hinblick auf das darin liegende nicht marktgerechte Verhalten doch als ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu werten; an die Feststellung persönlicher Gründe oder Motive, die den Steuerpflichten trotz überwiegender Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind deshalb in diesen Fällen keine hohen Anforderungen (mehr) zu stellen (BFH-Urteil vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 24). 48b) Ein Rückschluss allein von der unveränderten Fortsetzung einer verlustbringenden Tätigkeit auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht setzt allerdings grundsätzlich voraus, dass sich die negativen Betriebsergebnisse bereits über einen längeren Zeitraum verstetigt haben. Dieser Zeitraum muss so bemessen sein, dass er sich auch begrifflich mit dem Schlagwort der „langjährigen Verluste“ in Einklang bringen lässt (BFH-Urteil vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 25). Der Zeitraum der betriebsspezifischen Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen beträgt im Regelfall fünf Jahre und nur im Ausnahmefall weniger als fünf Jahre (BFH-Urteil vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 26). Er richtet sich nach dem Gegenstand und der Art des jeweiligen Betriebs, so dass der Zeitraum, innerhalb dessen das Unterbleiben einer Reaktion auf bereits eingetretene Verluste für sich betrachtet als Beweisanzeichen für eine mangelnde Gewinnerzielungsabsicht herangezogen werden kann, sich nicht allgemeinverbindlich festlegen lässt (BFH-Urteil vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 26 m.w.N.). Solange der Anlaufzeitraum noch nicht abgeschlossen ist, kann einer unternehmerischen Tätigkeit, selbst wenn sie von Beginn an nur Verluste eingebracht hat und nach der Art, wie sie betrieben wird, auch auf Dauer gesehen nicht geeignet ist, Gewinne abzuwerfen, nur in Ausnahmefällen die steuerliche Anerkennung versagt werden (BFH-Urteil vom 23.5.2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874, Rz. 27; vgl. zum Ganzen auch FG Münster, Urteil vom 15.9.2021 13 K 3818/18 E, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2022, 106). 49c) Ein Indiz dafür, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend waren, kann auch die Absicht sein, Steuern zu sparen (BFH-Urteile vom 2.6.1999 X R 149/95, BFH/NV 2000, 23; vom 14.12.2004 XI R 6/02, BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392, Rz. 21). Das kann der Fall sein, wenn dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, die für den Ausgleich entstandener Verluste herangezogen werden können (BFH-Urteil vom 14.12.2004 XI R 6/02, BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392, Rz. 21; FG Münster, Urteil vom 22.8.2012 7 K 2000/11 E, EFG 2012, 2115, Rz. 43). 50d) Für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht ist zudem von Bedeutung, ob der Betrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen „Totalgewinn“ in dem beschriebenen Umfang erwarten lässt. Für diese Prognose können die Verhältnisse der bereits abgelaufenen Zeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten. Ist danach bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis nicht zu erwarten, kann der Steuerpflichtige gleichwohl nachweisen, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet habe, dass zunächst angefallene Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgeglichen würden und insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden könne (BFH-Urteil vom 7.4.2016 IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz. 19). Der für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen (BFH-Urteil vom 7.4.2016 IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz. 22). Dementsprechend sind auch stille Reserven einzubeziehen (BFH-Urteil vom 25.11.2004 IV R 8/03, BFH/NV 2005, 854, Rz. 20; Wacker in Schmidt, EStG, 40. Auflage, § 15 Rz. 30). Der zeitliche Maßstab für die Beurteilung des Totalgewinns ergibt sich im Regelfall aus der Gesamtdauer der Betätigung. Feste zeitliche Vorgaben gibt es dabei nicht (BFH-Beschluss vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 434, BStBl II 1984, 751 unter C.IV.3.c bb (1) der Gründe; BFH-Urteil vom 7.4.2016 IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz. 23). 512. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, fehlte der Klägerin im Streitzeitraum eine Gewinnerzielungsabsicht bei dem Betrieb der Reithalle. Die Klägerin hat zumindest in den Streitjahren ihre verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausgeübt. 52a) Für die Feststellung, dass die Klägerin in den Streitjahren die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt hat, sind nicht nur die langjährigen Verluste der Klägerin relevant, sondern auch ihre fehlenden Reaktionen auf diese Verluste. Denn der Betrieb der Reithalle ist in dem von der Klägerin vorgesehenen Umfang nicht von vornherein in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln (anders als z.B. eine Pferdezucht, vgl. dazu BFH-Urteil vom 27.11.2008 IV R 17/06, HFR 2009, 771). 53Die Klägerin hat aus dieser Tätigkeit in den Jahren 2007 bis 2018 ausschließlich Verluste erwirtschaftet, und zwar entsprechend ihrer eigenen Berechnung nach ihrem Schriftsatz vom 28.12.2020 in Höhe von X €, nach dem Schriftsatz vom 29.7.2021 sogar in Höhe von X €. Unabhängig von der Frage, welcher dieser beiden Beträge zutreffend ist, ist jedenfalls festzustellen, dass die Klägerin bis einschließlich des Jahres 2018 in keinem Jahr einen Gewinn erwirtschaftet hat. 54Es sind jedoch keine Reaktionen der Klägerin auf diese Verluste zu verzeichnen. Die Klägerin hat nichts dazu vorgetragen, ob und in welcher Weise sie sich bemüht hat, den Betrieb durch Gegenmaßnahmen in eine Gewinnzone zu führen. Sie hat vielmehr – im Gegenteil – vorgetragen, der Kläger habe die Reithalle eigenhändig aufbauen wollen. Dies sei nur in kleinen Abschnitten möglich gewesen, soweit Zeit und Geld vorhanden gewesen seien. Erst im Jahr 2017 sei es zu „Probeläufen“ für Privatpersonen gekommen. Im Jahr 2020 sei, wie die Kläger mit Schriftsatz vom 6.4.2020 erläutert haben, nur die Reithalle als solche fertiggestellt gewesen, jedoch die Außenanlagen wie etwa die Hofpflasterung noch nicht, so dass der Betrieb der Reithalle noch nicht habe aufgenommen werden dürfen. Die Kläger haben hierzu nicht erläutert, weshalb der Bau der Reithalle, der einen Zeitraum von zehn Jahren bis zu den „Probeläufen“ und von mindestens 13 Jahren bis zur vollständigen Fertigstellung eingenommen hat, nicht hätte beschleunigt werden können. Vielmehr ist keine Reaktion der Klägerin auf die lange Bauzeit festzustellen. Diese Umstände stellen ein wichtiges äußeres Beweisanzeichen gegen das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht in den Streitjahren dar. 55b) Als weiteres wichtiges äußeres Beweisanzeichen gegen das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht in den Streitjahren würdigt der Senat, dass sich die negativen Betriebsergebnisse über einen sehr langen Zeitraum, nämlich zwölf Veranlagungszeiträume (2007 bis 2018) verstetigt haben. Es handelt sich um einen derart langen Zeitraum, dass der Schluss nahe liegt, der Betrieb der Reithalle sei nach der Art, wie er betrieben wurde, auf Dauer gesehen nicht geeignet, Gewinne abzuwerfen. Dieser Schluss ist zumindest für die Streitjahre zu ziehen. In den Streitjahren war auch der Anlaufzeitraum von fünf Jahren bereits abgelaufen. Ob eine Gewinnerzielungsabsicht in den Folgejahren 2016 bis 2018 oder ab dem Jahr 2019, dem ersten Jahr, für das die Kläger Gewinne aus dem Betrieb der Reithalle erklärt haben, bejaht werden könnte, kann vorliegend offen bleiben. 56c) Als ein weiteres Indiz dafür, dass im Streitfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe der Klägerin für die Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit bestimmend waren, würdigt der Senat die Möglichkeit der Kläger, hierdurch Steuern zu sparen. 57Ausweislich der angefochtenen Einkommensteuerbescheide betrug der Gesamtbetrag der Einkünfte beider Kläger X € im Jahr 2012, X € im Jahr 2013 und X € im Jahr 2014. Der Kläger erzielte seine Einkünfte in den Streitjahren aus Land- und Forstwirtschaft, aus dem Gewerbebetrieb als Hufschmied und zudem im Jahr 2012 aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin erzielte ihre Einkünfte in den Streitjahren aus Gewerbebetrieb (Photovoltaikanlage), aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Diese Einkünfte der Kläger würden, wenn die geltend gemachten Verluste der Klägerin anerkannt würden, niedriger besteuert. Daraus ergäbe sich eine Möglichkeit der Kläger, Steuern zu sparen. 58d) Der Senat kann schließlich auch deshalb nicht feststellen, dass die Klägerin die Reithalle mit Gewinnerzielungsabsicht betrieb, weil der Betrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen „Totalgewinn“ nicht erwarten ließ. Die von der Klägerin vorgelegten Totalgewinnprognosen lassen einen solchen Schluss nicht zu. Die Kläger, die für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast tragen, haben es nicht vermocht, die Erwartung eines „Totalgewinns“ aus der Reithalle schlüssig darzulegen. 59aa) Bei den von den Klägern vorgelegten Totalgewinnprognosen handelt es sich bereits deshalb nicht um eine schlüssige Darlegung, weil die einzelnen Prognosen einander widersprechen. 60Dabei spricht gegen die Schlüssigkeit der von den Klägern vorgelegten Totalgewinnprognosen nicht der Umstand, dass erst im Klageverfahren die Gewinnermittlungen für die Jahre 2017 bis 2020 vorgelegt bzw. fertiggestellt wurden und in die Totalgewinnprognosen Eingang gefunden haben. Da das Gericht die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen hat (§ 100 Abs. 1, § 96 Abs. 1 FGO; vgl. BFH-Urteil vom 3.9.2009 IV R 17/07, BFHE 227, 293, BStBl II 2010, 631, Rz. 49; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 100 FGO Rz. 39), können die im Klageverfahren gewonnenen Erkenntnisse in die Prognoseentscheidung einbezogen werden. 61Gegen die Schlüssigkeit der vorgelegten Totalgewinnprognosen spricht auch nicht, dass sie lediglich für einen Zeitraum bis zum Jahr 2025 berechnet wurden. Da die am 00.00.1960 geborene Klägerin in diesem Jahr ihr 65. Lebensjahr vollendet, erscheint es nachvollziehbar, dass sie den Betrieb nur bis zu diesem Jahr führen möchte und sich daher auch die Totalgewinnprognosen auf diesen Zeitraum beschränken. 62Den von den Klägern vorgelegten Totalgewinnprognosen ist aber deshalb nicht zu folgen, weil sie insgesamt zueinander in Widerspruch stehen, und zwar hinsichtlich der Höhe der Einnahmen, der Betriebsausgaben und der Gesamtgewinnprognose. Während die Kläger in ihren Schriftsätzen vom 10.6.2020 und 30.7.2020 prognostizierte monatliche Einnahmen in Höhe von mindestens X €, mithin jährliche Einnahmen von X € genannt haben, haben sie – jeweils ab dem Jahr 2020 – in ihrer Prognose vom 8.9.2020 jährliche Einnahmen zwischen X € und X €, in ihrer Prognose vom 18.12.2020 zwischen X € und X € und in ihrer Prognose vom 29.7.2021 zwischen X € und X € zugrunde gelegt. Die prognostizierten Betriebsausgaben haben sie in den Schriftsätzen vom 10.6.2020 und 30.7.2020 mit jährlich X € zzgl. AfA und später – jeweils ab dem Jahr 2020 – in der Prognose vom 8.9.2020 zwischen X € und X € ohne AfA, in der Prognose vom 18.12.2020 zwischen X € und X € ohne AfA und in der Prognose vom 29.7.2020 zwischen X € und X € zzgl. AfA zugrunde gelegt. Dadurch sind sie zu einem Totalgewinn in Höhe von X € gemäß Prognose vom 8.9.2020 (ohne die Jahre 2007 bis 2011), in Höhe von X € gemäß Prognose vom 28.12.2020 und in Höhe von X € gemäß Prognose vom 29.7.2020 gelangt, jeweils berechnet bis zum Jahr 2025. Diese Prognosen sind im Hinblick auf die genannten Parameter derart widersprüchlich, dass sie nicht überzeugen. Die Widersprüche sind auch nicht bloß auf die Erkenntnisse durch die erst während des Klageverfahrens erstellten Gewinnermittlungen für die Jahre 2017 bis 2020 zurückzuführen. 63bb) Die von den Klägern vorgelegten Totalgewinnprognosen sind auch deshalb nicht schlüssig, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Betriebseinnahmen niedriger und die Betriebsausgaben höher angesetzt werden müssten. 64(1) Die Betriebseinnahmen erscheinen in den Prognosen vom 28.12.2020 und 29.7.2021 zu hoch, weil unklar ist, welches Betriebskonzept in den Streitjahren bestand und welche Einnahmen aus der Reithalle tatsächlich resultieren würden. 65Nach den Prognosen vom 28.12.2020 und 29.7.2021 resultieren die Einnahmen zum größten Teil aus der Nutzung der Reithalle als Pferdepension. Es ist jedoch unklar, ob die Klägerin ein solches Betriebskonzept bereits in den hier zu beurteilenden Streitjahren 2012 bis 2014 verfolgte. Während die Kläger in ihren jüngsten Schriftsätzen zur Beschreibung der Einnahmen maßgeblich auf das Einstellen von Pensionspferden abgestellt haben, haben sie im Einspruchsverfahren und zu Beginn des Klageverfahrens nicht erklärt, die Reithalle zum Einstellen von Pensionspferden nutzen zu wollen. Im Schriftsatz vom 19.12.2019 haben die Kläger vorgetragen, die Reithalle solle zum Zweck des Reitunterrichts vermietet werden. Auch für Veranstaltungen von ortsansässigen Vereinen oder privaten Gesellschaften solle die Halle kostenpflichtig zur Verfügung gestellt werden. Die Ferienwohnung solle an Gäste vermietet werden. Mit Schriftsatz vom 4.2.2020 haben die Kläger dann erstmalig auf die Aufnahme von fünf Pensionspferden hingewiesen. Den „Vertrag über einen Offenstallplatz“ vom 17.9.2018 haben sie erst mit Schriftsatz vom 29.7.2021 vorgelegt. Vor diesem Hintergrund kann der Senat nicht feststellen, dass die Klägerin bereits in den Streitjahren die Nutzung der Reithalle für eine Pferdepension beabsichtigt hat. Daher können die von ihr prognostizierten Einnahmen aus der Pferdepension zumindest für die Streitjahre nicht in der Totalgewinnprognose berücksichtigt werden. Es war nicht absehbar, dass solche Einnahmen aus der Reithalle überhaupt resultieren würden. 66(2) Darüber hinaus erscheinen die Betriebsausgaben in den vorgelegten Totalgewinnprognosen zu niedrig, weil mehrere Abzugspositionen nicht berücksichtigt worden sind. 67So sind Schuldzinsen nicht zutreffend berücksichtigt worden. Aus den im Klageverfahren eingereichten Kontennachweisen zu den Gewinnermittlungen für die Jahre 2018 bis 2020 ergaben sich Darlehensbestände bei der Bank 1 und weitere Darlehen i.H.v. X € im Jahr 2018, X € im Jahr 2019 und X € im Jahr 2020. Daraus folgt, dass Darlehenszinsen anfallen bzw. angefallen sind. In den Gewinnprognosen der Kläger sind die Zinsen aber widersprüchlich angesetzt worden. Während in der Prognose vom 8.9.2020 ab dem Jahr 2021 überhaupt keine Zinsen berücksichtigt waren, fanden in die Prognose vom 28.12.2020 Darlehenszinsen i.H.v. X € im Jahr 2020 Eingang, in den darauffolgenden Jahren jeweils vermindert um X €. In der Prognose vom 29.7.2021 waren wiederum in den Jahren ab 2018 keine Zinsen berücksichtigt, da die Prognose auf den eingereichten Gewinnermittlungen für die Jahre 2018 bis 2020 aufbaute, in welchen jedoch keine Zinsen enthalten waren. 68Weiterhin fehlen in den Totalgewinnprognosen der Kläger Abzugspositionen für die Versorgung der eingestellten Pferde. Ausweislich des mit Schriftsatz vom 29.7.2021 vorgelegten „Vertrags über einen Offenstallplatz“ vom 17.9.2018 soll der Preis für die Einstellung eines Großpferdes monatlich einen Betrag von brutto X € für Futtermittel enthalten. Wenn, wie die Kläger mit Schriftsatz vom 29.7.2021 vorgetragen haben, im Jahr 2020 drei Großpferde eingestellt waren, im Jahr 2021 fünf und im Jahr 2022 sechs, so müssten Futtermittelkosten von jährlich X € pro Großpferd, mithin X € im Jahr 2020, X € im Jahr 2021 und X € im Jahr 2022 angefallen sein. Diese Beträge sind aber in den Totalgewinnprognosen nicht berücksichtigt, obwohl sie als Betriebsausgaben angesetzt werden müssten. Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag der Kläger, Heu und Stroh für die Pferde werde von den eigenen Flächen der Landwirtschaft des Klägers bzw. von einem Nachbarn unentgeltlich bezogen. Auch in diesem Fall müssten Betriebsausgaben in der genannten Höhe berücksichtigt werden. Denn in diesem Fall würde es sich um eine Einlage in den Betrieb der von der Klägerin geführten Reithalle handeln. Hinsichtlich der von der Landwirtschaft des Klägers bezogenen Waren handelt es sich um eine Einlage, weil der Betrieb des Klägers von dem Betrieb der Klägerin aufgrund der Personenverschiedenheit der Betriebsinhaber zu unterscheiden ist, so dass die unentgeltliche Lieferung der Waren als Entnahme aus dem einen Betriebsvermögen und als Einlage in das andere Betriebsvermögen anzusehen ist. Der unentgeltlichen Lieferung von Waren durch die Nachbarn liegt ein Vorgang auf der privaten Vermögensebene zugrunde (z.B. Schenkung), der bei Überführung der Waren vom Privat- in das Betriebsvermögen ebenfalls zu einer Einlage führt. Die Einlagen sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert für den Zeitpunkt der Zuführung anzusetzen. Bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmeüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG – wie im Streitfall – führen die Einlagen, da es sich um Umlaufvermögen handelt und keine besonderen Vorschriften zu beachten sind (z.B. § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG), zu sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG, 40. Auflage, § 4 Rz. 389). 69Darüber hinaus sind in den Totalgewinnprognosen die Energiekosten der Reithalle zu niedrig angesetzt worden. Während in der Prognose vom 28.12.2020 die Energiekosten X € für 2017, X € für 2018, X € für 2019 und jeweils X € für die Jahre 2020 bis 2025 betragen sollten, sollten in der Prognose vom 29.7.2021 die Beträge aus den aufgestellten Gewinnermittlungen maßgeblich sein, wobei im Jahr 2020 die Energiekosten mit X € angesetzt worden waren. Die Höhe dieser Energiekosten für eine Reithalle ist auffallend gering. Dazu haben die Kläger im Erörterungstermin vom 24.6.2021 erklärt, die niedrig geplanten Energiekosten seien maßgeblich auf die geplante Installation einer Photovoltaikanlage zurückzuführen, wodurch die Energie selbst gewonnen werden solle. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Photovoltaikanlage als ein eigenständiger Betrieb anzusehen wäre. Auch wenn dieser Betrieb von der Klägerin geführt würde, so würde es sich um eine wirtschaftlich eigenständige Betätigung handeln, die aufgrund der gebotenen Segmentierung eine eigenständige Gewinnermittlung erfordern würde (vgl. zur Segmentierung BFH-Urteil vom 23.8.2017 X R 27/16, BFH/NV 2018, 36, Rz. 14; Wacker in Schmidt, EStG, 40. Auflage, § 15 Rz. 26). Die Lieferung von Energie wäre als eine Entnahme aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage und als eine Einlage in den Betrieb der Reithalle zu behandeln. Die Einlage der Energie müsste, da es sich um Umlaufvermögen handelt, in der Einnahmeüberschussrechnung wie beschrieben als Betriebsausgabe in Höhe des Teilwerts (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) angesetzt werden. 70Der Senat stimmt zudem dem Beklagten zu, der darauf hingewiesen hatte, dass größere zukünftige Wartungs- und Reparaturkosten wie etwa eine Erneuerung des Reithallenbodens in den Totalgewinnprognosen nicht angesetzt worden sind. Dem pauschalen Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 4.3.2021, Aufwendungen für Wartungsarbeiten der Reithalle seien nicht bzw. in Höhe von höchstens X € einzukalkulieren, vermag der Senat nicht zu folgen, da die Kläger ihren Vortrag weder substantiiert noch einen – ihnen obliegenden – Beweis angeboten haben. Darüber hinaus sind in den Totalgewinnprognosen auch keine Erhaltungsaufwendungen für die – nach Angaben der Kläger bereits sanierungsbedürftige – Ferienwohnung enthalten. 71Die Frage, ob die AfA in der Prognose vom 29.7.2021 richtig angesetzt worden ist, während sie in den Prognosen vom 28.12.2020 und vom 8.9.2020 nicht enthalten war, kann vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen dahinstehen. Die Kläger konnten Zweifel an der angesetzten AfA allerdings nicht ausräumen, weil sie die Anschaffungs-und Herstellungskosten im Schriftsatz vom 29.7.2021 mit X €, im Schriftsatz vom 30.7.2020 hingegen mit X € beziffert haben. Darüber hinaus bestehen Zweifel an der Höhe der AfA, weil die Kläger mit Schriftsatz vom 6.4.2020 erläutert haben, im Jahr 2020 seien die Außenanlagen wie etwa die Hofpflasterung noch nicht fertiggestellt gewesen. Die Kläger haben aber nicht erläutert, warum nicht von einer Erhöhung der AfA auszugehen sein soll, wenn noch wesentliche weitere Anschaffungs- und Herstellungskosten wie etwa für eine Hofpflasterung anfallen. 72(3) Nicht erklärlich ist zudem die Aussage der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 20.9.2021, wonach der Betrieb der Reithalle erst seit dem 1. Vierteljahr 2021 umsatzsteuerpflichtig sein soll aufgrund der erzielten Umsätze. Tatsächlich weisen die im Klageverfahren vorgelegten Einnahmenüberschussrechnungen für 2018 bis 2020 bei den Einnahmen die vereinnahmte bzw. erstattete Umsatzsteuer aus, bei den Betriebsausgaben die gezahlte Vorsteuer. Demnach muss die Umsatzsteuerpflicht schon deutlich früher eingetreten sein als erst im ersten Vierteljahr 2021. Dies stellt die Richtigkeit der Gewinnermittlungen infrage. 73cc) Nichts anderes ergibt sich, wenn ein sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebender Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust berücksichtigt würde. 74Entsprechend der zitierten Rechtsprechung des BFH sind stille Reserven einzubeziehen (BFH-Urteil vom 25.11.2004 IV R 8/03, BFH/NV 2005, 854, Rz. 20). Als Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn ist entsprechend § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag anzusetzen, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens, also den Buchwert, übersteigt. 75Die Kläger haben nicht substantiiert zu der Frage vorgetragen, ob im Falle der Veräußerung oder der Aufgabe der Reithalle ein Gewinn entstehen würde. Sie haben den Buchwert zuletzt mit Schriftsatz vom 29.7.2021 mit X € beziffert. Welchen Veräußerungspreis die Reithalle im Falle einer Veräußerung erbringen würde oder mit welchem Wert sie im Falle einer Betriebsaufgabe anzusetzen wäre, haben die Kläger nur sehr vage im Schriftsatz vom 28.12.2020 mit X €, im Schriftsatz vom 4.3.2021 demgegenüber mit X € beziffert. Abgesehen davon, dass diese Angaben bereits aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit nicht zugrunde gelegt werden können, haben die Kläger ihre Aussagen auch nicht näher erläutert und hierzu keine Nachweise erbracht. Da die Kläger aber die Darlegungs- und Beweislast für die von ihnen behauptete Gewinnerzielungsabsicht trifft, hätten sie hierzu substantiiert vortragen und Beweis antreten müssen. 76III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 77Soweit die Kläger im Hinblick auf die im Klageverfahren ergangenen Änderungsbescheide vom 28.8.2020 für die Jahre 2013 und 2014 obsiegt haben, folgt die Kostenentscheidung aus § 137 Satz 1 FGO. Nach dieser Vorschrift können einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Die Kläger haben erst im Klageverfahren durch Schriftsatz vom 10.6.2020 vollständige Angaben zu den als außergewöhnliche Belastung anzusetzenden Fahrtkosten gemacht. | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens. 1 | 2die beteiligten streiten über das vorliegen einer gewinnerzielungsabsicht für den betrieb einer reithalle in den streitjahren 2012 bis 2014. 3die kläger sind verheiratet und werden zusammen zur einkommensteuer veranlagt. der kläger erzielte in den streitjahren einkünfte aus land- und forstwirtschaft, aus einem gewerbebetrieb als hufschmied und zudem im jahr 2012 aus nichtselbständiger arbeit. die am 00.00.1960 geborene klägerin erzielte in den streitjahren einkünfte aus gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger arbeit und aus vermietung und verpachtung. die gewerblichen einkünfte der klägerin resultierten aus dem betrieb einer photovoltaikanlage, die einkünfte aus nichtselbständiger arbeit aus einem angestelltenverhältnis im betrieb des klägers. 4die klägerin betrieb zudem eine reithalle. diese befand sich ab dem jahr 2007 im bau und konnte ab dem jahr 2017 genutzt werden. für die reithalle ermittelte die klägerin ihren gewinn durch einnahmenüberschussrechnungen gemäß § 4 abs. 3 des einkommensteuergesetzes – estg –. in den den streitjahren vorangehenden veranlagungszeiträumen erklärte sie die folgenden einkünfte: 5jahr einnahmen ausgaben einkünfte summe 2007 0,00 x -x 2008 0,00 x -x 2009 0,00 x -x 2010 x x -x 2011 0,00 x -x -x 6für das streitjahr 2012 reichte die klägerin am 18.2.2014 beim beklagten eine gewinnermittlung ein, die keine einnahmen, aber betriebsausgaben i.h.v. x € auswies. aufgrund der von den kläger eingereichten einkommensteuererklärung für 2012 veranlagte der beklagte die kläger zunächst erklärungsgemäß zur einkommensteuer für das jahr 2012. der bescheid stand unter dem vorbehalt der nachprüfung gem. § 164 abs. 1 der abgabenordnung – ao –. 7für die übrigen jahre des streitzeitraums erstellte die klägerin zunächst keine gewinnermittlungen. die kläger reichten zunächst auch keine einkommensteuererklärungen ein. daher erließ der beklagte schätzungsbescheide gemäß § 162 ao, die ebenfalls unter dem vorbehalt der nachprüfung standen. 8am 11.4.2018 erließ der beklagte gemäß § 164 abs. 2 ao einen änderungsbescheid zur einkommensteuer für 2012, mit dem er die gewinnerzielungsabsicht der klägerin für die reithalle nicht mehr anerkannte und die diesbezüglichen einkünfte mit 0 € berücksichtigte. die einkommensteuer für 2012 setzte er auf x € fest. der dabei zugrunde gelegte gesamtbetrag der einkünfte betrug x €. zur begründung gab der beklagte an, der verlust aus der reithallennutzung habe nicht berücksichtigt werden können, da bisher keine einnahmen erzielt worden seien. zugleich hob er den vorbehalt der nachprüfung auf. ebenfalls am 11.4.2018 erließ er einkommensteuerbescheide für die jahre 2013 und 2014, mit denen er den vorbehalt der nachprüfung gemäß § 164 abs. 3 ao aufhob. 9gegen diese bescheide legten die kläger am 14.5.2018 einspruch ein. im einspruchsverfahren gaben die kläger am 27.6.2018 und 6.11.2018 einkommensteuererklärungen für 2013 und 2014 ab. sie erklärten einen verlust der klägerin aus der reithalle i.h.v. x € für 2013 und x € für 2014. während die gewinnermittlung für 2013 keine einnahmen enthielt, waren für 2014 u.a. betriebseinnahmen i.h.v. x € und vom finanzamt erstattete umsatzsteuer i.h.v. x € ausgewiesen. im weiteren verlauf des einspruchsverfahrens erläuterten die kläger mit schreiben vom 14.2.2019 und 25.5.2019, der bau der reithalle ziehe sich bereits seit jahren hin und sei noch nicht fertiggestellt. eine bauliche abnahme stehe noch aus, sodass der betrieb noch nicht aufgenommen werden könne. keineswegs handele es sich aber um liebhaberei. 10aufgrund der eingereichten steuererklärungen setzte der beklagte mit änderungsbescheiden vom 21.10.2019 die einkommensteuer für 2013 auf x € und für 2014 auf x € fest. die einkünfte der klägerin aus der reithalle berücksichtigte er jeweils mit 0 €, da keine gewinnerzielungsabsicht vorliege. der besteuerung legte er einen gesamtbetrag der einkünfte von x € für 2013 und x € für 2014 zugrunde. die bescheide ergingen auf der grundlage des § 172 abs. 1 satz 1 nr. 2 ao. 11mit einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 wies der beklagte den einspruch als unbegründet zurück. dies begründete er damit, eine gewinnerzielungsabsicht für den betrieb der reithalle könne nicht anerkannt werden, da bis zum jahr 2014 insgesamt verluste i.h.v. x € und unter weiterer berücksichtigung der inzwischen für die jahre 2015 und 2016 eingegangenen gewinnermittlungen verluste in höhe von insgesamt x € entstanden seien entsprechend der folgenden berechnung: 12jahr einnahmen ausgaben einkünfte summen 2007 0,00 x -x 2008 0,00 x -x 2009 0,00 x -x 2010 x x -x 2011 0,00 x -x -x 2012 0,00 x -x 2013 0,00 x -x 2014 x x -x -x 2015 0,00 x -x 2016 0,00 x -x -x 13die klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie diese verluste durch spätere gewinne ausgleichen und ein positives gesamtergebnis erzielen werde. zwischen den beteiligten ist inzwischen unstreitig, dass die einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 erst am 21.11.2019 bei der prozessbevollmächtigten der kläger einging. 14daraufhin haben die kläger am 19.12.2019 klage erhoben. 15im klageverfahren hat der beklagte am 28.8.2020 änderungsbescheide für die jahre 2013 und 2014 erlassen und die einkommensteuer auf x € für 2013 und auf x € für 2014 herabgesetzt. hintergrund der änderungsbescheide war ein zuvor zwischen den beteiligten bestehender streit über die berücksichtigung von fahrtkosten als außergewöhnliche belastung. mit schriftsatz vom 10.6.2020 haben die kläger zusätzliche angaben zu den fahrten gemacht, so dass sich der beklagte mit der berücksichtigung der fahrtkosten einverstanden erklärt hat. die streitigen verluste aus der reithalle hat er weiterhin unberücksichtigt gelassen. der gesamtbetrag der einkünfte ist unverändert geblieben. 16zur begründung ihrer klage haben die kläger mit schriftsatz vom 19.12.2019 vorgetragen, der kläger habe die reithalle eigenhändig aufbauen wollen. dies sei nur in kleinen abschnitten möglich gewesen, soweit zeit und geld vorhanden gewesen seien. inzwischen seien außer der halle auch sozialräume und eine ferienwohnung eingerichtet worden. die reithalle solle zum zweck des reitunterrichts vermietet werden. auch für veranstaltungen von ortsansässigen vereinen oder privaten gesellschaften solle die halle kostenpflichtig zur verfügung gestellt werden. die ferienwohnung solle an gäste vermietet werden. eine gewinnprognose sei allerdings nicht erstellt worden. 17mit schriftsatz vom 4.2.2020 haben die kläger eine handschriftliche auflistung vorgelegt, wonach zur zeit fünf pensionspferde aufgenommen seien, für die eine anteilige hallennutzung i.h.v. monatlich x € pro pferd und ein kompletter pensionspreis von monatlich x € pro pferd laut einstellverträgen eingenommen würde. fremdreiter würden x € pro stunde und pferd zahlen. die nutzungsgebühr für seminare und kurse betrage x € pro tag, bei anmietung für feierlichkeiten x € pro tag. geplant sei eine nutzung der ferienwohnung („ferien auf dem bauernhof“) sowie eine nutzung der reithalle durch vereine, selbständige therapeuten und eine offene ganztagsschule. 18die kläger haben mit schriftsatz vom 6.4.2020 erläutert, die reithalle als solche sei fertiggestellt worden, die außenanlagen jedoch noch nicht. es fehle etwa die hofpflasterung sowie die gestaltung der umgebung. solange dies nicht erledigt sei, dürfe die klägerin den betrieb der reithalle nicht aufnehmen. allerdings seien bereits seit dem jahr 2017 geringe jährliche einnahmen erzielt worden. dabei habe es sich um „probeläufe“ für privatpersonen gehandelt. die ferienwohnung könne nicht vermietet werden, da sie wegen baumängeln bereits sanierungsbedürftig sei. 19mit schriftsätzen vom 10.6.2020 und vom 30.7.2020 haben die kläger weiter erklärt, der ursprüngliche businessplan für die reithalle habe vorgesehen, für zwölf einstellpferde monatlich durchschnittlich x € einzunehmen (x € für großpferde, x € für minipferde). in diesen preisen seien die grundversorgung der pferde mit heu, stroh und wasser sowie die nutzung der reithalle enthalten gewesen. zudem sollte die nutzung der reithalle durch fremdreiter einen monatlichen umsatz von x € und die nutzung für einzelne stunden einen monatlichen umsatz von x € einbringen. eine nutzung der halle als kursort für tages- oder wochenendseminare sollte für x € pro kurstag erfolgen. allerdings sei einzugestehen, dass aufgrund einer nicht unerheblichen konkurrenz im nahen umfeld die nachfrage nicht so groß sei wie erhofft. es sei geplant, das therapeutische reiten noch professionell zu bewerben. als aufwand seien jährliche kosten von x € für energie, abfallentsorgung, betriebsbedarf, werkzeuge, grundstückspflege und vorsteuer einzukalkulieren. die herstellungskosten für die reithalle aus den jahren 2002 bis 2018 hätten sich auf x € summiert, welche als bemessungsgrundlage für die absetzung für abnutzung – afa – anzusetzen seien. 20auf gerichtliche anforderung haben die kläger mit schriftsatz vom 8.9.2020 die folgende (hier zusammengefasste) gewinnprognose für die jahre 2012 bis 2025 abgegeben, wobei in den aufwendungen keine afa enthalten war: 21jahr einnahmen ausgaben einkünfte summen 2012 0,00 x -x 2013 0,00 x -x 2014 x x -x 2015 0,00 x -x 2016 0,00 x -x -x 2017 x x -x 2018 x x -x 2019 x x -x 2020 x x x 2021 x x x 2022 x x x 2023 x x x 2024 x x x 2025 x x x x 22hierzu haben die kläger erläutert, im jahr 2020 seien von zwölf pferdeeinstellplätzen sieben belegt, wodurch einnahmen von ca. x € pro monat entstünden. aus der hallennutzung für kurse seien im jahr 2020 bislang x € eingenommen worden. einnahmen durch fremdreiter sowie durch therapeutische angebote seien demgegenüber nicht zu verzeichnen. allerdings werde hier weiterhin potential gesehen. eine gewinnerhöhung sei außerdem deshalb zu erwarten, weil ende september 2020 aufgrund der auszahlung einer lebensversicherung eines der darlehen abgelöst werden könne, so dass die zinsbelastung dafür entfalle. in der gewinnprognose waren zinsen in höhe von x € für 2017, „ca.“ x € für 2018, x € für 2019 und x € für 2020 enthalten. ab dem jahr 2021 waren keine zinsen mehr angesetzt. afa war in allen jahren nicht enthalten. mit weiterem schriftsatz vom 9.11.2020 haben die kläger ergänzt, dass es sich bei den zusammengestellten zahlen nur um „vorläufige und aus den vorhandenen unterlagen rekonstruierte ungefähre angaben“ handle. 23mit schriftsatz vom 28.12.2020 haben die kläger ihre gewinnprognose für die jahre 2017 bis 2025 sodann wie folgt geändert: 24jahr einnahmen ausgaben einkünfte summen 2007 0,00 x -x 2008 0,00 x -x 2009 0,00 x -x 2010 0,00 x -x 2011 0,00 x -x -x 2012 0,00 x -x 2013 0,00 x -x 2014 x x -x 2015 0,00 x -x 2016 0,00 x -x -x 2017 x x -x -x 2018 x x -x -x 2019 x x x -x 2020 x x x -x 2021 x x x -x 2022 x x x x 2023 x x x x 2024 x x x x 2025 x x x x 25bei den einkünften für das jahr 2019 war der saldo von einnahmen und ausgaben im schriftsatz vom 28.12.2020 mit x € anstatt mit (rechnerisch richtig) x € angegeben. die kläger haben weiter erläutert, im jahr 2020 seien zuletzt vier großpferde (x € monatlich) und drei ponys (x € monatlich) eingestellt gewesen. allein daraus würden jährliche einnahmen von x € resultieren. die prognose gehe davon aus, dass noch weitere tiere hinzukämen, auch wenn nicht alle zwölf vorhandenen plätze ständig belegt seien. bei den ausgaben waren zinsen in höhe von x € für 2017, x € für 2018, x € für 2019, x € für 2020, x € für 2021, x € für 2022, x € für 2023, x € für 2024 und x € für 2025 angesetzt. die energiekosten betrugen x € für 2017, x € für 2018, x € für 2019 und jeweils x € für die jahre 2020 bis 2025. die afa, welche in der berechnung weiterhin nicht berücksichtigt war, sei auf der grundlage von anschaffungs- und herstellungskosten i.h.v. x € zu berechnen (jährlich x €), so die kläger. im jahr 2017 seien mit der reithalle „probeläufe“ vorgenommen und erstmals einnahmen erzielt worden. 26darüber hinaus sei im falle einer veräußerung ein geschätzter erlös i.h.v. x € zu berücksichtigen, sodass abzüglich der noch bestehenden darlehensverpflichtungen ein veräußerungsgewinn verbleibe. mit schriftsatz vom 4.3.2021 haben die kläger den wert der reithalle mit x € beziffert, der sich aus dem angebot vergleichbarer objekte im internet ergeben solle. 27im schriftsatz vom 4.3.2021 haben die kläger weiter erklärt, die anschaffungs- und herstellungskosten zum 31.12.2019 hätten tatsächlich nur x € betragen. dabei handele es sich um fremdleistungen für fundament und stahlkonstruktion. die übrigen leistungen seien in eigenleistung erbracht worden, deren gegenwert schwer zu errechnen sei. bei den betriebsausgaben könnten keine kosten für den wasserverbrauch der pferde einkalkuliert werden, da dieser von der klägerin bereits „in die preise für die einstellung einberechnet“ worden sei. das heu, mit welchem die pferde versorgt würden, werde von eigenen privaten wiese der kläger gewonnen. das stroh zum einstreuen werde unentgeltlich von nachbarn der kläger geliefert. für den übrigen bedarf der tiere kämen die „einsteller“ auf eigene kosten auf. aufwendungen für wartungsarbeiten der reithalle seien nicht bzw. in höhe von höchstens x € einzukalkulieren, da diese bei einer halle aus stahlbau nicht zu erwarten seien. 28in einem vom berichterstatter des senats durchgeführten erörterungstermin vom 24.6.2021 haben die kläger ihre gewinnermittlung für das jahr 2019 vorgelegt, aus der sich – unter weiterer berücksichtigung der angaben für das vorjahr 2018 – ein gewinn i.h.v. x € für 2019 und ein verlust von x € für 2018 ergab. die umsatzsteuerpflichtigen einnahmen betrugen x € für 2019 und x € für 2018, worin umsatzsteuererstattungen von x € im jahr 2019 und x € im jahr 2018 enthalten waren. die betriebsausgaben betrugen x € für 2019 und x € für 2018, jeweils unter berücksichtigung u.a. von vorsteuer und afa i.h.v. x € für 2019 und x € für 2018. schuldzinsen waren nicht berücksichtigt. aus den kontennachweisen ergaben sich aber darlehensbestände bei der bank 1 und weitere darlehen i.h.v. x € im jahr 2019 und x € im jahr 2018. hinsichtlich der energiekosten, die in den betriebsausgaben mit x € für 2018 und x € für 2019 angesetzt waren, haben die kläger darauf hingewiesen, dass die installation einer photovoltaikanlage geplant sei, um die energie selbst zu gewinnen. 29mit schriftsatz vom 29.7.2021 haben die kläger weiter erklärt, die bemessungsgrundlage für die anschaffungs- und herstellungskosten sei im schriftsatz vom 30.7.2020 unzutreffend mit x € beziffert worden. offensichtlich sei nicht der jährliche zuwachs, sondern die salden der einzelnen jahre addiert worden. tatsächlich betrügen die anschaffungs- und herstellungskosten nach der einnahmenüberschussrechnung für 2020 x €, sodass eine jährliche afa von x € (inkl. afa auf sachanlagen und immaterielle vermögensgegenstände) anzusetzen sei. in diesen anschaffungs- und herstellungskosten seien neben den aufwendungen für fundament und stahlkonstruktion der halle auch die elektro- und sanitärinstallationen, malerarbeiten, bodenbeläge und diverse kleinteile enthalten. zudem sei inzwischen aufgefallen, dass aufwendungen für das trinkwasser der pferde bislang nicht berücksichtigt worden seien. dies solle zukünftig geändert werden. heu und stroh für die pferde werde aber weiterhin von den eigenen flächen der landwirtschaft des klägers bzw. von einem nachbarn unentgeltlich bezogen. für zusatzfutter und medikamente sorgten die besitzer der pensionspferde selbst. zudem haben die kläger mit dem vorgenannten schriftsatz die vorläufige einnahmenüberschussrechnung für 2020 vorgelegt, die einen gewinn i.h.v. x € ausweist. die umsatzsteuerpflichtigen einnahmen betrugen demnach x € inklusive einer umsatzsteuererstattung von x €, die zukünftig nicht mehr zu erwarten sei, so die kläger. bei den betriebsausgaben (summe x €) waren die afa mit x € und die energiekosten mit x € angesetzt. gezahlte vorsteuer war berücksichtigt. zinsen waren nicht angesetzt, wobei der darlehensbestand laut kontennachweis x € betrug. die haupteinnahmequelle des jahres 2020 seien, so die kläger, drei große pensionspferde und zwei ponys gewesen. im jahr 2021 seien zwei großpferde hinzugekommen, im jahr 2022 noch ein weiteres. ausweislich eines von den klägern vorgelegten „vertrags über einen offenstallplatz“ vom 17.9.2018, auf den wegen der einzelheiten verwiesen wird, werde für die einstellung eines großpferdes ein pensionspreis von monatlich x € berechnet, in dem ein futtermittelanteil von monatlich x € inkl. 7 % umsatzsteuer enthalten sei. daraus resultierten ab 2022 einnahmen von jährlich x € zuzüglich weiterer einnahmen in höhe von x € für die vermietung der reithalle an unterschiedliche nutzer. das angebot der klägerin werde gut angenommen, es sei von einer langfristigen auslastung der pferdepension auszugehen. es liege bereits eine reservierungsliste vor. auch feriengäste hätten sich bereits angemeldet. weitere nutzungen der reithalle, etwa für therapeutische angebote, seien ernsthaft geplant. die gewinnprognose aus dem schriftsatz vom 28.12.2020 sei nun wie folgt fortzuentwickeln, wobei die prognostizierten einnahmen und ausgaben ab 2023 zu 90 % und ab 2024 zu 80 % der beträge des jahres 2022 angesetzt würden: 30jahr einnahmen ausgaben afa einkünfte summen 2007 0,00 x -x 2008 0,00 x -x 2009 0,00 x -x 2010 x x -x 2011 0,00 x -x -x 2012 0,00 x -x 2013 0,00 x -x 2014 x x -x 2015 0,00 x -x 2016 0,00 x -x -x 2017 x x x -x -x 2018 x x x -x -x 2019 x x x x -x 2020 x x x x -x 2021 x x x x -x 2022 x x x x -x 2023 x x x x -x 2024 x x x x x 2025 x x x x x 31mit schriftsatz vom 20.9.2021 haben die kläger schließlich erklärt, dass in der bisherigen totalgewinnprognose die betriebsausgaben für futtermittel nicht enthalten seien, weil die abgrenzung zwischen der von den klägern betriebenen landwirtschaft und der reithalle nicht richtig vorgenommen worden sei. zukünftig wolle die landwirtschaft die futtermittelgestellung der reithalle in rechnung stellen. weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die reithalle seit dem 1. vierteljahr 2021 umsatzsteuerpflichtig sei aufgrund der erzielten umsätze. daraus sei die absicht abzuleiten, am wirtschaftlichen geschäftsverkehr teilzunehmen in abgrenzung zur liebhaberei. weitere einem erkenntnisgewinn dienende informationen seien nun nicht mehr zu erwarten. 32die kläger beantragen sinngemäß, 33 den einkommensteuerbescheid vom 11.4.2018 für 2012 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 und die einkommensteuerbescheide vom 28.8.2020 für 2013 und 2014 in der weise zu ändern, dass verluste aus dem betrieb der reithalle in höhe von x € für 2012, x € für 2013 und x € für 2014 anerkannt werden. 34der beklagte beantragt, 35 die klage abzuweisen. 36er ist der auffassung, dass eine gewinnerzielungsabsicht für den betrieb der reithalle nicht festzustellen sei. der vortrag der kläger sei widersprüchlich, und zwar hinsichtlich des zeitpunkts der fertigstellung der reithalle und hinsichtlich der geplanten nutzung. auch die angabe der zu erwartenden einnahmen und der anfallenden kosten sei zu ungenau und nicht folgerichtig. die erreichung eines totalgewinns sei nach den erläuterungen nicht anzunehmen. 37die mit schriftsatz vom 28.12.2020 eingereichte totalgewinnprognose entspreche nicht den anforderungen an eine steuerliche gewinnermittlung und sei unvollständig. es sei keine afa berücksichtigt. zudem seien die angaben der kläger zu den anschaffungs- und herstellungskosten sehr widersprüchlich. in der kalkulation seien die nutzungsdauer und auch ein veräußerungsgewinn nicht berücksichtigt. darüber hinaus seien zwingend erforderliche aufwendungen hinsichtlich der grundversorgung der pferde mit heu, stroh und wasser nicht enthalten. auch der umstand, dass eine erhöhung der einnahmen mit einer erhöhung der ausgaben, etwa der energiekosten, einhergehen müsse, bleibe unberücksichtigt. größere zukünftige wartungs- und reparaturkosten wie etwa eine erneuerung des reithallenbodens seien ebenfalls nicht angesetzt worden. die offenen fragen seien auch durch die mit schriftsatz vom 29.7.2021 eingereichte totalgewinnprognose nicht geklärt worden. vielmehr sei anzumerken, dass sich aus dem mit diesem schriftsatz eingereichten „einstellervertrag“ ergebe, dass in dem monatlichen pensionspreis für pferde von x € auch futtermittel i.h.v. x € enthalten seien. diese futtermittel seien aber nicht als betriebsausgaben in der gewinnprognose berücksichtigt. 38die kläger haben mit schriftsatz vom 4.10.2021, der beklagte mit schriftsatz vom 22.10.2021 auf mündliche verhandlung verzichtet. 39 | 40der senat entscheidet mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung (§ 90 abs. 2 der finanzgerichtsordnung – fgo –). 41die klage hat keinen erfolg. 42i. die klage ist zulässig. 43die klage ist innerhalb der monatsfrist des § 47 abs. 1 satz 1 fgo erhoben worden. gegen die einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 haben die kläger am 19.12.2019 klage erhoben. dies war nicht verspätet, da zwischen den beteiligten inzwischen unstreitig ist, dass die einspruchsentscheidung erst am 21.11.2019 bei der prozessbevollmächtigten der kläger eingegangen ist. 44ii. die klage ist jedoch unbegründet. 45der einkommensteuerbescheid vom 11.4.2018 für 2012 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 15.11.2019 und die einkommensteuerbescheide vom 28.8.2020 für 2013 und 2014 sind rechtmäßig und verletzen die kläger nicht in ihren rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 fgo). die der klägerin aus der reithalle entstandenen verluste sind in den streitjahren nicht als steuerbare einkünfte anzuerkennen. der klägerin fehlte die erforderliche gewinnerzielungsabsicht. 461. gewinnerzielungsabsicht als tatbestandsmerkmal gewerblicher tätigkeit ist das streben nach betriebsvermögensmehrung in gestalt eines totalgewinns (vgl. beschluss des großen senats des bundesfinanzhofs – bfh – vom 25.6.1984 grs 4/82, sammlung der entscheidungen des bfh – bfhe – 141, 405, 434, bundessteuerblatt – bstbl – ii 1984, 751). an dieser absicht fehlt es, wenn die prognose des zu erwirtschaftenden totalgewinns negativ ist und der steuerpflichtige die verlustbringende tätigkeit nur aus im bereich seiner lebensführung liegenden persönlichen gründen und neigungen ausübt. es handelt sich bei der gewinnerzielungsabsicht um eine innere tatsache, die – wie alle sich in der vorstellung von menschen abspielenden vorgänge – nur anhand äußerlicher merkmale beurteilt werden kann (bfh-urteile vom 24.2.1999 x r 106/95, bfh/nv 1999, 1081; vom 31.7.2002 x r 48/99, bfhe 200, 504, bstbl ii 2003, 282; vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 16; vom 7.4.2016 iv r 38/13, bfhe 253, 390, bstbl ii 2016, 765, rz. 19). 47a) bei tätigkeiten, die nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet sind, der befriedigung persönlicher neigungen oder der erlangung wirtschaftlicher vorteile außerhalb der einkunftssphäre zu dienen, lässt allein das erzielen langjähriger verluste noch keinen zwingenden schluss auf das nichtvorliegen der inneren tatsache „gewinnerzielungsabsicht“ zu. vielmehr muss bei längeren verlustperioden aus weiteren beweisanzeichen die feststellung möglich sein, dass der steuerpflichtige die verlustbringende tätigkeit nur aus im bereich seiner lebensführung liegenden persönlichen gründen oder neigungen ausübt (bfh-beschluss vom 25.6.1984 grs 4/82, bfhe 141, 405, 434, bstbl ii 1984, 751; bfh-urteil vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 22). übt der steuerpflichtige eine gewerbliche tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der nähe des hobbybereichs anzusiedeln ist, so können im falle einer längeren verlustperiode die reaktionen auf die verluste die bedeutung wichtiger äußerer beweisanzeichen erlangen (bfh-urteile vom 25.10.1989 x r 109/87, bfhe 159, 128, bstbl ii 1990, 278; vom 7.8.1991 x r 10/88, sammlung amtlich nicht veröffentlichter entscheidungen des bfh – bfh/nv – 1992, 108; vom 2.6.1999 x r 149/95, bfh/nv 2000, 23; vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 23). so spricht vor allem das fehlende bemühen, die verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige, stetig ansteigende verluste aus im persönlichen bereich liegenden neigungen und motiven hingenommen werden (bfh-urteile vom 26.2.2004 iv r 43/02, bfhe 205, 243, bstbl ii 2004, 455; vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 24; bfh-beschluss vom 5.7.2002 iv b 42/02, bfh/nv 2002, 1447). auch wenn selbst in diesen fällen die gewinnerzielungsabsicht nicht allein wegen der tatsache langjähriger erwirtschaftung von verlusten und fehlender reaktionen auf bereits eingetretene hohe verluste verneint werden kann (bfh-urteil vom 12.9.2002 iv r 60/01, bfhe 200, 284, bstbl ii 2003, 85), so ist das unterlassen geeigneter umstrukturierungsmaßnahmen im hinblick auf das darin liegende nicht marktgerechte verhalten doch als ein gewichtiges beweisanzeichen für eine fehlende gewinnerzielungsabsicht zu werten; an die feststellung persönlicher gründe oder motive, die den steuerpflichten trotz überwiegender verluste zur weiterführung seines unternehmens bewogen haben könnten, sind deshalb in diesen fällen keine hohen anforderungen (mehr) zu stellen (bfh-urteil vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 24). 48b) ein rückschluss allein von der unveränderten fortsetzung einer verlustbringenden tätigkeit auf das fehlen der gewinnerzielungsabsicht setzt allerdings grundsätzlich voraus, dass sich die negativen betriebsergebnisse bereits über einen längeren zeitraum verstetigt haben. dieser zeitraum muss so bemessen sein, dass er sich auch begrifflich mit dem schlagwort der „langjährigen verluste“ in einklang bringen lässt (bfh-urteil vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 25). der zeitraum der betriebsspezifischen anlaufzeit bis zum erforderlichwerden größerer korrektur- und umstrukturierungsmaßnahmen beträgt im regelfall fünf jahre und nur im ausnahmefall weniger als fünf jahre (bfh-urteil vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 26). er richtet sich nach dem gegenstand und der art des jeweiligen betriebs, so dass der zeitraum, innerhalb dessen das unterbleiben einer reaktion auf bereits eingetretene verluste für sich betrachtet als beweisanzeichen für eine mangelnde gewinnerzielungsabsicht herangezogen werden kann, sich nicht allgemeinverbindlich festlegen lässt (bfh-urteil vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 26 m.w.n.). solange der anlaufzeitraum noch nicht abgeschlossen ist, kann einer unternehmerischen tätigkeit, selbst wenn sie von beginn an nur verluste eingebracht hat und nach der art, wie sie betrieben wird, auch auf dauer gesehen nicht geeignet ist, gewinne abzuwerfen, nur in ausnahmefällen die steuerliche anerkennung versagt werden (bfh-urteil vom 23.5.2007 x r 33/04, bfhe 218, 163, bstbl ii 2007, 874, rz. 27; vgl. zum ganzen auch fg münster, urteil vom 15.9.2021 13 k 3818/18 e, entscheidungen der finanzgerichte – efg – 2022, 106). 49c) ein indiz dafür, dass im konkreten einzelfall nicht das streben nach einem totalgewinn, sondern persönliche beweggründe des steuerpflichtigen für die fortführung des verlustbringenden unternehmens bestimmend waren, kann auch die absicht sein, steuern zu sparen (bfh-urteile vom 2.6.1999 x r 149/95, bfh/nv 2000, 23; vom 14.12.2004 xi r 6/02, bfhe 208, 557, bstbl ii 2005, 392, rz. 21). das kann der fall sein, wenn dem steuerpflichtigen hohe andere einkünfte zur verfügung stehen, die für den ausgleich entstandener verluste herangezogen werden können (bfh-urteil vom 14.12.2004 xi r 6/02, bfhe 208, 557, bstbl ii 2005, 392, rz. 21; fg münster, urteil vom 22.8.2012 7 k 2000/11 e, efg 2012, 2115, rz. 43). 50d) für die beurteilung der gewinnerzielungsabsicht ist zudem von bedeutung, ob der betrieb bei objektiver betrachtung nach seiner art der gestaltung der betriebsführung und den gegebenen ertragsaussichten einen „totalgewinn“ in dem beschriebenen umfang erwarten lässt. für diese prognose können die verhältnisse der bereits abgelaufenen zeiträume wichtige anhaltspunkte bieten. ist danach bei objektiver betrachtung ein positives ergebnis nicht zu erwarten, kann der steuerpflichtige gleichwohl nachweisen, dass er die objektiven gegebenheiten verkannt und erwartet habe, dass zunächst angefallene verluste im laufe der weiteren entwicklung des betriebs durch gewinne ausgeglichen würden und insgesamt ein positives gesamtergebnis erzielt werden könne (bfh-urteil vom 7.4.2016 iv r 38/13, bfhe 253, 390, bstbl ii 2016, 765, rz. 19). der für die prüfung der gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare totalgewinn setzt sich aus den in der vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden gewinnen/verlusten und dem sich bei betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden veräußerungs- bzw. aufgabegewinn/-verlust zusammen (bfh-urteil vom 7.4.2016 iv r 38/13, bfhe 253, 390, bstbl ii 2016, 765, rz. 22). dementsprechend sind auch stille reserven einzubeziehen (bfh-urteil vom 25.11.2004 iv r 8/03, bfh/nv 2005, 854, rz. 20; wacker in schmidt, estg, 40. auflage, § 15 rz. 30). der zeitliche maßstab für die beurteilung des totalgewinns ergibt sich im regelfall aus der gesamtdauer der betätigung. feste zeitliche vorgaben gibt es dabei nicht (bfh-beschluss vom 25.6.1984 grs 4/82, bfhe 141, 405, 434, bstbl ii 1984, 751 unter c.iv.3.c bb (1) der gründe; bfh-urteil vom 7.4.2016 iv r 38/13, bfhe 253, 390, bstbl ii 2016, 765, rz. 23). 512. unter berücksichtigung dieser grundsätze, denen sich der senat anschließt, fehlte der klägerin im streitzeitraum eine gewinnerzielungsabsicht bei dem betrieb der reithalle. die klägerin hat zumindest in den streitjahren ihre verlustbringende tätigkeit aus im bereich ihrer lebensführung liegenden persönlichen gründen und neigungen ausgeübt. 52a) für die feststellung, dass die klägerin in den streitjahren die verlustbringende tätigkeit aus im bereich seiner lebensführung liegenden persönlichen gründen oder neigungen ausgeübt hat, sind nicht nur die langjährigen verluste der klägerin relevant, sondern auch ihre fehlenden reaktionen auf diese verluste. denn der betrieb der reithalle ist in dem von der klägerin vorgesehenen umfang nicht von vornherein in der nähe des hobbybereichs anzusiedeln (anders als z.b. eine pferdezucht, vgl. dazu bfh-urteil vom 27.11.2008 iv r 17/06, hfr 2009, 771). 53die klägerin hat aus dieser tätigkeit in den jahren 2007 bis 2018 ausschließlich verluste erwirtschaftet, und zwar entsprechend ihrer eigenen berechnung nach ihrem schriftsatz vom 28.12.2020 in höhe von x €, nach dem schriftsatz vom 29.7.2021 sogar in höhe von x €. unabhängig von der frage, welcher dieser beiden beträge zutreffend ist, ist jedenfalls festzustellen, dass die klägerin bis einschließlich des jahres 2018 in keinem jahr einen gewinn erwirtschaftet hat. 54es sind jedoch keine reaktionen der klägerin auf diese verluste zu verzeichnen. die klägerin hat nichts dazu vorgetragen, ob und in welcher weise sie sich bemüht hat, den betrieb durch gegenmaßnahmen in eine gewinnzone zu führen. sie hat vielmehr – im gegenteil – vorgetragen, der kläger habe die reithalle eigenhändig aufbauen wollen. dies sei nur in kleinen abschnitten möglich gewesen, soweit zeit und geld vorhanden gewesen seien. erst im jahr 2017 sei es zu „probeläufen“ für privatpersonen gekommen. im jahr 2020 sei, wie die kläger mit schriftsatz vom 6.4.2020 erläutert haben, nur die reithalle als solche fertiggestellt gewesen, jedoch die außenanlagen wie etwa die hofpflasterung noch nicht, so dass der betrieb der reithalle noch nicht habe aufgenommen werden dürfen. die kläger haben hierzu nicht erläutert, weshalb der bau der reithalle, der einen zeitraum von zehn jahren bis zu den „probeläufen“ und von mindestens 13 jahren bis zur vollständigen fertigstellung eingenommen hat, nicht hätte beschleunigt werden können. vielmehr ist keine reaktion der klägerin auf die lange bauzeit festzustellen. diese umstände stellen ein wichtiges äußeres beweisanzeichen gegen das vorliegen einer gewinnerzielungsabsicht in den streitjahren dar. 55b) als weiteres wichtiges äußeres beweisanzeichen gegen das vorliegen einer gewinnerzielungsabsicht in den streitjahren würdigt der senat, dass sich die negativen betriebsergebnisse über einen sehr langen zeitraum, nämlich zwölf veranlagungszeiträume (2007 bis 2018) verstetigt haben. es handelt sich um einen derart langen zeitraum, dass der schluss nahe liegt, der betrieb der reithalle sei nach der art, wie er betrieben wurde, auf dauer gesehen nicht geeignet, gewinne abzuwerfen. dieser schluss ist zumindest für die streitjahre zu ziehen. in den streitjahren war auch der anlaufzeitraum von fünf jahren bereits abgelaufen. ob eine gewinnerzielungsabsicht in den folgejahren 2016 bis 2018 oder ab dem jahr 2019, dem ersten jahr, für das die kläger gewinne aus dem betrieb der reithalle erklärt haben, bejaht werden könnte, kann vorliegend offen bleiben. 56c) als ein weiteres indiz dafür, dass im streitfall nicht das streben nach einem totalgewinn, sondern persönliche beweggründe der klägerin für die fortführung der verlustbringenden tätigkeit bestimmend waren, würdigt der senat die möglichkeit der kläger, hierdurch steuern zu sparen. 57ausweislich der angefochtenen einkommensteuerbescheide betrug der gesamtbetrag der einkünfte beider kläger x € im jahr 2012, x € im jahr 2013 und x € im jahr 2014. der kläger erzielte seine einkünfte in den streitjahren aus land- und forstwirtschaft, aus dem gewerbebetrieb als hufschmied und zudem im jahr 2012 aus nichtselbständiger arbeit. die klägerin erzielte ihre einkünfte in den streitjahren aus gewerbebetrieb (photovoltaikanlage), aus nichtselbständiger arbeit und aus vermietung und verpachtung. diese einkünfte der kläger würden, wenn die geltend gemachten verluste der klägerin anerkannt würden, niedriger besteuert. daraus ergäbe sich eine möglichkeit der kläger, steuern zu sparen. 58d) der senat kann schließlich auch deshalb nicht feststellen, dass die klägerin die reithalle mit gewinnerzielungsabsicht betrieb, weil der betrieb bei objektiver betrachtung nach seiner art der gestaltung der betriebsführung und den gegebenen ertragsaussichten einen „totalgewinn“ nicht erwarten ließ. die von der klägerin vorgelegten totalgewinnprognosen lassen einen solchen schluss nicht zu. die kläger, die für das vorliegen der gewinnerzielungsabsicht grundsätzlich die darlegungs- und beweislast tragen, haben es nicht vermocht, die erwartung eines „totalgewinns“ aus der reithalle schlüssig darzulegen. 59aa) bei den von den klägern vorgelegten totalgewinnprognosen handelt es sich bereits deshalb nicht um eine schlüssige darlegung, weil die einzelnen prognosen einander widersprechen. 60dabei spricht gegen die schlüssigkeit der von den klägern vorgelegten totalgewinnprognosen nicht der umstand, dass erst im klageverfahren die gewinnermittlungen für die jahre 2017 bis 2020 vorgelegt bzw. fertiggestellt wurden und in die totalgewinnprognosen eingang gefunden haben. da das gericht die rechtmäßigkeit eines verwaltungsaktes nach der sach- und rechtslage im zeitpunkt seiner entscheidung zu beurteilen hat (§ 100 abs. 1, § 96 abs. 1 fgo; vgl. bfh-urteil vom 3.9.2009 iv r 17/07, bfhe 227, 293, bstbl ii 2010, 631, rz. 49; lange in hübschmann/hepp/spitaler, ao/fgo, § 100 fgo rz. 39), können die im klageverfahren gewonnenen erkenntnisse in die prognoseentscheidung einbezogen werden. 61gegen die schlüssigkeit der vorgelegten totalgewinnprognosen spricht auch nicht, dass sie lediglich für einen zeitraum bis zum jahr 2025 berechnet wurden. da die am 00.00.1960 geborene klägerin in diesem jahr ihr 65. lebensjahr vollendet, erscheint es nachvollziehbar, dass sie den betrieb nur bis zu diesem jahr führen möchte und sich daher auch die totalgewinnprognosen auf diesen zeitraum beschränken. 62den von den klägern vorgelegten totalgewinnprognosen ist aber deshalb nicht zu folgen, weil sie insgesamt zueinander in widerspruch stehen, und zwar hinsichtlich der höhe der einnahmen, der betriebsausgaben und der gesamtgewinnprognose. während die kläger in ihren schriftsätzen vom 10.6.2020 und 30.7.2020 prognostizierte monatliche einnahmen in höhe von mindestens x €, mithin jährliche einnahmen von x € genannt haben, haben sie – jeweils ab dem jahr 2020 – in ihrer prognose vom 8.9.2020 jährliche einnahmen zwischen x € und x €, in ihrer prognose vom 18.12.2020 zwischen x € und x € und in ihrer prognose vom 29.7.2021 zwischen x € und x € zugrunde gelegt. die prognostizierten betriebsausgaben haben sie in den schriftsätzen vom 10.6.2020 und 30.7.2020 mit jährlich x € zzgl. afa und später – jeweils ab dem jahr 2020 – in der prognose vom 8.9.2020 zwischen x € und x € ohne afa, in der prognose vom 18.12.2020 zwischen x € und x € ohne afa und in der prognose vom 29.7.2020 zwischen x € und x € zzgl. afa zugrunde gelegt. dadurch sind sie zu einem totalgewinn in höhe von x € gemäß prognose vom 8.9.2020 (ohne die jahre 2007 bis 2011), in höhe von x € gemäß prognose vom 28.12.2020 und in höhe von x € gemäß prognose vom 29.7.2020 gelangt, jeweils berechnet bis zum jahr 2025. diese prognosen sind im hinblick auf die genannten parameter derart widersprüchlich, dass sie nicht überzeugen. die widersprüche sind auch nicht bloß auf die erkenntnisse durch die erst während des klageverfahrens erstellten gewinnermittlungen für die jahre 2017 bis 2020 zurückzuführen. 63bb) die von den klägern vorgelegten totalgewinnprognosen sind auch deshalb nicht schlüssig, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die betriebseinnahmen niedriger und die betriebsausgaben höher angesetzt werden müssten. 64(1) die betriebseinnahmen erscheinen in den prognosen vom 28.12.2020 und 29.7.2021 zu hoch, weil unklar ist, welches betriebskonzept in den streitjahren bestand und welche einnahmen aus der reithalle tatsächlich resultieren würden. 65nach den prognosen vom 28.12.2020 und 29.7.2021 resultieren die einnahmen zum größten teil aus der nutzung der reithalle als pferdepension. es ist jedoch unklar, ob die klägerin ein solches betriebskonzept bereits in den hier zu beurteilenden streitjahren 2012 bis 2014 verfolgte. während die kläger in ihren jüngsten schriftsätzen zur beschreibung der einnahmen maßgeblich auf das einstellen von pensionspferden abgestellt haben, haben sie im einspruchsverfahren und zu beginn des klageverfahrens nicht erklärt, die reithalle zum einstellen von pensionspferden nutzen zu wollen. im schriftsatz vom 19.12.2019 haben die kläger vorgetragen, die reithalle solle zum zweck des reitunterrichts vermietet werden. auch für veranstaltungen von ortsansässigen vereinen oder privaten gesellschaften solle die halle kostenpflichtig zur verfügung gestellt werden. die ferienwohnung solle an gäste vermietet werden. mit schriftsatz vom 4.2.2020 haben die kläger dann erstmalig auf die aufnahme von fünf pensionspferden hingewiesen. den „vertrag über einen offenstallplatz“ vom 17.9.2018 haben sie erst mit schriftsatz vom 29.7.2021 vorgelegt. vor diesem hintergrund kann der senat nicht feststellen, dass die klägerin bereits in den streitjahren die nutzung der reithalle für eine pferdepension beabsichtigt hat. daher können die von ihr prognostizierten einnahmen aus der pferdepension zumindest für die streitjahre nicht in der totalgewinnprognose berücksichtigt werden. es war nicht absehbar, dass solche einnahmen aus der reithalle überhaupt resultieren würden. 66(2) darüber hinaus erscheinen die betriebsausgaben in den vorgelegten totalgewinnprognosen zu niedrig, weil mehrere abzugspositionen nicht berücksichtigt worden sind. 67so sind schuldzinsen nicht zutreffend berücksichtigt worden. aus den im klageverfahren eingereichten kontennachweisen zu den gewinnermittlungen für die jahre 2018 bis 2020 ergaben sich darlehensbestände bei der bank 1 und weitere darlehen i.h.v. x € im jahr 2018, x € im jahr 2019 und x € im jahr 2020. daraus folgt, dass darlehenszinsen anfallen bzw. angefallen sind. in den gewinnprognosen der kläger sind die zinsen aber widersprüchlich angesetzt worden. während in der prognose vom 8.9.2020 ab dem jahr 2021 überhaupt keine zinsen berücksichtigt waren, fanden in die prognose vom 28.12.2020 darlehenszinsen i.h.v. x € im jahr 2020 eingang, in den darauffolgenden jahren jeweils vermindert um x €. in der prognose vom 29.7.2021 waren wiederum in den jahren ab 2018 keine zinsen berücksichtigt, da die prognose auf den eingereichten gewinnermittlungen für die jahre 2018 bis 2020 aufbaute, in welchen jedoch keine zinsen enthalten waren. 68weiterhin fehlen in den totalgewinnprognosen der kläger abzugspositionen für die versorgung der eingestellten pferde. ausweislich des mit schriftsatz vom 29.7.2021 vorgelegten „vertrags über einen offenstallplatz“ vom 17.9.2018 soll der preis für die einstellung eines großpferdes monatlich einen betrag von brutto x € für futtermittel enthalten. wenn, wie die kläger mit schriftsatz vom 29.7.2021 vorgetragen haben, im jahr 2020 drei großpferde eingestellt waren, im jahr 2021 fünf und im jahr 2022 sechs, so müssten futtermittelkosten von jährlich x € pro großpferd, mithin x € im jahr 2020, x € im jahr 2021 und x € im jahr 2022 angefallen sein. diese beträge sind aber in den totalgewinnprognosen nicht berücksichtigt, obwohl sie als betriebsausgaben angesetzt werden müssten. nichts anderes ergibt sich aus dem vortrag der kläger, heu und stroh für die pferde werde von den eigenen flächen der landwirtschaft des klägers bzw. von einem nachbarn unentgeltlich bezogen. auch in diesem fall müssten betriebsausgaben in der genannten höhe berücksichtigt werden. denn in diesem fall würde es sich um eine einlage in den betrieb der von der klägerin geführten reithalle handeln. hinsichtlich der von der landwirtschaft des klägers bezogenen waren handelt es sich um eine einlage, weil der betrieb des klägers von dem betrieb der klägerin aufgrund der personenverschiedenheit der betriebsinhaber zu unterscheiden ist, so dass die unentgeltliche lieferung der waren als entnahme aus dem einen betriebsvermögen und als einlage in das andere betriebsvermögen anzusehen ist. der unentgeltlichen lieferung von waren durch die nachbarn liegt ein vorgang auf der privaten vermögensebene zugrunde (z.b. schenkung), der bei überführung der waren vom privat- in das betriebsvermögen ebenfalls zu einer einlage führt. die einlagen sind gem. § 6 abs. 1 nr. 5 estg mit dem teilwert für den zeitpunkt der zuführung anzusetzen. bei einer gewinnermittlung durch einnahmeüberschussrechnung gem. § 4 abs. 3 estg – wie im streitfall – führen die einlagen, da es sich um umlaufvermögen handelt und keine besonderen vorschriften zu beachten sind (z.b. § 4 abs. 3 satz 4 estg), zu sofort abzugsfähigen betriebsausgaben (vgl. loschelder in schmidt, estg, 40. auflage, § 4 rz. 389). 69darüber hinaus sind in den totalgewinnprognosen die energiekosten der reithalle zu niedrig angesetzt worden. während in der prognose vom 28.12.2020 die energiekosten x € für 2017, x € für 2018, x € für 2019 und jeweils x € für die jahre 2020 bis 2025 betragen sollten, sollten in der prognose vom 29.7.2021 die beträge aus den aufgestellten gewinnermittlungen maßgeblich sein, wobei im jahr 2020 die energiekosten mit x € angesetzt worden waren. die höhe dieser energiekosten für eine reithalle ist auffallend gering. dazu haben die kläger im erörterungstermin vom 24.6.2021 erklärt, die niedrig geplanten energiekosten seien maßgeblich auf die geplante installation einer photovoltaikanlage zurückzuführen, wodurch die energie selbst gewonnen werden solle. dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die photovoltaikanlage als ein eigenständiger betrieb anzusehen wäre. auch wenn dieser betrieb von der klägerin geführt würde, so würde es sich um eine wirtschaftlich eigenständige betätigung handeln, die aufgrund der gebotenen segmentierung eine eigenständige gewinnermittlung erfordern würde (vgl. zur segmentierung bfh-urteil vom 23.8.2017 x r 27/16, bfh/nv 2018, 36, rz. 14; wacker in schmidt, estg, 40. auflage, § 15 rz. 26). die lieferung von energie wäre als eine entnahme aus dem betrieb der photovoltaikanlage und als eine einlage in den betrieb der reithalle zu behandeln. die einlage der energie müsste, da es sich um umlaufvermögen handelt, in der einnahmeüberschussrechnung wie beschrieben als betriebsausgabe in höhe des teilwerts (§ 6 abs. 1 nr. 5 estg) angesetzt werden. 70der senat stimmt zudem dem beklagten zu, der darauf hingewiesen hatte, dass größere zukünftige wartungs- und reparaturkosten wie etwa eine erneuerung des reithallenbodens in den totalgewinnprognosen nicht angesetzt worden sind. dem pauschalen vortrag der kläger im schriftsatz vom 4.3.2021, aufwendungen für wartungsarbeiten der reithalle seien nicht bzw. in höhe von höchstens x € einzukalkulieren, vermag der senat nicht zu folgen, da die kläger ihren vortrag weder substantiiert noch einen – ihnen obliegenden – beweis angeboten haben. darüber hinaus sind in den totalgewinnprognosen auch keine erhaltungsaufwendungen für die – nach angaben der kläger bereits sanierungsbedürftige – ferienwohnung enthalten. 71die frage, ob die afa in der prognose vom 29.7.2021 richtig angesetzt worden ist, während sie in den prognosen vom 28.12.2020 und vom 8.9.2020 nicht enthalten war, kann vor dem hintergrund der vorstehenden ausführungen dahinstehen. die kläger konnten zweifel an der angesetzten afa allerdings nicht ausräumen, weil sie die anschaffungs-und herstellungskosten im schriftsatz vom 29.7.2021 mit x €, im schriftsatz vom 30.7.2020 hingegen mit x € beziffert haben. darüber hinaus bestehen zweifel an der höhe der afa, weil die kläger mit schriftsatz vom 6.4.2020 erläutert haben, im jahr 2020 seien die außenanlagen wie etwa die hofpflasterung noch nicht fertiggestellt gewesen. die kläger haben aber nicht erläutert, warum nicht von einer erhöhung der afa auszugehen sein soll, wenn noch wesentliche weitere anschaffungs- und herstellungskosten wie etwa für eine hofpflasterung anfallen. 72(3) nicht erklärlich ist zudem die aussage der klägerin aus dem schriftsatz vom 20.9.2021, wonach der betrieb der reithalle erst seit dem 1. vierteljahr 2021 umsatzsteuerpflichtig sein soll aufgrund der erzielten umsätze. tatsächlich weisen die im klageverfahren vorgelegten einnahmenüberschussrechnungen für 2018 bis 2020 bei den einnahmen die vereinnahmte bzw. erstattete umsatzsteuer aus, bei den betriebsausgaben die gezahlte vorsteuer. demnach muss die umsatzsteuerpflicht schon deutlich früher eingetreten sein als erst im ersten vierteljahr 2021. dies stellt die richtigkeit der gewinnermittlungen infrage. 73cc) nichts anderes ergibt sich, wenn ein sich bei betriebsbeendigung voraussichtlich ergebender veräußerungs- bzw. aufgabegewinn/-verlust berücksichtigt würde. 74entsprechend der zitierten rechtsprechung des bfh sind stille reserven einzubeziehen (bfh-urteil vom 25.11.2004 iv r 8/03, bfh/nv 2005, 854, rz. 20). als veräußerungs- bzw. aufgabegewinn ist entsprechend § 16 abs. 2 satz 1 estg der betrag anzusetzen, um den der veräußerungspreis nach abzug der veräußerungskosten den wert des betriebsvermögens, also den buchwert, übersteigt. 75die kläger haben nicht substantiiert zu der frage vorgetragen, ob im falle der veräußerung oder der aufgabe der reithalle ein gewinn entstehen würde. sie haben den buchwert zuletzt mit schriftsatz vom 29.7.2021 mit x € beziffert. welchen veräußerungspreis die reithalle im falle einer veräußerung erbringen würde oder mit welchem wert sie im falle einer betriebsaufgabe anzusetzen wäre, haben die kläger nur sehr vage im schriftsatz vom 28.12.2020 mit x €, im schriftsatz vom 4.3.2021 demgegenüber mit x € beziffert. abgesehen davon, dass diese angaben bereits aufgrund ihrer widersprüchlichkeit nicht zugrunde gelegt werden können, haben die kläger ihre aussagen auch nicht näher erläutert und hierzu keine nachweise erbracht. da die kläger aber die darlegungs- und beweislast für die von ihnen behauptete gewinnerzielungsabsicht trifft, hätten sie hierzu substantiiert vortragen und beweis antreten müssen. 76iii. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. 77soweit die kläger im hinblick auf die im klageverfahren ergangenen änderungsbescheide vom 28.8.2020 für die jahre 2013 und 2014 obsiegt haben, folgt die kostenentscheidung aus § 137 satz 1 fgo. nach dieser vorschrift können einem beteiligten die kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die entscheidung aber auf tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. die kläger haben erst im klageverfahren durch schriftsatz vom 10.6.2020 vollständige angaben zu den 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} | 28 O 303/20 | 2022-02-16T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Kopie sämtlicher von der Beklagten über den Kläger erhobenen und verarbeiteten personenbezogenen Daten in der Rohfassung in einem gängigen elektronischen Format zu erteilen, mit Ausnahme der dem Kläger bereits erteilten Stammdaten (Anlagen 1-14 zum Schriftsatz des Klägers vom 29.05.2020). 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 26 % und die Beklagte zu 74 %. 4. Dieses Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.750 Euro. Für die Beklagte ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Beklagte ist Teil der S -Gruppe, die sog. virtual offices anbietet. Dabei handelt es sich um eine Post-, Telefax- und Telefonadresse, unter der der Kunde für Dritte erreichbar ist; ein physisches Büro kann im Bedarfsfall jeweils dazu gebucht werden. Die einzelnen virtual-office-Center werden jeweils von einer CenterGesellschaft betrieben, die Vertragspartner des Kunden wird. Die Beklagte betreibt das Center „D “ unter der Adresse T Straße 00 in Köln. 3Der Kläger ist Rechtsanwalt und hat einen Kanzleisitz in Brühl. Einen weiteren Kanzleisitz unterhielt er seit 2014 bei der S Köln L GmbH und Co. KG als virtual office unter der Adresse L 00 bis 00 in 50672 Köln (S -Bezeichnung: Center „D1“), zuletzt aufgrund des Vertrags 0000 vom 02.11.2019 mit Laufzeit von sechs Monaten bis zum 30.04.2020. Der Vertrag lief auf Klägerseite über die S1 Legal Services UG des Klägers. 4Wegen Schließung des Centers „D1“ zum 01.02.2020 wurde der Kläger von der S Köln L GmbH & Co. KG angefragt, ob er bereit sei, mit seinem virtuellen Büro in ein anderes Center umzuziehen oder ob er von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen würde. Mit E-Mail vom 26.11.2021 teilte der Kläger der S Köln L GmbH&Co. KG mit, dass er das Center im D nehmen wolle, „zu denselben Konditionen wie bisher.“ Zudem sollte der Vertrag auf ihn selbst statt auf die S1 Legal Services UG umgestellt werden (Bl. 43 GA). 5Am 16.12.2019 stimmte der Kläger einem „Virtual Office Servicevertrag“ (Bl. 5 GA) vom 09.12.2021 zu, mit dem sein virtual office auf die Anschrift „D , T Straße 00, 50823 Germany“ übertragen werden sollte. Unter dem Abschnitt „Bemerkungen“ in dem Vertrag heißt es: „Dieser ersetzt den Vertrag 600000 vom 02.11.2019 für das Virtuelle Büro im S Business Center D1 , zum 30.04.2020. Die Sicherheitsleistung aus dem zuvor erwähnten Vertrag wird auf diesen Vertrag übertragen.“ Weiter heißt es: „Ihr Vertragspartner ist S Köln L GmbH & Co. KG.“ Zudem erteilte der Kläger der S Köln L GmbH & Co. KG ein SEPALastschrift-Mandat (Bl. 6 GA). Dabei wurde es von Seiten der S -Gruppe versehentlich versäumt, die Beklagte als neue Vertragspartnerin anzugeben. Die Beklagte betrieb schon damals das Center im D und firmierte damals noch unter dem Namen H GmbH. 7Seit dem 01.02.2020 verwaltete die Beklagte das virtual office des Klägers und stellte dem Kläger Rechnungen. Das monatliche Entgelt für das virtual office betrug 79,00 € netto zuzüglich Umsatzsteuer sowie einer Pauschale von 20,00 Euro für die Weiterleitung von Post zuzüglich Umsatzsteuer. 8Die Beklagte forderte mit E-Mails vom 04.03.2020 und 05.03.2020 von dem Kläger die Zahlung zweier Rechnungen über jeweils 94,01 € (Rechnungsnummer 00000-187INV) und 126,27 € (Rechnungsnummer 00000-371INV) (Bl. 10 GA), eine neue Postvollmacht (Bl. 45 ff., 48 GA) sowie eine neue 9Lastschrifteinzugsermächtigung, wozu der Kläger seine Daten in das Online-Portal der Beklagten eingeben sollte. Der Mail vom 04.03.2021 waren die AGB der Beklagten als Anhang beigefügt (Bl. 50 ff. GA), die für alle Unternehmen der S Gruppe einheitlich sind und dem Kläger auch schon von seinen früheren Verträgen mit der S Köln L GmbH & Co. KG bekannt waren. Gemäß Ziffer 1.4. der AGB verlängert sich ein virtual-office-Vertrag automatisch um die vereinbarte Laufzeit, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt oder anderweitig beendigt wird. Nachdem der Kläger seine Daten mehrfach in das Online-Formular eingegeben hatte, erklärte die Beklagte auf telefonische Nachfrage des Klägers, dass sie einen Datensatz vom Kläger für eine Lastschrifteinzugsermächtigung nicht erkennen könne. Die Kommunikation führte der Kläger dabei mit einer Beschäftigten der Beklagten, der Frau X, die sich in den Signaturen ihrer Mails als Mitarbeiterin der Beklagten zu erkennen gab. Die Postvollmacht erteilte der Kläger und sandte sie an die „S Cologne“ unter der Adresse der Beklagten mit Einschreiben. Die Annahme dieses Schreibens wurde zweimal verweigert (vgl. Bl. 55 GA). 10Der Kläger bat die Beklagte daraufhin am 06.03.2020 per E-Mail um Erteilung einer vollständigen Datenauskunft zu sämtlichen über ihn vorhandenen personenbezogenen Daten, woran er mit E-Mail (und Fax) vom 07.04.2020 nochmals erinnerte (vgl. Bl. 8 GA). Die Beklagte bestätigte telefonisch den Eingang der Anfrage und übersandte dem Kläger am 11.05.2020 eine Antwort per E-Mail (vgl. Bl. 59), in der um Entschuldigung für die Verzögerung wegen eines Verwaltungsrückstaus auf Grund der Corona-Pandemie gebeten wurde. 11Am 18.05.2020 buchte die Beklagte vom Geschäftskonto des Klägers einen Betrag von 455,90 € ab (vgl. Bl. 106 GA). Zugrunde lag dem eine Rechnung vom 15.05.2020 (Rechnungsnummer 5194-2020-698INV) (Bl. 107 ff. GA) über das Entgelt für die Monate März bis Juni 2020 sowie die Weiterleitungspauschale von 20,00 Euro für die Monate Februar bis April 2020 sowie eine Mahngebühr in Höhe von 8,46 €. 12Auf Anfrage des Klägers überließ die Beklagte am 29.05.2020 dem Kläger die Ausdrucke Bl. 23 bis 36 GA aus ihrer EDV, die Kopien der Rohfassung der Stammdaten des Klägers enthielten. 13Am 02.06.2020 kündigte der Kläger den Virtual-Office-Vertrag gegenüber der Beklagten außerordentlich, hilfsweise fristgemäß zum nächstmöglichen Termin (vgl. 14Bl. 78 GA). 15Einer weiteren Abbuchung der Beklagten von 117,81 € vom 18.06.2020, bezogen auf die Rechnung vom 15.06.2020 (Rechnungsnummer 00000-863INV) über das virtuelle Büro für den Juli 2020 und die Weiterleitungspauschale in Höhe von 20 Euro für Mai 2020 (Bl. 122 GA), widersprach der Kläger am 02.07.2020 (vgl. Bl. 106 GA). 16Am 15.07.2020 stellte die Beklagte dem Kläger weitere 113,07 € in Rechnung (Rechnungsnummer 00000-1028INV) für das virtuelle Büro im Monat August 2020 und die Weiterleitungspauschale für Juni 2020(Bl. 126 GA). Am 30.07.2020 (Bl. 175 GA) und 04.08.2020 (Bl. 184 GA) übersandte die Beklagte Mahnungen an den Kläger. 17Am 31.08.2020 stellte die Beklagte dem Kläger weitere 114,84 € in Rechnung (Rechnungsnummer 0000-1401INV) (Bl. 270 GA) für das virtual office im Monat Oktober 2020 und die Weiterleitungspauschale für August 2020. Am 07.09.2020 erhielt der Kläger eine E-Mail der Beklagten mit folgendem Inhalt: „Ihr Vertrag endet am 31 Jul 2020. Ab diesem Zeitpunkt werden die von Ihnen genutzten Dienstleistungen eingestellt (z.B. Telefonservice und Postabwicklung). Darüber hinaus werden wir Ihre kostenlose Lounge-Mitgliedschaft beenden“ (Bl. 275 GA). 18Unter dem 01.03.2021 überreichte die Beklagte dem Kläger eine erweiterte 19Datenauskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO, fügte jedoch keine Kopie der Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zusammen (Bl. 323-326 GA). 20Am 18.11.2021 trat die Köln L BC GmbH & Co. KG, die bislang unter dem Namen S L GmbH & Co. KG firmierte, ihre Ansprüche aus dem Vertrag Nr. 00000 an die Beklagte ab, die ihrerseits die Übernahme der Rückzahlung von etwaigen Sicherheitsleistungen an den Kläger erklärte. 21Der Kläger trägt vor, dass er die Datenauskunft benötige, um den Übergang des Vertragsverhältnisses auf die Beklagte zu prüfen, da sie auch zu Rechnungs- und Zahlungsungereimtheiten vorgetragen habe und es Probleme mit der Zustellung bei der Beklagten gegeben habe. Er wisse nicht, mit wem er einen Vertrag geschlossen habe. Die S Köln L GmbH & Co. KG habe ihm damals lediglich mitgeteilt, dass man in das das neue Center in der T Straße umziehen und umfirmieren würde, nicht, dass der ganze Vertrag übergehen würde. Die Übertragung des Vertrags auf die Beklagte sei nach § 126a BGB, 43e BRAO unwirksam. Ihm habe zudem ein außerordentlicher Kündigungsgrund zugestanden. Als Rechtsanwalt habe er sich gemäß § 43e BRAO zuverlässiger Bürodienstleister zu bedienen. Die Vorgängerin der Beklagten habe sich in der Vergangenheit gut um ihre Kunden gekümmert, mittlerweile seien die Geschäftsstrukturen der S Gruppe jedoch soweit digitalisiert, automatisiert und anonymisiert, dass dies zu Lasten der Kunden ginge, was er der Beklagten bereits auch mehrfach mitgeteilt habe. Die Kündigung sei berechtigt, weil die Beklagte den Anforderungen von § 43e BRAO nicht genüge. Die Beklagte habe sich anhaltend als unzuverlässig für den Betrieb eines Kanzleisitzes erwiesen. Für die Abbuchung der 455,90 € fehle es an einer Rechtsgrundlage. Zudem sei nicht klar, welche Leistung die Beklagte ihm gegenüber erbracht habe; er erhebe daher die Einrede des nicht erfüllten Vertrags. Er habe ferner ein Interesse, die Nichtberechtigung der Beklagten zur Abbuchung der weiteren Forderungen zu klären. Die Beklagte berühme sich fortgesetzt eines nicht bestehenden Schuldverhältnisses. Wegen der verzögerten Datenauskunft sei ihm ein Schmerzensgeld von mindestens 500 € pro Monat, mindestens aber 1.000 € zu zahlen. Die Auskunft sei unverzüglich zu erteilen, spätestens jedoch binnen Monatsfrist, was nicht erfolgt sei. Die erste Auskunft sei zudem unvollständig gewesen, da sie nur die Stammdaten enthalten habe. Die Auskunft verhalte sich auch nicht zu internen Vermerken oder der geführten Korrespondenz. Die Beklagte habe ferner vorsätzlich gegen ihre Auskunftsverpflichtung verstoßen. Die Beklagte habe offensichtlich weitere personenbezogene Daten in Besitz. Nach der Erteilung der Auskunft am 01.03.2021 fehle es jedenfalls an der erforderlichen Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO für den Kläger. 22Ursprünglich hat der Kläger mit seiner beim Amtsgericht Köln erhobenen Klage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine vollständige Datenauskunft zu den bei der Beklagten über ihn vorhandenen personenbezogenen Daten in Kopie zu erteilen. Nachdem er mit Schriftsatz vom 21.07.2020 seine Klage um die Anträge zu 2)-5) erweitert hat (Bl. 102 GA), hat das Amtsgericht Köln die Klage an das Landgericht Köln verwiesen. Mit Schriftsätzen vom 09.09.2020 (Bl. 268 GA) und 11.09.2020 (Bl. 279 GA) hat der Kläger seine Klage um die Anträge zu 5) bzw. 6) erweitert. Nachdem die Beklagte dem Kläger die erweiterte Datenauskunft vom 2301.03.2021 überreicht hat, hat er den Antrag zu1) insoweit mit Schriftsatz vom 09.03.2021 für erledigt erklärt (Bl. 333 GA). Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.03.2021 ausdrücklich angeschlossen. 24Der Kläger beantragt nun, 251) die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine vollständige 26Datenauskunft gemäß Artikel 15 i.V.m. Artikel 4 Nr. 1 und 6 DS-GVO zu den bei der Beklagten über ihn vorhandenen personenbezogenen Daten in Kopie zu erteilen, mit der Maßgabe der Teilerledigungserklärung vom 09.03.2021 (Bl. 333 d.A.). 272) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 455,90 € zurück zu erstatten, zzgl. Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.05.2020; 283) festzustellen, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche gegen den Kläger in Höhe von 117,81 € zustehen; 294) festzustellen, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche gegen den Kläger in Höhe von 113,07 € zustehen; 305) festzustellen, dass die Beklagte keine weiteren Ansprüche gegen den Kläger in Höhe von 114,84 € hat; 316) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die verzögerte Erteilung einer Datenauskunft ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. 32Die Beklagte beantragt, 33die Klage abzuweisen. 34Die Beklagte trägt vor, dass sie dem Kläger bereits mit der E-Mail vom 11.05.2020 eine vollständige Auskunft erteilt habe, jedenfalls aber mit der Nachricht vom 01.03.2021. Sie ist der Ansicht, auch Vertragspartnerin des Klägers zu sein. Die Vertragsabgabe an sich sei mit der S Cologne Kaiser Wilhelm Ring GmbH & Co. KG abgesprochen gewesen. Gegenüber dem Kläger habe die Beklagte die Vertragsübernahme dadurch erklärt, dass sie fortan die Rechnungen gestellt habe. 35Der Kläger habe seine Zustimmung zur Vertragsübernahme dadurch konkludent erklärt, dass er die ersten Rechnungen der Beklagten bezahlt habe. Hinsichtlich der Vertragssituation sei zu beachten, dass sich der auf die Beklagte übergegangene Vertrag mangels Widerspruchs des Klägers gemäß Ziffer 1.4 der AGB der Beklagten (Bl. 50 GA) um sechs Monate bis zum 31.10.2020 verlängert habe, weshalb weiterhin die monatlichen Entgelte für die Büronutzung von 79,00 € zuzüglich 36Mehrwertsteuer und für die pauschale Postweiterleitung von 20,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen seien. Das sei dem Kläger, der seit 2014 Kunde der S -Gruppe sei, auch bekannt. Der Betrag von 455,90 € ergebe sich aus der Abrechnung vom 30.04.2020 (Bl. 107 ff GA); die weiteren Abrechnungen bis einschließlich Oktober 2020 seien ebenfalls zu zahlen. Für die Kündigung des Klägers fehle es an einem Kündigungsgrund. Insbesondere enthalte der VirtualOffice-Vertrag keine Verpflichtung der Beklagten, die Regelungen des § 43e BRAO einzuhalten, was die Beklagte gleichwohl tue. Die Beklagte fungiere lediglich wie ein Postdienstleister. Hinsichtlich der Zustellungen an die Beklagte sei der Vortrag des Klägers nicht nachvollziehbar, da es nicht um Zustellungen an den Kläger selbst gehe. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht, selbst bei Annahme einer verspäteten Auskunftserteilung (vgl. Bl. 320 ff GA). Es fehle jedenfalls an einem Verstoß mit einem spürbaren Gewicht, der Kläger habe überhaupt keinen Schaden dargelegt. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 38Entscheidungsgründe: 39Die zulässige Klage ist nur nach ihrem Antrag zu 1) begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. 40I. 41Der ursprüngliche Antrag des Klägers ist so auszulegen, dass dieser sowohl eine Auskunft über die von der Beklagten über ihn erhobenen personenbezogenen Daten nach Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO verlangt hat als auch eine Kopie sämtlicher über ihn erhobener und verarbeiteter personenbezogener Daten in der Rohfassung. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schriftsatz vom 01.03.2021 eine Auskunft in Papierform erteilt hat und die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war nur noch über den Anspruch des Klägers auf Erteilung der Kopie zu entscheiden, da der Kläger selbst klar ausgedrückt hat, dass die Beklagte weiterhin sein Recht auf Kopie bestreite. Es ist hingegen nicht weiter vorgetragen, dass die Auskunft selbst unvollständig geblieben ist, so dass insoweit von einer vollständigen Erledigung auszugehen war. 42Die so verstandene Klage ist insgesamt zulässig. Insbesondere hat der Kläger ein Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage nach den Anträgen zu 35), da er sich Forderungen und Mahnungen der Beklagten ausgesetzt sieht. 43II. 44Die Klage ist jedoch nur nach ihrem Antrag zu 1) begründet. 451. 46Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie der bei der Beklagten über ihn verarbeiteten personenbezogenen Daten aus Artikel 15 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden DS-GVO). 47Gemäß Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO kann die von einer Datenerhebung betroffene Person von dem Verantwortlichen eine Auskunft über sie betreffende personenbezogene Daten im in Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO bestimmten Umfang verlangen. Für die Gestaltung der Darstellung gilt das Transparenzgebot des Art. 12 Abs. 1 DS-GVO, wonach die Auskunft in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln ist (Kühling/Buchner/Bäcker, DSGVO BDSG, 3. Auflage 2020, Art. 15 DSGVO Rn. 32, beck-online; Kremer, CR 2018, 560, 561 Rn. 13, juris). 48Darüber hinaus und in Erweiterung des bislang auf Auskunftserteilung beschränkten Anspruchs aus § 34 BDSG a.F. (Kremer, CR 2018, 560, 563, Rn. 29) gewährt Art. 15 Abs. 3 DS-GVO einen Anspruch auf Erteilung einer Kopie sämtlicher personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Art. 15 Abs. 3 DS-GVO gewährt einen selbstständigen Anspruch auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten, die über eine Person verarbeitet werden. Dieser ergänzt den Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO und ist nicht mit diesem identisch. 49Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht handelt es sich bei Art. 15 Abs. 3 DSGVO nicht um eine lediglich klarstellende Vorschrift zu Art. 15 Abs. 3 DS-GVO, und mit dem Begriff der Kopie ist auch nicht die gemäß Absatz 1 zu erteilende Kopie gemeint (so aber Wybitul/Neu/Strauch, ZD 2018, 202, 203; Dausend, ZD 2019, 103, 50106 f.; zum Streitstand ausführlich BeckOK-Datenschutzrecht/Schmidt-Wudy, 38. Edition Stand: 01.11.2021, Art. 15 DSGVO Rn. 85, beck-online; offen gelassen in OLG Köln, Urteil vom 26.07.2019, 20 U 75/18, Rn. 68, BeckRS 2019, 16261). Hiergegen spricht schon die Regelungssystematik des Art. 15 DS-GVO. Die 51Regelung der Kopie in einem eigenständigen Absatz 3 spricht dafür, dass mit der Norm nicht bloß eine Konkretisierung des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO beabsichtigt ist (OLG München, Endurteil vom 04.10.2021, § U 2906/20 Rn. 20, BeckRS 2021, 29747; Kühling/Buchner/Bäcker, a.a.O., Art. 15 DS-GVO Rn. 39 m.w.N.). Nach dem Wortlaut der Norm soll der Verantwortliche zudem eine Kopie der personenbezogenen Daten zur Verfügung stellen („a copy of the personal data undergoing processing“). Es deutet nichts darauf hin, dass der Verordnungsgeber mit der Verwendung des neuen Begriffs „Kopie“ bloß die Auskunft im Sinne des Art. 15 DS-GVO gemeint haben könnte. Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für einen eigenständigen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der Rohfassung der verarbeiteten Daten, da der Betroffene nur so in die Lage versetzt wird, den Umfang und Inhalt der ihn betroffenen Daten beurteilen und mit der nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilten Auskunft abgleichen zu können. 52Ein solcher Anspruch steht dem Kläger gegen die Beklagte als Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO zu. Gemäß Art. 15 Abs. 3 S. 3 DS-GVO sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, da der Kläger seinen Antrag elektronisch gestellt hat. 53Dieser Anspruch ist auch nicht durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB vollständig untergegangen. Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 01.03.2021 vorgelegte Aufstellung enthält keine Kopien der Daten in der Rohfassung im Sinne von Art. 15 Abs. 3 DS-GVO, sondern es handelt sich um eine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Soweit die Beklagte Erfüllung durch Übersendung des Anlagenkonvoluts 1-14, wie es dem Schriftsatz des Klägers vom 29.05.2020 beigefügt war (Bl. 23-26 GA), geltend macht und behauptet, ansonsten keine Daten über den Kläger verarbeitet zu haben, ist dies vom Kläger in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten worden. Er hat zudem dargelegt, dass die Aufstellung nur die Stammdaten enthalte, offensichtlich aber nicht sämtliche über den Kläger erhobenen Daten, etwa interne Vermerke oder die geführte Korrespondenz. Diese Informationen fallen grundsätzlich ebenfalls unter die verarbeiteten Daten im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO, 4 Nr. 1 DS-GVO. Hierzu hat die Beklagte nicht weiter vorgetragen. Die Darlegungs- und Beweislast für den Erfüllungseinwand obliegt jedoch der Beklagten. Einen Beweis für die Behauptung, sie habe sämtliche Auskünfte erteilt, hat sie nicht angeboten. 54Damit liegt lediglich eine teilweise Erfüllung in Bezug auf die Unterlagen Bl. 23-36 GA vor. Bei diesen Dokumenten handelt es sich unstreitig um Kopien der von der Klägerin verarbeiteten Stammdaten. Diese muss die Beklagte im Rahmen der Erteilung der Kopie sämtlicher verarbeiteter Daten über den Kläger nicht erneut vorlegen. Insoweit war die Klage abzuweisen. 552. 56a) Mit ihrem Antrag zu 2) ist die Klage unbegründet. Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Grund ein Anspruch auf Rückzahlung von 455,90 € zu. Ein Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, da die Abbuchung der 455,90 € durch die Beklagte nicht ohne Rechtsgrund erfolgt ist. 57Der Betrag von 455,90 € wurde zur Begleichung der Rechnung vom 18.05.2020 über die Nutzungsentgelte für das virtual office in den Monaten März bis Juni 2020 und die Weiterleitungspauschale von Februar 2020 bis April 2020 abgebucht. Insoweit bestehen Forderungen aus dem virtual-office-Vertrag vom 09.12.2021 in dieser Höhe gegen den Kläger. Dieser Vertrag stellt einen Rechtsgrund dar, auf den sich die Beklagte berufen kann. 58Insoweit ist dem Kläger zwar Recht zu geben, dass dieser Vertrag nicht zwischen ihm und der Beklagten, sondern zwischen ihm und der L BC GmbH & Co. KG, die bislang unter dem Namen S Köln L GmbH & Co. KG firmierte, geschlossen wurde. In dem Vertrag vom 09.12.2019 ist die S Köln L GmbH & Co. KG als Vertragspartner angegeben, so dass nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß den §§ 133, 157 BGB kein Zweifel an deren Vertragspartnerschaft vorliegt. Der Kläger hat dementsprechend auch nur dieser Gesellschaft zunächst eine Einzugsermächtigung erteilt und nicht der Beklagten. Soweit die Beklagte vorträgt, es sei ursprünglich geplant gewesen, dass sie Vertragspartnerin werden solle und nur durch ein Versehen sei die S Köln L GmbH & Co. KG als Vertragspartner eingetragen worden, mag dies einen subjektiven Irrtum auf Seiten der S L GmbH & Co. KG begründen. Da diese den Vertrag aber nicht angefochten hat, hat dieser Irrtum keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Vertrags, § 142 Abs. 1 BGB. Dass der Vertrag in irgendeiner Weise auf die Beklagte übergegangen wäre, hat diese nicht dargetan. Eine Vertragsübernahme ist dem Kläger weder dadurch konkludent angezeigt worden, dass die Beklagte ab Februar 2020 dem Kläger Rechnungen stellte, noch dadurch, dass sich Mitarbeiter des Centers, mit denen er in der Folge Kontakt hatte, als Mitarbeiter der Beklagten zu erkennen gaben. Aus seiner Sicht könnte die Beklagte auch lediglich 59Erfüllungsgehilfin seiner Vertragspartnerin gewesen sein. 60Allerdings hat die L BC GmbH & Co. KG zwischenzeitlich ihre Ansprüche aus dem Vertrag gegen den Kläger an die Beklagte abgetreten, so dass diese die Abbuchung der 455,90 € mit dieser Forderung verrechnen kann und sich somit auf einen Rechtsgrund berufen kann. 61Der Vertrag ist auch nicht unwirksam. Insbesondere ist er nicht durch die außerordentliche Kündigung des Klägers vom 02.06.2020 frühzeitig beendet worden. Einen Kündigungsgrund, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde, hat der Kläger nicht dargetan. Er kann sich vor allem nicht auf ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 43e Abs. 2 S. 2 BRAO berufen. 62Gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 BRAO ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, Dienstleister, denen er Zugang zu Tatsachen eröffnet, auf die sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit gemäß § 43a Abs. 2 S. 1 BRAO bezieht, sorgfältig auszuwählen. Nach § 43 Abs. 2 S. 2 BRAO hat er die Zusammenarbeit unverzüglich zu beenden, wenn die Einhaltung der dem Dienstleister zu machenden bestimmten Vorgaben nicht gewährleistet ist. Der Umfang dieser Vorgaben lässt sich § 43e Abs. 3 S. 2 BRAO entnehmen. Es handelt sich insoweit um die Verpflichtung zur Verschwiegenheit, die Verpflichtung, sich nur insoweit Kenntnis von fremden Geheimnissen zu verschaffen, als dies zur Vertragserfüllung erforderlich ist, und die Verpflichtung, weitere Personen zur Erfüllung zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Einen Verstoß der Beklagten gegen diese Vorgaben hat der Beklagte aber nicht dargelegt. 63Es ist schon zweifelhaft, ob dem § 43e Abs. 2 BRAO darüber hinaus ein Gebot zu entnehmen ist, dass sich ein Rechtsanwalt nur solcher Dienstleister bedienen darf, die allgemein zuverlässig sind und ob ihm im Falle einer allgemeinen Unzuverlässigkeit ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht, wie der Kläger meint. Denn auch insoweit hat der Kläger keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine allgemeine Unzuverlässigkeit dargelegt. Soweit er ausgeführt hat, der Service der Beklagten sei in den letzten Jahren allgemein schlechter geworden, stellt dies lediglich seinen persönlichen Eindruck dar. Konkrete Probleme mit der Erbringung der Dienstleitung seitens der Beklagten hat auch der Kläger nicht behauptet. Dass die Postvollmacht mit Einschreiben nicht an die Beklagte zugestellt werden konnte, könnte auch daran liegen, dass der Kläger die Beklagte im Adressfeld mit „S Cologne“ nicht richtig bezeichnet hat. Jedenfalls folgt aus den 64Zustellungsschwierigkeiten für ein Schreiben nicht die allgemeine Unzuverlässigkeit der Beklagten. Der Kläger bemängelt weiter lediglich, dass ihm die gewünschte Datenauskunft nicht rechtzeitig und vollständig erteilt wurde. Dies reicht aber nicht, um von einer allgemeinen Unzuverlässigkeit der Beklagten auszugehen und rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung. Aus der Verzögerung der Auskunft folgt auch nicht, dass die Beklagte in irgendeiner Weise die Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet. Soweit der Kläger zuletzt angeführt hat, es sei damit auch gegen Schutzrechte von Mandanten und potentiellen Mandanten aus der DS-GVO verstoßen worden, weil die Beklagte ihm keinerlei Datenauskünfte zu etwaigen Mandantenkontakten etc. zu erteilen bereit gewesen sei, auch nicht im Sinne einer Negativauskunft, verfängt dies nicht. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass ihm eine Auskunft über konkrete Mandantenkontakte verweigert worden sei. Es ist nicht einmal vorgetragen, dass die Beklagte Daten des Klägers zu Mandantenkontakten überhaupt verarbeitet hat. Der Kläger macht dies allein an dem Umstand fest, dass ihm eine Kopie seiner Daten nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO bislang nicht vollständig ist. Da aber der Anspruch auf Erteilung der Kopie und die Reichweite des Anspruchs in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird, kann es nicht eine "allgemeine 65Unzuverlässigkeit" der Beklagten begründen, wenn die Beklagte den Anspruch des Klägers nicht vor einer gerichtlichen Klärung in seinem Sinne erfüllt. 66Der Vertrag ist somit nur durch die hilfsweise erfolgte ordentliche Kündigung wirksam beendet worden, allerdings erst zum Ablauf der Vertragslaufzeit. Der ursprünglich am 6702.11.2019 abgeschlossene Vertrag zwischen dem Kläger und der S Köln L GmbH & Co. KG sollte ursprünglich bis zum 30.04.2020 laufen und wurde durch den Vertrag vom 09.12.2019 ersetzt, wobei die ursprüngliche Laufzeit ausdrücklich beibehalten wurde. Gemäß Ziffer 1.4 der wirksam in den Vertrag einbezogenen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die für die 68S Gruppe einheitlich und dem Kläger bekannt waren, verlängerte sich der Vertrag bis zum 31.10.2020 und war erst danach beendet. Dies betrifft den hier maßgeblichen Leistungszeitraum jedoch nicht. 69Gegen die Höhe der von der Beklagten gestellten Rechnung vom 18.05.2020 bestehen keine Bedenken. Die Rechnung beinhaltet die Entgelte für die Monate März bis Juni 2020 und die Weiterleitungspauschale von Februar bis April 2020 zuzüglich einer Mahngebühr, weil der Kläger mit der Zahlung des Entgelts für März 2020 in Verzug war. 70Soweit der Kläger pauschal die Einrede des nichterfüllten Vertrags erhebt, fehlt es insoweit an schlüssigem Vortrag. Der Kläger hat selbst nicht vorgetragen, dass für ihn ab irgendeinem bestimmten Zeitpunkt kein virtual office vorgehalten oder Post nicht weitergeleitet wurde. Die Beklagte war zudem nur zur Bereitstellung des virtuellen Büros verpflichtet. Ob der Kläger dieses tatsächlich in Anspruch genommen, ist unerheblich. 71b) Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung. 723. Die Anträge 3)–5) sind ebenfalls unbegründet. Der Beklagten stehen gegen den Kläger Ansprüche in Höhe von 117,81 €, 113,07 € und 114,84 € aus abgetretenem Recht zu. 73Ursprünglich hatte die L BC GmbH & Co. KG gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung dieser Summen wegen Bereitstellung des virtual office für die Monate Juli, August und Oktober 2020 sowie aufgrund der Weiterleitungspauschale für die Monate Mai, Juni und August 2020. Gegen die Aufstellung in den einzelnen Rechnungen bestehen keine Bedenken. 74Die Forderungen sind wirksam entstanden. Insbesondere war der den Forderungen zugrunde liegende virtual-office-Vertrag vom 09.12.2019 wirksam und nicht außerordentlich oder ordentlich vor Ablauf des 31.10.2020 gekündigt worden. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 2. Bezug genommen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Mail der Beklagten vom 07.09.2020, Bl. 275 GA. Aus Sicht eines objektiven Empfängers war dieser Erklärung nach den §§ 133, 157 BGB kein Rechtsbindungswille für eine rückwirkende Beendigung des Vertragsverhältnisses beizumessen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Nachricht. Dieser lautet: „Ihr Vertrag endet am 31 Jul 2020. Ab diesem Zeitpunkt werden die von Ihnen genutzten Dienstleistungen eingestellt (z.B. Telefonservice und Postabwicklung). Darüber hinaus werden wir Ihre kostenlose Lounge-Mitgliedschaft beenden.“ Es ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte eine Formulierung im Präsens benutzen sollte, wenn sie erklären will, dass der Vertrag zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit geendet haben sollte. Aus Sicht eines objektiven Empfängers ist der Nachricht kein eindeutiger Regelungsgehalt zu entnehmen. Ob es sich bei der Nachricht um ein Versehen handelte oder die Beklagte einen anderen Zweck mit der Mail verfolgt hat, bedarf keiner weiteren Aufklärung. 75Die L BC hat die Ansprüche wirksam an die Beklagte abgetreten, so dass diese die Ansprüche gegen den Kläger geltend machen kann. Damit ist der ursprünglich begründete Antrag des Klägers durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unbegründet geworden. 764. 77a) Der Kläger hat auch schließlich nach dem Antrag zu 6) keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen verzögerter Erteilung der Auskunft aus Art. 15 DS-GVO gegen die Beklagte. 78Als Anspruchsgrundlage kommt allein Art. 82 Abs. 1 DS-GVO in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. 79Zwar liegt, wie oben unter 1. ausgeführt wurde, ein Verstoß gegen die DS-GVO vor, da die Beklagte dem Kläger nicht innerhalb der Monatsfrist nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO erteilt hat und eine Kopie der verarbeiteten Daten nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO noch nicht vorgelegt hat. Die Beklagte ist Verantwortliche im Sinne der Artt. 4 Nr. 7, 82 Abs. 1 DS-GVO. 80Ein Anspruch des Klägers scheitert aber daran, dass diesem kein Schaden entstanden ist. 81In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob zum Einen Voraussetzung des Anspruchs nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO lediglich eine Verletzung einer Pflicht aus der DS-GVO ist oder ob tatsächlich ein immaterieller Schaden entstanden sein muss, sowie zum Anderen, ob dieser immaterielle Schaden eine Erheblichkeitsschwelle überschreiten, also über den Ärger über die Verzögerung hinausgehen muss. Der Begriff des Schadens ist nach Erwägungsgrund 146 S. 3 der DS-GVO „weit auf eine Art und Weise auszulegen, die den Zielen dieser Verordnung in vollem Umfang entspricht“. 82Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass diese Fragen bislang ungeklärt sind und hat entschieden, dass ein Gericht im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV diese 83Frage nicht ohne Vorabentscheidungsverfahren entscheiden kann (Bundesverfassungsgericht (2. Kammer des Ersten Senats), Beschluss von 14.1.2021 – 1 BvR 2853/19, RJW 2021, 1005, 1007, insbesondere Rn. 20 m.w.N. 84zum Streitstand). 85Der OGH Österreichs hat dem EuGH die Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der Eintritt eines Schadens beim Betroffenen eine Tatbestandsvoraussetzung ist oder eine Verletzung von Bestimmungen des DS-GVO ausreicht sowie ob eine gewisse Erheblichkeit (Konsequenz von zumindest einigem Gewicht über den hervorgerufenen Ärger hinausgehend) erforderlich ist (OGH Österreich, Beschluss vom 15.4.2021 – 6 Ob 35/21x, ZD 2021, 631). 86Die Kammer ist insoweit an einer Entscheidung nicht gehindert, als dass sie nicht zur Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet ist, da das Urteil mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann. 87Erwägungsgrund 146 S. 3 DS-GVO spricht für eine weite Auslegung des Begriffs des Schadens in Art. 82 Abs. 1 DS-GVO. Damit dürfte etwa eine Erheblichkeitsschwelle in dem Sinne, dass immaterielle Bagatellschäden nicht ausgeglichen werden müssen, nicht zu vereinbaren sein. 88Artikel 82 Abs. 1 DSGVO setzt nach seinem Wortlaut jedoch voraus, dass der betroffenen Person ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Erwägungsgrund 146 S. 1 DS-GVO spricht von Schäden, „die einer Person aufgrund einer Verarbeitung entstehen“. Mit diesem Wortlaut ist eine Auslegung der Norm, nach der die Entstehung eines immateriellen Schadens nicht 89Tatbestandsvoraussetzung ist, nicht zu vereinbaren. Bei einer solchen Auslegung würde ein reiner Strafschadensersatz im Sinne eines „punitive damage“ vorliegen, der der kontinentaleuropäischen Zivilrechtsordnung fremd ist. Es wäre auch nicht zu erklären, warum bei einem immateriellen Schaden die Darlegung eines tatsächlichen entstandenen Schadens entbehrlich sein sollte, bei einem materiellen Schaden hingegen schon. Auf das Erfordernis eines tatsächlich entstandenen immateriellen Schadens kann daher nicht verzichtet werden. 90Einen solchen Schaden hat der Kläger jedoch nicht dargelegt, und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Es handelt sich um einen für beide Seiten geschäftlichen Vertrag mit sehr beschränktem Umfang. Eine gravierende und spürbare Beeinträchtigung des Klägers durch die Verzögerung der Auskunftserteilung, die über den hervorgerufenen Ärger hinausgeht, ist nicht dargetan und auch ansonsten nicht erkennbar. 91b) Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung 92III. Die Kostenentscheidung beruht, soweit die Klage nicht erledigt ist, auf § 92 Abs. 1 93S. 1 ZPO. Soweit der Antrag zu 1) nicht erledigt ist, ist die Kammer von einem Streitwert von 2.500 Euro ausgegangen. Insoweit hat der Kläger auch obsiegt. Im Übrigen obsiegt die Beklagte nach den Anträgen 2)-6). Soweit die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO. Es entsprach billigem Ermessen, der Beklagten insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO hatte und die Beklagte die Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO erst nach Rechtshängigkeit erteilt hat. 94Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. 95Streitwert: bis zum 21.07.2020: 5.000 € 96Bis zum 09.09.2020: 5.686,78 € Bis zum 11.09.2020: 5.801,62 € Bis zum 17.03.2021: 6.801,62 € 97Seit dem 18.03.2021: 4.301,62 € 98Rechtsbehelfsbelehrung: 99A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 1001. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 1012. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 102Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 103Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen. 104Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 105Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 106B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem 107Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. 108Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden 109Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor 110Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 111Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 112Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 113Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 114 , | 1. die beklagte wird verurteilt, dem kläger eine kopie sämtlicher von der beklagten über den kläger erhobenen und verarbeiteten personenbezogenen daten in der rohfassung in einem gängigen elektronischen format zu erteilen, mit ausnahme der dem kläger bereits erteilten stammdaten (anlagen 1-14 zum schriftsatz des klägers vom 29.05.2020). 2. im übrigen wird die klage abgewiesen. 3. die kosten des rechtsstreits tragen der kläger zu 26 % und die beklagte zu 74 %. 4. dieses urteil ist für den kläger vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 2.750 euro. für die beklagte ist das urteil vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die zwangsvollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund dieses urteils zu vollstreckenden betrags abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die beklagte ist teil der s -gruppe, die sog. virtual offices anbietet. dabei handelt es sich um eine post-, telefax- und telefonadresse, unter der der kunde für dritte erreichbar ist; ein physisches büro kann im bedarfsfall jeweils dazu gebucht werden. die einzelnen virtual-office-center werden jeweils von einer centergesellschaft betrieben, die vertragspartner des kunden wird. die beklagte betreibt das center „d “ unter der adresse t straße 00 in köln. 3der kläger ist rechtsanwalt und hat einen kanzleisitz in brühl. einen weiteren kanzleisitz unterhielt er seit 2014 bei der s köln l gmbh und co. kg als virtual office unter der adresse l 00 bis 00 in 50672 köln (s -bezeichnung: center „d1“), zuletzt aufgrund des vertrags 0000 vom 02.11.2019 mit laufzeit von sechs monaten bis zum 30.04.2020. der vertrag lief auf klägerseite über die s1 legal services ug des klägers. 4wegen schließung des centers „d1“ zum 01.02.2020 wurde der kläger von der s köln l gmbh & co. kg angefragt, ob er bereit sei, mit seinem virtuellen büro in ein anderes center umzuziehen oder ob er von seinem sonderkündigungsrecht gebrauch machen würde. mit e-mail vom 26.11.2021 teilte der kläger der s köln l gmbh&co. kg mit, dass er das center im d nehmen wolle, „zu denselben konditionen wie bisher.“ zudem sollte der vertrag auf ihn selbst statt auf die s1 legal services ug umgestellt werden (bl. 43 ga). 5am 16.12.2019 stimmte der kläger einem „virtual office servicevertrag“ (bl. 5 ga) vom 09.12.2021 zu, mit dem sein virtual office auf die anschrift „d , t straße 00, 50823 germany“ übertragen werden sollte. unter dem abschnitt „bemerkungen“ in dem vertrag heißt es: „dieser ersetzt den vertrag 600000 vom 02.11.2019 für das virtuelle büro im s business center d1 , zum 30.04.2020. die sicherheitsleistung aus dem zuvor erwähnten vertrag wird auf diesen vertrag übertragen.“ weiter heißt es: „ihr vertragspartner ist s köln l gmbh & co. kg.“ zudem erteilte der kläger der s köln l gmbh & co. kg ein sepalastschrift-mandat (bl. 6 ga). dabei wurde es von seiten der s -gruppe versehentlich versäumt, die beklagte als neue vertragspartnerin anzugeben. die beklagte betrieb schon damals das center im d und firmierte damals noch unter dem namen h gmbh. 7seit dem 01.02.2020 verwaltete die beklagte das virtual office des klägers und stellte dem kläger rechnungen. das monatliche entgelt für das virtual office betrug 79,00 € netto zuzüglich umsatzsteuer sowie einer pauschale von 20,00 euro für die weiterleitung von post zuzüglich umsatzsteuer. 8die beklagte forderte mit e-mails vom 04.03.2020 und 05.03.2020 von dem kläger die zahlung zweier rechnungen über jeweils 94,01 € (rechnungsnummer 00000-187inv) und 126,27 € (rechnungsnummer 00000-371inv) (bl. 10 ga), eine neue postvollmacht (bl. 45 ff., 48 ga) sowie eine neue 9lastschrifteinzugsermächtigung, wozu der kläger seine daten in das online-portal der beklagten eingeben sollte. der mail vom 04.03.2021 waren die agb der beklagten als anhang beigefügt (bl. 50 ff. ga), die für alle unternehmen der s gruppe einheitlich sind und dem kläger auch schon von seinen früheren verträgen mit der s köln l gmbh & co. kg bekannt waren. gemäß ziffer 1.4. der agb verlängert sich ein virtual-office-vertrag automatisch um die vereinbarte laufzeit, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt oder anderweitig beendigt wird. nachdem der kläger seine daten mehrfach in das online-formular eingegeben hatte, erklärte die beklagte auf telefonische nachfrage des klägers, dass sie einen datensatz vom kläger für eine lastschrifteinzugsermächtigung nicht erkennen könne. die kommunikation führte der kläger dabei mit einer beschäftigten der beklagten, der frau x, die sich in den signaturen ihrer mails als mitarbeiterin der beklagten zu erkennen gab. die postvollmacht erteilte der kläger und sandte sie an die „s cologne“ unter der adresse der beklagten mit einschreiben. die annahme dieses schreibens wurde zweimal verweigert (vgl. bl. 55 ga). 10der kläger bat die beklagte daraufhin am 06.03.2020 per e-mail um erteilung einer vollständigen datenauskunft zu sämtlichen über ihn vorhandenen personenbezogenen daten, woran er mit e-mail (und fax) vom 07.04.2020 nochmals erinnerte (vgl. bl. 8 ga). die beklagte bestätigte telefonisch den eingang der anfrage und übersandte dem kläger am 11.05.2020 eine antwort per e-mail (vgl. bl. 59), in der um entschuldigung für die verzögerung wegen eines verwaltungsrückstaus auf grund der corona-pandemie gebeten wurde. 11am 18.05.2020 buchte die beklagte vom geschäftskonto des klägers einen betrag von 455,90 € ab (vgl. bl. 106 ga). zugrunde lag dem eine rechnung vom 15.05.2020 (rechnungsnummer 5194-2020-698inv) (bl. 107 ff. ga) über das entgelt für die monate märz bis juni 2020 sowie die weiterleitungspauschale von 20,00 euro für die monate februar bis april 2020 sowie eine mahngebühr in höhe von 8,46 €. 12auf anfrage des klägers überließ die beklagte am 29.05.2020 dem kläger die ausdrucke bl. 23 bis 36 ga aus ihrer edv, die kopien der rohfassung der stammdaten des klägers enthielten. 13am 02.06.2020 kündigte der kläger den virtual-office-vertrag gegenüber der beklagten außerordentlich, hilfsweise fristgemäß zum nächstmöglichen termin (vgl. 14bl. 78 ga). 15einer weiteren abbuchung der beklagten von 117,81 € vom 18.06.2020, bezogen auf die rechnung vom 15.06.2020 (rechnungsnummer 00000-863inv) über das virtuelle büro für den juli 2020 und die weiterleitungspauschale in höhe von 20 euro für mai 2020 (bl. 122 ga), widersprach der kläger am 02.07.2020 (vgl. bl. 106 ga). 16am 15.07.2020 stellte die beklagte dem kläger weitere 113,07 € in rechnung (rechnungsnummer 00000-1028inv) für das virtuelle büro im monat august 2020 und die weiterleitungspauschale für juni 2020(bl. 126 ga). am 30.07.2020 (bl. 175 ga) und 04.08.2020 (bl. 184 ga) übersandte die beklagte mahnungen an den kläger. 17am 31.08.2020 stellte die beklagte dem kläger weitere 114,84 € in rechnung (rechnungsnummer 0000-1401inv) (bl. 270 ga) für das virtual office im monat oktober 2020 und die weiterleitungspauschale für august 2020. am 07.09.2020 erhielt der kläger eine e-mail der beklagten mit folgendem inhalt: „ihr vertrag endet am 31 jul 2020. ab diesem zeitpunkt werden die von ihnen genutzten dienstleistungen eingestellt (z.b. telefonservice und postabwicklung). darüber hinaus werden wir ihre kostenlose lounge-mitgliedschaft beenden“ (bl. 275 ga). 18unter dem 01.03.2021 überreichte die beklagte dem kläger eine erweiterte 19datenauskunft nach art. 15 abs. 1 ds-gvo, fügte jedoch keine kopie der daten, die gegenstand der verarbeitung sind, zusammen (bl. 323-326 ga). 20am 18.11.2021 trat die köln l bc gmbh & co. kg, die bislang unter dem namen s l gmbh & co. kg firmierte, ihre ansprüche aus dem vertrag nr. 00000 an die beklagte ab, die ihrerseits die übernahme der rückzahlung von etwaigen sicherheitsleistungen an den kläger erklärte. 21der kläger trägt vor, dass er die datenauskunft benötige, um den übergang des vertragsverhältnisses auf die beklagte zu prüfen, da sie auch zu rechnungs- und zahlungsungereimtheiten vorgetragen habe und es probleme mit der zustellung bei der beklagten gegeben habe. er wisse nicht, mit wem er einen vertrag geschlossen habe. die s köln l gmbh & co. kg habe ihm damals lediglich mitgeteilt, dass man in das das neue center in der t straße umziehen und umfirmieren würde, nicht, dass der ganze vertrag übergehen würde. die übertragung des vertrags auf die beklagte sei nach § 126a bgb, 43e brao unwirksam. ihm habe zudem ein außerordentlicher kündigungsgrund zugestanden. als rechtsanwalt habe er sich gemäß § 43e brao zuverlässiger bürodienstleister zu bedienen. die vorgängerin der beklagten habe sich in der vergangenheit gut um ihre kunden gekümmert, mittlerweile seien die geschäftsstrukturen der s gruppe jedoch soweit digitalisiert, automatisiert und anonymisiert, dass dies zu lasten der kunden ginge, was er der beklagten bereits auch mehrfach mitgeteilt habe. die kündigung sei berechtigt, weil die beklagte den anforderungen von § 43e brao nicht genüge. die beklagte habe sich anhaltend als unzuverlässig für den betrieb eines kanzleisitzes erwiesen. für die abbuchung der 455,90 € fehle es an einer rechtsgrundlage. zudem sei nicht klar, welche leistung die beklagte ihm gegenüber erbracht habe; er erhebe daher die einrede des nicht erfüllten vertrags. er habe ferner ein interesse, die nichtberechtigung der beklagten zur abbuchung der weiteren forderungen zu klären. die beklagte berühme sich fortgesetzt eines nicht bestehenden schuldverhältnisses. wegen der verzögerten datenauskunft sei ihm ein schmerzensgeld von mindestens 500 € pro monat, mindestens aber 1.000 € zu zahlen. die auskunft sei unverzüglich zu erteilen, spätestens jedoch binnen monatsfrist, was nicht erfolgt sei. die erste auskunft sei zudem unvollständig gewesen, da sie nur die stammdaten enthalten habe. die auskunft verhalte sich auch nicht zu internen vermerken oder der geführten korrespondenz. die beklagte habe ferner vorsätzlich gegen ihre auskunftsverpflichtung verstoßen. die beklagte habe offensichtlich weitere personenbezogene daten in besitz. nach der erteilung der auskunft am 01.03.2021 fehle es jedenfalls an der erforderlichen kopie gemäß art. 15 abs. 3 ds-gvo für den kläger. 22ursprünglich hat der kläger mit seiner beim amtsgericht köln erhobenen klage beantragt, die beklagte zu verurteilen, dem kläger eine vollständige datenauskunft zu den bei der beklagten über ihn vorhandenen personenbezogenen daten in kopie zu erteilen. nachdem er mit schriftsatz vom 21.07.2020 seine klage um die anträge zu 2)-5) erweitert hat (bl. 102 ga), hat das amtsgericht köln die klage an das landgericht köln verwiesen. mit schriftsätzen vom 09.09.2020 (bl. 268 ga) und 11.09.2020 (bl. 279 ga) hat der kläger seine klage um die anträge zu 5) bzw. 6) erweitert. nachdem die beklagte dem kläger die erweiterte datenauskunft vom 2301.03.2021 überreicht hat, hat er den antrag zu1) insoweit mit schriftsatz vom 09.03.2021 für erledigt erklärt (bl. 333 ga). die beklagte hat sich der erledigungserklärung im termin zur mündlichen verhandlung am 17.03.2021 ausdrücklich angeschlossen. 24der kläger beantragt nun, 251) die beklagte zu verurteilen, dem kläger eine vollständige 26datenauskunft gemäß artikel 15 i.v.m. artikel 4 nr. 1 und 6 ds-gvo zu den bei der beklagten über ihn vorhandenen personenbezogenen daten in kopie zu erteilen, mit der maßgabe der teilerledigungserklärung vom 09.03.2021 (bl. 333 d.a.). 272) die beklagte zu verurteilen, an den kläger 455,90 € zurück zu erstatten, zzgl. zinsen in höhe von neun prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 18.05.2020; 283) festzustellen, dass der beklagten keine weiteren ansprüche gegen den kläger in höhe von 117,81 € zustehen; 294) festzustellen, dass der beklagten keine weiteren ansprüche gegen den kläger in höhe von 113,07 € zustehen; 305) festzustellen, dass die beklagte keine weiteren ansprüche gegen den kläger in höhe von 114,84 € hat; 316) die beklagte zu verurteilen, an den kläger für die verzögerte erteilung einer datenauskunft ein angemessenes schmerzensgeld zu zahlen, zzgl. zinsen in höhe von neun prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit. 32die beklagte beantragt, 33die klage abzuweisen. 34die beklagte trägt vor, dass sie dem kläger bereits mit der e-mail vom 11.05.2020 eine vollständige auskunft erteilt habe, jedenfalls aber mit der nachricht vom 01.03.2021. sie ist der ansicht, auch vertragspartnerin des klägers zu sein. die vertragsabgabe an sich sei mit der s cologne kaiser wilhelm ring gmbh & co. kg abgesprochen gewesen. gegenüber dem kläger habe die beklagte die vertragsübernahme dadurch erklärt, dass sie fortan die rechnungen gestellt habe. 35der kläger habe seine zustimmung zur vertragsübernahme dadurch konkludent erklärt, dass er die ersten rechnungen der beklagten bezahlt habe. hinsichtlich der vertragssituation sei zu beachten, dass sich der auf die beklagte übergegangene vertrag mangels widerspruchs des klägers gemäß ziffer 1.4 der agb der beklagten (bl. 50 ga) um sechs monate bis zum 31.10.2020 verlängert habe, weshalb weiterhin die monatlichen entgelte für die büronutzung von 79,00 € zuzüglich 36mehrwertsteuer und für die pauschale postweiterleitung von 20,00 € zuzüglich mehrwertsteuer zu zahlen seien. das sei dem kläger, der seit 2014 kunde der s -gruppe sei, auch bekannt. der betrag von 455,90 € ergebe sich aus der abrechnung vom 30.04.2020 (bl. 107 ff ga); die weiteren abrechnungen bis einschließlich oktober 2020 seien ebenfalls zu zahlen. für die kündigung des klägers fehle es an einem kündigungsgrund. insbesondere enthalte der virtualoffice-vertrag keine verpflichtung der beklagten, die regelungen des § 43e brao einzuhalten, was die beklagte gleichwohl tue. die beklagte fungiere lediglich wie ein postdienstleister. hinsichtlich der zustellungen an die beklagte sei der vortrag des klägers nicht nachvollziehbar, da es nicht um zustellungen an den kläger selbst gehe. ein schadensersatzanspruch bestehe nicht, selbst bei annahme einer verspäteten auskunftserteilung (vgl. bl. 320 ff ga). es fehle jedenfalls an einem verstoß mit einem spürbaren gewicht, der kläger habe überhaupt keinen schaden dargelegt. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 38 | 39die zulässige klage ist nur nach ihrem antrag zu 1) begründet. im übrigen ist sie unbegründet. 40i. 41der ursprüngliche antrag des klägers ist so auszulegen, dass dieser sowohl eine auskunft über die von der beklagten über ihn erhobenen personenbezogenen daten nach artikel 15 abs. 1 ds-gvo verlangt hat als auch eine kopie sämtlicher über ihn erhobener und verarbeiteter personenbezogener daten in der rohfassung. nachdem die beklagte dem kläger mit schriftsatz vom 01.03.2021 eine auskunft in papierform erteilt hat und die parteien den rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war nur noch über den anspruch des klägers auf erteilung der kopie zu entscheiden, da der kläger selbst klar ausgedrückt hat, dass die beklagte weiterhin sein recht auf kopie bestreite. es ist hingegen nicht weiter vorgetragen, dass die auskunft selbst unvollständig geblieben ist, so dass insoweit von einer vollständigen erledigung auszugehen war. 42die so verstandene klage ist insgesamt zulässig. insbesondere hat der kläger ein feststellungsinteresse für die negative feststellungsklage nach den anträgen zu 35), da er sich forderungen und mahnungen der beklagten ausgesetzt sieht. 43ii. 44die klage ist jedoch nur nach ihrem antrag zu 1) begründet. 451. 46der kläger hat gegen die beklagte einen anspruch auf erteilung einer datenkopie der bei der beklagten über ihn verarbeiteten personenbezogenen daten aus artikel 15 abs. 3 der verordnung (eu) 2016/679 des europäischen parlaments und des rates vom 27. april 2016 zum schutz natürlicher personen bei der verarbeitung personenbezogener daten, zum freien datenverkehr und zur aufhebung der richtlinie 95/46/eg (datenschutz-grundverordnung, im folgenden ds-gvo). 47gemäß artikel 15 abs. 1 ds-gvo kann die von einer datenerhebung betroffene person von dem verantwortlichen eine auskunft über sie betreffende personenbezogene daten im in artikel 15 abs. 1 ds-gvo bestimmten umfang verlangen. für die gestaltung der darstellung gilt das transparenzgebot des art. 12 abs. 1 ds-gvo, wonach die auskunft in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher form in einer klaren und einfachen sprache zu übermitteln ist (kühling/buchner/bäcker, dsgvo bdsg, 3. auflage 2020, art. 15 dsgvo rn. 32, beck-online; kremer, cr 2018, 560, 561 rn. 13, juris). 48darüber hinaus und in erweiterung des bislang auf auskunftserteilung beschränkten anspruchs aus § 34 bdsg a.f. (kremer, cr 2018, 560, 563, rn. 29) gewährt art. 15 abs. 3 ds-gvo einen anspruch auf erteilung einer kopie sämtlicher personenbezogenen daten, die gegenstand der verarbeitung sind. art. 15 abs. 3 ds-gvo gewährt einen selbstständigen anspruch auf erteilung einer kopie der personenbezogenen daten, die über eine person verarbeitet werden. dieser ergänzt den auskunftsanspruch aus art. 15 abs. 1 ds-gvo und ist nicht mit diesem identisch. 49entgegen einer teilweise vertretenen ansicht handelt es sich bei art. 15 abs. 3 dsgvo nicht um eine lediglich klarstellende vorschrift zu art. 15 abs. 3 ds-gvo, und mit dem begriff der kopie ist auch nicht die gemäß absatz 1 zu erteilende kopie gemeint (so aber wybitul/neu/strauch, zd 2018, 202, 203; dausend, zd 2019, 103, 50106 f.; zum streitstand ausführlich beckok-datenschutzrecht/schmidt-wudy, 38. edition stand: 01.11.2021, art. 15 dsgvo rn. 85, beck-online; offen gelassen in olg köln, urteil vom 26.07.2019, 20 u 75/18, rn. 68, beckrs 2019, 16261). hiergegen spricht schon die regelungssystematik des art. 15 ds-gvo. die 51regelung der kopie in einem eigenständigen absatz 3 spricht dafür, dass mit der norm nicht bloß eine konkretisierung des auskunftsanspruchs aus art. 15 abs. 1 ds-gvo beabsichtigt ist (olg münchen, endurteil vom 04.10.2021, § u 2906/20 rn. 20, beckrs 2021, 29747; kühling/buchner/bäcker, a.a.o., art. 15 ds-gvo rn. 39 m.w.n.). nach dem wortlaut der norm soll der verantwortliche zudem eine kopie der personenbezogenen daten zur verfügung stellen („a copy of the personal data undergoing processing“). es deutet nichts darauf hin, dass der verordnungsgeber mit der verwendung des neuen begriffs „kopie“ bloß die auskunft im sinne des art. 15 ds-gvo gemeint haben könnte. auch der sinn und zweck der vorschrift sprechen für einen eigenständigen anspruch auf herausgabe einer kopie der rohfassung der verarbeiteten daten, da der betroffene nur so in die lage versetzt wird, den umfang und inhalt der ihn betroffenen daten beurteilen und mit der nach art. 15 abs. 1 dsgvo erteilten auskunft abgleichen zu können. 52ein solcher anspruch steht dem kläger gegen die beklagte als verantwortliche im sinne von art. 4 nr. 7 ds-gvo zu. gemäß art. 15 abs. 3 s. 3 ds-gvo sind die informationen in einem gängigen elektronischen format zur verfügung zu stellen, da der kläger seinen antrag elektronisch gestellt hat. 53dieser anspruch ist auch nicht durch erfüllung nach § 362 abs. 1 bgb vollständig untergegangen. die von der beklagten mit schriftsatz vom 01.03.2021 vorgelegte aufstellung enthält keine kopien der daten in der rohfassung im sinne von art. 15 abs. 3 ds-gvo, sondern es handelt sich um eine auskunft nach art. 15 abs. 1 dsgvo. soweit die beklagte erfüllung durch übersendung des anlagenkonvoluts 1-14, wie es dem schriftsatz des klägers vom 29.05.2020 beigefügt war (bl. 23-26 ga), geltend macht und behauptet, ansonsten keine daten über den kläger verarbeitet zu haben, ist dies vom kläger in zulässiger weise mit nichtwissen bestritten worden. er hat zudem dargelegt, dass die aufstellung nur die stammdaten enthalte, offensichtlich aber nicht sämtliche über den kläger erhobenen daten, etwa interne vermerke oder die geführte korrespondenz. diese informationen fallen grundsätzlich ebenfalls unter die verarbeiteten daten im sinne von art. 15 abs. 1 ds-gvo, 4 nr. 1 ds-gvo. hierzu hat die beklagte nicht weiter vorgetragen. die darlegungs- und beweislast für den erfüllungseinwand obliegt jedoch der beklagten. einen beweis für die behauptung, sie habe sämtliche auskünfte erteilt, hat sie nicht angeboten. 54damit liegt lediglich eine teilweise erfüllung in bezug auf die unterlagen bl. 23-36 ga vor. bei diesen dokumenten handelt es sich unstreitig um kopien der von der klägerin verarbeiteten stammdaten. diese muss die beklagte im rahmen der erteilung der kopie sämtlicher verarbeiteter daten über den kläger nicht erneut vorlegen. insoweit war die klage abzuweisen. 552. 56a) mit ihrem antrag zu 2) ist die klage unbegründet. dem kläger steht aus keinem rechtlichen grund ein anspruch auf rückzahlung von 455,90 € zu. ein anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 812 abs. 1 s. 1 bgb, da die abbuchung der 455,90 € durch die beklagte nicht ohne rechtsgrund erfolgt ist. 57der betrag von 455,90 € wurde zur begleichung der rechnung vom 18.05.2020 über die nutzungsentgelte für das virtual office in den monaten märz bis juni 2020 und die weiterleitungspauschale von februar 2020 bis april 2020 abgebucht. insoweit bestehen forderungen aus dem virtual-office-vertrag vom 09.12.2021 in dieser höhe gegen den kläger. dieser vertrag stellt einen rechtsgrund dar, auf den sich die beklagte berufen kann. 58insoweit ist dem kläger zwar recht zu geben, dass dieser vertrag nicht zwischen ihm und der beklagten, sondern zwischen ihm und der l bc gmbh & co. kg, die bislang unter dem namen s köln l gmbh & co. kg firmierte, geschlossen wurde. in dem vertrag vom 09.12.2019 ist die s köln l gmbh & co. kg als vertragspartner angegeben, so dass nach dem objektiven empfängerhorizont gemäß den §§ 133, 157 bgb kein zweifel an deren vertragspartnerschaft vorliegt. der kläger hat dementsprechend auch nur dieser gesellschaft zunächst eine einzugsermächtigung erteilt und nicht der beklagten. soweit die beklagte vorträgt, es sei ursprünglich geplant gewesen, dass sie vertragspartnerin werden solle und nur durch ein versehen sei die s köln l gmbh & co. kg als vertragspartner eingetragen worden, mag dies einen subjektiven irrtum auf seiten der s l gmbh & co. kg begründen. da diese den vertrag aber nicht angefochten hat, hat dieser irrtum keinen einfluss auf die wirksamkeit des vertrags, § 142 abs. 1 bgb. dass der vertrag in irgendeiner weise auf die beklagte übergegangen wäre, hat diese nicht dargetan. eine vertragsübernahme ist dem kläger weder dadurch konkludent angezeigt worden, dass die beklagte ab februar 2020 dem kläger rechnungen stellte, noch dadurch, dass sich mitarbeiter des centers, mit denen er in der folge kontakt hatte, als mitarbeiter der beklagten zu erkennen gaben. aus seiner sicht könnte die beklagte auch lediglich 59erfüllungsgehilfin seiner vertragspartnerin gewesen sein. 60allerdings hat die l bc gmbh & co. kg zwischenzeitlich ihre ansprüche aus dem vertrag gegen den kläger an die beklagte abgetreten, so dass diese die abbuchung der 455,90 € mit dieser forderung verrechnen kann und sich somit auf einen rechtsgrund berufen kann. 61der vertrag ist auch nicht unwirksam. insbesondere ist er nicht durch die außerordentliche kündigung des klägers vom 02.06.2020 frühzeitig beendet worden. einen kündigungsgrund, der eine außerordentliche kündigung rechtfertigen würde, hat der kläger nicht dargetan. er kann sich vor allem nicht auf ein außerordentliches kündigungsrecht nach § 43e abs. 2 s. 2 brao berufen. 62gemäß § 43 abs. 2 s. 1 brao ist ein rechtsanwalt verpflichtet, dienstleister, denen er zugang zu tatsachen eröffnet, auf die sich die verpflichtung zur verschwiegenheit gemäß § 43a abs. 2 s. 1 brao bezieht, sorgfältig auszuwählen. nach § 43 abs. 2 s. 2 brao hat er die zusammenarbeit unverzüglich zu beenden, wenn die einhaltung der dem dienstleister zu machenden bestimmten vorgaben nicht gewährleistet ist. der umfang dieser vorgaben lässt sich § 43e abs. 3 s. 2 brao entnehmen. es handelt sich insoweit um die verpflichtung zur verschwiegenheit, die verpflichtung, sich nur insoweit kenntnis von fremden geheimnissen zu verschaffen, als dies zur vertragserfüllung erforderlich ist, und die verpflichtung, weitere personen zur erfüllung zur verschwiegenheit zu verpflichten. einen verstoß der beklagten gegen diese vorgaben hat der beklagte aber nicht dargelegt. 63es ist schon zweifelhaft, ob dem § 43e abs. 2 brao darüber hinaus ein gebot zu entnehmen ist, dass sich ein rechtsanwalt nur solcher dienstleister bedienen darf, die allgemein zuverlässig sind und ob ihm im falle einer allgemeinen unzuverlässigkeit ein außerordentliches kündigungsrecht zusteht, wie der kläger meint. denn auch insoweit hat der kläger keine ausreichenden anhaltspunkte für eine allgemeine unzuverlässigkeit dargelegt. soweit er ausgeführt hat, der service der beklagten sei in den letzten jahren allgemein schlechter geworden, stellt dies lediglich seinen persönlichen eindruck dar. konkrete probleme mit der erbringung der dienstleitung seitens der beklagten hat auch der kläger nicht behauptet. dass die postvollmacht mit einschreiben nicht an die beklagte zugestellt werden konnte, könnte auch daran liegen, dass der kläger die beklagte im adressfeld mit „s cologne“ nicht richtig bezeichnet hat. jedenfalls folgt aus den 64zustellungsschwierigkeiten für ein schreiben nicht die allgemeine unzuverlässigkeit der beklagten. der kläger bemängelt weiter lediglich, dass ihm die gewünschte datenauskunft nicht rechtzeitig und vollständig erteilt wurde. dies reicht aber nicht, um von einer allgemeinen unzuverlässigkeit der beklagten auszugehen und rechtfertigt keine außerordentliche kündigung. aus der verzögerung der auskunft folgt auch nicht, dass die beklagte in irgendeiner weise die daten des klägers unrechtmäßig verarbeitet. soweit der kläger zuletzt angeführt hat, es sei damit auch gegen schutzrechte von mandanten und potentiellen mandanten aus der ds-gvo verstoßen worden, weil die beklagte ihm keinerlei datenauskünfte zu etwaigen mandantenkontakten etc. zu erteilen bereit gewesen sei, auch nicht im sinne einer negativauskunft, verfängt dies nicht. der kläger hat zu keinem zeitpunkt vor dem schluss der mündlichen verhandlung vorgetragen, dass ihm eine auskunft über konkrete mandantenkontakte verweigert worden sei. es ist nicht einmal vorgetragen, dass die beklagte daten des klägers zu mandantenkontakten überhaupt verarbeitet hat. der kläger macht dies allein an dem umstand fest, dass ihm eine kopie seiner daten nach art. 15 abs. 3 ds-gvo bislang nicht vollständig ist. da aber der anspruch auf erteilung der kopie und die reichweite des anspruchs in der rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird, kann es nicht eine "allgemeine 65unzuverlässigkeit" der beklagten begründen, wenn die beklagte den anspruch des klägers nicht vor einer gerichtlichen klärung in seinem sinne erfüllt. 66der vertrag ist somit nur durch die hilfsweise erfolgte ordentliche kündigung wirksam beendet worden, allerdings erst zum ablauf der vertragslaufzeit. der ursprünglich am 6702.11.2019 abgeschlossene vertrag zwischen dem kläger und der s köln l gmbh & co. kg sollte ursprünglich bis zum 30.04.2020 laufen und wurde durch den vertrag vom 09.12.2019 ersetzt, wobei die ursprüngliche laufzeit ausdrücklich beibehalten wurde. gemäß ziffer 1.4 der wirksam in den vertrag einbezogenen allgemeinen geschäftsbedingungen der beklagten, die für die 68s gruppe einheitlich und dem kläger bekannt waren, verlängerte sich der vertrag bis zum 31.10.2020 und war erst danach beendet. dies betrifft den hier maßgeblichen leistungszeitraum jedoch nicht. 69gegen die höhe der von der beklagten gestellten rechnung vom 18.05.2020 bestehen keine bedenken. die rechnung beinhaltet die entgelte für die monate märz bis juni 2020 und die weiterleitungspauschale von februar bis april 2020 zuzüglich einer mahngebühr, weil der kläger mit der zahlung des entgelts für märz 2020 in verzug war. 70soweit der kläger pauschal die einrede des nichterfüllten vertrags erhebt, fehlt es insoweit an schlüssigem vortrag. der kläger hat selbst nicht vorgetragen, dass für ihn ab irgendeinem bestimmten zeitpunkt kein virtual office vorgehalten oder post nicht weitergeleitet wurde. die beklagte war zudem nur zur bereitstellung des virtuellen büros verpflichtet. ob der kläger dieses tatsächlich in anspruch genommen, ist unerheblich. 71b) die nebenforderung teilt das schicksal der hauptforderung. 723. die anträge 3)–5) sind ebenfalls unbegründet. der beklagten stehen gegen den kläger ansprüche in höhe von 117,81 €, 113,07 € und 114,84 € aus abgetretenem recht zu. 73ursprünglich hatte die l bc gmbh & co. kg gegen den kläger einen anspruch auf zahlung dieser summen wegen bereitstellung des virtual office für die monate juli, august und oktober 2020 sowie aufgrund der weiterleitungspauschale für die monate mai, juni und august 2020. gegen die aufstellung in den einzelnen rechnungen bestehen keine bedenken. 74die forderungen sind wirksam entstanden. insbesondere war der den forderungen zugrunde liegende virtual-office-vertrag vom 09.12.2019 wirksam und nicht außerordentlich oder ordentlich vor ablauf des 31.10.2020 gekündigt worden. insoweit wird auf die ausführungen unter 2. bezug genommen. etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mail der beklagten vom 07.09.2020, bl. 275 ga. aus sicht eines objektiven empfängers war dieser erklärung nach den §§ 133, 157 bgb kein rechtsbindungswille für eine rückwirkende beendigung des vertragsverhältnisses beizumessen. dies ergibt sich schon aus dem wortlaut der nachricht. dieser lautet: „ihr vertrag endet am 31 jul 2020. ab diesem zeitpunkt werden die von ihnen genutzten dienstleistungen eingestellt (z.b. telefonservice und postabwicklung). darüber hinaus werden wir ihre kostenlose lounge-mitgliedschaft beenden.“ es ist nicht ersichtlich, warum die beklagte eine formulierung im präsens benutzen sollte, wenn sie erklären will, dass der vertrag zu einem zeitpunkt in der vergangenheit geendet haben sollte. aus sicht eines objektiven empfängers ist der nachricht kein eindeutiger regelungsgehalt zu entnehmen. ob es sich bei der nachricht um ein versehen handelte oder die beklagte einen anderen zweck mit der mail verfolgt hat, bedarf keiner weiteren aufklärung. 75die l bc hat die ansprüche wirksam an die beklagte abgetreten, so dass diese die ansprüche gegen den kläger geltend machen kann. damit ist der ursprünglich begründete antrag des klägers durch ein nach rechtshängigkeit eingetretenes ereignis unbegründet geworden. 764. 77a) der kläger hat auch schließlich nach dem antrag zu 6) keinen anspruch auf zahlung von schadensersatz wegen verzögerter erteilung der auskunft aus art. 15 ds-gvo gegen die beklagte. 78als anspruchsgrundlage kommt allein art. 82 abs. 1 ds-gvo in betracht. nach dieser vorschrift hat jede person, der wegen eines verstoßes gegen diese verordnung ein materieller oder immaterieller schaden entstanden ist, anspruch auf schadensersatz gegen den verantwortlichen oder gegen den auftragsverarbeiter. 79zwar liegt, wie oben unter 1. ausgeführt wurde, ein verstoß gegen die ds-gvo vor, da die beklagte dem kläger nicht innerhalb der monatsfrist nach art. 12 abs. 3 dsgvo auskunft nach art. 15 abs. 1 ds-gvo erteilt hat und eine kopie der verarbeiteten daten nach art. 15 abs. 3 ds-gvo noch nicht vorgelegt hat. die beklagte ist verantwortliche im sinne der artt. 4 nr. 7, 82 abs. 1 ds-gvo. 80ein anspruch des klägers scheitert aber daran, dass diesem kein schaden entstanden ist. 81in literatur und rechtsprechung ist umstritten, ob zum einen voraussetzung des anspruchs nach art. 82 abs. 1 ds-gvo lediglich eine verletzung einer pflicht aus der ds-gvo ist oder ob tatsächlich ein immaterieller schaden entstanden sein muss, sowie zum anderen, ob dieser immaterielle schaden eine erheblichkeitsschwelle überschreiten, also über den ärger über die verzögerung hinausgehen muss. der begriff des schadens ist nach erwägungsgrund 146 s. 3 der ds-gvo „weit auf eine art und weise auszulegen, die den zielen dieser verordnung in vollem umfang entspricht“. 82das bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass diese fragen bislang ungeklärt sind und hat entschieden, dass ein gericht im sinne des art. 267 abs. 3 aeuv diese 83frage nicht ohne vorabentscheidungsverfahren entscheiden kann (bundesverfassungsgericht (2. kammer des ersten senats), beschluss von 14.1.2021 – 1 bvr 2853/19, rjw 2021, 1005, 1007, insbesondere rn. 20 m.w.n. 84zum streitstand). 85der ogh österreichs hat dem eugh die fragen zur vorabentscheidung vorgelegt, ob der eintritt eines schadens beim betroffenen eine tatbestandsvoraussetzung ist oder eine verletzung von bestimmungen des ds-gvo ausreicht sowie ob eine gewisse erheblichkeit (konsequenz von zumindest einigem gewicht über den hervorgerufenen ärger hinausgehend) erforderlich ist (ogh österreich, beschluss vom 15.4.2021 – 6 ob 35/21x, zd 2021, 631). 86die kammer ist insoweit an einer entscheidung nicht gehindert, als dass sie nicht zur vorlage an den eugh gemäß art. 267 abs. 3 aeuv verpflichtet ist, da das urteil mit rechtsmitteln des innerstaatlichen rechts angefochten werden kann. 87erwägungsgrund 146 s. 3 ds-gvo spricht für eine weite auslegung des begriffs des schadens in art. 82 abs. 1 ds-gvo. damit dürfte etwa eine erheblichkeitsschwelle in dem sinne, dass immaterielle bagatellschäden nicht ausgeglichen werden müssen, nicht zu vereinbaren sein. 88artikel 82 abs. 1 dsgvo setzt nach seinem wortlaut jedoch voraus, dass der betroffenen person ein materieller oder immaterieller schaden entstanden ist. erwägungsgrund 146 s. 1 ds-gvo spricht von schäden, „die einer person aufgrund einer verarbeitung entstehen“. mit diesem wortlaut ist eine auslegung der norm, nach der die entstehung eines immateriellen schadens nicht 89tatbestandsvoraussetzung ist, nicht zu vereinbaren. bei einer solchen auslegung würde ein reiner strafschadensersatz im sinne eines „punitive damage“ vorliegen, der der kontinentaleuropäischen zivilrechtsordnung fremd ist. es wäre auch nicht zu erklären, warum bei einem immateriellen schaden die darlegung eines tatsächlichen entstandenen schadens entbehrlich sein sollte, bei einem materiellen schaden hingegen schon. auf das erfordernis eines tatsächlich entstandenen immateriellen schadens kann daher nicht verzichtet werden. 90einen solchen schaden hat der kläger jedoch nicht dargelegt, und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. es handelt sich um einen für beide seiten geschäftlichen vertrag mit sehr beschränktem umfang. eine gravierende und spürbare beeinträchtigung des klägers durch die verzögerung der auskunftserteilung, die über den hervorgerufenen ärger hinausgeht, ist nicht dargetan und auch ansonsten nicht erkennbar. 91b) die nebenforderung teilt das schicksal der hauptforderung 92iii. die kostenentscheidung beruht, soweit die klage nicht erledigt ist, auf § 92 abs. 1 93s. 1 zpo. soweit der antrag zu 1) nicht erledigt ist, ist die kammer von einem streitwert von 2.500 euro ausgegangen. insoweit hat der kläger auch obsiegt. im übrigen obsiegt die beklagte nach den anträgen 2)-6). soweit die klage übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, beruht die kostenentscheidung auf § 91a abs. 1 s. 1 zpo. es entsprach billigem ermessen, der beklagten insoweit die kosten des rechtsstreits aufzuerlegen, da der kläger einen anspruch auf erteilung der auskunft nach art. 15 abs. 1 ds-gvo hatte und die beklagte die auskunft nach art. 15 abs. 1 ds-gvo erst nach rechtshängigkeit erteilt hat. 94die anordnung der vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 nr. 11, 709, 711 zpo. 95streitwert: bis zum 21.07.2020: 5.000 € 96bis zum 09.09.2020: 5.686,78 € bis zum 11.09.2020: 5.801,62 € bis zum 17.03.2021: 6.801,62 € 97seit dem 18.03.2021: 4.301,62 € 98rechtsbehelfsbelehrung: 99a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 1001. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 1012. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 102die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht köln, reichenspergerplatz 1, 50670 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 103die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht köln zu begründen. 104die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 105mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 106b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das landgericht köln statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das landgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem 107landgericht köln, luxemburger straße 101, 50939 köln, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. 108die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden 109amtsgerichtes abgegeben werden. ist der streitwert später als einen monat vor 110ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 111hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 112die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. auf die pflicht zur elektronischen einreichung durch professionelle einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das gesetz zum ausbau des elektronischen rechtsverkehrs mit den gerichten und zur änderung weiterer vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 113weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. 114 , |
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} | 5 K 2399/21 | 2022-02-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist ausweislich des Grundbuchs seit Dezember 2019 Eigentümerin des 782 m² großen Grundstücks mit der postalischen Bezeichnung „X. Weg 00“ in T. (Gemarkung P. , Flur 0, Flurstück 000). 3Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut, dessen rückwärtige Front ca. 18 - 20 m von der Straßenbegrenzung entfernt liegt; das Grundstück fällt zur Straße hin ab (vgl. Pläne Bl. 2 und 3 Beiakte Heft 1). Mit Bauschein vom 24. November 1965 (Bl. 10 f. Beiakte Heft 1) genehmigte die Beklagte dem seinerzeitigen Eigentümer die Errichtung einer Entwässerungsanlage auf dem Grundstück. Ausweislich der zugehörigen Baubeschreibung (Bl. 8 Beiakte Heft 1) ging es um die Errichtung einer Klärgrube mit angeschlossenem Sickerbrunnen für den dort zu errichtenden Bungalow; das anfallende Schmutzwasser sollte in der Klärgrube vorgeklärt und gemeinsam mit dem Regenwasser über den Sickerbrunnen zur Versickerung gebracht werden. Der Bauschein enthielt unter anderem die Bedingung Nr. 1, wonach nach Errichtung einer Vollkanalisation vor dem Grundstück die Anlage gemäß der Satzung der Stadt T. über die Entwässerung der Grundstücke und deren Anschluss an die städtische Abwasseranlagen entsprechend zu ändern sei. 4In der Straße vor dem Grundstück verläuft ein inzwischen verlegter Mischwasserkanal, der ausweislich der Grundstückskartei der Beklagten im Jahre 1991 hergestellt worden ist(vgl. Plan Bl. 3 und Kopie der Karteikarte Bl. 6 Beiakte Heft 1). Die entsprechende Erweiterung des Kanalnetzes wurde ausweislich eines Anschreibens der Beklagten an den damaligen Voreigentümer vom 11. Februar 1991 am 24. Januar 1991 im Amtsblatt veröffentlicht (vgl. Bl. 12 Beiakte Heft 1). 5Mit Schreiben vom 11. Februar 1991 (Bl. 12 Beiakte Heft 1) forderte die Beklagte den seinerzeitigen Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks dementsprechend auf, den Kanalanschluss für das Grundstück bis zum 1. August 1991 herzustellen. 6Ausweislich der „Unternehmerbescheinigung zur Errichtung oder Änderung von Abwasseranlagen“ vom 19. März 1991 (Bl. 13 Beiakte Heft 1) hatte der Unternehmer die Grundleitungen für das Abwasser aus dem Haushalt so geändert, dass das Abwasser in die Mischwasserkanalisation eingeleitet wurde; Angaben zur Einleitung des Niederschlagswassers wurden in der Bescheinigung nicht gemacht. 7In einem Formblatt des Bauaufsichtsamts zur „Fertigstellung der Grundstücksentwässerung“, das unter dem Datum des 5. April 1991 von einem Mitarbeiter der Beklagten ausgefüllt wurde (Bl. 14 Beiakte Heft 1), ist festgehalten, dass der Anschluss an den Mischwasserkanal ab dem 1. März 1991 in Benutzung genommen und das Grundstück an die Vollkanalisation im X. Weg angeschlossen worden sei sowie ungeklärtes Schmutz- sowie Niederschlagswasser eingeleitet würde. 8Anlässlich einer Überprüfung der Anschlussverhältnisse im Zuge der Erhebung von Niederschlagswassergebühren gab die Klägerin im März 2020 (Bl. 15 ff. Beiakte Heft 1) eine Flächenerklärung ab. Danach entwässerten die bebauten Flächen des Grundstücks (ca. 148 m² – vgl. Plan Bl. 2 Beiakte Heft 1) gar nicht und die befestigten Flächen (insgesamt ca. 42 m² – vgl. Plan Bl. 2 Beiakte Heft 1) nur mit 32 m² in den öffentlichen Kanal. Ergänzend gab die Klägerin an, dass das Niederschlags(-ab-)wasser zum Teil über ein (künstliches) „Bachbett“ in einen Teich, wobei das Bett nach Beschreibung der Klägerseite von einem Fallrohr am Haus bis zum Teich reicht, eingeleitet werde und zum Teil in den (auch nach Stilllegung der Drei-Kammer-Grube noch aktiven) Sickerbrunnen. 9Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 15. Oktober 2020 gebeten hatte, das Grundstück wegen des auf dessen bebauten und befestigten Flächen anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers an die öffentliche Kanalisation anzuschließen (Bl. 1 Beiakte Heft 1), machte die Klägerin in der folgenden Korrespondenz demgegenüber folgendes geltend (vgl. diverse Schreiben, Bl. 21, 23 Beiakte Heft 1): 10Die Dachflächen des Hauses würden seit 50 Jahren über das Grundstück entwässert und es sei nie zu einer Überschwemmung der Häuser in der Nachbarschaft oder der Straße gekommen. Im Zuge der Garten(-neu-)gestaltung sei das Niederschlags(-ab-)wasser durch einen künstlich angelegten Bachlauf (Filtrierung durch Kies und Pflanzen) geführt und in einen Teich mit 6 - 8 m³ abgeleitet worden. Der Teich sei als Überlaufteich angelegt und überschüssiges Wasser fließe in ein Kiesbett zur weiteren Filterung. Von dort werde das restliche überschüssige Wasser in einen 6 m tiefen, gut funktionieren Sickerbrunnen geleitet. Nicht nachvollziehbar sei, dass das Auffangen von Regenwasser zur Gartenbewässerung nicht erwünscht zu sein scheine und stattdessen hochwertiges Trinkwasser genutzt werden solle. Aufgrund der heißen Sommer gebe es zudem sinkende Grundwasserstände. Die Stadt sei im Jahr 2018 mit dem „Blauen Kompass“ für die Versickerung von Regen in das Grundwasser ausgezeichnet worden. Das Anschlussverlangen stehe dazu in Widerspruch. 11Mit elektronischem Schreiben vom 23. November 2020 (Bl. 22 Beiakte Heft 1) teilte die Beklagte der Klägerin unter anderem mit, dass sie das Regenwasser weiterhin in geeigneten Vorrichtungen auffangen und zur Bewässerung des Gartens nutzen dürfe; werde ein Überlauf mit Anschluss an den öffentlichen Kanal geschaffen, sei die Anschlusspflicht aus Sicht der Technischen Betriebe T. erfüllt. 12Mit Schreiben vom 5. Januar 2021 (Bl. 25 f. Beiakte Heft 1) hörte die Beklagte die Klägerin zu ihrer Absicht an, die Erfüllung des Anschluss- und Benutzungszwanges wegen des auf dem Grundstück anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers zu fordern. 13Mit elektronischem Schreiben vom 10. Januar 2021 (Bl. 27 Beiakte Heft 1) wies die Klägerin darauf hin, dass entgegen der entsprechenden (formularmäßigen) Behauptung in dem Anhörungsschreiben das Niederschlagswasser des Hauses nie an den Kanal angeschlossen gewesen sei. Für den vorliegenden Fall gelte im Übrigen die Freistellungsfiktion von der Überlassungspflicht für das Niederschlags(-ab-)wasser nach § 49 LWG. Ein bei der der Beklagten als unterer Wasserbehörde gestellter Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für die Versickerung des Niederschlags(-ab-) wassers könne nach dortiger Aussage derzeit nicht bearbeitet werden, weil wegen der Coronaepidemie Mitarbeiter an das Gesundheitsamt abgestellt seien. 14Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 10. März 2021 (Bl. 40 f. Beiakte Heft 1), der der Klägerin gegen Postzustellungsurkunde zugestellt werden sollte, forderte die Beklagte die Klägerin der Sache nach auf, das von den bebauten und befestigten Flächen des streitgegenständlichen Grundstücks abfließende Niederschlags(-ab-)wasser in den öffentlichen (Mischwasser-)Kanal einzuleiten und die dazu erforderlichen Hausanschlussleitungen bzw. Überlaufe unverzüglich, spätestens bis drei Monate nach Unanfechtbarkeit des Bescheides, herzustellen. 15Zugleich drohte die Beklagte der Klägerin für den Fall, dass sie der Anordnung zuwider handele, ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro an 16Zur Begründung berief sich die Beklagte auf die Abwasserüberlassungspflicht nach dem Landeswassergesetz und den Anschluss- und Benutzungszwang nach der städtischen Entwässerungssatzung bzw. die Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG). 17Da die Zustellung des Bescheides vom 10. März 2021 gegen Postzustellungsurkunde nach Auskunft der Deutschen Post an die Beklagte nicht nachweisbar war (Bl. 48 Beiakte Heft 1), erließ die Beklagte am 13. April 2021 einen gleichlautenden Bescheid (Bl. 49 f. Beiakte Heft 1), der der Klägerin am 15. April 2021 (Bl. 53 Beiakte 1) zugestellt wurde. 18Am 12. April 2021 hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 10. März 2021 sowie am 22. April 2021 gegen den Bescheid vom 13. April 2021 erhoben. 19Mit Blick auf die Klageerhebung gegen den Bescheid vom 10. März 2021 hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 13. April 2021 (Bl. 51 Beiakte Heft 1) gebeten, den Bescheid vom 13. April 2021 als gegenstandslos zu betrachten; in der Folgezeit hat die Klägerin die Klage auf die Anfechtung des Bescheides vom 10. März 2021 beschränkt. 20Zur Begründung hat die Klägerin ergänzend folgendes ausgeführt: 21Die Beklagte sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Das auf dem Grundstück auftreffende Niederschlags(-ab-)wasser sei seit Jahrzehnten auf dem Grundstück versickert worden, und zwar zunächst in einer Sickergrube mit einem Fassungsvermögen von ca. 12 m³. Nach dem Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin sei der – bereits in der Vorkorrespondenz erwähnte – Bachlauf mit Teich angelegt worden, dessen Überlauf in die Sickergrube führe. Falsch sei die Behauptung der Beklagten, dass das Haus nach der Herstellung der Vollkanalisation im Jahre 1991 vom damaligen Eigentümer auch mit dem Niederschlags(-ab-)wasser an die öffentliche Kanalisation angeschlossen worden sei. Es habe dementsprechend auch kein eigenmächtiger Rückbau durch die Klägerin stattgefunden. 22Ein von der Klägerin im November 2020 gestellter Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis zur Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück werde von der Beklagten seit Monaten nicht bearbeitet. 23Eine Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück sei im Übrigen unter ökologischen Gesichtspunkten der Entwässerung in den Kanal vorzuziehen. 24Die Beklagte setze zudem seit Jahren Projekte zum Überflutungsschutz um. So sei mit dem Spar- und Bauverein T. von der Beklagten ein Eigentümer als Partner gewonnen worden, der größere zusammenhängende Siedlungen im Stadtgebiet besitze. Mit ihm seien – mit Landesmitteln gefördert – zwischen 2008 und 2015 fünf Siedlungen vom Mischwasserkanal abgekoppelt worden; das dort anfallende Niederschlags(-ab-) wasser werde versickert. Vor diesem Hintergrund könne sie, die Klägerin, es nicht nachvollziehen, dass in ihrem Fall eine entsprechende Verfahrensweise nicht möglich sein sollte. 25Die Klägerin beantragt, 26den Bescheid vom 10. März 2021 aufzuheben. 27Die Beklagte beantragt, 28die Klage abzuweisen. 29Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend hat sie im Wesentlichen folgendes ausgeführt: 30Ausweislich eines behördeninternen Vermerks vom 5. April 1991 (Bl. 14 Beiakte Heft 1) sei entgegen der Behauptung der Klägerseite am 1. März 1991 ein Vollanschluss (Schmutz- und Niederschlagswasser) an den öffentlichen Kanal erfolgt. 31Für das betroffene Grundstück liege weder eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von Niederschlagswasser in das Grundwasser noch eine Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht vor. 32Ein schriftlicher Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis von November 2020 sei weder bei der den Anschlussbescheid erlassenden Stelle, den Technischen Betrieben T. , noch bei dem Stadtdienst Natur und Umwelt, der die Aufgaben der unteren Wasserbehörde wahrnimmt, eingegangen. 33Auch eine Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht, die bei dem gemeinsamen Ortstermin der Beklagten bei der Klägerin, der am 4. Februar 2021 stattgefunden habe, erörtert worden sei, könne nicht erteilt werden. Die vorhandene Mischwasserkanalisation sei für den Anschluss aller Grundstücke bemessen. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Übergangsregelung nach § 49 Abs. 4 S. 2 LWG berufen, da das Grundstück vor dem 1. Januar 1996 (hier: 1965) bebaut und der Anschluss vom Vorbesitzer 1991 hergestellt worden sei. 34Auf die Möglichkeit, Niederschlags(-ab-)wasser zur Bewässerung des Gartens aufzufangen, wenn der Auffangbehälter einen Überlauf mit Anschluss an den Kanal habe, habe sie, die Beklagte, die Klägerin im Verwaltungsverfahren mehrfach hingewiesen. 35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 36Entscheidungsgründe: 37Die Klage hat weder mit der Anfechtung der Anschluss- und Benutzungsforderung (I.) noch mit der Anfechtung der zugehörigen Zwangsgeldandrohung (II.) Erfolg. 38I. 39Der angefochtene – gemäß § 8 Landeszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) mit seinem (nachweislichen) Zugang an die Klägerin als zugestellt geltende – Bescheid vom 10. März 2021 ist mit der dort ausgesprochenen Anschluss- und Benutzungsforderung bezüglich der öffentlichen Abwasseranlage rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. 40Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen belastenden Anschluss- und Benutzungsbescheides, mit dem die Beklagte von der Klägerseite – sinngemäß – die Herstellung des Anschlusses des streitgegenständlichen Grundstücks an die öffentliche (Mischwasser-)Kanalisation auch wegen des Niederschlags(-ab-)wassers, das auf den nicht angeschlossenen bebauten und befestigten Flächen anfällt, und dessen Benutzung fordert, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, d.h. hier des Erlasses des Bescheides, maßgeblich. Zwar kann es, soweit es - wie hier - um die Anfechtung eines im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht vollzogenen, fortdauernd wirkenden belastenden Verwaltungsaktes geht, zugunsten des Betroffenen a u c h auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ankommen. Dies folgt daraus, dass die Behörde auch während des Laufes des gerichtlichen Verfahrens den Verwaltungsakt darauf "unter Kontrolle" halten muss, ob für die in ihm getroffene Regelung weiterhin die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Das hat zur Folge, dass ein r e c h t m ä ß i g ergangener belastender Verwaltungsakt, der noch nicht vollzogen ist, nicht aufrechterhalten werden darf, wenn er wegen einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nachträglich seine rechtliche Grundlage verloren hat. Soweit sich aus dem anzuwendenden materiellen Recht nichts Gegenteiliges ergibt, verschiebt sich der Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage, auf den bei der Rechtmäßigkeitskontrolle durch das Gericht abzustellen ist, jedoch nicht, wenn der belastende Verwaltungsakt im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung r e c h t s w i d r i g war, er aber wegen einer Änderung der Sach- und Rechtslage nunmehr in gleicher Weise rechtmäßig ergehen könnte. Solche materiell-rechtlichen Besonderheiten bestehen im Rahmen der Ausübung eines gemeindlichen Anschlusszwanges nicht, so dass es hier bei der allgemeinen Regel verbleibt, nach der die Voraussetzungen für den belastenden Verwaltungsakt im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorgelegen haben müssen. 41Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 28. November 1986 - 22 A 1206/81 -, KStZ 1987, 132 = NVwZ 1987, 727 = UPR 1987, 313 und vom 21. Dezember 1993 - 22 A 1232/92 -, NWVBl. 1994, 174. 42In Anwendung dieser Prüfungsmaßstäbe sind die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Geltendmachung des Anschluss- und Benutzungszwanges auch wegen des Niederschlags(-ab-)wassers durch die Beklagte gegeben; diese Voraussetzungen waren nämlich bei Erlass des Anschlussbescheides im März 2021 erfüllt und zwischen dem Erlass des angefochtenen Bescheides und der gerichtlichen Entscheidung ist es zu keiner für die Klägerseite günstigen Änderung der Sach- oder Rechtslage gekommen. 43Die Forderung, das streitgegenständliche Grundstück auch bzgl. des Niederschlags(-ab-) wassers, das auf den in Rede stehenden Flächen anfällt, an die öffentliche Abwasseranlage anzuschließen und den Anschluss zu nutzen, findet ihre Rechtsgrundlage in den Regelungen der „Satzung der Stadt T. über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage – Entwässerungssatzung – EntwS – vom 16. Dezember 2014“ in der hier einschlägigen Fassung der II. Änderungsfassung vom 13. Dezember 2016 (EWS), die bezüglich der hier einschlägigen Bestimmungen seither unverändert gilt. 44A. 45(Begründetheit der Anschluss- und Benutzungsforderung nach Maßgabe der Satzung) 46In dieser Satzung ist bzgl. des hier in Rede stehenden – lediglich das Niederschlags(-ab-) wasser betreffenden – Anschluss- und Benutzungszwangs der öffentlichen Entwässerungseinrichtung im Wesentlichen Folgendes bestimmt: 47„§ 2 EWS Anschlussrecht 48Jeder Eigentümer eines im Gebiet der Stadt liegenden Grundstücks ist vorbehaltlich der Einschränkung in § 3 EntwS berechtigt, von der Stadt zu verlangen, dass sein Grundstück an die bestehende Abwasseranlage angeschlossen wird (Anschlussrecht). 49§ 2a EWS Anschlussrecht für Niederschlagswasser 50(1) Das Anschlussrecht erstreckt sich grundsätzlich auch auf das Niederschlagswasser. 51(2) Dieses gilt jedoch nicht für Niederschlagswasser von Grundstücken, bei denen die Pflicht zur Beseitigung des Niederschlagswassers gemäß § 49 Abs. 4 Satz 1 LWG dem Eigentümer des Grundstücks obliegt. 52(3) Ausgeschlossen ist der Anschluss des Niederschlagswassers von Grundstücken, die nur durch einen Schmutzwasserkanal erschlossen sind und eine Anschlussanordnung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 nicht erfolgt. 53(4) Darüber hinaus ist der Anschluss des Niederschlagswassers nicht ausgeschlossen, wenn die Gemeinde von der Möglichkeit gemäß § 49 Abs. 4 S.3 LWG NRW Gebrauch macht. 54§ 3 EWS (Begrenzung des Anschlussrechts) 55(1) Das in den §§ 2 und 2 a EntwS geregelte Anschlussrecht erstreckt sich auf solche Grundstücke, die durch eine Straße (Weg/Platz), in der eine betriebsfertige Abwasserleitung vorhanden ist, erschlossen sind. Ein Anschlussrecht besteht auch für solche Grundstücke, die mittelbar zu der Straße (Weg/Platz) einen Zugang haben und für die das erforderliche Durchleitungsrecht zu dieser Straße (Weg/Platz) auf Dauer gesichert ist. Desweiteren besteht ein Anschlussrecht, wenn die öffentliche Abwasseranlage unmittelbar über das Grundstück verläuft oder die erforderlichen Durchleitungsrechte zu einer öffentlichen Abwasseranlage vorhanden und auf Dauer gesichert sind. Bei anderen Grundstücken kann die Stadt den Anschluss zulassen. Die Herstellung neuer oder die Erweiterung oder Änderung bestehender Leitungen kann nicht verlangt werden.… 56§ 3a EWS (Benutzungsrecht) 57Nach der betriebsfertigen Herstellung der Anschlussleitung hat der Anschlussberechtigte vorbehaltlich der Einschränkung in § 4 EntwS und unter Beachtung der §§ 56, 57, 58 LWG das Recht, die auf seinem Grundstück anfallenden Abwässer in die öffentliche Abwasseranlage einzuleiten (Benutzungsrecht). 58… 59§ 5 EWS (Anschlusszwang) 60(1) Jeder Anschlussberechtigte (nach §§ 2 und 3 EntwS) ist verpflichtet, sein Grundstück, sobald es bebaut ist (darunter fallen auch befestigte Flächen gemäß § 2 BauO NW) oder mit der Bebauung begonnen wurde, in Erfüllung der Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG NW an die öffentliche Abwasseranlage anzuschließen (Anschlusszwang). Dies gilt nicht für Niederschlagswässer, wenn § 49 Abs. 4 Satz 1 LWG NW Anwendung findet. Die Stadt zeigt durch öffentliche Bekanntmachung an, welche Einzelgrundstücke, Straßen oder Ortsteile mit einer betriebsfertigen Abwasseranlage versehen sind. Mit dieser Bekanntmachung wird der Anschlusszwang wirksam. Alle für den Anschlusszwang in Frage kommenden Anschlussberechtigten haben ihre Grundstücke mit den zur ordnungsgemäßen Entwässerung erforderlichen Einrichtungen zu versehen. 61… 62§ 6 EWS (Benutzungszwang) 63(1) Der Anschlussnehmer ist verpflichtet, sämtliche auf dem Grundstück anfallenden Abwässer in die öffentliche Abwasseranlage nach den Bestimmungen dieser Satzung einzuleiten. Ausgenommen sind Niederschlagswässer gem. § 2 a Abs. 3 EntwS und Schmutzwässer, soweit ihre Einleitung gem. § 4 EntwS ausgeschlossen ist. 64(2) Auf Grundstücken, die dem Anschlusszwang unterliegen, dürfen andere als von der Stadt erlaubte Abwasseranlagen (z.B. Abortgruben n usw.) nicht mehr angelegt oder benutzt werden, es sei denn, dass Befreiung gemäß § 7 EntwS erteilt wurde. 65… 66§ 7 EWS (Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für Schmutzwasser) 67(1) Der Anschlussverpflichtete kann vom Anschluss- und Benutzungszwang widerruflich auf unbestimmte oder auf eine bestimmte Zeit befreit werden, wenn den Anforderungen der öffentlichen Gesundheitspflege anderweitig genügt wird und nach Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen ein begründetes Interesse an einer privaten Beseitigung oder Verwertung des Abwassers besteht. 68(2) Eine Befreiung vom Anschlusszwang kann der Anschlusspflichtige nach Aufforderung der Stadt zur Herstellung des Anschlusses schriftlich bei der Stadt beantragen. Dem Antrag sind Pläne beizufügen, aus denen ersichtlich ist, wie die Abwässer beseitigt oder verwertet werden sollen. Eine Befreiung vom Benutzungszwang kann unter Angabe der Gründe schriftlich bei der Stadt beantragt werden.“ 69Die Satzung begegnet keinen formellen Bedenken. Solche sind weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind die hier in Rede stehenden Satzungsregelungen nicht zu beanstanden. Sie stehen – soweit das vorliegende Verfahren eine Überprüfung gebietet – mit den einschlägigen rechtlichen Anforderungen in Einklang. 70Die gesetzlichen Grundlagen, auf denen beruhend eine Entwässerungssatzung Regelungen über die Zulassungs- und Benutzungsordnung der gemeindlichen Abwasseranlage zulasten betroffener Grundrechtsträger treffen kann, um die Erfüllung des Einrichtungszweckes zu gewährleisten, ergeben sich aus dem Kommunalrecht und der wassergesetzlich an die Gemeinde übertragenen Abwasserbeseitigungsaufgabe. Die beklagte Gemeinde ist Herrin der Abwasserbeseitigungseinrichtung, die sie zur Erfüllung ihrer wasserrechtlichen Abwasserbeseitigungspflicht nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Landeswassergesetz NRW in der Fassung des Gesetzes zur Änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher Vorschriften vom 8. Juli 2016 (GVBl. NRW 2016, 539 – LWG n. F.) [entspricht im Kern § 53 Abs. 1 Satz 1 LWG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften vom 3. Mai 2005 (GVBl. NRW 2005, 463 – LWG a. F.)] geschaffen hat. Auf der Rechtsgrundlage der §§ 7 - 9 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO) ist die Gemeinde als Einrichtungsherrin befugt, die im Rahmen eines Kanalbenutzungsverhältnisses bestehenden Rechte und Pflichten der nutzungsberechtigten Anschlussnehmer, d. h. die Anforderungen an deren Zulassung zu der Einrichtung und an ihre Benutzung auf Grund und im Rahmen der Gesetze durch Satzung näher zu regeln, wie es hier in der Abwassersatzung geschehen ist. Die Grenzen dieser Regelungsbefugnis ergeben sich aus dem Zweck der Satzungsermächtigung, den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung im Rahmen des Widmungszwecks sicherzustellen, sowie aus den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes, des rechtstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des sonstigen einschlägigen höherrangigen Rechts. 71Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 3. Juni 2009 – 15 A 996/09 –. 72Die hier in Rede stehenden Regelungen überschreiten diesen gesetzlichen Rahmen nicht. 73Die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwanges in der Satzung, die nicht nur das Schmutzwasser, sondern auch das Niederschlags(-ab-)wasser im Sinne des § 54 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) erfasst (vgl. auch § 1a EWS), rechtfertigt sich aus §§ 46 Abs. 1 Satz 1, 48 Satz 1 LWG n. F. (entspricht im Kern § 53 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1c LWG a. F.). Danach ist (grundsätzlich) den Gemeinden die (pflichtige Selbstverwaltungs-) Aufgabe übertragen, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser ordnungsgemäß, d.h. ohne Beeinträchtigung für das Wohl der Allgemeinheit zu beseitigen (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 LWG n.F. in Verbindung mit §§ 55, 56 WHG). Um die Erfüllung dieser Pflicht zu ermöglichen, hat der Landesgesetzgeber in § 48 Satz 1 LWG n.F. (entspricht § 53 Abs. 1c LWG a. F.) den Nutzungsberechtigten eines Grundstückes die entsprechende Pflicht auferlegt, auf dem Grundstück anfallendes Abwasser (grundsätzlich) der Gemeinde zu überlassen. Die Art und Weise, in der die wassergesetzlich angeordnete Überlassungspflicht zu erfüllen ist, nämlich durch den Anschluss an die öffentliche Abwassereinrichtung und durch deren Benutzung, hat die Gemeinde kraft ihres Rechts zur satzungsmäßigen Regelung ihrer örtlichen Angelegenheiten (§ 7 Gemeindeordnung NRW) in ihrer Entwässerungssatzung in – mithin nicht zu beanstandender Weise – festgelegt. 74Die Klägerin kann der Anordnung der auch das Niederschlags(-ab-)wasser betreffenden Abwasserüberlassungspflicht im Landeswassergesetz und der Anordnung des daran anknüpfenden Anschluss- und Benutzungszwanges in der städtischen Abwasserbeseitigungssatzung nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die hier von der Gemeinde gewählte Art und Weise der Entwässerung über den Mischwasserkanal statt durch Versickerung auf dem Grundstück gegen das Gebot des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen in Art. 20a Grundgesetz (GG) verstoße. Denn die Klägerseite kann sich auf eine Verletzung dieser Vorschrift nicht unmittelbar berufen. Die Schutznorm des Art. 20a GG ist als objektiv-rechtlich wirkende Staatszielbestimmung ausgestaltet. Sie enthält aber keinen subjektiv-rechtlichen Anspruchstatbestand. 75Vgl. in diesem Sinne bereits: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. Dezember 1997 – 8 B 234.97 –, veröffentlicht unter anderem in Juris, siehe dort insbesondere Rn. 3, auch in DVBl. 1998, 1222 f.; so aber auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. März 2021 – 1 BvR 2656/18 und andere –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 112. 76Daher ist das Schutzgebot des Art. 20a GG zwar für die gesetzgebende Gewalt bei der gesetzlichen Regelung von Sachbereichen ein herausgehobener Abwägungsgesichtspunkt und für die vollziehende Gewalt Auslegungs- und Abwägungshilfe bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei der Betätigung von Ermessen. 77Vgl. in diesem Sinne: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. Dezember 1997 – 8 B 234.97 – DVBl. 1998, 1222 f. 78Unmittelbare Ansprüche des Einzelnen verleiht das Schutzgebot aber nicht. Die Umsetzung der Staatszielbestimmung erfolgt vielmehr in erster Linie durch gesetzgeberische Entscheidungen. Dabei darf der Gesetzgeber im Rahmen seiner Abwägungsbefugnisse zur Sicherung des hochrangigen (Umwelt-)Schutzgutes der Reinhaltung der Gewässer, aber auch zum Schutz des gewichtigen öffentlichen Interesses an der ordnungsgemäßen Ableitung von Niederschlags(-ab-)wasser, das insbesondere die Vermeidung von Wasserschäden an fremden Grundstücken oder Überschwemmungen etwa von Verkehrsflächen umfasst, schutzgutfördernd das Instrument der Abwasserüberlassungspflicht einführen, wie es der nordrhein-westfälische Gesetzgeber in § 53 Abs. 1c LWG a. F. (2005) [entspricht § 48 LWG heutiger Fassung] auch bezüglich des Niederschlags(-ab-)wassers mit der Folge getan hat, dass die Gemeinde den Anschluss- und Benutzungszwang auch auf diese Abwasserart erstrecken darf. 79Vgl. zum Schutzzweck der Vermeidung der genannten Wasserschäden und Überschwemmungen durch Niederschlags(-ab-)wasser, der auch die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwanges durch kommunale Satzung rechtfertigt: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 11. Dezember 2017 – 15 A 1357/17 –, ECLI:DE:OVGNRW:2017:1211.15A1357.17.00, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 27 f., mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 80Dies gilt umso mehr, als der Landesgesetzgeber durch die seinerzeit erfolgte Neufassung des § 51a Abs. 1 Satz 1 LWG a.F. (2005 – entspricht im Kern § 44 Abs. 1 S. 1 LWG 2016/2021) klargestellt hatte, dass Niederschlagswasser von Grundstücken, die nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden, zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah direkt oder ohne Vermischung mit Schmutzwasser über eine Kanalisation in ein Gewässer einzuleiten ist, sofern dies ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit möglich ist. Durch die Neuregelung wollte der Gesetzgeber verdeutlichen, dass § 51 a Abs. 1 Satz 1 LWG a.F. (2005) – und damit die entsprechende Regelung in § 44 Abs. 1 S. 1 LWG n.F. (2016/2021) – kein Vorrangprinzip beinhaltet(e), wonach Niederschlags(-ab-)wasser in erster Linie auf dem Grundstück zu beseitigen wäre, und dass auch eine Entwässerung über eine Trennkanalisation der generellen Zielsetzung des § 51 a LWG a.F. (2005) – bzw. des § 44 Abs. 1 S. 1 LWG n.F. (2016/2021) – entspricht. 81Vgl. dazu die Gesetzesmaterialien zur Gesetzesänderung im Jahr 2005: Begründung der Landesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften, Landtagsdrucksache 13/6222 vom 15. November 2004, S. 100, zu Nr. 33 Buchstabe a). 82Dass der Landesgesetzgeber einer Abwasserbeseitigung auf dem Grundstück auch weiterhin keinen Vorrang vor einer Entwässerung über die öffentliche Kanalisation verleiht, verdeutlicht insbesondere auch die Änderung, die § 44 LWG durch das „Gesetz zur Änderung des Landeswasserrechts“ vom 4. Mai 2021 (GVBl. 2021, Nr. 39, vom 17. Mai 2021, S. 559 ff.) erfahren hat. Mit dem neu eingefügten § 44 Abs. 1 S. 2 LWG hat der Landesgesetzgeber nämlich klargestellt, dass (sogar) Niederschlagswasser, das aufgrund einer nach bisherigem Recht zugelassenen Kanalisationsnetzplanung gemischt mit Schmutzwasser einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, weiterhin über das Mischnetz beseitigt werden kann, wenn der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig ist. 83Vgl. dazu die Gesetzesmaterialien zur Gesetzesänderung im Jahr 2021: Gesetzentwurf der Landesregierung: Gesetz zur Änderung des Landeswassergesetzes, Landtagsdrucksache 17/9942 vom 25. Juni 2020, S. 28, 29 und 95. 84Die landesgesetzliche Anordnung der Überlassungspflicht für Niederschlags(-ab-)wasser und ein daran anknüpfender Anschluss- und Benutzungszwang stehen auch in Einklang mit den – im Sinne des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 GG stoffgezogenen und damit vorrangigen – bundesgesetzlichen Regelungen in § 55 Abs. 2 WHG über die Grundsätze der (Niederschlags-)Abwasserbeseitigung, die zum 1. März 2010 in Kraft getreten sind. Dort ist nämlich bestimmt, dass Niederschlags(-ab-)wasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen (Hervorhebung durch den Unterzeichner). Mithin sieht auch das WHG keinen Vorrang einer dezentralen Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers auf oder an dem Grundstück vor. 85Die landesgesetzliche Anordnung der Überlassungspflicht für Niederschlags(-ab-)wasser und ein daran anknüpfender Anschluss- und Benutzungszwang stehen sogar in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem das auf dem betroffenen Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser über einen – aus den weiter unten ausgeführten Gründen (s. dazu B.a.) – „bestandsgeschützten“ Mischwasserkanal entsorgt werden soll, in Einklang mit den Anforderungen des § 55 Abs. 2 WHG. Denn nach den Gesetzesmaterialien ist die Vorschrift des § 55 Abs. 2 WHG (bewusst) „relativ weit und offen formuliert (Sollvorschrift), um den unterschiedlichen Verhältnissen vor Ort (z.B. vorhandenen Mischkanalisationen in Baugebieten) Rechnung tragen zu können“. Nach den mit der Regelung verbundenen Intentionen des Gesetzgebers hat sie zudem „nur für die Errichtung von neuen Anlagen Bedeutung; bereits bestehende Mischkanalisationen können daher im bisherigen Umfang weiter betrieben werden.“ 86Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts“ vom 17. März 2009, Bundestagsdrucksache 16/12275, S. 68.. 87Dass die Rechtfertigung der Überlassungspflicht und eines daran anschließenden Anschlusszwangs für Niederschlags(-ab-)wasser durch den Schutzzweck der Vermeidung der genannten Wasserschäden und Überschwemmungen nicht deswegen entfällt, weil die Kapazität von Kanalisationen immer nur auf die Aufnahme eines bestimmten, üblichen technischen Standards entsprechenden Berechnungsregens und nicht auf die Aufnahme von demgegenüber gravierenderen Starkregenereignissen oder gar von „Katastrophenregen“ ausgerichtet ist, versteht sich vor dem Hintergrund des unverhältnismäßigen finanziellen Aufwandes, den deutlich höhere Kanalkapazitäten für statistisch recht seltene Regenereignisse nach sich zögen, von selbst. 88Da mit dem – an die Abwasserüberlassungspflicht anknüpfenden – Anschlusszwang an die öffentliche Abwasseranlage (mithin berechtigterweise) ein gewichtiges öffentliches Interesse verfolgt wird, erweist sich der Anschluss- und Benutzungszwang auch im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG als grundsätzlich verhältnismäßig. Er stellt eine zulässige gesetzliche Inhaltsbestimmung gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar und ist Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG. 89Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 11. Dezember 2017 – 15 A 1357/17 –, ECLI:DE:OVGNRW:2017:1211.15A1357.17.00, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 27, f. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 90Die Befugnis, die den Anschlussnehmern durch diese mithin wirksamen Satzungsregeln auferlegten Pflichten in der Handlungsform des Verwaltungsaktes zu konkretisieren und ggf. mit den Mitteln des Verwaltungszwanges durchzusetzen, ergibt sich aus dem hoheitlichen Wesen des öffentlichen Benutzungsverhältnisses, das zwischen der Gemeinde als Herrin der Entwässerungseinrichtung und den Anschlussnehmern als deren Nutzern besteht. 91Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 1994 - 22 A 753/92 -, NVwZ-RR 1995, 244. 92Die Voraussetzungen für den in der Satzung mithin wirksam angeordneten Anschluss- und Benutzungszwang liegen für das streitgegenständliche Grundstück auch vor. 93Denn das Grundstück ist bebaut und befestigt (§ 5 Abs. 1 S. 1 EWS), so dass auf dem streitgegenständlichen Grundstück (beseitigungsbedürftiges) Niederschlags(-ab-)wasser anfällt (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 2 WHG; s. a. die entsprechende Abwasserdefinition in § 1a Nrn. 1 und 3 EWS). 94Auch die weitere Voraussetzung für einen Anschlusszwang nach § 5 Abs. 1 S. 3 EWS ist erfüllt. Denn ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Datenblatts „Grundstückskartei“ (vgl. Bl. 6 Beiakte Heft 1) ist der Mischwasserkanal in der Straße, der an der streitgegenständlichen Grundbesitzung entlang läuft, im Jahre 1991 hergestellt worden; ernstliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte nicht durch öffentliche Bekanntmachung angezeigt hätte, dass die Straße mit einer betriebsfertigen Abwasseranlage versehen ist, bestehen angesichts des Alters des Kanals und der Dichte der anliegenden Bebauung nicht. 95Der Geltendmachung der Anschlusspflicht durch die Beklagte steht auch nicht entgegen, dass etwa die Klägerseite selbst oder Dritte zur Beseitigung des auf der streitgegenständlichen Grundbesitzung anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers verpflichtet (und berechtigt) wären. Da weder die nutzungsberechtigte Klägerseite selbst noch (sonstige) andere nach §§ 49 - 53 LWG zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sind, besteht vielmehr nach § 48 S. 1 LWG die Pflicht der nutzungsberechtigten Klägerseite (= Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks), das auf diesem Grundstück anfallende Abwasser, d. h. sowohl das Schmutz- als auch das Niederschlags(-ab-)wasser, der beklagten Gemeinde zu überlassen (Abwasserüberlassungspflicht), die nach § 46 Abs. 1 S. 1 LWG als Beseitigungspflichtige verbleibt. 96Von den in den §§ 49 - 53 LWG geregelten Ausnahmen von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde kommt hier ohnehin nur die in § 49 Abs. 4 S. 1 LWG vorgesehene – und in §§ 2a Abs. 2 und 5 Abs. 1 S. 2 EWS allein bzgl. des Niederschlags(-ab-)wassers ausdrücklich als „Anschlusshindernis“ angesprochene – Ausnahme näher in Betracht. 97Nach § 49 Abs. 4 S. 1 LWG ist der Nutzungsberechtigte selbst zur Beseitigung des Niederschlagswassers verpflichtet, sofern gegenüber der zuständigen Behörde nachgewiesen ist, dass das Niederschlagswasser durch den Nutzungsberechtigten ganz oder teilweise gemeinwohlverträglich auf dem Grundstück versickert oder ortsnah in ein Gewässer eingeleitet werden kann, und die Gemeinde den Nutzungsberechtigten des Grundstücks insoweit von der Überlassungspflicht nach § 48 freigestellt hat (Hervorhebung durch den Unterzeichner). 98Der Nachweis der gemeinwohlverträglichen Beseitigungsmöglichkeit gegenüber der Wasserbehörde als insoweit zuständiger Behörde und die Freistellung durch die insoweit zuständigen Gemeinde sind die beiden konstitutiven Voraussetzungen für den Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht nach § 49 Abs. 4 S. 1 LWG. 99Vgl. dazu, dass Nachweis und Freistellung zwei konstitutive Voraussetzungen für den Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht sind: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 - 15 A 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris (s. dort Rdnr.13); und dazu, dass dies auch für das Landeswassergesetz neuer Fassung gilt: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 24. Februar 2017 – 15 B 49/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris (siehe dort insbesondere Rn. 7 ff.). 100Diese Voraussetzungen für einen Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf die Klägerseite selbst sind hier aber nicht erfüllt. 101Zum einen ist der erforderliche Nachweis der Versickerungs- oder Einleitungsmöglichkeit des Niederschlags(-ab-)wassers im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 1 LWG n.F. (entspricht im wesentlichen § 53 Abs. 3a S. 1 LWG a.F.), der hier nach § 49 Abs. 4 S. 4 und 5 LWG n.F. (= § 53 Abs. 3a Sätze 3 und 4 LWG a.F.) im Übrigen dem nutzungsberechtigten Eigentümer obläge, nicht geführt. Denn es liegt keine entsprechende, für die Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück bzw. für dessen Einleitung in ein Gewässer (hier: Teich) erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis vor. 102Eine wasserrechtliche Erlaubnis für diese Formen der Beseitigung des auf dem Grundstück anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers besaß und besitzt die Klägerseite nicht. 103Eine Erlaubnis für die hier in Rede stehende Gewässerbenutzung zwecks Entsorgung des Niederschlags(-ab-)wassers ist nämlich 104- hinsichtlich der Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück wegen der damit verbundenen Benutzung des Grundwassers durch Einleiten von Stoffen nach § 2 Abs. 1, § 3 Nr. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1 und 57 Abs. 1 WHG, 105vgl. zur Erlaubnispflichtigkeit des Versickerns von Niederschlags(-ab-)wasser: VG Düsseldorf, Urteil vom 25. März 2014 – 17 K 5503/13 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 16 ff., 106- bzw. hinsichtlich der Einleitung des Niederschlags(-ab-)wassers in den Teich als ein oberirdisches Gewässer im Sinne der § 3 Nr. 1 WHG wegen des damit verbundenen Einleitens von Stoffen in ein Gewässer nach § 2 Abs. 1, § 9 Abs 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 WHG 107erforderlich und ist seit Inkrafttreten des WHG in seiner Ursprungsfassung zum 1. März 1960, spätestens aber seit Ablauf der für bestimmte Nutzungen bestehenden Übergangsfrist von fünf Jahren nach dessen Inkrafttreten, 108vgl. dazu des näheren: VG Düsseldorf, Urteil vom 4. November 2014 – 5 K 7798/13 –, Urteilsabdruck Bl. 15 ff., 109auch stets erforderlich gewesen. Denn die nach den Wasserhaushaltsgesetzen in ihren diversen Fassungen bestehende Benutzungsordnung für Gewässer sah und sieht vor, dass es u.a. für die Versickerung von Niederschlags(-ab-)wasser, d.h. der Einleitung von Stoffen in das Grundwasser, bzw. für die Einleitung von Stoffen in oberirdische Gewässer einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf [vgl. dazu einerseits §§ 1, 2, 3 Abs. 1 Nr. 4 bzw. 5 (betreffend die Benutzungstatbestände des einen Leidens von Stoffen in oberirdische Gewässer bzw. in das Grundwasser) sowie §§ 7, 15 bis 17 und 33 Wasserhaushaltsgesetz in seiner Ursprungsfassung vom 27. Juli 1957 (WHG – BGBl. 1957 I S. 1110), die zum 1. März 1960 in Kraft getreten ist (Gesetz vom 19. Februar 1959 (BGBl. 1959 I S. 37), sowie andererseits §§ 2, 8, 9 Abs. 1 Nr. 4 sowie § 46 WHG nach der Neubekanntmachung vom 31. Juli 2009 – BGBl. I 2585]. 110Eine wasserrechtliche Versickerungserlaubnis ist auch in den der Bebauung zugrunde liegenden Baugenehmigungen nicht enthalten gewesen; da einer Baugenehmigung keine Konzentrationswirkung zukommt, ersetzt sie eine erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis nicht. 111Vgl. zur fehlenden Konzentrationswirkung von Baugenehmigungen in anschlussrechtlichen Zusammenhängen: OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2012 – 15 A 48/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 36. 112Eine fehlende wasserrechtliche Erlaubnis kann erst recht nicht durch eine bauordnungsrechtliche Abnahme ersetzt werden. 113Vor dem Hintergrund, dass das Gesetz in § 49 Abs. 4 S. 1 LWG hinsichtlich der „Gemeinwohlverträglichkeit“ ausdrücklich einen Nachweis gegenüber der zuständigen Behörde fordert, geht auch die Auffassung fehl, dass etwa schon eine „evidente Erkennbarkeit“ der Gemeinwohlverträglichkeit, die sich hier aus der jahrelangen Duldung der Entwässerungssituation ablesen lassen könnte, für den in Rede stehenden Nachweis ausreiche. Die (ohnehin nirgendwo „evident erkennbare“) Gemeinwohlverträglichkeit der Versickerung von Niederschlags(-ab-)wasser auf einem (jeweiligen) Grundstück ist vielmehr aufgrund der der zuständigen Behörde vorzulegenden Nachweise durch diese (verbindlich – d.h. ggf. durch Erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnis oder eine anderweitige verbindliche Feststellung zur Gemeinwohlverträglichkeit nach Art einer Unbedenklichkeitsbescheinigung –) festzustellen, bevor diese konstitutive Teilvoraussetzung für einen Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Nutzungsberechtigten eines Grundstücks nach § 49 Abs. 4 LWG als erfüllt angesehen werden kann, um die vom Gesetz intendierte klare Zuordnung der Abwasserbeseitigungspflicht in einem geordneten Verfahren, an dem neben der (gegebenenfalls freistellenden) Gemeinde auch die untere Wasserbehörde beteiligt ist, sicherzustellen. 114Zum anderen hat die betroffene Gemeinde die Klägerin als Nutzungsberechtigte auch nicht von der Überlassungspflicht nach § 48 LWG n.F. freigestellt. 115Dabei ist die Freistellungsentscheidung der Gemeinde für den Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht konstitutiv. 116Vgl. dazu z.B.: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 6. November 2018 – 15 A 907/17 –, veröffentlicht unter anderem in nrwe, siehe dort insbesondere Rnrn. 39 und 40 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG. 117Eine ausdrückliche Freistellung durch die beklagte Gemeinde, deren Erteilung mit der Einfügung des § 53 Abs. 3a LWG a.F. durch das „Gesetz zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften“ vom 3. Mai 2005 erstmals ermöglicht worden ist, ist nie erfolgt. 118Die Freistellung gilt auch nicht schon auf der Grundlage der Freistellungsfiktion nach § 49 Abs. 4 S. 2 LWG n.F. als erteilt. Zwar gilt mittlerweile nach § 49 Abs. 4 S. 2 LWG n.F., das in dieser Fassung am 16. Juli 2016 in Kraft getreten ist, die Freistellung von der (Niederschlags-)Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG als erteilt, wenn das gesamte Niederschlags(-ab-)wasser eines Grundstücks seit dem 1. Januar 1996 auf dem Grundstück beseitigt worden ist und die Gemeinde in dieser Zeit ihren Anschluss- und Benutzungszwang nicht geltend gemacht hat (Hervorhebung durch den Unterzeichner). 119Dem Eintritt der Freistellungsfiktion steht hier schon entgegen, dass nicht das gesamte Niederschlags(-ab-)wasser, das in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum Inkrafttreten des § 49 Abs. 4 S. 2 LWG zum 16. Juli 2016 auf dem Grundstück anfiel, auf dem Grundstück beseitigt wurde (und weiterhin wird); denn das Grundstück ist ausweislich der von der Klägerin selbst abgegebenen Flächenerklärung von März 2020 (Bl. 15 Beiakte Heft 1) mit 32 m² befestigter Fläche an den örtlichen Kanal angeschlossen, d.h. das auf diesen Flächen anfallende Niederschlags(-ab-)wasser wird nicht auf dem Grundstück entsorgt, sondern in den Kanal abgeleitet. Vor diesem Hintergrund kommt es hier auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob der Voreigentümer im Jahre 1991 das Grundstück auch mit dem (gesamten) Niederschlags(-ab-)wasser an den öffentlichen Kanal angeschlossen hat, nicht an; gegen einen Anschluss des seinerzeit bereits auf dem Grundstück versickerten Niederschlags(-ab-)wassers dürfte aber der Umstand sprechen, dass in der „Unternehmerbescheinigung zur Errichtung oder Änderung von Abwasseranlagen“ von März 1991 von einer Einleitung auch des Niederschlagswassers in die Sammelkanalisation und insbesondere von einem leitungsgebundenen Anschluss gerade keine Rede ist (die entsprechende Rubrik ist nicht ausgefüllt – Bl. 13 Beiakte Heft 1). 120Die Freistellungsfiktion kann abgesehen davon ohnehin nur greifen, wenn auch die Möglichkeit einer im wasserrechtlichen Sinne gemeinwohlverträglichen Abwasserbeseitigung durch den Nutzungsberechtigten nachgewiesen ist. 121Vgl. in diesem Sinne auch: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 24. Februar 2017 – 15 B 49/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris (siehe dort insbesondere Rn. 19 ff.). 122Wie das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seiner soeben zitierten Entscheidung ausgeführt hat, greift die Freistellungsfiktion nach § 49 Abs. 4 Satz 2 LWG n.F. nicht, wenn es an einer wasserwirtschaftlichen Gemeinwohlverträglichkeitsprüfung fehlt, weil nach der Gesetzesbegründung in den von dieser Regelung erfassten Fällen davon auszugehen sein soll, dass gemeindliche Belange wie die Finanzierung der Infrastruktur (aufgrund der fehlenden Geltendmachung eines Anschlussinteresses durch die Gemeinde) keinen Anschluss erfordern, der Nachweis, ob die Beseitigung durch Versickerung oder ortsnahe Gewässereinleitung gemeinwohlverträglich ist, nach § 49 Abs. 4 Satz 1 LWG n.F. (aber) dennoch zusätzlich durchgeführt werden muss. 123Vgl. die Begründung der Landesregierung für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher Vorschriften, LT-Drs. 16/10799, S. 479. 124Ohne eine derart enge Verknüpfung der Freistellungsfiktion mit der nachgewiesenen Gemeinwohlverträglichkeit der Abwasserbeseitigung durch den Nutzungsberechtigten wäre die Fiktionsregelung im Übrigen kaum mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße gemeinwohlverträgliche Abwasserbeseitigung nach §§ 55, 56 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) unter klarer Bestimmung des Abwasserbeseitigungspflichtigen zu vereinbaren. 125Da es hier an der erforderlichen wasserwirtschaftlichen Gemeinwohlverträglichkeitsprüfung fehlt, greift die Fiktion des § 49 Abs. 4 Satz 2 LWG n.F. auch deshalb nicht ein. 126Eine ausdrückliche oder fingierte Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht nach § 49 Abs. 4 S. 1 LWG n.F. ist – neben dem Nachweis der Gemeinwohlverträglichkeit – für den Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Nutzungsberechtigten im Übrigen auch in den Fällen nicht entbehrlich, in denen die Beseitigungspflicht für das Niederschlags(-ab-)wasser nach früherem Recht bei den Nutzungsberechtigten gelegen haben mag. 127Da das Inkrafttreten der (im wesentlichen Kern) inhaltsgleichen Bestimmungen zum (ausnahmsweisen) Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Nutzungsberechtigten in § 49 Abs. 4 S. 1 LWG n.F. (2016) und § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG a. F. (2005) von keinerlei Übergangsvorschriften, die die Auswirkungen früherer Regelungen über die Niederschlagswasserbeseitigungspflicht beträfen, begleitet war, ist mit deren Inkrafttreten (ohnehin nur) für die Grundstücke, für die die nachbenannten Verhältnisse bestanden, ein Wechsel der Niederschlagswasserbeseitigungspflicht eingetreten. Denn während 128- nach § 51a Abs. 1 und 2 Satz 1 LWG a.F. (1995), der in der Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum 10. Mai 2005 galt (GVBl. 1995, 248), die damals regelmäßig bei der Gemeinde liegende Abwasserbeseitigungspflicht für Niederschlagswasser automatisch auf den Nutzungsberechtigten an einem Grundstück, das nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen wurde, überging, wenn das Niederschlagswasser auf den Grundstücken, auf denen es anfällt, ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit versickert, verrieselt oder ortsnah in ein Gewässer eingeleitet werden konnte, und 129- nach dem zuvor geltenden § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LWG a. F. (1983), der am 31. Dezember 1983 in Kraft getreten war (GVBl. 1983, 644), erstmals bestimmt war, dass für Niederschlagswasser, welches auf überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebieten anfällt und ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit versickert, verregnet, verrieselt oder in ein Gewässer eingeleitet werden konnte, die Bestimmungen des Abschnittes über die Abwasserbeseitigung mit der Folge nicht galten, dass für Grundstücke, auf die die genannten Voraussetzungen zutrafen, die Gemeinde nicht nach § 53 Abs. 1 LWG a. F. (1983) abwasserbeseitigungspflichtig war, 130liegt heute nach § 46 Abs. 1 Satz 1 LWG n.F. (2016) [entspricht § 53 Abs. 1 Satz 1 LWG a.F.(2005)] die Abwasserbeseitigungspflicht für das Niederschlags(-ab-)wasser regelmäßig wieder allein bei der Gemeinde (vgl. zur regelmäßigen Beseitigungspflicht der Gemeinde bereits § 53 Abs. 1 Satz 1 LWG in der Fassung des Landeswassergesetzes vom 4. Juli 1979, GVBl. 1979, 488). 131Etwaige Niederschlags(-ab-)wasser-Beseitigungspflichten, die den Nutzungsberechtigten nach früherem Recht etwa trafen, bestehen – mangels entsprechender gesetzlicher Überleitungsvorschriften – nicht mehr fort. Auch wenn der Nutzungsberechtigte vor Inkrafttreten des § 53 LWG a.F. (2005) also selbst abwasserbeseitigungspflichtig gewesen wäre, änderte das nichts daran, dass die Beseitigungspflicht insgesamt (wieder) bei der Gemeinde liegt, soweit die in § 49 bis 53 LWG n.F. [entspricht überwiegend § 53 Abs. 3, Abs. 3a Satz 1, Abs. 4 oder 5 bzw. § 53a LWG a.F. (2005)] genannten Ausnahmen nicht gegeben sind. 132Vgl. in diesem Sinne im Ergebnis auch: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 31. Januar 2007 – 15 A 150/05 und vom 22. Januar 2008 - 15 A 488/05 -. 133In der oben zitierten Entscheidung vom 1. September 2010 – 15 A 1636/08 – hat das OVG NRW zudem ausgeführt, dass sich die Betroffenen in diesem Zusammenhang auch nicht auf Bestandsschutz in dem Sinne berufen können, die bisher ihnen obliegende Beseitigungspflicht für Niederschlagswasser sei auch unter Geltung des LWG in der seit dem 11. Mai 2005 geltenden Fassung bei ihnen verblieben und sie benötigten daher eine Freistellung gar nicht. Dafür gibt das Gesetz nichts her. Im Gegenteil: Dieses weist in § 53 Abs. 1 LWG a.F. (2005), welcher die Vorschrift des § 18a WHG a. F. in Bezug nimmt (vgl. jetzt § 46 LWG (2016) und §§ 54 ff. WHG n. F.), den Kommunen nunmehr (wieder) umfassend die Pflicht zur Beseitigung auch des Niederschlags(-ab-)wassers zu und verpflichtet korrespondierend damit die Nutzungsberechtigten in § 53 Abs. 1c Satz 1 LWG a.F. (= 48 LWG n.F.) zur umfassenden Überlassung des Abwassers an die Gemeinden, ohne dabei Rücksicht darauf zu nehmen, dass unter Geltung alten Rechts diese Beseitigungspflicht für Grundstücke, die u.a. die stichtagsmäßigen Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 LWG erfüllten, in der Regel bei dem Nutzungsberechtigten eines Grundstücks lag (vgl. § 51a Abs. 2 LWG a. F.). 134Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 -15 A 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris (s. dort Rdnr. 16). 135Die Klägerin hat im Übrigen auch keinen (zwingenden) Anspruch gegen die Beklagte auf eine Freistellung der streitgegenständlichen Flächen von der Abwasserüberlassungspflicht, den sie – verknüpft mit einem Nachweis der gemeinwohlverträglichen Beseitigungsmöglichkeit wegen des damit verbundenen Anspruchs auf Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf die Klägerseite – der Anschlussforderung ev. einredeweise entgegenhalten könnte. 136Zur Beantwortung der Frage, von welchen Erwägungen die Gemeinde bei der Entscheidung ausgehen darf, ob und inwieweit sie den Nutzungsberechtigten von der Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 1 LWG „freistellt“ – und ihn damit in der Sache zugleich mit Blick auf ihre Abwasserbeseitigungseinrichtung von der Anschluss- und Benutzungspflicht „befreit“ (Freistellung und Befreiung verstanden als wasserrechtliche bzw. einrichtungsrechtliche Seiten einer Medaille) – ist folgender wasserrechtlicher Hintergrund zu beachten. Die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde ist nach § 46 Abs. 1 Nr. 6 und § 47 Abs. 1 und 3 LWG n.F. [2016 – entspricht im Kern § 53 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 und Abs. 1a und 1b LWG a. F.(2005); eine Pflicht zur Aufstellung eines Abwasserbeseitigungskonzeptes durch die Gemeinde ist im Übrigen schon durch § 53 Abs. 1 LWG in der Fassung des „Gesetz zur Änderung des Landeswassergesetzes“ vom 20. Dezember 1983 (GVBl. NRW 1983, S. 644 f.) in das Landeswassergesetz aufgenommen worden;] gehalten, der zuständigen Wasserbehörde im Abstand von sechs Jahren Abwasserbeseitigungskonzepte vorzulegen. Das Konzept enthält eine Übersicht über den Stand der öffentlichen Abwasserbeseitigung, die zeitliche Abfolge und die geschätzten Kosten für Errichtung, Betrieb, Erweiterung und Anpassung von Abwasserbeseitigungsanlagen sowie Aussagen darüber, wie zukünftig in Entwässerungsgebieten das Niederschlagswasser unter Beachtung des § 55 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und des § 44 LWG n.F. und der städtebaulichen Entwicklung beseitigt werden kann. Damit ist der Gemeinde die Aufgabe gestellt, die zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht für das Gemeindegebiet erforderlichen Maßnahmen im Rahmen des Abwasserbeseitigungskonzeptes vorausschauend zu planen. Hat sich die Gemeinde in einem Entwässerungsgebiet für ein bestimmtes Abwasserbeseitigungskonzept entschieden, so ist es sachgerecht, wenn sie sich bei der Entscheidung, ob sie auf die Reklamierung von Abwasser verzichtet, maßgeblich von diesem auf eine systematisch und sinnvoll geordnete Entwicklung der Abwasserbeseitigung gerichteten Konzept leiten lässt und die freistellende/befreiende Verzichtsmöglichkeit als Instrument der Umsetzung ihres Abwasserbeseitigungskonzeptes einsetzt. 137Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die Klägerseite keinen durchgreifenden Anspruch auf eine – im Ermessen der Beklagten stehende –, 138vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 - 15 A 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort Rdnr. 22), 139positive wasserrechtliche Freistellungsentscheidung hat, den sie dem Anschlussverlangen eventuell einredeweise entgegenhalten könnte. 140Mit der angefochtenen Anschlussforderung setzt die Beklagte ihre zuvor mit Planung und Bau einer entsprechenden Kanalisation im Rahmen ihrer Abwasserbeseitigungspflicht getroffene Entscheidung für den Einzelfall durch, das Niederschlags(-ab-)wasser in dem Bereich, in dem auch das streitgegenständliche Grundstück liegt, über einen – aus den weiter unten ausgeführten Gründen (s. dazu B.a.) „bestandsgeschützten“ – Mischwasserkanal zu entsorgen. 141Die seinerzeit getroffene gemeindliche Entscheidung für den Bau einer – wasserrechtskonformen, „bestandsgeschützten“ (s. dazu B.a.) – Mischwasserkanalisation lenkt zugleich eine auf Antrag zu treffende Ermessensentscheidung über ein Freistellungsbegehren in der Weise, dass ein Freistellungsantrag in aller Regel abzulehnen ist (sog. „intendiertes Ermessen“). Erfüllt nämlich eine Abwasserbeseitigung über den Mischwasserkanal – wie hier aus den weiter unten ausgeführten Gründen (s. dazu B.a.) – die Zielsetzung einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung im Sinne von § 44 LWG in Verbindung mit § 55 Abs. 2 WHG, verhindert die Ablehnung der wasserrechtlichen) Freistellung (bzw. entwässerungseinrichtungsrechtlich gesprochen: der Befreiung) in legitimer Weise, dass die („bestandsgeschützte“) Konzeption der Kommune im Sinne des § 47 LWG n.F. (entspricht § 53 Abs. 1a und 1b LWG a. F.), die einheitliche Entwässerung des Niederschlags(-ab-)wassers im betroffenen Gebiet über einen Mischwasserkanal sicherzustellen, nachträglich entwertet wird. 142Vgl. zum „intendierten Ermessen“ im genannten Sinne für einen Fall, in dem sich die Gemeinde für den Bau einer Trennkanalisation entschieden hatte, bzgl. der – § 49 Abs. 4 Satz 1 LWG n.F. (2016) entsprechenden – Regelung in § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG a.F. (2005): OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2012 – 15 A 48/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 40; vgl. zum „ermessensintendiert“ fehlenden Freistellungsanspruch für einen Fall „wirtschaftlichen Bestandsschutzes“ im Sinne des § 51 Abs. 3 LWG a.F. [= in der Zeit vom 1. Juli 1995 (bis 12. Mai 2005 als § 51 Abs. 4 geltend) bis zum 15. Juli 2016 geltende Fassung], in dem sich die Gemeinde in einer nach bisherigem Recht (= einer vor dem 1. Juli 1995) genehmigten Kanalisationsnetzplanung für eine Niederschlags(-ab-)wasserentsorgung über eine Mischwasserkanalisation entschieden hatte: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 – 15 A 1635/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 32 ff.. 143Mit anderen Worten: Ein Freistellungsantrag wird in der beschriebenen Konstellation nur in atypischen Sonderfällen Erfolg haben können, denn die Gemeinde darf das in dem (wasserrechtsgemäßen) Bau der Mischkanalisation zum Ausdruck kommende Konzept einer zentralisierten Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers in dem betroffenen Bereich schützen, indem sie durch eine restriktive Freistellungspraxis einen hohen Anschlussgrad und dadurch u.a. die breite Finanzierung ihrer Anlagen durch die Anschlussnehmer sichert. 144Ernstliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls bestehen hier nicht. 145Ein solcher Sonderfall lässt sich nicht aus dem Umstand ableiten, dass die Klägerin das auf den streitgegenständlichen Flächen anfallende Niederschlags(-ab-)wasser zum Teil unmittelbar in einen Sickerschacht und zum Teil – zur Gewinnung von Wasser zur Gartenbewässerung – über eine „Bettung“ in einen Teich einleitet, dessen Überlauf über ein Kiesbett wiederum mit dem Sickerschacht verbunden ist. 146Angesichts der bestehenden, gerade auch das Niederschlags(-ab-)wasser betreffenden Abwasserüberlassungspflicht und des berechtigten Anliegens der beklagten Gemeinde, ihre – den wassergesetzlichen Anforderungen -- wie unter B.a. näher dargelegt wird -- entsprechende – Abwasserkonzeption, d. h. hier die Entsorgung des Niederschlags(-ab-)wassers im betroffenen Gebiet über den geschaffenen Mischwasserkanal, zu schützen, stehen der Bewertung von – verbreitet auftretenden – „Bewässerungsinteressen“ oder sonstigen, etwa auch ökologisch motivierten Interessen an einer „Eigenentsorgung“ als „Sonderfall“ im hier in Rede stehenden Sinne entgegen. 147Gegen einen „Sonderfall“ spricht in diesem Zusammenhang hier umso mehr, als die Beklagte mit der Klageerwiderung nochmals deutlich gemacht hat, dass sie gegen eine Nutzung des Niederschlagswassers zur Gartenbewässerung keine Einwände erheben werde, sofern die Rückhalteanlagen einen Überlauf an die öffentliche Abwasseranlage erhielten. 148Dass ein Anschluss der streitgegenständlichen Flächen zur Folge haben wird, dass die Klägerseite auch wegen dieser Flächen Niederschlagswassergebühren zu zahlen haben wird, spricht nicht gegen, sondern vielmehr für eine Ablehnung einer Freistellung und für die Anschlussforderung. Denn es besteht ein legitimes Interesse, durch die Ablehnung einer Freistellung zur Sicherung einer hohen Anschlussquote zugleich die abwassergebührengestützte Finanzierungsbasis der wasserrechtsgemäß verwirklichten Entwässerungskonzeption auch aus Gründen der „Abgabengerechtigkeit“, d. h. aus Gründen einer sachlich angemessenen Abgabenverteilung auf die bei der Entwässerungskonzeption als potentiell zu entwässernd berücksichtigten Grundstücke, gegenüber einer Erosion an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossener bzw. noch anzuschließender – d. h. gebührenwirksamer bzw. nach Verwirklichung des Anschlussanspruchs der Gemeinde infolge des geforderten Anschlusses gebührenwirksam werdender – Flächen zu schützen. 149Ein Sonderfall liegt auch nicht etwa deswegen vor, weil die Klägerseite und wohl schon deren Rechtsvorgänger das auf den streitgegenständlichen Flächen anfallende Niederschlags(-ab-)wasser schon seit längerer Zeit nicht in den öffentlichen Kanal eingeleitet haben, sondern in eine Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück investiert haben. 150Ein eventuell schutzwürdiges – und durch eine Freistellung zu bewehrendes – Vertrauen auf den Fortbestand der derzeitigen Entwässerungssituation könnte vor diesem Hintergrund allenfalls dann bestehen, wenn die Klägerseite bzw. deren Rechtsvorgänger bei Schaffung dieser Entwässerungssituation – also im Zeitpunkt der Betätigung eines eventuellen Vertrauens in deren Fortbestand – im Besitz aller für eine solche Behandlung des Niederschlags(-ab-)wassers erforderlichen wasser- und einrichtungsrechtlichen Genehmigungen gewesen wäre. Das ist aber – wie oben dargelegt – nicht der Fall; denn jedenfalls eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Versickerung des Niederschlags(-ab-) wassers auf dem Grundstück hat es nie gegeben. 151Abgesehen davon konnten die Rechtsvorgänger der Klägerseite bei der erstmaligen Herstellung der Versickerungsanlagen ohnehin kein schützenswertes Vertrauen auf einen Fortbestand dieser das Niederschlags(-ab-)wasser betreffenden Entwässerungsverhältnisse für die Zeit nach Herstellung der Vollkanalisation entwickeln. Denn der die seinerzeit errichteten Entwässerungsanlagen betreffende Bauschein aus dem Jahre 1965 (Bl. 10, 11 Beiakte Heft 1) enthielt unter anderem bereits die Bedingung Nr. 1, nach der nach Errichtung einer Vollkanalisation vor dem Grundstück die Anlage gemäß der Satzung der Stadt T. über die Entwässerung der Grundstücke und deren Anschluss an die städtische Abwasseranlagen entsprechend zu ändern sei. (An dieser Stelle sei angemerkt, dass ausweislich der bei der Kammer geführten Sammlung auch schon die städtische Entwässerungssatzung vom 21. Dezember 1965 die Entsorgung von Niederschlagswasser durch die Entwässerungseinrichtung erfasste). 152Dass die Klägerin nach dem Erwerb des Grundstücks im Jahre 2019 neuerlich in die Anlagen zur Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück investiert hat, erfolgte angesichts des Bestehens der Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG und der Anschlusspflicht nach der städtischen Entwässerungssatzung auf eigenes, nicht vertrauensgeschütztes Risiko. 153Die Klägerseite kann sich gegenüber der Anschluss- und Benutzungsforderung aus den genannten, diesbezüglich entsprechend geltenden Gründen auch auf eine mögliche Einrede, ihr stehe ein (zwingender) Befreiungsanspruch vom Anschluss- und Benutzungszwang zu, nicht mit Erfolg berufen (siehe dazu auch unten B. e.). 154Da Anhaltspunkte dafür, dass die Abwasserbeseitigungspflicht nach anderen Bestimmungen als nach denen des § 49 Abs. 4 Satz 1 LWG n.F. (bzw. § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG a.F.), die hier wie dargelegt nicht erfüllt sind, d.h. nach § 49 Abs. 3, 5, 6 bzw. §§ 50 - 53 LWG n.F. (bzw. § 53 Abs. 3, 4 oder 5 bzw. § 53a LWG a.F.) auf die Klägerseite oder einen Dritten übergegangen sein könnte, weder geltend gemacht noch ersichtlich sind, ist die Beklagte nach allem gemäß § 49 Abs. 1 S. 1 LWG n.F. auch für das Niederschlags(-ab-)wasser mit der Folge abwasserbeseitigungspflichtig, dass ihr der Abwasserüberlassungsanspruch nach § 48 S. 1 LWG n. F. zusteht. 155Der Klägerin steht als Grundstückseigentümer schließlich auch das – zur Begründung des Anschluss- und Benutzungszwangs korrespondierend erforderliche – Anschluss- und Benutzungsrecht zu (vgl. §§ 2, 2a, 3 und 3a EWS), da das streitgegenständliche Grundstück unmittelbar an eine Straße grenzt, in der eine öffentliche Abwasseranlage bereits betriebsfähig verlegt ist (s. § 3 Abs. 1 EWS). An letzterem bestehen keine Zweifel, denn in der Straße, an die das streitgegenständliche Grundstück angrenzt, ist ein öffentlicher Mischwasserkanal verlegt, der auch an dem klägerischen Grundstück vorbeiführt. Da das Grundstück durch einen Mischwasserkanal erschlossen ist, ist das Anschlussrecht für das Niederschlags(-ab-)wasser auch nicht aufgrund der Regelung in § 2a Abs. 3 EWS ausgeschlossen. 156B. 157(Begründetheit der Anschluss- und Benutzungsforderung im Übrigen) 158Die mithin durch die Satzung gedeckte Anschluss- und Benutzungsforderung wäre allerdings dennoch rechtswidrig, wenn sie – nach den Umständen des Einzelfalls – gegen höherrangiges Recht, d. h. insbesondere gegen den im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstieße. Das wäre der Fall, wenn sie ungeeignet wäre, das im Interesse an einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung liegende Ziel der Entwässerung in die öffentliche Kanalisation zu erreichen, das Verlangen nicht erforderlich wäre, weil es ein anderes, zur Zweckerreichung gleich geeignetes, die Allgemeinheit oder den Betroffenen aber weniger belastendes Mittel gäbe oder die Zweck-Mittel-Relation nicht angemessen wäre. 159Die Anschluss- und Benutzungsforderung ist bei Anlegen dieser Maßstäbe hier aber nicht unverhältnismäßig, denn sie ist geeignet (a.), erforderlich (b.) und wahrt die Zweck-Mittel-Relation (c.). 160a. Der Anschluss- und Benutzungszwang ist geeignet, das mit ihm verbundene Ziel einer Abwasserbeseitigung, die den wasserrechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers genügt (vgl. § 55 Abs. 2 WHG), zu erreichen. 161Zwar soll nach § 55 Abs. 2, 1. HS WHG in der zum 1. März 2010 in Kraft getretenen Fassung Niederschlagswasser (grundsätzlich) ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über einer Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden. 162Im vorliegenden Fall entspricht aber auch die Entsorgung des auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers über den öffentlichen Mischwasserkanal den wasserrechtlichen Anforderungen des § 55 Abs. 2 WHG. Denn nach den Gesetzesmaterialien ist die Vorschrift (bewusst) „relativ weit und offen formuliert (Sollvorschrift), um den unterschiedlichen Verhältnissen vor Ort (z.B. vorhandenen Mischkanalisationen in Baugebieten) Rechnung tragen zu können“. Nach den mit der Regelung verbundenen Intentionen des Gesetzgebers hat sie zudem „nur für die Errichtung von neuen Anlagen Bedeutung; bereits bestehende Mischkanalisationen können daher im bisherigen Umfang weiter betrieben werden.“ 163Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts“ vom 17. März 2009, Bundestagsdrucksache 16/12275, S. 68. 164Da der Mischwasserkanal, an den die Klägerseite ihr Grundstück auch wegen des Niederschlags(-ab-)wassers anschließen soll, im Jahre 1991 und damit bereits vor Inkrafttreten des § 55 Abs. 2 WHG n.F., d. h. vor dem 1. März 2010, verlegt worden ist und das Grundstück zudem in einem durch eine vorhandene Mischwasserkanalisation erschlossenen Baugebiet liegt, ändert sich durch die in Rede stehende Regelung nichts an der Eignung des betroffenen („bestandsgeschützten“) Mischwasserkanals zur ordnungsgemäßen Entsorgung des auf den anliegenden Grundstücken anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers. 165Der „Bestandsschutz“ des Mischwasserkanals wird auch nicht durch die einschlägigen landesgesetzlichen Regelungen infrage gestellt, weil die Herstellung des Kanals auch auf einer vor dem 1. Juli 1995 gefassten Kanalnetzplanung beruht. 166Das Datum des 1. Juli 1995 ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, weil zu diesem Zeitpunkt für das Land Nordrhein-Westfalen erstmals eine „Bestandsschutzregelung“ für Mischwasserkanäle, die auf einer „nach bisherigem Recht genehmigten Kanalnetzplanung“ beruhten, in Kraft getreten ist [vgl. § 51a Abs. 4 S. 2 LWG in der Fassung der ab 1. Juli 1995 geltenden Bekanntmachung der Neufassung des LWG vom 25.06.1995 (GV NRW 1995, S. 926) – LWG a.F. (1995)]; der seinerzeit für die Abwasserbeseitigung bundesgesetzlich geltende § 18a WHG a.F. sah im Gegensatz zu § 55 Abs. 2 WHG n.F. (2010) noch keine speziellen Anforderungen an die Beseitigung von Niederschlags(-ab-)wasser vor. 167Die landesgesetzliche Regelung über den Bestandsschutz für Mischwasserkanäle war seinerzeit erforderlich geworden, weil die mit § 51a Abs. 1 LWG a.F. (1995) zugleich erstmals landesgesetzlich eingeführten Anforderungen an die Beseitigung von Niederschlagswasser von Grundstücken, die nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden, es – ohne die „Bestandsschutzregelung“ – an sich ausgeschlossen hätten, jedenfalls das auf den in § 51a Abs. 1 angesprochenen Grundstücken anfallende Niederschlags(-ab-)wasser über vorhandene Mischwasserkanäle zu beseitigen. Denn in § 51a Abs. 1 S. 1 LWG a.F. (1995) war geregelt, dass das auf den dort angesprochenen Grundstücken anfallende Niederschlags(-ab-)wasser vor Ort zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah in ein Gewässer einzuleiten ist, sofern dies ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit möglich ist, und in § 51a Abs. 4 S. 1 LWG a.F. (1995) war vorgesehen, dass von der Verpflichtung nach Abs. 1 das Niederschlags(-ab-)wasser ausgenommen ist, das ohne Vermischung mit Schmutzwasser in einer vorhandenen Kanalisation abgeleitet wird. 168In § 51a Abs. 4 S. 2 LWG a.F. (1995) wurde daher „bestandsschützend“ bestimmt, dass von der Verpflichtung nach Abs. 1 (auch) das Niederschlags(-ab-)wasser ausgenommen ist, das aufgrund einer „nach bisherigem Recht genehmigten Kanalisationsnetzplanung“ gemischt mit Schmutzwasser einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, wenn der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass (erst) durch § 58 Abs. 1 LWG in der ab dem 1. Juli 1995 geltenden Fassung die zuvor – nach § 58 Abs. 1 LWG in der bis dahin geltenden Fassung – bestehende Pflicht, Pläne zur Erstellung oder wesentlichen Veränderung von Kanalisationsnetzen für die öffentliche Abwasserbeseitigung genehmigen zu lassen, durch eine Anzeigepflicht ersetzt worden ist [vgl. zum Fortbestand einer Anzeigepflicht: § 57 Abs. 1 LWG (2016)]. 169Da ernstliche Anhaltspunkte dafür, dass die Herstellung des hier betroffenen Mischwasserkanals im Jahre 1991 nicht auf der Grundlage einer seinerzeit „nach bisherigem Recht genehmigten/zugelassenen Kanalnetzplanung“ erfolgt wäre, ebenso wenig bestehen wie dafür, dass der Aufwand für die Auflösung des im hier betroffenen Gebiet bestehenden Mischwassersystems nicht „wirtschaftlich unverhältnismäßig“ wäre, 170vgl. dazu, dass die Prüfung der hier in Rede stehenden wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit auch die Kosten für die Anpassung der vorhandenen Anlagen umfasst und bei der Prüfung der wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit grundsätzlich auf das gesamte Entwässerungsgebiet mit seiner abwassertechnischen Entwässerungssituation und nicht auf einzelne konkrete Grundstücke abzustellen ist: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 – 15 A 1695/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 31, 171ist auch aus landeswassergesetzlicher Sicht der hier betroffene Mischwasserkanal in dem Sinne „bestandsgeschützt“, dass die Entsorgung des auf den angeschlossenen/anzuschließenden Grundstücken anfallenden Niederschlags(-ab-) wassers über diesen Kanal wasserrechtskonform ist. 172An dieser Einschätzung ändert auch die Regelung in § 44 Abs. 1 S. 1 LWG n.F. (2016 – d.h. in der Fassung des „Gesetz zur Änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher Vorschriften“ vom 8. Juli 2016, GV NRW, 2016, S. 559 ff.) nichts, wie sich insbesondere aus der Einfügung des § 44 Abs. 1 S. 2 in das Landeswassergesetz durch das „Gesetz zur Änderung des Landeswasserrechts“ vom 4. Mai 2021 [LWG n.F. (2021) – GV NRW 2021, S. 559, 560 ff.] ergibt. 173In § 44 Abs. 1 S. 1 LWG n.F. (2016) ist bestimmt, dass Niederschlagswasser von Grundstücken, die nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden, nach Maßgabe des § 55 Abs. 2 WHG zu beseitigen ist. In § 44 Abs. 1 S. 2 LWG (2021) ist geregelt, dass Niederschlagswasser, das aufgrund einer „nach bisherigem Recht zugelassenen Kanalisationsnetzplanung“ gemischt mit Schmutzwasser einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, von der Verpflichtung nach § 44 Abs. 1 S. 1 LWG ausgenommen ist, wenn der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig ist. 174Nach den Gesetzesmaterialien dient die Bestimmung in § 44 Abs. 1 S. 2 LWG (2021) lediglich der klarstellenden Wiedereinfügung der Regelung in § 51a Abs. 3 LWG a.F., die bis zum 15. Juli 2016 galt, in das Gesetz [vgl. Landtagsdrucksache 17/9942 vom 25. Juni 2020, Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung des Landeswasserrechts, S. 28, 29 und 95) – Anm.: durch das „Gesetz zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften“ vom 3. Mai 2005 (GV NRW 2005, S. 463) war der frühere § 51a Abs. 4 LWG (1995) zum Abs. 3 geworden]; dabei sollte ausweislich der Gesetzesbegründung der Wortlaut der Regelung in § 44 Abs. 1 S. 2 LWG n.F. (2021) gegenüber dem Wortlaut der Regelung in § 51a Abs. 3 LWG a.F. (2005; entspricht § 51a Abs. 4 LWG 1995) lediglich insoweit angepasst werden, als das auf die Kanalnetzplanung bezogene Wort „genehmigten“ durch das Wort „zugelassenen“ ausgetauscht worden ist, weil auch „nach alter Rechtslage“ Kanalnetzplanungen nur noch anzuzeigen und nicht mehr zu genehmigen gewesen seien. In der Sache soll die Einfügung nach den Gesetzesmaterialien klarstellen, dass auch unter Geltung des § 55 Abs. 2 WHG Niederschlags(-ab-)wasser – unter den in § 44 Abs. 1 LWG n. F. genannten Voraussetzungen – weiterhin über das Mischwassernetz beseitigt werden kann. 175Unter dem Begriff der „nach bisherigem Recht genehmigten/zugelassenen Kanalisationsnetzplanung“ dürfte im Hinblick auf den gesetzgeberischen Willen, die Regelung in § 51a Abs. 3 LWG a.F., die bis zum 15. Juli 2016 galt, lediglich „klarstellend“ wieder einfügen zu wollen, allerdings nur eine Kanalisationsnetzplanung zu verstehen sein, die bei dem erstmaligen Inkrafttreten des § 51a Abs. 3 LWG a.F. – damals noch als Abs. 4 – zum 1. Juli 1995 [vgl. Bekanntmachung der Neufassung des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Juni 1995 (GV NRW 1995, 926)] genehmigt bzw. zugelassen war. 176Auch bei Anlegung der hier in Rede stehenden landesgesetzlichen „Bestandsschutzmaßstäbe“ sind aber die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Beseitigung von Niederschlags(-ab-)wasser über einen Mischwasserkanal erfüllt. Denn der hier betroffene Mischwasserkanal ist bereits im Jahre 1991 verlegt worden und es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Herstellung dieses Kanals nicht einer – vor dem 1. Juli 1995 gefassten, d.h. – genehmigten/zugelassenen Kanalisationsnetzplanung der Beklagten im Sinne des § 58 LWG a.F. entsprochen hätte. Fraglos wäre auch die Einführung einer getrennten Abwasserentsorgung in dem hier betroffenen Gebiet, das bislang durch ein Mischwasserkanalnetz erschlossen ist, nach ihrem wirtschaftlichen Aufwand im Sinne des § 44 S. 2 LWG 2021 unverhältnismäßig. 177b. Dem Anschlusszwang kann nicht entgegengehalten werden, dass das auf den streitgegenständlichen bebauten und befestigten Flächen anfallende Niederschlags(-ab-) wasser bislang in den künstlich angelegten Teich mit Zufluss und Überlauf an den Sickerbrunnen eingeleitet oder unmittelbar über den Sickerbrunnen versickert werde und diese Form der Entsorgung qualitativ der Abwassereinleitung in einen Mischwasserkanal nicht nachstehe und der Anschlusszwang daher überflüssig, d. h. mit anderen Worten nicht erforderlich sei. 178Ein Zurückhalten von Niederschlags(-ab-)wasser auf dem Grundstück, ein Versickernlassen dort bzw. eine direkte Ableitung von Niederschlags(-ab-)wasser in ein Gewässer sind nämlich hier keine geeignete, „mildere“ Entsorgungsalternativen. 179Abwasserbeseitigungspflichtig für das Niederschlags(-ab-)wasser ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 LWG n.F. (= § 53 Abs. 1 LWG a.F.) die Gemeinde. Die Beseitigungspflicht liegt - wie bereits oben dargelegt - nicht bei der Klägerseite. Obliegt die Pflicht der Abwasserbeseitigung der Gemeinde, hat der Nutzungsberechtigte ihr das Abwasser zur Beseitigung zu überlassen (§ 48 LWG n.F. = § 53 Abs. 1c LWG a.F.). Dabei kann die Gemeinde bestimmen, in welcher Art und Weise die Überlassung zu erfolgen hat. Entscheidet sie sich wie hier in der Entwässerungssatzung mit Recht dazu, dies in der Form des Anschlusses an und der Ableitung in den öffentlichen Kanal zu verlangen, ist eine Entsorgung auf dem Grundstück keine wasserrechtlich ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung. 180c. Der Anschlusszwang ist auch nicht mit Blick auf die Zweck-Mittel-Relation, d.h. hier insbesondere auf den erforderlichen Anschlussaufwand unverhältnismäßig. 181Die Gemeinde darf einen Kanalanschluss zwar nicht fordern, wenn die Erfüllung des Anschluss- und Benutzungszwanges an verfassungsrechtliche Grenzen stieße. Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn das Anschlussverlangen enteignend wirkte oder – auch unter Berücksichtigung der von der Satzung und vom Gesetzgeber des Landeswassergesetzes vorgegebenen Zwecke – das Verlangen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzte. In solchen Fällen der Unzumutbarkeit muss auf die Ausübung des Anschluss- und Benutzungszwangs verzichtet werden. 182Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 12. Februar 1996 - 22 A 4244/95 -, NWVBl. 1996, 434 (436). 183Eine solche Unzumutbarkeit liegt hier nicht vor. 184Sie lässt sich nicht aus dem Umstand ableiten, dass die gegebenen Abwasserbeseitigungsverhältnisse z.T. schon seit vielen Jahren so bestehen. Mit der erstmaligen Einführung der Abwasserüberlassungspflicht für Niederschlags(-ab-)wasser durch die Einfügung des § 53 Abs. 1c in das Landeswassergesetz im Mai 2005 ist eine geänderte rechtliche Situation geschaffen worden, die eine etwaige zuvor begründete Erwartung, das Niederschlags(-ab-)wasser der Gemeinde auch künftig nicht überlassen zu müssen, kraft Gesetzes beendet hat. Die zur Anpassung der Niederschlags(-ab-) wasserbeseitigung von dem betroffenen Grundstück an diese geänderte Gesetzeslage notwendig werdenden (vor allem baulichen) Maßnahmen hat der Grundstückseigentümer als Anschlussnehmer im Rahmen des Zumutbaren zu treffen. 185Dass hier auch kein atypischer Sonderfall vorliegt, in dem eine Anschlussforderung unzumutbar wäre, weil ein Vertrauen in den Bestand der bisherigen Investitionen in die vorhandene Entwässerung gegenüber dem Anpassungsverlangen etwa besonders schutzwürdig wäre, ist bereits oben dargelegt worden. 186Die Zumutbarkeit der Anschlussmaßnahmen beurteilt sich i.Ü. in erster Linie nach der Zumutbarkeit des Anschlussaufwandes, da die Anpassungspflicht sich als solche aus der zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die in der gesetzlichen Regelung der Überlassungspflicht liegt, rechtfertigt. 187Die Zumutbarkeit des Anschlussaufwandes bemisst sich ausgehend von den Kosten, die mit der Herstellung des Anschlusses verbunden sein werden, d.s. zum einen die Kosten für den Bau der Anschlussleitung, die hier zwischen dem öffentlichen Kanal und der Grundstücksgrenze bzw. dem Prüfschacht auf dem Grundstück (§ 1a Nr. 11 EWS) verläuft, und zum anderen die Kosten für die Verlegung der Haus- und Grundleitungen auf dem Grundstück (§ 1a Nr. 12 EWS), die das Niederschlags(-ab-)wasser von den Flächen, auf denen es sich sammelt, zur Anschlussleitung transportieren. 188Da für die Niederschlags(-ab-)wasserentsorgung berechtigterweise ein möglichst hoher Anschlussgrad erstrebt wird, kann als unzumutbar nur ein solcher Aufwand angesehen werden, der den üblichen Anschlussaufwand in gravierendem Umfang übersteigt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Erschwernisse, die durch lange Leitungsführungen oder etwa auch durch schwierige Gelände- oder Anschlussverhältnisse bei einzelnen Hausanschlüssen zu überwinden sind, als situationsbedingte Umstände dem Risikobereich des Eigentümers zuzurechnen sind; dies rechtfertigt es, von ihm gegenüber sonstigen Anschlussverpflichteten auch ggf. erhöhte finanzielle Anstrengungen zu verlangen. 189Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 19. November 1990 – 22 A 433/909 –, S. 10 des Urteilsabdruckes. 190Dementsprechend ist der Anschluss nicht schon dann unzumutbar, wenn die Anschlusskosten besonders hoch sind. Vielmehr ist darüber hinaus erforderlich, dass die Aufwendungen in keinem tragbaren Verhältnis zum Wert des Grundstücks stehen, bei dessen Bemessung die durch die Erschließung vermittelte Wertsteigerung zu berücksichtigen ist. 191Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 10. Oktober 2012 – 15 A 1505/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 17. 192Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen überschreiten selbst Anschlusskosten in Höhe von 25.000,00 Euro für ein Wohnhaus (d.h. für ein Grundstück mit einem Wohnhaus) noch nicht das einem Grundstückseigentümer zumutbare Maß. 193Vgl. z.B. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 14. Oktober 2010 – 15 A 1290/10 – S. 8 des Beschlussabdruckes, vom 5. Juni 2003 - 15 A 1738/03 - S. 4 des Beschlussabdrucks, Urteil vom 18. Juni 1997 - 22 A 1406/96 -, StuG 1997, 284 (285); Anschlusskosten in Höhe von damals 50.000,00 DM für ein Wohnhaus sah das OVG NRW bereits in seinem Urteil vom 19. November 1990 – 22 A 433/90 – als zumutbar an. 194In den dieser Zumutbarkeitsrechtsprechung des OVG NRW zugrunde liegenden Fällen ging es zwar (auch) um den Schmutzwasseranschluss. Der dort zur Rechtfertigung der Verhältnismäßigkeit der Anschlusskosten angesprochene Belang der Volksgesundheit, der bei der zentralen Schmutzwasserbeseitigung ins Spiel kommt, spielt in vorliegendem Fall, in dem es um den Niederschlags(-ab-)wasseranschluss eines zu Wohnzwecken genutzten Grundstücks geht, ersichtlich keine Rolle. Aber auch das Interesse an einer zentralisierten Regenwasserbeseitigung zum Schutz fremder Grundstücke vor Wasserschäden und Überschwemmungen von Verkehrsflächen, dem die Einrichtung einer Kanalisation und die Anschlusspflicht daran dient, 195vgl. in diesem Sinne Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 10. Oktober 2012 – 15 A 1505/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 16, 196ist – ebenfalls – ein überragender Belang, der vergleichbare Belastungen mit der Folge rechtfertigt, dass ein Anschluss nicht unzumutbar ist, wenn sich die Gesamtkosten für den Schmutzwasser- und den Niederschlags(-ab-)wasseranschluss – bei einem Wohnhaus – nicht auf deutlich mehr als 25.000,- Euro summieren. 197Angesichts des Umstandes, dass 198- das Grundstück wegen seiner Größe (782 m²) und seiner Bebauung mit einem (Bungalow-)Wohnhaus einen nicht unbedeutenden Verkehrswert hat, 199- Kosten für die Herstellung eines Anschlusskanals nicht anfallen, weil ein Anschluss an den öffentlichen Mischwasserkanal bereits besteht, 200- sich die Abstände der bebauten und befestigten Flächen im Verhältnis zum öffentlichen Kanal im Rahmen eines üblichen Baufensters halten (vgl. Pläne Bl. 2 ff. Beiakte Heft 1), 201- nach den topographischen Verhältnissen eine Entwässerung im Freispiegelgefälle möglich ist (vgl. Auszug aus dem GIS- Portal mit Höhenangaben – Bl. 3 Beiakte Heft 1), 202bestehen hier keine ernstlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Anschluss der streitgegenständlichen Flächen mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. 203Für die Zumutbarkeit der Anschlussforderung spricht zudem, dass das Grundstück durch deren Erfüllung auch eine nicht zu vernachlässigende Wertsteigerung erführe; denn angesichts der bislang fehlenden Erfüllung einer bestehenden Anschlusspflicht würde sich der „Wert“ des Grundstücks für einen potenziellen Erwerber bei wohlinformierter wirtschaftlicher Betrachtung in einer den noch zu erwartenden – zum Wert des Grundstücks nicht ersichtlich außer Verhältnis stehenden – Anschlusskosten entsprechenden Höhe vermindern. 204Für die Frage der Verhältnismäßigkeit der letztlich wasserrechtlich begründeten Anschlussforderung kommt es im Hinblick darauf, dass die Abwasserüberlassungspflicht grundstücksgefahrenbezogen ist, auch nicht auf die persönliche finanzielle Leistungsfähigkeit des jeweiligen Anschlussnehmers an. 205d. Im Übrigen unterliegt der Anschluss- und Benutzungszwang grundsätzlich weder der Verjährung noch der Verwirkung. Dies ergibt sich aus seiner Zweckbestimmung, die der einer ordnungsbehördlichen Maßnahme der Gefahrenabwehr gleicht. Gefahrenabwehrrechtliche Eingriffsbefugnisse sind zumindest in aller Regel nicht verjährungs- und verwirkungsfähig. 206Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2016 – 15 A 1068/15 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 48 f. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 207Ernstliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte durch ihr Verhalten den Anschlusszwang verwirkt hätte, bestehen hier nicht. Dafür reicht eine lange Duldung der bestehenden Anschlussverhältnisse mangels hinreichender Basis für ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerseite darauf, dass sie ihr Grundstück oder Teilflächen davon entgegen der Gesetzeslage (ausnahmsweise) wegen des Niederschlags(-ab-)wassers nicht an die öffentliche Kanalisation anschließen müsse, nicht aus. 208e. Ist die Anschlussforderung (nach allem) verhältnismäßig und nicht unzumutbar, kommt auch kein Anspruch auf Befreiung vom Anschluss- oder Benutzungszwang im Sinne des § 7 EWS, der ohnehin nur das Schmutzwasser betrifft, in Betracht, der dem Anschluss- bzw. Benutzungsverlangen einredeweise entgegen gesetzt werden könnte. 209Vgl. zum „Einredecharakter“ der Befreiungsmöglichkeit u.a. OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 1995 – 22 A 2185/91 -, m.w.N.. 210Abgesehen davon steht der Annahme einer zwingend zu erteilenden „Befreiung“ entgegen, dass auch deren Ablehnung aus Gründen der Schutzwürdigkeit der gemeindlichen Entwässerungskonzeption für den Regelfall intendiert ist (vgl. dazu bereits die hier entsprechend geltenden Ausführungen zum „Freistellungsanspruch“ – s. oben A.). 211f. Schließlich zieht auch der Hinweis der Klägerin, dass von dem Spar- und Bauverein T. im Zusammenwirken mit der Beklagte in den Jahren zwischen 2008 und 2015 fünf größere zusammenhängende Siedlungen, die im Besitz dieses Vereins seien, vom Mischwasserkanal abgekoppelt worden seien und das dort anfallende Niederschlags(-ab-) wasser versickert werde, nicht die Annahme eines Verstoßes der Anschlussforderung gegenüber der Klägerin gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nach sich. 212Denn zum einen sind die hier angesprochenen Fälle, in denen sich die Beklagte offensichtlich entschieden hat, für größere Siedlungszusammenhänge ihr bisheriges dortiges Entwässerungskonzept einer Abwasserentsorgung über den Mischwasserkanal einheitlich zu ändern, nicht mit dem Fall der Klägerin zu vergleichen, in dem es um keine einheitliche Neugestaltung des städtischen Entwässerungskonzepts für ein größeres Gebiet geht, sondern um eine klägerseits anstrebte Ausnahme von dem für den fraglichen Bereich ansonsten fortbestehenden Entwässerungskonzept im Einzelfall. 213Abgesehen davon könnte die Klägerseite zum anderen aus einer offenbar rechtswidrigen teilweisen Nichtbeachtung des Anschluss- und Benutzungszwangs, der vom Satzungsgeber als rechtlich zwingend ausgestaltet worden ist [vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 EWS: „… ist verpflichtet, sein Grundstück … anzuschließen (Anschlusszwang).“] und der seinerseits auf der vom Gesetzgeber ebenfalls als rechtlich zwingend ausgestalteten Abwasserüberlassungspflicht (vgl. § 48 S. 1 LWG „… ist … zu überlassen“) gründet, durch Eigentümer anderer Grundstücke für sich auch nicht das Recht ableiten, dem Anschluss- und Benutzungszwang, der die wasserrechtliche Abwasserüberlassungspflicht lediglich in ein einrichtungsrechtliches Gewand kleidet, nicht unterworfen zu werden. 214Vgl. in diesem Sinne: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 – 15 A 1635/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 49. 215Einen Anspruch auf „Gleichbehandlung im Unrecht“ gibt es im Übrigen nicht. 216g. Die Klägerin ist als anschlussberechtigte Eigentümerin des betroffenen Grundstücks gemäß §§ 2 und 5 EWS auch persönlich anschlusspflichtig und damit richtige Adressatin der Anschluss- und Benutzungsforderung. 217h. Die Anschlussfrist von drei Monaten nach Bestandskraft ist ausreichend bemessen; denn es bestehen keine Zweifel, dass innerhalb dieser Frist die geforderten Handlungen durchgeführt werden können. 218II. 219Auch die Zwangsgeldandrohung, die in dem angefochtenen Bescheid zudem ausgesprochen worden ist, ist nicht zu beanstanden; sie ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). 220Die Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldandrohung ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz zu beurteilen. Dies ergibt sich aus dem Charakter des Zwangsgeldes als Beugemittel. Denn eine Zwangsgeldandrohung entfaltet mit ihrer willensbeugenden Zielsetzung fortdauernde Rechtswirkungen mit der Folge, dass entscheidungserhebliche Veränderungen grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz zu berücksichtigen sind. 221Vgl. zum Vorstehenden: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Dezember 2004 – 1 C 30/03 –, veröffentlicht unter anderem in Juris, siehe dort Rn. 23. 222Nach § 55 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG) kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist (sogenannte Grundverfügung) mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat. 223Die Grundverfügung, die hier im Wege des Verwaltungszwangs durch Zwangsgelder durchgesetzt werden soll, ist hier die Anschlussverfügung, mit der die Androhung zugleich erlassen worden ist. Diese Grundverfügung ist zwar zurzeit noch nicht vollziehbar, weil sie noch nicht unanfechtbar geworden ist und die gegen die Grundverfügung gerichtete Klage nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat. Die fehlende Vollziehbarkeit der Grundverfügung steht dem Erlass einer Zwangsmittelandrohung aber nicht entgegen. Nach § 63 Abs. 2 S. 1 VwVG kann nämlich die Androhung (schon) mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird; aus der Zusammenschau mit der Regelung in § 63 Abs. 2 S. 2 VwVG, wonach die Androhung mit der Grundverfügung (sogar) verbunden werden soll, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, ergibt sich, dass die Androhung rechtmäßigerweise aber auch schon dann mit der Grundverfügung verbunden werden kann, wenn ein Rechtsmittel gegen die Grundverfügung aufschiebende Wirkung hat. 224Der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Zwangsmittelandrohung steht auch nicht entgegen, dass die (noch) nicht vollziehbare Grundverfügung, mit der die Androhung verbunden worden ist, etwa rechtswidrig und daher auf die dagegen erhobene Klage hin mit der Folge aufzuheben wäre, dass es an einer wirksamen Grundlage für eine Verwaltungsvollstreckung fehlte; aus den oben unter I. dargelegten Gründen ist die Grundverfügung vielmehr rechtmäßig. 225Die mithin zulässigerweise schon mit der Grundverfügung verbundene Zwangsgeldandrohung genügt auch den (übrigen) besonderen Anforderungen an eine rechtmäßige Androhung nach § 63 VwVG. 226Die Beklagte hat die Androhung des Zwangsmittels wie erforderlich schriftlich erteilt und der Klägerseite zugestellt (§ 63 Absatz 1 S. 1 und Abs. 6 S. 1 VwVG); der Bescheid, der der Klägerin von der Beklagten mit Zustellungswillen übersandt worden ist, gilt nämlich - obwohl sich seine formgerechte Zustellung nicht nachweisen lässt, weil die Postzustellungsurkunde nicht in Rücklauf gekommen ist, - gemäß der Heilungsvorschrift in § 8 VwZG NRW mit dem unstreitigen Empfang dieses Bescheides durch die Klägerin als zugestellt. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid mit Wirkung für die Androhung auch eine angemessene Frist im Sinne des § 63 Abs. 1 S. 2 VwVG gesetzt, in der die im Wege des Verwaltungszwangs durchzusetzende Verpflichtung erfüllt werden kann. Zur Befolgung der Anschlussforderung ist nämlich ein Zeitraum von drei Monaten nach Bestandskraft der Grundverfügung gesetzt worden. Diese Frist, auf deren Ablauf die Androhung des Zwangsgeldes ausgerichtet ist, ist angemessen, weil sie zum einen sicherstellt, dass die Vollziehung (Festsetzung und Anwendung des Zwangsmittels) ihren Fortgang erst zu einem Zeitpunkt findet, in dem die dazu zu erfüllende Zulässigkeitsvoraussetzung des Verwaltungszwangs nach § 55 Abs. 1 VwVG, nämlich die Unanfechtbarkeit der Grundverfügung bereits eingetreten ist, und diese Frist zum anderen ausreichend Zeit gibt, die Forderung aus der Grundverfügung auch zu erfüllen. 227Die Androhung bestimmt mit dem Zwangsgeld ein zulässiges Zwangsmittel (§ 63 Abs. 3 in Verbindung mit § 60 VwVG), das in der angedrohten Höhe 1.000,- Euro nicht zu beanstanden ist. Die Androhung bewegt sich in dem in § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG für Zwangsgelder vorgesehenen Rahmen; sie ist unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerseite an einer Nichtbefolgung der Grundverfügung und der Bedeutung der Erfüllung der im öffentlichen Interesse liegenden Forderung auch angemessen (§ 58 VwVG). 228Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 229Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO). 230Rechtsmittelbelehrung: (2021/22) 231Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 232Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 233Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 234Die Berufung ist nur zuzulassen, 2351. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2362. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 2373. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2384. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 2395. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 240Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 241Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 242Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 243Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 244Beschluss: 245Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt [§ 52 Abs. 2 GKG (Regelstreitwert) unter Berücksichtigung der Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach eine unselbstständige Zwangsgeldandrohungen neben einer Grundverfügung bei der Streitwertbemessung grundsätzlich außer Betracht bleibt.] 246Rechtsmittelbelehrung: 247Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 248Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 249Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 250Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 251Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 252War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch leistung einer sicherheit oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin ist ausweislich des grundbuchs seit dezember 2019 eigentümerin des 782 m² großen grundstücks mit der postalischen bezeichnung „x. weg 00“ in t. (gemarkung p. , flur 0, flurstück 000). 3das grundstück ist mit einem wohnhaus bebaut, dessen rückwärtige front ca. 18 - 20 m von der straßenbegrenzung entfernt liegt; das grundstück fällt zur straße hin ab (vgl. pläne bl. 2 und 3 beiakte heft 1). mit bauschein vom 24. november 1965 (bl. 10 f. beiakte heft 1) genehmigte die beklagte dem seinerzeitigen eigentümer die errichtung einer entwässerungsanlage auf dem grundstück. ausweislich der zugehörigen baubeschreibung (bl. 8 beiakte heft 1) ging es um die errichtung einer klärgrube mit angeschlossenem sickerbrunnen für den dort zu errichtenden bungalow; das anfallende schmutzwasser sollte in der klärgrube vorgeklärt und gemeinsam mit dem regenwasser über den sickerbrunnen zur versickerung gebracht werden. der bauschein enthielt unter anderem die bedingung nr. 1, wonach nach errichtung einer vollkanalisation vor dem grundstück die anlage gemäß der satzung der stadt t. über die entwässerung der grundstücke und deren anschluss an die städtische abwasseranlagen entsprechend zu ändern sei. 4in der straße vor dem grundstück verläuft ein inzwischen verlegter mischwasserkanal, der ausweislich der grundstückskartei der beklagten im jahre 1991 hergestellt worden ist(vgl. plan bl. 3 und kopie der karteikarte bl. 6 beiakte heft 1). die entsprechende erweiterung des kanalnetzes wurde ausweislich eines anschreibens der beklagten an den damaligen voreigentümer vom 11. februar 1991 am 24. januar 1991 im amtsblatt veröffentlicht (vgl. bl. 12 beiakte heft 1). 5mit schreiben vom 11. februar 1991 (bl. 12 beiakte heft 1) forderte die beklagte den seinerzeitigen eigentümer des streitgegenständlichen grundstücks dementsprechend auf, den kanalanschluss für das grundstück bis zum 1. august 1991 herzustellen. 6ausweislich der „unternehmerbescheinigung zur errichtung oder änderung von abwasseranlagen“ vom 19. märz 1991 (bl. 13 beiakte heft 1) hatte der unternehmer die grundleitungen für das abwasser aus dem haushalt so geändert, dass das abwasser in die mischwasserkanalisation eingeleitet wurde; angaben zur einleitung des niederschlagswassers wurden in der bescheinigung nicht gemacht. 7in einem formblatt des bauaufsichtsamts zur „fertigstellung der grundstücksentwässerung“, das unter dem datum des 5. april 1991 von einem mitarbeiter der beklagten ausgefüllt wurde (bl. 14 beiakte heft 1), ist festgehalten, dass der anschluss an den mischwasserkanal ab dem 1. märz 1991 in benutzung genommen und das grundstück an die vollkanalisation im x. weg angeschlossen worden sei sowie ungeklärtes schmutz- sowie niederschlagswasser eingeleitet würde. 8anlässlich einer überprüfung der anschlussverhältnisse im zuge der erhebung von niederschlagswassergebühren gab die klägerin im märz 2020 (bl. 15 ff. beiakte heft 1) eine flächenerklärung ab. danach entwässerten die bebauten flächen des grundstücks (ca. 148 m² – vgl. plan bl. 2 beiakte heft 1) gar nicht und die befestigten flächen (insgesamt ca. 42 m² – vgl. plan bl. 2 beiakte heft 1) nur mit 32 m² in den öffentlichen kanal. ergänzend gab die klägerin an, dass das niederschlags(-ab-)wasser zum teil über ein (künstliches) „bachbett“ in einen teich, wobei das bett nach beschreibung der klägerseite von einem fallrohr am haus bis zum teich reicht, eingeleitet werde und zum teil in den (auch nach stilllegung der drei-kammer-grube noch aktiven) sickerbrunnen. 9nachdem die beklagte die klägerin mit schreiben vom 15. oktober 2020 gebeten hatte, das grundstück wegen des auf dessen bebauten und befestigten flächen anfallenden niederschlags(-ab-)wassers an die öffentliche kanalisation anzuschließen (bl. 1 beiakte heft 1), machte die klägerin in der folgenden korrespondenz demgegenüber folgendes geltend (vgl. diverse schreiben, bl. 21, 23 beiakte heft 1): 10die dachflächen des hauses würden seit 50 jahren über das grundstück entwässert und es sei nie zu einer überschwemmung der häuser in der nachbarschaft oder der straße gekommen. im zuge der garten(-neu-)gestaltung sei das niederschlags(-ab-)wasser durch einen künstlich angelegten bachlauf (filtrierung durch kies und pflanzen) geführt und in einen teich mit 6 - 8 m³ abgeleitet worden. der teich sei als überlaufteich angelegt und überschüssiges wasser fließe in ein kiesbett zur weiteren filterung. von dort werde das restliche überschüssige wasser in einen 6 m tiefen, gut funktionieren sickerbrunnen geleitet. nicht nachvollziehbar sei, dass das auffangen von regenwasser zur gartenbewässerung nicht erwünscht zu sein scheine und stattdessen hochwertiges trinkwasser genutzt werden solle. aufgrund der heißen sommer gebe es zudem sinkende grundwasserstände. die stadt sei im jahr 2018 mit dem „blauen kompass“ für die versickerung von regen in das grundwasser ausgezeichnet worden. das anschlussverlangen stehe dazu in widerspruch. 11mit elektronischem schreiben vom 23. november 2020 (bl. 22 beiakte heft 1) teilte die beklagte der klägerin unter anderem mit, dass sie das regenwasser weiterhin in geeigneten vorrichtungen auffangen und zur bewässerung des gartens nutzen dürfe; werde ein überlauf mit anschluss an den öffentlichen kanal geschaffen, sei die anschlusspflicht aus sicht der technischen betriebe t. erfüllt. 12mit schreiben vom 5. januar 2021 (bl. 25 f. beiakte heft 1) hörte die beklagte die klägerin zu ihrer absicht an, die erfüllung des anschluss- und benutzungszwanges wegen des auf dem grundstück anfallenden niederschlags(-ab-)wassers zu fordern. 13mit elektronischem schreiben vom 10. januar 2021 (bl. 27 beiakte heft 1) wies die klägerin darauf hin, dass entgegen der entsprechenden (formularmäßigen) behauptung in dem anhörungsschreiben das niederschlagswasser des hauses nie an den kanal angeschlossen gewesen sei. für den vorliegenden fall gelte im übrigen die freistellungsfiktion von der überlassungspflicht für das niederschlags(-ab-)wasser nach § 49 lwg. ein bei der der beklagten als unterer wasserbehörde gestellter antrag auf erteilung einer wasserrechtlichen erlaubnis für die versickerung des niederschlags(-ab-) wassers könne nach dortiger aussage derzeit nicht bearbeitet werden, weil wegen der coronaepidemie mitarbeiter an das gesundheitsamt abgestellt seien. 14mit dem hier angefochtenen bescheid vom 10. märz 2021 (bl. 40 f. beiakte heft 1), der der klägerin gegen postzustellungsurkunde zugestellt werden sollte, forderte die beklagte die klägerin der sache nach auf, das von den bebauten und befestigten flächen des streitgegenständlichen grundstücks abfließende niederschlags(-ab-)wasser in den öffentlichen (mischwasser-)kanal einzuleiten und die dazu erforderlichen hausanschlussleitungen bzw. überlaufe unverzüglich, spätestens bis drei monate nach unanfechtbarkeit des bescheides, herzustellen. 15zugleich drohte die beklagte der klägerin für den fall, dass sie der anordnung zuwider handele, ein zwangsgeld in höhe von 1.000,- euro an 16zur begründung berief sich die beklagte auf die abwasserüberlassungspflicht nach dem landeswassergesetz und den anschluss- und benutzungszwang nach der städtischen entwässerungssatzung bzw. die bestimmungen des verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvg). 17da die zustellung des bescheides vom 10. märz 2021 gegen postzustellungsurkunde nach auskunft der deutschen post an die beklagte nicht nachweisbar war (bl. 48 beiakte heft 1), erließ die beklagte am 13. april 2021 einen gleichlautenden bescheid (bl. 49 f. beiakte heft 1), der der klägerin am 15. april 2021 (bl. 53 beiakte 1) zugestellt wurde. 18am 12. april 2021 hat die klägerin klage gegen den bescheid vom 10. märz 2021 sowie am 22. april 2021 gegen den bescheid vom 13. april 2021 erhoben. 19mit blick auf die klageerhebung gegen den bescheid vom 10. märz 2021 hat die beklagte die klägerin mit schreiben vom 13. april 2021 (bl. 51 beiakte heft 1) gebeten, den bescheid vom 13. april 2021 als gegenstandslos zu betrachten; in der folgezeit hat die klägerin die klage auf die anfechtung des bescheides vom 10. märz 2021 beschränkt. 20zur begründung hat die klägerin ergänzend folgendes ausgeführt: 21die beklagte sei von einem unzutreffenden sachverhalt ausgegangen. das auf dem grundstück auftreffende niederschlags(-ab-)wasser sei seit jahrzehnten auf dem grundstück versickert worden, und zwar zunächst in einer sickergrube mit einem fassungsvermögen von ca. 12 m³. nach dem erwerb des grundstücks durch die klägerin sei der – bereits in der vorkorrespondenz erwähnte – bachlauf mit teich angelegt worden, dessen überlauf in die sickergrube führe. falsch sei die behauptung der beklagten, dass das haus nach der herstellung der vollkanalisation im jahre 1991 vom damaligen eigentümer auch mit dem niederschlags(-ab-)wasser an die öffentliche kanalisation angeschlossen worden sei. es habe dementsprechend auch kein eigenmächtiger rückbau durch die klägerin stattgefunden. 22ein von der klägerin im november 2020 gestellter antrag auf erteilung der wasserrechtlichen erlaubnis zur versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück werde von der beklagten seit monaten nicht bearbeitet. 23eine versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück sei im übrigen unter ökologischen gesichtspunkten der entwässerung in den kanal vorzuziehen. 24die beklagte setze zudem seit jahren projekte zum überflutungsschutz um. so sei mit dem spar- und bauverein t. von der beklagten ein eigentümer als partner gewonnen worden, der größere zusammenhängende siedlungen im stadtgebiet besitze. mit ihm seien – mit landesmitteln gefördert – zwischen 2008 und 2015 fünf siedlungen vom mischwasserkanal abgekoppelt worden; das dort anfallende niederschlags(-ab-) wasser werde versickert. vor diesem hintergrund könne sie, die klägerin, es nicht nachvollziehen, dass in ihrem fall eine entsprechende verfahrensweise nicht möglich sein sollte. 25die klägerin beantragt, 26den bescheid vom 10. märz 2021 aufzuheben. 27die beklagte beantragt, 28die klage abzuweisen. 29zur begründung wiederholt und vertieft sie ihre ausführungen aus dem verwaltungsverfahren. ergänzend hat sie im wesentlichen folgendes ausgeführt: 30ausweislich eines behördeninternen vermerks vom 5. april 1991 (bl. 14 beiakte heft 1) sei entgegen der behauptung der klägerseite am 1. märz 1991 ein vollanschluss (schmutz- und niederschlagswasser) an den öffentlichen kanal erfolgt. 31für das betroffene grundstück liege weder eine wasserrechtliche erlaubnis zur einleitung von niederschlagswasser in das grundwasser noch eine freistellung von der abwasserüberlassungspflicht vor. 32ein schriftlicher antrag auf erteilung einer wasserrechtlichen erlaubnis von november 2020 sei weder bei der den anschlussbescheid erlassenden stelle, den technischen betrieben t. , noch bei dem stadtdienst natur und umwelt, der die aufgaben der unteren wasserbehörde wahrnimmt, eingegangen. 33auch eine freistellung von der abwasserüberlassungspflicht, die bei dem gemeinsamen ortstermin der beklagten bei der klägerin, der am 4. februar 2021 stattgefunden habe, erörtert worden sei, könne nicht erteilt werden. die vorhandene mischwasserkanalisation sei für den anschluss aller grundstücke bemessen. die klägerin könne sich auch nicht auf die übergangsregelung nach § 49 abs. 4 s. 2 lwg berufen, da das grundstück vor dem 1. januar 1996 (hier: 1965) bebaut und der anschluss vom vorbesitzer 1991 hergestellt worden sei. 34auf die möglichkeit, niederschlags(-ab-)wasser zur bewässerung des gartens aufzufangen, wenn der auffangbehälter einen überlauf mit anschluss an den kanal habe, habe sie, die beklagte, die klägerin im verwaltungsverfahren mehrfach hingewiesen. 35wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 36 | 37die klage hat weder mit der anfechtung der anschluss- und benutzungsforderung (i.) noch mit der anfechtung der zugehörigen zwangsgeldandrohung (ii.) erfolg. 38i. 39der angefochtene – gemäß § 8 landeszustellungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (lzg nrw) mit seinem (nachweislichen) zugang an die klägerin als zugestellt geltende – bescheid vom 10. märz 2021 ist mit der dort ausgesprochenen anschluss- und benutzungsforderung bezüglich der öffentlichen abwasseranlage rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten. 40für die beurteilung der rechtmäßigkeit des angefochtenen belastenden anschluss- und benutzungsbescheides, mit dem die beklagte von der klägerseite – sinngemäß – die herstellung des anschlusses des streitgegenständlichen grundstücks an die öffentliche (mischwasser-)kanalisation auch wegen des niederschlags(-ab-)wassers, das auf den nicht angeschlossenen bebauten und befestigten flächen anfällt, und dessen benutzung fordert, ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten verwaltungsentscheidung, d.h. hier des erlasses des bescheides, maßgeblich. zwar kann es, soweit es - wie hier - um die anfechtung eines im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung noch nicht vollzogenen, fortdauernd wirkenden belastenden verwaltungsaktes geht, zugunsten des betroffenen a u c h auf die sach- und rechtslage im zeitpunkt der mündlichen verhandlung ankommen. dies folgt daraus, dass die behörde auch während des laufes des gerichtlichen verfahrens den verwaltungsakt darauf "unter kontrolle" halten muss, ob für die in ihm getroffene regelung weiterhin die rechtlichen voraussetzungen vorliegen. das hat zur folge, dass ein r e c h t m ä ß i g ergangener belastender verwaltungsakt, der noch nicht vollzogen ist, nicht aufrechterhalten werden darf, wenn er wegen einer änderung der sach- oder rechtslage nachträglich seine rechtliche grundlage verloren hat. soweit sich aus dem anzuwendenden materiellen recht nichts gegenteiliges ergibt, verschiebt sich der zeitpunkt der sach- und rechtslage, auf den bei der rechtmäßigkeitskontrolle durch das gericht abzustellen ist, jedoch nicht, wenn der belastende verwaltungsakt im zeitpunkt der letzten verwaltungsentscheidung r e c h t s w i d r i g war, er aber wegen einer änderung der sach- und rechtslage nunmehr in gleicher weise rechtmäßig ergehen könnte. solche materiell-rechtlichen besonderheiten bestehen im rahmen der ausübung eines gemeindlichen anschlusszwanges nicht, so dass es hier bei der allgemeinen regel verbleibt, nach der die voraussetzungen für den belastenden verwaltungsakt im zeitpunkt der letzten verwaltungsentscheidung vorgelegen haben müssen. 41vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteile vom 28. november 1986 - 22 a 1206/81 -, kstz 1987, 132 = nvwz 1987, 727 = upr 1987, 313 und vom 21. dezember 1993 - 22 a 1232/92 -, nwvbl. 1994, 174. 42in anwendung dieser prüfungsmaßstäbe sind die voraussetzungen für eine rechtmäßige geltendmachung des anschluss- und benutzungszwanges auch wegen des niederschlags(-ab-)wassers durch die beklagte gegeben; diese voraussetzungen waren nämlich bei erlass des anschlussbescheides im märz 2021 erfüllt und zwischen dem erlass des angefochtenen bescheides und der gerichtlichen entscheidung ist es zu keiner für die klägerseite günstigen änderung der sach- oder rechtslage gekommen. 43die forderung, das streitgegenständliche grundstück auch bzgl. des niederschlags(-ab-) wassers, das auf den in rede stehenden flächen anfällt, an die öffentliche abwasseranlage anzuschließen und den anschluss zu nutzen, findet ihre rechtsgrundlage in den regelungen der „satzung der stadt t. über die entwässerung der grundstücke und den anschluss an die öffentliche abwasseranlage – entwässerungssatzung – entws – vom 16. dezember 2014“ in der hier einschlägigen fassung der ii. änderungsfassung vom 13. dezember 2016 (ews), die bezüglich der hier einschlägigen bestimmungen seither unverändert gilt. 44a. 45(begründetheit der anschluss- und benutzungsforderung nach maßgabe der satzung) 46in dieser satzung ist bzgl. des hier in rede stehenden – lediglich das niederschlags(-ab-) wasser betreffenden – anschluss- und benutzungszwangs der öffentlichen entwässerungseinrichtung im wesentlichen folgendes bestimmt: 47„§ 2 ews anschlussrecht 48jeder eigentümer eines im gebiet der stadt liegenden grundstücks ist vorbehaltlich der einschränkung in § 3 entws berechtigt, von der stadt zu verlangen, dass sein grundstück an die bestehende abwasseranlage angeschlossen wird (anschlussrecht). 49§ 2a ews anschlussrecht für niederschlagswasser 50(1) das anschlussrecht erstreckt sich grundsätzlich auch auf das niederschlagswasser. 51(2) dieses gilt jedoch nicht für niederschlagswasser von grundstücken, bei denen die pflicht zur beseitigung des niederschlagswassers gemäß § 49 abs. 4 satz 1 lwg dem eigentümer des grundstücks obliegt. 52(3) ausgeschlossen ist der anschluss des niederschlagswassers von grundstücken, die nur durch einen schmutzwasserkanal erschlossen sind und eine anschlussanordnung nach § 3 abs. 3 satz 2 nicht erfolgt. 53(4) darüber hinaus ist der anschluss des niederschlagswassers nicht ausgeschlossen, wenn die gemeinde von der möglichkeit gemäß § 49 abs. 4 s.3 lwg nrw gebrauch macht. 54§ 3 ews (begrenzung des anschlussrechts) 55(1) das in den §§ 2 und 2 a entws geregelte anschlussrecht erstreckt sich auf solche grundstücke, die durch eine straße (weg/platz), in der eine betriebsfertige abwasserleitung vorhanden ist, erschlossen sind. ein anschlussrecht besteht auch für solche grundstücke, die mittelbar zu der straße (weg/platz) einen zugang haben und für die das erforderliche durchleitungsrecht zu dieser straße (weg/platz) auf dauer gesichert ist. desweiteren besteht ein anschlussrecht, wenn die öffentliche abwasseranlage unmittelbar über das grundstück verläuft oder die erforderlichen durchleitungsrechte zu einer öffentlichen abwasseranlage vorhanden und auf dauer gesichert sind. bei anderen grundstücken kann die stadt den anschluss zulassen. die herstellung neuer oder die erweiterung oder änderung bestehender leitungen kann nicht verlangt werden.… 56§ 3a ews (benutzungsrecht) 57nach der betriebsfertigen herstellung der anschlussleitung hat der anschlussberechtigte vorbehaltlich der einschränkung in § 4 entws und unter beachtung der §§ 56, 57, 58 lwg das recht, die auf seinem grundstück anfallenden abwässer in die öffentliche abwasseranlage einzuleiten (benutzungsrecht). 58… 59§ 5 ews (anschlusszwang) 60(1) jeder anschlussberechtigte (nach §§ 2 und 3 entws) ist verpflichtet, sein grundstück, sobald es bebaut ist (darunter fallen auch befestigte flächen gemäß § 2 bauo nw) oder mit der bebauung begonnen wurde, in erfüllung der abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg nw an die öffentliche abwasseranlage anzuschließen (anschlusszwang). dies gilt nicht für niederschlagswässer, wenn § 49 abs. 4 satz 1 lwg nw anwendung findet. die stadt zeigt durch öffentliche bekanntmachung an, welche einzelgrundstücke, straßen oder ortsteile mit einer betriebsfertigen abwasseranlage versehen sind. mit dieser bekanntmachung wird der anschlusszwang wirksam. alle für den anschlusszwang in frage kommenden anschlussberechtigten haben ihre grundstücke mit den zur ordnungsgemäßen entwässerung erforderlichen einrichtungen zu versehen. 61… 62§ 6 ews (benutzungszwang) 63(1) der anschlussnehmer ist verpflichtet, sämtliche auf dem grundstück anfallenden abwässer in die öffentliche abwasseranlage nach den bestimmungen dieser satzung einzuleiten. ausgenommen sind niederschlagswässer gem. § 2 a abs. 3 entws und schmutzwässer, soweit ihre einleitung gem. § 4 entws ausgeschlossen ist. 64(2) auf grundstücken, die dem anschlusszwang unterliegen, dürfen andere als von der stadt erlaubte abwasseranlagen (z.b. abortgruben n usw.) nicht mehr angelegt oder benutzt werden, es sei denn, dass befreiung gemäß § 7 entws erteilt wurde. 65… 66§ 7 ews (befreiung vom anschluss- und benutzungszwang für schmutzwasser) 67(1) der anschlussverpflichtete kann vom anschluss- und benutzungszwang widerruflich auf unbestimmte oder auf eine bestimmte zeit befreit werden, wenn den anforderungen der öffentlichen gesundheitspflege anderweitig genügt wird und nach abwägung der öffentlichen und privaten interessen ein begründetes interesse an einer privaten beseitigung oder verwertung des abwassers besteht. 68(2) eine befreiung vom anschlusszwang kann der anschlusspflichtige nach aufforderung der stadt zur herstellung des anschlusses schriftlich bei der stadt beantragen. dem antrag sind pläne beizufügen, aus denen ersichtlich ist, wie die abwässer beseitigt oder verwertet werden sollen. eine befreiung vom benutzungszwang kann unter angabe der gründe schriftlich bei der stadt beantragt werden.“ 69die satzung begegnet keinen formellen bedenken. solche sind weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich. auch in materiell-rechtlicher hinsicht sind die hier in rede stehenden satzungsregelungen nicht zu beanstanden. sie stehen – soweit das vorliegende verfahren eine überprüfung gebietet – mit den einschlägigen rechtlichen anforderungen in einklang. 70die gesetzlichen grundlagen, auf denen beruhend eine entwässerungssatzung regelungen über die zulassungs- und benutzungsordnung der gemeindlichen abwasseranlage zulasten betroffener grundrechtsträger treffen kann, um die erfüllung des einrichtungszweckes zu gewährleisten, ergeben sich aus dem kommunalrecht und der wassergesetzlich an die gemeinde übertragenen abwasserbeseitigungsaufgabe. die beklagte gemeinde ist herrin der abwasserbeseitigungseinrichtung, die sie zur erfüllung ihrer wasserrechtlichen abwasserbeseitigungspflicht nach § 46 abs. 1 satz 1 landeswassergesetz nrw in der fassung des gesetzes zur änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher vorschriften vom 8. juli 2016 (gvbl. nrw 2016, 539 – lwg n. f.) [entspricht im kern § 53 abs. 1 satz 1 lwg in der fassung des gesetzes zur änderung wasserrechtlicher vorschriften vom 3. mai 2005 (gvbl. nrw 2005, 463 – lwg a. f.)] geschaffen hat. auf der rechtsgrundlage der §§ 7 - 9 gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen (go) ist die gemeinde als einrichtungsherrin befugt, die im rahmen eines kanalbenutzungsverhältnisses bestehenden rechte und pflichten der nutzungsberechtigten anschlussnehmer, d. h. die anforderungen an deren zulassung zu der einrichtung und an ihre benutzung auf grund und im rahmen der gesetze durch satzung näher zu regeln, wie es hier in der abwassersatzung geschehen ist. die grenzen dieser regelungsbefugnis ergeben sich aus dem zweck der satzungsermächtigung, den ordnungsgemäßen betrieb der einrichtung im rahmen des widmungszwecks sicherzustellen, sowie aus den anforderungen des gleichbehandlungsgrundsatzes, des rechtstaatlichen verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des sonstigen einschlägigen höherrangigen rechts. 71vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 3. juni 2009 – 15 a 996/09 –. 72die hier in rede stehenden regelungen überschreiten diesen gesetzlichen rahmen nicht. 73die anordnung des anschluss- und benutzungszwanges in der satzung, die nicht nur das schmutzwasser, sondern auch das niederschlags(-ab-)wasser im sinne des § 54 wasserhaushaltsgesetz (whg) erfasst (vgl. auch § 1a ews), rechtfertigt sich aus §§ 46 abs. 1 satz 1, 48 satz 1 lwg n. f. (entspricht im kern § 53 abs. 1 satz 1 und abs. 1c lwg a. f.). danach ist (grundsätzlich) den gemeinden die (pflichtige selbstverwaltungs-) aufgabe übertragen, das auf ihrem gebiet anfallende abwasser ordnungsgemäß, d.h. ohne beeinträchtigung für das wohl der allgemeinheit zu beseitigen (vgl. § 46 abs. 1 satz 1 lwg n.f. in verbindung mit §§ 55, 56 whg). um die erfüllung dieser pflicht zu ermöglichen, hat der landesgesetzgeber in § 48 satz 1 lwg n.f. (entspricht § 53 abs. 1c lwg a. f.) den nutzungsberechtigten eines grundstückes die entsprechende pflicht auferlegt, auf dem grundstück anfallendes abwasser (grundsätzlich) der gemeinde zu überlassen. die art und weise, in der die wassergesetzlich angeordnete überlassungspflicht zu erfüllen ist, nämlich durch den anschluss an die öffentliche abwassereinrichtung und durch deren benutzung, hat die gemeinde kraft ihres rechts zur satzungsmäßigen regelung ihrer örtlichen angelegenheiten (§ 7 gemeindeordnung nrw) in ihrer entwässerungssatzung in – mithin nicht zu beanstandender weise – festgelegt. 74die klägerin kann der anordnung der auch das niederschlags(-ab-)wasser betreffenden abwasserüberlassungspflicht im landeswassergesetz und der anordnung des daran anknüpfenden anschluss- und benutzungszwanges in der städtischen abwasserbeseitigungssatzung nicht mit erfolg entgegenhalten, dass die hier von der gemeinde gewählte art und weise der entwässerung über den mischwasserkanal statt durch versickerung auf dem grundstück gegen das gebot des schutzes der natürlichen lebensgrundlagen in art. 20a grundgesetz (gg) verstoße. denn die klägerseite kann sich auf eine verletzung dieser vorschrift nicht unmittelbar berufen. die schutznorm des art. 20a gg ist als objektiv-rechtlich wirkende staatszielbestimmung ausgestaltet. sie enthält aber keinen subjektiv-rechtlichen anspruchstatbestand. 75vgl. in diesem sinne bereits: bundesverwaltungsgericht (bverwg), beschluss vom 19. dezember 1997 – 8 b 234.97 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 3, auch in dvbl. 1998, 1222 f.; so aber auch bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. märz 2021 – 1 bvr 2656/18 und andere –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 112. 76daher ist das schutzgebot des art. 20a gg zwar für die gesetzgebende gewalt bei der gesetzlichen regelung von sachbereichen ein herausgehobener abwägungsgesichtspunkt und für die vollziehende gewalt auslegungs- und abwägungshilfe bei der konkretisierung unbestimmter rechtsbegriffe und bei der betätigung von ermessen. 77vgl. in diesem sinne: bundesverwaltungsgericht (bverwg), beschluss vom 19. dezember 1997 – 8 b 234.97 – dvbl. 1998, 1222 f. 78unmittelbare ansprüche des einzelnen verleiht das schutzgebot aber nicht. die umsetzung der staatszielbestimmung erfolgt vielmehr in erster linie durch gesetzgeberische entscheidungen. dabei darf der gesetzgeber im rahmen seiner abwägungsbefugnisse zur sicherung des hochrangigen (umwelt-)schutzgutes der reinhaltung der gewässer, aber auch zum schutz des gewichtigen öffentlichen interesses an der ordnungsgemäßen ableitung von niederschlags(-ab-)wasser, das insbesondere die vermeidung von wasserschäden an fremden grundstücken oder überschwemmungen etwa von verkehrsflächen umfasst, schutzgutfördernd das instrument der abwasserüberlassungspflicht einführen, wie es der nordrhein-westfälische gesetzgeber in § 53 abs. 1c lwg a. f. (2005) [entspricht § 48 lwg heutiger fassung] auch bezüglich des niederschlags(-ab-)wassers mit der folge getan hat, dass die gemeinde den anschluss- und benutzungszwang auch auf diese abwasserart erstrecken darf. 79vgl. zum schutzzweck der vermeidung der genannten wasserschäden und überschwemmungen durch niederschlags(-ab-)wasser, der auch die anordnung des anschluss- und benutzungszwanges durch kommunale satzung rechtfertigt: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 11. dezember 2017 – 15 a 1357/17 –, ecli:de:ovgnrw:2017:1211.15a1357.17.00, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 27 f., mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung. 80dies gilt umso mehr, als der landesgesetzgeber durch die seinerzeit erfolgte neufassung des § 51a abs. 1 satz 1 lwg a.f. (2005 – entspricht im kern § 44 abs. 1 s. 1 lwg 2016/2021) klargestellt hatte, dass niederschlagswasser von grundstücken, die nach dem 1. januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche kanalisation angeschlossen werden, zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah direkt oder ohne vermischung mit schmutzwasser über eine kanalisation in ein gewässer einzuleiten ist, sofern dies ohne beeinträchtigung des wohls der allgemeinheit möglich ist. durch die neuregelung wollte der gesetzgeber verdeutlichen, dass § 51 a abs. 1 satz 1 lwg a.f. (2005) – und damit die entsprechende regelung in § 44 abs. 1 s. 1 lwg n.f. (2016/2021) – kein vorrangprinzip beinhaltet(e), wonach niederschlags(-ab-)wasser in erster linie auf dem grundstück zu beseitigen wäre, und dass auch eine entwässerung über eine trennkanalisation der generellen zielsetzung des § 51 a lwg a.f. (2005) – bzw. des § 44 abs. 1 s. 1 lwg n.f. (2016/2021) – entspricht. 81vgl. dazu die gesetzesmaterialien zur gesetzesänderung im jahr 2005: begründung der landesregierung zum entwurf eines gesetzes zur änderung wasserrechtlicher vorschriften, landtagsdrucksache 13/6222 vom 15. november 2004, s. 100, zu nr. 33 buchstabe a). 82dass der landesgesetzgeber einer abwasserbeseitigung auf dem grundstück auch weiterhin keinen vorrang vor einer entwässerung über die öffentliche kanalisation verleiht, verdeutlicht insbesondere auch die änderung, die § 44 lwg durch das „gesetz zur änderung des landeswasserrechts“ vom 4. mai 2021 (gvbl. 2021, nr. 39, vom 17. mai 2021, s. 559 ff.) erfahren hat. mit dem neu eingefügten § 44 abs. 1 s. 2 lwg hat der landesgesetzgeber nämlich klargestellt, dass (sogar) niederschlagswasser, das aufgrund einer nach bisherigem recht zugelassenen kanalisationsnetzplanung gemischt mit schmutzwasser einer öffentlichen abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, weiterhin über das mischnetz beseitigt werden kann, wenn der technische oder wirtschaftliche aufwand unverhältnismäßig ist. 83vgl. dazu die gesetzesmaterialien zur gesetzesänderung im jahr 2021: gesetzentwurf der landesregierung: gesetz zur änderung des landeswassergesetzes, landtagsdrucksache 17/9942 vom 25. juni 2020, s. 28, 29 und 95. 84die landesgesetzliche anordnung der überlassungspflicht für niederschlags(-ab-)wasser und ein daran anknüpfender anschluss- und benutzungszwang stehen auch in einklang mit den – im sinne des art. 72 abs. 3 s. 1 nr. 5 gg stoffgezogenen und damit vorrangigen – bundesgesetzlichen regelungen in § 55 abs. 2 whg über die grundsätze der (niederschlags-)abwasserbeseitigung, die zum 1. märz 2010 in kraft getreten sind. dort ist nämlich bestimmt, dass niederschlags(-ab-)wasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine kanalisation ohne vermischung mit schmutzwasser in ein gewässer eingeleitet werden soll, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche vorschriften noch wasserwirtschaftliche belange entgegenstehen (hervorhebung durch den unterzeichner). mithin sieht auch das whg keinen vorrang einer dezentralen beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers auf oder an dem grundstück vor. 85die landesgesetzliche anordnung der überlassungspflicht für niederschlags(-ab-)wasser und ein daran anknüpfender anschluss- und benutzungszwang stehen sogar in einem fall wie dem vorliegenden, in dem das auf dem betroffenen grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser über einen – aus den weiter unten ausgeführten gründen (s. dazu b.a.) – „bestandsgeschützten“ mischwasserkanal entsorgt werden soll, in einklang mit den anforderungen des § 55 abs. 2 whg. denn nach den gesetzesmaterialien ist die vorschrift des § 55 abs. 2 whg (bewusst) „relativ weit und offen formuliert (sollvorschrift), um den unterschiedlichen verhältnissen vor ort (z.b. vorhandenen mischkanalisationen in baugebieten) rechnung tragen zu können“. nach den mit der regelung verbundenen intentionen des gesetzgebers hat sie zudem „nur für die errichtung von neuen anlagen bedeutung; bereits bestehende mischkanalisationen können daher im bisherigen umfang weiter betrieben werden.“ 86vgl. „entwurf eines gesetzes zur neuregelung des wasserrechts“ vom 17. märz 2009, bundestagsdrucksache 16/12275, s. 68.. 87dass die rechtfertigung der überlassungspflicht und eines daran anschließenden anschlusszwangs für niederschlags(-ab-)wasser durch den schutzzweck der vermeidung der genannten wasserschäden und überschwemmungen nicht deswegen entfällt, weil die kapazität von kanalisationen immer nur auf die aufnahme eines bestimmten, üblichen technischen standards entsprechenden berechnungsregens und nicht auf die aufnahme von demgegenüber gravierenderen starkregenereignissen oder gar von „katastrophenregen“ ausgerichtet ist, versteht sich vor dem hintergrund des unverhältnismäßigen finanziellen aufwandes, den deutlich höhere kanalkapazitäten für statistisch recht seltene regenereignisse nach sich zögen, von selbst. 88da mit dem – an die abwasserüberlassungspflicht anknüpfenden – anschlusszwang an die öffentliche abwasseranlage (mithin berechtigterweise) ein gewichtiges öffentliches interesse verfolgt wird, erweist sich der anschluss- und benutzungszwang auch im hinblick auf das eigentumsgrundrecht aus art. 14 abs. 1 gg als grundsätzlich verhältnismäßig. er stellt eine zulässige gesetzliche inhaltsbestimmung gemäß art. 14 abs. 1 satz 2 gg dar und ist ausdruck der sozialbindung des eigentums gemäß art. 14 abs. 2 gg. 89vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 11. dezember 2017 – 15 a 1357/17 –, ecli:de:ovgnrw:2017:1211.15a1357.17.00, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 27, f. mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung. 90die befugnis, die den anschlussnehmern durch diese mithin wirksamen satzungsregeln auferlegten pflichten in der handlungsform des verwaltungsaktes zu konkretisieren und ggf. mit den mitteln des verwaltungszwanges durchzusetzen, ergibt sich aus dem hoheitlichen wesen des öffentlichen benutzungsverhältnisses, das zwischen der gemeinde als herrin der entwässerungseinrichtung und den anschlussnehmern als deren nutzern besteht. 91vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 7. märz 1994 - 22 a 753/92 -, nvwz-rr 1995, 244. 92die voraussetzungen für den in der satzung mithin wirksam angeordneten anschluss- und benutzungszwang liegen für das streitgegenständliche grundstück auch vor. 93denn das grundstück ist bebaut und befestigt (§ 5 abs. 1 s. 1 ews), so dass auf dem streitgegenständlichen grundstück (beseitigungsbedürftiges) niederschlags(-ab-)wasser anfällt (vgl. § 54 abs. 1 nr. 2 whg; s. a. die entsprechende abwasserdefinition in § 1a nrn. 1 und 3 ews). 94auch die weitere voraussetzung für einen anschlusszwang nach § 5 abs. 1 s. 3 ews ist erfüllt. denn ausweislich des in den verwaltungsvorgängen befindlichen datenblatts „grundstückskartei“ (vgl. bl. 6 beiakte heft 1) ist der mischwasserkanal in der straße, der an der streitgegenständlichen grundbesitzung entlang läuft, im jahre 1991 hergestellt worden; ernstliche anhaltspunkte dafür, dass die beklagte nicht durch öffentliche bekanntmachung angezeigt hätte, dass die straße mit einer betriebsfertigen abwasseranlage versehen ist, bestehen angesichts des alters des kanals und der dichte der anliegenden bebauung nicht. 95der geltendmachung der anschlusspflicht durch die beklagte steht auch nicht entgegen, dass etwa die klägerseite selbst oder dritte zur beseitigung des auf der streitgegenständlichen grundbesitzung anfallenden niederschlags(-ab-)wassers verpflichtet (und berechtigt) wären. da weder die nutzungsberechtigte klägerseite selbst noch (sonstige) andere nach §§ 49 - 53 lwg zur abwasserbeseitigung verpflichtet sind, besteht vielmehr nach § 48 s. 1 lwg die pflicht der nutzungsberechtigten klägerseite (= eigentümer des streitgegenständlichen grundstücks), das auf diesem grundstück anfallende abwasser, d. h. sowohl das schmutz- als auch das niederschlags(-ab-)wasser, der beklagten gemeinde zu überlassen (abwasserüberlassungspflicht), die nach § 46 abs. 1 s. 1 lwg als beseitigungspflichtige verbleibt. 96von den in den §§ 49 - 53 lwg geregelten ausnahmen von der abwasserbeseitigungspflicht der gemeinde kommt hier ohnehin nur die in § 49 abs. 4 s. 1 lwg vorgesehene – und in §§ 2a abs. 2 und 5 abs. 1 s. 2 ews allein bzgl. des niederschlags(-ab-)wassers ausdrücklich als „anschlusshindernis“ angesprochene – ausnahme näher in betracht. 97nach § 49 abs. 4 s. 1 lwg ist der nutzungsberechtigte selbst zur beseitigung des niederschlagswassers verpflichtet, sofern gegenüber der zuständigen behörde nachgewiesen ist, dass das niederschlagswasser durch den nutzungsberechtigten ganz oder teilweise gemeinwohlverträglich auf dem grundstück versickert oder ortsnah in ein gewässer eingeleitet werden kann, und die gemeinde den nutzungsberechtigten des grundstücks insoweit von der überlassungspflicht nach § 48 freigestellt hat (hervorhebung durch den unterzeichner). 98der nachweis der gemeinwohlverträglichen beseitigungsmöglichkeit gegenüber der wasserbehörde als insoweit zuständiger behörde und die freistellung durch die insoweit zuständigen gemeinde sind die beiden konstitutiven voraussetzungen für den übergang der abwasserbeseitigungspflicht nach § 49 abs. 4 s. 1 lwg. 99vgl. dazu, dass nachweis und freistellung zwei konstitutive voraussetzungen für den übergang der abwasserbeseitigungspflicht sind: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 - 15 a 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris (s. dort rdnr.13); und dazu, dass dies auch für das landeswassergesetz neuer fassung gilt: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 24. februar 2017 – 15 b 49/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris (siehe dort insbesondere rn. 7 ff.). 100diese voraussetzungen für einen übergang der abwasserbeseitigungspflicht auf die klägerseite selbst sind hier aber nicht erfüllt. 101zum einen ist der erforderliche nachweis der versickerungs- oder einleitungsmöglichkeit des niederschlags(-ab-)wassers im sinne des § 49 abs. 4 s. 1 lwg n.f. (entspricht im wesentlichen § 53 abs. 3a s. 1 lwg a.f.), der hier nach § 49 abs. 4 s. 4 und 5 lwg n.f. (= § 53 abs. 3a sätze 3 und 4 lwg a.f.) im übrigen dem nutzungsberechtigten eigentümer obläge, nicht geführt. denn es liegt keine entsprechende, für die versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück bzw. für dessen einleitung in ein gewässer (hier: teich) erforderliche wasserrechtliche erlaubnis vor. 102eine wasserrechtliche erlaubnis für diese formen der beseitigung des auf dem grundstück anfallenden niederschlags(-ab-)wassers besaß und besitzt die klägerseite nicht. 103eine erlaubnis für die hier in rede stehende gewässerbenutzung zwecks entsorgung des niederschlags(-ab-)wassers ist nämlich 104- hinsichtlich der versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück wegen der damit verbundenen benutzung des grundwassers durch einleiten von stoffen nach § 2 abs. 1, § 3 nr. 3, § 9 abs. 1 nr. 4, § 8 abs. 1 und 57 abs. 1 whg, 105vgl. zur erlaubnispflichtigkeit des versickerns von niederschlags(-ab-)wasser: vg düsseldorf, urteil vom 25. märz 2014 – 17 k 5503/13 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 16 ff., 106- bzw. hinsichtlich der einleitung des niederschlags(-ab-)wassers in den teich als ein oberirdisches gewässer im sinne der § 3 nr. 1 whg wegen des damit verbundenen einleitens von stoffen in ein gewässer nach § 2 abs. 1, § 9 abs 1 nr. 4, § 8 abs. 1 und § 57 abs. 1 whg 107erforderlich und ist seit inkrafttreten des whg in seiner ursprungsfassung zum 1. märz 1960, spätestens aber seit ablauf der für bestimmte nutzungen bestehenden übergangsfrist von fünf jahren nach dessen inkrafttreten, 108vgl. dazu des näheren: vg düsseldorf, urteil vom 4. november 2014 – 5 k 7798/13 –, urteilsabdruck bl. 15 ff., 109auch stets erforderlich gewesen. denn die nach den wasserhaushaltsgesetzen in ihren diversen fassungen bestehende benutzungsordnung für gewässer sah und sieht vor, dass es u.a. für die versickerung von niederschlags(-ab-)wasser, d.h. der einleitung von stoffen in das grundwasser, bzw. für die einleitung von stoffen in oberirdische gewässer einer wasserrechtlichen erlaubnis bedarf [vgl. dazu einerseits §§ 1, 2, 3 abs. 1 nr. 4 bzw. 5 (betreffend die benutzungstatbestände des einen leidens von stoffen in oberirdische gewässer bzw. in das grundwasser) sowie §§ 7, 15 bis 17 und 33 wasserhaushaltsgesetz in seiner ursprungsfassung vom 27. juli 1957 (whg – bgbl. 1957 i s. 1110), die zum 1. märz 1960 in kraft getreten ist (gesetz vom 19. februar 1959 (bgbl. 1959 i s. 37), sowie andererseits §§ 2, 8, 9 abs. 1 nr. 4 sowie § 46 whg nach der neubekanntmachung vom 31. juli 2009 – bgbl. i 2585]. 110eine wasserrechtliche versickerungserlaubnis ist auch in den der bebauung zugrunde liegenden baugenehmigungen nicht enthalten gewesen; da einer baugenehmigung keine konzentrationswirkung zukommt, ersetzt sie eine erforderliche wasserrechtliche erlaubnis nicht. 111vgl. zur fehlenden konzentrationswirkung von baugenehmigungen in anschlussrechtlichen zusammenhängen: ovg nrw, beschluss vom 1. juni 2012 – 15 a 48/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere rdnr. 36. 112eine fehlende wasserrechtliche erlaubnis kann erst recht nicht durch eine bauordnungsrechtliche abnahme ersetzt werden. 113vor dem hintergrund, dass das gesetz in § 49 abs. 4 s. 1 lwg hinsichtlich der „gemeinwohlverträglichkeit“ ausdrücklich einen nachweis gegenüber der zuständigen behörde fordert, geht auch die auffassung fehl, dass etwa schon eine „evidente erkennbarkeit“ der gemeinwohlverträglichkeit, die sich hier aus der jahrelangen duldung der entwässerungssituation ablesen lassen könnte, für den in rede stehenden nachweis ausreiche. die (ohnehin nirgendwo „evident erkennbare“) gemeinwohlverträglichkeit der versickerung von niederschlags(-ab-)wasser auf einem (jeweiligen) grundstück ist vielmehr aufgrund der der zuständigen behörde vorzulegenden nachweise durch diese (verbindlich – d.h. ggf. durch erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen erlaubnis oder eine anderweitige verbindliche feststellung zur gemeinwohlverträglichkeit nach art einer unbedenklichkeitsbescheinigung –) festzustellen, bevor diese konstitutive teilvoraussetzung für einen übergang der abwasserbeseitigungspflicht auf den nutzungsberechtigten eines grundstücks nach § 49 abs. 4 lwg als erfüllt angesehen werden kann, um die vom gesetz intendierte klare zuordnung der abwasserbeseitigungspflicht in einem geordneten verfahren, an dem neben der (gegebenenfalls freistellenden) gemeinde auch die untere wasserbehörde beteiligt ist, sicherzustellen. 114zum anderen hat die betroffene gemeinde die klägerin als nutzungsberechtigte auch nicht von der überlassungspflicht nach § 48 lwg n.f. freigestellt. 115dabei ist die freistellungsentscheidung der gemeinde für den übergang der abwasserbeseitigungspflicht konstitutiv. 116vgl. dazu z.b.: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 6. november 2018 – 15 a 907/17 –, veröffentlicht unter anderem in nrwe, siehe dort insbesondere rnrn. 39 und 40 mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung des ovg. 117eine ausdrückliche freistellung durch die beklagte gemeinde, deren erteilung mit der einfügung des § 53 abs. 3a lwg a.f. durch das „gesetz zur änderung wasserrechtlicher vorschriften“ vom 3. mai 2005 erstmals ermöglicht worden ist, ist nie erfolgt. 118die freistellung gilt auch nicht schon auf der grundlage der freistellungsfiktion nach § 49 abs. 4 s. 2 lwg n.f. als erteilt. zwar gilt mittlerweile nach § 49 abs. 4 s. 2 lwg n.f., das in dieser fassung am 16. juli 2016 in kraft getreten ist, die freistellung von der (niederschlags-)abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg als erteilt, wenn das gesamte niederschlags(-ab-)wasser eines grundstücks seit dem 1. januar 1996 auf dem grundstück beseitigt worden ist und die gemeinde in dieser zeit ihren anschluss- und benutzungszwang nicht geltend gemacht hat (hervorhebung durch den unterzeichner). 119dem eintritt der freistellungsfiktion steht hier schon entgegen, dass nicht das gesamte niederschlags(-ab-)wasser, das in der zeit vom 1. januar 1996 bis zum inkrafttreten des § 49 abs. 4 s. 2 lwg zum 16. juli 2016 auf dem grundstück anfiel, auf dem grundstück beseitigt wurde (und weiterhin wird); denn das grundstück ist ausweislich der von der klägerin selbst abgegebenen flächenerklärung von märz 2020 (bl. 15 beiakte heft 1) mit 32 m² befestigter fläche an den örtlichen kanal angeschlossen, d.h. das auf diesen flächen anfallende niederschlags(-ab-)wasser wird nicht auf dem grundstück entsorgt, sondern in den kanal abgeleitet. vor diesem hintergrund kommt es hier auf die zwischen den beteiligten streitige frage, ob der voreigentümer im jahre 1991 das grundstück auch mit dem (gesamten) niederschlags(-ab-)wasser an den öffentlichen kanal angeschlossen hat, nicht an; gegen einen anschluss des seinerzeit bereits auf dem grundstück versickerten niederschlags(-ab-)wassers dürfte aber der umstand sprechen, dass in der „unternehmerbescheinigung zur errichtung oder änderung von abwasseranlagen“ von märz 1991 von einer einleitung auch des niederschlagswassers in die sammelkanalisation und insbesondere von einem leitungsgebundenen anschluss gerade keine rede ist (die entsprechende rubrik ist nicht ausgefüllt – bl. 13 beiakte heft 1). 120die freistellungsfiktion kann abgesehen davon ohnehin nur greifen, wenn auch die möglichkeit einer im wasserrechtlichen sinne gemeinwohlverträglichen abwasserbeseitigung durch den nutzungsberechtigten nachgewiesen ist. 121vgl. in diesem sinne auch: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 24. februar 2017 – 15 b 49/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris (siehe dort insbesondere rn. 19 ff.). 122wie das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in seiner soeben zitierten entscheidung ausgeführt hat, greift die freistellungsfiktion nach § 49 abs. 4 satz 2 lwg n.f. nicht, wenn es an einer wasserwirtschaftlichen gemeinwohlverträglichkeitsprüfung fehlt, weil nach der gesetzesbegründung in den von dieser regelung erfassten fällen davon auszugehen sein soll, dass gemeindliche belange wie die finanzierung der infrastruktur (aufgrund der fehlenden geltendmachung eines anschlussinteresses durch die gemeinde) keinen anschluss erfordern, der nachweis, ob die beseitigung durch versickerung oder ortsnahe gewässereinleitung gemeinwohlverträglich ist, nach § 49 abs. 4 satz 1 lwg n.f. (aber) dennoch zusätzlich durchgeführt werden muss. 123vgl. die begründung der landesregierung für den entwurf eines gesetzes zur änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher vorschriften, lt-drs. 16/10799, s. 479. 124ohne eine derart enge verknüpfung der freistellungsfiktion mit der nachgewiesenen gemeinwohlverträglichkeit der abwasserbeseitigung durch den nutzungsberechtigten wäre die fiktionsregelung im übrigen kaum mit den anforderungen an eine ordnungsgemäße gemeinwohlverträgliche abwasserbeseitigung nach §§ 55, 56 wasserhaushaltsgesetz (whg) unter klarer bestimmung des abwasserbeseitigungspflichtigen zu vereinbaren. 125da es hier an der erforderlichen wasserwirtschaftlichen gemeinwohlverträglichkeitsprüfung fehlt, greift die fiktion des § 49 abs. 4 satz 2 lwg n.f. auch deshalb nicht ein. 126eine ausdrückliche oder fingierte freistellung von der abwasserüberlassungspflicht nach § 49 abs. 4 s. 1 lwg n.f. ist – neben dem nachweis der gemeinwohlverträglichkeit – für den übergang der abwasserbeseitigungspflicht auf den nutzungsberechtigten im übrigen auch in den fällen nicht entbehrlich, in denen die beseitigungspflicht für das niederschlags(-ab-)wasser nach früherem recht bei den nutzungsberechtigten gelegen haben mag. 127da das inkrafttreten der (im wesentlichen kern) inhaltsgleichen bestimmungen zum (ausnahmsweisen) übergang der abwasserbeseitigungspflicht auf den nutzungsberechtigten in § 49 abs. 4 s. 1 lwg n.f. (2016) und § 53 abs. 3a satz 1 lwg a. f. (2005) von keinerlei übergangsvorschriften, die die auswirkungen früherer regelungen über die niederschlagswasserbeseitigungspflicht beträfen, begleitet war, ist mit deren inkrafttreten (ohnehin nur) für die grundstücke, für die die nachbenannten verhältnisse bestanden, ein wechsel der niederschlagswasserbeseitigungspflicht eingetreten. denn während 128- nach § 51a abs. 1 und 2 satz 1 lwg a.f. (1995), der in der zeit vom 1. juli 1995 bis zum 10. mai 2005 galt (gvbl. 1995, 248), die damals regelmäßig bei der gemeinde liegende abwasserbeseitigungspflicht für niederschlagswasser automatisch auf den nutzungsberechtigten an einem grundstück, das nach dem 1. januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche kanalisation angeschlossen wurde, überging, wenn das niederschlagswasser auf den grundstücken, auf denen es anfällt, ohne beeinträchtigung des wohls der allgemeinheit versickert, verrieselt oder ortsnah in ein gewässer eingeleitet werden konnte, und 129- nach dem zuvor geltenden § 51 abs. 2 satz 1 nr. 3 lwg a. f. (1983), der am 31. dezember 1983 in kraft getreten war (gvbl. 1983, 644), erstmals bestimmt war, dass für niederschlagswasser, welches auf überwiegend zu wohnzwecken genutzten gebieten anfällt und ohne beeinträchtigung des wohls der allgemeinheit versickert, verregnet, verrieselt oder in ein gewässer eingeleitet werden konnte, die bestimmungen des abschnittes über die abwasserbeseitigung mit der folge nicht galten, dass für grundstücke, auf die die genannten voraussetzungen zutrafen, die gemeinde nicht nach § 53 abs. 1 lwg a. f. (1983) abwasserbeseitigungspflichtig war, 130liegt heute nach § 46 abs. 1 satz 1 lwg n.f. (2016) [entspricht § 53 abs. 1 satz 1 lwg a.f.(2005)] die abwasserbeseitigungspflicht für das niederschlags(-ab-)wasser regelmäßig wieder allein bei der gemeinde (vgl. zur regelmäßigen beseitigungspflicht der gemeinde bereits § 53 abs. 1 satz 1 lwg in der fassung des landeswassergesetzes vom 4. juli 1979, gvbl. 1979, 488). 131etwaige niederschlags(-ab-)wasser-beseitigungspflichten, die den nutzungsberechtigten nach früherem recht etwa trafen, bestehen – mangels entsprechender gesetzlicher überleitungsvorschriften – nicht mehr fort. auch wenn der nutzungsberechtigte vor inkrafttreten des § 53 lwg a.f. (2005) also selbst abwasserbeseitigungspflichtig gewesen wäre, änderte das nichts daran, dass die beseitigungspflicht insgesamt (wieder) bei der gemeinde liegt, soweit die in § 49 bis 53 lwg n.f. [entspricht überwiegend § 53 abs. 3, abs. 3a satz 1, abs. 4 oder 5 bzw. § 53a lwg a.f. (2005)] genannten ausnahmen nicht gegeben sind. 132vgl. in diesem sinne im ergebnis auch: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteile vom 31. januar 2007 – 15 a 150/05 und vom 22. januar 2008 - 15 a 488/05 -. 133in der oben zitierten entscheidung vom 1. september 2010 – 15 a 1636/08 – hat das ovg nrw zudem ausgeführt, dass sich die betroffenen in diesem zusammenhang auch nicht auf bestandsschutz in dem sinne berufen können, die bisher ihnen obliegende beseitigungspflicht für niederschlagswasser sei auch unter geltung des lwg in der seit dem 11. mai 2005 geltenden fassung bei ihnen verblieben und sie benötigten daher eine freistellung gar nicht. dafür gibt das gesetz nichts her. im gegenteil: dieses weist in § 53 abs. 1 lwg a.f. (2005), welcher die vorschrift des § 18a whg a. f. in bezug nimmt (vgl. jetzt § 46 lwg (2016) und §§ 54 ff. whg n. f.), den kommunen nunmehr (wieder) umfassend die pflicht zur beseitigung auch des niederschlags(-ab-)wassers zu und verpflichtet korrespondierend damit die nutzungsberechtigten in § 53 abs. 1c satz 1 lwg a.f. (= 48 lwg n.f.) zur umfassenden überlassung des abwassers an die gemeinden, ohne dabei rücksicht darauf zu nehmen, dass unter geltung alten rechts diese beseitigungspflicht für grundstücke, die u.a. die stichtagsmäßigen voraussetzungen des § 51a abs. 1 lwg erfüllten, in der regel bei dem nutzungsberechtigten eines grundstücks lag (vgl. § 51a abs. 2 lwg a. f.). 134vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 -15 a 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris (s. dort rdnr. 16). 135die klägerin hat im übrigen auch keinen (zwingenden) anspruch gegen die beklagte auf eine freistellung der streitgegenständlichen flächen von der abwasserüberlassungspflicht, den sie – verknüpft mit einem nachweis der gemeinwohlverträglichen beseitigungsmöglichkeit wegen des damit verbundenen anspruchs auf übergang der abwasserbeseitigungspflicht auf die klägerseite – der anschlussforderung ev. einredeweise entgegenhalten könnte. 136zur beantwortung der frage, von welchen erwägungen die gemeinde bei der entscheidung ausgehen darf, ob und inwieweit sie den nutzungsberechtigten von der abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg im sinne des § 49 abs. 4 s. 1 lwg „freistellt“ – und ihn damit in der sache zugleich mit blick auf ihre abwasserbeseitigungseinrichtung von der anschluss- und benutzungspflicht „befreit“ (freistellung und befreiung verstanden als wasserrechtliche bzw. einrichtungsrechtliche seiten einer medaille) – ist folgender wasserrechtlicher hintergrund zu beachten. die abwasserbeseitigungspflichtige gemeinde ist nach § 46 abs. 1 nr. 6 und § 47 abs. 1 und 3 lwg n.f. [2016 – entspricht im kern § 53 abs. 1 satz 2 nr. 7 und abs. 1a und 1b lwg a. f.(2005); eine pflicht zur aufstellung eines abwasserbeseitigungskonzeptes durch die gemeinde ist im übrigen schon durch § 53 abs. 1 lwg in der fassung des „gesetz zur änderung des landeswassergesetzes“ vom 20. dezember 1983 (gvbl. nrw 1983, s. 644 f.) in das landeswassergesetz aufgenommen worden;] gehalten, der zuständigen wasserbehörde im abstand von sechs jahren abwasserbeseitigungskonzepte vorzulegen. das konzept enthält eine übersicht über den stand der öffentlichen abwasserbeseitigung, die zeitliche abfolge und die geschätzten kosten für errichtung, betrieb, erweiterung und anpassung von abwasserbeseitigungsanlagen sowie aussagen darüber, wie zukünftig in entwässerungsgebieten das niederschlagswasser unter beachtung des § 55 abs. 2 wasserhaushaltsgesetz (whg) und des § 44 lwg n.f. und der städtebaulichen entwicklung beseitigt werden kann. damit ist der gemeinde die aufgabe gestellt, die zur erfüllung ihrer abwasserbeseitigungspflicht für das gemeindegebiet erforderlichen maßnahmen im rahmen des abwasserbeseitigungskonzeptes vorausschauend zu planen. hat sich die gemeinde in einem entwässerungsgebiet für ein bestimmtes abwasserbeseitigungskonzept entschieden, so ist es sachgerecht, wenn sie sich bei der entscheidung, ob sie auf die reklamierung von abwasser verzichtet, maßgeblich von diesem auf eine systematisch und sinnvoll geordnete entwicklung der abwasserbeseitigung gerichteten konzept leiten lässt und die freistellende/befreiende verzichtsmöglichkeit als instrument der umsetzung ihres abwasserbeseitigungskonzeptes einsetzt. 137vor diesem hintergrund ist festzustellen, dass die klägerseite keinen durchgreifenden anspruch auf eine – im ermessen der beklagten stehende –, 138vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 - 15 a 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort rdnr. 22), 139positive wasserrechtliche freistellungsentscheidung hat, den sie dem anschlussverlangen eventuell einredeweise entgegenhalten könnte. 140mit der angefochtenen anschlussforderung setzt die beklagte ihre zuvor mit planung und bau einer entsprechenden kanalisation im rahmen ihrer abwasserbeseitigungspflicht getroffene entscheidung für den einzelfall durch, das niederschlags(-ab-)wasser in dem bereich, in dem auch das streitgegenständliche grundstück liegt, über einen – aus den weiter unten ausgeführten gründen (s. dazu b.a.) „bestandsgeschützten“ – mischwasserkanal zu entsorgen. 141die seinerzeit getroffene gemeindliche entscheidung für den bau einer – wasserrechtskonformen, „bestandsgeschützten“ (s. dazu b.a.) – mischwasserkanalisation lenkt zugleich eine auf antrag zu treffende ermessensentscheidung über ein freistellungsbegehren in der weise, dass ein freistellungsantrag in aller regel abzulehnen ist (sog. „intendiertes ermessen“). erfüllt nämlich eine abwasserbeseitigung über den mischwasserkanal – wie hier aus den weiter unten ausgeführten gründen (s. dazu b.a.) – die zielsetzung einer ordnungsgemäßen abwasserbeseitigung im sinne von § 44 lwg in verbindung mit § 55 abs. 2 whg, verhindert die ablehnung der wasserrechtlichen) freistellung (bzw. entwässerungseinrichtungsrechtlich gesprochen: der befreiung) in legitimer weise, dass die („bestandsgeschützte“) konzeption der kommune im sinne des § 47 lwg n.f. (entspricht § 53 abs. 1a und 1b lwg a. f.), die einheitliche entwässerung des niederschlags(-ab-)wassers im betroffenen gebiet über einen mischwasserkanal sicherzustellen, nachträglich entwertet wird. 142vgl. zum „intendierten ermessen“ im genannten sinne für einen fall, in dem sich die gemeinde für den bau einer trennkanalisation entschieden hatte, bzgl. der – § 49 abs. 4 satz 1 lwg n.f. (2016) entsprechenden – regelung in § 53 abs. 3a satz 1 lwg a.f. (2005): ovg nrw, beschluss vom 1. juni 2012 – 15 a 48/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere rdnr. 40; vgl. zum „ermessensintendiert“ fehlenden freistellungsanspruch für einen fall „wirtschaftlichen bestandsschutzes“ im sinne des § 51 abs. 3 lwg a.f. [= in der zeit vom 1. juli 1995 (bis 12. mai 2005 als § 51 abs. 4 geltend) bis zum 15. juli 2016 geltende fassung], in dem sich die gemeinde in einer nach bisherigem recht (= einer vor dem 1. juli 1995) genehmigten kanalisationsnetzplanung für eine niederschlags(-ab-)wasserentsorgung über eine mischwasserkanalisation entschieden hatte: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 – 15 a 1635/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 32 ff.. 143mit anderen worten: ein freistellungsantrag wird in der beschriebenen konstellation nur in atypischen sonderfällen erfolg haben können, denn die gemeinde darf das in dem (wasserrechtsgemäßen) bau der mischkanalisation zum ausdruck kommende konzept einer zentralisierten beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers in dem betroffenen bereich schützen, indem sie durch eine restriktive freistellungspraxis einen hohen anschlussgrad und dadurch u.a. die breite finanzierung ihrer anlagen durch die anschlussnehmer sichert. 144ernstliche anhaltspunkte für das vorliegen eines atypischen sonderfalls bestehen hier nicht. 145ein solcher sonderfall lässt sich nicht aus dem umstand ableiten, dass die klägerin das auf den streitgegenständlichen flächen anfallende niederschlags(-ab-)wasser zum teil unmittelbar in einen sickerschacht und zum teil – zur gewinnung von wasser zur gartenbewässerung – über eine „bettung“ in einen teich einleitet, dessen überlauf über ein kiesbett wiederum mit dem sickerschacht verbunden ist. 146angesichts der bestehenden, gerade auch das niederschlags(-ab-)wasser betreffenden abwasserüberlassungspflicht und des berechtigten anliegens der beklagten gemeinde, ihre – den wassergesetzlichen anforderungen -- wie unter b.a. näher dargelegt wird -- entsprechende – abwasserkonzeption, d. h. hier die entsorgung des niederschlags(-ab-)wassers im betroffenen gebiet über den geschaffenen mischwasserkanal, zu schützen, stehen der bewertung von – verbreitet auftretenden – „bewässerungsinteressen“ oder sonstigen, etwa auch ökologisch motivierten interessen an einer „eigenentsorgung“ als „sonderfall“ im hier in rede stehenden sinne entgegen. 147gegen einen „sonderfall“ spricht in diesem zusammenhang hier umso mehr, als die beklagte mit der klageerwiderung nochmals deutlich gemacht hat, dass sie gegen eine nutzung des niederschlagswassers zur gartenbewässerung keine einwände erheben werde, sofern die rückhalteanlagen einen überlauf an die öffentliche abwasseranlage erhielten. 148dass ein anschluss der streitgegenständlichen flächen zur folge haben wird, dass die klägerseite auch wegen dieser flächen niederschlagswassergebühren zu zahlen haben wird, spricht nicht gegen, sondern vielmehr für eine ablehnung einer freistellung und für die anschlussforderung. denn es besteht ein legitimes interesse, durch die ablehnung einer freistellung zur sicherung einer hohen anschlussquote zugleich die abwassergebührengestützte finanzierungsbasis der wasserrechtsgemäß verwirklichten entwässerungskonzeption auch aus gründen der „abgabengerechtigkeit“, d. h. aus gründen einer sachlich angemessenen abgabenverteilung auf die bei der entwässerungskonzeption als potentiell zu entwässernd berücksichtigten grundstücke, gegenüber einer erosion an die öffentliche entwässerungsanlage angeschlossener bzw. noch anzuschließender – d. h. gebührenwirksamer bzw. nach verwirklichung des anschlussanspruchs der gemeinde infolge des geforderten anschlusses gebührenwirksam werdender – flächen zu schützen. 149ein sonderfall liegt auch nicht etwa deswegen vor, weil die klägerseite und wohl schon deren rechtsvorgänger das auf den streitgegenständlichen flächen anfallende niederschlags(-ab-)wasser schon seit längerer zeit nicht in den öffentlichen kanal eingeleitet haben, sondern in eine beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück investiert haben. 150ein eventuell schutzwürdiges – und durch eine freistellung zu bewehrendes – vertrauen auf den fortbestand der derzeitigen entwässerungssituation könnte vor diesem hintergrund allenfalls dann bestehen, wenn die klägerseite bzw. deren rechtsvorgänger bei schaffung dieser entwässerungssituation – also im zeitpunkt der betätigung eines eventuellen vertrauens in deren fortbestand – im besitz aller für eine solche behandlung des niederschlags(-ab-)wassers erforderlichen wasser- und einrichtungsrechtlichen genehmigungen gewesen wäre. das ist aber – wie oben dargelegt – nicht der fall; denn jedenfalls eine wasserrechtliche erlaubnis zur versickerung des niederschlags(-ab-) wassers auf dem grundstück hat es nie gegeben. 151abgesehen davon konnten die rechtsvorgänger der klägerseite bei der erstmaligen herstellung der versickerungsanlagen ohnehin kein schützenswertes vertrauen auf einen fortbestand dieser das niederschlags(-ab-)wasser betreffenden entwässerungsverhältnisse für die zeit nach herstellung der vollkanalisation entwickeln. denn der die seinerzeit errichteten entwässerungsanlagen betreffende bauschein aus dem jahre 1965 (bl. 10, 11 beiakte heft 1) enthielt unter anderem bereits die bedingung nr. 1, nach der nach errichtung einer vollkanalisation vor dem grundstück die anlage gemäß der satzung der stadt t. über die entwässerung der grundstücke und deren anschluss an die städtische abwasseranlagen entsprechend zu ändern sei. (an dieser stelle sei angemerkt, dass ausweislich der bei der kammer geführten sammlung auch schon die städtische entwässerungssatzung vom 21. dezember 1965 die entsorgung von niederschlagswasser durch die entwässerungseinrichtung erfasste). 152dass die klägerin nach dem erwerb des grundstücks im jahre 2019 neuerlich in die anlagen zur beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück investiert hat, erfolgte angesichts des bestehens der abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg und der anschlusspflicht nach der städtischen entwässerungssatzung auf eigenes, nicht vertrauensgeschütztes risiko. 153die klägerseite kann sich gegenüber der anschluss- und benutzungsforderung aus den genannten, diesbezüglich entsprechend geltenden gründen auch auf eine mögliche einrede, ihr stehe ein (zwingender) befreiungsanspruch vom anschluss- und benutzungszwang zu, nicht mit erfolg berufen (siehe dazu auch unten b. e.). 154da anhaltspunkte dafür, dass die abwasserbeseitigungspflicht nach anderen bestimmungen als nach denen des § 49 abs. 4 satz 1 lwg n.f. (bzw. § 53 abs. 3a satz 1 lwg a.f.), die hier wie dargelegt nicht erfüllt sind, d.h. nach § 49 abs. 3, 5, 6 bzw. §§ 50 - 53 lwg n.f. (bzw. § 53 abs. 3, 4 oder 5 bzw. § 53a lwg a.f.) auf die klägerseite oder einen dritten übergegangen sein könnte, weder geltend gemacht noch ersichtlich sind, ist die beklagte nach allem gemäß § 49 abs. 1 s. 1 lwg n.f. auch für das niederschlags(-ab-)wasser mit der folge abwasserbeseitigungspflichtig, dass ihr der abwasserüberlassungsanspruch nach § 48 s. 1 lwg n. f. zusteht. 155der klägerin steht als grundstückseigentümer schließlich auch das – zur begründung des anschluss- und benutzungszwangs korrespondierend erforderliche – anschluss- und benutzungsrecht zu (vgl. §§ 2, 2a, 3 und 3a ews), da das streitgegenständliche grundstück unmittelbar an eine straße grenzt, in der eine öffentliche abwasseranlage bereits betriebsfähig verlegt ist (s. § 3 abs. 1 ews). an letzterem bestehen keine zweifel, denn in der straße, an die das streitgegenständliche grundstück angrenzt, ist ein öffentlicher mischwasserkanal verlegt, der auch an dem klägerischen grundstück vorbeiführt. da das grundstück durch einen mischwasserkanal erschlossen ist, ist das anschlussrecht für das niederschlags(-ab-)wasser auch nicht aufgrund der regelung in § 2a abs. 3 ews ausgeschlossen. 156b. 157(begründetheit der anschluss- und benutzungsforderung im übrigen) 158die mithin durch die satzung gedeckte anschluss- und benutzungsforderung wäre allerdings dennoch rechtswidrig, wenn sie – nach den umständen des einzelfalls – gegen höherrangiges recht, d. h. insbesondere gegen den im rechtsstaatsprinzip des art. 20 abs. 3 grundgesetz (gg) wurzelnden verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstieße. das wäre der fall, wenn sie ungeeignet wäre, das im interesse an einer ordnungsgemäßen abwasserbeseitigung liegende ziel der entwässerung in die öffentliche kanalisation zu erreichen, das verlangen nicht erforderlich wäre, weil es ein anderes, zur zweckerreichung gleich geeignetes, die allgemeinheit oder den betroffenen aber weniger belastendes mittel gäbe oder die zweck-mittel-relation nicht angemessen wäre. 159die anschluss- und benutzungsforderung ist bei anlegen dieser maßstäbe hier aber nicht unverhältnismäßig, denn sie ist geeignet (a.), erforderlich (b.) und wahrt die zweck-mittel-relation (c.). 160a. der anschluss- und benutzungszwang ist geeignet, das mit ihm verbundene ziel einer abwasserbeseitigung, die den wasserrechtlichen anforderungen an eine ordnungsgemäße beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers genügt (vgl. § 55 abs. 2 whg), zu erreichen. 161zwar soll nach § 55 abs. 2, 1. hs whg in der zum 1. märz 2010 in kraft getretenen fassung niederschlagswasser (grundsätzlich) ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über einer kanalisation ohne vermischung mit schmutzwasser in ein gewässer eingeleitet werden. 162im vorliegenden fall entspricht aber auch die entsorgung des auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallenden niederschlags(-ab-)wassers über den öffentlichen mischwasserkanal den wasserrechtlichen anforderungen des § 55 abs. 2 whg. denn nach den gesetzesmaterialien ist die vorschrift (bewusst) „relativ weit und offen formuliert (sollvorschrift), um den unterschiedlichen verhältnissen vor ort (z.b. vorhandenen mischkanalisationen in baugebieten) rechnung tragen zu können“. nach den mit der regelung verbundenen intentionen des gesetzgebers hat sie zudem „nur für die errichtung von neuen anlagen bedeutung; bereits bestehende mischkanalisationen können daher im bisherigen umfang weiter betrieben werden.“ 163vgl. „entwurf eines gesetzes zur neuregelung des wasserrechts“ vom 17. märz 2009, bundestagsdrucksache 16/12275, s. 68. 164da der mischwasserkanal, an den die klägerseite ihr grundstück auch wegen des niederschlags(-ab-)wassers anschließen soll, im jahre 1991 und damit bereits vor inkrafttreten des § 55 abs. 2 whg n.f., d. h. vor dem 1. märz 2010, verlegt worden ist und das grundstück zudem in einem durch eine vorhandene mischwasserkanalisation erschlossenen baugebiet liegt, ändert sich durch die in rede stehende regelung nichts an der eignung des betroffenen („bestandsgeschützten“) mischwasserkanals zur ordnungsgemäßen entsorgung des auf den anliegenden grundstücken anfallenden niederschlags(-ab-)wassers. 165der „bestandsschutz“ des mischwasserkanals wird auch nicht durch die einschlägigen landesgesetzlichen regelungen infrage gestellt, weil die herstellung des kanals auch auf einer vor dem 1. juli 1995 gefassten kanalnetzplanung beruht. 166das datum des 1. juli 1995 ist in diesem zusammenhang von besonderer bedeutung, weil zu diesem zeitpunkt für das land nordrhein-westfalen erstmals eine „bestandsschutzregelung“ für mischwasserkanäle, die auf einer „nach bisherigem recht genehmigten kanalnetzplanung“ beruhten, in kraft getreten ist [vgl. § 51a abs. 4 s. 2 lwg in der fassung der ab 1. juli 1995 geltenden bekanntmachung der neufassung des lwg vom 25.06.1995 (gv nrw 1995, s. 926) – lwg a.f. (1995)]; der seinerzeit für die abwasserbeseitigung bundesgesetzlich geltende § 18a whg a.f. sah im gegensatz zu § 55 abs. 2 whg n.f. (2010) noch keine speziellen anforderungen an die beseitigung von niederschlags(-ab-)wasser vor. 167die landesgesetzliche regelung über den bestandsschutz für mischwasserkanäle war seinerzeit erforderlich geworden, weil die mit § 51a abs. 1 lwg a.f. (1995) zugleich erstmals landesgesetzlich eingeführten anforderungen an die beseitigung von niederschlagswasser von grundstücken, die nach dem 1. januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche kanalisation angeschlossen werden, es – ohne die „bestandsschutzregelung“ – an sich ausgeschlossen hätten, jedenfalls das auf den in § 51a abs. 1 angesprochenen grundstücken anfallende niederschlags(-ab-)wasser über vorhandene mischwasserkanäle zu beseitigen. denn in § 51a abs. 1 s. 1 lwg a.f. (1995) war geregelt, dass das auf den dort angesprochenen grundstücken anfallende niederschlags(-ab-)wasser vor ort zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah in ein gewässer einzuleiten ist, sofern dies ohne beeinträchtigung des wohls der allgemeinheit möglich ist, und in § 51a abs. 4 s. 1 lwg a.f. (1995) war vorgesehen, dass von der verpflichtung nach abs. 1 das niederschlags(-ab-)wasser ausgenommen ist, das ohne vermischung mit schmutzwasser in einer vorhandenen kanalisation abgeleitet wird. 168in § 51a abs. 4 s. 2 lwg a.f. (1995) wurde daher „bestandsschützend“ bestimmt, dass von der verpflichtung nach abs. 1 (auch) das niederschlags(-ab-)wasser ausgenommen ist, das aufgrund einer „nach bisherigem recht genehmigten kanalisationsnetzplanung“ gemischt mit schmutzwasser einer öffentlichen abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, wenn der technische oder wirtschaftliche aufwand unverhältnismäßig ist. in diesem zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass (erst) durch § 58 abs. 1 lwg in der ab dem 1. juli 1995 geltenden fassung die zuvor – nach § 58 abs. 1 lwg in der bis dahin geltenden fassung – bestehende pflicht, pläne zur erstellung oder wesentlichen veränderung von kanalisationsnetzen für die öffentliche abwasserbeseitigung genehmigen zu lassen, durch eine anzeigepflicht ersetzt worden ist [vgl. zum fortbestand einer anzeigepflicht: § 57 abs. 1 lwg (2016)]. 169da ernstliche anhaltspunkte dafür, dass die herstellung des hier betroffenen mischwasserkanals im jahre 1991 nicht auf der grundlage einer seinerzeit „nach bisherigem recht genehmigten/zugelassenen kanalnetzplanung“ erfolgt wäre, ebenso wenig bestehen wie dafür, dass der aufwand für die auflösung des im hier betroffenen gebiet bestehenden mischwassersystems nicht „wirtschaftlich unverhältnismäßig“ wäre, 170vgl. dazu, dass die prüfung der hier in rede stehenden wirtschaftlichen unverhältnismäßigkeit auch die kosten für die anpassung der vorhandenen anlagen umfasst und bei der prüfung der wirtschaftlichen unverhältnismäßigkeit grundsätzlich auf das gesamte entwässerungsgebiet mit seiner abwassertechnischen entwässerungssituation und nicht auf einzelne konkrete grundstücke abzustellen ist: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 – 15 a 1695/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 31, 171ist auch aus landeswassergesetzlicher sicht der hier betroffene mischwasserkanal in dem sinne „bestandsgeschützt“, dass die entsorgung des auf den angeschlossenen/anzuschließenden grundstücken anfallenden niederschlags(-ab-) wassers über diesen kanal wasserrechtskonform ist. 172an dieser einschätzung ändert auch die regelung in § 44 abs. 1 s. 1 lwg n.f. (2016 – d.h. in der fassung des „gesetz zur änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher vorschriften“ vom 8. juli 2016, gv nrw, 2016, s. 559 ff.) nichts, wie sich insbesondere aus der einfügung des § 44 abs. 1 s. 2 in das landeswassergesetz durch das „gesetz zur änderung des landeswasserrechts“ vom 4. mai 2021 [lwg n.f. (2021) – gv nrw 2021, s. 559, 560 ff.] ergibt. 173in § 44 abs. 1 s. 1 lwg n.f. (2016) ist bestimmt, dass niederschlagswasser von grundstücken, die nach dem 1. januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche kanalisation angeschlossen werden, nach maßgabe des § 55 abs. 2 whg zu beseitigen ist. in § 44 abs. 1 s. 2 lwg (2021) ist geregelt, dass niederschlagswasser, das aufgrund einer „nach bisherigem recht zugelassenen kanalisationsnetzplanung“ gemischt mit schmutzwasser einer öffentlichen abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, von der verpflichtung nach § 44 abs. 1 s. 1 lwg ausgenommen ist, wenn der technische oder wirtschaftliche aufwand unverhältnismäßig ist. 174nach den gesetzesmaterialien dient die bestimmung in § 44 abs. 1 s. 2 lwg (2021) lediglich der klarstellenden wiedereinfügung der regelung in § 51a abs. 3 lwg a.f., die bis zum 15. juli 2016 galt, in das gesetz [vgl. landtagsdrucksache 17/9942 vom 25. juni 2020, gesetzentwurf der landesregierung, gesetz zur änderung des landeswasserrechts, s. 28, 29 und 95) – anm.: durch das „gesetz zur änderung wasserrechtlicher vorschriften“ vom 3. mai 2005 (gv nrw 2005, s. 463) war der frühere § 51a abs. 4 lwg (1995) zum abs. 3 geworden]; dabei sollte ausweislich der gesetzesbegründung der wortlaut der regelung in § 44 abs. 1 s. 2 lwg n.f. (2021) gegenüber dem wortlaut der regelung in § 51a abs. 3 lwg a.f. (2005; entspricht § 51a abs. 4 lwg 1995) lediglich insoweit angepasst werden, als das auf die kanalnetzplanung bezogene wort „genehmigten“ durch das wort „zugelassenen“ ausgetauscht worden ist, weil auch „nach alter rechtslage“ kanalnetzplanungen nur noch anzuzeigen und nicht mehr zu genehmigen gewesen seien. in der sache soll die einfügung nach den gesetzesmaterialien klarstellen, dass auch unter geltung des § 55 abs. 2 whg niederschlags(-ab-)wasser – unter den in § 44 abs. 1 lwg n. f. genannten voraussetzungen – weiterhin über das mischwassernetz beseitigt werden kann. 175unter dem begriff der „nach bisherigem recht genehmigten/zugelassenen kanalisationsnetzplanung“ dürfte im hinblick auf den gesetzgeberischen willen, die regelung in § 51a abs. 3 lwg a.f., die bis zum 15. juli 2016 galt, lediglich „klarstellend“ wieder einfügen zu wollen, allerdings nur eine kanalisationsnetzplanung zu verstehen sein, die bei dem erstmaligen inkrafttreten des § 51a abs. 3 lwg a.f. – damals noch als abs. 4 – zum 1. juli 1995 [vgl. bekanntmachung der neufassung des wassergesetzes für das land nordrhein-westfalen vom 25. juni 1995 (gv nrw 1995, 926)] genehmigt bzw. zugelassen war. 176auch bei anlegung der hier in rede stehenden landesgesetzlichen „bestandsschutzmaßstäbe“ sind aber die voraussetzungen für eine ordnungsgemäße beseitigung von niederschlags(-ab-)wasser über einen mischwasserkanal erfüllt. denn der hier betroffene mischwasserkanal ist bereits im jahre 1991 verlegt worden und es bestehen keinerlei anhaltspunkte dafür, dass die herstellung dieses kanals nicht einer – vor dem 1. juli 1995 gefassten, d.h. – genehmigten/zugelassenen kanalisationsnetzplanung der beklagten im sinne des § 58 lwg a.f. entsprochen hätte. fraglos wäre auch die einführung einer getrennten abwasserentsorgung in dem hier betroffenen gebiet, das bislang durch ein mischwasserkanalnetz erschlossen ist, nach ihrem wirtschaftlichen aufwand im sinne des § 44 s. 2 lwg 2021 unverhältnismäßig. 177b. dem anschlusszwang kann nicht entgegengehalten werden, dass das auf den streitgegenständlichen bebauten und befestigten flächen anfallende niederschlags(-ab-) wasser bislang in den künstlich angelegten teich mit zufluss und überlauf an den sickerbrunnen eingeleitet oder unmittelbar über den sickerbrunnen versickert werde und diese form der entsorgung qualitativ der abwassereinleitung in einen mischwasserkanal nicht nachstehe und der anschlusszwang daher überflüssig, d. h. mit anderen worten nicht erforderlich sei. 178ein zurückhalten von niederschlags(-ab-)wasser auf dem grundstück, ein versickernlassen dort bzw. eine direkte ableitung von niederschlags(-ab-)wasser in ein gewässer sind nämlich hier keine geeignete, „mildere“ entsorgungsalternativen. 179abwasserbeseitigungspflichtig für das niederschlags(-ab-)wasser ist nach § 46 abs. 1 satz 1 lwg n.f. (= § 53 abs. 1 lwg a.f.) die gemeinde. die beseitigungspflicht liegt - wie bereits oben dargelegt - nicht bei der klägerseite. obliegt die pflicht der abwasserbeseitigung der gemeinde, hat der nutzungsberechtigte ihr das abwasser zur beseitigung zu überlassen (§ 48 lwg n.f. = § 53 abs. 1c lwg a.f.). dabei kann die gemeinde bestimmen, in welcher art und weise die überlassung zu erfolgen hat. entscheidet sie sich wie hier in der entwässerungssatzung mit recht dazu, dies in der form des anschlusses an und der ableitung in den öffentlichen kanal zu verlangen, ist eine entsorgung auf dem grundstück keine wasserrechtlich ordnungsgemäße abwasserbeseitigung. 180c. der anschlusszwang ist auch nicht mit blick auf die zweck-mittel-relation, d.h. hier insbesondere auf den erforderlichen anschlussaufwand unverhältnismäßig. 181die gemeinde darf einen kanalanschluss zwar nicht fordern, wenn die erfüllung des anschluss- und benutzungszwanges an verfassungsrechtliche grenzen stieße. das wäre insbesondere dann der fall, wenn das anschlussverlangen enteignend wirkte oder – auch unter berücksichtigung der von der satzung und vom gesetzgeber des landeswassergesetzes vorgegebenen zwecke – das verlangen den grundsatz der verhältnismäßigkeit verletzte. in solchen fällen der unzumutbarkeit muss auf die ausübung des anschluss- und benutzungszwangs verzichtet werden. 182vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 12. februar 1996 - 22 a 4244/95 -, nwvbl. 1996, 434 (436). 183eine solche unzumutbarkeit liegt hier nicht vor. 184sie lässt sich nicht aus dem umstand ableiten, dass die gegebenen abwasserbeseitigungsverhältnisse z.t. schon seit vielen jahren so bestehen. mit der erstmaligen einführung der abwasserüberlassungspflicht für niederschlags(-ab-)wasser durch die einfügung des § 53 abs. 1c in das landeswassergesetz im mai 2005 ist eine geänderte rechtliche situation geschaffen worden, die eine etwaige zuvor begründete erwartung, das niederschlags(-ab-)wasser der gemeinde auch künftig nicht überlassen zu müssen, kraft gesetzes beendet hat. die zur anpassung der niederschlags(-ab-) wasserbeseitigung von dem betroffenen grundstück an diese geänderte gesetzeslage notwendig werdenden (vor allem baulichen) maßnahmen hat der grundstückseigentümer als anschlussnehmer im rahmen des zumutbaren zu treffen. 185dass hier auch kein atypischer sonderfall vorliegt, in dem eine anschlussforderung unzumutbar wäre, weil ein vertrauen in den bestand der bisherigen investitionen in die vorhandene entwässerung gegenüber dem anpassungsverlangen etwa besonders schutzwürdig wäre, ist bereits oben dargelegt worden. 186die zumutbarkeit der anschlussmaßnahmen beurteilt sich i.ü. in erster linie nach der zumutbarkeit des anschlussaufwandes, da die anpassungspflicht sich als solche aus der zulässigen inhalts- und schrankenbestimmung des eigentums im sinne des art 14 abs. 1 satz 2 gg, die in der gesetzlichen regelung der überlassungspflicht liegt, rechtfertigt. 187die zumutbarkeit des anschlussaufwandes bemisst sich ausgehend von den kosten, die mit der herstellung des anschlusses verbunden sein werden, d.s. zum einen die kosten für den bau der anschlussleitung, die hier zwischen dem öffentlichen kanal und der grundstücksgrenze bzw. dem prüfschacht auf dem grundstück (§ 1a nr. 11 ews) verläuft, und zum anderen die kosten für die verlegung der haus- und grundleitungen auf dem grundstück (§ 1a nr. 12 ews), die das niederschlags(-ab-)wasser von den flächen, auf denen es sich sammelt, zur anschlussleitung transportieren. 188da für die niederschlags(-ab-)wasserentsorgung berechtigterweise ein möglichst hoher anschlussgrad erstrebt wird, kann als unzumutbar nur ein solcher aufwand angesehen werden, der den üblichen anschlussaufwand in gravierendem umfang übersteigt. zudem ist zu berücksichtigen, dass erschwernisse, die durch lange leitungsführungen oder etwa auch durch schwierige gelände- oder anschlussverhältnisse bei einzelnen hausanschlüssen zu überwinden sind, als situationsbedingte umstände dem risikobereich des eigentümers zuzurechnen sind; dies rechtfertigt es, von ihm gegenüber sonstigen anschlussverpflichteten auch ggf. erhöhte finanzielle anstrengungen zu verlangen. 189vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 19. november 1990 – 22 a 433/909 –, s. 10 des urteilsabdruckes. 190dementsprechend ist der anschluss nicht schon dann unzumutbar, wenn die anschlusskosten besonders hoch sind. vielmehr ist darüber hinaus erforderlich, dass die aufwendungen in keinem tragbaren verhältnis zum wert des grundstücks stehen, bei dessen bemessung die durch die erschließung vermittelte wertsteigerung zu berücksichtigen ist. 191vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 10. oktober 2012 – 15 a 1505/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere rdnr. 17. 192nach der ständigen rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen überschreiten selbst anschlusskosten in höhe von 25.000,00 euro für ein wohnhaus (d.h. für ein grundstück mit einem wohnhaus) noch nicht das einem grundstückseigentümer zumutbare maß. 193vgl. z.b. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschlüsse vom 14. oktober 2010 – 15 a 1290/10 – s. 8 des beschlussabdruckes, vom 5. juni 2003 - 15 a 1738/03 - s. 4 des beschlussabdrucks, urteil vom 18. juni 1997 - 22 a 1406/96 -, stug 1997, 284 (285); anschlusskosten in höhe von damals 50.000,00 dm für ein wohnhaus sah das ovg nrw bereits in seinem urteil vom 19. november 1990 – 22 a 433/90 – als zumutbar an. 194in den dieser zumutbarkeitsrechtsprechung des ovg nrw zugrunde liegenden fällen ging es zwar (auch) um den schmutzwasseranschluss. der dort zur rechtfertigung der verhältnismäßigkeit der anschlusskosten angesprochene belang der volksgesundheit, der bei der zentralen schmutzwasserbeseitigung ins spiel kommt, spielt in vorliegendem fall, in dem es um den niederschlags(-ab-)wasseranschluss eines zu wohnzwecken genutzten grundstücks geht, ersichtlich keine rolle. aber auch das interesse an einer zentralisierten regenwasserbeseitigung zum schutz fremder grundstücke vor wasserschäden und überschwemmungen von verkehrsflächen, dem die einrichtung einer kanalisation und die anschlusspflicht daran dient, 195vgl. in diesem sinne oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 10. oktober 2012 – 15 a 1505/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere rdnr. 16, 196ist – ebenfalls – ein überragender belang, der vergleichbare belastungen mit der folge rechtfertigt, dass ein anschluss nicht unzumutbar ist, wenn sich die gesamtkosten für den schmutzwasser- und den niederschlags(-ab-)wasseranschluss – bei einem wohnhaus – nicht auf deutlich mehr als 25.000,- euro summieren. 197angesichts des umstandes, dass 198- das grundstück wegen seiner größe (782 m²) und seiner bebauung mit einem (bungalow-)wohnhaus einen nicht unbedeutenden verkehrswert hat, 199- kosten für die herstellung eines anschlusskanals nicht anfallen, weil ein anschluss an den öffentlichen mischwasserkanal bereits besteht, 200- sich die abstände der bebauten und befestigten flächen im verhältnis zum öffentlichen kanal im rahmen eines üblichen baufensters halten (vgl. pläne bl. 2 ff. beiakte heft 1), 201- nach den topographischen verhältnissen eine entwässerung im freispiegelgefälle möglich ist (vgl. auszug aus dem gis- portal mit höhenangaben – bl. 3 beiakte heft 1), 202bestehen hier keine ernstlichen anhaltspunkte dafür, dass der anschluss der streitgegenständlichen flächen mit unverhältnismäßig hohen kosten verbunden wäre. 203für die zumutbarkeit der anschlussforderung spricht zudem, dass das grundstück durch deren erfüllung auch eine nicht zu vernachlässigende wertsteigerung erführe; denn angesichts der bislang fehlenden erfüllung einer bestehenden anschlusspflicht würde sich der „wert“ des grundstücks für einen potenziellen erwerber bei wohlinformierter wirtschaftlicher betrachtung in einer den noch zu erwartenden – zum wert des grundstücks nicht ersichtlich außer verhältnis stehenden – anschlusskosten entsprechenden höhe vermindern. 204für die frage der verhältnismäßigkeit der letztlich wasserrechtlich begründeten anschlussforderung kommt es im hinblick darauf, dass die abwasserüberlassungspflicht grundstücksgefahrenbezogen ist, auch nicht auf die persönliche finanzielle leistungsfähigkeit des jeweiligen anschlussnehmers an. 205d. im übrigen unterliegt der anschluss- und benutzungszwang grundsätzlich weder der verjährung noch der verwirkung. dies ergibt sich aus seiner zweckbestimmung, die der einer ordnungsbehördlichen maßnahme der gefahrenabwehr gleicht. gefahrenabwehrrechtliche eingriffsbefugnisse sind zumindest in aller regel nicht verjährungs- und verwirkungsfähig. 206vgl. ovg nrw, beschluss vom 16. juli 2016 – 15 a 1068/15 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 48 f. mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung. 207ernstliche anhaltspunkte dafür, dass die beklagte durch ihr verhalten den anschlusszwang verwirkt hätte, bestehen hier nicht. dafür reicht eine lange duldung der bestehenden anschlussverhältnisse mangels hinreichender basis für ein schutzwürdiges vertrauen der klägerseite darauf, dass sie ihr grundstück oder teilflächen davon entgegen der gesetzeslage (ausnahmsweise) wegen des niederschlags(-ab-)wassers nicht an die öffentliche kanalisation anschließen müsse, nicht aus. 208e. ist die anschlussforderung (nach allem) verhältnismäßig und nicht unzumutbar, kommt auch kein anspruch auf befreiung vom anschluss- oder benutzungszwang im sinne des § 7 ews, der ohnehin nur das schmutzwasser betrifft, in betracht, der dem anschluss- bzw. benutzungsverlangen einredeweise entgegen gesetzt werden könnte. 209vgl. zum „einredecharakter“ der befreiungsmöglichkeit u.a. ovg nrw, beschluss vom 4. januar 1995 – 22 a 2185/91 -, m.w.n.. 210abgesehen davon steht der annahme einer zwingend zu erteilenden „befreiung“ entgegen, dass auch deren ablehnung aus gründen der schutzwürdigkeit der gemeindlichen entwässerungskonzeption für den regelfall intendiert ist (vgl. dazu bereits die hier entsprechend geltenden ausführungen zum „freistellungsanspruch“ – s. oben a.). 211f. schließlich zieht auch der hinweis der klägerin, dass von dem spar- und bauverein t. im zusammenwirken mit der beklagte in den jahren zwischen 2008 und 2015 fünf größere zusammenhängende siedlungen, die im besitz dieses vereins seien, vom mischwasserkanal abgekoppelt worden seien und das dort anfallende niederschlags(-ab-) wasser versickert werde, nicht die annahme eines verstoßes der anschlussforderung gegenüber der klägerin gegen den gleichbehandlungsgrundsatz des art. 3 abs. 1 gg nach sich. 212denn zum einen sind die hier angesprochenen fälle, in denen sich die beklagte offensichtlich entschieden hat, für größere siedlungszusammenhänge ihr bisheriges dortiges entwässerungskonzept einer abwasserentsorgung über den mischwasserkanal einheitlich zu ändern, nicht mit dem fall der klägerin zu vergleichen, in dem es um keine einheitliche neugestaltung des städtischen entwässerungskonzepts für ein größeres gebiet geht, sondern um eine klägerseits anstrebte ausnahme von dem für den fraglichen bereich ansonsten fortbestehenden entwässerungskonzept im einzelfall. 213abgesehen davon könnte die klägerseite zum anderen aus einer offenbar rechtswidrigen teilweisen nichtbeachtung des anschluss- und benutzungszwangs, der vom satzungsgeber als rechtlich zwingend ausgestaltet worden ist [vgl. § 5 abs. 1 s. 1 ews: „… ist verpflichtet, sein grundstück … anzuschließen (anschlusszwang).“] und der seinerseits auf der vom gesetzgeber ebenfalls als rechtlich zwingend ausgestalteten abwasserüberlassungspflicht (vgl. § 48 s. 1 lwg „… ist … zu überlassen“) gründet, durch eigentümer anderer grundstücke für sich auch nicht das recht ableiten, dem anschluss- und benutzungszwang, der die wasserrechtliche abwasserüberlassungspflicht lediglich in ein einrichtungsrechtliches gewand kleidet, nicht unterworfen zu werden. 214vgl. in diesem sinne: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 – 15 a 1635/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 49. 215einen anspruch auf „gleichbehandlung im unrecht“ gibt es im übrigen nicht. 216g. die klägerin ist als anschlussberechtigte eigentümerin des betroffenen grundstücks gemäß §§ 2 und 5 ews auch persönlich anschlusspflichtig und damit richtige adressatin der anschluss- und benutzungsforderung. 217h. die anschlussfrist von drei monaten nach bestandskraft ist ausreichend bemessen; denn es bestehen keine zweifel, dass innerhalb dieser frist die geforderten handlungen durchgeführt werden können. 218ii. 219auch die zwangsgeldandrohung, die in dem angefochtenen bescheid zudem ausgesprochen worden ist, ist nicht zu beanstanden; sie ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 vwgo). 220die rechtmäßigkeit einer zwangsgeldandrohung ist nach der sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung bzw. der entscheidung in der letzten tatsacheninstanz zu beurteilen. dies ergibt sich aus dem charakter des zwangsgeldes als beugemittel. denn eine zwangsgeldandrohung entfaltet mit ihrer willensbeugenden zielsetzung fortdauernde rechtswirkungen mit der folge, dass entscheidungserhebliche veränderungen grundsätzlich bis zum zeitpunkt der mündlichen verhandlung oder der entscheidung der letzten tatsacheninstanz zu berücksichtigen sind. 221vgl. zum vorstehenden: bundesverwaltungsgericht, urteil vom 16. dezember 2004 – 1 c 30/03 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort rn. 23. 222nach § 55 abs. 1 verwaltungsvollstreckungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvg) kann ein verwaltungsakt, der auf die vornahme einer handlung oder auf duldung oder unterlassung gerichtet ist (sogenannte grundverfügung) mit zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein rechtsmittel keine aufschiebende wirkung hat. 223die grundverfügung, die hier im wege des verwaltungszwangs durch zwangsgelder durchgesetzt werden soll, ist hier die anschlussverfügung, mit der die androhung zugleich erlassen worden ist. diese grundverfügung ist zwar zurzeit noch nicht vollziehbar, weil sie noch nicht unanfechtbar geworden ist und die gegen die grundverfügung gerichtete klage nach § 80 abs. 1 vwgo aufschiebende wirkung hat. die fehlende vollziehbarkeit der grundverfügung steht dem erlass einer zwangsmittelandrohung aber nicht entgegen. nach § 63 abs. 2 s. 1 vwvg kann nämlich die androhung (schon) mit dem verwaltungsakt verbunden werden, durch den die handlung, duldung oder unterlassung aufgegeben wird; aus der zusammenschau mit der regelung in § 63 abs. 2 s. 2 vwvg, wonach die androhung mit der grundverfügung (sogar) verbunden werden soll, wenn ein rechtsmittel keine aufschiebende wirkung hat, ergibt sich, dass die androhung rechtmäßigerweise aber auch schon dann mit der grundverfügung verbunden werden kann, wenn ein rechtsmittel gegen die grundverfügung aufschiebende wirkung hat. 224der rechtmäßigkeit der jeweiligen zwangsmittelandrohung steht auch nicht entgegen, dass die (noch) nicht vollziehbare grundverfügung, mit der die androhung verbunden worden ist, etwa rechtswidrig und daher auf die dagegen erhobene klage hin mit der folge aufzuheben wäre, dass es an einer wirksamen grundlage für eine verwaltungsvollstreckung fehlte; aus den oben unter i. dargelegten gründen ist die grundverfügung vielmehr rechtmäßig. 225die mithin zulässigerweise schon mit der grundverfügung verbundene zwangsgeldandrohung genügt auch den (übrigen) besonderen anforderungen an eine rechtmäßige androhung nach § 63 vwvg. 226die beklagte hat die androhung des zwangsmittels wie erforderlich schriftlich erteilt und der klägerseite zugestellt (§ 63 absatz 1 s. 1 und abs. 6 s. 1 vwvg); der bescheid, der der klägerin von der beklagten mit zustellungswillen übersandt worden ist, gilt nämlich - obwohl sich seine formgerechte zustellung nicht nachweisen lässt, weil die postzustellungsurkunde nicht in rücklauf gekommen ist, - gemäß der heilungsvorschrift in § 8 vwzg nrw mit dem unstreitigen empfang dieses bescheides durch die klägerin als zugestellt. die beklagte hat in dem angefochtenen bescheid mit wirkung für die androhung auch eine angemessene frist im sinne des § 63 abs. 1 s. 2 vwvg gesetzt, in der die im wege des verwaltungszwangs durchzusetzende verpflichtung erfüllt werden kann. zur befolgung der anschlussforderung ist nämlich ein zeitraum von drei monaten nach bestandskraft der grundverfügung gesetzt worden. diese frist, auf deren ablauf die androhung des zwangsgeldes ausgerichtet ist, ist angemessen, weil sie zum einen sicherstellt, dass die vollziehung (festsetzung und anwendung des zwangsmittels) ihren fortgang erst zu einem zeitpunkt findet, in dem die dazu zu erfüllende zulässigkeitsvoraussetzung des verwaltungszwangs nach § 55 abs. 1 vwvg, nämlich die unanfechtbarkeit der grundverfügung bereits eingetreten ist, und diese frist zum anderen ausreichend zeit gibt, die forderung aus der grundverfügung auch zu erfüllen. 227die androhung bestimmt mit dem zwangsgeld ein zulässiges zwangsmittel (§ 63 abs. 3 in verbindung mit § 60 vwvg), das in der angedrohten höhe 1.000,- euro nicht zu beanstanden ist. die androhung bewegt sich in dem in § 60 abs. 1 satz 1 vwvg für zwangsgelder vorgesehenen rahmen; sie ist unter berücksichtigung des wirtschaftlichen interesses der klägerseite an einer nichtbefolgung der grundverfügung und der bedeutung der erfüllung der im öffentlichen interesse liegenden forderung auch angemessen (§ 58 vwvg). 228die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo; die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 229die berufung war nicht zuzulassen, weil die gründe des § 124 abs. 2 nr. 3 oder 4 vwgo nicht vorliegen (§ 124 a abs. 1 vwgo). 230rechtsmittelbelehrung: (2021/22) 231gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 232auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 233innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 234die berufung ist nur zuzulassen, 2351. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 2362. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 2373. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 2384. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 2395. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 240die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 241über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 242im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 243die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 244beschluss: 245der streitwert wird auf 5.000,- euro festgesetzt [§ 52 abs. 2 gkg (regelstreitwert) unter berücksichtigung der nr. 1.7.2 des streitwertkatalogs für die verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach eine unselbstständige zwangsgeldandrohungen neben einer grundverfügung bei der streitwertbemessung grundsätzlich außer betracht bleibt.] 246rechtsmittelbelehrung: 247gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 248auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 249die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 250die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 251die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 252war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 1 K 6191/21.A | 2022-02-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, den Asylantrag des Klägers vom 21. Juni 2018 zu bescheiden. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Sprungrevision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über seinen Asylantrag. 3Der Kläger ist am 00.00.0000 geboren und nach eigenen Angaben staatenloser Palästinenser. Er gab an, Syrien im April 2016 verlassen zu haben und u.a. über Griechenland im Juni 2018 nach Deutschland eingereist zu sein. Der Kläger stellte am 21. Juni 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag. Die vom Bundesamt veranlasste EURODAC-Abfrage ergab, dass Griechenland dem Kläger am 31. Mai 2017 internationalen Schutz zuerkannt hatte. Das Bundesamt hörte den Kläger am 26. Juni 2018 persönlich zu seinen Asylgründen an. 4Mit Bescheid vom 4. Juli 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und drohte ihm die Abschiebung nach Griechenland an. Mit Gerichtsbescheid vom 10. Februar 2021 hob das Verwaltungsgericht Düsseldorf diesen Bescheid im Wesentlichen auf. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist seit dem 25. Februar 2021 rechtskräftig. 5Mit anwaltlichen Schreiben vom 28. April und 31. Mai 2021 forderte der Kläger das Bundesamt auf, über seinen Asylantrag zu entscheiden und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 6Am 5. Oktober 2021 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. 7Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 8die Beklagte zu verpflichten, über seinen Asylantrag zu entscheiden. 9Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 10die Klage abzuweisen. 11Sie trägt im Wesentlichen vor, es liege ein zureichender Grund für die noch nicht erfolgte Bescheidung des Asylantrags des Klägers vor. Aufgrund von besonderen Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung habe bisher keine Entscheidung getroffen werden können. In Verfahren, in denen die Asylantragsteller bereits über einen Schutzstatus in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verfügen, sei die Lage der Rückkehrer in diesem Mitgliedstaat und eine mögliche Verletzung garantierter Rechtsgüter sorgfältig in den Blick zu nehmen. Die Tatsache, dass die Europäische Kommission bislang kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland eingeleitet habe, lasse den Schluss zu, dass diese die Situation dort nach wie vor als angemessen beurteile. Angesichts der Dynamik der Versorgungssituation und der Lage auf dem Arbeitsmarkt - auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie - sei das Bundesamt auf eine aktuelle Erkenntnislage angewiesen. Zu den diesbezüglichen Bemühungen der Bundesrepublik gehöre neben auf höchster politischer Ebene geführten Gesprächen auch die Gewinnung eigener Erkenntnisse vor Ort. Es sei ein umfassender Fragenkatalog vorbereitet worden, der bspw. die Unterkunftssituation, den Zugang zu Sozialhilfeleistungen, die medizinische Versorgung, Integrationsangebote und die Situation unter Corona betreffe. Der Verbindungsbeamte des Bundesamts in Griechenland sei gebeten worden, weitere Recherchen vorzunehmen. Nach Beantwortung dieser Fragen werde ein Bericht erstellt. Diese umfangreiche Recherche benötige jedoch einige Zeit, da viele verschiedene Akteure involviert seien. Ein Rücklauf sei bislang noch nicht zu verzeichnen. Besondere Schwierigkeiten der Sachaufklärung, die sich aus der notwendigen Mitwirkung eines anderen Staates ergäben, stellten einen zureichenden Grund im Sinne von § 75 Satz 1 VwGO dar. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (eine Datei) und die durch das Bundesamt übermittelten Verwaltungsvorgänge (sechs Dateien) Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Die Kammer entscheidet ohne mündliche Verhandlung. Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 5. und 7. Januar 2022 wirksam ihr Einverständnis hierzu erklärt (§ 101 Abs. 2 VwGO). 15Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.). 16I. Die Klage ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) in Gestalt der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) statthaft und auch ansonsten zulässig. Eine solche Klage kann in Verfahren, in denen - wie hier (§ 11 AsylG) - ein Vorverfahren (§ 68 VwGO) nicht durchzuführen ist, gemäß § 75 Satz 1 VwGO erhoben werden, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. 17Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Untätigkeitsklage sind erfüllt. Die Frist des § 75 Satz 2 VwGO ist eingehalten (1.). Der Kläger hat auch das für eine auf Bescheidung beschränkte Untätigkeitsklage erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis (2.). Die Frage, ob die Beklagte mit "zureichendem Grund" noch nicht entschieden hat, ist nicht im Rahmen der Zulässigkeit der Klage zu prüfen. Es handelt sich vielmehr um eine Frage der Spruchreife als Teil der Begründetheit der Klage, denn bei Vorliegen eines "zureichenden Grundes" ist die Klage gleichwohl zulässig, das Verfahren jedoch gemäß § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen und der Beklagten eine Frist zur Entscheidung zu gewähren. 18Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 30.86 -, NVwZ 1987, 969 (juris Rn. 12); VG München, Urteil vom 8. Februar 2016 - M 24 K 15.31419 -, NVwZ 2016, 486 (juris Rn. 28); VG Osnabrück, Urteil vom 7. April 2021 - 5 A 515/20 -, Asylmagazin 2021, 234 (juris Rn. 18). 191. Die Frist des § 75 Satz 2 VwGO ist eingehalten. Nach dieser Norm kann die Klage nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falls eine kürzere Frist geboten ist. Die Einhaltung dieser Frist ist eine besondere Prozessvoraussetzung, nach deren Ablauf eine erhobene Klage unabhängig davon zulässig ist, ob sich die Verzögerung der Verwaltungsentscheidung als unzureichend begründet erweist oder nicht. 20Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. März 1973 - 4 C 2.71 -, BVerwGE 42, 108 (juris Rn. 25 f.), und vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 14. 21Die dreimonatige Sperrfrist gilt auch im Bereich des Asylrechts 22- vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 14; VG Hannover, Urteil vom 29. Juni 2021 - 12 A 3583/21 -, Asylmagazin 2021, 384 (juris Rn. 17) -, 23und wird weder durch die Regelung in § 24 Abs. 4 AsylG 24- vgl. VG München, Urteil vom 8. Februar 2016 - M 24 K 15.31419 -, NVwZ 2016, 486 (juris Rn. 27); VG Magdeburg, Urteil vom 11. Februar 2021 - 9 A 363/20 -, juris Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 29. Juni 2021 - 12 A 3583/21 -, Asylmagazin 2021, 384 (juris Rn. 18) -, 25noch durch die in Art. 31 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 60, sog. Verfahrensrichtlinie, im Folgenden: Richtlinie 2013/32/EU) geregelten Fristen modifiziert. 26Vgl. VG Aachen, Urteil vom 17. Dezember 2021 - 5 K 1858/21.A -, juris Rn. 33; VG Hannover, Urteil vom 29. Juni 2021 - 12 A 3583/21 -, Asylmagazin 2021, 384 (juris Rn. 19). 27Weder unionsrechtliche noch nationale Fristvorstellungen zum behördlichen Verfahren modifizieren unmittelbar nationales Verwaltungsprozessrecht. 28Vgl. Berlit, jurisPR-BVerwG 19/2018 Anm. 6, unter C. 29Die dreimonatige Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO ist eingehalten. Die Aufhebung des Unzulässigkeitsbescheids des Bundesamts durch Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist seit dem 25. Februar 2021 rechtskräftig. Die vorliegende Klage wurde am 5. Oktober 2021, und damit erst nach Ablauf von drei Monaten erhoben. Die Frage, ob es für den Ablauf der Sperrfrist auf den Zeitpunkt der Erhebung der Klage ankommt 30- so etwa Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 75 Rn. 41; Peters, in: Posser/Wolff, VwGO, Stand: Januar 2022, § 75 Rn. 9 - 31oder ob es genügt, wenn die Frist im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abgelaufen ist 32- so etwa BVerwG, Urteile vom 20. Januar 1966 - 1 C 24.63 -, BVerwGE 23, 135 (juris Rn. 16), und vom 24. Februar 1994 - 5 C 24.92 -, BVerwGE 95, 149 (juris Rn. 12) -, 33kann daher dahinstehen. 342. Der Kläger hat auch das für eine auf Bescheidung beschränkte Untätigkeitsklage erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis. 35a. Wird über einen Antrag auf Vornahme eines rechtlich gebundenen, begünstigenden Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund nicht innerhalb angemessener Frist entschieden, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis im Regelfall nur für die auf Vornahme gerichtete Untätigkeitsklage. Bei der vom Kläger begehrten Gewährung von internationalem Schutz nach §§ 3 ff. AsylG handelt es sich um einen rechtlich gebundenen, begünstigenden Verwaltungsakt. Bei materiellen Rechten, auf die bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ein rechtlich gebundener Anspruch auf behördliche Zuerkennung besteht, folgt aus § 113 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO, dass bei verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die Untätigkeitsverpflichtungsklage grundsätzlich auf eine konkrete behördliche Sachentscheidung zu beziehen ist und das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hat. 36Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, NVwZ 1996, 80 (juris Rn. 14), und vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 22 ff. 37Dies gilt aber nicht ausnahmslos. Maßgeblich ist vielmehr, ob im konkreten Fall ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für die Beschränkung auf einen Bescheidungsantrag besteht. 38Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 22, und Beschluss vom 27. November 2019 - 8 B 32.19 -, ZOV 2020, 68, Rn. 3. 39Die hiernach erforderlichen Gründe für eine reine Bescheidungsklage müssen nach Art und Gewicht hinreichen, um ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschränkung annehmen zu können. Dies kann schon dann der Fall sein, wenn sie eine Bescheidungsklage rechtfertigen, und erfordern nicht notwendig, dass sie diese Beschränkung gebieten. 40Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 31. 41Das Bundesverwaltungsgericht erkennt ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschränkung auf einen Bescheidungsantrag an, wenn ein Kläger nach Stellung seines Asylantrages noch nicht zu seinen Asylgründen angehört worden ist und das Bundesamt auch sonst keine aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen erkennbaren Schritte unternommen hat, um das Verfahren in irgendeiner Weise zu fördern. In einem solchen Fall rechtfertigt es die besondere Ausgestaltung des Asylverfahrens mit der hervorgehobenen Stellung des behördlichen Verfahrens und den daran anknüpfenden Verfahrensgarantien in einer Gesamtschau, ein Rechtsschutzbedürfnis für eine reine Bescheidungsklage anzunehmen. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 32 und 37 ff.; siehe zu den Besonderheiten des behördlichen Asylverfahrens auch bereits BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, NVwZ 1996, 80 (juris Rn. 15 ff.). 43b. Ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für eine auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage besteht auch für den Fall, dass ein Asylantragsteller - wie hier - bereits zu seinen Asylgründen angehört wurde. 44Ebenso VG Dresden, Urteil vom 23. November 2018 - 12 K 5750/17.A -, juris Rn. 14; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. Oktober 2021 - 18a K 3630/21.A -, n.v., S. 4 f.; VG Aachen, Urteil vom 17. Dezember 2021 - 5 K 1858/21.A -, juris Rn. 39 ff.; siehe auch VG Ansbach, Urteil vom 7. April 2014 - AN 1 K 13.30850 -, juris Rn. 21 ff., VG Wiesbaden, Urteil vom 7. Mai 2015 - 7 K 720/14.WI.A -, juris Rn. 20 ff., und VG Osnabrück, Urteil vom 14. Oktober 2015 - 5 A 390/15 -, juris Rn. 43 ff., die jeweils einen Anspruch auf "Durchentscheiden" verneinen; a.A. VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Februar 2020 - 9 K 52/20.A -, juris Rn. 2 ff.; VG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 19. Januar 2021 - A 10 K 3353/20 -, juris Rn. 17; VG Minden, Beschluss vom 28. Oktober 2021 - 11 K 5619/21.A -, n.v., S. 3 ff. 45aa. Das besondere Rechtsschutzbedürfnis folgt aus den unionsrechtlichen und nationalen Vorgaben zur Struktur des Asylverfahrens mit der daraus folgenden hervorgehobenen Stellung des behördlichen Verfahrens, den daran anknüpfenden Verfahrensgarantien für das behördliche Verfahren und dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Aus der Gesamtschau dieser Umstände folgt ein berechtigtes und schützenswertes Interesse des Asylantragstellers, dass zunächst das Bundesamt über seinen Asylantrag entscheidet und diese Entscheidung dann - gegebenenfalls - gerichtlich kontrolliert wird. Dies gilt auch, wenn das Bundesamt den Asylantragsteller bereits - wie hier - zu seinen Asylgründen angehört hat. 46(1) Nach der gesetzgeberischen Konzeption sowohl des Unions- als auch des nationalen Gesetzgebers wird über einen Asylantrag zunächst durch eine Behörde entschieden. Dies ergibt sich für das Unionsrecht aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 und Art. 10 Abs. 3 RL 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten für alle Verfahren eine Asylbehörde benennen, die für eine angemessene Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz nach den Vorgaben der Richtlinie 2013/32/EU zuständig ist. Diese Aufgabe obliegt in Deutschland dem Bundesamt (§ 5 AsylG). Das in §§ 12 ff. AsylG geregelte behördliche Asylverfahren ist auf das Bundesamt ausgerichtet (vgl. z.B. §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 24 Abs. 1, 31 Abs. 1, 34 Abs. 1, 34a Abs. 1, 35 Abs. 1, § 40 Abs. 1 AsylG). Den besonderen Stellenwert des behördlichen Asylverfahrens, im Sprachgebrauch des Unionsrechts des erstinstanzlichen Verfahrens, heben auch die Erwägungsgründe 16 und 22 zur Richtlinie 2013/32/EU hervor. Dementsprechend stellt "die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz durch eine Verwaltungsstelle oder eine gerichtsähnliche Behörde, die mit besonderen Mitteln und Fachpersonal ausgestattet ist, eine wesentliche Phase der mit dieser Richtlinie eingeführten gemeinsamen Verfahren" dar. 47Vgl. EuGH, Urteil vom 25. Juli 2018 - C-585/16 -, ZAR 2019, 31 (juris Rn. 116); BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 47. 48Das behördliche Asylverfahren ist in mehrere Phasen gegliedert. Nach der Antragstellung (Art. 6 und 7 RL 2013/32/EU, § 14 AsylG) hat das Bundesamt den Sachverhalt aufzuklären und die notwendigen Beweise zu erheben (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Im Rahmen der Aufklärung des Sachverhalts hat das Bundesamt den Antragsteller anzuhören [Art. 12 Abs. 1 Buchst. a) und b), 14 Abs. 1, 15 bis 17 und 23 Abs. 3 RL 2013/32/EU, §§ 24 Abs. 1 Satz 3, 25 AsylG]. Das behördliche Asylverfahren wird mit der schriftlichen Entscheidung des Bundesamts abgeschlossen. Dementsprechend hat das Bundesamt das ihm sowohl vom Unionsrecht als auch vom nationalen Recht auferlegte "Pflichtenprogramm" mit der Durchführung einer Anhörung noch nicht abgearbeitet. 49Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, NVwZ 1996, 80 (juris Rn. 16) unter Hinweis auf die Verpflichtung des Bundesamts zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung und Beweiserhebung. 50Damit das behördliche Asylverfahren seiner Funktion gerecht werden kann, ist es mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet. Diese beschränken sich nicht auf die Anhörung des Asylantragstellers durch das Bundesamt, sondern gehen darüber hinaus. So haben die Mitgliedstaaten u.a. sicherzustellen, dass über Asylanträge einzeln, objektiv und unparteiisch entschieden wird [Art. 10 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a) RL 2013/32/EU], Erkenntnismittel zu den Verhältnissen im Herkunftsstaat eingeholt werden und den Beteiligten zur Verfügung gestellt werden [Art. 10 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b) und Art. 12 Abs. 1 Buchst. d) RL 2013/32/EU]. Ferner müssen die für die Entscheidung über den Asylantrag zuständigen Bediensteten des Bundesamts über eine gewisse Qualifikation verfügen [Art. 10 Abs. 3 Satz 2 Buchst. c) RL 2013/32/EU] und nicht vertretene Asylantragsteller über das Ergebnis der Entscheidung des Bundesamts in einer Sprache unterrichtet werden, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen [Art. 12 Abs. 1 Buchst. f) RL 2013/32/EU, § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG]. Zudem ist nachträgliches Vorbringen im behördlichen Asylverfahren trotz der Regelung in § 25 Abs. 3 AsylG umfassender zu berücksichtigen als im asylrechtlichen Gerichtsverfahren, für das die Präklusionsfristen des § 74 Abs. 2 AsylG einen strikteren Ausschluss nachträglichen Vorbringens vorsehen. 51Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, NVwZ 1996, 80 (juris Rn. 16), und vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 43 und 51; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2021 - A 12 S 2583/18 -, Asylmagazin 2021, 131 (juris Rn. 40). 52Im behördlichen Asylverfahren ist es somit im Vergleich zum gerichtlichen Verfahren eher möglich, das bisherige Vorbringen zu ergänzen, vermeintliche Widersprüche auszuräumen oder sonstige Missverständnisse aufzuklären. Die Möglichkeit solcher Missverständnisse oder vermeintlicher Widersprüche im Rahmen der Anhörung unterscheidet das behördliche Asylverfahren typischerweise wesentlich von nahezu allen weiteren inländischen Verwaltungsverfahren, in denen für die Kommunikation zwischen Antragsteller und Behörden zwar in Einzelfällen, aber nicht im Regelfall ein Dolmetscher erforderlich ist. 53Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 43. 54Art. 46 RL 2013/32/EU und Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. §§ 74 ff. AsylG gewährleisten das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Nach Art. 46 Abs. 1 Buchst. a) RL 2013/32/EU müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Antragsteller gegen eine Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht haben. Unionsrecht wie nationales Recht gehen somit davon aus, dass die Prüfung der relevanten Tatsachen durch die fachkundige Behörde und - auf einen Rechtsbehelf des Asylantragstellers hin - zusätzlich durch ein Gericht erfolgt. Diese im gewaltengeteilten Rechtsstaat generell vorzusehende gerichtliche Kontrolle hat wegen der spezifischen Fehlerquellen, die sich im behördlichen Asylverfahren ergeben können, eine besondere Bedeutung. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 45. 56Art. 46 Abs. 3 RL 2013/32/EU verlangt eine Prüfung ex-nunc, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Diesen Anforderungen wird das verwaltungsgerichtliche Verfahren grundsätzlich gerecht (vgl. insbesondere §§ 86 Abs. 1 VwGO, 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Darüber hinaus erklärt Art. 46 Abs. 3 RL 2013/32/EU die gerichtliche Überprüfung durch eine einzige gerichtliche Instanz für ausreichend. Dementsprechend ist es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass § 78 Abs. 1 bis 3 AsylG den Zugang zum Berufungsverfahren ein- und im Regelfall auf die Zulassungsgründe des § 78 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 AsylG beschränkt. 57(2) Ausgehend von den vorstehend dargelegten normativen Vorgaben und der Besonderheiten des Asylverfahrens kann die erstmalige Entscheidung des Gerichts über den Asylantrag eine entsprechende Entscheidung des Bundesamts auch dann nicht insgesamt gleichwertig ersetzen, wenn das Bundesamt den Asylantragsteller bereits angehört hat. 58Entscheidet das Verwaltungsgericht auf eine Untätigkeitsklage in der Sache, wird ein Asylantrag auch dann, wenn das Bundesamt den Asylantragsteller zuvor bereits angehört hat, nur einmal in der Sache geprüft. Die - sowohl im Unionsrecht als auch im nationalen Recht vorgesehene - asylbehördliche Prüfung unter Wahrung der im behördlichen Asylverfahren geltenden Verfahrensgarantien entfällt. Dies widerspricht dem vorstehend unter (1) dargestellten gesetzgeberischen Konzept. Wäre eine auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage nicht zulässig, wären Asylantragsteller auf eine auf ein "Durchentscheiden" gerichtete Untätigkeitsklage ("Vornahmeklage") verwiesen und würde ihnen faktisch eine von zwei Überprüfungen ihres Asylbegehrens entzogen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Effektivität des ihnen gewährten Rechtsschutzes. Da sowohl die gesetzgeberische Konzeption einer doppelten Prüfung des Asylantrags als auch die für das behördliche Asylverfahren geltenden Verfahrensgarantien und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf (so die amtliche Überschrift zu Art. 46 RL 2013/32/EU) zumindest auch dem Schutz der Asylantragsteller, nämlich der besseren Durchsetzung ihrer materiell-rechtlichen Ansprüche, dienen, darf ihnen dieser Schutz jedenfalls nicht gegen ihren Willen entzogen werden. 59Die gesetzgeberische Konzeption einer doppelten Überprüfung von Asylanträgen trägt der spezifischen Kommunikationssituation des Asylverfahrens Rechnung, die vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass zwei Personen mit unterschiedlichem kulturellen und oft auch sozialen Hintergrund sich regelmäßig nur über einen Dolmetscher verständigen können. Dies gilt unterschiedslos sowohl für das behördliche als auch für das gerichtliche Asylverfahren. Der spezifischen Kommunikationssituation des Asylverfahrens hat der Gesetzgeber u.a. auch dadurch Rechnung getragen, dass er bestimmte Anforderungen an die Anhörung von Asylantragstellern stellt [vgl. Art. 12 Abs. 1 Buchst. a) und b), 14 Abs. 1, 15 bis 17 und 23 Abs. 3 RL 2013/32/EU, §§ 24 Abs. 1 Satz 3, 25 AsylG], um eine gelingende Kommunikation zwischen Asylantragsteller und Behörde sicherzustellen. 60Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 39, 43 und 52. 61Trotz dieser Vorkehrungen lassen sich Missverständnisse nicht vollständig vermeiden. Zudem lassen sich nicht sämtliche Missverständnisse durch die Rückübersetzung der Anhörungsniederschrift ausräumen. Viel häufiger treten Missverständnisse erst dadurch zutage, dass die Person, die über einen Asylantrag entscheidet, das Vorbringen des Asylantragstellers wertet und ausgehend davon über den Asylantrag entscheidet. Erst durch diesen Schritt und nicht bereits durch die Anhörung werden Asylantragsteller in die Lage versetzt, etwaige Missverständnisse zu erkennen und (vermeintliche) Widersprüche auszuräumen. Dementsprechend werden Asylantragsteller durch den Wegfall einer Entscheidung des Bundesamts der Möglichkeit beraubt, Missverständnisse und (vermeintliche) Widersprüche zu identifizieren und auszuräumen. Treten Missverständnisse und (vermeintliche) Widersprüche erstmals mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zutage, ist eine Korrektur durch das Berufungsgericht nur ausnahmsweise möglich. Aufgrund der Einschränkung der Berufungszulassungsgründe für asylrechtliche Verfahren (vgl. § 78 Abs. 3 AsylG) führen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts anders als bei andere Bereiche des Verwaltungsrechts betreffenden Verfahren (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zur Zulassung der Berufung; dementsprechend rechtfertigen kommunikative Missverständnisse allein keine Zulassung der Berufung. 62Vgl. Brauer, jM 2018, 429, 430. 63Dies zeigt, dass durch den Wegfall einer Entscheidung des Bundesamts zugleich die Effektivität des Asylantragstellern zu gewährenden Rechtsschutzes beeinträchtigt wird. Zwar gebietet Art. 46 RL 2013/32/EU - wie bereits dargelegt - kein Rechtsmittel gegen eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung in Asylverfahren, so dass der nationale Gesetzgeber die o.g. Rechtsmittelbeschränkungen in § 78 AsylG grundsätzlich vornehmen durfte. Die spezifischen Kommunikationsprobleme im (behördlichen wie gerichtlichen) Asylverfahren vermitteln dann aber ein besonderes schutzwürdiges Interesse des Asylantragstellers an der vollständigen Durchführung des behördlichen Erstverfahrens und der Möglichkeit einer erst daran anschließenden gerichtlichen Kontrolle. 64Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 52; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2021 - A 12 S 2583/18 -, Asylmagazin 2021, 131 (juris Rn. 41). 65Zusammenfassend ergibt sich das besondere Rechtsschutzbedürfnis für eine auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage in Fällen, in denen die Anhörung durch das Bundesamt bereits erfolgt ist, daraus, dass Asylantragstellern anderenfalls - bei ausschließlicher Zulässigkeit einer auf ein "Durchentscheiden" gerichteten Untätigkeitsklage - ein wesentlicher, mit eigenständigen, über die Gewährleistung einer sachgerechten Anhörung hinausgehenden Verfahrensgarantien verbundener Verfahrensabschnitt verloren ginge. Diesem Verfahrensabschnitt kommt unter Berücksichtigung der spezifischen Kommunikationssituation des Asylverfahrens eine hervorgehobene Bedeutung zu, weil er durch eine erstmalige Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Asylantrag nicht adäquat ersetzt werden kann. Der Wegfall einer Entscheidung des Bundesamts beeinträchtigt zudem die Effektivität des Asylantragstellern zu gewährenden Rechtsschutzes. Die Gesamtschau dieser Umstände unter Hervorhebung der spezifischen Kommunikationsprobleme sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Asylverfahren vermitteln Asylantragstellern ein besonderes schutzwürdiges Interesse an der vollständigen Durchführung des behördlichen Erstverfahrens einschließlich einer dieses Verfahren abschließenden Entscheidung. 66Ob der Asylantragsteller seine Klage unter Verzicht auf die vorstehend beschriebenen Verfahrensgarantien auch auf ein "Durchentscheiden", d.h. die Verpflichtung zur Zuerkennung des begehrten Schutzstatus richten kann, bedarf vorliegend keiner Erörterung, da der Kläger seine Klage nur auf die Verpflichtung des Bundesamts zur Bescheidung seines Asylantrags gerichtet hat. 67bb. Andere Aspekte stehen der Annahme eines besonderen Rechtsschutzinteresses für eine auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage nicht entgegen. Aus dem im behördlichen und gerichtlichen Asylverfahren gleichermaßen geltenden Beschleunigungsgebot ergibt sich keine abweichende Bewertung. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 53. 69Unionsrecht fordert jedenfalls nicht, dass im gerichtlichen Verfahren auf eine Untätigkeitsklage hin "durchzuentscheiden" ist. Das Unionsrecht trifft keine direkte Aussage zum gerichtlichen Rechtsschutz in Fällen der Untätigkeit. Dessen Ausgestaltung ist grundsätzlich Sache der nationalen Gesetzgeber, allerdings sind die sich aus den vorstehenden Ausführungen ergebenden Vorgaben zu beachten. Dem unionsrechtlichen Gebot eines wirksamen Rechtsbehelfs mit einer umfassenden Prüfung ex nunc, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt (Art. 46 Abs. 3 RL 2013/32/EU), kann daher in Fällen, in denen es - wie hier - an einer zu überprüfenden behördlichen Entscheidung bislang fehlt, keine unionsrechtliche Pflicht des Gerichts zum "Durchentscheiden" entnommen werden. 70Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 54. 71II. Die Klage ist auch begründet. Die Unterlassung, über den Asylantrag des Klägers zu entscheiden, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Verfahren war auch nicht nach § 75 Satz 3 VwGO unter Setzung einer Frist auszusetzen. § 75 Satz 3 VwGO bestimmt, dass das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aussetzt, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist ein solcher zureichender Grund nicht ersichtlich. 721. Ob ein "zureichender Grund" für die Verzögerung vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung sind neben den vielfältigen Umständen, die eine verzögerte behördliche Entscheidung dem Grunde nach zu rechtfertigen geeignet sind, auch eine etwaige besondere Dringlichkeit einer Angelegenheit für den Antragsteller zu berücksichtigen. Ein Grund kann nur dann zureichend im Sinne des § 75 Satz 3 VwGO sein, wenn er mit der Rechtsordnung in Einklang steht. Anerkannt ist, dass sich ein zureichender Grund aus einem besonderen Umfang und besonderen Schwierigkeiten der Sachaufklärung oder des zu entscheidenden Falls ergeben kann. Das Gleiche gilt für die außergewöhnliche Belastung einer Behörde, auf die durch organisatorische Maßnahmen nicht kurzfristig reagiert werden kann. 73Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2017 - 1 BvR 2406/16 ‑, NVwZ-RR 2017, 393, Rn. 9; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 16; Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 75 Rn. 51; Peters, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: Oktober 2021, § 75 Rn. 12. 742. Für Asylverfahren ist ergänzend das sich aus Art. 31 RL 2013/32/EU und dem nationalen Recht ergebende Beschleunigungsgebot zu berücksichtigen. 75a. Gemäß Art. 31 Abs. 2 RL 2013/32/EU haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass das behördliche Asylverfahren unbeschadet der Verpflichtung, eine angemessene vollständige Prüfung durchzuführen, so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht wird. Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 1 RL 2013/32/EU konkretisiert diese Regelung dahingehend, dass das Prüfungsverfahren innerhalb von sechs Monaten nach förmlicher Antragstellung zum Abschluss zu bringen ist. Diese Sechsmonatsfrist können die Mitgliedstaaten nach Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 3 RL 2013/32/EU um höchstens neun weitere Monate verlängern, wenn a) sich in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben, b) eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig internationalen Schutz beantragt, so dass es in der Praxis sehr schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist von sechs Monaten abzuschließen oder c) die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Antragsteller seinen Pflichten nach Art. 13 RL 2013/32/EU nicht nachgekommen ist. Ausnahmsweise können die Mitgliedstaaten diese Fristen in ausreichend begründeten Fällen um höchstens drei Monate überschreiten, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zu gewährleisten (Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 4 RL 2013/32/EU). Art. 31 Abs. 4 RL 2013/32/EU gibt den Mitgliedsstaaten unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, den Abschluss des Prüfungsverfahrens im Hinblick auf eine vorübergehende ungewisse Lage im Herkunftsstaat aufzuschieben. Art. 31 Abs. 5 RL 2013/32/EU normiert eine Höchstfrist. Danach schließen die Mitgliedstaaten das Prüfungsverfahren in jedem Fall innerhalb einer maximalen Frist von 21 Monaten nach der förmlichen Antragstellung ab. Diese Frist ist als absolute Grenze für die behördliche Untätigkeit zu sehen. 76Vgl. Berlit, jurisPR-BVerwG 19/2018 Anm. 6, juris, unter C. 77Nach Art. 31 Abs. 6 RL 2013/32/EU stellen die Mitgliedstaaten außerdem sicher, dass Antragsteller für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung informiert werden und auf ihr Ersuchen über die Gründe für die Verzögerung und über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung über ihren Antrag zu rechnen ist, unterrichtet werden. 78b. Art. 31 Abs. 2, 3 und 5 RL 2013/32/EU entsprechende Regelungen finden sich im Asylgesetz nicht. Art. 31 Abs. 4 und 6 RL 2013/32/EU sind teilweise durch § 11a und § 24 Abs. 4 AsylG umgesetzt. Art. 31 Abs. 2 und 6 RL 2013/32/EU waren gemäß Art. 51 Abs. 1 RL 2013/32/EU bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen, Art. 31 Abs. 3, 4 und 5 RL 2013/32/EU gemäß Art. 51 Abs. 2 RL 2013/32/EU bis zum 20. Juli 2018. Das Gericht lässt offen, ob Art. 31 Abs. 2, 3 und 5 RL 2013/32/EU mangels Umsetzung in nationales Recht unmittelbar Anwendung finden 79- zur unmittelbaren Wirkung von Richtlinien vgl. EuGH, Urteile vom 19. Januar 1982 - 8/81 (Becker) -, NJW 1982, 499 (juris Rn. 25), und vom 6. März 2014 - C-595/12 -, NZA 2014, 715, (juris Rn. 46) - 80und ob Art. 31 Abs. 3 und 5 RL 2013/32/EU auch den am 21. Juni 2018 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist des Art. 51 Abs. 2 RL 2013/32/EU gestellten Asylantrag des Klägers erfassen. Die in diesen Regelungen zum Ausdruck kommenden Vorstellungen des EU-Gesetzgebers können unabhängig von ihrer Anwendbarkeit auf den konkreten Fall jedenfalls als ergänzende Orientierung für die Beurteilung der Frage, ob ein zureichender Grund i.S.d. § 75 VwGO vorliegt, herangezogen werden. 81Aus Art. 31 Abs. 2 RL 2013/32/EU lassen sich keine konkreten Mindest-, Regel-oder Höchstfristen für die Anwendung des § 75 VwGO herleiten. Schon die in Art. 31 Abs. 6 RL 2013/32/EU und § 24 Abs. 4 AsylG statuierten behördlichen Mitteilungspflichten lassen aber den Schluss zu, dass sowohl der nationale als auch der Unionsgesetzgeber eine Frist von sechs Monaten als (noch) angemessene Dauer des behördlichen Verfahrens ansehen. Diese Sichtweise wird inzwischen durch Art. 31 Abs. 3 RL 2013/32/EU bekräftigt. 82Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 19 f. 833. Ausgehend von diesen Maßstäben besteht kein zureichender Grund dafür, dass das Bundesamt noch nicht über den Asylantrag des Klägers vom 21. Juni 2018 entschieden hat. 84Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 VwGO) sind seit der Stellung des Asylantrags annähernd 43 Monate, und seit der rechtskräftigen Aufhebung der zunächst verfügten Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nahezu zwölf Monate vergangen. Auf letzteren Zeitpunkt ist für die Entscheidung der Frage, ob ein zureichender Grund i.S.d. § 75 VwGO vorliegt, abzustellen. Die Verpflichtung des Bundesamts, über den Asylantrag des Klägers zu entscheiden, endete mit der Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und lebte erst mit der Rechtskraft der diese Entscheidung aufhebenden gerichtlichen Entscheidung wieder auf. Gerechnet ab diesem Zeitpunkt, dem 25. Februar 2021, sind sechs Monate deutlich überschritten. 85Ein zureichender Grund dafür, trotz Ablauf fast eines Jahres nicht über den Asylantrag des Klägers zu entscheiden, liegt nicht vor. Ein solcher Grund ergibt sich - unabhängig davon, ob die Regelung auf den vorliegenden Fall Anwendung findet - insbesondere nicht aus den in Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 1 RL 2013/32/EU zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Unionsgesetzgebers. Von den drei Gründen, bei deren Vorliegen nach dieser Vorschrift eine Verlängerung der Bearbeitungsfrist um höchstens neun weitere Monate in Betracht kommt, ist hier allein Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 3 Buchst. a) RL 2013/32/EU (komplexe Fragen in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht) einschlägig. Rechtliche Schwierigkeiten weist der vorliegende Fall nicht auf; das Bundesamt hat sich auch nicht auf solche Schwierigkeiten berufen. Insbesondere ist in der Rechtsprechung geklärt, unter welchen Voraussetzungen Mitgliedstaaten davon abzusehen haben, Asylanträge von Antragstellern, denen bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz gewährt wurde, unter Berufung auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abzulehnen. 86Vgl. EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. -, Asylmagazin 2019, 195, Rn. 88 f., sowie Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a. -, NVwZ 2020, 137, Rn. 35 ff.; BVerwG, Urteile vom 21. April 2020 - 1 C 4.19 -, NVwZ 2020, 1839, Rn. 36 ff., und vom 17. Juni 2020 - 1 C 35.19 -, Asylmagazin 2020, 316, Rn. 23 ff. 87Komplexe Fragen in tatsächlicher Hinsicht wirft der vorliegende Fall ebenfalls nicht auf. Zwar ist es Aufgabe des Bundesamts, in Verfahren, in denen Asylantragsteller bereits über einen Schutzstatus in einem anderen Mitgliedstaat verfügen, die Lage der Rückkehrer in diesem Mitgliedstaat und eine mögliche Verletzung garantierter Rechtsgüter sorgfältig und nach aktueller Erkenntnislage zu prüfen. Allerdings muss auch diese Prüfung innerhalb angemessener Fristen erfolgen. Nach Einschätzung des Bundesamts reichen die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht aus, um die allgemeinen Lebensumstände für Personen zu beurteilen, denen - wie dem Kläger - bereits in Griechenland internationaler Schutz gewährt wurde und die dorthin zurückkehren. Dieser Einschätzung folgt das Gericht nicht. 88So auch VG Hannover, Urteil vom 29. Juni 2021 - 12 A 3583/21 -, Asylmagazin 2021, 384 (juris Rn. 25); VG Aachen, Urteil vom 17. Dezember 2021 - 5 K 1858/21.A -, juris Rn. 54. 89Insoweit ist auf die zahlreichen und ausführlichen Erkenntnismittel hinzuweisen, die sich aus der im vorliegenden Verfahren übersandten Erkenntnismittelliste des Gerichts (Stand: 19. Januar 2022) ergeben. Exemplarisch dafür stehen die Stellungnahme der Deutschen Botschaft in Athen zur Unterbringung und Sicherung des Existenzminimums anerkannter Schutzberechtigter in Griechenland von Juni 2021, sowie der Bericht des Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation (ACCORD) zur Versorgungslage und Unterstützungsleistungen für (nach Griechenland) zurückkehrende Personen mit internationalem Schutzstatus vom 26. August 2021. Diesen Erkenntnismitteln lassen sich - jedenfalls in der Zusammenschau mit den weiteren zahlreichen Erkenntnissen - die Lebensbedingungen von zurückkehrenden anerkannten Schutzberechtigten (z.B. im Hinblick auf Unterkunft, Arbeitschancen, Sozialleistungen und medizinische Versorgung) deutlich entnehmen. Dass die vorliegenden Erkenntnismittel zur Beurteilung der in Griechenland herrschenden Lebensbedingungen für "Rückkehrer" ausreichen, zeigen auch die in jüngerer Zeit hierzu ergangenen (ober-) gerichtlichen Entscheidungen. 90Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 2021 - 11 A 2982/20.A -, juris Rn. 34 ff.; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 19. April 2021 - 10 LB 244/20 -, Asylmagazin 2021, 228 (juris Rn. 28 ff.); OVG Bremen, Urteil vom 16. November 2021 - 1 LB 371/21 ‑, juris Rn. 38 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. November 2021 - OVG 3 B 54.19 -, juris Rn. 20 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Januar 2022 - A 4 S 2443/21 -, juris Rn. 22 ff. 91Soweit die Beklagte einwendet, es fehle an aktuellen Erkenntnissen und es bestünden "besondere Schwierigkeiten der Sachaufklärung, die sich aus der notwendigen Mitwirkung eines anderen Staates ergeben würden", hat sie dies in keiner Weise belegt. Nähere Einzelheiten dazu, welche konkreten Maßnahmen die Beklagte seit der Aufhebung ihrer Entscheidung, den Asylantrag als unzulässig abzulehnen, unternommen hat, um die von ihr angeführte weiter erforderliche Sachaufklärung voranzutreiben, sind weder aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich, noch substantiiert vorgetragen. Vor diesem Hintergrund führt auch der Verweis der Beklagten auf Bemühungen in Form von politischen Gesprächen nicht weiter. Soweit sie vorträgt, über den bundesamtseigenen Verbindungsbeamten in Griechenland anhand eines umfassenden Fragenkatalogs weitere Erkenntnisse vor Ort gewinnen zu wollen, kann dies - angesichts der bereits vorliegenden anderweitigen Erkenntnismöglichkeiten - ein Zuwarten von nunmehr fast einem Jahr seit Rechtskraft der gerichtlichen Aufhebungsentscheidung nicht rechtfertigen. Ein konkretes Fortschreiten dieser Recherche ist weder aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich, noch vorgetragen. Insbesondere ist der mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2021 angekündigte Recherchebericht bis zur Entscheidung des Gerichts nicht vorgelegt worden. 92Die in Art. 31 Abs. 4 RL 2013/32/EU und § 11a AsylG vorgesehene Möglichkeit, den Abschluss des Prüfungsverfahrens bei einer vorübergehenden ungewissen Lage im Herkunftsstaat zwecks deren Aufklärung aufzuschieben, dürfte schon deshalb nicht einschlägig sein, weil es hier nicht um die Lage in einem Herkunftsstaat, sondern um die Lage in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union geht. Diese Frage bedarf jedoch keiner weiteren Vertiefung, weil es nach den vorstehenden Ausführungen schon an einer ungewissen Lage fehlt. Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Bundesministerium des Innern eine entsprechende Aussetzungsentscheidung getroffen hat und das Bundesamt wie in Art. 31 Abs. 4 RL 2013/32/EU vorgeschrieben vorgegangen ist. 934. Es war auch nicht geboten, der Beklagten im Rahmen der ausgesprochenen Verpflichtung eine Frist für die Entscheidung über den Asylantrag zu setzen. § 75 VwGO sieht eine Fristsetzung ausdrücklich nur in den Fällen vor, in denen ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung besteht. Besteht ein solcher Grund nicht, ist die Behörde nach Ablauf der angemessenen Entscheidungsfrist nach § 75 Satz 1 VwGO gehalten, unverzüglich zu entscheiden. Bereits während der Dauer des auf Verpflichtung zur Bescheidung gerichteten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wirkt die Pflicht zur behördlichen Entscheidung fort; die Rechtshängigkeit des Bescheidungsbegehrens sperrt nicht die gebotene Durchführung des der Entscheidung vorgelagerten behördlichen Verfahrens. Die gerichtliche Verpflichtung zur Entscheidung über den Antrag, die zudem eine beklagte Behörde nicht überraschend treffen und auf die sich diese vorbereiten kann, bekräftigt diese Rechtspflicht in allerdings verbindlicherer, weil grundsätzlich vollstreckbarer Weise. Soweit die Behörde für die Vorbereitung und Durchführung nicht schon den Zeitraum zwischen dem Ergehen der gerichtlichen Entscheidung und ihrer Rechtskraft nutzen kann, um der auf sie zukommenden Verpflichtung unverzüglich nachzukommen, ist im Vollstreckungsverfahren hinreichend Raum, objektiv unvermeidbare Verzögerungen der unverzüglich geschuldeten Entscheidung zu berücksichtigen: § 172 Satz 1 VwGO setzt für die Festsetzung eines Zwangsgelds voraus, dass es erst nach Ablauf einer vom Gericht zu bestimmenden angemessenen Frist festgesetzt werden kann; diese Frist ist so zu bemessen, dass es der Behörde möglich ist, ihrer Verpflichtung nachzukommen. 94Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 - 1 C 18.17 -, BVerwGE 162, 331, Rn. 56 f. 95III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 96IV. Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf §§ 78 Abs. 6 AsylG, 134 Abs. 1 und 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dem Verfahren kommt grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Rechtsfrage zu, ob ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für eine auf Bescheidung beschränkte Untätigkeitsklage auch dann vorliegt, wenn das Bundesamt einen Asylantragsteller bereits zu seinen Asylgründen angehört hat. | die beklagte wird verpflichtet, den asylantrag des klägers vom 21. juni 2018 zu bescheiden. die beklagte trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die sprungrevision wird zugelassen. 1 | 2der kläger begehrt die verpflichtung der beklagten zur entscheidung über seinen asylantrag. 3der kläger ist am 00.00.0000 geboren und nach eigenen angaben staatenloser palästinenser. er gab an, syrien im april 2016 verlassen zu haben und u.a. über griechenland im juni 2018 nach deutschland eingereist zu sein. der kläger stellte am 21. juni 2018 beim bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) einen asylantrag. die vom bundesamt veranlasste eurodac-abfrage ergab, dass griechenland dem kläger am 31. mai 2017 internationalen schutz zuerkannt hatte. das bundesamt hörte den kläger am 26. juni 2018 persönlich zu seinen asylgründen an. 4mit bescheid vom 4. juli 2018 lehnte das bundesamt den asylantrag des klägers als unzulässig ab und drohte ihm die abschiebung nach griechenland an. mit gerichtsbescheid vom 10. februar 2021 hob das verwaltungsgericht düsseldorf diesen bescheid im wesentlichen auf. die entscheidung des verwaltungsgerichts düsseldorf ist seit dem 25. februar 2021 rechtskräftig. 5mit anwaltlichen schreiben vom 28. april und 31. mai 2021 forderte der kläger das bundesamt auf, über seinen asylantrag zu entscheiden und ihm die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 6am 5. oktober 2021 hat der kläger untätigkeitsklage erhoben. 7der kläger beantragt schriftsätzlich, 8die beklagte zu verpflichten, über seinen asylantrag zu entscheiden. 9die beklagte beantragt schriftsätzlich, 10die klage abzuweisen. 11sie trägt im wesentlichen vor, es liege ein zureichender grund für die noch nicht erfolgte bescheidung des asylantrags des klägers vor. aufgrund von besonderen schwierigkeiten bei der sachverhaltsaufklärung habe bisher keine entscheidung getroffen werden können. in verfahren, in denen die asylantragsteller bereits über einen schutzstatus in einem mitgliedstaat der europäischen union verfügen, sei die lage der rückkehrer in diesem mitgliedstaat und eine mögliche verletzung garantierter rechtsgüter sorgfältig in den blick zu nehmen. die tatsache, dass die europäische kommission bislang kein vertragsverletzungsverfahren gegen griechenland eingeleitet habe, lasse den schluss zu, dass diese die situation dort nach wie vor als angemessen beurteile. angesichts der dynamik der versorgungssituation und der lage auf dem arbeitsmarkt - auch unter berücksichtigung der auswirkungen der corona-pandemie - sei das bundesamt auf eine aktuelle erkenntnislage angewiesen. zu den diesbezüglichen bemühungen der bundesrepublik gehöre neben auf höchster politischer ebene geführten gesprächen auch die gewinnung eigener erkenntnisse vor ort. es sei ein umfassender fragenkatalog vorbereitet worden, der bspw. die unterkunftssituation, den zugang zu sozialhilfeleistungen, die medizinische versorgung, integrationsangebote und die situation unter corona betreffe. der verbindungsbeamte des bundesamts in griechenland sei gebeten worden, weitere recherchen vorzunehmen. nach beantwortung dieser fragen werde ein bericht erstellt. diese umfangreiche recherche benötige jedoch einige zeit, da viele verschiedene akteure involviert seien. ein rücklauf sei bislang noch nicht zu verzeichnen. besondere schwierigkeiten der sachaufklärung, die sich aus der notwendigen mitwirkung eines anderen staates ergäben, stellten einen zureichenden grund im sinne von § 75 satz 1 vwgo dar. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakte (eine datei) und die durch das bundesamt übermittelten verwaltungsvorgänge (sechs dateien) bezug genommen. 13 | 14die kammer entscheidet ohne mündliche verhandlung. die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 5. und 7. januar 2022 wirksam ihr einverständnis hierzu erklärt (§ 101 abs. 2 vwgo). 15die klage ist zulässig (i.) und begründet (ii.). 16i. die klage ist als verpflichtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 2 vwgo) in gestalt der untätigkeitsklage (§ 75 vwgo) statthaft und auch ansonsten zulässig. eine solche klage kann in verfahren, in denen - wie hier (§ 11 asylg) - ein vorverfahren (§ 68 vwgo) nicht durchzuführen ist, gemäß § 75 satz 1 vwgo erhoben werden, wenn über einen antrag auf vornahme eines verwaltungsakts ohne zureichenden grund in angemessener frist sachlich nicht entschieden worden ist. 17die zulässigkeitsvoraussetzungen der untätigkeitsklage sind erfüllt. die frist des § 75 satz 2 vwgo ist eingehalten (1.). der kläger hat auch das für eine auf bescheidung beschränkte untätigkeitsklage erforderliche besondere rechtsschutzbedürfnis (2.). die frage, ob die beklagte mit "zureichendem grund" noch nicht entschieden hat, ist nicht im rahmen der zulässigkeit der klage zu prüfen. es handelt sich vielmehr um eine frage der spruchreife als teil der begründetheit der klage, denn bei vorliegen eines "zureichenden grundes" ist die klage gleichwohl zulässig, das verfahren jedoch gemäß § 75 satz 3 vwgo auszusetzen und der beklagten eine frist zur entscheidung zu gewähren. 18vgl. bverwg, urteil vom 22. mai 1987 - 4 c 30.86 -, nvwz 1987, 969 (juris rn. 12); vg münchen, urteil vom 8. februar 2016 - m 24 k 15.31419 -, nvwz 2016, 486 (juris rn. 28); vg osnabrück, urteil vom 7. april 2021 - 5 a 515/20 -, asylmagazin 2021, 234 (juris rn. 18). 191. die frist des § 75 satz 2 vwgo ist eingehalten. nach dieser norm kann die klage nicht vor ablauf von drei monaten seit dem antrag auf vornahme des verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer umstände des falls eine kürzere frist geboten ist. die einhaltung dieser frist ist eine besondere prozessvoraussetzung, nach deren ablauf eine erhobene klage unabhängig davon zulässig ist, ob sich die verzögerung der verwaltungsentscheidung als unzureichend begründet erweist oder nicht. 20vgl. bverwg, urteile vom 23. märz 1973 - 4 c 2.71 -, bverwge 42, 108 (juris rn. 25 f.), und vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 14. 21die dreimonatige sperrfrist gilt auch im bereich des asylrechts 22- vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 14; vg hannover, urteil vom 29. juni 2021 - 12 a 3583/21 -, asylmagazin 2021, 384 (juris rn. 17) -, 23und wird weder durch die regelung in § 24 abs. 4 asylg 24- vgl. vg münchen, urteil vom 8. februar 2016 - m 24 k 15.31419 -, nvwz 2016, 486 (juris rn. 27); vg magdeburg, urteil vom 11. februar 2021 - 9 a 363/20 -, juris rn. 20; vg hannover, urteil vom 29. juni 2021 - 12 a 3583/21 -, asylmagazin 2021, 384 (juris rn. 18) -, 25noch durch die in art. 31 der richtlinie 2013/32/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 (abl. l 180, s. 60, sog. verfahrensrichtlinie, im folgenden: richtlinie 2013/32/eu) geregelten fristen modifiziert. 26vgl. vg aachen, urteil vom 17. dezember 2021 - 5 k 1858/21.a -, juris rn. 33; vg hannover, urteil vom 29. juni 2021 - 12 a 3583/21 -, asylmagazin 2021, 384 (juris rn. 19). 27weder unionsrechtliche noch nationale fristvorstellungen zum behördlichen verfahren modifizieren unmittelbar nationales verwaltungsprozessrecht. 28vgl. berlit, jurispr-bverwg 19/2018 anm. 6, unter c. 29die dreimonatige sperrfrist des § 75 satz 2 vwgo ist eingehalten. die aufhebung des unzulässigkeitsbescheids des bundesamts durch gerichtsbescheid des verwaltungsgerichts düsseldorf ist seit dem 25. februar 2021 rechtskräftig. die vorliegende klage wurde am 5. oktober 2021, und damit erst nach ablauf von drei monaten erhoben. die frage, ob es für den ablauf der sperrfrist auf den zeitpunkt der erhebung der klage ankommt 30- so etwa brenner, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 75 rn. 41; peters, in: posser/wolff, vwgo, stand: januar 2022, § 75 rn. 9 - 31oder ob es genügt, wenn die frist im zeitpunkt der entscheidung des gerichts abgelaufen ist 32- so etwa bverwg, urteile vom 20. januar 1966 - 1 c 24.63 -, bverwge 23, 135 (juris rn. 16), und vom 24. februar 1994 - 5 c 24.92 -, bverwge 95, 149 (juris rn. 12) -, 33kann daher dahinstehen. 342. der kläger hat auch das für eine auf bescheidung beschränkte untätigkeitsklage erforderliche besondere rechtsschutzbedürfnis. 35a. wird über einen antrag auf vornahme eines rechtlich gebundenen, begünstigenden verwaltungsakts ohne zureichenden grund nicht innerhalb angemessener frist entschieden, besteht ein rechtsschutzbedürfnis im regelfall nur für die auf vornahme gerichtete untätigkeitsklage. bei der vom kläger begehrten gewährung von internationalem schutz nach §§ 3 ff. asylg handelt es sich um einen rechtlich gebundenen, begünstigenden verwaltungsakt. bei materiellen rechten, auf die bei vorliegen der tatbestandlichen voraussetzungen ein rechtlich gebundener anspruch auf behördliche zuerkennung besteht, folgt aus § 113 abs. 5 vwgo in verbindung mit dem amtsermittlungsgrundsatz des § 86 abs. 1 vwgo, dass bei verweigerter sachlicher entscheidung der behörde die untätigkeitsverpflichtungsklage grundsätzlich auf eine konkrete behördliche sachentscheidung zu beziehen ist und das verwaltungsgericht die sache spruchreif zu machen hat. 36vgl. bverwg, urteile vom 7. märz 1995 - 9 c 264.94 -, nvwz 1996, 80 (juris rn. 14), und vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 22 ff. 37dies gilt aber nicht ausnahmslos. maßgeblich ist vielmehr, ob im konkreten fall ein besonderes rechtsschutzbedürfnis für die beschränkung auf einen bescheidungsantrag besteht. 38vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 22, und beschluss vom 27. november 2019 - 8 b 32.19 -, zov 2020, 68, rn. 3. 39die hiernach erforderlichen gründe für eine reine bescheidungsklage müssen nach art und gewicht hinreichen, um ein rechtsschutzbedürfnis für eine beschränkung annehmen zu können. dies kann schon dann der fall sein, wenn sie eine bescheidungsklage rechtfertigen, und erfordern nicht notwendig, dass sie diese beschränkung gebieten. 40vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 31. 41das bundesverwaltungsgericht erkennt ein rechtsschutzbedürfnis für die beschränkung auf einen bescheidungsantrag an, wenn ein kläger nach stellung seines asylantrages noch nicht zu seinen asylgründen angehört worden ist und das bundesamt auch sonst keine aus den beigezogenen verwaltungsvorgängen erkennbaren schritte unternommen hat, um das verfahren in irgendeiner weise zu fördern. in einem solchen fall rechtfertigt es die besondere ausgestaltung des asylverfahrens mit der hervorgehobenen stellung des behördlichen verfahrens und den daran anknüpfenden verfahrensgarantien in einer gesamtschau, ein rechtsschutzbedürfnis für eine reine bescheidungsklage anzunehmen. 42vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 32 und 37 ff.; siehe zu den besonderheiten des behördlichen asylverfahrens auch bereits bverwg, urteil vom 7. märz 1995 - 9 c 264.94 -, nvwz 1996, 80 (juris rn. 15 ff.). 43b. ein besonderes rechtsschutzbedürfnis für eine auf bescheidung gerichtete untätigkeitsklage besteht auch für den fall, dass ein asylantragsteller - wie hier - bereits zu seinen asylgründen angehört wurde. 44ebenso vg dresden, urteil vom 23. november 2018 - 12 k 5750/17.a -, juris rn. 14; vg gelsenkirchen, urteil vom 11. oktober 2021 - 18a k 3630/21.a -, n.v., s. 4 f.; vg aachen, urteil vom 17. dezember 2021 - 5 k 1858/21.a -, juris rn. 39 ff.; siehe auch vg ansbach, urteil vom 7. april 2014 - an 1 k 13.30850 -, juris rn. 21 ff., vg wiesbaden, urteil vom 7. mai 2015 - 7 k 720/14.wi.a -, juris rn. 20 ff., und vg osnabrück, urteil vom 14. oktober 2015 - 5 a 390/15 -, juris rn. 43 ff., die jeweils einen anspruch auf "durchentscheiden" verneinen; a.a. vg düsseldorf, beschluss vom 4. februar 2020 - 9 k 52/20.a -, juris rn. 2 ff.; vg freiburg, gerichtsbescheid vom 19. januar 2021 - a 10 k 3353/20 -, juris rn. 17; vg minden, beschluss vom 28. oktober 2021 - 11 k 5619/21.a -, n.v., s. 3 ff. 45aa. das besondere rechtsschutzbedürfnis folgt aus den unionsrechtlichen und nationalen vorgaben zur struktur des asylverfahrens mit der daraus folgenden hervorgehobenen stellung des behördlichen verfahrens, den daran anknüpfenden verfahrensgarantien für das behördliche verfahren und dem recht auf einen wirksamen rechtsbehelf. aus der gesamtschau dieser umstände folgt ein berechtigtes und schützenswertes interesse des asylantragstellers, dass zunächst das bundesamt über seinen asylantrag entscheidet und diese entscheidung dann - gegebenenfalls - gerichtlich kontrolliert wird. dies gilt auch, wenn das bundesamt den asylantragsteller bereits - wie hier - zu seinen asylgründen angehört hat. 46(1) nach der gesetzgeberischen konzeption sowohl des unions- als auch des nationalen gesetzgebers wird über einen asylantrag zunächst durch eine behörde entschieden. dies ergibt sich für das unionsrecht aus art. 4 abs. 1 satz 1 und art. 10 abs. 3 rl 2013/32/eu, wonach die mitgliedstaaten für alle verfahren eine asylbehörde benennen, die für eine angemessene prüfung der anträge auf internationalen schutz nach den vorgaben der richtlinie 2013/32/eu zuständig ist. diese aufgabe obliegt in deutschland dem bundesamt (§ 5 asylg). das in §§ 12 ff. asylg geregelte behördliche asylverfahren ist auf das bundesamt ausgerichtet (vgl. z.b. §§ 14 abs. 1 satz 1, 24 abs. 1, 31 abs. 1, 34 abs. 1, 34a abs. 1, 35 abs. 1, § 40 abs. 1 asylg). den besonderen stellenwert des behördlichen asylverfahrens, im sprachgebrauch des unionsrechts des erstinstanzlichen verfahrens, heben auch die erwägungsgründe 16 und 22 zur richtlinie 2013/32/eu hervor. dementsprechend stellt "die prüfung des antrags auf internationalen schutz durch eine verwaltungsstelle oder eine gerichtsähnliche behörde, die mit besonderen mitteln und fachpersonal ausgestattet ist, eine wesentliche phase der mit dieser richtlinie eingeführten gemeinsamen verfahren" dar. 47vgl. eugh, urteil vom 25. juli 2018 - c-585/16 -, zar 2019, 31 (juris rn. 116); bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 47. 48das behördliche asylverfahren ist in mehrere phasen gegliedert. nach der antragstellung (art. 6 und 7 rl 2013/32/eu, § 14 asylg) hat das bundesamt den sachverhalt aufzuklären und die notwendigen beweise zu erheben (§ 24 abs. 1 satz 1 asylg). im rahmen der aufklärung des sachverhalts hat das bundesamt den antragsteller anzuhören [art. 12 abs. 1 buchst. a) und b), 14 abs. 1, 15 bis 17 und 23 abs. 3 rl 2013/32/eu, §§ 24 abs. 1 satz 3, 25 asylg]. das behördliche asylverfahren wird mit der schriftlichen entscheidung des bundesamts abgeschlossen. dementsprechend hat das bundesamt das ihm sowohl vom unionsrecht als auch vom nationalen recht auferlegte "pflichtenprogramm" mit der durchführung einer anhörung noch nicht abgearbeitet. 49vgl. bverwg, urteil vom 7. märz 1995 - 9 c 264.94 -, nvwz 1996, 80 (juris rn. 16) unter hinweis auf die verpflichtung des bundesamts zur umfassenden sachverhaltsaufklärung und beweiserhebung. 50damit das behördliche asylverfahren seiner funktion gerecht werden kann, ist es mit umfassenden verfahrensgarantien ausgestattet. diese beschränken sich nicht auf die anhörung des asylantragstellers durch das bundesamt, sondern gehen darüber hinaus. so haben die mitgliedstaaten u.a. sicherzustellen, dass über asylanträge einzeln, objektiv und unparteiisch entschieden wird [art. 10 abs. 3 satz 2 buchst. a) rl 2013/32/eu], erkenntnismittel zu den verhältnissen im herkunftsstaat eingeholt werden und den beteiligten zur verfügung gestellt werden [art. 10 abs. 3 satz 2 buchst. b) und art. 12 abs. 1 buchst. d) rl 2013/32/eu]. ferner müssen die für die entscheidung über den asylantrag zuständigen bediensteten des bundesamts über eine gewisse qualifikation verfügen [art. 10 abs. 3 satz 2 buchst. c) rl 2013/32/eu] und nicht vertretene asylantragsteller über das ergebnis der entscheidung des bundesamts in einer sprache unterrichtet werden, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen [art. 12 abs. 1 buchst. f) rl 2013/32/eu, § 31 abs. 1 satz 4 asylg]. zudem ist nachträgliches vorbringen im behördlichen asylverfahren trotz der regelung in § 25 abs. 3 asylg umfassender zu berücksichtigen als im asylrechtlichen gerichtsverfahren, für das die präklusionsfristen des § 74 abs. 2 asylg einen strikteren ausschluss nachträglichen vorbringens vorsehen. 51vgl. bverwg, urteile vom 7. märz 1995 - 9 c 264.94 -, nvwz 1996, 80 (juris rn. 16), und vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 43 und 51; vgh baden-württemberg, urteil vom 22. februar 2021 - a 12 s 2583/18 -, asylmagazin 2021, 131 (juris rn. 40). 52im behördlichen asylverfahren ist es somit im vergleich zum gerichtlichen verfahren eher möglich, das bisherige vorbringen zu ergänzen, vermeintliche widersprüche auszuräumen oder sonstige missverständnisse aufzuklären. die möglichkeit solcher missverständnisse oder vermeintlicher widersprüche im rahmen der anhörung unterscheidet das behördliche asylverfahren typischerweise wesentlich von nahezu allen weiteren inländischen verwaltungsverfahren, in denen für die kommunikation zwischen antragsteller und behörden zwar in einzelfällen, aber nicht im regelfall ein dolmetscher erforderlich ist. 53vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 43. 54art. 46 rl 2013/32/eu und art. 19 abs. 4 gg i.v.m. §§ 74 ff. asylg gewährleisten das recht auf einen wirksamen rechtsbehelf. nach art. 46 abs. 1 buchst. a) rl 2013/32/eu müssen die mitgliedstaaten sicherstellen, dass antragsteller gegen eine entscheidung über ihren antrag auf internationalen schutz das recht auf einen wirksamen rechtsbehelf vor einem gericht haben. unionsrecht wie nationales recht gehen somit davon aus, dass die prüfung der relevanten tatsachen durch die fachkundige behörde und - auf einen rechtsbehelf des asylantragstellers hin - zusätzlich durch ein gericht erfolgt. diese im gewaltengeteilten rechtsstaat generell vorzusehende gerichtliche kontrolle hat wegen der spezifischen fehlerquellen, die sich im behördlichen asylverfahren ergeben können, eine besondere bedeutung. 55vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 45. 56art. 46 abs. 3 rl 2013/32/eu verlangt eine prüfung ex-nunc, die sich sowohl auf tatsachen als auch auf rechtsfragen erstreckt. diesen anforderungen wird das verwaltungsgerichtliche verfahren grundsätzlich gerecht (vgl. insbesondere §§ 86 abs. 1 vwgo, 77 abs. 1 satz 1 asylg). darüber hinaus erklärt art. 46 abs. 3 rl 2013/32/eu die gerichtliche überprüfung durch eine einzige gerichtliche instanz für ausreichend. dementsprechend ist es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass § 78 abs. 1 bis 3 asylg den zugang zum berufungsverfahren ein- und im regelfall auf die zulassungsgründe des § 78 abs. 3 nr. 1 bis 3 asylg beschränkt. 57(2) ausgehend von den vorstehend dargelegten normativen vorgaben und der besonderheiten des asylverfahrens kann die erstmalige entscheidung des gerichts über den asylantrag eine entsprechende entscheidung des bundesamts auch dann nicht insgesamt gleichwertig ersetzen, wenn das bundesamt den asylantragsteller bereits angehört hat. 58entscheidet das verwaltungsgericht auf eine untätigkeitsklage in der sache, wird ein asylantrag auch dann, wenn das bundesamt den asylantragsteller zuvor bereits angehört hat, nur einmal in der sache geprüft. die - sowohl im unionsrecht als auch im nationalen recht vorgesehene - asylbehördliche prüfung unter wahrung der im behördlichen asylverfahren geltenden verfahrensgarantien entfällt. dies widerspricht dem vorstehend unter (1) dargestellten gesetzgeberischen konzept. wäre eine auf bescheidung gerichtete untätigkeitsklage nicht zulässig, wären asylantragsteller auf eine auf ein "durchentscheiden" gerichtete untätigkeitsklage ("vornahmeklage") verwiesen und würde ihnen faktisch eine von zwei überprüfungen ihres asylbegehrens entzogen. dies hat auch auswirkungen auf die effektivität des ihnen gewährten rechtsschutzes. da sowohl die gesetzgeberische konzeption einer doppelten prüfung des asylantrags als auch die für das behördliche asylverfahren geltenden verfahrensgarantien und das recht auf einen wirksamen rechtsbehelf (so die amtliche überschrift zu art. 46 rl 2013/32/eu) zumindest auch dem schutz der asylantragsteller, nämlich der besseren durchsetzung ihrer materiell-rechtlichen ansprüche, dienen, darf ihnen dieser schutz jedenfalls nicht gegen ihren willen entzogen werden. 59die gesetzgeberische konzeption einer doppelten überprüfung von asylanträgen trägt der spezifischen kommunikationssituation des asylverfahrens rechnung, die vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass zwei personen mit unterschiedlichem kulturellen und oft auch sozialen hintergrund sich regelmäßig nur über einen dolmetscher verständigen können. dies gilt unterschiedslos sowohl für das behördliche als auch für das gerichtliche asylverfahren. der spezifischen kommunikationssituation des asylverfahrens hat der gesetzgeber u.a. auch dadurch rechnung getragen, dass er bestimmte anforderungen an die anhörung von asylantragstellern stellt [vgl. art. 12 abs. 1 buchst. a) und b), 14 abs. 1, 15 bis 17 und 23 abs. 3 rl 2013/32/eu, §§ 24 abs. 1 satz 3, 25 asylg], um eine gelingende kommunikation zwischen asylantragsteller und behörde sicherzustellen. 60vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 39, 43 und 52. 61trotz dieser vorkehrungen lassen sich missverständnisse nicht vollständig vermeiden. zudem lassen sich nicht sämtliche missverständnisse durch die rückübersetzung der anhörungsniederschrift ausräumen. viel häufiger treten missverständnisse erst dadurch zutage, dass die person, die über einen asylantrag entscheidet, das vorbringen des asylantragstellers wertet und ausgehend davon über den asylantrag entscheidet. erst durch diesen schritt und nicht bereits durch die anhörung werden asylantragsteller in die lage versetzt, etwaige missverständnisse zu erkennen und (vermeintliche) widersprüche auszuräumen. dementsprechend werden asylantragsteller durch den wegfall einer entscheidung des bundesamts der möglichkeit beraubt, missverständnisse und (vermeintliche) widersprüche zu identifizieren und auszuräumen. treten missverständnisse und (vermeintliche) widersprüche erstmals mit der verwaltungsgerichtlichen entscheidung zutage, ist eine korrektur durch das berufungsgericht nur ausnahmsweise möglich. aufgrund der einschränkung der berufungszulassungsgründe für asylrechtliche verfahren (vgl. § 78 abs. 3 asylg) führen ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils des verwaltungsgerichts anders als bei andere bereiche des verwaltungsrechts betreffenden verfahren (vgl. § 124 abs. 2 nr. 1 vwgo) nicht zur zulassung der berufung; dementsprechend rechtfertigen kommunikative missverständnisse allein keine zulassung der berufung. 62vgl. brauer, jm 2018, 429, 430. 63dies zeigt, dass durch den wegfall einer entscheidung des bundesamts zugleich die effektivität des asylantragstellern zu gewährenden rechtsschutzes beeinträchtigt wird. zwar gebietet art. 46 rl 2013/32/eu - wie bereits dargelegt - kein rechtsmittel gegen eine verwaltungsgerichtliche entscheidung in asylverfahren, so dass der nationale gesetzgeber die o.g. rechtsmittelbeschränkungen in § 78 asylg grundsätzlich vornehmen durfte. die spezifischen kommunikationsprobleme im (behördlichen wie gerichtlichen) asylverfahren vermitteln dann aber ein besonderes schutzwürdiges interesse des asylantragstellers an der vollständigen durchführung des behördlichen erstverfahrens und der möglichkeit einer erst daran anschließenden gerichtlichen kontrolle. 64vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 52; vgh baden-württemberg, urteil vom 22. februar 2021 - a 12 s 2583/18 -, asylmagazin 2021, 131 (juris rn. 41). 65zusammenfassend ergibt sich das besondere rechtsschutzbedürfnis für eine auf bescheidung gerichtete untätigkeitsklage in fällen, in denen die anhörung durch das bundesamt bereits erfolgt ist, daraus, dass asylantragstellern anderenfalls - bei ausschließlicher zulässigkeit einer auf ein "durchentscheiden" gerichteten untätigkeitsklage - ein wesentlicher, mit eigenständigen, über die gewährleistung einer sachgerechten anhörung hinausgehenden verfahrensgarantien verbundener verfahrensabschnitt verloren ginge. diesem verfahrensabschnitt kommt unter berücksichtigung der spezifischen kommunikationssituation des asylverfahrens eine hervorgehobene bedeutung zu, weil er durch eine erstmalige entscheidung des verwaltungsgerichts über den asylantrag nicht adäquat ersetzt werden kann. der wegfall einer entscheidung des bundesamts beeinträchtigt zudem die effektivität des asylantragstellern zu gewährenden rechtsschutzes. die gesamtschau dieser umstände unter hervorhebung der spezifischen kommunikationsprobleme sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen asylverfahren vermitteln asylantragstellern ein besonderes schutzwürdiges interesse an der vollständigen durchführung des behördlichen erstverfahrens einschließlich einer dieses verfahren abschließenden entscheidung. 66ob der asylantragsteller seine klage unter verzicht auf die vorstehend beschriebenen verfahrensgarantien auch auf ein "durchentscheiden", d.h. die verpflichtung zur zuerkennung des begehrten schutzstatus richten kann, bedarf vorliegend keiner erörterung, da der kläger seine klage nur auf die verpflichtung des bundesamts zur bescheidung seines asylantrags gerichtet hat. 67bb. andere aspekte stehen der annahme eines besonderen rechtsschutzinteresses für eine auf bescheidung gerichtete untätigkeitsklage nicht entgegen. aus dem im behördlichen und gerichtlichen asylverfahren gleichermaßen geltenden beschleunigungsgebot ergibt sich keine abweichende bewertung. 68vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 53. 69unionsrecht fordert jedenfalls nicht, dass im gerichtlichen verfahren auf eine untätigkeitsklage hin "durchzuentscheiden" ist. das unionsrecht trifft keine direkte aussage zum gerichtlichen rechtsschutz in fällen der untätigkeit. dessen ausgestaltung ist grundsätzlich sache der nationalen gesetzgeber, allerdings sind die sich aus den vorstehenden ausführungen ergebenden vorgaben zu beachten. dem unionsrechtlichen gebot eines wirksamen rechtsbehelfs mit einer umfassenden prüfung ex nunc, die sich sowohl auf tatsachen als auch auf rechtsfragen erstreckt (art. 46 abs. 3 rl 2013/32/eu), kann daher in fällen, in denen es - wie hier - an einer zu überprüfenden behördlichen entscheidung bislang fehlt, keine unionsrechtliche pflicht des gerichts zum "durchentscheiden" entnommen werden. 70vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 54. 71ii. die klage ist auch begründet. die unterlassung, über den asylantrag des klägers zu entscheiden, ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 5 vwgo). das verfahren war auch nicht nach § 75 satz 3 vwgo unter setzung einer frist auszusetzen. § 75 satz 3 vwgo bestimmt, dass das gericht das verfahren bis zum ablauf einer von ihm bestimmten frist, die verlängert werden kann, aussetzt, wenn ein zureichender grund dafür vorliegt, dass der beantragte verwaltungsakt noch nicht erlassen ist. im maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung (§ 77 abs. 1 satz 1 asylg) ist ein solcher zureichender grund nicht ersichtlich. 721. ob ein "zureichender grund" für die verzögerung vorliegt, ist nach objektiven gesichtspunkten zu beurteilen. bei dieser beurteilung sind neben den vielfältigen umständen, die eine verzögerte behördliche entscheidung dem grunde nach zu rechtfertigen geeignet sind, auch eine etwaige besondere dringlichkeit einer angelegenheit für den antragsteller zu berücksichtigen. ein grund kann nur dann zureichend im sinne des § 75 satz 3 vwgo sein, wenn er mit der rechtsordnung in einklang steht. anerkannt ist, dass sich ein zureichender grund aus einem besonderen umfang und besonderen schwierigkeiten der sachaufklärung oder des zu entscheidenden falls ergeben kann. das gleiche gilt für die außergewöhnliche belastung einer behörde, auf die durch organisatorische maßnahmen nicht kurzfristig reagiert werden kann. 73vgl. bverfg, beschluss vom 16. januar 2017 - 1 bvr 2406/16 ‑, nvwz-rr 2017, 393, rn. 9; bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 16; brenner, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 75 rn. 51; peters, in: posser/wolff, beckok vwgo, stand: oktober 2021, § 75 rn. 12. 742. für asylverfahren ist ergänzend das sich aus art. 31 rl 2013/32/eu und dem nationalen recht ergebende beschleunigungsgebot zu berücksichtigen. 75a. gemäß art. 31 abs. 2 rl 2013/32/eu haben die mitgliedstaaten sicherzustellen, dass das behördliche asylverfahren unbeschadet der verpflichtung, eine angemessene vollständige prüfung durchzuführen, so rasch wie möglich zum abschluss gebracht wird. art. 31 abs. 3 unterabs. 1 rl 2013/32/eu konkretisiert diese regelung dahingehend, dass das prüfungsverfahren innerhalb von sechs monaten nach förmlicher antragstellung zum abschluss zu bringen ist. diese sechsmonatsfrist können die mitgliedstaaten nach art. 31 abs. 3 unterabs. 3 rl 2013/32/eu um höchstens neun weitere monate verlängern, wenn a) sich in tatsächlicher und/oder rechtlicher hinsicht komplexe fragen ergeben, b) eine große anzahl von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen gleichzeitig internationalen schutz beantragt, so dass es in der praxis sehr schwierig ist, das verfahren innerhalb der frist von sechs monaten abzuschließen oder c) die verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der antragsteller seinen pflichten nach art. 13 rl 2013/32/eu nicht nachgekommen ist. ausnahmsweise können die mitgliedstaaten diese fristen in ausreichend begründeten fällen um höchstens drei monate überschreiten, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige prüfung des antrags auf internationalen schutz zu gewährleisten (art. 31 abs. 3 unterabs. 4 rl 2013/32/eu). art. 31 abs. 4 rl 2013/32/eu gibt den mitgliedsstaaten unter bestimmten umständen die möglichkeit, den abschluss des prüfungsverfahrens im hinblick auf eine vorübergehende ungewisse lage im herkunftsstaat aufzuschieben. art. 31 abs. 5 rl 2013/32/eu normiert eine höchstfrist. danach schließen die mitgliedstaaten das prüfungsverfahren in jedem fall innerhalb einer maximalen frist von 21 monaten nach der förmlichen antragstellung ab. diese frist ist als absolute grenze für die behördliche untätigkeit zu sehen. 76vgl. berlit, jurispr-bverwg 19/2018 anm. 6, juris, unter c. 77nach art. 31 abs. 6 rl 2013/32/eu stellen die mitgliedstaaten außerdem sicher, dass antragsteller für den fall, dass innerhalb von sechs monaten keine entscheidung ergehen kann, über die verzögerung informiert werden und auf ihr ersuchen über die gründe für die verzögerung und über den zeitlichen rahmen, innerhalb dessen mit einer entscheidung über ihren antrag zu rechnen ist, unterrichtet werden. 78b. art. 31 abs. 2, 3 und 5 rl 2013/32/eu entsprechende regelungen finden sich im asylgesetz nicht. art. 31 abs. 4 und 6 rl 2013/32/eu sind teilweise durch § 11a und § 24 abs. 4 asylg umgesetzt. art. 31 abs. 2 und 6 rl 2013/32/eu waren gemäß art. 51 abs. 1 rl 2013/32/eu bis zum 20. juli 2015 umzusetzen, art. 31 abs. 3, 4 und 5 rl 2013/32/eu gemäß art. 51 abs. 2 rl 2013/32/eu bis zum 20. juli 2018. das gericht lässt offen, ob art. 31 abs. 2, 3 und 5 rl 2013/32/eu mangels umsetzung in nationales recht unmittelbar anwendung finden 79- zur unmittelbaren wirkung von richtlinien vgl. eugh, urteile vom 19. januar 1982 - 8/81 (becker) -, njw 1982, 499 (juris rn. 25), und vom 6. märz 2014 - c-595/12 -, nza 2014, 715, (juris rn. 46) - 80und ob art. 31 abs. 3 und 5 rl 2013/32/eu auch den am 21. juni 2018 und damit vor ablauf der umsetzungsfrist des art. 51 abs. 2 rl 2013/32/eu gestellten asylantrag des klägers erfassen. die in diesen regelungen zum ausdruck kommenden vorstellungen des eu-gesetzgebers können unabhängig von ihrer anwendbarkeit auf den konkreten fall jedenfalls als ergänzende orientierung für die beurteilung der frage, ob ein zureichender grund i.s.d. § 75 vwgo vorliegt, herangezogen werden. 81aus art. 31 abs. 2 rl 2013/32/eu lassen sich keine konkreten mindest-, regel-oder höchstfristen für die anwendung des § 75 vwgo herleiten. schon die in art. 31 abs. 6 rl 2013/32/eu und § 24 abs. 4 asylg statuierten behördlichen mitteilungspflichten lassen aber den schluss zu, dass sowohl der nationale als auch der unionsgesetzgeber eine frist von sechs monaten als (noch) angemessene dauer des behördlichen verfahrens ansehen. diese sichtweise wird inzwischen durch art. 31 abs. 3 rl 2013/32/eu bekräftigt. 82vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 19 f. 833. ausgehend von diesen maßstäben besteht kein zureichender grund dafür, dass das bundesamt noch nicht über den asylantrag des klägers vom 21. juni 2018 entschieden hat. 84im zeitpunkt der entscheidung des gerichts (§ 77 abs. 1 satz 1 vwgo) sind seit der stellung des asylantrags annähernd 43 monate, und seit der rechtskräftigen aufhebung der zunächst verfügten ablehnung des asylantrags als unzulässig nahezu zwölf monate vergangen. auf letzteren zeitpunkt ist für die entscheidung der frage, ob ein zureichender grund i.s.d. § 75 vwgo vorliegt, abzustellen. die verpflichtung des bundesamts, über den asylantrag des klägers zu entscheiden, endete mit der ablehnung seines asylantrags als unzulässig und lebte erst mit der rechtskraft der diese entscheidung aufhebenden gerichtlichen entscheidung wieder auf. gerechnet ab diesem zeitpunkt, dem 25. februar 2021, sind sechs monate deutlich überschritten. 85ein zureichender grund dafür, trotz ablauf fast eines jahres nicht über den asylantrag des klägers zu entscheiden, liegt nicht vor. ein solcher grund ergibt sich - unabhängig davon, ob die regelung auf den vorliegenden fall anwendung findet - insbesondere nicht aus den in art. 31 abs. 3 unterabs. 1 rl 2013/32/eu zum ausdruck gekommenen vorstellungen des unionsgesetzgebers. von den drei gründen, bei deren vorliegen nach dieser vorschrift eine verlängerung der bearbeitungsfrist um höchstens neun weitere monate in betracht kommt, ist hier allein art. 31 abs. 3 unterabs. 3 buchst. a) rl 2013/32/eu (komplexe fragen in tatsächlicher und/oder rechtlicher hinsicht) einschlägig. rechtliche schwierigkeiten weist der vorliegende fall nicht auf; das bundesamt hat sich auch nicht auf solche schwierigkeiten berufen. insbesondere ist in der rechtsprechung geklärt, unter welchen voraussetzungen mitgliedstaaten davon abzusehen haben, asylanträge von antragstellern, denen bereits in einem anderen mitgliedstaat internationaler schutz gewährt wurde, unter berufung auf § 29 abs. 1 nr. 2 asylg als unzulässig abzulehnen. 86vgl. eugh, urteile vom 19. märz 2019 - c-297/17 u.a. -, asylmagazin 2019, 195, rn. 88 f., sowie beschluss vom 13. november 2019 - c-540/17 u.a. -, nvwz 2020, 137, rn. 35 ff.; bverwg, urteile vom 21. april 2020 - 1 c 4.19 -, nvwz 2020, 1839, rn. 36 ff., und vom 17. juni 2020 - 1 c 35.19 -, asylmagazin 2020, 316, rn. 23 ff. 87komplexe fragen in tatsächlicher hinsicht wirft der vorliegende fall ebenfalls nicht auf. zwar ist es aufgabe des bundesamts, in verfahren, in denen asylantragsteller bereits über einen schutzstatus in einem anderen mitgliedstaat verfügen, die lage der rückkehrer in diesem mitgliedstaat und eine mögliche verletzung garantierter rechtsgüter sorgfältig und nach aktueller erkenntnislage zu prüfen. allerdings muss auch diese prüfung innerhalb angemessener fristen erfolgen. nach einschätzung des bundesamts reichen die gegenwärtig zur verfügung stehenden erkenntnismittel nicht aus, um die allgemeinen lebensumstände für personen zu beurteilen, denen - wie dem kläger - bereits in griechenland internationaler schutz gewährt wurde und die dorthin zurückkehren. dieser einschätzung folgt das gericht nicht. 88so auch vg hannover, urteil vom 29. juni 2021 - 12 a 3583/21 -, asylmagazin 2021, 384 (juris rn. 25); vg aachen, urteil vom 17. dezember 2021 - 5 k 1858/21.a -, juris rn. 54. 89insoweit ist auf die zahlreichen und ausführlichen erkenntnismittel hinzuweisen, die sich aus der im vorliegenden verfahren übersandten erkenntnismittelliste des gerichts (stand: 19. januar 2022) ergeben. exemplarisch dafür stehen die stellungnahme der deutschen botschaft in athen zur unterbringung und sicherung des existenzminimums anerkannter schutzberechtigter in griechenland von juni 2021, sowie der bericht des austrian centre for country of origin & asylum research and documentation (accord) zur versorgungslage und unterstützungsleistungen für (nach griechenland) zurückkehrende personen mit internationalem schutzstatus vom 26. august 2021. diesen erkenntnismitteln lassen sich - jedenfalls in der zusammenschau mit den weiteren zahlreichen erkenntnissen - die lebensbedingungen von zurückkehrenden anerkannten schutzberechtigten (z.b. im hinblick auf unterkunft, arbeitschancen, sozialleistungen und medizinische versorgung) deutlich entnehmen. dass die vorliegenden erkenntnismittel zur beurteilung der in griechenland herrschenden lebensbedingungen für "rückkehrer" ausreichen, zeigen auch die in jüngerer zeit hierzu ergangenen (ober-) gerichtlichen entscheidungen. 90vgl. ovg nrw, urteil vom 21. januar 2021 - 11 a 2982/20.a -, juris rn. 34 ff.; niedersächsisches ovg, urteil vom 19. april 2021 - 10 lb 244/20 -, asylmagazin 2021, 228 (juris rn. 28 ff.); ovg bremen, urteil vom 16. november 2021 - 1 lb 371/21 ‑, juris rn. 38 ff.; ovg berlin-brandenburg, urteil vom 23. november 2021 - ovg 3 b 54.19 -, juris rn. 20 ff.; vgh baden-württemberg, urteil vom 27. januar 2022 - a 4 s 2443/21 -, juris rn. 22 ff. 91soweit die beklagte einwendet, es fehle an aktuellen erkenntnissen und es bestünden "besondere schwierigkeiten der sachaufklärung, die sich aus der notwendigen mitwirkung eines anderen staates ergeben würden", hat sie dies in keiner weise belegt. nähere einzelheiten dazu, welche konkreten maßnahmen die beklagte seit der aufhebung ihrer entscheidung, den asylantrag als unzulässig abzulehnen, unternommen hat, um die von ihr angeführte weiter erforderliche sachaufklärung voranzutreiben, sind weder aus den verwaltungsvorgängen ersichtlich, noch substantiiert vorgetragen. vor diesem hintergrund führt auch der verweis der beklagten auf bemühungen in form von politischen gesprächen nicht weiter. soweit sie vorträgt, über den bundesamtseigenen verbindungsbeamten in griechenland anhand eines umfassenden fragenkatalogs weitere erkenntnisse vor ort gewinnen zu wollen, kann dies - angesichts der bereits vorliegenden anderweitigen erkenntnismöglichkeiten - ein zuwarten von nunmehr fast einem jahr seit rechtskraft der gerichtlichen aufhebungsentscheidung nicht rechtfertigen. ein konkretes fortschreiten dieser recherche ist weder aus den verwaltungsvorgängen ersichtlich, noch vorgetragen. insbesondere ist der mit schriftsatz vom 19. oktober 2021 angekündigte recherchebericht bis zur entscheidung des gerichts nicht vorgelegt worden. 92die in art. 31 abs. 4 rl 2013/32/eu und § 11a asylg vorgesehene möglichkeit, den abschluss des prüfungsverfahrens bei einer vorübergehenden ungewissen lage im herkunftsstaat zwecks deren aufklärung aufzuschieben, dürfte schon deshalb nicht einschlägig sein, weil es hier nicht um die lage in einem herkunftsstaat, sondern um die lage in einem mitgliedstaat der europäischen union geht. diese frage bedarf jedoch keiner weiteren vertiefung, weil es nach den vorstehenden ausführungen schon an einer ungewissen lage fehlt. im übrigen sind auch keine anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das bundesministerium des innern eine entsprechende aussetzungsentscheidung getroffen hat und das bundesamt wie in art. 31 abs. 4 rl 2013/32/eu vorgeschrieben vorgegangen ist. 934. es war auch nicht geboten, der beklagten im rahmen der ausgesprochenen verpflichtung eine frist für die entscheidung über den asylantrag zu setzen. § 75 vwgo sieht eine fristsetzung ausdrücklich nur in den fällen vor, in denen ein zureichender grund für die nichtbescheidung besteht. besteht ein solcher grund nicht, ist die behörde nach ablauf der angemessenen entscheidungsfrist nach § 75 satz 1 vwgo gehalten, unverzüglich zu entscheiden. bereits während der dauer des auf verpflichtung zur bescheidung gerichteten verwaltungsgerichtlichen verfahrens wirkt die pflicht zur behördlichen entscheidung fort; die rechtshängigkeit des bescheidungsbegehrens sperrt nicht die gebotene durchführung des der entscheidung vorgelagerten behördlichen verfahrens. die gerichtliche verpflichtung zur entscheidung über den antrag, die zudem eine beklagte behörde nicht überraschend treffen und auf die sich diese vorbereiten kann, bekräftigt diese rechtspflicht in allerdings verbindlicherer, weil grundsätzlich vollstreckbarer weise. soweit die behörde für die vorbereitung und durchführung nicht schon den zeitraum zwischen dem ergehen der gerichtlichen entscheidung und ihrer rechtskraft nutzen kann, um der auf sie zukommenden verpflichtung unverzüglich nachzukommen, ist im vollstreckungsverfahren hinreichend raum, objektiv unvermeidbare verzögerungen der unverzüglich geschuldeten entscheidung zu berücksichtigen: § 172 satz 1 vwgo setzt für die festsetzung eines zwangsgelds voraus, dass es erst nach ablauf einer vom gericht zu bestimmenden angemessenen frist festgesetzt werden kann; diese frist ist so zu bemessen, dass es der behörde möglich ist, ihrer verpflichtung nachzukommen. 94vgl. bverwg, urteil vom 11. juli 2018 - 1 c 18.17 -, bverwge 162, 331, rn. 56 f. 95iii. die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1 vwgo, 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit findet ihre grundlage in § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 96iv. die zulassung der sprungrevision beruht auf §§ 78 abs. 6 asylg, 134 abs. 1 und 2, 132 abs. 2 nr. 1 vwgo. dem verfahren kommt grundsätzliche bedeutung hinsichtlich der rechtsfrage zu, ob ein besonderes rechtsschutzbedürfnis für eine auf bescheidung beschränkte untätigkeitsklage auch dann vorliegt, wenn das bundesamt einen asylantragsteller bereits zu seinen asylgründen angehört hat. |
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} | 29 K 1250/20 | 2022-02-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger hatte unter dem 12. August 2019 Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Beigeordneten Q. erhoben. Im Rahmen dieses Verfahrens hatte Herr Q. am 21. August 2019 eine Stellungnahme abgegeben. Der Kläger hatte mit Schreiben vom 25. September 2019 Zugang zu dieser Stellungnahme begehrt. Dies war ihm mit Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2020 unter Verweis auf geschützte personenbezogene Daten verwehrt worden. 3Mit Schreiben vom 13. Januar 2020 beantragte der Kläger, ihm zur Vorbereitung einer Klageschrift Akteneinsicht zu gewähren. Er beabsichtige gegen den Bescheid vom 9. Januar 2020 Klage zu erheben. Spätestens mit der Übersendung des Bescheids sei er Verfahrensbeteiligter geworden. Als solchem stehe ihm ein Akteneinsichtsrecht zu. 4Mit Bescheid vom 6. Februar 2020 gab die Beklagte dem Antrag auf Akteneinsicht insoweit statt, als er sich auf die Stellungnahme der Landesdatenschutzbeauftragten und auf eine rechtliche Stellungnahme ihrer Behörde bezieht. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus: Bezogen auf die Dienstaufsichtsbeschwerde sei § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht anwendbar, da das hier noch in Rede stehende Informationszugangsverfahren mit Bescheid vom 9. Januar 2020 abgeschlossen worden sei. Selbst wenn die Vorschrift anwendbar wäre, könne der Kläger seinen Anspruch darauf nicht stützen. Wenn das Verwaltungsverfahren gerade einen Antrag auf den Zugang zu bestimmten Unterlagen betreffe, erstrecke sich das Akteneinsichtsrecht der Beteiligten nicht auf eben diese Unterlagen. Aus dem Informationsfreiheitsgesetz ergebe sich kein Anspruch auf die begehrten Unterlagen. Insofern bleibe es bei ihrer Entscheidung vom 9. Januar 2020, denn es handele sich um personenbezogene Daten. Daneben liege auch kein rechtliches Interesse des Klägers an der Kenntnis der begehrten Information vor, welches die schutzwürdigen Belange der betroffenen Person überwiege. Im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde bestehe lediglich ein Anspruch auf Entgegennahme, sachliche Prüfung und Bescheidung. 5Ferner setzte die Beklagte in ihrem Bescheid für den angefallenen Verwaltungsaufwand Verwaltungsgebühren von i.H.v. 20,20 € fest, nämlich Kosten für die Ermöglichung der Einsichtnahme in Akten und sonstige Informationsträger bei umfangreichem Verwaltungsaufwand i.H.v. 20 € sowie Kopierkosten i.H.v. 0,20 €. 6Hiergegen wandte sich der Kläger zunächst mit einer Gegenvorstellung vom 16. Februar 2020. Er habe zu keiner Zeit einen Antrag auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt. Sein Antrag auf Akteneinsicht stütze sich allein auf die Dienstaufsichtsbeschwerde. Daher bestehe auch keine Grundlage für eine Kostenentscheidung. Die Entscheidung sei auch unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen. Zudem bleibe die Beklagte jeden Nachweis für einen umfangreichen Verwaltungsaufwand schuldig. Er habe keine Auskunft darüber beantragt, welche Kosten der beauftragte Rechtsanwalt erhalten habe, sondern allein angefragt, ob dieser eine Vergütung aus den Haushaltsmitteln der Beklagten erhalten habe. 7Mit Schreiben vom 19. Februar 2020 teilte die Beklagte mit, dass sie ihren Bescheid vom 6. Februar 2020 unverändert aufrechterhalte. Sie habe einen möglichen Anspruch aus allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen geprüft. Die Beklagte habe den Rechtsanwalt vergütet. 8Der Kläger hat am 4. März 2020 Klage erhoben, mit der er zunächst begehrt hat, 9den Bescheid vom 6. Februar 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm zur Begründung der Klage uneingeschränkte Akteneinsicht in den Verwaltungsvorgang im Zusammenhang mit der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den technischen Beigeordneten der Beklagten zu gewähren. 10Er macht geltend: Er habe keinen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt, gerade im Hinblick auf eine mögliche Kostenfolge. Bevor der Bescheid mit der nachteiligen Kostenfolge erlassen worden sei, sei auch kein Hinweis darauf erfolgt, dass beabsichtigt sei eine Entscheidung auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes mit einer Kostenentscheidung zu treffen. Er habe bei der Beklagten um Akteneinsicht nachgesucht, um diese Klage zu begründen und um die Erfolgsaussichten einer solchen Klage einschätzen zu können. 11Der Kläger beantragt nunmehr, 12den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2020 aufzuheben. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Sie trägt vor: Sie habe den Antrag des Klägers vom 13. Januar 2020 umfassend verstanden und daher einen Einsichtsanspruch des Klägers unter Berücksichtigung aller ernsthaft in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen geprüft. Aus der bloßen Berufung des Klägers auf die Rolle als Verfahrensbeteiligter lasse sich nicht entnehmen, dass er die Akteneinsicht ausschließlich wünsche, wenn sie sich auf das Verwaltungsverfahrensgesetz stützen lasse. Bei Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren handele es sich nicht um Verwaltungsverfahren im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Das Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz über die Gewährung von Akteneinsicht sei zwar ein Verwaltungsverfahren, dieses sei jedoch abgeschlossen. Durch seine Verfahrensstellung im neuen, durch den Antrag vom 13. Januar 2020 eröffneten Verwaltungsverfahren habe der Kläger keinen Anspruch auf Unterlagen aus vorangehenden Verwaltungsverfahren. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zugang zur Stellungnahme des Beigeordneten, die im Verwaltungsvorgang der Dienstaufsichtsbeschwerde enthalten sei, da es sich bei dieser insgesamt um personenbezogene Daten handele. Der Beigeordnete Q. beschreibe darin seine eigenen Handlungsweisen und Äußerungen in einem baurechtlichen Verfahren und nehme eine Bewertung dieser Handlungsweisen vor. Es sei nicht möglich, die Stellungnahme zu anonymisieren. Eine Einwilligung des betroffenen Beigeordneten zur Weitergabe liege nicht vor. Der Kläger habe auch kein berechtigtes Interesse an der Weitergabe der Stellungnahme. Er könne durch den Ausgang des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens nicht in seinen eigenen Rechten verletzt sein. Im Übrigen stünden der Einsicht schutzwürdige Belange des betroffenen Beigeordneten entgegen. 16In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Bescheid vom 6. Februar 2020 aufgehoben, soweit darin Verwaltungsgebühren in Höhe von 20,20 Euro festgesetzt worden waren. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage hat keinen Erfolg. Mit ihrem in der mündlichen Verhandlung gestellten Anfechtungsantrag ist die Klage bereits unzulässig. Die zunächst erhobene Verpflichtungsklage ist unbegründet. 20Die auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 6. Februar 2022 gerichtete Anfechtungsklage ist insgesamt unzulässig. 21Im Umfang der Aufhebung des Bescheides (Festsetzung von Verwaltungsgebühren in Höhe von 20,20 Euro) durch die Beklagte ist Hauptsachenerledigung eingetreten. Für die gleichwohl begehrte vollumfängliche Aufhebung des Bescheides fehlt dem Kläger insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Eines gerichtlichen Hinweises auf die in der mündlichen Verhandlung eingetretene Erledigung bedurfte es nicht, weil sich dieser Umstand, wie mit den Beteiligten vor Gericht erörtert, kostenmäßig gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO nicht ausgewirkt hätte. Die Beklagte wäre nur zu einem geringen Teil unterlegen. 22Soweit der Kläger in der Klageschrift ursprünglich die Verpflichtung der Beklagten zur uneingeschränkten Akteneinsicht in den Verwaltungsvorgang im Zusammenhang mit der Dienstaufsichtsbeschwerde beantragt und nunmehr in der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2020 gestellt hat, liegt eine unzulässige Klageänderung vor. 23Bezogen auf die begehrte Akteneinsicht ist Streitgegenstand ein Verpflichtungsbegehren. Das tatsächliche Rechtsschutzbegehren, wie es sich aus dem angekündigten Antrag in Verbindung mit der Klagebegründung ergibt (vgl. § 88 VwGO), zielte neben der Aufhebung des ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 6. Februar 2020 auf die Verpflichtung der Beklagten ihm Akteneinsicht zu gewähren. Dabei ist unerheblich, ob sich der behauptete Anspruch aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz oder aus dem Informationsfreiheitsgesetz ergibt. 24Für die Annahme, es habe sich um einen rein prozessualen Antrag auf Akteneinsicht nach § 100 VwGO gehandelt, wie der (früher selbst als Richter tätige) Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der Formulierung des Antrags, ihm „zur Begründung der Klage“ Akteneinsicht zu gewähren. Denn im Klageschriftsatz vom 29. Februar 2020 verweist der Kläger darauf, dass er bei der Beklagten um Akteneinsicht nachgesucht habe, „um diese Klage zu begründen“. Zusammen mit dem Klageantrag, „die Beklagte zu verpflichten“, ihm Akteneinsicht zu gewähren, kann das Begehren des Klägers nur so verstanden werden, dass er gegenüber der Beklagten einen bestehenden materiell-rechtlichen Anspruch auf Akteneinsicht geltend machen wollte. 25Wenn der Kläger nunmehr hinsichtlich seines Akteneinsichtsbegehrens von der Verpflichtungs- zur Anfechtungsklage übergeht, handelt es sich dabei nicht um eine bloß quantitative Beschränkung des Klagebegehrens und damit eine (konkludente) Teilklagerücknahme. Die Behauptung, durch einen Ablehnungsbescheid in seinen Rechten verletzt zu sein, ist ebenso wie das Begehren, ihn aufzuheben, lediglich ein unselbständiges Element der weitergehenden Rechtsbehauptung, einen Anspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsaktes zu haben. 26Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 22. Mai 1987 – 4 C 77/84 -, juris Rn. 13. 27Bei einer Verpflichtungsklage ist die ablehnende behördliche Entscheidung im engeren Sinne grundsätzlich nicht selbständiger Gegenstand des Verfahrens. 28Vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) München, Beschluss vom 10. April 2017 – 15 ZB 16.673 -, BeckRS 2017, 107865, Rn. 31, m.w.N. 29Die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Modifizierung des Klagebegehrens dahingehend, dass anstatt der Verpflichtung der Beklagten nunmehr die Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2020 begehrt wird, ist als Aliud und mithin als Klageänderung zu werten. 30Die Voraussetzungen für eine zulässige Änderung der Klage gemäß § 91 Abs. 1 VwGO liegen nicht vor. Die Beklagte hat in die Änderung der Klage nicht eingewilligt. Ihr Klageabweisungsantrag in der mündlichen Verhandlung stellt keine solche Einlassung dar. 31Vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 91 Rn 52. 32Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Der auf die Aufhebung des Bescheides beschränkte Antrag bietet nicht die Möglichkeit einer endgültigen Bereinigung des Streitstoffs zwischen den Parteien. 33Vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 91 Rn 53. 34Denn die isolierte Anfechtung des die Akteneinsicht versagenden Bescheides vom 6. Februar 2020 ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Ziel des Klägers ist es nach wie vor, Einsicht in die Verwaltungsakten betreffend das Verfahren der Dienstaufsichtsbeschwerde nehmen zu können. Bei unverändertem Klageziel besteht in der Situation einer Verpflichtungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis, an Stelle der Verpflichtungsklage die isolierte Anfechtungsklage zu wählen. 35Vgl. VGH München, Beschluss vom 10. April 2017 – 15 ZB 16.673 -, BeckRS 2017, 107865, Rn. 31; Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 60. Edition, § 42 Rn. 46; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 42 Rn. 21. 36Die Verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. Soweit der angefochtene Bescheid vom 6. Februar 2022 nicht von der Beklagten aufgehoben wurde, ist er rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den Aktenbestandteilen, die im Zusammenhang mit der von ihm erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde erstellt wurden, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. 37Die Klage ist als Verpflichtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO statthaft. Denn der Kläger begehrt den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts in Form einer – der eigentlichen Informationsübermittlung vorgelagerten – behördlichen Entscheidung über sein Auskunftsbegehren. 38Auch der erforderliche vorherige Antrag auf Akteneinsicht in die Akten des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens liegt vor. Das ergibt sich zweifelsfrei jedenfalls aus der Gegenvorstellung des Klägers vom 16. Februar 2020, in der er betont, dass es ihm um das Verfahren der Dienstaufsichtsbeschwerde gehe. 39Die Klage ist aber unbegründet. 40Der Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2020 ist zwar formell rechtswidrig, weil die gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW) erforderliche Anhörung des Klägers unterblieben ist. 41Der Verfahrensfehler ist aber gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Ob der Verfahrensfehler durch Nachholung der Anhörung im gerichtlichen Verfahren (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG) geheilt wurde, kann daher offen bleiben. 42Die fehlende Anhörung kann aus tatsächlichen Gründen keinen Einfluss auf den Inhalt der getroffenen Entscheidung gehabt haben. Hinsichtlich der begehrten Akteneinsicht in die im Zusammenhang mit der Dienstaufsichtsbeschwerde erstellten Akten hat die Beklagte mit Bescheid vom 6. Februar 2020 erneut entschieden, nachdem sie denselben Antrag bereits am 9. Januar 2020 beschieden hatte. Über den ersten Akteneinsichtsantrag Hinausgehendes hat der Kläger mit dem hier beschiedenen Antrag vom 13. Januar 2020 nicht vorgetragen. Es ist daher offensichtlich, dass der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 46 VwVfG NRW). 43Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Einsicht in die das Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren betreffenden Akten. § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Danach hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. 44Ein Anspruch aus § 29 VwVfG NRW besteht nur im Rahmen von anhängigen Verwaltungsverfahren, die im Sinne von § 9 VwVfG NRW auf den Erlass eines Verwaltungsakts oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sind. 45Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 13. 46Soweit sich das Akteneinsichtsgesuch unmittelbar auf das Verfahren der Dienstaufsichtsbeschwerde bezieht, handelt es sich hierbei schon nicht um ein Verwaltungsverfahren nach § 9 VwVfG. Die Bescheidung einer Dienstaufsichtsbeschwerde stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG dar. 47OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - 12 M 21/10 -, juris Rn 10, m.w.N. 48Zudem ist dieses Verfahren unanfechtbar abgeschlossen. Mit Schreiben vom 29. August 2019 war dem Kläger mitgeteilt worden, dass seine Dienstaufsichtsbeschwerde zurückgewiesen wurde. 49Eine Einsichtnahme in die begehrten Unterlagen des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens gemäß § 29 Abs. 1 VwVfG NRW kommt auch nicht bezogen auf das erste Akteneinsichtsverfahren in Betracht, das der Kläger mit seinem Antrag vom 25. September 2019 eingeleitet hatte, und über den mit Bescheid vom 9. Januar 2020 entschieden worden war. Es wird sich dabei zwar noch um ein laufendes Verfahren gehandelt haben. Jedoch unterliegen in einem Verwaltungsverfahren betreffend einen Antrag auf Akteneinsicht diejenigen Akten, in die – wie es hier der Fall ist - nach dem Antrag eingesehen werden soll, nicht der Einsicht nach § 29 VwVfG, weil dies eine verfahrensrechtliche Umgehung der Prüfung des materiellen Anspruchs auf Einsichtnahme wäre. 50Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 29 Rn. 45. 51Mögliche Anspruchsgrundlage kann daher nur § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen – IFG NRW) sein. 52Nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. 53Der Kläger ist als natürliche Person grundsätzlich anspruchsberechtigt und die Beklagte auskunftsverpflichtete Stelle im Sinne des IFG NRW. Bei den begehrten Unterlagen handelt es sich auch um bei der Beklagten vorhandene amtliche Informationen im Sinne der §§ 3, 4 Abs. 1 IFG NRW. 54Dem Anspruch steht jedoch entgegen, dass gemäß § 9 Abs. 1 IFG NRW durch das Bekanntwerden der Information personenbezogene Daten offenbart werden. 55Der Begriff der personenbezogenen Daten in § 9 Abs. 1 Hs. 1 IFG NRW entspricht dem im Datenschutzrecht verwendeten, der heute Art. 4 Nr. 1 der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) zu entnehmen ist. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO übernimmt dabei seinerseits im Wesentlichen die bereits zuvor in Art. 2 Buchstabe a) der Richtlinie 95/46/EG enthaltene Begriffsdefinition. Nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO sind unter "personenbezogenen Daten" alle Informationen zu verstehen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann. Erfasst sind damit alle Informationen, die über die Bezugsperson etwas aussagen, unabhängig davon, welchen Lebensbereich sie betreffen. Dies schließt neben den Angaben über den Betroffenen selbst, seine Identifizierung und Charakterisierung auch Angaben zu einem auf ihn beziehbaren Sachverhalt ein. Dazu gehören wiederum auch die rechtlichen, sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen Beziehungen des Betroffenen zur Umwelt. Der Terminus der personenbezogenen Daten ist damit außerordentlich weit zu verstehen. 56Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2017 - 15 A 1288/16 -, juris Rn. 25, Urteile vom 2. Juni 2015 - 2 A 1997/12 -, juris Rn. 126, und vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, juris Rn. 95, Beschlüsse vom 28. April 2015 - 15 A 2342/12 -, juris Rn. 13, und vom 27. Januar 2010 - 8 A 203/09 -, juris Rn. 9; VG Gelsenkirchen Urteil vom 8. März 2021 – 20 K 4117/19 –, juris Rn. 60. 57Die Angaben in Dienstaufsichtsbeschwerden bzw. in den zugehörigen Dienstaufsichtsbeschwerdevorgängen stellen personenbezogene Daten desjenigen dar, gegen den sich die Dienstaufsichtsbeschwerde richtet. 58VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Februar 2020 - 20 K 4063/18 -, juris Rn. 80 m.w.N. 59Der von der Dienstaufsichtsbeschwerde betroffene Beigeordnete hat, wie die Beklagte vorgetragen hat, in seiner Stellungnahme seine eigenen Handlungsweisen und Äußerungen beschrieben und eine Bewertung dieser Handlungsweisen vorgenommen. Damit handelt es sich einerseits um Angaben über ihn selbst und andererseits um Angaben zu dem baurechtlichen Verfahren, soweit es sich auf ihn bezieht. Dass sie den dienstlichen Lebensbereich des Beigeordneten betreffen, ist für die Qualifizierung der Angaben als personenbezogene Daten unerheblich. 60Nichts anderes gilt, soweit die Akten des die Dienstaufsichtsbeschwerde betreffenden Verfahrens weitere hierauf bezogene Unterlagen enthalten sollten. Denn sie beziehen sich allesamt auf die Dienstaufsichtsbeschwerde und damit auf den betroffenen Beigeordneten. 61Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass dem Kläger hier ausnahmsweise die personenbezogenen Daten gemäß § 9 Abs. 1 Hs. 2 Buchst. a) bis e) IFG NRW offenbart werden dürften. Der betroffene Beigeordnete hat in die Offenbarung nicht eingewilligt im Sinne des § 9 Abs. 1 Hs. 2 Buchst. a) IFG NRW. Auch hat der Kläger kein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen geltend gemacht im Sinne des § 9 Abs. 1 Hs. 2 Buchst. e) IFG NRW. 62Ein rechtliches Interesse in diesem Sinne erfordert, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit Rechtsverhältnissen des Auskunftsbegehrenden besteht. Die Kenntnis der Daten muss zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich sein. 63OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2003 - 8 A 175/03 -, juris Rn. 11 ff. 64Daran fehlt es hier. Der Kläger hat weder geltend gemacht, einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren oder einem sonstigen Verfahren ausgesetzt sein, in dessen Rahmen es gegebenenfalls auf die Kenntnis des Verwaltungsvorgangs betreffend die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Beigeordneten ankommt, noch hat er seinerseits ein Verfahren mit dem Ziel der Durchsetzung eigener Rechte eingeleitet, 65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2003 - 8 A 175/03 -, juris Rn. 16. 66Der Kläger hat auch nicht behauptet, dass er im Zusammenhang mit den Streitigkeiten der Beteiligten betreffend den Rheinhafen P. eine Klage erheben wolle. Im Übrigen ist weder ersichtlich, was für eine Klage das sein könnte, noch, inwiefern der Kläger hierbei auf die Informationen aus dem Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren angewiesen ist. Soweit der Kläger eine Strafanzeige gegen den Beigeordneten in den Raum stellt, ist die Kenntnis des Inhalts des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens hierfür nicht erforderlich. Es obliegt vielmehr der Staatsanwaltschaft, ggf. weitere Ermittlungen anzustellen. 67Schließlich kommt auch keine (Teil-) Schwärzung des Vorgangs gemäß § 10 Abs. 1 IFG NRW in Betracht, da sich sämtliche Angaben in dem Dienstaufsichtsbeschwerdevorgang auf den Beigeordneten Q. beziehen, gegen den sich die Dienstaufsichtsbeschwerde richtete. 68Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 69Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung. 70Rechtsmittelbelehrung: 71Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 72Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 73Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 74Die Berufung ist nur zuzulassen, 751. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 762. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 773. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 784. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 795. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 80Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 81Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 82Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 83Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 84Beschluss: 85Der Streitwert wird auf 10.020,20 Euro festgesetzt. 86Gründe: 87Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 und 2 GKG erfolgt. Dabei hat das Gericht neben den festgesetzten Verwaltungsgebühren berücksichtigt, dass es sich bei der Verpflichtungsklage und der Anfechtungsklage um zwei verschiedene Streitgegenstände handelt. 88Rechtsmittelbelehrung: 89Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 90Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 91Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 92Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 93Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 94War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in derselben höhe leistet. 1 | 2der kläger hatte unter dem 12. august 2019 dienstaufsichtsbeschwerde gegen den beigeordneten q. erhoben. im rahmen dieses verfahrens hatte herr q. am 21. august 2019 eine stellungnahme abgegeben. der kläger hatte mit schreiben vom 25. september 2019 zugang zu dieser stellungnahme begehrt. dies war ihm mit bescheid der beklagten vom 9. januar 2020 unter verweis auf geschützte personenbezogene daten verwehrt worden. 3mit schreiben vom 13. januar 2020 beantragte der kläger, ihm zur vorbereitung einer klageschrift akteneinsicht zu gewähren. er beabsichtige gegen den bescheid vom 9. januar 2020 klage zu erheben. spätestens mit der übersendung des bescheids sei er verfahrensbeteiligter geworden. als solchem stehe ihm ein akteneinsichtsrecht zu. 4mit bescheid vom 6. februar 2020 gab die beklagte dem antrag auf akteneinsicht insoweit statt, als er sich auf die stellungnahme der landesdatenschutzbeauftragten und auf eine rechtliche stellungnahme ihrer behörde bezieht. im übrigen lehnte sie den antrag ab. zur begründung führte sie aus: bezogen auf die dienstaufsichtsbeschwerde sei § 29 des verwaltungsverfahrensgesetzes nicht anwendbar, da das hier noch in rede stehende informationszugangsverfahren mit bescheid vom 9. januar 2020 abgeschlossen worden sei. selbst wenn die vorschrift anwendbar wäre, könne der kläger seinen anspruch darauf nicht stützen. wenn das verwaltungsverfahren gerade einen antrag auf den zugang zu bestimmten unterlagen betreffe, erstrecke sich das akteneinsichtsrecht der beteiligten nicht auf eben diese unterlagen. aus dem informationsfreiheitsgesetz ergebe sich kein anspruch auf die begehrten unterlagen. insofern bleibe es bei ihrer entscheidung vom 9. januar 2020, denn es handele sich um personenbezogene daten. daneben liege auch kein rechtliches interesse des klägers an der kenntnis der begehrten information vor, welches die schutzwürdigen belange der betroffenen person überwiege. im rahmen einer dienstaufsichtsbeschwerde bestehe lediglich ein anspruch auf entgegennahme, sachliche prüfung und bescheidung. 5ferner setzte die beklagte in ihrem bescheid für den angefallenen verwaltungsaufwand verwaltungsgebühren von i.h.v. 20,20 € fest, nämlich kosten für die ermöglichung der einsichtnahme in akten und sonstige informationsträger bei umfangreichem verwaltungsaufwand i.h.v. 20 € sowie kopierkosten i.h.v. 0,20 €. 6hiergegen wandte sich der kläger zunächst mit einer gegenvorstellung vom 16. februar 2020. er habe zu keiner zeit einen antrag auf akteneinsicht nach dem informationsfreiheitsgesetz gestellt. sein antrag auf akteneinsicht stütze sich allein auf die dienstaufsichtsbeschwerde. daher bestehe auch keine grundlage für eine kostenentscheidung. die entscheidung sei auch unter verletzung des rechtlichen gehörs ergangen. zudem bleibe die beklagte jeden nachweis für einen umfangreichen verwaltungsaufwand schuldig. er habe keine auskunft darüber beantragt, welche kosten der beauftragte rechtsanwalt erhalten habe, sondern allein angefragt, ob dieser eine vergütung aus den haushaltsmitteln der beklagten erhalten habe. 7mit schreiben vom 19. februar 2020 teilte die beklagte mit, dass sie ihren bescheid vom 6. februar 2020 unverändert aufrechterhalte. sie habe einen möglichen anspruch aus allen in betracht kommenden rechtsgrundlagen geprüft. die beklagte habe den rechtsanwalt vergütet. 8der kläger hat am 4. märz 2020 klage erhoben, mit der er zunächst begehrt hat, 9den bescheid vom 6. februar 2020 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, ihm zur begründung der klage uneingeschränkte akteneinsicht in den verwaltungsvorgang im zusammenhang mit der dienstaufsichtsbeschwerde gegen den technischen beigeordneten der beklagten zu gewähren. 10er macht geltend: er habe keinen antrag nach dem informationsfreiheitsgesetz gestellt, gerade im hinblick auf eine mögliche kostenfolge. bevor der bescheid mit der nachteiligen kostenfolge erlassen worden sei, sei auch kein hinweis darauf erfolgt, dass beabsichtigt sei eine entscheidung auf der grundlage des informationsfreiheitsgesetzes mit einer kostenentscheidung zu treffen. er habe bei der beklagten um akteneinsicht nachgesucht, um diese klage zu begründen und um die erfolgsaussichten einer solchen klage einschätzen zu können. 11der kläger beantragt nunmehr, 12den bescheid der beklagten vom 6. februar 2020 aufzuheben. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15sie trägt vor: sie habe den antrag des klägers vom 13. januar 2020 umfassend verstanden und daher einen einsichtsanspruch des klägers unter berücksichtigung aller ernsthaft in betracht kommenden anspruchsgrundlagen geprüft. aus der bloßen berufung des klägers auf die rolle als verfahrensbeteiligter lasse sich nicht entnehmen, dass er die akteneinsicht ausschließlich wünsche, wenn sie sich auf das verwaltungsverfahrensgesetz stützen lasse. bei dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren handele es sich nicht um verwaltungsverfahren im sinne des verwaltungsverfahrensgesetzes. das verfahren nach dem informationsfreiheitsgesetz über die gewährung von akteneinsicht sei zwar ein verwaltungsverfahren, dieses sei jedoch abgeschlossen. durch seine verfahrensstellung im neuen, durch den antrag vom 13. januar 2020 eröffneten verwaltungsverfahren habe der kläger keinen anspruch auf unterlagen aus vorangehenden verwaltungsverfahren. der kläger habe keinen anspruch auf zugang zur stellungnahme des beigeordneten, die im verwaltungsvorgang der dienstaufsichtsbeschwerde enthalten sei, da es sich bei dieser insgesamt um personenbezogene daten handele. der beigeordnete q. beschreibe darin seine eigenen handlungsweisen und äußerungen in einem baurechtlichen verfahren und nehme eine bewertung dieser handlungsweisen vor. es sei nicht möglich, die stellungnahme zu anonymisieren. eine einwilligung des betroffenen beigeordneten zur weitergabe liege nicht vor. der kläger habe auch kein berechtigtes interesse an der weitergabe der stellungnahme. er könne durch den ausgang des dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens nicht in seinen eigenen rechten verletzt sein. im übrigen stünden der einsicht schutzwürdige belange des betroffenen beigeordneten entgegen. 16in der mündlichen verhandlung hat die beklagte den bescheid vom 6. februar 2020 aufgehoben, soweit darin verwaltungsgebühren in höhe von 20,20 euro festgesetzt worden waren. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten bezug genommen. 18 | 19die klage hat keinen erfolg. mit ihrem in der mündlichen verhandlung gestellten anfechtungsantrag ist die klage bereits unzulässig. die zunächst erhobene verpflichtungsklage ist unbegründet. 20die auf aufhebung des bescheides der beklagten vom 6. februar 2022 gerichtete anfechtungsklage ist insgesamt unzulässig. 21im umfang der aufhebung des bescheides (festsetzung von verwaltungsgebühren in höhe von 20,20 euro) durch die beklagte ist hauptsachenerledigung eingetreten. für die gleichwohl begehrte vollumfängliche aufhebung des bescheides fehlt dem kläger insoweit das erforderliche rechtsschutzbedürfnis. eines gerichtlichen hinweises auf die in der mündlichen verhandlung eingetretene erledigung bedurfte es nicht, weil sich dieser umstand, wie mit den beteiligten vor gericht erörtert, kostenmäßig gemäß § 155 abs. 1 satz 3 vwgo nicht ausgewirkt hätte. die beklagte wäre nur zu einem geringen teil unterlegen. 22soweit der kläger in der klageschrift ursprünglich die verpflichtung der beklagten zur uneingeschränkten akteneinsicht in den verwaltungsvorgang im zusammenhang mit der dienstaufsichtsbeschwerde beantragt und nunmehr in der mündlichen verhandlung einen antrag auf aufhebung des bescheides vom 6. februar 2020 gestellt hat, liegt eine unzulässige klageänderung vor. 23bezogen auf die begehrte akteneinsicht ist streitgegenstand ein verpflichtungsbegehren. das tatsächliche rechtsschutzbegehren, wie es sich aus dem angekündigten antrag in verbindung mit der klagebegründung ergibt (vgl. § 88 vwgo), zielte neben der aufhebung des ablehnenden bescheides der beklagten vom 6. februar 2020 auf die verpflichtung der beklagten ihm akteneinsicht zu gewähren. dabei ist unerheblich, ob sich der behauptete anspruch aus dem verwaltungsverfahrensgesetz oder aus dem informationsfreiheitsgesetz ergibt. 24für die annahme, es habe sich um einen rein prozessualen antrag auf akteneinsicht nach § 100 vwgo gehandelt, wie der (früher selbst als richter tätige) kläger in der mündlichen verhandlung vorgetragen hat, fehlt jeglicher anhaltspunkt. insbesondere ergibt sich dies nicht aus der formulierung des antrags, ihm „zur begründung der klage“ akteneinsicht zu gewähren. denn im klageschriftsatz vom 29. februar 2020 verweist der kläger darauf, dass er bei der beklagten um akteneinsicht nachgesucht habe, „um diese klage zu begründen“. zusammen mit dem klageantrag, „die beklagte zu verpflichten“, ihm akteneinsicht zu gewähren, kann das begehren des klägers nur so verstanden werden, dass er gegenüber der beklagten einen bestehenden materiell-rechtlichen anspruch auf akteneinsicht geltend machen wollte. 25wenn der kläger nunmehr hinsichtlich seines akteneinsichtsbegehrens von der verpflichtungs- zur anfechtungsklage übergeht, handelt es sich dabei nicht um eine bloß quantitative beschränkung des klagebegehrens und damit eine (konkludente) teilklagerücknahme. die behauptung, durch einen ablehnungsbescheid in seinen rechten verletzt zu sein, ist ebenso wie das begehren, ihn aufzuheben, lediglich ein unselbständiges element der weitergehenden rechtsbehauptung, einen anspruch auf erlass des beantragten verwaltungsaktes zu haben. 26vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 22. mai 1987 – 4 c 77/84 -, juris rn. 13. 27bei einer verpflichtungsklage ist die ablehnende behördliche entscheidung im engeren sinne grundsätzlich nicht selbständiger gegenstand des verfahrens. 28vgl. verwaltungsgerichtshof (vgh) münchen, beschluss vom 10. april 2017 – 15 zb 16.673 -, beckrs 2017, 107865, rn. 31, m.w.n. 29die in der mündlichen verhandlung vorgenommene modifizierung des klagebegehrens dahingehend, dass anstatt der verpflichtung der beklagten nunmehr die aufhebung des bescheides vom 6. februar 2020 begehrt wird, ist als aliud und mithin als klageänderung zu werten. 30die voraussetzungen für eine zulässige änderung der klage gemäß § 91 abs. 1 vwgo liegen nicht vor. die beklagte hat in die änderung der klage nicht eingewilligt. ihr klageabweisungsantrag in der mündlichen verhandlung stellt keine solche einlassung dar. 31vgl. sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl., § 91 rn 52. 32die klageänderung ist auch nicht sachdienlich. der auf die aufhebung des bescheides beschränkte antrag bietet nicht die möglichkeit einer endgültigen bereinigung des streitstoffs zwischen den parteien. 33vgl. sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl., § 91 rn 53. 34denn die isolierte anfechtung des die akteneinsicht versagenden bescheides vom 6. februar 2020 ist mangels rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. ziel des klägers ist es nach wie vor, einsicht in die verwaltungsakten betreffend das verfahren der dienstaufsichtsbeschwerde nehmen zu können. bei unverändertem klageziel besteht in der situation einer verpflichtungsklage kein rechtsschutzbedürfnis, an stelle der verpflichtungsklage die isolierte anfechtungsklage zu wählen. 35vgl. vgh münchen, beschluss vom 10. april 2017 – 15 zb 16.673 -, beckrs 2017, 107865, rn. 31; posser/wolff, beckok vwgo, 60. edition, § 42 rn. 46; schmidt, in: eyermann, vwgo, 15. aufl., § 42 rn. 21. 36die verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. soweit der angefochtene bescheid vom 6. februar 2022 nicht von der beklagten aufgehoben wurde, ist er rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten. der kläger hat keinen anspruch auf zugang zu den aktenbestandteilen, die im zusammenhang mit der von ihm erhobenen dienstaufsichtsbeschwerde erstellt wurden, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. 37die klage ist als verpflichtungsklage im sinne des § 42 abs. 1 var. 2 vwgo statthaft. denn der kläger begehrt den erlass eines begünstigenden verwaltungsakts in form einer – der eigentlichen informationsübermittlung vorgelagerten – behördlichen entscheidung über sein auskunftsbegehren. 38auch der erforderliche vorherige antrag auf akteneinsicht in die akten des dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens liegt vor. das ergibt sich zweifelsfrei jedenfalls aus der gegenvorstellung des klägers vom 16. februar 2020, in der er betont, dass es ihm um das verfahren der dienstaufsichtsbeschwerde gehe. 39die klage ist aber unbegründet. 40der bescheid der beklagten vom 6. februar 2020 ist zwar formell rechtswidrig, weil die gemäß § 28 abs. 1 verwaltungsverfahrensgesetz nrw (vwvfg nrw) erforderliche anhörung des klägers unterblieben ist. 41der verfahrensfehler ist aber gemäß § 46 vwvfg nrw unbeachtlich. ob der verfahrensfehler durch nachholung der anhörung im gerichtlichen verfahren (§ 45 abs. 1 nr. 3, abs. 2 vwvfg) geheilt wurde, kann daher offen bleiben. 42die fehlende anhörung kann aus tatsächlichen gründen keinen einfluss auf den inhalt der getroffenen entscheidung gehabt haben. hinsichtlich der begehrten akteneinsicht in die im zusammenhang mit der dienstaufsichtsbeschwerde erstellten akten hat die beklagte mit bescheid vom 6. februar 2020 erneut entschieden, nachdem sie denselben antrag bereits am 9. januar 2020 beschieden hatte. über den ersten akteneinsichtsantrag hinausgehendes hat der kläger mit dem hier beschiedenen antrag vom 13. januar 2020 nicht vorgetragen. es ist daher offensichtlich, dass der verfahrensfehler die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hat (§ 46 vwvfg nrw). 43der kläger hat keinen anspruch auf die begehrte einsicht in die das dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren betreffenden akten. § 29 abs. 1 satz 1 vwvfg scheidet als anspruchsgrundlage aus. danach hat die behörde den beteiligten einsicht in die das verfahren betreffenden akten zu gestatten, soweit deren kenntnis zur geltendmachung oder verteidigung ihrer rechtlichen interessen erforderlich ist. 44ein anspruch aus § 29 vwvfg nrw besteht nur im rahmen von anhängigen verwaltungsverfahren, die im sinne von § 9 vwvfg nrw auf den erlass eines verwaltungsakts oder den abschluss eines öffentlich-rechtlichen vertrages gerichtet sind. 45kallerhoff/mayen, in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. aufl. 2018, § 29 rn. 13. 46soweit sich das akteneinsichtsgesuch unmittelbar auf das verfahren der dienstaufsichtsbeschwerde bezieht, handelt es sich hierbei schon nicht um ein verwaltungsverfahren nach § 9 vwvfg. die bescheidung einer dienstaufsichtsbeschwerde stellt keinen verwaltungsakt im sinne des § 35 vwvfg dar. 47ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 16. dezember 2010 - 12 m 21/10 -, juris rn 10, m.w.n. 48zudem ist dieses verfahren unanfechtbar abgeschlossen. mit schreiben vom 29. august 2019 war dem kläger mitgeteilt worden, dass seine dienstaufsichtsbeschwerde zurückgewiesen wurde. 49eine einsichtnahme in die begehrten unterlagen des dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens gemäß § 29 abs. 1 vwvfg nrw kommt auch nicht bezogen auf das erste akteneinsichtsverfahren in betracht, das der kläger mit seinem antrag vom 25. september 2019 eingeleitet hatte, und über den mit bescheid vom 9. januar 2020 entschieden worden war. es wird sich dabei zwar noch um ein laufendes verfahren gehandelt haben. jedoch unterliegen in einem verwaltungsverfahren betreffend einen antrag auf akteneinsicht diejenigen akten, in die – wie es hier der fall ist - nach dem antrag eingesehen werden soll, nicht der einsicht nach § 29 vwvfg, weil dies eine verfahrensrechtliche umgehung der prüfung des materiellen anspruchs auf einsichtnahme wäre. 50kallerhoff/mayen, in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. aufl. 2018, § 29 rn. 45. 51mögliche anspruchsgrundlage kann daher nur § 4 abs. 1 des gesetzes über die freiheit des zugangs zu informationen für das land nordrhein-westfalen (informationsfreiheitsgesetz nordrhein-westfalen – ifg nrw) sein. 52nach dieser vorschrift hat jede natürliche person nach maßgabe dieses gesetzes gegenüber den in § 2 ifg nrw genannten stellen anspruch auf zugang zu den bei der stelle vorhandenen amtlichen informationen. 53der kläger ist als natürliche person grundsätzlich anspruchsberechtigt und die beklagte auskunftsverpflichtete stelle im sinne des ifg nrw. bei den begehrten unterlagen handelt es sich auch um bei der beklagten vorhandene amtliche informationen im sinne der §§ 3, 4 abs. 1 ifg nrw. 54dem anspruch steht jedoch entgegen, dass gemäß § 9 abs. 1 ifg nrw durch das bekanntwerden der information personenbezogene daten offenbart werden. 55der begriff der personenbezogenen daten in § 9 abs. 1 hs. 1 ifg nrw entspricht dem im datenschutzrecht verwendeten, der heute art. 4 nr. 1 der datenschutzgrundverordnung (ds-gvo) zu entnehmen ist. art. 4 nr. 1 ds-gvo übernimmt dabei seinerseits im wesentlichen die bereits zuvor in art. 2 buchstabe a) der richtlinie 95/46/eg enthaltene begriffsdefinition. nach art. 4 nr. 1 ds-gvo sind unter "personenbezogenen daten" alle informationen zu verstehen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels zuordnung zu einer kennung wie einem namen, zu einer kennnummer, zu standortdaten, zu einer online-kennung oder zu einem oder mehreren besonderen merkmalen, die ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen identität dieser natürlichen person sind, identifiziert werden kann. erfasst sind damit alle informationen, die über die bezugsperson etwas aussagen, unabhängig davon, welchen lebensbereich sie betreffen. dies schließt neben den angaben über den betroffenen selbst, seine identifizierung und charakterisierung auch angaben zu einem auf ihn beziehbaren sachverhalt ein. dazu gehören wiederum auch die rechtlichen, sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen beziehungen des betroffenen zur umwelt. der terminus der personenbezogenen daten ist damit außerordentlich weit zu verstehen. 56vgl. ovg nrw, beschluss vom 27. juni 2017 - 15 a 1288/16 -, juris rn. 25, urteile vom 2. juni 2015 - 2 a 1997/12 -, juris rn. 126, und vom 6. mai 2015 - 8 a 1943/13 -, juris rn. 95, beschlüsse vom 28. april 2015 - 15 a 2342/12 -, juris rn. 13, und vom 27. januar 2010 - 8 a 203/09 -, juris rn. 9; vg gelsenkirchen urteil vom 8. märz 2021 – 20 k 4117/19 –, juris rn. 60. 57die angaben in dienstaufsichtsbeschwerden bzw. in den zugehörigen dienstaufsichtsbeschwerdevorgängen stellen personenbezogene daten desjenigen dar, gegen den sich die dienstaufsichtsbeschwerde richtet. 58vg gelsenkirchen, urteil vom 17. februar 2020 - 20 k 4063/18 -, juris rn. 80 m.w.n. 59der von der dienstaufsichtsbeschwerde betroffene beigeordnete hat, wie die beklagte vorgetragen hat, in seiner stellungnahme seine eigenen handlungsweisen und äußerungen beschrieben und eine bewertung dieser handlungsweisen vorgenommen. damit handelt es sich einerseits um angaben über ihn selbst und andererseits um angaben zu dem baurechtlichen verfahren, soweit es sich auf ihn bezieht. dass sie den dienstlichen lebensbereich des beigeordneten betreffen, ist für die qualifizierung der angaben als personenbezogene daten unerheblich. 60nichts anderes gilt, soweit die akten des die dienstaufsichtsbeschwerde betreffenden verfahrens weitere hierauf bezogene unterlagen enthalten sollten. denn sie beziehen sich allesamt auf die dienstaufsichtsbeschwerde und damit auf den betroffenen beigeordneten. 61es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass dem kläger hier ausnahmsweise die personenbezogenen daten gemäß § 9 abs. 1 hs. 2 buchst. a) bis e) ifg nrw offenbart werden dürften. der betroffene beigeordnete hat in die offenbarung nicht eingewilligt im sinne des § 9 abs. 1 hs. 2 buchst. a) ifg nrw. auch hat der kläger kein rechtliches interesse an der kenntnis der begehrten informationen geltend gemacht im sinne des § 9 abs. 1 hs. 2 buchst. e) ifg nrw. 62ein rechtliches interesse in diesem sinne erfordert, dass ein unmittelbarer zusammenhang mit rechtsverhältnissen des auskunftsbegehrenden besteht. die kenntnis der daten muss zur verfolgung von rechten oder zur abwehr von ansprüchen erforderlich sein. 63ovg nrw, beschluss vom 23. juni 2003 - 8 a 175/03 -, juris rn. 11 ff. 64daran fehlt es hier. der kläger hat weder geltend gemacht, einem straf- oder ordnungswidrigkeitenverfahren oder einem sonstigen verfahren ausgesetzt sein, in dessen rahmen es gegebenenfalls auf die kenntnis des verwaltungsvorgangs betreffend die dienstaufsichtsbeschwerde gegen den beigeordneten ankommt, noch hat er seinerseits ein verfahren mit dem ziel der durchsetzung eigener rechte eingeleitet, 65vgl. ovg nrw, beschluss vom 23. juni 2003 - 8 a 175/03 -, juris rn. 16. 66der kläger hat auch nicht behauptet, dass er im zusammenhang mit den streitigkeiten der beteiligten betreffend den rheinhafen p. eine klage erheben wolle. im übrigen ist weder ersichtlich, was für eine klage das sein könnte, noch, inwiefern der kläger hierbei auf die informationen aus dem dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren angewiesen ist. soweit der kläger eine strafanzeige gegen den beigeordneten in den raum stellt, ist die kenntnis des inhalts des dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens hierfür nicht erforderlich. es obliegt vielmehr der staatsanwaltschaft, ggf. weitere ermittlungen anzustellen. 67schließlich kommt auch keine (teil-) schwärzung des vorgangs gemäß § 10 abs. 1 ifg nrw in betracht, da sich sämtliche angaben in dem dienstaufsichtsbeschwerdevorgang auf den beigeordneten q. beziehen, gegen den sich die dienstaufsichtsbeschwerde richtete. 68die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 69die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung. 70rechtsmittelbelehrung: 71gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 72auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 73innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 74die berufung ist nur zuzulassen, 751. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 762. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 773. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 784. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 795. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 80die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 81über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 82im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 83die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 84beschluss: 85der streitwert wird auf 10.020,20 euro festgesetzt. 86gründe: 87die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 und 2 gkg erfolgt. dabei hat das gericht neben den festgesetzten verwaltungsgebühren berücksichtigt, dass es sich bei der verpflichtungsklage und der anfechtungsklage um zwei verschiedene streitgegenstände handelt. 88rechtsmittelbelehrung: 89gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 90auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 91die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 92die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 93die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 94war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, 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} | 14 K 2267/19 G,F | 2022-02-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2010 bis 2016 sowie die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2010 bis 2014 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 werden nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 13 % und der Beklagte zu 87 %. Das Urteil ist für die Klägerin wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Streitig ist allein noch, ob bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags gegenüber der Klägerin für die Streitjahre 2010 bis 2016 (Streitzeitraum) jeweils eine sog. erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen (erweiterte Kürzung) nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu berücksichtigen sowie ob und wenn ja in welcher Höhe den Gesellschaftern der Klägerin ein ggf. festzusetzender Gewerbesteuermessbetrag im Rahmen der für die Streitjahre 2010 bis 2014 erfolgten Gewinnfeststellungen zuzurechnen ist. 3Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Erwerb, die Errichtung und die Vermietung sowie die Verwaltung von Einkaufs-Centern, SB-Warenhäusern und Fachmärkten. Zu ihrem Vermögen gehörte im Streitzeitraum das sog. „I-Center“, ein großes Einkaufscenter in C-Stadt, dessen Geschäftsräume sie an verschiedene Mieter vermietet. 4Unter anderem vermietete sie mit einem im Juli 2003 geschlossenen Vertrag noch zu errichtende Geschäftsräume auf dem Gelände des „I-Centers“ an die Q-GmbH (im Folgenden: Q-GmbH). In der mit „Aufstellung der von dem Vermieter zu erbringenden Umbau- und Renovierungsarbeiten“ überschriebenen Anlage 6 zu diesem Vertrag wird unter anderem das Herstellen von Fundamenten für die Werbeanlage und einer Grube für den Bremsenprüfstand aufgeführt. 5Für die Jahre 2010 bis 2013 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I-Stadt (GKBP) bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Aufgrund der von ihnen im Verlauf der Prüfung getroffenen Feststellungen gelangten die mit deren Durchführung beauftragten Prüfer zu der Auffassung, dass die der Klägerin bislang gewährte erweiterte Kürzung ihres Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu versagen sei. Dies begründeten die Prüfer damit, dass die Klägerin gegenüber den Mietern ihres „I-Centers“ erhebliche Zusatzleistungen erbracht habe, die die eigentliche Vermietungstätigkeit überlagerten. Zum einen habe sie erhebliche werbe- und verkaufsfördernde Leistungen erbracht. Zum anderen habe sie aber auch Bewirtschaftungsleistungen erbracht, wie etwa die Bewachung des Gesamtobjekts und Reinigung der öffentlichen Sanitäranlagen. Des Weiteren entfalte die Klägerin durch die Organisation der einheitlichen Öffnungszeiten und Regelung der Konkurrenzsituation im Center eine gewisse unternehmerische Organisation. Darüber hinaus habe die Klägerin mit der „Grube“ für einen Bremsenprüfstand und mit den Fundamenten für eine Werbeanlage Betriebsvorrichtungen an ihre Mieterin Q-GmbH überlassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 12.04.2016 verwiesen. 6Nach Auswertung des Betriebsprüfungsberichts setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin die Gewerbesteuermessbeträge für 2010 bis 2013 durch Bescheide vom 15.07.2016 wie folgt neu fest: Für 2010 i.H.v. 55.195 Euro, für 2011 i.H.v. 55.734 Euro, für 2012 i.H.v. 51.516 Euro und für 2013 i.H.v. 41.919 Euro. Am 19.09.2016 erließ er darüber hinaus für das Jahr 2014 einen neuen Gewerbesteuermessbescheid (Gewerbesteuermessbetrag: 43.571 Euro) und für die Jahre 2015 und 2016 erstmalige Gewerbesteuermessbescheide gegenüber der Klägerin, in denen er die Gewerbesteuermessbeträge i.H.v. 49.157 Euro (2015) und i.H.v. 47.750 Euro (2016) festsetzte. 7Die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb stellte er mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 24.06.2016 bzw. 26.07.2016 bzw. 01.08.2016 in folgender Höhe neu fest: Für 2010 i.H.v. 1.690.142,18 Euro, für 2011 i.H.v. 1.668.775,25 Euro, für 2012 i.H.v. 1.527,339,28 Euro, für 2013 i.H.v. 1.283.801,25 Euro und für 2014 i.H.v. 1.350.417,92 Euro. 8Gegen sämtliche dieser Bescheide erhob die Klägerin jeweils Einspruch. Mit ihren Einsprüchen wandte sie sich zunächst ausdrücklich nur gegen die Versagung der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und zum anderen gegen die Aufteilung und Zurechnung der für die Streitjahre 2010 bis 2014 festgesetzten Gewerbesteuer-Messbeträge auf ihre Gesellschafter. 9Mit Schreiben vom 14.09.2017 machte sie sodann zusätzlich erstmals auch noch geltend, dass ihre gewerblichen Einkünfte bzw. die ihres Kommanditisten H. V. zu kürzen seien, da die frühere Ehefrau des Herrn H. V. (Frau F. V.) ein lebenslanges Nießbrauchrecht an den Mieteinnahmen aus der Vermietung von Teilgrundstücken des sog. „I-Centers“, welche Herr H. V. angemietet und an die D-GmbH bzw. an Herrn T. L. weitervermietet habe, gehabt habe. 10Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Einspruchsverfahren wird auf ihre Schreiben vom 25.07.2016, 23.08.2016, 05.09.2016, 08.09.2016, 22.05.2017, 27.07.2017 (nebst Anlage), 14.09.2017, 13.03.2018, 21.03.2018, 30.05.2018, 06.07.2018 (nebst Anlagen), 11.04.2019, 29.05.2019 und 19.06.2019 (nebst Anlage), verwiesen. 11Die Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannte Einspruchsentscheidung verwiesen. 12Hiergegen hat die Klägerin am 26.07.2019 die vorliegende Klage erhoben. Mit dieser verfolgt sie ihr Begehren hinsichtlich der erweiterten Kürzung gemäߧ 9 Nr. 1 Satz 2 GewSt weiter. Von ihrem Begehren hinsichtlich einer veränderten Zurechnung der Einnahmen aus der Vermietung der von Herrn H. V. angemieteten und weitervermieteten Grundstücksteile hat sie im Laufe des Klageverfahrens Abstand genommen. 13Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr die erweiterte Kürzung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zustehe. Sie überlasse lediglich eigenen Grundbesitz. Insbesondere vermiete sie keine Betriebsvorrichtungen an die Q-GmbH, da es sich bei der Vertiefung vielmehr um einen Gebäudebestandteil und bei den Fundamenten für die Werbeanlage um eine Außenanlage handele. 14Insbesondere die Aussage in § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG), dass mit einer „Betriebsvorrichtung“ das Gewerbe unmittelbar betrieben werden müsse, zeige, dass die Werbeanlage keine Betriebsvorrichtung sei, da sie nicht für den Betrieb des Gewerbes durch die Q-GmbH erforderlich sei. Eine Werbeanlage sei eine reine Maßnahme der Außendarstellung. Der eigentliche Betrieb könne auch ohne deren Vorhandensein betrieben werden. 15Ebenso stelle die im Rahmen ihres Umbaus in die Bodenplatte eingelassene Vertiefung keine Betriebsvorrichtung, sondern einen Gebäudebestandteil dar. Für die Abgrenzung zwischen Gebäude (Grundvermögen) und Betriebsvorrichtung folge aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 09.12.1998 (II R 1/96), dass Bauteile, die einen doppelten Zweck erfüllten, stets zum Grundvermögen zu rechnen seien. Solche Bauteile gehörten nicht im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 2 BewG ausschließlich zu einer Betriebsanlage. Auch der hier strittigen Vertiefung für den Bremsenprüfstand komme zumindest eine Doppelfunktion zu: Auch wenn der Einbau der Vertiefung erfolgt sei, damit die Q-GmbH dort einen Bremsenprüfstand habe einbauen können, trage sie doch auch zur Gebäudeeigenschaft bei, indem sie Teil der räumlichen Umschließung sei. 16Aus Sicht des Mieters erfüllten also weder die Vertiefung noch die Fundamente irgendeinen weiteren Zweck, außer denjenigen der reinen Grundstücks- bzw. Gebäudenutzung. Die Q-GmbH könne jedenfalls weder durch die reine Vertiefung noch die reinen Fundamente ihr Gewerbe betreiben. 17Zu bedenken sei zudem, dass die Vermietung der Vertiefung nicht Gegenstand des Mietvertrags zwischen ihr und der Q-GmbH gewesen sei, insbesondere kein gesondertes Entgelt für die Überlassung. Nur in einer Anlage zum Mietvertrag sei vereinbart worden, dass – da aus baurechtlichen Gründen zwingend notwendig – die Klägerin die Vertiefung einbaue. 18Hinsichtlich der Fundamente für die Werbeanlage sei noch anzumerken, dass diese zwar in den Mietverträgen angesprochen worden seien. Tatsächlich seien aber die in Rede stehende Anlagen nie gebaut worden. 19Selbst wenn es sich bereits bei der Vertiefung für den Bremsenprüfstand und den Fundamenten für die Werbeanlage tatsächlich um Betriebsvorrichtungen handeln würde, wäre diese Mitvermietung jedenfalls von so geringfügiger Bedeutung, dass es außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit stände, wenn sie nur deswegen nicht die erweiterte Kürzung beanspruchen könnte. Es handele sich bei der Vertiefung nur um eine 2,73 m x 0,88 m kleine Fläche (von rund 45.000 qm Gebäudefläche und rund 105.000 qm Grundstücksfläche) bei 0,27 m Tiefe. 20Jedenfalls aber sei die Vertiefung in der Bodendecke – selbst wenn sie eine Betriebsvorrichtung wäre – zwingend notwendiger Teil einer sinnvoll gestalteten Grundstücksnutzung. Soweit der Beklagte insoweit vortrage, dass man das Gebäude wirtschaftlich auch anders als Werkstatt hätte nutzen können, werde angemerkt, dass in dem fraglichen Gebäude auch in den Jahrzehnten zuvor eine Werkstatt ansässig gewesen sei. Es sei danach wirtschaftlich, dort die kundenseits bereits bekannte Branche beizubehalten. 21Die Mieterin selbst hätte die Vertiefung für den Bremsenprüfstand zudem nicht selbst ausheben können, weil andernfalls in die Statik eingegriffen worden wäre und die Standsicherheit des Gebäudes nicht mehr gegeben gewesen sei. Dies habe folgenden Hintergrund: Die Klägerin habe die Errichtung der Vertiefung seinerzeit im Zuge einer Gesamtbaumaßnahme vorgenommen: Aus Sicht des Erdgeschosses handele es sich um eine Vertiefung auf dem Boden, aus Sicht des Kellers jedoch um eine solche an der Decke. Die Kellerdecke habe neu gegossen werden müssen, weil die alte Kellerdecke unter anderem durch marode Fundamente nicht mehr tragfähig gewesen sei und Einsturzgefahr der tragenden Konstruktion bestanden habe. Durch Bergschäden seien nicht nur die Außenwände leicht abgesenkt gewesen, sondern es hätten sich auch die Wände derart gesenkt und waren bröckelig, dass die Kellerdecke aus Gründen der Statik habe stabilisiert werden müssen. Die alten Kellerwände habe sie daher abreißen und die Kellerdecke neu herstellen müssen. Zur Stabilisierung der Kellerdecke sei ein Stahlgeflecht eingezogen und neu einbetoniert worden. Weiterhin seien Stahlträgerkonstruktionen als Trageelement der Betondecke verbaut worden. Die Geschossdecke (Kellerdecke) sei dabei an einer Stelle abgesenkt worden, wodurch die hier streitige Vertiefung entstanden sei. Bei den Verhandlungen mit der Mietinteressentin Q-GmbH sei ihr nämlich seinerzeit dargelegt worden, dass eine Vorbereitung für die Einbringung einer Bremsenprüfanlage durch die Mieterin (Q-GmbH) als unabdingbare Voraussetzung für einen Vertrag zugrunde liegen müsse. Ein Mieter selbst hätte nach der genannten Gesamtbaumaßnahme aber keine Vertiefung mehr in den mit Stahlgeflecht verstärkten Beton einlassen können, da der Boden zu fest gewesen sei. Ferner hätte der Mieter, wenn es ihm dennoch gelungen wäre, eine Vertiefung anzulegen, die Statik des gesamten Gebäudes gefährdet, allein durch die erforderliche enorme Krafteinwirkung. Für den Fall einer anderweitigen Neuvermietung hätte die Vertiefung dagegen innerhalb einer Stunde mit Magerbeton wieder geschlossen werden können. 22Auch bezüglich der Fundamente für die Werbeanlage habe es keinen Sinn gemacht, diese durch den jeweiligen Mieter errichten zu lassen. Die Fundamente seien nicht erst im Rahmen des Einzugs der Q-GmbH errichtet worden, sondern bereits weit vorher. Alle Fundamente auf dem Grundstück seien fertig betoniert gewesen, bevor überhaupt der Asphalt aufgetragen worden sei. Es hätte also keinen Sinn gemacht, wenn durch den jeweiligen neuen Mieter immer wieder neue Fundamente hätten errichtet werden müssen. 23Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 26.07.2019, 13.09.2019, 03.02.2020, 29.05.2020, 27.11.2020, 05.02.2021, 30.03.2021, 20.01.2022, 08.02.2022 und 09.02.2022 sowie auf die von ihr vorgelegten Unterlagen verwiesen. 24Ursprünglich hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 13.09.2019 angekündigt zu beantragen, unter Änderung der Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2010 bis 2016 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 die Gewerbesteuermessbeträge jeweils auf 0,00 Euro herabzusetzen (da die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu gewähren sei), sowie unter Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Jahre 2010 bis 2014 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 die Einnahmen aus der Vermietung von Grundstücksteilen an die D-GmbH bzw. an Herrn T. L. in Höhe von 109.568,77 Euro (2010), 114.567,57 Euro (2011), 114.542,97 Euro (2012), 114.561,38 Euro (2013) und 114.561,38 Euro (2014) ihrem Beteiligten Herrn H. V. nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) (Vorabgewinn) zuzurechnen. 25Nachdem die Klägerin im Laufe der mündlichen Verhandlung von ihrem zweiten Klagebegehren Abstand genommen hat, beantragt sie nunmehr, 261. unter Änderung der Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2010 bis 2016 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 die Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 2010 bis 2016 jeweils mit der Maßgabe festzusetzen, dass die erweitere Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG anerkannt wird, 272. die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2010 bis 2014 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 entsprechend zu ändern, 283. hilfsweise die Revision zuzulassen. 29Der Beklagte beantragt, 30die Klage abzuweisen, 31hilfsweise die Revision zuzulassen. 32Er ist weiterhin der Auffassung, dass die erweiterte Kürzung nach§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zu gewähren sei. Seiner Auffassung nach erziele die Klägerin auch Erträge, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen seien. Der Umfang des Grundbesitzes ergebe sich aus § 68 BewG. Danach gehörten hierzu unter anderem der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, nicht aber Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks seien. Dabei ergebe sich aus dem gesetzlichen Erfordernis der Zugehörigkeit „zu einer Betriebsanlage“, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetze, durch die der Gewerbebetrieb unmittelbar betrieben werde. Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen komme es darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich sei, oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes diene. Außerdem komme es darauf an, ob sie der Benutzung des Gebäudes ohne Rücksicht auf den gegenwärtig ausgeübten Betrieb diene oder ob sie in einer besonderen Beziehung zu dem Betrieb stehe. 33Ausgehend hiervon handele es sich bei der Vertiefung und bei den Fundamenten für die Werbeanlage um Betriebsvorrichtungen. 34Die Vertiefung sei eine Vorrichtung für die Bremsenprüfanlage und somit zu einer Betriebsanlage gehörend, mit der das Gewerbe der Mieterin (Q-GmbH) unmittelbar betrieben werde. Sie sei ausschließlich für die Bremsenprüfanlage geschaffen worden und bilde mit der in ihr eingebauten Bremsenprüfanlage eine Einheit. Beide bedingten sich gegenseitig. Die Bremsenprüfanlage selbst stehe in einer engen Beziehung zum ausgeübten Gewerbebetrieb und habe eine ähnliche Funktion wie eine Maschine. Die Mieterin habe eine Kfz-Werkstatt und führe Bremsenprüfungen durch. Der Gewerbetrieb werde daher unter anderem unmittelbar mit der Bremsenprüfanlage betrieben. Die Vertiefung selbst sei gerade auf die besonderen Anforderungen einer Kfz-Werkstatt zugeschnitten. Sie diene damit dem Betrieb. Sie sei bereits von der Klägerin auf die Erfordernisse eines Kfz-Betriebs zugeschnitten worden. Ihre gewerbliche Nutzung sei mithin bereits in der Sphäre der Klägerin angelegt worden und nicht erst in der Sphäre der Mieterin. 35Ebenso gehörten die Fundamente für die Werbeanlage nicht zur erforderlichen Gebäudenutzung, sondern seien als Teil einer Vorrichtung für das Gewerbe der Mieter anzusehen. 36Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei zudem durch das Erfordernis der Ausschließlichkeit tatbestandlich begrenzt. Nur Nebentätigkeiten seien nicht kürzungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes i.e.S. dienten und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden könnten. Die Überlassung der Vertiefung und der Fundamente fielen seiner Ansicht nach nicht hierunter. Die Bremsenprüfanlage und die Werbeanlage seien für eine sinnvolle Grundstücksnutzung nicht zwingend erforderlich gewesen. Die Klägerin hätte auch an einen anderen Mieter mit einem anderen Gewerbe vermieten können, der keine Vertiefung für eine Bremsenprüfanlage oder Fundamente für eine Werbeanlage benötigt. Sie habe nicht nachgewiesen, dass eine Vermietung dieses Teils des Grundstücks an die Q-GmbH ohne die Betriebsvorrichtungen bzw. an einen anderen Mieter nicht zu wirtschaftlichen Konditionen möglich gewesen sei. Eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung sei durchaus auch ohne eine entsprechende Anlage und die dazugehörigen Betriebsvorrichtungen realisierbar gewesen. 37§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ließe daneben aber auch keinen Raum für eine allgemeine Bagatellgrenze. Eine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze dergestalt, dass die Überlassung von Betriebsvorrichtungen der erweiterten Kürzung nicht entgegenstehe, wenn die Betriebsvorrichtungen gegenüber dem Grundvermögen von geringem Wert seien oder auf sie nur ein geringer Teil der Miete oder Pacht entfalle, komme aufgrund des dem Gesetzeswortlaut zu entnehmenden strengen Ausschließlichkeitsgebots nicht in Betracht. 38Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 26.09.2019, 10.02.2020, 15.06.2020, 15.02.2021, 26.01.2022 und den Telefonvermerk vom 09.02.2022 verwiesen. 39Am 05.03.2021 hat vor dem damaligen Berichterstatter des Senats ein Erörterungstermin stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll dieses Erörterungstermins nebst den damals von der Klägerin zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen. 40Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die von dem Beklagten vorgelegten Steuerakten verwiesen. 41Der Senat hat am 11.02.2022 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. 42Entscheidungsgründe: 43I. Die Klage ist begründet. 44Die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2010 bis 2016 sowie die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2010 bis 2014 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 sind rechtswidrig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO). 45Der Beklagte hat die von der Klägerin beantragte erweiterte Kürzung des Gewinns und der Hinzurechnungen zu Unrecht abgelehnt. 46Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BFHE 263, 225, m.w.N.). 47Eigener Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 – GrS 2/16, BFHE 263, 225, m.w.N.). Dieser wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zweck der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteil vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BFHE 255, 12, m.w.N.). Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt (BFH-Urteil vom 14.06.2005 – VIII R 3/03, BFHE 210, 38). 48Darüber hinaus können nach ständiger Rechtsprechung auch Nebentätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot des§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gezogenen Rahmens liegen (BFH, Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BFHE 270, 529). Die von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet zwar, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss. Nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 11.04.2019 – III R 36/15, BFHE 264, 470 und vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BFHE 270, 529). Ist der Umfang einer solchen Tätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot (BFH, Urteil vom 22.10.2020 – IV R 4/19, BFHE 270, 529, m.w.N.). 49Ausgehend hiervon nutzt und verwaltet die Klägerin in diesem Sinne ausschließlich eigenen Grundbesitz. Soweit sie Nebentätigkeiten ausgeübt hat, sind diese jedenfalls nicht begünstigungsschädlich. 501. Die von der GKBP ursprünglich als schädlich angesehenen Nebentätigkeiten der Klägerin hinsichtlich der Organisation etc. des „I-Centers“ stellen – nach der Entscheidung des BFH vom 14.07.2016 (IV R 34/13, BFHE 255, 12) – keinen weiteren Streitpunkt mehr zwischen den Beteiligten dar. 512. Mit ihrem mit der Q-GmbH geschlossenen Vertrag hat die Klägerin darüber hinaus nur Grundbesitz im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genutzt und verwaltet. Denn sowohl die Vertiefung als auch die Fundamente gehören zum eigenen Grundbesitz der Klägerin. 52Der in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verwendete Begriff des Grundbesitzes ist ebenso wie in Satz 1 dieser Bestimmung im gegenüber dem Einkommensteuerrecht engeren bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BFHE 267, 406, m.w.N.). Dies beruht auf dem Zweck des § 9 Nr. 1 GewStG, die Doppelbelastung von Grundbesitz mit Realsteuern (Gewerbesteuer und Grundsteuer) zu vermeiden. Bei Erträgen, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen sind, ist eine Doppelbelastung durch Grundsteuer und Gewerbesteuer nicht zu befürchten (BFH, Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BFHE 267, 406, m.w.N.). 53Der Umfang des Grundvermögens ergibt sich aus § 68 BewG (BFH, Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BFHE 267, 406, m.w.N.). Danach gehören zum Grundvermögen unter anderem der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG), nicht aber Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG). 54Aus dem gesetzlichen Erfordernis der Zugehörigkeit „zu einer Betriebsanlage“ ergibt sich, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden (BFH, Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BFHE 267, 406, m.w.N.). Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es deshalb darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient (BFH, Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BFHE 267, 406, m.w.N.). Die zivilrechtliche Einordnung eines Gegenstands als wesentlicher Gebäudebestandteil schließt das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung i.S. des§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG nicht aus (BFH, Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BFHE 267, 406, m.w.N.). 55Ausgehend hiervon gehören die Vertiefung und die Fundamente zum Grundbesitz gemäß § 68 BewG und stellen insbesondere keine Betriebsvorrichtungen dar. 56a) Denn die Vertiefung ist ebenso wie etwa eine Flächenerweiterung zur Seite oder im Deckenbereich kein Gegenstand als solcher, sondern lediglich ein Gestaltungsmerkmal eines Gebäudes. 57Zwar hat der BFH in seinem Urteil vom 18.12.2019 (III R 36/17, BFHE 267, 406, sog. „Tankstellen-Urteil“) angenommen, dass es sich bei den Zapfsäulen, Rohrleitungen und Tanks sowie insbesondere bei der Bodenbefestigung einer Tankstelle um Betriebsvorrichtungen der Tankstelle handele. Gegenstand des Betriebs einer Tankstelle sei es unter anderem die Tankstellenkunden mit Treibstoffen wie Benzin und Diesel in unterschiedlichen Treibstoffqualitäten zu versorgen. Insoweit würden die Tanks, Rohrleitungen und Zapfsäulen unmittelbar zur Durchführung des Tankvorgangs genutzt und dienten damit auch unmittelbar der Ausübung des Gewerbes. Gleiches gelte für die Bodenbefestigung im Tankbereich. Die Rechtsprechung erkenne zwar an, dass Wege- und Platzbefestigungen der allgemeinen Erschließung des Grundstücks und dem Zugang zum Gebäude dienen und sie insoweit keine unmittelbar den Betriebsablauf betreffende Funktion erfüllen. Dabei werde es zwar nicht als ausreichend für die Qualifikation als Betriebsvorrichtung angesehen, wenn die Zu- und Abfahrten mittelbar dem Betrieb dienen. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Wege- und Platzbefestigungen „zu einer Betriebsanlage“ gehören. Dies sei hier der Fall, da die Bodenbefestigung zur Tankanlage gehört. Sie stehe bereits räumlich im Zusammenhang mit der Tankanlage und bilde auch funktionell eine Einheit mit der Tankanlage, wenn hier die wesentlichen Betriebsvorgänge der Tankstelle, nämlich einerseits das Befüllen der Tanks durch entsprechende Tanklastzüge des Treibstofflieferanten und andererseits die Betankung der Kundenfahrzeuge stattfinden. Insoweit unterscheide sich die Bodenbefestigung im Tankbereich durch ihre besondere betriebliche Ausgestaltung und Zweckbestimmung von sonstigen Boden- oder Hofbefestigungen zum allgemeinen Personenzugang und zur allgemeinen Befahrbarkeit. 58Im Unterschied zu der Bodenbefestigung einer Tankstelle erfüllt die hier streitige Vertiefung – außer ihrer Lage im Raum – aber keine spezielle Funktion für den Bremsenprüfstand und darauf aufbauend für die Kfz-Werkstatt. Der eigentliche Betrieb einer Kfz-Werkstatt wäre – im Gegensatz zu dem Betrieb einer Tankstelle ohne spezielle Bodenbefestigung – auch ohne eine entsprechende Vertiefung im Boden durchführbar, eben durch eine mobile Bremsenprüfanlage. Die Vertiefung hatte einzig den Zweck, dass die später an dieser Stelle eingebaute Bremsenprüfanlage ebenerdig befahrbar werden konnte und die Notwendigkeit einer ansonsten mobilen Bremsenprüfanlage entfiel. Allein durch die Vertiefung konnte die Kfz-Werkstatt aber nicht „unmittelbar“ betrieben werden, sondern allenfalls mittelbar im Zusammenhang mit der auf ihr errichteten Bremsenprüfanlage. 59Im Unterschied zu dem von dem Beklagten angesprochenen „Kühlraum“ handelt es sich bei der Vertiefung auch nicht um einen mit bestimmter Technik ausgestatteten Raum. Der Kühlraum für sich erfüllt bereits eine betriebliche Funktion, indem unmittelbar mit ihm – etwa wie mit einem Kühlschrank – verderbliche Waren geschützt werden. Im Gegensatz hierzu erfüllt die Vertiefung an sich keine unmittelbare Funktion für einen (Kfz-)Betrieb. 60Der Senat ist außerdem davon überzeugt, dass die Vertiefung – anders als der Beklagte augenscheinlich meint – gerade nicht der „Verankerung“ der Bremsenprüfanlage dient, sondern allenfalls dazu geschaffen ist, damit an dieser Stelle eine ebenerdig befahrbare Bremsenprüfanlage aufgestellt werden kann. 61b) Auch bei den Fundamenten für die Werbeanlage handelt es sich nach der Überzeugung des Senats um keine Betriebsvorrichtungen. Denn auch ohne entsprechende Fundamente für eine Werbeanlage kann eine Kfz-Werkstatt grundsätzlich betrieben werden. Durch die Fundamente wird sie jedenfalls nicht unmittelbar betrieben. Soweit der Beklagte diesbezüglich auf die Kommentar-Fundstelle Stenger/Loose,§ 68 BewG, Rn. 95 verweist, wonach Einzelfundamente für Maschinen stets Betriebsvorrichtungen seien, ist anzumerken, dass es sich bei einer Werbeanlage jedenfalls um keine Maschine handelt. 623. Unabhängig davon – selbst wenn die Vertiefung und die Fundamente Betriebsvorrichtungen darstellen würden – wären sie im Streitfall jedenfalls ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich. 63Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass im vorliegenden Fall an keiner Stelle in den Mietverträgen die Überlassung von Betriebsvorrichtungen ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Allerdings ist auch an keiner Stelle in den Mietverträgen eine Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen ausdrücklich vereinbart worden, sodass der Senat bereits nicht davon überzeugt ist, dass eine Mitvermietung (gegen Entgelt) stattgefunden hat. 64Selbst wenn die Vertiefung und die Fundamente als Betriebsvorrichtungen mitvermietet worden wären, wäre eine solche Mitvermietung aber jedenfalls als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Nutzung des an die Q-GmbH vermieteten Grundstückteils anzusehen. 65Denn der an die Q-GmbH vermietete Grundstücksteil konnte wirtschaftlich sinnvoll nur durch Mitvermietung der auf diesem Grundstück befindlichen Vertiefung und Fundamente genutzt werden. Die Errichtung der Vertiefung und der Fundamente durch den (jeweiligen) Mieter wäre nämlich bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht möglich gewesen. Die Errichtung der Vertiefung spielte bei der ohnehin von der Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks vorgenommenen Gesamtbaumaßnahme eine nur untergeordnete Rolle. Der jeweilige Mieter hätte dagegen einen gravierenden Eingriff in die Gebäudesubstanz vornehmen müssen. Selbst wenn – gemäß des Vortrags der Klägerin im Erörterungstermin – ein mobiler Bremsenprüfstand außerhalb der Halle denkbar gewesen wäre, wäre dies nur auf Kosten von fünf Parkplätzen möglich und damit wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen. Gleiches gilt für die Fundamente für die Werbeanlage, da sie bereits vorhanden waren, bevor der Asphalt aufgetragen worden ist. Es wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen, wenn immer der jeweilige Mieter den Asphalt hätte aufbrechen müssen. 66Der Senat steht – wie bereits der 8. Senat des Finanzgerichts Münster in seinem Urteil vom 06.12.2018 (8 K 3685/17 G, EFG 2019, 373) – überdies auf dem Standpunkt, dass mit der Formulierung, dass die Nebentätigkeit als Teil einer wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksnutzung „angesehen werden kann“, ein – wenngleich angesichts der gebotenen restriktiven Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begrenzter – unternehmerischer Beurteilungsspielraum angedeutet ist und es insofern nicht darauf ankommt, ob die Nebentätigkeit die einzig denkbare oder im Vergleich zu sämtlichen Alternativen die wirtschaftlich sinnvollste Grundstücksnutzung ist. Insofern sind Maßnahmen, die – wie im Streitfall die Überlassung der Vertiefung und derFundamente – in rechtlich und wirtschaftlich engem Zusammenhang mit dem Grundbesitz stehen und dazu dienen, die wirtschaftliche Nutzung des Grundbesitzes mit seinen Besonderheiten zu ermöglichen und von naheliegenden Risiken freizuhalten, als unternehmerisch sinnvolle Entscheidung der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes zuzurechnen. 67II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Soweit die Klägerin ihr ursprüngliches Klagebegehren aufgegeben hat, hat sie sich in die Rolle des Unterlegenen begeben. Insoweit hat sie die Kosten des Verfahrens zu tragen. 68III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. 69IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache (Subsumtion unter den Begriff der „Betriebsvorrichtung“) keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung insoweit keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs. 70xxx xxx xxx | die bescheide über den gewerbesteuermessbetrag 2010 bis 2016 sowie die bescheide über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen für die jahre 2010 bis 2014 jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 werden nach maßgabe der urteilsgründe geändert. die kosten des verfahrens trägt die klägerin zu 13 % und der beklagte zu 87 %. das urteil ist für die klägerin wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des zu vollstreckenden betrages abwenden, soweit nicht die klägerin zuvor sicherheit in entsprechender höhe leistet. 1 | 2streitig ist allein noch, ob bei der festsetzung des gewerbesteuermessbetrags gegenüber der klägerin für die streitjahre 2010 bis 2016 (streitzeitraum) jeweils eine sog. erweiterte kürzung für grundstücksunternehmen (erweiterte kürzung) nach § 9 nr. 1 satz 2 des gewerbesteuergesetzes (gewstg) zu berücksichtigen sowie ob und wenn ja in welcher höhe den gesellschaftern der klägerin ein ggf. festzusetzender gewerbesteuermessbetrag im rahmen der für die streitjahre 2010 bis 2014 erfolgten gewinnfeststellungen zuzurechnen ist. 3gegenstand des unternehmens der klägerin ist der erwerb, die errichtung und die vermietung sowie die verwaltung von einkaufs-centern, sb-warenhäusern und fachmärkten. zu ihrem vermögen gehörte im streitzeitraum das sog. „i-center“, ein großes einkaufscenter in c-stadt, dessen geschäftsräume sie an verschiedene mieter vermietet. 4unter anderem vermietete sie mit einem im juli 2003 geschlossenen vertrag noch zu errichtende geschäftsräume auf dem gelände des „i-centers“ an die q-gmbh (im folgenden: q-gmbh). in der mit „aufstellung der von dem vermieter zu erbringenden umbau- und renovierungsarbeiten“ überschriebenen anlage 6 zu diesem vertrag wird unter anderem das herstellen von fundamenten für die werbeanlage und einer grube für den bremsenprüfstand aufgeführt. 5für die jahre 2010 bis 2013 führte das finanzamt für groß- und konzernbetriebsprüfung i-stadt (gkbp) bei der klägerin eine betriebsprüfung durch. aufgrund der von ihnen im verlauf der prüfung getroffenen feststellungen gelangten die mit deren durchführung beauftragten prüfer zu der auffassung, dass die der klägerin bislang gewährte erweiterte kürzung ihres gewerbeertrags nach § 9 nr. 1 satz 2 gewstg zu versagen sei. dies begründeten die prüfer damit, dass die klägerin gegenüber den mietern ihres „i-centers“ erhebliche zusatzleistungen erbracht habe, die die eigentliche vermietungstätigkeit überlagerten. zum einen habe sie erhebliche werbe- und verkaufsfördernde leistungen erbracht. zum anderen habe sie aber auch bewirtschaftungsleistungen erbracht, wie etwa die bewachung des gesamtobjekts und reinigung der öffentlichen sanitäranlagen. des weiteren entfalte die klägerin durch die organisation der einheitlichen öffnungszeiten und regelung der konkurrenzsituation im center eine gewisse unternehmerische organisation. darüber hinaus habe die klägerin mit der „grube“ für einen bremsenprüfstand und mit den fundamenten für eine werbeanlage betriebsvorrichtungen an ihre mieterin q-gmbh überlassen. wegen der weiteren einzelheiten wird auf tz. 2.3 des betriebsprüfungsberichts vom 12.04.2016 verwiesen. 6nach auswertung des betriebsprüfungsberichts setzte der beklagte gegenüber der klägerin die gewerbesteuermessbeträge für 2010 bis 2013 durch bescheide vom 15.07.2016 wie folgt neu fest: für 2010 i.h.v. 55.195 euro, für 2011 i.h.v. 55.734 euro, für 2012 i.h.v. 51.516 euro und für 2013 i.h.v. 41.919 euro. am 19.09.2016 erließ er darüber hinaus für das jahr 2014 einen neuen gewerbesteuermessbescheid (gewerbesteuermessbetrag: 43.571 euro) und für die jahre 2015 und 2016 erstmalige gewerbesteuermessbescheide gegenüber der klägerin, in denen er die gewerbesteuermessbeträge i.h.v. 49.157 euro (2015) und i.h.v. 47.750 euro (2016) festsetzte. 7die einkünfte der klägerin aus gewerbebetrieb stellte er mit bescheiden über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen vom 24.06.2016 bzw. 26.07.2016 bzw. 01.08.2016 in folgender höhe neu fest: für 2010 i.h.v. 1.690.142,18 euro, für 2011 i.h.v. 1.668.775,25 euro, für 2012 i.h.v. 1.527,339,28 euro, für 2013 i.h.v. 1.283.801,25 euro und für 2014 i.h.v. 1.350.417,92 euro. 8gegen sämtliche dieser bescheide erhob die klägerin jeweils einspruch. mit ihren einsprüchen wandte sie sich zunächst ausdrücklich nur gegen die versagung der erweiterten kürzung gemäß § 9 nr. 1 satz 2 gewstg und zum anderen gegen die aufteilung und zurechnung der für die streitjahre 2010 bis 2014 festgesetzten gewerbesteuer-messbeträge auf ihre gesellschafter. 9mit schreiben vom 14.09.2017 machte sie sodann zusätzlich erstmals auch noch geltend, dass ihre gewerblichen einkünfte bzw. die ihres kommanditisten h. v. zu kürzen seien, da die frühere ehefrau des herrn h. v. (frau f. v.) ein lebenslanges nießbrauchrecht an den mieteinnahmen aus der vermietung von teilgrundstücken des sog. „i-centers“, welche herr h. v. angemietet und an die d-gmbh bzw. an herrn t. l. weitervermietet habe, gehabt habe. 10wegen der einzelheiten des vorbringens der klägerin im einspruchsverfahren wird auf ihre schreiben vom 25.07.2016, 23.08.2016, 05.09.2016, 08.09.2016, 22.05.2017, 27.07.2017 (nebst anlage), 14.09.2017, 13.03.2018, 21.03.2018, 30.05.2018, 06.07.2018 (nebst anlagen), 11.04.2019, 29.05.2019 und 19.06.2019 (nebst anlage), verwiesen. 11die einsprüche der klägerin hatten keinen erfolg. mit einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 wies der beklagte die einsprüche als unbegründet zurück. wegen der einzelheiten wird auf die genannte einspruchsentscheidung verwiesen. 12hiergegen hat die klägerin am 26.07.2019 die vorliegende klage erhoben. mit dieser verfolgt sie ihr begehren hinsichtlich der erweiterten kürzung gemäߧ 9 nr. 1 satz 2 gewst weiter. von ihrem begehren hinsichtlich einer veränderten zurechnung der einnahmen aus der vermietung der von herrn h. v. angemieteten und weitervermieteten grundstücksteile hat sie im laufe des klageverfahrens abstand genommen. 13die klägerin ist der ansicht, dass ihr die erweiterte kürzung des gewerbesteuermessbetrags gemäß § 9 nr. 1 satz 2 gewstg zustehe. sie überlasse lediglich eigenen grundbesitz. insbesondere vermiete sie keine betriebsvorrichtungen an die q-gmbh, da es sich bei der vertiefung vielmehr um einen gebäudebestandteil und bei den fundamenten für die werbeanlage um eine außenanlage handele. 14insbesondere die aussage in § 68 abs. 2 satz 1 nr. 2 des bewertungsgesetzes (bewg), dass mit einer „betriebsvorrichtung“ das gewerbe unmittelbar betrieben werden müsse, zeige, dass die werbeanlage keine betriebsvorrichtung sei, da sie nicht für den betrieb des gewerbes durch die q-gmbh erforderlich sei. eine werbeanlage sei eine reine maßnahme der außendarstellung. der eigentliche betrieb könne auch ohne deren vorhandensein betrieben werden. 15ebenso stelle die im rahmen ihres umbaus in die bodenplatte eingelassene vertiefung keine betriebsvorrichtung, sondern einen gebäudebestandteil dar. für die abgrenzung zwischen gebäude (grundvermögen) und betriebsvorrichtung folge aus dem urteil des bundesfinanzhofs (bfh) vom 09.12.1998 (ii r 1/96), dass bauteile, die einen doppelten zweck erfüllten, stets zum grundvermögen zu rechnen seien. solche bauteile gehörten nicht im sinne des § 68 abs. 2 satz 2 bewg ausschließlich zu einer betriebsanlage. auch der hier strittigen vertiefung für den bremsenprüfstand komme zumindest eine doppelfunktion zu: auch wenn der einbau der vertiefung erfolgt sei, damit die q-gmbh dort einen bremsenprüfstand habe einbauen können, trage sie doch auch zur gebäudeeigenschaft bei, indem sie teil der räumlichen umschließung sei. 16aus sicht des mieters erfüllten also weder die vertiefung noch die fundamente irgendeinen weiteren zweck, außer denjenigen der reinen grundstücks- bzw. gebäudenutzung. die q-gmbh könne jedenfalls weder durch die reine vertiefung noch die reinen fundamente ihr gewerbe betreiben. 17zu bedenken sei zudem, dass die vermietung der vertiefung nicht gegenstand des mietvertrags zwischen ihr und der q-gmbh gewesen sei, insbesondere kein gesondertes entgelt für die überlassung. nur in einer anlage zum mietvertrag sei vereinbart worden, dass – da aus baurechtlichen gründen zwingend notwendig – die klägerin die vertiefung einbaue. 18hinsichtlich der fundamente für die werbeanlage sei noch anzumerken, dass diese zwar in den mietverträgen angesprochen worden seien. tatsächlich seien aber die in rede stehende anlagen nie gebaut worden. 19selbst wenn es sich bereits bei der vertiefung für den bremsenprüfstand und den fundamenten für die werbeanlage tatsächlich um betriebsvorrichtungen handeln würde, wäre diese mitvermietung jedenfalls von so geringfügiger bedeutung, dass es außerhalb jeder verhältnismäßigkeit stände, wenn sie nur deswegen nicht die erweiterte kürzung beanspruchen könnte. es handele sich bei der vertiefung nur um eine 2,73 m x 0,88 m kleine fläche (von rund 45.000 qm gebäudefläche und rund 105.000 qm grundstücksfläche) bei 0,27 m tiefe. 20jedenfalls aber sei die vertiefung in der bodendecke – selbst wenn sie eine betriebsvorrichtung wäre – zwingend notwendiger teil einer sinnvoll gestalteten grundstücksnutzung. soweit der beklagte insoweit vortrage, dass man das gebäude wirtschaftlich auch anders als werkstatt hätte nutzen können, werde angemerkt, dass in dem fraglichen gebäude auch in den jahrzehnten zuvor eine werkstatt ansässig gewesen sei. es sei danach wirtschaftlich, dort die kundenseits bereits bekannte branche beizubehalten. 21die mieterin selbst hätte die vertiefung für den bremsenprüfstand zudem nicht selbst ausheben können, weil andernfalls in die statik eingegriffen worden wäre und die standsicherheit des gebäudes nicht mehr gegeben gewesen sei. dies habe folgenden hintergrund: die klägerin habe die errichtung der vertiefung seinerzeit im zuge einer gesamtbaumaßnahme vorgenommen: aus sicht des erdgeschosses handele es sich um eine vertiefung auf dem boden, aus sicht des kellers jedoch um eine solche an der decke. die kellerdecke habe neu gegossen werden müssen, weil die alte kellerdecke unter anderem durch marode fundamente nicht mehr tragfähig gewesen sei und einsturzgefahr der tragenden konstruktion bestanden habe. durch bergschäden seien nicht nur die außenwände leicht abgesenkt gewesen, sondern es hätten sich auch die wände derart gesenkt und waren bröckelig, dass die kellerdecke aus gründen der statik habe stabilisiert werden müssen. die alten kellerwände habe sie daher abreißen und die kellerdecke neu herstellen müssen. zur stabilisierung der kellerdecke sei ein stahlgeflecht eingezogen und neu einbetoniert worden. weiterhin seien stahlträgerkonstruktionen als trageelement der betondecke verbaut worden. die geschossdecke (kellerdecke) sei dabei an einer stelle abgesenkt worden, wodurch die hier streitige vertiefung entstanden sei. bei den verhandlungen mit der mietinteressentin q-gmbh sei ihr nämlich seinerzeit dargelegt worden, dass eine vorbereitung für die einbringung einer bremsenprüfanlage durch die mieterin (q-gmbh) als unabdingbare voraussetzung für einen vertrag zugrunde liegen müsse. ein mieter selbst hätte nach der genannten gesamtbaumaßnahme aber keine vertiefung mehr in den mit stahlgeflecht verstärkten beton einlassen können, da der boden zu fest gewesen sei. ferner hätte der mieter, wenn es ihm dennoch gelungen wäre, eine vertiefung anzulegen, die statik des gesamten gebäudes gefährdet, allein durch die erforderliche enorme krafteinwirkung. für den fall einer anderweitigen neuvermietung hätte die vertiefung dagegen innerhalb einer stunde mit magerbeton wieder geschlossen werden können. 22auch bezüglich der fundamente für die werbeanlage habe es keinen sinn gemacht, diese durch den jeweiligen mieter errichten zu lassen. die fundamente seien nicht erst im rahmen des einzugs der q-gmbh errichtet worden, sondern bereits weit vorher. alle fundamente auf dem grundstück seien fertig betoniert gewesen, bevor überhaupt der asphalt aufgetragen worden sei. es hätte also keinen sinn gemacht, wenn durch den jeweiligen neuen mieter immer wieder neue fundamente hätten errichtet werden müssen. 23wegen der weiteren einzelheiten wird auf die schriftsätze der klägerin vom 26.07.2019, 13.09.2019, 03.02.2020, 29.05.2020, 27.11.2020, 05.02.2021, 30.03.2021, 20.01.2022, 08.02.2022 und 09.02.2022 sowie auf die von ihr vorgelegten unterlagen verwiesen. 24ursprünglich hat die klägerin mit schriftsatz vom 13.09.2019 angekündigt zu beantragen, unter änderung der gewerbesteuermessbescheide für die jahre 2010 bis 2016 jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 die gewerbesteuermessbeträge jeweils auf 0,00 euro herabzusetzen (da die erweiterte kürzung gemäß § 9 nr. 1 satz 2 gewstg zu gewähren sei), sowie unter änderung der bescheide über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen der jahre 2010 bis 2014 jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 die einnahmen aus der vermietung von grundstücksteilen an die d-gmbh bzw. an herrn t. l. in höhe von 109.568,77 euro (2010), 114.567,57 euro (2011), 114.542,97 euro (2012), 114.561,38 euro (2013) und 114.561,38 euro (2014) ihrem beteiligten herrn h. v. nicht als einkünfte aus gewerbebetrieb gemäß § 15 abs. 1 nr. 2 des einkommensteuergesetzes (estg) (vorabgewinn) zuzurechnen. 25nachdem die klägerin im laufe der mündlichen verhandlung von ihrem zweiten klagebegehren abstand genommen hat, beantragt sie nunmehr, 261. unter änderung der gewerbesteuermessbescheide für die jahre 2010 bis 2016 jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 die gewerbesteuermessbeträge für die jahre 2010 bis 2016 jeweils mit der maßgabe festzusetzen, dass die erweitere kürzung nach § 9 nr. 1 satz 2 gewstg anerkannt wird, 272. die bescheide über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen für die jahre 2010 bis 2014 jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 entsprechend zu ändern, 283. hilfsweise die revision zuzulassen. 29der beklagte beantragt, 30die klage abzuweisen, 31hilfsweise die revision zuzulassen. 32er ist weiterhin der auffassung, dass die erweiterte kürzung nach§ 9 nr. 1 satz 2 gewstg nicht zu gewähren sei. seiner auffassung nach erziele die klägerin auch erträge, die nicht auf die nutzung und verwaltung von grundbesitz im bewertungsrechtlichen sinne zurückzuführen seien. der umfang des grundbesitzes ergebe sich aus § 68 bewg. danach gehörten hierzu unter anderem der grund und boden, die gebäude, die sonstigen bestandteile und das zubehör, nicht aber maschinen und sonstige vorrichtungen aller art, die zu einer betriebsanlage gehören (betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche bestandteile des grundstücks seien. dabei ergebe sich aus dem gesetzlichen erfordernis der zugehörigkeit „zu einer betriebsanlage“, dass der begriff der betriebsvorrichtung gegenstände voraussetze, durch die der gewerbebetrieb unmittelbar betrieben werde. für die abgrenzung zwischen gebäudebestandteilen und betriebsvorrichtungen komme es darauf an, ob die vorrichtung im rahmen der allgemeinen nutzung des gebäudes erforderlich sei, oder ob sie unmittelbar der ausübung des gewerbes diene. außerdem komme es darauf an, ob sie der benutzung des gebäudes ohne rücksicht auf den gegenwärtig ausgeübten betrieb diene oder ob sie in einer besonderen beziehung zu dem betrieb stehe. 33ausgehend hiervon handele es sich bei der vertiefung und bei den fundamenten für die werbeanlage um betriebsvorrichtungen. 34die vertiefung sei eine vorrichtung für die bremsenprüfanlage und somit zu einer betriebsanlage gehörend, mit der das gewerbe der mieterin (q-gmbh) unmittelbar betrieben werde. sie sei ausschließlich für die bremsenprüfanlage geschaffen worden und bilde mit der in ihr eingebauten bremsenprüfanlage eine einheit. beide bedingten sich gegenseitig. die bremsenprüfanlage selbst stehe in einer engen beziehung zum ausgeübten gewerbebetrieb und habe eine ähnliche funktion wie eine maschine. die mieterin habe eine kfz-werkstatt und führe bremsenprüfungen durch. der gewerbetrieb werde daher unter anderem unmittelbar mit der bremsenprüfanlage betrieben. die vertiefung selbst sei gerade auf die besonderen anforderungen einer kfz-werkstatt zugeschnitten. sie diene damit dem betrieb. sie sei bereits von der klägerin auf die erfordernisse eines kfz-betriebs zugeschnitten worden. ihre gewerbliche nutzung sei mithin bereits in der sphäre der klägerin angelegt worden und nicht erst in der sphäre der mieterin. 35ebenso gehörten die fundamente für die werbeanlage nicht zur erforderlichen gebäudenutzung, sondern seien als teil einer vorrichtung für das gewerbe der mieter anzusehen. 36die erweiterte kürzung nach § 9 nr. 1 satz 2 gewstg sei zudem durch das erfordernis der ausschließlichkeit tatbestandlich begrenzt. nur nebentätigkeiten seien nicht kürzungsschädlich, wenn sie der verwaltung und nutzung eigenen grundbesitzes i.e.s. dienten und als zwingend notwendiger teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden könnten. die überlassung der vertiefung und der fundamente fielen seiner ansicht nach nicht hierunter. die bremsenprüfanlage und die werbeanlage seien für eine sinnvolle grundstücksnutzung nicht zwingend erforderlich gewesen. die klägerin hätte auch an einen anderen mieter mit einem anderen gewerbe vermieten können, der keine vertiefung für eine bremsenprüfanlage oder fundamente für eine werbeanlage benötigt. sie habe nicht nachgewiesen, dass eine vermietung dieses teils des grundstücks an die q-gmbh ohne die betriebsvorrichtungen bzw. an einen anderen mieter nicht zu wirtschaftlichen konditionen möglich gewesen sei. eine wirtschaftlich sinnvolle nutzung sei durchaus auch ohne eine entsprechende anlage und die dazugehörigen betriebsvorrichtungen realisierbar gewesen. 37§ 9 nr. 1 satz 2 gewstg ließe daneben aber auch keinen raum für eine allgemeine bagatellgrenze. eine allgemeine geringfügigkeitsgrenze dergestalt, dass die überlassung von betriebsvorrichtungen der erweiterten kürzung nicht entgegenstehe, wenn die betriebsvorrichtungen gegenüber dem grundvermögen von geringem wert seien oder auf sie nur ein geringer teil der miete oder pacht entfalle, komme aufgrund des dem gesetzeswortlaut zu entnehmenden strengen ausschließlichkeitsgebots nicht in betracht. 38wegen der weiteren einzelheiten des vorbringens des beklagten wird auf die schriftsätze vom 26.09.2019, 10.02.2020, 15.06.2020, 15.02.2021, 26.01.2022 und den telefonvermerk vom 09.02.2022 verwiesen. 39am 05.03.2021 hat vor dem damaligen berichterstatter des senats ein erörterungstermin stattgefunden. wegen der einzelheiten wird auf das protokoll dieses erörterungstermins nebst den damals von der klägerin zu den akten gereichten unterlagen verwiesen. 40hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf die gerichtsakte sowie auf die von dem beklagten vorgelegten steuerakten verwiesen. 41der senat hat am 11.02.2022 mündlich verhandelt. auf die sitzungsniederschrift wird bezug genommen. 42 | 43i. die klage ist begründet. 44die gewerbesteuermessbescheide für die jahre 2010 bis 2016 sowie die bescheide über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen für die jahre 2010 bis 2014 jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 27.06.2019 sind rechtswidrig (§ 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung – fgo). 45der beklagte hat die von der klägerin beantragte erweiterte kürzung des gewinns und der hinzurechnungen zu unrecht abgelehnt. 46gemäß § 9 nr. 1 satz 1 gewstg wird die summe des gewinns und der hinzurechnungen um 1,2 % des einheitswerts des zum betriebsvermögen des unternehmers gehörenden grundbesitzes gekürzt (sog. einfache kürzung). an stelle der kürzung nach satz 1 tritt nach § 9 nr. 1 satz 2 gewstg auf antrag bei unternehmen, die ausschließlich eigenen grundbesitz oder neben eigenem grundbesitz eigenes kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben wohnungsbauten betreuen oder einfamilienhäuser, zweifamilienhäuser oder eigentumswohnungen errichten und veräußern, die kürzung um den teil des gewerbeertrags, der auf die verwaltung und nutzung des eigenen grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte kürzung). zweck der erweiterten kürzung ist es, die erträge aus der bloßen verwaltung und nutzung eigenen grundbesitzes von der gewerbesteuer aus gründen der gleichbehandlung mit steuerpflichtigen, die nur grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen (beschluss des großen senats des bfh vom 25.09.2018 – grs 2/16, bfhe 263, 225, m.w.n.). 47eigener grundbesitz i.s. des § 9 nr. 1 satz 2 gewstg ist der zum betriebsvermögen des unternehmers gehörende grundbesitz (beschluss des großen senats des bfh vom 25.09.2018 – grs 2/16, bfhe 263, 225, m.w.n.). dieser wird verwaltet und genutzt, wenn er zum zweck der fruchtziehung aus zu erhaltender substanz eingesetzt wird, etwa durch vermietung und verpachtung (bfh-urteil vom 14.07.2016 – iv r 34/13, bfhe 255, 12, m.w.n.). die neben der vermögensverwaltung des grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten tätigkeiten sind in § 9 nr. 1 sätze 2 und 3 gewstg abschließend aufgezählt (bfh-urteil vom 14.06.2005 – viii r 3/03, bfhe 210, 38). 48darüber hinaus können nach ständiger rechtsprechung auch nebentätigkeiten unter bestimmten voraussetzungen innerhalb des von dem ausschließlichkeitsgebot des§ 9 nr. 1 satz 2 gewstg gezogenen rahmens liegen (bfh, urteil vom 22.10.2020 – iv r 4/19, bfhe 270, 529). die von § 9 nr. 1 satz 2 gewstg geforderte ausschließliche verwaltung und nutzung eigenen grundbesitzes bedeutet zwar, dass grundsätzlich nur die begünstigte tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen grundbesitz handeln muss. nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des von dem ausschließlichkeitsgebot gezogenen rahmens und sind ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der verwaltung und nutzung eigenen grundbesitzes im engeren sinn dienen und als zwingend notwendiger teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können (ständige rechtsprechung, z.b. bfh, urteile vom 11.04.2019 – iii r 36/15, bfhe 264, 470 und vom 22.10.2020 – iv r 4/19, bfhe 270, 529). ist der umfang einer solchen tätigkeit gering, kommt es nicht zur versagung der erweiterten kürzung wegen verstoßes gegen das ausschließlichkeitsgebot (bfh, urteil vom 22.10.2020 – iv r 4/19, bfhe 270, 529, m.w.n.). 49ausgehend hiervon nutzt und verwaltet die klägerin in diesem sinne ausschließlich eigenen grundbesitz. soweit sie nebentätigkeiten ausgeübt hat, sind diese jedenfalls nicht begünstigungsschädlich. 501. die von der gkbp ursprünglich als schädlich angesehenen nebentätigkeiten der klägerin hinsichtlich der organisation etc. des „i-centers“ stellen – nach der entscheidung des bfh vom 14.07.2016 (iv r 34/13, bfhe 255, 12) – keinen weiteren streitpunkt mehr zwischen den beteiligten dar. 512. mit ihrem mit der q-gmbh geschlossenen vertrag hat die klägerin darüber hinaus nur grundbesitz im sinne des § 9 nr. 1 satz 2 gewstg genutzt und verwaltet. denn sowohl die vertiefung als auch die fundamente gehören zum eigenen grundbesitz der klägerin. 52der in § 9 nr. 1 satz 2 gewstg verwendete begriff des grundbesitzes ist ebenso wie in satz 1 dieser bestimmung im gegenüber dem einkommensteuerrecht engeren bewertungsrechtlichen sinne zu verstehen (ständige rechtsprechung, z.b. bfh-urteil vom 18.12.2019 – iii r 36/17, bfhe 267, 406, m.w.n.). dies beruht auf dem zweck des § 9 nr. 1 gewstg, die doppelbelastung von grundbesitz mit realsteuern (gewerbesteuer und grundsteuer) zu vermeiden. bei erträgen, die nicht auf die nutzung und verwaltung von grundbesitz im bewertungsrechtlichen sinne zurückzuführen sind, ist eine doppelbelastung durch grundsteuer und gewerbesteuer nicht zu befürchten (bfh, urteil vom 18.12.2019 – iii r 36/17, bfhe 267, 406, m.w.n.). 53der umfang des grundvermögens ergibt sich aus § 68 bewg (bfh, urteil vom 18.12.2019 – iii r 36/17, bfhe 267, 406, m.w.n.). danach gehören zum grundvermögen unter anderem der grund und boden, die gebäude, die sonstigen bestandteile und das zubehör (§ 68 abs. 1 nr. 1 bewg), nicht aber maschinen und sonstige vorrichtungen aller art, die zu einer betriebsanlage gehören (betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche bestandteile sind (§ 68 abs. 2 satz 1 nr. 2 bewg). 54aus dem gesetzlichen erfordernis der zugehörigkeit „zu einer betriebsanlage“ ergibt sich, dass der begriff der betriebsvorrichtung gegenstände voraussetzt, durch die das gewerbe unmittelbar betrieben wird. zwischen der betriebsvorrichtung und dem betriebsablauf muss ein ähnlich enger zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei maschinen gegeben ist. dagegen reicht es nicht aus, wenn eine anlage für einen betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. entscheidend ist, ob die gegenstände von ihrer funktion her unmittelbar zur ausübung des gewerbes genutzt werden (bfh, urteil vom 18.12.2019 – iii r 36/17, bfhe 267, 406, m.w.n.). für die abgrenzung zwischen gebäudebestandteilen und betriebsvorrichtungen kommt es deshalb darauf an, ob die vorrichtung im rahmen der allgemeinen nutzung des gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der ausübung des gewerbes dient (bfh, urteil vom 18.12.2019 – iii r 36/17, bfhe 267, 406, m.w.n.). die zivilrechtliche einordnung eines gegenstands als wesentlicher gebäudebestandteil schließt das vorliegen einer betriebsvorrichtung i.s. des§ 68 abs. 2 satz 1 nr. 2 bewg nicht aus (bfh, urteil vom 18.12.2019 – iii r 36/17, bfhe 267, 406, m.w.n.). 55ausgehend hiervon gehören die vertiefung und die fundamente zum grundbesitz gemäß § 68 bewg und stellen insbesondere keine betriebsvorrichtungen dar. 56a) denn die vertiefung ist ebenso wie etwa eine flächenerweiterung zur seite oder im deckenbereich kein gegenstand als solcher, sondern lediglich ein gestaltungsmerkmal eines gebäudes. 57zwar hat der bfh in seinem urteil vom 18.12.2019 (iii r 36/17, bfhe 267, 406, sog. „tankstellen-urteil“) angenommen, dass es sich bei den zapfsäulen, rohrleitungen und tanks sowie insbesondere bei der bodenbefestigung einer tankstelle um betriebsvorrichtungen der tankstelle handele. gegenstand des betriebs einer tankstelle sei es unter anderem die tankstellenkunden mit treibstoffen wie benzin und diesel in unterschiedlichen treibstoffqualitäten zu versorgen. insoweit würden die tanks, rohrleitungen und zapfsäulen unmittelbar zur durchführung des tankvorgangs genutzt und dienten damit auch unmittelbar der ausübung des gewerbes. gleiches gelte für die bodenbefestigung im tankbereich. die rechtsprechung erkenne zwar an, dass wege- und platzbefestigungen der allgemeinen erschließung des grundstücks und dem zugang zum gebäude dienen und sie insoweit keine unmittelbar den betriebsablauf betreffende funktion erfüllen. dabei werde es zwar nicht als ausreichend für die qualifikation als betriebsvorrichtung angesehen, wenn die zu- und abfahrten mittelbar dem betrieb dienen. dies gelte jedoch nicht, wenn die wege- und platzbefestigungen „zu einer betriebsanlage“ gehören. dies sei hier der fall, da die bodenbefestigung zur tankanlage gehört. sie stehe bereits räumlich im zusammenhang mit der tankanlage und bilde auch funktionell eine einheit mit der tankanlage, wenn hier die wesentlichen betriebsvorgänge der tankstelle, nämlich einerseits das befüllen der tanks durch entsprechende tanklastzüge des treibstofflieferanten und andererseits die betankung der kundenfahrzeuge stattfinden. insoweit unterscheide sich die bodenbefestigung im tankbereich durch ihre besondere betriebliche ausgestaltung und zweckbestimmung von sonstigen boden- oder hofbefestigungen zum allgemeinen personenzugang und zur allgemeinen befahrbarkeit. 58im unterschied zu der bodenbefestigung einer tankstelle erfüllt die hier streitige vertiefung – außer ihrer lage im raum – aber keine spezielle funktion für den bremsenprüfstand und darauf aufbauend für die kfz-werkstatt. der eigentliche betrieb einer kfz-werkstatt wäre – im gegensatz zu dem betrieb einer tankstelle ohne spezielle bodenbefestigung – auch ohne eine entsprechende vertiefung im boden durchführbar, eben durch eine mobile bremsenprüfanlage. die vertiefung hatte einzig den zweck, dass die später an dieser stelle eingebaute bremsenprüfanlage ebenerdig befahrbar werden konnte und die notwendigkeit einer ansonsten mobilen bremsenprüfanlage entfiel. allein durch die vertiefung konnte die kfz-werkstatt aber nicht „unmittelbar“ betrieben werden, sondern allenfalls mittelbar im zusammenhang mit der auf ihr errichteten bremsenprüfanlage. 59im unterschied zu dem von dem beklagten angesprochenen „kühlraum“ handelt es sich bei der vertiefung auch nicht um einen mit bestimmter technik ausgestatteten raum. der kühlraum für sich erfüllt bereits eine betriebliche funktion, indem unmittelbar mit ihm – etwa wie mit einem kühlschrank – verderbliche waren geschützt werden. im gegensatz hierzu erfüllt die vertiefung an sich keine unmittelbare funktion für einen (kfz-)betrieb. 60der senat ist außerdem davon überzeugt, dass die vertiefung – anders als der beklagte augenscheinlich meint – gerade nicht der „verankerung“ der bremsenprüfanlage dient, sondern allenfalls dazu geschaffen ist, damit an dieser stelle eine ebenerdig befahrbare bremsenprüfanlage aufgestellt werden kann. 61b) auch bei den fundamenten für die werbeanlage handelt es sich nach der überzeugung des senats um keine betriebsvorrichtungen. denn auch ohne entsprechende fundamente für eine werbeanlage kann eine kfz-werkstatt grundsätzlich betrieben werden. durch die fundamente wird sie jedenfalls nicht unmittelbar betrieben. soweit der beklagte diesbezüglich auf die kommentar-fundstelle stenger/loose,§ 68 bewg, rn. 95 verweist, wonach einzelfundamente für maschinen stets betriebsvorrichtungen seien, ist anzumerken, dass es sich bei einer werbeanlage jedenfalls um keine maschine handelt. 623. unabhängig davon – selbst wenn die vertiefung und die fundamente betriebsvorrichtungen darstellen würden – wären sie im streitfall jedenfalls ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich. 63zwar ist dem beklagten zuzugestehen, dass im vorliegenden fall an keiner stelle in den mietverträgen die überlassung von betriebsvorrichtungen ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. allerdings ist auch an keiner stelle in den mietverträgen eine mitvermietung von betriebsvorrichtungen ausdrücklich vereinbart worden, sodass der senat bereits nicht davon überzeugt ist, dass eine mitvermietung (gegen entgelt) stattgefunden hat. 64selbst wenn die vertiefung und die fundamente als betriebsvorrichtungen mitvermietet worden wären, wäre eine solche mitvermietung aber jedenfalls als zwingend notwendiger teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten nutzung des an die q-gmbh vermieteten grundstückteils anzusehen. 65denn der an die q-gmbh vermietete grundstücksteil konnte wirtschaftlich sinnvoll nur durch mitvermietung der auf diesem grundstück befindlichen vertiefung und fundamente genutzt werden. die errichtung der vertiefung und der fundamente durch den (jeweiligen) mieter wäre nämlich bei wirtschaftlicher betrachtung nicht möglich gewesen. die errichtung der vertiefung spielte bei der ohnehin von der klägerin als eigentümerin des grundstücks vorgenommenen gesamtbaumaßnahme eine nur untergeordnete rolle. der jeweilige mieter hätte dagegen einen gravierenden eingriff in die gebäudesubstanz vornehmen müssen. selbst wenn – gemäß des vortrags der klägerin im erörterungstermin – ein mobiler bremsenprüfstand außerhalb der halle denkbar gewesen wäre, wäre dies nur auf kosten von fünf parkplätzen möglich und damit wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen. gleiches gilt für die fundamente für die werbeanlage, da sie bereits vorhanden waren, bevor der asphalt aufgetragen worden ist. es wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen, wenn immer der jeweilige mieter den asphalt hätte aufbrechen müssen. 66der senat steht – wie bereits der 8. senat des finanzgerichts münster in seinem urteil vom 06.12.2018 (8 k 3685/17 g, efg 2019, 373) – überdies auf dem standpunkt, dass mit der formulierung, dass die nebentätigkeit als teil einer wirtschaftlich sinnvollen grundstücksnutzung „angesehen werden kann“, ein – wenngleich angesichts der gebotenen restriktiven auslegung des § 9 nr. 1 satz 2 gewstg begrenzter – unternehmerischer beurteilungsspielraum angedeutet ist und es insofern nicht darauf ankommt, ob die nebentätigkeit die einzig denkbare oder im vergleich zu sämtlichen alternativen die wirtschaftlich sinnvollste grundstücksnutzung ist. insofern sind maßnahmen, die – wie im streitfall die überlassung der vertiefung und derfundamente – in rechtlich und wirtschaftlich engem zusammenhang mit dem grundbesitz stehen und dazu dienen, die wirtschaftliche nutzung des grundbesitzes mit seinen besonderheiten zu ermöglichen und von naheliegenden risiken freizuhalten, als unternehmerisch sinnvolle entscheidung der verwaltung des eigenen grundbesitzes zuzurechnen. 67ii. die kostenentscheidung beruht auf § 136 abs. 1 satz 1 fgo. soweit die klägerin ihr ursprüngliches klagebegehren aufgegeben hat, hat sie sich in die rolle des unterlegenen begeben. insoweit hat sie die kosten des verfahrens zu tragen. 68iii. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. 69iv. gründe für die zulassung der revision nach § 115 abs. 2 fgo liegen nicht vor. insbesondere hat die rechtssache (subsumtion unter den begriff der „betriebsvorrichtung“) keine grundsätzliche bedeutung. auch erfordert die fortbildung des rechts oder 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} | 5 O 313/19 | 2022-02-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte beziehungsweise ihrer Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte beziehungsweise ihre Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen der behaupteten Beschädigung seines Fahrzeuges durch ein umgefallenes Verkehrsschild. 3Am Sonntag, dem 10.03.2019, parkte das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X-XX 0000 vor dem Wohnhaus des Klägers in einer Parktasche. Etwa an dieser Stelle hatte die Firma TC GmbH, der der Streit verkündet worden ist, zwischen dem 07.02. und 13.02.2019 in den Wochen zuvor Arbeiten auf der Fahrbahn der Mstraße durchführen lassen. Im Zuge dieser Maßnahme plante dieses Unternehmen selbst das Aufstellen von Verkehrsschildern, veranlasste die Aufstellung und deren Entfernung. 4Am 10.03.2019 herrschte in Köln ein Sturm mit der Windstärke 11. 5Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.05.2019 wurde die Beklagte erfolglos unter Fristsetzung zum 29.05.2019 zur Begleichung des Schadenbetrages aufgefordert. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 24.05.2019 eine Regulierung ab. 6Der Kläger behauptet, Halter und Eigentümer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X-XXX 0000 zu sein. 7Am 10.03.2019 sei dieses Fahrzeug durch ein umgefallenes Baustellenschild (Zeichen 123) beschädigt worden. Dieses Schild sei nach Abschluss der Bauarbeiten und völliger Wiederherstellung an der Fahrbahn verblieben. 8Der Kläger behauptet, dieses Schild sei mit Beginn der durch die Beklagte veranlassten Bauarbeiten auf der Mstraße , Höhe Grünanlage N, vor dem durch den Kläger bewohnten Haus aufgestellt worden. 9Er ist der Auffassung, die Streitverkündete habe als Verwaltungshelferin gehandelt. Sie sei von der Beklagten beauftragt worden, an der Unfallstelle Bauarbeiten vorzunehmen und entsprechende Verkehrsschilder aufzustellen. 10Das Schild sei erst auf Veranlassung des Zeugen D, Mitarbeiter des Rechts- und Versicherungsamtes der Beklagten, nach dem Unfall entfernt worden. Das Vergessen des Schildes stelle einen eklatanten Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflichten dar. 11Bereits die Art der Beschädigung und die Form der Farbspur auf dem klägerischen Fahrzeug, ein bogenförmiger Kreisausschnitt, zeigten, dass die Beschädigung durch das umgefallene Schild entstanden sei. Die Spur beschreibe einen Bogen, der mit der Höhe des Verkehrsschildes korrespondiere. Auch die Farbe der Beschädigungsspur (weiß) lasse auf das Schild schließen, da das Zeichen um das rote Dreieck herum noch einen weißen Streifen habe. 12An der Fahrerseite des PKW des Klägers sei eine tiefe Schramme ausgehend vom Dach über das Seitenfenster bis unten an das Fahrzeug entstanden. Es sei ein Schaden in Höhe von 3.398,38 € entstanden (Reparaturkosten von 2.260,36 € und Gutachterkosten von 638,55 €). Zuzüglich stehe dem Kläger eine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € zu. 13Das Schild sei nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen. Es sei kein Fußplattenträger zur Fixierung der Fußplatten benutzt worden. Es seien lediglich zwei Fußplatten lose übereinander gestapelt worden, durch welche dann das Schaftrohr, an dem das Verkehrsschild befestigt gewesen sei, durchgeführt worden sei. 14Der Kläger beantragt, 15die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.398,38 € nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.05.2019 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 € zu zahlen. 16Die Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Die Streithelferin schließt sich dem Antrag der Beklagten an. 19Die Beklagte meint, die vom Kläger beschriebene Lage des Schildes spreche gegen die Verursachung, denn das Schild habe offenbar vor dem Fahrzeug unmittelbar am Straßenrand gestanden und sei auf die Straße geschleudert worden. Genauso gut hätte das Fahrzeug auch durch andere umherwehende Gegenstände beschädigt werden können. 20Die Beklagte behauptet, die Streitverkündete habe nach Abschluss der Arbeiten sämtliche Schilder beseitigt. 21Der Kläger müsse sich zudem an die Streitverkündete, die Firma TC GmbH halten. 22Die Befestigung des Schildes mit zwei Fußplatten sei üblich und nicht zu beanstanden. Aus der ZTV-SA (Anlage B1) gehe hervor, dass das dreieckige Schild in der Standsicherheitsklasse K2 einzustufen sei. Dieses könne entweder durch zwei aufeinanderliegende oder zwei parallelliegende Fußplatten gesichert werden. 23Bei der letzten Straßenbegehung am 07.02.2019 um 12:16 Uhr und 12:19 Uhr hätten sich an der streitgegenständlichen Stelle keinerlei Auffälligkeiten ergeben. 24Den Kläger treffe ein Mitverschulden, weil er zu nah am Verkehrsschild geparkt habe und sich die Wetterlage vor dem Schadensereignis angekündigt habe. 25Die Streitverkündete behauptet, alle aufgestellten Verkehrsschilder ordnungsgemäß aufgestellt und sämtlich ordnungsgemäß nach Abschluss der Arbeiten wieder entfernt zu haben. Die Streitverkündete habe zum streitgegenständlichen Zeitpunkt des Unfalls über insgesamt acht Verkehrsschilder mit dem streitgegenständlichen Baustellensymbol verfügt. Der Geschäftsführer der Streitverkündeten habe diese zum Zwecke der Identifikation auf der Rückseite mit einem auf die Firma der Streitverkündeten hindeutenden Aufkleber mit der Aufschrift „TC GmbH“ versehen. Der Geschäftsführer der Streitverkündeten habe seinen Bestand an Verkehrsschildern nach Abschluss der Arbeiten überprüft und hierbei keinerlei Fehlbestand festgestellt. 26Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I und L sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Bekundungen der Zeugen (Bl. 188 ff. d.A.) sowie auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T1 vom 12.02.2021 (Bl. 263 ff. d.A.), das Ergänzungsgutachten vom 27.07.2021 (Bl. 344 ff. d.A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2022 verwiesen. Entscheidungsgründe: 27Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus § 839 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 34 GG, ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die Beklagte schuldhaft eine ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. 28Der Kläger hat durch Vorlage der Rechnung über das beschädigte Fahrzeug (Anlage K5) zwar seine Aktivlegitimation nachgewiesen. Ein Anspruch scheitert aber jedenfalls daran, dass das Gericht eine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nicht feststellen konnte. Der Sachverständige Dipl.-Ing. T1 hat ausgeführt, Verkehrszeichen müssten eine festgesetzte Windlast aufnehmen, bevor sie umfallen dürften. Gemäß ZTV-SA, 6.2.4 seien für den Innerortsbereich 0,25 kN/Quadratmeter vorgeschrieben. Das streitgegenständliche Schild habe eine Fläche von 0,35 m² und sei etwa 2,00 m hoch. Die Windlast wirke anteilig auf das Schild ein und werde durch die Hebelwirkung des Schaftrohres verstärkt. Folglich ergebe sich bei einer angenommenen Windlast von 0,25 kN/Quadratmeter ein Kippmoment von gerundet 200 kNm. In den ZTV-SA für die Ausstellvorrichtungen der Verkehrszeichen seien sogenannte Standsicherheitsklassen K1-K9 festgelegt. Diese würden aufgrund der Schilderfläche und der Höhe über der Aufstellfläche bestimmt. In den TL-Aufstellvorrichtungen 97 seien der Standsicherheit und den verschiedenen Sicherheitsklassen die entsprechenden Prüfkräfte zugewiesen, die in Höhe von 1,00 m auf die Aufstellvorrichtungen aufzubringen seien. Da es sich bei dem streitgegenständlichen Schild um ein Dreieck handele, welches auch eine Aufstellhöhe von mehr als 1,50 m habe, seien demnach zwei Fußplatten vorgesehen. Unstreitig war das streitgegenständliche Schild mit zwei Fußplatten gesichert. Wenn aber die Windgeschwindigkeit 32,7 m/s betrage – dies beschreibe die mittlere Windgeschwindigkeit der Windstärke 12 – wirke, so der Sachverständige, ein Drehmoment von 508,5 Nm. Das Schild kippe dann trotz ordnungsgemäßer Sicherung um. Das Schild wäre den technischen Normen entsprechend nur bis zur Windstärke 8 nicht umgefallen. Auf die tatsächliche Windstärke am Schadenstag komme es daher nicht an. 29Auch hat der Sachverständige aus den Lichtbildern die Schlussfolgerung gezogen, dass die Ausrichtung des Schildes korrekt war, weil die Längsseiten der Fußplatten im 90° Winkel zum angebrachten Verkehrszeichen gestanden hätten. 30Der Sachverständige hat des Weiteren erläutert, dass aus einer veränderten Stellung beziehungsweise Aufstellung sich nur eine marginal veränderte Windwirkung auf das Schild ableiten lasse. Aus dem Schadensbild am Fahrzeug schließt der Sachverständige, dass der Fuß des aufgestellten Schildes weitestgehend parallel zur Fahrbahn beziehungsweise der Bordsteinkante aufgestellt gewesen sei. Ansonsten wäre ein Kontakt der unteren rechten Kante des Schildes mit dem Fahrzeug in Höhe der B-Säule nicht möglich gewesen. Eine Neigung der Parkfläche zur Fahrbahn hin ziehe eine Neigung des Schildes im oberen Bereich ebenfalls zur Fahrbahn hin nach sich. Die abschüssige Aufstellfläche begünstige eher, dass das Schild keinen Kontakt mit dem Fahrzeug habe. Im Übrigen wäre das Schild, wie bereits ausgeführt, aufgrund der Windgeschwindigkeit auch auf einer ebenen Fläche umgekippt. 31Das Gericht schließt sich diesen nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen nach eigener kritischer Würdigung umfänglich an. Der Sachverständige hat die technischen Normen erläutert und nach eigenen Berechnungen ermittelt, welche Sicherung für das Schild vorgesehen ist. 32Da vorliegend demnach keine Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde, kann dahinstehen ob die Beklagte überhaupt passivlegitimiert war, weil die Streitverkündete als ihre Verwaltungshelferin tätig wurde, und wer das Schild überhaupt aufgestellt hat. 33Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 1. Hs. ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 34Der Streitwert wird auf 3.398,38 EUR festgesetzt. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des rechtsstreits einschließlich der kosten der nebenintervention. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch die beklagte beziehungsweise ihrer streithelferin gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte beziehungsweise ihre streithelferin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger begehrt von der beklagten schadensersatz wegen der behaupteten beschädigung seines fahrzeuges durch ein umgefallenes verkehrsschild. 3am sonntag, dem 10.03.2019, parkte das fahrzeug mit dem amtlichen kennzeichen x-xx 0000 vor dem wohnhaus des klägers in einer parktasche. etwa an dieser stelle hatte die firma tc gmbh, der der streit verkündet worden ist, zwischen dem 07.02. und 13.02.2019 in den wochen zuvor arbeiten auf der fahrbahn der mstraße durchführen lassen. im zuge dieser maßnahme plante dieses unternehmen selbst das aufstellen von verkehrsschildern, veranlasste die aufstellung und deren entfernung. 4am 10.03.2019 herrschte in köln ein sturm mit der windstärke 11. 5mit anwaltlichem schreiben vom 16.05.2019 wurde die beklagte erfolglos unter fristsetzung zum 29.05.2019 zur begleichung des schadenbetrages aufgefordert. die beklagte lehnte mit schreiben vom 24.05.2019 eine regulierung ab. 6der kläger behauptet, halter und eigentümer des pkw mit dem amtlichen kennzeichen x-xxx 0000 zu sein. 7am 10.03.2019 sei dieses fahrzeug durch ein umgefallenes baustellenschild (zeichen 123) beschädigt worden. dieses schild sei nach abschluss der bauarbeiten und völliger wiederherstellung an der fahrbahn verblieben. 8der kläger behauptet, dieses schild sei mit beginn der durch die beklagte veranlassten bauarbeiten auf der mstraße , höhe grünanlage n, vor dem durch den kläger bewohnten haus aufgestellt worden. 9er ist der auffassung, die streitverkündete habe als verwaltungshelferin gehandelt. sie sei von der beklagten beauftragt worden, an der unfallstelle bauarbeiten vorzunehmen und entsprechende verkehrsschilder aufzustellen. 10das schild sei erst auf veranlassung des zeugen d, mitarbeiter des rechts- und versicherungsamtes der beklagten, nach dem unfall entfernt worden. das vergessen des schildes stelle einen eklatanten verstoß gegen die verkehrssicherungspflichten dar. 11bereits die art der beschädigung und die form der farbspur auf dem klägerischen fahrzeug, ein bogenförmiger kreisausschnitt, zeigten, dass die beschädigung durch das umgefallene schild entstanden sei. die spur beschreibe einen bogen, der mit der höhe des verkehrsschildes korrespondiere. auch die farbe der beschädigungsspur (weiß) lasse auf das schild schließen, da das zeichen um das rote dreieck herum noch einen weißen streifen habe. 12an der fahrerseite des pkw des klägers sei eine tiefe schramme ausgehend vom dach über das seitenfenster bis unten an das fahrzeug entstanden. es sei ein schaden in höhe von 3.398,38 € entstanden (reparaturkosten von 2.260,36 € und gutachterkosten von 638,55 €). zuzüglich stehe dem kläger eine kostenpauschale in höhe von 25,00 € zu. 13das schild sei nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen. es sei kein fußplattenträger zur fixierung der fußplatten benutzt worden. es seien lediglich zwei fußplatten lose übereinander gestapelt worden, durch welche dann das schaftrohr, an dem das verkehrsschild befestigt gewesen sei, durchgeführt worden sei. 14der kläger beantragt, 15die beklagte zu verurteilen, an den kläger 3.398,38 € nebst verzugszinsen hieraus in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz ab dem 30.05.2019 sowie außergerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 413,64 € zu zahlen. 16die beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18die streithelferin schließt sich dem antrag der beklagten an. 19die beklagte meint, die vom kläger beschriebene lage des schildes spreche gegen die verursachung, denn das schild habe offenbar vor dem fahrzeug unmittelbar am straßenrand gestanden und sei auf die straße geschleudert worden. genauso gut hätte das fahrzeug auch durch andere umherwehende gegenstände beschädigt werden können. 20die beklagte behauptet, die streitverkündete habe nach abschluss der arbeiten sämtliche schilder beseitigt. 21der kläger müsse sich zudem an die streitverkündete, die firma tc gmbh halten. 22die befestigung des schildes mit zwei fußplatten sei üblich und nicht zu beanstanden. aus der ztv-sa (anlage b1) gehe hervor, dass das dreieckige schild in der standsicherheitsklasse k2 einzustufen sei. dieses könne entweder durch zwei aufeinanderliegende oder zwei parallelliegende fußplatten gesichert werden. 23bei der letzten straßenbegehung am 07.02.2019 um 12:16 uhr und 12:19 uhr hätten sich an der streitgegenständlichen stelle keinerlei auffälligkeiten ergeben. 24den kläger treffe ein mitverschulden, weil er zu nah am verkehrsschild geparkt habe und sich die wetterlage vor dem schadensereignis angekündigt habe. 25die streitverkündete behauptet, alle aufgestellten verkehrsschilder ordnungsgemäß aufgestellt und sämtlich ordnungsgemäß nach abschluss der arbeiten wieder entfernt zu haben. die streitverkündete habe zum streitgegenständlichen zeitpunkt des unfalls über insgesamt acht verkehrsschilder mit dem streitgegenständlichen baustellensymbol verfügt. der geschäftsführer der streitverkündeten habe diese zum zwecke der identifikation auf der rückseite mit einem auf die firma der streitverkündeten hindeutenden aufkleber mit der aufschrift „tc gmbh“ versehen. der geschäftsführer der streitverkündeten habe seinen bestand an verkehrsschildern nach abschluss der arbeiten überprüft und hierbei keinerlei fehlbestand festgestellt. 26das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugen i und l sowie die einholung eines sachverständigengutachtens. bezüglich des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die schriftlichen bekundungen der zeugen (bl. 188 ff. d.a.) sowie auf das schriftliche gutachten des sachverständigen dipl.-ing. t1 vom 12.02.2021 (bl. 263 ff. d.a.), das ergänzungsgutachten vom 27.07.2021 (bl. 344 ff. d.a.) und das protokoll der mündlichen verhandlung vom 21.01.2022 verwiesen. | 27die zulässige klage ist nicht begründet. dem kläger steht unter keinem rechtlichen gesichtspunkt, insbesondere nicht aus § 839 abs. 1 in verbindung mit art. 34 gg, ein anspruch auf schadensersatz zu. der kläger hat nicht nachgewiesen, dass die beklagte schuldhaft eine ihr obliegende verkehrssicherungspflicht verletzt hat. 28der kläger hat durch vorlage der rechnung über das beschädigte fahrzeug (anlage k5) zwar seine aktivlegitimation nachgewiesen. ein anspruch scheitert aber jedenfalls daran, dass das gericht eine verletzung einer verkehrssicherungspflicht nicht feststellen konnte. der sachverständige dipl.-ing. t1 hat ausgeführt, verkehrszeichen müssten eine festgesetzte windlast aufnehmen, bevor sie umfallen dürften. gemäß ztv-sa, 6.2.4 seien für den innerortsbereich 0,25 kn/quadratmeter vorgeschrieben. das streitgegenständliche schild habe eine fläche von 0,35 m² und sei etwa 2,00 m hoch. die windlast wirke anteilig auf das schild ein und werde durch die hebelwirkung des schaftrohres verstärkt. folglich ergebe sich bei einer angenommenen windlast von 0,25 kn/quadratmeter ein kippmoment von gerundet 200 knm. in den ztv-sa für die ausstellvorrichtungen der verkehrszeichen seien sogenannte standsicherheitsklassen k1-k9 festgelegt. diese würden aufgrund der schilderfläche und der höhe über der aufstellfläche bestimmt. in den tl-aufstellvorrichtungen 97 seien der standsicherheit und den verschiedenen sicherheitsklassen die entsprechenden prüfkräfte zugewiesen, die in höhe von 1,00 m auf die aufstellvorrichtungen aufzubringen seien. da es sich bei dem streitgegenständlichen schild um ein dreieck handele, welches auch eine aufstellhöhe von mehr als 1,50 m habe, seien demnach zwei fußplatten vorgesehen. unstreitig war das streitgegenständliche schild mit zwei fußplatten gesichert. wenn aber die windgeschwindigkeit 32,7 m/s betrage – dies beschreibe die mittlere windgeschwindigkeit der windstärke 12 – wirke, so der sachverständige, ein drehmoment von 508,5 nm. das schild kippe dann trotz ordnungsgemäßer sicherung um. das schild wäre den technischen normen entsprechend nur bis zur windstärke 8 nicht umgefallen. auf die tatsächliche windstärke am schadenstag komme es daher nicht an. 29auch hat der sachverständige aus den lichtbildern die schlussfolgerung gezogen, dass die ausrichtung des schildes korrekt war, weil die längsseiten der fußplatten im 90° winkel zum angebrachten verkehrszeichen gestanden hätten. 30der sachverständige hat des weiteren erläutert, dass aus einer veränderten stellung beziehungsweise aufstellung sich nur eine marginal veränderte windwirkung auf das schild ableiten lasse. aus dem schadensbild am fahrzeug schließt der sachverständige, dass der fuß des aufgestellten schildes weitestgehend parallel zur fahrbahn beziehungsweise der bordsteinkante aufgestellt gewesen sei. ansonsten wäre ein kontakt der unteren rechten kante des schildes mit dem fahrzeug in höhe der b-säule nicht möglich gewesen. eine neigung der parkfläche zur fahrbahn hin ziehe eine neigung des schildes im oberen bereich ebenfalls zur fahrbahn hin nach sich. die abschüssige aufstellfläche begünstige eher, dass das schild keinen kontakt mit dem fahrzeug habe. im übrigen wäre das schild, wie bereits ausgeführt, aufgrund der windgeschwindigkeit auch auf einer ebenen fläche umgekippt. 31das gericht schließt sich diesen nachvollziehbaren und in sich schlüssigen ausführungen des sachverständigen nach eigener kritischer würdigung umfänglich an. der sachverständige hat die technischen normen erläutert und nach eigenen berechnungen ermittelt, welche sicherung für das schild vorgesehen ist. 32da vorliegend demnach keine verkehrssicherungspflicht verletzt wurde, kann dahinstehen ob die beklagte überhaupt passivlegitimiert war, weil die streitverkündete als ihre verwaltungshelferin tätig wurde, und wer das schild überhaupt aufgestellt hat. 33die kostenentscheidung beruht auf §§ 91 abs. 1, 101 abs. 1 1. hs. zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 34der streitwert wird auf 3.398,38 eur festgesetzt. |
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} | 5 K 6455/21 | 2022-02-09T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist ausweislich des Grundbuchs (Bl. 61 ff. Beiakte Heft 1) seit dem Jahre 2005 Eigentümerin des 509 m² großen, streitgegenständlichen Grundstücks mit der postalischen Bezeichnung „S.----straße 00“ in T. (Gemarkung I. , Flur 00, Flurstück 000), das sie von ihrer Mutter erworben hat. 3Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus und Garagen bebaut. 4Über das streitgegenständliche Grundstück verläuft ein Abschnitt des öffentlichen Mischwasserkanals, der im Jahre 1991 hergestellt worden ist [Bl. 59 Beiakte Heft 1 (= Schreiben der Beklagten vom 29. Juli 2020 an die Klägerin); Bl. 21 und 23 Beiakte Heft 1 (Baulasteintragung und Plan zur Baulast zugunsten des Flurstücks 000 vom 12. Dezember 1991); Bl. 11 Beiakte Heft 1 (Auszug aus dem GIS-Portal mit Kanaltrassen)]. 5Die über das Grundstück führende Trasse des Mischwasserkanals ist bislang im Grundbuch nicht gesichert (vgl. Schreiben der Stadt vom 29. Juli 2020 an die Klägerin – Bl. 59 Beiakte Heft 1). An den Mischwasserkanal ist das Grundstück aber mit dem im Gebäude anfallenden Schmutzwasser – nach den eigenen Angaben der Klägerin seit dem Jahre 1991 (vgl. Schreiben vom 20. Mai 2021 – Bl. 77 Beiakte Heft 1) – angeschlossen (vgl. Vermerk über den Ortstermin vom 15. Juli 2020 – Bl. 47 Beiakte Heft 1). 6Ferner hatte der damalige Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks im Jahre 1991 zugunsten des Nachbarflurstücks 000 die Baulast übernommen, die Verlegung, Nutzung und Wartung einer Entwässerungsleitung zu dulden [vgl. Bl. 21 bis 23 Beiakte Heft 1 (Baulasterklärung, Baulasteintragung und Plan zur Baulast zugunsten des Flurstücks 000 vom 12. Dezember 1991); ausweislich des zugehörigen Lageplanes betraf die Baulast eine Leitung, deren Trasse von dem Flurstück 000 über Teile des Flurstücks 000 hin zu dem auf diesem Flurstück bereits seinerzeit verlaufenden (Mischwasser-)Kanal führte. 7Das streitgegenständliche Grundstück grenzt nicht unmittelbar an eine öffentliche Straße an (vgl. Pläne Bl. 7, 11, 31 Beiakte Heft 1). 8Im Jahre 1972 übernahm die damalige Eigentümerin der Flurstücke 000 und 000 anlässlich der Absicht des damaligen Eigentümers des Flurstücks 000, auf diesem Grundstück zwei Garagen zu errichten, die öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Baulast), eine Zuwegung über ihre oben genannten Grundstücke in der Breite des geplanten Fußweges von baulichen Anlagen und sonstigen Hindernissen freizuhalten, um die Zufahrt zu den Garagen zu sichern (vgl. Baulastübernahmeerklärung: Bl. 24 Beiakte Heft 1, zugehöriger Plan: Bl. 25 Beiakte Heft 1); ausweislich des Lageplans zur Baulastübernahme wurde über diese „Zuwegung“ die Verbindung des Flurstücks 000 über den auf den zwischenliegenden Grundstücken führenden privaten Weg zum „Hauptzug“ der S.----straße durch Baulast gesichert. 9Mit Bescheid vom 2. November 2006 (vgl. Bl. 39 ff. Beiakte Heft 1) erteilte die Beklagte der Klägerin die (Bau-)Genehmigung, das auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindliche Wohnhaus geringer Höhe durch Errichtung einer Außentreppe und eines Zwerchgiebels zu erweitern. Unter Nr. 20 der dem Bescheid beigegebenen „Allgemeinen Hinweise“ war dabei ausgeführt, dass die Entwässerung nicht in einem Baugenehmigungsverfahren genehmigt werde und neben den Bestimmungen des Bauordnungsrechts auch die Regelungen der städtischen Abwasserbeseitigungssatzung zu beachten seien und diese Satzung Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang enthalte. In der der Genehmigung zugrunde liegenden Baubeschreibung war zur Grundstücksentwässerung angegeben: „durch öffentliche Sammelkanalisation; vorhanden“ (vgl. Bl. 35 Beiakte Heft 1). 10Im Zuge einer Überprüfung der Grundstücksverhältnisse wegen der Veranlagung zu den Niederschlagswassergebühren ließ die Klägerin im Jahre 2013 gegenüber der Beklagten erklären, dass das Grundstück wegen des Niederschlags(-ab-)wassers nicht an den öffentlichen Kanal angeschlossen sei (vgl. Bl. 2 Beiakte Heft 1). Bei einem daraufhin durchgeführten gemeinsamen Ortstermin vom 2. April 2014 (vgl. Vermerk der Beklagten vom 2. April 2014 – Bl. 6 Beiakte Heft 1) stellten Mitarbeiter der Beklagten fest, dass das Niederschlags(-ab-)wasser aller bebauten Flächen (Wohnhaus, Garagen) und unbefestigten Flächen (Garagenzufahrt, Hauszuwegung) über eine gemeinsame Rohrleitung unterhalb der Privatstraße auf die Wiese des Nachbarn geleitet wurde, wo es frei auslaufen konnte; durch eine „Nebelprüfung“ wurde ausgeschlossen, dass bebaute und/oder befestigte Flächen am Kanal angeschlossen waren. 11Mit Schreiben vom 19. Mai 2020 (vgl. Bl. 43 Beiakte Heft 1) teilte die Beklagte der Klägerin sinngemäß mit, dass das Grundstück ausweislich der vorliegenden Planunterlagen bebaute Flächen im Umfang von 145 m² und befestigte Flächen im Umfang von 115 m² aufweise. Diese Flächen seien nach dem Ergebnis des Ortstermins vom 2. April 2014 nicht an den im Jahr 1994 (!?) erstellten Mischwasserkanal auf dem Grundstück angeschlossen. Nach § 48 Landeswassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG) bestehe aber für das auf bebauten und befestigten Flächen auftreffende Niederschlagswasser grundsätzlich eine Abwasserüberlassungspflicht gegenüber der Gemeinde. Da vorliegend weder eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von Niederschlags(-ab-)wasser in das Grundwasser noch eine Freistellung von der Abwasserbeseitigungspflicht vorliege und das Grundstück durch einen Mischwasserkanal erschlossen sei, bestehe die Überlassungspflicht gegenüber der Gemeinde und der nach § 5 und 6 der städtischen Entwässerungssatzung angeordnete Anschluss- und Benutzungszwang für den Kanal auch in vorliegendem Fall. Abschließend forderte die Beklagte die Klägerin in dem Schreiben formlos und fruchtlos auf, den Anschluss an den Kanal für das auf den bebauten und befestigten Flächen auftreffende Niederschlags(-ab-) wasser herzustellen. 12Mit Schreiben vom 7. August 2020 (vgl. Bl. 51 Beiakte Heft 1) gab die Beklagte der Klägerin Gelegenheit, zu der beabsichtigten Forderung, von ihr den Anschluss der bebauten und befestigten Flächen des Grundstücks wegen des dort auf treffenden Niederschlags(-ab-)wassers an den öffentlichen Mischwasserkanal, Stellung zu nehmen. 13Daraufhin führte die Klägerin mit Schreiben ihres späteren Prozessbevollmächtigten vom 22. Oktober 2020 (vgl. Bl. 56 Beiakte Heft 1), im Wesentlichen folgendes aus: 14Die Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers erfolge seit jeher so wie gegenwärtig. Die Bebauung und Befestigung des Grundstücks habe sich nicht geändert. 15In der Zeit, als ihre Mutter noch Eigentümerin des Grundstücks gewesen sei, sei eine Genehmigung zur Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück sowohl von den Entsorgungsbetrieben T. als auch durch die untere Wasserbehörde erteilt worden. Allein aus diesem Grunde habe sie auch einen Anspruch auf Befreiung von der Anschlusspflicht. Die Möglichkeit eines gemeinwohlverträglichen Versickerns auf dem Grundstück sei damals bereits festgestellt worden; eine Freistellung von der Überlassungspflicht liege ebenfalls vor. Hier komme hinzu, dass eine Quelle am Grundstück entlang laufe, so dass das Niederschlags(-ab-)wasser gemeinwohlverträglich dort versickern könne. Ein Anschluss- und Benutzungszwang sei unverhältnismäßig. 16Im Übrigen sei im Jahre 1991 ein Mischwasserkanal errichtet worden, der über das streitgegenständliche Grundstück verlaufe, für den es aber weder ein vertraglich vereinbartes noch ein dinglich gesichertes Nutzungsrecht gebe. Es bestehe auch kein zwingendes Erfordernis für einen Mischwasserkanal an eben dieser Stelle. Eine Leitungsverlegung könne auch über öffentlichen Grund verlaufen. Daher gehe sie davon aus, dass sie grundsätzlich berechtigt wäre, eine Unterlassung der Leitung von Abwasser über den Mischwasserkanal zu fordern. Die von der Beklagten im Juli 2020 gegenüber der Klägerin geäußerte Bitte, eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit auf dem Grundstück zu beantragen, wäre mit einer erheblichen Wertminderung des Grundstücks verbunden, zumal sie aufgrund eines Schutzstreifens ihr Grundstück nicht mehr so nutzen könnte, wie beabsichtigt. Nichtsdestotrotz sei sie an einer einvernehmlichen Regelung interessiert. 17Mit Schreiben vom 15. März 2021 (vgl. Bl. 66 Beiakte Heft 1) teilte die Beklagte der Klägerin demgegenüber mit, dass sie an ihrer Anschlussforderung festhalte und führte in diesem Zusammenhang im Wesentlichen folgendes aus: Das von Privatgrundstücken umgebene Grundstück der Klägerin werde durch den auf dem Grundstück verlaufenden Mischwasserkanal erschlossen. Dieser Kanal werde von den Voreigentümern und der Klägerin seit Jahrzehnten dazu genutzt, das auf dem Grundstück entstehende Schmutzwasser vom Grundstück abzuleiten. Ferner wies die Beklagte auf die bestehende Baulast zugunsten einer Entwässerungsleitung für das Nachbarflurstück 000 hin sowie darauf, dass die Klägerin im Zuge der Erteilung der Baugenehmigung aus dem Jahre 2006 auf die Regelungen der Entwässerungssatzung zum Anschluss- und Benutzungszwang hingewiesen worden sei. Eine wasserrechtliche Erlaubnis der unteren Wasserbehörde zur Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück oder zur Einleitung in eine Quelle oder ein Gewässer sei nicht erteilt worden; auch ein schriftlicher Nachweis für die gemeinwohlverträgliche Versickerung auf dem Grundstück (hydrogeologisches Gutachten) liege nicht vor. Eine Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht sei zu keinem Zeitpunkt erteilt worden. 18Dem hielt die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 19. April 2021 (vgl. Bl. 68 f. Beiakte Heft 1) folgendes entgegen: 19Zugunsten des städtischen Mischwasserkanal bestehe weder eine Baulast noch eine Grunddienstbarkeit. Das städtische Angebot auf Eintragung einer Grunddienstbarkeit habe die Klägerin inzwischen abgelehnt. 20Auch nach der im Jahre 1994 von dem Rechtsvorgänger der Klägerin geforderten Abgabenerklärung sei das Niederschlags(-ab-)wasser weiterhin auf dem Grundstück gemeinwohlverträglich versickert worden. Die Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht gelte als erteilt, weil das gesamte Niederschlags(-ab-) wasser seit dem 01. Januar 1996 auf dem Grundstück beseitigt worden sei und die Beklagte in dieser Zeit ihren Anschluss- und Benutzungszwang nicht geltend gemacht habe. Die Baugenehmigung aus dem Jahre 2006 habe mit dem Kanal nichts zu tun. 21Die Beklagte habe in der Vergangenheit mehrfach eine Ausnahme zum gemeinwohlverträglichen Versickern erhalten, wenn sie selbst betroffen gewesen sei. Auch für das klägerische Grundstück gelte, dass bei einer Versickerung vor Ort verhindert werden könne, dass der Grundwasserspiegel weiter absinke. 22Schließlich beantragte die Klägerin mit dem Schreiben vom 19. April 2021 (vgl. Bl. 68 Rückseite Beiakte Heft 1) die Zustimmung der Beklagten – als Trägerin der Entwässerungseinrichtung und als untere Wasserbehörde – zur gemeinwohlverträglichen Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück oder zur Einleitung des Niederschlags(-ab-)wassers in eine Quelle oder ein Gewässer. 23Mit Schreiben vom 26. April 2021 (vgl. Bl. 72 f. Beiakte Heft 1) gab die Beklagte der Klägerin – unter Hinweis darauf, dass der Antrag auf wasserrechtliche Erlaubnis an den Stadtdienst Natur und Umwelt, der bei der Beklagten die Aufgaben der unteren Wasserbehörde wahrnimmt, weitergeleitet worden sei, – Gelegenheit, zu der beabsichtigten Ablehnung des Antrages auf Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht Stellung zu nehmen. In diesem Zusammenhang führte die Beklagte sinngemäß im Wesentlichen folgendes aus: Der Antrag auf Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht habe keine Aussicht auf Erfolg, weil wesentliche Voraussetzung hierfür sei, dass das Grundstück erstmals vor dem 1. Januar 1996 bebaut oder an die Kanalisation angeschlossen worden sei. Das streitgegenständliche Grundstück sei aber bereits lange vor dem Jahr 1996 bebaut und auch schon im Jahre 1992 durch einen Mischwasserkanal erschlossen gewesen. Die für eine Versickerung vor dem Jahre 1996 erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis sei für das Grundstück weder beantragt noch der erteilt worden. 24Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 20. Mai 2021 (Bl. 77 Beiakte Heft 1) im Wesentlichen geltend gemacht hatte, dass das Niederschlags(-ab-)wasser seit dem Jahre 1994 gemeinwohlverträglich auf dem Grundstück versickert werde, aber auch ortsnah in eine Quelle oder ein Gewässer eingeleitet werden könne, lehnte die Beklagte mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 30. August 2021, den späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 2. September 2021 zugestellt (Bl. 79 ff. Beiakte Heft 1), den Antrag nach § 49 Abs. 4 LWG auf Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht wegen des auf den bebauten und befestigten Flächen des streitgegenständlichen Grundstücks anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers ab. 25Zur Begründung nahm die Beklagte auf ihre Abwasserbeseitigungspflicht nach § 46 LWG, die Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG sowie darauf Bezug, dass keine Ausnahme von dieser Pflicht nach § 49 Abs. 4 LWG und auch keine wasserrechtliche Erlaubnis – für die derzeit erfolgende Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück – vorliege. Ergänzend führte sie aus, dass bei der Bewertung der wasserwirtschaftlichen Belange anzuführen sei, dass die Mischwasserkanalisation für den Anschluss aller Grundstücke bemessen sei und insbesondere verhindern könne, dass zum Beispiel Ablagerungen in der Kanalisation entstünden, die bei Starkregenereignissen in die Vorfluter entlastet würden. Ferner sollten die abwassertechnischen Investitionen in die öffentliche Abwasseranlage nicht nachträglich dadurch entwertet werden, dass sich Grundstückseigentümer nicht an einen Mischwasserkanal anschlössen. Die Übergangsregelung nach § 49 Abs. 4 S. 2 LWG greife nicht, weil das (streitgegenständliche) Grundstück bereits vor dem 1. Januar 1996 von dem öffentlichen Mischwasserkanal erschlossen worden sei. Ferner wiederholte sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus der vorangegangenen Korrespondenz und schloss mit der Feststellung, dass unter Berücksichtigung und Abwägung aller von ihr genannten und für den Sachverhalt relevanten Tatsachen der Antrag auf Freistellung abzulehnen gewesen sei. 26Am 27. September 2021 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Freistellungsziel weiter verfolgt. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Ergänzend hat sie folgendes vorgetragen: 27Über einen Zeitraum von fast 30 Jahren seien die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgänger nie aufgefordert worden, das Niederschlags(-ab-)wasser in den Kanal einzuleiten. Da das Niederschlags(-ab-)wasser seit jeher gemeinwohlverträglich auf dem Grundstück versickere, sei dessen ordnungsgemäße Beseitigung sichergestellt, sodass sie sich gegenüber einer Forderung der Beklagten auf dessen Überlassung bzw. nach Anschluss an den Kanal wegen des Niederschlags(-ab-)wassers auf Bestandsschutz berufen könne. Abgesehen davon widerspreche die Einleitung von Niederschlags(-ab-)wasser in einen Mischwasserkanal den gesetzlichen Konzeptionen und sei ökologisch wie ökonomisch nicht sinnvoll, wenn das Niederschlags(-ab-)wasser wie hier gemeinwohlverträglich auf dem Grundstück oder ortsnah in ein Gewässer (Bach/Quelle) entsorgt werden könne. Zudem hätten die letzten Hochwasserereignisse gezeigt, dass der städtische Mischwasserkanal nicht in der Lage sei, sämtliche eingeleiteten Abwässer aufzunehmen. Im Übrigen scheine es der Beklagten ausschließlich um die Realisierung von Niederschlagswassergebühren zu gehen. 28Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 29die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. August 2021 zu verpflichten, ihr wegen der bebauten und befestigten Flächen des Grundstücks S.----straße 00 in T. , die nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen sind, die beantragte Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht für das Niederschlags(-ab-)wasser zu erteilen. 30Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 31die Klage abzuweisen. 32Zur Begründung wiederholt und vertieft die Beklagte ihre Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend hat sie sinngemäß Folgendes ausgeführt: 33Die klägerseits angeführte Fiktion der Freistellung – nach § 49 Abs. 4 S. 2 LWG – greife hier zum einen nicht, weil das streitgegenständliche Grundstück bereits vor dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut und (wegen des Schmutzwassers) an den Kanal angeschlossen worden ist. Darüber hinaus hätten die Voreigentümer der Klägerin auch schon vor dem 1. Januar 1996 für eine Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück oder zu dessen (ortsnaher) Einleitung in ein Gewässer eine wasserrechtliche Erlaubnis benötigt, die jedoch zu keinem Zeitpunkt erteilt worden sei. Die klägerseits angeführte Quelle beginne im Übrigen auf dem Flurstück 000. Dieses Grundstück schließe sich zwar unmittelbar an das streitgegenständliche Flurstück 000 an; die Quelle liege jedoch auf der davon abgewandten Seite des Nachbargrundstücks, das seinerseits nicht im Alleineigentum der Klägerin stehe. Abgesehen davon sei auch für eine Einleitung in dieses Gewässer eine wasserrechtliche Erlaubnis nötig. 34Entgegen der Behauptung der Klägerin habe die Beklagte den Anschluss- und Benutzungszwang wiederholt geltend gemacht. So sei bei der Antragstellung auf Erweiterung des Wohngebäudes im Jahre 2005 sowie in der Baugenehmigung aus dem Jahre 2006 auf die städtische Abwasserbeseitigungssatzung und den darin geregelten Anschluss- und Benutzungszwang hingewiesen worden. Ferner sei die Klägerin bei den Ortstermin im Jahre 2014 und 2020 über diesen Zwang belehrt worden. 35Im Übrigen unterliege der Anschluss- und Benutzungszwang weder einer Verjährung noch einer Verwirkung. 36Der Kläger sei im Übrigen im Vorfeld (Schreiben vom 19. Mai 2020 – Bl 43 Rückseite Beiakte Heft 1) erläutert worden, dass die Möglichkeit bestehe, das Niederschlags(-ab-) wasser zur Gartenbewässerung aufzufangen, dabei jedoch an dem Auffangbehälter ein Überlauf mit Anschluss an das öffentliche Abwassersystem herzustellen sei. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 38Entscheidungsgründe: 39Der Einzelrichter, dem die Kammer das Verfahren nach § 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen hat, konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben. 40Die Verpflichtungsklage auf Erteilung der klägerseits bei der Beklagten beantragten Freistellung nach § 49 Abs. 4 Landeswassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen der Fassung vom 8. Juli 2016 (LWG) von der Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG für das auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser ist zulässig, aber unbegründet. 41Die Klägerin bedarf der begehrten Freistellung im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 1, 2. Alt. LWG von der Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG für das auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser durch die Beklagte, weil die Abwasserbeseitigungspflicht hierfür bislang mit der Folge bei der beklagten Gemeinde liegt, dass diese einen Abwasserüberlassungsanspruch hat (1.), und die Freistellung auch nicht schon kraft Gesetzes als erteilt gilt (2.); der angefochtene Bescheid vom 30. August 2021, mit dem die Beklagte die klägerseits (mithin erforderlicherweise) begehrte Freistellung abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil sie keinen Anspruch auf die Freistellung hat [§ 113 Abs. 5 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) – (3.)]. 421. 43Die Klägerin bedarf der begehrten Freistellung im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 1, 2. Alt. LWG von der Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG für das auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser, weil die Abwasserbeseitigungspflicht hierfür bislang bei der beklagten Gemeinde liegt. 441.1 Das Institut der „Freistellung“ steht im Zusammenhang mit der gesetzgeberischen Entscheidung, die Aufgabe der Abwasserbeseitigung grundsätzlich den Gemeinden und nur ausnahmsweise einem anderen zu übertragen bzw. auf einen anderen übergehen zu lassen [vgl. § 46 Abs. 1 S. 1 und §§ 49 - 53 LWG, durch die § 56 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) landesrechtlich ausgefüllt wird] und der Gemeinde zur Ermöglichung ihrer Abwasserbeseitigungsaufgabe einen Anspruch auf Überlassung des Abwassers zuzusprechen (§ 48 S. 1 LWG). Dementsprechend bestünde eine Abwasserüberlassungspflicht der Klägerseite an die beklagte Gemeinde nicht, wenn die Gemeinde nicht selbst abwasserbeseitigungspflichtig wäre. Hier besteht aber eine Überlassungspflicht für das auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser an die beklagte Gemeinde, von der die Klägerseite nach § 49 Abs. 4 S. 1, 2. Alt. LWG freigestellt werden will, weil die Abwasserbeseitigungspflicht nicht (ausnahmsweise) auf eine andere juristische oder private Person übertragen/übergegangen ist. 45Nach Maßgabe der Regelungen in §§ 49 - 53 LWG kommt hier eine Übertragung bzw. ein Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf eine andere Person anstelle der Gemeinde als auf die Person des (jeweiligen) Nutzungsberechtigten (= Eigentümer) des betroffenen Grundstücks ohnehin nicht ernstlich in Betracht. Aber auch eine Übertragung an bzw. ein Übergang auf den (jeweiligen) Nutzungsberechtigten (= Eigentümer) des streitgegenständlichen Grundstücks ist nicht erfolgt. 46Da die Übergangsregelung in § 51 LWG hier nicht einschlägig ist (1.1.1), setzte ein Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht für das auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser an den (jeweiligen) Nutzungsberechtigten die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Abs. 4 LWG voraus (1.1.2). 471.1.1 Nach der in der gesetzlichen Überschrift als solche bezeichneten „Übergangsregelung“ in § 51 S. 1 LWG hat bis zur Übernahme des Abwassers durch die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde derjenige das Abwasser zu beseitigen, bei dem das Abwasser anfällt. Diese Übergangsregelung in § 51 LWG ist hier nicht einschlägig, weil die Möglichkeit der Übernahme des (Niederschlags-)Abwassers durch die Gemeinde in den teilweise über das streitgegenständliche Grundstück verlaufenden – im wasserrechtlichen Sinne „bestandsgeschützten“ (s. dazu des Näheren die entsprechenden Ausführungen unter 3.2) – Mischwasserkanal besteht. 48Der Eignung dieses Kanals zur Übernahme des Abwassers durch die Gemeinde im Sinne des § 51 LWG wird nicht dadurch infrage gestellt, dass seine Trasse im Grundbuch bislang nicht gesichert ist. Die Klägerin kann die Beseitigung des Kanals von ihrem Grundstück nämlich nicht ohne weiteres verlangen. 49Einem Erfolg eines solchen Verlangens dürfte nämlich entgegenstehen, dass nach § 93 WHG i.V.m. § 99 LWG die zuständige Behörde Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken – ggf. gegen Leistung einer Entschädigung im Sinne des § 95 WHG – u.a. dazu verpflichten kann, das Durchleiten von Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung von Grundstücken oder zur Abwasserbeseitigung erforderlich ist (vgl. insoweit § 93 S. 1 WHG) und das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist (vgl. insoweit § 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG), und wenn des Weiteren das Abwasser – jedenfalls wie hier – unterirdisch und in dichten Leitungen durchgeleitet werden soll (vgl. insoweit § 99 S. 2 LWG, mit dem das Land Nordrhein-Westfalen von seiner Befugnis nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 GG, eine von § 93 WHG abweichende Bestimmung des Durchleitungsrechts zu treffen, insoweit Gebrauch gemacht hat). 50Diesen Duldungsanspruch dürfte die Beklagte – als untere Wasserbehörde – einem klägerischen Beseitigungsverlangen bezüglich des hier betroffenen Mischwasserkanals als unterirdischer, dichter Leitung (im Sinne des § 99 S. 2 LWG) jedenfalls derzeit mit Erfolg entgegensetzen können. Der Kanalabschnitt, der als Teil eines Kanalnetzes über das klägerische Grundstück verläuft, ist nämlich vor etwa 30 Jahren auf dem streitgegenständlichen Grundstück mit Einverständnis des seinerzeitigen Eigentümers verlegt worden. Vor diesem Hintergrund dürfte das Durchleiten von Abwasser an dieser Stelle und die Unterhaltung der dazu dienenden, seit langem bestehenden (Kanalrohr-) Anlage als erforderlich im Sinne des § 93 S. 1 WHG zu bewerten sein. Angesichts der Kosten, die mit einer Verlegung der bestehenden, in das Kanalnetz eingebundenen Rohrleitung verbunden wären, dürfte das Vorhaben nunmehr bei anderer Ausführung – d.h. hier bei Verlegung der Rohrleitung vom klägerischen Grundstück an eine andere Stelle – auch nur mit erheblichem Mehraufwand im Sinne des § 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2, 2. Alt. WHG durchgeführt werden können. Da der Kanalabschnitt, dessen Teil der auf dem Grundstück verlaufende Abwasserkanal ist, nicht allein der Erschließung der über ihn in größerer Zahl entwässernden Fremdgrundstücke dient (vgl. dazu den Plan Bl. 90 Beiakte Heft 1), sondern er insbesondere auch das streitgegenständliche, bebaute und nicht nur Niederschlags(-ab-)wasser, sondern vor allem auch Schmutzwasser erzeugende Grundstück selbst erschließt, das ansonsten aufgrund seiner Lage als sog. „Hinterliegergrundstück“ vom öffentlichen Kanalnetz abgeschnitten wäre, dürfte der Nutzen des auf dem Grundstück verlaufenden Kanals schließlich auch im Sinne des § 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG erheblich größer sein als der damit verbundene Nachteil für den betroffenen Grundstückseigentümer. 51Bei der Bewertung der von einem Durchleitungsrecht betroffenen Interessen nach § 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG spricht hier gegen einen aktuellen klägerischen Beseitigungsanspruch zudem Folgendes: 52Der Anfang der 1990-er Jahre in einem Teilabschnitt über das streitgegenständliche Grundstück verlegte Mischwasserkanal ist eine öffentliche Sache, die von der Beklagten in rechtmäßiger Weise der Beseitigung von Mischwasser gewidmet worden ist. 53Die öffentlich-rechtliche Widmung von Rohrleitungen zum Zwecke der Grundstücksentwässerung ist nicht formgebunden, sondern kann auch konkludent erfolgen. 54Vgl. zur fehlenden Formgebundenheit derartiger Widmungen: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. September 1987 – 2 A 993/85 –, veröffentlicht unter anderem in OVGE 39,179 (185). 55Die (jedenfalls konkludent) erfolgte (grundstücksbezogen-dingliche) Widmung des Kanals zu Entwässerungszwecken ergibt sich hier jedenfalls daraus, dass die Beklagte unstreitig seit Jahrzehnten für die Benutzung des Mischwasserkanals zur Beseitigung des Schmutzwassers von dem streitgegenständlichen Grundstück von dem jeweiligen Eigentümer Schmutzwassergebühren erhebt; dass sich die (jedenfalls konkludent erfolgte) Widmung des Kanals auch auf die Entsorgung des im betroffenen Gebiet anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers bezieht, lässt sich aus der Einbindung des betroffenen Teils des Mischwasserkanals in das Kanalnetz, das ersichtlich der Entsorgung von Schmutz- und Niederschlags(-ab-)wasser in dem betroffenen Baugebiet dient (vgl. dazu etwa den Übersichtsplan Bl. 90, Beiakte Heft 1), ablesen. 56Die Widmung des Kanals zu diesen Zwecken ist auch für den Kanalabschnitt, der über das klägerische Grundstück verläuft, in rechtmäßiger Weise erfolgt. Die Zustimmung des Grundstückseigentümers zu einer entsprechenden Widmung der über sein Grundstück verlaufenden Kanalstrecke, die für eine rechtmäßige Widmung erforderlich ist, 57vgl. zur Frage der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der öffentlich-rechtlichen Widmung von Rohrleitungen zu Entwässerungszwecken, die über Privatgrundstücke verlegt sind: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. September 1987 – 2 A 993/85 –, veröffentlicht unter anderem in OVGE 39,179 (185), 58hat der Grundstückseigentümer im Zuge der Herstellung des Kanalabschnitts Anfang der 1990-er Jahre jedenfalls konkludent erteilt. Dafür sprechen folgende Gesichtspunkte: Der Kanal verläuft über eine Strecke von mehr als 50 m über das Grundstück und dabei u.a. in unmittelbarer Nähe des Wohngebäudes vorbei; dementsprechend kann seine Errichtung Anfang der 1990-er Jahre dem damaligen Eigentümer und Rechtsvorgänger der Klägerin nicht verborgen geblieben sein. Dass der Rechtsvorgänger mit der Verlegung des Kanals über das Grundstück auch einverstanden gewesen ist, belegt vor diesem Hintergrund zum einen die Tatsache, dass der Rechtsvorgänger das Grundstück wegen des Schmutzwassers auch an den über sein Grundstück verlaufenden Kanal angeschlossen hat, d. h. seinerzeit in Kenntnis der Verlegung von Teilen des Kanals auf seinem Grundstück keineswegs dessen dortige Beseitigung verlangt hat; diese (billigende) Anschlussnahme hat im Übrigen auch die Klägerin – im Interesse der Erhaltung der baurechtlichen Erschließung ihres Grundstücks – fortgesetzt. Die konkludente Zustimmung des Rechtsvorgängers zu der Verlegung des Kanals über das Grundstück lässt sich hier zudem aber auch daran ablesen, dass er im Jahre 1991 zugunsten des Nachbarflurstücks 000 die Baulast übernommen hat, die Verlegung, Nutzung und Wartung einer Entwässerungsleitung zu dulden, die ausweislich des zugehörigen Lageplanes eine Leitung betraf, deren Trasse von dem Flurstück 000 über Teile des streitgegenständlichen Flurstücks 000 hin zu dem auf diesem Flurstück nach dem zugehörigen Plan bereits eingetragenen (Mischwasser-)Kanal führte (vgl. Baulasteintragung, Übernahmeerklärung und Plan Bl. 21 ff. Beiakte Heft 1). Diese Baulastübernahme durch den Voreigentümer, die auch gegen die Rechtsnachfolger wirkt (§ 85 Abs. 1 S. 3 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen), war nämlich nur unter der Voraussetzung des – von ihm auf Dauer hingenommenen – Bestandes des öffentlichen Kanals auf dem klägerischen Grundstück sinnvoll. 59Da mithin der über das Grundstück verlaufende Abschnitt eines städtischen Mischwasserkanals mit Wissen und (zustimmendem) Wollen des damaligen Grundstückseigentümers vor rund 30 Jahren errichtet und (dauerhaft) gewidmet worden ist, der Kanal seither auch mit dieser Zweckbestimmung – und für das Schmutzwasser auch durch das klägerische Grundstück – genutzt worden ist und nach wie vor genutzt wird und der Kanal zudem der Erschließung einer größeren Zahl von Grundstücken dient, ist der mit dem (Durchleitungs-)Vorhaben hier verbundene Nutzen von sehr erheblichem Gewicht. Vor diesem Hintergrund müssten aktuell-konkrete und gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bestand des Kanals auf dem Grundstück mit größeren, gewichtigen Nachteilen für die Klägerseite verbunden wäre, 60vgl. in diesem Sinne für die damalige Rechtslage in Niedersachsen, die der heutigen Rechtslage in Nordrhein-Westfalen in etwa vergleichbar ist: OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. Dezember 2006 – 9 LA 194/05 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 5, 61um zu der Annahme gelangen zu können, dass die Beklagte einem Verlangen der Klägerin nach Beseitigung des öffentlichen Kanals vom klägerischen Grundstück nicht einen Duldungsanspruch im Sinne des § 93 LWG entgegensetzen könnte. Solche, im Verhältnis zu den erheblichen Gründen, die nach dem oben Dargelegten für eine Duldungspflicht der Klägerseite sprechen, gewichtigen, aktuell-konkreten Nachteile sind hier aber nicht erkennbar. 621.1.2 Ein Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht für das auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser an den (jeweiligen) Nutzungsberechtigten könnte sich nach allem hier also nur aus § 49 Abs. 4 LWG ergeben haben; dessen Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt. 63In § 49 Abs. 4 S. 1 LWG ist bestimmt, dass der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks verpflichtet – und spiegelbildlich berechtigt – ist, das Niederschlags(-ab-)wasser selbst zu beseitigen, sofern gegenüber der zuständigen Behörde nachgewiesen ist, dass das Niederschlags(-ab-)wasser durch ihn ganz oder teilweise gemeinwohlverträglich auf dem Grundstück versickert oder ortsnah in ein Gewässer eingeleitet werden kann, und die Gemeinde den Nutzungsberechtigten des Grundstücks insoweit von der Überlassungspflicht nach § 48 LWG freigestellt hat (Hervorhebung durch den Unterzeichner). 64Der Nachweis der gemeinwohlverträglichen Beseitigungsmöglichkeit gegenüber der Wasserbehörde als insoweit zuständiger Behörde, der hier nach § 49 Abs. 4 S. 4 und 5 LWG im Übrigen dem nutzungsberechtigten Eigentümer obläge, und die Freistellung durch die insoweit zuständigen Gemeinde sind die beiden konstitutiven Voraussetzungen für den Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht nach § 49 Abs. 4 S. 1 LWG. 65Vgl. dazu, dass Nachweis und Freistellung zwei konstitutive Voraussetzungen für den Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht sind, schon für die in der Grundstruktur inhaltlich entsprechende Regelung in § 53 Abs. 3a S. 1 LWG alter Fassung (2005): Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 - 15 A 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris (s. dort Rdnr.13); und dazu, dass dies auch für § 49 Abs. 4 S. 1 LWG neuer Fassung (2016) gilt: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 24. Februar 2017 – 15 B 49/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris (siehe dort insbesondere Rn. 7 ff.). 66Einem Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht für das auf dem Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser steht vor diesem Hintergrund bereits entgegen, dass die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgänger der zuständigen unteren Wasserbehörde die Gemeinwohlverträglichkeit einer Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück durch Versickerung nie nachgewiesen haben; denn eine für diese Form der Benutzung des Grundwassers erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis (vgl. § 2 Abs. 1, § 3 Nr. 3,§ 9 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 WHG), 67vgl. zur Erlaubnispflichtigkeit des Versickerns von Niederschlags(-ab-)wasser: VG Düsseldorf, Urteil vom 25. März 2014 – 17 K 5503/13 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 16 ff., 68ist nach den nicht substantiiert in Abrede gestellten Angaben der Beklagten durch die untere Wasserbehörde nie ausdrücklich erteilt worden. 69Die Erteilung einer solchen wasserrechtlichen Erlaubnis kann die Klägerseite auch nicht etwa daraus ableiten, dass die Beklagte die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgänger – trotz langjähriger Kenntnis der bestehenden Entwässerungssituation – bislang nie zu Niederschlagswassergebühren herangezogen hat. Denn die Nichterhebung von Niederschlagswassergebühren ist lediglich die abgabenrechtlich motivierte Konsequenz der Tatsache, dass aufgrund der bislang unstreitig fehlenden Einleitung von Niederschlags(-ab-)wasser in den öffentlichen Kanal der Tatbestand einer Inanspruchnahme der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zur Entsorgung dieses Abwassers, der die Entstehung von Benutzungsgebühren im Sinne der §§ 4 und 6 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) für eine solche Leistung erst auslöste, nicht erfüllt war und ist. 70Die Nichterhebung von Niederschlagswassergebühren beinhaltet daher ebensowenig eine Entscheidung über die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für die Beseitigung des Abwassers auf dem Grundstück, wie auch die Erteilung einer Baugenehmigung mangels Konzentrationswirkung keine wasserrechtliche Erlaubnis beinhaltet oder ersetzt, 71vgl. zur fehlenden Konzentrationswirkung von Baugenehmigungen in anschlussrechtlichen Zusammenhängen: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. Juni 2012 – 15 A 48/12 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 36, 72und gegenüber wasserrechtlichen Anforderungen an die Art der Entwässerung regelmäßig keinen Bestandschutz auslöst. 73Vgl. in diesem Sinne mit Blick auf ein nachträgliches Anschlussverlangen z.B.: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 19. Oktober 2017 – 15 A 1666/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 16 ff. 74Vor dem Hintergrund, dass das Gesetz in § 49 Abs. 4 S. 1 LWG hinsichtlich der „Gemeinwohlverträglichkeit“ ausdrücklich einen Nachweis gegenüber der zuständigen Behörde fordert, geht auch die klägerseits sinngemäß vertretene Auffassung fehl, dass schon eine „evidente Erkennbarkeit“ der Gemeinwohlverträglichkeit, die sich hier aus der jahrelangen Duldung der Entwässerungssituation ablesen lasse, für den in Rede stehenden Nachweis ausreiche. Die (ohnehin nirgendwo „evident erkennbare“) Gemeinwohlverträglichkeit der Versickerung von Niederschlags(-ab-)wasser auf einem (jeweiligen) Grundstück ist vielmehr aufgrund der der zuständigen Behörde vorzulegenden Nachweise durch diese (verbindlich – d.h. ggf. durch Erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnis oder eine anderweitige verbindliche Feststellung zur Gemeinwohlverträglichkeit nach Art einer Unbedenklichkeitsbescheinigung –) festzustellen, bevor diese konstitutive Teilvoraussetzung für einen Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Nutzungsberechtigten eines Grundstücks nach § 49 Abs. 4 LWG als erfüllt angesehen werden kann, um die vom Gesetz intendierte klare Zuordnung der Abwasserbeseitigungspflicht in einem geordneten Verfahren, an dem neben der (gegebenenfalls freistellenden) Gemeinde auch die untere Wasserbehörde beteiligt ist, sicherzustellen. 75Zu einer Beseitigung in Form einer ortsnahen Einleitung in ein (oberirdisches) Gewässer ist es bislang ohnehin nicht gekommen; dazu genügt ein Auslaufenlassen des Niederschlags(-ab-)wassers in eine Wiese, in deren Nähe ein Gewässer verläuft (vgl. dazu die Vermerke über die Ortstermine vom 2. April 2014 und vom 15. Juli 2020 – Bl. 6 bzw. 47 Beiakte Heft 1 sowie den Plan mit dem eingezeichneten Gewässerblatt 90 Beiakte Heft 1), nicht. Abgesehen davon: auch eine Benutzung eines (oberirdischen) Gewässers zum Zwecke der Abwasserbeseitigung ist genehmigungspflichtig (vgl. § 2 Abs. 1, § 3 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 WHG); eine wasserrechtliche Genehmigung für die Einleitung des auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers in ein Gewässer liegt ebenfalls nicht vor. 762. 77Die begehrte Freistellung der Klägerin als Nutzungsberechtigte/Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks von der mithin bestehenden Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG an die Beklagte gilt auch nicht bereits nach § 49 Abs. 4 S. 2 LWG kraft Gesetzes als erteilt, so dass eine Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht im Sinne des § 49 Abs. 4 LWG einen entsprechenden freistellenden Verwaltungsakt der Beklagten voraussetzt. 78Zwar gilt nach § 49 Abs. 4 S. 2 LWG, der in dieser Fassung am 16. Juli 2016 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 1 und 30 S „Gesetz zur Änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher Vorschriften“ vom 8. Juli 2016, GVBl.NRW, Ausgabe vom 15. Juli 2016, S. 559 ff.), die Freistellung von der Überlassungspflicht für das Niederschlags(-ab-)wasser nach § 48 LWG als erteilt, wenn das gesamte Niederschlags(-ab-)wasser eines Grundstücks seit dem 1. Januar 1996 auf dem Grundstück beseitigt worden ist und die Gemeinde in dieser Zeit ihren Anschluss- und Benutzungszwang nicht geltend gemacht hat (Hervorhebung durch den Unterzeichner). Diese Voraussetzungen für den Eintritt der Freistellungsfiktion sind hier aber nicht erfüllt. 79Dem Eintritt der Freistellungsfiktion steht hier schon entgegen, dass nicht das gesamte Niederschlags(-ab-)wasser, das in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum Inkrafttreten des § 49 Abs. 4 S. 2 LWG zum 16. Juli 2016 auf dem Grundstück anfiel, (auch) „auf dem Grundstück beseitigt“ wird/wurde. 80Welche Beseitigungsformen den Begriff „auf dem Grundstück beseitigt“ im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 2 LWG ausfüllen (können), ergibt sich aus § 49 Abs. 4 S. 1 LWG, an den die Fiktionsregelung in S. 2 sachlich-inhaltlich anknüpft. Da in S. 1 nur von den Beseitigungsformen der „Versickerung auf dem Grundstück“ (Hervorhebung durch den Unterzeichner) bzw. der „ortsnahen Einleitung in ein Gewässer“ die Rede ist, für die ein Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Nutzungsberechtigten (= Grundstückseigentümer) in Betracht kommt, kommen andere Arten der Beseitigung als Grundlage für die Herbeiführung der Freistellungsfiktion nicht infrage. 81Vgl. dazu, dass selbst eine ortsnahe Einleitung in ein Gewässer keine „Beseitigung auf dem Grundstück“ im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 2 LWG darstellen soll: Queitsch in Queitsch und andere, Loseblattkommentar zum Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, zu § 49, Rn. 51 (Stand März 2019). 82Vorliegend wurde das Niederschlags(-ab-)wasser in dem maßgeblichen Zeitraum aber nicht in diesem Sinne „auf dem Grundstück versickert“; denn wie bei dem Ortstermin vom 2. April 2014 (vgl. Vermerk Bl. 6 Beiakte Heft 1) festgestellt worden war, wurde seinerzeit das Niederschlags(-ab-)wasser aller bebauten Flächen (Wohnhaus, Garagen) und unbefestigten Flächen (Garagenzufahrt, Hauszuwegung) des streitgegenständlichen Flurstücks 000 über eine gemeinsame Rohrleitung unterhalb der Privatstraße auf die Wiese des Nachbarn geleitet, wo es frei auslaufen konnte. Das Problem der Abwasserbeseitigung wurde mithin von den nutzungsberechtigten Eigentümern nicht auf dem Grundstück, auf dem das Niederschlags(-ab-)wasser anfiel, gelöst, sondern in die Umgebung „abgeschoben“, so dass kein Anlass besteht, durch die Anwendung der Freistellungsfiktion ein etwaiges Vertrauen der Nutzungsberechtigten in eine „auf“ dem Grundstück stattfindende Beseitigung des gesamten dort im fiktionserheblichen Zeitraum anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers zu schützen, da eine solche nicht stattfand. 83Im Ergebnis nichts anderes gälte aber auch dann, wenn man die hier stattfindende Form der „Abwasserbeseitigung“ als „Beseitigung auf dem Grundstück“ bewertete. Die Freistellungsfiktion kann nämlich ohnehin nur greifen, wenn auch die Möglichkeit einer im wasserrechtlichen Sinne gemeinwohlverträglichen Abwasserbeseitigung durch den – hier insoweit nach 49 Abs. 4 S. 4 und 5 LWG nachweispflichtigen Nutzungsberechtigten – nachgewiesen ist. 84Vgl. in diesem Sinne auch: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 24. Februar 2017 – 15 B 49/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris (siehe dort insbesondere Rn. 19 ff.). 85Wie das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seiner soeben zitierten Entscheidung ausgeführt hat, greift die Freistellungsfiktion nach § 49 Abs. 4 Satz 2 LWG nicht, wenn es an einer wasserwirtschaftlichen Gemeinwohlverträglichkeitsprüfung fehlt, weil nach der Gesetzesbegründung in den von der (Fiktions-)Regelung erfassten Fällen davon auszugehen sein soll, dass gemeindliche Belange wie die Finanzierung der Infrastruktur (aufgrund der fehlenden Geltendmachung eines Anschlussinteresses durch die Gemeinde) keinen Anschluss erfordern, der Nachweis, ob die Beseitigung durch Versickerung oder ortsnahe Gewässereinleitung gemeinwohlverträglich ist, nach § 49 Abs. 4 Satz 1 LWG n.F. (aber) dennoch zusätzlich durchgeführt werden muss. 86Vgl. die Begründung der Landesregierung für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher Vorschriften, LT-Drs. 16/10799, S. 479. 87Ohne eine derart enge Verknüpfung der Freistellungsfiktion mit der nachgewiesenen Gemeinwohlverträglichkeit der Abwasserbeseitigung durch den Nutzungsberechtigten wäre die Fiktionsregelung im Übrigen kaum mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße gemeinwohlverträgliche Abwasserbeseitigung nach §§ 55, 56 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) unter klarer Bestimmung des Abwasserbeseitigungspflichtigen zu vereinbaren. 88Da es hier an einem Nachweis der Gemeinwohlverträglichkeit der Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück bzw. einer ortsnahen Einleitung in ein Gewässer gegenüber der zuständigen Behörde, das ist die untere Wasserbehörde, fehlt, da die für eine solche Versickerung bzw. ortsnahe Einleitung erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis durch die untere Wasserbehörde nie erteilt wurde (s. oben), greift die Fiktion des § 49 Abs. 4 Satz 2 LWG auch deshalb nicht ein. 893. 90Ist daher nach allem die beklagte Gemeinde aktuell weiterhin bzgl. des auf dem Grundstück anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers beseitigungspflichtig, setzte das von der Klägerin – zur Abwehr von Ansprüchen der Gemeinden auf Anschluss des Grundstücks wegen des Niederschlags(-ab-)wassers an die gemeindliche Entwässerungsanlage – letztlich verfolgte Ziel eines Übergangs der Abwasserbeseitigungspflicht auf sie selbst – neben dem Nachweis einer gemeinwohlverträglichen Abwasserbehandlung im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 1, 1. Alt. LWG – die hier von der beklagten Gemeinde begehrte ausdrückliche Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 1, 2. Alt. LWG voraus. 91Ob der – für einen Übergang der Abwasserbeseitigungspflicht zudem erforderliche – Nachweis der gemeinwohlverträglichen Beseitigungsmöglichkeit nach dem gesetzgeberischen Interesse an einer klaren Abgrenzung und Zuordnung der Abwasserbeseitigungspflichten rechtslogisch einer Freistellung vorherzugehen hätte, da die Gemeinde nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 4 S. 1 LWG den Nutzungsberechtigten ohnehin nur „insoweit“ (!) von der Abwasserüberlassungspflicht freistellen – und damit die Abwasserbeseitigungspflicht auch nur insoweit von der Gemeinde auf den Nutzungspflichtigen übergehen – kann, als [„sofern“ (!)] dieser Nachweis geführt ist, d. h. mit anderen Worten, die Frage, ob der in Rede stehende Nachweis und insbesondere auch dessen Umfang gegenüber der zuständigen Behörde (untere Wasserbehörde) Tatbestandsvoraussetzung für einen Freistellungsanspruch ist, kann hier dahinstehen. 92Denn selbst unterstellt, die Klägerseite hätte die Gemeinwohlverträglichkeit der stattfindenden Versickerung des auf den streitgegenständlichen Flächen anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück gegenüber der unteren Wasserbehörde nachgewiesen, hätte die Beklagte die Freistellung zu Recht abgelehnt. 93Die Entscheidung, ob (und inwieweit) eine Gemeinde den Nutzungsberechtigten von der Abwasserüberlassungspflicht freistellt, steht in deren Ermessen. 94Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 - 15 A 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort Rdnr. 22. 95Vorliegend hat die Beklagte das Freistellungsbegehren der Klägerin nach Maßgabe des wasserrechtlichen Hintergrundes, vor dem dieser Entscheidung erfolgt (3.1) und nach dem auch eine Entsorgung des Niederschlags(-ab-)wassers über einen wie hier „bestandsgeschützten“ Mischwasserkanal nach wie vor den wasserrechtlichen Anforderungen entspricht (3.2), in ermessensfehlerfreier Weise abgelehnt (3.3). 963.1 Zur Beantwortung der Frage, von welchen Erwägungen die Gemeinde bei der Entscheidung ausgehen darf, ob und inwieweit sie den Nutzungsberechtigten von der Abwasserüberlassungspflicht nach § 48 LWG im Sinne des § 49 Abs. 4 S. 1 LWG „freistellt“ – und ihn damit in der Sache zugleich mit Blick auf ihre Abwasserbeseitigungseinrichtung von der Anschluss- und Benutzungspflicht nach der Entwässerungssatzung der Beklagten „befreit“ (Freistellung und Befreiung verstanden als wasserrechtliche bzw. einrichtungsrechtliche Seiten einer Medaille) – ist folgender wasserrechtlicher Hintergrund zu beachten. 97Die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde ist nach § 46 Abs. 1 Nr. 6 und § 47 Abs. 1 und 3 LWG n.F. [2016 – entspricht im Kern § 53 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 und Abs. 1a und 1b LWG a. F.(2005)] gehalten, der zuständigen Wasserbehörde im Abstand von sechs Jahren Abwasserbeseitigungskonzepte vorzulegen. Das Konzept enthält eine Übersicht über den Stand der öffentlichen Abwasserbeseitigung, die zeitliche Abfolge und die geschätzten Kosten für Errichtung, Betrieb, Erweiterung und Anpassung von Abwasserbeseitigungsanlagen sowie Aussagen darüber, wie zukünftig in Entwässerungsgebieten das Niederschlagswasser unter Beachtung des § 55 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und des § 44 LWG (2016/2021) und der städtebaulichen Entwicklung beseitigt werden kann. Damit ist der Gemeinde die Aufgabe gestellt, die zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht für das Gemeindegebiet erforderlichen Maßnahmen im Rahmen des Abwasserbeseitigungskonzeptes vorausschauend zu planen. Hat sich die Gemeinde in einem Entwässerungsgebiet für ein bestimmtes Abwasserbeseitigungskonzept entschieden, so ist es sachgerecht, wenn sie sich bei der Entscheidung, ob sie auf die Reklamierung von Abwasser verzichtet, maßgeblich von diesem auf eine systematisch und sinnvoll geordnete Entwicklung der Abwasserbeseitigung gerichteten Konzept leiten lässt und die freistellende/befreiende Verzichtsmöglichkeit als Instrument der Umsetzung ihres Abwasserbeseitigungskonzeptes einsetzt. 98Mit der hier erfolgten Ablehnung der Freistellung verfolgt die Beklagte ihre zuvor mit Planung und Bau einer entsprechenden Kanalisation im Rahmen ihrer Abwasserbeseitigungspflicht getroffene Entscheidung für den Einzelfall konsequent weiter, das Niederschlags(-ab-)wasser in dem Bereich, in dem auch das streitgegenständliche Grundstück liegt, über einen –„bestandsgeschützten“ – Mischwasserkanal zu entsorgen. 993.2 Diese konzeptionelle Entscheidung entspricht auch (weiterhin) den wasserrechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers und zwar sowohl den bundeswasserrechtlichen Anforderungen in § 55 Abs. 2 WHG (3.2.1) als auch den einschlägigen landeswasserrechtlichen Anforderungen (3.2.2). 1003.2.1 Zwar soll nach § 55 Abs. 2, 1. HS WHG in der zum 1. März 2010 in Kraft getretenen Fassung Niederschlagswasser (grundsätzlich) ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über einer Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden. 101Im vorliegenden Fall entspricht aber auch die Entsorgung des auf dem streitgegenständlichen Grundstück anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers über den öffentlichen Mischwasserkanal den wasserrechtlichen Anforderungen des § 55 Abs. 2 WHG. Denn nach den Gesetzesmaterialien ist die Vorschrift (bewusst) „relativ weit und offen formuliert (Sollvorschrift), um den unterschiedlichen Verhältnissen vor Ort (z.B. vorhandenen Mischkanalisationen in Baugebieten) Rechnung tragen zu können“. Nach den mit der Regelung verbundenen Intentionen des Gesetzgebers hat sie zudem „nur für die Errichtung von neuen Anlagen Bedeutung; bereits bestehende Mischkanalisationen können daher im bisherigen Umfang weiter betrieben werden.“ 102Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts“ vom 17. März 2009, Bundestagsdrucksache 16/12275, S. 68. 103Da der Mischwasserkanal, an den die Klägerseite ihr Grundstück auch wegen des – auf den hier streitgegenständlichen Flächen anfallenden – Niederschlags(-ab-)wassers anschließen soll, im Jahre 1991 und damit bereits vor Inkrafttreten des § 55 Abs. 2 WHG n.F., d. h. vor dem 1. März 2010, verlegt worden ist und das Grundstück zudem in einem durch eine vorhandene Mischwasserkanalisation erschlossenen Baugebiet liegt, ändert sich durch die in Rede stehende Regelung nichts an der Eignung des betroffenen „bestandsgeschützten“ Mischwasserkanals zur ordnungsgemäßen Entsorgung des auf den anliegenden Grundstücken anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers. 1043.2.2 Der „Bestandsschutz“ des Mischwasserkanals wird auch nicht durch die einschlägigen landesgesetzlichen Regelungen infrage gestellt, weil die Herstellung des Kanals auch auf einer vor dem 1. Juli 1995 gefassten Kanalnetzplanung beruht. 105Das Datum des 1. Juli 1995 ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, weil zu diesem Zeitpunkt für das Land Nordrhein-Westfalen erstmals eine „Bestandsschutzregelung“ für Mischwasserkanäle, die auf einer „nach bisherigem Recht genehmigten Kanalnetzplanung“ beruhten, in Kraft getreten ist [vgl. § 51a Abs. 4 S. 2 LWG in der Fassung der ab 1. Juli 1995 geltenden Bekanntmachung der Neufassung des LWG vom 25.06.1995 (GV NRW 1995, S. 926) – LWG a.F. (1995)]; der seinerzeit für die Abwasserbeseitigung bundesgesetzlich geltende § 18a WHG a.F. sah im Gegensatz zu § 55 Abs. 2 WHG n.F. (2010) noch keine speziellen Anforderungen an die Beseitigung von Niederschlags(-ab-)wasser vor. 106Die landesgesetzliche Regelung über den Bestandsschutz für Mischwasserkanäle war seinerzeit erforderlich geworden, weil die mit § 51a Abs. 1 LWG a.F. (1995) zugleich erstmals landesgesetzlich eingeführten Anforderungen an die Beseitigung von Niederschlagswasser von Grundstücken, die nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden, es – ohne die „Bestandsschutzregelung“ – an sich ausgeschlossen hätten, jedenfalls das auf den in § 51a Abs. 1 angesprochenen Grundstücken anfallende Niederschlags(-ab-)wasser über vorhandene Mischwasserkanäle zu beseitigen. Denn in § 51a Abs. 1 S. 1 LWG a.F. (1995) war geregelt, dass das auf den dort angesprochenen Grundstücken anfallende Niederschlags(-ab-)wasser vor Ort zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah in ein Gewässer einzuleiten ist, sofern dies ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit möglich ist, und in § 51a Abs. 4 S. 1 LWG a.F. (1995) war vorgesehen, dass von der Verpflichtung nach Abs. 1 das Niederschlags(-ab-)wasser ausgenommen ist, das ohne Vermischung mit Schmutzwasser in einer vorhandenen Kanalisation abgeleitet wird. 107In § 51a Abs. 4 S. 2 LWG a.F. (1995) wurde daher „bestandsschützend“ bestimmt, dass von der Verpflichtung nach Abs. 1 (auch) das Niederschlags(-ab-)wasser ausgenommen ist, das aufgrund einer „nach bisherigem Recht genehmigten Kanalisationsnetzplanung“ gemischt mit Schmutzwasser einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, wenn der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass (erst) durch § 58 Abs. 1 LWG in der ab dem 1. Juli 1995 geltenden Fassung die zuvor – nach § 58 Abs. 1 LWG in der bis dahin geltenden Fassung – bestehende Pflicht, Pläne zur Erstellung oder wesentlichen Veränderung von Kanalisationsnetzen für die öffentliche Abwasserbeseitigung genehmigen zu lassen, durch eine Anzeigepflicht ersetzt worden ist [vgl. zum Fortbestand einer Anzeigepflicht: § 57 Abs. 1 LWG (2016)]. 108Da ernstliche Anhaltspunkte dafür, dass die Herstellung des hier betroffenen Mischwasserkanals im Jahre 1991 nicht auf der Grundlage einer seinerzeit – also vor dem 1. Juli 1995 – „nach bisherigem Recht genehmigten Kanalnetzplanung“ erfolgt wäre, ebenso wenig bestehen wie dafür, dass der Aufwand für die Auflösung des im hier betroffenen Gebiet bestehenden Mischwassersystems nicht „wirtschaftlich unverhältnismäßig“ wäre, 109vgl. dazu, dass die Prüfung der hier in Rede stehenden wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit auch die Kosten für die Anpassung der vorhandenen Anlagen umfasst und bei der Prüfung der wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit grundsätzlich auf das gesamte Entwässerungsgebiet mit seiner abwassertechnischen Entwässerungssituation und nicht auf einzelne konkrete Grundstücke abzustellen ist: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 – 15 A 1695/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 31, 110ist auch aus landeswassergesetzlicher Sicht der hier betroffene Mischwasserkanal in dem Sinne „bestandsgeschützt“, dass die Entsorgung des auf den angeschlossenen/anzuschließenden Grundstücken anfallenden Niederschlags(-ab-)wassers über diesen Kanal wasserrechtskonform ist. 111An dieser Einschätzung ändert auch die Regelung in § 44 Abs. 1 S. 1 LWG n.F. (2016 – d.h. in der Fassung des „Gesetz zur Änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher Vorschriften“ vom 8. Juli 2016, GV NRW, 2016, S. 559 ff.) nichts, wie sich insbesondere aus der Einfügung des § 44 Abs. 1 S. 2 in das Landeswassergesetz durch das „Gesetz zur Änderung des Landeswasserrechts“ vom 4. Mai 2021 [LWG n.F. (2021) – GV NRW 2021, S. 559, 560 ff.] ergibt. 112In § 44 Abs. 1 S. 1 LWG n.F. (2016) ist bestimmt, dass Niederschlagswasser von Grundstücken, die nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden, nach Maßgabe des § 55 Abs. 2 WHG zu beseitigen ist. In § 44 Abs. 1 S. 2 LWG (2021) ist geregelt, dass Niederschlagswasser, das aufgrund einer „nach bisherigem Recht zugelassenen Kanalisationsnetzplanung“ gemischt mit Schmutzwasser einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, von der Verpflichtung nach § 44 Abs. 1 S. 1 LWG ausgenommen ist, wenn der technische oder wirtschaftliche Aufwand unverhältnismäßig ist. 113Nach den Gesetzesmaterialien dient die Bestimmung in § 44 Abs. 1 S. 2 LWG (2021) lediglich der klarstellenden Wiedereinfügung der Regelung in § 51a Abs. 3 LWG a.F., die bis zum 15. Juli 2016 galt, in das Gesetz [vgl. Landtagsdrucksache 17/9942 vom 25. Juni 2020, Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung des Landeswasserrechts, S. 28, 29 und 95) – Anm.: durch das „Gesetz zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften“ vom 3. Mai 2005 (GV NRW 2005, S. 463) war der frühere § 51a Abs. 4 LWG (1995) zum Abs. 3 geworden]; dabei sollte ausweislich der Gesetzesbegründung der Wortlaut der Regelung in § 44 Abs. 1 S. 2 LWG n.F. (2021) gegenüber dem Wortlaut der Regelung in § 51a Abs. 3 LWG a.F. (2005; entspricht § 51a Abs. 4 LWG 1995) lediglich insoweit angepasst werden, als das auf die Kanalnetzplanung bezogene Wort „genehmigten“ durch das Wort „zugelassenen“ ausgetauscht worden ist, weil auch „nach alter Rechtslage“ Kanalnetzplanungen nur noch anzuzeigen und nicht mehr zu genehmigen gewesen seien. In der Sache soll die Einfügung nach den Gesetzesmaterialien klarstellen, dass auch unter Geltung des § 55 Abs. 2 WHG Niederschlags(-ab-)wasser – unter den in § 44 Abs. 1 LWG n. F. genannten Voraussetzungen – weiterhin über das Mischwassernetz beseitigt werden kann. 114Unter dem Begriff der „nach bisherigem Recht genehmigten/zugelassenen Kanalisationsnetzplanung“ dürfte im Hinblick auf den gesetzgeberischen Willen, die Regelung in § 51a Abs. 3 LWG a.F., die bis zum 15. Juli 2016 galt, lediglich „klarstellend“ wieder einfügen zu wollen, allerdings nur eine Kanalisationsnetzplanung zu verstehen sein, die bei dem erstmaligen Inkrafttreten des § 51a Abs. 3 LWG a.F. – damals noch als Abs. 4 – zum 1. Juli 1995 [vgl. Bekanntmachung der Neufassung des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Juni 1995 (GV NRW 1995, 926)] genehmigt bzw. zugelassen war. 115Auch bei Anlegung der hier in Rede stehenden landesgesetzlichen „Bestandsschutzmaßstäbe“ sind aber die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Beseitigung von Niederschlags(-ab-)wasser über einen Mischwasserkanal erfüllt. Denn der hier betroffene Mischwasserkanal ist bereits im Jahre 1991 verlegt worden und es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Herstellung dieses Kanals nicht einer – vor dem 1. Juli 1995 gefassten, d.h. – genehmigten/zugelassenen Kanalisationsnetzplanung der Beklagten im Sinne des § 58 LWG a.F. entsprochen hätte. Fraglos wäre auch die Einführung einer getrennten Abwasserentsorgung in dem hier betroffenen Gebiet, das bislang durch ein Mischwasserkanalnetz erschlossen ist, nach ihrem wirtschaftlichen Aufwand im Sinne des § 44 S. 2 LWG 2021 unverhältnismäßig. 1163.3 Vor diesem wasserrechtlichen Hintergrund hat die Beklagte die begehrte Freistellung auch in ermessensfehlerfreier Weise abgelehnt. 117Die seinerzeit getroffene gemeindliche Entscheidung für den Bau einer mithin wasserrechtskonformen, „bestandsgeschützten“ Mischwasserkanalisation lenkt nämlich zugleich eine auf Antrag zu treffende Ermessensentscheidung über ein Freistellungsbegehren in der Weise, dass ein Freistellungsantrag in aller Regel abzulehnen ist (sog. „intendiertes Ermessen“). Erfüllt nämlich eine Abwasserbeseitigung über den Mischwasserkanal – wie hier – die Zielsetzung des einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung im Sinne des § 44 Abs. 1 LWG (2016/2021) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 WHG, verhindert die Ablehnung der Freistellung in legitimer Weise, dass die („bestandsgeschützte“) Konzeption der Kommune im Sinne des § 47 LWG n.F. (2016) [entspricht § 53 Abs. 1a und 1b LWG a. F. (2005)], die einheitliche Entwässerung des Niederschlags(-ab-)wassers im betroffenen Gebiet über einen Mischwasserkanal sicherzustellen, nachträglich entwertet wird. 118Vgl. zum „intendierten Ermessen“ im genannten Sinne für einen Fall, in dem sich die Gemeinde für den Bau einer Trennkanalisation entschieden hatte, bzgl. der – § 49 Abs. 4 Satz 1 LWG n.F. (2016) entsprechenden – Regelung in § 53 Abs. 3a Satz 1 LWG a.F. (2005): OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2012 – 15 A 48/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 40; vgl. zum „ermessensintendiert“ fehlenden Freistellungsanspruch für einen Fall „wirtschaftlichen Bestandsschutzes“ im Sinne des § 51 Abs. 3 LWG a.F. [= in der Zeit vom 1. Juli 1995 (bis 12. Mai 2005 als § 51 Abs. 4 geltend) bis zum 15. Juli 2016 geltende Fassung], in dem sich die Gemeinde in einer nach bisherigem Recht (= einer vor dem 1. Juli 1995) genehmigten Kanalisationsnetzplanung für eine Niederschlags(-ab-)wasserentsorgung über eine Mischwasserkanalisation entschieden hatte: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 1. September 2010 – 15 A 1635/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 32 ff.. 119Mit anderen Worten: Ein Freistellungsantrag wird in der beschriebenen Konstellation nur in atypischen Sonderfällen Erfolg haben können, denn die Gemeinde darf das in dem (wasserrechtsgemäßen) Bau der Mischkanalisation zum Ausdruck kommende Konzept einer zentralisierten Beseitigung des Niederschlags(-ab-)wassers in dem betroffenen Bereich schützen, indem sie durch eine restriktive Freistellungspraxis einen hohen Anschlussgrad und dadurch u.a. die breite Finanzierung ihrer Anlagen durch die Anschlussnehmer sichert. 120Trifft die Behörde – wie hier durch die Ablehnung der Freistellung – die (gesetzlich) intendierte (Ermessens-)Entscheidung, bedarf diese Entscheidung auch keiner weiteren Begründung bgzl. der Ermessensausübung. 121Vgl. in diesem Sinne für Fälle des intendierten Ermessens allgemein z.B.: Rennert in Eyermann, Kommentar zur VwGO, 15. Auflage, 2019, zu § 114 Rdnr 15; Riese in Schoch und andere, Verwaltungsgerichtsordnung, Loseblattkommentar, zu § 114 Rn. 29 (Stand: Februar 2019), jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 122Etwas anderes gälte nur dann, wenn ein atypischer Sonderfall vorläge. 123Ernstliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls bestehen hier aber nicht. 124Ein solcher Sonderfall lässt sich nicht aus dem Umstand ableiten, dass die Klägerseite das auf dem Grundstück anfallende Niederschlags(-ab-)wasser auf dem Grundstück bzw. auf einem Nachbargrundstück versickern lässt oder es ggf. ortsnah in ein Gewässer einleitet. Angesichts der bestehenden, gerade auch das Niederschlags(-ab-)wasser betreffenden Abwasserüberlassungspflicht und des berechtigten Anliegens der beklagten Gemeinde, ihre – den wassergesetzlichen Anforderungen wie dargelegt entsprechende – Abwasserkonzeption, d. h. hier die Entsorgung des Niederschlags(-ab-)wassers im betroffenen Gebiet über den geschaffenen Mischwasserkanal, zu schützen, stehen der Bewertung von – verbreitet auftretenden – „Bewässerungsinteressen“ oder sonstigen, etwa auch ökologisch motivierten Interessen an einer „Eigenentsorgung“ als „Sonderfall“ im hier in Rede stehenden Sinne entgegen. 125Dass ein Anschluss der streitgegenständlichen Flächen zur Folge haben wird, dass die Klägerseite auch wegen dieser Flächen Niederschlagswassergebühren zu zahlen haben wird, spricht vor diesem Hintergrund nicht gegen, sondern vielmehr für eine Ablehnung der begehrten Freistellung. Denn es besteht ein legitimes Interesse, durch die Ablehnung einer Freistellung zur Sicherung einer hohen Anschlussquote zugleich die abwassergebührengestützte Finanzierungsbasis der wasserrechtsgemäß verwirklichten Entwässerungskonzeption auch aus Gründen der „Abgabengerechtigkeit“, d. h. aus Gründen einer sachlich angemessenen Abgabenverteilung auf die bei der Entwässerungskonzeption als potentiell zu entwässernd berücksichtigten Grundstücke, gegenüber einer Erosion an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossener bzw. noch anzuschließender – d. h. gebührenwirksamer bzw. nach Verwirklichung des Anschlussanspruchs der Gemeinde gebührenwirksam werdender – Flächen zu schützen. 126Ein Sonderfall liegt auch nicht etwa deswegen vor, weil das auf den streitgegenständlichen Flächen anfallende Niederschlags(-ab-)wasser schon seit längerer Zeit – d.h. hier seit mehreren Jahrzehnten – nicht in den öffentlichen Kanal eingeleitet wird, sondern vom Nutzungsberechtigten seinerzeit in eine anderweitige Beseitigung, sprich in eine Versickerung des Niederschlags(-ab-)wassers auf dem Grundstück bzw. dem Nachbargrundstück investiert worden ist. 127Ein unter dem Gesichtspunkt rechtsstaatlichen Handelns [Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG)] eventuell schutzwürdiges – und durch eine Freistellung ggf. zu bewehrendes – Vertrauen auf den Fortbestand der derzeitigen Entwässerungssituation könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgänger bei Schaffung dieser Entwässerungssituation – also im Zeitpunkt der Betätigung eines eventuellen Vertrauens in deren Fortbestand – im Besitz aller für eine solche Behandlung des Niederschlags(-ab-)wassers erforderlichen wasser- und einrichtungsrechtlichen Genehmigungen gewesen wäre. Das ist aber nicht der Fall; denn jedenfalls die notwendige wasserrechtliche Erlaubnis für eine Versickerung des Niederschlags(-ab-) wassers auf dem Grundstück oder gegebenenfalls für dessen ortsnahe Einleitung in ein Gewässer hat es nie gegeben. 128Im Übrigen unterliegen der Abwasserüberlassungsanspruch des Abwasserbeseitigungspflichtigen nach § 48 LWG – und auch der sich aus der Entwässerungssatzung der Beklagten ergebende Anschluss- und Benutzungszwang bezüglich der gemeindlichen Entwässerungseinrichtung – grundsätzlich weder der Verjährung noch der Verwirkung. Dies ergibt sich aus der Zweckbestimmung dieser Ansprüche, die der einer ordnungsbehördlichen Maßnahme der Gefahrenabwehr gleicht. Gefahrenabwehrrechtliche Eingriffsbefugnisse sind zumindest in aller Regel nicht verjährungs- und verwirkungsfähig. 129Vgl. in diesem Sinne für den Anschluss- und Benutzungszwang : OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2016 – 15 A 1068/15 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 48 f. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 130Zudem lässt sich mit der Behauptung, dass die letzten Hochwasserereignisse gezeigt hätten, dass der städtische Mischwasserkanal nicht in der Lage sei, sämtliche eingeleiteten Abwässer aufzunehmen, nicht begründen, dass hier ein Sonderfall vorläge. Dass der Schutzzweck der Überlassungspflicht und eines daran anschließenden Anschlusszwangs für Niederschlags(-ab-)wasser, der darin besteht, Wasserschäden an und Überschwemmungen von benachbarten Grundstücken und Verkehrsflächen entgegenzuwirken, 131vgl. in diesem Sinne für den Anschluss- und Benutzungszwang : OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2016 – 15 A 1068/15 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 16 f. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung, 132nicht deswegen entfällt, weil die Kapazität von Kanalisationen immer nur auf die Aufnahme eines bestimmten, üblichen technischen Standards entsprechenden Berechnungsregens und nicht auf die Aufnahme von demgegenüber gravierenderen Starkregenereignissen oder gar von „Katastrophenregen“ ausgerichtet ist, versteht sich vor dem Hintergrund des unverhältnismäßigen finanziellen Aufwandes, den deutlich höhere Kanalkapazitäten für statistisch recht seltene Regenereignisse nach sich zögen, von selbst. 133Soweit die Klägerin schließlich geltend gemacht hat, dass die Beklagte sich in der Vergangenheit selbst mehrfach eine Ausnahme zum gemeinwohlverträglichen Versickern erteilt habe, wenn sie selbst betroffen gewesen sei, hilft ihr auch dies nicht weiter, weil die Beklagte gerichtbekanntermaßen früher generell eine großzügigere „Befreiungspraxis“ an den Tag gelegt hat, die sie – mit Blick auf die „Erosion“ angeschlossener Flächen – mittlerweile aufgegeben hat. Soweit es in diesem Zusammenhang um eine einen größeren zusammenhängenden Bereich betreffende Umstellung gegangen sein sollte, bei der unter Aufgabe der bisherigen Entwässerung des in dem Bereich anfallenden Abwassers über einen Mischwasserkanal ein wie auch immer geartetes „Trennsystem“ eingerichtet worden wäre, wäre ein solcher Fall mit dem vorliegenden ohnehin nicht zu vergleichen; denn dort wäre es um eine Änderung der Entwässerungskonzeption allgemein für ein ganzes Gebiet gegangen und nicht wie hier um eine bloße Ausnahme für einen Einzelfall von einer im Übrigen fortbestehenden Entwässerungskonzeption. 134Angesichts dessen, dass die Beklagte ihr Ermessen in der intendierten Richtung ausgeübt, nämlich die Freistellung abgelehnt hat, und sich ihr auch das Vorliegen einer – wie dargelegt nicht bestehenden – Sondersituation nicht aufdrängen musste, war eine besondere Begründung der Ablehnung als bloße Darstellung des selbstverständlichen Ergebnisses der „so intendierten“ Ermessensausübung entbehrlich. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob auch die im Bescheid eigens angeführten Erwägungen diese Entscheidung getragen hätten, nicht weiter an. 135Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 136Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO). 137Rechtsmittelbelehrung: (2021/22) 138Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 139Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 140Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 141Die Berufung ist nur zuzulassen, 1421. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1432. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1443. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1454. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1465. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 147Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 148Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 149Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 150Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 151Beschluss: 152Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG) 153Rechtsmittelbelehrung: 154Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 155Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 156Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 157Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 158Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 159War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch leistung einer sicherheit oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin ist ausweislich des grundbuchs (bl. 61 ff. beiakte heft 1) seit dem jahre 2005 eigentümerin des 509 m² großen, streitgegenständlichen grundstücks mit der postalischen bezeichnung „s.----straße 00“ in t. (gemarkung i. , flur 00, flurstück 000), das sie von ihrer mutter erworben hat. 3das grundstück ist mit einem wohnhaus und garagen bebaut. 4über das streitgegenständliche grundstück verläuft ein abschnitt des öffentlichen mischwasserkanals, der im jahre 1991 hergestellt worden ist [bl. 59 beiakte heft 1 (= schreiben der beklagten vom 29. juli 2020 an die klägerin); bl. 21 und 23 beiakte heft 1 (baulasteintragung und plan zur baulast zugunsten des flurstücks 000 vom 12. dezember 1991); bl. 11 beiakte heft 1 (auszug aus dem gis-portal mit kanaltrassen)]. 5die über das grundstück führende trasse des mischwasserkanals ist bislang im grundbuch nicht gesichert (vgl. schreiben der stadt vom 29. juli 2020 an die klägerin – bl. 59 beiakte heft 1). an den mischwasserkanal ist das grundstück aber mit dem im gebäude anfallenden schmutzwasser – nach den eigenen angaben der klägerin seit dem jahre 1991 (vgl. schreiben vom 20. mai 2021 – bl. 77 beiakte heft 1) – angeschlossen (vgl. vermerk über den ortstermin vom 15. juli 2020 – bl. 47 beiakte heft 1). 6ferner hatte der damalige eigentümer des streitgegenständlichen grundstücks im jahre 1991 zugunsten des nachbarflurstücks 000 die baulast übernommen, die verlegung, nutzung und wartung einer entwässerungsleitung zu dulden [vgl. bl. 21 bis 23 beiakte heft 1 (baulasterklärung, baulasteintragung und plan zur baulast zugunsten des flurstücks 000 vom 12. dezember 1991); ausweislich des zugehörigen lageplanes betraf die baulast eine leitung, deren trasse von dem flurstück 000 über teile des flurstücks 000 hin zu dem auf diesem flurstück bereits seinerzeit verlaufenden (mischwasser-)kanal führte. 7das streitgegenständliche grundstück grenzt nicht unmittelbar an eine öffentliche straße an (vgl. pläne bl. 7, 11, 31 beiakte heft 1). 8im jahre 1972 übernahm die damalige eigentümerin der flurstücke 000 und 000 anlässlich der absicht des damaligen eigentümers des flurstücks 000, auf diesem grundstück zwei garagen zu errichten, die öffentlich-rechtliche verpflichtung (baulast), eine zuwegung über ihre oben genannten grundstücke in der breite des geplanten fußweges von baulichen anlagen und sonstigen hindernissen freizuhalten, um die zufahrt zu den garagen zu sichern (vgl. baulastübernahmeerklärung: bl. 24 beiakte heft 1, zugehöriger plan: bl. 25 beiakte heft 1); ausweislich des lageplans zur baulastübernahme wurde über diese „zuwegung“ die verbindung des flurstücks 000 über den auf den zwischenliegenden grundstücken führenden privaten weg zum „hauptzug“ der s.----straße durch baulast gesichert. 9mit bescheid vom 2. november 2006 (vgl. bl. 39 ff. beiakte heft 1) erteilte die beklagte der klägerin die (bau-)genehmigung, das auf dem streitgegenständlichen grundstück befindliche wohnhaus geringer höhe durch errichtung einer außentreppe und eines zwerchgiebels zu erweitern. unter nr. 20 der dem bescheid beigegebenen „allgemeinen hinweise“ war dabei ausgeführt, dass die entwässerung nicht in einem baugenehmigungsverfahren genehmigt werde und neben den bestimmungen des bauordnungsrechts auch die regelungen der städtischen abwasserbeseitigungssatzung zu beachten seien und diese satzung regelungen zum anschluss- und benutzungszwang enthalte. in der der genehmigung zugrunde liegenden baubeschreibung war zur grundstücksentwässerung angegeben: „durch öffentliche sammelkanalisation; vorhanden“ (vgl. bl. 35 beiakte heft 1). 10im zuge einer überprüfung der grundstücksverhältnisse wegen der veranlagung zu den niederschlagswassergebühren ließ die klägerin im jahre 2013 gegenüber der beklagten erklären, dass das grundstück wegen des niederschlags(-ab-)wassers nicht an den öffentlichen kanal angeschlossen sei (vgl. bl. 2 beiakte heft 1). bei einem daraufhin durchgeführten gemeinsamen ortstermin vom 2. april 2014 (vgl. vermerk der beklagten vom 2. april 2014 – bl. 6 beiakte heft 1) stellten mitarbeiter der beklagten fest, dass das niederschlags(-ab-)wasser aller bebauten flächen (wohnhaus, garagen) und unbefestigten flächen (garagenzufahrt, hauszuwegung) über eine gemeinsame rohrleitung unterhalb der privatstraße auf die wiese des nachbarn geleitet wurde, wo es frei auslaufen konnte; durch eine „nebelprüfung“ wurde ausgeschlossen, dass bebaute und/oder befestigte flächen am kanal angeschlossen waren. 11mit schreiben vom 19. mai 2020 (vgl. bl. 43 beiakte heft 1) teilte die beklagte der klägerin sinngemäß mit, dass das grundstück ausweislich der vorliegenden planunterlagen bebaute flächen im umfang von 145 m² und befestigte flächen im umfang von 115 m² aufweise. diese flächen seien nach dem ergebnis des ortstermins vom 2. april 2014 nicht an den im jahr 1994 (!?) erstellten mischwasserkanal auf dem grundstück angeschlossen. nach § 48 landeswassergesetz für das land nordrhein-westfalen (lwg) bestehe aber für das auf bebauten und befestigten flächen auftreffende niederschlagswasser grundsätzlich eine abwasserüberlassungspflicht gegenüber der gemeinde. da vorliegend weder eine wasserrechtliche erlaubnis zur einleitung von niederschlags(-ab-)wasser in das grundwasser noch eine freistellung von der abwasserbeseitigungspflicht vorliege und das grundstück durch einen mischwasserkanal erschlossen sei, bestehe die überlassungspflicht gegenüber der gemeinde und der nach § 5 und 6 der städtischen entwässerungssatzung angeordnete anschluss- und benutzungszwang für den kanal auch in vorliegendem fall. abschließend forderte die beklagte die klägerin in dem schreiben formlos und fruchtlos auf, den anschluss an den kanal für das auf den bebauten und befestigten flächen auftreffende niederschlags(-ab-) wasser herzustellen. 12mit schreiben vom 7. august 2020 (vgl. bl. 51 beiakte heft 1) gab die beklagte der klägerin gelegenheit, zu der beabsichtigten forderung, von ihr den anschluss der bebauten und befestigten flächen des grundstücks wegen des dort auf treffenden niederschlags(-ab-)wassers an den öffentlichen mischwasserkanal, stellung zu nehmen. 13daraufhin führte die klägerin mit schreiben ihres späteren prozessbevollmächtigten vom 22. oktober 2020 (vgl. bl. 56 beiakte heft 1), im wesentlichen folgendes aus: 14die versickerung des niederschlags(-ab-)wassers erfolge seit jeher so wie gegenwärtig. die bebauung und befestigung des grundstücks habe sich nicht geändert. 15in der zeit, als ihre mutter noch eigentümerin des grundstücks gewesen sei, sei eine genehmigung zur versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück sowohl von den entsorgungsbetrieben t. als auch durch die untere wasserbehörde erteilt worden. allein aus diesem grunde habe sie auch einen anspruch auf befreiung von der anschlusspflicht. die möglichkeit eines gemeinwohlverträglichen versickerns auf dem grundstück sei damals bereits festgestellt worden; eine freistellung von der überlassungspflicht liege ebenfalls vor. hier komme hinzu, dass eine quelle am grundstück entlang laufe, so dass das niederschlags(-ab-)wasser gemeinwohlverträglich dort versickern könne. ein anschluss- und benutzungszwang sei unverhältnismäßig. 16im übrigen sei im jahre 1991 ein mischwasserkanal errichtet worden, der über das streitgegenständliche grundstück verlaufe, für den es aber weder ein vertraglich vereinbartes noch ein dinglich gesichertes nutzungsrecht gebe. es bestehe auch kein zwingendes erfordernis für einen mischwasserkanal an eben dieser stelle. eine leitungsverlegung könne auch über öffentlichen grund verlaufen. daher gehe sie davon aus, dass sie grundsätzlich berechtigt wäre, eine unterlassung der leitung von abwasser über den mischwasserkanal zu fordern. die von der beklagten im juli 2020 gegenüber der klägerin geäußerte bitte, eine beschränkt persönliche dienstbarkeit auf dem grundstück zu beantragen, wäre mit einer erheblichen wertminderung des grundstücks verbunden, zumal sie aufgrund eines schutzstreifens ihr grundstück nicht mehr so nutzen könnte, wie beabsichtigt. nichtsdestotrotz sei sie an einer einvernehmlichen regelung interessiert. 17mit schreiben vom 15. märz 2021 (vgl. bl. 66 beiakte heft 1) teilte die beklagte der klägerin demgegenüber mit, dass sie an ihrer anschlussforderung festhalte und führte in diesem zusammenhang im wesentlichen folgendes aus: das von privatgrundstücken umgebene grundstück der klägerin werde durch den auf dem grundstück verlaufenden mischwasserkanal erschlossen. dieser kanal werde von den voreigentümern und der klägerin seit jahrzehnten dazu genutzt, das auf dem grundstück entstehende schmutzwasser vom grundstück abzuleiten. ferner wies die beklagte auf die bestehende baulast zugunsten einer entwässerungsleitung für das nachbarflurstück 000 hin sowie darauf, dass die klägerin im zuge der erteilung der baugenehmigung aus dem jahre 2006 auf die regelungen der entwässerungssatzung zum anschluss- und benutzungszwang hingewiesen worden sei. eine wasserrechtliche erlaubnis der unteren wasserbehörde zur versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück oder zur einleitung in eine quelle oder ein gewässer sei nicht erteilt worden; auch ein schriftlicher nachweis für die gemeinwohlverträgliche versickerung auf dem grundstück (hydrogeologisches gutachten) liege nicht vor. eine freistellung von der abwasserüberlassungspflicht sei zu keinem zeitpunkt erteilt worden. 18dem hielt die klägerin mit anwaltlichem schreiben vom 19. april 2021 (vgl. bl. 68 f. beiakte heft 1) folgendes entgegen: 19zugunsten des städtischen mischwasserkanal bestehe weder eine baulast noch eine grunddienstbarkeit. das städtische angebot auf eintragung einer grunddienstbarkeit habe die klägerin inzwischen abgelehnt. 20auch nach der im jahre 1994 von dem rechtsvorgänger der klägerin geforderten abgabenerklärung sei das niederschlags(-ab-)wasser weiterhin auf dem grundstück gemeinwohlverträglich versickert worden. die freistellung von der abwasserüberlassungspflicht gelte als erteilt, weil das gesamte niederschlags(-ab-) wasser seit dem 01. januar 1996 auf dem grundstück beseitigt worden sei und die beklagte in dieser zeit ihren anschluss- und benutzungszwang nicht geltend gemacht habe. die baugenehmigung aus dem jahre 2006 habe mit dem kanal nichts zu tun. 21die beklagte habe in der vergangenheit mehrfach eine ausnahme zum gemeinwohlverträglichen versickern erhalten, wenn sie selbst betroffen gewesen sei. auch für das klägerische grundstück gelte, dass bei einer versickerung vor ort verhindert werden könne, dass der grundwasserspiegel weiter absinke. 22schließlich beantragte die klägerin mit dem schreiben vom 19. april 2021 (vgl. bl. 68 rückseite beiakte heft 1) die zustimmung der beklagten – als trägerin der entwässerungseinrichtung und als untere wasserbehörde – zur gemeinwohlverträglichen versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück oder zur einleitung des niederschlags(-ab-)wassers in eine quelle oder ein gewässer. 23mit schreiben vom 26. april 2021 (vgl. bl. 72 f. beiakte heft 1) gab die beklagte der klägerin – unter hinweis darauf, dass der antrag auf wasserrechtliche erlaubnis an den stadtdienst natur und umwelt, der bei der beklagten die aufgaben der unteren wasserbehörde wahrnimmt, weitergeleitet worden sei, – gelegenheit, zu der beabsichtigten ablehnung des antrages auf freistellung von der abwasserüberlassungspflicht stellung zu nehmen. in diesem zusammenhang führte die beklagte sinngemäß im wesentlichen folgendes aus: der antrag auf freistellung von der abwasserüberlassungspflicht habe keine aussicht auf erfolg, weil wesentliche voraussetzung hierfür sei, dass das grundstück erstmals vor dem 1. januar 1996 bebaut oder an die kanalisation angeschlossen worden sei. das streitgegenständliche grundstück sei aber bereits lange vor dem jahr 1996 bebaut und auch schon im jahre 1992 durch einen mischwasserkanal erschlossen gewesen. die für eine versickerung vor dem jahre 1996 erforderliche wasserrechtliche erlaubnis sei für das grundstück weder beantragt noch der erteilt worden. 24nachdem die klägerin mit schreiben vom 20. mai 2021 (bl. 77 beiakte heft 1) im wesentlichen geltend gemacht hatte, dass das niederschlags(-ab-)wasser seit dem jahre 1994 gemeinwohlverträglich auf dem grundstück versickert werde, aber auch ortsnah in eine quelle oder ein gewässer eingeleitet werden könne, lehnte die beklagte mit dem hier angefochtenen bescheid vom 30. august 2021, den späteren prozessbevollmächtigten der klägerin am 2. september 2021 zugestellt (bl. 79 ff. beiakte heft 1), den antrag nach § 49 abs. 4 lwg auf freistellung von der abwasserüberlassungspflicht wegen des auf den bebauten und befestigten flächen des streitgegenständlichen grundstücks anfallenden niederschlags(-ab-)wassers ab. 25zur begründung nahm die beklagte auf ihre abwasserbeseitigungspflicht nach § 46 lwg, die abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg sowie darauf bezug, dass keine ausnahme von dieser pflicht nach § 49 abs. 4 lwg und auch keine wasserrechtliche erlaubnis – für die derzeit erfolgende beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück – vorliege. ergänzend führte sie aus, dass bei der bewertung der wasserwirtschaftlichen belange anzuführen sei, dass die mischwasserkanalisation für den anschluss aller grundstücke bemessen sei und insbesondere verhindern könne, dass zum beispiel ablagerungen in der kanalisation entstünden, die bei starkregenereignissen in die vorfluter entlastet würden. ferner sollten die abwassertechnischen investitionen in die öffentliche abwasseranlage nicht nachträglich dadurch entwertet werden, dass sich grundstückseigentümer nicht an einen mischwasserkanal anschlössen. die übergangsregelung nach § 49 abs. 4 s. 2 lwg greife nicht, weil das (streitgegenständliche) grundstück bereits vor dem 1. januar 1996 von dem öffentlichen mischwasserkanal erschlossen worden sei. ferner wiederholte sie im wesentlichen ihre ausführungen aus der vorangegangenen korrespondenz und schloss mit der feststellung, dass unter berücksichtigung und abwägung aller von ihr genannten und für den sachverhalt relevanten tatsachen der antrag auf freistellung abzulehnen gewesen sei. 26am 27. september 2021 hat die klägerin klage erhoben, mit der sie ihr freistellungsziel weiter verfolgt. zur begründung wiederholt sie im wesentlichen ihren vortrag aus dem vorangegangenen verwaltungsverfahren. ergänzend hat sie folgendes vorgetragen: 27über einen zeitraum von fast 30 jahren seien die klägerin bzw. ihre rechtsvorgänger nie aufgefordert worden, das niederschlags(-ab-)wasser in den kanal einzuleiten. da das niederschlags(-ab-)wasser seit jeher gemeinwohlverträglich auf dem grundstück versickere, sei dessen ordnungsgemäße beseitigung sichergestellt, sodass sie sich gegenüber einer forderung der beklagten auf dessen überlassung bzw. nach anschluss an den kanal wegen des niederschlags(-ab-)wassers auf bestandsschutz berufen könne. abgesehen davon widerspreche die einleitung von niederschlags(-ab-)wasser in einen mischwasserkanal den gesetzlichen konzeptionen und sei ökologisch wie ökonomisch nicht sinnvoll, wenn das niederschlags(-ab-)wasser wie hier gemeinwohlverträglich auf dem grundstück oder ortsnah in ein gewässer (bach/quelle) entsorgt werden könne. zudem hätten die letzten hochwasserereignisse gezeigt, dass der städtische mischwasserkanal nicht in der lage sei, sämtliche eingeleiteten abwässer aufzunehmen. im übrigen scheine es der beklagten ausschließlich um die realisierung von niederschlagswassergebühren zu gehen. 28die klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 29die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 30. august 2021 zu verpflichten, ihr wegen der bebauten und befestigten flächen des grundstücks s.----straße 00 in t. , die nicht an die öffentliche kanalisation angeschlossen sind, die beantragte freistellung von der abwasserüberlassungspflicht für das niederschlags(-ab-)wasser zu erteilen. 30die beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 31die klage abzuweisen. 32zur begründung wiederholt und vertieft die beklagte ihre ausführungen aus dem verwaltungsverfahren. ergänzend hat sie sinngemäß folgendes ausgeführt: 33die klägerseits angeführte fiktion der freistellung – nach § 49 abs. 4 s. 2 lwg – greife hier zum einen nicht, weil das streitgegenständliche grundstück bereits vor dem 1. januar 1996 erstmals bebaut und (wegen des schmutzwassers) an den kanal angeschlossen worden ist. darüber hinaus hätten die voreigentümer der klägerin auch schon vor dem 1. januar 1996 für eine versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück oder zu dessen (ortsnaher) einleitung in ein gewässer eine wasserrechtliche erlaubnis benötigt, die jedoch zu keinem zeitpunkt erteilt worden sei. die klägerseits angeführte quelle beginne im übrigen auf dem flurstück 000. dieses grundstück schließe sich zwar unmittelbar an das streitgegenständliche flurstück 000 an; die quelle liege jedoch auf der davon abgewandten seite des nachbargrundstücks, das seinerseits nicht im alleineigentum der klägerin stehe. abgesehen davon sei auch für eine einleitung in dieses gewässer eine wasserrechtliche erlaubnis nötig. 34entgegen der behauptung der klägerin habe die beklagte den anschluss- und benutzungszwang wiederholt geltend gemacht. so sei bei der antragstellung auf erweiterung des wohngebäudes im jahre 2005 sowie in der baugenehmigung aus dem jahre 2006 auf die städtische abwasserbeseitigungssatzung und den darin geregelten anschluss- und benutzungszwang hingewiesen worden. ferner sei die klägerin bei den ortstermin im jahre 2014 und 2020 über diesen zwang belehrt worden. 35im übrigen unterliege der anschluss- und benutzungszwang weder einer verjährung noch einer verwirkung. 36der kläger sei im übrigen im vorfeld (schreiben vom 19. mai 2020 – bl 43 rückseite beiakte heft 1) erläutert worden, dass die möglichkeit bestehe, das niederschlags(-ab-) wasser zur gartenbewässerung aufzufangen, dabei jedoch an dem auffangbehälter ein überlauf mit anschluss an das öffentliche abwassersystem herzustellen sei. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 38 | 39der einzelrichter, dem die kammer das verfahren nach § 6 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zur entscheidung übertragen hat, konnte gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil sich die beteiligten damit einverstanden erklärt haben. 40die verpflichtungsklage auf erteilung der klägerseits bei der beklagten beantragten freistellung nach § 49 abs. 4 landeswassergesetz für das land nordrhein-westfalen der fassung vom 8. juli 2016 (lwg) von der abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg für das auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser ist zulässig, aber unbegründet. 41die klägerin bedarf der begehrten freistellung im sinne des § 49 abs. 4 s. 1, 2. alt. lwg von der abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg für das auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser durch die beklagte, weil die abwasserbeseitigungspflicht hierfür bislang mit der folge bei der beklagten gemeinde liegt, dass diese einen abwasserüberlassungsanspruch hat (1.), und die freistellung auch nicht schon kraft gesetzes als erteilt gilt (2.); der angefochtene bescheid vom 30. august 2021, mit dem die beklagte die klägerseits (mithin erforderlicherweise) begehrte freistellung abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, weil sie keinen anspruch auf die freistellung hat [§ 113 abs. 5 s. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) – (3.)]. 421. 43die klägerin bedarf der begehrten freistellung im sinne des § 49 abs. 4 s. 1, 2. alt. lwg von der abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg für das auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser, weil die abwasserbeseitigungspflicht hierfür bislang bei der beklagten gemeinde liegt. 441.1 das institut der „freistellung“ steht im zusammenhang mit der gesetzgeberischen entscheidung, die aufgabe der abwasserbeseitigung grundsätzlich den gemeinden und nur ausnahmsweise einem anderen zu übertragen bzw. auf einen anderen übergehen zu lassen [vgl. § 46 abs. 1 s. 1 und §§ 49 - 53 lwg, durch die § 56 wasserhaushaltsgesetz (whg) landesrechtlich ausgefüllt wird] und der gemeinde zur ermöglichung ihrer abwasserbeseitigungsaufgabe einen anspruch auf überlassung des abwassers zuzusprechen (§ 48 s. 1 lwg). dementsprechend bestünde eine abwasserüberlassungspflicht der klägerseite an die beklagte gemeinde nicht, wenn die gemeinde nicht selbst abwasserbeseitigungspflichtig wäre. hier besteht aber eine überlassungspflicht für das auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser an die beklagte gemeinde, von der die klägerseite nach § 49 abs. 4 s. 1, 2. alt. lwg freigestellt werden will, weil die abwasserbeseitigungspflicht nicht (ausnahmsweise) auf eine andere juristische oder private person übertragen/übergegangen ist. 45nach maßgabe der regelungen in §§ 49 - 53 lwg kommt hier eine übertragung bzw. ein übergang der abwasserbeseitigungspflicht auf eine andere person anstelle der gemeinde als auf die person des (jeweiligen) nutzungsberechtigten (= eigentümer) des betroffenen grundstücks ohnehin nicht ernstlich in betracht. aber auch eine übertragung an bzw. ein übergang auf den (jeweiligen) nutzungsberechtigten (= eigentümer) des streitgegenständlichen grundstücks ist nicht erfolgt. 46da die übergangsregelung in § 51 lwg hier nicht einschlägig ist (1.1.1), setzte ein übergang der abwasserbeseitigungspflicht für das auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser an den (jeweiligen) nutzungsberechtigten die erfüllung der tatbestandsvoraussetzungen des § 49 abs. 4 lwg voraus (1.1.2). 471.1.1 nach der in der gesetzlichen überschrift als solche bezeichneten „übergangsregelung“ in § 51 s. 1 lwg hat bis zur übernahme des abwassers durch die abwasserbeseitigungspflichtige gemeinde derjenige das abwasser zu beseitigen, bei dem das abwasser anfällt. diese übergangsregelung in § 51 lwg ist hier nicht einschlägig, weil die möglichkeit der übernahme des (niederschlags-)abwassers durch die gemeinde in den teilweise über das streitgegenständliche grundstück verlaufenden – im wasserrechtlichen sinne „bestandsgeschützten“ (s. dazu des näheren die entsprechenden ausführungen unter 3.2) – mischwasserkanal besteht. 48der eignung dieses kanals zur übernahme des abwassers durch die gemeinde im sinne des § 51 lwg wird nicht dadurch infrage gestellt, dass seine trasse im grundbuch bislang nicht gesichert ist. die klägerin kann die beseitigung des kanals von ihrem grundstück nämlich nicht ohne weiteres verlangen. 49einem erfolg eines solchen verlangens dürfte nämlich entgegenstehen, dass nach § 93 whg i.v.m. § 99 lwg die zuständige behörde eigentümer und nutzungsberechtigte von grundstücken – ggf. gegen leistung einer entschädigung im sinne des § 95 whg – u.a. dazu verpflichten kann, das durchleiten von abwasser sowie die errichtung und unterhaltung der dazu dienenden anlagen zu dulden, soweit dies zur entwässerung von grundstücken oder zur abwasserbeseitigung erforderlich ist (vgl. insoweit § 93 s. 1 whg) und das vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem vorhaben zu erwartende nutzen erheblich größer als der nachteil des betroffenen ist (vgl. insoweit § 93 s. 2 i.v.m. § 92 s. 2 whg), und wenn des weiteren das abwasser – jedenfalls wie hier – unterirdisch und in dichten leitungen durchgeleitet werden soll (vgl. insoweit § 99 s. 2 lwg, mit dem das land nordrhein-westfalen von seiner befugnis nach art. 72 abs. 3 s. 1 nr. 5 gg, eine von § 93 whg abweichende bestimmung des durchleitungsrechts zu treffen, insoweit gebrauch gemacht hat). 50diesen duldungsanspruch dürfte die beklagte – als untere wasserbehörde – einem klägerischen beseitigungsverlangen bezüglich des hier betroffenen mischwasserkanals als unterirdischer, dichter leitung (im sinne des § 99 s. 2 lwg) jedenfalls derzeit mit erfolg entgegensetzen können. der kanalabschnitt, der als teil eines kanalnetzes über das klägerische grundstück verläuft, ist nämlich vor etwa 30 jahren auf dem streitgegenständlichen grundstück mit einverständnis des seinerzeitigen eigentümers verlegt worden. vor diesem hintergrund dürfte das durchleiten von abwasser an dieser stelle und die unterhaltung der dazu dienenden, seit langem bestehenden (kanalrohr-) anlage als erforderlich im sinne des § 93 s. 1 whg zu bewerten sein. angesichts der kosten, die mit einer verlegung der bestehenden, in das kanalnetz eingebundenen rohrleitung verbunden wären, dürfte das vorhaben nunmehr bei anderer ausführung – d.h. hier bei verlegung der rohrleitung vom klägerischen grundstück an eine andere stelle – auch nur mit erheblichem mehraufwand im sinne des § 93 s. 2 i.v.m. § 92 s. 2, 2. alt. whg durchgeführt werden können. da der kanalabschnitt, dessen teil der auf dem grundstück verlaufende abwasserkanal ist, nicht allein der erschließung der über ihn in größerer zahl entwässernden fremdgrundstücke dient (vgl. dazu den plan bl. 90 beiakte heft 1), sondern er insbesondere auch das streitgegenständliche, bebaute und nicht nur niederschlags(-ab-)wasser, sondern vor allem auch schmutzwasser erzeugende grundstück selbst erschließt, das ansonsten aufgrund seiner lage als sog. „hinterliegergrundstück“ vom öffentlichen kanalnetz abgeschnitten wäre, dürfte der nutzen des auf dem grundstück verlaufenden kanals schließlich auch im sinne des § 93 s. 2 i.v.m. § 92 s. 2 whg erheblich größer sein als der damit verbundene nachteil für den betroffenen grundstückseigentümer. 51bei der bewertung der von einem durchleitungsrecht betroffenen interessen nach § 93 s. 2 i.v.m. § 92 s. 2 whg spricht hier gegen einen aktuellen klägerischen beseitigungsanspruch zudem folgendes: 52der anfang der 1990-er jahre in einem teilabschnitt über das streitgegenständliche grundstück verlegte mischwasserkanal ist eine öffentliche sache, die von der beklagten in rechtmäßiger weise der beseitigung von mischwasser gewidmet worden ist. 53die öffentlich-rechtliche widmung von rohrleitungen zum zwecke der grundstücksentwässerung ist nicht formgebunden, sondern kann auch konkludent erfolgen. 54vgl. zur fehlenden formgebundenheit derartiger widmungen: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 7. september 1987 – 2 a 993/85 –, veröffentlicht unter anderem in ovge 39,179 (185). 55die (jedenfalls konkludent) erfolgte (grundstücksbezogen-dingliche) widmung des kanals zu entwässerungszwecken ergibt sich hier jedenfalls daraus, dass die beklagte unstreitig seit jahrzehnten für die benutzung des mischwasserkanals zur beseitigung des schmutzwassers von dem streitgegenständlichen grundstück von dem jeweiligen eigentümer schmutzwassergebühren erhebt; dass sich die (jedenfalls konkludent erfolgte) widmung des kanals auch auf die entsorgung des im betroffenen gebiet anfallenden niederschlags(-ab-)wassers bezieht, lässt sich aus der einbindung des betroffenen teils des mischwasserkanals in das kanalnetz, das ersichtlich der entsorgung von schmutz- und niederschlags(-ab-)wasser in dem betroffenen baugebiet dient (vgl. dazu etwa den übersichtsplan bl. 90, beiakte heft 1), ablesen. 56die widmung des kanals zu diesen zwecken ist auch für den kanalabschnitt, der über das klägerische grundstück verläuft, in rechtmäßiger weise erfolgt. die zustimmung des grundstückseigentümers zu einer entsprechenden widmung der über sein grundstück verlaufenden kanalstrecke, die für eine rechtmäßige widmung erforderlich ist, 57vgl. zur frage der wirksamkeit und rechtmäßigkeit der öffentlich-rechtlichen widmung von rohrleitungen zu entwässerungszwecken, die über privatgrundstücke verlegt sind: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 7. september 1987 – 2 a 993/85 –, veröffentlicht unter anderem in ovge 39,179 (185), 58hat der grundstückseigentümer im zuge der herstellung des kanalabschnitts anfang der 1990-er jahre jedenfalls konkludent erteilt. dafür sprechen folgende gesichtspunkte: der kanal verläuft über eine strecke von mehr als 50 m über das grundstück und dabei u.a. in unmittelbarer nähe des wohngebäudes vorbei; dementsprechend kann seine errichtung anfang der 1990-er jahre dem damaligen eigentümer und rechtsvorgänger der klägerin nicht verborgen geblieben sein. dass der rechtsvorgänger mit der verlegung des kanals über das grundstück auch einverstanden gewesen ist, belegt vor diesem hintergrund zum einen die tatsache, dass der rechtsvorgänger das grundstück wegen des schmutzwassers auch an den über sein grundstück verlaufenden kanal angeschlossen hat, d. h. seinerzeit in kenntnis der verlegung von teilen des kanals auf seinem grundstück keineswegs dessen dortige beseitigung verlangt hat; diese (billigende) anschlussnahme hat im übrigen auch die klägerin – im interesse der erhaltung der baurechtlichen erschließung ihres grundstücks – fortgesetzt. die konkludente zustimmung des rechtsvorgängers zu der verlegung des kanals über das grundstück lässt sich hier zudem aber auch daran ablesen, dass er im jahre 1991 zugunsten des nachbarflurstücks 000 die baulast übernommen hat, die verlegung, nutzung und wartung einer entwässerungsleitung zu dulden, die ausweislich des zugehörigen lageplanes eine leitung betraf, deren trasse von dem flurstück 000 über teile des streitgegenständlichen flurstücks 000 hin zu dem auf diesem flurstück nach dem zugehörigen plan bereits eingetragenen (mischwasser-)kanal führte (vgl. baulasteintragung, übernahmeerklärung und plan bl. 21 ff. beiakte heft 1). diese baulastübernahme durch den voreigentümer, die auch gegen die rechtsnachfolger wirkt (§ 85 abs. 1 s. 3 bauordnung für das land nordrhein-westfalen), war nämlich nur unter der voraussetzung des – von ihm auf dauer hingenommenen – bestandes des öffentlichen kanals auf dem klägerischen grundstück sinnvoll. 59da mithin der über das grundstück verlaufende abschnitt eines städtischen mischwasserkanals mit wissen und (zustimmendem) wollen des damaligen grundstückseigentümers vor rund 30 jahren errichtet und (dauerhaft) gewidmet worden ist, der kanal seither auch mit dieser zweckbestimmung – und für das schmutzwasser auch durch das klägerische grundstück – genutzt worden ist und nach wie vor genutzt wird und der kanal zudem der erschließung einer größeren zahl von grundstücken dient, ist der mit dem (durchleitungs-)vorhaben hier verbundene nutzen von sehr erheblichem gewicht. vor diesem hintergrund müssten aktuell-konkrete und gewichtige anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der bestand des kanals auf dem grundstück mit größeren, gewichtigen nachteilen für die klägerseite verbunden wäre, 60vgl. in diesem sinne für die damalige rechtslage in niedersachsen, die der heutigen rechtslage in nordrhein-westfalen in etwa vergleichbar ist: ovg lüneburg, beschluss vom 15. dezember 2006 – 9 la 194/05 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 5, 61um zu der annahme gelangen zu können, dass die beklagte einem verlangen der klägerin nach beseitigung des öffentlichen kanals vom klägerischen grundstück nicht einen duldungsanspruch im sinne des § 93 lwg entgegensetzen könnte. solche, im verhältnis zu den erheblichen gründen, die nach dem oben dargelegten für eine duldungspflicht der klägerseite sprechen, gewichtigen, aktuell-konkreten nachteile sind hier aber nicht erkennbar. 621.1.2 ein übergang der abwasserbeseitigungspflicht für das auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser an den (jeweiligen) nutzungsberechtigten könnte sich nach allem hier also nur aus § 49 abs. 4 lwg ergeben haben; dessen voraussetzungen sind aber nicht erfüllt. 63in § 49 abs. 4 s. 1 lwg ist bestimmt, dass der nutzungsberechtigte eines grundstücks verpflichtet – und spiegelbildlich berechtigt – ist, das niederschlags(-ab-)wasser selbst zu beseitigen, sofern gegenüber der zuständigen behörde nachgewiesen ist, dass das niederschlags(-ab-)wasser durch ihn ganz oder teilweise gemeinwohlverträglich auf dem grundstück versickert oder ortsnah in ein gewässer eingeleitet werden kann, und die gemeinde den nutzungsberechtigten des grundstücks insoweit von der überlassungspflicht nach § 48 lwg freigestellt hat (hervorhebung durch den unterzeichner). 64der nachweis der gemeinwohlverträglichen beseitigungsmöglichkeit gegenüber der wasserbehörde als insoweit zuständiger behörde, der hier nach § 49 abs. 4 s. 4 und 5 lwg im übrigen dem nutzungsberechtigten eigentümer obläge, und die freistellung durch die insoweit zuständigen gemeinde sind die beiden konstitutiven voraussetzungen für den übergang der abwasserbeseitigungspflicht nach § 49 abs. 4 s. 1 lwg. 65vgl. dazu, dass nachweis und freistellung zwei konstitutive voraussetzungen für den übergang der abwasserbeseitigungspflicht sind, schon für die in der grundstruktur inhaltlich entsprechende regelung in § 53 abs. 3a s. 1 lwg alter fassung (2005): oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 - 15 a 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris (s. dort rdnr.13); und dazu, dass dies auch für § 49 abs. 4 s. 1 lwg neuer fassung (2016) gilt: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 24. februar 2017 – 15 b 49/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris (siehe dort insbesondere rn. 7 ff.). 66einem übergang der abwasserbeseitigungspflicht für das auf dem grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser steht vor diesem hintergrund bereits entgegen, dass die klägerin bzw. ihre rechtsvorgänger der zuständigen unteren wasserbehörde die gemeinwohlverträglichkeit einer beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück durch versickerung nie nachgewiesen haben; denn eine für diese form der benutzung des grundwassers erforderliche wasserrechtliche erlaubnis (vgl. § 2 abs. 1, § 3 nr. 3,§ 9 abs. 1 nr. 4, § 8 abs. 1 und § 57 abs. 1 whg), 67vgl. zur erlaubnispflichtigkeit des versickerns von niederschlags(-ab-)wasser: vg düsseldorf, urteil vom 25. märz 2014 – 17 k 5503/13 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 16 ff., 68ist nach den nicht substantiiert in abrede gestellten angaben der beklagten durch die untere wasserbehörde nie ausdrücklich erteilt worden. 69die erteilung einer solchen wasserrechtlichen erlaubnis kann die klägerseite auch nicht etwa daraus ableiten, dass die beklagte die klägerin bzw. ihre rechtsvorgänger – trotz langjähriger kenntnis der bestehenden entwässerungssituation – bislang nie zu niederschlagswassergebühren herangezogen hat. denn die nichterhebung von niederschlagswassergebühren ist lediglich die abgabenrechtlich motivierte konsequenz der tatsache, dass aufgrund der bislang unstreitig fehlenden einleitung von niederschlags(-ab-)wasser in den öffentlichen kanal der tatbestand einer inanspruchnahme der öffentlichen entwässerungseinrichtung zur entsorgung dieses abwassers, der die entstehung von benutzungsgebühren im sinne der §§ 4 und 6 kommunalabgabengesetz für das land nordrhein-westfalen (kag) für eine solche leistung erst auslöste, nicht erfüllt war und ist. 70die nichterhebung von niederschlagswassergebühren beinhaltet daher ebensowenig eine entscheidung über die erteilung einer wasserrechtlichen erlaubnis für die beseitigung des abwassers auf dem grundstück, wie auch die erteilung einer baugenehmigung mangels konzentrationswirkung keine wasserrechtliche erlaubnis beinhaltet oder ersetzt, 71vgl. zur fehlenden konzentrationswirkung von baugenehmigungen in anschlussrechtlichen zusammenhängen: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. juni 2012 – 15 a 48/12 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 36, 72und gegenüber wasserrechtlichen anforderungen an die art der entwässerung regelmäßig keinen bestandschutz auslöst. 73vgl. in diesem sinne mit blick auf ein nachträgliches anschlussverlangen z.b.: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 19. oktober 2017 – 15 a 1666/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 16 ff. 74vor dem hintergrund, dass das gesetz in § 49 abs. 4 s. 1 lwg hinsichtlich der „gemeinwohlverträglichkeit“ ausdrücklich einen nachweis gegenüber der zuständigen behörde fordert, geht auch die klägerseits sinngemäß vertretene auffassung fehl, dass schon eine „evidente erkennbarkeit“ der gemeinwohlverträglichkeit, die sich hier aus der jahrelangen duldung der entwässerungssituation ablesen lasse, für den in rede stehenden nachweis ausreiche. die (ohnehin nirgendwo „evident erkennbare“) gemeinwohlverträglichkeit der versickerung von niederschlags(-ab-)wasser auf einem (jeweiligen) grundstück ist vielmehr aufgrund der der zuständigen behörde vorzulegenden nachweise durch diese (verbindlich – d.h. ggf. durch erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen erlaubnis oder eine anderweitige verbindliche feststellung zur gemeinwohlverträglichkeit nach art einer unbedenklichkeitsbescheinigung –) festzustellen, bevor diese konstitutive teilvoraussetzung für einen übergang der abwasserbeseitigungspflicht auf den nutzungsberechtigten eines grundstücks nach § 49 abs. 4 lwg als erfüllt angesehen werden kann, um die vom gesetz intendierte klare zuordnung der abwasserbeseitigungspflicht in einem geordneten verfahren, an dem neben der (gegebenenfalls freistellenden) gemeinde auch die untere wasserbehörde beteiligt ist, sicherzustellen. 75zu einer beseitigung in form einer ortsnahen einleitung in ein (oberirdisches) gewässer ist es bislang ohnehin nicht gekommen; dazu genügt ein auslaufenlassen des niederschlags(-ab-)wassers in eine wiese, in deren nähe ein gewässer verläuft (vgl. dazu die vermerke über die ortstermine vom 2. april 2014 und vom 15. juli 2020 – bl. 6 bzw. 47 beiakte heft 1 sowie den plan mit dem eingezeichneten gewässerblatt 90 beiakte heft 1), nicht. abgesehen davon: auch eine benutzung eines (oberirdischen) gewässers zum zwecke der abwasserbeseitigung ist genehmigungspflichtig (vgl. § 2 abs. 1, § 3 nr. 1, § 9 abs. 1 nr. 4, § 8 abs. 1 und § 57 abs. 1 whg); eine wasserrechtliche genehmigung für die einleitung des auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallenden niederschlags(-ab-)wassers in ein gewässer liegt ebenfalls nicht vor. 762. 77die begehrte freistellung der klägerin als nutzungsberechtigte/eigentümerin des streitgegenständlichen grundstücks von der mithin bestehenden abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg an die beklagte gilt auch nicht bereits nach § 49 abs. 4 s. 2 lwg kraft gesetzes als erteilt, so dass eine freistellung von der abwasserüberlassungspflicht im sinne des § 49 abs. 4 lwg einen entsprechenden freistellenden verwaltungsakt der beklagten voraussetzt. 78zwar gilt nach § 49 abs. 4 s. 2 lwg, der in dieser fassung am 16. juli 2016 in kraft getreten ist (vgl. art. 1 und 30 s „gesetz zur änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher vorschriften“ vom 8. juli 2016, gvbl.nrw, ausgabe vom 15. juli 2016, s. 559 ff.), die freistellung von der überlassungspflicht für das niederschlags(-ab-)wasser nach § 48 lwg als erteilt, wenn das gesamte niederschlags(-ab-)wasser eines grundstücks seit dem 1. januar 1996 auf dem grundstück beseitigt worden ist und die gemeinde in dieser zeit ihren anschluss- und benutzungszwang nicht geltend gemacht hat (hervorhebung durch den unterzeichner). diese voraussetzungen für den eintritt der freistellungsfiktion sind hier aber nicht erfüllt. 79dem eintritt der freistellungsfiktion steht hier schon entgegen, dass nicht das gesamte niederschlags(-ab-)wasser, das in der zeit vom 1. januar 1996 bis zum inkrafttreten des § 49 abs. 4 s. 2 lwg zum 16. juli 2016 auf dem grundstück anfiel, (auch) „auf dem grundstück beseitigt“ wird/wurde. 80welche beseitigungsformen den begriff „auf dem grundstück beseitigt“ im sinne des § 49 abs. 4 s. 2 lwg ausfüllen (können), ergibt sich aus § 49 abs. 4 s. 1 lwg, an den die fiktionsregelung in s. 2 sachlich-inhaltlich anknüpft. da in s. 1 nur von den beseitigungsformen der „versickerung auf dem grundstück“ (hervorhebung durch den unterzeichner) bzw. der „ortsnahen einleitung in ein gewässer“ die rede ist, für die ein übergang der abwasserbeseitigungspflicht auf den nutzungsberechtigten (= grundstückseigentümer) in betracht kommt, kommen andere arten der beseitigung als grundlage für die herbeiführung der freistellungsfiktion nicht infrage. 81vgl. dazu, dass selbst eine ortsnahe einleitung in ein gewässer keine „beseitigung auf dem grundstück“ im sinne des § 49 abs. 4 s. 2 lwg darstellen soll: queitsch in queitsch und andere, loseblattkommentar zum wassergesetz für das land nordrhein-westfalen, zu § 49, rn. 51 (stand märz 2019). 82vorliegend wurde das niederschlags(-ab-)wasser in dem maßgeblichen zeitraum aber nicht in diesem sinne „auf dem grundstück versickert“; denn wie bei dem ortstermin vom 2. april 2014 (vgl. vermerk bl. 6 beiakte heft 1) festgestellt worden war, wurde seinerzeit das niederschlags(-ab-)wasser aller bebauten flächen (wohnhaus, garagen) und unbefestigten flächen (garagenzufahrt, hauszuwegung) des streitgegenständlichen flurstücks 000 über eine gemeinsame rohrleitung unterhalb der privatstraße auf die wiese des nachbarn geleitet, wo es frei auslaufen konnte. das problem der abwasserbeseitigung wurde mithin von den nutzungsberechtigten eigentümern nicht auf dem grundstück, auf dem das niederschlags(-ab-)wasser anfiel, gelöst, sondern in die umgebung „abgeschoben“, so dass kein anlass besteht, durch die anwendung der freistellungsfiktion ein etwaiges vertrauen der nutzungsberechtigten in eine „auf“ dem grundstück stattfindende beseitigung des gesamten dort im fiktionserheblichen zeitraum anfallenden niederschlags(-ab-)wassers zu schützen, da eine solche nicht stattfand. 83im ergebnis nichts anderes gälte aber auch dann, wenn man die hier stattfindende form der „abwasserbeseitigung“ als „beseitigung auf dem grundstück“ bewertete. die freistellungsfiktion kann nämlich ohnehin nur greifen, wenn auch die möglichkeit einer im wasserrechtlichen sinne gemeinwohlverträglichen abwasserbeseitigung durch den – hier insoweit nach 49 abs. 4 s. 4 und 5 lwg nachweispflichtigen nutzungsberechtigten – nachgewiesen ist. 84vgl. in diesem sinne auch: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 24. februar 2017 – 15 b 49/17 –, veröffentlicht unter anderem in juris (siehe dort insbesondere rn. 19 ff.). 85wie das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in seiner soeben zitierten entscheidung ausgeführt hat, greift die freistellungsfiktion nach § 49 abs. 4 satz 2 lwg nicht, wenn es an einer wasserwirtschaftlichen gemeinwohlverträglichkeitsprüfung fehlt, weil nach der gesetzesbegründung in den von der (fiktions-)regelung erfassten fällen davon auszugehen sein soll, dass gemeindliche belange wie die finanzierung der infrastruktur (aufgrund der fehlenden geltendmachung eines anschlussinteresses durch die gemeinde) keinen anschluss erfordern, der nachweis, ob die beseitigung durch versickerung oder ortsnahe gewässereinleitung gemeinwohlverträglich ist, nach § 49 abs. 4 satz 1 lwg n.f. (aber) dennoch zusätzlich durchgeführt werden muss. 86vgl. die begründung der landesregierung für den entwurf eines gesetzes zur änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher vorschriften, lt-drs. 16/10799, s. 479. 87ohne eine derart enge verknüpfung der freistellungsfiktion mit der nachgewiesenen gemeinwohlverträglichkeit der abwasserbeseitigung durch den nutzungsberechtigten wäre die fiktionsregelung im übrigen kaum mit den anforderungen an eine ordnungsgemäße gemeinwohlverträgliche abwasserbeseitigung nach §§ 55, 56 wasserhaushaltsgesetz (whg) unter klarer bestimmung des abwasserbeseitigungspflichtigen zu vereinbaren. 88da es hier an einem nachweis der gemeinwohlverträglichkeit der versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück bzw. einer ortsnahen einleitung in ein gewässer gegenüber der zuständigen behörde, das ist die untere wasserbehörde, fehlt, da die für eine solche versickerung bzw. ortsnahe einleitung erforderliche wasserrechtliche erlaubnis durch die untere wasserbehörde nie erteilt wurde (s. oben), greift die fiktion des § 49 abs. 4 satz 2 lwg auch deshalb nicht ein. 893. 90ist daher nach allem die beklagte gemeinde aktuell weiterhin bzgl. des auf dem grundstück anfallenden niederschlags(-ab-)wassers beseitigungspflichtig, setzte das von der klägerin – zur abwehr von ansprüchen der gemeinden auf anschluss des grundstücks wegen des niederschlags(-ab-)wassers an die gemeindliche entwässerungsanlage – letztlich verfolgte ziel eines übergangs der abwasserbeseitigungspflicht auf sie selbst – neben dem nachweis einer gemeinwohlverträglichen abwasserbehandlung im sinne des § 49 abs. 4 s. 1, 1. alt. lwg – die hier von der beklagten gemeinde begehrte ausdrückliche freistellung von der abwasserüberlassungspflicht im sinne des § 49 abs. 4 s. 1, 2. alt. lwg voraus. 91ob der – für einen übergang der abwasserbeseitigungspflicht zudem erforderliche – nachweis der gemeinwohlverträglichen beseitigungsmöglichkeit nach dem gesetzgeberischen interesse an einer klaren abgrenzung und zuordnung der abwasserbeseitigungspflichten rechtslogisch einer freistellung vorherzugehen hätte, da die gemeinde nach dem wortlaut des § 49 abs. 4 s. 1 lwg den nutzungsberechtigten ohnehin nur „insoweit“ (!) von der abwasserüberlassungspflicht freistellen – und damit die abwasserbeseitigungspflicht auch nur insoweit von der gemeinde auf den nutzungspflichtigen übergehen – kann, als [„sofern“ (!)] dieser nachweis geführt ist, d. h. mit anderen worten, die frage, ob der in rede stehende nachweis und insbesondere auch dessen umfang gegenüber der zuständigen behörde (untere wasserbehörde) tatbestandsvoraussetzung für einen freistellungsanspruch ist, kann hier dahinstehen. 92denn selbst unterstellt, die klägerseite hätte die gemeinwohlverträglichkeit der stattfindenden versickerung des auf den streitgegenständlichen flächen anfallenden niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück gegenüber der unteren wasserbehörde nachgewiesen, hätte die beklagte die freistellung zu recht abgelehnt. 93die entscheidung, ob (und inwieweit) eine gemeinde den nutzungsberechtigten von der abwasserüberlassungspflicht freistellt, steht in deren ermessen. 94vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 - 15 a 1636/08 -, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort rdnr. 22. 95vorliegend hat die beklagte das freistellungsbegehren der klägerin nach maßgabe des wasserrechtlichen hintergrundes, vor dem dieser entscheidung erfolgt (3.1) und nach dem auch eine entsorgung des niederschlags(-ab-)wassers über einen wie hier „bestandsgeschützten“ mischwasserkanal nach wie vor den wasserrechtlichen anforderungen entspricht (3.2), in ermessensfehlerfreier weise abgelehnt (3.3). 963.1 zur beantwortung der frage, von welchen erwägungen die gemeinde bei der entscheidung ausgehen darf, ob und inwieweit sie den nutzungsberechtigten von der abwasserüberlassungspflicht nach § 48 lwg im sinne des § 49 abs. 4 s. 1 lwg „freistellt“ – und ihn damit in der sache zugleich mit blick auf ihre abwasserbeseitigungseinrichtung von der anschluss- und benutzungspflicht nach der entwässerungssatzung der beklagten „befreit“ (freistellung und befreiung verstanden als wasserrechtliche bzw. einrichtungsrechtliche seiten einer medaille) – ist folgender wasserrechtlicher hintergrund zu beachten. 97die abwasserbeseitigungspflichtige gemeinde ist nach § 46 abs. 1 nr. 6 und § 47 abs. 1 und 3 lwg n.f. [2016 – entspricht im kern § 53 abs. 1 satz 2 nr. 7 und abs. 1a und 1b lwg a. f.(2005)] gehalten, der zuständigen wasserbehörde im abstand von sechs jahren abwasserbeseitigungskonzepte vorzulegen. das konzept enthält eine übersicht über den stand der öffentlichen abwasserbeseitigung, die zeitliche abfolge und die geschätzten kosten für errichtung, betrieb, erweiterung und anpassung von abwasserbeseitigungsanlagen sowie aussagen darüber, wie zukünftig in entwässerungsgebieten das niederschlagswasser unter beachtung des § 55 abs. 2 wasserhaushaltsgesetz (whg) und des § 44 lwg (2016/2021) und der städtebaulichen entwicklung beseitigt werden kann. damit ist der gemeinde die aufgabe gestellt, die zur erfüllung ihrer abwasserbeseitigungspflicht für das gemeindegebiet erforderlichen maßnahmen im rahmen des abwasserbeseitigungskonzeptes vorausschauend zu planen. hat sich die gemeinde in einem entwässerungsgebiet für ein bestimmtes abwasserbeseitigungskonzept entschieden, so ist es sachgerecht, wenn sie sich bei der entscheidung, ob sie auf die reklamierung von abwasser verzichtet, maßgeblich von diesem auf eine systematisch und sinnvoll geordnete entwicklung der abwasserbeseitigung gerichteten konzept leiten lässt und die freistellende/befreiende verzichtsmöglichkeit als instrument der umsetzung ihres abwasserbeseitigungskonzeptes einsetzt. 98mit der hier erfolgten ablehnung der freistellung verfolgt die beklagte ihre zuvor mit planung und bau einer entsprechenden kanalisation im rahmen ihrer abwasserbeseitigungspflicht getroffene entscheidung für den einzelfall konsequent weiter, das niederschlags(-ab-)wasser in dem bereich, in dem auch das streitgegenständliche grundstück liegt, über einen –„bestandsgeschützten“ – mischwasserkanal zu entsorgen. 993.2 diese konzeptionelle entscheidung entspricht auch (weiterhin) den wasserrechtlichen anforderungen an eine ordnungsgemäße beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers und zwar sowohl den bundeswasserrechtlichen anforderungen in § 55 abs. 2 whg (3.2.1) als auch den einschlägigen landeswasserrechtlichen anforderungen (3.2.2). 1003.2.1 zwar soll nach § 55 abs. 2, 1. hs whg in der zum 1. märz 2010 in kraft getretenen fassung niederschlagswasser (grundsätzlich) ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über einer kanalisation ohne vermischung mit schmutzwasser in ein gewässer eingeleitet werden. 101im vorliegenden fall entspricht aber auch die entsorgung des auf dem streitgegenständlichen grundstück anfallenden niederschlags(-ab-)wassers über den öffentlichen mischwasserkanal den wasserrechtlichen anforderungen des § 55 abs. 2 whg. denn nach den gesetzesmaterialien ist die vorschrift (bewusst) „relativ weit und offen formuliert (sollvorschrift), um den unterschiedlichen verhältnissen vor ort (z.b. vorhandenen mischkanalisationen in baugebieten) rechnung tragen zu können“. nach den mit der regelung verbundenen intentionen des gesetzgebers hat sie zudem „nur für die errichtung von neuen anlagen bedeutung; bereits bestehende mischkanalisationen können daher im bisherigen umfang weiter betrieben werden.“ 102vgl. „entwurf eines gesetzes zur neuregelung des wasserrechts“ vom 17. märz 2009, bundestagsdrucksache 16/12275, s. 68. 103da der mischwasserkanal, an den die klägerseite ihr grundstück auch wegen des – auf den hier streitgegenständlichen flächen anfallenden – niederschlags(-ab-)wassers anschließen soll, im jahre 1991 und damit bereits vor inkrafttreten des § 55 abs. 2 whg n.f., d. h. vor dem 1. märz 2010, verlegt worden ist und das grundstück zudem in einem durch eine vorhandene mischwasserkanalisation erschlossenen baugebiet liegt, ändert sich durch die in rede stehende regelung nichts an der eignung des betroffenen „bestandsgeschützten“ mischwasserkanals zur ordnungsgemäßen entsorgung des auf den anliegenden grundstücken anfallenden niederschlags(-ab-)wassers. 1043.2.2 der „bestandsschutz“ des mischwasserkanals wird auch nicht durch die einschlägigen landesgesetzlichen regelungen infrage gestellt, weil die herstellung des kanals auch auf einer vor dem 1. juli 1995 gefassten kanalnetzplanung beruht. 105das datum des 1. juli 1995 ist in diesem zusammenhang von besonderer bedeutung, weil zu diesem zeitpunkt für das land nordrhein-westfalen erstmals eine „bestandsschutzregelung“ für mischwasserkanäle, die auf einer „nach bisherigem recht genehmigten kanalnetzplanung“ beruhten, in kraft getreten ist [vgl. § 51a abs. 4 s. 2 lwg in der fassung der ab 1. juli 1995 geltenden bekanntmachung der neufassung des lwg vom 25.06.1995 (gv nrw 1995, s. 926) – lwg a.f. (1995)]; der seinerzeit für die abwasserbeseitigung bundesgesetzlich geltende § 18a whg a.f. sah im gegensatz zu § 55 abs. 2 whg n.f. (2010) noch keine speziellen anforderungen an die beseitigung von niederschlags(-ab-)wasser vor. 106die landesgesetzliche regelung über den bestandsschutz für mischwasserkanäle war seinerzeit erforderlich geworden, weil die mit § 51a abs. 1 lwg a.f. (1995) zugleich erstmals landesgesetzlich eingeführten anforderungen an die beseitigung von niederschlagswasser von grundstücken, die nach dem 1. januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche kanalisation angeschlossen werden, es – ohne die „bestandsschutzregelung“ – an sich ausgeschlossen hätten, jedenfalls das auf den in § 51a abs. 1 angesprochenen grundstücken anfallende niederschlags(-ab-)wasser über vorhandene mischwasserkanäle zu beseitigen. denn in § 51a abs. 1 s. 1 lwg a.f. (1995) war geregelt, dass das auf den dort angesprochenen grundstücken anfallende niederschlags(-ab-)wasser vor ort zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah in ein gewässer einzuleiten ist, sofern dies ohne beeinträchtigung des wohls der allgemeinheit möglich ist, und in § 51a abs. 4 s. 1 lwg a.f. (1995) war vorgesehen, dass von der verpflichtung nach abs. 1 das niederschlags(-ab-)wasser ausgenommen ist, das ohne vermischung mit schmutzwasser in einer vorhandenen kanalisation abgeleitet wird. 107in § 51a abs. 4 s. 2 lwg a.f. (1995) wurde daher „bestandsschützend“ bestimmt, dass von der verpflichtung nach abs. 1 (auch) das niederschlags(-ab-)wasser ausgenommen ist, das aufgrund einer „nach bisherigem recht genehmigten kanalisationsnetzplanung“ gemischt mit schmutzwasser einer öffentlichen abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, wenn der technische oder wirtschaftliche aufwand unverhältnismäßig ist. in diesem zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass (erst) durch § 58 abs. 1 lwg in der ab dem 1. juli 1995 geltenden fassung die zuvor – nach § 58 abs. 1 lwg in der bis dahin geltenden fassung – bestehende pflicht, pläne zur erstellung oder wesentlichen veränderung von kanalisationsnetzen für die öffentliche abwasserbeseitigung genehmigen zu lassen, durch eine anzeigepflicht ersetzt worden ist [vgl. zum fortbestand einer anzeigepflicht: § 57 abs. 1 lwg (2016)]. 108da ernstliche anhaltspunkte dafür, dass die herstellung des hier betroffenen mischwasserkanals im jahre 1991 nicht auf der grundlage einer seinerzeit – also vor dem 1. juli 1995 – „nach bisherigem recht genehmigten kanalnetzplanung“ erfolgt wäre, ebenso wenig bestehen wie dafür, dass der aufwand für die auflösung des im hier betroffenen gebiet bestehenden mischwassersystems nicht „wirtschaftlich unverhältnismäßig“ wäre, 109vgl. dazu, dass die prüfung der hier in rede stehenden wirtschaftlichen unverhältnismäßigkeit auch die kosten für die anpassung der vorhandenen anlagen umfasst und bei der prüfung der wirtschaftlichen unverhältnismäßigkeit grundsätzlich auf das gesamte entwässerungsgebiet mit seiner abwassertechnischen entwässerungssituation und nicht auf einzelne konkrete grundstücke abzustellen ist: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 – 15 a 1695/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 31, 110ist auch aus landeswassergesetzlicher sicht der hier betroffene mischwasserkanal in dem sinne „bestandsgeschützt“, dass die entsorgung des auf den angeschlossenen/anzuschließenden grundstücken anfallenden niederschlags(-ab-)wassers über diesen kanal wasserrechtskonform ist. 111an dieser einschätzung ändert auch die regelung in § 44 abs. 1 s. 1 lwg n.f. (2016 – d.h. in der fassung des „gesetz zur änderung wasser- und wasserverbandsrechtlicher vorschriften“ vom 8. juli 2016, gv nrw, 2016, s. 559 ff.) nichts, wie sich insbesondere aus der einfügung des § 44 abs. 1 s. 2 in das landeswassergesetz durch das „gesetz zur änderung des landeswasserrechts“ vom 4. mai 2021 [lwg n.f. (2021) – gv nrw 2021, s. 559, 560 ff.] ergibt. 112in § 44 abs. 1 s. 1 lwg n.f. (2016) ist bestimmt, dass niederschlagswasser von grundstücken, die nach dem 1. januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche kanalisation angeschlossen werden, nach maßgabe des § 55 abs. 2 whg zu beseitigen ist. in § 44 abs. 1 s. 2 lwg (2021) ist geregelt, dass niederschlagswasser, das aufgrund einer „nach bisherigem recht zugelassenen kanalisationsnetzplanung“ gemischt mit schmutzwasser einer öffentlichen abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird oder werden soll, von der verpflichtung nach § 44 abs. 1 s. 1 lwg ausgenommen ist, wenn der technische oder wirtschaftliche aufwand unverhältnismäßig ist. 113nach den gesetzesmaterialien dient die bestimmung in § 44 abs. 1 s. 2 lwg (2021) lediglich der klarstellenden wiedereinfügung der regelung in § 51a abs. 3 lwg a.f., die bis zum 15. juli 2016 galt, in das gesetz [vgl. landtagsdrucksache 17/9942 vom 25. juni 2020, gesetzentwurf der landesregierung, gesetz zur änderung des landeswasserrechts, s. 28, 29 und 95) – anm.: durch das „gesetz zur änderung wasserrechtlicher vorschriften“ vom 3. mai 2005 (gv nrw 2005, s. 463) war der frühere § 51a abs. 4 lwg (1995) zum abs. 3 geworden]; dabei sollte ausweislich der gesetzesbegründung der wortlaut der regelung in § 44 abs. 1 s. 2 lwg n.f. (2021) gegenüber dem wortlaut der regelung in § 51a abs. 3 lwg a.f. (2005; entspricht § 51a abs. 4 lwg 1995) lediglich insoweit angepasst werden, als das auf die kanalnetzplanung bezogene wort „genehmigten“ durch das wort „zugelassenen“ ausgetauscht worden ist, weil auch „nach alter rechtslage“ kanalnetzplanungen nur noch anzuzeigen und nicht mehr zu genehmigen gewesen seien. in der sache soll die einfügung nach den gesetzesmaterialien klarstellen, dass auch unter geltung des § 55 abs. 2 whg niederschlags(-ab-)wasser – unter den in § 44 abs. 1 lwg n. f. genannten voraussetzungen – weiterhin über das mischwassernetz beseitigt werden kann. 114unter dem begriff der „nach bisherigem recht genehmigten/zugelassenen kanalisationsnetzplanung“ dürfte im hinblick auf den gesetzgeberischen willen, die regelung in § 51a abs. 3 lwg a.f., die bis zum 15. juli 2016 galt, lediglich „klarstellend“ wieder einfügen zu wollen, allerdings nur eine kanalisationsnetzplanung zu verstehen sein, die bei dem erstmaligen inkrafttreten des § 51a abs. 3 lwg a.f. – damals noch als abs. 4 – zum 1. juli 1995 [vgl. bekanntmachung der neufassung des wassergesetzes für das land nordrhein-westfalen vom 25. juni 1995 (gv nrw 1995, 926)] genehmigt bzw. zugelassen war. 115auch bei anlegung der hier in rede stehenden landesgesetzlichen „bestandsschutzmaßstäbe“ sind aber die voraussetzungen für eine ordnungsgemäße beseitigung von niederschlags(-ab-)wasser über einen mischwasserkanal erfüllt. denn der hier betroffene mischwasserkanal ist bereits im jahre 1991 verlegt worden und es bestehen keinerlei anhaltspunkte dafür, dass die herstellung dieses kanals nicht einer – vor dem 1. juli 1995 gefassten, d.h. – genehmigten/zugelassenen kanalisationsnetzplanung der beklagten im sinne des § 58 lwg a.f. entsprochen hätte. fraglos wäre auch die einführung einer getrennten abwasserentsorgung in dem hier betroffenen gebiet, das bislang durch ein mischwasserkanalnetz erschlossen ist, nach ihrem wirtschaftlichen aufwand im sinne des § 44 s. 2 lwg 2021 unverhältnismäßig. 1163.3 vor diesem wasserrechtlichen hintergrund hat die beklagte die begehrte freistellung auch in ermessensfehlerfreier weise abgelehnt. 117die seinerzeit getroffene gemeindliche entscheidung für den bau einer mithin wasserrechtskonformen, „bestandsgeschützten“ mischwasserkanalisation lenkt nämlich zugleich eine auf antrag zu treffende ermessensentscheidung über ein freistellungsbegehren in der weise, dass ein freistellungsantrag in aller regel abzulehnen ist (sog. „intendiertes ermessen“). erfüllt nämlich eine abwasserbeseitigung über den mischwasserkanal – wie hier – die zielsetzung des einer ordnungsgemäßen abwasserbeseitigung im sinne des § 44 abs. 1 lwg (2016/2021) in verbindung mit § 55 abs. 2 whg, verhindert die ablehnung der freistellung in legitimer weise, dass die („bestandsgeschützte“) konzeption der kommune im sinne des § 47 lwg n.f. (2016) [entspricht § 53 abs. 1a und 1b lwg a. f. (2005)], die einheitliche entwässerung des niederschlags(-ab-)wassers im betroffenen gebiet über einen mischwasserkanal sicherzustellen, nachträglich entwertet wird. 118vgl. zum „intendierten ermessen“ im genannten sinne für einen fall, in dem sich die gemeinde für den bau einer trennkanalisation entschieden hatte, bzgl. der – § 49 abs. 4 satz 1 lwg n.f. (2016) entsprechenden – regelung in § 53 abs. 3a satz 1 lwg a.f. (2005): ovg nrw, beschluss vom 1. juni 2012 – 15 a 48/12 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere rdnr. 40; vgl. zum „ermessensintendiert“ fehlenden freistellungsanspruch für einen fall „wirtschaftlichen bestandsschutzes“ im sinne des § 51 abs. 3 lwg a.f. [= in der zeit vom 1. juli 1995 (bis 12. mai 2005 als § 51 abs. 4 geltend) bis zum 15. juli 2016 geltende fassung], in dem sich die gemeinde in einer nach bisherigem recht (= einer vor dem 1. juli 1995) genehmigten kanalisationsnetzplanung für eine niederschlags(-ab-)wasserentsorgung über eine mischwasserkanalisation entschieden hatte: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 1. september 2010 – 15 a 1635/08 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 32 ff.. 119mit anderen worten: ein freistellungsantrag wird in der beschriebenen konstellation nur in atypischen sonderfällen erfolg haben können, denn die gemeinde darf das in dem (wasserrechtsgemäßen) bau der mischkanalisation zum ausdruck kommende konzept einer zentralisierten beseitigung des niederschlags(-ab-)wassers in dem betroffenen bereich schützen, indem sie durch eine restriktive freistellungspraxis einen hohen anschlussgrad und dadurch u.a. die breite finanzierung ihrer anlagen durch die anschlussnehmer sichert. 120trifft die behörde – wie hier durch die ablehnung der freistellung – die (gesetzlich) intendierte (ermessens-)entscheidung, bedarf diese entscheidung auch keiner weiteren begründung bgzl. der ermessensausübung. 121vgl. in diesem sinne für fälle des intendierten ermessens allgemein z.b.: rennert in eyermann, kommentar zur vwgo, 15. auflage, 2019, zu § 114 rdnr 15; riese in schoch und andere, verwaltungsgerichtsordnung, loseblattkommentar, zu § 114 rn. 29 (stand: februar 2019), jeweils mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung. 122etwas anderes gälte nur dann, wenn ein atypischer sonderfall vorläge. 123ernstliche anhaltspunkte für das vorliegen eines atypischen sonderfalls bestehen hier aber nicht. 124ein solcher sonderfall lässt sich nicht aus dem umstand ableiten, dass die klägerseite das auf dem grundstück anfallende niederschlags(-ab-)wasser auf dem grundstück bzw. auf einem nachbargrundstück versickern lässt oder es ggf. ortsnah in ein gewässer einleitet. angesichts der bestehenden, gerade auch das niederschlags(-ab-)wasser betreffenden abwasserüberlassungspflicht und des berechtigten anliegens der beklagten gemeinde, ihre – den wassergesetzlichen anforderungen wie dargelegt entsprechende – abwasserkonzeption, d. h. hier die entsorgung des niederschlags(-ab-)wassers im betroffenen gebiet über den geschaffenen mischwasserkanal, zu schützen, stehen der bewertung von – verbreitet auftretenden – „bewässerungsinteressen“ oder sonstigen, etwa auch ökologisch motivierten interessen an einer „eigenentsorgung“ als „sonderfall“ im hier in rede stehenden sinne entgegen. 125dass ein anschluss der streitgegenständlichen flächen zur folge haben wird, dass die klägerseite auch wegen dieser flächen niederschlagswassergebühren zu zahlen haben wird, spricht vor diesem hintergrund nicht gegen, sondern vielmehr für eine ablehnung der begehrten freistellung. denn es besteht ein legitimes interesse, durch die ablehnung einer freistellung zur sicherung einer hohen anschlussquote zugleich die abwassergebührengestützte finanzierungsbasis der wasserrechtsgemäß verwirklichten entwässerungskonzeption auch aus gründen der „abgabengerechtigkeit“, d. h. aus gründen einer sachlich angemessenen abgabenverteilung auf die bei der entwässerungskonzeption als potentiell zu entwässernd berücksichtigten grundstücke, gegenüber einer erosion an die öffentliche entwässerungsanlage angeschlossener bzw. noch anzuschließender – d. h. gebührenwirksamer bzw. nach verwirklichung des anschlussanspruchs der gemeinde gebührenwirksam werdender – flächen zu schützen. 126ein sonderfall liegt auch nicht etwa deswegen vor, weil das auf den streitgegenständlichen flächen anfallende niederschlags(-ab-)wasser schon seit längerer zeit – d.h. hier seit mehreren jahrzehnten – nicht in den öffentlichen kanal eingeleitet wird, sondern vom nutzungsberechtigten seinerzeit in eine anderweitige beseitigung, sprich in eine versickerung des niederschlags(-ab-)wassers auf dem grundstück bzw. dem nachbargrundstück investiert worden ist. 127ein unter dem gesichtspunkt rechtsstaatlichen handelns [art. 20 abs. 3 grundgesetz (gg)] eventuell schutzwürdiges – und durch eine freistellung ggf. zu bewehrendes – vertrauen auf den fortbestand der derzeitigen entwässerungssituation könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die klägerin bzw. deren rechtsvorgänger bei schaffung dieser entwässerungssituation – also im zeitpunkt der betätigung eines eventuellen vertrauens in deren fortbestand – im besitz aller für eine solche behandlung des niederschlags(-ab-)wassers erforderlichen wasser- und einrichtungsrechtlichen genehmigungen gewesen wäre. das ist aber nicht der fall; denn jedenfalls die notwendige wasserrechtliche erlaubnis für eine versickerung des niederschlags(-ab-) wassers auf dem grundstück oder gegebenenfalls für dessen ortsnahe einleitung in ein gewässer hat es nie gegeben. 128im übrigen unterliegen der abwasserüberlassungsanspruch des abwasserbeseitigungspflichtigen nach § 48 lwg – und auch der sich aus der entwässerungssatzung der beklagten ergebende anschluss- und benutzungszwang bezüglich der gemeindlichen entwässerungseinrichtung – grundsätzlich weder der verjährung noch der verwirkung. dies ergibt sich aus der zweckbestimmung dieser ansprüche, die der einer ordnungsbehördlichen maßnahme der gefahrenabwehr gleicht. gefahrenabwehrrechtliche eingriffsbefugnisse sind zumindest in aller regel nicht verjährungs- und verwirkungsfähig. 129vgl. in diesem sinne für den anschluss- und benutzungszwang : ovg nrw, beschluss vom 16. juli 2016 – 15 a 1068/15 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 48 f. mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung. 130zudem lässt sich mit der behauptung, dass die letzten hochwasserereignisse gezeigt hätten, dass der städtische mischwasserkanal nicht in der lage sei, sämtliche eingeleiteten abwässer aufzunehmen, nicht begründen, dass hier ein sonderfall vorläge. dass der schutzzweck der überlassungspflicht und eines daran anschließenden anschlusszwangs für niederschlags(-ab-)wasser, der darin besteht, wasserschäden an und überschwemmungen von benachbarten grundstücken und verkehrsflächen entgegenzuwirken, 131vgl. in diesem sinne für den anschluss- und benutzungszwang : ovg nrw, beschluss vom 16. juli 2016 – 15 a 1068/15 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 16 f. mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung, 132nicht deswegen entfällt, weil die kapazität von kanalisationen immer nur auf die aufnahme eines bestimmten, üblichen technischen standards entsprechenden berechnungsregens und nicht auf die aufnahme von demgegenüber gravierenderen starkregenereignissen oder gar von „katastrophenregen“ ausgerichtet ist, versteht sich vor dem hintergrund des unverhältnismäßigen finanziellen aufwandes, den deutlich höhere kanalkapazitäten für statistisch recht seltene regenereignisse nach sich zögen, von selbst. 133soweit die klägerin schließlich geltend gemacht hat, dass die beklagte sich in der vergangenheit selbst mehrfach eine ausnahme zum gemeinwohlverträglichen versickern erteilt habe, wenn sie selbst betroffen gewesen sei, hilft ihr auch dies nicht weiter, weil die beklagte gerichtbekanntermaßen früher generell eine großzügigere „befreiungspraxis“ an den tag gelegt hat, die sie – mit blick auf die „erosion“ angeschlossener flächen – mittlerweile aufgegeben hat. soweit es in diesem zusammenhang um eine einen größeren zusammenhängenden bereich betreffende umstellung gegangen sein sollte, bei der unter aufgabe der bisherigen entwässerung des in dem bereich anfallenden abwassers über einen mischwasserkanal ein wie auch immer geartetes „trennsystem“ eingerichtet worden wäre, wäre ein solcher fall mit dem vorliegenden ohnehin nicht zu vergleichen; denn dort wäre es um eine änderung der entwässerungskonzeption allgemein für ein ganzes gebiet gegangen und nicht wie hier um eine bloße ausnahme für einen einzelfall von einer im übrigen fortbestehenden entwässerungskonzeption. 134angesichts dessen, dass die beklagte ihr ermessen in der intendierten richtung ausgeübt, nämlich die freistellung abgelehnt hat, und sich ihr auch das vorliegen einer – wie dargelegt nicht bestehenden – sondersituation nicht aufdrängen musste, war eine besondere begründung der ablehnung als bloße darstellung des selbstverständlichen ergebnisses der „so intendierten“ ermessensausübung entbehrlich. vor diesem hintergrund kommt es auf die frage, ob auch die im bescheid eigens angeführten erwägungen diese entscheidung getragen hätten, nicht weiter an. 135die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo; die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 136die berufung war nicht zuzulassen, weil die gründe des § 124 abs. 2 nr. 3 oder 4 vwgo nicht vorliegen (§ 124 a abs. 1 vwgo). 137rechtsmittelbelehrung: (2021/22) 138gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 139auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 140innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 141die berufung ist nur zuzulassen, 1421. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1432. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1443. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1454. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1465. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 147die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 148über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 149im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 150die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 151beschluss: 152der streitwert wird auf 5.000,- euro festgesetzt (§ 52 abs. 2 gkg) 153rechtsmittelbelehrung: 154gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 155auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 156die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 157die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 158die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 159war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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Der Hund, den die Klägerin am 18.11.2012 zu einem Kaufpreis von 1.200,00 EUR erworben hatte, war zum Vorfallzeitpunkt 8 Jahre alt bei einer Lebenserwartung von 12 – 15 Jahren. Vorerkrankungen bestanden nicht. 4Der Beklagte ist Eigentümer und Halter eines Schäferhundes mit dem Namen M. 5Am 10.12.2020 trafen die beiden Hunde, die jeweils von der Zeugin L2 und dem Beklagten an einer Leine geführt wurden, auf der Grünfläche vor der Immobilie X in Düsseldorf, aufeinander. Nachdem die Hunde sich beschnupperten, biss sich M an C3 fest. Anschließend wurde C3 von M durch die Luft gewirbelt. 6Nachdem C3 auf dem Boden aufkam, jaulte und winselte sie und blutete infolge einer erlittenen Fleischwunde. 7Die Klägerin ließ den Hund C3 tierärztlich untersuchen, wobei sie insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.906,20 EUR zahlte. 8Die Klägerin forderte die Haftpflichtversicherung des Beklagten dazu auf, den vorgenannten Betrag zu regulieren, woraufhin die Haftpflichtversicherung mit Schreiben vom 10.02.2021 mitteilte, dass sie den Schaden hälftig reguliere, was sie in der Folgezeit auch tat. 9Mit anwaltlichem Schreiben forderte die Klägerin die Haftpflichtversicherung des Beklagten erfolglos zu einer weiteren Regulierung auf. 10Die Klägerin ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall insbesondere die Größe der Hunde berücksichtigt werden müsse mit der Folge, dass der Beklagte für den eingetreten Schaden zu 100 % haftet. 11Die Klägerin beantragt, 12den Beklagten zu verurteilen, an sie 953,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2021 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 159,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 13Der Beklagte beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Der Beklagte ist der Ansicht, dass die geltend gemachten Kosten den Wert des Hundes übersteigen würden mit der Folge, dass er jedenfalls aus diesem Grund nicht zum Schadenersatz verpflichtet sei. 16Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 19Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 476,55 EUR gemäß § 833 Satz 1 BGB zu. 20Danach ist derjenige, welcher ein Tier hält, dem Verletzten zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn durch ein Tier eine Sache beschädigt wird. 21Bei M handelt es sich um ein Luxustier, dessen Halter der Beklagte ist. 22M hat auch eine Sache beschädigt, denn gemäß § 90 a BGB sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend auf Tiere anzuwenden. 23Bei einem Schadensereignis an dem zwei Hunde beteiligt sind, ist bei einem Anspruch aus § 833 BGB die mitwirkende Tiergefahr des jeweils anderen Hundes gemäß § 254 analog zu berücksichtigen. Eine mitwirkende Tiergefahr ist selbst dann zu berücksichtigen, wenn sich der verletzte Hund bei dem Schadensereignis lediglich passiv verhalten hat. In einem entsprechenden Fall wäre lediglich diejenige Gefahr aus §§ 833, 254 BGB in Anschlag zu bringen, die von einem Hund originär ausgeht. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um Tiere handelt, die angeborenen Instinkten und Revierverhalten nachgehen, ist aus Sicht des Gericht grundsätzlich zunächst von einer Mithaftung beider Hunde von 50% auszugehen, sofern nicht Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schaden von einem der beiden Hunde vornehmlich oder alleinig verursacht worden ist. Ferner ist im Rahmen der zu berücksichtigenden Tiergefahren auch die Größe und Konstitution der jeweiligen Hunde von Entscheidung. Insbesondere von größeren Hunden geht allein aufgrund deren Größe regelmäßig die besondere Gefahr aus, dass diese im Falle einer Auseinandersetzung zwischen zwei Hunden dem jeweils anderen Hund erhebliche körperliche Nachteile zufügen können. 24Danach ist vorliegend von einer Haftungsverteilung von 25 % zu 75 % zu Lasten des Beklagten auszugehen. 25M ist als Schäferhündin unstreitig um ein Vielfaches größer und stärker als die Hündin C3, weswegen ihr eine höhere Tiergefahr zuzubilligen ist. Die Tiergefahr von C3 tritt indes trotz ihrer Größe nicht vollumfänglich zurück, denn vorliegend ist zu berücksichtigen, dass C3 während des Vorfalls nicht passiv war, sondern sich beide Hunde aktiv beschnupperten. Mithin ist es zu dem Biss gekommen, weil sich beide Tiere zueinander hingezogen gefühlt haben und sich eben die hundeeigenen Instinkte realisiert haben, sodass die von C3 ausgehende Tiergefahr nicht gänzlich in den Hintergrund tritt (OLG München, Urteil vom 11.04.2011, Az. 21 U 5534/10). 26Nachdem der der Klägerin unstreitig entstanden Schaden in Höhe von insgesamt 1.906,20 EUR hälftig reguliert worden ist, mithin in Höhe von 953,10 EUR, steht der Klägerin noch in weiterer Anspruch auf Zahlung von 476,55 EUR zu. 27Die Kosten sind auch nicht unverhältnismäßig, denn bei Tieren sind anders als bei Sachen gemäß § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie deren Wert erheblich übersteigen. Anders als bei Sachen ist insbesondere nicht die Verhältnismäßigkeitsschwelle von 130 % anzusetzen, sondern eine – deutlich – höhere. Die Verhältnismäßigkeitsschwelle liegt bei einem Vielfachen des Marktwertes. Hierbei ist auch das Affektionsinteresse der Klägerin zu berücksichtigen (OLG München, Urteil vom 11.04.2011, Az. 21 U 5534/10). Der Hund, der zum Vorfallzeitpunkt 8 Jahre alt war und zu einem Kaufpreis von 1.200,00 EUR erworben worden war, hat noch eine hinreichende Lebenserwartung vor sich und war nicht vorerkrankt, weswegen die Kosten nicht zu beanstanden sind. 28Die Klägerin hat insoweit auch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen beruht auf §§ 286, 288 BGB. Infolge der weiteren Haftungsablehnung durch die Haftpflichtversicherung befand sich der Beklagte ab dem Folgetag in Verzug, § 187 BGB. 29Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 90,96 EUR, § 286 BGB. 30Die Anwaltskosten berechnen sich indes entgegen der Ansicht der Klägerin nach einem berechtigten Gegenstandswert in Höhe von 476,55 EUR. 31Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen folgt insoweit aus §§ 291, 288 BGB. 32Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 ZPO. 33Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. 34Der Streitwert wird auf 953,10 EUR festgesetzt. 35Rechtsbehelfsbelehrung: 36Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 371. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 382. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 39Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 40Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 41Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 42Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 43Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 44Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 45Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 46N | in dem rechtsstreit der frau l2, klägerin, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte c2, gegen herrn l, beklagten, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte c, hat das amtsgericht düsseldorf im schriftlichen verfahren mit einer schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 20.12.2021 durch den richter am amtsgericht n für recht erkannt: der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 476,55 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 11.02.2021 sowie vorgerichtliche rechtsanwaltsgebühren in höhe von 90,96 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit 22.05.2021 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die parteien streiten um schadensersatz aufgrund eines hundebisses. 3die klägerin ist eigentümerin eines hundes bichon frisé mit dem namen c3. der hund, den die klägerin am 18.11.2012 zu einem kaufpreis von 1.200,00 eur erworben hatte, war zum vorfallzeitpunkt 8 jahre alt bei einer lebenserwartung von 12 – 15 jahren. vorerkrankungen bestanden nicht. 4der beklagte ist eigentümer und halter eines schäferhundes mit dem namen m. 5am 10.12.2020 trafen die beiden hunde, die jeweils von der zeugin l2 und dem beklagten an einer leine geführt wurden, auf der grünfläche vor der immobilie x in düsseldorf, aufeinander. nachdem die hunde sich beschnupperten, biss sich m an c3 fest. anschließend wurde c3 von m durch die luft gewirbelt. 6nachdem c3 auf dem boden aufkam, jaulte und winselte sie und blutete infolge einer erlittenen fleischwunde. 7die klägerin ließ den hund c3 tierärztlich untersuchen, wobei sie insgesamt einen betrag in höhe von 1.906,20 eur zahlte. 8die klägerin forderte die haftpflichtversicherung des beklagten dazu auf, den vorgenannten betrag zu regulieren, woraufhin die haftpflichtversicherung mit schreiben vom 10.02.2021 mitteilte, dass sie den schaden hälftig reguliere, was sie in der folgezeit auch tat. 9mit anwaltlichem schreiben forderte die klägerin die haftpflichtversicherung des beklagten erfolglos zu einer weiteren regulierung auf. 10die klägerin ist der ansicht, dass im vorliegenden fall insbesondere die größe der hunde berücksichtigt werden müsse mit der folge, dass der beklagte für den eingetreten schaden zu 100 % haftet. 11die klägerin beantragt, 12den beklagten zu verurteilen, an sie 953,10 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 11.02.2021 sowie vorgerichtliche rechtsanwaltsgebühren in höhe von 159,94 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 13der beklagte beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15der beklagte ist der ansicht, dass die geltend gemachten kosten den wert des hundes übersteigen würden mit der folge, dass er jedenfalls aus diesem grund nicht zum schadenersatz verpflichtet sei. 16für den weiteren sach- und streitstand wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 17 | 18die zulässige klage ist teilweise begründet. 19der klägerin steht gegen den beklagten ein anspruch auf zahlung von 476,55 eur gemäß § 833 satz 1 bgb zu. 20danach ist derjenige, welcher ein tier hält, dem verletzten zum ersatz des schadens verpflichtet, wenn durch ein tier eine sache beschädigt wird. 21bei m handelt es sich um ein luxustier, dessen halter der beklagte ist. 22m hat auch eine sache beschädigt, denn gemäß § 90 a bgb sind die für sachen geltenden vorschriften entsprechend auf tiere anzuwenden. 23bei einem schadensereignis an dem zwei hunde beteiligt sind, ist bei einem anspruch aus § 833 bgb die mitwirkende tiergefahr des jeweils anderen hundes gemäß § 254 analog zu berücksichtigen. eine mitwirkende tiergefahr ist selbst dann zu berücksichtigen, wenn sich der verletzte hund bei dem schadensereignis lediglich passiv verhalten hat. in einem entsprechenden fall wäre lediglich diejenige gefahr aus §§ 833, 254 bgb in anschlag zu bringen, die von einem hund originär ausgeht. aufgrund der tatsache, dass es sich um tiere handelt, die angeborenen instinkten und revierverhalten nachgehen, ist aus sicht des gericht grundsätzlich zunächst von einer mithaftung beider hunde von 50% auszugehen, sofern nicht anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der schaden von einem der beiden hunde vornehmlich oder alleinig verursacht worden ist. ferner ist im rahmen der zu berücksichtigenden tiergefahren auch die größe und konstitution der jeweiligen hunde von entscheidung. insbesondere von größeren hunden geht allein aufgrund deren größe regelmäßig die besondere gefahr aus, dass diese im falle einer auseinandersetzung zwischen zwei hunden dem jeweils anderen hund erhebliche körperliche nachteile zufügen können. 24danach ist vorliegend von einer haftungsverteilung von 25 % zu 75 % zu lasten des beklagten auszugehen. 25m ist als schäferhündin unstreitig um ein vielfaches größer und stärker als die hündin c3, weswegen ihr eine höhere tiergefahr zuzubilligen ist. die tiergefahr von c3 tritt indes trotz ihrer größe nicht vollumfänglich zurück, denn vorliegend ist zu berücksichtigen, dass c3 während des vorfalls nicht passiv war, sondern sich beide hunde aktiv beschnupperten. mithin ist es zu dem biss gekommen, weil sich beide tiere zueinander hingezogen gefühlt haben und sich eben die hundeeigenen instinkte realisiert haben, sodass die von c3 ausgehende tiergefahr nicht gänzlich in den hintergrund tritt (olg münchen, urteil vom 11.04.2011, az. 21 u 5534/10). 26nachdem der der klägerin unstreitig entstanden schaden in höhe von insgesamt 1.906,20 eur hälftig reguliert worden ist, mithin in höhe von 953,10 eur, steht der klägerin noch in weiterer anspruch auf zahlung von 476,55 eur zu. 27die kosten sind auch nicht unverhältnismäßig, denn bei tieren sind anders als bei sachen gemäß § 251 abs. 2 satz 2 bgb die aus der heilbehandlung eines verletzten tieres entstandenen aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie deren wert erheblich übersteigen. anders als bei sachen ist insbesondere nicht die verhältnismäßigkeitsschwelle von 130 % anzusetzen, sondern eine – deutlich – höhere. die verhältnismäßigkeitsschwelle liegt bei einem vielfachen des marktwertes. hierbei ist auch das affektionsinteresse der klägerin zu berücksichtigen (olg münchen, urteil vom 11.04.2011, az. 21 u 5534/10). der hund, der zum vorfallzeitpunkt 8 jahre alt war und zu einem kaufpreis von 1.200,00 eur erworben worden war, hat noch eine hinreichende lebenserwartung vor sich und war nicht vorerkrankt, weswegen die kosten nicht zu beanstanden sind. 28die klägerin hat insoweit auch einen anspruch auf zahlung von zinsen beruht auf §§ 286, 288 bgb. infolge der weiteren haftungsablehnung durch die haftpflichtversicherung befand sich der beklagte ab dem folgetag in verzug, § 187 bgb. 29die klägerin hat gegen den beklagten einen anspruch auf zahlung vorgerichtlicher anwaltskosten in höhe von 90,96 eur, § 286 bgb. 30die anwaltskosten berechnen sich indes entgegen der ansicht der klägerin nach einem berechtigten gegenstandswert in höhe von 476,55 eur. 31der anspruch auf zahlung von zinsen folgt insoweit aus §§ 291, 288 bgb. 32die entscheidung über die kosten beruht auf § 92 zpo. 33die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 11, 711, 713 zpo. 34der streitwert wird auf 953,10 eur festgesetzt. 35rechtsbehelfsbelehrung: 36gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 371. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 382. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 39die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 40die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 41die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 42mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 43hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 44die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. auf die pflicht zur elektronischen einreichung durch professionelle einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das gesetz zum ausbau des elektronischen rechtsverkehrs mit den gerichten und zur änderung weiterer vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 45weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. 46n |
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} | 8 K 1944/21 | 2022-02-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass die Anerkennung der Vaterschaft für ihre Tochter B. durch den Zeugen T. missbräuchlich ist. 3Die am 00.00.1996 geborene Klägerin ist nigerianische Staatsangehörige. Sie reiste nach eigenen Angaben am 14. Juli 2015 ins Bundesgebiet ein und ist nach dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylfolgeverfahrens seit dem 21. Januar 2019 vollziehbar ausreisepflichtig. Die Klägerin war traditionell mit dem nigerianischen Staatsangehörigen N. B1. verheiratet, mit dem sie zwei gemeinsame Kinder, J. , geboren am 00.00.2017 und B2. , geboren am 00.00.2018, hat. 4Der am 00.00.1968 in Nigeria geborene Zeuge T. ist deutscher Staatsangehöriger. Er lebt getrennt von seiner deutschen Ehefrau in E. . Aus der Ehe sind zwei volljährige Töchter hervorgegangen. Der Zeuge T. hat in der Zeit von Oktober 2015 bis April 2019 die Vaterschaft für sieben weitere Kinder verschiedener ausländischer Mütter anerkannt. 5Am 23. September 2019 sprach der Zeuge T. gemeinsam mit der Klägerin beim Standesamt der Beklagten vor, um vorgeburtlich die Vaterschaft für die am 00.00.2019 geborene Tochter der Klägerin, B. anzuerkennen. Wegen des Verdachts auf eine missbräuchliche Anerkennung setzte das Standesamt der Beklagten das Verfahren am selben Tag aus und leitete es an die Ausländerbehörde der Beklagten weiter. 6Am 27. Januar 2020 suchten die Klägerin und der Zeuge T. das Jugendamt der Stadt E1. auf, um die Vaterschaftsanerkennung des Zeugen T. beurkunden zu lassen. Auch das Jugendamt der Stadt E1. setzte das Verfahren aufgrund des Verdachts einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung aus. 7Mit Schreiben vom 1. Dezember 2020 hörte die Beklagte die Klägerin zu der von ihr beabsichtigten Feststellung der missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung an. 8Mit Ordnungsverfügung vom 1. März 2021 stellte die Beklagte eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung durch den Zeugen T. fest. Zur Begründung führte sie aus, der Regelvermutungstatbestand des § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG sei erfüllt, da der Zeuge T. bereits sechs Kinder von sechs verschiedenen Frauen afrikanischer Nationalität anerkannt habe, von denen keines bei ihm lebe, die jedoch alle die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt hätten. Es sei darüber hinaus davon auszugehen, dass der Zeuge T. einen Vermögensvorteil aus der Beurkundung erhalten habe, so dass auch der Regelvermutungstatbestand des § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AufenthG erfüllt sei. Nach 1597a Abs. 2 Nr. 1 BGB sei ein Anzeichen für das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für die Missbräuchlichkeit der Vaterschaftsanerkennung insbesondere, das Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht des Anerkennenden, der Mutter oder des Kindes. Jedenfalls die Klägerin sei vollziehbar ausreisepflichtig, so dass ein konkreter Anhaltspunkt bestehe. Auch gehe sie davon aus, dass zwischen dem Zeugen T. , der Klägerin und dem Kind keine persönliche Beziehung im Sinne des § 1597a Abs. 2 Nr. 3 BGB vorliege. Die vorgelegten Fotos seien nicht geeignet eine solche zu belegen. Dies gelte ebenso für die unbelegte Behauptung, der Zeuge T. zahle der Klägerin bei Bedarf 100 - 150 Euro. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, wie die Vater-Kind-Beziehung während der Zeit der Inhaftierung des Zeugen T. aufrechterhalten worden sei. Es sei zudem davon auszugehen, dass die Klägerin noch eine Beziehung zu ihrem Ehemann aufrechterhalte, da sie unter einer Meldeanschrift mit ihm gemeldet sei. 9Die Klägerin hat am 24. März 2021 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, sie habe den Zeugen T. im Jahre 2018 in der afrikanischen I. -Kirche in E2. , die sie beide regelmäßig besuchten, kennengelernt. Zwischen ihnen habe sich eine lockere Beziehung entwickelt, aus welcher am 00.00.2019 ihre Tochter B. hervorgegangen sei. Die Klägerin lebe bereits seit 2018 nicht mehr mit dem Vater ihrer beiden älteren Kinder zusammen. Er sei jedoch in derselben Unterkunft untergebracht, weshalb die Meldeanschrift identisch sei. Der Zeuge T. habe durchgehend eine gute, gefestigte und liebevolle Beziehung zu B. . Dieser Beziehung habe die zwischenzeitliche Unterbrechung des Kontakts durch die Inhaftierung des Zeugen T. und eine anschließende Erkrankung nicht geschadet. Der Zeuge T. habe ihr zugesichert, sie finanziell zu unterstützen und bei der Erziehung von B. zur Seite zu stehen. Die Feststellung der missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung sei rechtswidrig. Es komme hierfür maßgeblich darauf an, ob Anhaltspunkte für das Vorliegen einer missbräuchlichen Anerkennung vorlägen, die nach dem Gesetzeswortlaut konkret sein müssten; dabei sei das Vorliegen der in § 1597a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 5 BGB genannten Anzeichen nicht mit dem Bestehen konkreter Anhaltspunkte gleichzusetzen. Die Anerkennung sei nicht gezielt zu dem Zweck erfolgt, die Voraussetzungen für den Erwerb eines Aufenthaltsrechts zu schaffen. Die Aufenthaltsverschaffung sei allenfalls „Mit-Zweck". In erster Linie sei von der Klägerin und dem Zeugen T. gewollt, seine rechtliche Zuordnung zu dem Kind zu sichern. Er wolle Verantwortung für das Kind tragen. Die drohende FGM ihrer beiden Töchter könne im Übrigen noch dazu führen, dass ihnen die Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot zugesprochen werde, so dass es auf die Vaterschaftsanerkennung des Zeugen T. aufenthaltsrechtlich gar nicht mehrankomme. Einen Vermögensvorteil habe der anerkennungswillige Zeuge T. weder erhalten noch sei ihm dieser versprochen worden. Hierfür gebe es auch keine Belege oder Anhaltspunkte, was die Beklagte selbst feststellt habe. B. habe in der bindungspsychologisch prägenden Zeit im ersten Lebensjahr nur den Zeugen T. als männliche Bezugsperson, also auch sozialen Vater angesehen. Einen anderen Vater als den Zeugen T. kenne B. nicht. Zwischen dem Zeugen T. und B. bestehe eine von Liebe und Vertrauen getragene Beziehung, die zwar durch die Inhaftierung des Zeugen T. unterbrochen worden sei, jedoch mit etwas Geduld wieder fortgeführt werden könne. Die Tatsache, dass die Klägerin kein Besuchstagebuch geführt habe, belege nicht das Fehlen einer Bindung zwischen dem Zeugen T. und B. . Das Führen eines Besuchstagebuches sei unüblich und von ihr zuvor nicht gefordert worden, so dass sie keine Anlass hierzu gehabt habe. Dies könne ihr nun nicht vorgehalten werden. Nach alldem bestünden keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung. 10Die Klägerin beantragt, 11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. März 2021 zu verpflichten, das Verfahren einzustellen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung verweist sie auf den angefochtenen Bescheid und macht darüber hinaus geltend, die Klägerin habe die aufgrund der Befragung vom 12. Juli 2021 bestehenden Zweifel an der Vaterschaft und der Bindung zum Kind nicht ausgeräumt. Es sei nach dem Gesamteindruck von dem Zeugen T. und auch der Klägerin nicht von einer stabilen und verantwortungsvoll gelebten Vaterschaft auszugehen. Dies folge insbesondere aus den widersprüchlichen Aussagen des Zeugen T. zu den Gründen für die Vaterschaftsanerkennung und dem Verhältnis zu den weiteren von ihm anerkannten Kindern. Von einem Zusammenleben der Klägerin mit dem Vater der beiden älteren Kinder sei jedoch nicht mehr auszugehen. 15Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 16. September 2021 gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen worden ist. 18I. Die Klage ist als Anfechtungsklage (1.) verbunden mit einer allgemeinen Leistungsklage (2.) zulässig. 191. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2021 ist zulässig. Sie ist fristgemäß durch Schriftsatz der Klägerin vom 24. März 2021 erhoben worden. Die Klägerin hat auch unabhängig von dem annerkennungswilligen Zeugen T. ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Feststellung nach § 85a Abs. 1 AufenthG bezieht sich, wie auch § 1597a Abs. 4 BGB unterstreicht, auf die Anerkennung der Vaterschaft eines Kindes durch einen bestimmten Vater als einheitliche, für und gegen alle wirkende Erklärung insgesamt, nicht auf die jeweilige Erklärung des Kindesvaters oder der Kindesmutter. Die Aufhebung der angegriffenen Feststellung lässt das aus ihr folgende Beurkundungsverbot (§ 1597a Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 BGB) insgesamt entfallen. 20Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2021 - 1 C 30.20 -Rn. 11, a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 23.06.2021 - 7 K 3388/19 - Rn. 28 ff., beide juris. 21Dementsprechend gibt es eine einheitliche Feststellung und nicht etwa mehrere Feststellungen der Missbräuchlichkeit der betroffenen Vaterschaftsanerkennung und ist es ausreichend, dass hier allein die Klägerin den Feststellungsbescheid, der an sie adressiert wurde, angefochten hat. 222. Die Leistungsklage ist ebenfalls zulässig. Das Leistungsbegehren kann im Wege der Klagehäufung gemäß § 44 VwGO zusammen mit dem Anfechtungsbegehren in einer Klage verfolgt werden. § 44a Satz 1 VwGO steht schon deshalb hier nicht entgegen. Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis für die auf Verfahrenseinstellung gerichtete Leistungsklage. Die Aufhebung des Bescheids vom 1. März 2021 durch das Verwaltungsgericht auf ihre Anfechtungsklage hin bewirkt nicht das Ende des Verfahrens zur Prüfung der Missbräuchlichkeit der Vaterschaftsanerkennung und beseitigt nicht die Beurkundungssperre nach § 1597a Abs. 3 BGB. Dies bewirkt erst die Verfahrenseinstellung. 23Vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 62. 24II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1. März 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Missbrauchsfeststellungsverfahren ist nicht einzustellen. 25Rechtsgrundlage für die Feststellung der missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung ist § 85a Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Nach § 85a Abs. 1 Satz 1 AufenthG prüft die Ausländerbehörde, ob eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung vorliegt, wenn ihr von einer beurkundenden Behörde oder einer Urkundsperson mitgeteilt wird, dass konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft im Sinne von § 1597a Absatz 1 BGB bestehen. Ergibt diese Prüfung, dass die Anerkennung der Vaterschaft missbräuchlich ist, stellt die Ausländerbehörde dies gemäß § 85a Abs. 1 Satz 2 AufenthG durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest. 26Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 1. März 2021 ist zunächst formell rechtmäßig. Die Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich sachlich aus § 85a Abs. 1 AufenthG und örtlich aus dem Umstand, dass Mutter und Kind in ihrem Bezirk leben. Die Beklagte hat die Klägerin ordnungsgemäß angehört und die Verfügung hinreichend begründet. Die Beklagte hat auch wie im Gesetz ausdrücklich vorgesehen durch Verwaltungsakt entschieden. Dass sie den Bescheid ohne Tenor verfasst hat, steht dem nicht entgegen. Die von der Beklagten getroffene Entscheidung ergibt sich eindeutig aus den Gründen des Bescheides. Zudem hat die Beklagte alle übrigen typischen Formelemente eines Verwaltungsaktes, wie etwa eine Rechtsbehelfsbelehrung oder eine Begründung, verwendet. 27Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 – 4 C 3/09 –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 2021 – 8 K 3869/21 –, n.v. 28Die Feststellung der missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung ist auch materiell rechtmäßig. 29Diese Feststellung trifft die Ausländerbehörde gemäß § 85a Abs. 1 Satz 2 AufenthG, wenn die nach § 85a Abs. 1 Satz 1 AufenthG eingeleitete Prüfung ergibt, dass die Anerkennung der Vaterschaft missbräuchlich ist. 30Wann von einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung auszugehen ist, wird in § 1597a BGB festgelegt. § 1597a Abs. 1 BGB verbietet eine "missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft." Das Gesetz definiert diese dahin, dass die Vaterschaft nicht gezielt gerade zu dem Zweck anerkannt werden darf, die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen, auch nicht, um die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes durch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 Satz 1 StAG zu schaffen. 31Diese Legaldefinition der "missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung" ist auslegungsbedürftig und auslegungsfähig. Hiervon ist jedenfalls eine Vaterschaft umfasst, die allein deswegen anerkannt wird, um die rechtlichen Voraussetzungen für einen anderweitig nicht erreichbaren rechtmäßigen Aufenthalt zu schaffen. Mit dem Wirksamwerden der Anerkennung der Vaterschaft eines drittstaatsangehörigen (minderjährigen) Kindes durch einen deutschen Staatsangehörigen treten regelmäßig und unabhängig von dem Willen des Anerkennenden Wirkungen für dessen erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt namentlich dann ein, wenn das Kind mit der Anerkennung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt. Weder die Vaterschaftsanerkennung durch einen Mann, der nicht der leibliche Vater des Kindes ist (§ 1597a Abs. 5 BGB), noch die aus einer solchen Anerkennung resultierenden aufenthaltsrechtlichen Folgen indizieren aber für sich betrachtet die Missbräuchlichkeit der Vaterschaftsanerkennung. Der Wortlaut des § 1597a Abs. 1 BGB, dass die Vaterschaft "nicht gezielt gerade zu dem Zweck" anerkannt werden darf, diese aufenthaltsrechtlichen Folgen zu bewirken, unternimmt die Abgrenzung der missbräuchlichen von einer nichtmissbräuchlichen Anerkennung nach deren Zweckrichtung. Die Feststellung des mit der Anerkennung verfolgten Zwecks wird indes dadurch erschwert, dass weder die Handlung (Vaterschaftsanerkennung) noch der erstrebte Erfolg (Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für eine erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt) als solche missbräuchlich sind, also - anders als regelmäßig im Strafrecht - weder aus der Handlung selbst noch dem erzielten Erfolg auf den subjektiv gewollten (alleinigen oder primären) Handlungszweck geschlossen werden kann. 32Vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 26. 33Von § 85a AufenthG erfasst sind nur Vaterschaften, die zur Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts anerkannt wurden 34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, juris Rn. 99. 35Im Sinne des § 1597a Abs. 1 BGB "nicht gezielt gerade zu dem Zweck" solcher aufenthaltsrechtlichen Wirkungen erfolgt eine Vaterschaftsanerkennung mithin jedenfalls dann, wenn mit ihr ein über die aufenthaltsrechtlichen Wirkungen hinausgehender, rechtlich anzuerkennender Zweck verfolgt wird. Diese hinzutretenden Zwecke müssen auf die Anerkennung einer Vaterschaft selbst bezogen sein, also der Begründung, Fortsetzung oder Vertiefung einer Eltern-Kind-Beziehung dienen. Mit der wirksamen Anerkennung der Vaterschaft entsteht rechtlich ein Verwandtschaftsverhältnis. Es ist normativ für den Anerkennenden mit dem Elternrecht auf Pflege und Erziehung des Kindes (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG), aber auch mit den damit korrespondierenden Pflichten (z.B. Betreuung und Erziehung; Unterhaltsgewährung) verbunden. 36Vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 29. 37Diese aus der Vaterschaftsanerkennung resultierende elterliche Verantwortung 38s. etwa BVerfG, Urteil vom 24. März 1981 - 1 BvR 1516/78 u.a. - BVerfGE 56, 363 <382> 39als ein Grundrecht im Interesse des Kindes 40vgl. BVerfG, Urteile vom 6. Februar 2001 - 1 BvR 12/92 - BVerfGE 103, 89 <107> und vom 1. April 2008 - 1 BvR 1620/04 - BVerfGE 121, 69 <92>, 41muss der Anerkennende auch tatsächlich wahrnehmen ("leben") wollen. 42Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 - BVerfGE 135, 48 . 43Eine Anerkennung ist jedenfalls dann missbräuchlich, wenn weder eine persönliche Beziehung mit dem Kind oder dessen Mutter angestrebt wird noch die Bereitschaft besteht, ohne persönlichen Kontakt mögliche Rechte oder Pflichten, die mit der rechtlichen Elternschaft verbunden sind, wahrzunehmen. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2021 – 1 C 30/20 –, juris Rn. 29. 45Das konkret zu fordernde Maß der tatsächlichen Wahrnehmung hat indes die Vielfalt grundrechtlich geschützter Möglichkeiten zu berücksichtigen, Eltern-Kind-Beziehungen autonom und weitestgehend frei von staatlichen Vorgaben auszugestalten; es gibt kein staatlich vorgeprägtes Bild eines Eltern-Kind-Verhältnisses. Schon dies lässt vielfältige Ausformungen und Abstufungen in Bezug auf die "gelebte" Intensität einer grundrechtlich geschützten Eltern-Kind-Beziehung zu; ein Optimum oder gar ein Maximum gelebter väterlicher Fürsorge in materieller und immaterieller Hinsicht mag im Interesse des Kindes wünschenswert sein, ist aber gerade nicht Voraussetzung einer die Missbräuchlichkeit i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB ausschließenden Eltern-Kind-Beziehung. Um eine i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB "missbräuchliche" Vaterschaftsanerkennung auszuschließen, kann das tatsächlich "gelebte" Eltern-Kind-Verhältnis auch erst angestrebt werden. Dieses Verhältnis umfasst notwendig Elemente von elterlicher Verantwortung, ohne dass diese in allen Dimensionen wahrgenommen werden muss. Namentlich müssen nicht alle in der elterlichen Sorge gebündelten Rechte und Pflichten durch den Anerkennenden in eigener Person oder gar in optimaler Weise wahrgenommen werden wollen. Erforderlich, aber hinreichend ist eine - angestrebte oder bereits wahrgenommene - tatsächliche Betätigung in Bezug auf einzelne Elemente der elterlichen Verantwortung wie z.B. die Gewährung von Sach- oder Barunterhalt. Die elterliche Verantwortung setzt eine häusliche Gemeinschaft nicht zwingend voraus; auch das Bestehen einer geistig-emotionalen Nähebeziehung kann ausreichen. Umgekehrt ist eine besondere geistig-emotionale Nähebeziehung nicht erforderlich, wenn andere aus der elterlichen Sorgen folgende Pflichten erfüllt werden (sollen und können). 46Vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 30f. 47Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die aus der Vaterschaftsanerkennung folgende elterliche Verantwortung tatsächlich nicht wahrgenommen werden soll, trägt die Ausländerbehörde. Die ausländerbehördliche Prüfung hat umfassend alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, welche die Missbräuchlichkeit einer Vaterschaftsanerkennung zu be- oder widerlegen geeignet sind. Sie ist weder auf die in § 1597a Abs. 2 Satz 2 BGB nicht abschließend ("insbesondere") aufgezählten Anzeichen für konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung (Verdachtstatbestände) noch auf die Regelvermutungstatbestände des § 85a Abs. 2 Satz 1 AufenthG beschränkt. Die Regelvermutungstatbestände enthalten indes eine Beweiserleichterung für die Ausländerbehörde, weil diese bei Vorliegen von einem oder mehreren Regelvermutungstatbeständen grundsätzlich von einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung ausgehen darf, wenn nicht Umstände erkennbar oder vorgetragen sind, welche die Vermutungswirkung entkräften oder gar widerlegen. Eine Umkehr der Beweislast tritt aber auch dann nicht ein, wenn und soweit ein die Vermutungswirkung ausfüllender Sachverhalt festgestellt ("bewiesen") ist Für den Wegfall der Beweiserleichterung erforderlich, aber auch hinreichend ist, dass Umstände dargelegt und bewiesen werden, welche auch bei erfülltem Tatbestand die Vermutungswirkung widerlegen, oder die als atypische Umstände des Einzelfalls die Regelvermutung gar nicht erst entstehen lassen. Umgekehrt schließt das Nichtvorliegen von Regelvermutungstatbeständen eine Bewertung der Umstände des Einzelfalles dahin nicht zwingend aus, wenn anderweitige konkrete Anhaltspunkte nach Gewicht und Aussagekraft den Schluss rechtfertigten, dass eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung vorliegt. In diese Gesamtwürdigung können auch die in § 1597a Abs. 2 Satz 2 BGB genannten Verdachtstatbestände herangezogen werden, die indes nicht geeignet sind, die in § 85a Abs. 2 Satz 1 AufenthG abschließend aufgezählten Regelvermutungstatbestände zu erweitern.Die Auslegung und Anwendung der Regelvermutungstatbestände des § 85a Abs. 2 Satz 1 AufenthG hat zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Vaterschaftsanerkennung grundsätzlich nicht an bestimmte Voraussetzungen gebunden hat und die Regelung dazu dient, eine missbräuchliche Umgehung aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen zu verhindern. Danach ist der Regelvermutungstatbestand des § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG in der Weise auszulegen, dass die Anerkennung der Vaterschaft leiblicher Kinder auch dann, wenn diese von verschiedenen ausländischen Müttern stammen, bereits tatbestandlich der Regelung nicht unterfällt. § 1597a Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BGB und § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG setzen vielmehr voraus, dass der Anerkennende nicht der leibliche Vater der bereits anerkannten Kinder ist. 48Vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 32ff. 49Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, 50vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2021 - 1 C 30.20 - Rn. 12, juris, 51von einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung durch den Zeugen T. auszugehen. Der Zeuge T. beabsichtigt unabhängig von der Frage, ob der Regelvermutungstatbestand des § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG Anwendung findet (2.) als nicht leiblicher Vater von B. (1.) die Vaterschaft gezielt gerade zu dem Zweck anzuerkennen, für die Klägerin und B. die aus § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG folgenden aufenthaltsrechlichen Folgen herbeizuführen (3.). 521. Die Anwendung des § 85a AufenthG ist zunächst nicht gemäß § 1597a Abs. 5 BGB, durch die schlichte Behauptung des Zeugen T. und der Klägerin, der Zeuge T. sei der leibliche Vater von B. , ausgeschlossen. Weder die Klägerin, noch der Zeuge T. haben in der mündlichen Verhandlung substantiiert dargetan, dass eine leibliche Vaterschaft besteht, so dass insoweit auch kein weiterer Anlass zur Beweiserhebung bestand. Das Gericht ist aufgrund der zwar im Wesentlichen übereinstimmenden, aber detailarmen und emotionsfrei geschilderten Schilderung der Anbahnung einer Beziehung zwischen der Klägerin und dem Zeugen T. bereits davon überzeugt, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen T. zum Zeugungszeitpunkt von B. keine Beziehung bestand. Die in der mündlichen Verhandlung durch das Gericht insoweit gegenüber der Klägerin und dem Zeugen T. aufgeworfenen Zweifel, vermochten diese nicht ansatzweise ausräumen. Sowohl die Klägerin, als auch der Zeuge T. beschränkten sich ausschließlich auf die zuvor bereits genannten allgemein gehaltenen und vagen Aussagen zum Ort und groben Zeitpunkt (2018) ihres Kennenlernens. Weitere Details nannten sie trotz Nachfrage nicht. Beide zeigten keinerlei Emotionen, so dass nicht von tatsächlich Erlebtem ausgegangen werden kann. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Aussagen der Klägerin zur Möglichkeit der Beibringung eines Abstammungsgutachtens, als zwar nicht verpflichtende, aber zeitnahe und rechtssichere Möglichkeit die behördlichen und gerichtlichen Zweifel, auszuräumen. Sie gab insoweit an, im Falle der Durchführung eines Vaterschaftstests für B. werde ihre Treue gegenüber dem Zeugen T. in Frage gestellt. Dies werde sich unter ihren Landsleuten herumsprechen. Weshalb weitere Personen ohne ihren Willen und ihr Zutun Kenntnis von einem von ihr und dem Zeugen T. durchgeführten Vaterschaftstest erlangen sollten, konnte sie nicht erklären. Der Zeuge T. hingegen machte bezüglich der Möglichkeit, ein Abstammungsgutachten einzuholen, widersprüchliche Angaben. So gab er zunächst an, er sei bisher nicht gefragt worden, ob er ein Abstammungsgutachten machen wolle. Bisher sei ja die Anerkennung der Vaterschaft auch einfach so möglich gewesen. Auf konkrete Nachfrage hingegen behauptete er, er habe darüber mit der Klägerin gesprochen, sie habe ihm erklärt, dass sie keinen Vaterschaftstest machen wolle. 532. Ob der Regelvermutungstatbestand des § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG hier eingreift, kann dahinstehen. Der Zeuge T. hat unstreitig sieben weitere Kinder verschiedener ausländischer Mütter anerkannt, welche hierdurch die deutsche Staatsangehörigkeit erwarben, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG grundsätzlich erfüllt sind. Ob der Zeuge T. leiblicher Vater dieser Kinder ist, was er wiederum schlicht in unglaubhafter Weise behauptet hat, und damit der Regelvermutungstatbestand des § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG keine Anwendung findet, ist nicht entscheidungserheblich. Auf die aus § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG folgende Beweiserleichterung kommt es nicht an. Aufgrund einer umfassenden Bewertung der Umstände des Einzelfalles bestehen anderweitige konkrete Anhaltspunkte, die nach Gewicht und Aussagekraft den Schluss rechtfertigen, dass eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung vorliegt. 543. Zur Überzeugung der Einzelrichterin strebt der Zeuge T. weder eine nachhaltige persönliche Beziehung mit der Klägerin (3.1) oder B. (3.2) an, noch besteht die Bereitschaft, ohne persönlichen Kontakt mögliche Rechte oder Pflichten, die mit der rechtlichen Elternschaft verbunden sind, wahrzunehmen (3.2). 553.1. Zunächst kann aufgrund der vagen und widersprüchlichen Aussagen der Klägerin und des Zeugen T. zu ihrer Beziehung nur der Schluss gezogen werden, dass eine persönliche Beziehung zwischen ihnen weder aktuell besteht, noch angestrebt wird. Die Angaben des Zeugen T. und der Klägerin sind insoweit als unglaubhaft und verfahrensangepasst zu werten. Beide machten sowohl zu ihrem aktuellen Beziehungsstatus, als auch zu zukünftigen Absichten abweichende Angaben. Übereinstimmend gaben sie lediglich an, dass zwischen ihnen eine Verbindung aufgrund von B. bestehe. Zu ihrer aktuellen Beziehung erklärte die Klägerin, sie habe die Beziehung zum Zeugen T. etwa im November 2020 beendet, weil dieser auch andere Freundinnen gehabt habe. Diese Angabe wirft unabhängig von ihrer Aussagekraft zur aktuellen Beziehung zwischen dem Zeugen T. und der Klägerin insoweit Zweifel auf, als der Zeuge T. sich seit September 2020 nachweislich in Untersuchungshaft befand und die Klägerin zuvor angegeben hatte, nicht gewusst zu haben, wo er sich zu dieser Zeit aufhielt. Der Zeuge T. hingegen gab an, er habe aktuell eine Liebesbeziehung zur Klägerin. Anderseits bezeichnete er sich als Single. Auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit abweichender Bewertungen der Ernsthaftigkeit ihrer Beziehung blieben die Aussagen des Zeugen T. insgesamt so vage und unkonkret, dass für die Einzelrichterin keine Zweifel daran bestehen, dass es sich um ein bloßes Lippenbekenntnis handelt. Auch in Bezug auf ihre zukünftige persönliche Beziehung machten der Zeuge T. und die Klägerin unterschiedliche Angaben. Während die Klägerin zu keinem Zeitpunkt die Wiederaufnahme einer Beziehung zu dem Zeugen T. in Erwägung zog, führte dieser aus, er wolle mit der Klägerin zusammen sein und mit ihr zusammen leben. 563.2. Der Zeuge T. strebt darüber hinaus auch keine persönliche Beziehung zu B. an. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Zeuge T. mit der Anerkennung der Vaterschaft keinen über die aufenthaltsrechtlichen Wirkungen hinausgehenden, rechtlich anzuerkennenden Zweck verfolgt. Vielmehr ist nach dem vom Zeugen T. in der mündlichen Verhandlung gewonnen Gesamteindruck davon auszugehen, dass es sich bei der derzeitigen Ausformung seiner Beziehung zu B. um ausschließlich verfahrensangepasstes Verhalten handelt. Auch unter Berücksichtigung der vielfältigen Ausformungen und Abstufungen in Bezug auf die "gelebte" Intensität einer grundrechtlich geschützten Eltern-Kind-Beziehung kann derzeit nicht angenommen werden, dass der Zeuge T. die aus der Vaterschaftsanerkennung resultierende elterliche Verantwortung tatsächlich wahrnehmen (leben) will. Das Gericht legt hierbei zugrunde, dass derzeit ein im Hinblick auf Umfang und Regelmäßigkeit nicht genau bezifferbarer Kontakt zwischen dem Zeugen T. und B. besteht. Dieser wurde jedoch zur Überzeugung des Gerichts erst nach Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung zur Steigerung der Erfolgsaussichten der Klage aufgenommen. Eine Fortsetzung des Kontakts zwischen dem Zeugen T. und B. ist nicht zu erwarten. Entscheidendes Gewicht kommt hierbei dem insgesamt verfahrensangepassten Aussageverhalten des Zeugen T. zu. Er war stets darauf aus, sich in einem guten Licht darzustellen und nicht in der Lage Unklarheiten oder Vorhalte überzeugend auszuräumen. So antwortete er etwa auf die Frage, wie viele Kinder er über seine beiden erwachsenen Töchter hinaus noch habe, es seien „so drei oder vier“. Auf Vorhalt gab er, lediglich knapp an, er habe sich in der Situation unwohl gefühlt. Trotz konkreter Nachfrage machte er hingegen keine weiteren Angaben zu seinen weiteren Kindern. Zudem neigte der Zeuge T. zu Übertreibungen, wie etwa bei der konkreten Nachfrage zur Anzahl der Besuche bei der Klägerin in der Unterkunft. Hier sagte er aus, es seien hunderte Male gewesen, was jedoch aufgrund des Zeitraums von etwas mehr als einem Jahr deutlich übertrieben war. Darüber hinaus sprechen für ein verfahrensangepasstes Verhalten des Zeugen T. bezüglich seiner Beziehung zu B. noch weitere Umstände. Augenscheinlich hat der Zeuge T. erstmals Kontakt zu B. nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft im Mai 2021 aufgenommen. Zwar hat die Klägerin zwei Fotos von sich und dem Zeugen T. während der Schwangerschaft, jedoch keine vom Zeugen T. mit B. in dem Zeitraum zwischen November 2019 und Mai 2021 vorgelegt. Auch wenn die vorgelegten Lichtbilder mangels Datierung zeitlich nur bedingt eigeordnet werden können, ist jedenfalls unzweifelhaft erkennbar, dass B. auf sämtlichen Fotos das erste Lebensjahr deutlich überschritten hat. Dafür, dass vor Mai 2021 kein Kontakt zwischen B. und dem Zeugen T. bestand, spricht zudem die Tatsache, dass die Klägerin jedenfalls in der Zeit der Inhaftierung des Zeugen T. zwischen September 2020 und April 2021 nach eigener Aussage keinen Kontakt zu diesem hatte und sich auch erst etwa sieben Monate nach der Inhaftierung des Zeugen T. und einige Wochen nach Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung bemühte, einen Besuchstermin in der Justizvollzugsanstalt über ihre Prozessbevollmächtigte zu beantragen. Die von der Klägerin eingereichten Bestätigungen des D. E2. , welcher für die Unterkunft der Klägerin und ihrer Kinder zuständig ist, vom 12. Juli 2021 und vom 2. Februar 2022 beziehen sich ebenfalls auf einen unbestimmten Zeitraum „vor und nach den Corona bedingten Einschränkungen“. Die Schreiben bestätigen damit lediglich, dass der Zeuge T. die Klägerin und ihre Kinder in der Unterkunft besucht hat, der konkrete Zeitraum und die Frequenz lassen sich ihnen hingegen nicht entnehmen. Insbesondere lassen sie keinen Rückschluss auf Treffen vor dem Frühjahr 2021 zu. Weitere Belege dafür, dass eine Beziehung zwischen dem Zeugen T. und B. vor Mai 2021 bestand, sind nicht vorgelegt worden. Bestand folglich vor Mai 2021 kein Kontakt zwischen dem Zeugen T. und B. , kann nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch nicht davon ausgegangen werden, dass der unstreitig aktuell bestehende Kontakt nach Abschluss des hiesigen Verfahrens aufrechterhalten wird. Diese Einschätzung wird verstärkt durch das Verhältnis des Zeugen T. zu den bisher anerkannten sieben Kindern. Auch wenn nach dem bisher gesagten, die Erfüllung des Regelvermutungstatbestandes gem. § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nicht ohne Weiteres anzunehmen ist und in der Folge keine Beweiserleichterung zulasten der Klägerin vorliegt, ist doch im Rahmen der Beweiswürdigung die Beziehung des Zeugen T. zu den bisher anerkannten Kindern zu berücksichtigen. Denn unabhängig davon, ob es sich um seine leiblichen Kinder handelt oder nicht, können aus seinem Verhältnis zu diesen Kindern Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit seiner Bekundungen zur zukünftigen Beziehung gegenüber B. gezogen werden. Selbst wenn man nämlich zugunsten der Klägerin davon ausginge, der Zeuge T. sei leiblicher Vater, aller bisher anerkannten Kinder, lässt die Tatsache, dass er der Klägerin nicht von diesen, sondern nur von seinen volljährigen Kindern erzählt hat, jedenfalls den Rückschluss zu, dass keine oder jedenfalls keine besonders intensive Beziehung zu diesen Kindern gepflegt wird. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Zeuge T. nach eigenen Angaben keine nennenswerten Unterhaltsleistungen für die weiteren Kinder erbringt. Der Nachfrage des Gerichts zu den von ihm anerkannten Kindern, wich der Zeuge T. damit aus, dass er sich damit unwohl fühle. Eine verwertbare Aussage zu seinem Verhältnis oder dem Kontakt zu diesen Kindern vermied er jedoch. Wieso der Zeugen T. ausgerechnet zu B. ein anderes Verhältnis haben oder aufbauen wolle, haben weder der Zeuge T. noch die Klägerin dargelegt. Gegen die Annahme, der Zeuge T. wolle ernsthaft seine elterliche Verantwortung für B. in Zukunft ausüben spricht auch, dass weder die Klägerin, noch der Zeuge T. bisher erklärt haben, wie sie sich die gemeinsame Sorge für B. vorstellen. Der Zeuge T. hat zwar erklärt, er habe sich seit der Geburt von B. für diese verantwortlich gefühlt, was wie bereits aufgeführt aufgrund der fehlenden Nachweise zu einer vor Mai 2021 bestehenden Beziehung zwischen ihnen zweifelhaft erscheint. Auf welche Weise er diese Verantwortung in Zukunft übernehmen möchte, hat er jedoch nicht ausgeführt. Das von der Klägerin in der Zeit von Mai 2021 bis Januar 2022 geführte Besuchstagebuch, führt zu keiner abweichenden Bewertung. Bei der Würdigung der Beweiskraft des Besuchstagebuchs ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin angab, ihr sei nicht bewusst gewesen, dass Nachweise zu einer zwischen dem Zeugen T. und B. bestehenden Beziehung erforderlich seien. Jedoch ist der Klägerin insoweit entgegenzuhalten, dass ihr spätestens beim zweiten gescheiterten Versuch der Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung im Januar 2020 bewusst gewesen sein musste, dass die schlichte Behauptung der Vaterschaft zur Entkräftung der behördlich geltend gemachten Anhaltspunkte für eine Missbräuchlichkeit der Vaterschaft nicht ausreichend sein dürfte. Inhaltlich beschränkt sich das Besuchstagebuch auf kurze von der Klägerin verfasste Zusammenfassungen über Zusammentreffen mit dem Zeugen T. . Belege, etwa in Form von Quittungen oder Fahrkarten enthält es hingegen nicht. Die dokumentierten Treffen fanden in unregelmäßigen Abständen durchschnittlich etwa ein- bis zweimal monatlich statt. In dieser Form ist das Besuchstagebuch nicht geeignet die bisherigen Anhaltspunkte für eine verfahrensangepasste Verhaltensweise zu entkräften. Denn über die Tatsache des unstreitig bestehenden Kontakts hinaus, enthält es keine Informationen, die Rückschlüsse auf die ernsthaften und nachhaltigen Motive oder Ziele der Klägerin und des Zeugen T. bezüglich der gemeinsamen Versorgung von B. zuließen. Dies gilt ebenso für die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder. Für den Zeitraum zwischen November 2019, also der Geburt von B. und Mai 2021 hat die Klägerin keine Lichtbilder oder sonstigen Belege vorgelegt. Die vorgelegten Lichtbilder sind nur bedingt aussagekräftig, da sie nicht mit einem Datum versehen sind und somit zeitlich nur eingeschränkt zugeordnet werden können. Aufgrund der unterschiedlichen Kleidung der Kinder und unterschiedlicher Orte ist jedoch zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die Lichtbilder an verschiedenen Tagen, nach dem ersten Geburtstag von B. im November 2020 gefertigt wurden. Auch sie sind nicht geeignet den Eindruck der verfahrensangepassten Verhaltensweise in Frage zu stellen. Dies folgt insbesondere auch daraus, dass auf den Bildern eine besondere Bindung von B. an den Zeugen T. nicht erkennbar ist. Vielmehr wirken die Bilder gestellt, B. macht keinen entspannten und geborgenen Eindruck. Sie dreht sich auf den meisten Lichtbildern mit dem Körper vom Zeugen T. weg und blickt unsicher und lediglich auf Zuruf ihrer Mutter in die Kamera. Auch unter Berücksichtigung der Vielfalt grundrechtlich geschützter Möglichkeiten, Eltern-Kind-Beziehungen autonom und weitestgehend frei von staatlichen Vorgaben auszugestalten, ist eine geistig-emotionalen Nähebeziehung zwischen B. und dem Zeugen T. nur eingeschränkt erkennbar. Trotz des geringen Alters von B. und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keine häusliche Gemeinschaft zwischen dem Zeugen T. und B. besteht, ist eine Bindung zwischen ihnen, die eine Fortsetzung dieser Beziehung nahelegen könnte, auf den vorgelegten Lichtbildern nicht erkennbar. Weder besteht nach alledem zwischen dem Zeugen T. und B. eine schützenswerte geistig-emotionale Nähebeziehung, noch strebt der Zeuge T. eine solche an. 573.3. Zuletzt ist der Zeuge T. nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung auch nicht bereit ohne persönlichen Kontakt mögliche Rechte oder Pflichten, die mit der rechtlichen Elternschaft verbunden sind, wahrzunehmen. Die insoweit übereinstimmend von der Klägerin und dem Zeugen T. vorgetragenen unregelmäßigen Bargeldzuwendungen in Höhe von 100 bis 150 Euro sind hierfür nicht ausreichend. Wird an das Kind ausschließlich Bar- oder Naturalunterhalt geleistet, muss dies als Ausdruck der aus der Vaterschaftsanerkennung resultierenden Verantwortung in der Regel in einen gewissen Umfang und regelmäßig geschehen, um die Missbräuchlichkeit der Vaterschaftsanerkennung zu entkräften. Die vorgetragenen Zahlungen sind unabhängig davon, dass insoweit keinerlei Belege vorgelegt worden sind, weder nach ihrer Höhe, insbesondere auch im Verhältnis zu den gesetzlich bestehenden Unterhaltspflichten, noch nach ihrer Häufigkeit geeignet einen Willen zur Übernahme von elterlicher Verantwortung für B. durch den Zeugen T. zu belegen. Darüber hinausgehende Aspekte der Übernahme elterlicher Verantwortung durch den Zeugen T. sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. 58Nach einer umfassenden Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalles ist letztlich nicht erkennbar, dass der anerkennungswillige Zeuge T. einen über die aufenthaltsrechtlichen Wirkungen hinausgehenden, rechtlich anzuerkennenden Zweck mit der Vaterschaftsanerkennung für B. verfolgt. Damit ist die Anerkennung der Vaterschaft missbräuchlich i.S.d. § 85a AufenthG. 59Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 85a AufenthG erfüllt, ist die Missbräuchlichkeit der Vaterschaftsanerkennung festzustellen. 60Danach ist auch der Leistungsklage der Erfolg versagt. Die Einstellung des Verfahrens nach § 85a Abs. 1 Satz 3 AufenthG erfolgt nur dann, wenn die Prüfung ergibt, dass die Anerkennung der Vaterschaft nicht missbräuchlich ist. 61Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 62Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. 63Rechtsmittelbelehrung: 64Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 65Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 66Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 67Die Berufung ist nur zuzulassen, 681. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 692. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 703. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 714. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 725. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 73Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 74Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 75Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 76Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 77Beschluss: 78Der Streitwert wird auf 5.000.00 Euro festgesetzt. 79Gründe: 80Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 81Rechtsmittelbelehrung: 82Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 83Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 84Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 85Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 86Die Beschwerdeschrift soll möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 87War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des nach dem urteil zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils beizutreibenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin wendet sich gegen die feststellung der beklagten, dass die anerkennung der vaterschaft für ihre tochter b. durch den zeugen t. missbräuchlich ist. 3die am 00.00.1996 geborene klägerin ist nigerianische staatsangehörige. sie reiste nach eigenen angaben am 14. juli 2015 ins bundesgebiet ein und ist nach dem rechtskräftigen abschluss ihres asylfolgeverfahrens seit dem 21. januar 2019 vollziehbar ausreisepflichtig. die klägerin war traditionell mit dem nigerianischen staatsangehörigen n. b1. verheiratet, mit dem sie zwei gemeinsame kinder, j. , geboren am 00.00.2017 und b2. , geboren am 00.00.2018, hat. 4der am 00.00.1968 in nigeria geborene zeuge t. ist deutscher staatsangehöriger. er lebt getrennt von seiner deutschen ehefrau in e. . aus der ehe sind zwei volljährige töchter hervorgegangen. der zeuge t. hat in der zeit von oktober 2015 bis april 2019 die vaterschaft für sieben weitere kinder verschiedener ausländischer mütter anerkannt. 5am 23. september 2019 sprach der zeuge t. gemeinsam mit der klägerin beim standesamt der beklagten vor, um vorgeburtlich die vaterschaft für die am 00.00.2019 geborene tochter der klägerin, b. anzuerkennen. wegen des verdachts auf eine missbräuchliche anerkennung setzte das standesamt der beklagten das verfahren am selben tag aus und leitete es an die ausländerbehörde der beklagten weiter. 6am 27. januar 2020 suchten die klägerin und der zeuge t. das jugendamt der stadt e1. auf, um die vaterschaftsanerkennung des zeugen t. beurkunden zu lassen. auch das jugendamt der stadt e1. setzte das verfahren aufgrund des verdachts einer missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung aus. 7mit schreiben vom 1. dezember 2020 hörte die beklagte die klägerin zu der von ihr beabsichtigten feststellung der missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung an. 8mit ordnungsverfügung vom 1. märz 2021 stellte die beklagte eine missbräuchliche vaterschaftsanerkennung durch den zeugen t. fest. zur begründung führte sie aus, der regelvermutungstatbestand des § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg sei erfüllt, da der zeuge t. bereits sechs kinder von sechs verschiedenen frauen afrikanischer nationalität anerkannt habe, von denen keines bei ihm lebe, die jedoch alle die deutsche staatsangehörigkeit erlangt hätten. es sei darüber hinaus davon auszugehen, dass der zeuge t. einen vermögensvorteil aus der beurkundung erhalten habe, so dass auch der regelvermutungstatbestand des § 85a abs. 2 satz 1 nr. 4 aufenthg erfüllt sei. nach 1597a abs. 2 nr. 1 bgb sei ein anzeichen für das vorliegen konkreter anhaltspunkte für die missbräuchlichkeit der vaterschaftsanerkennung insbesondere, das bestehen einer vollziehbaren ausreisepflicht des anerkennenden, der mutter oder des kindes. jedenfalls die klägerin sei vollziehbar ausreisepflichtig, so dass ein konkreter anhaltspunkt bestehe. auch gehe sie davon aus, dass zwischen dem zeugen t. , der klägerin und dem kind keine persönliche beziehung im sinne des § 1597a abs. 2 nr. 3 bgb vorliege. die vorgelegten fotos seien nicht geeignet eine solche zu belegen. dies gelte ebenso für die unbelegte behauptung, der zeuge t. zahle der klägerin bei bedarf 100 - 150 euro. die klägerin habe auch nicht dargelegt, wie die vater-kind-beziehung während der zeit der inhaftierung des zeugen t. aufrechterhalten worden sei. es sei zudem davon auszugehen, dass die klägerin noch eine beziehung zu ihrem ehemann aufrechterhalte, da sie unter einer meldeanschrift mit ihm gemeldet sei. 9die klägerin hat am 24. märz 2021 klage erhoben. zur begründung trägt sie im wesentlichen vor, sie habe den zeugen t. im jahre 2018 in der afrikanischen i. -kirche in e2. , die sie beide regelmäßig besuchten, kennengelernt. zwischen ihnen habe sich eine lockere beziehung entwickelt, aus welcher am 00.00.2019 ihre tochter b. hervorgegangen sei. die klägerin lebe bereits seit 2018 nicht mehr mit dem vater ihrer beiden älteren kinder zusammen. er sei jedoch in derselben unterkunft untergebracht, weshalb die meldeanschrift identisch sei. der zeuge t. habe durchgehend eine gute, gefestigte und liebevolle beziehung zu b. . dieser beziehung habe die zwischenzeitliche unterbrechung des kontakts durch die inhaftierung des zeugen t. und eine anschließende erkrankung nicht geschadet. der zeuge t. habe ihr zugesichert, sie finanziell zu unterstützen und bei der erziehung von b. zur seite zu stehen. die feststellung der missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung sei rechtswidrig. es komme hierfür maßgeblich darauf an, ob anhaltspunkte für das vorliegen einer missbräuchlichen anerkennung vorlägen, die nach dem gesetzeswortlaut konkret sein müssten; dabei sei das vorliegen der in § 1597a abs. 2 s. 2 nr. 1 bis 5 bgb genannten anzeichen nicht mit dem bestehen konkreter anhaltspunkte gleichzusetzen. die anerkennung sei nicht gezielt zu dem zweck erfolgt, die voraussetzungen für den erwerb eines aufenthaltsrechts zu schaffen. die aufenthaltsverschaffung sei allenfalls „mit-zweck". in erster linie sei von der klägerin und dem zeugen t. gewollt, seine rechtliche zuordnung zu dem kind zu sichern. er wolle verantwortung für das kind tragen. die drohende fgm ihrer beiden töchter könne im übrigen noch dazu führen, dass ihnen die flüchtlingseigenschaft, subsidiärer schutz oder ein abschiebungsverbot zugesprochen werde, so dass es auf die vaterschaftsanerkennung des zeugen t. aufenthaltsrechtlich gar nicht mehrankomme. einen vermögensvorteil habe der anerkennungswillige zeuge t. weder erhalten noch sei ihm dieser versprochen worden. hierfür gebe es auch keine belege oder anhaltspunkte, was die beklagte selbst feststellt habe. b. habe in der bindungspsychologisch prägenden zeit im ersten lebensjahr nur den zeugen t. als männliche bezugsperson, also auch sozialen vater angesehen. einen anderen vater als den zeugen t. kenne b. nicht. zwischen dem zeugen t. und b. bestehe eine von liebe und vertrauen getragene beziehung, die zwar durch die inhaftierung des zeugen t. unterbrochen worden sei, jedoch mit etwas geduld wieder fortgeführt werden könne. die tatsache, dass die klägerin kein besuchstagebuch geführt habe, belege nicht das fehlen einer bindung zwischen dem zeugen t. und b. . das führen eines besuchstagebuches sei unüblich und von ihr zuvor nicht gefordert worden, so dass sie keine anlass hierzu gehabt habe. dies könne ihr nun nicht vorgehalten werden. nach alldem bestünden keine durchgreifenden anhaltspunkte für eine missbräuchliche vaterschaftsanerkennung. 10die klägerin beantragt, 11die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 1. märz 2021 zu verpflichten, das verfahren einzustellen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung verweist sie auf den angefochtenen bescheid und macht darüber hinaus geltend, die klägerin habe die aufgrund der befragung vom 12. juli 2021 bestehenden zweifel an der vaterschaft und der bindung zum kind nicht ausgeräumt. es sei nach dem gesamteindruck von dem zeugen t. und auch der klägerin nicht von einer stabilen und verantwortungsvoll gelebten vaterschaft auszugehen. dies folge insbesondere aus den widersprüchlichen aussagen des zeugen t. zu den gründen für die vaterschaftsanerkennung und dem verhältnis zu den weiteren von ihm anerkannten kindern. von einem zusammenleben der klägerin mit dem vater der beiden älteren kinder sei jedoch nicht mehr auszugehen. 15wegen des weiteren vorbringens der verfahrensbeteiligten und des sachverhaltes im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 16 | 17die einzelrichterin ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihr der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 16. september 2021 gemäß § 6 abs. 1 vwgo zur entscheidung übertragen worden ist. 18i. die klage ist als anfechtungsklage (1.) verbunden mit einer allgemeinen leistungsklage (2.) zulässig. 191. die anfechtungsklage gegen den bescheid der beklagten vom 1. märz 2021 ist zulässig. sie ist fristgemäß durch schriftsatz der klägerin vom 24. märz 2021 erhoben worden. die klägerin hat auch unabhängig von dem annerkennungswilligen zeugen t. ein rechtsschutzbedürfnis. die feststellung nach § 85a abs. 1 aufenthg bezieht sich, wie auch § 1597a abs. 4 bgb unterstreicht, auf die anerkennung der vaterschaft eines kindes durch einen bestimmten vater als einheitliche, für und gegen alle wirkende erklärung insgesamt, nicht auf die jeweilige erklärung des kindesvaters oder der kindesmutter. die aufhebung der angegriffenen feststellung lässt das aus ihr folgende beurkundungsverbot (§ 1597a abs. 2 satz 4, abs. 3 bgb) insgesamt entfallen. 20vgl. bverwg, urteil vom 24. juni 2021 - 1 c 30.20 -rn. 11, a. a. vg düsseldorf, urteil vom 23.06.2021 - 7 k 3388/19 - rn. 28 ff., beide juris. 21dementsprechend gibt es eine einheitliche feststellung und nicht etwa mehrere feststellungen der missbräuchlichkeit der betroffenen vaterschaftsanerkennung und ist es ausreichend, dass hier allein die klägerin den feststellungsbescheid, der an sie adressiert wurde, angefochten hat. 222. die leistungsklage ist ebenfalls zulässig. das leistungsbegehren kann im wege der klagehäufung gemäß § 44 vwgo zusammen mit dem anfechtungsbegehren in einer klage verfolgt werden. § 44a satz 1 vwgo steht schon deshalb hier nicht entgegen. die klägerin hat ein rechtsschutzbedürfnis für die auf verfahrenseinstellung gerichtete leistungsklage. die aufhebung des bescheids vom 1. märz 2021 durch das verwaltungsgericht auf ihre anfechtungsklage hin bewirkt nicht das ende des verfahrens zur prüfung der missbräuchlichkeit der vaterschaftsanerkennung und beseitigt nicht die beurkundungssperre nach § 1597a abs. 3 bgb. dies bewirkt erst die verfahrenseinstellung. 23vgl. bverwg, a.a.o., rn. 62. 24ii. die klage ist jedoch unbegründet. der bescheid der beklagten vom 1. märz 2021 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). das missbrauchsfeststellungsverfahren ist nicht einzustellen. 25rechtsgrundlage für die feststellung der missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung ist § 85a abs. 1 satz 2 aufenthg. nach § 85a abs. 1 satz 1 aufenthg prüft die ausländerbehörde, ob eine missbräuchliche vaterschaftsanerkennung vorliegt, wenn ihr von einer beurkundenden behörde oder einer urkundsperson mitgeteilt wird, dass konkrete anhaltspunkte für eine missbräuchliche anerkennung der vaterschaft im sinne von § 1597a absatz 1 bgb bestehen. ergibt diese prüfung, dass die anerkennung der vaterschaft missbräuchlich ist, stellt die ausländerbehörde dies gemäß § 85a abs. 1 satz 2 aufenthg durch schriftlichen oder elektronischen verwaltungsakt fest. 26der feststellungsbescheid der beklagten vom 1. märz 2021 ist zunächst formell rechtmäßig. die zuständigkeit der beklagten ergibt sich sachlich aus § 85a abs. 1 aufenthg und örtlich aus dem umstand, dass mutter und kind in ihrem bezirk leben. die beklagte hat die klägerin ordnungsgemäß angehört und die verfügung hinreichend begründet. die beklagte hat auch wie im gesetz ausdrücklich vorgesehen durch verwaltungsakt entschieden. dass sie den bescheid ohne tenor verfasst hat, steht dem nicht entgegen. die von der beklagten getroffene entscheidung ergibt sich eindeutig aus den gründen des bescheides. zudem hat die beklagte alle übrigen typischen formelemente eines verwaltungsaktes, wie etwa eine rechtsbehelfsbelehrung oder eine begründung, verwendet. 27vgl. bverwg, urteil vom 5. november 2009 – 4 c 3/09 –, juris; vg düsseldorf, urteil vom 21. oktober 2021 – 8 k 3869/21 –, n.v. 28die feststellung der missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung ist auch materiell rechtmäßig. 29diese feststellung trifft die ausländerbehörde gemäß § 85a abs. 1 satz 2 aufenthg, wenn die nach § 85a abs. 1 satz 1 aufenthg eingeleitete prüfung ergibt, dass die anerkennung der vaterschaft missbräuchlich ist. 30wann von einer missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung auszugehen ist, wird in § 1597a bgb festgelegt. § 1597a abs. 1 bgb verbietet eine "missbräuchliche anerkennung der vaterschaft." das gesetz definiert diese dahin, dass die vaterschaft nicht gezielt gerade zu dem zweck anerkannt werden darf, die rechtlichen voraussetzungen für die erlaubte einreise oder den erlaubten aufenthalt des kindes, des anerkennenden oder der mutter zu schaffen, auch nicht, um die rechtlichen voraussetzungen für die erlaubte einreise oder den erlaubten aufenthalt des kindes durch den erwerb der deutschen staatsangehörigkeit des kindes nach § 4 abs. 1 oder abs. 3 satz 1 stag zu schaffen. 31diese legaldefinition der "missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung" ist auslegungsbedürftig und auslegungsfähig. hiervon ist jedenfalls eine vaterschaft umfasst, die allein deswegen anerkannt wird, um die rechtlichen voraussetzungen für einen anderweitig nicht erreichbaren rechtmäßigen aufenthalt zu schaffen. mit dem wirksamwerden der anerkennung der vaterschaft eines drittstaatsangehörigen (minderjährigen) kindes durch einen deutschen staatsangehörigen treten regelmäßig und unabhängig von dem willen des anerkennenden wirkungen für dessen erlaubte einreise oder den erlaubten aufenthalt namentlich dann ein, wenn das kind mit der anerkennung nach § 4 abs. 1 satz 2 stag die deutsche staatsangehörigkeit erwirbt. weder die vaterschaftsanerkennung durch einen mann, der nicht der leibliche vater des kindes ist (§ 1597a abs. 5 bgb), noch die aus einer solchen anerkennung resultierenden aufenthaltsrechtlichen folgen indizieren aber für sich betrachtet die missbräuchlichkeit der vaterschaftsanerkennung. der wortlaut des § 1597a abs. 1 bgb, dass die vaterschaft "nicht gezielt gerade zu dem zweck" anerkannt werden darf, diese aufenthaltsrechtlichen folgen zu bewirken, unternimmt die abgrenzung der missbräuchlichen von einer nichtmissbräuchlichen anerkennung nach deren zweckrichtung. die feststellung des mit der anerkennung verfolgten zwecks wird indes dadurch erschwert, dass weder die handlung (vaterschaftsanerkennung) noch der erstrebte erfolg (schaffung der rechtlichen voraussetzungen für eine erlaubte einreise oder den erlaubten aufenthalt) als solche missbräuchlich sind, also - anders als regelmäßig im strafrecht - weder aus der handlung selbst noch dem erzielten erfolg auf den subjektiv gewollten (alleinigen oder primären) handlungszweck geschlossen werden kann. 32vgl. bverwg, a.a.o., rn. 26. 33von § 85a aufenthg erfasst sind nur vaterschaften, die zur umgehung gesetzlicher voraussetzungen des aufenthaltsrechts anerkannt wurden 34vgl. bverfg, beschluss vom 17. dezember 2013 - 1 bvl 6/10 -, juris rn. 99. 35im sinne des § 1597a abs. 1 bgb "nicht gezielt gerade zu dem zweck" solcher aufenthaltsrechtlichen wirkungen erfolgt eine vaterschaftsanerkennung mithin jedenfalls dann, wenn mit ihr ein über die aufenthaltsrechtlichen wirkungen hinausgehender, rechtlich anzuerkennender zweck verfolgt wird. diese hinzutretenden zwecke müssen auf die anerkennung einer vaterschaft selbst bezogen sein, also der begründung, fortsetzung oder vertiefung einer eltern-kind-beziehung dienen. mit der wirksamen anerkennung der vaterschaft entsteht rechtlich ein verwandtschaftsverhältnis. es ist normativ für den anerkennenden mit dem elternrecht auf pflege und erziehung des kindes (art. 6 abs. 2 satz 1 gg), aber auch mit den damit korrespondierenden pflichten (z.b. betreuung und erziehung; unterhaltsgewährung) verbunden. 36vgl. bverwg, a.a.o., rn. 29. 37diese aus der vaterschaftsanerkennung resultierende elterliche verantwortung 38s. etwa bverfg, urteil vom 24. märz 1981 - 1 bvr 1516/78 u.a. - bverfge 56, 363 <382> 39als ein grundrecht im interesse des kindes 40vgl. bverfg, urteile vom 6. februar 2001 - 1 bvr 12/92 - bverfge 103, 89 <107> und vom 1. april 2008 - 1 bvr 1620/04 - bverfge 121, 69 <92>, 41muss der anerkennende auch tatsächlich wahrnehmen ("leben") wollen. 42vgl. bverfg, beschluss vom 17. dezember 2013 - 1 bvl 6/10 - bverfge 135, 48 . 43eine anerkennung ist jedenfalls dann missbräuchlich, wenn weder eine persönliche beziehung mit dem kind oder dessen mutter angestrebt wird noch die bereitschaft besteht, ohne persönlichen kontakt mögliche rechte oder pflichten, die mit der rechtlichen elternschaft verbunden sind, wahrzunehmen. 44vgl. bverwg, urteil vom 24. juni 2021 – 1 c 30/20 –, juris rn. 29. 45das konkret zu fordernde maß der tatsächlichen wahrnehmung hat indes die vielfalt grundrechtlich geschützter möglichkeiten zu berücksichtigen, eltern-kind-beziehungen autonom und weitestgehend frei von staatlichen vorgaben auszugestalten; es gibt kein staatlich vorgeprägtes bild eines eltern-kind-verhältnisses. schon dies lässt vielfältige ausformungen und abstufungen in bezug auf die "gelebte" intensität einer grundrechtlich geschützten eltern-kind-beziehung zu; ein optimum oder gar ein maximum gelebter väterlicher fürsorge in materieller und immaterieller hinsicht mag im interesse des kindes wünschenswert sein, ist aber gerade nicht voraussetzung einer die missbräuchlichkeit i.s.d. § 1597a abs. 1 bgb ausschließenden eltern-kind-beziehung. um eine i.s.d. § 1597a abs. 1 bgb "missbräuchliche" vaterschaftsanerkennung auszuschließen, kann das tatsächlich "gelebte" eltern-kind-verhältnis auch erst angestrebt werden. dieses verhältnis umfasst notwendig elemente von elterlicher verantwortung, ohne dass diese in allen dimensionen wahrgenommen werden muss. namentlich müssen nicht alle in der elterlichen sorge gebündelten rechte und pflichten durch den anerkennenden in eigener person oder gar in optimaler weise wahrgenommen werden wollen. erforderlich, aber hinreichend ist eine - angestrebte oder bereits wahrgenommene - tatsächliche betätigung in bezug auf einzelne elemente der elterlichen verantwortung wie z.b. die gewährung von sach- oder barunterhalt. die elterliche verantwortung setzt eine häusliche gemeinschaft nicht zwingend voraus; auch das bestehen einer geistig-emotionalen nähebeziehung kann ausreichen. umgekehrt ist eine besondere geistig-emotionale nähebeziehung nicht erforderlich, wenn andere aus der elterlichen sorgen folgende pflichten erfüllt werden (sollen und können). 46vgl. bverwg, a.a.o. rn. 30f. 47die darlegungs- und beweislast dafür, dass die aus der vaterschaftsanerkennung folgende elterliche verantwortung tatsächlich nicht wahrgenommen werden soll, trägt die ausländerbehörde. die ausländerbehördliche prüfung hat umfassend alle umstände des einzelfalles zu berücksichtigen, welche die missbräuchlichkeit einer vaterschaftsanerkennung zu be- oder widerlegen geeignet sind. sie ist weder auf die in § 1597a abs. 2 satz 2 bgb nicht abschließend ("insbesondere") aufgezählten anzeichen für konkrete anhaltspunkte für eine missbräuchliche vaterschaftsanerkennung (verdachtstatbestände) noch auf die regelvermutungstatbestände des § 85a abs. 2 satz 1 aufenthg beschränkt. die regelvermutungstatbestände enthalten indes eine beweiserleichterung für die ausländerbehörde, weil diese bei vorliegen von einem oder mehreren regelvermutungstatbeständen grundsätzlich von einer missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung ausgehen darf, wenn nicht umstände erkennbar oder vorgetragen sind, welche die vermutungswirkung entkräften oder gar widerlegen. eine umkehr der beweislast tritt aber auch dann nicht ein, wenn und soweit ein die vermutungswirkung ausfüllender sachverhalt festgestellt ("bewiesen") ist für den wegfall der beweiserleichterung erforderlich, aber auch hinreichend ist, dass umstände dargelegt und bewiesen werden, welche auch bei erfülltem tatbestand die vermutungswirkung widerlegen, oder die als atypische umstände des einzelfalls die regelvermutung gar nicht erst entstehen lassen. umgekehrt schließt das nichtvorliegen von regelvermutungstatbeständen eine bewertung der umstände des einzelfalles dahin nicht zwingend aus, wenn anderweitige konkrete anhaltspunkte nach gewicht und aussagekraft den schluss rechtfertigten, dass eine missbräuchliche vaterschaftsanerkennung vorliegt. in diese gesamtwürdigung können auch die in § 1597a abs. 2 satz 2 bgb genannten verdachtstatbestände herangezogen werden, die indes nicht geeignet sind, die in § 85a abs. 2 satz 1 aufenthg abschließend aufgezählten regelvermutungstatbestände zu erweitern.die auslegung und anwendung der regelvermutungstatbestände des § 85a abs. 2 satz 1 aufenthg hat zu berücksichtigen, dass der gesetzgeber die vaterschaftsanerkennung grundsätzlich nicht an bestimmte voraussetzungen gebunden hat und die regelung dazu dient, eine missbräuchliche umgehung aufenthaltsrechtlicher bestimmungen zu verhindern. danach ist der regelvermutungstatbestand des § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg in der weise auszulegen, dass die anerkennung der vaterschaft leiblicher kinder auch dann, wenn diese von verschiedenen ausländischen müttern stammen, bereits tatbestandlich der regelung nicht unterfällt. § 1597a abs. 2 satz 2 nr. 4 bgb und § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg setzen vielmehr voraus, dass der anerkennende nicht der leibliche vater der bereits anerkannten kinder ist. 48vgl. bverwg, a.a.o. rn. 32ff. 49unter zugrundelegung dieser maßstäbe ist zum entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung, 50vgl. bverwg, urteil vom 24. juni 2021 - 1 c 30.20 - rn. 12, juris, 51von einer missbräuchlichen vaterschaftsanerkennung durch den zeugen t. auszugehen. der zeuge t. beabsichtigt unabhängig von der frage, ob der regelvermutungstatbestand des § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg anwendung findet (2.) als nicht leiblicher vater von b. (1.) die vaterschaft gezielt gerade zu dem zweck anzuerkennen, für die klägerin und b. die aus § 4 abs. 1 satz 2 stag folgenden aufenthaltsrechlichen folgen herbeizuführen (3.). 521. die anwendung des § 85a aufenthg ist zunächst nicht gemäß § 1597a abs. 5 bgb, durch die schlichte behauptung des zeugen t. und der klägerin, der zeuge t. sei der leibliche vater von b. , ausgeschlossen. weder die klägerin, noch der zeuge t. haben in der mündlichen verhandlung substantiiert dargetan, dass eine leibliche vaterschaft besteht, so dass insoweit auch kein weiterer anlass zur beweiserhebung bestand. das gericht ist aufgrund der zwar im wesentlichen übereinstimmenden, aber detailarmen und emotionsfrei geschilderten schilderung der anbahnung einer beziehung zwischen der klägerin und dem zeugen t. bereits davon überzeugt, dass zwischen der klägerin und dem zeugen t. zum zeugungszeitpunkt von b. keine beziehung bestand. die in der mündlichen verhandlung durch das gericht insoweit gegenüber der klägerin und dem zeugen t. aufgeworfenen zweifel, vermochten diese nicht ansatzweise ausräumen. sowohl die klägerin, als auch der zeuge t. beschränkten sich ausschließlich auf die zuvor bereits genannten allgemein gehaltenen und vagen aussagen zum ort und groben zeitpunkt (2018) ihres kennenlernens. weitere details nannten sie trotz nachfrage nicht. beide zeigten keinerlei emotionen, so dass nicht von tatsächlich erlebtem ausgegangen werden kann. dieser eindruck wird verstärkt durch die aussagen der klägerin zur möglichkeit der beibringung eines abstammungsgutachtens, als zwar nicht verpflichtende, aber zeitnahe und rechtssichere möglichkeit die behördlichen und gerichtlichen zweifel, auszuräumen. sie gab insoweit an, im falle der durchführung eines vaterschaftstests für b. werde ihre treue gegenüber dem zeugen t. in frage gestellt. dies werde sich unter ihren landsleuten herumsprechen. weshalb weitere personen ohne ihren willen und ihr zutun kenntnis von einem von ihr und dem zeugen t. durchgeführten vaterschaftstest erlangen sollten, konnte sie nicht erklären. der zeuge t. hingegen machte bezüglich der möglichkeit, ein abstammungsgutachten einzuholen, widersprüchliche angaben. so gab er zunächst an, er sei bisher nicht gefragt worden, ob er ein abstammungsgutachten machen wolle. bisher sei ja die anerkennung der vaterschaft auch einfach so möglich gewesen. auf konkrete nachfrage hingegen behauptete er, er habe darüber mit der klägerin gesprochen, sie habe ihm erklärt, dass sie keinen vaterschaftstest machen wolle. 532. ob der regelvermutungstatbestand des § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg hier eingreift, kann dahinstehen. der zeuge t. hat unstreitig sieben weitere kinder verschiedener ausländischer mütter anerkannt, welche hierdurch die deutsche staatsangehörigkeit erwarben, so dass die tatbestandlichen voraussetzungen des § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg grundsätzlich erfüllt sind. ob der zeuge t. leiblicher vater dieser kinder ist, was er wiederum schlicht in unglaubhafter weise behauptet hat, und damit der regelvermutungstatbestand des § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg keine anwendung findet, ist nicht entscheidungserheblich. auf die aus § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg folgende beweiserleichterung kommt es nicht an. aufgrund einer umfassenden bewertung der umstände des einzelfalles bestehen anderweitige konkrete anhaltspunkte, die nach gewicht und aussagekraft den schluss rechtfertigen, dass eine missbräuchliche vaterschaftsanerkennung vorliegt. 543. zur überzeugung der einzelrichterin strebt der zeuge t. weder eine nachhaltige persönliche beziehung mit der klägerin (3.1) oder b. (3.2) an, noch besteht die bereitschaft, ohne persönlichen kontakt mögliche rechte oder pflichten, die mit der rechtlichen elternschaft verbunden sind, wahrzunehmen (3.2). 553.1. zunächst kann aufgrund der vagen und widersprüchlichen aussagen der klägerin und des zeugen t. zu ihrer beziehung nur der schluss gezogen werden, dass eine persönliche beziehung zwischen ihnen weder aktuell besteht, noch angestrebt wird. die angaben des zeugen t. und der klägerin sind insoweit als unglaubhaft und verfahrensangepasst zu werten. beide machten sowohl zu ihrem aktuellen beziehungsstatus, als auch zu zukünftigen absichten abweichende angaben. übereinstimmend gaben sie lediglich an, dass zwischen ihnen eine verbindung aufgrund von b. bestehe. zu ihrer aktuellen beziehung erklärte die klägerin, sie habe die beziehung zum zeugen t. etwa im november 2020 beendet, weil dieser auch andere freundinnen gehabt habe. diese angabe wirft unabhängig von ihrer aussagekraft zur aktuellen beziehung zwischen dem zeugen t. und der klägerin insoweit zweifel auf, als der zeuge t. sich seit september 2020 nachweislich in untersuchungshaft befand und die klägerin zuvor angegeben hatte, nicht gewusst zu haben, wo er sich zu dieser zeit aufhielt. der zeuge t. hingegen gab an, er habe aktuell eine liebesbeziehung zur klägerin. anderseits bezeichnete er sich als single. auch unter berücksichtigung der möglichkeit abweichender bewertungen der ernsthaftigkeit ihrer beziehung blieben die aussagen des zeugen t. insgesamt so vage und unkonkret, dass für die einzelrichterin keine zweifel daran bestehen, dass es sich um ein bloßes lippenbekenntnis handelt. auch in bezug auf ihre zukünftige persönliche beziehung machten der zeuge t. und die klägerin unterschiedliche angaben. während die klägerin zu keinem zeitpunkt die wiederaufnahme einer beziehung zu dem zeugen t. in erwägung zog, führte dieser aus, er wolle mit der klägerin zusammen sein und mit ihr zusammen leben. 563.2. der zeuge t. strebt darüber hinaus auch keine persönliche beziehung zu b. an. das gericht ist davon überzeugt, dass der zeuge t. mit der anerkennung der vaterschaft keinen über die aufenthaltsrechtlichen wirkungen hinausgehenden, rechtlich anzuerkennenden zweck verfolgt. vielmehr ist nach dem vom zeugen t. in der mündlichen verhandlung gewonnen gesamteindruck davon auszugehen, dass es sich bei der derzeitigen ausformung seiner beziehung zu b. um ausschließlich verfahrensangepasstes verhalten handelt. auch unter berücksichtigung der vielfältigen ausformungen und abstufungen in bezug auf die "gelebte" intensität einer grundrechtlich geschützten eltern-kind-beziehung kann derzeit nicht angenommen werden, dass der zeuge t. die aus der vaterschaftsanerkennung resultierende elterliche verantwortung tatsächlich wahrnehmen (leben) will. das gericht legt hierbei zugrunde, dass derzeit ein im hinblick auf umfang und regelmäßigkeit nicht genau bezifferbarer kontakt zwischen dem zeugen t. und b. besteht. dieser wurde jedoch zur überzeugung des gerichts erst nach erlass der angefochtenen ordnungsverfügung zur steigerung der erfolgsaussichten der klage aufgenommen. eine fortsetzung des kontakts zwischen dem zeugen t. und b. ist nicht zu erwarten. entscheidendes gewicht kommt hierbei dem insgesamt verfahrensangepassten aussageverhalten des zeugen t. zu. er war stets darauf aus, sich in einem guten licht darzustellen und nicht in der lage unklarheiten oder vorhalte überzeugend auszuräumen. so antwortete er etwa auf die frage, wie viele kinder er über seine beiden erwachsenen töchter hinaus noch habe, es seien „so drei oder vier“. auf vorhalt gab er, lediglich knapp an, er habe sich in der situation unwohl gefühlt. trotz konkreter nachfrage machte er hingegen keine weiteren angaben zu seinen weiteren kindern. zudem neigte der zeuge t. zu übertreibungen, wie etwa bei der konkreten nachfrage zur anzahl der besuche bei der klägerin in der unterkunft. hier sagte er aus, es seien hunderte male gewesen, was jedoch aufgrund des zeitraums von etwas mehr als einem jahr deutlich übertrieben war. darüber hinaus sprechen für ein verfahrensangepasstes verhalten des zeugen t. bezüglich seiner beziehung zu b. noch weitere umstände. augenscheinlich hat der zeuge t. erstmals kontakt zu b. nach der entlassung aus der untersuchungshaft im mai 2021 aufgenommen. zwar hat die klägerin zwei fotos von sich und dem zeugen t. während der schwangerschaft, jedoch keine vom zeugen t. mit b. in dem zeitraum zwischen november 2019 und mai 2021 vorgelegt. auch wenn die vorgelegten lichtbilder mangels datierung zeitlich nur bedingt eigeordnet werden können, ist jedenfalls unzweifelhaft erkennbar, dass b. auf sämtlichen fotos das erste lebensjahr deutlich überschritten hat. dafür, dass vor mai 2021 kein kontakt zwischen b. und dem zeugen t. bestand, spricht zudem die tatsache, dass die klägerin jedenfalls in der zeit der inhaftierung des zeugen t. zwischen september 2020 und april 2021 nach eigener aussage keinen kontakt zu diesem hatte und sich auch erst etwa sieben monate nach der inhaftierung des zeugen t. und einige wochen nach erlass der angefochtenen ordnungsverfügung bemühte, einen besuchstermin in der justizvollzugsanstalt über ihre prozessbevollmächtigte zu beantragen. die von der klägerin eingereichten bestätigungen des d. e2. , welcher für die unterkunft der klägerin und ihrer kinder zuständig ist, vom 12. juli 2021 und vom 2. februar 2022 beziehen sich ebenfalls auf einen unbestimmten zeitraum „vor und nach den corona bedingten einschränkungen“. die schreiben bestätigen damit lediglich, dass der zeuge t. die klägerin und ihre kinder in der unterkunft besucht hat, der konkrete zeitraum und die frequenz lassen sich ihnen hingegen nicht entnehmen. insbesondere lassen sie keinen rückschluss auf treffen vor dem frühjahr 2021 zu. weitere belege dafür, dass eine beziehung zwischen dem zeugen t. und b. vor mai 2021 bestand, sind nicht vorgelegt worden. bestand folglich vor mai 2021 kein kontakt zwischen dem zeugen t. und b. , kann nach dem ergebnis der mündlichen verhandlung auch nicht davon ausgegangen werden, dass der unstreitig aktuell bestehende kontakt nach abschluss des hiesigen verfahrens aufrechterhalten wird. diese einschätzung wird verstärkt durch das verhältnis des zeugen t. zu den bisher anerkannten sieben kindern. auch wenn nach dem bisher gesagten, die erfüllung des regelvermutungstatbestandes gem. § 85a abs. 2 satz 1 nr. 3 aufenthg nicht ohne weiteres anzunehmen ist und in der folge keine beweiserleichterung zulasten der klägerin vorliegt, ist doch im rahmen der beweiswürdigung die beziehung des zeugen t. zu den bisher anerkannten kindern zu berücksichtigen. denn unabhängig davon, ob es sich um seine leiblichen kinder handelt oder nicht, können aus seinem verhältnis zu diesen kindern rückschlüsse auf die ernsthaftigkeit seiner bekundungen zur zukünftigen beziehung gegenüber b. gezogen werden. selbst wenn man nämlich zugunsten der klägerin davon ausginge, der zeuge t. sei leiblicher vater, aller bisher anerkannten kinder, lässt die tatsache, dass er der klägerin nicht von diesen, sondern nur von seinen volljährigen kindern erzählt hat, jedenfalls den rückschluss zu, dass keine oder jedenfalls keine besonders intensive beziehung zu diesen kindern gepflegt wird. dies wird dadurch bestätigt, dass der zeuge t. nach eigenen angaben keine nennenswerten unterhaltsleistungen für die weiteren kinder erbringt. der nachfrage des gerichts zu den von ihm anerkannten kindern, wich der zeuge t. damit aus, dass er sich damit unwohl fühle. eine verwertbare aussage zu seinem verhältnis oder dem kontakt zu diesen kindern vermied er jedoch. wieso der zeugen t. ausgerechnet zu b. ein anderes verhältnis haben oder aufbauen wolle, haben weder der zeuge t. noch die klägerin dargelegt. gegen die annahme, der zeuge t. wolle ernsthaft seine elterliche verantwortung für b. in zukunft ausüben spricht auch, dass weder die klägerin, noch der zeuge t. bisher erklärt haben, wie sie sich die gemeinsame sorge für b. vorstellen. der zeuge t. hat zwar erklärt, er habe sich seit der geburt von b. für diese verantwortlich gefühlt, was wie bereits aufgeführt aufgrund der fehlenden nachweise zu einer vor mai 2021 bestehenden beziehung zwischen ihnen zweifelhaft erscheint. auf welche weise er diese verantwortung in zukunft übernehmen möchte, hat er jedoch nicht ausgeführt. das von der klägerin in der zeit von mai 2021 bis januar 2022 geführte besuchstagebuch, führt zu keiner abweichenden bewertung. bei der würdigung der beweiskraft des besuchstagebuchs ist zunächst zu berücksichtigen, dass die klägerin angab, ihr sei nicht bewusst gewesen, dass nachweise zu einer zwischen dem zeugen t. und b. bestehenden beziehung erforderlich seien. jedoch ist der klägerin insoweit entgegenzuhalten, dass ihr spätestens beim zweiten gescheiterten versuch der beurkundung einer vaterschaftsanerkennung im januar 2020 bewusst gewesen sein musste, dass die schlichte behauptung der vaterschaft zur entkräftung der behördlich geltend gemachten anhaltspunkte für eine missbräuchlichkeit der vaterschaft nicht ausreichend sein dürfte. inhaltlich beschränkt sich das besuchstagebuch auf kurze von der klägerin verfasste zusammenfassungen über zusammentreffen mit dem zeugen t. . belege, etwa in form von quittungen oder fahrkarten enthält es hingegen nicht. die dokumentierten treffen fanden in unregelmäßigen abständen durchschnittlich etwa ein- bis zweimal monatlich statt. in dieser form ist das besuchstagebuch nicht geeignet die bisherigen anhaltspunkte für eine verfahrensangepasste verhaltensweise zu entkräften. denn über die tatsache des unstreitig bestehenden kontakts hinaus, enthält es keine informationen, die rückschlüsse auf die ernsthaften und nachhaltigen motive oder ziele der klägerin und des zeugen t. bezüglich der gemeinsamen versorgung von b. zuließen. dies gilt ebenso für die von der klägerin vorgelegten lichtbilder. für den zeitraum zwischen november 2019, also der geburt von b. und mai 2021 hat die klägerin keine lichtbilder oder sonstigen belege vorgelegt. die vorgelegten lichtbilder sind nur bedingt aussagekräftig, da sie nicht mit einem datum versehen sind und somit zeitlich nur eingeschränkt zugeordnet werden können. aufgrund der unterschiedlichen kleidung der kinder und unterschiedlicher orte ist jedoch zugunsten der klägerin davon auszugehen, dass die lichtbilder an verschiedenen tagen, nach dem ersten geburtstag von b. im november 2020 gefertigt wurden. auch sie sind nicht geeignet den eindruck der verfahrensangepassten verhaltensweise in frage zu stellen. dies folgt insbesondere auch daraus, dass auf den bildern eine besondere bindung von b. an den zeugen t. nicht erkennbar ist. vielmehr wirken die bilder gestellt, b. macht keinen entspannten und geborgenen eindruck. sie dreht sich auf den meisten lichtbildern mit dem körper vom zeugen t. weg und blickt unsicher und lediglich auf zuruf ihrer mutter in die kamera. auch unter berücksichtigung der vielfalt grundrechtlich geschützter möglichkeiten, eltern-kind-beziehungen autonom und weitestgehend frei von staatlichen vorgaben auszugestalten, ist eine geistig-emotionalen nähebeziehung zwischen b. und dem zeugen t. nur eingeschränkt erkennbar. trotz des geringen alters von b. und unter berücksichtigung der tatsache, dass keine häusliche gemeinschaft zwischen dem zeugen t. und b. besteht, ist eine bindung zwischen ihnen, die eine fortsetzung dieser beziehung nahelegen könnte, auf den vorgelegten lichtbildern nicht erkennbar. weder besteht nach alledem zwischen dem zeugen t. und b. eine schützenswerte geistig-emotionale nähebeziehung, noch strebt der zeuge t. eine solche an. 573.3. zuletzt ist der zeuge t. nach den feststellungen in der mündlichen verhandlung auch nicht bereit ohne persönlichen kontakt mögliche rechte oder pflichten, die mit der rechtlichen elternschaft verbunden sind, wahrzunehmen. die insoweit übereinstimmend von der klägerin und dem zeugen t. vorgetragenen unregelmäßigen bargeldzuwendungen in höhe von 100 bis 150 euro sind hierfür nicht ausreichend. wird an das kind ausschließlich bar- oder naturalunterhalt geleistet, muss dies als ausdruck der aus der vaterschaftsanerkennung resultierenden verantwortung in der regel in einen gewissen umfang und regelmäßig geschehen, um die missbräuchlichkeit der vaterschaftsanerkennung zu entkräften. die vorgetragenen zahlungen sind unabhängig davon, dass insoweit keinerlei belege vorgelegt worden sind, weder nach ihrer höhe, insbesondere auch im verhältnis zu den gesetzlich bestehenden unterhaltspflichten, noch nach ihrer häufigkeit geeignet einen willen zur übernahme von elterlicher verantwortung für b. durch den zeugen t. zu belegen. darüber hinausgehende aspekte der übernahme elterlicher verantwortung durch den zeugen t. sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. 58nach einer umfassenden würdigung der umstände des konkreten einzelfalles ist letztlich nicht erkennbar, dass der anerkennungswillige zeuge t. einen über die aufenthaltsrechtlichen wirkungen hinausgehenden, rechtlich anzuerkennenden zweck mit der vaterschaftsanerkennung für b. verfolgt. damit ist die anerkennung der vaterschaft missbräuchlich i.s.d. § 85a aufenthg. 59sind die tatbestandlichen voraussetzungen des § 85a aufenthg erfüllt, ist die missbräuchlichkeit der vaterschaftsanerkennung festzustellen. 60danach ist auch der leistungsklage der erfolg versagt. die einstellung des verfahrens nach § 85a abs. 1 satz 3 aufenthg erfolgt nur dann, wenn die prüfung ergibt, dass die anerkennung der vaterschaft nicht missbräuchlich ist. 61die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 62die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zpo. 63rechtsmittelbelehrung: 64gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 65auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 66innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 67die berufung ist nur zuzulassen, 681. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 692. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 703. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 714. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 725. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 73die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 74über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 75im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 76die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst einfach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 77beschluss: 78der streitwert wird auf 5.000.00 euro festgesetzt. 79gründe: 80die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 81rechtsmittelbelehrung: 82gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 83auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 84die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 85die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 86die beschwerdeschrift soll möglichst einfach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 87war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 29 K 78/22 | 2022-02-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Es wird festgestellt, dass die Ordnungsverfügung der Stadt E. vom 6. Januar 2022 rechtswidrig war. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Am 15. Dezember 2021 meldete der Kläger als verantwortlicher Versammlungsleiter beim Polizeipräsidium E. eine versammlungsrechtliche Veranstaltung mit dem Thema „Freie Impfentscheidung! Kein Ungeimpfter Mensch ist illegal! Grundrechte sind nicht verhandelbar“ für den 8. Januar 2022 an. Beginnend mit der Sammlungsphase ab 14:30 Uhr sollte die Versammlung bis ca. 20 Uhr dauern. Die Versammlung sollte mit einer Auftaktkundgebung am K. -S. -Platz beginnen. Daran sollte sich ein Aufzug auf einer in der Anmeldung näher bezeichneten Strecke durch die E1. Innenstadt mit dem K. -S. -Platz als Versammlungsende anschließen. Dabei gab der Kläger an, er rechne mit 2000 Teilnehmern. 3Von der geplanten Veranstaltung wurde die Beklagte vom Polizeipräsidium E. am 4. Januar 2022 in Kenntnis gesetzt. 4Die Beklagte hörte den Kläger unter dem 4. Januar 2022 zu der beabsichtigten Beschränkung der Versammlung auf eine Kundgebung an einem geeigneten Kundgebungsort an. Dieser nahm hierzu am 5. Januar 2022 Stellung. 5Mit Ordnungsverfügung der Beklagten vom 6. Januar 2022 erging unter Ziffer 1 folgende Anordnung: „Die Durchführung des angemeldeten Aufzugs wird untersagt. Zulässig ist lediglich die Durchführung einer Kundgebung.“ Zur Begründung führte die Beklagte aus, sie sei als örtliche Ordnungsbehörde sachlich und örtlich zuständig. Nach den Erfahrungen mit den letzten vom Kläger verantworteten Versammlungen, zuletzt am 1. Januar 2022, sei eine Teilnehmerzahl von 6.500 Personen in der Spitze zu erwarten. Der Krankheitserreger SARS-CoV-2 verbreite sich weiterhin auch in Nordrhein-Westfalen. Das Virus verursache die übertragbare Krankheit Covid-19, die bei schwerem Verlauf tödlich enden könne. Das Teilnehmerspektrum gerade von den vom Kläger organisierten Versammlungen sei nach ihren Feststellungen überdurchschnittlich gefährdet, aktiv oder passiv zur Verbreitung des Virus beizutragen und außerdem auch noch unterdurchschnittlich gut geschützt. So sei der Anteil der Personen, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen könnten, bei der Versammlung vom 1. Januar 2022 im Vergleich zu sonstigen ordnungsbehördlichen Kontrollsituationen überdurchschnittlich hoch gewesen. Überdies habe bei den beiden letzten vom Kläger organisierten Versammlungen jeweils ein erheblicher Teil der Teilnehmer die Maskenpflicht nicht konsequent eingehalten, obwohl der Kläger sich unbestreitbar um die Herstellung ordnungsgemäßer Zustände bemüht und auch selbst Masken bereitgestellt habe. Die Zahl potentiell infektionsrelevanter Kontakte sei bei einem Aufzug im Vergleich zu einer Standkundgebung als besonders hoch einzuschätzen. Das gelte erst recht, wenn es zusätzlich, wie z.B. auf großen Einkaufsstraßen, auch noch zu einer Durchmischung mit weiteren Personen komme. Zugleich sei es, wie die Versammlung am 1. Januar 2022 gezeigt habe, für den Kläger als Verantwortlichen erheblich erschwert, die Teilnehmenden eines Aufzugs zur Einhaltung der Anforderungen der Coronaschutzverordnung anzuhalten, die ihm obliegenden Überprüfungen sachgerecht durchzuführen und ggf. notwendige Konsequenzen effektiv durchzusetzen. Im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens habe sie sich entschieden, dem Schutz des staatlichen Gesundheitswesens den Vorrang vor dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit einzuräumen. Als Mittel habe sie die Untersagung des Aufzugs ausgewählt. Eine Standkundgebung auf einer geeigneten Fläche bleibe zulässig. Ein Aufzug der jetzt anzunehmenden Größenordnung mit Teilnehmern aus ganz Nordrhein-Westfalen und einem erhöhten aktiven und passiven Infektionsrisiko übersteige das durch die Coronaschutzverordnung gebilligte Risiko und erfordere deshalb über die Verordnung hinausgehende Schutzmaßnahmen. 6Hiergegen hat der Kläger am 7. Januar 2022 Klage erhoben und einen Eilantrag (29 L 23/22) gestellt. Diesem hat die Kammer mit rechtskräftigem Beschluss vom 7. Januar 2022 mit der Begründung stattgegeben, es fehle an einer tragfähigen Rechtsgrundlage für die getroffene Anordnung der Beklagten als örtlicher Ordnungsbehörde. 7Die Versammlung wurde am 8. Januar 2022 wie angemeldet durchgeführt. 8Daraufhin hat der Kläger seine ursprünglich auf Aufhebung des Bescheides vom 6. Januar 2022 gerichtete Klage auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Zur Begründung macht er geltend: Er beabsichtige, weiterhin vergleichbare Veranstaltungen in E. durchzuführen. Das präventiv gesundheitspolizeiliche Versammlungsverbot sei offensichtlich rechtswidrig. Es fehle an einer Ermächtigungsgrundlage. Ein Aufzugsverbot sei durch die gesetzliche Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes ausgeschlossen. Zudem handele es sich bei der in Rede stehenden Untersagungsverfügung materiell um eine durchführungsbezogene Maßnahme. Diese modifiziere nicht lediglich das Recht des Klägers, sich mit weiteren Teilnehmern versammeln zu dürfen. Vielmehr handele es sich um eine „verbotsgleiche“ Untersagung, die im Hinblick auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit eine unzulässige, dem Normzweck widersprechende Beschränkung darstelle. Es fehle zudem an einer mit objektiven Tatsachen belegten, hinreichenden Prognose der Beklagten, dass es bei der Durchführung von Versammlungen in E. zu einer unmittelbaren, über das ohnehin nach der Coronaschutzverordnung erlaubte Maß hinausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit komme. 9Der Kläger beantragt, 10festzustellen, dass die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 6. Januar 2022 rechtswidrig war. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung trägt sie vor: Rechtsgrundlage der Ordnungsverfügung sei die Generalklausel des Infektionsschutzgesetzes. Die Generalklausel sei nicht durch den Katalog der Regelbeispiele gesperrt. Jedenfalls habe die Ordnungsverfügung auch hierauf gestützt werden können. Die aufgrund der gesetzlichen Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes vorgenommene Einschränkung, wonach die Untersagung von Aufzügen und Versammlungen ausgeschlossen sei, stehe der streitgegenständlichen Verfügung nicht entgegen, da Beschränkungen und Einschränkungen in Form von Auflagen möglich blieben. Die Anordnung, einen angemeldeten Aufzug als ortsfeste Kundgebung durchzuführen, sei als Auflage zu qualifizieren. Mit der „Untersagung“ eines Aufzugs sei ebenso wie mit der „Untersagung“ einer Versammlung ein absolutes Versammlungsverbot, ein Totalverbot, zu verstehen. Die Begrenzung der Versammlung auf eine stehende Kundgebung sei auch materiell rechtmäßig gewesen, da sie der Verbesserung der Möglichkeiten gedient habe, die dem Infektionsschutz dienenden Vorgaben der Coronaschutzverordnung zu kontrollieren, durchzusetzen und für die Teilnehmer einzuhalten. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage hat Erfolg. 17Sie ist zulässig und begründet. 18Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, da sich die angefochtene Ordnungsverfügung erledigt hat. Nachdem die Kammer auf den Eilantrag des Klägers mit Beschluss vom 7. Januar 2022 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 der Ordnungsverfügung vom 6. Januar 2022 angeordnet hatte, fand die angemeldete Versammlung am 8. Januar 2022 wie geplant statt. Die Umstellung der Klage von einer ursprünglichen Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO in eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO stellt nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) eine zulässige Klageänderung dar. 19Der Kläger hat zudem ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung vom 6. Januar 2022. 20Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Interesse vorliegt, werden rechtsgebietsübergreifend die Fallgruppen Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse, schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigung sowie Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses unterschieden. 21In Anbetracht der in Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verbürgten Rechte erlangt der Aspekt des gewichtigen Grundrechtseingriffs im Versammlungsrecht besondere Bedeutung. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse lässt sich entsprechend für Klagen bejahen, die besonders tief in das Versammlungsgrundrecht eingreifende Maßnahmen zum Gegenstand haben. Das gilt etwa für Fälle von Versammlungsverboten, weil es sich bei ihnen um die schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit handelt. 22Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 (89); Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Beschluss vom 19. März 2018 - 15 A 943/17 -, juris Rn. 11. 23Um einen gesondert zu bewertenden Fall handelt es sich jedoch dann, wenn die verbotene Versammlung aufgrund einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wiederhergestellten aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs durchgeführt werden kann (wenn auch gegebenenfalls unter Einhaltung vom Gericht auferlegter Modalitäten). Hier besteht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hauptsacheverfahren nur dann, wenn belastende Wirkungen durch die Art der Begründung der Verbotsverfügung fortbestehen und diese Wirkungen ein besonderes Gewicht haben. 24BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 (90). 25Ähnliches gilt für versammlungsbeschränkende Auflagen. Hier kommt es für die Bejahung eines entsprechenden Feststellungsinteresses auf die versammlungsspezifische Eingriffsintensität an. So ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn die versammlungsbehördlichen Auflagen bzw. Beschränkungen den Charakter der Versammlung verändert und insbesondere die Verwirklichung des kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert haben. Dagegen liegt ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter anderem dann nicht vor, wenn es sich bei den Beschränkungen um bloße Modalitäten der Versammlungsdurchführung gehandelt hat. 26OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2018 - 15 A 943/17 -, juris Rn. 11. 27Lässt sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht (bereits) vor dem Hintergrund eines gewichtigen Eingriffs in das Versammlungsgrundrecht begründen, kommt auch bei versammlungsrechtlichen Sachverhalten die Annahme eines entsprechenden Interesses aufgrund einer feststellbaren Wiederholungsgefahr in Betracht. Für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr bedarf es der Möglichkeit der erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger sowie der Prognose, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird. 28BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 BvR 1946/06 -, NVwZ-RR, 405 (405 f.); s.a. VG Gießen, Urteil vom 29. November 2019 - 4 K 4129/18.GI -, juris Rn. 17 f. und VG Lüneburg, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 312/17-, juris Rn. 36 ff. 29Dabei ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch dann anzunehmen, wenn die betreffende Frage bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geklärt worden ist, jedoch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Behörde sich nicht an der dort vorgenommenen gerichtlichen Bewertung ausrichten wird. 30BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 (90). 31Dagegen ist die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht gerechtfertigt, wenn die konkret betroffene Behörde eindeutig hat erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der betreffenden Beschränkung absehen zu wollen. 32Verwaltungsgerichtshof (VGH) München, Urteil vom 10. Juli 2018 - 10 BV 17.2405 -, BayVBl 2019, 20 ff. 33Vorliegend kann offenbleiben, ob dem Kläger, der die Versammlung wie angemeldet durchführen konnte, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung zur Seite steht. Denn es besteht jedenfalls eine Wiederholungsgefahr. 34Der Kläger hat angegeben, weiterhin regelmäßig Versammlungen in E. durchführen zu wollen. Nach den Erkenntnissen des Gerichts war dies an den vergangenen Samstagen auch der Fall. Die Beklagte hat mit ihren der Presse zu entnehmenden Äußerungen kundgetan, dass sie die Eilentscheidung des Gerichts für „schlicht falsch“ halte und im Wiederholungsfall erneut sorgfältig abwägen werde, ob die Voraussetzungen für ein Aufzugsverbot vorlägen. 35Vgl. etwa den Artikel „Eiertanz um das Aufzugsverbot bei der Demo“ im E1. F. vom 13. Januar 2022. 36Diesen Einlassungen ist klar zu entnehmen, dass künftig vergleichbare Versammlungsbeschränkungen durch die Beklagte zu erwarten sind. 37Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 2022, mit dem die Durchführung des angemeldeten Aufzugs untersagt und die Durchführung einer Kundgebung für zulässig angesehen wurde, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts, 38vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 25. Juli 1985 - 3 C 25/84 -, juris Rn. 42, 39rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 40Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung der Durchführung des angemeldeten Aufzugs und Zulassung der Durchführung einer Kundgebung sind §§ 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 28a Abs. 1 Nr. 10, Abs. 8 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) in der ab dem 12. Dezember 2021 gültigen Fassung i.V.m. § 7 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO) vom 3. Dezember 2021 in der vom 30. Dezember 2021 bis 12. Januar 2022 gültigen Fassung. 41Die Ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig. Die Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich aus § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung besonderer Handlungsbefugnisse im Rahmen einer epidemischen Lage von nationaler oder landesweiter Tragweite und zur Festlegung der Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (Infektionsschutz- und Befugnisgesetz – IfSBG NRW). Danach sind zuständige Behörden im Sinne des § 25 Absatz 4 und der §§ 28, 30 und 31 IfSG die Städte und Gemeinden (örtliche Ordnungsbehörden). 42Die vor Einführung des § 28a IfSG in Rechtsprechung und Literatur diskutierte Frage, ob aufgrund der Konzentrationswirkung des Versammlungsrechts infektionsschutzrechtliche Belange zum Gegenstand der versammlungsbehördlichen Verfügung zu machen sind, oder ob das Versammlungsrecht unter dem Aspekt der „Polizeirechtsfestigkeit“ keine Sperrwirkung gegenüber den infektionsschutzrechtlichen Bekämpfungsbefugnissen entfaltet, 43vgl. zum Streitstand OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2020 - 13 B 1422/20 -, juris Rn. 9 ff., 44stellt sich nicht mehr. Denn jedenfalls kann auf der Grundlage der §§ 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 28a Abs. 1 Nr. 10, Abs. 8 Satz 1 IfSG auch die für Infektionsschutzmaßnahmen zuständige Behörde Anordnungen für Versammlungen nach Art. 8 GG erlassen. Wer zuständige Behörde im Sinne des Infektionsschutzgesetzes ist, bestimmen nach § 54 Satz 1 IfSG die Landesregierungen durch Rechtsverordnung, wobei sie – wie es in Nordrhein-Westfalen der Fall ist – die Zuständigkeit auch unmittelbar durch Landesgesetz bestimmen können. 45Vgl. Kießling, in: Kießling, Infektionsschutzgesetz, 2. Aufl. 2021, § 54 Rn. 2. 46Die Anordnung unter Ziffer 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig. Die von der Beklagten angeordnete Beschränkung des angemeldeten Versammlungsaufzugs auf eine Standkundgebung ließ sich zwar auf §§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, 28a Abs. 1 Nr. 10, Abs. 8 Satz 1 IfSG i.V.m. § 7 Abs. 2 Satz 2 CoronaSchVO stützen. Sie stellte aber einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Klägers dar. Aus Infektionsschutzgründen war die verfügte Anordnung nicht erforderlich. 47Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG unter anderem Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten. Notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) können für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere sein die Untersagung von oder Erteilung von Auflagen für das Abhalten von Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzügen, Versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften (§ 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG). 48Die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag, zuletzt getroffen mit Beschluss vom 25. August 2021, wurde nicht verlängert und endete daher gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 IfSG mit Ablauf des 25. November 2021. Die Vorschrift ist dennoch aufgrund der Länderöffnungsklausel des § 28a Abs. 8 Satz 1 IfSG in Nordrhein-Westfalen weiter anwendbar. Nach dieser Bestimmung können nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Absätze 1 bis 6 auch angewendet werden, soweit und solange die konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) in einem Land besteht und das Parlament in dem betroffenen Land die Anwendbarkeit der Absätze 1 bis 6 feststellt. 49Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung von COVID-19 besteht unzweifelhaft fort. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 1. Dezember 2021 die Feststellung der Anwendbarkeit der Absätze 1 bis 6 getroffen. 50https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?print=1&anw_nr=2&gld_nr=%202&ugl_nr=2126&val=47232&ver=0&aufgehoben=N&keyword=&bes_id=47232&show_preview=1. 51Damit können in Nordrhein-Westfalen die zuständigen örtlichen Ordnungsbehörden grundsätzlich weiterhin die in § 28a Abs. 1 IfSG genannten Schutzmaßnahmen anordnen. 52Der Anwendbarkeit der nach § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG bezogen auf Versammlungen möglichen Schutzmaßnahmen steht hier auch die Bestimmung in § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG nicht entgegen. Danach ist die Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen im Sinne von Artikel 8 GG und von religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften von der Weitergeltung auf Landesebene ausgeschlossen. 53Die angefochtene Anordnung der Beklagten vom 6. Januar 2022 stellt keine Untersagung einer Versammlung oder eines Aufzugs im Sinne dieser Bestimmung dar. Sie ist vielmehr als zulässige Auflage für das Abhalten einer Versammlung nach § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG zu qualifizieren. 54Bei der am 8. Januar 2022 in der E1. Innenstadt durchgeführten Veranstaltung handelte es sich um eine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG. 55Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG und damit auch der Versammlungsgesetze sind örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. 56Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001 - 1 BvR 1190/90 -, BVerfGE 104, 92-126, juris Rn. 40 ff. 57Das ist hier fraglos gegeben. Mit dem Thema „Freie Impfentscheidung! Kein Ungeimpfter Mensch ist illegal! Grundrechte sind nicht verhandelbar!“ sollte die vom Kläger unter dem 15. Dezember 2021 beim Polizeipräsidium E. angemeldete Veranstaltung ersichtlich zur öffentlichen Meinungsbildung hinsichtlich der möglichen Einführung einer Impfpflicht beitragen. 58Die Versammlung sollte unter freiem Himmel in der Form eines Aufzugs stattfinden und wurde auch so durchgeführt. Nach der Terminologie des Versammlungsrechts liegt ein Aufzug vor, wenn sich die Versammelten sofort oder nach einer stationären Versammlung als Auftaktveranstaltung auf einer festgelegten Wegstrecke vom Ort der Zusammenkunft fortbewegen, um mit ihrer Aussage die Öffentlichkeit zu erreichen. 59Kniesel/Poscher, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, J. Versammlungsrecht, Rn. 210. 60Um eine solche sich fortbewegende Zusammenkunft handelte es sich bei der Veranstaltung vom 8. Januar 2022. Die Demonstrationsteilnehmer zogen, nachdem sie sich zunächst am K. -S. -Platz in E. gesammelt hatten, über eine bestimmte Strecke durch die E1. Innenstadt zurück zum Ausgangspunkt. 61Mit der angefochtenen Ordnungsverfügung hat die Beklagte die für den 8. Januar 2022 angemeldete Versammlung auf eine ortsfeste Kundgebung beschränkt. Das folgt aus dem Wortlaut der in Nummer 1 Sätze 1 und 2 der Verfügung getroffenen Regelung in Verbindung mit ihrer Begründung. Darin wurde nicht nur die Durchführung des angemeldeten Aufzugs untersagt, sondern auch gleichzeitig festgestellt, dass die Durchführung einer Standkundgebung auf einer der Größe nach geeigneten Fläche zulässig sei. Ein (vollständiges) Versammlungsverbot hat die Beklagte demnach nicht angeordnet. 62Soll eine Versammlung nach dem Willen der zuständigen Verwaltungsbehörde als stationäre Kundgebung statt wie geplant als Aufzug stattfinden, ist eine solche Verfügung, mit der die Modalitäten einer Versammlung geregelt werden, aus dem Blickwinkel des Versammlungsrechts als Auflage im Sinne des § 15 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz – VersammlG) zu qualifizieren. 63Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. August 2020 - 1 BvQ 92/20 -, juris Rn. 16; Kniesel/Poscher, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, J. Versammlungsrecht, Rn. 359 ff. 64Anders ausgedrückt wird durch eine solche Anordnung die als Aufzug geplante Versammlung räumlich auf eine Standkundgebung beschränkt. 65Ullrich/von Coelln/Heusch, Handbuch Versammlungsrecht, Rn. 787. 66Nur wenn der geplante Aufzug vollständig untersagt wird, liegt ein Versammlungsverbot vor. 67Auch auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes ist die hier getroffene Anordnung, die als Aufzug angemeldete Versammlung als ortsfeste Kundgebung durchzuführen, als Auflage nach § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG einzustufen. 68Für die Qualifizierung als Auflage ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 20. November 2020 - 15 B 1822/20 -, juris Rn. 7; VG Arnsberg, Beschluss vom 29. Januar 2021 - 6 L 58/21 -, juris Rn. 18, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2021 - 15 B 124/21 -, juris. 69Es handelte sich nicht um eine Untersagung eines Aufzugs im Sinne des § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG. Durch diese Vorschrift soll nur das Vollverbot von Versammlungen durch die Infektionsschutzbehörde von der Möglichkeit der Anordnung auf Landesebene ausgeschlossen werden. 70Zwar ist nicht auszuschließen, dass die im Infektionsschutzgesetz im Zusammenhang mit Versammlungen verwendeten Ausdrücke „Auflage“ und „Untersagung von Aufzügen“ in einem anderen Sinne gemeint sind als im Versammlungsrecht, und eine Anordnung, wie sie die Beklagte getroffen hat, infektionsschutzrechtlich unter den Ausschlusstatbestand der „Untersagung eines Aufzugs“ im Sinne des § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG fällt. Für eine solche Abweichung von der Terminologie des Versammlungsrechts mit der Folge, dass ggf. auch die räumliche Beschränkung auf eine Standkundgebung nach § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG von der Infektionsschutzbehörde nicht mehr angeordnet werden darf, fehlt aber jeglicher Anhaltspunkt. 71Ausgangspunkt sind die für die Gesetzesauslegung allgemein geltenden Kriterien. Maßgebend ist der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, aus dem Zusammenhang, in dem der Gesetzesbegriff steht, sowie aus dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt. 72Zunächst gibt der Wortlaut von § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG nichts für die Annahme her, dass der Infektionsschutzgesetzgeber mit der Formulierung „Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen“ vom allgemeinen versammlungsrechtlichen Verständnis abweichen wollte. Das ergibt sich weder aus dem Gebrauch des Begriffs „Untersagung“ noch aus der Konjunktion „oder“. 73Ebenso wie in § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG wird in der Bestimmung der allgemeine Begriff der „Untersagung“ von Versammlungen und Aufzügen verwendet, während im Versammlungsgesetz die Untersagung einer Versammlung oder eines Aufzugs als Verbot bezeichnet wird (§ 15 VersammlG). Nach allgemeinem Sprachgebrauch haben die beiden Begriffe dieselbe Bedeutung. „Untersagen“ heißt, ein Verbot auszusprechen. Als Synonym wird „verbieten“ genannt. 74https://www.wortbedeutung.info/untersagen/. 75Sofern der Gesetzgeber hier überhaupt bewusst einen anderen als den versammlungsspezifischen Begriff des Verbots gewählt hat, dürfte dies allein sprachliche Gründe haben. Im Katalog der möglichen Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG werden mehrere Tatbestände aufgeführt, in denen eine Untersagung angeordnet werden kann, nämlich in den Nummern 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12, 13 und 15. Zudem betrifft die Untersagung nach § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG nicht nur Versammlungen im Sinne von Art. 8 GG, sondern deutlich weiter auch „Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzüge, Versammlungen sowie religiöse oder weltanschauliche Zusammenkünfte“. Hier lag es nahe, das allgemeinere Wort „Untersagung“ zu benutzen, um sämtliche Formen von Veranstaltungen zu erfassen. 76Die nahezu wortgleichen Vorschriften in § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG und § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG beziehen sich zwar nur auf „Versammlungen oder Aufzüge im Sinne von Artikel 8 des Grundgesetzes“, so dass hier auch der versammlungsrechtliche Begriff des „Verbots“ hätte verwendet werden können. Allerdings greifen sich die Regelungen in § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG bzw. § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG (nur) einen bestimmten Teilbereich der Veranstaltungen im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG heraus, so dass es aus sprachlicher Sicht einleuchtet, bei demselben Begriff zu bleiben. Aus der „untechnischen“ Wortwahl lässt sich mithin nicht schließen, dass der Gesetzgeber dem Begriff „Untersagung“ von Versammlungen oder Aufzügen eine vom „Verbot“ von Versammlungen oder Aufzügen abweichende Bedeutung beimessen wollte. 77Auch aus der Verwendung der Konjunktion „oder“ in § 28a Abs. 8 Satz 1Nr. 3 IfSG folgt nicht, dass der Gesetzgeber neben der Untersagung einer Versammlung explizit auch die isolierte Untersagung eines Aufzugs ausschließen wollte. Zwar kommt der im Gesetz ausdrücklich erwähnten Untersagung eines Aufzugs bei dem hier gefundenen Auslegungsergebnis kein selbständiger Gehalt zu. Denn die Untersagung eines Aufzugs ohne gleichzeitige Beschränkung auf eine ortsfeste Versammlung fällt bereits unter den Tatbestand der Untersagung einer Versammlung. Auch ein Aufzug ist eine Versammlung. 78Ullrich/von Coelln/Heusch, Handbuch Versammlungsrecht, Rn 71. 79Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist jedoch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dieser Wortwahl schlicht auf das im Versammlungsgesetz verwendete Begriffspaar „Versammlung und Aufzüge“ zurückgegriffen hat, ohne dadurch eine Unterscheidung herbeiführen zu wollen. Zum einen regelt er ausdrücklich „Versammlungen oder Aufzüge im Sinne von Artikel 8 des Grundgesetzes“ und nimmt dadurch auf das Versammlungsrecht Bezug. Zum anderen differenziert auch das Versammlungsgesetz zwischen Versammlungen und Aufzügen, obwohl dies mit Blick auf den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit inhaltlich irrelevant ist und terminologisch sogar missverständlich. 80So ausdrücklich: Ullrich/von Coelln/Heusch, Handbuch Versammlungsrecht, Rn. 71. 81Denn ein Aufzug im Sinne des Versammlungsgesetzes ist eine sich fortbewegende Versammlung, also lediglich ein besonderer Fall einer Versammlung. Grundrechtlich werden seine Teilnehmer ebenso durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützt wie Teilnehmer einer ortsfesten Versammlung. 82Ullrich/von Coelln/Heusch, Handbuch Versammlungsrecht, Rn. 71. 83Dabei ist im Versammlungsgesetz sowohl von „Versammlungen und Aufzügen“ die Rede (etwa in § 1 Abs. 1 VersammlG) als auch von „Versammlungen oder Aufzügen“ (wie etwa in §§ 2 Abs. 1, 13 Abs. 1 VersammlG), ohne dass der unterschiedlichen Formulierung eine besondere Bedeutung zuzukommen scheint. Wenn der Gesetzgeber im Infektionsschutzgesetz aber ersichtlich die Terminologie des Versammlungsrechts übernimmt, besteht Anlass anzunehmen, dass er diesen Begriffen auch ihre versammlungsrechtliche Bedeutung beigemessen hat. 84Der Entstehungsgeschichte des § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG und auch des § 28a IfSG im Weiteren ist ein gegenteiliger Wille des Gesetzgebers nicht zu entnehmen. Die Gesetzesmaterialien verhalten sich vielmehr überhaupt nicht zu der Frage, ob mit der dort erwähnten „Untersagung eines Aufzugs“ auch die Beschränkung eines Aufzugs auf eine stationäre Kundgebung gemeint sein könnte. 85Während zunächst nach § 28a Abs. 8 Nr. 3 IfSG in der ab 24. November 2021 gültigen Fassung die Untersagung von Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzügen, Versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften auch auf Landesebene ausgeschlossen war, wurde die Bestimmung durch das Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vom 6. Dezember 2021 erneut geändert und erhielt die seit 12. Dezember 2021 gültige Fassung: „Ausgeschlossen sind die Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen im Sinne von Art. 8 des Grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften.“ 86Zur Begründung der Änderung heißt es im Gesetzesentwurf insoweit lediglich: „In § 28a wird der Katalog ausgeschlossener Schutzmaßnahmen präzisiert.“ (…) „Indem in der Aufzählung der Nummer 3 Veranstaltungen und Ansammlungen entfallen, sind Veranstaltungen jeglicher Art, sofern sie nicht eine Versammlung oder einen Aufzug im Sinne von Art. 8 des Grundgesetzes oder eine religiöse oder weltanschauliche Zusammenkunft darstellen, untersagbar. Untersagbar sind danach insbesondere Sportveranstaltungen mit einem größeren Publikum.“ 87Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, Bundestags-Drucksache (BT-Ds.) 20/188, S. 44 f. 88Auch der Bericht des Hauptausschusses zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 17. November 2021 führt nicht weiter. Bezogen auf § 28a Abs. 8 IfSG heißt es darin: „Nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite kann in den Bundesländern die Situation bestehen oder sich entwickeln, dass eine konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) in einem Land weiterbesteht und abseits der Schutzmaßnahmen nach Absatz 7 Satz 1 weitere Maßnahmen nach Absatz 1 erforderlich sind. Soweit und solange dies der Fall ist, kann das Parlament in dem betroffenen Land die Anwendbarkeit der Absätze 1 bis 6 für das Land feststellen. Damit steht den betroffenen Bundesländern ein Instrumentarium zur Verfügung, das eine ausreichende und zweckgerichtete Reaktion auf ein dynamisches Infektionsgeschehen ermöglicht. Davon ausgenommen sind jedoch vorbehaltlich möglicher Schutzmaßnahmen nach Absatz 7 Satz 1 die Anordnung von Ausgangsbeschränkungen (auch Ausgangssperren sind damit untersagt), die Untersagung von Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzügen, Versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften, die Untersagung von Sportausübung, Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 11 bis 14 und die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33. Möglich bleiben danach unter den Voraussetzungen des Absatzes 8 Untersagungen und Beschränkungen von Freizeitveranstaltungen (z. B. Weihnachtsmärkte) nach Absatz 1 Nummer 5.“ 89BT-Ds. 20/89, S. 15. 90Weiteres findet sich hierzu in den Gesetzesmaterialien nicht. 91Bei einer zusätzlichen Heranziehung der Entstehungsgeschichte des § 28a IfSG und hier insbesondere der Vorschrift in § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG ergibt sich ebenfalls kein anderes Bild. 92§ 28a IfSG wurde mit dem Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 eingeführt. Dabei enthielt der Gesetzentwurf (BT-Ds. 19/23944) in § 28a Abs. 1 Nr. 10 und Nr. 11 noch zwei getrennte Regelungen für Veranstaltungen. Nr. 10 lautete: „Untersagung oder Erteilung von Auflagen für das Abhalten von Veranstaltungen“. Nr. 11 lautete: „Untersagung, soweit dies zwingend erforderlich ist, oder Erteilung von Auflagen für das Abhalten von Versammlungen oder religiösen Zusammenkünften.“ Die schließlich in Kraft getretene Fassung des § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG, die der aktuellen Fassung entspricht und beide Regelungen des Gesetzentwurfs zusammenführt, beruht auf der Beschlussempfehlung des federführenden Gesundheitsausschusses (BT-Ds. 19/24334, S. 22). Zudem wurden „Aufzüge“ zusätzlich in die Aufzählung der von § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG erfassten Veranstaltungen aufgenommen. Zutreffend hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass gerade im Zusammenhang mit der Erweiterung des Tatbestandes um „Aufzüge“ eine Begründung hierfür in den Gesetzesmaterialien zu erwarten gewesen wäre, wenn der Gesetzgeber diesem Begriff eine spezielle Bedeutung hätte geben wollen. 93Gleichzeitig mit der Neufassung des § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG wurde – soweit hier relevant – der neue Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 eingefügt, dessen Wortlaut bis heute unverändert geblieben ist. Durch diese Bestimmung wird die „Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen im Sinne von Artikel 8 des Grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften nach Absatz 1 Nummer 10“ davon abhängig gemacht, dass auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erheblich gefährdet wäre. 94Da die neu eingeführte Regelung in § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG nahezu wortgleich ist mit § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG, spricht viel dafür, etwaige Hinweise des Gesetzgebers zur Bedeutung der Formulierung „Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen“ auch für die Auslegung der hier streitentscheidenden Norm heranzuziehen. Jedoch fehlt auch im Zusammenhang mit der Bestimmung in § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG in den Gesetzesmaterialien jedes Indiz für die Annahme, der Infektionsschutzgesetzgeber habe die isolierte Untersagung eines Aufzugs im Sinne einer Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung der Untersagung einer Versammlung gleichstellen wollen. 95Mit der Regelung in § 28a Abs. 2 IfSG hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, welche Maßnahmen er als besonders eingriffsintensiv erachtet und deswegen an qualifizierte Voraussetzungen knüpft. 96Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2020 - 13 B 1855/20.NE -, juris Rn. 35. 97§ 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG knüpft die „Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen im Sinne von Art. 8 des Grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften nach Absatz 1 Nummer 10“ an die strengere Voraussetzung, dass ohne diese Maßnahmen auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 erheblich gefährdet würde. Mit dem neuen Absatz 2 wurde, wie es in der Begründung der Beschlussempfehlung des federführenden Gesundheitsausschusses heißt, „grundrechtsdeterminiert eine materielle Eingrenzung von Schutzmaßnahmen im Hinblick auf die spezifische Eingriffsintensität“ vorgenommen. Und weiter: „Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig. Zwar sind die Gesundheit sowie die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems als gleichgewichtige andere Rechtsgüter anzusehen, ein Verbot der Versammlung kommt aber nur als ultima ratio im Einzelfall in Betracht. (…).“ 98BT-Ds. 19/24334, S. 80. 99Dem lässt sich in erster Linie der Bezug der Vorschrift auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit entnehmen, was auch hier auf ein versammlungsrechtliches Verständnis der Begriffe schließen lässt. Zudem heißt es in der Begründung abweichend vom Wortlaut der Norm ausdrücklich, dass ein „Verbot der Versammlung“ zum Zwecke des Infektionsschutzes ultima ratio sein solle. Auch diese Wortwahl spricht für den Willen des Gesetzgebers, nur ein vollständiges Versammlungsverbot als besonders tiefgreifenden Eingriff dem strikten Verhältnismäßigkeitsgebot zu unterwerfen. 100Der Gesetzeszusammenhang stützt das hier vertretene versammlungsrechtliche Verständnis des § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG, wonach nur das vollständige Verbot der Versammlung oder des Aufzugs als mögliche Schutzmaßnahme nach §§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG ausgeschlossen ist. 101Notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG können nach § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG neben der Untersagung ausdrücklich die Erteilung von Auflagen für das Abhalten von Veranstaltungen im weitesten Sinne sein. 102Der Begriff der „Auflage“ wird vom Gesetzgeber untechnisch verwendet, gemeint sind nicht zwingend solche im Sinne des § 36 Verwaltungsverfahrensgesetz. 103Kießling, in: Kießling, Infektionsschutzgesetz, 2. Aufl. 2021, § 28a Rn. 61. 104Bei der Erteilung von Auflagen für das Abhalten von Versammlungen handelt es sich um eine gegenüber der Untersagung weniger belastende Schutzmaßnahme. Die zuständige Behörde muss wegen der besonderen Bedeutung des Art. 8 GG in jedem Einzelfall prüfen, ob die Versammlung unter Auflagen zum Infektionsschutz stattfinden kann. 105Vgl. Kießling, in: Kießling, Infektionsschutzgesetz, 2. Aufl. 2021, § 28a Rn. 105; Gerhardt, Infektionsschutzgesetz, 5. Aufl. 2021, § 28a Rn. 57 „infektionshygienische Auflagen“. 106Der Begriff der Auflage dürfte deckungsgleich sein mit dem Begriff „Beschränkungen“ in § 28a Abs. 1 Nr. 5-8, 11-15 IfSG. 107Kießling, in: Kießling, Infektionsschutzgesetz, 2. Aufl. 2021, § 28a Rn. 61 108Dies wiederum passt zur versammlungsrechtlichen Terminologie. Die Auflage, den geplanten Aufzug als stationäre Kundgebung durchzuführen, wird auch als räumliche Beschränkung bezeichnet. 109Ullrich/von Coelln/Heusch, Handbuch Versammlungsrecht, Rn. 787. 110Im am 6. Januar 2022 in Kraft getretenen Versammlungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (Versammlungsgesetz NRW – VersG NRW) wird nur noch zwischen einer beschränkenden Verfügung und einem Verbot unterschieden (§ 13 VersG NRW). 111Bezogen auf den Begriff der Auflage zeigt sich mithin ebenfalls, dass der Infektionsschutzgesetzgeber kein abweichendes Begriffsverständnis zugrunde legt und eine „Auflage“ im Sinne von § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG für das Abhalten von Versammlungen gleichbedeutend mit dem Versammlungsgesetz als Beschränkung verstanden werden soll. Wie im Versammlungsrecht unterscheidet auch § 28a IfSG zwischen weniger eingriffsintensiven Maßnahmen, die als Auflagen oder Beschränkungen bezeichnet werden, und tiefgreifenden Eingriffen in Grundrechte, nämlich die vollständige Untersagung bzw. das Verbot. 112Sinn und Zweck des § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG stellen das hier gefundene Auslegungsergebnis nicht in Frage. 113Der Begründung des Gesetzentwurfs ist zu entnehmen, dass das Auslaufen der epidemischen Notlage von nationaler Tragweite und die damit einhergehenden Änderungen des § 28a IfSG im Wesentlichen von der Absicht getragen waren, die „exekutiven Sonderrechte“ zurückzudrängen und die wesentlichen Entscheidungen wieder vollständig in die Hand des zuständigen parlamentarischen Gesetzgebers zu legen. Mit der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite seien der Bundesregierung umfangreiche Kompetenzen zur Bekämpfung der pandemischen Lage im Wege der Verordnungsgebung eingeräumt worden, deren Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Grundlagen mit zunehmender Dauer der Pandemie größer werdenden Zweifeln ausgesetzt sei. 114Vgl. BT-Ds. 20/15, S. 20. 115Man schaffe eine Reparlamentarisierung der Entscheidungsprozesse und beende die fortdauernde Notverordnungsgesetzgebung. 116Bericht des Hauptausschusses, BT-Ds. 20/89, S. 11. 117Gleichzeitig wurde mit § 28a Abs. 7 IfSG ein bundeseinheitlich anwendbarer Katalog möglicher Schutzmaßnahmen eingefügt – wie etwa die Anordnung von Abstandsgeboten, die Verpflichtung zur Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen oder die Beschränkung der Anzahl von Personen bei Veranstaltungen –, der es ermöglicht, je nach Entwicklung der aktuellen Lage weniger intensive Schutzmaßnahmen zu ergreifen. 118BT-Ds. 20/15, S. 20. 119Grundsätzlich sollte es den Ländern aber nicht mehr möglich sein, von den in § 28a Abs. 1 IfSG genannten Schutzmaßnahmen Gebrauch zu machen, 120vgl. BT-Ds. 20/15, S. 1, 121wobei gleichwohl die je nach der regionalen Situation in den Bundesländern differenzierte Anwendung gewährleistet bleiben sollte. 122BT-Ds 20/15, S. 20. 123Davon ausgenommen wurden jedoch vorbehaltlich möglicher Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 7 Satz 1 IfSG die Anordnung von Ausgangsbeschränkungen, die Untersagung der Sportausübung und die Schließung von Sporteinrichtungen, die Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen im Sinne von Artikel 8 GG und von religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften, die Untersagung von Reisen, die Untersagung von Übernachtungsangeboten, die Schließung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel usw. sowie die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33 IfSG (§ 28a Abs. 8 Satz 1 IfSG). 124Ziel der Gesetzesänderung war damit zum einen eine Beendigung der „Notverordnungsgesetzgebung“ und Rückkehr zur Normalität. Darüber hinaus sollten den Ländern grundsätzlich nur noch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe möglich sein (§ 28a Abs. 7 und 8 Satz 1 IfSG). Dies lässt, bezogen auf Versammlungen, durchaus den Schluss zu, dass der Gesetzgeber bei der Frage, welche Schutzmaßnahmen auf Landesebene weiterhin zulässig sind, auf die Eingriffsintensität abstellen und das zu Verwirrung bei Normadressaten und Gerichten führende Nebeneinander von zwei Behörden jedenfalls bei den tief in die Versammlungsfreiheit eingreifenden Versammlungsverboten beenden wollte. 125Vgl. zur Untersagung eines Aufzugs nur aus der obergerichtlichen Rechtsprechung: OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2021 - 15 B 339/21 -, juris: Rechtsgrundlage § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG, Anordnung durch die Infektionsschutzbehörde; VGH München, Beschluss vom 21. Februar 2021 - 10 CS 21.526 -, juris: Rechtsgrundlage § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG, Anordnung durch die Versammlungsbehörde; OVG Bautzen, Beschluss vom 13. März 2021 - 6 B 432/20 -, juris: Rechtsgrundlagen § 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG und § 15 SächsVersG, Anordnung durch die Versammlungsbehörde; zu einem Versammlungsverbot durch Allgemeinverfügung: OVG Koblenz, Beschluss vom 3. Januar 2022 - 7 B 10005/22 -, juris: Rechtsgrundlage § 15 VersammlG; mögliche Sperrwirkung von § 28a Abs. 1 Nr. 10 i.V.m. Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG offen gelassen. 126Die Umwandlung eines Aufzugs in eine stationäre Kundgebung kann im Einzelfall einem Versammlungsverbot gleichkommen und einen ähnlich schwerwiegenden Eingriff in die Versammlungsfreiheit darstellen. 127Vgl. dazu Ullrich/von Coelln/Heusch, Handbuch Versammlungsrecht, Rn. 787. 128Selbst wenn der Gesetzgeber im Zuge der gesetzlichen Neuregelung die „Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen“ im Sinne des § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG aber derart materiell hätte definieren wollen, hätte ein entsprechender Wille des Gesetzgebers im Gesetz seinen Niederschlag finden müssen. Das ist, wie ausgeführt, nicht der Fall. Der Gesetzgeber hat im Gegenteil bei der Regelung der Ausnahme nach § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG die Formulierung des § 28a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG aufgegriffen. Diese Bestimmung galt bereits, als noch eine epidemische Notlage von nationaler Tragweite bestand. Abgesehen davon spricht auch deshalb nichts für eine Differenzierung nach der Eingriffsintensität, weil die Frage, ob eine Anordnungsbefugnis für die Länder besteht oder nicht, dann von einer Auslegung im Einzelfall abhängig wäre. 129Die Anordnung, mit der dem Kläger aufgegeben worden ist, die als Aufzug angemeldete Versammlung lediglich als ortsfeste Kundgebung durchzuführen, war gleichwohl rechtswidrig. Sie stellte einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Klägers dar. Unter Zugrundelegung der von der Beklagen in ihrer Verfügung angestellten Gefahrenprognose war die Beschränkung auf eine ortsfeste Kundgebung zum Zwecke des Schutzes vor Infektionsgefahren nicht erforderlich. 130Eine auf Grundlage von § 7 Abs. 2 Satz 2 CoronaSchVO i. V. m. §§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, 28a Abs. 1 Nr. 10 IfSG im Ermessenswege verfügte Schutzmaßnahme muss unter Infektionsschutzgesichtspunkten notwendig sein. Unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der insbesondere die Beachtung sämtlicher Umstände des Einzelfalls einschließlich des aktuellen Stands des dynamischen und tendenziell volatilen Infektionsgeschehens erforderlich macht, können zum Zweck des Schutzes vor Infektionsgefahren auch versammlungsbeschränkende Maßnahmen ergriffen werden. In Betracht kommen namentlich Auflagen mit der Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Mindestabstände, aber auch Beschränkungen der Teilnehmerzahl, um eine Unterschreitung notwendiger Mindestabstände zu verhindern, zu der es aufgrund der Dynamiken in einer großen Menschenmenge oder des Zuschnitts und Charakters einer Versammlung im Einzelfall selbst dann kommen kann, wenn bezogen auf die erwartete Teilnehmerzahl eine rein rechnerisch hinreichend groß bemessene Versammlungsfläche zur Verfügung steht. Als weitere Regelungen der Modalitäten einer Versammlung kommen etwa ihre Durchführung als ortsfeste Kundgebung anstatt als Aufzug oder die Verlegung an einen aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vorzugswürdigen Alternativstandort in Betracht. 131Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. August 2020 - 1 BvQ 94/20 -, juris Rn. 16; OVG NRW, Beschlüsse vom 9. März 2021 - 15 B 339/21 -, juris Rn. 6, und vom 4. Dezember 2020 - 15 B 1909/20 -, juris Rn. 5. 132Im Rahmen der Ermessensausübung muss dem Grundrecht aus Art. 8 GG Rechnung getragen werden. Dies erfordert insbesondere eine hinreichende Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Lediglich pauschale Erwägungen, die jeder Versammlung entgegengehalten werden könnten, werden dem nicht gerecht. 133Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 2020 - 1 BvQ 37/20 -, juris Rn. 23. 134Dabei erfordert die von der Behörde angestellte Gefahrenprognose tatsächliche Anhaltspunkte, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben. Bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen nicht aus. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Auflage liegt grundsätzlich bei der Behörde. 135Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2020 - 15 B 755/20 -, juris Rn. 9. 136Diesen Anforderungen genügt die Gefahrenprognose der Beklagten nicht. Sofern überhaupt die Nichteinhaltung infektionsschutzrechtlicher Pflichten droht, hat die Beklagte nicht hinreichend konkret dargelegt, welche unter Infektionsschutzgesichtspunkten relevanten Verstöße durch den Aufzug durch die E1. Innenstadt am 8. Januar 2022 zu erwarten waren. 137Soweit sich die Beklagte bei ihrer Prognose eines erhöhten Infektionsrisikos durch den Aufzug darauf stützt, dass der Anteil der Personen, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen könnten, überdurchschnittlich hoch sei, liegt darin bereits kein Verstoß gegen die Maskenpflicht. Denn nach § 3 Abs. 2 Nr. 16 CoronaSchVO kann in solchen Fällen auf das Tragen einer Maske verzichtet werden. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die medizinischen Atteste nur vorgeschoben sein könnten, trägt die Beklagte nicht vor und sind auch nicht ersichtlich. 138Die hinreichende Wahrscheinlichkeit relevanter Verstöße gegen die Maskenpflicht durch die übrigen Versammlungsteilnehmer lässt sich der Ordnungsverfügung nicht entnehmen. Die Beklagte verweist insoweit lediglich darauf, bei den beiden letzten vom Kläger organisierten Versammlungen habe ein erheblicher Teil der Teilnehmer die Maskenpflicht nicht konsequent eingehalten. Was mit „nicht konsequent“ gemeint ist, wird ebenso wenig konkretisiert wie die Größenordnung der Teilnehmer. Bestimmte Vorfälle bei den letzten beiden Versammlungen nennt die Beklagte nicht. Sie nimmt auch nicht auf entsprechende Feststellungen der Polizei, beispielsweise Einsatzberichte, Bezug. Im Gegenteil verweist die Beklagte darauf, dass sich der Kläger als Versammlungsleiter um die Herstellung ordnungsgemäßer Zustände bemüht und auch selbst Masken bereitgestellt habe. Den Presseberichten zu den vorangegangenen Versammlungen ist zu entnehmen, dass sich die Versammlungsteilnehmer überwiegend an die Maskenpflicht gehalten haben. 139Vgl. für die Versammlung vom 1. Januar 2022: https://www.zeit.de/news/2022-01/01/rund-6500-gegner-von-corona-massnahmen-demonstrieren?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F; https://www.aachener-zeitung.de/nrw-region/rund-6500-gegner-von-corona-massnahmen-demonstrieren-in-duesseldorf_aid-64983935; https://www.report-k.de/6-500-corona-leugner-demonstrieren-an-neujahr-in-duesseldorf/ 140Im Übrigen bietet der Test- oder Immunisierungsnachweis, der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a CoronaSchVO eine Zugangsvoraussetzung zu der Versammlung am 8. Januar 2022 darstellte, eine Schutzvorkehrung, die es gerechtfertigt erscheinen lässt, die Maskenpflicht insoweit großzügiger zu handhaben als in Fällen, in denen der Zugang allen Teilnehmern unabhängig von einem Test- oder Immunisierungsnachweis möglich ist. 141Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2022 - 13 B 33/22.NE -, juris Rn. 53. 142Soweit die Beklagte mit ihrer Erwägung, bei einem Aufzug der hier anzunehmenden Größenordnung komme es regelmäßig zu Verschiebungen der Marschierenden untereinander, die Gefahr einer Nichteinhaltung der Mindestabstände geltend macht, kann sie damit von vorneherein nicht durchdringen. Die Einhaltung eines Mindestabstands der Versammlungsteilnehmer untereinander sowie ggf. zu Passantinnen und Passanten (vgl. § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 IfSG) hat die Beklagte nicht angeordnet. Die Coronaschutzverordnung enthält kein zwingendes Abstandsgebot mehr. In § 2 Abs. 1 Satz 2 CoronaSchVO heißt es nur noch, die allgemeinen Verhaltensregeln zu Abstand, Hygiene und Masken seien möglichst umfassend in allen Lebensbereichen einzuhalten. Darüber hinaus zeigt die Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1a CoronaSchVO, wonach „Versammlungen im Sinne von Art. 8 des Grundgesetzes im öffentlichen Raum im Freien bei gleichzeitig mehr als 750 Teilnehmenden“ keinen Zugangsbeschränkungen unterliegen, wenn die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern sichergestellt ist, im Umkehrschluss, dass Verstöße gegen Mindestabstände in Kauf genommen werden können, wenn nur immunisierte und getestete Personen an der Versammlung teilnehmen. 143Die COVID-19-Impfung wirkt zumindest einer Belastung des Gesundheitssystems entgegen. Indem mit Hilfe der Testnachweispflicht infizierten nicht immunisierten Personen der Zugang zu Versammlungen verwehrt werden kann, wird die Ansteckung mit einer potentiell tödlich verlaufenden Krankheit vermieden und werden medizinische Versorgungskapazitäten geschont. 144Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2022 - 13 B 33/22.NE -, juris Rn. 40, 53, 77. 145Auch bei der streitgegenständlichen Versammlung galt die sogenannte 3G-Regel. Die Beklagte hat den Kläger in der Ordnungsverfügung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er als Versammlungsleiter zur Kontrolle der Immunitäts- und Testnachweise verpflichtet sei. 146Wenn bei Versammlungen mit Zugangsbeschränkung – wie hier – ein Mindestabstand nicht sichergestellt sein muss, kann auch in der befürchteten Durchmischung mit weiteren Personen keine Maßnahmen gegenüber der Versammlung rechtfertigende erhöhte Infektionsgefahr liegen, zumal die Möglichkeit spontan hinzukommender Personen auch im Falle einer Standkundgebung besteht. Mangels gegenteiliger Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass auch diese Personen von den eingesetzten Ordnerinnen und Ordnern auf ihren Immunitäts- oder Testnachweis hin kontrolliert und ggf. abgewiesen werden. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass der Kläger seinen Pflichten voraussichtlich nicht nachkommen wird. Sie macht ihm auch sonst kein Fehlverhalten zum Vorwurf. 147Gelingt dem Versammlungsleiter und den eingesetzten Ordnungskräften die effektive Durchsetzung der Anforderungen der Coronaschutzverordnung nicht, steht es im Ermessen der Versammlungsbehörde, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen und die Versammlung als ultima ratio auch aufzulösen. 148Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2021 -15 B 339/21 -, juris Rn. 17. 149Die allgemeine Erwägung der Beklagten, bei einem Aufzug der hier anzunehmenden Größenordnung komme es regelmäßig zu Verschiebungen der Marschierenden untereinander, und deshalb sei die Zahl potentiell infektionsrelevanter Kontakte besonders hoch, trägt die angeordnete Beschränkung nicht. Mit dieser Begründung wären Versammlungen in der Form von Aufzügen – also von mobilen, ihren Standort entlang einer bestimmten Aufzugsstrecke verändernden Kundgebungen – generell unzulässig, weil Aufzüge niemals Gewähr dafür böten, dass der Mindestabstand eingehalten wird. Vielmehr bedarf es auch insofern zur Begründung einer dahingehenden Gefahrenprognose der Prüfung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls. 150Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2021 - 15 B 804/21 -, juris Rn. 7 m.w.N. 151Die Größe der Versammlung allein rechtfertigt die Untersagung des Aufzugs ebenfalls nicht. Die Zahl der Teilnehmer und daraus etwa resultierende besondere Herausforderungen bei der Überprüfung der Einhaltung der Vorgaben der Coronaschutzverordnung sind bei einer Standkundgebung gleich hoch. 152Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 153Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 154Rechtsmittelbelehrung: 155Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 156Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 157Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 158Die Berufung ist nur zuzulassen, 1591. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1602. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1613. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1624. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1635. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 164Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 165Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 166Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 167Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 168Beschluss: 169Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt. 170Gründe: 171Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 172Rechtsmittelbelehrung: 173Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 174Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 175Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 176Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 177Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 178War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | es wird festgestellt, dass die ordnungsverfügung der stadt e. vom 6. januar 2022 rechtswidrig war. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger vorher sicherheit in derselben höhe leistet. 1 | 2am 15. dezember 2021 meldete der kläger als verantwortlicher versammlungsleiter beim polizeipräsidium e. eine versammlungsrechtliche veranstaltung mit dem thema „freie impfentscheidung! kein ungeimpfter mensch ist illegal! grundrechte sind nicht verhandelbar“ für den 8. januar 2022 an. beginnend mit der sammlungsphase ab 14:30 uhr sollte die versammlung bis ca. 20 uhr dauern. die versammlung sollte mit einer auftaktkundgebung am k. -s. -platz beginnen. daran sollte sich ein aufzug auf einer in der anmeldung näher bezeichneten strecke durch die e1. innenstadt mit dem k. -s. -platz als versammlungsende anschließen. dabei gab der kläger an, er rechne mit 2000 teilnehmern. 3von der geplanten veranstaltung wurde die beklagte vom polizeipräsidium e. am 4. januar 2022 in kenntnis gesetzt. 4die beklagte hörte den kläger unter dem 4. januar 2022 zu der beabsichtigten beschränkung der versammlung auf eine kundgebung an einem geeigneten kundgebungsort an. dieser nahm hierzu am 5. januar 2022 stellung. 5mit ordnungsverfügung der beklagten vom 6. januar 2022 erging unter ziffer 1 folgende anordnung: „die durchführung des angemeldeten aufzugs wird untersagt. zulässig ist lediglich die durchführung einer kundgebung.“ zur begründung führte die beklagte aus, sie sei als örtliche ordnungsbehörde sachlich und örtlich zuständig. nach den erfahrungen mit den letzten vom kläger verantworteten versammlungen, zuletzt am 1. januar 2022, sei eine teilnehmerzahl von 6.500 personen in der spitze zu erwarten. der krankheitserreger sars-cov-2 verbreite sich weiterhin auch in nordrhein-westfalen. das virus verursache die übertragbare krankheit covid-19, die bei schwerem verlauf tödlich enden könne. das teilnehmerspektrum gerade von den vom kläger organisierten versammlungen sei nach ihren feststellungen überdurchschnittlich gefährdet, aktiv oder passiv zur verbreitung des virus beizutragen und außerdem auch noch unterdurchschnittlich gut geschützt. so sei der anteil der personen, die aus medizinischen gründen keine maske tragen könnten, bei der versammlung vom 1. januar 2022 im vergleich zu sonstigen ordnungsbehördlichen kontrollsituationen überdurchschnittlich hoch gewesen. überdies habe bei den beiden letzten vom kläger organisierten versammlungen jeweils ein erheblicher teil der teilnehmer die maskenpflicht nicht konsequent eingehalten, obwohl der kläger sich unbestreitbar um die herstellung ordnungsgemäßer zustände bemüht und auch selbst masken bereitgestellt habe. die zahl potentiell infektionsrelevanter kontakte sei bei einem aufzug im vergleich zu einer standkundgebung als besonders hoch einzuschätzen. das gelte erst recht, wenn es zusätzlich, wie z.b. auf großen einkaufsstraßen, auch noch zu einer durchmischung mit weiteren personen komme. zugleich sei es, wie die versammlung am 1. januar 2022 gezeigt habe, für den kläger als verantwortlichen erheblich erschwert, die teilnehmenden eines aufzugs zur einhaltung der anforderungen der coronaschutzverordnung anzuhalten, die ihm obliegenden überprüfungen sachgerecht durchzuführen und ggf. notwendige konsequenzen effektiv durchzusetzen. im rahmen des ihr eingeräumten ermessens habe sie sich entschieden, dem schutz des staatlichen gesundheitswesens den vorrang vor dem grundrecht der versammlungsfreiheit einzuräumen. als mittel habe sie die untersagung des aufzugs ausgewählt. eine standkundgebung auf einer geeigneten fläche bleibe zulässig. ein aufzug der jetzt anzunehmenden größenordnung mit teilnehmern aus ganz nordrhein-westfalen und einem erhöhten aktiven und passiven infektionsrisiko übersteige das durch die coronaschutzverordnung gebilligte risiko und erfordere deshalb über die verordnung hinausgehende schutzmaßnahmen. 6hiergegen hat der kläger am 7. januar 2022 klage erhoben und einen eilantrag (29 l 23/22) gestellt. diesem hat die kammer mit rechtskräftigem beschluss vom 7. januar 2022 mit der begründung stattgegeben, es fehle an einer tragfähigen rechtsgrundlage für die getroffene anordnung der beklagten als örtlicher ordnungsbehörde. 7die versammlung wurde am 8. januar 2022 wie angemeldet durchgeführt. 8daraufhin hat der kläger seine ursprünglich auf aufhebung des bescheides vom 6. januar 2022 gerichtete klage auf einen fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. zur begründung macht er geltend: er beabsichtige, weiterhin vergleichbare veranstaltungen in e. durchzuführen. das präventiv gesundheitspolizeiliche versammlungsverbot sei offensichtlich rechtswidrig. es fehle an einer ermächtigungsgrundlage. ein aufzugsverbot sei durch die gesetzliche neuregelung des infektionsschutzgesetzes ausgeschlossen. zudem handele es sich bei der in rede stehenden untersagungsverfügung materiell um eine durchführungsbezogene maßnahme. diese modifiziere nicht lediglich das recht des klägers, sich mit weiteren teilnehmern versammeln zu dürfen. vielmehr handele es sich um eine „verbotsgleiche“ untersagung, die im hinblick auf das grundrecht der versammlungsfreiheit eine unzulässige, dem normzweck widersprechende beschränkung darstelle. es fehle zudem an einer mit objektiven tatsachen belegten, hinreichenden prognose der beklagten, dass es bei der durchführung von versammlungen in e. zu einer unmittelbaren, über das ohnehin nach der coronaschutzverordnung erlaubte maß hinausgehenden gefährdung der öffentlichen sicherheit komme. 9der kläger beantragt, 10festzustellen, dass die ordnungsverfügung der beklagten vom 6. januar 2022 rechtswidrig war. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung trägt sie vor: rechtsgrundlage der ordnungsverfügung sei die generalklausel des infektionsschutzgesetzes. die generalklausel sei nicht durch den katalog der regelbeispiele gesperrt. jedenfalls habe die ordnungsverfügung auch hierauf gestützt werden können. die aufgrund der gesetzlichen neuregelung des infektionsschutzgesetzes vorgenommene einschränkung, wonach die untersagung von aufzügen und versammlungen ausgeschlossen sei, stehe der streitgegenständlichen verfügung nicht entgegen, da beschränkungen und einschränkungen in form von auflagen möglich blieben. die anordnung, einen angemeldeten aufzug als ortsfeste kundgebung durchzuführen, sei als auflage zu qualifizieren. mit der „untersagung“ eines aufzugs sei ebenso wie mit der „untersagung“ einer versammlung ein absolutes versammlungsverbot, ein totalverbot, zu verstehen. die begrenzung der versammlung auf eine stehende kundgebung sei auch materiell rechtmäßig gewesen, da sie der verbesserung der möglichkeiten gedient habe, die dem infektionsschutz dienenden vorgaben der coronaschutzverordnung zu kontrollieren, durchzusetzen und für die teilnehmer einzuhalten. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs bezug genommen. 15 | 16die klage hat erfolg. 17sie ist zulässig und begründet. 18die klage ist als fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 4 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) statthaft, da sich die angefochtene ordnungsverfügung erledigt hat. nachdem die kammer auf den eilantrag des klägers mit beschluss vom 7. januar 2022 die aufschiebende wirkung der klage gegen nr. 1 der ordnungsverfügung vom 6. januar 2022 angeordnet hatte, fand die angemeldete versammlung am 8. januar 2022 wie geplant statt. die umstellung der klage von einer ursprünglichen anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 satz 1 alt. 1 vwgo in eine fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo stellt nach § 173 satz 1 vwgo in verbindung mit § 264 nr. 3 der zivilprozessordnung (zpo) eine zulässige klageänderung dar. 19der kläger hat zudem ein berechtigtes interesse an der begehrten feststellung der rechtswidrigkeit der ordnungsverfügung vom 6. januar 2022. 20bei der prüfung, ob ein solches berechtigtes interesse vorliegt, werden rechtsgebietsübergreifend die fallgruppen wiederholungsgefahr, rehabilitationsinteresse, schwerwiegende grundrechtsbeeinträchtigung sowie vorbereitung eines amtshaftungs- oder entschädigungsprozesses unterschieden. 21in anbetracht der in art. 8 abs. 1 grundgesetz (gg) verbürgten rechte erlangt der aspekt des gewichtigen grundrechtseingriffs im versammlungsrecht besondere bedeutung. ein fortsetzungsfeststellungsinteresse lässt sich entsprechend für klagen bejahen, die besonders tief in das versammlungsgrundrecht eingreifende maßnahmen zum gegenstand haben. das gilt etwa für fälle von versammlungsverboten, weil es sich bei ihnen um die schwerste mögliche beeinträchtigung der versammlungsfreiheit handelt. 22vgl. bundesverfassungsgericht (bverfg), beschluss vom 3. märz 2004 - 1 bvr 461/03 -, bverfge 110, 77 (89); oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, beschluss vom 19. märz 2018 - 15 a 943/17 -, juris rn. 11. 23um einen gesondert zu bewertenden fall handelt es sich jedoch dann, wenn die verbotene versammlung aufgrund einer im verfahren des einstweiligen rechtsschutzes wiederhergestellten aufschiebenden wirkung des eingelegten rechtsbehelfs durchgeführt werden kann (wenn auch gegebenenfalls unter einhaltung vom gericht auferlegter modalitäten). hier besteht ein fortsetzungsfeststellungsinteresse im hauptsacheverfahren nur dann, wenn belastende wirkungen durch die art der begründung der verbotsverfügung fortbestehen und diese wirkungen ein besonderes gewicht haben. 24bverfg, beschluss vom 3. märz 2004 - 1 bvr 461/03 -, bverfge 110, 77 (90). 25ähnliches gilt für versammlungsbeschränkende auflagen. hier kommt es für die bejahung eines entsprechenden feststellungsinteresses auf die versammlungsspezifische eingriffsintensität an. so ist ein fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn die versammlungsbehördlichen auflagen bzw. beschränkungen den charakter der versammlung verändert und insbesondere die verwirklichung des kommunikativen anliegens wesentlich erschwert haben. dagegen liegt ein fortsetzungsfeststellungsinteresse unter anderem dann nicht vor, wenn es sich bei den beschränkungen um bloße modalitäten der versammlungsdurchführung gehandelt hat. 26ovg nrw, beschluss vom 19. märz 2018 - 15 a 943/17 -, juris rn. 11. 27lässt sich ein fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht (bereits) vor dem hintergrund eines gewichtigen eingriffs in das versammlungsgrundrecht begründen, kommt auch bei versammlungsrechtlichen sachverhalten die annahme eines entsprechenden interesses aufgrund einer feststellbaren wiederholungsgefahr in betracht. für das vorliegen einer wiederholungsgefahr bedarf es der möglichkeit der erneuten durchführung einer vergleichbaren versammlung durch den kläger sowie der prognose, dass die behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer rechtsauffassung festhalten wird. 28bverfg, beschluss vom 8. februar 2011 - 1 bvr 1946/06 -, nvwz-rr, 405 (405 f.); s.a. vg gießen, urteil vom 29. november 2019 - 4 k 4129/18.gi -, juris rn. 17 f. und vg lüneburg, urteil vom 22. mai 2019 - 5 a 312/17-, juris rn. 36 ff. 29dabei ist ein fortsetzungsfeststellungsinteresse auch dann anzunehmen, wenn die betreffende frage bereits im verfahren des einstweiligen rechtsschutzes geklärt worden ist, jedoch anhaltspunkte dafür bestehen, dass die behörde sich nicht an der dort vorgenommenen gerichtlichen bewertung ausrichten wird. 30bverfg, beschluss vom 3. märz 2004 - 1 bvr 461/03 -, bverfge 110, 77 (90). 31dagegen ist die annahme einer wiederholungsgefahr nicht gerechtfertigt, wenn die konkret betroffene behörde eindeutig hat erkennen lassen, in zukunft von einer wiederholung der betreffenden beschränkung absehen zu wollen. 32verwaltungsgerichtshof (vgh) münchen, urteil vom 10. juli 2018 - 10 bv 17.2405 -, bayvbl 2019, 20 ff. 33vorliegend kann offenbleiben, ob dem kläger, der die versammlung wie angemeldet durchführen konnte, ein fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem gesichtspunkt der schwerwiegenden grundrechtsbeeinträchtigung zur seite steht. denn es besteht jedenfalls eine wiederholungsgefahr. 34der kläger hat angegeben, weiterhin regelmäßig versammlungen in e. durchführen zu wollen. nach den erkenntnissen des gerichts war dies an den vergangenen samstagen auch der fall. die beklagte hat mit ihren der presse zu entnehmenden äußerungen kundgetan, dass sie die eilentscheidung des gerichts für „schlicht falsch“ halte und im wiederholungsfall erneut sorgfältig abwägen werde, ob die voraussetzungen für ein aufzugsverbot vorlägen. 35vgl. etwa den artikel „eiertanz um das aufzugsverbot bei der demo“ im e1. f. vom 13. januar 2022. 36diesen einlassungen ist klar zu entnehmen, dass künftig vergleichbare versammlungsbeschränkungen durch die beklagte zu erwarten sind. 37die klage ist auch begründet. der angefochtene bescheid der beklagten vom 6. januar 2022, mit dem die durchführung des angemeldeten aufzugs untersagt und die durchführung einer kundgebung für zulässig angesehen wurde, war zum maßgeblichen zeitpunkt der erledigung des verwaltungsakts, 38vgl. hierzu bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 25. juli 1985 - 3 c 25/84 -, juris rn. 42, 39rechtswidrig und verletzte den kläger in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 4 in verbindung mit § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 40ermächtigungsgrundlage für die untersagung der durchführung des angemeldeten aufzugs und zulassung der durchführung einer kundgebung sind §§ 28 abs. 1 sätze 1 und 2, 28a abs. 1 nr. 10, abs. 8 satz 1 des gesetzes zur verhütung und bekämpfung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz – ifsg) in der ab dem 12. dezember 2021 gültigen fassung i.v.m. § 7 abs. 2 satz 2 der verordnung zum schutz vor neuinfizierungen mit dem coronavirus sars-cov-2 (coronaschutzverordnung – coronaschvo) vom 3. dezember 2021 in der vom 30. dezember 2021 bis 12. januar 2022 gültigen fassung. 41die ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig. die zuständigkeit der beklagten ergibt sich aus § 6 abs. 1 des gesetzes zur regelung besonderer handlungsbefugnisse im rahmen einer epidemischen lage von nationaler oder landesweiter tragweite und zur festlegung der zuständigkeiten nach dem infektionsschutzgesetz (infektionsschutz- und befugnisgesetz – ifsbg nrw). danach sind zuständige behörden im sinne des § 25 absatz 4 und der §§ 28, 30 und 31 ifsg die städte und gemeinden (örtliche ordnungsbehörden). 42die vor einführung des § 28a ifsg in rechtsprechung und literatur diskutierte frage, ob aufgrund der konzentrationswirkung des versammlungsrechts infektionsschutzrechtliche belange zum gegenstand der versammlungsbehördlichen verfügung zu machen sind, oder ob das versammlungsrecht unter dem aspekt der „polizeirechtsfestigkeit“ keine sperrwirkung gegenüber den infektionsschutzrechtlichen bekämpfungsbefugnissen entfaltet, 43vgl. zum streitstand ovg nrw, beschluss vom 23. september 2020 - 13 b 1422/20 -, juris rn. 9 ff., 44stellt sich nicht mehr. denn jedenfalls kann auf der grundlage der §§ 28 abs. 1 sätze 1 und 2, 28a abs. 1 nr. 10, abs. 8 satz 1 ifsg auch die für infektionsschutzmaßnahmen zuständige behörde anordnungen für versammlungen nach art. 8 gg erlassen. wer zuständige behörde im sinne des infektionsschutzgesetzes ist, bestimmen nach § 54 satz 1 ifsg die landesregierungen durch rechtsverordnung, wobei sie – wie es in nordrhein-westfalen der fall ist – die zuständigkeit auch unmittelbar durch landesgesetz bestimmen können. 45vgl. kießling, in: kießling, infektionsschutzgesetz, 2. aufl. 2021, § 54 rn. 2. 46die anordnung unter ziffer 1 der angefochtenen ordnungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig. die von der beklagten angeordnete beschränkung des angemeldeten versammlungsaufzugs auf eine standkundgebung ließ sich zwar auf §§ 28 abs. 1 satz 1 und 2, 28a abs. 1 nr. 10, abs. 8 satz 1 ifsg i.v.m. § 7 abs. 2 satz 2 coronaschvo stützen. sie stellte aber einen unverhältnismäßigen eingriff in die versammlungsfreiheit des klägers dar. aus infektionsschutzgründen war die verfügte anordnung nicht erforderlich. 47gemäß § 28 abs. 1 satz 1 ifsg trifft die zuständige behörde die notwendigen schutzmaßnahmen, wenn kranke, krankheitsverdächtige, ansteckungsverdächtige oder ausscheider festgestellt werden, soweit und solange es zur verhinderung der verbreitung übertragbarer krankheiten erforderlich ist. unter den voraussetzungen von satz 1 kann die zuständige behörde nach § 28 abs. 1 satz 2 ifsg unter anderem veranstaltungen oder sonstige ansammlungen von menschen beschränken oder verbieten. notwendige schutzmaßnahmen im sinne des § 28 absatz 1 satz 1 und 2 ifsg zur verhinderung der verbreitung der coronavirus-krankheit-2019 (covid-19) können für die dauer der feststellung einer epidemischen lage von nationaler tragweite nach § 5 absatz 1 satz 1 ifsg durch den deutschen bundestag insbesondere sein die untersagung von oder erteilung von auflagen für das abhalten von veranstaltungen, ansammlungen, aufzügen, versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen zusammenkünften (§ 28a abs. 1 nr. 10 ifsg). 48die feststellung einer epidemischen lage von nationaler tragweite durch den deutschen bundestag, zuletzt getroffen mit beschluss vom 25. august 2021, wurde nicht verlängert und endete daher gemäß § 5 abs. 1 satz 3 ifsg mit ablauf des 25. november 2021. die vorschrift ist dennoch aufgrund der länderöffnungsklausel des § 28a abs. 8 satz 1 ifsg in nordrhein-westfalen weiter anwendbar. nach dieser bestimmung können nach dem ende einer durch den deutschen bundestag nach § 5 absatz 1 satz 1 ifsg festgestellten epidemischen lage von nationaler tragweite die absätze 1 bis 6 auch angewendet werden, soweit und solange die konkrete gefahr der epidemischen ausbreitung der coronavirus-krankheit-2019 (covid-19) in einem land besteht und das parlament in dem betroffenen land die anwendbarkeit der absätze 1 bis 6 feststellt. 49diese voraussetzungen sind gegeben. die konkrete gefahr der epidemischen ausbreitung von covid-19 besteht unzweifelhaft fort. der landtag nordrhein-westfalen hat mit beschluss vom 1. dezember 2021 die feststellung der anwendbarkeit der absätze 1 bis 6 getroffen. 50https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?print=1&anw_nr=2&gld_nr=%202&ugl_nr=2126&val=47232&ver=0&aufgehoben=n&keyword=&bes_id=47232&show_preview=1. 51damit können in nordrhein-westfalen die zuständigen örtlichen ordnungsbehörden grundsätzlich weiterhin die in § 28a abs. 1 ifsg genannten schutzmaßnahmen anordnen. 52der anwendbarkeit der nach § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg bezogen auf versammlungen möglichen schutzmaßnahmen steht hier auch die bestimmung in § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg nicht entgegen. danach ist die untersagung von versammlungen oder aufzügen im sinne von artikel 8 gg und von religiösen oder weltanschaulichen zusammenkünften von der weitergeltung auf landesebene ausgeschlossen. 53die angefochtene anordnung der beklagten vom 6. januar 2022 stellt keine untersagung einer versammlung oder eines aufzugs im sinne dieser bestimmung dar. sie ist vielmehr als zulässige auflage für das abhalten einer versammlung nach § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg zu qualifizieren. 54bei der am 8. januar 2022 in der e1. innenstadt durchgeführten veranstaltung handelte es sich um eine versammlung im sinne von art. 8 gg. 55versammlungen im sinne des art. 8 gg und damit auch der versammlungsgesetze sind örtliche zusammenkünfte mehrerer personen zu gemeinschaftlicher, auf die teilhabe an der öffentlichen meinungsbildung gerichteten erörterung oder kundgebung. 56vgl. bverfg, beschluss vom 24. oktober 2001 - 1 bvr 1190/90 -, bverfge 104, 92-126, juris rn. 40 ff. 57das ist hier fraglos gegeben. mit dem thema „freie impfentscheidung! kein ungeimpfter mensch ist illegal! grundrechte sind nicht verhandelbar!“ sollte die vom kläger unter dem 15. dezember 2021 beim polizeipräsidium e. angemeldete veranstaltung ersichtlich zur öffentlichen meinungsbildung hinsichtlich der möglichen einführung einer impfpflicht beitragen. 58die versammlung sollte unter freiem himmel in der form eines aufzugs stattfinden und wurde auch so durchgeführt. nach der terminologie des versammlungsrechts liegt ein aufzug vor, wenn sich die versammelten sofort oder nach einer stationären versammlung als auftaktveranstaltung auf einer festgelegten wegstrecke vom ort der zusammenkunft fortbewegen, um mit ihrer aussage die öffentlichkeit zu erreichen. 59kniesel/poscher, in: lisken/denninger, handbuch des polizeirechts, 7. aufl. 2021, j. versammlungsrecht, rn. 210. 60um eine solche sich fortbewegende zusammenkunft handelte es sich bei der veranstaltung vom 8. januar 2022. die demonstrationsteilnehmer zogen, nachdem sie sich zunächst am k. -s. -platz in e. gesammelt hatten, über eine bestimmte strecke durch die e1. innenstadt zurück zum ausgangspunkt. 61mit der angefochtenen ordnungsverfügung hat die beklagte die für den 8. januar 2022 angemeldete versammlung auf eine ortsfeste kundgebung beschränkt. das folgt aus dem wortlaut der in nummer 1 sätze 1 und 2 der verfügung getroffenen regelung in verbindung mit ihrer begründung. darin wurde nicht nur die durchführung des angemeldeten aufzugs untersagt, sondern auch gleichzeitig festgestellt, dass die durchführung einer standkundgebung auf einer der größe nach geeigneten fläche zulässig sei. ein (vollständiges) versammlungsverbot hat die beklagte demnach nicht angeordnet. 62soll eine versammlung nach dem willen der zuständigen verwaltungsbehörde als stationäre kundgebung statt wie geplant als aufzug stattfinden, ist eine solche verfügung, mit der die modalitäten einer versammlung geregelt werden, aus dem blickwinkel des versammlungsrechts als auflage im sinne des § 15 des gesetzes über versammlungen und aufzüge (versammlungsgesetz – versammlg) zu qualifizieren. 63vgl. bverfg, beschluss vom 30. august 2020 - 1 bvq 92/20 -, juris rn. 16; kniesel/poscher, in: lisken/denninger, handbuch des polizeirechts, 7. aufl. 2021, j. versammlungsrecht, rn. 359 ff. 64anders ausgedrückt wird durch eine solche anordnung die als aufzug geplante versammlung räumlich auf eine standkundgebung beschränkt. 65ullrich/von coelln/heusch, handbuch versammlungsrecht, rn. 787. 66nur wenn der geplante aufzug vollständig untersagt wird, liegt ein versammlungsverbot vor. 67auch auf der grundlage des infektionsschutzgesetzes ist die hier getroffene anordnung, die als aufzug angemeldete versammlung als ortsfeste kundgebung durchzuführen, als auflage nach § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg einzustufen. 68für die qualifizierung als auflage ebenso: ovg nrw, beschluss vom 20. november 2020 - 15 b 1822/20 -, juris rn. 7; vg arnsberg, beschluss vom 29. januar 2021 - 6 l 58/21 -, juris rn. 18, bestätigt durch ovg nrw, beschluss vom 30. januar 2021 - 15 b 124/21 -, juris. 69es handelte sich nicht um eine untersagung eines aufzugs im sinne des § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg. durch diese vorschrift soll nur das vollverbot von versammlungen durch die infektionsschutzbehörde von der möglichkeit der anordnung auf landesebene ausgeschlossen werden. 70zwar ist nicht auszuschließen, dass die im infektionsschutzgesetz im zusammenhang mit versammlungen verwendeten ausdrücke „auflage“ und „untersagung von aufzügen“ in einem anderen sinne gemeint sind als im versammlungsrecht, und eine anordnung, wie sie die beklagte getroffen hat, infektionsschutzrechtlich unter den ausschlusstatbestand der „untersagung eines aufzugs“ im sinne des § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg fällt. für eine solche abweichung von der terminologie des versammlungsrechts mit der folge, dass ggf. auch die räumliche beschränkung auf eine standkundgebung nach § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg von der infektionsschutzbehörde nicht mehr angeordnet werden darf, fehlt aber jeglicher anhaltspunkt. 71ausgangspunkt sind die für die gesetzesauslegung allgemein geltenden kriterien. maßgebend ist der in der vorschrift zum ausdruck kommende objektivierte wille des gesetzgebers, so wie er sich aus dem wortlaut, der entstehungsgeschichte, aus dem zusammenhang, in dem der gesetzesbegriff steht, sowie aus dem sinn und zweck der regelung ergibt. 72zunächst gibt der wortlaut von § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg nichts für die annahme her, dass der infektionsschutzgesetzgeber mit der formulierung „untersagung von versammlungen oder aufzügen“ vom allgemeinen versammlungsrechtlichen verständnis abweichen wollte. das ergibt sich weder aus dem gebrauch des begriffs „untersagung“ noch aus der konjunktion „oder“. 73ebenso wie in § 28a abs. 2 satz 1 nr. 1 ifsg wird in der bestimmung der allgemeine begriff der „untersagung“ von versammlungen und aufzügen verwendet, während im versammlungsgesetz die untersagung einer versammlung oder eines aufzugs als verbot bezeichnet wird (§ 15 versammlg). nach allgemeinem sprachgebrauch haben die beiden begriffe dieselbe bedeutung. „untersagen“ heißt, ein verbot auszusprechen. als synonym wird „verbieten“ genannt. 74https://www.wortbedeutung.info/untersagen/. 75sofern der gesetzgeber hier überhaupt bewusst einen anderen als den versammlungsspezifischen begriff des verbots gewählt hat, dürfte dies allein sprachliche gründe haben. im katalog der möglichen schutzmaßnahmen nach § 28a abs. 1 ifsg werden mehrere tatbestände aufgeführt, in denen eine untersagung angeordnet werden kann, nämlich in den nummern 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12, 13 und 15. zudem betrifft die untersagung nach § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg nicht nur versammlungen im sinne von art. 8 gg, sondern deutlich weiter auch „veranstaltungen, ansammlungen, aufzüge, versammlungen sowie religiöse oder weltanschauliche zusammenkünfte“. hier lag es nahe, das allgemeinere wort „untersagung“ zu benutzen, um sämtliche formen von veranstaltungen zu erfassen. 76die nahezu wortgleichen vorschriften in § 28a abs. 2 satz 1 nr. 1 ifsg und § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg beziehen sich zwar nur auf „versammlungen oder aufzüge im sinne von artikel 8 des grundgesetzes“, so dass hier auch der versammlungsrechtliche begriff des „verbots“ hätte verwendet werden können. allerdings greifen sich die regelungen in § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg bzw. § 28a abs. 2 satz 1 nr. 1 ifsg (nur) einen bestimmten teilbereich der veranstaltungen im sinne des § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg heraus, so dass es aus sprachlicher sicht einleuchtet, bei demselben begriff zu bleiben. aus der „untechnischen“ wortwahl lässt sich mithin nicht schließen, dass der gesetzgeber dem begriff „untersagung“ von versammlungen oder aufzügen eine vom „verbot“ von versammlungen oder aufzügen abweichende bedeutung beimessen wollte. 77auch aus der verwendung der konjunktion „oder“ in § 28a abs. 8 satz 1nr. 3 ifsg folgt nicht, dass der gesetzgeber neben der untersagung einer versammlung explizit auch die isolierte untersagung eines aufzugs ausschließen wollte. zwar kommt der im gesetz ausdrücklich erwähnten untersagung eines aufzugs bei dem hier gefundenen auslegungsergebnis kein selbständiger gehalt zu. denn die untersagung eines aufzugs ohne gleichzeitige beschränkung auf eine ortsfeste versammlung fällt bereits unter den tatbestand der untersagung einer versammlung. auch ein aufzug ist eine versammlung. 78ullrich/von coelln/heusch, handbuch versammlungsrecht, rn 71. 79mangels gegenteiliger anhaltspunkte ist jedoch davon auszugehen, dass der gesetzgeber mit dieser wortwahl schlicht auf das im versammlungsgesetz verwendete begriffspaar „versammlung und aufzüge“ zurückgegriffen hat, ohne dadurch eine unterscheidung herbeiführen zu wollen. zum einen regelt er ausdrücklich „versammlungen oder aufzüge im sinne von artikel 8 des grundgesetzes“ und nimmt dadurch auf das versammlungsrecht bezug. zum anderen differenziert auch das versammlungsgesetz zwischen versammlungen und aufzügen, obwohl dies mit blick auf den schutzbereich der versammlungsfreiheit inhaltlich irrelevant ist und terminologisch sogar missverständlich. 80so ausdrücklich: ullrich/von coelln/heusch, handbuch versammlungsrecht, rn. 71. 81denn ein aufzug im sinne des versammlungsgesetzes ist eine sich fortbewegende versammlung, also lediglich ein besonderer fall einer versammlung. grundrechtlich werden seine teilnehmer ebenso durch art. 8 abs. 1 gg geschützt wie teilnehmer einer ortsfesten versammlung. 82ullrich/von coelln/heusch, handbuch versammlungsrecht, rn. 71. 83dabei ist im versammlungsgesetz sowohl von „versammlungen und aufzügen“ die rede (etwa in § 1 abs. 1 versammlg) als auch von „versammlungen oder aufzügen“ (wie etwa in §§ 2 abs. 1, 13 abs. 1 versammlg), ohne dass der unterschiedlichen formulierung eine besondere bedeutung zuzukommen scheint. wenn der gesetzgeber im infektionsschutzgesetz aber ersichtlich die terminologie des versammlungsrechts übernimmt, besteht anlass anzunehmen, dass er diesen begriffen auch ihre versammlungsrechtliche bedeutung beigemessen hat. 84der entstehungsgeschichte des § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg und auch des § 28a ifsg im weiteren ist ein gegenteiliger wille des gesetzgebers nicht zu entnehmen. die gesetzesmaterialien verhalten sich vielmehr überhaupt nicht zu der frage, ob mit der dort erwähnten „untersagung eines aufzugs“ auch die beschränkung eines aufzugs auf eine stationäre kundgebung gemeint sein könnte. 85während zunächst nach § 28a abs. 8 nr. 3 ifsg in der ab 24. november 2021 gültigen fassung die untersagung von veranstaltungen, ansammlungen, aufzügen, versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen zusammenkünften auch auf landesebene ausgeschlossen war, wurde die bestimmung durch das gesetz zur stärkung der impfprävention gegen covid-19 und zur änderung weiterer vorschriften im zusammenhang mit der covid-19-pandemie vom 6. dezember 2021 erneut geändert und erhielt die seit 12. dezember 2021 gültige fassung: „ausgeschlossen sind die untersagung von versammlungen oder aufzügen im sinne von art. 8 des grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen zusammenkünften.“ 86zur begründung der änderung heißt es im gesetzesentwurf insoweit lediglich: „in § 28a wird der katalog ausgeschlossener schutzmaßnahmen präzisiert.“ (…) „indem in der aufzählung der nummer 3 veranstaltungen und ansammlungen entfallen, sind veranstaltungen jeglicher art, sofern sie nicht eine versammlung oder einen aufzug im sinne von art. 8 des grundgesetzes oder eine religiöse oder weltanschauliche zusammenkunft darstellen, untersagbar. untersagbar sind danach insbesondere sportveranstaltungen mit einem größeren publikum.“ 87entwurf eines gesetzes zur stärkung der impfprävention gegen covid-19 und zur änderung weiterer vorschriften im zusammenhang mit der covid-19-pandemie, bundestags-drucksache (bt-ds.) 20/188, s. 44 f. 88auch der bericht des hauptausschusses zum „entwurf eines gesetzes zur änderung des infektionsschutzgesetzes und weiterer gesetze anlässlich der aufhebung der feststellung der epidemischen lage von nationaler tragweite“ vom 17. november 2021 führt nicht weiter. bezogen auf § 28a abs. 8 ifsg heißt es darin: „nach dem ende einer durch den deutschen bundestag nach § 5 absatz 1 satz 1 festgestellten epidemischen lage von nationaler tragweite kann in den bundesländern die situation bestehen oder sich entwickeln, dass eine konkrete gefahr der epidemischen ausbreitung der coronavirus-krankheit-2019 (covid-19) in einem land weiterbesteht und abseits der schutzmaßnahmen nach absatz 7 satz 1 weitere maßnahmen nach absatz 1 erforderlich sind. soweit und solange dies der fall ist, kann das parlament in dem betroffenen land die anwendbarkeit der absätze 1 bis 6 für das land feststellen. damit steht den betroffenen bundesländern ein instrumentarium zur verfügung, das eine ausreichende und zweckgerichtete reaktion auf ein dynamisches infektionsgeschehen ermöglicht. davon ausgenommen sind jedoch vorbehaltlich möglicher schutzmaßnahmen nach absatz 7 satz 1 die anordnung von ausgangsbeschränkungen (auch ausgangssperren sind damit untersagt), die untersagung von veranstaltungen, ansammlungen, aufzügen, versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen zusammenkünften, die untersagung von sportausübung, schutzmaßnahmen nach absatz 1 nummer 11 bis 14 und die schließung von gemeinschaftseinrichtungen im sinne von § 33. möglich bleiben danach unter den voraussetzungen des absatzes 8 untersagungen und beschränkungen von freizeitveranstaltungen (z. b. weihnachtsmärkte) nach absatz 1 nummer 5.“ 89bt-ds. 20/89, s. 15. 90weiteres findet sich hierzu in den gesetzesmaterialien nicht. 91bei einer zusätzlichen heranziehung der entstehungsgeschichte des § 28a ifsg und hier insbesondere der vorschrift in § 28a abs. 2 satz 1 nr. 1 ifsg ergibt sich ebenfalls kein anderes bild. 92§ 28a ifsg wurde mit dem dritten gesetz zum schutz der bevölkerung bei einer epidemischen lage von nationaler tragweite vom 18. november 2020 eingeführt. dabei enthielt der gesetzentwurf (bt-ds. 19/23944) in § 28a abs. 1 nr. 10 und nr. 11 noch zwei getrennte regelungen für veranstaltungen. nr. 10 lautete: „untersagung oder erteilung von auflagen für das abhalten von veranstaltungen“. nr. 11 lautete: „untersagung, soweit dies zwingend erforderlich ist, oder erteilung von auflagen für das abhalten von versammlungen oder religiösen zusammenkünften.“ die schließlich in kraft getretene fassung des § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg, die der aktuellen fassung entspricht und beide regelungen des gesetzentwurfs zusammenführt, beruht auf der beschlussempfehlung des federführenden gesundheitsausschusses (bt-ds. 19/24334, s. 22). zudem wurden „aufzüge“ zusätzlich in die aufzählung der von § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg erfassten veranstaltungen aufgenommen. zutreffend hat die beklagte in der mündlichen verhandlung darauf hingewiesen, dass gerade im zusammenhang mit der erweiterung des tatbestandes um „aufzüge“ eine begründung hierfür in den gesetzesmaterialien zu erwarten gewesen wäre, wenn der gesetzgeber diesem begriff eine spezielle bedeutung hätte geben wollen. 93gleichzeitig mit der neufassung des § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg wurde – soweit hier relevant – der neue absatz 2 satz 1 nr. 1 eingefügt, dessen wortlaut bis heute unverändert geblieben ist. durch diese bestimmung wird die „untersagung von versammlungen oder aufzügen im sinne von artikel 8 des grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen zusammenkünften nach absatz 1 nummer 10“ davon abhängig gemacht, dass auch bei berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen schutzmaßnahmen eine wirksame eindämmung der verbreitung der coronavirus-krankheit-2019 (covid-19) erheblich gefährdet wäre. 94da die neu eingeführte regelung in § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg nahezu wortgleich ist mit § 28a abs. 2 satz 1 nr. 1 ifsg, spricht viel dafür, etwaige hinweise des gesetzgebers zur bedeutung der formulierung „untersagung von versammlungen oder aufzügen“ auch für die auslegung der hier streitentscheidenden norm heranzuziehen. jedoch fehlt auch im zusammenhang mit der bestimmung in § 28a abs. 2 satz 1 nr. 1 ifsg in den gesetzesmaterialien jedes indiz für die annahme, der infektionsschutzgesetzgeber habe die isolierte untersagung eines aufzugs im sinne einer beschränkung auf eine stationäre kundgebung der untersagung einer versammlung gleichstellen wollen. 95mit der regelung in § 28a abs. 2 ifsg hat der gesetzgeber deutlich gemacht, welche maßnahmen er als besonders eingriffsintensiv erachtet und deswegen an qualifizierte voraussetzungen knüpft. 96vgl. ovg nrw, beschluss vom 30. dezember 2020 - 13 b 1855/20.ne -, juris rn. 35. 97§ 28a abs. 2 satz 1 nr. 1 ifsg knüpft die „untersagung von versammlungen oder aufzügen im sinne von art. 8 des grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen zusammenkünften nach absatz 1 nummer 10“ an die strengere voraussetzung, dass ohne diese maßnahmen auch bei berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen schutzmaßnahmen eine wirksame eindämmung der verbreitung von covid-19 erheblich gefährdet würde. mit dem neuen absatz 2 wurde, wie es in der begründung der beschlussempfehlung des federführenden gesundheitsausschusses heißt, „grundrechtsdeterminiert eine materielle eingrenzung von schutzmaßnahmen im hinblick auf die spezifische eingriffsintensität“ vorgenommen. und weiter: „eingriffe in die versammlungsfreiheit sind nur zum schutz gleichgewichtiger anderer rechtsgüter unter strikter wahrung der verhältnismäßigkeit zulässig. zwar sind die gesundheit sowie die erhaltung der funktionsfähigkeit des gesundheitssystems als gleichgewichtige andere rechtsgüter anzusehen, ein verbot der versammlung kommt aber nur als ultima ratio im einzelfall in betracht. (…).“ 98bt-ds. 19/24334, s. 80. 99dem lässt sich in erster linie der bezug der vorschrift auf das grundrecht der versammlungsfreiheit entnehmen, was auch hier auf ein versammlungsrechtliches verständnis der begriffe schließen lässt. zudem heißt es in der begründung abweichend vom wortlaut der norm ausdrücklich, dass ein „verbot der versammlung“ zum zwecke des infektionsschutzes ultima ratio sein solle. auch diese wortwahl spricht für den willen des gesetzgebers, nur ein vollständiges versammlungsverbot als besonders tiefgreifenden eingriff dem strikten verhältnismäßigkeitsgebot zu unterwerfen. 100der gesetzeszusammenhang stützt das hier vertretene versammlungsrechtliche verständnis des § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg, wonach nur das vollständige verbot der versammlung oder des aufzugs als mögliche schutzmaßnahme nach §§ 28 abs. 1 satz 1 und 2, 28a abs. 1 nr. 10 ifsg ausgeschlossen ist. 101notwendige schutzmaßnahmen im sinne des § 28 abs. 1 satz 1 und 2 ifsg können nach § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg neben der untersagung ausdrücklich die erteilung von auflagen für das abhalten von veranstaltungen im weitesten sinne sein. 102der begriff der „auflage“ wird vom gesetzgeber untechnisch verwendet, gemeint sind nicht zwingend solche im sinne des § 36 verwaltungsverfahrensgesetz. 103kießling, in: kießling, infektionsschutzgesetz, 2. aufl. 2021, § 28a rn. 61. 104bei der erteilung von auflagen für das abhalten von versammlungen handelt es sich um eine gegenüber der untersagung weniger belastende schutzmaßnahme. die zuständige behörde muss wegen der besonderen bedeutung des art. 8 gg in jedem einzelfall prüfen, ob die versammlung unter auflagen zum infektionsschutz stattfinden kann. 105vgl. kießling, in: kießling, infektionsschutzgesetz, 2. aufl. 2021, § 28a rn. 105; gerhardt, infektionsschutzgesetz, 5. aufl. 2021, § 28a rn. 57 „infektionshygienische auflagen“. 106der begriff der auflage dürfte deckungsgleich sein mit dem begriff „beschränkungen“ in § 28a abs. 1 nr. 5-8, 11-15 ifsg. 107kießling, in: kießling, infektionsschutzgesetz, 2. aufl. 2021, § 28a rn. 61 108dies wiederum passt zur versammlungsrechtlichen terminologie. die auflage, den geplanten aufzug als stationäre kundgebung durchzuführen, wird auch als räumliche beschränkung bezeichnet. 109ullrich/von coelln/heusch, handbuch versammlungsrecht, rn. 787. 110im am 6. januar 2022 in kraft getretenen versammlungsgesetz des landes nordrhein-westfalen (versammlungsgesetz nrw – versg nrw) wird nur noch zwischen einer beschränkenden verfügung und einem verbot unterschieden (§ 13 versg nrw). 111bezogen auf den begriff der auflage zeigt sich mithin ebenfalls, dass der infektionsschutzgesetzgeber kein abweichendes begriffsverständnis zugrunde legt und eine „auflage“ im sinne von § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg für das abhalten von versammlungen gleichbedeutend mit dem versammlungsgesetz als beschränkung verstanden werden soll. wie im versammlungsrecht unterscheidet auch § 28a ifsg zwischen weniger eingriffsintensiven maßnahmen, die als auflagen oder beschränkungen bezeichnet werden, und tiefgreifenden eingriffen in grundrechte, nämlich die vollständige untersagung bzw. das verbot. 112sinn und zweck des § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg stellen das hier gefundene auslegungsergebnis nicht in frage. 113der begründung des gesetzentwurfs ist zu entnehmen, dass das auslaufen der epidemischen notlage von nationaler tragweite und die damit einhergehenden änderungen des § 28a ifsg im wesentlichen von der absicht getragen waren, die „exekutiven sonderrechte“ zurückzudrängen und die wesentlichen entscheidungen wieder vollständig in die hand des zuständigen parlamentarischen gesetzgebers zu legen. mit der feststellung der epidemischen lage von nationaler tragweite seien der bundesregierung umfangreiche kompetenzen zur bekämpfung der pandemischen lage im wege der verordnungsgebung eingeräumt worden, deren vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen grundlagen mit zunehmender dauer der pandemie größer werdenden zweifeln ausgesetzt sei. 114vgl. bt-ds. 20/15, s. 20. 115man schaffe eine reparlamentarisierung der entscheidungsprozesse und beende die fortdauernde notverordnungsgesetzgebung. 116bericht des hauptausschusses, bt-ds. 20/89, s. 11. 117gleichzeitig wurde mit § 28a abs. 7 ifsg ein bundeseinheitlich anwendbarer katalog möglicher schutzmaßnahmen eingefügt – wie etwa die anordnung von abstandsgeboten, die verpflichtung zur vorlage von impf-, genesenen- oder testnachweisen oder die beschränkung der anzahl von personen bei veranstaltungen –, der es ermöglicht, je nach entwicklung der aktuellen lage weniger intensive schutzmaßnahmen zu ergreifen. 118bt-ds. 20/15, s. 20. 119grundsätzlich sollte es den ländern aber nicht mehr möglich sein, von den in § 28a abs. 1 ifsg genannten schutzmaßnahmen gebrauch zu machen, 120vgl. bt-ds. 20/15, s. 1, 121wobei gleichwohl die je nach der regionalen situation in den bundesländern differenzierte anwendung gewährleistet bleiben sollte. 122bt-ds 20/15, s. 20. 123davon ausgenommen wurden jedoch vorbehaltlich möglicher schutzmaßnahmen nach § 28a abs. 7 satz 1 ifsg die anordnung von ausgangsbeschränkungen, die untersagung der sportausübung und die schließung von sporteinrichtungen, die untersagung von versammlungen oder aufzügen im sinne von artikel 8 gg und von religiösen oder weltanschaulichen zusammenkünften, die untersagung von reisen, die untersagung von übernachtungsangeboten, die schließung von betrieben, gewerben, einzel- oder großhandel usw. sowie die schließung von gemeinschaftseinrichtungen im sinne von § 33 ifsg (§ 28a abs. 8 satz 1 ifsg). 124ziel der gesetzesänderung war damit zum einen eine beendigung der „notverordnungsgesetzgebung“ und rückkehr zur normalität. darüber hinaus sollten den ländern grundsätzlich nur noch maßnahmen mit geringerer eingriffstiefe möglich sein (§ 28a abs. 7 und 8 satz 1 ifsg). dies lässt, bezogen auf versammlungen, durchaus den schluss zu, dass der gesetzgeber bei der frage, welche schutzmaßnahmen auf landesebene weiterhin zulässig sind, auf die eingriffsintensität abstellen und das zu verwirrung bei normadressaten und gerichten führende nebeneinander von zwei behörden jedenfalls bei den tief in die versammlungsfreiheit eingreifenden versammlungsverboten beenden wollte. 125vgl. zur untersagung eines aufzugs nur aus der obergerichtlichen rechtsprechung: ovg nrw, beschluss vom 9. märz 2021 - 15 b 339/21 -, juris: rechtsgrundlage § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg, anordnung durch die infektionsschutzbehörde; vgh münchen, beschluss vom 21. februar 2021 - 10 cs 21.526 -, juris: rechtsgrundlage § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg, anordnung durch die versammlungsbehörde; ovg bautzen, beschluss vom 13. märz 2021 - 6 b 432/20 -, juris: rechtsgrundlagen § 28a abs. 1 nr. 10 ifsg und § 15 sächsversg, anordnung durch die versammlungsbehörde; zu einem versammlungsverbot durch allgemeinverfügung: ovg koblenz, beschluss vom 3. januar 2022 - 7 b 10005/22 -, juris: rechtsgrundlage § 15 versammlg; mögliche sperrwirkung von § 28a abs. 1 nr. 10 i.v.m. abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg offen gelassen. 126die umwandlung eines aufzugs in eine stationäre kundgebung kann im einzelfall einem versammlungsverbot gleichkommen und einen ähnlich schwerwiegenden eingriff in die versammlungsfreiheit darstellen. 127vgl. dazu ullrich/von coelln/heusch, handbuch versammlungsrecht, rn. 787. 128selbst wenn der gesetzgeber im zuge der gesetzlichen neuregelung die „untersagung von versammlungen oder aufzügen“ im sinne des § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg aber derart materiell hätte definieren wollen, hätte ein entsprechender wille des gesetzgebers im gesetz seinen niederschlag finden müssen. das ist, wie ausgeführt, nicht der fall. der gesetzgeber hat im gegenteil bei der regelung der ausnahme nach § 28a abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg die formulierung des § 28a abs. 2 satz 1 nr. 1 ifsg aufgegriffen. diese bestimmung galt bereits, als noch eine epidemische notlage von nationaler tragweite bestand. abgesehen davon spricht auch deshalb nichts für eine differenzierung nach der eingriffsintensität, weil die frage, ob eine anordnungsbefugnis für die länder besteht oder nicht, dann von einer auslegung im einzelfall abhängig wäre. 129die anordnung, mit der dem kläger aufgegeben worden ist, die als aufzug angemeldete versammlung lediglich als ortsfeste kundgebung durchzuführen, war gleichwohl rechtswidrig. sie stellte einen unverhältnismäßigen eingriff in die versammlungsfreiheit des klägers dar. unter zugrundelegung der von der beklagen in ihrer verfügung angestellten gefahrenprognose war die beschränkung auf eine ortsfeste kundgebung zum zwecke des schutzes vor infektionsgefahren nicht erforderlich. 130eine auf grundlage von § 7 abs. 2 satz 2 coronaschvo i. v. m. §§ 28 abs. 1 satz 1 und 2, 28a abs. 1 nr. 10 ifsg im ermessenswege verfügte schutzmaßnahme muss unter infektionsschutzgesichtspunkten notwendig sein. unter strikter wahrung des grundsatzes der verhältnismäßigkeit, der insbesondere die beachtung sämtlicher umstände des einzelfalls einschließlich des aktuellen stands des dynamischen und tendenziell volatilen infektionsgeschehens erforderlich macht, können zum zweck des schutzes vor infektionsgefahren auch versammlungsbeschränkende maßnahmen ergriffen werden. in betracht kommen namentlich auflagen mit der verpflichtung zur einhaltung bestimmter mindestabstände, aber auch beschränkungen der teilnehmerzahl, um eine unterschreitung notwendiger mindestabstände zu verhindern, zu der es aufgrund der dynamiken in einer großen menschenmenge oder des zuschnitts und charakters einer versammlung im einzelfall selbst dann kommen kann, wenn bezogen auf die erwartete teilnehmerzahl eine rein rechnerisch hinreichend groß bemessene versammlungsfläche zur verfügung steht. als weitere regelungen der modalitäten einer versammlung kommen etwa ihre durchführung als ortsfeste kundgebung anstatt als aufzug oder die verlegung an einen aus infektionsschutzrechtlicher sicht vorzugswürdigen alternativstandort in betracht. 131vgl. bverfg, beschluss vom 30. august 2020 - 1 bvq 94/20 -, juris rn. 16; ovg nrw, beschlüsse vom 9. märz 2021 - 15 b 339/21 -, juris rn. 6, und vom 4. dezember 2020 - 15 b 1909/20 -, juris rn. 5. 132im rahmen der ermessensausübung muss dem grundrecht aus art. 8 gg rechnung getragen werden. dies erfordert insbesondere eine hinreichende berücksichtigung der konkreten umstände des jeweiligen einzelfalls. lediglich pauschale erwägungen, die jeder versammlung entgegengehalten werden könnten, werden dem nicht gerecht. 133vgl. bverfg, beschluss vom 17. april 2020 - 1 bvq 37/20 -, juris rn. 23. 134dabei erfordert die von der behörde angestellte gefahrenprognose tatsächliche anhaltspunkte, die bei verständiger würdigung eine hinreichende wahrscheinlichkeit des gefahreneintritts ergeben. bloße verdachtsmomente oder vermutungen reichen nicht aus. die darlegungs- und beweislast für das vorliegen von gründen für ein verbot oder eine auflage liegt grundsätzlich bei der behörde. 135vgl. ovg nrw, beschluss vom 24. mai 2020 - 15 b 755/20 -, juris rn. 9. 136diesen anforderungen genügt die gefahrenprognose der beklagten nicht. sofern überhaupt die nichteinhaltung infektionsschutzrechtlicher pflichten droht, hat die beklagte nicht hinreichend konkret dargelegt, welche unter infektionsschutzgesichtspunkten relevanten verstöße durch den aufzug durch die e1. innenstadt am 8. januar 2022 zu erwarten waren. 137soweit sich die beklagte bei ihrer prognose eines erhöhten infektionsrisikos durch den aufzug darauf stützt, dass der anteil der personen, die aus medizinischen gründen keine maske tragen könnten, überdurchschnittlich hoch sei, liegt darin bereits kein verstoß gegen die maskenpflicht. denn nach § 3 abs. 2 nr. 16 coronaschvo kann in solchen fällen auf das tragen einer maske verzichtet werden. tatsächliche anhaltspunkte dafür, dass die medizinischen atteste nur vorgeschoben sein könnten, trägt die beklagte nicht vor und sind auch nicht ersichtlich. 138die hinreichende wahrscheinlichkeit relevanter verstöße gegen die maskenpflicht durch die übrigen versammlungsteilnehmer lässt sich der ordnungsverfügung nicht entnehmen. die beklagte verweist insoweit lediglich darauf, bei den beiden letzten vom kläger organisierten versammlungen habe ein erheblicher teil der teilnehmer die maskenpflicht nicht konsequent eingehalten. was mit „nicht konsequent“ gemeint ist, wird ebenso wenig konkretisiert wie die größenordnung der teilnehmer. bestimmte vorfälle bei den letzten beiden versammlungen nennt die beklagte nicht. sie nimmt auch nicht auf entsprechende feststellungen der polizei, beispielsweise einsatzberichte, bezug. im gegenteil verweist die beklagte darauf, dass sich der kläger als versammlungsleiter um die herstellung ordnungsgemäßer zustände bemüht und auch selbst masken bereitgestellt habe. den presseberichten zu den vorangegangenen versammlungen ist zu entnehmen, dass sich die versammlungsteilnehmer überwiegend an die maskenpflicht gehalten haben. 139vgl. für die versammlung vom 1. januar 2022: https://www.zeit.de/news/2022-01/01/rund-6500-gegner-von-corona-massnahmen-demonstrieren?utm_referrer=https%3a%2f%2fwww.google.com%2f; https://www.aachener-zeitung.de/nrw-region/rund-6500-gegner-von-corona-massnahmen-demonstrieren-in-duesseldorf_aid-64983935; https://www.report-k.de/6-500-corona-leugner-demonstrieren-an-neujahr-in-duesseldorf/ 140im übrigen bietet der test- oder immunisierungsnachweis, der nach § 4 abs. 1 satz 1 nr. 1a coronaschvo eine zugangsvoraussetzung zu der versammlung am 8. januar 2022 darstellte, eine schutzvorkehrung, die es gerechtfertigt erscheinen lässt, die maskenpflicht insoweit großzügiger zu handhaben als in fällen, in denen der zugang allen teilnehmern unabhängig von einem test- oder immunisierungsnachweis möglich ist. 141vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. januar 2022 - 13 b 33/22.ne -, juris rn. 53. 142soweit die beklagte mit ihrer erwägung, bei einem aufzug der hier anzunehmenden größenordnung komme es regelmäßig zu verschiebungen der marschierenden untereinander, die gefahr einer nichteinhaltung der mindestabstände geltend macht, kann sie damit von vorneherein nicht durchdringen. die einhaltung eines mindestabstands der versammlungsteilnehmer untereinander sowie ggf. zu passantinnen und passanten (vgl. § 28a abs. 7 satz 1 nr. 1 ifsg) hat die beklagte nicht angeordnet. die coronaschutzverordnung enthält kein zwingendes abstandsgebot mehr. in § 2 abs. 1 satz 2 coronaschvo heißt es nur noch, die allgemeinen verhaltensregeln zu abstand, hygiene und masken seien möglichst umfassend in allen lebensbereichen einzuhalten. darüber hinaus zeigt die regelung in § 4 abs. 1 nr. 1a coronaschvo, wonach „versammlungen im sinne von art. 8 des grundgesetzes im öffentlichen raum im freien bei gleichzeitig mehr als 750 teilnehmenden“ keinen zugangsbeschränkungen unterliegen, wenn die einhaltung des mindestabstands von 1,5 metern sichergestellt ist, im umkehrschluss, dass verstöße gegen mindestabstände in kauf genommen werden können, wenn nur immunisierte und getestete personen an der versammlung teilnehmen. 143die covid-19-impfung wirkt zumindest einer belastung des gesundheitssystems entgegen. indem mit hilfe der testnachweispflicht infizierten nicht immunisierten personen der zugang zu versammlungen verwehrt werden kann, wird die ansteckung mit einer potentiell tödlich verlaufenden krankheit vermieden und werden medizinische versorgungskapazitäten geschont. 144vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. januar 2022 - 13 b 33/22.ne -, juris rn. 40, 53, 77. 145auch bei der streitgegenständlichen versammlung galt die sogenannte 3g-regel. die beklagte hat den kläger in der ordnungsverfügung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er als versammlungsleiter zur kontrolle der immunitäts- und testnachweise verpflichtet sei. 146wenn bei versammlungen mit zugangsbeschränkung – wie hier – ein mindestabstand nicht sichergestellt sein muss, kann auch in der befürchteten durchmischung mit weiteren personen keine maßnahmen gegenüber der versammlung rechtfertigende erhöhte infektionsgefahr liegen, zumal die möglichkeit spontan hinzukommender personen auch im falle einer standkundgebung besteht. mangels gegenteiliger erkenntnisse ist davon auszugehen, dass auch diese personen von den eingesetzten ordnerinnen und ordnern auf ihren immunitäts- oder testnachweis hin kontrolliert und ggf. abgewiesen werden. die beklagte hat nicht behauptet, dass der kläger seinen pflichten voraussichtlich nicht nachkommen wird. sie macht ihm auch sonst kein fehlverhalten zum vorwurf. 147gelingt dem versammlungsleiter und den eingesetzten ordnungskräften die effektive durchsetzung der anforderungen der coronaschutzverordnung nicht, steht es im ermessen der versammlungsbehörde, entsprechende maßnahmen zu ergreifen und die versammlung als ultima ratio auch aufzulösen. 148vgl. ovg nrw, beschluss vom 9. märz 2021 -15 b 339/21 -, juris rn. 17. 149die allgemeine erwägung der beklagten, bei einem aufzug der hier anzunehmenden größenordnung komme es regelmäßig zu verschiebungen der marschierenden untereinander, und deshalb sei die zahl potentiell infektionsrelevanter kontakte besonders hoch, trägt die angeordnete beschränkung nicht. mit dieser begründung wären versammlungen in der form von aufzügen – also von mobilen, ihren standort entlang einer bestimmten aufzugsstrecke verändernden kundgebungen – generell unzulässig, weil aufzüge niemals gewähr dafür böten, dass der mindestabstand eingehalten wird. vielmehr bedarf es auch insofern zur begründung einer dahingehenden gefahrenprognose der prüfung der konkreten umstände des jeweiligen einzelfalls. 150vgl. ovg nrw, beschluss vom 30. april 2021 - 15 b 804/21 -, juris rn. 7 m.w.n. 151die größe der versammlung allein rechtfertigt die untersagung des aufzugs ebenfalls nicht. die zahl der teilnehmer und daraus etwa resultierende besondere herausforderungen bei der überprüfung der einhaltung der vorgaben der coronaschutzverordnung sind bei einer standkundgebung gleich hoch. 152die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 153die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 154rechtsmittelbelehrung: 155gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 156auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 157innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 158die berufung ist nur zuzulassen, 1591. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1602. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1613. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1624. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1635. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 164die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 165über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 166im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 167die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 168beschluss: 169der streitwert wird auf 5.000,-- euro festgesetzt. 170gründe: 171die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 172rechtsmittelbelehrung: 173gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 174auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 175die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 176die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 177die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 178war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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November 2015 bis zum 10. Juni 2016 befand sich der Kläger im Wesentlichen ‑ mit Ausnahme weniger Tage ‑ in stationärer Behandlung. Dort wurde beginnend ab dem 27. November 2015 eine Chemotherapie durchgeführt, die mit zahlreichen Nebenwirkungen einherging (u. a. Tumorlyse-Syndrom, Thrombozytopenie, Anämie, atypische Pneumonie, rezidivierende hypertensive Entgleisungen, schwere Mucositis mit der Folge einer parenteralen Ernährung, vorübergehendes Nierenversagen). Die Therapie führte zu einer vollständigen Remission des Tumors. Eine Knochengewebsauflösung im Bereich der Lendenwirbelsäule wurde ‑ nach anfänglicher Verdachtsdiagnose eines Rezidivs des Burkitt-Lymphoms ‑ nach umfänglichen Untersuchungen als Residualzustand (Folge) des Lymphoms eingeordnet. 4Mit Schreiben vom 1. November 2017 beantragte der Kläger beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erteilung einer Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG zum Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Begehung eines Suizides. Hierzu legte er zahlreiche (vorläufige) Entlassungsberichte des Städtischen Klinikums M. und der B. -Klinik St. H. in I. vor. Zur Begründung berief er sich auf seine Rechte nach der EMRK und dem Grundgesetz und führte hierzu aus, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 ‑ 3 C 19.15 ‑ seien die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sie der Erlaubniserteilung nicht entgegenstünden, wenn sich der Antragsteller wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befinde. Dies sei bei ihm der Fall, vor allem, wenn das Lymphom zurückkehre, was bekanntermaßen bis zu fünf Jahren möglich sei. Die schwere und dann nicht heilbare Erkrankung verursache erhebliche, kaum therapierbare Schmerzen und unerträglichen Leidensdruck. Er sei Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben e.V. und habe wohlüberlegt den freien Entschluss gefasst, sein Leben beenden zu wollen, da er im Wissen um die Krankheitsentwicklung im Falle eines Rezidivs den Weg einer Behandlung mit einer Chemotherapie nicht noch einmal gehen wolle. Andere zumutbare Möglichkeiten zur Verwirklichung seines Sterbewunsches bestünden nicht. Eine palliativmedizinische Schmerztherapie komme nicht in Betracht. Er werde sich in keinem Fall in eine für ihn als entwürdigend empfundene pflegende bzw. betreuende Abhängigkeit begeben. Eine palliative Totalsedierung komme für ihn ebenfalls nicht in Frage, da er sich mit vollem Bewusstsein von seinen Angehörigen verabschieden und ohne weiteres Siechtum aus dem Leben scheiden wolle. Eine Reise in die Schweiz sei im Falle eines Rezidivs aufgrund seines dann schnell fortschreitenden schlechten Allgemeinzustandes kaum noch machbar; außerdem sei diese Lösung für ihn inakzeptabel und beschämend für Deutschland. Er benötige die Erlaubnis auch zum jetzigen Zeitpunkt, weil das Erlaubnisverfahren im Fall eines absehbaren Lebensendes zu lange dauere, wie der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall zeige. 5Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2017 reichte der Kläger im Weiteren einen Bericht des Städtischen Klinikums M. vom 24. November 2017 über eine stationäre Behandlung ein. Ausweislich dieses Berichts waren bei dem Kläger u. a. eine Meningoencephalitis im Rahmen einer Pneumokokkeninfektion, multiple Hirninfarkte kardioembolischer Genese und Vorhofflimmern diagnostiziert worden. 6Mit Schreiben vom 8. November 2017 teilte das BfArM dem Kläger mit, die Prüfung der Gründe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts nehme noch Zeit in Anspruch, und wies ihn vorsorglich auf die Bandbreite der palliativmedizinischen Versorgung hin. Mit weiterem Schreiben vom 10. April 2018 teilte es im Kern mit, es ließe sich anhand der bislang vorgelegten Unterlagen nicht feststellen, dass die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblichen Kriterien vorliegend erfüllt seien. Zu weiteren Aufklärung forderte das BfArM u. a. ein fachärztliches Gutachten zum Krankheitsverlauf und den Auswirkung der Erkrankung auf den Kläger an, ein palliativmedizinisches Gutachten zu bereits durchgeführten und zukünftig noch möglichen Maßnahmen sowie ein Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie oder eines Notars über die freie, ernsthafte und selbstbestimmte Willensentschließung des Klägers. 7Mit Bescheid vom 27. August 2018 lehnte das BfArM den Antrag ab mit der Begründung, die angeforderten Gutachten seien nicht vorgelegt worden. 8Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 24. September 2018 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, es obliege nicht ihm, durch Gutachten zu belegen, ob er die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Voraussetzung des „extremen Notfalls“ erfülle. Dies sei vielmehr ‑ nicht zuletzt mit Blick auf die mit einer Gutachtenerstellung verbundenen Kosten ‑ Aufgabe der Beklagten im Rahmen der Amtsermittlung. Ein palliativmedizinisches Gutachten müsse er zudem schon deshalb nicht vorlegen, weil nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keinem Menschen vorgegeben werden dürfe, sich kurativ versorgen zu lassen; dies müsse für eine palliative Versorgung erst Recht gelten. Daher sei maßgeblich, dass er selbst eine palliativmedizinische Versorgung ablehne, weil diese mit einem für ihn nicht hinnehmbaren Verlust an Würde einherginge. Ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis folge aus seinem verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art 1 Abs. 1 GG sowie durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Recht auf Selbstbestimmung, das auch das Recht auf einen freiverantwortlichen Suizid umfasse. Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des EGMR sei zu entnehmen, dass jedenfalls in „extremen Notfällen“, in denen schwerstkranke Patienten ohne Aussicht auf Heilung zwingend auf Hilfe im Sinne eines legalen Zugangs zu einem letal wirkenden Medikament angewiesen seien, der Staat verpflichtet sei, einen „humanen“ Suizid nicht unmöglich zu machen. Auf eine Antragstellung erst bei einem erneuten Auftreten des Burkitt-Lymphoms könne er nicht verwiesen werden. Das Burkitt-Lymphom trete häufig erneut auf und die Prognose sei aufgrund seiner Vorerkrankungen generell ungünstig. Bei einem Rezidiv, welches mit extremen Schmerzen einhergehe, werde er in keine erneute Chemotherapiebehandlung einwilligen. In diesem Fall müsse er sehr schnell handeln und könne daher nicht auf ein ggf. mehrmonatiges Verfahren zum Erwerb einer Erlaubnis verwiesen werden. Dem Widerspruch beigefügt war ein psychiatrisches Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. N. vom 6. Juni 2018. Diesem zufolge hat der Kläger seine Entscheidung zum Suizid frei und selbstbestimmt sowie nach langjähriger Beschäftigung mit der Thematik aufgrund eines ernsthaften und reflektierten Entschlusses unter Einbeziehung seiner erwachsenen Kinder, die in Stuttgart bzw. den USA lebten, und weiterer ihm nahestehender Personen (zwei seiner ehemaligen Ehefrauen) getroffen. 9Diesen Widerspruch wies das BfArM mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2018 zurück. Zur Begründung führte es aus, einem Anspruch auf Erteilung einer Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung stehe der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. Nr. 6 BtMG ausnahmslos entgegen. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in verfassungskonformer Auslegung eine Ausnahme von dem Verbot in Betracht komme, sei jedenfalls nicht festzustellen, dass die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben seien. Denn der Kläger habe die geforderten Gutachten nicht vollständig beigebracht. Von dem palliativmedizinischen Gutachten könne auch nicht abgesehen werden. Ungeachtet der Frage, ob der Patient dahingehende Maßnahmen wünsche, sei nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zu prüfen, ob palliativmedizinische Maßnahmen möglich seien. Die vorgelegten Entlassungsberichte könnten das geforderte fachärztliche Gutachten nicht ersetzen, da sie sich weder zum derzeitigen Gesundheitszustand des Klägers noch zum prognostizierten weiteren Verlauf der Krebserkrankung verhielten. Insgesamt dränge sich der Eindruck auf, dass der Antrag ein in der Zukunft gelegenes Ereignis, nämlich ein befürchtetes Rezidiv, betreffe. Damit bestünde derzeit aber keine unerträgliche Leidenssituation im Sinne der genannten Rechtsprechung. 10Der Kläger hat am 27. Dezember 2018 beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben, mit der er begehrt, die Beklagte zu verpflichten, ihm den Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung zu gestatten. 11Nach mündlicher Verhandlung hat das Verwaltungsgericht am 19. November 2019 beschlossen, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Regelung in § 5 Abs.1 Nr. 6 BtMG, die den Erwerb von Betäubungsmitteln der Anlage III zum Zweck der Selbsttötung ohne Ausnahme ausschließe, mit dem aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Grundrecht auf Selbstbestimmung über den Zeitpunkt und die Art des eigenen Todes als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vereinbar sei. 12Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorlage durch Beschluss des 1. Senats vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 - als unzulässig zurückgewiesen. Die Begründung des Vorlagebeschlusses genüge nicht, um die Verfassungswidrigkeit der Normen des Betäubungsmittelgesetzes auch unter geänderten Rahmenbedingungen darzulegen. Denn der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts habe durch das Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. - die Unvereinbarkeit des § 217 StGB mit dem Grundrecht auf einen selbstbestimmten Tod festgestellt. Damit entfalle eine maßgebliche Erwägung der Kammer für die Frage nach der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme von Sterbehilfe anstelle einer Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung. 13Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Auskünften zu alternativen Methoden der Suizidassistenz. In der Folge wurden Stellungnahmen der „Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin“ vom 8. Oktober 2020, des Vereins „Sterbehilfe“ Hamburg vom 12. Oktober 2020, des Vereins „Dignitas-Deutschland e.V.“ vom 12. Oktober 2020 und des Arztes für Innere Medizin und Rettungsmedizin Dr. med. Dipl. biol. Michael de Ridder vom 29. Oktober 2020 und vom 11. November 2020 übersandt. Ferner hat das BfArM Stellungnahmen zur Praxis der Sterbehilfe in den Niederlanden, Belgien und im US-Bundesstaat Oregon vom 19. Oktober 2020 und vom 6. November 2020 übermittelt. 14Zur Begründung seiner Klage wiederholt der Kläger sein Widerspruchsvorbringen und macht darüber hinaus geltend, die Versagung habe nicht auf unzureichende Unterlagen gestützt werden dürfen. Die vorgelegten Entlassungsberichte seien ausreichend für die dem BfArM obliegende Beurteilung des Vorliegens einer Ausnahmesituation, böten aber jedenfalls einen hinreichenden Anhalt für eine nach § 24 VwVfG gebotene eigenständige Ermittlung des Sachverhalts. Derzeit gebe es auch keine sinnvollen palliativmedizinischen Maßnahmen. Er befinde sich nicht in einem Sterbeprozess. Die Voraussetzungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lägen in seinem Fall vor. Insoweit dürfe die existentielle Notlage nicht isoliert im Hinblick auf die Krebserkrankung beurteilt werden. Einzubeziehen seien vielmehr die weiteren Diagnosen ‑ insbesondere die erlittenen Hirninfarkte und die kardiologischen Erkrankungen ‑, die schmerzhaften Beschwerden, die seit Oktober 2018 mit Tilidin und Naloxon sowie Novalmin behandelt würden, sowie sein ‑ nicht zuletzt auch altersbedingt ‑ schlechter Allgemeinzustand. Seine Leidenssituation sei seit geraumer Zeit so unerträglich, dass ein Weiterleben für ihn keinen Sinn mache. Die Auffassung des BfArM, eine extreme Notlage könne erst nach Eintritt des Rezidivs angenommen werden, liefe in seinem Fall faktisch auf eine Unmöglichkeit der selbstbestimmten Lebensbeendigung hinaus. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 ergebe sich, dass der Staat einem Suizidwilligen die tatsächliche Umsetzung seines freiverantwortlich gefassten Sterbewunsches faktisch zu ermöglichen habe, jedenfalls dürfe er diesen nicht unmöglich machen. Hierzu gehöre auch, dass der Staat einem Suizidwilligen nicht den Zugang zu einem letal wirkenden Betäubungsmittel verwehren dürfe. Darüber hinaus sei der Staat verpflichtet, ihm die Möglichkeit zu eröffnen, den Suizid in der von ihm angestrebten Weise - durch Eigenerwerb des letalen Mittels ‑ umsetzen zu können. Dies folge unmittelbar aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Der Staat dürfe die Erlaubniserteilung ferner nicht von materiellen Kriterien wie einer schweren und unheilbaren Krankheit oder der Möglichkeit einer palliativmedizinischen Versorgung abhängig machen, da der individuelle Suizidentschluss als Akt autonomer Selbstbestimmung zu akzeptieren sei. Lediglich die Darlegung, dass die Suizidabsicht freiverantwortlich, wohlerwogen und dauerhaft sei, könne von ihm gefordert werden. Dieser Pflicht sei er mit dem vorgelegten Gutachten des Dr. N. nachgekommen. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG sei dahingehend auszulegen, dass ein Betäubungsmittel zum Zweck des Suizides grundsätzlich zur Verfügung gestellt werden könne. Aus dem Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 20. Mai 2020 eine verfassungskonforme Auslegung des § 13 Abs. 1 BtMG für möglich gehalten habe, ergebe sich, dass es auch die verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG in Betracht ziehe. Denn der primäre Zweck des Betäubungsmittelgesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern, gelte für beide Rechtsnormen. Eine ärztliche Verschreibung von Natrium-Pentobarbital in tödlicher Dosierung durch einen Arzt gemäß § 13 Abs. 1 BtMG komme als Alternative zu einer Erwerbserlaubnis nicht in Betracht. Aufgrund des restriktiven Berufsrechts und der weiterhin bestehenden Unsicherheit in der Ärzteschaft sei eine ‑ dann ggf. bundesweit erforderliche ‑ Suche nach einem Arzt äußerst schwierig und unzumutbar. Auch die Verordnung einer Kombination von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in erheblicher Menge (bis zu 100 Tabletten) zum Zweck der Selbsttötung sei keine zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches. Es bestehe die Gefahr erheblicher Komplikationen. Außerdem sei diese Form der Suizidierung nicht generell geeignet, sondern etwa bei Betroffenen mit Schluckbeschwerden oder Speiseröhrenkrebs untauglich. 15Der Kläger hat beantragt, 16die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2018 zu verpflichten, ihm den Erwerb von 15 Gramm Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Durchführung einer Selbsttötung zu gestatten. 17Die Beklagte hat beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Sie hat zur Begründung ausgeführt, eine verfassungskonforme Auslegung des Versagungsgrundes des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG, die ausnahmsweise zu einer Erlaubniserteilung in Fällen einer existentiellen Notlage führen könne, sei wegen eines Verstoßes gegen die richterliche Gesetzesbindung nicht möglich. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der subjektive Wille zur Lebensbeendigung kein alleiniges Kriterium für die begehrte Erlaubniserteilung. Denn das Selbstbestimmungsrecht sei nicht schrankenlos gewährt, sondern finde seine Grenze insbesondere in der in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verankerten Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Leben, die einfachgesetzlich in dem Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zum Ausdruck komme. Diese ziele typisierend auf den Schutz von Menschen, die möglicherweise nicht im Stande seien, vernunftgemäß und freiverantwortlich zu entscheiden und nach dieser Einsicht zu handeln. Auf eine Feststellung des tatsächlichen Schutzbedürfnisses im konkreten Einzelfall komme es daher nicht an. § 13 Abs. 1 BtMG sei einer verfassungskonformen Auslegung aus den gleichen Gründen nicht zugänglich. Die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Das Gericht habe zu der Frage, ob der Staat verpflichtet sei, sterbewilligen Menschen eine betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis zu erteilen, im Urteil vom 26. Februar 2020 keine Aussage getroffen. Im Beschluss vom 20. Mai 2020 sei nur die Frage einer verfassungskonformen Auslegung des § 13 Abs. 1 BtMG angesprochen, jedoch offen gelassen worden. Die letztgenannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei dahin zu verstehen, dass es nach dem Entfallen der Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung um die Frage der Zumutbarkeit einer Inanspruchnahme von Suizidassistenz anstelle einer behördlichen Erwerbserlaubnis gehe. Auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts komme eine Erlaubniserteilung nicht in Frage, sofern eine andere zumutbare Möglichkeit der Verwirklichung des Sterbewunsches bestehe. Dies sei jedoch der Fall, da inzwischen Suizidassistenz wieder ‑ wie in der Zeit vor Inkrafttreten des § 217 StGB im Jahre 2015 ‑ ohne Verwendung von Betäubungsmitteln durch Bereitstellung einer Kombination von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erfolge. Die Auffassung, Natrium-Pentobarbital sei das geeignetste Mittel für einen Suizid, weil nicht oder kaum mit Komplikationen zu rechnen sei, sei nicht belegt. Vielmehr seien nach amtlichen Berichten aus den Niederlanden und dem US-amerikanischen Bundesstaat Oregon auch bei diesem Mittel Komplikationen aufgetreten. Unabhängig hiervon könne der Kläger eine Erwerbserlaubnis auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht beanspruchen. Denn die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs, insbesondere das Vorliegen einer Leidenssituation, die nicht gelindert werden könne, seien hier nicht gegeben. Ein Rezidiv des Burkitt-Lymphoms sei bislang nicht diagnostiziert worden. Die ursprünglich schlechte Prognose werde mit jedem weiteren zeitlichen Abstand zur Therapie besser. Objektive Anhaltspunkte für eine unerträgliche Schmerzsymptomatik seien ebenfalls nicht erkennbar. Den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Entlassungsberichten sei nichts für eine durchgeführte Schmerztherapie zu entnehmen gewesen. Hinweise ergäben sich auch nicht aus der angegebenen bzw. in den Entlassungsberichten aus dem Jahr 2019 aufgeführten Schmerzmedikation, da Tilidin ein relativ schwaches Opioid und Novaminsulfon ein noch schwächeres Schmerzmittel sei. Zudem stünden zahlreiche stärkere Wirkstoffe für die Behandlung einer Schmerzsymptomatik zur Verfügung. 20Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 24. November 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb von 15 g Natriumpentobarbital. Er bedürfe dieser Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG, weil er nicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG eine entsprechende ärztliche Verschreibung erlangen könne. Der Erlaubniserteilung durch das BfArM stehe der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegen, weil die Verwendung eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung nicht mit dem Zweck des Gesetzes vereinbar sei, Gesundheit und Leben der Bevölkerung zu schützen. Eine verfassungskonforme Auslegung der Norm in Ausnahmefällen einer extremen Notlage im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht möglich, weil sie gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz verstoße. Sie sei derzeit aber auch nicht geboten. Der Eingriff in das aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf einen selbstbestimmten Tod sei derzeit nicht mehr verfassungswidrig. Zwar bestünden nach wie vor Zweifel, ob die ausnahmslose Untersagung einer Erwerbserlaubnis für Natrium-Pentobarbital verfassungsgemäß sei. Jedoch hätten sich mit dem Entfall der Strafbarkeit einer geschäftsmäßigen Förderung der Suizidbeihilfe die Rahmenbedingungen verändert. Das Zugangsverbot für ein tödlich wirkendes Betäubungsmittel greife nicht mehr unverhältnismäßig in das Selbstbestimmungsrecht von Personen ein, die sich eigenverantwortlich zu einem Suizid entschlossen hätten. Über eine Sterbehilfeorganisation oder einen Arzt, der zu einem assistierten Suizid bereit sei, sei der Zugang zu einer Kombination von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln möglich, mit der eine Selbsttötung zumutbar und human durchgeführt werden könne. Dies sei für eine Übergangszeit - bis der Gesetzgeber ein sinnvolles Schutzkonzept für die Sterbehilfe entwickelt habe - zumutbar und ausreichend, um das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben zu verwirklichen. 21Dagegen hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen aus: Eine verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG sei möglich und geboten. Das Bundesverfassungsgericht halte in seiner Entscheidung vom 20. Mai 2020 eine verfassungskonforme Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG, die den Klägern den Zugang zu Natrium-Pentobarbital durch ärztliche Verschreibung ermöglichen würde, für möglich. Nichts anderes gelte dann für § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG. Daher verstoße auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 nicht gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz. Die nach dem letztgenannten Urteil bestehenden Anspruchsvoraussetzungen erfülle er. Darüber hinaus sei die Beschränkung auf extreme Notlagen, insbesondere schwere und unheilbare Krankheiten mit unerträglichem Leidensdruck, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 nicht mehr haltbar. Andere zumutbare Alternativen gebe es - auch nach dem Entfallen der Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung - nicht. Er sei zwar der Auffassung, dass Ärzte gemäß § 13 Abs. 1 BtMG eine letale Dosis eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung verschreiben dürften. Da dies aber überwiegend anders gesehen werde, gebe es keinen Arzt, der Natrium-Pentobarbital verschreibe. Zudem sei er gesundheitlich zur Suche nach einem Arzt nicht in der Lage. Die alternative Einnahme einer letal wirkenden Medikamentenkombination mit zum Teil ca. 100 Tabletten sei generell zu risikoreich und aufgrund des Krankheitsstadiums des Klägers, der zunehmend Schluckbeschwerden habe, hoch riskant und daher untauglich. Zudem sei in der Ärzteschaft generell nur eine sehr geringe Bereitschaft zur Suizidhilfe vorhanden und im Übrigen die Unsicherheit groß. Faktisch sei es nicht möglich, einen Arzt ohne Inanspruchnahme eines Sterbehilfevereins zu finden. Die Inanspruchnahme einer Sterbehilfeorganisation setze jedoch zum einen eine Mitgliedschaft voraus und zum anderen die Erbringung erheblicher finanzieller Mittel in Höhe von 5.000,- bis 9.000,- Euro für die Deckung der Kosten der Suizidhilfe. Beide Voraussetzungen könne er nicht erfüllen. Suizidwilligen drohe daher weiterhin ein Autonomieverlust, wenn sie sich aus finanziellen oder weltanschaulichen Gründen nicht für eine Sterbehilfeorganisation entschieden, da die verbleibenden Optionen, die das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 10. Dezember 2020 genannt habe, nur theoretisch, nicht aber tatsächlich bestünden. Zudem wolle er sich ohne die Hilfe eines professionellen Dritten im engsten Familienkreis suizidieren, was ihm nur mit dem auch für einen medizinischen Laien leicht handhabbaren und sicheren Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital möglich sei. Die Inanspruchnahme einer Sterbehilfeorganisation oder eines Arztes, der möglicherweise seine Entscheidung in Frage stelle oder ihn zunächst beraten wolle, lehne er ab. 22Der Kläger beantragt, 23das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen. 24Die Beklagte beantragt, 25die Berufung zurückzuweisen. 26Zur Begründung verweist sie auf das angefochtene Urteil sowie das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Di Fabio und macht unter Vertiefung ihres Vorbringens erster Instanz weiter geltend, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG stehe der Erlaubniserteilung nach wie vor entgegen. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital zu Suizidzwecken sei nicht mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, d. h. Krankheiten zu heilen oder Leiden zu lindern, vereinbar. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere liege kein grundrechtswidriger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG vor. Das Grundrecht finde seine Grenze in der Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Leben, wie sie auch im Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zum Ausdruck komme. Bei der normativen Umsetzung der Schutzpflicht für das Leben komme dem Gesetzgeber ein Spielraum zu, den er nicht überschritten habe. Dass der Staat verpflichtet sei, sterbewilligen Menschen aktiv bei der Durchführung ihres Vorhabens zu helfen, ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 nicht und könne auch sonst nicht angenommen werden, da er sich stets schützend und fördernd vor das Leben zu stellen habe. Infolge des genannten Urteils bestünden zumutbare Alternativen, da Sterbehilfeorganisationen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen hätten und es auch Ärzte gebe, die zur Suizidbeihilfe bereit seien. Nachdem nun auch die Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte geändert worden sei, bestehe kein rechtliches Hindernis mehr für Ärzte, Suizidhilfe zu leisten. Dies geschehe derzeit auch, und zwar nach Presseberichten auch durch die DGHS, deren Präsident der Prozessbevollmächtigte des Klägers sei. Abgesehen davon scheide die vom Kläger geforderte verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG aus, weil dessen Wortlaut sowie der erkennbare Wille des Gesetzgebers, dem es um den Schutz des Rechtsgutes „Gesundheit“ gehe, dem entgegenstünden. Darüber hinaus sei selbst bei Berücksichtigung der Voraussetzungen des Bundesverwaltungsgerichts das von dem Kläger vorgelegte Gutachten des Dr. N. , der Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben e.V. sei, zum Beleg des freien Willensentschlusses des Klägers nicht geeignet. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zu Recht als unbegründet abgewiesen. 30Der den entsprechenden Antrag des Klägers ablehnende Bescheid des BfArM vom 27. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2018 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zum Zweck einer Selbsttötung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Erwerb dieses Mittels ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG erlaubnispflichtig (1.). Der Erteilung der Erlaubnis steht der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegen (2.). Eine verfassungskonforme Auslegung des Versagungsgrundes ist nicht geboten (3.) Die Europäische Menschenrechtskonvention gebietet keine andere Bewertung (4.). 311. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG erlaubnispflichtig. 32Nach dieser Vorschrift bedarf einer Erlaubnis des BfArM, wer Betäubungsmittel (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG) anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen oder erwerben will. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Pentobarbital, das zur Wirkstoffgruppe der Barbiturate gehört, zählt zu den verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG. Pentobarbital wird wegen der besseren Wasserlöslichkeit regelmäßig in Form eines Natriumsalzes verwendet (Natrium-Pentobarbital). 33Vgl. zum Wirkstoff Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags, Sachstand, Medikamente zur Selbsttötung, 10. Juni 2020, WD 9 - 3000 - 020/20, S. 4, 9; Apotheke adhoc vom 26. Oktober 2021: Pentobarbital - ein langwirksames Barbiturat. 34Der Kläger beabsichtigt dessen Erwerb. 35Eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht nach § 4 BtMG liegt nicht vor. Insbesondere greift keiner der Tatbestände des § 4 Abs. 1 Nr. 3 BtMG. Danach bedarf einer Erlaubnis nach § 3 des Gesetzes nicht, wer in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel auf Grund ärztlicher Verschreibung (lit. a) oder von einem Arzt ‑ im Rahmen einer ambulanten Palliativversorgung ‑ nach § 13 Abs. 1a Satz 1 (lit. c) erwirbt. Über eine solche Verschreibung oder Versorgung verfügt der Kläger nicht. Vielmehr begehrt er den unmittelbaren Erwerb des Betäubungsmittels ohne ärztliche Verschreibung, sondern mithilfe einer Erlaubnis des BfArM. Auf die Frage, ob § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG die ärztliche Verschreibung von Natrium-Pentobarbital durch einen Arzt zulässt, kommt es damit hier nicht an. 362. Der Erteilung der Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG steht der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegen. 37Nach dieser Vorschrift ist die Erlaubnis nach § 3 BtMG zu versagen, wenn die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck des Betäubungsmittelgesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Missbrauch von Betäubungsmitteln oder die missbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist. 38Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Eine Erwerbserlaubnis, die auf eine Nutzung von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung gerichtet ist, ist mit dem Zweck des Gesetzes unvereinbar, dem Schutz der menschlichen Gesundheit zu dienen. Sie dient nicht dazu, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Diesem Begriff liegt zugrunde, dass Betäubungsmittel nicht nur schädliche Wirkungen haben, sondern in bestimmten Fällen für die menschliche Gesundheit auch von Nutzen sein können. Unter einer notwendigen medizinischen Versorgung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG sind daher nur solche Anwendungen eines Betäubungsmittels am oder im menschlichen Körper zu verstehen, die eine therapeutische Zielrichtung haben, also dazu dienen, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. 39Vgl. BVerwG, Urteile vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, BVerwGE 158, 142 = juris Rn. 18 ff., und vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, NWVBl. 2019, 401 = juris Rn. 13 f.; OVG NRW, Urteile vom 19. August 2015 - 13 A 1299/14 -, DVBl. 2015, 1588 (1589 ff.) = NWVBl. 2016, 153 (155 ff.) = juris, Rn. 54 ff., und vom 17. Februar 2017 - 13 A 3079/15 -, DVBl. 2017, 712 = juris Rn. 46 ff.; Weber, in: Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Auflage 2021, § 5 Rn. 43 ff. 40Dies ergibt eine am Wortlaut, der Systematik, dem Sinn und Zweck des Betäubungsmittelgesetzes und dem Willen des Gesetzgebers orientierte Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die diesbezügliche Rechtsprechung des 13. Senats des Oberverwaltungsgerichts, 41ausführlich OVG NRW, Urteile vom 19. August 2015 - 13 A 1299/14 -, a. a. O. Rn. 54 ff., und vom 17. Februar 2017 - 13 A 3079/15 -, a. a. O. Rn. 46 ff., 42sowie die nachfolgend ergangenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts, 43BVerwG, Urteile vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 18 ff., und vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 13 f. 44Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nichts Abweichendes. Das im Urteil vom 26. Februar 2020 anerkannte Recht des Einzelnen aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG auf selbstbestimmtes Sterben erfordert kein anderes Verständnis des Begriffs der notwendigen medizinischen Versorgung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG. Hierzu verhält sich die zu § 217 StGB ergangene Entscheidung auch nicht. Dort heißt es lediglich, gefordert sei nicht nur eine konsistente Ausgestaltung des Berufsrechts der Ärzte und der Apotheker, sondern „möglicherweise auch Anpassungen des Betäubungsmittelrechts“. 45BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, BVerfGE 153, 182 = juris Rn. 341 f. 46In der Entscheidung auf die Vorlage des Verwaltungsgerichts Köln im vorliegenden Verfahren stellt das Bundesverfassungsgericht diese Auslegung des Versagungsgrunds ebenfalls nicht in Frage. Dem Vorlagebeschluss lag ebenfalls das hiesige Verständnis des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zugrunde, den das Verwaltungsgericht deshalb damals für verfassungswidrig gehalten hat. Lediglich in Bezug auf § 13 Abs. 1 BtMG, der die ärztliche Verschreibung von Betäubungsmitteln betrifft, spricht das Bundesverfassungsgericht (nur) die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung an, ohne sich allerdings zu positionieren. Vielmehr lässt es offen, ob sich das Verwaltungsgericht hinreichend damit auseinandergesetzt habe. 47BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. -, NJW 2020, 2394 = juris Rn. 14. 48Mit Nichtannahmebeschluss vom 10. Dezember 2020 schließlich hat das Bundesverfassungsgericht die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts im vorausgehenden Urteil nicht beanstandet, dem Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital durch die dortigen Kläger stehe der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegen. Im Gegenteil: Es hat weiter angenommen, in Anbetracht der durch das Urteil vom 26. Februar 2020 grundlegend veränderten Situation seien die Kläger gehalten, ihr verfassungsgerichtlich anerkanntes Recht auf selbstbestimmtes Sterben durch aktive Suche nach suizidhilfebereiten Personen im Inland, durch Bemühungen um eine ärztliche Verschreibung des gewünschten Wirkstoffs oder auf anderem geeigneten Weg konkret zu verfolgen. 49BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, NVwZ 2021, 485 = juris Rn. 4. 503. Eine verfassungskonforme Auslegung des Versagungsgrunds des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG dahingehend, dass er - generell oder unter bestimmten Voraussetzungen - dem Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung nicht entgegensteht, scheidet aus. 51a. Es kann offen bleiben, ob § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG grundsätzlich einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, 52so BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 37 f.; OVG NRW, Urteil vom 19. August 2015 - 13 A 1299/14 -, a. a. O. Rn. 81, 53oder aber diese, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, wegen des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers und damit des Vorbehalts des Gesetzes sowie des Gewaltenteilungsgrundsatzes ausscheidet, 54so auch Di Fabio, Erwerbserlaubnis letal wirkender Mittel zur Selbsttötung in existenziellen Notlagen, Rechtsgutachten zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017, November 2017, S. 50 ff.; Hillgruber, JZ 2017, 777 (781 ff.); Weber, in: Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Auflage 2021, § 5 Rn. 45, 47. 55b. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ist jedenfalls nicht geboten, weil mit dem zwingenden Versagungsgrund und der deshalb fehlenden Erlaubnismöglichkeit derzeit keine Grundrechte des Klägers verletzt werden. Es liegt zwar ein mittelbarer Eingriff in das Recht auf selbstbestimmtes Sterben als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor (aa.). Dieser Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt (bb.). 56aa. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schließt danach das Recht ein, selbstbestimmt die Entscheidung zu treffen, sein Leben eigenhändig bewusst und gewollt zu beenden. Der Grundrechtsschutz erstreckt sich auch auf die Freiheit, bei der Umsetzung der Selbsttötung bei Dritten Hilfe zu suchen und sie, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen. 57BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 203 ff. 58Das Verfügungsrecht über das eigene Leben ist nicht auf schwere und unheilbare Krankheitszustände oder bestimmte Lebens- und Krankheitsphasen beschränkt. Die Verwurzelung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG impliziert ferner, dass die eigenverantwortliche Entscheidung über das eigene Lebensende keiner weiteren Begründung oder Rechtfertigung bedarf. 59BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 210; teilweise anders noch BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 24 (schwer und unheilbar kranke Menschen); offen gelassen von BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 21. 60In dieses Grundrecht greift der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ein. 61So auch BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 26; a. A. Di Fabio, Erwerbserlaubnis letal wirkender Mittel zur Selbsttötung in existenziellen Notlagen, Rechtsgutachten zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017, November 2017, S. 15 ff.; Hillgruber, JZ 2017, 777 (778 f.). 62Die Regelung setzt dem Verkehr mit Betäubungsmitteln Schranken, indem sie die Erlaubniserteilung verbietet. Dadurch wird mittelbar das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben beeinträchtigt. Denn den Suizidwilligen ist es so unmöglich, ihr Leben auf die von ihnen gewünschte Art und Weise durch die - für einen schnellen und schmerzfreien Tod als besonders geeignet geltende - Einnahme von Natrium-Pentobarbital zu beenden. Müssen sie damit auf verschreibungspflichtige Arzneimittel und ggf. die Inanspruchnahme etwa von Sterbehilfevereinen oder Ärzten zurückgreifen (vgl. hierzu nachfolgend), wird die Ausübung des Grundrechts durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG jedenfalls erschwert. Diese Beeinträchtigung ist auch von der Zweckrichtung des Betäubungsmittelgesetzes umfasst, die menschliche Gesundheit und das Leben zu schützen. Dass der Gesetzgeber bei der Regelung der Versagungsgründe in § 5 Abs. 1 BtMG die Selbsttötungsfälle nicht im Blick gehabt haben dürfte, ist insoweit unerheblich. Dies führt lediglich dazu, dass das Betäubungsmittelgesetz nicht unmittelbar - im Sinne eines klassischen finalen Eingriffs - darauf ausgerichtet ist, das Recht auf selbstbestimmtes Sterben zu beschränken. 63Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 26. 64bb. Dieser Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 65Die Beschränkung des Zugangs zu Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ist am Maßstab strikter Verhältnismäßigkeit zu messen. Ein grundrechtseinschränkendes Gesetz genügt diesem Grundsatz nur, wenn es geeignet und erforderlich ist, um die von ihm verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen, und die Einschränkungen des jeweiligen grundrechtlichen Freiheitsraums hierzu in angemessenem Verhältnis stehen. Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist zu berücksichtigen, dass sich derartige Regelungen in einem Spannungsfeld unterschiedlicher verfassungsrechtlicher Schutzaspekte bewegen. Die Achtung vor dem grundlegenden, auch das eigene Lebensende umfassenden Selbstbestimmungsrecht desjenigen, der sich in eigener Verantwortung dazu entscheidet, sein Leben selbst zu beenden, tritt in Kollision zu der Pflicht des Staates, die Autonomie Suizidwilliger und darüber auch das hohe Rechtsgut Leben zu schützen. Dieses Spannungsverhältnis aufzulösen, ist grundsätzlich Aufgabe des Gesetzgebers, dem bei der Ausgestaltung und Konkretisierung der staatlichen Schutzpflicht ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsraum zukommt. Die verfassungsrechtliche Prüfung erstreckt sich darauf, ob der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat und dem Konflikt zwischen der Freiheits- und der Schutzdimension des Grundrechts angemessen Rechnung getragen hat. 66Vgl. zum Ganzen BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 223 bis 225, m. w. N.; so auch schon BVerwG, Urteile vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 29 ff., und vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 22. 67Dies zugrunde gelegt, ist der Eingriff in das Recht auf selbstbestimmtes Sterben hier verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 68(1) Der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG schützt legitime öffentliche Interessen. Die fehlende Erlaubnisfähigkeit des Erwerbs von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung dient der Suizidprävention, d. h. dem Schutz von Menschen in vulnerabler Position und Verfassung vor Entscheidungen, die sie möglicherweise voreilig oder nur augenblicklich, in einem Zustand mangelnder Einsichtsfähigkeit oder nicht freiverantwortlich treffen, sowie der Verhinderung von Miss- und Fehlgebrauch. Mit der Abwehr solcher Gefahren erfüllt der Gesetzgeber seine in der Verfassung begründete staatliche Schutzpflicht für das Leben. 69Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 22, und vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 30; entsprechend für § 217 StGB auch BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 227 ff. 70(2) Die fehlende Erlaubnisfähigkeit ist zu diesem Zweck geeignet und erforderlich. Auch wenn andere Möglichkeiten der Selbsttötung verbleiben, kann sie den erstrebten Rechtsgüterschutz zumindest fördern. Ist der Zugang zu Natrium-Pentobarbital, womit die Selbsttötung auf schmerzfreie, regelmäßig schnelle und vergleichsweise sichere Weise und bei einer behördlichen Erlaubnis ohne Hinzuziehung von Ärzten oder Sterbehilfevereinen erfolgen könnte, nicht möglich, erschwert das eine Selbsttötung. Denn jedenfalls in Fällen, in denen der Suizidwunsch Folge einer unmittelbaren Reaktion auf eine aktuelle Lebenssituation ist und nicht dauerhaft, stabil, informiert, freiverantwortlich und insbesondere unbeeinflusst von akuten psychischen Störungen besteht, ist die mangelnde freie Verfügbarkeit eines tödlich wirkenden Betäubungsmittels geeignet, die Verwirklichung eines Suizids zu verhüten. Ferner wird einem gesellschaftlichen Druck insbesondere auf vulnerable Personen entgegengewirkt, der durch die Eröffnung einer Erlaubnismöglichkeit entstehen oder empfunden werden könnte, und Missbrauch verhindert. Um diese legitimen Schutzanliegen zu erreichen, ist die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG auch erforderlich. Weniger eingriffsintensive, vergleichbar effektive alternative Schutzmaßnahmen, mit denen ein unmittelbarer Zugang Privater zu einem tödlichen Betäubungsmittel verhindert werden könnte, sind nicht erkennbar. 71(3) Die von der Vorschrift ausgehende Einschränkung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben ist auch angemessen. 72Geeignete und erforderliche Maßnahmen sind einer gegenläufigen Kontrolle mit Blick darauf zu unterwerfen, ob die eingesetzten Mittel unter Berücksichtigung der davon ausgehenden Grundrechtsbeschränkungen für den Betroffenen noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch erreichbaren Rechtsgüterschutz stehen. Einschränkungen individueller Freiheit sind nur dann angemessen, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Der hohe Rang, den die Verfassung dem Leben und der Autonomie beimisst, vermag grundsätzlich deren effektiven präventiven Schutz zu legitimieren. Die empirisch gestützte Fragilität eines Selbsttötungsentschlusses wiegt gerade deshalb besonders schwer, weil sich Entscheidungen über das eigene Leben naturgemäß dadurch auszeichnen, dass ihre Umsetzung unumkehrbar ist. Die Angemessenheit ist aber nicht mehr gegeben, wenn die staatliche Maßnahme im Gefüge der im Übrigen bestehenden Gesetzeslage die Möglichkeiten einer Selbsttötung in einem solchen Umfang einschränkt, dass dem Einzelnen faktisch kein Raum zur Wahrnehmung der verfassungsrechtlich geschützten Freiheit verbleibt. Angesichts der existentiellen Bedeutung, die der Freiheit zur Selbsttötung für die selbstbestimmte Wahrung der Persönlichkeit zukommen kann, muss die Möglichkeit hierzu bei realitätsgerechter Betrachtung immer gewährleistet sein. Dabei ist zu prüfen, ob der Einzelne ohne Verletzung seines Selbstbestimmungsrechts auf die Inanspruchnahme von Alternativen verwiesen werden kann. 73Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 264 ff. 74Hiervon ausgehend ist die fehlende Erlaubnisfähigkeit derzeit angemessen. 75(a) Der nationale Gesetzgeber hat mit § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG seinen Spielraum bei der Abwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Suizidwilligen einerseits und seiner Schutzpflicht für Leben und Gesundheit andererseits nicht überschritten. 76Vgl. schon OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2017 - 13 A 3079/15 -, a. a. O. Rn. 67 ff. 77Die Zugangsverweigerung zu einer letalen Dosis eines Betäubungsmittels durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG schützt die Selbstbestimmung des Einzelnen über sein Leben und damit das hohe Rechtsgut des Lebens als solches. Dies dient, wie bereits ausgeführt, dem Schutz von vulnerablen Menschen gegenüber der Umsetzung von nicht in freier Selbstbestimmung getroffenen Suizidwünschen sowie der Verhinderung von Miss- und Fehlgebrauch. 78Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet den Staat, die Autonomie des Einzelnen bei der Entscheidung über die Beendigung seines Lebens und hierdurch das Leben als solches zu schützen. Der vom Grundgesetz geforderte Respekt vor der autonomen Selbstbestimmung des Einzelnen setzt eine frei und unbeeinflusst von einer akuten psychischen Störung gebildete Entscheidung voraus. Dem Betroffenen müssen alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte bekannt sein. Er muss über seine Lage und Handlungsalternativen beraten und aufgeklärt sein. Der Entschluss, aus dem Leben zu scheiden, muss von einer gewissen Dauerhaftigkeit und inneren Festigkeit getragen sein. Seine Entscheidung darf nicht durch Zwang, Drohung oder Täuschung oder sonstige Formen der Einflussnahme Dritter beeinträchtigt sein. Angesichts der Unumkehrbarkeit des Vollzugs einer Suizidentscheidung gebietet die Bedeutung des Lebens als ein Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung Selbsttötungen entgegenzuwirken, die nicht von freier Selbstbestimmung und Eigenverantwortung getragen sind. Da der Schutz des Lebens dem Einzelnen von der Verfassung als nicht rechtfertigungsbedürftiger Selbstzweck zugesagt ist und er auf der unbedingten Anerkennung der Person in ihrer bloßen Existenz beruht, darf und muss der Gesetzgeber gesellschaftlichen Einwirkungen wirksam entgegentreten, die als soziale Pressionen wirken können und das Ausschlagen von Suizidangeboten rechtfertigungsbedürftig erscheinen lassen. 79BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 -, a. a. O. Rn. 232 ff. 80Die staatliche Schutzpflicht zugunsten der Selbstbestimmung und des Lebens kann gegenüber dem Freiheitsrecht des Einzelnen den Vorrang erhalten, wo dieser Einflüssen ausgeliefert ist, die die Selbstbestimmung über das eigene Leben gefährden. Diesen Einflüssen darf die Rechtsordnung durch Vorsorge und durch Sicherungsinstrumente entgegentreten. 81BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 -, a. a. O. Rn. 275. 82Vorkehrungen, die eine im vorstehend erläuterten Sinne selbstbestimmte Entscheidung gewährleisten, sieht das Betäubungsmittelgesetz ebenso wenig vor wie Bestimmungen dazu, wie eine sichere Aufbewahrung eines nicht unmittelbar verwendeten Präparats zu gewährleisten ist. Derartige Vorgaben können auch nicht im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung in das Gesetz hineingelesen, d. h. durch die Rechtsprechung oder bei der Gesetzesvollziehung durch die Verwaltung bestimmt werden. 83So aber BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 31, 39 f. 84Das diesbezügliche Schutzkonzept zu entwickeln, soll ein Zugang zu Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung ermöglicht werden, ist vielmehr Aufgabe des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, der insoweit über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt. 85Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 9, sowie Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 338; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 19. August 2015 - 13 A 1299/14 -, a. a. O. Rn. 119; Urteil vom 17. Februar 2017 ‑ 13 A 3079/16 -, a. a. O. Rn. 69 ff., sowie Beschluss vom 24. März 2021 ‑ 9 B 50/21 -, NWVBl. 2021, 301 = juris Rn. 8. 86Welche Anforderungen an den freien Willen, die Dauerhaftigkeit des Selbsttötungsentschlusses oder die Information über Handlungsalternativen zu stellen wären und wie ein Miss- oder Fehlgebrauch verhindert werden könnte, ist auch eine ethische Frage, die gesetzlich beantwortet werden müsste. 87Vgl. auch Gärditz, ZfL 2017, 38 (51 f., 54); Grünewald, JR 2021, 99 (103 f.); Hillgruber, JZ 2017, 777 (784). 88(b) Die fehlende Erlaubnisfähigkeit beschränkt auch nicht in Fällen, in denen sich Menschen wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befinden, unangemessen das Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 89BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.16 -, a. a. O., 90ist durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 und die nachfolgende Entwicklung rechtlich und tatsächlich überholt. Damit ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben unabhängig von Erkrankungen anerkannt und damit von den typischen Situationen der Sterbehilfe abgekoppelt worden. Auch ist infolge der Nichtigkeit des § 217 StGB eine tatsächliche Entwicklung im Bereich der Sterbehilfe eingetreten, die nicht mehr mit den Verhältnissen 2017 vergleichbar ist (siehe dazu nachfolgend). Das Bundesverwaltungsgericht hat aber als eine Voraussetzung einer extremen Notlage bestimmt, dass keine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches zur Verfügung steht. 91BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.16 -, a. a. O. Rn. 31, 34 f. 92Abgesehen davon erfüllt der Kläger zur Überzeugung des Senats auch nicht die vom Bundesverwaltungsgericht bestimmten Voraussetzungen. Hiernach ist erforderlich, dass der Betroffene an einer schweren und unheilbaren Erkrankung leidet, die mit gravierenden körperlichen Leiden, insbesondere starken Schmerzen verbunden ist, die bei ihm zu einem unerträglichen Leidensdruck führen und nicht ausreichend gelindert werden können. Insoweit ist bereits fraglich, ob der Kläger derzeit noch im vorgenannten Sinne an einer schweren und unheilbaren Erkrankung leidet. Insoweit kommt nach derzeitigem Sachstand bei ihm nur das Burkitt-Lymphom in Betracht. Die diesbezüglich von Ende November 2015 bis Mitte Juni 2016 durchgeführte Therapie ist aber erfolgreich gewesen und hat zu einer vollständigen Remission des Tumors geführt. Die einige Jahre später im vorläufigen Entlassungsbericht des Städtischen Klinikums M. vom 7. Februar 2019 geäußerte Verdachtsdiagnose eines Rezidivs hat sich nach weiterer Abklärung nicht bestätigt. Ausweislich des Nachtrags im Entlassungsbrief vom 21. März 2019 ergab sich kein Anhalt für eine Malignität, die Knochengewebsauflösung im Bereich der Lendenwirbelsäule wurde als Residualzustand des Burkitt-Lymphoms eingeordnet. Unabhängig hiervon ist jedenfalls für einen unerträglichen Leidensdruck nichts ersichtlich. Der Senat geht davon aus, dass diese Voraussetzung nur erfüllt ist, wenn Schwerstkranke derartig leiden, dass sie unmittelbar ihr Leben beenden wollen. Der Kläger hat jedoch bereits mit seinem Antrag vom 1. November 2017 gegenüber dem BfArM deutlich gemacht, dass er von dem Natrium-Pentobarbital nicht derzeit, sondern im Fall des Wiederauftretens der Krebserkrankung Gebrauch machen möchte, da er sich nicht abermals einer dann ggf. erneut erforderlich werdenden Chemotherapie unterziehen wolle. Gleiches hat er auch mit Widerspruchsschreiben vom 24. September 2018 und Klageschriftsatz vom 18. Dezember 2018 sowie im Rahmen seiner Begutachtung durch Dr. N. (vgl. S. 2 des Psychiatrischen Gutachtens vom 6. Juni 2018) vorgetragen. Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 21. Oktober 2019, der Kläger wolle sich dem letztlich durch palliativmedizinische Maßnahmen nicht reduzierbaren Leiden einschließlich der nicht beherrschbaren Schmerzsymptomatik nicht mehr weiter ausgesetzt sehen, ist erkennbar auf die Stellungnahme des BfArM vom 15. Februar 2019 erfolgt, das eine unerträgliche Leidenssituation verneint hat, und in dieser Form durch nichts belegt. Gleiches gilt, soweit der Prozessbevollmächtigte auf den Hinweis des BfArM im Schreiben vom 12. November 2019, den übersandten Entlassungsberichten seien keine Anhaltspunkte für eine unerträgliche Schmerzsymptomatik zu entnehmen, behauptet hat, der Kläger könne ohne weiteres ein starkes Opioid ärztlich verschrieben bekommen, lehne dies jedoch ab. Dass der Kläger sich unabhängig vom Auftreten eines Rezidivs derzeit suizidieren wolle, ist auch im Übrigen nicht substantiiert dargetan. 93(c) Die Beschränkung Suizidwilliger durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG steht auch nicht deshalb außer Verhältnis zum öffentlichen Interesse des Autonomie- und Lebensschutzes, weil das Recht auf Selbsttötung angesichts der Rechtslage im Übrigen damit faktisch entleert wäre. Vielmehr ist derzeit - über die Möglichkeiten des Abbruchs oder der Ablehnung einer lebenserhaltenden oder -verlängernden Behandlung hinaus ‑ ein zumutbarer Zugang zu freiwillig bereitgestellter Suizidhilfe real eröffnet und dem Einzelnen die Wahrnehmung seines verfassungsrechtlich geschützten Rechts so möglich. 94Infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 hat sich die tatsächliche Situation grundlegend verändert. Die Möglichkeit, den Wunsch nach selbstbestimmtem Sterben zu verwirklichen, ist wesentlich verbessert. 95BVerfG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 4 und 7, und vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. -, a. a. O. Rn. 15. 96Der Erwerb einer letalen Dosis von Natrium-Pentobarbital mit Hilfe einer Erlaubnis des BfArM ist derzeit nicht die einzige zumutbare Möglichkeit Suizidwilliger, ihren Sterbewunsch umzusetzen. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht unter Auswertung der von ihm eingeholten Auskünfte und herangezogenen weiteren Erkenntnisse angenommen. Darauf wird Bezug genommen. 97Auch wenn weiterhin die Mehrheit der Ärzte aufgrund ihres Selbstverständnisses nicht zur Suizidhilfe bereit sein dürfte, 98vgl. zu statistischen Erhebungen BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 285 ff. m. w. N., siehe auch die Diskussion auf dem 124. Deutschen Ärztetag am 4./5. Mai 2021, Beschlussprotokoll, S. 144 ff., 99gibt es Ärzte, die tödlich wirkende Arzneimittel verschreiben und andere Unterstützungshandlungen vornehmen. 100So auch BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 7; Stellungnahmen des Arztes für Innere Medizin und Rettungsmedizin Dr. med. Dipl. biol. Michael de Ridder vom 29. Oktober 2020 und vom 11. November 2020; Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 28. November 2021, Nr. 47, S. 15: „Es berührt mich“; Ärztezeitung vom 30. Oktober 2021: In der Regelungslücke bilden sich Suizidhilfe-Strukturen aus. 101Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat als Vorsitzender der DGHS in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, es gebe bundesweit sechs Ärzte, zu denen sie Sterbewilligen Kontakt vermitteln könnten. Es riefen weiterhin einzelne Ärzte an, die Suizidhilfe leisten wollten. Der Leiter der Bundesopiumstelle Dr. Cremer-Schaeffer hat in der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass die Frage der ärztlichen Suizidhilfe auf dem Deutschen Ärztetag im Mai 2021 sehr kontrovers diskutiert worden sei, es also durchaus einige Ärzte gebe, die dazu bereit seien. Ferner hat er erklärt, es riefen bei ihnen immer wieder mal einzelne Ärzte oder Apotheker an, die Suizidwillige unterstützen wollten und nach den rechtlichen Regelungen fragten. 102Das ärztliche Berufsrecht steht der Suizidhilfe nicht mehr generell entgegen. Der 124. Deutsche Ärztetag hat am 4./5. Mai 2021 eine Änderung der Musterberufsordnung beschlossen und § 16 Satz 3 MBO-Ä aufgehoben. Diese Bestimmung sah vor, dass Ärzte keine Hilfe zur Selbsttötung leisten dürfen. Zwar handelt es sich bei der Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte nur um einen Normierungsvorschlag, der erst durch eine Inkorporation in das Satzungsrecht der Landesärztekammern Rechtsverbindlichkeit erlangt. 103BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 292. 104Auch sind erst einzelne Berufsordnungen geändert worden. Allerdings enthielten einige Landesberufsordnungen eine § 16 Satz 3 MBO-Ä entsprechende Bestimmung schon zuvor nicht. Die Berufsordnungen der Ärztekammern in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen untersagen die Hilfe zur Selbsttötung nicht bzw. nicht mehr. Die Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe bestimmt, dass Ärzte keine Hilfe zur Selbsttötung leisten „sollen“. Soweit die Berufsordnungen der Ärztekammern in Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein und Saarland noch ausdrücklich das Verbot der Hilfe zur Selbsttötung enthalten, kann angesichts der erst im Mai 2021 erfolgten Änderung der Musterberufsordnung im Übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass dies künftig so bleibt. 105Dies zugrunde gelegt, kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, einen zur Suizidhilfe bereiten Arzt könnten er und andere Suizidwillige nicht finden bzw. es dürfe ihnen nicht zugemutet werden, danach zu suchen. Dabei hält der Senat es mit dem Bundesverfassungsgericht auch für zumutbar, die Suche auf ein Gebiet jenseits des eigenen Wohnorts oder Bundeslands zu erstrecken. 106So auch BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 7: „auch andere Bundesländer als das Land Hessen in den Blick nehmende Suche“. 107Infolge der Nichtigkeit des § 217 StGB sind auch geschäftsmäßige Angebote der Suizidhilfe wieder verfügbar. Sterbehilfeorganisationen wie der Hamburger Verein Sterbehilfe oder Dignitas Deutschland haben nach Presseberichten sowie den vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahmen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. 108Vgl. Stellungnahme Verein Sterbehilfe vom 12. Oktober 2020; Kölner Stadtanzeiger, 7. September 2020, S. 6: Unsichere Patienten, streitende Ärzte,; Die Zeit, 12. Mai 2021, S. 9: Die Freiheit zu sterben; siehe auch WDR, 5. Januar 2022: Diakonie Wuppertal schafft Grundlagen für „assistierte Sterbehilfe“. 109Der Hamburger Verein Sterbehilfe Deutschland hat nach Presseberichten im Jahr 2021 129 Menschen zum Suizid verholfen. 110Vgl. Rheinische Post, 3. Januar 2021: „Sterbehilfe Deutschland“ assistierte 2021 bei 129 Suiziden. 111Auch die DGHS vermittelt seit dem Frühjahr 2020 ihren Mitgliedern Sterbebegleitung durch Teams aus Ärzten und Juristen. Im Jahr 2021 unterstützte die Organisation nach den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigten Angaben in einem Medienbericht 120 Menschen beim Suizid. 112Vgl. Zeit online, 27. Januar 2022: Ein neuer Gesetzentwurf für die Suizidbeihilfe. 113Sterbehilfeorganisationen vermitteln typischerweise auch Kontakt zu Ärzten und Pharmazeuten, die trotz rechtlicher Risiken bereit sind, in der medizinisch und pharmakologisch notwendigen Weise an einer Selbsttötung mitzuwirken. 114Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 297. 115Die Inanspruchnahme der Hilfe eines Arztes oder einer Sterbehilfeorganisation zur Verwirklichung des Grundrechts auf selbstbestimmtes Sterben hält der Senat im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für grundsätzlich zumutbar. 116Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 4 und 7, und vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. -, a. a. O. Rn. 15. 117Soweit der Kläger eingewendet hat, die Mitgliedschaft in einer Sterbehilfeorganisation sei ggf. für Suizidwillige aus weltanschaulichen Gründen nicht zumutbar, sind diese Äußerungen schon nicht auf ihn selbst bezogen. Davon abgesehen ist der Kläger nach eigenem Vorbringen im Antrag vom 1. November 2017 Mitglied in der DGHS. Aus welchem Grunde der Kläger gleichwohl, wie der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 5. März 2021 vorgetragen hat, die Voraussetzung einer Mitgliedschaft in einer Sterbehilfeorganisation zum Zweck der Inanspruchnahme von Sterbehilfe durch diese nicht erfülle, wird ebenso wenig dargelegt wie die Behauptung im Schriftsatz vom 31. Januar 2022, der Kläger wolle „offenkundig“ nicht Mitglied der DGHS werden. Soweit der Prozessbevollmächtigte ferner geltend macht, der Kläger sei finanziell nicht in der Lage, die Kosten für die Inanspruchnahme der Sterbehilfe aufzubringen, fehlt es auch insoweit an einem substantiierten Vortrag. Entsprechender Darlegungen hätte es jedoch schon mit Blick darauf bedurft, dass der Kläger ausweislich seiner im vorläufigen Entlassungsbericht des Städtischen Klinikums M. vom 24. November 2017 wiedergegebenen Angaben in einem Einfamilienhaus lebt, bzw., so das Psychiatrische Gutachten des Dr. N. vom 6. Juni 2018, in einer Doppelhaushälfte. Der Einwand des Klägers, er wolle auch keinen Arzt in Anspruch nehmen, da dieser möglicherweise seine Entscheidung in Frage stelle oder ihn zunächst beraten wolle, ist von vornherein nicht geeignet, die Zumutbarkeit ärztlicher Hilfe in Frage zu stellen. Denn der Entscheidung für die Beendigung des eigenen Lebens kommt nur dann Vorrang vor der staatlichen Schutzpflicht zugunsten des Lebens zu, wenn diese frei sowie in Kenntnis und unter Abwägung aller relevanten Umstände gefasst worden ist. Dass sich der Arzt vor der Hilfe zur Selbsttötung der Ernsthaftigkeit des Suizidentschlusses vergewissert, stellt sich damit nicht als unangemessene Einschränkung des Rechts auf Selbstbestimmung dar, sondern gewährleistet dieses vielmehr. Der ‑ in allen anhängigen Verfahren in gleicher Weise erhobene ‑ Einwand des Prozessbevollmächtigten, der schwerkranke Kläger sei körperlich (und mental) nicht mehr in der Lage, Recherchen nach einem suizidhilfebereiten Arzt vorzunehmen, ist ungeachtet seiner rechtlichen Relevanz mit den Angaben im Gutachten des Dr. N. nicht in Übereinstimmung zu bringen, wonach der Kläger engagierte und anspruchsvolle ehrenamtliche Tätigkeiten u. a. in der Betreuung und Unterstützung jugendlicher Flüchtlinge und der Erforschung und Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Region I. /M. leiste. 118Dass sowohl Ärzte als auch Sterbehilfeorganisationen in Deutschland bisher wohl nicht Natrium-Pentobarbital als Mittel zur Selbsttötung einsetzen, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Aus den vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführten Gründen kann auf zumutbare und humane Weise eine Selbsttötung erfolgen, indem eine Kombination von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eingenommen wird, die etwa auch schon vor Inkrafttreten des § 217 StGB Ende 2015 in einer Vielzahl von Fällen von Sterbehilfeorganisationen in Deutschland verwendet wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Einsatzes einer Arzneimittelkombination wird auf die vom Verwaltungsgericht eingeholte Stellungnahme des Arztes Dr. med. Michael de Ridder vom 29. Oktober 2020, die Stellungnahme des Vereins Sterbehilfe vom 12. Oktober 2020 sowie die Ausführungen des Dr. med. Sitte im Bundestagsausschuss für Gesundheit, BT-Drs. 19/4834, S. 4 f. verwiesen. Der Senat folgt insoweit der näher begründeten Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass einerseits ein erheblich erhöhtes Risiko von Komplikationen bei der Verwendung der Kombination verschreibungspflichtiger Arzneimittel nicht besteht und andererseits es auch bei Natrium-Pentobarbital, das grundsätzlich als schmerzfreies, schnelles und weitgehend risikofreies Tötungsmittel gilt und bei der Sterbehilfe etwa in der Schweiz und in den Niederlanden eingesetzt wird, zu Komplikationen kommen kann. So hat etwa auch die Bundesapothekerkammer darauf hingewiesen, dass letzteres nicht kritiklos als geeignetes Mittel zur Selbsttötung betrachtet werden sollte, da die tödliche Wirkung nicht immer wie beabsichtigt eintrete. 119Stellungnahme der Bundesapothekerkammer vom 1. Juli 2020 zu möglichen Eckpunkten einer Neuregelung der Suizidassistenz, https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/stellungnahmen/. 120Hinzu kommt, dass es mit dem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel Thiopental ein anderes, nicht der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes unterfallendes Barbiturat gibt, das bei Selbsttötungen u. a. von Sterbehilfevereinen ‑ teilweise ergänzt um ein muskelrelaxierendes Mittel - intravenös verwendet wird. 121Vgl. auch Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags, Sachstand, Medikamente zur Selbsttötung, 10. Juni 2020, WD 9 - 3000 - 020/20, S. 8. 122Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Berufungsverhandlung wird dieses auch von den mit der DGHS kooperierenden Ärzten (ausschließlich) eingesetzt und ist damit in mehr als 120 Fällen verwendet worden. 123Diese zumutbaren Alternativen bestehen zur Überzeugung des Senats im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung auch für den Kläger. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass dieser die Kombination verschreibungspflichtiger Medikamente nicht oral zu sich nehmen könnte. Das Vorbringen im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 5. März 2021, eine Einnahme von rund 100 Tabletten sei aufgrund des Krankheitsstadiums des Klägers, der zunehmend Schluckbeschwerden habe, hoch riskant, ist in sämtlichen beim Senat anhängigen Verfahren in den Schriftsätzen vom gleichen Tage in gleicher Form enthalten und daher schon mangels Bezugs zum konkreten Einzelfall nicht ohne Weiteres als zutreffend anzunehmen. Den vorliegenden ärztlichen Berichten ist zudem nichts hierfür zu entnehmen, weitere Arztberichte sind nicht eingereicht worden. Im Übrigen werden nach der Stellungnahme von Dr. med. de Ridder vom 29. Oktober 2020 die Tabletten nicht einzeln zu sich genommen, sondern zermörsert in Fruchtjoghurt oder Apfelmus bzw. in Tee aufgelöst. Der Verein Sterbehilfe führt in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2020 aus, die von ihnen eingesetzten verschreibungspflichtigen Medikamente würden getrunken (drei Gläser). Darüber hinaus steht mit Thiopental ein intravenös einsetzbares Mittel zur Verfügung, das auch die mit der DGHS kooperierenden Ärzte verwenden. 124Bestehen damit zumutbare Alternativen für den Kläger, sein Recht auf selbstbestimmtes Sterben zu verwirklichen, kommt es auf die Frage, ob § 13 Abs. 1 BtMG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass er eine ärztliche Verschreibung von Natrium-Pentobarbital oder dessen Überlassung zum unmittelbaren Verbrauch und damit einen alternativen Zugang zu dem Betäubungsmittel ermöglicht, 125offen gelassen von BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. -, a. a. O. Rn. 14, 126nicht an. Der Senat weist allerdings auf Folgendes hin: Würde man die Realisierung eines Suizidwunsches mithilfe verschreibungspflichtiger und -fähiger Arzneimittel generell oder im Einzelfall für nicht möglich oder nicht zumutbar halten, wäre die Zugangsmöglichkeit nach § 13 Abs. 1 BtMG, § 2 Abs. 1 lit. b BtMVV eine gegenüber der hier begehrten Erlaubnis zum Erwerb dieses Betäubungsmittels vorrangige Alternative. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung lediglich diesen Weg, nicht aber den der Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG angesprochen. So könnten der Schutz der Autonomie und des Lebens von Suizidwilligen jedenfalls in höherem Maße gewährleistet werden. 127So auch Leopoldina, Neuregelung des assistierten Suizids - ein Beitrag zur Debatte Diskussion Nr. 26, 2021, S. 6; Hillgruber, JZ 2017, 777 (784); Oglakcioglu, MedR 2019, 450 (454); vgl. ebenso die Stellungnahme von Dr. med. de Ridder vom 29. Oktober 2020. 128(d) Das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben wird schließlich entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb unangemessen beschränkt, weil die genannten zumutbaren Möglichkeiten der Realisierung des Freiheitsrechts nicht seinen Vorstellungen zur Beendigung seines Lebens entsprechen. 129Der Einzelne kann lediglich verlangen, dass sein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben nicht faktisch leer läuft, dass er es also auf humane Weise realisieren kann. Ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff liegt nicht schon dann vor, wenn eine konkrete, vom Grundrechtsträger für sich gewünschte Art und Weise der Selbsttötung nicht möglich ist. Dass der Kläger (ohne Inanspruchnahme der Hilfe professioneller Dritter) mit Natrium-Pentobarbital sein Leben beenden möchte, ist eine nachvollziehbare, zu respektierende Entscheidung, begründet allerdings keine Grundrechtsverletzung. 130Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2017 ‑ 13 A 3079/15 -, a. a. O. Rn. 80. 131Das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehende Recht auf selbstbestimmtes Sterben beinhaltet entgegen der Auffassung des Klägers keinen Anspruch darauf, dass der Staat ihm den Suizid in der gewünschten Art und Weise ermöglicht. 132Das von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht, sich selbst zu töten, umfasst zwar auch die Freiheit, sich hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen. Es schützt damit vor Verboten gegenüber Dritten, im Rahmen ihrer Freiheit Unterstützung anzubieten. 133Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 213. 134Die Rechtsordnung muss aber lediglich sicherstellen, dass der Zugang zu freiwillig bereitgestellter Suizidhilfe Dritter real eröffnet bleibt. Ein Anspruch gegenüber Dritten, bei einem Selbsttötungsvorhaben unterstützt zu werden, besteht in Anbetracht von deren Gewissensfreiheit hingegen nicht. 135Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 284, 289. 136Ebenso lässt sich aus dem Grundrecht grundsätzlich kein Anspruch gegenüber dem Staat darauf ableiten, dass dieser den (unmittelbaren) Zugang zu Natrium-Pentobarbital durch eine Erwerbserlaubnis ermöglicht. 137Vielmehr ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Aufgabe des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, die Suizidhilfe zu regeln. Dabei darf er deren Zulässigkeit nicht von materiellen Kriterien wie einer unheilbaren oder tödlich verlaufenden Krankheit abhängig machen. Er darf aber ein prozedurales Sicherungskonzept entwickeln und je nach Lebenssituation unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis der Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit eines Selbsttötungswillens stellen. 138BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 340. 139Ob und wie der Zugang zu einer letalen Dosis eines Betäubungsmittels eröffnet wird, ist deshalb eine Frage, über die in erster Linie der Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums zu entscheiden hat. 140Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2017 ‑ 13 A 3079/16 -, a. a. O. Rn. 69 ff.; Gärditz, ZfL 2017, 38 (51); Hillgruber, JZ 2017, 777 (784); Teichmann/Camprubi, MedR 2021, 141 (146). 141Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich angeführt, dass „möglicherweise“ Anpassungen des Betäubungsmittelrechts gefordert seien. Weiter hat es darauf hingewiesen, dass es nicht ausgeschlossen sei, im Bereich des Betäubungsmittelrechts verankerte Elemente des Verbraucher- und Missbrauchsschutzes aufrechtzuerhalten und in ein Schutzkonzept im Bereich der Suizidhilfe einzubinden. 142Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 341 f.; siehe auch Grünewald, JR 2021, 99 (104). 143Der Gesetzgeber ist zwar dieser - von ihm im Gesetzgebungsverfahren zu § 217 StGB anerkannten - Aufgabe bisher nicht nachgekommen. In der abgelaufenen 19. Wahlperiode gab es verschiedene Diskussions- und Gesetzentwürfe, zu einem konkreten Gesetzgebungsverfahren ist es aber nicht gekommen. 144Gesetzentwurf der Abgeordneten Künast und Keul, Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben; Gesetzentwurf der Abgeordneten Helling-Plahr, Lauterbach, Sitte, Schulz und Fricke, Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Suizidhilfe; Diskussionsentwurf des Gesundheitsministeriums, Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung der Strafbarkeit der Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der freiverantwortlichen Selbsttötungsentscheidung; Eckpunktepapier von Castellucci, Heveling, Kappert-Gonther, Gröhe u. a.; ferner: Borasio/Jox/Taupitz/Wiesing, Selbstbestimmung im Sterben - Fürsorge zum Leben, ein verfassungskonformer Gesetzesvorschlag zur Regelung des assistierten Suizids; DGHS, Entwurf eines Gesetzes zum Umgang mit Suizid und Sterbehilfe; Deutsche Stiftung Patientenschutz, Vorschlag für eine Neufassung des § 217 STGB, 19. Juni 2020; Dorneck/Gassner/Kersten u. a., Sterbehilfegesetz, Augsburg-Münchner-Hallescher-Entwurf, Tübingen 2021; Leopoldina, Neuregelung des assistierten Suizids - ein Beitrag zur Debatte, 2021, Diskussion Nr. 26; zu einigen der Entwürfe auch Neumann, NJOZ 2021, 385 ff. 145Im Koalitionsvertrag der derzeit regierenden Parteien ist lediglich die Rede davon, es werde begrüßt, wenn durch zeitnahe fraktionsübergreifende Anträge das Thema Sterbehilfe einer Entscheidung zugeführt werde. 146Mehr Fortschritt wagen, Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, S. 113; vgl. jüngst fraktionsübergreifender Vorschlag eines Gesetzentwurfs: https://kappertgonther.de/2022/01/vorschlag-zur-neuregelung-der-sterbehilfe/; dazu: Zeit online, 27. Januar 2022: Ein neuer Gesetzentwurf für die Suizidhilfe; ZDF, 26. Januar 2022: Wie weiter mit der Sterbehilfe. 147So ist inzwischen nicht nur ein weitgehend regelungsloser und im Hinblick auf den Lebensschutz problematischer Zustand im Bereich der geschäftsmäßigen Suizidhilfe entstanden, sondern auch die Frage des Einsatzes von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung nach wie vor nicht ausdrücklich geregelt. Dies kann aber, jedenfalls solange das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben zumutbar realisiert werden kann, nicht dazu führen, einen Erlaubnisanspruch anzunehmen. Damit würde die gesetzgeberische Gestaltungsentscheidung faktisch vorweggenommen. 148Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 9. 1494. Die Europäische Menschenrechtskonvention, die als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte heranzuziehen ist, gebietet keine andere Bewertung. 150Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistet als Ausprägung des Rechts auf Achtung des Privatlebens das Recht des Einzelnen, darüber zu entscheiden, wann und wie er sein Leben beenden möchte. Dieses Recht kann aber aus Gründen des Lebensschutzes und der Autonomie eingeschränkt werden. Bei der Abwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des einzelnen und der aus Art. 2 EMRK abgeleiteten Schutzpflicht des Staates für das Leben kommt den Staaten ein erheblicher Einschätzungs- und Ermessensspielraum zu. 151Vgl. zum Ganzen EGMR, Urteile vom 14. Mai 2013 - 67810/10 (Gross) -, Rn. 58 ff., m. w. N., vom 19. Juli 2012 - 497/09 (Koch) -, NJW 2013, 2953 = juris Rn 68 f., sowie vom 20. Januar 2011 - 31322/07 (Haas) -, NJW 2011, 3773, Rn. 51 ff.; BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 302 ff.; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 25. 152Hiervon ausgehend stehen die vorstehenden Bewertungen im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 EMRK. Der den Mitgliedstaaten zustehende Spielraum ist aus den oben ausgeführten Gründen mit der fehlenden Erlaubnisfähigkeit des Erwerbs eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung nicht überschritten. 153Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 154Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 155Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Im Hinblick auf den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG stellen sich infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. - sowie der nachfolgenden Beschlüsse vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. - und vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 - Rechtsfragen, die höchstrichterlich noch nicht entschieden sind. | die berufung wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des berufungsverfahrens. die entscheidung ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2der am 13. september 1944 geborene kläger begehrt die erlaubnis zum erwerb des betäubungsmittels natrium-pentobarbital zum zweck der selbsttötung. 3der kläger leidet seit jahren u. a. unter arterieller hypertonie und koronarer herzkrankheit (3-gefäß-khk); eine bypass-operation erfolgte im jahr 2009. im november 2015 wurde bei dem kläger ein burkitt-lymphom im stadium iv diagnostiziert, das sowohl das knochenmark als auch die oropharynxwand beidseitig infiltriert hatte. vom 23. november 2015 bis zum 10. juni 2016 befand sich der kläger im wesentlichen ‑ mit ausnahme weniger tage ‑ in stationärer behandlung. dort wurde beginnend ab dem 27. november 2015 eine chemotherapie durchgeführt, die mit zahlreichen nebenwirkungen einherging (u. a. tumorlyse-syndrom, thrombozytopenie, anämie, atypische pneumonie, rezidivierende hypertensive entgleisungen, schwere mucositis mit der folge einer parenteralen ernährung, vorübergehendes nierenversagen). die therapie führte zu einer vollständigen remission des tumors. eine knochengewebsauflösung im bereich der lendenwirbelsäule wurde ‑ nach anfänglicher verdachtsdiagnose eines rezidivs des burkitt-lymphoms ‑ nach umfänglichen untersuchungen als residualzustand (folge) des lymphoms eingeordnet. 4mit schreiben vom 1. november 2017 beantragte der kläger beim bundesinstitut für arzneimittel und medizinprodukte (bfarm) die erteilung einer erlaubnis gemäß § 3 abs. 1 nr. 1 btmg zum erwerb von 15 g natrium-pentobarbital zum zweck der begehung eines suizides. hierzu legte er zahlreiche (vorläufige) entlassungsberichte des städtischen klinikums m. und der b. -klinik st. h. in i. vor. zur begründung berief er sich auf seine rechte nach der emrk und dem grundgesetz und führte hierzu aus, nach dem urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017 ‑ 3 c 19.15 ‑ seien die vorschriften des betäubungsmittelgesetzes verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sie der erlaubniserteilung nicht entgegenstünden, wenn sich der antragsteller wegen einer schweren und unheilbaren erkrankung in einer extremen notlage befinde. dies sei bei ihm der fall, vor allem, wenn das lymphom zurückkehre, was bekanntermaßen bis zu fünf jahren möglich sei. die schwere und dann nicht heilbare erkrankung verursache erhebliche, kaum therapierbare schmerzen und unerträglichen leidensdruck. er sei mitglied in der deutschen gesellschaft für humanes sterben e.v. und habe wohlüberlegt den freien entschluss gefasst, sein leben beenden zu wollen, da er im wissen um die krankheitsentwicklung im falle eines rezidivs den weg einer behandlung mit einer chemotherapie nicht noch einmal gehen wolle. andere zumutbare möglichkeiten zur verwirklichung seines sterbewunsches bestünden nicht. eine palliativmedizinische schmerztherapie komme nicht in betracht. er werde sich in keinem fall in eine für ihn als entwürdigend empfundene pflegende bzw. betreuende abhängigkeit begeben. eine palliative totalsedierung komme für ihn ebenfalls nicht in frage, da er sich mit vollem bewusstsein von seinen angehörigen verabschieden und ohne weiteres siechtum aus dem leben scheiden wolle. eine reise in die schweiz sei im falle eines rezidivs aufgrund seines dann schnell fortschreitenden schlechten allgemeinzustandes kaum noch machbar; außerdem sei diese lösung für ihn inakzeptabel und beschämend für deutschland. er benötige die erlaubnis auch zum jetzigen zeitpunkt, weil das erlaubnisverfahren im fall eines absehbaren lebensendes zu lange dauere, wie der vom bundesverwaltungsgericht entschiedene fall zeige. 5mit schreiben seines prozessbevollmächtigten vom 4. dezember 2017 reichte der kläger im weiteren einen bericht des städtischen klinikums m. vom 24. november 2017 über eine stationäre behandlung ein. ausweislich dieses berichts waren bei dem kläger u. a. eine meningoencephalitis im rahmen einer pneumokokkeninfektion, multiple hirninfarkte kardioembolischer genese und vorhofflimmern diagnostiziert worden. 6mit schreiben vom 8. november 2017 teilte das bfarm dem kläger mit, die prüfung der gründe des urteils des bundesverwaltungsgerichts nehme noch zeit in anspruch, und wies ihn vorsorglich auf die bandbreite der palliativmedizinischen versorgung hin. mit weiterem schreiben vom 10. april 2018 teilte es im kern mit, es ließe sich anhand der bislang vorgelegten unterlagen nicht feststellen, dass die nach auffassung des bundesverwaltungsgerichts maßgeblichen kriterien vorliegend erfüllt seien. zu weiteren aufklärung forderte das bfarm u. a. ein fachärztliches gutachten zum krankheitsverlauf und den auswirkung der erkrankung auf den kläger an, ein palliativmedizinisches gutachten zu bereits durchgeführten und zukünftig noch möglichen maßnahmen sowie ein gutachten eines facharztes für psychiatrie oder eines notars über die freie, ernsthafte und selbstbestimmte willensentschließung des klägers. 7mit bescheid vom 27. august 2018 lehnte das bfarm den antrag ab mit der begründung, die angeforderten gutachten seien nicht vorgelegt worden. 8hiergegen legte der kläger mit schreiben seines prozessbevollmächtigten vom 24. september 2018 widerspruch ein. zur begründung machte er im wesentlichen geltend, es obliege nicht ihm, durch gutachten zu belegen, ob er die vom bundesverwaltungsgericht entwickelte voraussetzung des „extremen notfalls“ erfülle. dies sei vielmehr ‑ nicht zuletzt mit blick auf die mit einer gutachtenerstellung verbundenen kosten ‑ aufgabe der beklagten im rahmen der amtsermittlung. ein palliativmedizinisches gutachten müsse er zudem schon deshalb nicht vorlegen, weil nach höchstrichterlicher rechtsprechung keinem menschen vorgegeben werden dürfe, sich kurativ versorgen zu lassen; dies müsse für eine palliative versorgung erst recht gelten. daher sei maßgeblich, dass er selbst eine palliativmedizinische versorgung ablehne, weil diese mit einem für ihn nicht hinnehmbaren verlust an würde einherginge. ein anspruch auf erteilung der erlaubnis folge aus seinem verfassungsrechtlich durch art. 2 abs. 1 i. v. m. art 1 abs. 1 gg sowie durch art. 8 emrk gewährleisteten recht auf selbstbestimmung, das auch das recht auf einen freiverantwortlichen suizid umfasse. der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts und des egmr sei zu entnehmen, dass jedenfalls in „extremen notfällen“, in denen schwerstkranke patienten ohne aussicht auf heilung zwingend auf hilfe im sinne eines legalen zugangs zu einem letal wirkenden medikament angewiesen seien, der staat verpflichtet sei, einen „humanen“ suizid nicht unmöglich zu machen. auf eine antragstellung erst bei einem erneuten auftreten des burkitt-lymphoms könne er nicht verwiesen werden. das burkitt-lymphom trete häufig erneut auf und die prognose sei aufgrund seiner vorerkrankungen generell ungünstig. bei einem rezidiv, welches mit extremen schmerzen einhergehe, werde er in keine erneute chemotherapiebehandlung einwilligen. in diesem fall müsse er sehr schnell handeln und könne daher nicht auf ein ggf. mehrmonatiges verfahren zum erwerb einer erlaubnis verwiesen werden. dem widerspruch beigefügt war ein psychiatrisches gutachten des arztes für neurologie und psychiatrie dr. med. n. vom 6. juni 2018. diesem zufolge hat der kläger seine entscheidung zum suizid frei und selbstbestimmt sowie nach langjähriger beschäftigung mit der thematik aufgrund eines ernsthaften und reflektierten entschlusses unter einbeziehung seiner erwachsenen kinder, die in stuttgart bzw. den usa lebten, und weiterer ihm nahestehender personen (zwei seiner ehemaligen ehefrauen) getroffen. 9diesen widerspruch wies das bfarm mit widerspruchsbescheid vom 26. november 2018 zurück. zur begründung führte es aus, einem anspruch auf erteilung einer erwerbserlaubnis zum zweck der selbsttötung stehe der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 7 i. v. m. nr. 6 btmg ausnahmslos entgegen. soweit nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts in verfassungskonformer auslegung eine ausnahme von dem verbot in betracht komme, sei jedenfalls nicht festzustellen, dass die hierfür erforderlichen voraussetzungen gegeben seien. denn der kläger habe die geforderten gutachten nicht vollständig beigebracht. von dem palliativmedizinischen gutachten könne auch nicht abgesehen werden. ungeachtet der frage, ob der patient dahingehende maßnahmen wünsche, sei nach auffassung des bundesverwaltungsgerichts zu prüfen, ob palliativmedizinische maßnahmen möglich seien. die vorgelegten entlassungsberichte könnten das geforderte fachärztliche gutachten nicht ersetzen, da sie sich weder zum derzeitigen gesundheitszustand des klägers noch zum prognostizierten weiteren verlauf der krebserkrankung verhielten. insgesamt dränge sich der eindruck auf, dass der antrag ein in der zukunft gelegenes ereignis, nämlich ein befürchtetes rezidiv, betreffe. damit bestünde derzeit aber keine unerträgliche leidenssituation im sinne der genannten rechtsprechung. 10der kläger hat am 27. dezember 2018 beim verwaltungsgericht köln klage erhoben, mit der er begehrt, die beklagte zu verpflichten, ihm den erwerb von 15 g natrium-pentobarbital zum zweck der selbsttötung zu gestatten. 11nach mündlicher verhandlung hat das verwaltungsgericht am 19. november 2019 beschlossen, das verfahren gemäß art. 100 abs. 1 gg auszusetzen und die entscheidung des bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die regelung in § 5 abs.1 nr. 6 btmg, die den erwerb von betäubungsmitteln der anlage iii zum zweck der selbsttötung ohne ausnahme ausschließe, mit dem aus art. 2 abs. 1 und art. 1 abs. 1 gg folgenden grundrecht auf selbstbestimmung über den zeitpunkt und die art des eigenen todes als bestandteil des allgemeinen persönlichkeitsrechts vereinbar sei. 12das bundesverfassungsgericht hat die vorlage durch beschluss des 1. senats vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 - als unzulässig zurückgewiesen. die begründung des vorlagebeschlusses genüge nicht, um die verfassungswidrigkeit der normen des betäubungsmittelgesetzes auch unter geänderten rahmenbedingungen darzulegen. denn der 2. senat des bundesverfassungsgerichts habe durch das urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. - die unvereinbarkeit des § 217 stgb mit dem grundrecht auf einen selbstbestimmten tod festgestellt. damit entfalle eine maßgebliche erwägung der kammer für die frage nach der zumutbarkeit der inanspruchnahme von sterbehilfe anstelle einer erlaubnis zum erwerb eines betäubungsmittels zur selbsttötung. 13das verwaltungsgericht hat beweis erhoben durch einholung von auskünften zu alternativen methoden der suizidassistenz. in der folge wurden stellungnahmen der „deutschen gesellschaft für palliativmedizin“ vom 8. oktober 2020, des vereins „sterbehilfe“ hamburg vom 12. oktober 2020, des vereins „dignitas-deutschland e.v.“ vom 12. oktober 2020 und des arztes für innere medizin und rettungsmedizin dr. med. dipl. biol. michael de ridder vom 29. oktober 2020 und vom 11. november 2020 übersandt. ferner hat das bfarm stellungnahmen zur praxis der sterbehilfe in den niederlanden, belgien und im us-bundesstaat oregon vom 19. oktober 2020 und vom 6. november 2020 übermittelt. 14zur begründung seiner klage wiederholt der kläger sein widerspruchsvorbringen und macht darüber hinaus geltend, die versagung habe nicht auf unzureichende unterlagen gestützt werden dürfen. die vorgelegten entlassungsberichte seien ausreichend für die dem bfarm obliegende beurteilung des vorliegens einer ausnahmesituation, böten aber jedenfalls einen hinreichenden anhalt für eine nach § 24 vwvfg gebotene eigenständige ermittlung des sachverhalts. derzeit gebe es auch keine sinnvollen palliativmedizinischen maßnahmen. er befinde sich nicht in einem sterbeprozess. die voraussetzungen der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts lägen in seinem fall vor. insoweit dürfe die existentielle notlage nicht isoliert im hinblick auf die krebserkrankung beurteilt werden. einzubeziehen seien vielmehr die weiteren diagnosen ‑ insbesondere die erlittenen hirninfarkte und die kardiologischen erkrankungen ‑, die schmerzhaften beschwerden, die seit oktober 2018 mit tilidin und naloxon sowie novalmin behandelt würden, sowie sein ‑ nicht zuletzt auch altersbedingt ‑ schlechter allgemeinzustand. seine leidenssituation sei seit geraumer zeit so unerträglich, dass ein weiterleben für ihn keinen sinn mache. die auffassung des bfarm, eine extreme notlage könne erst nach eintritt des rezidivs angenommen werden, liefe in seinem fall faktisch auf eine unmöglichkeit der selbstbestimmten lebensbeendigung hinaus. aus dem urteil des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 ergebe sich, dass der staat einem suizidwilligen die tatsächliche umsetzung seines freiverantwortlich gefassten sterbewunsches faktisch zu ermöglichen habe, jedenfalls dürfe er diesen nicht unmöglich machen. hierzu gehöre auch, dass der staat einem suizidwilligen nicht den zugang zu einem letal wirkenden betäubungsmittel verwehren dürfe. darüber hinaus sei der staat verpflichtet, ihm die möglichkeit zu eröffnen, den suizid in der von ihm angestrebten weise - durch eigenerwerb des letalen mittels ‑ umsetzen zu können. dies folge unmittelbar aus dem urteil des bundesverwaltungsgerichts. der staat dürfe die erlaubniserteilung ferner nicht von materiellen kriterien wie einer schweren und unheilbaren krankheit oder der möglichkeit einer palliativmedizinischen versorgung abhängig machen, da der individuelle suizidentschluss als akt autonomer selbstbestimmung zu akzeptieren sei. lediglich die darlegung, dass die suizidabsicht freiverantwortlich, wohlerwogen und dauerhaft sei, könne von ihm gefordert werden. dieser pflicht sei er mit dem vorgelegten gutachten des dr. n. nachgekommen. § 5 abs. 1 nr. 6 btmg sei dahingehend auszulegen, dass ein betäubungsmittel zum zweck des suizides grundsätzlich zur verfügung gestellt werden könne. aus dem umstand, dass das bundesverfassungsgericht im beschluss vom 20. mai 2020 eine verfassungskonforme auslegung des § 13 abs. 1 btmg für möglich gehalten habe, ergebe sich, dass es auch die verfassungskonforme auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg in betracht ziehe. denn der primäre zweck des betäubungsmittelgesetzes, die notwendige medizinische versorgung der bevölkerung zu sichern, gelte für beide rechtsnormen. eine ärztliche verschreibung von natrium-pentobarbital in tödlicher dosierung durch einen arzt gemäß § 13 abs. 1 btmg komme als alternative zu einer erwerbserlaubnis nicht in betracht. aufgrund des restriktiven berufsrechts und der weiterhin bestehenden unsicherheit in der ärzteschaft sei eine ‑ dann ggf. bundesweit erforderliche ‑ suche nach einem arzt äußerst schwierig und unzumutbar. auch die verordnung einer kombination von verschreibungspflichtigen arzneimitteln in erheblicher menge (bis zu 100 tabletten) zum zweck der selbsttötung sei keine zumutbare möglichkeit zur verwirklichung des sterbewunsches. es bestehe die gefahr erheblicher komplikationen. außerdem sei diese form der suizidierung nicht generell geeignet, sondern etwa bei betroffenen mit schluckbeschwerden oder speiseröhrenkrebs untauglich. 15der kläger hat beantragt, 16die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 27. august 2018 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26. november 2018 zu verpflichten, ihm den erwerb von 15 gramm natrium-pentobarbital zum zweck der durchführung einer selbsttötung zu gestatten. 17die beklagte hat beantragt, 18die klage abzuweisen. 19sie hat zur begründung ausgeführt, eine verfassungskonforme auslegung des versagungsgrundes des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg, die ausnahmsweise zu einer erlaubniserteilung in fällen einer existentiellen notlage führen könne, sei wegen eines verstoßes gegen die richterliche gesetzesbindung nicht möglich. entgegen der auffassung des klägers sei der subjektive wille zur lebensbeendigung kein alleiniges kriterium für die begehrte erlaubniserteilung. denn das selbstbestimmungsrecht sei nicht schrankenlos gewährt, sondern finde seine grenze insbesondere in der in art. 2 abs. 2 satz 1 gg verankerten schutzpflicht des staates gegenüber dem leben, die einfachgesetzlich in dem versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg zum ausdruck komme. diese ziele typisierend auf den schutz von menschen, die möglicherweise nicht im stande seien, vernunftgemäß und freiverantwortlich zu entscheiden und nach dieser einsicht zu handeln. auf eine feststellung des tatsächlichen schutzbedürfnisses im konkreten einzelfall komme es daher nicht an. § 13 abs. 1 btmg sei einer verfassungskonformen auslegung aus den gleichen gründen nicht zugänglich. die zwischenzeitlich ergangenen entscheidungen des bundesverfassungsgerichts führten nicht zu einem anderen ergebnis. das gericht habe zu der frage, ob der staat verpflichtet sei, sterbewilligen menschen eine betäubungsmittelrechtliche erlaubnis zu erteilen, im urteil vom 26. februar 2020 keine aussage getroffen. im beschluss vom 20. mai 2020 sei nur die frage einer verfassungskonformen auslegung des § 13 abs. 1 btmg angesprochen, jedoch offen gelassen worden. die letztgenannte entscheidung des bundesverfassungsgerichts sei dahin zu verstehen, dass es nach dem entfallen der strafbarkeit der geschäftsmäßigen hilfe zur selbsttötung um die frage der zumutbarkeit einer inanspruchnahme von suizidassistenz anstelle einer behördlichen erwerbserlaubnis gehe. auch nach auffassung des bundesverwaltungsgerichts komme eine erlaubniserteilung nicht in frage, sofern eine andere zumutbare möglichkeit der verwirklichung des sterbewunsches bestehe. dies sei jedoch der fall, da inzwischen suizidassistenz wieder ‑ wie in der zeit vor inkrafttreten des § 217 stgb im jahre 2015 ‑ ohne verwendung von betäubungsmitteln durch bereitstellung einer kombination von verschreibungspflichtigen arzneimitteln erfolge. die auffassung, natrium-pentobarbital sei das geeignetste mittel für einen suizid, weil nicht oder kaum mit komplikationen zu rechnen sei, sei nicht belegt. vielmehr seien nach amtlichen berichten aus den niederlanden und dem us-amerikanischen bundesstaat oregon auch bei diesem mittel komplikationen aufgetreten. unabhängig hiervon könne der kläger eine erwerbserlaubnis auch auf der grundlage der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts nicht beanspruchen. denn die voraussetzungen eines solchen anspruchs, insbesondere das vorliegen einer leidenssituation, die nicht gelindert werden könne, seien hier nicht gegeben. ein rezidiv des burkitt-lymphoms sei bislang nicht diagnostiziert worden. die ursprünglich schlechte prognose werde mit jedem weiteren zeitlichen abstand zur therapie besser. objektive anhaltspunkte für eine unerträgliche schmerzsymptomatik seien ebenfalls nicht erkennbar. den im verwaltungsverfahren vorgelegten entlassungsberichten sei nichts für eine durchgeführte schmerztherapie zu entnehmen gewesen. hinweise ergäben sich auch nicht aus der angegebenen bzw. in den entlassungsberichten aus dem jahr 2019 aufgeführten schmerzmedikation, da tilidin ein relativ schwaches opioid und novaminsulfon ein noch schwächeres schmerzmittel sei. zudem stünden zahlreiche stärkere wirkstoffe für die behandlung einer schmerzsymptomatik zur verfügung. 20durch urteil ohne mündliche verhandlung vom 24. november 2020 hat das verwaltungsgericht die klage abgewiesen. zur begründung hat es ausgeführt: der kläger habe keinen anspruch auf erteilung einer erlaubnis zum erwerb von 15 g natriumpentobarbital. er bedürfe dieser erlaubnis nach § 3 abs. 1 btmg, weil er nicht nach § 13 abs. 1 satz 1 btmg eine entsprechende ärztliche verschreibung erlangen könne. der erlaubniserteilung durch das bfarm stehe der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg entgegen, weil die verwendung eines betäubungsmittels zum zweck der selbsttötung nicht mit dem zweck des gesetzes vereinbar sei, gesundheit und leben der bevölkerung zu schützen. eine verfassungskonforme auslegung der norm in ausnahmefällen einer extremen notlage im sinne der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts sei nicht möglich, weil sie gegen den gewaltenteilungsgrundsatz verstoße. sie sei derzeit aber auch nicht geboten. der eingriff in das aus art. 2 abs. 1 und art. 1 abs. 1 gg folgende grundrecht auf einen selbstbestimmten tod sei derzeit nicht mehr verfassungswidrig. zwar bestünden nach wie vor zweifel, ob die ausnahmslose untersagung einer erwerbserlaubnis für natrium-pentobarbital verfassungsgemäß sei. jedoch hätten sich mit dem entfall der strafbarkeit einer geschäftsmäßigen förderung der suizidbeihilfe die rahmenbedingungen verändert. das zugangsverbot für ein tödlich wirkendes betäubungsmittel greife nicht mehr unverhältnismäßig in das selbstbestimmungsrecht von personen ein, die sich eigenverantwortlich zu einem suizid entschlossen hätten. über eine sterbehilfeorganisation oder einen arzt, der zu einem assistierten suizid bereit sei, sei der zugang zu einer kombination von verschreibungspflichtigen arzneimitteln möglich, mit der eine selbsttötung zumutbar und human durchgeführt werden könne. dies sei für eine übergangszeit - bis der gesetzgeber ein sinnvolles schutzkonzept für die sterbehilfe entwickelt habe - zumutbar und ausreichend, um das recht auf ein selbstbestimmtes sterben zu verwirklichen. 21dagegen hat der kläger die vom verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassene berufung eingelegt. zur begründung führt er unter wiederholung und vertiefung seines erstinstanzlichen vorbringens im wesentlichen aus: eine verfassungskonforme auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg sei möglich und geboten. das bundesverfassungsgericht halte in seiner entscheidung vom 20. mai 2020 eine verfassungskonforme auslegung des § 13 abs. 1 satz 1 btmg, die den klägern den zugang zu natrium-pentobarbital durch ärztliche verschreibung ermöglichen würde, für möglich. nichts anderes gelte dann für § 5 abs. 1 nr. 6 btmg. daher verstoße auch das urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017 nicht gegen den gewaltenteilungsgrundsatz. die nach dem letztgenannten urteil bestehenden anspruchsvoraussetzungen erfülle er. darüber hinaus sei die beschränkung auf extreme notlagen, insbesondere schwere und unheilbare krankheiten mit unerträglichem leidensdruck, nach dem urteil des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 nicht mehr haltbar. andere zumutbare alternativen gebe es - auch nach dem entfallen der strafbarkeit der geschäftsmäßigen beihilfe zur selbsttötung - nicht. er sei zwar der auffassung, dass ärzte gemäß § 13 abs. 1 btmg eine letale dosis eines betäubungsmittels zum zweck der selbsttötung verschreiben dürften. da dies aber überwiegend anders gesehen werde, gebe es keinen arzt, der natrium-pentobarbital verschreibe. zudem sei er gesundheitlich zur suche nach einem arzt nicht in der lage. die alternative einnahme einer letal wirkenden medikamentenkombination mit zum teil ca. 100 tabletten sei generell zu risikoreich und aufgrund des krankheitsstadiums des klägers, der zunehmend schluckbeschwerden habe, hoch riskant und daher untauglich. zudem sei in der ärzteschaft generell nur eine sehr geringe bereitschaft zur suizidhilfe vorhanden und im übrigen die unsicherheit groß. faktisch sei es nicht möglich, einen arzt ohne inanspruchnahme eines sterbehilfevereins zu finden. die inanspruchnahme einer sterbehilfeorganisation setze jedoch zum einen eine mitgliedschaft voraus und zum anderen die erbringung erheblicher finanzieller mittel in höhe von 5.000,- bis 9.000,- euro für die deckung der kosten der suizidhilfe. beide voraussetzungen könne er nicht erfüllen. suizidwilligen drohe daher weiterhin ein autonomieverlust, wenn sie sich aus finanziellen oder weltanschaulichen gründen nicht für eine sterbehilfeorganisation entschieden, da die verbleibenden optionen, die das bundesverfassungsgericht im beschluss vom 10. dezember 2020 genannt habe, nur theoretisch, nicht aber tatsächlich bestünden. zudem wolle er sich ohne die hilfe eines professionellen dritten im engsten familienkreis suizidieren, was ihm nur mit dem auch für einen medizinischen laien leicht handhabbaren und sicheren betäubungsmittel natrium-pentobarbital möglich sei. die inanspruchnahme einer sterbehilfeorganisation oder eines arztes, der möglicherweise seine entscheidung in frage stelle oder ihn zunächst beraten wolle, lehne er ab. 22der kläger beantragt, 23das urteil des verwaltungsgerichts köln zu ändern und nach dem erstinstanzlichen klageantrag zu erkennen. 24die beklagte beantragt, 25die berufung zurückzuweisen. 26zur begründung verweist sie auf das angefochtene urteil sowie das rechtsgutachten von prof. dr. dr. di fabio und macht unter vertiefung ihres vorbringens erster instanz weiter geltend, der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg stehe der erlaubniserteilung nach wie vor entgegen. der erwerb von natrium-pentobarbital zu suizidzwecken sei nicht mit dem zweck des gesetzes, die notwendige medizinische versorgung der bevölkerung sicherzustellen, d. h. krankheiten zu heilen oder leiden zu lindern, vereinbar. dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. insbesondere liege kein grundrechtswidriger eingriff in das selbstbestimmungsrecht aus art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg vor. das grundrecht finde seine grenze in der schutzpflicht des staates gegenüber dem leben, wie sie auch im versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg zum ausdruck komme. bei der normativen umsetzung der schutzpflicht für das leben komme dem gesetzgeber ein spielraum zu, den er nicht überschritten habe. dass der staat verpflichtet sei, sterbewilligen menschen aktiv bei der durchführung ihres vorhabens zu helfen, ergebe sich aus dem urteil des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 nicht und könne auch sonst nicht angenommen werden, da er sich stets schützend und fördernd vor das leben zu stellen habe. infolge des genannten urteils bestünden zumutbare alternativen, da sterbehilfeorganisationen ihre tätigkeit wieder aufgenommen hätten und es auch ärzte gebe, die zur suizidbeihilfe bereit seien. nachdem nun auch die musterberufsordnung für ärztinnen und ärzte geändert worden sei, bestehe kein rechtliches hindernis mehr für ärzte, suizidhilfe zu leisten. dies geschehe derzeit auch, und zwar nach presseberichten auch durch die dghs, deren präsident der prozessbevollmächtigte des klägers sei. abgesehen davon scheide die vom kläger geforderte verfassungskonforme auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg aus, weil dessen wortlaut sowie der erkennbare wille des gesetzgebers, dem es um den schutz des rechtsgutes „gesundheit“ gehe, dem entgegenstünden. darüber hinaus sei selbst bei berücksichtigung der voraussetzungen des bundesverwaltungsgerichts das von dem kläger vorgelegte gutachten des dr. n. , der mitglied der deutschen gesellschaft für humanes sterben e.v. sei, zum beleg des freien willensentschlusses des klägers nicht geeignet. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und die beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 28 | 29die zulässige berufung ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat die zulässige verpflichtungsklage auf erteilung einer erlaubnis zum erwerb des betäubungsmittels natrium-pentobarbital zu recht als unbegründet abgewiesen. 30der den entsprechenden antrag des klägers ablehnende bescheid des bfarm vom 27. august 2018 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26. november 2018 ist rechtmäßig. der kläger hat keinen anspruch auf erteilung einer erlaubnis zum erwerb des betäubungsmittels natrium-pentobarbital zum zweck einer selbsttötung, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. der erwerb dieses mittels ist gemäß § 3 abs. 1 nr. 1 btmg erlaubnispflichtig (1.). der erteilung der erlaubnis steht der zwingende versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg entgegen (2.). eine verfassungskonforme auslegung des versagungsgrundes ist nicht geboten (3.) die europäische menschenrechtskonvention gebietet keine andere bewertung (4.). 311. der erwerb von natrium-pentobarbital ist gemäß § 3 abs. 1 nr. 1 btmg erlaubnispflichtig. 32nach dieser vorschrift bedarf einer erlaubnis des bfarm, wer betäubungsmittel (vgl. § 1 abs. 1 btmg) anbauen, herstellen, mit ihnen handel treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den verkehr bringen oder erwerben will. diese voraussetzungen sind hier erfüllt. pentobarbital, das zur wirkstoffgruppe der barbiturate gehört, zählt zu den verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen betäubungsmitteln der anlage iii zu § 1 abs. 1 btmg. pentobarbital wird wegen der besseren wasserlöslichkeit regelmäßig in form eines natriumsalzes verwendet (natrium-pentobarbital). 33vgl. zum wirkstoff wissenschaftlicher dienst des deutschen bundestags, sachstand, medikamente zur selbsttötung, 10. juni 2020, wd 9 - 3000 - 020/20, s. 4, 9; apotheke adhoc vom 26. oktober 2021: pentobarbital - ein langwirksames barbiturat. 34der kläger beabsichtigt dessen erwerb. 35eine ausnahme von der erlaubnispflicht nach § 4 btmg liegt nicht vor. insbesondere greift keiner der tatbestände des § 4 abs. 1 nr. 3 btmg. danach bedarf einer erlaubnis nach § 3 des gesetzes nicht, wer in anlage iii bezeichnete betäubungsmittel auf grund ärztlicher verschreibung (lit. a) oder von einem arzt ‑ im rahmen einer ambulanten palliativversorgung ‑ nach § 13 abs. 1a satz 1 (lit. c) erwirbt. über eine solche verschreibung oder versorgung verfügt der kläger nicht. vielmehr begehrt er den unmittelbaren erwerb des betäubungsmittels ohne ärztliche verschreibung, sondern mithilfe einer erlaubnis des bfarm. auf die frage, ob § 13 abs. 1 satz 1 btmg die ärztliche verschreibung von natrium-pentobarbital durch einen arzt zulässt, kommt es damit hier nicht an. 362. der erteilung der erlaubnis nach § 3 abs. 1 nr. 1 btmg steht der zwingende versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg entgegen. 37nach dieser vorschrift ist die erlaubnis nach § 3 btmg zu versagen, wenn die art und der zweck des beantragten verkehrs nicht mit dem zweck des betäubungsmittelgesetzes, die notwendige medizinische versorgung der bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den missbrauch von betäubungsmitteln oder die missbräuchliche herstellung ausgenommener zubereitungen sowie das entstehen oder erhalten einer betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist. 38diese voraussetzungen sind hier gegeben. eine erwerbserlaubnis, die auf eine nutzung von natrium-pentobarbital zur selbsttötung gerichtet ist, ist mit dem zweck des gesetzes unvereinbar, dem schutz der menschlichen gesundheit zu dienen. sie dient nicht dazu, die notwendige medizinische versorgung der bevölkerung sicherzustellen. diesem begriff liegt zugrunde, dass betäubungsmittel nicht nur schädliche wirkungen haben, sondern in bestimmten fällen für die menschliche gesundheit auch von nutzen sein können. unter einer notwendigen medizinischen versorgung im sinne des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg sind daher nur solche anwendungen eines betäubungsmittels am oder im menschlichen körper zu verstehen, die eine therapeutische zielrichtung haben, also dazu dienen, krankheiten oder krankhafte beschwerden zu heilen oder zu lindern. 39vgl. bverwg, urteile vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, bverwge 158, 142 = juris rn. 18 ff., und vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, nwvbl. 2019, 401 = juris rn. 13 f.; ovg nrw, urteile vom 19. august 2015 - 13 a 1299/14 -, dvbl. 2015, 1588 (1589 ff.) = nwvbl. 2016, 153 (155 ff.) = juris, rn. 54 ff., und vom 17. februar 2017 - 13 a 3079/15 -, dvbl. 2017, 712 = juris rn. 46 ff.; weber, in: weber/kornprobst/maier, btmg, 6. auflage 2021, § 5 rn. 43 ff. 40dies ergibt eine am wortlaut, der systematik, dem sinn und zweck des betäubungsmittelgesetzes und dem willen des gesetzgebers orientierte auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg. wegen der einzelheiten wird bezug genommen auf die diesbezügliche rechtsprechung des 13. senats des oberverwaltungsgerichts, 41ausführlich ovg nrw, urteile vom 19. august 2015 - 13 a 1299/14 -, a. a. o. rn. 54 ff., und vom 17. februar 2017 - 13 a 3079/15 -, a. a. o. rn. 46 ff., 42sowie die nachfolgend ergangenen urteile des bundesverwaltungsgerichts, 43bverwg, urteile vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 18 ff., und vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 13 f. 44entgegen der auffassung des klägers ergibt sich aus der neueren rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts nichts abweichendes. das im urteil vom 26. februar 2020 anerkannte recht des einzelnen aus art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg auf selbstbestimmtes sterben erfordert kein anderes verständnis des begriffs der notwendigen medizinischen versorgung im sinne von § 5 abs. 1 nr. 6 btmg. hierzu verhält sich die zu § 217 stgb ergangene entscheidung auch nicht. dort heißt es lediglich, gefordert sei nicht nur eine konsistente ausgestaltung des berufsrechts der ärzte und der apotheker, sondern „möglicherweise auch anpassungen des betäubungsmittelrechts“. 45bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, bverfge 153, 182 = juris rn. 341 f. 46in der entscheidung auf die vorlage des verwaltungsgerichts köln im vorliegenden verfahren stellt das bundesverfassungsgericht diese auslegung des versagungsgrunds ebenfalls nicht in frage. dem vorlagebeschluss lag ebenfalls das hiesige verständnis des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg zugrunde, den das verwaltungsgericht deshalb damals für verfassungswidrig gehalten hat. lediglich in bezug auf § 13 abs. 1 btmg, der die ärztliche verschreibung von betäubungsmitteln betrifft, spricht das bundesverfassungsgericht (nur) die möglichkeit einer verfassungskonformen auslegung an, ohne sich allerdings zu positionieren. vielmehr lässt es offen, ob sich das verwaltungsgericht hinreichend damit auseinandergesetzt habe. 47bverfg, beschluss vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. -, njw 2020, 2394 = juris rn. 14. 48mit nichtannahmebeschluss vom 10. dezember 2020 schließlich hat das bundesverfassungsgericht die annahme des bundesverwaltungsgerichts im vorausgehenden urteil nicht beanstandet, dem erwerb einer tödlichen dosis natrium-pentobarbital durch die dortigen kläger stehe der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg entgegen. im gegenteil: es hat weiter angenommen, in anbetracht der durch das urteil vom 26. februar 2020 grundlegend veränderten situation seien die kläger gehalten, ihr verfassungsgerichtlich anerkanntes recht auf selbstbestimmtes sterben durch aktive suche nach suizidhilfebereiten personen im inland, durch bemühungen um eine ärztliche verschreibung des gewünschten wirkstoffs oder auf anderem geeigneten weg konkret zu verfolgen. 49bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, nvwz 2021, 485 = juris rn. 4. 503. eine verfassungskonforme auslegung des versagungsgrunds des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg dahingehend, dass er - generell oder unter bestimmten voraussetzungen - dem erwerb eines betäubungsmittels zum zweck der selbsttötung nicht entgegensteht, scheidet aus. 51a. es kann offen bleiben, ob § 5 abs. 1 nr. 6 btmg grundsätzlich einer verfassungskonformen auslegung zugänglich ist, 52so bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 37 f.; ovg nrw, urteil vom 19. august 2015 - 13 a 1299/14 -, a. a. o. rn. 81, 53oder aber diese, wie das verwaltungsgericht angenommen hat, wegen des klar erkennbaren willens des gesetzgebers und damit des vorbehalts des gesetzes sowie des gewaltenteilungsgrundsatzes ausscheidet, 54so auch di fabio, erwerbserlaubnis letal wirkender mittel zur selbsttötung in existenziellen notlagen, rechtsgutachten zum urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017, november 2017, s. 50 ff.; hillgruber, jz 2017, 777 (781 ff.); weber, in: weber/kornprobst/maier, btmg, 6. auflage 2021, § 5 rn. 45, 47. 55b. eine verfassungskonforme auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg ist jedenfalls nicht geboten, weil mit dem zwingenden versagungsgrund und der deshalb fehlenden erlaubnismöglichkeit derzeit keine grundrechte des klägers verletzt werden. es liegt zwar ein mittelbarer eingriff in das recht auf selbstbestimmtes sterben als teil des allgemeinen persönlichkeitsrechts vor (aa.). dieser eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt (bb.). 56aa. art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg gewährleistet nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts ein recht auf selbstbestimmtes sterben. das allgemeine persönlichkeitsrecht schließt danach das recht ein, selbstbestimmt die entscheidung zu treffen, sein leben eigenhändig bewusst und gewollt zu beenden. der grundrechtsschutz erstreckt sich auch auf die freiheit, bei der umsetzung der selbsttötung bei dritten hilfe zu suchen und sie, soweit sie angeboten wird, in anspruch zu nehmen. 57bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 203 ff. 58das verfügungsrecht über das eigene leben ist nicht auf schwere und unheilbare krankheitszustände oder bestimmte lebens- und krankheitsphasen beschränkt. die verwurzelung des rechts auf selbstbestimmtes sterben in der menschenwürdegarantie des art. 1 abs. 1 gg impliziert ferner, dass die eigenverantwortliche entscheidung über das eigene lebensende keiner weiteren begründung oder rechtfertigung bedarf. 59bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 210; teilweise anders noch bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 24 (schwer und unheilbar kranke menschen); offen gelassen von bverwg, urteil vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 21. 60in dieses grundrecht greift der zwingende versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg ein. 61so auch bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 26; a. a. di fabio, erwerbserlaubnis letal wirkender mittel zur selbsttötung in existenziellen notlagen, rechtsgutachten zum urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017, november 2017, s. 15 ff.; hillgruber, jz 2017, 777 (778 f.). 62die regelung setzt dem verkehr mit betäubungsmitteln schranken, indem sie die erlaubniserteilung verbietet. dadurch wird mittelbar das grundrecht auf selbstbestimmtes sterben beeinträchtigt. denn den suizidwilligen ist es so unmöglich, ihr leben auf die von ihnen gewünschte art und weise durch die - für einen schnellen und schmerzfreien tod als besonders geeignet geltende - einnahme von natrium-pentobarbital zu beenden. müssen sie damit auf verschreibungspflichtige arzneimittel und ggf. die inanspruchnahme etwa von sterbehilfevereinen oder ärzten zurückgreifen (vgl. hierzu nachfolgend), wird die ausübung des grundrechts durch § 5 abs. 1 nr. 6 btmg jedenfalls erschwert. diese beeinträchtigung ist auch von der zweckrichtung des betäubungsmittelgesetzes umfasst, die menschliche gesundheit und das leben zu schützen. dass der gesetzgeber bei der regelung der versagungsgründe in § 5 abs. 1 btmg die selbsttötungsfälle nicht im blick gehabt haben dürfte, ist insoweit unerheblich. dies führt lediglich dazu, dass das betäubungsmittelgesetz nicht unmittelbar - im sinne eines klassischen finalen eingriffs - darauf ausgerichtet ist, das recht auf selbstbestimmtes sterben zu beschränken. 63vgl. bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 26. 64bb. dieser eingriff in das allgemeine persönlichkeitsrecht ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 65die beschränkung des zugangs zu natrium-pentobarbital zum zweck der selbsttötung durch § 5 abs. 1 nr. 6 btmg ist am maßstab strikter verhältnismäßigkeit zu messen. ein grundrechtseinschränkendes gesetz genügt diesem grundsatz nur, wenn es geeignet und erforderlich ist, um die von ihm verfolgten legitimen zwecke zu erreichen, und die einschränkungen des jeweiligen grundrechtlichen freiheitsraums hierzu in angemessenem verhältnis stehen. bei der zumutbarkeitsprüfung ist zu berücksichtigen, dass sich derartige regelungen in einem spannungsfeld unterschiedlicher verfassungsrechtlicher schutzaspekte bewegen. die achtung vor dem grundlegenden, auch das eigene lebensende umfassenden selbstbestimmungsrecht desjenigen, der sich in eigener verantwortung dazu entscheidet, sein leben selbst zu beenden, tritt in kollision zu der pflicht des staates, die autonomie suizidwilliger und darüber auch das hohe rechtsgut leben zu schützen. dieses spannungsverhältnis aufzulösen, ist grundsätzlich aufgabe des gesetzgebers, dem bei der ausgestaltung und konkretisierung der staatlichen schutzpflicht ein einschätzungs-, wertungs- und gestaltungsraum zukommt. die verfassungsrechtliche prüfung erstreckt sich darauf, ob der gesetzgeber seinen einschätzungsspielraum in vertretbarer weise gehandhabt hat und dem konflikt zwischen der freiheits- und der schutzdimension des grundrechts angemessen rechnung getragen hat. 66vgl. zum ganzen bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 223 bis 225, m. w. n.; so auch schon bverwg, urteile vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 29 ff., und vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 22. 67dies zugrunde gelegt, ist der eingriff in das recht auf selbstbestimmtes sterben hier verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 68(1) der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg schützt legitime öffentliche interessen. die fehlende erlaubnisfähigkeit des erwerbs von betäubungsmitteln zum zweck der selbsttötung dient der suizidprävention, d. h. dem schutz von menschen in vulnerabler position und verfassung vor entscheidungen, die sie möglicherweise voreilig oder nur augenblicklich, in einem zustand mangelnder einsichtsfähigkeit oder nicht freiverantwortlich treffen, sowie der verhinderung von miss- und fehlgebrauch. mit der abwehr solcher gefahren erfüllt der gesetzgeber seine in der verfassung begründete staatliche schutzpflicht für das leben. 69vgl. bverwg, urteile vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 22, und vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 30; entsprechend für § 217 stgb auch bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 227 ff. 70(2) die fehlende erlaubnisfähigkeit ist zu diesem zweck geeignet und erforderlich. auch wenn andere möglichkeiten der selbsttötung verbleiben, kann sie den erstrebten rechtsgüterschutz zumindest fördern. ist der zugang zu natrium-pentobarbital, womit die selbsttötung auf schmerzfreie, regelmäßig schnelle und vergleichsweise sichere weise und bei einer behördlichen erlaubnis ohne hinzuziehung von ärzten oder sterbehilfevereinen erfolgen könnte, nicht möglich, erschwert das eine selbsttötung. denn jedenfalls in fällen, in denen der suizidwunsch folge einer unmittelbaren reaktion auf eine aktuelle lebenssituation ist und nicht dauerhaft, stabil, informiert, freiverantwortlich und insbesondere unbeeinflusst von akuten psychischen störungen besteht, ist die mangelnde freie verfügbarkeit eines tödlich wirkenden betäubungsmittels geeignet, die verwirklichung eines suizids zu verhüten. ferner wird einem gesellschaftlichen druck insbesondere auf vulnerable personen entgegengewirkt, der durch die eröffnung einer erlaubnismöglichkeit entstehen oder empfunden werden könnte, und missbrauch verhindert. um diese legitimen schutzanliegen zu erreichen, ist die regelung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg auch erforderlich. weniger eingriffsintensive, vergleichbar effektive alternative schutzmaßnahmen, mit denen ein unmittelbarer zugang privater zu einem tödlichen betäubungsmittel verhindert werden könnte, sind nicht erkennbar. 71(3) die von der vorschrift ausgehende einschränkung des rechts auf selbstbestimmtes sterben ist auch angemessen. 72geeignete und erforderliche maßnahmen sind einer gegenläufigen kontrolle mit blick darauf zu unterwerfen, ob die eingesetzten mittel unter berücksichtigung der davon ausgehenden grundrechtsbeschränkungen für den betroffenen noch in einem angemessenen verhältnis zu dem dadurch erreichbaren rechtsgüterschutz stehen. einschränkungen individueller freiheit sind nur dann angemessen, wenn das maß der belastung des einzelnen noch in einem vernünftigen verhältnis zu den der allgemeinheit erwachsenden vorteilen steht. der hohe rang, den die verfassung dem leben und der autonomie beimisst, vermag grundsätzlich deren effektiven präventiven schutz zu legitimieren. die empirisch gestützte fragilität eines selbsttötungsentschlusses wiegt gerade deshalb besonders schwer, weil sich entscheidungen über das eigene leben naturgemäß dadurch auszeichnen, dass ihre umsetzung unumkehrbar ist. die angemessenheit ist aber nicht mehr gegeben, wenn die staatliche maßnahme im gefüge der im übrigen bestehenden gesetzeslage die möglichkeiten einer selbsttötung in einem solchen umfang einschränkt, dass dem einzelnen faktisch kein raum zur wahrnehmung der verfassungsrechtlich geschützten freiheit verbleibt. angesichts der existentiellen bedeutung, die der freiheit zur selbsttötung für die selbstbestimmte wahrung der persönlichkeit zukommen kann, muss die möglichkeit hierzu bei realitätsgerechter betrachtung immer gewährleistet sein. dabei ist zu prüfen, ob der einzelne ohne verletzung seines selbstbestimmungsrechts auf die inanspruchnahme von alternativen verwiesen werden kann. 73vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 264 ff. 74hiervon ausgehend ist die fehlende erlaubnisfähigkeit derzeit angemessen. 75(a) der nationale gesetzgeber hat mit § 5 abs. 1 nr. 6 btmg seinen spielraum bei der abwägung zwischen dem selbstbestimmungsrecht des suizidwilligen einerseits und seiner schutzpflicht für leben und gesundheit andererseits nicht überschritten. 76vgl. schon ovg nrw, urteil vom 17. februar 2017 - 13 a 3079/15 -, a. a. o. rn. 67 ff. 77die zugangsverweigerung zu einer letalen dosis eines betäubungsmittels durch § 5 abs. 1 nr. 6 btmg schützt die selbstbestimmung des einzelnen über sein leben und damit das hohe rechtsgut des lebens als solches. dies dient, wie bereits ausgeführt, dem schutz von vulnerablen menschen gegenüber der umsetzung von nicht in freier selbstbestimmung getroffenen suizidwünschen sowie der verhinderung von miss- und fehlgebrauch. 78art. 1 abs. 1 satz 2 gg i. v. m. art. 2 abs. 2 satz 1 gg verpflichtet den staat, die autonomie des einzelnen bei der entscheidung über die beendigung seines lebens und hierdurch das leben als solches zu schützen. der vom grundgesetz geforderte respekt vor der autonomen selbstbestimmung des einzelnen setzt eine frei und unbeeinflusst von einer akuten psychischen störung gebildete entscheidung voraus. dem betroffenen müssen alle entscheidungserheblichen gesichtspunkte bekannt sein. er muss über seine lage und handlungsalternativen beraten und aufgeklärt sein. der entschluss, aus dem leben zu scheiden, muss von einer gewissen dauerhaftigkeit und inneren festigkeit getragen sein. seine entscheidung darf nicht durch zwang, drohung oder täuschung oder sonstige formen der einflussnahme dritter beeinträchtigt sein. angesichts der unumkehrbarkeit des vollzugs einer suizidentscheidung gebietet die bedeutung des lebens als ein höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen ordnung selbsttötungen entgegenzuwirken, die nicht von freier selbstbestimmung und eigenverantwortung getragen sind. da der schutz des lebens dem einzelnen von der verfassung als nicht rechtfertigungsbedürftiger selbstzweck zugesagt ist und er auf der unbedingten anerkennung der person in ihrer bloßen existenz beruht, darf und muss der gesetzgeber gesellschaftlichen einwirkungen wirksam entgegentreten, die als soziale pressionen wirken können und das ausschlagen von suizidangeboten rechtfertigungsbedürftig erscheinen lassen. 79bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 -, a. a. o. rn. 232 ff. 80die staatliche schutzpflicht zugunsten der selbstbestimmung und des lebens kann gegenüber dem freiheitsrecht des einzelnen den vorrang erhalten, wo dieser einflüssen ausgeliefert ist, die die selbstbestimmung über das eigene leben gefährden. diesen einflüssen darf die rechtsordnung durch vorsorge und durch sicherungsinstrumente entgegentreten. 81bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 -, a. a. o. rn. 275. 82vorkehrungen, die eine im vorstehend erläuterten sinne selbstbestimmte entscheidung gewährleisten, sieht das betäubungsmittelgesetz ebenso wenig vor wie bestimmungen dazu, wie eine sichere aufbewahrung eines nicht unmittelbar verwendeten präparats zu gewährleisten ist. derartige vorgaben können auch nicht im rahmen der verfassungskonformen auslegung in das gesetz hineingelesen, d. h. durch die rechtsprechung oder bei der gesetzesvollziehung durch die verwaltung bestimmt werden. 83so aber bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 31, 39 f. 84das diesbezügliche schutzkonzept zu entwickeln, soll ein zugang zu natrium-pentobarbital zur selbsttötung ermöglicht werden, ist vielmehr aufgabe des demokratisch legitimierten gesetzgebers, der insoweit über einen weiten gestaltungsspielraum verfügt. 85vgl. bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 9, sowie urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 338; bverwg, urteil vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 22; ovg nrw, urteil vom 19. august 2015 - 13 a 1299/14 -, a. a. o. rn. 119; urteil vom 17. februar 2017 ‑ 13 a 3079/16 -, a. a. o. rn. 69 ff., sowie beschluss vom 24. märz 2021 ‑ 9 b 50/21 -, nwvbl. 2021, 301 = juris rn. 8. 86welche anforderungen an den freien willen, die dauerhaftigkeit des selbsttötungsentschlusses oder die information über handlungsalternativen zu stellen wären und wie ein miss- oder fehlgebrauch verhindert werden könnte, ist auch eine ethische frage, die gesetzlich beantwortet werden müsste. 87vgl. auch gärditz, zfl 2017, 38 (51 f., 54); grünewald, jr 2021, 99 (103 f.); hillgruber, jz 2017, 777 (784). 88(b) die fehlende erlaubnisfähigkeit beschränkt auch nicht in fällen, in denen sich menschen wegen einer schweren und unheilbaren erkrankung in einer extremen notlage befinden, unangemessen das recht auf selbstbestimmtes sterben. die diesbezügliche rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, 89bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.16 -, a. a. o., 90ist durch das urteil des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 und die nachfolgende entwicklung rechtlich und tatsächlich überholt. damit ist in der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts nicht nur das grundrecht auf selbstbestimmtes sterben unabhängig von erkrankungen anerkannt und damit von den typischen situationen der sterbehilfe abgekoppelt worden. auch ist infolge der nichtigkeit des § 217 stgb eine tatsächliche entwicklung im bereich der sterbehilfe eingetreten, die nicht mehr mit den verhältnissen 2017 vergleichbar ist (siehe dazu nachfolgend). das bundesverwaltungsgericht hat aber als eine voraussetzung einer extremen notlage bestimmt, dass keine andere zumutbare möglichkeit zur verwirklichung des sterbewunsches zur verfügung steht. 91bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.16 -, a. a. o. rn. 31, 34 f. 92abgesehen davon erfüllt der kläger zur überzeugung des senats auch nicht die vom bundesverwaltungsgericht bestimmten voraussetzungen. hiernach ist erforderlich, dass der betroffene an einer schweren und unheilbaren erkrankung leidet, die mit gravierenden körperlichen leiden, insbesondere starken schmerzen verbunden ist, die bei ihm zu einem unerträglichen leidensdruck führen und nicht ausreichend gelindert werden können. insoweit ist bereits fraglich, ob der kläger derzeit noch im vorgenannten sinne an einer schweren und unheilbaren erkrankung leidet. insoweit kommt nach derzeitigem sachstand bei ihm nur das burkitt-lymphom in betracht. die diesbezüglich von ende november 2015 bis mitte juni 2016 durchgeführte therapie ist aber erfolgreich gewesen und hat zu einer vollständigen remission des tumors geführt. die einige jahre später im vorläufigen entlassungsbericht des städtischen klinikums m. vom 7. februar 2019 geäußerte verdachtsdiagnose eines rezidivs hat sich nach weiterer abklärung nicht bestätigt. ausweislich des nachtrags im entlassungsbrief vom 21. märz 2019 ergab sich kein anhalt für eine malignität, die knochengewebsauflösung im bereich der lendenwirbelsäule wurde als residualzustand des burkitt-lymphoms eingeordnet. unabhängig hiervon ist jedenfalls für einen unerträglichen leidensdruck nichts ersichtlich. der senat geht davon aus, dass diese voraussetzung nur erfüllt ist, wenn schwerstkranke derartig leiden, dass sie unmittelbar ihr leben beenden wollen. der kläger hat jedoch bereits mit seinem antrag vom 1. november 2017 gegenüber dem bfarm deutlich gemacht, dass er von dem natrium-pentobarbital nicht derzeit, sondern im fall des wiederauftretens der krebserkrankung gebrauch machen möchte, da er sich nicht abermals einer dann ggf. erneut erforderlich werdenden chemotherapie unterziehen wolle. gleiches hat er auch mit widerspruchsschreiben vom 24. september 2018 und klageschriftsatz vom 18. dezember 2018 sowie im rahmen seiner begutachtung durch dr. n. (vgl. s. 2 des psychiatrischen gutachtens vom 6. juni 2018) vorgetragen. das vorbringen des prozessbevollmächtigten im schriftsatz vom 21. oktober 2019, der kläger wolle sich dem letztlich durch palliativmedizinische maßnahmen nicht reduzierbaren leiden einschließlich der nicht beherrschbaren schmerzsymptomatik nicht mehr weiter ausgesetzt sehen, ist erkennbar auf die stellungnahme des bfarm vom 15. februar 2019 erfolgt, das eine unerträgliche leidenssituation verneint hat, und in dieser form durch nichts belegt. gleiches gilt, soweit der prozessbevollmächtigte auf den hinweis des bfarm im schreiben vom 12. november 2019, den übersandten entlassungsberichten seien keine anhaltspunkte für eine unerträgliche schmerzsymptomatik zu entnehmen, behauptet hat, der kläger könne ohne weiteres ein starkes opioid ärztlich verschrieben bekommen, lehne dies jedoch ab. dass der kläger sich unabhängig vom auftreten eines rezidivs derzeit suizidieren wolle, ist auch im übrigen nicht substantiiert dargetan. 93(c) die beschränkung suizidwilliger durch § 5 abs. 1 nr. 6 btmg steht auch nicht deshalb außer verhältnis zum öffentlichen interesse des autonomie- und lebensschutzes, weil das recht auf selbsttötung angesichts der rechtslage im übrigen damit faktisch entleert wäre. vielmehr ist derzeit - über die möglichkeiten des abbruchs oder der ablehnung einer lebenserhaltenden oder -verlängernden behandlung hinaus ‑ ein zumutbarer zugang zu freiwillig bereitgestellter suizidhilfe real eröffnet und dem einzelnen die wahrnehmung seines verfassungsrechtlich geschützten rechts so möglich. 94infolge des urteils des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 hat sich die tatsächliche situation grundlegend verändert. die möglichkeit, den wunsch nach selbstbestimmtem sterben zu verwirklichen, ist wesentlich verbessert. 95bverfg, beschlüsse vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 4 und 7, und vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. -, a. a. o. rn. 15. 96der erwerb einer letalen dosis von natrium-pentobarbital mit hilfe einer erlaubnis des bfarm ist derzeit nicht die einzige zumutbare möglichkeit suizidwilliger, ihren sterbewunsch umzusetzen. dies hat das verwaltungsgericht zu recht unter auswertung der von ihm eingeholten auskünfte und herangezogenen weiteren erkenntnisse angenommen. darauf wird bezug genommen. 97auch wenn weiterhin die mehrheit der ärzte aufgrund ihres selbstverständnisses nicht zur suizidhilfe bereit sein dürfte, 98vgl. zu statistischen erhebungen bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 285 ff. m. w. n., siehe auch die diskussion auf dem 124. deutschen ärztetag am 4./5. mai 2021, beschlussprotokoll, s. 144 ff., 99gibt es ärzte, die tödlich wirkende arzneimittel verschreiben und andere unterstützungshandlungen vornehmen. 100so auch bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 7; stellungnahmen des arztes für innere medizin und rettungsmedizin dr. med. dipl. biol. michael de ridder vom 29. oktober 2020 und vom 11. november 2020; frankfurter allgemeine sonntagszeitung, 28. november 2021, nr. 47, s. 15: „es berührt mich“; ärztezeitung vom 30. oktober 2021: in der regelungslücke bilden sich suizidhilfe-strukturen aus. 101der prozessbevollmächtigte des klägers hat als vorsitzender der dghs in der mündlichen verhandlung vor dem senat erklärt, es gebe bundesweit sechs ärzte, zu denen sie sterbewilligen kontakt vermitteln könnten. es riefen weiterhin einzelne ärzte an, die suizidhilfe leisten wollten. der leiter der bundesopiumstelle dr. cremer-schaeffer hat in der berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass die frage der ärztlichen suizidhilfe auf dem deutschen ärztetag im mai 2021 sehr kontrovers diskutiert worden sei, es also durchaus einige ärzte gebe, die dazu bereit seien. ferner hat er erklärt, es riefen bei ihnen immer wieder mal einzelne ärzte oder apotheker an, die suizidwillige unterstützen wollten und nach den rechtlichen regelungen fragten. 102das ärztliche berufsrecht steht der suizidhilfe nicht mehr generell entgegen. der 124. deutsche ärztetag hat am 4./5. mai 2021 eine änderung der musterberufsordnung beschlossen und § 16 satz 3 mbo-ä aufgehoben. diese bestimmung sah vor, dass ärzte keine hilfe zur selbsttötung leisten dürfen. zwar handelt es sich bei der musterberufsordnung für die in deutschland tätigen ärzte nur um einen normierungsvorschlag, der erst durch eine inkorporation in das satzungsrecht der landesärztekammern rechtsverbindlichkeit erlangt. 103bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 292. 104auch sind erst einzelne berufsordnungen geändert worden. allerdings enthielten einige landesberufsordnungen eine § 16 satz 3 mbo-ä entsprechende bestimmung schon zuvor nicht. die berufsordnungen der ärztekammern in baden-württemberg, bayern, berlin, bremen, rheinland-pfalz, sachsen, sachsen-anhalt, schleswig-holstein und thüringen untersagen die hilfe zur selbsttötung nicht bzw. nicht mehr. die berufsordnung der ärztekammer westfalen-lippe bestimmt, dass ärzte keine hilfe zur selbsttötung leisten „sollen“. soweit die berufsordnungen der ärztekammern in brandenburg, hamburg, hessen, mecklenburg-vorpommern, niedersachsen, nordrhein und saarland noch ausdrücklich das verbot der hilfe zur selbsttötung enthalten, kann angesichts der erst im mai 2021 erfolgten änderung der musterberufsordnung im übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass dies künftig so bleibt. 105dies zugrunde gelegt, kann der kläger nicht mit erfolg geltend machen, einen zur suizidhilfe bereiten arzt könnten er und andere suizidwillige nicht finden bzw. es dürfe ihnen nicht zugemutet werden, danach zu suchen. dabei hält der senat es mit dem bundesverfassungsgericht auch für zumutbar, die suche auf ein gebiet jenseits des eigenen wohnorts oder bundeslands zu erstrecken. 106so auch bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 7: „auch andere bundesländer als das land hessen in den blick nehmende suche“. 107infolge der nichtigkeit des § 217 stgb sind auch geschäftsmäßige angebote der suizidhilfe wieder verfügbar. sterbehilfeorganisationen wie der hamburger verein sterbehilfe oder dignitas deutschland haben nach presseberichten sowie den vom verwaltungsgericht eingeholten stellungnahmen ihre tätigkeit wieder aufgenommen. 108vgl. stellungnahme verein sterbehilfe vom 12. oktober 2020; kölner stadtanzeiger, 7. september 2020, s. 6: unsichere patienten, streitende ärzte,; die zeit, 12. mai 2021, s. 9: die freiheit zu sterben; siehe auch wdr, 5. januar 2022: diakonie wuppertal schafft grundlagen für „assistierte sterbehilfe“. 109der hamburger verein sterbehilfe deutschland hat nach presseberichten im jahr 2021 129 menschen zum suizid verholfen. 110vgl. rheinische post, 3. januar 2021: „sterbehilfe deutschland“ assistierte 2021 bei 129 suiziden. 111auch die dghs vermittelt seit dem frühjahr 2020 ihren mitgliedern sterbebegleitung durch teams aus ärzten und juristen. im jahr 2021 unterstützte die organisation nach den vom prozessbevollmächtigten des klägers in der berufungsverhandlung bestätigten angaben in einem medienbericht 120 menschen beim suizid. 112vgl. zeit online, 27. januar 2022: ein neuer gesetzentwurf für die suizidbeihilfe. 113sterbehilfeorganisationen vermitteln typischerweise auch kontakt zu ärzten und pharmazeuten, die trotz rechtlicher risiken bereit sind, in der medizinisch und pharmakologisch notwendigen weise an einer selbsttötung mitzuwirken. 114vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 297. 115die inanspruchnahme der hilfe eines arztes oder einer sterbehilfeorganisation zur verwirklichung des grundrechts auf selbstbestimmtes sterben hält der senat im sinne der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts für grundsätzlich zumutbar. 116vgl. bverfg, beschlüsse vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 4 und 7, und vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. -, a. a. o. rn. 15. 117soweit der kläger eingewendet hat, die mitgliedschaft in einer sterbehilfeorganisation sei ggf. für suizidwillige aus weltanschaulichen gründen nicht zumutbar, sind diese äußerungen schon nicht auf ihn selbst bezogen. davon abgesehen ist der kläger nach eigenem vorbringen im antrag vom 1. november 2017 mitglied in der dghs. aus welchem grunde der kläger gleichwohl, wie der prozessbevollmächtigte mit schriftsatz vom 5. märz 2021 vorgetragen hat, die voraussetzung einer mitgliedschaft in einer sterbehilfeorganisation zum zweck der inanspruchnahme von sterbehilfe durch diese nicht erfülle, wird ebenso wenig dargelegt wie die behauptung im schriftsatz vom 31. januar 2022, der kläger wolle „offenkundig“ nicht mitglied der dghs werden. soweit der prozessbevollmächtigte ferner geltend macht, der kläger sei finanziell nicht in der lage, die kosten für die inanspruchnahme der sterbehilfe aufzubringen, fehlt es auch insoweit an einem substantiierten vortrag. entsprechender darlegungen hätte es jedoch schon mit blick darauf bedurft, dass der kläger ausweislich seiner im vorläufigen entlassungsbericht des städtischen klinikums m. vom 24. november 2017 wiedergegebenen angaben in einem einfamilienhaus lebt, bzw., so das psychiatrische gutachten des dr. n. vom 6. juni 2018, in einer doppelhaushälfte. der einwand des klägers, er wolle auch keinen arzt in anspruch nehmen, da dieser möglicherweise seine entscheidung in frage stelle oder ihn zunächst beraten wolle, ist von vornherein nicht geeignet, die zumutbarkeit ärztlicher hilfe in frage zu stellen. denn der entscheidung für die beendigung des eigenen lebens kommt nur dann vorrang vor der staatlichen schutzpflicht zugunsten des lebens zu, wenn diese frei sowie in kenntnis und unter abwägung aller relevanten umstände gefasst worden ist. dass sich der arzt vor der hilfe zur selbsttötung der ernsthaftigkeit des suizidentschlusses vergewissert, stellt sich damit nicht als unangemessene einschränkung des rechts auf selbstbestimmung dar, sondern gewährleistet dieses vielmehr. der ‑ in allen anhängigen verfahren in gleicher weise erhobene ‑ einwand des prozessbevollmächtigten, der schwerkranke kläger sei körperlich (und mental) nicht mehr in der lage, recherchen nach einem suizidhilfebereiten arzt vorzunehmen, ist ungeachtet seiner rechtlichen relevanz mit den angaben im gutachten des dr. n. nicht in übereinstimmung zu bringen, wonach der kläger engagierte und anspruchsvolle ehrenamtliche tätigkeiten u. a. in der betreuung und unterstützung jugendlicher flüchtlinge und der erforschung und aufarbeitung der nationalsozialistischen vergangenheit in der region i. /m. leiste. 118dass sowohl ärzte als auch sterbehilfeorganisationen in deutschland bisher wohl nicht natrium-pentobarbital als mittel zur selbsttötung einsetzen, rechtfertigt keine andere betrachtung. aus den vom verwaltungsgericht zutreffend ausgeführten gründen kann auf zumutbare und humane weise eine selbsttötung erfolgen, indem eine kombination von verschreibungspflichtigen arzneimitteln eingenommen wird, die etwa auch schon vor inkrafttreten des § 217 stgb ende 2015 in einer vielzahl von fällen von sterbehilfeorganisationen in deutschland verwendet wurde. wegen der weiteren einzelheiten des einsatzes einer arzneimittelkombination wird auf die vom verwaltungsgericht eingeholte stellungnahme des arztes dr. med. michael de ridder vom 29. oktober 2020, die stellungnahme des vereins sterbehilfe vom 12. oktober 2020 sowie die ausführungen des dr. med. sitte im bundestagsausschuss für gesundheit, bt-drs. 19/4834, s. 4 f. verwiesen. der senat folgt insoweit der näher begründeten einschätzung des verwaltungsgerichts, dass einerseits ein erheblich erhöhtes risiko von komplikationen bei der verwendung der kombination verschreibungspflichtiger arzneimittel nicht besteht und andererseits es auch bei natrium-pentobarbital, das grundsätzlich als schmerzfreies, schnelles und weitgehend risikofreies tötungsmittel gilt und bei der sterbehilfe etwa in der schweiz und in den niederlanden eingesetzt wird, zu komplikationen kommen kann. so hat etwa auch die bundesapothekerkammer darauf hingewiesen, dass letzteres nicht kritiklos als geeignetes mittel zur selbsttötung betrachtet werden sollte, da die tödliche wirkung nicht immer wie beabsichtigt eintrete. 119stellungnahme der bundesapothekerkammer vom 1. juli 2020 zu möglichen eckpunkten einer neuregelung der suizidassistenz, https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/stellungnahmen/. 120hinzu kommt, dass es mit dem verschreibungspflichtigen fertigarzneimittel thiopental ein anderes, nicht der anlage iii des betäubungsmittelgesetzes unterfallendes barbiturat gibt, das bei selbsttötungen u. a. von sterbehilfevereinen ‑ teilweise ergänzt um ein muskelrelaxierendes mittel - intravenös verwendet wird. 121vgl. auch wissenschaftlicher dienst des deutschen bundestags, sachstand, medikamente zur selbsttötung, 10. juni 2020, wd 9 - 3000 - 020/20, s. 8. 122nach den angaben des prozessbevollmächtigten des klägers in der berufungsverhandlung wird dieses auch von den mit der dghs kooperierenden ärzten (ausschließlich) eingesetzt und ist damit in mehr als 120 fällen verwendet worden. 123diese zumutbaren alternativen bestehen zur überzeugung des senats im maßgeblichen zeitpunkt der berufungsverhandlung auch für den kläger. insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass dieser die kombination verschreibungspflichtiger medikamente nicht oral zu sich nehmen könnte. das vorbringen im berufungsbegründungsschriftsatz vom 5. märz 2021, eine einnahme von rund 100 tabletten sei aufgrund des krankheitsstadiums des klägers, der zunehmend schluckbeschwerden habe, hoch riskant, ist in sämtlichen beim senat anhängigen verfahren in den schriftsätzen vom gleichen tage in gleicher form enthalten und daher schon mangels bezugs zum konkreten einzelfall nicht ohne weiteres als zutreffend anzunehmen. den vorliegenden ärztlichen berichten ist zudem nichts hierfür zu entnehmen, weitere arztberichte sind nicht eingereicht worden. im übrigen werden nach der stellungnahme von dr. med. de ridder vom 29. oktober 2020 die tabletten nicht einzeln zu sich genommen, sondern zermörsert in fruchtjoghurt oder apfelmus bzw. in tee aufgelöst. der verein sterbehilfe führt in seiner stellungnahme vom 12. oktober 2020 aus, die von ihnen eingesetzten verschreibungspflichtigen medikamente würden getrunken (drei gläser). darüber hinaus steht mit thiopental ein intravenös einsetzbares mittel zur verfügung, das auch die mit der dghs kooperierenden ärzte verwenden. 124bestehen damit zumutbare alternativen für den kläger, sein recht auf selbstbestimmtes sterben zu verwirklichen, kommt es auf die frage, ob § 13 abs. 1 btmg verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass er eine ärztliche verschreibung von natrium-pentobarbital oder dessen überlassung zum unmittelbaren verbrauch und damit einen alternativen zugang zu dem betäubungsmittel ermöglicht, 125offen gelassen von bverfg, beschluss vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. -, a. a. o. rn. 14, 126nicht an. der senat weist allerdings auf folgendes hin: würde man die realisierung eines suizidwunsches mithilfe verschreibungspflichtiger und -fähiger arzneimittel generell oder im einzelfall für nicht möglich oder nicht zumutbar halten, wäre die zugangsmöglichkeit nach § 13 abs. 1 btmg, § 2 abs. 1 lit. b btmvv eine gegenüber der hier begehrten erlaubnis zum erwerb dieses betäubungsmittels vorrangige alternative. auch das bundesverfassungsgericht hat in der vorgenannten entscheidung lediglich diesen weg, nicht aber den der erlaubnis nach § 3 abs. 1 nr. 1 btmg angesprochen. so könnten der schutz der autonomie und des lebens von suizidwilligen jedenfalls in höherem maße gewährleistet werden. 127so auch leopoldina, neuregelung des assistierten suizids - ein beitrag zur debatte diskussion nr. 26, 2021, s. 6; hillgruber, jz 2017, 777 (784); oglakcioglu, medr 2019, 450 (454); vgl. ebenso die stellungnahme von dr. med. de ridder vom 29. oktober 2020. 128(d) das grundrecht auf selbstbestimmtes sterben wird schließlich entgegen der auffassung des klägers nicht deshalb unangemessen beschränkt, weil die genannten zumutbaren möglichkeiten der realisierung des freiheitsrechts nicht seinen vorstellungen zur beendigung seines lebens entsprechen. 129der einzelne kann lediglich verlangen, dass sein grundrecht auf selbstbestimmtes sterben nicht faktisch leer läuft, dass er es also auf humane weise realisieren kann. ein unverhältnismäßiger grundrechtseingriff liegt nicht schon dann vor, wenn eine konkrete, vom grundrechtsträger für sich gewünschte art und weise der selbsttötung nicht möglich ist. dass der kläger (ohne inanspruchnahme der hilfe professioneller dritter) mit natrium-pentobarbital sein leben beenden möchte, ist eine nachvollziehbare, zu respektierende entscheidung, begründet allerdings keine grundrechtsverletzung. 130vgl. ovg nrw, urteil vom 17. februar 2017 ‑ 13 a 3079/15 -, a. a. o. rn. 80. 131das nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts bestehende recht auf selbstbestimmtes sterben beinhaltet entgegen der auffassung des klägers keinen anspruch darauf, dass der staat ihm den suizid in der gewünschten art und weise ermöglicht. 132das von art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg geschützte recht, sich selbst zu töten, umfasst zwar auch die freiheit, sich hierfür bei dritten hilfe zu suchen. es schützt damit vor verboten gegenüber dritten, im rahmen ihrer freiheit unterstützung anzubieten. 133vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 213. 134die rechtsordnung muss aber lediglich sicherstellen, dass der zugang zu freiwillig bereitgestellter suizidhilfe dritter real eröffnet bleibt. ein anspruch gegenüber dritten, bei einem selbsttötungsvorhaben unterstützt zu werden, besteht in anbetracht von deren gewissensfreiheit hingegen nicht. 135vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 284, 289. 136ebenso lässt sich aus dem grundrecht grundsätzlich kein anspruch gegenüber dem staat darauf ableiten, dass dieser den (unmittelbaren) zugang zu natrium-pentobarbital durch eine erwerbserlaubnis ermöglicht. 137vielmehr ist es nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts aufgabe des demokratisch legitimierten gesetzgebers, die suizidhilfe zu regeln. dabei darf er deren zulässigkeit nicht von materiellen kriterien wie einer unheilbaren oder tödlich verlaufenden krankheit abhängig machen. er darf aber ein prozedurales sicherungskonzept entwickeln und je nach lebenssituation unterschiedliche anforderungen an den nachweis der ernsthaftigkeit und dauerhaftigkeit eines selbsttötungswillens stellen. 138bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 340. 139ob und wie der zugang zu einer letalen dosis eines betäubungsmittels eröffnet wird, ist deshalb eine frage, über die in erster linie der gesetzgeber innerhalb seines gestaltungsspielraums zu entscheiden hat. 140vgl. ovg nrw, urteil vom 17. februar 2017 ‑ 13 a 3079/16 -, a. a. o. rn. 69 ff.; gärditz, zfl 2017, 38 (51); hillgruber, jz 2017, 777 (784); teichmann/camprubi, medr 2021, 141 (146). 141das bundesverfassungsgericht hat lediglich angeführt, dass „möglicherweise“ anpassungen des betäubungsmittelrechts gefordert seien. weiter hat es darauf hingewiesen, dass es nicht ausgeschlossen sei, im bereich des betäubungsmittelrechts verankerte elemente des verbraucher- und missbrauchsschutzes aufrechtzuerhalten und in ein schutzkonzept im bereich der suizidhilfe einzubinden. 142vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 341 f.; siehe auch grünewald, jr 2021, 99 (104). 143der gesetzgeber ist zwar dieser - von ihm im gesetzgebungsverfahren zu § 217 stgb anerkannten - aufgabe bisher nicht nachgekommen. in der abgelaufenen 19. wahlperiode gab es verschiedene diskussions- und gesetzentwürfe, zu einem konkreten gesetzgebungsverfahren ist es aber nicht gekommen. 144gesetzentwurf der abgeordneten künast und keul, entwurf eines gesetzes zum schutz des rechts auf selbstbestimmtes sterben; gesetzentwurf der abgeordneten helling-plahr, lauterbach, sitte, schulz und fricke, entwurf eines gesetzes zur regelung der suizidhilfe; diskussionsentwurf des gesundheitsministeriums, entwurf eines gesetzes zur neufassung der strafbarkeit der hilfe zur selbsttötung und zur sicherstellung der freiverantwortlichen selbsttötungsentscheidung; eckpunktepapier von castellucci, heveling, kappert-gonther, gröhe u. a.; ferner: borasio/jox/taupitz/wiesing, selbstbestimmung im sterben - fürsorge zum leben, ein verfassungskonformer gesetzesvorschlag zur regelung des assistierten suizids; dghs, entwurf eines gesetzes zum umgang mit suizid und sterbehilfe; deutsche stiftung patientenschutz, vorschlag für eine neufassung des § 217 stgb, 19. juni 2020; dorneck/gassner/kersten u. a., sterbehilfegesetz, augsburg-münchner-hallescher-entwurf, tübingen 2021; leopoldina, neuregelung des assistierten suizids - ein beitrag zur debatte, 2021, diskussion nr. 26; zu einigen der entwürfe auch neumann, njoz 2021, 385 ff. 145im koalitionsvertrag der derzeit regierenden parteien ist lediglich die rede davon, es werde begrüßt, wenn durch zeitnahe fraktionsübergreifende anträge das thema sterbehilfe einer entscheidung zugeführt werde. 146mehr fortschritt wagen, koalitionsvertrag zwischen spd, bündnis 90/die grünen und fdp, s. 113; vgl. jüngst fraktionsübergreifender vorschlag eines gesetzentwurfs: https://kappertgonther.de/2022/01/vorschlag-zur-neuregelung-der-sterbehilfe/; dazu: zeit online, 27. januar 2022: ein neuer gesetzentwurf für die suizidhilfe; zdf, 26. januar 2022: wie weiter mit der sterbehilfe. 147so ist inzwischen nicht nur ein weitgehend regelungsloser und im hinblick auf den lebensschutz problematischer zustand im bereich der geschäftsmäßigen suizidhilfe entstanden, sondern auch die frage des einsatzes von betäubungsmitteln zur selbsttötung nach wie vor nicht ausdrücklich geregelt. dies kann aber, jedenfalls solange das grundrecht auf selbstbestimmtes sterben zumutbar realisiert werden kann, nicht dazu führen, einen erlaubnisanspruch anzunehmen. damit würde die gesetzgeberische gestaltungsentscheidung faktisch vorweggenommen. 148vgl. bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 9. 1494. die europäische menschenrechtskonvention, die als auslegungshilfe für die bestimmung von inhalt und reichweite der grundrechte heranzuziehen ist, gebietet keine andere bewertung. 150art. 8 abs. 1 emrk gewährleistet als ausprägung des rechts auf achtung des privatlebens das recht des einzelnen, darüber zu entscheiden, wann und wie er sein leben beenden möchte. dieses recht kann aber aus gründen des lebensschutzes und der autonomie eingeschränkt werden. bei der abwägung zwischen dem selbstbestimmungsrecht des einzelnen und der aus art. 2 emrk abgeleiteten schutzpflicht des staates für das leben kommt den staaten ein erheblicher einschätzungs- und ermessensspielraum zu. 151vgl. zum ganzen egmr, urteile vom 14. mai 2013 - 67810/10 (gross) -, rn. 58 ff., m. w. n., vom 19. juli 2012 - 497/09 (koch) -, njw 2013, 2953 = juris rn 68 f., sowie vom 20. januar 2011 - 31322/07 (haas) -, njw 2011, 3773, rn. 51 ff.; bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 302 ff.; bverwg, urteil vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 25. 152hiervon ausgehend stehen die vorstehenden bewertungen im einklang mit art. 8 abs. 1 emrk. der den mitgliedstaaten zustehende spielraum ist aus den oben ausgeführten gründen mit der fehlenden erlaubnisfähigkeit des erwerbs eines betäubungsmittels zur selbsttötung nicht überschritten. 153die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 2 vwgo. 154die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 155die revision ist wegen grundsätzlicher bedeutung gemäß § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo zuzulassen. im hinblick auf den versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg stellen sich infolge des urteils des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. - sowie der nachfolgenden beschlüsse vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. - und vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 - rechtsfragen, die höchstrichterlich noch nicht entschieden sind. |
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} | 9 A 146/21 | 2022-02-02T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der am 14. November 1970 geborene Kläger begehrt die Erlaubnis zum Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung. 3Der Kläger leidet seit 1997 an Multipler Sklerose (MS). Auf dem EDSS-Level, das die Schwere der Erkrankung auf einer Skala von 1,0 bis 10,0 Punkten anzeigt, wurde der Zustand des Klägers im Juli 2018 auf der Stufe 8,5 eingeordnet. Der Kläger leidet trotz zahlreicher Therapieversuche unter einer Tetraplegie, einer beidseitigen Lähmung unterhalb des Schultergürtels; Arme und Beine sind vollständig gelähmt, die Muskulatur im Bereich des Rumpfes und der inneren Organe ist geschwächt. Hinzu treten eine Blasen- und eine Mastdarmentleerungsstörung. Rückenschmerzen und Spastiken können durch die Einnahme von Medikamenten gedämpft werden. Der Kläger benötigt eine umfassende Hilfestellung bei der Körperpflege und allen Alltagsaktivitäten rund um die Uhr (Pflegegrad 5). 4Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19. Juni 2017 beantragte der Kläger beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erteilung einer Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG zum Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Begehung eines Suizids. Er legte verschiedene Befundberichte des Universitätsklinikums T. , Klinik für Neurologie, vor. Zur Begründung berief er sich auf seine Grundrechte sowie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, wonach die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes dahingehend verfassungskonform auszulegen sind, dass sie der Erlaubniserteilung nicht entgegenstehen, wenn sich der Antragsteller in einer extremen Notlage befindet. Die Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts erfülle er. Er habe aufgrund seines 20-jährigen Leidens und der schlechten Prognose des Krankheitsverlaufs nach reiflicher Überlegung den freien Entschluss gefasst, mit Assistenz aus dem Leben zu scheiden, um sein unerträgliches Leiden auf humane Weise zu beenden. Er könne als Mitglied der Schweizer Sterbehilfeorganisation „lifecircle“ den Suizid zwar in professionell begleiteter Weise in der Schweiz durchführen. Die Reise setze ihn allerdings Belastungen aus, die er kaum noch hinzunehmen in der Lage sei. Mit Schreiben vom 25. Juli 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Prüfung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts nehme noch Zeit in Anspruch, und verwies auf Maßnahmen der Palliativmedizin. 5Am 17. Oktober 2017 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Köln Untätigkeitsklage erhoben und die Verpflichtung der Beklagten begehrt, unverzüglich einen Bescheid zu erlassen. 6Durch Bescheid vom 23. August 2018 lehnte das BfArM den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die mit Schreiben vom 14. März 2018 angeforderten Angaben und Unterlagen, insbesondere fachärztliche Gutachten zum Krankheitsverlauf, zu palliativmedizinischen Maßnahmen, zur Freiwilligkeit der Suizidentscheidung und zu möglichen Alternativen zur Verwirklichung des Sterbewunsches, seien nicht vorgelegt worden, sodass eine Prüfung des Sachverhalts nicht möglich sei. 7Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21. September 2018 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Der Bescheid verletze ihn in seinen Rechten aus Art. 1 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie aus Art. 2, 3 und 8 EMRK. Eine individuelle Prüfung seines Antrags habe das BfArM schon nicht vorgenommen. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 sowie der Rechtsprechung des EGMR. Der Kläger legte zudem eine persönliche Erklärung zum Suizidentschluss sowie einen aktuellen ärztlichen Befundbericht des Universitätsklinikums T. vom 23. Juli 2018 vor. Nach einem weiter eingereichten Psychiatrischen Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. V. N. vom 14. Juli 2018 ist eine freie, ernsthafte und selbstbestimmte Entscheidungsfähigkeit zum Suizid beim Kläger gegeben. Die Vorlage weiterer, vom BfArM geforderter Unterlagen lehnte der Kläger ab. Insbesondere könne ihm die Vorlage eines palliativmedizinischen Gutachtens nicht abverlangt werden, da niemandem eine solche Behandlung vorgegeben werden könne. 8Durch Widerspruchsbescheid vom 7. November 2018 wies das BfArM den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass einem Anspruch auf Erteilung einer Erwerbserlaubnis für eine letale Dosis eines Betäubungsmittels der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. Nr. 6 BtMG entgegenstehe. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts komme ein Anspruch nicht in Betracht, da der Kläger die erforderlichen Angaben und Unterlagen, insbesondere zu den palliativmedizinischen Möglichkeiten, nicht beigebracht habe. 9Nach mündlicher Verhandlung hat das Verwaltungsgericht am 19. November 2019 beschlossen, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG, die den Erwerb von Betäubungsmitteln der Anlage III zum Zweck der Selbsttötung ohne Ausnahme ausschließe, mit dem aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Grundrecht auf Selbstbestimmung über den Zeitpunkt und die Art des eigenen Todes als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vereinbar sei. 10Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorlage durch Beschluss des 1. Senats vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 7/20 - als unzulässig zurückgewiesen. Die Begründung des Vorlagebeschlusses genüge nicht, um die Verfassungswidrigkeit der Normen des Betäubungsmittelgesetzes auch unter geänderten Rahmenbedingungen darzulegen. Denn der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts habe durch das Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. - die Unvereinbarkeit des § 217 StGB mit dem Grundrecht auf einen selbstbestimmten Tod festgestellt. Damit entfalle eine maßgebliche Erwägung des Verwaltungsgerichts für die Frage nach der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme von Sterbehilfe anstelle einer Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung. 11Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Auskünften zu alternativen Methoden der Suizidassistenz. Es wurden Stellungnahmen der „Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin“ vom 8. Oktober 2020, des Vereins „Sterbehilfe“ Hamburg vom 12. Oktober 2020, des Vereins „Dignitas-Deutschland e.V.“ vom 12. Oktober 2020 und des Arztes für Innere Medizin und Rettungsmedizin Dr. med. Dipl. biol. Michael de Ridder vom 29. Oktober 2020 und vom 11. November 2020 übersandt. Ferner hat das BfArM Stellungnahmen zur Praxis der Sterbehilfe in den Niederlanden, Belgien und im US-Bundesstaat Oregon vom 19. Oktober 2020 und vom 6. November 2020 übermittelt. 12Zur Begründung seiner Klage hat sich der Kläger auf die Menschenwürde, Art. 1 GG, sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, sowie Art. 2, 3 und 8 EMRK berufen. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu § 217 StGB ergebe sich, dass der Staat einem Suizidwilligen die tatsächliche Umsetzung seines Sterbewunsches faktisch zu ermöglichen habe, jedenfalls dürfe er diese nicht unmöglich machen. Hierzu gehöre auch, dass der Staat einem Suizidwilligen nicht den Zugang zu einem letal wirkenden Betäubungsmittel verwehren dürfe. Der Staat dürfe die Hilfe zur Selbsttötung auch nicht von objektiven Prüfkriterien, wie einer unheilbaren oder tödlich verlaufenden Krankheit oder einer extremen Notlage, abhängig machen, da der individuelle Suizidentschluss als Akt autonomer Selbstbestimmung zu respektieren sei. Daher sei es auch unerheblich, ob andere zumutbare Möglichkeiten zur Verwirklichung des Sterbewunsches, zum Beispiel eine palliativmedizinische Versorgung, zur Verfügung stünden. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG sei nunmehr dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass ein Betäubungsmittel zum Zweck des Suizides grundsätzlich zur Verfügung gestellt werden könne. Ein Missbrauch stehe nicht zu befürchten. Die Erlaubnis könne nur dann versagt werden, wenn kein freiverantwortlicher Entschluss zum Suizid vorliege. Aus dem Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 20. Mai 2020 eine verfassungskonforme Auslegung des § 13 Abs. 1 BtMG für möglich gehalten habe, ergebe sich, dass das Gericht auch die verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG in Betracht ziehe. Denn der primäre Zweck des Betäubungsmittelgesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern, gelte für beide Rechtsnormen. Eine ärztliche Verschreibung von Natrium-Pentobarbital in tödlicher Dosierung durch einen Arzt gemäß § 13 Abs. 1 BtMG komme als Alternative zu einer Erwerbserlaubnis nicht in Betracht. Die Suche nach einem Arzt, der hierzu bereit sei, sei wegen der fortbestehenden Verbote im Berufsrecht äußerst schwierig und unzumutbar. Auch die Verschreibung einer Kombination von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zum Zweck der Selbsttötung sei keine zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches. Es bestehe die Gefahr erheblicher Komplikationen. Außerdem gebe es Patienten, die aufgrund erheblicher Schluckbeschwerden gar nicht in der Lage seien, ca. 100 Tabletten des tödlichen Arzneimittels zu schlucken. 13Der Kläger hat beantragt, 14die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2018 zu verpflichten, ihm eine Erlaubnis zum Erwerb von 15 Gramm Natrium-Pentobarbital zu erteilen. 15Die Beklagte hat beantragt, 16 die Klage abzuweisen. 17Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine verfassungskonforme Auslegung des Versagungsgrunds des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG, die ausnahmsweise zu einer Erlaubniserteilung in Fällen einer existentiellen Notlage führen könne, sei wegen eines Verstoßes gegen die richterliche Gesetzesbindung nicht möglich. Dies gelte auch für eine verfassungskonforme Auslegung von § 13 Abs. 1 BtMG. Die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Das Gericht habe zu der Frage, ob der Staat verpflichtet sei, sterbewilligen Menschen eine betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis zu erteilen, im Urteil vom 26. Februar 2020 keine Aussage getroffen. Die Frage einer verfassungskonformen Auslegung des § 13 Abs. 1 BtMG sei im Beschluss vom 20. Mai 2020 offen gelassen worden. Auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts komme eine Erlaubniserteilung nicht in Frage, sofern eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches bestehe. Die in Deutschland bestehenden Sterbehilfeorganisationen hätten ihre Tätigkeit nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wieder aufgenommen. Dort werde Suizidassistenz durch Verschreibung einer Kombination von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (nicht Betäubungsmitteln) geleistet. Die Auffassung, Natrium-Pentobarbital sei das für eine Selbsttötung am besten geeignete Mittel, weil nicht mit Komplikationen zu rechnen sei, sei nicht belegt und nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil seien nach amtlichen Berichten aus den Niederlanden und dem US-amerikanischen Bundesstaat Oregon Komplikationen auch bei der Verwendung von Natrium-Pentobarbital aufgetreten. Ungeachtet dessen lägen die Voraussetzungen nicht vor, die das Bundesverwaltungsgericht für einen Anspruch auf Erteilung einer Erwerbserlaubnis für ein tödlich wirkendes Betäubungsmittel festgelegt habe. Der Kläger habe die für eine sorgfältige Prüfung erforderlichen Unterlagen nicht beigebracht. Insbesondere bedürfe es eines Gutachtens eines Palliativmediziners zu den Möglichkeiten einer Leidensminderung und zu Alternativen zur Verwirklichung des Sterbewunsches. 18Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 24. November 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital. Er bedürfe dieser Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG, weil er nicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG eine entsprechende ärztliche Verschreibung erlangen könne. Der Erlaubniserteilung durch das BfArM stehe der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegen, weil die Verwendung eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung nicht mit dem Zweck des Gesetzes vereinbar sei, Gesundheit und Leben der Bevölkerung zu schützen. Eine verfassungskonforme Auslegung der Norm in Ausnahmefällen einer extremen Notlage im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht möglich, weil sie gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz verstoße. Sie sei derzeit aber auch nicht geboten. Der Eingriff in das aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf einen selbstbestimmten Tod sei nicht mehr verfassungswidrig. Zwar bestünden nach wie vor Zweifel, ob die ausnahmslose Untersagung einer Erwerbserlaubnis für Natrium-Pentobarbital verfassungsgemäß sei. Jedoch hätten sich mit dem Entfall der Strafbarkeit einer geschäftsmäßigen Förderung der Suizidbeihilfe die Rahmenbedingungen verändert. Das Zugangsverbot für ein tödlich wirkendes Betäubungsmittel greife nicht mehr unverhältnismäßig in das Selbstbestimmungsrecht von Personen ein, die sich eigenverantwortlich zu einem Suizid entschlossen hätten. Über eine Sterbehilfeorganisation oder einen Arzt, der zu einem assistierten Suizid bereit sei, sei der Zugang zu einer Kombination von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln möglich, mit der eine Selbsttötung zumutbar und human durchgeführt werden könne. Dies sei für eine Übergangszeit - bis der Gesetzgeber ein sinnvolles Schutzkonzept für die Sterbehilfe entwickelt habe - zumutbar und ausreichend, um das Recht auf selbstbestimmtes Sterben zu verwirklichen. 19Dagegen hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Eine verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG sei ‑ wie auch vom Bundesverfassungsgericht für § 13 Abs. 1 BtMG angedeutet ‑ möglich und geboten. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf einen freiverantwortlichen, sicheren, schmerzfreien und damit humanen Suizid könne nicht an betäubungsmittelrechtlichen Regelungen scheitern. Ein Missbrauch sei nicht zu befürchten. Er erfülle auch die Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 2. März 2017 entwickelt habe. Darüber hinaus sei die Beschränkung auf extreme Notlagen, insbesondere schwere und unheilbare Krankheiten mit unerträglichem Leidensdruck, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 nicht mehr haltbar. Andere zumutbare Alternativen gebe es - auch nach dem Entfallen der Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung - nicht. Er sei zwar der Auffassung, dass Ärzte gemäß § 13 Abs. 1 BtMG ein Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung verschreiben dürften. Da dies aber überwiegend anders gesehen werde, gebe es keinen Arzt, der Natrium-Pentobarbital verschreibe. Die alternative Einnahme einer letal wirkenden Medikamentenkombination mit zum Teil ca. 100 Tabletten sei generell zu risikoreich und aufgrund seines Krankheitsstadiums untauglich. Er habe Schluckbeschwerden, die zugenommen hätten. Auch wenn er seine Nahrung noch unzerkleinert essen könne, komme es immer wieder vor, dass er sich dabei verschlucke. Den schwer kranken Patienten sei es auch weder möglich noch zumutbar, einen Arzt zu finden, der in diesem Sinne zur Suizidbeihilfe bereit sei. Er sei zwar Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS). Die mit ihr kooperierenden Ärzte verwendeten aber nur das intravenös zu verabreichende Narkosemittel Thiopental und er könne aus körperlichen Gründen die Infusion nicht in Gang setzen. Die Inanspruchnahme einer Sterbehilfeorganisation sei aus weltanschaulichen und finanziellen Gründen unzumutbar. Abgesehen davon wolle er sich ohne die Hilfe eines professionellen Dritten im engsten Familienkreis und nur mit Hilfe seiner Schwester suizidieren, was ihm nur mit dem Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital sicher möglich sei. Ob palliativmedizinische Maßnahmen in Betracht kämen, sei unerheblich, weil es seine Entscheidung sei, ob er diese in Anspruch nehmen wolle. Er lehne sie ab. 20Der Kläger beantragt, 21das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen. 22Die Beklagte beantragt, 23die Berufung zurückzuweisen. 24Zur Begründung verweist sie auf das angefochtene Urteil sowie das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Di Fabio und trägt weiter vor, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG stehe der Erlaubniserteilung entgegen. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital zu Suizidzwecken sei nicht mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, d. h. Krankheiten zu heilen oder Leiden zu lindern, vereinbar. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere liege kein grundrechtswidriger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG vor. Das Grundrecht finde seine Grenze in der Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Leben, wie sie auch im Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zum Ausdruck komme. Das daraus folgende grundsätzliche Verbot des Erwerbs von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung ziele darauf ab, Menschen, die möglicherweise nicht im Stande seien, vernunftgemäß und freiverantwortlich zu entscheiden, vor der missbräuchlichen Einflussnahme Dritter und den Gefahren einer übereilten, versehentlichen oder absichtlichen und nicht revidierbaren Einnahme einer tödlichen Betäubungsmitteldosis zu schützen. Bei der normativen Umsetzung der Schutzpflicht für das Leben komme dem Gesetzgeber ein Spielraum zu, den er nicht überschritten habe. Dass der Staat verpflichtet sei, sterbewilligen Menschen bei der Durchführung ihres Vorhabens zu helfen, ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 nicht. Infolge dieses Urteils bestünden zumutbare Alternativen, da Sterbehilfeorganisationen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen hätten und es auch Ärzte gebe, die zur Suizidbeihilfe bereit seien. Nachdem nun auch noch die Musterberufsordnung für Ärztinnen und Ärzte geändert worden sei, bestehe kein rechtliches Hindernis mehr für Ärzte, Suizidhilfe zu leisten. Dies geschehe derzeit auch, und zwar nach Presseberichten auch durch die DGHS, deren Präsident der Prozessbevollmächtigte des Klägers sei. Abgesehen davon scheide die vom Kläger geforderte verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG aus, weil dessen Wortlaut sowie der erkennbare Wille des Gesetzgebers dem entgegenstünden. Darüber hinaus habe der Kläger auch nicht glaubhaft gemacht, dass er die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Erlaubniserteilung erfülle. 25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 26Entscheidungsgründe: 27Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zu Recht als unbegründet abgewiesen. 28Der den entsprechenden Antrag des Klägers ablehnende Bescheid des BfArM vom 23. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2018 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zum Zweck einer Selbsttötung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Erwerb dieses Mittels ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG erlaubnispflichtig (1.). Der Erteilung der Erlaubnis steht der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegen (2.). Eine verfassungskonforme Auslegung des Versagungsgrundes ist nicht geboten (3.) Die Europäische Menschenrechtskonvention gebietet keine andere Bewertung (4.). 291. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG erlaubnispflichtig. 30Nach dieser Vorschrift bedarf einer Erlaubnis des BfArM, wer Betäubungsmittel (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG) anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen oder erwerben will. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Pentobarbital, das zur Wirkstoffgruppe der Barbiturate gehört, zählt zu den verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG. Pentobarbital wird wegen der besseren Wasserlöslichkeit regelmäßig in Form eines Natriumsalzes verwendet (Natrium-Pentobarbital). 31Vgl. zum Wirkstoff Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags, Sachstand, Medikamente zur Selbsttötung, 10. Juni 2020, WD 9 - 3000 - 020/20, S. 4, 9; Apotheke adhoc vom 26. Oktober 2021: Pentobarbital - ein langwirksames Barbiturat. 32Der Kläger beabsichtigt dessen Erwerb. 33Eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht nach § 4 BtMG liegt nicht vor. Insbesondere greift keiner der Tatbestände des § 4 Abs. 1 Nr. 3 BtMG. Danach bedarf einer Erlaubnis nach § 3 des Gesetzes nicht, wer in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel auf Grund ärztlicher Verschreibung (lit. a) oder von einem Arzt ‑ im Rahmen einer ambulanten Palliativversorgung ‑ nach § 13 Abs. 1a Satz 1 (lit. c) erwirbt. Über eine solche Verschreibung oder Versorgung verfügt der Kläger nicht. Vielmehr begehrt er den unmittelbaren Erwerb des Betäubungsmittels ohne ärztliche Verschreibung, sondern mithilfe einer Erlaubnis des BfArM. Er ist der Auffassung, „der Staat“ müsse ihm das Betäubungsmittel zur Verfügung stellen, damit er selbstbestimmt im privaten Umfeld - ohne Inanspruchnahme eines Arztes oder einer Sterbehilfeorganisation - und nur im Beisein seiner Familie aus dem Leben scheiden könne. Auf die Frage, ob § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG die ärztliche Verschreibung von Natrium-Pentobarbital durch einen Arzt zulässt, kommt es damit hier nicht an. 342. Der Erteilung der Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG steht der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegen. 35Nach dieser Vorschrift ist die Erlaubnis nach § 3 BtMG zu versagen, wenn die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck des Betäubungsmittelgesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Missbrauch von Betäubungsmitteln oder die missbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist. 36Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Eine Erwerbserlaubnis, die auf eine Nutzung von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung gerichtet ist, ist mit dem Zweck des Gesetzes unvereinbar, dem Schutz der menschlichen Gesundheit zu dienen. Sie dient nicht dazu, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Diesem Begriff liegt zugrunde, dass Betäubungsmittel nicht nur schädliche Wirkungen haben, sondern in bestimmten Fällen für die menschliche Gesundheit auch von Nutzen sein können. Unter einer notwendigen medizinischen Versorgung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG sind daher nur solche Anwendungen eines Betäubungsmittels am oder im menschlichen Körper zu verstehen, die eine therapeutische Zielrichtung haben, also dazu dienen, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. 37Vgl. BVerwG, Urteile vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, BVerwGE 158, 142 = juris Rn. 18 ff., und vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, NWVBl. 2019, 401 = juris Rn. 13 f.; OVG NRW, Urteile vom 19. August 2015 - 13 A 1299/14 -, DVBl. 2015, 1588 (1589 ff.) = NWVBl. 2016, 153 (155 ff.) = juris, Rn. 54 ff., und vom 17. Februar 2017 - 13 A 3079/15 -, DVBl. 2017, 712 = juris Rn. 46 ff.; Weber, in: Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Auflage 2021, § 5 Rn. 43 ff. 38Dies ergibt eine am Wortlaut, der Systematik, dem Sinn und Zweck des Betäubungsmittelgesetzes und dem Willen des Gesetzgebers orientierte Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die diesbezügliche Rechtsprechung des 13. Senats des Oberverwaltungsgerichts, 39ausführlich OVG NRW, Urteile vom 19. August 2015 - 13 A 1299/14 -, a. a. O. Rn. 54 ff., und vom 17. Februar 2017 - 13 A 3079/15 -, a. a. O. Rn. 46 ff., 40sowie die nachfolgend ergangenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts, 41BVerwG, Urteile vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 18 ff., und vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 13 f. 42Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nichts Abweichendes. Das im Urteil vom 26. Februar 2020 anerkannte Recht des Einzelnen aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG auf selbstbestimmtes Sterben erfordert kein anderes Verständnis des Begriffs der notwendigen medizinischen Versorgung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG. Hierzu verhält sich die zu § 217 StGB ergangene Entscheidung auch nicht. Dort heißt es lediglich, gefordert sei nicht nur eine konsistente Ausgestaltung des Berufsrechts der Ärzte und der Apotheker, sondern „möglicherweise auch Anpassungen des Betäubungsmittelrechts“. 43BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, BVerfGE 153, 182 = juris Rn. 341 f. 44In der Entscheidung auf die Vorlage des Verwaltungsgerichts Köln im vorliegenden Verfahren stellt das Bundesverfassungsgericht diese Auslegung des Versagungsgrunds ebenfalls nicht in Frage. Dem Vorlagebeschluss lag das hiesige Verständnis des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zugrunde, den das Verwaltungsgericht deshalb damals für verfassungswidrig gehalten hat. Lediglich in Bezug auf § 13 Abs. 1 BtMG, der die ärztliche Verschreibung von Betäubungsmitteln betrifft, spricht das Bundesverfassungsgericht (nur) die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung an, ohne sich allerdings zu positionieren. Vielmehr lässt es offen, ob sich das Verwaltungsgericht hinreichend damit auseinandergesetzt habe. 45BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. -, NJW 2020, 2394 = juris Rn. 14. 46Mit Nichtannahmebeschluss vom 10. Dezember 2020 schließlich hat das Bundesverfassungsgericht die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts im vorausgehenden Urteil nicht beanstandet, dem Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital durch die dortigen Kläger stehe der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegen. Im Gegenteil: Es hat weiter angenommen, in Anbetracht der durch das Urteil vom 26. Februar 2020 grundlegend veränderten Situation seien die Kläger gehalten, ihr verfassungsgerichtlich anerkanntes Recht auf selbstbestimmtes Sterben durch aktive Suche nach suizidhilfebereiten Personen im Inland, durch Bemühungen um eine ärztliche Verschreibung des gewünschten Wirkstoffs oder auf anderem geeigneten Weg konkret zu verfolgen. 47BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, NVwZ 2021, 485 = juris Rn. 4. 483. Eine verfassungskonforme Auslegung des Versagungsgrunds des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG dahingehend, dass er - generell oder unter bestimmten Voraussetzungen - dem Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung nicht entgegensteht, scheidet aus. 49a. Es kann offen bleiben, ob § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG grundsätzlich einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, 50so BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 37 f.; OVG NRW, Urteil vom 19. August 2015 - 13 A 1299/14 -, a. a. O. Rn. 81, 51oder aber diese, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, wegen des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers und damit des Vorbehalts des Gesetzes sowie des Gewaltenteilungsgrundsatzes ausscheidet, 52so auch Di Fabio, Erwerbserlaubnis letal wirkender Mittel zur Selbsttötung in existenziellen Notlagen, Rechtsgutachten zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017, November 2017, S. 50 ff.; Hillgruber, JZ 2017, 777 (781 ff.); Weber, in: Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Auflage 2021, § 5 Rn. 45, 47. 53b. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ist jedenfalls nicht geboten, weil mit dem zwingenden Versagungsgrund und der deshalb fehlenden Erlaubnismöglichkeit derzeit keine Grundrechte des Klägers verletzt werden. Es liegt zwar ein mittelbarer Eingriff in das Recht auf selbstbestimmtes Sterben als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor (aa.). Dieser Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt (bb.). 54aa. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schließt danach das Recht ein, selbstbestimmt die Entscheidung zu treffen, sein Leben eigenhändig bewusst und gewollt zu beenden. Der Grundrechtsschutz erstreckt sich auch auf die Freiheit, bei der Umsetzung der Selbsttötung bei Dritten Hilfe zu suchen und sie, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen. 55BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 203 ff. 56Das Verfügungsrecht über das eigene Leben ist nicht auf schwere und unheilbare Krankheitszustände oder bestimmte Lebens- und Krankheitsphasen beschränkt. Die Verwurzelung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG impliziert ferner, dass die eigenverantwortliche Entscheidung über das eigene Lebensende keiner weiteren Begründung oder Rechtfertigung bedarf. 57BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 210; teilweise anders noch BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 24 (schwer und unheilbar kranke Menschen); offen gelassen von BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 21. 58In dieses Grundrecht greift der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ein. 59So auch BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 26; a. A. Di Fabio, Erwerbserlaubnis letal wirkender Mittel zur Selbsttötung in existenziellen Notlagen, Rechtsgutachten zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017, November 2017, S. 15 ff.; Hillgruber, JZ 2017, 777 (778 f.). 60Die Regelung setzt dem Verkehr mit Betäubungsmitteln Schranken, indem sie die Erlaubniserteilung verbietet. Dadurch wird mittelbar das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben beeinträchtigt. Denn den Suizidwilligen ist es so unmöglich, ihr Leben auf die von ihnen gewünschte Art und Weise durch die - für einen schnellen und schmerzfreien Tod als besonders geeignet geltende - Einnahme von Natrium-Pentobarbital zu beenden. Müssen sie damit auf verschreibungspflichtige Arzneimittel und ggf. die Inanspruchnahme etwa von Sterbehilfevereinen oder Ärzten zurückgreifen (vgl. hierzu nachfolgend), wird die Ausübung des Grundrechts durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG jedenfalls erschwert. Diese Beeinträchtigung ist auch von der Zweckrichtung des Betäubungsmittelgesetzes umfasst, die menschliche Gesundheit und das Leben zu schützen. Dass der Gesetzgeber bei der Regelung der Versagungsgründe in § 5 Abs. 1 BtMG die Selbsttötungsfälle nicht im Blick gehabt haben dürfte, ist insoweit unerheblich. Dies führt lediglich dazu, dass das Betäubungsmittelgesetz nicht unmittelbar - im Sinne eines klassischen finalen Eingriffs - darauf ausgerichtet ist, das Recht auf selbstbestimmtes Sterben zu beschränken. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 26. 62bb. Dieser Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 63Die Beschränkung des Zugangs zu Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ist am Maßstab strikter Verhältnismäßigkeit zu messen. Ein grundrechtseinschränkendes Gesetz genügt diesem Grundsatz nur, wenn es geeignet und erforderlich ist, um die von ihm verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen, und die Einschränkungen des jeweiligen grundrechtlichen Freiheitsraums hierzu in angemessenem Verhältnis stehen. Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist zu berücksichtigen, dass sich derartige Regelungen in einem Spannungsfeld unterschiedlicher verfassungsrechtlicher Schutzaspekte bewegen. Die Achtung vor dem grundlegenden, auch das eigene Lebensende umfassenden Selbstbestimmungsrecht desjenigen, der sich in eigener Verantwortung dazu entscheidet, sein Leben selbst zu beenden, tritt in Kollision zu der Pflicht des Staates, die Autonomie Suizidwilliger und darüber auch das hohe Rechtsgut Leben zu schützen. Dieses Spannungsverhältnis aufzulösen, ist grundsätzlich Aufgabe des Gesetzgebers, dem bei der Ausgestaltung und Konkretisierung der staatlichen Schutzpflicht ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsraum zukommt. Die verfassungsrechtliche Prüfung erstreckt sich darauf, ob der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat und dem Konflikt zwischen der Freiheits- und der Schutzdimension des Grundrechts angemessen Rechnung getragen hat. 64Vgl. zum Ganzen BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 223 bis 225, m. w. N.; so auch schon BVerwG, Urteile vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 29 ff., und vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 22. 65Dies zugrunde gelegt, ist der Eingriff in das Recht auf selbstbestimmtes Sterben hier verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 66(1) Der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG schützt legitime öffentliche Interessen. Die fehlende Erlaubnisfähigkeit des Erwerbs von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung dient der Suizidprävention, d. h. dem Schutz von Menschen in vulnerabler Position und Verfassung vor Entscheidungen, die sie möglicherweise voreilig oder nur augenblicklich, in einem Zustand mangelnder Einsichtsfähigkeit oder nicht freiverantwortlich treffen, sowie der Verhinderung von Miss- und Fehlgebrauch. Mit der Abwehr solcher Gefahren erfüllt der Gesetzgeber seine in der Verfassung begründete staatliche Schutzpflicht für das Leben. 67Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 22, und vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 30; entsprechend für § 217 StGB auch BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 227 ff. 68(2) Die fehlende Erlaubnisfähigkeit ist zu diesem Zweck geeignet und erforderlich. Auch wenn andere Möglichkeiten der Selbsttötung verbleiben, kann sie den erstrebten Rechtsgüterschutz zumindest fördern. Ist der Zugang zu Natrium-Pentobarbital, womit die Selbsttötung auf schmerzfreie, regelmäßig schnelle und vergleichsweise sichere Weise und bei einer behördlichen Erlaubnis ohne Hinzuziehung von Ärzten oder Sterbehilfevereinen erfolgen könnte, nicht möglich, erschwert das eine Selbsttötung. Denn jedenfalls in Fällen, in denen der Suizidwunsch Folge einer unmittelbaren Reaktion auf eine aktuelle Lebenssituation ist und nicht dauerhaft, stabil, informiert, freiverantwortlich und insbesondere unbeeinflusst von akuten psychischen Störungen besteht, ist die mangelnde freie Verfügbarkeit eines tödlich wirkenden Betäubungsmittels geeignet, die Verwirklichung eines Suizids zu verhüten. Ferner wird einem gesellschaftlichen Druck insbesondere auf vulnerable Personen entgegengewirkt, der durch die Eröffnung einer Erlaubnismöglichkeit entstehen oder empfunden werden könnte, und Missbrauch verhindert. Um diese legitimen Schutzanliegen zu erreichen, ist die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG auch erforderlich. Weniger eingriffsintensive, vergleichbar effektive alternative Schutzmaßnahmen, mit denen ein unmittelbarer Zugang Privater zu einem tödlichen Betäubungsmittel verhindert werden könnte, sind nicht erkennbar. 69(3) Die von der Vorschrift ausgehende Einschränkung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben ist auch angemessen. 70Geeignete und erforderliche Maßnahmen sind einer gegenläufigen Kontrolle mit Blick darauf zu unterwerfen, ob die eingesetzten Mittel unter Berücksichtigung der davon ausgehenden Grundrechtsbeschränkungen für den Betroffenen noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch erreichbaren Rechtsgüterschutz stehen. Einschränkungen individueller Freiheit sind nur dann angemessen, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Der hohe Rang, den die Verfassung dem Leben und der Autonomie beimisst, vermag grundsätzlich deren effektiven präventiven Schutz zu legitimieren. Die empirisch gestützte Fragilität eines Selbsttötungsentschlusses wiegt gerade deshalb besonders schwer, weil sich Entscheidungen über das eigene Leben naturgemäß dadurch auszeichnen, dass ihre Umsetzung unumkehrbar ist. Die Angemessenheit ist aber nicht mehr gegeben, wenn die staatliche Maßnahme im Gefüge der im Übrigen bestehenden Gesetzeslage die Möglichkeiten einer Selbsttötung in einem solchen Umfang einschränkt, dass dem Einzelnen faktisch kein Raum zur Wahrnehmung der verfassungsrechtlich geschützten Freiheit verbleibt. Angesichts der existentiellen Bedeutung, die der Freiheit zur Selbsttötung für die selbstbestimmte Wahrung der Persönlichkeit zukommen kann, muss die Möglichkeit hierzu bei realitätsgerechter Betrachtung immer gewährleistet sein. Dabei ist zu prüfen, ob der Einzelne ohne Verletzung seines Selbstbestimmungsrechts auf die Inanspruchnahme von Alternativen verwiesen werden kann. 71Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 264 ff. 72Hiervon ausgehend ist die fehlende Erlaubnisfähigkeit derzeit angemessen. 73(a) Der nationale Gesetzgeber hat mit § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG seinen Spielraum bei der Abwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Suizidwilligen einerseits und seiner Schutzpflicht für Leben und Gesundheit andererseits nicht überschritten. 74Vgl. schon OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2017 - 13 A 3079/15 -, a. a. O. Rn. 67 ff. 75Die Zugangsverweigerung zu einer letalen Dosis eines Betäubungsmittels durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG schützt die Selbstbestimmung des Einzelnen über sein Leben und damit das hohe Rechtsgut des Lebens als solches. Dies dient, wie bereits ausgeführt, dem Schutz von vulnerablen Menschen gegenüber der Umsetzung von nicht in freier Selbstbestimmung getroffenen Suizidwünschen sowie der Verhinderung von Miss- und Fehlgebrauch. 76Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet den Staat, die Autonomie des Einzelnen bei der Entscheidung über die Beendigung seines Lebens und hierdurch das Leben als solches zu schützen. Der vom Grundgesetz geforderte Respekt vor der autonomen Selbstbestimmung des Einzelnen setzt eine frei und unbeeinflusst von einer akuten psychischen Störung gebildete Entscheidung voraus. Dem Betroffenen müssen alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte bekannt sein. Er muss über seine Lage und Handlungsalternativen beraten und aufgeklärt sein. Der Entschluss, aus dem Leben zu scheiden, muss von einer gewissen Dauerhaftigkeit und inneren Festigkeit getragen sein. Seine Entscheidung darf nicht durch Zwang, Drohung oder Täuschung oder sonstige Formen der Einflussnahme Dritter beeinträchtigt sein. Angesichts der Unumkehrbarkeit des Vollzugs einer Suizidentscheidung gebietet die Bedeutung des Lebens als ein Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung Selbsttötungen entgegenzuwirken, die nicht von freier Selbstbestimmung und Eigenverantwortung getragen sind. Da der Schutz des Lebens dem Einzelnen von der Verfassung als nicht rechtfertigungsbedürftiger Selbstzweck zugesagt ist und er auf der unbedingten Anerkennung der Person in ihrer bloßen Existenz beruht, darf und muss der Gesetzgeber gesellschaftlichen Einwirkungen wirksam entgegentreten, die als soziale Pressionen wirken können und das Ausschlagen von Suizidangeboten rechtfertigungsbedürftig erscheinen lassen. 77BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 -, a. a. O. Rn. 232 ff. 78Die staatliche Schutzpflicht zugunsten der Selbstbestimmung und des Lebens kann gegenüber dem Freiheitsrecht des Einzelnen den Vorrang erhalten, wo dieser Einflüssen ausgeliefert ist, die die Selbstbestimmung über das eigene Leben gefährden. Diesen Einflüssen darf die Rechtsordnung durch Vorsorge und durch Sicherungsinstrumente entgegentreten. 79BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 -, a. a. O. Rn. 275. 80Vorkehrungen, die eine im vorstehend erläuterten Sinne selbstbestimmte Entscheidung gewährleisten, sieht das Betäubungsmittelgesetz ebenso wenig vor wie Bestimmungen dazu, wie eine sichere Aufbewahrung eines nicht unmittelbar verwendeten Präparats zu gewährleisten ist. Derartige Vorgaben können auch nicht im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung in das Gesetz hineingelesen, d. h. durch die Rechtsprechung oder bei der Gesetzesvollziehung durch die Verwaltung bestimmt werden. 81So aber BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.15 -, a. a. O. Rn. 31, 39 f. 82Das diesbezügliche Schutzkonzept zu entwickeln, soll ein Zugang zu Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung ermöglicht werden, ist vielmehr Aufgabe des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, der insoweit über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt. 83Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 9, sowie Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 338; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 19. August 2015 - 13 A 1299/14 -, a. a. O. Rn. 119; Urteil vom 17. Februar 2017 ‑ 13 A 3079/16 -, a. a. O. Rn. 69 ff., sowie Beschluss vom 24. März 2021 ‑ 9 B 50/21 -, NWVBl. 2021, 301 = juris Rn. 8. 84Welche Anforderungen an den freien Willen, die Dauerhaftigkeit des Selbsttötungsentschlusses oder die Information über Handlungsalternativen zu stellen wären und wie ein Miss- oder Fehlgebrauch verhindert werden könnte, ist auch eine ethische Frage, die gesetzlich beantwortet werden müsste. 85Vgl. auch Gärditz, ZfL 2017, 38 (51 f., 54); Grünewald, JR 2021, 99 (103 f.); Hillgruber, JZ 2017, 777 (784). 86(b) Die fehlende Erlaubnisfähigkeit beschränkt auch nicht in Fällen, in denen sich Menschen wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befinden, unangemessen das Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 87BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.16 -, a. a. O., 88ist durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 und die nachfolgende Entwicklung rechtlich und tatsächlich überholt. Damit ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben unabhängig von Erkrankungen anerkannt und damit von den typischen Situationen der Sterbehilfe abgekoppelt worden. Auch ist infolge der Nichtigkeit des § 217 StGB eine tatsächliche Entwicklung im Bereich der Sterbehilfe eingetreten, die nicht mehr mit den Verhältnissen 2017 vergleichbar ist (siehe dazu nachfolgend). Das Bundesverwaltungsgericht hat aber als eine Voraussetzung einer extremen Notlage bestimmt, dass keine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches zur Verfügung steht. 89BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 3 C 19.16 -, a. a. O. Rn. 31, 34 f. 90Abgesehen davon erfüllt der Kläger zur Überzeugung des Senats auch nicht die vom Bundesverwaltungsgericht bestimmte Voraussetzung, dass die schwere und unheilbare Erkrankung mit gravierenden körperlichen Leiden, insbesondere starken Schmerzen verbunden ist, die bei dem Betroffenen zu einem unerträglichen Leidensdruck führen und nicht ausreichend gelindert werden können. Der Senat geht davon aus, dass diese Voraussetzung nur erfüllt ist, wenn Schwerstkranke derartig leiden, dass sie unmittelbar ihr Leben beenden wollen. Der Kläger hat aber im Vorfeld der Berufungsverhandlung gegenüber Medien erklärt, derzeit noch nicht sterben zu wollen. Er wolle lediglich die Freiheit haben, sich mit Natrium-Pentobarbital das Leben nehmen zu können, „bevor es katastrophal wird“. Dem Radiosender Deutschlandfunk hat er im Interview gesagt: „Ich will das nicht sofort nehmen. Ich will das nehmen, wenn die Zeit für mich gekommen ist.“ 91Vgl. nur den Beitrag im Deutschlandfunk vom 2. Februar 2022, www.deutschlandfunk.de/oberverwaltungsgericht-nrw-entscheidet-ueber-selbsttoetungs-substanz-dlf-cf9c7c41-100.html. 92Darauf in der mündlichen Verhandlung angesprochen, sind der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter dem nicht entgegengetreten. 93(c) Die Beschränkung Suizidwilliger durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG steht auch nicht deshalb außer Verhältnis zum öffentlichen Interesse des Autonomie- und Lebensschutzes, weil das Recht auf Selbsttötung angesichts der Rechtslage im Übrigen damit faktisch entleert wäre. Vielmehr ist derzeit - über die Möglichkeiten des Abbruchs oder der Ablehnung einer lebenserhaltenden oder -verlängernden Behandlung hinaus ‑ ein zumutbarer Zugang zu freiwillig bereitgestellter Suizidhilfe real eröffnet und dem Einzelnen die Wahrnehmung seines verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechts so möglich. 94Infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 hat sich die tatsächliche Situation grundlegend verändert. Die Möglichkeit, den Wunsch nach selbstbestimmtem Sterben zu verwirklichen, ist wesentlich verbessert. 95BVerfG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 4 und 7, und vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. -, a. a. O. Rn. 15. 96Der Erwerb einer letalen Dosis von Natrium-Pentobarbital mit Hilfe einer Erlaubnis des BfArM ist derzeit nicht die einzige zumutbare Möglichkeit Suizidwilliger, ihren Sterbewunsch umzusetzen. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht unter Auswertung der von ihm eingeholten Auskünfte und herangezogenen weiteren Erkenntnisse angenommen. Darauf wird Bezug genommen. 97Auch wenn weiterhin die Mehrheit der Ärzte aufgrund ihres Selbstverständnisses nicht zur Suizidhilfe bereit sein dürfte, 98vgl. zu statistischen Erhebungen BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 285 ff. m. w. N., siehe auch die Diskussion auf dem 124. Deutschen Ärztetag am 4./5. Mai 2021, Beschlussprotokoll, S. 144 ff., 99gibt es Ärzte, die tödlich wirkende Arzneimittel verschreiben und andere Unterstützungshandlungen vornehmen. 100So auch BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 7; Stellungnahmen des Arztes für Innere Medizin und Rettungsmedizin Dr. med. Dipl. biol. Michael de Ridder vom 29. Oktober 2020 und vom 11. November 2020; Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 28. November 2021, Nr. 47, S. 15: „Es berührt mich“; Ärztezeitung vom 30. Oktober 2021: In der Regelungslücke bilden sich Suizidhilfe-Strukturen aus. 101Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat als Vorsitzender der DGHS in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, es gebe bundesweit sechs Ärzte, zu denen sie Sterbewilligen Kontakt vermitteln könnten. Es riefen weiterhin einzelne Ärzte an, die Suizidhilfe leisten wollten. Der Leiter der Bundesopiumstelle Dr. Cremer-Schaeffer hat in der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass die Frage der ärztlichen Suizidhilfe auf dem Deutschen Ärztetag im Mai 2021 sehr kontrovers diskutiert worden sei, es also durchaus einige Ärzte gebe, die dazu bereit seien. Ferner hat er erklärt, es riefen bei ihnen immer wieder mal einzelne Ärzte oder Apotheker an, die Suizidwillige unterstützen wollten und nach den rechtlichen Regelungen fragten. 102Das ärztliche Berufsrecht steht der Suizidhilfe nicht mehr generell entgegen. Der 124. Deutsche Ärztetag hat am 4./5. Mai 2021 eine Änderung der Musterberufsordnung beschlossen und § 16 Satz 3 MBO-Ä aufgehoben. Diese Bestimmung sah vor, dass Ärzte keine Hilfe zur Selbsttötung leisten dürfen. Zwar handelt es sich bei der Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte nur um einen Normierungsvorschlag, der erst durch eine Inkorporation in das Satzungsrecht der Landesärztekammern Rechtsverbindlichkeit erlangt. 103BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 292. 104Auch sind erst einzelne Berufsordnungen geändert worden. Allerdings enthielten einige Landesberufsordnungen eine § 16 Satz 3 MBO-Ä entsprechende Bestimmung schon zuvor nicht. Die Berufsordnungen der Ärztekammern in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen untersagen die Hilfe zur Selbsttötung nicht bzw. nicht mehr. Die Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe bestimmt, dass Ärzte keine Hilfe zur Selbsttötung leisten „sollen“. Soweit die Berufsordnungen der Ärztekammern in Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein und Saarland noch ausdrücklich das Verbot der Hilfe zur Selbsttötung enthalten, kann angesichts der erst im Mai 2021 erfolgten Änderung der Musterberufsordnung im Übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass dies künftig so bleibt. 105Dies zugrunde gelegt, kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, einen zur Suizidhilfe bereiten Arzt könnten er und andere Suizidwillige nicht finden bzw. es dürfe ihnen nicht zugemutet werden, danach zu suchen. Dabei hält der Senat es mit dem Bundesverfassungsgericht auch für zumutbar, die Suche auf ein Gebiet jenseits des eigenen Wohnorts oder Bundeslands zu erstrecken. 106So auch BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 7. 107Infolge der Nichtigkeit des § 217 StGB sind auch geschäftsmäßige Angebote der Suizidhilfe wieder verfügbar. Sterbehilfeorganisationen wie der Hamburger Verein Sterbehilfe oder Dignitas Deutschland haben nach Presseberichten sowie den vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahmen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. 108Vgl. Stellungnahme Verein Sterbehilfe vom 12. Oktober 2020; Kölner Stadtanzeiger, 7. September 2020, S. 6: Unsichere Patienten, streitende Ärzte; Die Zeit, 12. Mai 2021, S. 9: Die Freiheit zu sterben; siehe auch WDR, 5. Januar 2022: Diakonie Wuppertal schafft Grundlagen für „assistierte Sterbehilfe“. 109Der Hamburger Verein Sterbehilfe Deutschland hat nach Presseberichten im Jahr 2021 129 Menschen zum Suizid verholfen. 110Vgl. Rheinische Post, 3. Januar 2021: „Sterbehilfe Deutschland“ assistierte 2021 bei 129 Suiziden. 111Auch die DGHS vermittelt seit dem Frühjahr 2020 ihren Mitgliedern Sterbebegleitung durch Teams aus Ärzten und Juristen. Im Jahr 2021 unterstützte die Organisation nach den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigten Angaben in einem Medienbericht 120 Menschen beim Suizid. 112Vgl. Zeit online, 27. Januar 2022: Ein neuer Gesetzentwurf für die Suizidbeihilfe. 113Sterbehilfeorganisationen vermitteln typischerweise auch Kontakt zu Ärzten und Pharmazeuten, die trotz rechtlicher Risiken bereit sind, in der medizinisch und pharmakologisch notwendigen Weise an einer Selbsttötung mitzuwirken. 114Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 297. 115Die Inanspruchnahme der Hilfe eines Arztes oder einer Sterbehilfeorganisation zur Verwirklichung des Grundrechts auf selbstbestimmtes Sterben hält der Senat im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für grundsätzlich zumutbar. 116Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 4 und 7, und vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. -, a. a. O. Rn. 15. 117Soweit der Kläger meint, die Mitgliedschaft in einer Sterbehilfeorganisation sei aus weltanschaulichen Gründen nicht zumutbar, sei darauf hingewiesen, dass er selbst vorgetragen hat, Mitglied in einer Sterbehilfeorganisation in der Schweiz sowie in der DGHS zu sein. Dass die Mitgliedschaft und die Inanspruchnahme der Sterbehilfe regelmäßig mit Kosten verbunden ist, führt nicht zu einem faktischen Leerlaufen des Grundrechts. Dass der Kläger die Kosten nicht aufbringen kann, hat er auch nicht behauptet. 118Dass sowohl Ärzte als auch Sterbehilfeorganisationen in Deutschland bisher wohl nicht Natrium-Pentobarbital als Mittel zur Selbsttötung einsetzen, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Aus den vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführten Gründen kann auf zumutbare und humane Weise eine Selbsttötung erfolgen, indem eine Kombination von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eingenommen wird, die etwa auch schon vor Inkrafttreten des § 217 StGB Ende 2015 in einer Vielzahl von Fällen von Sterbehilfeorganisationen in Deutschland verwendet wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Einsatzes einer Arzneimittelkombination wird auf die vom Verwaltungsgericht eingeholte Stellungnahme des Arztes Dr. med. Michael de Ridder vom 29. Oktober 2020, die Stellungnahme des Vereins Sterbehilfe vom 12. Oktober 2020 sowie die Ausführungen des Dr. med. Sitte im Bundestagsausschuss für Gesundheit, BT-Drs. 19/4834, S. 4 f. verwiesen. Der Senat folgt insoweit der näher begründeten Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass einerseits ein erheblich erhöhtes Risiko von Komplikationen bei der Verwendung der Kombination verschreibungspflichtiger Arzneimittel nicht besteht und andererseits es auch bei Natrium-Pentobarbital, das grundsätzlich als schmerzfreies, schnelles und weitgehend risikofreies Tötungsmittel gilt und bei der Sterbehilfe etwa in der Schweiz und in den Niederlanden eingesetzt wird, zu Komplikationen kommen kann. So hat etwa auch die Bundesapothekerkammer darauf hingewiesen, dass letzteres nicht kritiklos als geeignetes Mittel zur Selbsttötung betrachtet werden sollte, da die tödliche Wirkung nicht immer wie beabsichtigt eintrete. 119Stellungnahme der Bundesapothekerkammer vom 1. Juli 2020 zu möglichen Eckpunkten einer Neuregelung der Suizidassistenz, https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/stellungnahmen/. 120Hinzu kommt, dass es mit dem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel Thiopental ein anderes, nicht der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes unterfallendes Barbiturat gibt, das bei Selbsttötungen unter anderem von Sterbehilfevereinen - teilweise ergänzt um ein muskelrelaxierendes Mittel - intravenös verwendet wird. 121Vgl. auch Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags, Sachstand, Medikamente zur Selbsttötung, 10. Juni 2020, WD 9 - 3000 - 020/20, S. 8. 122Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Berufungsverhandlung wird dieses auch von den mit der DGHS kooperierenden Ärzten (ausschließlich) eingesetzt und ist damit in mehr als 120 Fällen verwendet worden. 123Diese zumutbaren Alternativen bestehen zur Überzeugung des Senats im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung auch für den Kläger, der krankheitsbedingt vom Schultergürtel abwärts gelähmt ist und an Schluckbeschwerden leidet. Es ist nicht hinreichend und substantiiert, etwa durch die Vorlage aktueller ärztlicher Atteste, glaubhaft gemacht, dass er die Kombination von verschreibungspflichtigen Medikamenten nicht oral zu sich nehmen kann. Die dem Gericht vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen datieren aus der Zeit bis 2018. Im Befundbericht des Universitätsklinikums T. , Klinik für Neurologie, vom 18. Juli 2016 werden bei den anamnestischen Angaben Schluck- und Sprachstörungen genannt, die tagesformabhängig seien. Im Befundbericht derselben Klinik vom 23. Juli 2018 werden Schluckbeschwerden ebenso wenig erwähnt wie im psychiatrischen Gutachten des Dr. med. V. N. vom 14. Juli 2018. In letzterem heißt es bei den Äußerungen zur Suizidabsicht lediglich, eine Besserung der Krankheit sei nicht zu erwarten, eher eine weitere Verschlechterung bis hin zur Schluck- und Atemlähmung. 124In der Berufungsverhandlung hat der Kläger auf Befragen des Gerichts erklärt, dass er seine Nahrung noch normal, also nicht püriert, aufnehme. Trinken ist ihm mithilfe eines Strohhalms möglich, wie der Senat auch in der Verhandlung sehen konnte. Dass er auf Nachfrage seines Prozessbevollmächtigten angeführt hat, es komme immer wieder vor, dass er sich bei der Nahrungsaufnahme verschlucke, rechtfertigt nicht die Annahme, der Kläger könne die Arzneimittelkombination krankheitsbedingt nicht schlucken. Nach der Stellungnahme von Dr. med. de Ridder vom 29. Oktober 2020 werden die zermörserten Tabletten in Fruchtjoghurt oder Apfelmus bzw. in Tee aufgelöst. Der Verein Sterbehilfe führt in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2020 aus, die von ihnen eingesetzten verschreibungspflichtigen Medikamente würden getrunken (drei Gläser). Dass der Kläger hierzu nicht in der Lage wäre, ist nicht ersichtlich. Auch das von ihm begehrte Natrium-Pentobarbital müsste er in Wasser aufgelöst in einer bestimmten Zeit trinken. 125Darüber hinaus steht mit Thiopental ein intravenös einsetzbares Mittel zur Verfügung, das auch die mit der DGHS kooperierenden Ärzte verwenden. Nach den überzeugenden Ausführungen des Leiters der Bundesopiumstelle Dr. Cremer-Scheffer in der Berufungsverhandlung ist dieses auch für den körperlich stark eingeschränkten Kläger eine zumutbare Alternative, die er mithilfe von Infusionsautomaten/ -pumpen (Perfusoren) realisieren könnte. Diese Geräte seien im freien Verkehr, würden zu Tausenden auf den Intensivstationen verwendet und könnten auch mit einer Bewegung des Kinns oder der Nase gesteuert werden. Dass nach Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung die durch die DGHS vermittelten sechs Ärzte über solche Apparaturen derzeit nicht verfügten, ist unerheblich. Abgesehen davon, dass diese Angaben nicht näher substantiiert worden sind, hält der Senat es angesichts der nachvollziehbaren Erläuterungen von Herrn Dr. Cremer-Scheffer für möglich, dass der Kläger einen Arzt oder eine Sterbehilfeorganisation findet, die über ein solches Gerät verfügen oder dieses beschaffen. Dass die Sterbehilfeorganisationen grundsätzlich Injektionsautomaten einsetzen bzw. zur Verfügung stellen, ergibt sich etwa aus der Stellungnahme des Hamburger Vereins Sterbehilfe vom 12. Oktober 2020. Ob diese derzeit über Automaten verfügen, die nicht nur per Knopfdruck, sondern etwa auch mit einer Bewegung des Kinns oder der Nase gesteuert werden können, bedarf keiner weiteren Aufklärung. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten die Geräte nach den Ausführungen von Herrn Dr. Cremer-Scheffer beschafft werden. Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger nötigenfalls die insoweit anfallenden Kosten - Dr. Cremer-Scheffer hat von etwa 1.500 Euro gesprochen - aufbringen könnte. Gegenteiliges ist weder vorgetragen noch erkennbar. Vielmehr ergibt sich aus dem psychiatrischen Gutachten des Dr. med. V. N. vom 14. Juli 2018, dass der Kläger seit 20 Jahren Eigentümer eines Einfamilienhauses ist, dessen Erdgeschoss er selbst bewohnt und dessen Obergeschoss er vermietet hat. 126Bestehen damit zumutbare Alternativen für den Kläger, sein Recht auf selbstbestimmtes Sterben zu verwirklichen, kommt es auf die Frage, ob § 13 Abs. 1 BtMG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass er eine ärztliche Verschreibung von Natrium-Pentobarbital oder dessen Überlassung zum unmittelbaren Verbrauch und damit einen alternativen Zugang zu dem Betäubungsmittel ermöglicht, 127offen gelassen von BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. -, a. a. O. Rn. 14, 128nicht an. Der Senat weist allerdings auf Folgendes hin: Würde man die Realisierung eines Suizidwunsches mithilfe verschreibungspflichtiger und -fähiger Arzneimittel generell oder im Einzelfall für nicht möglich oder nicht zumutbar halten, wäre die Zugangsmöglichkeit nach § 13 Abs. 1 BtMG, § 2 Abs. 1 lit. b BtMVV eine gegenüber der hier begehrten Erlaubnis zum Erwerb dieses Betäubungsmittels vorrangige Alternative. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung lediglich diesen Weg, nicht aber den der Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG angesprochen. So könnten der Schutz der Autonomie und des Lebens von Suizidwilligen jedenfalls in höherem Maße gewährleistet werden. 129Vgl. auch Leopoldina, Neuregelung des assistierten Suizids - ein Beitrag zur Debatte Diskussion Nr. 26, 2021, S. 6; Hillgruber, JZ 2017, 777 (784); Oglakcioglu, MedR 2019, 450 (454); vgl. ebenso die Stellungnahme von Dr. med. de Ridder vom 29. Oktober 2020. 130(d) Das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben wird schließlich entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb unangemessen beschränkt, weil die genannten zumutbaren Möglichkeiten der Realisierung des Freiheitsrechts nicht seinen Vorstellungen zur Beendigung seines Lebens entsprechen. 131Der Einzelne kann lediglich verlangen, dass sein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben nicht faktisch leer läuft, dass er es also auf humane Weise realisieren kann. Ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff liegt nicht schon dann vor, wenn eine konkrete, vom Grundrechtsträger für sich gewünschte Art und Weise der Selbsttötung nicht möglich ist. Dass der Kläger, wie er in der Berufungsverhandlung erneut betont hat, vorhandene Alternativen zur Gestaltung des Lebensendes aus persönlichen Gründen nicht wählen möchte, sondern ohne Inanspruchnahme der Hilfe professioneller Dritter mit Natrium-Pentobarbital sein Leben beenden möchte, ist eine nachvollziehbare, zu respektierende Entscheidung, begründet allerdings keine Grundrechtsverletzung. 132Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2017 ‑ 13 A 3079/15 -, a. a. O. Rn. 80. 133Das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehende Recht auf selbstbestimmtes Sterben beinhaltet entgegen der Auffassung des Klägers keinen Anspruch darauf, dass der Staat ihm den Suizid in der gewünschten Art und Weise ermöglicht. 134Das von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht, sich selbst zu töten, umfasst zwar auch die Freiheit, sich hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen. Es schützt damit vor Verboten gegenüber Dritten, im Rahmen ihrer Freiheit Unterstützung anzubieten. 135Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 213. 136Die Rechtsordnung muss aber lediglich sicherstellen, dass der Zugang zu freiwillig bereitgestellter Suizidhilfe Dritter real eröffnet bleibt. Ein Anspruch gegenüber Dritten, bei einem Selbsttötungsvorhaben unterstützt zu werden, besteht in Anbetracht von deren Gewissensfreiheit hingegen nicht. 137Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 284, 289. 138Ebenso lässt sich aus dem Grundrecht grundsätzlich kein Anspruch gegenüber dem Staat darauf ableiten, dass dieser den (unmittelbaren) Zugang zu Natrium-Pentobarbital durch eine Erwerbserlaubnis ermöglicht. 139Vielmehr ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Aufgabe des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, die Suizidhilfe zu regeln. Dabei darf er deren Zulässigkeit nicht von materiellen Kriterien wie einer unheilbaren oder tödlich verlaufenden Krankheit abhängig machen. Er darf aber ein prozedurales Sicherungskonzept entwickeln und je nach Lebenssituation unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis der Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit eines Selbsttötungswillens stellen. 140BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 340. 141Ob und wie der Zugang zu einer letalen Dosis eines Betäubungsmittels eröffnet wird, ist deshalb eine Frage, über die in erster Linie der Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums zu entscheiden hat. 142Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2017 ‑ 13 A 3079/16 -, a. a. O. Rn. 69 ff.; Gärditz, ZfL 2017, 38 (51); Hillgruber, JZ 2017, 777 (784); Teichmann/Camprubi, MedR 2021, 141 (146). 143Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich angeführt, dass „möglicherweise“ Anpassungen des Betäubungsmittelrechts gefordert seien. Weiter hat es darauf hingewiesen, dass es nicht ausgeschlossen sei, im Bereich des Betäubungsmittelrechts verankerte Elemente des Verbraucher- und Missbrauchsschutzes aufrechtzuerhalten und in ein Schutzkonzept im Bereich der Suizidhilfe einzubinden. 144Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 341 f.; siehe auch Grünewald, JR 2021, 99 (104). 145Der Gesetzgeber ist zwar dieser - von ihm im Gesetzgebungsverfahren zu § 217 StGB anerkannten - Aufgabe bisher nicht nachgekommen. In der abgelaufenen 19. Wahlperiode gab es verschiedene Diskussions- und Gesetzentwürfe, zu einem konkreten Gesetzgebungsverfahren ist es aber nicht gekommen. 146Gesetzentwurf der Abgeordneten Künast und Keul, Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben; Gesetzentwurf der Abgeordneten Helling-Plahr, Lauterbach, Sitte, Schulz und Fricke, Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Suizidhilfe; Diskussionsentwurf des Gesundheitsministeriums, Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung der Strafbarkeit der Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der freiverantwortlichen Selbsttötungsentscheidung; Eckpunktepapier von Castellucci, Heveling, Kappert-Gonther, Gröhe u. a.; ferner: Borasio/Jox/Taupitz/Wiesing, Selbstbestimmung im Sterben - Fürsorge zum Leben, ein verfassungskonformer Gesetzesvorschlag zur Regelung des assistierten Suizids; DGHS, Entwurf eines Gesetzes zum Umgang mit Suizid und Sterbehilfe; Deutsche Stiftung Patientenschutz, Vorschlag für eine Neufassung des § 217 STGB, 19. Juni 2020; Dorneck/Gassner/Kersten u. a., Sterbehilfegesetz, Augsburg-Münchner-Hallescher-Entwurf, Tübingen 2021; Leopoldina, Neuregelung des assistierten Suizids - ein Beitrag zur Debatte, 2021, Diskussion Nr. 26; zu einigen der Entwürfe auch Neumann, NJOZ 2021, 385 ff. 147Im Koalitionsvertrag der derzeit regierenden Parteien ist lediglich die Rede davon, es werde begrüßt, wenn durch zeitnahe fraktionsübergreifende Anträge das Thema Sterbehilfe einer Entscheidung zugeführt werde. 148Mehr Fortschritt wagen, Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, S. 113; vgl. jüngst fraktionsübergreifender Vorschlag eines Gesetzentwurfs: https://kappertgonther.de/2022/01/vorschlag-zur-neuregelung-der-sterbehilfe/; dazu: Zeit online, 27. Januar 2022: Ein neuer Gesetzentwurf für die Suizidhilfe; ZDF, 26. Januar 2022: Wie weiter mit der Sterbehilfe. 149So ist inzwischen nicht nur ein weitgehend regelungsloser und im Hinblick auf den Lebensschutz problematischer Zustand im Bereich der geschäftsmäßigen Suizidhilfe entstanden, sondern auch die Frage des Einsatzes von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung nach wie vor nicht ausdrücklich geregelt. Dies kann aber, jedenfalls solange das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben zumutbar realisiert werden kann, nicht dazu führen, einen Erlaubnisanspruch anzunehmen. Damit würde die gesetzgeberische Gestaltungsentscheidung faktisch vorweggenommen. 150Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 -, a. a. O. Rn. 9. 1514. Die Europäische Menschenrechtskonvention, die als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte heranzuziehen ist, gebietet keine andere Bewertung. 152Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistet als Ausprägung des Rechts auf Achtung des Privatlebens das Recht des Einzelnen, darüber zu entscheiden, wann und wie er sein Leben beenden möchte. Dieses Recht kann aber aus Gründen des Lebensschutzes und der Autonomie eingeschränkt werden. Bei der Abwägung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des einzelnen und der aus Art. 2 EMRK abgeleiteten Schutzpflicht des Staates für das Leben kommt den Staaten ein erheblicher Einschätzungs- und Ermessensspielraum zu. 153Vgl. zum Ganzen EGMR, Urteile vom 14. Mai 2013 - 67810/10 (Gross) -, Rn. 58 ff., m. w. N., vom 19. Juli 2012 - 497/09 (Koch) -, NJW 2013, 2953 = juris Rn 68 f., sowie vom 20. Januar 2011 - 31322/07 (Haas) -, NJW 2011, 3773, Rn. 51 ff.; BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. -, a. a. O. Rn. 302 ff.; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2019 - 3 C 6.17 -, a. a. O. Rn. 25. 154Hiervon ausgehend stehen die vorstehenden Bewertungen im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 EMRK. Der den Mitgliedstaaten zustehende Spielraum ist aus den oben ausgeführten Gründen mit der fehlenden Erlaubnisfähigkeit des Erwerbs eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung nicht überschritten. 155Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 156Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 157Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Im Hinblick auf den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG stellen sich infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 u. a. - sowie der nachfolgenden Beschlüsse vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u. a. - und vom 10. Dezember 2020 - 1 BvR 1837/19 - Rechtsfragen, die höchstrichterlich noch nicht entschieden sind. | die berufung wird zurückgewiesen. die kosten des berufungsverfahrens trägt der kläger. die entscheidung ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2der am 14. november 1970 geborene kläger begehrt die erlaubnis zum erwerb des betäubungsmittels natrium-pentobarbital zum zweck der selbsttötung. 3der kläger leidet seit 1997 an multipler sklerose (ms). auf dem edss-level, das die schwere der erkrankung auf einer skala von 1,0 bis 10,0 punkten anzeigt, wurde der zustand des klägers im juli 2018 auf der stufe 8,5 eingeordnet. der kläger leidet trotz zahlreicher therapieversuche unter einer tetraplegie, einer beidseitigen lähmung unterhalb des schultergürtels; arme und beine sind vollständig gelähmt, die muskulatur im bereich des rumpfes und der inneren organe ist geschwächt. hinzu treten eine blasen- und eine mastdarmentleerungsstörung. rückenschmerzen und spastiken können durch die einnahme von medikamenten gedämpft werden. der kläger benötigt eine umfassende hilfestellung bei der körperpflege und allen alltagsaktivitäten rund um die uhr (pflegegrad 5). 4mit schreiben seines prozessbevollmächtigten vom 19. juni 2017 beantragte der kläger beim bundesinstitut für arzneimittel und medizinprodukte (bfarm) die erteilung einer erlaubnis gemäß § 3 abs. 1 nr. 1 btmg zum erwerb von 15 g natrium-pentobarbital zum zweck der begehung eines suizids. er legte verschiedene befundberichte des universitätsklinikums t. , klinik für neurologie, vor. zur begründung berief er sich auf seine grundrechte sowie das urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, wonach die vorschriften des betäubungsmittelgesetzes dahingehend verfassungskonform auszulegen sind, dass sie der erlaubniserteilung nicht entgegenstehen, wenn sich der antragsteller in einer extremen notlage befindet. die kriterien des bundesverwaltungsgerichts erfülle er. er habe aufgrund seines 20-jährigen leidens und der schlechten prognose des krankheitsverlaufs nach reiflicher überlegung den freien entschluss gefasst, mit assistenz aus dem leben zu scheiden, um sein unerträgliches leiden auf humane weise zu beenden. er könne als mitglied der schweizer sterbehilfeorganisation „lifecircle“ den suizid zwar in professionell begleiteter weise in der schweiz durchführen. die reise setze ihn allerdings belastungen aus, die er kaum noch hinzunehmen in der lage sei. mit schreiben vom 25. juli 2017 teilte die beklagte dem kläger mit, die prüfung des urteils des bundesverwaltungsgerichts nehme noch zeit in anspruch, und verwies auf maßnahmen der palliativmedizin. 5am 17. oktober 2017 hat der kläger beim verwaltungsgericht köln untätigkeitsklage erhoben und die verpflichtung der beklagten begehrt, unverzüglich einen bescheid zu erlassen. 6durch bescheid vom 23. august 2018 lehnte das bfarm den antrag des klägers ab. zur begründung wurde ausgeführt, die mit schreiben vom 14. märz 2018 angeforderten angaben und unterlagen, insbesondere fachärztliche gutachten zum krankheitsverlauf, zu palliativmedizinischen maßnahmen, zur freiwilligkeit der suizidentscheidung und zu möglichen alternativen zur verwirklichung des sterbewunsches, seien nicht vorgelegt worden, sodass eine prüfung des sachverhalts nicht möglich sei. 7hiergegen legte der kläger mit schreiben seines prozessbevollmächtigten vom 21. september 2018 widerspruch ein. zur begründung führte er im wesentlichen aus: der bescheid verletze ihn in seinen rechten aus art. 1 abs. 1 gg bzw. art. 2 abs. 1 gg i. v. m. art. 1 abs. 1 gg sowie aus art. 2, 3 und 8 emrk. eine individuelle prüfung seines antrags habe das bfarm schon nicht vorgenommen. der geltend gemachte anspruch ergebe sich aus der entscheidung des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017 sowie der rechtsprechung des egmr. der kläger legte zudem eine persönliche erklärung zum suizidentschluss sowie einen aktuellen ärztlichen befundbericht des universitätsklinikums t. vom 23. juli 2018 vor. nach einem weiter eingereichten psychiatrischen gutachten des arztes für neurologie und psychiatrie dr. med. v. n. vom 14. juli 2018 ist eine freie, ernsthafte und selbstbestimmte entscheidungsfähigkeit zum suizid beim kläger gegeben. die vorlage weiterer, vom bfarm geforderter unterlagen lehnte der kläger ab. insbesondere könne ihm die vorlage eines palliativmedizinischen gutachtens nicht abverlangt werden, da niemandem eine solche behandlung vorgegeben werden könne. 8durch widerspruchsbescheid vom 7. november 2018 wies das bfarm den widerspruch zurück und führte zur begründung aus, dass einem anspruch auf erteilung einer erwerbserlaubnis für eine letale dosis eines betäubungsmittels der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 7 i. v. m. nr. 6 btmg entgegenstehe. auch nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts komme ein anspruch nicht in betracht, da der kläger die erforderlichen angaben und unterlagen, insbesondere zu den palliativmedizinischen möglichkeiten, nicht beigebracht habe. 9nach mündlicher verhandlung hat das verwaltungsgericht am 19. november 2019 beschlossen, das verfahren gemäß art. 100 abs. 1 gg auszusetzen und die entscheidung des bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die regelung in § 5 abs. 1 nr. 6 btmg, die den erwerb von betäubungsmitteln der anlage iii zum zweck der selbsttötung ohne ausnahme ausschließe, mit dem aus art. 2 abs. 1 und art. 1 abs. 1 gg folgenden grundrecht auf selbstbestimmung über den zeitpunkt und die art des eigenen todes als bestandteil des allgemeinen persönlichkeitsrechts vereinbar sei. 10das bundesverfassungsgericht hat die vorlage durch beschluss des 1. senats vom 20. mai 2020 - 1 bvl 7/20 - als unzulässig zurückgewiesen. die begründung des vorlagebeschlusses genüge nicht, um die verfassungswidrigkeit der normen des betäubungsmittelgesetzes auch unter geänderten rahmenbedingungen darzulegen. denn der 2. senat des bundesverfassungsgerichts habe durch das urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. - die unvereinbarkeit des § 217 stgb mit dem grundrecht auf einen selbstbestimmten tod festgestellt. damit entfalle eine maßgebliche erwägung des verwaltungsgerichts für die frage nach der zumutbarkeit der inanspruchnahme von sterbehilfe anstelle einer erlaubnis zum erwerb eines betäubungsmittels zur selbsttötung. 11das verwaltungsgericht hat beweis erhoben durch einholung von auskünften zu alternativen methoden der suizidassistenz. es wurden stellungnahmen der „deutschen gesellschaft für palliativmedizin“ vom 8. oktober 2020, des vereins „sterbehilfe“ hamburg vom 12. oktober 2020, des vereins „dignitas-deutschland e.v.“ vom 12. oktober 2020 und des arztes für innere medizin und rettungsmedizin dr. med. dipl. biol. michael de ridder vom 29. oktober 2020 und vom 11. november 2020 übersandt. ferner hat das bfarm stellungnahmen zur praxis der sterbehilfe in den niederlanden, belgien und im us-bundesstaat oregon vom 19. oktober 2020 und vom 6. november 2020 übermittelt. 12zur begründung seiner klage hat sich der kläger auf die menschenwürde, art. 1 gg, sein allgemeines persönlichkeitsrecht, art. 2 abs. 1 gg i. v. m. art. 1 abs. 1 gg, sowie art. 2, 3 und 8 emrk berufen. aus dem urteil des bundesverfassungsgerichts zu § 217 stgb ergebe sich, dass der staat einem suizidwilligen die tatsächliche umsetzung seines sterbewunsches faktisch zu ermöglichen habe, jedenfalls dürfe er diese nicht unmöglich machen. hierzu gehöre auch, dass der staat einem suizidwilligen nicht den zugang zu einem letal wirkenden betäubungsmittel verwehren dürfe. der staat dürfe die hilfe zur selbsttötung auch nicht von objektiven prüfkriterien, wie einer unheilbaren oder tödlich verlaufenden krankheit oder einer extremen notlage, abhängig machen, da der individuelle suizidentschluss als akt autonomer selbstbestimmung zu respektieren sei. daher sei es auch unerheblich, ob andere zumutbare möglichkeiten zur verwirklichung des sterbewunsches, zum beispiel eine palliativmedizinische versorgung, zur verfügung stünden. § 5 abs. 1 nr. 6 btmg sei nunmehr dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass ein betäubungsmittel zum zweck des suizides grundsätzlich zur verfügung gestellt werden könne. ein missbrauch stehe nicht zu befürchten. die erlaubnis könne nur dann versagt werden, wenn kein freiverantwortlicher entschluss zum suizid vorliege. aus dem umstand, dass das bundesverfassungsgericht im beschluss vom 20. mai 2020 eine verfassungskonforme auslegung des § 13 abs. 1 btmg für möglich gehalten habe, ergebe sich, dass das gericht auch die verfassungskonforme auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg in betracht ziehe. denn der primäre zweck des betäubungsmittelgesetzes, die notwendige medizinische versorgung der bevölkerung zu sichern, gelte für beide rechtsnormen. eine ärztliche verschreibung von natrium-pentobarbital in tödlicher dosierung durch einen arzt gemäß § 13 abs. 1 btmg komme als alternative zu einer erwerbserlaubnis nicht in betracht. die suche nach einem arzt, der hierzu bereit sei, sei wegen der fortbestehenden verbote im berufsrecht äußerst schwierig und unzumutbar. auch die verschreibung einer kombination von verschreibungspflichtigen arzneimitteln zum zweck der selbsttötung sei keine zumutbare möglichkeit zur verwirklichung des sterbewunsches. es bestehe die gefahr erheblicher komplikationen. außerdem gebe es patienten, die aufgrund erheblicher schluckbeschwerden gar nicht in der lage seien, ca. 100 tabletten des tödlichen arzneimittels zu schlucken. 13der kläger hat beantragt, 14die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 23. august 2018 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 7. november 2018 zu verpflichten, ihm eine erlaubnis zum erwerb von 15 gramm natrium-pentobarbital zu erteilen. 15die beklagte hat beantragt, 16 die klage abzuweisen. 17zur begründung hat sie ausgeführt, eine verfassungskonforme auslegung des versagungsgrunds des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg, die ausnahmsweise zu einer erlaubniserteilung in fällen einer existentiellen notlage führen könne, sei wegen eines verstoßes gegen die richterliche gesetzesbindung nicht möglich. dies gelte auch für eine verfassungskonforme auslegung von § 13 abs. 1 btmg. die zwischenzeitlich ergangenen entscheidungen des bundesverfassungsgerichts führten nicht zu einem anderen ergebnis. das gericht habe zu der frage, ob der staat verpflichtet sei, sterbewilligen menschen eine betäubungsmittelrechtliche erlaubnis zu erteilen, im urteil vom 26. februar 2020 keine aussage getroffen. die frage einer verfassungskonformen auslegung des § 13 abs. 1 btmg sei im beschluss vom 20. mai 2020 offen gelassen worden. auch nach auffassung des bundesverwaltungsgerichts komme eine erlaubniserteilung nicht in frage, sofern eine andere zumutbare möglichkeit zur verwirklichung des sterbewunsches bestehe. die in deutschland bestehenden sterbehilfeorganisationen hätten ihre tätigkeit nach dem urteil des bundesverfassungsgerichts wieder aufgenommen. dort werde suizidassistenz durch verschreibung einer kombination von verschreibungspflichtigen arzneimitteln (nicht betäubungsmitteln) geleistet. die auffassung, natrium-pentobarbital sei das für eine selbsttötung am besten geeignete mittel, weil nicht mit komplikationen zu rechnen sei, sei nicht belegt und nicht nachvollziehbar. im gegenteil seien nach amtlichen berichten aus den niederlanden und dem us-amerikanischen bundesstaat oregon komplikationen auch bei der verwendung von natrium-pentobarbital aufgetreten. ungeachtet dessen lägen die voraussetzungen nicht vor, die das bundesverwaltungsgericht für einen anspruch auf erteilung einer erwerbserlaubnis für ein tödlich wirkendes betäubungsmittel festgelegt habe. der kläger habe die für eine sorgfältige prüfung erforderlichen unterlagen nicht beigebracht. insbesondere bedürfe es eines gutachtens eines palliativmediziners zu den möglichkeiten einer leidensminderung und zu alternativen zur verwirklichung des sterbewunsches. 18durch urteil ohne mündliche verhandlung vom 24. november 2020 hat das verwaltungsgericht die klage abgewiesen. zur begründung hat es ausgeführt: der kläger habe keinen anspruch auf erteilung einer erlaubnis zum erwerb von 15 g natrium-pentobarbital. er bedürfe dieser erlaubnis nach § 3 abs. 1 btmg, weil er nicht nach § 13 abs. 1 satz 1 btmg eine entsprechende ärztliche verschreibung erlangen könne. der erlaubniserteilung durch das bfarm stehe der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg entgegen, weil die verwendung eines betäubungsmittels zum zweck der selbsttötung nicht mit dem zweck des gesetzes vereinbar sei, gesundheit und leben der bevölkerung zu schützen. eine verfassungskonforme auslegung der norm in ausnahmefällen einer extremen notlage im sinne der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts sei nicht möglich, weil sie gegen den gewaltenteilungsgrundsatz verstoße. sie sei derzeit aber auch nicht geboten. der eingriff in das aus art. 2 abs. 1 und art. 1 abs. 1 gg folgende grundrecht auf einen selbstbestimmten tod sei nicht mehr verfassungswidrig. zwar bestünden nach wie vor zweifel, ob die ausnahmslose untersagung einer erwerbserlaubnis für natrium-pentobarbital verfassungsgemäß sei. jedoch hätten sich mit dem entfall der strafbarkeit einer geschäftsmäßigen förderung der suizidbeihilfe die rahmenbedingungen verändert. das zugangsverbot für ein tödlich wirkendes betäubungsmittel greife nicht mehr unverhältnismäßig in das selbstbestimmungsrecht von personen ein, die sich eigenverantwortlich zu einem suizid entschlossen hätten. über eine sterbehilfeorganisation oder einen arzt, der zu einem assistierten suizid bereit sei, sei der zugang zu einer kombination von verschreibungspflichtigen arzneimitteln möglich, mit der eine selbsttötung zumutbar und human durchgeführt werden könne. dies sei für eine übergangszeit - bis der gesetzgeber ein sinnvolles schutzkonzept für die sterbehilfe entwickelt habe - zumutbar und ausreichend, um das recht auf selbstbestimmtes sterben zu verwirklichen. 19dagegen hat der kläger die vom verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassene berufung eingelegt. zur begründung führt er im wesentlichen aus: eine verfassungskonforme auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg sei ‑ wie auch vom bundesverfassungsgericht für § 13 abs. 1 btmg angedeutet ‑ möglich und geboten. das verfassungsrechtlich gewährleistete recht auf einen freiverantwortlichen, sicheren, schmerzfreien und damit humanen suizid könne nicht an betäubungsmittelrechtlichen regelungen scheitern. ein missbrauch sei nicht zu befürchten. er erfülle auch die voraussetzungen, die das bundesverwaltungsgericht in seinem urteil vom 2. märz 2017 entwickelt habe. darüber hinaus sei die beschränkung auf extreme notlagen, insbesondere schwere und unheilbare krankheiten mit unerträglichem leidensdruck, nach dem urteil des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 nicht mehr haltbar. andere zumutbare alternativen gebe es - auch nach dem entfallen der strafbarkeit der geschäftsmäßigen beihilfe zur selbsttötung - nicht. er sei zwar der auffassung, dass ärzte gemäß § 13 abs. 1 btmg ein betäubungsmittel zum zweck der selbsttötung verschreiben dürften. da dies aber überwiegend anders gesehen werde, gebe es keinen arzt, der natrium-pentobarbital verschreibe. die alternative einnahme einer letal wirkenden medikamentenkombination mit zum teil ca. 100 tabletten sei generell zu risikoreich und aufgrund seines krankheitsstadiums untauglich. er habe schluckbeschwerden, die zugenommen hätten. auch wenn er seine nahrung noch unzerkleinert essen könne, komme es immer wieder vor, dass er sich dabei verschlucke. den schwer kranken patienten sei es auch weder möglich noch zumutbar, einen arzt zu finden, der in diesem sinne zur suizidbeihilfe bereit sei. er sei zwar mitglied der deutschen gesellschaft für humanes sterben (dghs). die mit ihr kooperierenden ärzte verwendeten aber nur das intravenös zu verabreichende narkosemittel thiopental und er könne aus körperlichen gründen die infusion nicht in gang setzen. die inanspruchnahme einer sterbehilfeorganisation sei aus weltanschaulichen und finanziellen gründen unzumutbar. abgesehen davon wolle er sich ohne die hilfe eines professionellen dritten im engsten familienkreis und nur mit hilfe seiner schwester suizidieren, was ihm nur mit dem betäubungsmittel natrium-pentobarbital sicher möglich sei. ob palliativmedizinische maßnahmen in betracht kämen, sei unerheblich, weil es seine entscheidung sei, ob er diese in anspruch nehmen wolle. er lehne sie ab. 20der kläger beantragt, 21das urteil des verwaltungsgerichts köln zu ändern und nach dem erstinstanzlichen klageantrag zu erkennen. 22die beklagte beantragt, 23die berufung zurückzuweisen. 24zur begründung verweist sie auf das angefochtene urteil sowie das rechtsgutachten von prof. dr. dr. di fabio und trägt weiter vor, der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg stehe der erlaubniserteilung entgegen. der erwerb von natrium-pentobarbital zu suizidzwecken sei nicht mit dem zweck des gesetzes, die notwendige medizinische versorgung der bevölkerung sicherzustellen, d. h. krankheiten zu heilen oder leiden zu lindern, vereinbar. dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. insbesondere liege kein grundrechtswidriger eingriff in das selbstbestimmungsrecht aus art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg vor. das grundrecht finde seine grenze in der schutzpflicht des staates gegenüber dem leben, wie sie auch im versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg zum ausdruck komme. das daraus folgende grundsätzliche verbot des erwerbs von betäubungsmitteln zum zweck der selbsttötung ziele darauf ab, menschen, die möglicherweise nicht im stande seien, vernunftgemäß und freiverantwortlich zu entscheiden, vor der missbräuchlichen einflussnahme dritter und den gefahren einer übereilten, versehentlichen oder absichtlichen und nicht revidierbaren einnahme einer tödlichen betäubungsmitteldosis zu schützen. bei der normativen umsetzung der schutzpflicht für das leben komme dem gesetzgeber ein spielraum zu, den er nicht überschritten habe. dass der staat verpflichtet sei, sterbewilligen menschen bei der durchführung ihres vorhabens zu helfen, ergebe sich aus dem urteil des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 nicht. infolge dieses urteils bestünden zumutbare alternativen, da sterbehilfeorganisationen ihre tätigkeit wieder aufgenommen hätten und es auch ärzte gebe, die zur suizidbeihilfe bereit seien. nachdem nun auch noch die musterberufsordnung für ärztinnen und ärzte geändert worden sei, bestehe kein rechtliches hindernis mehr für ärzte, suizidhilfe zu leisten. dies geschehe derzeit auch, und zwar nach presseberichten auch durch die dghs, deren präsident der prozessbevollmächtigte des klägers sei. abgesehen davon scheide die vom kläger geforderte verfassungskonforme auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg aus, weil dessen wortlaut sowie der erkennbare wille des gesetzgebers dem entgegenstünden. darüber hinaus habe der kläger auch nicht glaubhaft gemacht, dass er die vom bundesverwaltungsgericht aufgestellten voraussetzungen für eine ausnahmsweise erlaubniserteilung erfülle. 25wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 26 | 27die zulässige berufung ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat die zulässige verpflichtungsklage auf erteilung einer erlaubnis zum erwerb des betäubungsmittels natrium-pentobarbital zu recht als unbegründet abgewiesen. 28der den entsprechenden antrag des klägers ablehnende bescheid des bfarm vom 23. august 2018 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 7. november 2018 ist rechtmäßig. der kläger hat keinen anspruch auf erteilung einer erlaubnis zum erwerb des betäubungsmittels natrium-pentobarbital zum zweck einer selbsttötung, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. der erwerb dieses mittels ist gemäß § 3 abs. 1 nr. 1 btmg erlaubnispflichtig (1.). der erteilung der erlaubnis steht der zwingende versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg entgegen (2.). eine verfassungskonforme auslegung des versagungsgrundes ist nicht geboten (3.) die europäische menschenrechtskonvention gebietet keine andere bewertung (4.). 291. der erwerb von natrium-pentobarbital ist gemäß § 3 abs. 1 nr. 1 btmg erlaubnispflichtig. 30nach dieser vorschrift bedarf einer erlaubnis des bfarm, wer betäubungsmittel (vgl. § 1 abs. 1 btmg) anbauen, herstellen, mit ihnen handel treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den verkehr bringen oder erwerben will. diese voraussetzungen sind hier erfüllt. pentobarbital, das zur wirkstoffgruppe der barbiturate gehört, zählt zu den verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen betäubungsmitteln der anlage iii zu § 1 abs. 1 btmg. pentobarbital wird wegen der besseren wasserlöslichkeit regelmäßig in form eines natriumsalzes verwendet (natrium-pentobarbital). 31vgl. zum wirkstoff wissenschaftlicher dienst des deutschen bundestags, sachstand, medikamente zur selbsttötung, 10. juni 2020, wd 9 - 3000 - 020/20, s. 4, 9; apotheke adhoc vom 26. oktober 2021: pentobarbital - ein langwirksames barbiturat. 32der kläger beabsichtigt dessen erwerb. 33eine ausnahme von der erlaubnispflicht nach § 4 btmg liegt nicht vor. insbesondere greift keiner der tatbestände des § 4 abs. 1 nr. 3 btmg. danach bedarf einer erlaubnis nach § 3 des gesetzes nicht, wer in anlage iii bezeichnete betäubungsmittel auf grund ärztlicher verschreibung (lit. a) oder von einem arzt ‑ im rahmen einer ambulanten palliativversorgung ‑ nach § 13 abs. 1a satz 1 (lit. c) erwirbt. über eine solche verschreibung oder versorgung verfügt der kläger nicht. vielmehr begehrt er den unmittelbaren erwerb des betäubungsmittels ohne ärztliche verschreibung, sondern mithilfe einer erlaubnis des bfarm. er ist der auffassung, „der staat“ müsse ihm das betäubungsmittel zur verfügung stellen, damit er selbstbestimmt im privaten umfeld - ohne inanspruchnahme eines arztes oder einer sterbehilfeorganisation - und nur im beisein seiner familie aus dem leben scheiden könne. auf die frage, ob § 13 abs. 1 satz 1 btmg die ärztliche verschreibung von natrium-pentobarbital durch einen arzt zulässt, kommt es damit hier nicht an. 342. der erteilung der erlaubnis nach § 3 abs. 1 nr. 1 btmg steht der zwingende versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg entgegen. 35nach dieser vorschrift ist die erlaubnis nach § 3 btmg zu versagen, wenn die art und der zweck des beantragten verkehrs nicht mit dem zweck des betäubungsmittelgesetzes, die notwendige medizinische versorgung der bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den missbrauch von betäubungsmitteln oder die missbräuchliche herstellung ausgenommener zubereitungen sowie das entstehen oder erhalten einer betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist. 36diese voraussetzungen sind hier gegeben. eine erwerbserlaubnis, die auf eine nutzung von natrium-pentobarbital zur selbsttötung gerichtet ist, ist mit dem zweck des gesetzes unvereinbar, dem schutz der menschlichen gesundheit zu dienen. sie dient nicht dazu, die notwendige medizinische versorgung der bevölkerung sicherzustellen. diesem begriff liegt zugrunde, dass betäubungsmittel nicht nur schädliche wirkungen haben, sondern in bestimmten fällen für die menschliche gesundheit auch von nutzen sein können. unter einer notwendigen medizinischen versorgung im sinne des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg sind daher nur solche anwendungen eines betäubungsmittels am oder im menschlichen körper zu verstehen, die eine therapeutische zielrichtung haben, also dazu dienen, krankheiten oder krankhafte beschwerden zu heilen oder zu lindern. 37vgl. bverwg, urteile vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, bverwge 158, 142 = juris rn. 18 ff., und vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, nwvbl. 2019, 401 = juris rn. 13 f.; ovg nrw, urteile vom 19. august 2015 - 13 a 1299/14 -, dvbl. 2015, 1588 (1589 ff.) = nwvbl. 2016, 153 (155 ff.) = juris, rn. 54 ff., und vom 17. februar 2017 - 13 a 3079/15 -, dvbl. 2017, 712 = juris rn. 46 ff.; weber, in: weber/kornprobst/maier, btmg, 6. auflage 2021, § 5 rn. 43 ff. 38dies ergibt eine am wortlaut, der systematik, dem sinn und zweck des betäubungsmittelgesetzes und dem willen des gesetzgebers orientierte auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg. wegen der einzelheiten wird bezug genommen auf die diesbezügliche rechtsprechung des 13. senats des oberverwaltungsgerichts, 39ausführlich ovg nrw, urteile vom 19. august 2015 - 13 a 1299/14 -, a. a. o. rn. 54 ff., und vom 17. februar 2017 - 13 a 3079/15 -, a. a. o. rn. 46 ff., 40sowie die nachfolgend ergangenen urteile des bundesverwaltungsgerichts, 41bverwg, urteile vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 18 ff., und vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 13 f. 42entgegen der auffassung des klägers ergibt sich aus der neueren rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts nichts abweichendes. das im urteil vom 26. februar 2020 anerkannte recht des einzelnen aus art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg auf selbstbestimmtes sterben erfordert kein anderes verständnis des begriffs der notwendigen medizinischen versorgung im sinne von § 5 abs. 1 nr. 6 btmg. hierzu verhält sich die zu § 217 stgb ergangene entscheidung auch nicht. dort heißt es lediglich, gefordert sei nicht nur eine konsistente ausgestaltung des berufsrechts der ärzte und der apotheker, sondern „möglicherweise auch anpassungen des betäubungsmittelrechts“. 43bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, bverfge 153, 182 = juris rn. 341 f. 44in der entscheidung auf die vorlage des verwaltungsgerichts köln im vorliegenden verfahren stellt das bundesverfassungsgericht diese auslegung des versagungsgrunds ebenfalls nicht in frage. dem vorlagebeschluss lag das hiesige verständnis des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg zugrunde, den das verwaltungsgericht deshalb damals für verfassungswidrig gehalten hat. lediglich in bezug auf § 13 abs. 1 btmg, der die ärztliche verschreibung von betäubungsmitteln betrifft, spricht das bundesverfassungsgericht (nur) die möglichkeit einer verfassungskonformen auslegung an, ohne sich allerdings zu positionieren. vielmehr lässt es offen, ob sich das verwaltungsgericht hinreichend damit auseinandergesetzt habe. 45bverfg, beschluss vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. -, njw 2020, 2394 = juris rn. 14. 46mit nichtannahmebeschluss vom 10. dezember 2020 schließlich hat das bundesverfassungsgericht die annahme des bundesverwaltungsgerichts im vorausgehenden urteil nicht beanstandet, dem erwerb einer tödlichen dosis natrium-pentobarbital durch die dortigen kläger stehe der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg entgegen. im gegenteil: es hat weiter angenommen, in anbetracht der durch das urteil vom 26. februar 2020 grundlegend veränderten situation seien die kläger gehalten, ihr verfassungsgerichtlich anerkanntes recht auf selbstbestimmtes sterben durch aktive suche nach suizidhilfebereiten personen im inland, durch bemühungen um eine ärztliche verschreibung des gewünschten wirkstoffs oder auf anderem geeigneten weg konkret zu verfolgen. 47bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, nvwz 2021, 485 = juris rn. 4. 483. eine verfassungskonforme auslegung des versagungsgrunds des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg dahingehend, dass er - generell oder unter bestimmten voraussetzungen - dem erwerb eines betäubungsmittels zum zweck der selbsttötung nicht entgegensteht, scheidet aus. 49a. es kann offen bleiben, ob § 5 abs. 1 nr. 6 btmg grundsätzlich einer verfassungskonformen auslegung zugänglich ist, 50so bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 37 f.; ovg nrw, urteil vom 19. august 2015 - 13 a 1299/14 -, a. a. o. rn. 81, 51oder aber diese, wie das verwaltungsgericht angenommen hat, wegen des klar erkennbaren willens des gesetzgebers und damit des vorbehalts des gesetzes sowie des gewaltenteilungsgrundsatzes ausscheidet, 52so auch di fabio, erwerbserlaubnis letal wirkender mittel zur selbsttötung in existenziellen notlagen, rechtsgutachten zum urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017, november 2017, s. 50 ff.; hillgruber, jz 2017, 777 (781 ff.); weber, in: weber/kornprobst/maier, btmg, 6. auflage 2021, § 5 rn. 45, 47. 53b. eine verfassungskonforme auslegung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg ist jedenfalls nicht geboten, weil mit dem zwingenden versagungsgrund und der deshalb fehlenden erlaubnismöglichkeit derzeit keine grundrechte des klägers verletzt werden. es liegt zwar ein mittelbarer eingriff in das recht auf selbstbestimmtes sterben als teil des allgemeinen persönlichkeitsrechts vor (aa.). dieser eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt (bb.). 54aa. art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg gewährleistet nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts ein recht auf selbstbestimmtes sterben. das allgemeine persönlichkeitsrecht schließt danach das recht ein, selbstbestimmt die entscheidung zu treffen, sein leben eigenhändig bewusst und gewollt zu beenden. der grundrechtsschutz erstreckt sich auch auf die freiheit, bei der umsetzung der selbsttötung bei dritten hilfe zu suchen und sie, soweit sie angeboten wird, in anspruch zu nehmen. 55bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 203 ff. 56das verfügungsrecht über das eigene leben ist nicht auf schwere und unheilbare krankheitszustände oder bestimmte lebens- und krankheitsphasen beschränkt. die verwurzelung des rechts auf selbstbestimmtes sterben in der menschenwürdegarantie des art. 1 abs. 1 gg impliziert ferner, dass die eigenverantwortliche entscheidung über das eigene lebensende keiner weiteren begründung oder rechtfertigung bedarf. 57bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 210; teilweise anders noch bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 24 (schwer und unheilbar kranke menschen); offen gelassen von bverwg, urteil vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 21. 58in dieses grundrecht greift der zwingende versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg ein. 59so auch bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 26; a. a. di fabio, erwerbserlaubnis letal wirkender mittel zur selbsttötung in existenziellen notlagen, rechtsgutachten zum urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017, november 2017, s. 15 ff.; hillgruber, jz 2017, 777 (778 f.). 60die regelung setzt dem verkehr mit betäubungsmitteln schranken, indem sie die erlaubniserteilung verbietet. dadurch wird mittelbar das grundrecht auf selbstbestimmtes sterben beeinträchtigt. denn den suizidwilligen ist es so unmöglich, ihr leben auf die von ihnen gewünschte art und weise durch die - für einen schnellen und schmerzfreien tod als besonders geeignet geltende - einnahme von natrium-pentobarbital zu beenden. müssen sie damit auf verschreibungspflichtige arzneimittel und ggf. die inanspruchnahme etwa von sterbehilfevereinen oder ärzten zurückgreifen (vgl. hierzu nachfolgend), wird die ausübung des grundrechts durch § 5 abs. 1 nr. 6 btmg jedenfalls erschwert. diese beeinträchtigung ist auch von der zweckrichtung des betäubungsmittelgesetzes umfasst, die menschliche gesundheit und das leben zu schützen. dass der gesetzgeber bei der regelung der versagungsgründe in § 5 abs. 1 btmg die selbsttötungsfälle nicht im blick gehabt haben dürfte, ist insoweit unerheblich. dies führt lediglich dazu, dass das betäubungsmittelgesetz nicht unmittelbar - im sinne eines klassischen finalen eingriffs - darauf ausgerichtet ist, das recht auf selbstbestimmtes sterben zu beschränken. 61vgl. bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 26. 62bb. dieser eingriff in das allgemeine persönlichkeitsrecht ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 63die beschränkung des zugangs zu natrium-pentobarbital zum zweck der selbsttötung durch § 5 abs. 1 nr. 6 btmg ist am maßstab strikter verhältnismäßigkeit zu messen. ein grundrechtseinschränkendes gesetz genügt diesem grundsatz nur, wenn es geeignet und erforderlich ist, um die von ihm verfolgten legitimen zwecke zu erreichen, und die einschränkungen des jeweiligen grundrechtlichen freiheitsraums hierzu in angemessenem verhältnis stehen. bei der zumutbarkeitsprüfung ist zu berücksichtigen, dass sich derartige regelungen in einem spannungsfeld unterschiedlicher verfassungsrechtlicher schutzaspekte bewegen. die achtung vor dem grundlegenden, auch das eigene lebensende umfassenden selbstbestimmungsrecht desjenigen, der sich in eigener verantwortung dazu entscheidet, sein leben selbst zu beenden, tritt in kollision zu der pflicht des staates, die autonomie suizidwilliger und darüber auch das hohe rechtsgut leben zu schützen. dieses spannungsverhältnis aufzulösen, ist grundsätzlich aufgabe des gesetzgebers, dem bei der ausgestaltung und konkretisierung der staatlichen schutzpflicht ein einschätzungs-, wertungs- und gestaltungsraum zukommt. die verfassungsrechtliche prüfung erstreckt sich darauf, ob der gesetzgeber seinen einschätzungsspielraum in vertretbarer weise gehandhabt hat und dem konflikt zwischen der freiheits- und der schutzdimension des grundrechts angemessen rechnung getragen hat. 64vgl. zum ganzen bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 223 bis 225, m. w. n.; so auch schon bverwg, urteile vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 29 ff., und vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 22. 65dies zugrunde gelegt, ist der eingriff in das recht auf selbstbestimmtes sterben hier verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 66(1) der versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg schützt legitime öffentliche interessen. die fehlende erlaubnisfähigkeit des erwerbs von betäubungsmitteln zum zweck der selbsttötung dient der suizidprävention, d. h. dem schutz von menschen in vulnerabler position und verfassung vor entscheidungen, die sie möglicherweise voreilig oder nur augenblicklich, in einem zustand mangelnder einsichtsfähigkeit oder nicht freiverantwortlich treffen, sowie der verhinderung von miss- und fehlgebrauch. mit der abwehr solcher gefahren erfüllt der gesetzgeber seine in der verfassung begründete staatliche schutzpflicht für das leben. 67vgl. bverwg, urteile vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 22, und vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 30; entsprechend für § 217 stgb auch bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 227 ff. 68(2) die fehlende erlaubnisfähigkeit ist zu diesem zweck geeignet und erforderlich. auch wenn andere möglichkeiten der selbsttötung verbleiben, kann sie den erstrebten rechtsgüterschutz zumindest fördern. ist der zugang zu natrium-pentobarbital, womit die selbsttötung auf schmerzfreie, regelmäßig schnelle und vergleichsweise sichere weise und bei einer behördlichen erlaubnis ohne hinzuziehung von ärzten oder sterbehilfevereinen erfolgen könnte, nicht möglich, erschwert das eine selbsttötung. denn jedenfalls in fällen, in denen der suizidwunsch folge einer unmittelbaren reaktion auf eine aktuelle lebenssituation ist und nicht dauerhaft, stabil, informiert, freiverantwortlich und insbesondere unbeeinflusst von akuten psychischen störungen besteht, ist die mangelnde freie verfügbarkeit eines tödlich wirkenden betäubungsmittels geeignet, die verwirklichung eines suizids zu verhüten. ferner wird einem gesellschaftlichen druck insbesondere auf vulnerable personen entgegengewirkt, der durch die eröffnung einer erlaubnismöglichkeit entstehen oder empfunden werden könnte, und missbrauch verhindert. um diese legitimen schutzanliegen zu erreichen, ist die regelung des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg auch erforderlich. weniger eingriffsintensive, vergleichbar effektive alternative schutzmaßnahmen, mit denen ein unmittelbarer zugang privater zu einem tödlichen betäubungsmittel verhindert werden könnte, sind nicht erkennbar. 69(3) die von der vorschrift ausgehende einschränkung des rechts auf selbstbestimmtes sterben ist auch angemessen. 70geeignete und erforderliche maßnahmen sind einer gegenläufigen kontrolle mit blick darauf zu unterwerfen, ob die eingesetzten mittel unter berücksichtigung der davon ausgehenden grundrechtsbeschränkungen für den betroffenen noch in einem angemessenen verhältnis zu dem dadurch erreichbaren rechtsgüterschutz stehen. einschränkungen individueller freiheit sind nur dann angemessen, wenn das maß der belastung des einzelnen noch in einem vernünftigen verhältnis zu den der allgemeinheit erwachsenden vorteilen steht. der hohe rang, den die verfassung dem leben und der autonomie beimisst, vermag grundsätzlich deren effektiven präventiven schutz zu legitimieren. die empirisch gestützte fragilität eines selbsttötungsentschlusses wiegt gerade deshalb besonders schwer, weil sich entscheidungen über das eigene leben naturgemäß dadurch auszeichnen, dass ihre umsetzung unumkehrbar ist. die angemessenheit ist aber nicht mehr gegeben, wenn die staatliche maßnahme im gefüge der im übrigen bestehenden gesetzeslage die möglichkeiten einer selbsttötung in einem solchen umfang einschränkt, dass dem einzelnen faktisch kein raum zur wahrnehmung der verfassungsrechtlich geschützten freiheit verbleibt. angesichts der existentiellen bedeutung, die der freiheit zur selbsttötung für die selbstbestimmte wahrung der persönlichkeit zukommen kann, muss die möglichkeit hierzu bei realitätsgerechter betrachtung immer gewährleistet sein. dabei ist zu prüfen, ob der einzelne ohne verletzung seines selbstbestimmungsrechts auf die inanspruchnahme von alternativen verwiesen werden kann. 71vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 264 ff. 72hiervon ausgehend ist die fehlende erlaubnisfähigkeit derzeit angemessen. 73(a) der nationale gesetzgeber hat mit § 5 abs. 1 nr. 6 btmg seinen spielraum bei der abwägung zwischen dem selbstbestimmungsrecht des suizidwilligen einerseits und seiner schutzpflicht für leben und gesundheit andererseits nicht überschritten. 74vgl. schon ovg nrw, urteil vom 17. februar 2017 - 13 a 3079/15 -, a. a. o. rn. 67 ff. 75die zugangsverweigerung zu einer letalen dosis eines betäubungsmittels durch § 5 abs. 1 nr. 6 btmg schützt die selbstbestimmung des einzelnen über sein leben und damit das hohe rechtsgut des lebens als solches. dies dient, wie bereits ausgeführt, dem schutz von vulnerablen menschen gegenüber der umsetzung von nicht in freier selbstbestimmung getroffenen suizidwünschen sowie der verhinderung von miss- und fehlgebrauch. 76art. 1 abs. 1 satz 2 gg i. v. m. art. 2 abs. 2 satz 1 gg verpflichtet den staat, die autonomie des einzelnen bei der entscheidung über die beendigung seines lebens und hierdurch das leben als solches zu schützen. der vom grundgesetz geforderte respekt vor der autonomen selbstbestimmung des einzelnen setzt eine frei und unbeeinflusst von einer akuten psychischen störung gebildete entscheidung voraus. dem betroffenen müssen alle entscheidungserheblichen gesichtspunkte bekannt sein. er muss über seine lage und handlungsalternativen beraten und aufgeklärt sein. der entschluss, aus dem leben zu scheiden, muss von einer gewissen dauerhaftigkeit und inneren festigkeit getragen sein. seine entscheidung darf nicht durch zwang, drohung oder täuschung oder sonstige formen der einflussnahme dritter beeinträchtigt sein. angesichts der unumkehrbarkeit des vollzugs einer suizidentscheidung gebietet die bedeutung des lebens als ein höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen ordnung selbsttötungen entgegenzuwirken, die nicht von freier selbstbestimmung und eigenverantwortung getragen sind. da der schutz des lebens dem einzelnen von der verfassung als nicht rechtfertigungsbedürftiger selbstzweck zugesagt ist und er auf der unbedingten anerkennung der person in ihrer bloßen existenz beruht, darf und muss der gesetzgeber gesellschaftlichen einwirkungen wirksam entgegentreten, die als soziale pressionen wirken können und das ausschlagen von suizidangeboten rechtfertigungsbedürftig erscheinen lassen. 77bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 -, a. a. o. rn. 232 ff. 78die staatliche schutzpflicht zugunsten der selbstbestimmung und des lebens kann gegenüber dem freiheitsrecht des einzelnen den vorrang erhalten, wo dieser einflüssen ausgeliefert ist, die die selbstbestimmung über das eigene leben gefährden. diesen einflüssen darf die rechtsordnung durch vorsorge und durch sicherungsinstrumente entgegentreten. 79bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 -, a. a. o. rn. 275. 80vorkehrungen, die eine im vorstehend erläuterten sinne selbstbestimmte entscheidung gewährleisten, sieht das betäubungsmittelgesetz ebenso wenig vor wie bestimmungen dazu, wie eine sichere aufbewahrung eines nicht unmittelbar verwendeten präparats zu gewährleisten ist. derartige vorgaben können auch nicht im rahmen der verfassungskonformen auslegung in das gesetz hineingelesen, d. h. durch die rechtsprechung oder bei der gesetzesvollziehung durch die verwaltung bestimmt werden. 81so aber bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.15 -, a. a. o. rn. 31, 39 f. 82das diesbezügliche schutzkonzept zu entwickeln, soll ein zugang zu natrium-pentobarbital zur selbsttötung ermöglicht werden, ist vielmehr aufgabe des demokratisch legitimierten gesetzgebers, der insoweit über einen weiten gestaltungsspielraum verfügt. 83vgl. bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 9, sowie urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 338; bverwg, urteil vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 22; ovg nrw, urteil vom 19. august 2015 - 13 a 1299/14 -, a. a. o. rn. 119; urteil vom 17. februar 2017 ‑ 13 a 3079/16 -, a. a. o. rn. 69 ff., sowie beschluss vom 24. märz 2021 ‑ 9 b 50/21 -, nwvbl. 2021, 301 = juris rn. 8. 84welche anforderungen an den freien willen, die dauerhaftigkeit des selbsttötungsentschlusses oder die information über handlungsalternativen zu stellen wären und wie ein miss- oder fehlgebrauch verhindert werden könnte, ist auch eine ethische frage, die gesetzlich beantwortet werden müsste. 85vgl. auch gärditz, zfl 2017, 38 (51 f., 54); grünewald, jr 2021, 99 (103 f.); hillgruber, jz 2017, 777 (784). 86(b) die fehlende erlaubnisfähigkeit beschränkt auch nicht in fällen, in denen sich menschen wegen einer schweren und unheilbaren erkrankung in einer extremen notlage befinden, unangemessen das recht auf selbstbestimmtes sterben. die diesbezügliche rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, 87bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.16 -, a. a. o., 88ist durch das urteil des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 und die nachfolgende entwicklung rechtlich und tatsächlich überholt. damit ist in der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts nicht nur das grundrecht auf selbstbestimmtes sterben unabhängig von erkrankungen anerkannt und damit von den typischen situationen der sterbehilfe abgekoppelt worden. auch ist infolge der nichtigkeit des § 217 stgb eine tatsächliche entwicklung im bereich der sterbehilfe eingetreten, die nicht mehr mit den verhältnissen 2017 vergleichbar ist (siehe dazu nachfolgend). das bundesverwaltungsgericht hat aber als eine voraussetzung einer extremen notlage bestimmt, dass keine andere zumutbare möglichkeit zur verwirklichung des sterbewunsches zur verfügung steht. 89bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 3 c 19.16 -, a. a. o. rn. 31, 34 f. 90abgesehen davon erfüllt der kläger zur überzeugung des senats auch nicht die vom bundesverwaltungsgericht bestimmte voraussetzung, dass die schwere und unheilbare erkrankung mit gravierenden körperlichen leiden, insbesondere starken schmerzen verbunden ist, die bei dem betroffenen zu einem unerträglichen leidensdruck führen und nicht ausreichend gelindert werden können. der senat geht davon aus, dass diese voraussetzung nur erfüllt ist, wenn schwerstkranke derartig leiden, dass sie unmittelbar ihr leben beenden wollen. der kläger hat aber im vorfeld der berufungsverhandlung gegenüber medien erklärt, derzeit noch nicht sterben zu wollen. er wolle lediglich die freiheit haben, sich mit natrium-pentobarbital das leben nehmen zu können, „bevor es katastrophal wird“. dem radiosender deutschlandfunk hat er im interview gesagt: „ich will das nicht sofort nehmen. ich will das nehmen, wenn die zeit für mich gekommen ist.“ 91vgl. nur den beitrag im deutschlandfunk vom 2. februar 2022, www.deutschlandfunk.de/oberverwaltungsgericht-nrw-entscheidet-ueber-selbsttoetungs-substanz-dlf-cf9c7c41-100.html. 92darauf in der mündlichen verhandlung angesprochen, sind der kläger und sein prozessbevollmächtigter dem nicht entgegengetreten. 93(c) die beschränkung suizidwilliger durch § 5 abs. 1 nr. 6 btmg steht auch nicht deshalb außer verhältnis zum öffentlichen interesse des autonomie- und lebensschutzes, weil das recht auf selbsttötung angesichts der rechtslage im übrigen damit faktisch entleert wäre. vielmehr ist derzeit - über die möglichkeiten des abbruchs oder der ablehnung einer lebenserhaltenden oder -verlängernden behandlung hinaus ‑ ein zumutbarer zugang zu freiwillig bereitgestellter suizidhilfe real eröffnet und dem einzelnen die wahrnehmung seines verfassungsrechtlich geschützten freiheitsrechts so möglich. 94infolge des urteils des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 hat sich die tatsächliche situation grundlegend verändert. die möglichkeit, den wunsch nach selbstbestimmtem sterben zu verwirklichen, ist wesentlich verbessert. 95bverfg, beschlüsse vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 4 und 7, und vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. -, a. a. o. rn. 15. 96der erwerb einer letalen dosis von natrium-pentobarbital mit hilfe einer erlaubnis des bfarm ist derzeit nicht die einzige zumutbare möglichkeit suizidwilliger, ihren sterbewunsch umzusetzen. dies hat das verwaltungsgericht zu recht unter auswertung der von ihm eingeholten auskünfte und herangezogenen weiteren erkenntnisse angenommen. darauf wird bezug genommen. 97auch wenn weiterhin die mehrheit der ärzte aufgrund ihres selbstverständnisses nicht zur suizidhilfe bereit sein dürfte, 98vgl. zu statistischen erhebungen bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 285 ff. m. w. n., siehe auch die diskussion auf dem 124. deutschen ärztetag am 4./5. mai 2021, beschlussprotokoll, s. 144 ff., 99gibt es ärzte, die tödlich wirkende arzneimittel verschreiben und andere unterstützungshandlungen vornehmen. 100so auch bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 7; stellungnahmen des arztes für innere medizin und rettungsmedizin dr. med. dipl. biol. michael de ridder vom 29. oktober 2020 und vom 11. november 2020; frankfurter allgemeine sonntagszeitung, 28. november 2021, nr. 47, s. 15: „es berührt mich“; ärztezeitung vom 30. oktober 2021: in der regelungslücke bilden sich suizidhilfe-strukturen aus. 101der prozessbevollmächtigte des klägers hat als vorsitzender der dghs in der mündlichen verhandlung vor dem senat erklärt, es gebe bundesweit sechs ärzte, zu denen sie sterbewilligen kontakt vermitteln könnten. es riefen weiterhin einzelne ärzte an, die suizidhilfe leisten wollten. der leiter der bundesopiumstelle dr. cremer-schaeffer hat in der berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass die frage der ärztlichen suizidhilfe auf dem deutschen ärztetag im mai 2021 sehr kontrovers diskutiert worden sei, es also durchaus einige ärzte gebe, die dazu bereit seien. ferner hat er erklärt, es riefen bei ihnen immer wieder mal einzelne ärzte oder apotheker an, die suizidwillige unterstützen wollten und nach den rechtlichen regelungen fragten. 102das ärztliche berufsrecht steht der suizidhilfe nicht mehr generell entgegen. der 124. deutsche ärztetag hat am 4./5. mai 2021 eine änderung der musterberufsordnung beschlossen und § 16 satz 3 mbo-ä aufgehoben. diese bestimmung sah vor, dass ärzte keine hilfe zur selbsttötung leisten dürfen. zwar handelt es sich bei der musterberufsordnung für die in deutschland tätigen ärzte nur um einen normierungsvorschlag, der erst durch eine inkorporation in das satzungsrecht der landesärztekammern rechtsverbindlichkeit erlangt. 103bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 292. 104auch sind erst einzelne berufsordnungen geändert worden. allerdings enthielten einige landesberufsordnungen eine § 16 satz 3 mbo-ä entsprechende bestimmung schon zuvor nicht. die berufsordnungen der ärztekammern in baden-württemberg, bayern, berlin, bremen, rheinland-pfalz, sachsen, sachsen-anhalt, schleswig-holstein und thüringen untersagen die hilfe zur selbsttötung nicht bzw. nicht mehr. die berufsordnung der ärztekammer westfalen-lippe bestimmt, dass ärzte keine hilfe zur selbsttötung leisten „sollen“. soweit die berufsordnungen der ärztekammern in brandenburg, hamburg, hessen, mecklenburg-vorpommern, niedersachsen, nordrhein und saarland noch ausdrücklich das verbot der hilfe zur selbsttötung enthalten, kann angesichts der erst im mai 2021 erfolgten änderung der musterberufsordnung im übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass dies künftig so bleibt. 105dies zugrunde gelegt, kann der kläger nicht mit erfolg geltend machen, einen zur suizidhilfe bereiten arzt könnten er und andere suizidwillige nicht finden bzw. es dürfe ihnen nicht zugemutet werden, danach zu suchen. dabei hält der senat es mit dem bundesverfassungsgericht auch für zumutbar, die suche auf ein gebiet jenseits des eigenen wohnorts oder bundeslands zu erstrecken. 106so auch bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 7. 107infolge der nichtigkeit des § 217 stgb sind auch geschäftsmäßige angebote der suizidhilfe wieder verfügbar. sterbehilfeorganisationen wie der hamburger verein sterbehilfe oder dignitas deutschland haben nach presseberichten sowie den vom verwaltungsgericht eingeholten stellungnahmen ihre tätigkeit wieder aufgenommen. 108vgl. stellungnahme verein sterbehilfe vom 12. oktober 2020; kölner stadtanzeiger, 7. september 2020, s. 6: unsichere patienten, streitende ärzte; die zeit, 12. mai 2021, s. 9: die freiheit zu sterben; siehe auch wdr, 5. januar 2022: diakonie wuppertal schafft grundlagen für „assistierte sterbehilfe“. 109der hamburger verein sterbehilfe deutschland hat nach presseberichten im jahr 2021 129 menschen zum suizid verholfen. 110vgl. rheinische post, 3. januar 2021: „sterbehilfe deutschland“ assistierte 2021 bei 129 suiziden. 111auch die dghs vermittelt seit dem frühjahr 2020 ihren mitgliedern sterbebegleitung durch teams aus ärzten und juristen. im jahr 2021 unterstützte die organisation nach den vom prozessbevollmächtigten des klägers in der berufungsverhandlung bestätigten angaben in einem medienbericht 120 menschen beim suizid. 112vgl. zeit online, 27. januar 2022: ein neuer gesetzentwurf für die suizidbeihilfe. 113sterbehilfeorganisationen vermitteln typischerweise auch kontakt zu ärzten und pharmazeuten, die trotz rechtlicher risiken bereit sind, in der medizinisch und pharmakologisch notwendigen weise an einer selbsttötung mitzuwirken. 114vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 297. 115die inanspruchnahme der hilfe eines arztes oder einer sterbehilfeorganisation zur verwirklichung des grundrechts auf selbstbestimmtes sterben hält der senat im sinne der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts für grundsätzlich zumutbar. 116vgl. bverfg, beschlüsse vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 4 und 7, und vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. -, a. a. o. rn. 15. 117soweit der kläger meint, die mitgliedschaft in einer sterbehilfeorganisation sei aus weltanschaulichen gründen nicht zumutbar, sei darauf hingewiesen, dass er selbst vorgetragen hat, mitglied in einer sterbehilfeorganisation in der schweiz sowie in der dghs zu sein. dass die mitgliedschaft und die inanspruchnahme der sterbehilfe regelmäßig mit kosten verbunden ist, führt nicht zu einem faktischen leerlaufen des grundrechts. dass der kläger die kosten nicht aufbringen kann, hat er auch nicht behauptet. 118dass sowohl ärzte als auch sterbehilfeorganisationen in deutschland bisher wohl nicht natrium-pentobarbital als mittel zur selbsttötung einsetzen, rechtfertigt keine andere betrachtung. aus den vom verwaltungsgericht zutreffend ausgeführten gründen kann auf zumutbare und humane weise eine selbsttötung erfolgen, indem eine kombination von verschreibungspflichtigen arzneimitteln eingenommen wird, die etwa auch schon vor inkrafttreten des § 217 stgb ende 2015 in einer vielzahl von fällen von sterbehilfeorganisationen in deutschland verwendet wurde. wegen der weiteren einzelheiten des einsatzes einer arzneimittelkombination wird auf die vom verwaltungsgericht eingeholte stellungnahme des arztes dr. med. michael de ridder vom 29. oktober 2020, die stellungnahme des vereins sterbehilfe vom 12. oktober 2020 sowie die ausführungen des dr. med. sitte im bundestagsausschuss für gesundheit, bt-drs. 19/4834, s. 4 f. verwiesen. der senat folgt insoweit der näher begründeten einschätzung des verwaltungsgerichts, dass einerseits ein erheblich erhöhtes risiko von komplikationen bei der verwendung der kombination verschreibungspflichtiger arzneimittel nicht besteht und andererseits es auch bei natrium-pentobarbital, das grundsätzlich als schmerzfreies, schnelles und weitgehend risikofreies tötungsmittel gilt und bei der sterbehilfe etwa in der schweiz und in den niederlanden eingesetzt wird, zu komplikationen kommen kann. so hat etwa auch die bundesapothekerkammer darauf hingewiesen, dass letzteres nicht kritiklos als geeignetes mittel zur selbsttötung betrachtet werden sollte, da die tödliche wirkung nicht immer wie beabsichtigt eintrete. 119stellungnahme der bundesapothekerkammer vom 1. juli 2020 zu möglichen eckpunkten einer neuregelung der suizidassistenz, https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/stellungnahmen/. 120hinzu kommt, dass es mit dem verschreibungspflichtigen fertigarzneimittel thiopental ein anderes, nicht der anlage iii des betäubungsmittelgesetzes unterfallendes barbiturat gibt, das bei selbsttötungen unter anderem von sterbehilfevereinen - teilweise ergänzt um ein muskelrelaxierendes mittel - intravenös verwendet wird. 121vgl. auch wissenschaftlicher dienst des deutschen bundestags, sachstand, medikamente zur selbsttötung, 10. juni 2020, wd 9 - 3000 - 020/20, s. 8. 122nach den angaben des prozessbevollmächtigten des klägers in der berufungsverhandlung wird dieses auch von den mit der dghs kooperierenden ärzten (ausschließlich) eingesetzt und ist damit in mehr als 120 fällen verwendet worden. 123diese zumutbaren alternativen bestehen zur überzeugung des senats im maßgeblichen zeitpunkt der berufungsverhandlung auch für den kläger, der krankheitsbedingt vom schultergürtel abwärts gelähmt ist und an schluckbeschwerden leidet. es ist nicht hinreichend und substantiiert, etwa durch die vorlage aktueller ärztlicher atteste, glaubhaft gemacht, dass er die kombination von verschreibungspflichtigen medikamenten nicht oral zu sich nehmen kann. die dem gericht vorgelegten ärztlichen bescheinigungen datieren aus der zeit bis 2018. im befundbericht des universitätsklinikums t. , klinik für neurologie, vom 18. juli 2016 werden bei den anamnestischen angaben schluck- und sprachstörungen genannt, die tagesformabhängig seien. im befundbericht derselben klinik vom 23. juli 2018 werden schluckbeschwerden ebenso wenig erwähnt wie im psychiatrischen gutachten des dr. med. v. n. vom 14. juli 2018. in letzterem heißt es bei den äußerungen zur suizidabsicht lediglich, eine besserung der krankheit sei nicht zu erwarten, eher eine weitere verschlechterung bis hin zur schluck- und atemlähmung. 124in der berufungsverhandlung hat der kläger auf befragen des gerichts erklärt, dass er seine nahrung noch normal, also nicht püriert, aufnehme. trinken ist ihm mithilfe eines strohhalms möglich, wie der senat auch in der verhandlung sehen konnte. dass er auf nachfrage seines prozessbevollmächtigten angeführt hat, es komme immer wieder vor, dass er sich bei der nahrungsaufnahme verschlucke, rechtfertigt nicht die annahme, der kläger könne die arzneimittelkombination krankheitsbedingt nicht schlucken. nach der stellungnahme von dr. med. de ridder vom 29. oktober 2020 werden die zermörserten tabletten in fruchtjoghurt oder apfelmus bzw. in tee aufgelöst. der verein sterbehilfe führt in seiner stellungnahme vom 12. oktober 2020 aus, die von ihnen eingesetzten verschreibungspflichtigen medikamente würden getrunken (drei gläser). dass der kläger hierzu nicht in der lage wäre, ist nicht ersichtlich. auch das von ihm begehrte natrium-pentobarbital müsste er in wasser aufgelöst in einer bestimmten zeit trinken. 125darüber hinaus steht mit thiopental ein intravenös einsetzbares mittel zur verfügung, das auch die mit der dghs kooperierenden ärzte verwenden. nach den überzeugenden ausführungen des leiters der bundesopiumstelle dr. cremer-scheffer in der berufungsverhandlung ist dieses auch für den körperlich stark eingeschränkten kläger eine zumutbare alternative, die er mithilfe von infusionsautomaten/ -pumpen (perfusoren) realisieren könnte. diese geräte seien im freien verkehr, würden zu tausenden auf den intensivstationen verwendet und könnten auch mit einer bewegung des kinns oder der nase gesteuert werden. dass nach angaben des prozessbevollmächtigten des klägers in der mündlichen verhandlung die durch die dghs vermittelten sechs ärzte über solche apparaturen derzeit nicht verfügten, ist unerheblich. abgesehen davon, dass diese angaben nicht näher substantiiert worden sind, hält der senat es angesichts der nachvollziehbaren erläuterungen von herrn dr. cremer-scheffer für möglich, dass der kläger einen arzt oder eine sterbehilfeorganisation findet, die über ein solches gerät verfügen oder dieses beschaffen. dass die sterbehilfeorganisationen grundsätzlich injektionsautomaten einsetzen bzw. zur verfügung stellen, ergibt sich etwa aus der stellungnahme des hamburger vereins sterbehilfe vom 12. oktober 2020. ob diese derzeit über automaten verfügen, die nicht nur per knopfdruck, sondern etwa auch mit einer bewegung des kinns oder der nase gesteuert werden können, bedarf keiner weiteren aufklärung. sollte dies nicht der fall sein, könnten die geräte nach den ausführungen von herrn dr. cremer-scheffer beschafft werden. der senat geht auch davon aus, dass der kläger nötigenfalls die insoweit anfallenden kosten - dr. cremer-scheffer hat von etwa 1.500 euro gesprochen - aufbringen könnte. gegenteiliges ist weder vorgetragen noch erkennbar. vielmehr ergibt sich aus dem psychiatrischen gutachten des dr. med. v. n. vom 14. juli 2018, dass der kläger seit 20 jahren eigentümer eines einfamilienhauses ist, dessen erdgeschoss er selbst bewohnt und dessen obergeschoss er vermietet hat. 126bestehen damit zumutbare alternativen für den kläger, sein recht auf selbstbestimmtes sterben zu verwirklichen, kommt es auf die frage, ob § 13 abs. 1 btmg verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass er eine ärztliche verschreibung von natrium-pentobarbital oder dessen überlassung zum unmittelbaren verbrauch und damit einen alternativen zugang zu dem betäubungsmittel ermöglicht, 127offen gelassen von bverfg, beschluss vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. -, a. a. o. rn. 14, 128nicht an. der senat weist allerdings auf folgendes hin: würde man die realisierung eines suizidwunsches mithilfe verschreibungspflichtiger und -fähiger arzneimittel generell oder im einzelfall für nicht möglich oder nicht zumutbar halten, wäre die zugangsmöglichkeit nach § 13 abs. 1 btmg, § 2 abs. 1 lit. b btmvv eine gegenüber der hier begehrten erlaubnis zum erwerb dieses betäubungsmittels vorrangige alternative. auch das bundesverfassungsgericht hat in der vorgenannten entscheidung lediglich diesen weg, nicht aber den der erlaubnis nach § 3 abs. 1 nr. 1 btmg angesprochen. so könnten der schutz der autonomie und des lebens von suizidwilligen jedenfalls in höherem maße gewährleistet werden. 129vgl. auch leopoldina, neuregelung des assistierten suizids - ein beitrag zur debatte diskussion nr. 26, 2021, s. 6; hillgruber, jz 2017, 777 (784); oglakcioglu, medr 2019, 450 (454); vgl. ebenso die stellungnahme von dr. med. de ridder vom 29. oktober 2020. 130(d) das grundrecht auf selbstbestimmtes sterben wird schließlich entgegen der auffassung des klägers nicht deshalb unangemessen beschränkt, weil die genannten zumutbaren möglichkeiten der realisierung des freiheitsrechts nicht seinen vorstellungen zur beendigung seines lebens entsprechen. 131der einzelne kann lediglich verlangen, dass sein grundrecht auf selbstbestimmtes sterben nicht faktisch leer läuft, dass er es also auf humane weise realisieren kann. ein unverhältnismäßiger grundrechtseingriff liegt nicht schon dann vor, wenn eine konkrete, vom grundrechtsträger für sich gewünschte art und weise der selbsttötung nicht möglich ist. dass der kläger, wie er in der berufungsverhandlung erneut betont hat, vorhandene alternativen zur gestaltung des lebensendes aus persönlichen gründen nicht wählen möchte, sondern ohne inanspruchnahme der hilfe professioneller dritter mit natrium-pentobarbital sein leben beenden möchte, ist eine nachvollziehbare, zu respektierende entscheidung, begründet allerdings keine grundrechtsverletzung. 132vgl. ovg nrw, urteil vom 17. februar 2017 ‑ 13 a 3079/15 -, a. a. o. rn. 80. 133das nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts bestehende recht auf selbstbestimmtes sterben beinhaltet entgegen der auffassung des klägers keinen anspruch darauf, dass der staat ihm den suizid in der gewünschten art und weise ermöglicht. 134das von art. 2 abs. 1 i. v. m. art. 1 abs. 1 gg geschützte recht, sich selbst zu töten, umfasst zwar auch die freiheit, sich hierfür bei dritten hilfe zu suchen. es schützt damit vor verboten gegenüber dritten, im rahmen ihrer freiheit unterstützung anzubieten. 135vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 213. 136die rechtsordnung muss aber lediglich sicherstellen, dass der zugang zu freiwillig bereitgestellter suizidhilfe dritter real eröffnet bleibt. ein anspruch gegenüber dritten, bei einem selbsttötungsvorhaben unterstützt zu werden, besteht in anbetracht von deren gewissensfreiheit hingegen nicht. 137vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 284, 289. 138ebenso lässt sich aus dem grundrecht grundsätzlich kein anspruch gegenüber dem staat darauf ableiten, dass dieser den (unmittelbaren) zugang zu natrium-pentobarbital durch eine erwerbserlaubnis ermöglicht. 139vielmehr ist es nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts aufgabe des demokratisch legitimierten gesetzgebers, die suizidhilfe zu regeln. dabei darf er deren zulässigkeit nicht von materiellen kriterien wie einer unheilbaren oder tödlich verlaufenden krankheit abhängig machen. er darf aber ein prozedurales sicherungskonzept entwickeln und je nach lebenssituation unterschiedliche anforderungen an den nachweis der ernsthaftigkeit und dauerhaftigkeit eines selbsttötungswillens stellen. 140bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 340. 141ob und wie der zugang zu einer letalen dosis eines betäubungsmittels eröffnet wird, ist deshalb eine frage, über die in erster linie der gesetzgeber innerhalb seines gestaltungsspielraums zu entscheiden hat. 142vgl. ovg nrw, urteil vom 17. februar 2017 ‑ 13 a 3079/16 -, a. a. o. rn. 69 ff.; gärditz, zfl 2017, 38 (51); hillgruber, jz 2017, 777 (784); teichmann/camprubi, medr 2021, 141 (146). 143das bundesverfassungsgericht hat lediglich angeführt, dass „möglicherweise“ anpassungen des betäubungsmittelrechts gefordert seien. weiter hat es darauf hingewiesen, dass es nicht ausgeschlossen sei, im bereich des betäubungsmittelrechts verankerte elemente des verbraucher- und missbrauchsschutzes aufrechtzuerhalten und in ein schutzkonzept im bereich der suizidhilfe einzubinden. 144vgl. bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 341 f.; siehe auch grünewald, jr 2021, 99 (104). 145der gesetzgeber ist zwar dieser - von ihm im gesetzgebungsverfahren zu § 217 stgb anerkannten - aufgabe bisher nicht nachgekommen. in der abgelaufenen 19. wahlperiode gab es verschiedene diskussions- und gesetzentwürfe, zu einem konkreten gesetzgebungsverfahren ist es aber nicht gekommen. 146gesetzentwurf der abgeordneten künast und keul, entwurf eines gesetzes zum schutz des rechts auf selbstbestimmtes sterben; gesetzentwurf der abgeordneten helling-plahr, lauterbach, sitte, schulz und fricke, entwurf eines gesetzes zur regelung der suizidhilfe; diskussionsentwurf des gesundheitsministeriums, entwurf eines gesetzes zur neufassung der strafbarkeit der hilfe zur selbsttötung und zur sicherstellung der freiverantwortlichen selbsttötungsentscheidung; eckpunktepapier von castellucci, heveling, kappert-gonther, gröhe u. a.; ferner: borasio/jox/taupitz/wiesing, selbstbestimmung im sterben - fürsorge zum leben, ein verfassungskonformer gesetzesvorschlag zur regelung des assistierten suizids; dghs, entwurf eines gesetzes zum umgang mit suizid und sterbehilfe; deutsche stiftung patientenschutz, vorschlag für eine neufassung des § 217 stgb, 19. juni 2020; dorneck/gassner/kersten u. a., sterbehilfegesetz, augsburg-münchner-hallescher-entwurf, tübingen 2021; leopoldina, neuregelung des assistierten suizids - ein beitrag zur debatte, 2021, diskussion nr. 26; zu einigen der entwürfe auch neumann, njoz 2021, 385 ff. 147im koalitionsvertrag der derzeit regierenden parteien ist lediglich die rede davon, es werde begrüßt, wenn durch zeitnahe fraktionsübergreifende anträge das thema sterbehilfe einer entscheidung zugeführt werde. 148mehr fortschritt wagen, koalitionsvertrag zwischen spd, bündnis 90/die grünen und fdp, s. 113; vgl. jüngst fraktionsübergreifender vorschlag eines gesetzentwurfs: https://kappertgonther.de/2022/01/vorschlag-zur-neuregelung-der-sterbehilfe/; dazu: zeit online, 27. januar 2022: ein neuer gesetzentwurf für die suizidhilfe; zdf, 26. januar 2022: wie weiter mit der sterbehilfe. 149so ist inzwischen nicht nur ein weitgehend regelungsloser und im hinblick auf den lebensschutz problematischer zustand im bereich der geschäftsmäßigen suizidhilfe entstanden, sondern auch die frage des einsatzes von betäubungsmitteln zur selbsttötung nach wie vor nicht ausdrücklich geregelt. dies kann aber, jedenfalls solange das grundrecht auf selbstbestimmtes sterben zumutbar realisiert werden kann, nicht dazu führen, einen erlaubnisanspruch anzunehmen. damit würde die gesetzgeberische gestaltungsentscheidung faktisch vorweggenommen. 150vgl. bverfg, beschluss vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 -, a. a. o. rn. 9. 1514. die europäische menschenrechtskonvention, die als auslegungshilfe für die bestimmung von inhalt und reichweite der grundrechte heranzuziehen ist, gebietet keine andere bewertung. 152art. 8 abs. 1 emrk gewährleistet als ausprägung des rechts auf achtung des privatlebens das recht des einzelnen, darüber zu entscheiden, wann und wie er sein leben beenden möchte. dieses recht kann aber aus gründen des lebensschutzes und der autonomie eingeschränkt werden. bei der abwägung zwischen dem selbstbestimmungsrecht des einzelnen und der aus art. 2 emrk abgeleiteten schutzpflicht des staates für das leben kommt den staaten ein erheblicher einschätzungs- und ermessensspielraum zu. 153vgl. zum ganzen egmr, urteile vom 14. mai 2013 - 67810/10 (gross) -, rn. 58 ff., m. w. n., vom 19. juli 2012 - 497/09 (koch) -, njw 2013, 2953 = juris rn 68 f., sowie vom 20. januar 2011 - 31322/07 (haas) -, njw 2011, 3773, rn. 51 ff.; bverfg, urteil vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. -, a. a. o. rn. 302 ff.; bverwg, urteil vom 28. mai 2019 - 3 c 6.17 -, a. a. o. rn. 25. 154hiervon ausgehend stehen die vorstehenden bewertungen im einklang mit art. 8 abs. 1 emrk. der den mitgliedstaaten zustehende spielraum ist aus den oben ausgeführten gründen mit der fehlenden erlaubnisfähigkeit des erwerbs eines betäubungsmittels zur selbsttötung nicht überschritten. 155die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 2 vwgo. 156die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 157die revision ist wegen grundsätzlicher bedeutung gemäß § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo zuzulassen. im hinblick auf den versagungsgrund des § 5 abs. 1 nr. 6 btmg stellen sich infolge des urteils des bundesverfassungsgerichts vom 26. februar 2020 - 2 bvr 2347/15 u. a. - sowie der nachfolgenden beschlüsse vom 20. mai 2020 - 1 bvl 2/20 u. a. - und vom 10. dezember 2020 - 1 bvr 1837/19 - rechtsfragen, die höchstrichterlich noch nicht entschieden sind. |
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} | 6z K 3860/21 | 2022-02-01T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 5. Dezember 2002 geborene Klägerin erwarb im Juli 2021 in L. die allgemeine Hochschulreife (Abitur) mit der Durchschnittsnote 2,3 (600 Punkte). 3Anschließend bewarb die Klägerin sich bei der Beklagten (unter anderem) um die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin. Zugleich machte sie einen Härtefall geltend und legte neben einem Bescheid über ihre Schwerbehinderung (GdB: 50) ein „Fachärztliches Gutachten zur Vorlage bei Hochschulstart“ der Neurologin Prof. Dr. X. (Universitätsklinikum N. ) vor. Dem Gutachten zufolge leidet sie an einer „Gliedergürteldystrophie vom Typ 2E“, einer erblichen, unaufhaltsam fortschreitenden Erkrankung, die – so das Gutachten – dazu führen wird, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Belastungen des Studiums nicht durchgestanden werden können. Die Erkrankung manifestiere sich in einer fortschreitenden Schwäche und Atrophie der Muskeln an den rumpfnahen Körperabschnitten, im Verlauf werde die Mobilität eingeschränkt. Im Verlauf kämen auch respiratorische Komplikationen und eine Herzbeteiligung hinzu. Es sei davon auszugehen, dass später der ärztliche Beruf „in einem geeigneten Setting“ ausgeübt werden könne. 4Mit Bescheiden vom 8. September 2021 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag der Klägerin ab und führte unter anderem aus: Der Härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erforderlich sei. 5Die Klägerin hat am 6. Oktober 2021 Klage erhoben. 6Zur Begründung führt sie (im zugehörigen Eilverfahren) unter Vorlage einer ergänzenden Stellungnahme der Gutachterin Prof. Dr. X. vom 4. Oktober 2021 aus: Sie erfülle die Voraussetzungen für eine Härtefallzulassung. Das von ihr vorgelegte Gutachten zeige auf, dass ihre Krankheit unaufhaltsam voranschreiten werde. Aufgrund der individuellen Besonderheiten eines Krankheitsverlaufs blieben naturgemäß Unsicherheiten bestehen; ein exakter Zeitpunkt könne nicht benannt werden. Aus der fachärztlichen Beurteilung ergebe sich aber eindeutig, dass ein Abwarten ihr nicht zugemutet werden könne. 7Die Klägerin beantragt sinngemäß, 8die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. September 2021 zu verpflichten, ihr einen Zahnmedizinstudienplatz (erstes Fachsemester) nach den Sach- und Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2021/22 an der Universität in Ulm, hilfsweise in N. , hilfsweise in Greifswald zuzuweisen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Sie tritt der Klage entgegen. 12Die Kammer hat den Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 19. Oktober 2021 (6z L 1306/21) abgelehnt. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten übersandten Bewerbungsunterlagen ergänzend Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden. 16Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 17Der Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Zahnmedizin nach den für das Wintersemester 2021/22 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen. 18Die Kammer hat dazu in ihrem den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (6z L 1306/21) betreffenden Beschluss vom 19. Oktober 2021 ausgeführt: 19„Studienplätze im Studiengang Zahnmedizin werden in einem zentralen Vergabeverfahren nach den Regelungen des in allen Bundesländern ratifizierten, am 1. Dezember 2019 in Kraft getretenen Staatsvertrages über die Hochschulzulassung (Vergabe-Staatsvertrag) in Verbindung mit den in den einzelnen Ländern erlassenen, die Vorgaben des Staatsvertrages konkretisierenden Rechtsverordnungen vergeben. Diese Verordnungen müssen nach Art. 12 Abs. 2 des Vergabe-Staatsvertrages in den für die zentrale Vergabe wesentlichen Punkten übereinstimmen. Im Folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen Verordnungen der übrigen Länder – auf die Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (StudienplatzVVO NRW) vom 13. November 2020 (GVBl. NRW 2020, S. 1060), geändert durch Verordnung vom 29. April 2021 (GVBl. NRW 2021, S. 566), Bezug genommen. 20Die Studienplätze der in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge werden in verschiedenen, in Art. 9 und 10 des Vergabe-Staatsvertrages beschriebenen Zulassungsquoten vergeben. Während die Studienplätze der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und der „Auswahlquote der Hochschulen“ von den einzelnen Hochschulen vergeben werden, die sich dabei der Unterstützung durch die Antragsgegnerin bedienen, werden die Studienplätze der „Vorabquoten“ und der „Abiturbestenquote“ von der Antragsgegnerin in eigener Verantwortung vergeben (Art. 5 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 Vergabe-Staatsvertrag). 21Die Studienplätze der Abiturbestenquote werden gemäß Artikel 10 Abs. 1 des Vergabe-Staatsvertrages in Verbindung mit § 15 StudienplatzVVO NRW nach dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung vergeben. Mit der von ihr im Abitur erreichten Punktzahl 600 (Abiturnote 2,3) erfüllt die Antragstellerin nicht die zum Wintersemester 2021/2022 in der Abiturbestenquote hinsichtlich der von ihr benannten Hochschulen jeweils maßgebliche Auswahlgrenze. 22Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 10 StudienplatzVVO NRW) glaubhaft gemacht. Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 10 Satz 2 StudienplatzVVO NRW vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 8 Abs. 2 StudienplatzVVO NRW zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten. 23Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 - 13 B 504/10 -, und vom 2. Juli 2012 - 13 B 656/12 -, abrufbar auf www.nrwe.de; Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen, Urteil vom 17. August 2015 - 6z K 3872/14 - und Gerichtsbescheid vom 4. Juni 2018 - 6z K 10273/17 -; Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der BRD, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO Rn. 1. 24Im Blick zu behalten ist überdies die Funktion der Härtefallregelung. Sie soll – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; nach Möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen an der Erreichung seines Berufsziels gehindert werden. Anderen Zwecken – etwa der Kompensation erlittener Schicksalsschläge oder erfahrenen Leids – darf die Härtefallzulassung hingegen nicht dienen. 25Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2013 - 13 B 440/13 -, vom 11. Dezember 2014 - 13 B 1297/14 - und vom 18. Dezember 2014 - 13 B 1360/14 -; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 - 6z L 2869/16 - und vom 24. November 2020 - 6z L 1418/20 -, alle auf www.nrwe.de und mit weiteren Nachweisen; Brehm/Maier, DVBl. 2016, 1166 (1169 ff.). 26Gemessen an diesen Überlegungen sind die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 10 StudienplatzVVO NRW vorliegend nicht dargetan. Eine solche Zulassung kommt unter anderem dann in Betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine Krankheit mit Tendenz zur Verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem späteren Studienbeginn die Belastungen des Studiums in diesem Studiengang nicht durchgestanden werden können. 27So auch die Antragsgegnerin selbst in der auf ihrer Homepage abrufbaren Publikation „Ergänzende Informationen für Ihre Studienplatzbewerbung im Zentralen Vergabeverfahren für bundesweit zulassungsbeschränkte Studiengänge“ (Stand: WS 2021/2022), S. 17 f. 28Insoweit ist als Nachweis ein fachärztliches Gutachten vorzulegen, das zu diesen Kriterien hinreichend Stellung nimmt und konkrete Aussagen über Entstehung, Schwere, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sowie eine fundierte Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf enthält. 29Das von der Antragstellerin mit den Bewerbungsunterlagen eingereichte „Fachärztliche Gutachten zur Vorlage bei Hochschulstart“ der behandelnden Neurologin Prof. Dr. X. (Universitätsklinik N. ) vom 15. Februar 2021 genügt den vorgenannten Anforderungen nicht. Sie attestiert der Antragstellerin, an einer Gliedergürteldystrophie (Typ 2E) zu leiden. Dabei handele es sich um eine erbliche, unaufhaltsam fortschreitende, bislang nicht ursächlich heilbare Erkrankung, die dazu führen werde, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Belastungen des Studiums nicht durchgestanden werden könnten. Die Erkrankung manifestiere sich mit einer fortschreitenden Schwäche und Atrophie der Muskulatur an den rumpfnahen Körperabschnitten. Im Verlauf werde die Mobilität beeinträchtigt und es kämen respiratorische Komplikationen sowie eine Herzbeteiligung hinzu. Es sei aber davon auszugehen, dass der ärztliche Beruf auch später mit zunehmender Behinderung in einem geeigneten Setting ausgeübt werden könne. 30Auf der Grundlage dieser Stellungnahme lässt sich nicht feststellen, dass der eng auszulegende Tatbestand der Härtefallregelung erfüllt ist, obwohl die Antragstellerin zweifellos an einer sehr ernsthaften chronischen Erkrankung leidet. Die Ausführungen zur Prognose des weiteren Krankheitsverlaufs und denkbaren Behandlungsmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass eine exakte Vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen Entwicklung eines Patienten wegen des stets individuellen Verlaufs einer jeden Erkrankung häufig kaum möglich sein wird. Dennoch erfordert § 10 StudienplatzVVO NRW, dass der Facharzt eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Prognose abgibt und diese eingehend begründet. Denn die Antragsgegnerin und auch das Gericht sind im Interesse der Chancengleichheit der Mitbewerber um einen Medizinstudienplatz gehalten, die ihnen vorgelegten ärztlichen Atteste kritisch zu hinterfragen. Entscheidend ist, dass diejenigen Symptome, die für das Absolvieren des Studiums von besonderer Bedeutung sind und die Wahrscheinlichkeit ihres künftigen Auftretens im Gutachten konkret benannt werden. Angaben zu der Frage, welche Symptome zu welchem Zeitpunkt in der Zukunft nach statistischen Erkenntnissen oder nach der Erfahrung des Arztes mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die Unterbrechung des Studiums erzwingender Form und für einen mehr als unerheblichen Zeitraum einzutreten pflegen, inwieweit sie durch eine Therapie gelindert werden können und worauf die Prognose beruht, sind unverzichtbar, um die Voraussetzungen des Härtefalltatbestands feststellen und diejenigen Studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige Zulassung zur Wahrung der Chancengleichheit geboten ist. 31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2018 - 13 B 1561/18 -; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 15. Oktober 2014 - 6z L 1403/14 -, vom 31. März 2017 - 6z L 787/17 - und vom 25. März 2021 - 6z L 303/21 - sowie Urteil vom 17. August 2015 - 6 K 3872/14 -, juris. 32Vorliegend ist auf der Grundlage der Stellungnahme vom 15. Februar 2021 letztlich nicht konkret erkennbar, mit welcher weiteren Entwicklung im Falle der Antragstellerin wann zu rechnen ist und inwieweit diese – auch bei entsprechender Behandlung der zu erwartenden Symptome – den Verlauf eines Zahnmedizinstudiums beeinträchtigen würde. Die Angaben in der Stellungnahme zu diesen Fragen sind deutlich zu pauschal. Es könnte sich in diesem Zusammenhang im Übrigen auch die Frage stellen, ob die Antragstellerin nicht trotz ihres Gesundheitszustands in der Lage ist, durch die Absolvierung der einschlägigen Tests sowie eine einschlägige Berufsausbildung und -tätigkeit Zulassungschancen in der „Zusätzlichen Eignungsquote“ und im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ zu erwerben. 33Die im gerichtlichen Verfahren vorgelegte ergänzende Stellungnahme der Neurologin Prof. Dr. X. vom 4. Oktober 2021 hat bei der vorliegenden Entscheidung außer Betracht zu bleiben. Erst im gerichtlichen Verfahren eingereichte Unterlagen dürfen von der Kammer nicht berücksichtigt werden. Denn die für das Auswahl- und Verteilungsverfahren maßgeblichen Unterlagen mussten in Bezug auf das Wintersemester 2021/2022 spätestens bis zum 5. August vorliegen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 StudienplatzVVO NRW). Die Vorschrift statuiert eine gesetzliche Ausschlussfrist, so dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin über einen Zulassungsantrag auch vom Gericht ausschließlich anhand derjenigen Unterlagen zu prüfen ist, die innerhalb der Bewerbungs- bzw. Nachfrist bei der Antragsgegnerin vorgelegen haben. 34Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Dezember 2017 - 13 B 1333/17 -, www.nrwe.de, und vom 12. Dezember 2018 - 13 B 1561/18 -, n.v., mit weiteren Nachweisen. 35Nach ständiger Rechtsprechung ist die Statuierung der Ausschlussfristen mit Blick auf die Besonderheiten der Studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Von der Antragsgegnerin ist innerhalb eines recht kurzen Zeitraums eine sehr große Zahl von Zulassungsanträgen (mehrere zehntausend) im Zentralen Verfahren zu bearbeiten und praktisch jede nachträgliche Veränderung des Datenbestandes führt zu einer Verschiebung in den Auswahllisten. Das durchzuführende Auswahl- und Verteilungsverfahren kann erst in Gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die Auswahl und Verteilung erheblichen Daten aller Bewerber feststehen. Das Interesse der Allgemeinheit und auch der Studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen Vergabe der Studienplätze rechtfertigt eine strikte Handhabung der den Studienbewerbern gesetzten Fristen. 36Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. September 2011 - 13 A 1090/11 - und vom 7. Dezember 2010 - 13 B 1481/10 -, juris; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2012 - 6z K 4229/12 - sowie Beschlüsse vom 1. Oktober 2015 - 6z L 1905/15 - und vom 10. September 2019 - 6z L 1304/19 -. 37Ohne dass es für die vorliegende Entscheidung darauf ankäme, merkt die Kammer an, dass auch bei Zugrundelegung der ergänzenden Stellungnahme der Neurologin Prof. Dr. X. vom 4. Oktober 2021 fraglich wäre, ob die strengen Voraussetzungen für eine Härtefallzulassung festgestellt werden können. Denn auch in ihren ergänzenden Erläuterungen deutet die Fachärztin letztlich nur vage an, welchen zukünftigen Verlauf die Erkrankung der Antragstellerin nehmen könnte.“ 38An diesen Überlegungen hält die Kammer nach nochmaliger Überprüfung fest. Die Klägerin ist ihnen im Übrigen auch nicht entgegen getreten. 39Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 40Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. 41Rechtsmittelbelehrung: 42Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. 43Belehrung für den Fall, dass die Zulassung der Berufung beantragt wird: 44Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Über den Antrag, der den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 45Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 461. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen, 472. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 483. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 494. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 505. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 51Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 52Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 53Belehrung für den Fall, dass mündliche Verhandlung beantragt wird: 54Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu stellen. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges Urteil. 55Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 5. dezember 2002 geborene klägerin erwarb im juli 2021 in l. die allgemeine hochschulreife (abitur) mit der durchschnittsnote 2,3 (600 punkte). 3anschließend bewarb die klägerin sich bei der beklagten (unter anderem) um die zulassung zum studium der zahnmedizin. zugleich machte sie einen härtefall geltend und legte neben einem bescheid über ihre schwerbehinderung (gdb: 50) ein „fachärztliches gutachten zur vorlage bei hochschulstart“ der neurologin prof. dr. x. (universitätsklinikum n. ) vor. dem gutachten zufolge leidet sie an einer „gliedergürteldystrophie vom typ 2e“, einer erblichen, unaufhaltsam fortschreitenden erkrankung, die – so das gutachten – dazu führen wird, dass mit hoher wahrscheinlichkeit in zukunft die belastungen des studiums nicht durchgestanden werden können. die erkrankung manifestiere sich in einer fortschreitenden schwäche und atrophie der muskeln an den rumpfnahen körperabschnitten, im verlauf werde die mobilität eingeschränkt. im verlauf kämen auch respiratorische komplikationen und eine herzbeteiligung hinzu. es sei davon auszugehen, dass später der ärztliche beruf „in einem geeigneten setting“ ausgeübt werden könne. 4mit bescheiden vom 8. september 2021 lehnte die beklagte den zulassungsantrag der klägerin ab und führte unter anderem aus: der härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, da die klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die sofortige aufnahme des studiums zwingend erforderlich sei. 5die klägerin hat am 6. oktober 2021 klage erhoben. 6zur begründung führt sie (im zugehörigen eilverfahren) unter vorlage einer ergänzenden stellungnahme der gutachterin prof. dr. x. vom 4. oktober 2021 aus: sie erfülle die voraussetzungen für eine härtefallzulassung. das von ihr vorgelegte gutachten zeige auf, dass ihre krankheit unaufhaltsam voranschreiten werde. aufgrund der individuellen besonderheiten eines krankheitsverlaufs blieben naturgemäß unsicherheiten bestehen; ein exakter zeitpunkt könne nicht benannt werden. aus der fachärztlichen beurteilung ergebe sich aber eindeutig, dass ein abwarten ihr nicht zugemutet werden könne. 7die klägerin beantragt sinngemäß, 8die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 8. september 2021 zu verpflichten, ihr einen zahnmedizinstudienplatz (erstes fachsemester) nach den sach- und rechtsverhältnissen des wintersemesters 2021/22 an der universität in ulm, hilfsweise in n. , hilfsweise in greifswald zuzuweisen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11sie tritt der klage entgegen. 12die kammer hat den antrag der klägerin auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes mit beschluss vom 19. oktober 2021 (6z l 1306/21) abgelehnt. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die von der beklagten übersandten bewerbungsunterlagen ergänzend bezug genommen. 14 | 15die kammer entscheidet über die klage gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, weil sie der auffassung ist, dass die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind dazu gehört worden. 16die klage ist zulässig, aber unbegründet. 17der ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf zuteilung des beantragten studienplatzes im studiengang zahnmedizin nach den für das wintersemester 2021/22 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen. 18die kammer hat dazu in ihrem den antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes (6z l 1306/21) betreffenden beschluss vom 19. oktober 2021 ausgeführt: 19„studienplätze im studiengang zahnmedizin werden in einem zentralen vergabeverfahren nach den regelungen des in allen bundesländern ratifizierten, am 1. dezember 2019 in kraft getretenen staatsvertrages über die hochschulzulassung (vergabe-staatsvertrag) in verbindung mit den in den einzelnen ländern erlassenen, die vorgaben des staatsvertrages konkretisierenden rechtsverordnungen vergeben. diese verordnungen müssen nach art. 12 abs. 2 des vergabe-staatsvertrages in den für die zentrale vergabe wesentlichen punkten übereinstimmen. im folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen verordnungen der übrigen länder – auf die verordnung über die vergabe von studienplätzen in nordrhein-westfalen (studienplatzvvo nrw) vom 13. november 2020 (gvbl. nrw 2020, s. 1060), geändert durch verordnung vom 29. april 2021 (gvbl. nrw 2021, s. 566), bezug genommen. 20die studienplätze der in das zentrale vergabeverfahren einbezogenen studiengänge werden in verschiedenen, in art. 9 und 10 des vergabe-staatsvertrages beschriebenen zulassungsquoten vergeben. während die studienplätze der „zusätzlichen eignungsquote“ und der „auswahlquote der hochschulen“ von den einzelnen hochschulen vergeben werden, die sich dabei der unterstützung durch die antragsgegnerin bedienen, werden die studienplätze der „vorabquoten“ und der „abiturbestenquote“ von der antragsgegnerin in eigener verantwortung vergeben (art. 5 abs. 1, art. 10 abs. 1 vergabe-staatsvertrag). 21die studienplätze der abiturbestenquote werden gemäß artikel 10 abs. 1 des vergabe-staatsvertrages in verbindung mit § 15 studienplatzvvo nrw nach dem ergebnis der hochschulzugangsberechtigung vergeben. mit der von ihr im abitur erreichten punktzahl 600 (abiturnote 2,3) erfüllt die antragstellerin nicht die zum wintersemester 2021/2022 in der abiturbestenquote hinsichtlich der von ihr benannten hochschulen jeweils maßgebliche auswahlgrenze. 22die antragstellerin hat auch keinen anspruch auf auswahl nach härtegesichtspunkten (§ 10 studienplatzvvo nrw) glaubhaft gemacht. die studienplätze der härtefallquote werden an bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche härte bedeuten würde, wenn sie keine zulassung erhielten. eine außergewöhnliche härte liegt gemäß § 10 satz 2 studienplatzvvo nrw vor, wenn in der eigenen person liegende besondere soziale oder familiäre gründe die sofortige aufnahme des studiums zwingend erfordern. da die zulassung im härtefallwege nach dem system des § 8 abs. 2 studienplatzvvo nrw zwangsläufig zur zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen erstbewerbers führt, ist eine strenge betrachtungsweise geboten. 23vgl. oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, beschlüsse vom 17. mai 2010 - 13 b 504/10 -, und vom 2. juli 2012 - 13 b 656/12 -, abrufbar auf www.nrwe.de; verwaltungsgericht (vg) gelsenkirchen, urteil vom 17. august 2015 - 6z k 3872/14 - und gerichtsbescheid vom 4. juni 2018 - 6z k 10273/17 -; bahro/berlin, das hochschulzulassungsrecht in der brd, 4. aufl. 2003, § 21 vergabevo rn. 1. 24im blick zu behalten ist überdies die funktion der härtefallregelung. sie soll – wie schon der wortlaut der vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten massenverfahrens der studienzulassung einen ausgleich für besondere einzelfälle schaffen, in denen die anwendung der regulären auswahlkriterien dem gebot der chancengleichheit nicht gerecht wird; nach möglichkeit soll niemand infolge wirtschaftlicher, gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer benachteiligungen an der erreichung seines berufsziels gehindert werden. anderen zwecken – etwa der kompensation erlittener schicksalsschläge oder erfahrenen leids – darf die härtefallzulassung hingegen nicht dienen. 25vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 14. juni 2013 - 13 b 440/13 -, vom 11. dezember 2014 - 13 b 1297/14 - und vom 18. dezember 2014 - 13 b 1360/14 -; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 21. dezember 2016 - 6z l 2869/16 - und vom 24. november 2020 - 6z l 1418/20 -, alle auf www.nrwe.de und mit weiteren nachweisen; brehm/maier, dvbl. 2016, 1166 (1169 ff.). 26gemessen an diesen überlegungen sind die voraussetzungen für eine zulassung nach § 10 studienplatzvvo nrw vorliegend nicht dargetan. eine solche zulassung kommt unter anderem dann in betracht, wenn nachgewiesen wird, dass eine krankheit mit tendenz zur verschlimmerung vorliegt, die dazu führen wird, dass mit hoher wahrscheinlichkeit bei einem späteren studienbeginn die belastungen des studiums in diesem studiengang nicht durchgestanden werden können. 27so auch die antragsgegnerin selbst in der auf ihrer homepage abrufbaren publikation „ergänzende informationen für ihre studienplatzbewerbung im zentralen vergabeverfahren für bundesweit zulassungsbeschränkte studiengänge“ (stand: ws 2021/2022), s. 17 f. 28insoweit ist als nachweis ein fachärztliches gutachten vorzulegen, das zu diesen kriterien hinreichend stellung nimmt und konkrete aussagen über entstehung, schwere, verlauf und behandlungsmöglichkeiten der erkrankung sowie eine fundierte prognose über den weiteren krankheitsverlauf enthält. 29das von der antragstellerin mit den bewerbungsunterlagen eingereichte „fachärztliche gutachten zur vorlage bei hochschulstart“ der behandelnden neurologin prof. dr. x. (universitätsklinik n. ) vom 15. februar 2021 genügt den vorgenannten anforderungen nicht. sie attestiert der antragstellerin, an einer gliedergürteldystrophie (typ 2e) zu leiden. dabei handele es sich um eine erbliche, unaufhaltsam fortschreitende, bislang nicht ursächlich heilbare erkrankung, die dazu führen werde, dass mit hoher wahrscheinlichkeit in zukunft die belastungen des studiums nicht durchgestanden werden könnten. die erkrankung manifestiere sich mit einer fortschreitenden schwäche und atrophie der muskulatur an den rumpfnahen körperabschnitten. im verlauf werde die mobilität beeinträchtigt und es kämen respiratorische komplikationen sowie eine herzbeteiligung hinzu. es sei aber davon auszugehen, dass der ärztliche beruf auch später mit zunehmender behinderung in einem geeigneten setting ausgeübt werden könne. 30auf der grundlage dieser stellungnahme lässt sich nicht feststellen, dass der eng auszulegende tatbestand der härtefallregelung erfüllt ist, obwohl die antragstellerin zweifellos an einer sehr ernsthaften chronischen erkrankung leidet. die ausführungen zur prognose des weiteren krankheitsverlaufs und denkbaren behandlungsmöglichkeiten reichen insoweit nicht aus. hierbei verkennt das gericht nicht, dass eine exakte vorhersage der zukünftigen gesundheitlichen entwicklung eines patienten wegen des stets individuellen verlaufs einer jeden erkrankung häufig kaum möglich sein wird. dennoch erfordert § 10 studienplatzvvo nrw, dass der facharzt eine auf den konkreten einzelfall bezogene prognose abgibt und diese eingehend begründet. denn die antragsgegnerin und auch das gericht sind im interesse der chancengleichheit der mitbewerber um einen medizinstudienplatz gehalten, die ihnen vorgelegten ärztlichen atteste kritisch zu hinterfragen. entscheidend ist, dass diejenigen symptome, die für das absolvieren des studiums von besonderer bedeutung sind und die wahrscheinlichkeit ihres künftigen auftretens im gutachten konkret benannt werden. angaben zu der frage, welche symptome zu welchem zeitpunkt in der zukunft nach statistischen erkenntnissen oder nach der erfahrung des arztes mit einiger wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ob sie in massiver, die unterbrechung des studiums erzwingender form und für einen mehr als unerheblichen zeitraum einzutreten pflegen, inwieweit sie durch eine therapie gelindert werden können und worauf die prognose beruht, sind unverzichtbar, um die voraussetzungen des härtefalltatbestands feststellen und diejenigen studienbewerber herausfiltern zu können, bei denen eine sofortige zulassung zur wahrung der chancengleichheit geboten ist. 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 12. dezember 2018 - 13 b 1561/18 -; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 15. oktober 2014 - 6z l 1403/14 -, vom 31. märz 2017 - 6z l 787/17 - und vom 25. märz 2021 - 6z l 303/21 - sowie urteil vom 17. august 2015 - 6 k 3872/14 -, juris. 32vorliegend ist auf der grundlage der stellungnahme vom 15. februar 2021 letztlich nicht konkret erkennbar, mit welcher weiteren entwicklung im falle der antragstellerin wann zu rechnen ist und inwieweit diese – auch bei entsprechender behandlung der zu erwartenden symptome – den verlauf eines zahnmedizinstudiums beeinträchtigen würde. die angaben in der stellungnahme zu diesen fragen sind deutlich zu pauschal. es könnte sich in diesem zusammenhang im übrigen auch die frage stellen, ob die antragstellerin nicht trotz ihres gesundheitszustands in der lage ist, durch die absolvierung der einschlägigen tests sowie eine einschlägige berufsausbildung und -tätigkeit zulassungschancen in der „zusätzlichen eignungsquote“ und im „auswahlverfahren der hochschulen“ zu erwerben. 33die im gerichtlichen verfahren vorgelegte ergänzende stellungnahme der neurologin prof. dr. x. vom 4. oktober 2021 hat bei der vorliegenden entscheidung außer betracht zu bleiben. erst im gerichtlichen verfahren eingereichte unterlagen dürfen von der kammer nicht berücksichtigt werden. denn die für das auswahl- und verteilungsverfahren maßgeblichen unterlagen mussten in bezug auf das wintersemester 2021/2022 spätestens bis zum 5. august vorliegen (§ 6 abs. 1 satz 3 studienplatzvvo nrw). die vorschrift statuiert eine gesetzliche ausschlussfrist, so dass die rechtmäßigkeit der entscheidung der antragsgegnerin über einen zulassungsantrag auch vom gericht ausschließlich anhand derjenigen unterlagen zu prüfen ist, die innerhalb der bewerbungs- bzw. nachfrist bei der antragsgegnerin vorgelegen haben. 34vgl. auch ovg nrw, beschlüsse vom 27. dezember 2017 - 13 b 1333/17 -, www.nrwe.de, und vom 12. dezember 2018 - 13 b 1561/18 -, n.v., mit weiteren nachweisen. 35nach ständiger rechtsprechung ist die statuierung der ausschlussfristen mit blick auf die besonderheiten der studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen bedenken. von der antragsgegnerin ist innerhalb eines recht kurzen zeitraums eine sehr große zahl von zulassungsanträgen (mehrere zehntausend) im zentralen verfahren zu bearbeiten und praktisch jede nachträgliche veränderung des datenbestandes führt zu einer verschiebung in den auswahllisten. das durchzuführende auswahl- und verteilungsverfahren kann erst in gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die auswahl und verteilung erheblichen daten aller bewerber feststehen. das interesse der allgemeinheit und auch der studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen vergabe der studienplätze rechtfertigt eine strikte handhabung der den studienbewerbern gesetzten fristen. 36vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 12. september 2011 - 13 a 1090/11 - und vom 7. dezember 2010 - 13 b 1481/10 -, juris; vg gelsenkirchen, gerichtsbescheid vom 13. dezember 2012 - 6z k 4229/12 - sowie beschlüsse vom 1. oktober 2015 - 6z l 1905/15 - und vom 10. september 2019 - 6z l 1304/19 -. 37ohne dass es für die vorliegende entscheidung darauf ankäme, merkt die kammer an, dass auch bei zugrundelegung der ergänzenden stellungnahme der neurologin prof. dr. x. vom 4. oktober 2021 fraglich wäre, ob die strengen voraussetzungen für eine härtefallzulassung festgestellt werden können. denn auch in ihren ergänzenden erläuterungen deutet die fachärztin letztlich nur vage an, welchen zukünftigen verlauf die erkrankung der antragstellerin nehmen könnte.“ 38an diesen überlegungen hält die kammer nach nochmaliger überprüfung fest. die klägerin ist ihnen im übrigen auch nicht entgegen getreten. 39die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 40die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. 41rechtsmittelbelehrung: 42gegen diesen gerichtsbescheid können die beteiligten die zulassung der berufung oder mündliche verhandlung beantragen; wird von beiden rechtsbehelfen gebrauch gemacht, findet mündliche verhandlung statt. 43belehrung für den fall, dass die zulassung der berufung beantragt wird: 44die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. über den antrag, der den angefochtenen gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des gerichtsbescheides sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 45die berufung ist nur zuzulassen, wenn 461. ernstliche zweifel an der richtigkeit des gerichtsbescheids bestehen, 472. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 483. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 494. der gerichtsbescheid von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 505. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 51auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 52im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 53belehrung für den fall, dass mündliche verhandlung beantragt wird: 54der antrag auf mündliche verhandlung ist bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle zu stellen. wird der antrag rechtzeitig gestellt, gilt der gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges urteil. 55auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. |
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Er habe bei einem Friseurbesuch Ende September 2017 gesehen, wie ein al-Shabaab-Mann einen Soldaten der Regierung getötet habe. Am selben Abend sei er von Soldaten der Regierung mitgenommen und in ein Gefängnis gebracht worden. Er habe den Soldaten den Mann der al-Shabaab beschrieben. Er habe diesen gekannt. Dieser sei Koran-Schüler gewesen. Nach vier Tagen sei er wieder freigelassen worden und nach Hause zurückgekehrt. Zwei Tage nach seiner Freilassung sei seine Mutter telefonisch von der al-Shabaab bedroht worden. Zudem hätten er und seine Mutter Anrufe bekommen, dass er vor einem Gericht der al-Shabaab erscheinen solle. Er habe dann zunächst zwei Tage bei Bekannten geschlafen, die in der Nähe gelebt hätten. Ein Mithäftling, der ebenfalls Zeuge des Mordes gewesen sei, sei in Mogadischu getötet worden. Als er davon erfahren habe, habe er große Angst bekommen. Ein Soldat der Regierung, den seine Mutter gekannt habe, habe ihn dann zunächst vier Tage in einer Kaserne untergebracht. Anschließend sei er in eine größere Kaserne in der Stadt C. gebracht worden, wo er sich etwa einen Monat aufgehalten habe. Dort habe er eine Nachricht mit Drohungen auf sein Handy bekommen. Seine Mutter habe zudem weiterhin Drohanrufe erhalten. Er sei dann zu seinem Bruder, der Soldat der Regierung sei, nach Mogadischu gegangen und etwa drei Wochen dort geblieben. Anschließend sei er zu seiner Halbschwester nach Kenia gegangen. 4Mit Bescheid vom 23. Dezember 2019 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten ab (Ziffer 1 und 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorlägen (Ziffer 4). Ferner wurde dem Kläger für den Fall der Nichtausreise binnen 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens die Abschiebung nach Somalia angedroht (Ziffer 5). Schließlich ordnete das Bundesamt ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Der Bescheid ist dem Jugendamt der Stadt X. als vormaligem Vormund des Klägers am 6. Februar 2020 mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden. 5Der Kläger hat am 31. März 2020 Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags trägt er vor, dass er seinen Prozessbevollmächtigten am 18. Februar 2020 damit beauftragt habe, gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 23. Dezember 2019 Klage zu erheben. Sein Prozessbevollmächtigter habe daraufhin eine Klageschrift verfasst und per besonderem elektronischem Anwaltspostfach (beA) an das Verwaltungsgericht Düsseldorf übersandt. Um sicherzustellen, dass die Klage innerhalb der Klagefrist dort eingegangen sei, habe sein Prozessbevollmächtigter am 18. Februar 2020 um 15:05:30 Uhr ein sog. Prüfprotokoll generiert, wonach sämtliche durchgeführte Prüfungen ein positives Ergebnis geliefert hätten und die drei Dateien – Klageschrift, Vollmacht und Bescheid vom 23. Dezember 2019 – am 18. Februar 2020 um 14:59:42 Uhr auf dem Server des Verwaltungsgerichts Düsseldorf eingegangen seien. 6Vor diesem Hintergrund treffe ihn im Hinblick auf die Versäumung der Klageschrift kein Verschulden. Insbesondere liege kein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten vor, das er sich zurechnen lassen müsse. Für seinen Prozessbevollmächtigten sei angesichts des generierten Prüfprotokolls nicht ersichtlich gewesen, dass die Klageschrift nicht innerhalb der Klagefrist auf dem Server des Verwaltungsgerichts Düsseldorf eingegangen sei. Im Regelfall sei die Klageerhebung per beA vollkommen unproblematisch und das Prüfprotokoll gelte als sehr zuverlässig. Sein Prozessbevollmächtigter habe damit alles getan, um einen rechtzeitigen Eingang der Klage sicherzustellen. Zwar könne dieser die automatisierte Eingangsbestätigung nicht vorlegen, da die Rubriken „gesendet“, „empfangen“ und „zugegangen“ bei einem aktuellen Aufruf der originalen beA-Nachricht keine Eintragungen aufwiesen. Dies sei mit der Tatsache, dass das beA-Prüfprotokoll bei einem erneuten Aufruf für „sämtliche durchgeführte Prüfungen ein positives Ergebnis“ liefere, nicht in Einklang zu bringen. Es sei daher davon auszugehen, dass ein technischer Fehler vorliege, dessen Ursache nicht nachvollziehbar sei. Zudem sei dem Prüfprotokoll nicht ohne Weiteres zu entnehmen, dass dieses keinen Nachweis über den Eingang der Nachricht bei Gericht erbringe. 7In der Sache macht der Kläger geltend, dass ihm jedenfalls ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG zuzuerkennen sei. Ihm drohe bei einer Rückkehr nach Somalia eine Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zuwiderlaufende Behandlung, da seine ausreichende Versorgung und Unterbringung in Somalia nicht hinreichend sichergestellt sei. 8Der Kläger beantragt, 9die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 23. Dezember 2019 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz zuzuerkennen, 10hilfsweise ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz zuzuerkennen, 11weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Somalia bestehen. 12Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung trägt sie vor, die Klage sei bereits unzulässig, da sie nicht fristgemäß erhoben worden sei. Im Übrigen bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung. 15Die Einzelrichterin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2020, der dem Kläger am 9. Juli 2020 zugestellt worden ist, abgewiesen. Daraufhin hat der Kläger am 23. Juli 2020 mündliche Verhandlung beantragt. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der Ausländerbehörde Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem die Kammer ihr den Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. Juli 2020 zur Entscheidung übertragen hat (§ 76 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG)). 19Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Beklagte mit der ordnungsgemäßen Ladung zum Termin auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). 20Der Rechtsstreit war durch Urteil zu entscheiden, weil der Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2020 gemäß § 84 Abs. 3 Hs. 2 VwGO als nicht ergangen gilt. Der Kläger hat innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 78 Abs. 7 AsylG einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt (vgl. § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). 21Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, da der Kläger die Klagefrist versäumt hat (dazu unter 1.) und ihm auf seinen Antrag auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (dazu unter 2.). 221. Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG ist gegen Entscheidungen nach dem AsylG grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung Klage zu erheben. Diese Frist hat der Kläger versäumt. 23Zwar dürfte die Zustellung des Bescheides vom 23. Dezember 2019 mit Zustellungsurkunde an das Jugendamt der Stadt X. als (vormaligen) Vormund des Klägers am 6. Februar 2020 unwirksam gewesen sein, da sie gegenüber dem falschen Adressaten erfolgt sein dürfte. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) ist bei beschränkt Geschäftsfähigen, das heißt insbesondere bei Minderjährigen (vgl. §§ 106, 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), an ihre gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Zum Zeitpunkt der Zustellung war der am 10. Oktober 2001 geborene Kläger aber sowohl nach somalischem Recht als dem Recht seines Herkunftslandes (vgl. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) als auch gemäß § 2 BGB nach deutschem Recht als dem Recht seines derzeitigen Aufenthaltslandes bereits volljährig. 24Vgl. zum somalischen Recht Art. 44 Nr. 2 des somalischen Zivilgesetzbuches; abgedruckt in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Somalia, S. 26. 25Die Frage, welches Recht in diesem Zusammenhang maßgeblich ist, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben. 26Vgl. zum maßgeblichen Recht für die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit eines ausländischen Staatsangehörigen BeckOGK, BGB, Stand: 1. November 2021, BGB § 1773 Rn. 31 ff. 27Angesichts dessen dürfte die Vormundschaft des Jugendamtes der Stadt X. im Zeitpunkt der Zustellung gemäß §§ 1882, 1773 Abs. 1 BGB beendet gewesen sein, auch wenn der Kläger noch mit E-Mail an das Bundesamt vom 19. Februar 2020 um Übersendung des Protokolls seiner Anhörung an seine Vormundin beim Jugendamt X. gebeten hat (Beiakte Heft 1 Bl. 109). 28Auch bei einer Unwirksamkeit der Zustellung vom 6. Februar 2020 ist die Klage jedoch nicht fristgemäß erhoben worden. Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es nach § 8 Hs. 1 VwZG als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Kläger als Empfangsberechtigter den Bescheid vom 23. Dezember 2019 spätestens am 18. Februar 2020 erhalten hat. Denn an diesem Tag hat er die von seinem Prozessbevollmächtigten in diesem Verfahren vorgelegte Vollmacht unterschrieben und diesem den Auftrag erteilt, gegen den Bescheid Klage zu erheben. 29Damit endete die zweiwöchige Klagefrist jedenfalls mit Ablauf des 3. März 2020. Die Klageschrift vom 18. Februar 2020 ist jedoch erst als Anlage zu dem Wiedereinsetzungsantrag am 31. März 2020 bei Gericht eingegangen. Hinweise auf einen früheren Eingang konnten auch bei Nachforschungen seitens der IT-Abteilung des Gerichts nicht festgestellt werden (vgl. den Vermerk vom 19. Juni 2020, Bl. 50 der Gerichtsakte). 302. Dem Kläger ist auf seinen Antrag auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist nach § 60 VwGO zu gewähren. 31Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm gemäß § 60 Abs. 1 VwGO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen, die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind glaubhaft zu machen; innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 60 Abs. 2 VwGO). 32Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Kläger hat die Klagefrist nicht unverschuldet versäumt. Verschulden liegt vor, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden objektiv geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war. 33Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 60 Rn. 9. 34Dabei muss sich der Kläger das Verschulden seines Bevollmächtigten gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. 35Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2022 – 11 A 493/21.A –, juris Rn. 7 f. 36Ein Verschulden eines bevollmächtigten Anwaltes liegt wiederum vor, wenn dieser die übliche Sorgfalt eines ordentlichen Anwalts nicht angewandt hat. 37Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 60 Rn. 20. 38Dies zugrunde gelegt, ist ein Verschulden des Klägers bezüglich der Versäumung der Klagefrist in Form zugerechneten Verschuldens seines Prozessbevollmächtigten anzunehmen. 39Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingeht. 40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2021 – 19 A 1418/20.A –, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 4. September 2018 – VIII ZB 70/17 –, juris Rn. 13. 41Zwar ist ein Rechtsanwalt, der regelmäßig in besonderem Maße eine hinreichend sichere Ausgangskontrolle gewährleisten muss und diese Verpflichtung im konkreten Fall erfüllt hat, grundsätzlich nicht gehalten, den Eingang seiner Schriftsätze bei Gericht zu überwachen. Nur wenn ein konkreter Anlass vorliegt, kann eine Nachfragepflicht begründet sein. Ein solcher Anlass ist – um die Sorgfaltspflichten des Prozessbevollmächtigten nicht zu überspannen und den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren – regelmäßig noch nicht allein aus der Tatsache abzuleiten, dass vor Fristablauf keine entsprechende Nachricht des Gerichts eingegangen ist. 42Vgl. zum Ganzen: BGH, Urteil vom 24. September 2015 – IX ZR 206/14 –, juris Rn. 10 m.w.N. 43Bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze im elektronischen Rechtsverkehr muss der Rechtsanwalt bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt aber kontrollieren, ob er eine automatische Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs nach § 55a Abs. 5 Satz 2 VwGO erhalten hat bzw. das in seiner Kanzlei zuständige Personal dahingehend zu belehren, dass stets der Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung zu kontrollieren ist. 44So auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Oktober 2021 – 8 B 11187/21 –, juris Rn. 10 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. November 2020 – OVG 6 S 49/20 –, juris Rn. 7; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. August 2019 – 2 M 58/19 –, juris; BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20 –, juris Rn. 21 ff. (zu § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO); BAG, Beschluss vom 7. August 2019 – 5 AZB 16/19 – , juris Rn. 16 ff. (zu § 46c Abs. 5 Satz 2 ArbGG); VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24. September 2019 – VGH B 23/19 –, juris Rn. 8; Bay. LSG, Beschluss vom 3. Januar 2018 – L 17 U 298/17 –, juris; siehe auch Hess. VGH, Beschluss vom 26. September 2017 – 5 A 1193/17 –, juris Rn. 22. 45Für den erfolgreichen Abschluss des auf elektronischem Wege erfolgenden Schriftverkehrs sind Erhalt und ordnungsgemäße Kontrolle der Eingangsbestätigung nach § 55a Abs. 5 Satz 2 VwGO unabdingbar. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. 46Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 4. August 2000 – 3 B 75.00 –, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 10. Februar 2012 – 15 B 58/12 –, juris Rn. 5 f. und Beschluss vom 4. August 2009 – 8 B 785/09 –, juris. 47Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang selbst zu überprüfen. Dies kann ohne weiteres durch eine Kontrolle der dem Telefax-Sendeprotokoll vergleichbaren automatisierten Eingangsbestätigung nach § 55a Abs. 5 Satz 2 VwGO erfolgen. Sobald eine an das Gericht versendete Nachricht auf dem in dessen Auftrag geführten Server eingegangen ist, schickt dieser automatisch dem Absender eine Bestätigung über den Eingang der Nachricht. 48Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. August 2019 – 2 M 58/19 –, juris Rn. 9. 49Die Eingangsbestätigung soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Eingreifen eines Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob eine Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder ob weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind. 50Vgl. BT-Drs. 17/12634, S. 26 zum gleichlautenden § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO. 51Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung erhalten, besteht damit Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Ihr Ausbleiben muss den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls zur erneuten Übermittlung veranlassen. 52Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Oktober 2021 – 8 B 11187/21 –, juris Rn. 10 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. November 2020 – OVG 6 S 49/20 –, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20 –, juris Rn. 21 ff.; BAG, Beschluss vom 7. August 2019 – 5 AZB 16/19 –, juris Rn. 20, Bay. LSG, Beschluss vom 3. Januar 2018 – L 17 U 298/17 –, juris Rn. 12. 53Eine solche Kontrolle des Zugangs einer Eingangsbestätigung ist hier nach Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht durchgeführt worden. Wäre sie erfolgt, hätte die Klage jedoch noch fristgerecht erhoben werden können. Wird zeitnah keine automatische Eingangsbestätigung übermittelt, muss der Rechtsanwalt damit rechnen, dass das Dokument nicht bei der Empfangseinrichtung des Gerichts angekommen und damit die Übermittlung auf elektronischem Wege nicht erfolgreich gewesen ist. In diesem Fall hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers hier am 18. Februar 2020 ohne Weiteres einen erneuten Übermittlungsversuch – per beA oder auf einem anderen Weg – vornehmen können, um einen fristgerechten Eingang der Klage bei Gericht sicherzustellen. 54Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, sein Prozessbevollmächtigter habe unmittelbar nach dem Versand der Klageschrift am 18. Februar 2020 ein sog. Prüfprotokoll generiert, wonach sämtliche durchgeführte Prüfungen ein positives Ergebnis geliefert hätten. Denn das Prüfprotokoll gibt allein Auskunft darüber, ob die Nachricht und alle angefügten Signaturen integer sind bzw. ob ordnungsgemäße Signaturen vorliegen. Anders als bei der Eingangsbestätigung ergibt sich aus dem Prüfprotokoll hingegen nicht, ob die Nachricht vollständig auf dem Justizserver gespeichert worden ist, was als Nachweis des ordnungsgemäßen Eingangs erforderlich wäre. Während die Eingangsbestätigung durch den Justizserver erzeugt und an den Absender übermittelt wird, wird das Prüfprotokoll durch den eigenen Server erstellt. 55Vgl. BRAK, beA-Newsletter 31/2019 vom 17. Oktober 2019, abrufbar unter https://brak.de/zur-rechtspolitik/newsletter/bea-newsletter/2019/ausgabe-31-2019-v-17102019/, zuletzt abgerufen am 31. Januar 2022; siehe auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. November 2020 – OVG 6 S 49/20 –, juris Rn. 8; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. August 2019 – 2 M 58/19 –, juris (insbesondere Rn. 7). 56Das Prüfprotokoll bietet auch bei einem positiven Prüfergebnis keine sichere Gewähr dafür, dass die Sendung bei Gericht eingegangen ist. 57Vgl. Bacher, beA: Anwaltliche Überwachungspflichten bei Übermittlung und Eingang von Dokumenten in: MDR 2021, 916 (917 f.) 58Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dem Prüfprotokoll sei nicht ohne Weiteres zu entnehmen, dass dieses nicht den Eingang bei Gericht bestätige und dass infolgedessen ein technischer Fehler vorliege, der für ihn nicht erkennbar gewesen sei. Ein solches Missverständnis über die Bedeutung des Prüfprotokolls rechtfertigt nicht die Annahme, das Fristversäumnis sei unverschuldet. Ein Anwalt muss sich vielmehr mit der Funktionsweise des beA vertraut machen und wissen, dass es entscheidend auf die Überprüfung der Eingangsbestätigung nach § 55a Abs. 5 Satz 2 VwGO ankommt. 59So ausdrücklich auch BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20 –, juris Rn. 51 (zu § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO); siehe auch VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24. September 2019 – VGH B 23/19 –, juris Rn. 8. 60Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass sich der Sachverhalt in den Anfangszeiten des beA zugetragen habe und heute nicht mehr so passieren würde. Denn gerade bei der Nutzung eines neuen Kommunikationsweges wie dem beA ist von einem Prozessbevollmächtigten bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze eine erhöhte Sorgfalt an den Tag zu legen. Er muss sich daher vom ersten Tag an mit der Funktionsweise des genutzten Übermittlungsweges vertraut machen und insbesondere sicherstellen, dass er seinen dargelegten Pflichten, eine hinreichend sichere Ausgangskontrolle zu gewährleisten, nachkommt. Solche Pflichten bestehen – wie bereits dargestellt – nicht erst seit zunehmender Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs, sondern auch schon im Zusammenhang mit der Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. 61Vgl. in diesem Zusammenhang auch Bay. LSG, Beschluss vom 3. Januar 2018 – L 17 U 298/17 –, juris Rn. 16; allgemein zur Gewährleistung einer zuverlässigen Ausgangskontrolle Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht – VwGO, Stand: 41. EL Juni 2021, VwGO § 60 Rn. 39; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 60 Rn. 89. 62Dass es zum Zeitpunkt der Klageeinreichung im Februar 2020 auch ohne Weiteres möglich war, sich im Einzelnen mit der Funktionsweise des beA vertraut zu machen, zeigt sich schon daran, dass die Bundesrechtsanwaltskammer bereits in ihrem sog. beA-Newsletter vom 17. Oktober 2019 auf die bei der Ausgangskontrolle im elektronischen Rechtsverkehr durch einen Rechtsanwalt zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen hingewiesen hat. Im Rahmen dieses Newsletters wird zudem ausdrücklich erläutert, welche Bedeutung der sog. Eingangsbestätigung zukommt und welchen Aussagegehalt demgegenüber das sog. Prüfprotokoll und das sog. Übermittlungsprotokoll haben. Darüber hinaus wird beschrieben, wo Eingangsbestätigung sowie Prüf- und Übermittlungsprotokoll zu finden sind. 63Vgl. BRAK, beA-Newsletter 31/2019 vom 17. Oktober 2019, abrufbar unter https://brak.de/zur-rechtspolitik/newsletter/bea-newsletter/2019/ausgabe-31-2019-v-17102019/, zuletzt abgerufen am 31. Januar 2022. 64Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83b AsylG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 Zivilprozessordnung. 65Rechtsmittelbelehrung: 66Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 67Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 681. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 692. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 703. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 71Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 72Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 73In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 74Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 75Die Antragsschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund der entscheidung vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am 00.00.2001 geborene kläger ist nach eigenen angaben somalischer staatsangehöriger. er stellte am 14. august 2018 beim bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) einen (förmlichen) asylantrag. 3im rahmen seiner anhörung am 5. september 2019 trug der kläger zu seinen ausreisegründen befragt vor, dass er somalia wegen des krieges und der al-shabaab verlassen habe. er habe bei einem friseurbesuch ende september 2017 gesehen, wie ein al-shabaab-mann einen soldaten der regierung getötet habe. am selben abend sei er von soldaten der regierung mitgenommen und in ein gefängnis gebracht worden. er habe den soldaten den mann der al-shabaab beschrieben. er habe diesen gekannt. dieser sei koran-schüler gewesen. nach vier tagen sei er wieder freigelassen worden und nach hause zurückgekehrt. zwei tage nach seiner freilassung sei seine mutter telefonisch von der al-shabaab bedroht worden. zudem hätten er und seine mutter anrufe bekommen, dass er vor einem gericht der al-shabaab erscheinen solle. er habe dann zunächst zwei tage bei bekannten geschlafen, die in der nähe gelebt hätten. ein mithäftling, der ebenfalls zeuge des mordes gewesen sei, sei in mogadischu getötet worden. als er davon erfahren habe, habe er große angst bekommen. ein soldat der regierung, den seine mutter gekannt habe, habe ihn dann zunächst vier tage in einer kaserne untergebracht. anschließend sei er in eine größere kaserne in der stadt c. gebracht worden, wo er sich etwa einen monat aufgehalten habe. dort habe er eine nachricht mit drohungen auf sein handy bekommen. seine mutter habe zudem weiterhin drohanrufe erhalten. er sei dann zu seinem bruder, der soldat der regierung sei, nach mogadischu gegangen und etwa drei wochen dort geblieben. anschließend sei er zu seiner halbschwester nach kenia gegangen. 4mit bescheid vom 23. dezember 2019 lehnte das bundesamt die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft und die anerkennung des klägers als asylberechtigten ab (ziffer 1 und 2), erkannte den subsidiären schutzstatus nicht zu (ziffer 3) und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthaltsgesetz (aufenthg) nicht vorlägen (ziffer 4). ferner wurde dem kläger für den fall der nichtausreise binnen 30 tagen nach bekanntgabe der entscheidung bzw. unanfechtbarem abschluss des asylverfahrens die abschiebung nach somalia angedroht (ziffer 5). schließlich ordnete das bundesamt ein einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg an und befristete dieses auf 30 monate ab dem tag der abschiebung (ziffer 6). der bescheid ist dem jugendamt der stadt x. als vormaligem vormund des klägers am 6. februar 2020 mit postzustellungsurkunde zugestellt worden. 5der kläger hat am 31. märz 2020 klage erhoben und gleichzeitig einen antrag auf wiedereinsetzung in den vorigen stand gestellt. zur begründung seines wiedereinsetzungsantrags trägt er vor, dass er seinen prozessbevollmächtigten am 18. februar 2020 damit beauftragt habe, gegen den bescheid des bundesamtes vom 23. dezember 2019 klage zu erheben. sein prozessbevollmächtigter habe daraufhin eine klageschrift verfasst und per besonderem elektronischem anwaltspostfach (bea) an das verwaltungsgericht düsseldorf übersandt. um sicherzustellen, dass die klage innerhalb der klagefrist dort eingegangen sei, habe sein prozessbevollmächtigter am 18. februar 2020 um 15:05:30 uhr ein sog. prüfprotokoll generiert, wonach sämtliche durchgeführte prüfungen ein positives ergebnis geliefert hätten und die drei dateien – klageschrift, vollmacht und bescheid vom 23. dezember 2019 – am 18. februar 2020 um 14:59:42 uhr auf dem server des verwaltungsgerichts düsseldorf eingegangen seien. 6vor diesem hintergrund treffe ihn im hinblick auf die versäumung der klageschrift kein verschulden. insbesondere liege kein verschulden seines prozessbevollmächtigten vor, das er sich zurechnen lassen müsse. für seinen prozessbevollmächtigten sei angesichts des generierten prüfprotokolls nicht ersichtlich gewesen, dass die klageschrift nicht innerhalb der klagefrist auf dem server des verwaltungsgerichts düsseldorf eingegangen sei. im regelfall sei die klageerhebung per bea vollkommen unproblematisch und das prüfprotokoll gelte als sehr zuverlässig. sein prozessbevollmächtigter habe damit alles getan, um einen rechtzeitigen eingang der klage sicherzustellen. zwar könne dieser die automatisierte eingangsbestätigung nicht vorlegen, da die rubriken „gesendet“, „empfangen“ und „zugegangen“ bei einem aktuellen aufruf der originalen bea-nachricht keine eintragungen aufwiesen. dies sei mit der tatsache, dass das bea-prüfprotokoll bei einem erneuten aufruf für „sämtliche durchgeführte prüfungen ein positives ergebnis“ liefere, nicht in einklang zu bringen. es sei daher davon auszugehen, dass ein technischer fehler vorliege, dessen ursache nicht nachvollziehbar sei. zudem sei dem prüfprotokoll nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass dieses keinen nachweis über den eingang der nachricht bei gericht erbringe. 7in der sache macht der kläger geltend, dass ihm jedenfalls ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg zuzuerkennen sei. ihm drohe bei einer rückkehr nach somalia eine art. 3 der europäischen menschenrechtskonvention (emrk) zuwiderlaufende behandlung, da seine ausreichende versorgung und unterbringung in somalia nicht hinreichend sichergestellt sei. 8der kläger beantragt, 9die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides vom 23. dezember 2019 zu verpflichten, ihm die flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylgesetz zuzuerkennen, 10hilfsweise ihm subsidiären schutz gemäß § 4 abs. 1 asylgesetz zuzuerkennen, 11weiter hilfsweise festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg im hinblick auf somalia bestehen. 12die beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung trägt sie vor, die klage sei bereits unzulässig, da sie nicht fristgemäß erhoben worden sei. im übrigen bezieht sich die beklagte auf die angefochtene entscheidung. 15die einzelrichterin hat die klage mit gerichtsbescheid vom 8. juli 2020, der dem kläger am 9. juli 2020 zugestellt worden ist, abgewiesen. daraufhin hat der kläger am 23. juli 2020 mündliche verhandlung beantragt. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamtes und der ausländerbehörde bezug genommen. 17 | 18die einzelrichterin ist für die entscheidung zuständig, nachdem die kammer ihr den rechtsstreit mit beschluss vom 6. juli 2020 zur entscheidung übertragen hat (§ 76 abs. 1 asylgesetz (asylg)). 19das gericht konnte trotz ausbleibens eines vertreters der beklagten in der mündlichen verhandlung verhandeln und entscheiden, da die beklagte mit der ordnungsgemäßen ladung zum termin auf diese rechtsfolge hingewiesen worden ist (§ 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo)). 20der rechtsstreit war durch urteil zu entscheiden, weil der gerichtsbescheid vom 8. juli 2020 gemäß § 84 abs. 3 hs. 2 vwgo als nicht ergangen gilt. der kläger hat innerhalb der zwei-wochen-frist des § 78 abs. 7 asylg einen antrag auf mündliche verhandlung gestellt (vgl. § 84 abs. 2 nr. 5 vwgo). 21die klage hat keinen erfolg. sie ist unzulässig, da der kläger die klagefrist versäumt hat (dazu unter 1.) und ihm auf seinen antrag auch keine wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren ist (dazu unter 2.). 221. gemäß § 74 abs. 1 satz 1 hs. 1 asylg ist gegen entscheidungen nach dem asylg grundsätzlich innerhalb von zwei wochen nach zustellung der entscheidung klage zu erheben. diese frist hat der kläger versäumt. 23zwar dürfte die zustellung des bescheides vom 23. dezember 2019 mit zustellungsurkunde an das jugendamt der stadt x. als (vormaligen) vormund des klägers am 6. februar 2020 unwirksam gewesen sein, da sie gegenüber dem falschen adressaten erfolgt sein dürfte. gemäß § 6 abs. 1 satz 1 verwaltungszustellungsgesetz (vwzg) ist bei beschränkt geschäftsfähigen, das heißt insbesondere bei minderjährigen (vgl. §§ 106, 2 bürgerliches gesetzbuch (bgb)), an ihre gesetzlichen vertreter zuzustellen. zum zeitpunkt der zustellung war der am 10. oktober 2001 geborene kläger aber sowohl nach somalischem recht als dem recht seines herkunftslandes (vgl. art. 24 abs. 1 satz 1 des einführungsgesetzes zum bürgerlichen gesetzbuche) als auch gemäß § 2 bgb nach deutschem recht als dem recht seines derzeitigen aufenthaltslandes bereits volljährig. 24vgl. zum somalischen recht art. 44 nr. 2 des somalischen zivilgesetzbuches; abgedruckt in bergmann/ferid/henrich, internationales ehe- und kindschaftsrecht, ordner xviii, somalia, s. 26. 25die frage, welches recht in diesem zusammenhang maßgeblich ist, kann vor diesem hintergrund offen bleiben. 26vgl. zum maßgeblichen recht für die beurteilung der geschäftsfähigkeit eines ausländischen staatsangehörigen beckogk, bgb, stand: 1. november 2021, bgb § 1773 rn. 31 ff. 27angesichts dessen dürfte die vormundschaft des jugendamtes der stadt x. im zeitpunkt der zustellung gemäß §§ 1882, 1773 abs. 1 bgb beendet gewesen sein, auch wenn der kläger noch mit e-mail an das bundesamt vom 19. februar 2020 um übersendung des protokolls seiner anhörung an seine vormundin beim jugendamt x. gebeten hat (beiakte heft 1 bl. 109). 28auch bei einer unwirksamkeit der zustellung vom 6. februar 2020 ist die klage jedoch nicht fristgemäß erhoben worden. lässt sich die formgerechte zustellung eines dokuments nicht nachweisen oder ist es unter verletzung zwingender zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es nach § 8 hs. 1 vwzg als in dem zeitpunkt zugestellt, in dem es dem empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. vorliegend ist davon auszugehen, dass der kläger als empfangsberechtigter den bescheid vom 23. dezember 2019 spätestens am 18. februar 2020 erhalten hat. denn an diesem tag hat er die von seinem prozessbevollmächtigten in diesem verfahren vorgelegte vollmacht unterschrieben und diesem den auftrag erteilt, gegen den bescheid klage zu erheben. 29damit endete die zweiwöchige klagefrist jedenfalls mit ablauf des 3. märz 2020. die klageschrift vom 18. februar 2020 ist jedoch erst als anlage zu dem wiedereinsetzungsantrag am 31. märz 2020 bei gericht eingegangen. hinweise auf einen früheren eingang konnten auch bei nachforschungen seitens der it-abteilung des gerichts nicht festgestellt werden (vgl. den vermerk vom 19. juni 2020, bl. 50 der gerichtsakte). 302. dem kläger ist auf seinen antrag auch keine wiedereinsetzung in die versäumte klagefrist nach § 60 vwgo zu gewähren. 31wenn jemand ohne verschulden verhindert war, eine gesetzliche frist einzuhalten, so ist ihm gemäß § 60 abs. 1 vwgo auf antrag wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren. der antrag ist binnen zwei wochen nach wegfall des hindernisses zu stellen, die tatsachen zur begründung des antrages sind glaubhaft zu machen; innerhalb der antragsfrist ist die versäumte rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann die wiedereinsetzung auch ohne antrag gewährt werden (§ 60 abs. 2 vwgo). 32diese voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. der kläger hat die klagefrist nicht unverschuldet versäumt. verschulden liegt vor, wenn der beteiligte hinsichtlich der wahrung der frist diejenige sorgfalt außer acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine rechte und pflichten sachgemäß wahrnehmenden prozessführenden objektiv geboten ist und ihm nach den gesamten umständen des konkreten falles zuzumuten war. 33vgl. kopp/schenke, vwgo, 25. aufl. 2019, § 60 rn. 9. 34dabei muss sich der kläger das verschulden seines bevollmächtigten gemäß § 173 satz 1 vwgo i.v.m. § 85 abs. 2 zivilprozessordnung (zpo) wie eigenes verschulden zurechnen lassen. 35vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 13. januar 2022 – 11 a 493/21.a –, juris rn. 7 f. 36ein verschulden eines bevollmächtigten anwaltes liegt wiederum vor, wenn dieser die übliche sorgfalt eines ordentlichen anwalts nicht angewandt hat. 37vgl. kopp/schenke, vwgo, 25. aufl. 2019, § 60 rn. 20. 38dies zugrunde gelegt, ist ein verschulden des klägers bezüglich der versäumung der klagefrist in form zugerechneten verschuldens seines prozessbevollmächtigten anzunehmen. 39ein rechtsanwalt hat durch organisatorische vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der frist beim zuständigen gericht eingeht. 40vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. februar 2021 – 19 a 1418/20.a –, juris rn. 7; bgh, beschluss vom 4. september 2018 – viii zb 70/17 –, juris rn. 13. 41zwar ist ein rechtsanwalt, der regelmäßig in besonderem maße eine hinreichend sichere ausgangskontrolle gewährleisten muss und diese verpflichtung im konkreten fall erfüllt hat, grundsätzlich nicht gehalten, den eingang seiner schriftsätze bei gericht zu überwachen. nur wenn ein konkreter anlass vorliegt, kann eine nachfragepflicht begründet sein. ein solcher anlass ist – um die sorgfaltspflichten des prozessbevollmächtigten nicht zu überspannen und den zugang zu den in den verfahrensordnungen vorgesehenen instanzen nicht in unzumutbarer, aus sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender weise zu erschweren – regelmäßig noch nicht allein aus der tatsache abzuleiten, dass vor fristablauf keine entsprechende nachricht des gerichts eingegangen ist. 42vgl. zum ganzen: bgh, urteil vom 24. september 2015 – ix zr 206/14 –, juris rn. 10 m.w.n. 43bei der übermittlung fristgebundener schriftsätze im elektronischen rechtsverkehr muss der rechtsanwalt bei anwendung der gebotenen sorgfalt aber kontrollieren, ob er eine automatische bestätigung über den zeitpunkt des eingangs nach § 55a abs. 5 satz 2 vwgo erhalten hat bzw. das in seiner kanzlei zuständige personal dahingehend zu belehren, dass stets der erhalt der automatisierten eingangsbestätigung zu kontrollieren ist. 44so auch ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 14. oktober 2021 – 8 b 11187/21 –, juris rn. 10 f.; ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 11. november 2020 – ovg 6 s 49/20 –, juris rn. 7; ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 28. august 2019 – 2 m 58/19 –, juris; bgh, beschluss vom 11. mai 2021 – viii zb 9/20 –, juris rn. 21 ff. (zu § 130a abs. 5 satz 2 zpo); bag, beschluss vom 7. august 2019 – 5 azb 16/19 – , juris rn. 16 ff. (zu § 46c abs. 5 satz 2 arbgg); verfgh rheinland-pfalz, beschluss vom 24. september 2019 – vgh b 23/19 –, juris rn. 8; bay. lsg, beschluss vom 3. januar 2018 – l 17 u 298/17 –, juris; siehe auch hess. vgh, beschluss vom 26. september 2017 – 5 a 1193/17 –, juris rn. 22. 45für den erfolgreichen abschluss des auf elektronischem wege erfolgenden schriftverkehrs sind erhalt und ordnungsgemäße kontrolle der eingangsbestätigung nach § 55a abs. 5 satz 2 vwgo unabdingbar. die anwaltlichen sorgfaltspflichten im zusammenhang mit der übermittlung von fristgebundenen schriftsätzen im wege des elektronischen rechtsverkehrs per bea entsprechen denen bei übersendung von schriftsätzen per telefax. 46vgl. dazu bverwg, beschluss vom 4. august 2000 – 3 b 75.00 –, juris rn. 5; ovg nrw, beschluss vom 10. februar 2012 – 15 b 58/12 –, juris rn. 5 f. und beschluss vom 4. august 2009 – 8 b 785/09 –, juris. 47auch hier ist es unerlässlich, den versandvorgang selbst zu überprüfen. dies kann ohne weiteres durch eine kontrolle der dem telefax-sendeprotokoll vergleichbaren automatisierten eingangsbestätigung nach § 55a abs. 5 satz 2 vwgo erfolgen. sobald eine an das gericht versendete nachricht auf dem in dessen auftrag geführten server eingegangen ist, schickt dieser automatisch dem absender eine bestätigung über den eingang der nachricht. 48vgl. ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 28. august 2019 – 2 m 58/19 –, juris rn. 9. 49die eingangsbestätigung soll dem absender unmittelbar und ohne weiteres eingreifen eines justizbediensteten gewissheit darüber verschaffen, ob eine übermittlung an das gericht erfolgreich war oder ob weitere bemühungen zur erfolgreichen übermittlung des elektronischen dokuments erforderlich sind. 50vgl. bt-drs. 17/12634, s. 26 zum gleichlautenden § 130a abs. 5 satz 2 zpo. 51hat der rechtsanwalt eine eingangsbestätigung erhalten, besteht damit sicherheit darüber, dass der sendevorgang erfolgreich war. ihr ausbleiben muss den rechtsanwalt zur überprüfung und gegebenenfalls zur erneuten übermittlung veranlassen. 52vgl. ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 14. oktober 2021 – 8 b 11187/21 –, juris rn. 10 f.; ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 11. november 2020 – ovg 6 s 49/20 –, juris rn. 7; bgh, beschluss vom 11. mai 2021 – viii zb 9/20 –, juris rn. 21 ff.; bag, beschluss vom 7. august 2019 – 5 azb 16/19 –, juris rn. 20, bay. lsg, beschluss vom 3. januar 2018 – l 17 u 298/17 –, juris rn. 12. 53eine solche kontrolle des zugangs einer eingangsbestätigung ist hier nach angaben des prozessbevollmächtigten des klägers nicht durchgeführt worden. wäre sie erfolgt, hätte die klage jedoch noch fristgerecht erhoben werden können. wird zeitnah keine automatische eingangsbestätigung übermittelt, muss der rechtsanwalt damit rechnen, dass das dokument nicht bei der empfangseinrichtung des gerichts angekommen und damit die übermittlung auf elektronischem wege nicht erfolgreich gewesen ist. in diesem fall hätte der prozessbevollmächtigte des klägers hier am 18. februar 2020 ohne weiteres einen erneuten übermittlungsversuch – per bea oder auf einem anderen weg – vornehmen können, um einen fristgerechten eingang der klage bei gericht sicherzustellen. 54der kläger kann sich in diesem zusammenhang nicht mit erfolg darauf berufen, sein prozessbevollmächtigter habe unmittelbar nach dem versand der klageschrift am 18. februar 2020 ein sog. prüfprotokoll generiert, wonach sämtliche durchgeführte prüfungen ein positives ergebnis geliefert hätten. denn das prüfprotokoll gibt allein auskunft darüber, ob die nachricht und alle angefügten signaturen integer sind bzw. ob ordnungsgemäße signaturen vorliegen. anders als bei der eingangsbestätigung ergibt sich aus dem prüfprotokoll hingegen nicht, ob die nachricht vollständig auf dem justizserver gespeichert worden ist, was als nachweis des ordnungsgemäßen eingangs erforderlich wäre. während die eingangsbestätigung durch den justizserver erzeugt und an den absender übermittelt wird, wird das prüfprotokoll durch den eigenen server erstellt. 55vgl. brak, bea-newsletter 31/2019 vom 17. oktober 2019, abrufbar unter https://brak.de/zur-rechtspolitik/newsletter/bea-newsletter/2019/ausgabe-31-2019-v-17102019/, zuletzt abgerufen am 31. januar 2022; siehe auch ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 11. november 2020 – ovg 6 s 49/20 –, juris rn. 8; ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 28. august 2019 – 2 m 58/19 –, juris (insbesondere rn. 7). 56das prüfprotokoll bietet auch bei einem positiven prüfergebnis keine sichere gewähr dafür, dass die sendung bei gericht eingegangen ist. 57vgl. bacher, bea: anwaltliche überwachungspflichten bei übermittlung und eingang von dokumenten in: mdr 2021, 916 (917 f.) 58der prozessbevollmächtigte des klägers kann sich in diesem zusammenhang auch nicht mit erfolg darauf berufen, dem prüfprotokoll sei nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass dieses nicht den eingang bei gericht bestätige und dass infolgedessen ein technischer fehler vorliege, der für ihn nicht erkennbar gewesen sei. ein solches missverständnis über die bedeutung des prüfprotokolls rechtfertigt nicht die annahme, das fristversäumnis sei unverschuldet. ein anwalt muss sich vielmehr mit der funktionsweise des bea vertraut machen und wissen, dass es entscheidend auf die überprüfung der eingangsbestätigung nach § 55a abs. 5 satz 2 vwgo ankommt. 59so ausdrücklich auch bgh, beschluss vom 11. mai 2021 – viii zb 9/20 –, juris rn. 51 (zu § 130a abs. 5 satz 2 zpo); siehe auch verfgh rheinland-pfalz, beschluss vom 24. september 2019 – vgh b 23/19 –, juris rn. 8. 60dies gilt auch unter berücksichtigung des vortrags des prozessbevollmächtigten des klägers in der mündlichen verhandlung, dass sich der sachverhalt in den anfangszeiten des bea zugetragen habe und heute nicht mehr so passieren würde. denn gerade bei der nutzung eines neuen kommunikationsweges wie dem bea ist von einem prozessbevollmächtigten bei der übermittlung fristgebundener schriftsätze eine erhöhte sorgfalt an den tag zu legen. er muss sich daher vom ersten tag an mit der funktionsweise des genutzten übermittlungsweges vertraut machen und insbesondere sicherstellen, dass er seinen dargelegten pflichten, eine hinreichend sichere ausgangskontrolle zu gewährleisten, nachkommt. solche pflichten bestehen – wie bereits dargestellt – nicht erst seit zunehmender nutzung des elektronischen rechtsverkehrs, sondern auch schon im zusammenhang mit der übersendung von schriftsätzen per telefax. 61vgl. in diesem zusammenhang auch bay. lsg, beschluss vom 3. januar 2018 – l 17 u 298/17 –, juris rn. 16; allgemein zur gewährleistung einer zuverlässigen ausgangskontrolle schoch/schneider, verwaltungsrecht – vwgo, stand: 41. el juni 2021, vwgo § 60 rn. 39; sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 60 rn. 89. 62dass es zum zeitpunkt der klageeinreichung im februar 2020 auch ohne weiteres möglich war, sich im einzelnen mit der funktionsweise des bea vertraut zu machen, zeigt sich schon daran, dass die bundesrechtsanwaltskammer bereits in ihrem sog. bea-newsletter vom 17. oktober 2019 auf die bei der ausgangskontrolle im elektronischen rechtsverkehr durch einen rechtsanwalt zu beachtenden sorgfaltsanforderungen hingewiesen hat. im rahmen dieses newsletters wird zudem ausdrücklich erläutert, welche bedeutung der sog. eingangsbestätigung zukommt und welchen aussagegehalt demgegenüber das sog. prüfprotokoll und das sog. übermittlungsprotokoll haben. darüber hinaus wird beschrieben, wo eingangsbestätigung sowie prüf- und übermittlungsprotokoll zu finden sind. 63vgl. brak, bea-newsletter 31/2019 vom 17. oktober 2019, abrufbar unter https://brak.de/zur-rechtspolitik/newsletter/bea-newsletter/2019/ausgabe-31-2019-v-17102019/, zuletzt abgerufen am 31. januar 2022. 64die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo i.v.m. § 83b asylg. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711, 709 satz 2 zivilprozessordnung. 65rechtsmittelbelehrung: 66gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 67die berufung ist nur zuzulassen, wenn 681. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 692. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 703. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 71der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 72auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 73in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 74im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 75die antragsschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. |
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} | L 5 P 133/19 | 2022-01-27T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.12.2018 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Trägerin der Seniorenresidenz W, X-Straße 00, W. Die Einrichtung wurde am 01.07.1984 in Betrieb genommen. Eine Inbetriebnahme zusätzlicher Plätze erfolgte zum 31.12.1990. Die Klägerin wurde ursprünglich unter dem Namen DRK-Seniorenzentrum W gGmbH geführt. Alleiniger Gesellschafter war der DRK Ortsverein W e.V. Deren alleiniger Gesellschaftsanteil wurde im Jahr 2019 durch die D Holding GmbH übernommen und die Klägerin zu ihrem derzeitigen Namen umfirmiert (siehe Amtsgericht Wuppertal - HRB 0). 3Am 05.10.2015 beantragte die Klägerin auf der Grundlage des am 16.10.2014 in Kraft getretenen Alten- und Pflegegesetz NRW (APG) und der am 02.11.2014 in Kraft getreten Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes NRW und nach § 92 SGB XI (APG DVO) die Feststellung der anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen und deren Festsetzung. Im Rahmen des Feststellungantrags gab die Klägerin u.a. an, dass sie zu den Baukosten der Einrichtung vom Kreis Mettmann einen Zuschuss in Höhe von 1.065.000,00 DM und von der Stiftung des Landes Nordrhein-Westfalen für Wohlfahrtspflege (nachfolgend: Stiftung) einen Zuschuss in Höhe von 300.000 DM (Bewilligungsbescheid vom 10.07.1981) erhalten habe. 4Am 29.10.2015 beantragte die Klägerin zudem die Festsetzung der anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017. 5Mit Bescheid vom 04.04.2016 stellte der Beklagte die anerkennungsfähigen Aufwendungen für die Einrichtung fest. Die durch die Zuwendung der Stiftung gedeckten Aufwendungen für die Baukosten in Höhe von umgerechnet 153.387,56 € brachte der Beklagte bei der Bestimmung der anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen ebenso zum Abzug wie den entsprechenden Zuschuss des Kreises in Höhe von umgerechnet 544.525,85 €. Den Restwert der langfristigen Anlagegüter zum Feststellungszeitpunkt bestimmte der Beklagte einheitlich - ausgehend vom 50-jährigen Fristlauf für die zum 31.12.1990 getätigte Folgeinvestition - auf 1.169.305,80 €. 6Mit Bescheid vom 05.04.2016 setzte der Beklagte sodann die anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 nach § 12 APG DVO fest und stimmte insoweit der gesonderten Berechnung nicht geförderter Aufwendungen zu. Auf der Grundlage der Feststellungen in dem Bescheid vom 04.04.2016 und einer durchschnittlichen Belegungsquote der Jahre 2012 bis 2014 von 97,45 % setzte der Beklagte die Investitionskosten pro Einzelzimmer für das Jahr 2016 auf täglich 11,52 € und für das Jahr 2017 auf täglich 11,47 € sowie pro Platz im Doppelzimmer auf 9,02 € (2016) bzw. 8,97 € (2017) fest. Die jährlich anzuerkennenden Aufwendungen für das langfristige Anlagevermögen setzte der Beklagte hierbei mit 46.772,23 € (2 % aus 1.169.305,80 €) an. 7Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin fristgerecht Widerspruch. 8Hinsichtlich des Feststellungsbescheides vom 04.04.2016 führte die Klägerin zur Begründung im Wesentlichen aus, bei den Zuschüssen der Stiftung handele es sich nicht um öffentliche Zuschüsse im Sinne des § 9 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI). Die anerkennungsfähigen Investitionskosten für langfristige Anlagegüter seien daher um 153.387,56 € zu erhöhen, so dass sich auch die Summe des Restwertes zum 31.12.2015 entsprechend erhöhe. Bei einer jährlich 2%igen linearen Refinanzierung im Zeitraum vom 01.07.1984 bis zum 31.12.2015, mithin über 31,5 Jahre, sei ein bereits refinanzierter Betrag von 96.634,13 € abzuziehen, so dass zum 31.12.2015 noch ein weiterer Restwert von 56.753,44 € verbleibe. Dieser sei dem anerkannten Wert von 1.169.305,80 € hinzuzusetzen, so dass sich insgesamt ein Restwert von 1.226.056,24 € ergebe. 9Hinsichtlich des Festsetzungsbescheides vom 05.04.2016 machte die Klägerin geltend, dass zur Berechnung der Aufwendungen für das langfristige Anlagevermögen jährlich 56.141,08 € anzusetzen seien. Der Betrag errechne aus dem Ansatz von 2 % der lediglich um den Zuschuss des Kreises Mettmann i.H.v. 544.525,85 € zu mindernde Erstinvestition von 3.122.361,77 € (2.577.835,92 x 0,02 = 51.556,72) und von 2 % der Folgeinvestition i.H.v. 229.218,02 (x 0,02 = 4.584,36). Die von dem Beklagten gewählte, hiervon abweichende Berechnungsmethode sei rechtswidrig. Sie führe dazu, dass der in § 2 Abs. 5 APG DVO vorgesehene Refinanzierungszeitraum von 50 Jahren für langfristige Anlagegüter für die 1984 getätigten Investitionen faktisch auf 56,5 Jahre verlängert werde. Dies lasse sich mit der damals vorgenommenen Finanzierung des Anlagevermögens nicht übereinbringen. Im Übrigen sei bei der Durchschnittsberechnung der Belegungsdichte im Jahr 2012, abweichend von der Berechnung des Beklagten, aufgrund des Schaltjahres von 366 Tagen von einem Durchschnitt für das Einzelzimmer von 97,41 % (statt 97,68 %) und für das Doppelzimmer von 97,40 % (statt 97,67 %) auszugehen. Hieraus resultiere über den Zeitraum 2012 bis 2014 eine durchschnittliche Auslastung von 97,36 % (statt 97,45 %). 10Mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 29.06.2016 wies der Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 04.04.2016 und 05.04.2016 zurück. Die Stiftungsmittel seien als öffentliche Zuschüsse zu bewerten und damit gemäß § 10 Abs. 2 APG aufwandsmindernd zu berücksichtigen. Der einheitliche Verteilzeitraum für Erst- und Folgeinvestitionen und die daraus für die Erstinvestition ggf. resultierende Verlängerung (oder auch Verkürzung) des linearen Verteilzeitraums ergebe sich aus der bisherigen Praxis, die nach § 10 Abs. 7 APG dem Bestandsschutz unterliege. Der Wert der durchschnittlichen Belegung ergebe sich nach § 12 Abs. 5 APG DVO aus der dem Jahresdurchschnitt der letzten drei Kalenderjahre vor Antragstellung. § 12 Abs. 6 APG DVO sehe eine Aufteilung der Aufwendungen auf 365 Tage pro Platz vor. Eine Berücksichtigung von Schaltjahren erfolge nicht. 11Hiergegen hat die Klägerin am 28.07.2016 Klage bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. 12Mit Blick auf den Bescheid vom 04.04.2016 hat sie zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe zu Unrecht den Zuschuss der Stiftung im Rahmen der Feststellung nach § 11 APG DVO als mindernd berücksichtigt. 13Dass es sich bei den Zuschüssen der Stiftung nicht um öffentliche Förderung im Sinne des § 10 Abs. 2 APG handele, ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Hiernach seien Mittel der Stiftung Wohlfahrtspflege, vergleichbarer Stiftungen sowie zweckgebundene Spenden und Schenkungen von privaten Personen oder Institutionen nicht erfasst, da sie mit dem Ziel gegeben würden, langfristig Eigenkapital der Einrichtungsträger zu ersetzen. Dieses Ergebnis stimme mit der Rechtsprechung des BSG zur niedersächsischen Konzessionsabgabe überein (Urt. V. 10.03.2011 – B 3 P 3/10 R). Die Stiftung Wohlfahrtspflege entscheide in eigener Zuständigkeit, für welche Aufgaben innerhalb des breiten Spektrums der Wohlfahrtspflege sie die ihr zur Verfügung gestellten Mittel einsetze. Die Stiftung habe nach dem Spielbankgesetz (SpielbG) NRW dem Grunde nach einen Anspruch auf die Spielbankabgaben, auch wenn die Zuteilung der Mittel nach Maßgabe des Haushaltsplans erfolge. Ein Rechtsanspruch auf Förderung durch die Stiftung bestehe hingegen nicht. Auch im sogenannten „Entfesselungspaket“ habe der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung zu Art. 10 – Änderung des Alten- und Pflegegesetzes NRW – (LT-Drs. 17/1046) ausgeführt, dass die nunmehr erfolgende Einordnung als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung die Durchsetzung des gesetzgeberischen Willens durch das zuständige Ministerium ermögliche, beispielsweise bei der „laut Gesetzesbegründung nicht beabsichtigten Anrechnung von Mitteln der Stiftung Wohlfahrtspflege“. 14Im Bescheid vom 05.04.2016 habe der Beklagte die zu berücksichtigenden Beträge zur Refinanzierung des langfristigen Anlagevermögens mit 46.772,23 € zu niedrig angesetzt. Der Beklagte habe zu Unrecht sowohl den Restwert für die Erstinvestition als auch die Folgeinvestition zusammengefasst und einheitlich auf die Restfinanzierungszeit der Folgeinvestition verteilt. Auch wenn § 11 Abs. 4 APG DVO die Zusammenfassung zu einem einheitlichen Restwert vorsehe, so ändere dies nichts daran, dass die Refinanzierung jeweils in einem Zeitraum von 50 Jahren zu erfolgen habe. Die abweichende Berechnungsmethode des Beklagten entspreche nicht der Lebenswirklichkeit, dass eine Pflegeeinrichtung in der Regel schon deutlich vor Ablauf von 50 Jahren einer Generalsanierung bedürfe. Unter Berücksichtigung der Stiftungsmittel und der ursprünglichen Verteilung der Erstinvestition seien für die langfristigen Anlagegüter jährlich 56.141,08 € zu berücksichtigen. 15Im Ergebnis könne die Klägerin unter Berücksichtigung einer Auslastung von 97,45 % und eines Zweibettzimmerabschlags von 2,50 € folgende Sätze beanspruchen: pro Einbettzimmer für das Jahr 2016 täglich 11,79 € und für das Jahr 2017 täglich 11,74 € sowie pro Platz im Doppelzimmer täglich 9,29 € (2016) bzw. 9,24 € (2017). 16Die Klägerin hat zunächst schriftsätzlich beantragt, 17den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides gemäß § 11 APG DVO vom 05.04.2016 [richtig: 04.04.2016] sowie des Bescheides gemäß § 12 APG DVO vom 04.04.2016 [richtig: 05.04.2016] in Gestalt des einheitlichen Widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 zu verurteilen, 181. die Zuschüsse der Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen für die Erstinvestition in das Gebäude der Einrichtung i.H.v. ursprünglich 153.387,56 € (300.000 DM) nicht als Zuschuss aus öffentlicher Förderung bei der Feststellung gemäß § 11 APG DVO zu berücksichtigen, hilfsweise die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden 19und 202. die weiteren ab dem 01.01.2016 zu berücksichtigenden Beträge zur Finanzierung für das langfristige Anlagevermögen auf 56.141,08 € festzusetzen (§ 12 APG DVO), hilfsweise die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 21Der Beklagte hat beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Er hat zunächst seine Begründung aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt. Die Stiftungsmittel stelle der Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung. Es handele sich damit um öffentliche Mittel. Anders könne dies nur gewertet werden, wenn es sich um Eigenkapital handele. Dies sei nur der Fall, wenn der Zuwendungsempfänger mit der Zuwendung machen könne, was er wolle. Aus der Entscheidung des BSG zu den niedersächsischen Konzessionsabgaben ergebe sich, dass die Stiftungsmittel vorliegend nicht als Eigenkapital zu werten seien. Anders als im niedersächsischen Recht sei im nordrhein-westfälischen Recht eine explizite Bestimmung der Zuwendungen als Eigenmittel nicht erfolgt. 24Mit Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 07.05.2018 hat der Beklagte sodann die Regelung im Feststellungsbescheid vom 04.04.2016 dahingehend geändert, dass die Baumaßnahmen von 1984 und 1990 separat refinanziert werden. Den Restwert für die langfristigen Anlagegüter zum 31.12.2015 hat sie dabei auf 1.011.433,92 € bestimmt, bei einem Restwert für die Erstinvestition von 896.837,45 € und für die Folgeinvestition von 114.596,47 €. 25Mit Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 08.05.2018 hat der Beklagte zudem den Festsetzungsbescheid vom 05.04.2016 abgeändert. Auf der Grundlage der Feststellungen in dem Bescheid vom 07.05.2018 und einer durchschnittlichen Belegungsquote der Jahre 2012 bis 2014 von 97,45 % hat der Beklagte die Investitionskosten pro Einzelzimmer für das Jahr 2016 nunmehr auf täglich 11,70 € und für das Jahr 2017 auf täglich 11,65 € sowie pro Platz im Doppelzimmer auf 9,20 € (2016) bzw. 9,15 € (2017) festgesetzt. Die jährlich anzuerkennenden Aufwendungen für das langfristige Anlagevermögen hat der Beklagte hierbei mit 53.073,33 € angesetzt (2 % aus 2.424.448,36 = 48.488,97 + 2 % aus 229.218,05 = 4.584,36). 26Die Klägerin hat sodann den Klageantrag zu 2 für erledigt erklärt. 27Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 28Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 06.12.2018 hat das Sozialgericht den Beklagten in Abänderung des Bescheides vom 05.04.2016 und des Bescheides vom 04.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 und des Bescheides vom 07.05.2018 verurteilt, die Zuschüsse der Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes NRW für die Erstinvestition in das Gebäude der Einrichtung i.H.v. ursprünglich 153.387,56 € nicht als Zuschuss aus öffentlicher Förderung bei der Feststellung gemäß § 11 APG DVO zu berücksichtigen. 29Gegen das ihm am 07.01.2019 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24.01.2019 Berufung eingelegt. Das Verfahren ist ursprünglich unter dem Aktenzeichen L 9 SO 33/19 erfasst und sodann zuständigkeitshalber an den 5. Senat abgegeben worden. 30Zur Begründung hat der Beklagte im Wesentlichen ausgeführt, nach Erteilung der Änderungsbescheide vom 07.05.2018 und 08.05.2018 sowie der Rücknahme des erstinstanzlichen Klageantrags zu 2 sei allein die Frage streitig geblieben, ob die Zuschüsse der Stiftung zur Errichtung des Gebäudes in Höhe von 300.000 DM als Zuschuss aus öffentlicher Förderung bei der Feststellung gemäß § 11 APG DVO mindernd zu berücksichtigen seien. Dies sei aus den bereits erstinstanzlich ausgeführten Gründen zu bejahen. Eine staatliche Doppelfinanzierung sei zu vermeiden. Das Sozialgericht Münster habe sich in seinem Urteil vom 29.01.2019 - S 20 P 2/17 - dieser Sichtweise angeschlossen. Der Beklagte mache sich die dortige Begründung zu eigen. Abschließend hat der Beklagte auf das Urteil des erkennenden Senats vom 22.04.2021 - L 5 P 103/20 - verwiesen, in welchem die Zuwendungen der Stiftung als öffentliche Zuschüsse und damit als mindernd zu berücksichtigen bewertet wurden. 31Der Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 32das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.12.2018 abzuändern und die Klage abzuweisen. 33Die Klägerin beantragt, 34die Berufung zurückzuweisen. 35Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und hat zur Erwiderung im Wesentlichen ihre erstinstanzliche Argumentation zur Frage der Qualität der Stiftungsmittel als öffentliche Zuschüsse wiederholt. 36Die Beteiligten haben sich übereinstimmend wiederum mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. 38Entscheidungsgründe: 39Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). 40Nach Erteilung der Änderungsbescheide vom 07.05.2018 und 08.05.2018 und Erledigung des Klageantrags zu 2 ist zwischen den Beteiligten nur noch streitig, ob die Zuschüsse der Stiftung zur Errichtung des Gebäudes in Höhe von 300.000 DM als Zuschuss aus öffentlicher Förderung bei der Feststellung gemäß § 11 APG DVO mindernd zu berücksichtigen sind. Damit ist nur noch der Feststellungsbescheid vom 04.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 in der Fassung des Bescheides vom 07.05.2018 streitgegenständlich. Im Falle eines Obsiegens der Klägerin wäre der Festsetzungsbescheid vom 05.04.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.05.2018 durch den Beklagten entsprechend anzupassen. Denn er steht ausdrücklich unter der auflösenden Bedingung der Bestandskraft des Feststellungbescheides. 41Die Klägerin ist zur Geltendmachung eines höheren Restwerts für die Refinanzierung nach wie vor aktivlegitimiert. Die Übertragung des alleinigen Gesellschaftsanteils von dem DRK Ortsverein W e.V auf die D Holding GmbH hat hieran ebenso wenig etwas geändert wie die Umfirmierung der Klägerin bei gleichzeitigem Verlust der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit. 42Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 06.12.2018 ist allerdings begründet. 43Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Unrecht verurteilt, die Zuschüsse der Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes NRW für die Erstinvestition in das Gebäude der Einrichtung i.H.v. ursprünglich 153.387,56 € nicht als Zuschuss aus öffentlicher Förderung bei der Feststellung gemäß § 11 APG DVO zu berücksichtigen. 44Der insoweit angefochtene Feststellungsbescheid vom 04.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 in der Fassung des Bescheides vom 07.05.2018 ist rechtmäßig. 45Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die anerkennungsfähigen Aufwendungen je Platz für die Einrichtung Seniorenresidenz W (ehemals Seniorenzentrum W) unter Berücksichtigung eines höheren Restwertes für langfristige Anlagegüter in Höhe von ursprünglich 153.387,56 € feststellt. Der Beklagte hat den in dieser Höhe erbrachten Zuschuss der Stiftung zu Recht nach § 10 Abs. 2 Satz 2 APG als öffentliche Förderung in Abzug gebracht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 22.04.2021 - L 5 P 103/20). Der Senat schließt sich diesbezüglich nach eigener Prüfung erneut den überzeugenden Erwägungen des Sozialgerichts Münster in dessen inzwischen rechtskräftigen Urteil vom 29.01.2019 - S 20 P 2/17 - an. Dieses hat ausgeführt: 46„Denn der Zuschuss ist nach § 10 Abs. 2 Satz 2 APG NRW im Rahmen der Finanzierung von Tagespflegereinrichtungen als „öffentliche Förderung“ mindernd zu berücksichtigen. Nach § 10 Abs. 2 APG NRW sind anerkennungsfähig Aufwendungen, die für bereits durchgeführte Maßnahmen angefallen sind oder für sicher im Veranlagungszeitraum durchzuführende Maßnahmen anfallen werden und betriebsnotwendig sind. Sofern hierfür eine öffentliche Förderung gewährt wurde oder wird, ist diese nach § 10 Abs. 2 Satz 2 APG NRW mindernd zu berücksichtigen. 47Wie der Beklagte zutreffend ausführt, handelt es sich beim Begriff der „öffentlichen Förderung“ um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der durch die Gerichte zu konkretisieren ist (statt aller etwa BSG, Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R, SozR 3-2200 § 551 Nr 16). Bietet die Norm, die einen unbestimmten Rechtsgriff enthält, mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und Anwendung oder übernimmt sie eine gefestigte Rechtsprechung und gewinnt damit aus dieser Rechtsprechung hinreichende Bestimmtheit, sind unbestimmte Rechtsgriffe auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (statt aller etwa BVerwG, Beschluss vom 01.12.2009 - 4 B 37/09). Die üblichen Auslegungsmethoden sind nach dem klassischen Auslegungskanon (im Anschluss an Savigny, System des heutigen römischen Rechts I (1840) 206 ff, 213; dazu näher etwa Honsell in Staudinger (2018), Einleitung zum BGB § 1, Rn. 138 ff.) die sprachlich-grammatikalische, die logisch-systematische, die historische und die teleologische Auslegung. 48Hiervon ausgehend sprechen die überwiegenden Auslegungsmethoden und die überzeugenderen Argumente für eine mindernde Berücksichtigung der Mittel der Stiftung Wohlfahrtspflege. 49Ausgehend vom Wortlaut spricht zunächst die sprachlich-grammatikalische Auslegung für dieses Ergebnis. Die hierzu gemachten Ausführungen des Beklagten überzeugen: Nach dem Wortlaut umfasst der Begriff der Förderung jede Form der finanziellen Unterstützung, eine solche liegt ohne weiteres vor. Ferner spricht der Wortlaut auch für eine öffentliche Förderung, denn die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW ist Teil der öffentlichen Hand. Sie wurde mit dem Spielbankgesetz NRW vom 19. März 1974 (GV. NRW. S. 93) errichtet und ist eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts (vgl. auch § 1 Nr. 2 der Satzung der Stiftung Wohlfahrtspflege), die ursprünglich unter dem Namen „Stiftung des Landes Nordrhein-Westfalen für Wohlfahrtspflege“ gegründet und unter dem jetzigen Namen „Stiftung Wohlfahrtspflege NRW“ fortgeführt wurde (vgl. § 20 Abs. 1 SpielbG NRW). Die Stiftung verfolgt auch „öffentliche“ Zwecke, nach § 10 der Satzung der Stiftung Wohlfahrtspflege werden ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke, also solche, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen, verfolgt. 50Die historische Auslegung spricht eher gegen eine mindernde Berücksichtigung der Stiftungsmittel. Wie sich aus der nicht-amtlichen (da sie neben der Begründung zum Regierungsentwurf auch die Begründung der im parlamentarischen Gesetzgebungsprozess eingeflossenen Änderungen des APG NRW berücksichtigt) Gesetzesbegründung zu § 10 APG NRW ergibt, wollte der Gesetzgeber die Mittel der Stiftung Wohlfahrtspflege bei der Anerkennung der Investitionsaufwendungen gerade nicht mindernd berücksichtigt wissen. Nur so ist folgender Passus (S. 44 der nicht-amtlichen Begründung) zu verstehen: 51<> 52Auch die Begründung der APG DVO NRW enthält auf S. 7 einen ähnlichen Passus: 53<>. 54Die nicht-amtliche Begründung des Gesetzgebers findet aber weder eine Stütze in den anderen üblichen Auslegungsmethoden, noch ist die vom Gesetzgeber für diese vom ihm offenbar beabsichtigte Auslegung des Begriffs der öffentlichen Förderung gelieferte Begründung schlüssig oder nachvollziehbar. Die Ausführungen, die Mittel der Stiftung Wohlfahrtspflege würden (wie etwa auch zweckgebundene Spenden und Schenkungen von privaten Personen oder Institutionen) mit dem Ziel gegeben werden, langfristig Eigenkapital der Einrichtungsträgerinnen und -träger zu ersetzen, überzeugen nicht. Denn dieses Ziel findet seine Stütze, worauf schon der Beklagte zu Recht hinweist, weder in der Stiftungssatzung noch in den Vergaberichtlinien und den Fördergrundsätzen. Insoweit wird auf die überzeugenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen, die sich das Gericht nach eigener Urteilsbildung zu Eigen macht (§ 136 Abs. 3 SGG). Nochmals hervorzuheben ist hierbei, dass die Stiftungsmittel zweckgebunden vergeben werden und die Zuwendungen u.a. für den Bau, Erwerb und die Einrichtung von Vorhaben, die nicht oder nicht ausreichend aus der öffentlichen Hand gefördert werden, gewährt werden und Gegenstand der Förderung u.a. Investitionsmaßnahmen wie Erwerb, Neu- und Umbau von Einrichtungen sind (vgl. Nrn. 1 und 2 der VergR und Nrn. 1 und 2 der Fördergrundsätze). Nach Abschluss der Maßnahme ist vom Träger stets ein Verwendungsnachweis zu erbringen (Nr. 7.6 VergR und Nr. 9 der Fördergrundsätze). Anhaltspunkte dafür, dass die Mittel gezahlt werden, um langfristig das Eigenkapital der Träger zu ersetzen, lassen sich demnach nicht finden, die Regelungen (Satzung, VergR und Fördergrundsätze) lassen nur den Schluss zu, dass eine konkrete Maßnahme gefördert werden soll, deren Durchführung mittels Verwendungsnachweis im Nachgang zu belegen ist. Die Ersetzung von Eigenkapital ist kein ausdrücklich festgelegtes Ziel der Förderung bzw. der Vergabe der Stiftungsmittel. 55Auch nach der logisch-systematischen und der teleologischen Auslegung ist eine mindernde Berücksichtigung der Mittel der Stiftung Wohlfahrtspflege geboten. Allein deren Berücksichtigung als öffentliche Förderung i.S. § 10 Abs. 2 APG NRW führt in jeder Hinsicht zu plausiblen Ergebnissen, die sich nahtlos in die Systematik der Regelungen zur Finanzierung von Pflegeleistungen und Investitionskosten einfügen und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen entsprechen. Die Finanzierung basiert auf einem „dualen Finanzierungskonzept“, wonach sich die Pflegeversicherung grundsätzlich nicht an den Aufwendungen der Pflegeeinrichtungen für Investitionskosten und sonstige Maßnahmen nach § 82 Abs. 2 SGB XI beteiligt, sondern die Länder für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlich pflegerischen. Versorgungsstruktur verantwortlich sind (§ 9 Satz 1 SGB XI). Das Nähere zur Planung und zur Förderung der Pflegeeinrichtungen wird durch Landesrecht bestimmt; durch Landesrecht kann auch bestimmt werden, ob und in welchem Umfang eine im Landesrecht vorgesehene und an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pflegebedürftigen orientierte finanzielle Unterstützung der Pflegebedürftigen bei der Tragung der ihnen von den Pflegeeinrichtungen berechneten betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen oder der Pflegeeinrichtungen bei der Tragung ihrer betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen als Förderung der Pflegeeinrichtungen gilt (§ 9 Satz 2 SGB XI). Zur finanziellen Förderung der Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen sollen Einsparungen eingesetzt werden, die den Trägern der Sozialhilfe durch die Einführung der Pflegeversicherung entstehen (§ 9 Satz 3 SGB XI). Subsidiär hat der Bund die Möglichkeit vorgesehen, die Investitionskosten auf die Pflegebedürftigen umzulegen, soweit diese Kosten nicht durch die (erwartete) landesrechtliche Förderung gedeckt sind (§ 82 Abs. 3 SGB XI). Auch hier ist es dem Landesgesetzgeber überlassen, „das Nähere“ zu regeln (§ 82 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 SGB. XI). Der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen hat die Finanzierung von Pflegeeinrichtungen im APG NRW und der APG DVO NRW geregelt. Grundlage einer jeden Förderung durch den Landesgesetzgeber ist das in §§ 9 ff. APG NRW und der APG DVO NRW geregelte Verfahren zur Ermittlung der anerkennungsfähigen Aufwendungen, das Auswirkungen auf verschiedene gesetzlich vorgesehene Fördermaßnahmen hat. Grundlage einer jeden Finanzierung von stationären Einrichtungen nach §§ 9, 82 Abs. 3 SGB XI ist nach § 10 APG NRW die Ermittlung der betriebsnotwendigen Aufwendungen i.S.d. § 82 Abs. 2 Nr. 1 und 3 SGB XII (förderungsfähige Aufwendungen). Das nähere Verfahren ist in der APG DVO NRW geregelt. Danach bilden die nach § 12 APG DVO NRW festgesetzten Aufwendungen die Grundlage für die Förderung von vollstationären Pflegeeinrichtungen, Kurzzeitpflegeeinrichtungen und teilstationären Einrichtungen (vgl. §§ 14 Abs. 1, 18 Abs. 1, 21 Abs. 1 APG DVO NRW), die Förderung erfolgt zur Finanzierung der förderfähigen Aufwendungen nach § 11 APG DVO NRW (vgl. §§13 Abs. 1, 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 APG DVO NRW). Jede dieser Förderungen setzt daher als Grundlage einen Feststellungsbescheid nach § 11 APG DVO NRW voraus. Auch für die gesonderte Berechnung nicht gedeckter Aufwendungen, für die es der Zustimmung des überörtlichen Sozialhilfeträger bedarf (vgl. § 15 APG NRW), bildet die Feststellung der förderungsfähigen Aufwendungen die Grundlage. Auch wenn im vorliegenden Verfahren die Klägerin im Ergebnis die Förderung nach §§ 20 ff. APG DVO NRW begehrt, kann die Auslegung des Begriffs der öffentlichen Förderung i.S.d. § 10 Abs. 2 APG NRW nicht losgelöst von der Systematik des Feststellungs- und Festsetzungsverfahrens erfolgen. Denn zu berücksichtigen ist, dass die Feststellung der förderungsfähigen Aufwendungen nach § 10 APG NRW i.V.m. § 11 APG DVO NRW auch die Grundlage für die Bewilligung von Pflegewohngeld und die Zustimmung zur gesonderten Berechnung nicht geförderter Aufwendungen nach § 15 APG NRW bildet. Dabei ist in beiden Konstellationen nicht ausgeschlossen, dass die Pflegeeinrichtung ihre durch öffentliche Förderung nicht gedeckten, betriebsnotwendigen und nicht abschließend vom Einrichtungsträger selbst zu tragenden Investitionsaufwendungen den Pflegebedürftigen in Rechnung stellt: Erfolgt die Zustimmung zur gesonderten Berechnung i.S.d. § 15 APG NRW, kann der Betreiber eines Pflegeheimes eine anteilige Umlage auf die Heimbewohner vornehmen (vgl. § 82 Abs. 3 SGB XI). Pflegewohngeld 56wird den Heimbewohnern nur in Abhängigkeit ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit 57gewährt, ansonsten werden die Aufwendungen unmittelbar der pflegebedürftigen Person berechnet. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich das Gericht anschließt, steht die Befugnis der Pflegeeinrichtung, ihre durch öffentliche Förderung nicht gedeckten, betriebsnotwendigen und nicht abschließend vom Einrichtungsträger selbst zu tragenden Investitionsaufwendungen den Pflegebedürftigen in Rechnung zu stellen, grundsätzlich nicht zur Disposition durch das Landesrecht (BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 3 P 3/07 R, BSGE 99, 57; BSG, Urteil vom.08.09.2011 - B 3 P 2/11 R, BSGE 109, 96; zuletzt auch BSG, Urteil vom 28.09.2017 - B 3 P 4/15 R). Dabei betont das BSG, dass es lediglich um die Refinanzierung solcher betriebsnotwendigen Aufwendungen geht, die der Pflegeheimträger „selbst“ aufgebracht hat und die er nicht anders zurückerwirtschaften kann, die aber nach dem Zusammenspiel der Regelungen des § 82 SGB XI auch nicht abschließend vom Heimträger getragen werden sollen (vgl. BSG, Urteil vom 08.09.2011 - B 3 P 2/11 R, BSGE 109, 96; BSG, Urteil vom 28.09.2017 - B 3 P 4/15 R). Soweit Investitionskosten durch die Zuwendungen Dritter gedeckt sind, handelt es sich wirtschaftlich nicht um eigene Aufwendungen des Heimträgers, für die ihm die Möglichkeit eingeräumt werden muss, diese zurückzuerwirtschaften. Insoweit sieht das BSG die Regelungsbefugnis der Länder nicht eingeschränkt, wogegen es aber eine Grenze der Möglichkeiten, die Investitions-Gestehungskosten auf die Pflegebedürftigen umzulegen, darin sieht, dass diese durch öffentliche Förderung gem. § 9 SGB XI nicht vollständig gedeckt sein dürfen. (BSG, Urteil vom 28.09.2017 - B 3 P 4/15 R). Ziel der Einschränkungen nach § 82 Abs. 2 bis 5 SGB XI ist es, die Kosten für die Pflegebedürftigen möglichst gering zu halten, um zu verhindern, dass diese möglichst mit dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit sozialhilfebedürftig werden. Darüber hinaus soll auch eine zweckwidrige Bildung von Kapitalrücklagen bei den Trägern vermieden werden (BSG a.a.O.). Die von der Klägerin geltend gemachte Auslegung des Begriffes der öffentlichen Förderung i.S.d. § 10 APG NRW würde diesen Zielen zuwiderlaufen, wenn der Einrichtungsträger Zuwendungen, für die er von vornherein keine eigenen Gestehungskosten hat und die ihm insoweit das Einbringen von Eigenkapital ersparen, den Pflegebedürftigen in Rechnung stellen würde. Wie der Beklagte zutreffend ausführt, führt dies letztlich zu einer staatlichen Doppelfinanzierung einerseits über die Stiftungsmittel, die, wie oben ausgeführt, Mittel der öffentlichen Hand darstellen, und andererseits über die. Förderungen nach dem APG NRW. Dabei wird nicht in Abrede gestellt, dass es grundsätzlich Aufgabe des Landesgesetzgebers ist, das Nähere zur Planung und zur Förderung der Pflegeeinrichtungen zu regeln und der Landesgesetzgeber damit grundsätzlich frei ist zu bestimmen, welche Aufwendungen öffentlich gefördert werden. Aber nur die o.g. Auslegung des Begriffes der „öffentlichen Förderung“ i.S.v. § 10 APG NRW wird (auch) dem Ziel des § 82 Abs. 2 bis 5 SGB XI, die Sozialhilfebedürftigkeit des Pflegebedürftigen und eine staatliche Doppelfinanzierung weitestgehend zu vermeiden, gerecht. 58Die Einlassungen der Klägerin rechtfertigen keine andere Beurteilung. Darüber, ob die Einschätzung der Klägerin zutrifft, dass, wenn es den Ländern grundsätzlich freistehe, Zuwendungen Dritter kraft Landesrechts wie eine öffentliche Förderung zu behandeln (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 28.09.2017 - B 3 P 4/15 R), diesen grundsätzlich auch eine gegenteilige Entscheidung freistehen müsse, hat das Gericht nicht zu befinden. Wie oben ausgeführt, hat der Landesgesetzgeber in § 10 Abs. 2 APG NRW gerade nicht ausdrücklich die Zuwendungen der Stiftung Wohlfahrtspflege von den öffentlichen Förderungen ausgenommen. Zwar spricht hierfür der Wille des Gesetzgebers, soweit er in der nichtamtlichen Begründung zum Ausdruck kommt, die übrigen Auslegungskriterien sprechen aber für die o.g. Auslegung.“ 59Ergänzend stützt der Senat seine Feststellung, dass es sich bei den Zuwendungen der Stiftung um öffentliche Fördermittel handelt, die nach § 10 Abs. 2 Satz 2 APG von den Aufwendungen abzusetzen sind, auf folgende Erwägungen: 60Der Klägerin sind die Stiftungsmittel auf der Grundlage eines Zuwendungsbescheides, also einer Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, zugeflossen. Die Bewilligung erfolgte durch die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW, einer rechtsfähigen Stiftung öffentlichen Rechts nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 SpielbG NRW in der hier einschlägigen Fassung vom 19.03.1974, die wiederum im Zeitpunkt der Bewilligung der Zuwendung ihre Mittel aus der in § 4 Abs. 1 Satz 1 SpielbG i.d.F. vom 19.03.1974 geregelten und an das Land zu entrichtenden Spielbankabgabe bezog. Auch die späteren Gesetzesfassungen (vgl. z.B. §§ 21 Abs. 1, 12 Abs. 2 SpielbG NRW i.d.F. vom 13.11.2012) haben daran angeknüpft. 61Demgegenüber trifft zwar zu, dass der Landesgesetzgeber mit Art. 10 des Gesetzes zum Abbau unnötiger und belastender Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen (sogenanntes „Entfesselungspaket I“) vom 22.03.2018 in § 10 APG den Absatz 11 eingefügt hat, nach welchem die überörtlichen Träger der Sozialhilfe die Bestimmung der betriebsnotwendigen Aufwendungen als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung vornehmen und damit der Weisung des für die Pflegeversicherung zuständigen Ministeriums unterliegen. Die Klägerin hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass in der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 17/1046, S. 123) hierzu ausgeführt ist: 62„Durch das im Rahmen der Pflichtaufgabe für begrenzte Fälle bestehende Weisungsrecht des Ministeriums könnte eine landeseinheitliche Umsetzung ebenso gewährleistet werden wie eine Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens (z. B. bei der laut Gesetzesbegründung nicht beabsichtigten Anrechnung von Mitteln der Stiftung Wohlfahrtspflege; vgl. Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 2).“ 63Die Begründung zu § 10 Abs. 11 APG nimmt allerdings lediglich Bezug auf die alte Gesetzesbegründung, ohne dass nunmehr eine entsprechende Anknüpfung dieser Sichtweise im Gesetzestext geschaffen worden wäre. Auch die jetzige Begründung begegnet damit den bereits beschriebenen systematischen und teleologischen Bedenken (vgl. zur Heranziehung der Gesetzesmaterialien bei der Auslegung auch BVerfG, Urteil vom 16.02.1983 - 2 BvE 1/83, Rn. 124 nach juris). Bezeichnenderweise hat das zuständige Ministerium bis heute keine entsprechende Weisung erteilt. 64Soweit die Klägerin sich auf die Entscheidung des BSG vom 10.03.2011 - B 3 P 3/10 R - zur Verwendung der Konzessionsabgaben nach dem Niedersächsischen Lotteriegesetz stützt, ist diese auf den nordrhein-westfälischen Rechtszustand nicht übertragbar. Die Verwendung der Konzessionsabgaben nach dem Niedersächsischen Lotteriegesetz beruhte, wie man der Entscheidung entnehmen kann, auf einer vertraglichen Vereinbarung des Landes mit den Wohlfahrtsverbänden. Diese Vereinbarung ordnete jedenfalls in der Vergangenheit die Finanzhilfen ausdrücklich den „Eigenmitteln" der Träger zu. Nur diese Besonderheit rechtfertigte den fehlenden Abzug bei den betriebsnotwendigen Aufwendungen (so ausdrücklich BSG Urteil vom 28.09.2017 - B 3 P 4/15 R - Rn. 29ff nach juris). 65Im nordrhein-westfälischen Recht wurde eine solche Zuordnung der Stiftungszuwendungen zum Eigenkapital auf vertraglicher oder gar normativer Ebene gerade nicht vorgenommen. 66Die Zuwendung erfolgte vorliegend auch in tatsächlicher Hinsicht nicht als Eigenmittel. Die Stiftungsmittel sind der Klägerin vielmehr gerade zum Zweck der Finanzierung von betriebsnotwendigen Investitionen in das zu errichtende Pflegeheim zugewandt worden. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Zuwendungsbescheid vom 10.07.1981. 67Die Zuwendung war damit nicht mit einer für Eigenkapital typischen umfassend eingeräumten Handlungsfreiheit verbunden (vgl. BSG Urteil vom 28.09.2017 - B 3 P 4/15 R - Rn. 30 nach juris). 68Diese enge Zweckbindung wird auch nicht durch das Satzungsrecht der Stiftung in Frage gestellt. Zwar trifft zu, dass nach § 11 Abs. 2 der Stiftungssatzung in der 1981 gültigen Fassung die Zuschüsse die Handlungsmöglichkeiten des Trägers erweitern sollen. Sie sollen nicht die anderweitige Förderung aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger und den Einsatz von Eigenmitteln in angemessener Höhe einschränken oder entbehrlich machen. § 11 Abs. 2 der Satzung ist allerdings nicht losgelöst von dessen Abs. 1 zu betrachten, der regelt, dass die Stiftungsmittel als zweckgebundene Zuschüsse oder als Darlehen für freie gemeinnützige soziale Einrichtungen vergeben werden. Die in § 11 Abs. 2 der Satzung bezeichnete erweiterte Handlungsmöglichkeit ist daher einer freien Verfügbarkeit nicht gleichzusetzen. 69Die Vergaberichtlinien aus 1984 sehen im Übrigen unter Punkt 1.5 vor, dass es sich nicht um einen Rechtsanspruch der Empfänger handelt und nach § 11 Abs. 2 der Satzung erst einmal alle anderen öffentlich-rechtlichen Finanzierungsmöglichkeiten ausschöpfen müssen. Die Wahl des Begriffs „anderen“ verdeutlicht, dass es sich bei der Förderung durch die Stiftung ebenfalls um eine öffentlich-rechtliche Finanzierung handelt. Dass die im Bescheid der Stiftung vom 10.07.1981 in Bezug genommenen Vorläufigen Vergaberichtlinien einen hiervon abweichenden, für die Rechtsansicht der Klägerin sprechenden Inhalt hatten, ist nicht ersichtlich. 70Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Hs. 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. VwGO. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin in erster Instanz mit ihrem Begehren insoweit Erfolg hatte, als die Trennung der Refinanzierungszeiträume für die Investitionen im Jahr 1984 und 1990 im Streit stand. 71Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere die Voraussetzungen nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG sind nicht erfüllt. Die Entscheidung beruht ausschließlich auf der Auslegung landesrechtlicher Vorschriften, die der Revision zum BSG nicht zugänglich ist. | auf die berufung des beklagten wird das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 06.12.2018 abgeändert und die klage abgewiesen. die kosten des erstinstanzlichen verfahrens tragen die klägerin zu 4/5 und der beklagte zu 1/5. die kosten des berufungsverfahrens trägt die klägerin. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die klägerin ist trägerin der seniorenresidenz w, x-straße 00, w. die einrichtung wurde am 01.07.1984 in betrieb genommen. eine inbetriebnahme zusätzlicher plätze erfolgte zum 31.12.1990. die klägerin wurde ursprünglich unter dem namen drk-seniorenzentrum w ggmbh geführt. alleiniger gesellschafter war der drk ortsverein w e.v. deren alleiniger gesellschaftsanteil wurde im jahr 2019 durch die d holding gmbh übernommen und die klägerin zu ihrem derzeitigen namen umfirmiert (siehe amtsgericht wuppertal - hrb 0). 3am 05.10.2015 beantragte die klägerin auf der grundlage des am 16.10.2014 in kraft getretenen alten- und pflegegesetz nrw (apg) und der am 02.11.2014 in kraft getreten verordnung zur ausführung des alten- und pflegegesetzes nrw und nach § 92 sgb xi (apg dvo) die feststellung der anerkennungsfähigen investitionsaufwendungen und deren festsetzung. im rahmen des feststellungantrags gab die klägerin u.a. an, dass sie zu den baukosten der einrichtung vom kreis mettmann einen zuschuss in höhe von 1.065.000,00 dm und von der stiftung des landes nordrhein-westfalen für wohlfahrtspflege (nachfolgend: stiftung) einen zuschuss in höhe von 300.000 dm (bewilligungsbescheid vom 10.07.1981) erhalten habe. 4am 29.10.2015 beantragte die klägerin zudem die festsetzung der anerkennungsfähigen investitionsaufwendungen für die zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017. 5mit bescheid vom 04.04.2016 stellte der beklagte die anerkennungsfähigen aufwendungen für die einrichtung fest. die durch die zuwendung der stiftung gedeckten aufwendungen für die baukosten in höhe von umgerechnet 153.387,56 € brachte der beklagte bei der bestimmung der anerkennungsfähigen investitionsaufwendungen ebenso zum abzug wie den entsprechenden zuschuss des kreises in höhe von umgerechnet 544.525,85 €. den restwert der langfristigen anlagegüter zum feststellungszeitpunkt bestimmte der beklagte einheitlich - ausgehend vom 50-jährigen fristlauf für die zum 31.12.1990 getätigte folgeinvestition - auf 1.169.305,80 €. 6mit bescheid vom 05.04.2016 setzte der beklagte sodann die anerkennungsfähigen investitionsaufwendungen für die zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 nach § 12 apg dvo fest und stimmte insoweit der gesonderten berechnung nicht geförderter aufwendungen zu. auf der grundlage der feststellungen in dem bescheid vom 04.04.2016 und einer durchschnittlichen belegungsquote der jahre 2012 bis 2014 von 97,45 % setzte der beklagte die investitionskosten pro einzelzimmer für das jahr 2016 auf täglich 11,52 € und für das jahr 2017 auf täglich 11,47 € sowie pro platz im doppelzimmer auf 9,02 € (2016) bzw. 8,97 € (2017) fest. die jährlich anzuerkennenden aufwendungen für das langfristige anlagevermögen setzte der beklagte hierbei mit 46.772,23 € (2 % aus 1.169.305,80 €) an. 7gegen beide bescheide erhob die klägerin fristgerecht widerspruch. 8hinsichtlich des feststellungsbescheides vom 04.04.2016 führte die klägerin zur begründung im wesentlichen aus, bei den zuschüssen der stiftung handele es sich nicht um öffentliche zuschüsse im sinne des § 9 sozialgesetzbuch elftes buch - soziale pflegeversicherung (sgb xi). die anerkennungsfähigen investitionskosten für langfristige anlagegüter seien daher um 153.387,56 € zu erhöhen, so dass sich auch die summe des restwertes zum 31.12.2015 entsprechend erhöhe. bei einer jährlich 2%igen linearen refinanzierung im zeitraum vom 01.07.1984 bis zum 31.12.2015, mithin über 31,5 jahre, sei ein bereits refinanzierter betrag von 96.634,13 € abzuziehen, so dass zum 31.12.2015 noch ein weiterer restwert von 56.753,44 € verbleibe. dieser sei dem anerkannten wert von 1.169.305,80 € hinzuzusetzen, so dass sich insgesamt ein restwert von 1.226.056,24 € ergebe. 9hinsichtlich des festsetzungsbescheides vom 05.04.2016 machte die klägerin geltend, dass zur berechnung der aufwendungen für das langfristige anlagevermögen jährlich 56.141,08 € anzusetzen seien. der betrag errechne aus dem ansatz von 2 % der lediglich um den zuschuss des kreises mettmann i.h.v. 544.525,85 € zu mindernde erstinvestition von 3.122.361,77 € (2.577.835,92 x 0,02 = 51.556,72) und von 2 % der folgeinvestition i.h.v. 229.218,02 (x 0,02 = 4.584,36). die von dem beklagten gewählte, hiervon abweichende berechnungsmethode sei rechtswidrig. sie führe dazu, dass der in § 2 abs. 5 apg dvo vorgesehene refinanzierungszeitraum von 50 jahren für langfristige anlagegüter für die 1984 getätigten investitionen faktisch auf 56,5 jahre verlängert werde. dies lasse sich mit der damals vorgenommenen finanzierung des anlagevermögens nicht übereinbringen. im übrigen sei bei der durchschnittsberechnung der belegungsdichte im jahr 2012, abweichend von der berechnung des beklagten, aufgrund des schaltjahres von 366 tagen von einem durchschnitt für das einzelzimmer von 97,41 % (statt 97,68 %) und für das doppelzimmer von 97,40 % (statt 97,67 %) auszugehen. hieraus resultiere über den zeitraum 2012 bis 2014 eine durchschnittliche auslastung von 97,36 % (statt 97,45 %). 10mit einheitlichem widerspruchsbescheid vom 29.06.2016 wies der beklagte die widersprüche gegen die bescheide vom 04.04.2016 und 05.04.2016 zurück. die stiftungsmittel seien als öffentliche zuschüsse zu bewerten und damit gemäß § 10 abs. 2 apg aufwandsmindernd zu berücksichtigen. der einheitliche verteilzeitraum für erst- und folgeinvestitionen und die daraus für die erstinvestition ggf. resultierende verlängerung (oder auch verkürzung) des linearen verteilzeitraums ergebe sich aus der bisherigen praxis, die nach § 10 abs. 7 apg dem bestandsschutz unterliege. der wert der durchschnittlichen belegung ergebe sich nach § 12 abs. 5 apg dvo aus der dem jahresdurchschnitt der letzten drei kalenderjahre vor antragstellung. § 12 abs. 6 apg dvo sehe eine aufteilung der aufwendungen auf 365 tage pro platz vor. eine berücksichtigung von schaltjahren erfolge nicht. 11hiergegen hat die klägerin am 28.07.2016 klage bei dem sozialgericht düsseldorf erhoben. 12mit blick auf den bescheid vom 04.04.2016 hat sie zur begründung im wesentlichen ausgeführt, der beklagte habe zu unrecht den zuschuss der stiftung im rahmen der feststellung nach § 11 apg dvo als mindernd berücksichtigt. 13dass es sich bei den zuschüssen der stiftung nicht um öffentliche förderung im sinne des § 10 abs. 2 apg handele, ergebe sich aus der gesetzesbegründung. hiernach seien mittel der stiftung wohlfahrtspflege, vergleichbarer stiftungen sowie zweckgebundene spenden und schenkungen von privaten personen oder institutionen nicht erfasst, da sie mit dem ziel gegeben würden, langfristig eigenkapital der einrichtungsträger zu ersetzen. dieses ergebnis stimme mit der rechtsprechung des bsg zur niedersächsischen konzessionsabgabe überein (urt. v. 10.03.2011 – b 3 p 3/10 r). die stiftung wohlfahrtspflege entscheide in eigener zuständigkeit, für welche aufgaben innerhalb des breiten spektrums der wohlfahrtspflege sie die ihr zur verfügung gestellten mittel einsetze. die stiftung habe nach dem spielbankgesetz (spielbg) nrw dem grunde nach einen anspruch auf die spielbankabgaben, auch wenn die zuteilung der mittel nach maßgabe des haushaltsplans erfolge. ein rechtsanspruch auf förderung durch die stiftung bestehe hingegen nicht. auch im sogenannten „entfesselungspaket“ habe der gesetzgeber in seiner gesetzesbegründung zu art. 10 – änderung des alten- und pflegegesetzes nrw – (lt-drs. 17/1046) ausgeführt, dass die nunmehr erfolgende einordnung als pflichtaufgabe zur erfüllung nach weisung die durchsetzung des gesetzgeberischen willens durch das zuständige ministerium ermögliche, beispielsweise bei der „laut gesetzesbegründung nicht beabsichtigten anrechnung von mitteln der stiftung wohlfahrtspflege“. 14im bescheid vom 05.04.2016 habe der beklagte die zu berücksichtigenden beträge zur refinanzierung des langfristigen anlagevermögens mit 46.772,23 € zu niedrig angesetzt. der beklagte habe zu unrecht sowohl den restwert für die erstinvestition als auch die folgeinvestition zusammengefasst und einheitlich auf die restfinanzierungszeit der folgeinvestition verteilt. auch wenn § 11 abs. 4 apg dvo die zusammenfassung zu einem einheitlichen restwert vorsehe, so ändere dies nichts daran, dass die refinanzierung jeweils in einem zeitraum von 50 jahren zu erfolgen habe. die abweichende berechnungsmethode des beklagten entspreche nicht der lebenswirklichkeit, dass eine pflegeeinrichtung in der regel schon deutlich vor ablauf von 50 jahren einer generalsanierung bedürfe. unter berücksichtigung der stiftungsmittel und der ursprünglichen verteilung der erstinvestition seien für die langfristigen anlagegüter jährlich 56.141,08 € zu berücksichtigen. 15im ergebnis könne die klägerin unter berücksichtigung einer auslastung von 97,45 % und eines zweibettzimmerabschlags von 2,50 € folgende sätze beanspruchen: pro einbettzimmer für das jahr 2016 täglich 11,79 € und für das jahr 2017 täglich 11,74 € sowie pro platz im doppelzimmer täglich 9,29 € (2016) bzw. 9,24 € (2017). 16die klägerin hat zunächst schriftsätzlich beantragt, 17den beklagten unter aufhebung des bescheides gemäß § 11 apg dvo vom 05.04.2016 [richtig: 04.04.2016] sowie des bescheides gemäß § 12 apg dvo vom 04.04.2016 [richtig: 05.04.2016] in gestalt des einheitlichen widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 zu verurteilen, 181. die zuschüsse der stiftung wohlfahrtspflege des landes nordrhein-westfalen für die erstinvestition in das gebäude der einrichtung i.h.v. ursprünglich 153.387,56 € (300.000 dm) nicht als zuschuss aus öffentlicher förderung bei der feststellung gemäß § 11 apg dvo zu berücksichtigen, hilfsweise die klägerin unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden 19und 202. die weiteren ab dem 01.01.2016 zu berücksichtigenden beträge zur finanzierung für das langfristige anlagevermögen auf 56.141,08 € festzusetzen (§ 12 apg dvo), hilfsweise die klägerin unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 21der beklagte hat beantragt, 22die klage abzuweisen. 23er hat zunächst seine begründung aus dem widerspruchsbescheid wiederholt. die stiftungsmittel stelle der haushaltsgesetzgeber zur verfügung. es handele sich damit um öffentliche mittel. anders könne dies nur gewertet werden, wenn es sich um eigenkapital handele. dies sei nur der fall, wenn der zuwendungsempfänger mit der zuwendung machen könne, was er wolle. aus der entscheidung des bsg zu den niedersächsischen konzessionsabgaben ergebe sich, dass die stiftungsmittel vorliegend nicht als eigenkapital zu werten seien. anders als im niedersächsischen recht sei im nordrhein-westfälischen recht eine explizite bestimmung der zuwendungen als eigenmittel nicht erfolgt. 24mit aufhebungs- und änderungsbescheid vom 07.05.2018 hat der beklagte sodann die regelung im feststellungsbescheid vom 04.04.2016 dahingehend geändert, dass die baumaßnahmen von 1984 und 1990 separat refinanziert werden. den restwert für die langfristigen anlagegüter zum 31.12.2015 hat sie dabei auf 1.011.433,92 € bestimmt, bei einem restwert für die erstinvestition von 896.837,45 € und für die folgeinvestition von 114.596,47 €. 25mit aufhebungs- und änderungsbescheid vom 08.05.2018 hat der beklagte zudem den festsetzungsbescheid vom 05.04.2016 abgeändert. auf der grundlage der feststellungen in dem bescheid vom 07.05.2018 und einer durchschnittlichen belegungsquote der jahre 2012 bis 2014 von 97,45 % hat der beklagte die investitionskosten pro einzelzimmer für das jahr 2016 nunmehr auf täglich 11,70 € und für das jahr 2017 auf täglich 11,65 € sowie pro platz im doppelzimmer auf 9,20 € (2016) bzw. 9,15 € (2017) festgesetzt. die jährlich anzuerkennenden aufwendungen für das langfristige anlagevermögen hat der beklagte hierbei mit 53.073,33 € angesetzt (2 % aus 2.424.448,36 = 48.488,97 + 2 % aus 229.218,05 = 4.584,36). 26die klägerin hat sodann den klageantrag zu 2 für erledigt erklärt. 27die beteiligten haben sich mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 28mit urteil ohne mündliche verhandlung vom 06.12.2018 hat das sozialgericht den beklagten in abänderung des bescheides vom 05.04.2016 und des bescheides vom 04.04.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 und des bescheides vom 07.05.2018 verurteilt, die zuschüsse der stiftung wohlfahrtspflege des landes nrw für die erstinvestition in das gebäude der einrichtung i.h.v. ursprünglich 153.387,56 € nicht als zuschuss aus öffentlicher förderung bei der feststellung gemäß § 11 apg dvo zu berücksichtigen. 29gegen das ihm am 07.01.2019 zugestellte urteil hat der beklagte am 24.01.2019 berufung eingelegt. das verfahren ist ursprünglich unter dem aktenzeichen l 9 so 33/19 erfasst und sodann zuständigkeitshalber an den 5. senat abgegeben worden. 30zur begründung hat der beklagte im wesentlichen ausgeführt, nach erteilung der änderungsbescheide vom 07.05.2018 und 08.05.2018 sowie der rücknahme des erstinstanzlichen klageantrags zu 2 sei allein die frage streitig geblieben, ob die zuschüsse der stiftung zur errichtung des gebäudes in höhe von 300.000 dm als zuschuss aus öffentlicher förderung bei der feststellung gemäß § 11 apg dvo mindernd zu berücksichtigen seien. dies sei aus den bereits erstinstanzlich ausgeführten gründen zu bejahen. eine staatliche doppelfinanzierung sei zu vermeiden. das sozialgericht münster habe sich in seinem urteil vom 29.01.2019 - s 20 p 2/17 - dieser sichtweise angeschlossen. der beklagte mache sich die dortige begründung zu eigen. abschließend hat der beklagte auf das urteil des erkennenden senats vom 22.04.2021 - l 5 p 103/20 - verwiesen, in welchem die zuwendungen der stiftung als öffentliche zuschüsse und damit als mindernd zu berücksichtigen bewertet wurden. 31der beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 32das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 06.12.2018 abzuändern und die klage abzuweisen. 33die klägerin beantragt, 34die berufung zurückzuweisen. 35sie hält das urteil des sozialgerichts für zutreffend und hat zur erwiderung im wesentlichen ihre erstinstanzliche argumentation zur frage der qualität der stiftungsmittel als öffentliche zuschüsse wiederholt. 36die beteiligten haben sich übereinstimmend wiederum mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der prozessakte und der die klägerin betreffenden verwaltungsakten des beklagten verwiesen. 38 | 39der senat kann ohne mündliche verhandlung entscheiden, da die beteiligten hierzu ihr einverständnis erteilt haben, § 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg). 40nach erteilung der änderungsbescheide vom 07.05.2018 und 08.05.2018 und erledigung des klageantrags zu 2 ist zwischen den beteiligten nur noch streitig, ob die zuschüsse der stiftung zur errichtung des gebäudes in höhe von 300.000 dm als zuschuss aus öffentlicher förderung bei der feststellung gemäß § 11 apg dvo mindernd zu berücksichtigen sind. damit ist nur noch der feststellungsbescheid vom 04.04.2016 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 in der fassung des bescheides vom 07.05.2018 streitgegenständlich. im falle eines obsiegens der klägerin wäre der festsetzungsbescheid vom 05.04.2016 in der fassung des änderungsbescheides vom 08.05.2018 durch den beklagten entsprechend anzupassen. denn er steht ausdrücklich unter der auflösenden bedingung der bestandskraft des feststellungbescheides. 41die klägerin ist zur geltendmachung eines höheren restwerts für die refinanzierung nach wie vor aktivlegitimiert. die übertragung des alleinigen gesellschaftsanteils von dem drk ortsverein w e.v auf die d holding gmbh hat hieran ebenso wenig etwas geändert wie die umfirmierung der klägerin bei gleichzeitigem verlust der steuerrechtlichen gemeinnützigkeit. 42die zulässige berufung des beklagten gegen das urteil des sozialgerichts vom 06.12.2018 ist allerdings begründet. 43das sozialgericht hat den beklagten zu unrecht verurteilt, die zuschüsse der stiftung wohlfahrtspflege des landes nrw für die erstinvestition in das gebäude der einrichtung i.h.v. ursprünglich 153.387,56 € nicht als zuschuss aus öffentlicher förderung bei der feststellung gemäß § 11 apg dvo zu berücksichtigen. 44der insoweit angefochtene feststellungsbescheid vom 04.04.2016 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 in der fassung des bescheides vom 07.05.2018 ist rechtmäßig. 45die klägerin hat keinen anspruch darauf, dass der beklagte die anerkennungsfähigen aufwendungen je platz für die einrichtung seniorenresidenz w (ehemals seniorenzentrum w) unter berücksichtigung eines höheren restwertes für langfristige anlagegüter in höhe von ursprünglich 153.387,56 € feststellt. der beklagte hat den in dieser höhe erbrachten zuschuss der stiftung zu recht nach § 10 abs. 2 satz 2 apg als öffentliche förderung in abzug gebracht (vgl. urteil des erkennenden senats vom 22.04.2021 - l 5 p 103/20). der senat schließt sich diesbezüglich nach eigener prüfung erneut den überzeugenden erwägungen des sozialgerichts münster in dessen inzwischen rechtskräftigen urteil vom 29.01.2019 - s 20 p 2/17 - an. dieses hat ausgeführt: 46„denn der zuschuss ist nach § 10 abs. 2 satz 2 apg nrw im rahmen der finanzierung von tagespflegereinrichtungen als „öffentliche förderung“ mindernd zu berücksichtigen. nach § 10 abs. 2 apg nrw sind anerkennungsfähig aufwendungen, die für bereits durchgeführte maßnahmen angefallen sind oder für sicher im veranlagungszeitraum durchzuführende maßnahmen anfallen werden und betriebsnotwendig sind. sofern hierfür eine öffentliche förderung gewährt wurde oder wird, ist diese nach § 10 abs. 2 satz 2 apg nrw mindernd zu berücksichtigen. 47wie der beklagte zutreffend ausführt, handelt es sich beim begriff der „öffentlichen förderung“ um einen unbestimmten rechtsbegriff, der durch die gerichte zu konkretisieren ist (statt aller etwa bsg, urteil vom 02.05.2001 - b 2 u 16/00 r, sozr 3-2200 § 551 nr 16). bietet die norm, die einen unbestimmten rechtsgriff enthält, mit hilfe der üblichen auslegungsmethoden eine zuverlässige grundlage für ihre auslegung und anwendung oder übernimmt sie eine gefestigte rechtsprechung und gewinnt damit aus dieser rechtsprechung hinreichende bestimmtheit, sind unbestimmte rechtsgriffe auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (statt aller etwa bverwg, beschluss vom 01.12.2009 - 4 b 37/09). die üblichen auslegungsmethoden sind nach dem klassischen auslegungskanon (im anschluss an savigny, system des heutigen römischen rechts i (1840) 206 ff, 213; dazu näher etwa honsell in staudinger (2018), einleitung zum bgb § 1, rn. 138 ff.) die sprachlich-grammatikalische, die logisch-systematische, die historische und die teleologische auslegung. 48hiervon ausgehend sprechen die überwiegenden auslegungsmethoden und die überzeugenderen argumente für eine mindernde berücksichtigung der mittel der stiftung wohlfahrtspflege. 49ausgehend vom wortlaut spricht zunächst die sprachlich-grammatikalische auslegung für dieses ergebnis. die hierzu gemachten ausführungen des beklagten überzeugen: nach dem wortlaut umfasst der begriff der förderung jede form der finanziellen unterstützung, eine solche liegt ohne weiteres vor. ferner spricht der wortlaut auch für eine öffentliche förderung, denn die stiftung wohlfahrtspflege nrw ist teil der öffentlichen hand. sie wurde mit dem spielbankgesetz nrw vom 19. märz 1974 (gv. nrw. s. 93) errichtet und ist eine rechtsfähige stiftung des öffentlichen rechts (vgl. auch § 1 nr. 2 der satzung der stiftung wohlfahrtspflege), die ursprünglich unter dem namen „stiftung des landes nordrhein-westfalen für wohlfahrtspflege“ gegründet und unter dem jetzigen namen „stiftung wohlfahrtspflege nrw“ fortgeführt wurde (vgl. § 20 abs. 1 spielbg nrw). die stiftung verfolgt auch „öffentliche“ zwecke, nach § 10 der satzung der stiftung wohlfahrtspflege werden ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige zwecke, also solche, die dem wohl der allgemeinheit dienen, verfolgt. 50die historische auslegung spricht eher gegen eine mindernde berücksichtigung der stiftungsmittel. wie sich aus der nicht-amtlichen (da sie neben der begründung zum regierungsentwurf auch die begründung der im parlamentarischen gesetzgebungsprozess eingeflossenen änderungen des apg nrw berücksichtigt) gesetzesbegründung zu § 10 apg nrw ergibt, wollte der gesetzgeber die mittel der stiftung wohlfahrtspflege bei der anerkennung der investitionsaufwendungen gerade nicht mindernd berücksichtigt wissen. nur so ist folgender passus (s. 44 der nicht-amtlichen begründung) zu verstehen: 51<> 52auch die begründung der apg dvo nrw enthält auf s. 7 einen ähnlichen passus: 53<>. 54die nicht-amtliche begründung des gesetzgebers findet aber weder eine stütze in den anderen üblichen auslegungsmethoden, noch ist die vom gesetzgeber für diese vom ihm offenbar beabsichtigte auslegung des begriffs der öffentlichen förderung gelieferte begründung schlüssig oder nachvollziehbar. die ausführungen, die mittel der stiftung wohlfahrtspflege würden (wie etwa auch zweckgebundene spenden und schenkungen von privaten personen oder institutionen) mit dem ziel gegeben werden, langfristig eigenkapital der einrichtungsträgerinnen und -träger zu ersetzen, überzeugen nicht. denn dieses ziel findet seine stütze, worauf schon der beklagte zu recht hinweist, weder in der stiftungssatzung noch in den vergaberichtlinien und den fördergrundsätzen. insoweit wird auf die überzeugenden ausführungen im widerspruchsbescheid bezug genommen, die sich das gericht nach eigener urteilsbildung zu eigen macht (§ 136 abs. 3 sgg). nochmals hervorzuheben ist hierbei, dass die stiftungsmittel zweckgebunden vergeben werden und die zuwendungen u.a. für den bau, erwerb und die einrichtung von vorhaben, die nicht oder nicht ausreichend aus der öffentlichen hand gefördert werden, gewährt werden und gegenstand der förderung u.a. investitionsmaßnahmen wie erwerb, neu- und umbau von einrichtungen sind (vgl. nrn. 1 und 2 der vergr und nrn. 1 und 2 der fördergrundsätze). nach abschluss der maßnahme ist vom träger stets ein verwendungsnachweis zu erbringen (nr. 7.6 vergr und nr. 9 der fördergrundsätze). anhaltspunkte dafür, dass die mittel gezahlt werden, um langfristig das eigenkapital der träger zu ersetzen, lassen sich demnach nicht finden, die regelungen (satzung, vergr und fördergrundsätze) lassen nur den schluss zu, dass eine konkrete maßnahme gefördert werden soll, deren durchführung mittels verwendungsnachweis im nachgang zu belegen ist. die ersetzung von eigenkapital ist kein ausdrücklich festgelegtes ziel der förderung bzw. der vergabe der stiftungsmittel. 55auch nach der logisch-systematischen und der teleologischen auslegung ist eine mindernde berücksichtigung der mittel der stiftung wohlfahrtspflege geboten. allein deren berücksichtigung als öffentliche förderung i.s. § 10 abs. 2 apg nrw führt in jeder hinsicht zu plausiblen ergebnissen, die sich nahtlos in die systematik der regelungen zur finanzierung von pflegeleistungen und investitionskosten einfügen und dem sinn und zweck der gesetzlichen regelungen entsprechen. die finanzierung basiert auf einem „dualen finanzierungskonzept“, wonach sich die pflegeversicherung grundsätzlich nicht an den aufwendungen der pflegeeinrichtungen für investitionskosten und sonstige maßnahmen nach § 82 abs. 2 sgb xi beteiligt, sondern die länder für die vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlich pflegerischen. versorgungsstruktur verantwortlich sind (§ 9 satz 1 sgb xi). das nähere zur planung und zur förderung der pflegeeinrichtungen wird durch landesrecht bestimmt; durch landesrecht kann auch bestimmt werden, ob und in welchem umfang eine im landesrecht vorgesehene und an der wirtschaftlichen leistungsfähigkeit der pflegebedürftigen orientierte finanzielle unterstützung der pflegebedürftigen bei der tragung der ihnen von den pflegeeinrichtungen berechneten betriebsnotwendigen investitionsaufwendungen oder der pflegeeinrichtungen bei der tragung ihrer betriebsnotwendigen investitionsaufwendungen als förderung der pflegeeinrichtungen gilt (§ 9 satz 2 sgb xi). zur finanziellen förderung der investitionskosten der pflegeeinrichtungen sollen einsparungen eingesetzt werden, die den trägern der sozialhilfe durch die einführung der pflegeversicherung entstehen (§ 9 satz 3 sgb xi). subsidiär hat der bund die möglichkeit vorgesehen, die investitionskosten auf die pflegebedürftigen umzulegen, soweit diese kosten nicht durch die (erwartete) landesrechtliche förderung gedeckt sind (§ 82 abs. 3 sgb xi). auch hier ist es dem landesgesetzgeber überlassen, „das nähere“ zu regeln (§ 82 abs. 3 satz 3 halbsatz 2 sgb. xi). der landesgesetzgeber in nordrhein-westfalen hat die finanzierung von pflegeeinrichtungen im apg nrw und der apg dvo nrw geregelt. grundlage einer jeden förderung durch den landesgesetzgeber ist das in §§ 9 ff. apg nrw und der apg dvo nrw geregelte verfahren zur ermittlung der anerkennungsfähigen aufwendungen, das auswirkungen auf verschiedene gesetzlich vorgesehene fördermaßnahmen hat. grundlage einer jeden finanzierung von stationären einrichtungen nach §§ 9, 82 abs. 3 sgb xi ist nach § 10 apg nrw die ermittlung der betriebsnotwendigen aufwendungen i.s.d. § 82 abs. 2 nr. 1 und 3 sgb xii (förderungsfähige aufwendungen). das nähere verfahren ist in der apg dvo nrw geregelt. danach bilden die nach § 12 apg dvo nrw festgesetzten aufwendungen die grundlage für die förderung von vollstationären pflegeeinrichtungen, kurzzeitpflegeeinrichtungen und teilstationären einrichtungen (vgl. §§ 14 abs. 1, 18 abs. 1, 21 abs. 1 apg dvo nrw), die förderung erfolgt zur finanzierung der förderfähigen aufwendungen nach § 11 apg dvo nrw (vgl. §§13 abs. 1, 17 abs. 1, 20 abs. 1 apg dvo nrw). jede dieser förderungen setzt daher als grundlage einen feststellungsbescheid nach § 11 apg dvo nrw voraus. auch für die gesonderte berechnung nicht gedeckter aufwendungen, für die es der zustimmung des überörtlichen sozialhilfeträger bedarf (vgl. § 15 apg nrw), bildet die feststellung der förderungsfähigen aufwendungen die grundlage. auch wenn im vorliegenden verfahren die klägerin im ergebnis die förderung nach §§ 20 ff. apg dvo nrw begehrt, kann die auslegung des begriffs der öffentlichen förderung i.s.d. § 10 abs. 2 apg nrw nicht losgelöst von der systematik des feststellungs- und festsetzungsverfahrens erfolgen. denn zu berücksichtigen ist, dass die feststellung der förderungsfähigen aufwendungen nach § 10 apg nrw i.v.m. § 11 apg dvo nrw auch die grundlage für die bewilligung von pflegewohngeld und die zustimmung zur gesonderten berechnung nicht geförderter aufwendungen nach § 15 apg nrw bildet. dabei ist in beiden konstellationen nicht ausgeschlossen, dass die pflegeeinrichtung ihre durch öffentliche förderung nicht gedeckten, betriebsnotwendigen und nicht abschließend vom einrichtungsträger selbst zu tragenden investitionsaufwendungen den pflegebedürftigen in rechnung stellt: erfolgt die zustimmung zur gesonderten berechnung i.s.d. § 15 apg nrw, kann der betreiber eines pflegeheimes eine anteilige umlage auf die heimbewohner vornehmen (vgl. § 82 abs. 3 sgb xi). pflegewohngeld 56wird den heimbewohnern nur in abhängigkeit ihrer wirtschaftlichen leistungsfähigkeit 57gewährt, ansonsten werden die aufwendungen unmittelbar der pflegebedürftigen person berechnet. nach der ständigen rechtsprechung des bsg, der sich das gericht anschließt, steht die befugnis der pflegeeinrichtung, ihre durch öffentliche förderung nicht gedeckten, betriebsnotwendigen und nicht abschließend vom einrichtungsträger selbst zu tragenden investitionsaufwendungen den pflegebedürftigen in rechnung zu stellen, grundsätzlich nicht zur disposition durch das landesrecht (bsg, urteil vom 06.09.2007 - b 3 p 3/07 r, bsge 99, 57; bsg, urteil vom.08.09.2011 - b 3 p 2/11 r, bsge 109, 96; zuletzt auch bsg, urteil vom 28.09.2017 - b 3 p 4/15 r). dabei betont das bsg, dass es lediglich um die refinanzierung solcher betriebsnotwendigen aufwendungen geht, die der pflegeheimträger „selbst“ aufgebracht hat und die er nicht anders zurückerwirtschaften kann, die aber nach dem zusammenspiel der regelungen des § 82 sgb xi auch nicht abschließend vom heimträger getragen werden sollen (vgl. bsg, urteil vom 08.09.2011 - b 3 p 2/11 r, bsge 109, 96; bsg, urteil vom 28.09.2017 - b 3 p 4/15 r). soweit investitionskosten durch die zuwendungen dritter gedeckt sind, handelt es sich wirtschaftlich nicht um eigene aufwendungen des heimträgers, für die ihm die möglichkeit eingeräumt werden muss, diese zurückzuerwirtschaften. insoweit sieht das bsg die regelungsbefugnis der länder nicht eingeschränkt, wogegen es aber eine grenze der möglichkeiten, die investitions-gestehungskosten auf die pflegebedürftigen umzulegen, darin sieht, dass diese durch öffentliche förderung gem. § 9 sgb xi nicht vollständig gedeckt sein dürfen. (bsg, urteil vom 28.09.2017 - b 3 p 4/15 r). ziel der einschränkungen nach § 82 abs. 2 bis 5 sgb xi ist es, die kosten für die pflegebedürftigen möglichst gering zu halten, um zu verhindern, dass diese möglichst mit dem eintritt der pflegebedürftigkeit sozialhilfebedürftig werden. darüber hinaus soll auch eine zweckwidrige bildung von kapitalrücklagen bei den trägern vermieden werden (bsg a.a.o.). die von der klägerin geltend gemachte auslegung des begriffes der öffentlichen förderung i.s.d. § 10 apg nrw würde diesen zielen zuwiderlaufen, wenn der einrichtungsträger zuwendungen, für die er von vornherein keine eigenen gestehungskosten hat und die ihm insoweit das einbringen von eigenkapital ersparen, den pflegebedürftigen in rechnung stellen würde. wie der beklagte zutreffend ausführt, führt dies letztlich zu einer staatlichen doppelfinanzierung einerseits über die stiftungsmittel, die, wie oben ausgeführt, mittel der öffentlichen hand darstellen, und andererseits über die. förderungen nach dem apg nrw. dabei wird nicht in abrede gestellt, dass es grundsätzlich aufgabe des landesgesetzgebers ist, das nähere zur planung und zur förderung der pflegeeinrichtungen zu regeln und der landesgesetzgeber damit grundsätzlich frei ist zu bestimmen, welche aufwendungen öffentlich gefördert werden. aber nur die o.g. auslegung des begriffes der „öffentlichen förderung“ i.s.v. § 10 apg nrw wird (auch) dem ziel des § 82 abs. 2 bis 5 sgb xi, die sozialhilfebedürftigkeit des pflegebedürftigen und eine staatliche doppelfinanzierung weitestgehend zu vermeiden, gerecht. 58die einlassungen der klägerin rechtfertigen keine andere beurteilung. darüber, ob die einschätzung der klägerin zutrifft, dass, wenn es den ländern grundsätzlich freistehe, zuwendungen dritter kraft landesrechts wie eine öffentliche förderung zu behandeln (so ausdrücklich bsg, urteil vom 28.09.2017 - b 3 p 4/15 r), diesen grundsätzlich auch eine gegenteilige entscheidung freistehen müsse, hat das gericht nicht zu befinden. wie oben ausgeführt, hat der landesgesetzgeber in § 10 abs. 2 apg nrw gerade nicht ausdrücklich die zuwendungen der stiftung wohlfahrtspflege von den öffentlichen förderungen ausgenommen. zwar spricht hierfür der wille des gesetzgebers, soweit er in der nichtamtlichen begründung zum ausdruck kommt, die übrigen auslegungskriterien sprechen aber für die o.g. auslegung.“ 59ergänzend stützt der senat seine feststellung, dass es sich bei den zuwendungen der stiftung um öffentliche fördermittel handelt, die nach § 10 abs. 2 satz 2 apg von den aufwendungen abzusetzen sind, auf folgende erwägungen: 60der klägerin sind die stiftungsmittel auf der grundlage eines zuwendungsbescheides, also einer maßnahme zur regelung eines einzelfalls auf dem gebiet des öffentlichen rechts, zugeflossen. die bewilligung erfolgte durch die stiftung wohlfahrtspflege nrw, einer rechtsfähigen stiftung öffentlichen rechts nach maßgabe des § 9 abs. 1 spielbg nrw in der hier einschlägigen fassung vom 19.03.1974, die wiederum im zeitpunkt der bewilligung der zuwendung ihre mittel aus der in § 4 abs. 1 satz 1 spielbg i.d.f. vom 19.03.1974 geregelten und an das land zu entrichtenden spielbankabgabe bezog. auch die späteren gesetzesfassungen (vgl. z.b. §§ 21 abs. 1, 12 abs. 2 spielbg nrw i.d.f. vom 13.11.2012) haben daran angeknüpft. 61demgegenüber trifft zwar zu, dass der landesgesetzgeber mit art. 10 des gesetzes zum abbau unnötiger und belastender vorschriften im land nordrhein-westfalen (sogenanntes „entfesselungspaket i“) vom 22.03.2018 in § 10 apg den absatz 11 eingefügt hat, nach welchem die überörtlichen träger der sozialhilfe die bestimmung der betriebsnotwendigen aufwendungen als pflichtaufgabe zur erfüllung nach weisung vornehmen und damit der weisung des für die pflegeversicherung zuständigen ministeriums unterliegen. die klägerin hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass in der gesetzesbegründung (lt-drs. 17/1046, s. 123) hierzu ausgeführt ist: 62„durch das im rahmen der pflichtaufgabe für begrenzte fälle bestehende weisungsrecht des ministeriums könnte eine landeseinheitliche umsetzung ebenso gewährleistet werden wie eine berücksichtigung des gesetzgeberischen willens (z. b. bei der laut gesetzesbegründung nicht beabsichtigten anrechnung von mitteln der stiftung wohlfahrtspflege; vgl. gesetzesbegründung zu § 10 abs. 2).“ 63die begründung zu § 10 abs. 11 apg nimmt allerdings lediglich bezug auf die alte gesetzesbegründung, ohne dass nunmehr eine entsprechende anknüpfung dieser sichtweise im gesetzestext geschaffen worden wäre. auch die jetzige begründung begegnet damit den bereits beschriebenen systematischen und teleologischen bedenken (vgl. zur heranziehung der gesetzesmaterialien bei der auslegung auch bverfg, urteil vom 16.02.1983 - 2 bve 1/83, rn. 124 nach juris). bezeichnenderweise hat das zuständige ministerium bis heute keine entsprechende weisung erteilt. 64soweit die klägerin sich auf die entscheidung des bsg vom 10.03.2011 - b 3 p 3/10 r - zur verwendung der konzessionsabgaben nach dem niedersächsischen lotteriegesetz stützt, ist diese auf den nordrhein-westfälischen rechtszustand nicht übertragbar. die verwendung der konzessionsabgaben nach dem niedersächsischen lotteriegesetz beruhte, wie man der entscheidung entnehmen kann, auf einer vertraglichen vereinbarung des landes mit den wohlfahrtsverbänden. diese vereinbarung ordnete jedenfalls in der vergangenheit die finanzhilfen ausdrücklich den „eigenmitteln" der träger zu. nur diese besonderheit rechtfertigte den fehlenden abzug bei den betriebsnotwendigen aufwendungen (so ausdrücklich bsg urteil vom 28.09.2017 - b 3 p 4/15 r - rn. 29ff nach juris). 65im nordrhein-westfälischen recht wurde eine solche zuordnung der stiftungszuwendungen zum eigenkapital auf vertraglicher oder gar normativer ebene gerade nicht vorgenommen. 66die zuwendung erfolgte vorliegend auch in tatsächlicher hinsicht nicht als eigenmittel. die stiftungsmittel sind der klägerin vielmehr gerade zum zweck der finanzierung von betriebsnotwendigen investitionen in das zu errichtende pflegeheim zugewandt worden. dies ergibt sich ausdrücklich aus dem zuwendungsbescheid vom 10.07.1981. 67die zuwendung war damit nicht mit einer für eigenkapital typischen umfassend eingeräumten handlungsfreiheit verbunden (vgl. bsg urteil vom 28.09.2017 - b 3 p 4/15 r - rn. 30 nach juris). 68diese enge zweckbindung wird auch nicht durch das satzungsrecht der stiftung in frage gestellt. zwar trifft zu, dass nach § 11 abs. 2 der stiftungssatzung in der 1981 gültigen fassung die zuschüsse die handlungsmöglichkeiten des trägers erweitern sollen. sie sollen nicht die anderweitige förderung aus mitteln öffentlich-rechtlicher leistungsträger und den einsatz von eigenmitteln in angemessener höhe einschränken oder entbehrlich machen. § 11 abs. 2 der satzung ist allerdings nicht losgelöst von dessen abs. 1 zu betrachten, der regelt, dass die stiftungsmittel als zweckgebundene zuschüsse oder als darlehen für freie gemeinnützige soziale einrichtungen vergeben werden. die in § 11 abs. 2 der satzung bezeichnete erweiterte handlungsmöglichkeit ist daher einer freien verfügbarkeit nicht gleichzusetzen. 69die vergaberichtlinien aus 1984 sehen im übrigen unter punkt 1.5 vor, dass es sich nicht um einen rechtsanspruch der empfänger handelt und nach § 11 abs. 2 der satzung erst einmal alle anderen öffentlich-rechtlichen finanzierungsmöglichkeiten ausschöpfen müssen. die wahl des begriffs „anderen“ verdeutlicht, dass es sich bei der förderung durch die stiftung ebenfalls um eine öffentlich-rechtliche finanzierung handelt. dass die im bescheid der stiftung vom 10.07.1981 in bezug genommenen vorläufigen vergaberichtlinien einen hiervon abweichenden, für die rechtsansicht der klägerin sprechenden inhalt hatten, ist nicht ersichtlich. 70die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 hs. 3 sgg i.v.m. § 154 abs. 1, 155 abs. 1 satz 1 2. alt. vwgo. sie berücksichtigt, dass die klägerin in erster instanz mit ihrem begehren insoweit erfolg hatte, als die trennung der refinanzierungszeiträume für die investitionen im jahr 1984 und 1990 im streit stand. 71gründe für eine zulassung der revision liegen nicht vor. insbesondere die voraussetzungen nach § 160 abs. 2 nr. 2 sgg sind nicht erfüllt. die entscheidung beruht ausschließlich auf der auslegung landesrechtlicher vorschriften, die der revision zum bsg nicht zugänglich ist. |
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} | 7a K 739/21 | 2022-01-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage - sinngemäß - zurückgenommen hat. Das beklagte Land wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des K. vom 3. Februar 2021 verpflichtet, der Klägerin für den Arbeitnehmer B. C. betreffend den Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 eine Erstattung in Höhe von 762,35 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 383,14 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen, sowie auf diesen Betrag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu leisten.Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen nach dem Infektionsschutzgesetz. 3Die Klägerin war von 2008 bis 2020 in der Fleischverarbeitung sowie der Fleischkonservierung tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit war sie mit der U. GmbH & Co. KG, J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück (im Folgenden: Firma U. ) bzw. einer Rechtsvorgängerin geschäftlich verbunden. 4Mit Werkvertrag vom 1. Juni 2009 verpflichtete sich die Klägerin als Werkunternehmerin gegenüber der Firma U. zur Herstellung von Fleischteilstücken und Zerlegenebenprodukten. Die Werkleistung wird nach den vertraglichen Bestimmungen (§ 2 Nr. 1) auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück erbracht. Räumlichkeiten und Betriebsmittel (mit Ausnahme von Messern, Wetzstählen, Arbeits- und Schutzkleidung) werden von dieser zur Verfügung gestellt. 5Gemäß § 2 Nr. 4 Werkvertrag haben die - Klägerin als - Werkunternehmerin und die Personen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer werkvertraglichen Leistungen bedient, u.a. Weisungen der Hygienebeauftragen der Bestellerin Folge zu leisten. Nach § 2 Nr. 5 Werkvertrag ist die Werkunternehmerin verpflichtet, gemäß § 8 Abs. 1 ArbSchG ihre Beschäftigten über Gefahren und Risiken für Sicherheit und Gesundheit sowie über Schutzmaßnahmen vor Arbeitsaufnahme zu unterweisen. Weiter ist sie verpflichtet, ihre Beschäftigten vor Arbeitsaufnahme nach der Betriebseinweisung Personalhygiene FB HY 8-01 in der jeweils gültigen Version zu schulen. Der Nachweis über die stattgefundenen Unterweisungen ist schriftlich von den Beschäftigten per Unterschrift zu bestätigen und unaufgefordert vor Arbeitsaufnahme an das Lohnbüro der Bestellerin weiterzuleiten. Die Klägerin hat zudem nach § 2 Nr. 6 Werkvertrag gegenüber der Bestellerin einen verantwortlichen Vertreter zu benennen bzw. dafür Sorge zu tragen, dass ein verantwortlicher Vertreter bei der Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtungen präsent ist. 6Nach Art. 3 Nr. 1 des Nachtrages zum Werkvertrag vom 22. Juli 2014 versichert die Klägerin, dass sie bei der Ausführung des Werkvertrags nicht gegen das Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz oder gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz verstößt; dass sie die deutschen Arbeitsschutzvorschriften und das Arbeitszeitgesetz einhält; und dass sie ihren Verpflichtungen zur Abführung von Sozialversicherungsbeitragen in der Bundesrepublik Deutschland und im Heimatland sowie ihren Verpflichtungen zur Zahlung an die Berufsgenossenschaften und die Finanzbehörden ordnungsgemäß und vollständig nachkommt. In Art. 1 der Ergänzung verpflichten sich die Vertragsparteien zur Einhaltung des bundeseinheitlichen Tarifvertrags zur Regelung der Mindestbedingungen für Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft in der jeweils gültigen Fassung. 7Im Rahmen dieses Werkvertrags setzte die Klägerin in Juni 2020 ihren Arbeitnehmer B. C. als Fleischverarbeiter am Band „Lachse“ (Veredelung von Fleischstücken/Entfernung von Fett und Sehnen) auf dem Betriebsgelände der Firma U. ein. Der Arbeitnehmer war ausweislich des vorliegenden Arbeitsvertrags vom 26. August 2019 seit dem 2. September 2019 bei der Klägerin beschäftigt. Es wurde ein Bruttostundenlohn von 9,20 € sowie eine zusätzliche monatliche Prämie von 150 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart (§§ 4 und 5 des Arbeitsvertrags). Der Arbeitnehmer war bzw. ist unter der Adresse L. in 59077 Hamm wohnhaft. 8Im Rahmen einer am 16. Juni 2020 durchgeführten Reihentestung stellte das Gesundheitsamt des Kreises Gütersloh bei 730 von 1.106 Abstrichen von in der „Zerlegung“ auf dem Werksgelände der Firma U. tätigen Mitarbeitern einen positiven Befund auf das Coronavirus SARS-CoV-2 fest. 9Der Landrat des Kreises Gütersloh ordnete daraufhin am 17. Juni 2020 zunächst mündlich die Schließung des Betriebsstandortes der U. Unternehmensgruppe in Rheda-Wiedenbrück an. Unter dem 10. August 2020 bestätigte er gegenüber der U. & Co. KG die Allgemeinverfügung zur Schließung des Betriebs der Unternehmensgruppe U. am Betriebsstandort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ schriftlich. 10Mit Allgemeinverfügung zur fortbestehenden Schließung und den Voraussetzungen einer schrittweise möglichen Wiederaufnahme des Betriebs der Unternehmensgruppe U. am Betriebsstandort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ vom 2. Juli 2020 verfügte der Bürgermeister der Stadt Rheda-Wiedenbrück eine weitere Schließung bis zum 17. Juli 2020. Überdies wurden Regelungen zur schrittweisen Wiederaufnahme des Betriebs getroffen. 11Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 18. Juni 2020 ordnete der Landrat des Kreises Gütersloh in Ziffer 1 die Absonderung in häusliche Quarantäne gegenüber allen im Betrieb der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück in der Produktion tätigen Personen an. Ziffer 2 enthielt einen Ausnahmetatbestand für alle seit dem 16. Juni 2020 durch Beauftragte des Gesundheitsamtes negativ getesteten Personen, die auch bei Erhalt des Testergebnisses noch keinerlei Symptome aufwiesen. Gleichzeitig wurde der Fall geregelt, dass der Betroffene zwar negativ getestet worden ist, aber im Rahmen der Kontaktnachverfolgung als Kontaktperson der Kategorie 1 nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts ermittelt wurde. In diesem Fall sollte das Gesundheitsamt mitteilen, bis wann die Absonderung zu erfolgen hat. 12Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 20. Juni 2020 hob der Landrat des Kreises Gütersloh die Allgemeinverfügung vom 18. Juni 2020 auf und ordnete für alle auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 2. Juli 2020, 24:00 Uhr, an. Zugleich erließ er Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personen die auf dem Gelände der Firma U. tätig waren. Die Produktion war von dieser Ausnahme nicht erfasst. 13Außerdem ordnete das Gesundheitsamt der Stadt Hamm die Absonderung des Arbeitnehmers C. in häusliche Quarantäne vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 an. 14Mit Allgemeinverfügung zum Schutz der Bevölkerung vor der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber im Betrieb der Firma U. am Standort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätigen und mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen durch Absonderung in häuslicher Quarantäne vom 1. Juli 2020 ordnete das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) ab dem 3. Juli 2020, 00:00 Uhr, gegenüber allen Personen, die im Zeitraum vom 3. Juni 2020 bis zum 17. Juni 2020 an mindestens einem Tag auf dem Betriebsgelände der Firma U. am Standort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätig waren, unabhängig davon, ob sie unmittelbar bei dieser Firma, einem Subunternehmer oder einer Leiharbeitsfirma angestellt sind oder für diese tätig waren, die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 17. Juli 2020, 24.00 Uhr an. Zugleich erließ das MAGS Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personengruppen, die auf dem Gelände der Firma U. tätig waren. Die Produktion war von dieser Ausnahme nicht erfasst. Die Absonder-ungsverpflichtung endete für Personen, die im Rahmen der seit dem 16. Juni 2020 durch Beauftragte des Gesundheitsamtes Gütersloh durchgeführten Testungen positiv getestet worden sind, frühestens 14 Tage nach labordiagnostischem Erstnachweis des Erregers zu dem Zeitpunkt, an dem die Person 48 Stunden symptomfrei ist. 15Am 3. September 2020 beantragte die Klägerin die „Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen bei Verdienstausfall eines Arbeitnehmers auf Grund behördlich angeordneter Quarantäne (Absonderung) oder Tätigkeitsverbot nach § 56 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)“ für den Arbeitnehmer „B. C. “. Dazu erklärte sie u.a., dass der Arbeitnehmer sich aufgrund einer Anordnung des Gesundheitsamtes der Stadt Hamm vom 18. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 in Quarantäne befunden habe, er in diesem Zeitraum keinen genehmigten Urlaub gehabt habe, er nicht aufgrund eines kranken Kindes arbeitsbefreit gewesen sei und er in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB, auf Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, sonstige Zuschüsse, zusätzliches Einkommen aus Ersatztätigkeiten gehabt habe. Der Betrieb des Arbeitnehmers sei vom 18. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2021 geschlossen gewesen. Die Frage, ob der Arbeitnehmer während der Absonderung arbeitsunfähig krank gewesen sei, verneinte die Klägerin. 16Mit Bescheid vom 3. Februar 2021 lehnte der K. (K. ) den Antrag auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Herrn B. C. ab. Zur Begründung führte der K. aus, dass die Klägerin beim Einsatz ihres Arbeitnehmers Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere Hygienevorgaben verletzt habe. Aus diesem Grund habe der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin, sodass ein Verdienstausfall i.S.v. § 56 Abs. 1 IfSG und damit ein entsprechender Erstattungsanspruch nicht vorlägen. Der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer eingesetzt gewesen sei, sei vom 16. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen gewesen. Ein Einsatz des Arbeitnehmers sei somit bereits aus betrieblichen Gründen nicht möglich gewesen. Im Zeitraum der Betriebsschließung habe bereits aus diesem Grund kein Verdienstausfall vorgelegen, da der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin gehabt habe, sodass ein möglicher Entschädigungsanspruch entfalle. 17Die Klägerin hat am 3. März 2021 Klage erhoben. 18Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, vorrangige Ansprüche, die einen Entschädigungsanspruch ausschlössen, lägen nicht vor. Insbesondere bestehe kein Lohnfortzahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG, da Herr C. nicht infolge Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei. Zwar sei er am 17. Juni 2010 positiv auf das Coronavirus getestet worden, er habe aber keine Symptome gehabt. 19Auch die Voraussetzungen des § 616 Satz 1 BGB lägen nicht vor, da Herr C. über einen erheblichen Zeitraum abgesondert gewesen sei, insbesondere vor dem Hintergrund des Beginns der Beschäftigung erst am 2. September 2019. Ein nicht erheblicher Zeitraum seien nur wenige Tage, in Ansehung von § 2 PflegeZG allenfalls 10 Tage. 20Der Anspruch sei insbesondere nicht wegen Verstößen gegen Gesundheits- und Arbeitsvorschriften oder Hygienevorgaben ausgeschlossen. Der Behördenakte lasse sich weder der vom K. behauptete Verstoß entnehmen, noch sei ersichtlich, dass die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Arbeitnehmers C. geprüft worden seien. Auch in den Begründungen der Allgemeinverfügungen über die Absonderung in häusliche Quarantäne seien keine Verstöße gegen Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften zum Zeitpunkt der Anordnung festgestellt worden. In der Verfügung des Kreises Gütersloh vom 18. Juni 2020 werde auf Seite 4 von einem „unklaren Ausbruchsgeschehen“ ausgegangen und nach den Ausführungen auf Seite 3 werde es nur als „sehr naheliegend“ erachtet, dass die infizierten Beschäftigten aus der Zerlegung der Firma U. weitere in der Produktion tätige Personen durch Kontakte am Arbeitsplatz, in der gemeinsamen Unterkunft oder auf dem gemeinsamen Transportweg infiziert hätten. 21Im Übrigen habe sie beim Einsatz ihrer Arbeitnehmer auf dem Betriebsgelände der Firma U. auch keine Verstöße begangen. Seitens ihrer Bestellerin seien seit Beginn der Corona-Pandemie Präventionsmaßnahmen und Hygienekonzepte eingeführt worden, die auch von ihr - als auf dem Betriebsgelände tätige Subunternehmerin - umgesetzt worden seien. Sie habe ihre Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf die Pandemie angepasst und Maßnahmen ergriffen. Sie habe Masken und Desinfektionsmittel gekauft. Ihre Mitarbeiter seien über die (sich ändernden) einzuhaltenden Maßnahmen informiert und angewiesen worden, sich an diese Anordnungen zu halten. Der Objektleiter L. A. sei zuständig gewesen für Schulungen und Informationen vor Ort. Über einzuhaltende Schutzmaßnahmen seien die Arbeitnehmer - auch Herr C. - unterrichtet worden. Die Informationen seien auch schriftlich in unterschiedlichen Sprachen an die Mitarbeiter verteilt worden. Bei den von ihr organisieren Transporten der Arbeitnehmer von Bielefeld nach Rheda-Wiedenbrück - bei denen der Arbeitnehmer C. wegen seines Wohnsitzes in Hamm nicht befördert worden sei - seien in den beiden Kleinbussen Schutzmasken getragen worden. Zudem seien regelmäßig Amtsärzte vor Ort gewesen, die lebensmittelrechtliche Kontrollen durchgeführt hätten. Hinweise auf Verstöße gegen Hygienevorschriften hätten die Kontrolleure nicht festgestellt. Sämtliche Arbeitnehmer in der Produktion hätten z.B. Schutzkleidung getragen und sich vor dem Betreten der Arbeitsbereiche Hände und Schuhe desinfiziert. Auch die Kontrollen durch die Gewerbeaufsicht seien im Hinblick auf den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers C. beanstandungslos geblieben. 22Sie habe dem Arbeitnehmer C. auch die Wohnung nicht vermittelt. Es habe sich dabei nicht um eine Firmenunterkunft gehandelt. 23Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheids des K. vom 3. Februar 2021 zu verpflichten, ihr für den Mitarbeiter B. C. betreffend den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 17. Juli 2020 eine Erstattung in Höhe von 1.645,60 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 660,72 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen, sowie das beklagte Land zu verpflichten, an sie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen. 24Die Klägerin beantragt nunmehr, 25261. das beklagte Land unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des K. vom 3. Februar 2021 zu verpflichten, ihr für den Mitarbeiter B. C. betreffend den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 eine Erstattung in Höhe von 762,35 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 383,14 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen, 272. das beklagte Land zu verpflichten, an sie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diese Forderung seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen. 28Das beklagte Land beantragt, 29die Klage abzuweisen. 30Es trägt im Wesentlichen vor, ein Tätigkeitsverbot durch die Stadt Hamm sei nicht belegt. Es sei außerdem eine Absonderung nur vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 ersichtlich. Der Arbeitnehmer C. habe keinen Verdienstausfall erlitten, da ihm gegen die Klägerin ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung zustehe. Er könne auch ohne Symptome als Kranker und insoweit als Entgeltfortzahlungsberechtigter angesehen werden. 31Dem Arbeitnehmer stehe ein Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin auch nach § 616 Satz 1 BGB zu. Die Geltung dieser Vorschrift sei nicht abbedungen. Die Absonderung als Ansteckungsverdächtiger stelle ein persönliches Leistungshindernis dar. Insbesondere betreffe eine Absonderung von 15 Tagen eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer im Januar 2022 nunmehr über 2 Jahre und 4 Monate bei der Klägerin beschäftigt sei. Die Absonderung sei mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, sodass nach dem Rechtsgedanken des Entgeltfortzahlungsgesetzes einen Fortzahlungsanspruch von bis zu sechs Wochen bestehe. Die gesetzgeberischen Motive stellten klar, dass ein Quarantäne-Pflichtiger in ähnlicher Weise betroffen sei wie eine erkrankte Person. § 2 PflegeZG könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da der dortige Hinderungsgrund nicht in der Person des Arbeitnehmers begründet sei. 32Zudem sei der Vergütungsanspruch wegen der Regelung des § 615 Sätze 1 und 3 BGB nicht untergegangen. Dies sei zunächst der Fall, weil es sich bei dem der Absonderung des Herrn C. zu Grunde liegenden Ansteckungsverdacht um ein Betriebsrisiko handele. Die Absonderung beruhe auf einem Ansteckungsverdacht, der wiederrum wohl aus der arbeitsvertraglich geschuldeten Erbringung der Arbeitsleistung des Herrn C. auf dem U. -Betriebsgelände resultiere. Hätte der Arbeitnehmer nicht am Betriebsstandort in Rheda-Wiedenbrück gearbeitet, wäre der Grund für die Absonderung entfallen. Die Klägerin könne sich nicht auf ein Unvermögen ihres Arbeitnehmers infolge der Absonderung berufen. Ein aus der Absonderung folgendes Unvermögen zum Erbringen der Arbeitsleistung stamme gerade aus der Sphäre der Klägerin, nämlich dem ihren unternehmerischen Interessen dienenden Einsatz des Arbeitnehmers am Betriebsstandort. Würde man aufgrund der Absonderung von einem einen Anspruch aus § 615 BGB ausschließenden Unvermögen des Arbeitnehmers ausgehen, bürdete man ihm so - entgegen der gesetzlichen Wertung in § 615 Satz 3 BGB - letztendlich das in der Sphäre der Klägerin liegende Betriebsrisiko auf. 33Darüber hinaus stehe dem Arbeitnehmer C. der Lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 Sätze 1 und 3 BGB aufgrund der behördlich angeordneten Schließung des Betriebsstandorts zu. Diese Schließung sei dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzurechnen, da sie auf eine erhebliche Begünstigung der Virus-Verbreitung durch die betrieblichen Verhältnisse - insbesondere baulicher und betriebsorganisatorischer Natur - zurückzuführen sei. Diese Umstände müsse sich die Klägerin als Werkunternehmerin zurechnen lassen. Irrelevant sei, inwiefern die Klägerin ein Verschulden treffe. 34Des Weiteren sei der Arbeitnehmer C. seines Vergütungsanspruchs nach § 615 Sätze 1 und 3 BGB nicht verlustig gegangen, weil die Klägerin bei dessen Einsatz Gesundheits- und Arbeitsvorschriften verletzt habe. Unter das Betriebsrisiko fielen auch Verstöße gegen die den Arbeitgeber treffende Fürsorgepflicht gemäß § 618 Abs. 1 BGB; auf ein Verschulden komme es dabei nicht an. Die dem Arbeitgeber obliegende Fürsorgepflicht werde durch die öffentlich-rechtlichen Schutzmaßnahmen konkretisiert, wobei diese lediglich das Mindestmaß festlegten. Diese Bestimmungen des Arbeitsschutzes seien im Hinblick auf die ausgebrochene Covid-19-Pandemie dahingehend auszulegen, dass der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes seiner Arbeitnehmer zu ergreifen habe, um eine Infektion mit dem neuartigen Virus zu vermeiden und Infektionsrisiken so zu minimieren. 35Ein Infektionsgeschehen, wie es in der Begründung zur Allgemeinverfügung des Bürgermeisters der Stadt Rheda-Wiedenbrück vom 2. Juli 2020 dargelegt sei, biete hinreichend belastende Anhaltspunkte dafür, dass die Verbreitung insbesondere durch die baulichen und betriebsorganisatorischen Verhältnisse begünstigt worden sei; im Falle eines funktionierenden und dem Pandemiegeschehen angepassten Hygieneplans sei ein derartiges Infektionsgeschehen schlechterdings nicht denkbar. Entsprechende Verstöße ergäben sich zudem aus den Begründungen der Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh und der Stadt Rheda-Wiedenbrück, in denen von einem großen, unklaren Ausbruchsgeschehen die Rede sei und dargelegt werde, dass sich das Coronavirus, begünstigt durch die betrieblichen Verhältnisse, von der Zerlegung in andere Bereiche durch Kontakte am Arbeitsort, in den Unterkünften und auf dem Transportweg verbreitet habe. Im Übrigen seien im Rahmen der Besichtigung am 15. Mai 2020 aller Abteilungen und Bereiche der Unternehmensgruppe U. durch die Bezirksregierung Detmold gravierende Mängel im Hinblick auf die Vorgaben der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards und damit Verstöße gegen den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes festgestellt worden. Auch ein bei YouTube veröffentlichtes Video zeige die Verhältnisse in der Kantine, in der Mindestabstände nicht eingehalten worden seien. 36Zudem seien im Zusammenhang mit der Unterbringung des Arbeitnehmers Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften verletzt worden. Unter der Anschrift des Arbeitnehmers würden zahlreiche andere Arbeitnehmer der Fleischindustrie wohnen, was dem beklagten Land aus anderen Verfahren bekannt sei. Es sei daher nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft oder Werkswohnung handele, die zumindest von der Klägerin vermittelt worden sei. Als Gemeinschaftsunterkunft hätte infektionsschutzrechtlich ein Hygieneplan vorliegen und an den Ausbruch der Pandemie angepasst werden müssen. Auch aus dem für solche Gemeinschaftsunterkünfte außerhalb des Betriebsgeländes geltenden Arbeitsschutzrecht habe die Klägerin Maßnahmen zum Gesundheitsschutz ergreifen müssen. Entsprechendes habe die Klägerin nicht getan. 37Die Absonderungsverfügung sei nicht kausal für den geltend gemachten Verdienstausfall, da der Arbeitnehmer C. bereits aufgrund der Betriebsschließung vom 17. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 nicht habe arbeiten können. 38Des Weiteren wirkten sich die werkvertraglichen Bestimmungen auf den geltend gemachten Erstattungsanspruch aus. Soweit die Klägerin nachweise, dass sie sich nicht vertragswidrig verhalten habe, könne sie gegenüber der Bestellerin einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Zwar sei der Entschädigungsanspruch werkvertraglich ausgeschlossen, das Entschädigungsrecht diene aber nicht dazu, ausgeschlossene Schadensersatzansprüche zu kompensieren. Dies gelte umso mehr, als dass eine Entschädigung im Vergütungsanspruch enthalten sei. 39Jedenfalls müsse sich die Klägerin ein weit überwiegendes Mitverschulden anrechnen lassen, das den Erstattungsanspruch ausschließe. Die Pflichtverstöße der Klägerin als Arbeitgeberin gegenüber ihren Arbeitnehmern betreffend deren Gesundheitsschutz seien derart erheblich und führten zu einer großen Infektionsgefahr, die letztlich nur durch eine flächendeckende Allgemeinverfügung zur Absonderung der am Betriebsstandort in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen sowie durch eine mehrwöchige Betriebsschließung eingedämmt werden konnte. 40Die Kammer hat den Arbeitnehmer C. als Zeugen gehört. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom heutigen Tage verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs. 41Entscheidungsgründe: 42Das Verfahren war gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin durch die Beschränkung ihres Klageantrags auf die Erstattung für den Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 die Klage bezüglich des darüber hinaus gehenden Zeitraums - sinngemäß - zurückgenommen hat. 43Die danach noch anhängige Klage hat Erfolg. 44Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des beklagten Landes vom 3. Februar 2021 ist - soweit er noch angegriffen ist - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Ihr steht ein Anspruch auf Erstattung der an ihren Arbeitnehmer B. C. gezahlten Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 762,35 Euro (Netto-Verdienstausfall) (A.) zuzüglich Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 383,14 Euro (B.) für den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Des Weiteren hat die Klägerin einen Anspruch auf die geltend gemachten Prozesszinsen (C.). 45A. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung einer Erstattung der an ihren Arbeitnehmer B. C. geleisteten Aufwendungen in Höhe von 762,35 Euro aus § 56 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 IfSG. 46I. Maßgeblich ist insoweit die ab dem 23. Mai 2020 gültige Gesetzesfassung, dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Entschädigung. 47Aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich für die Frage des richtigen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage aus dem Prozessrecht nur, dass ein Kläger im verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit ebenso mit einem Aufhebungsbegehren wie mit einem Verpflichtungsbegehren nur dann Erfolg haben kann, wenn er im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die erstrebte Aufhebung des Verwaltungsakts bzw. auf die erstrebte Leistung hat. Ob ein solcher Anspruch jedoch besteht, d.h. ob ein belastender Verwaltungsakt den Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 VwGO rechtswidrig in seinen Rechten verletzt oder die Ablehnung eines begehrten Verwaltungsakts im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO rechtswidrig ist, beurteilt sich nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermächtigungsgrundlage oder eines Anspruchs selbst, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen. 48Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 31. März 2004 - 8 C 5.03 -, juris Rn. 35; VG Bayreuth, Urteil vom 21. Juni 2021 - B 7 K 21.110 -, juris Rn. 22, jeweils m.w.N.; vgl. auch Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 20a, m.w.N. zum Streitstand. 49Nach diesen Grundsätzen ist hier jedenfalls § 56 IfSG in der vom 23. Mai bis zum 18. November 2020 gültigen Fassung anzuwenden. Denn der insoweit maßgebliche Anspruch des Arbeitnehmers, der hier durch die Klägerin als Arbeitgeberin geltend gemacht wird (§ 56 Abs. 5 Sätze 1 und 2 IfSG), war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden. Dies ergibt sich aus der damals gültigen Fassung des § 56 Abs. 6 Satz 1 IfSG, der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch unverändert fort gilt. Danach richtet sich die Fälligkeit der Entschädigungsleistungen bei Arbeitnehmern nach der Fälligkeit des aus der bisherigen Tätigkeit erzielten Arbeitsentgelts. § 614 BGB bestimmt dabei, dass die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten ist (Satz 1) und dass, soweit die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen ist, diese nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist (Satz 2). Die Klägerin hatte mit ihrem Arbeitnehmer einen Stundenlohn und eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart (§ 4 und 5 Nr. 1 Arbeitsvertrag). Danach wurde der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers zum Ende jeder Arbeitswoche fällig - ungeachtet des Umstands, dass ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnungen offensichtlich eine monatliche Abrechnung/Auszahlung erfolgte. 50Vgl. Maties, in: BeckOGK, BGB, Stand: 1. August 2021, § 614 Rn. 54 f. 51Da der letzte Absonderungstag, für den hier noch Erstattung beansprucht wird, Donnerstag, der 2. Juli 2020 gewesen ist, war der Anspruch spätestens zu Beginn der nächsten Woche am 6. Juli 2020 fällig und damit auch jedenfalls entstanden. Dabei braucht hier nicht entscheiden werden, ob der Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers bereits zum Zeitpunkt der Absonderung entstanden sein könnte, da die im Zeitpunkt der Fälligkeit gültige Fassung bereits während der Absonderung gültig war. 52II. Die Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor. 53Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG i.d.F. vom 19. Mai 2020 erhält eine Entschädigung in Geld, wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. 54Satz 3 des § 56 Abs. 1 IfSG bestimmt zudem, dass eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 nicht erhält, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können. 55Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG hat der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen (Satz 1). Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (Satz 2). Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt (Satz 3). 56Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG sind erfüllt 571. Der für den Erstattungsanspruch der Klägerin primär erforderliche ursprüngliche Entschädigungsanspruch des B. C. gegen das beklagte Land nach § 56 Abs. 1 IfSG liegt vor. 58a. Einschlägig ist hier § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG (Entschädigung aufgrund einer Absonderung). Soweit die Klägerin im Verwaltungsverfahren noch angegeben hatte, es sei auch ein Tätigkeitsverbot durch die Stadt Hamm angeordnet worden, wurde dies nicht durch die Vorlage einer entsprechenden Verfügung bestätigt. Entsprechendes hat auch der als Zeuge vernommene Arbeitnehmer nicht berichtet. 59aa. Darauf kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an, da sich der Arbeitnehmer C. ausweislich der vorgelegten Bestätigung der Stadt Hamm vom 19. Juni 2020 (Bl. 158 GA) jedenfalls aufgrund dortiger individueller Anordnung vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 in Absonderung i.S.d. § 30 IfSG (Quarantäne) befand. Am Wahrheitsgehalt dieses behördlichen Schreibens bestehen keine Zweifel, auch wenn es offensichtlich zur Vorlage an den Arbeitgeber bestimmt war. Der Arbeitnehmer war dabei als eine von § 56 Abs. 1 Satz 2 erfassten Person abgesondert worden, nämlich jedenfalls als Ausscheider i.S.v. § 2 Nr. 6 IfSG. 60Der Arbeitnehmer ist entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht als Kranker i.S.v. § 2 Nr. 4 IfSG anzusehen, der vom Anwendungsbereich des § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG nach dessen Intention und insoweit eindeutigen Wortlauts nicht erfasst wäre. 61Vgl. nur Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, , § 56 Rn. 27 f. 62Kranker ist nach § 2 Nr. 4 IfSG eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist. Dies setzt Krankheitssymptome voraus. 63Vgl. Gerhardt, IfSG, 5. Auflage 2021, § 2 Rn. 33; Kießling, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 2 Rn. 21; Gabriel, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 2 Rn. 25; VG Minden, Beschluss vom 3. November 2020 - 7 L 915/20 -. 64Zwar wurde der Kläger nach seinen eigenen Angaben am 17. Juni 2020 - offenbar im Rahmen der Testungen der Belegschaft der Firma U. durch den Kreises Gütersloh - positiv auf das Virus SARS-CoV-2 getestet. Krankheitssymptome hatte er danach jedoch keine. Im Gegensatz zu weiteren Aussagen im Verlauf der Vernehmung hat die Kammer keinen Anlass, am Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu zweifeln. Asymptomatische Infektionen werden seit Beginn der Pandemie beobachtet. Außerdem bestehen insoweit keine Belastungstendenzen, da die Positivtestung und die Asymptomatik der Klägerin keinen Vorteil, sondern einen Nachteil hinsichtlich des Erstattungsanspruchs verschafft. Denn unter diesen Umständen war der Arbeitnehmer im Anschluss an die Verfügung der Stadt Hamm von keiner weiteren Absonderungsverfügung mehr betroffen, insbesondere nicht von der des MAGS vom 1. Juli 2021. Nach deren Ziffer 3 Spiegelstrich 1 endete die dort verfügte Absonderung für den Arbeitnehmer bereits am 2. Juli 2020, also bereits vor Beginn der dort angeordneten Absonderung, was die Klägerin im Zuge der mündlichen Verhandlung zur - sinngemäßen - Klagerücknahme bezüglich des darüber hinausgehenden Zeitraums veranlasste. 65Vielmehr war der Arbeitnehmer als von § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG erfasster Ausscheider i.S.v. § 2 Nr. 6 IfSG anzusehen. Dies ist eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein. Darunter fallen insbesondere asymptomatisch Infizierte. 66Vgl. Kießling, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 2 Rn. 25. 67Da andere Schutzmaßnahmen nicht angeordnet wurden, konnte der Arbeitnehmer offensichtlich auch solche nicht befolgen (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 IfSG). 68Unabhängig von alldem unterlag der Arbeitnehmer ausweislich der Allgemeinverfügungen vom 18. Juni 2020 und 20. Juni 2020 des Kreises Gütersloh „zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne“ vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 als unmittelbar vor Erlass der ersten Absonderungsverfügung auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätiger Fleischverarbeiter als Ansteckungsverdächtiger (§ 2 Nr. 7 IfSG) einer behördlich angeordneten Absonderung (i.S.d. § 30 IfSG). 69bb. Da § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG das Erfordernis der Rechtmäßigkeit der Absonderungsverfügung nicht voraussetzt, genügt tatbestandlich eine wirksame Maßnahme. 70Vgl. Kümper, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 56 Rn. 20, m.w.N.; zum Streitstand: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 34, m.w.N. 71Gegen die Wirksamkeit der Verfügung bestehen keine Bedenken, solche wurden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen. 72Ungeachtet dessen bestehen - unter Berücksichtigung der o.g. Umstände - auch keine (durchgreifenden) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Absonderungsanordnung. 73b. Unabhängig davon, ob § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG in seiner hier maßgeblichen Fassung über die dort ausdrücklich geregelten Fälle dahingehend zu verstehen ist, dass allgemein bei Vermeidbarkeit der Absonderung durch den Abgesonderten die Entschädigung ausscheidet, 74vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 94, 75ist hier nicht zu erkennen, dass die Absonderung vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 für den Arbeitnehmer vermeidbar gewesen sein könnte. Insbesondere bestand nach den Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh vom 18. und 20. Juni 2020 keine Möglichkeit einer Freitestung für positive getestete Personen wie den Arbeitnehmer. Dass dies bei der individuellen Verfügung der Stadt Hamm der Fall gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich. 76c. Der Arbeitnehmer hat außerdem in dem Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 den erforderlichen Verdienstausfall erlitten. 77Nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ (§ 326 Abs. 1 BGB) stand dem Arbeitnehmer im Zeitraum der Absonderung, in dem er seine Wohnung nicht verlassen durfte, kein Anspruch aus seinem Arbeitsvertrag i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB auf Zahlung seines Arbeitslohns zu. 78Vgl. dazu z.B.: Maties, in: BeckOGK, BGB, 1. August 2021, § 611a Rn. 1670 ff.; Fandel/Kock, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, § 611a Rn. 198. 79Er konnte seine Tätigkeit als „Fleischverarbeiter“ offenkundig auch nicht im Home-Office erbringen. 80Vgl. zur arbeitsorganisatorischen Umstellung auch: Eckart/Kruse, BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 35. 81Es lag kein Fall vor, in dem die Klägerin gegenüber dem Arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zur Lohnfortzahlung trotz nicht geleisteter Arbeit verpflichtet gewesen wäre. 82aa. Die Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB liegen nicht vor. 83Der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB im Arbeitsrecht steht § 615 BGB nicht entgegen. Die dienstvertraglichen Regeln des Annahmeverzugs verdrängen § 326 BGB nicht. Vielmehr ergänzen sich beide. 84Vgl. im Einzelnen z.B.: BAG, Urteil vom 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 -, juris Rn. 26; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 5, m.w.N.; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 6. 85Nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Arbeitgeber für den Umstand, auf Grund dessen der Arbeitnehmer nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. 86Es fehlt an der danach erforderlichen Verantwortlichkeit der Klägerin, denn es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin allein oder weit überwiegend verantwortlich ist für den Grund der - wegen des Fixschuldcharakters der nach wöchentlicher Arbeitszeit bemessenen Arbeitsleistung (§ 5 Arbeitsvertrag) -, 87vgl. BAG, Urteile vom 17. März 1988 - 2 AZR 576/87 -, juris Rn. 47, und vom 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 -, juris Rn. 26; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 611a Rn. 675; Fandel/Kock, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, § 611a Rn. 198; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 275 Rn. 49, 52, zur Einzelfallbetrachtung, 88absonderungsbedingten Unmöglichkeit. Verantwortlichkeit im vg. Sinne erfasst nach der hier maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Vertretenmüssen i.S.d. §§ 276, 278 BGB, d.h. mindestens fahrlässiges Handeln. 89Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 19. August 2015 - 5 AZR 975/13 -, juris Rn. 29; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 95 Rn. 2. 90Soweit darüber hinaus vertreten wird, dass sich eine - auch verschuldensunabhängige - Verantwortlichkeit des Gläubigers für bestimmte Risiken ergeben kann, 91vgl. z.B. Ulber, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 326, Rn. 26 ff.; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 326 Rn. 53 ff., jeweils m.w.N., 92bedarf es einer solchen erweiternden Auslegung im Arbeitsverhältnis nicht, da derartige Konstellationen über die Grundsätze der Betriebsrisikolehre zu lösen sind (§ 615 Satz 3 BGB). 93Vgl. Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C56. 94Dessen ungeachtet ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch vertragliche oder gesetzliche Regelungen einer besonderen Risikoübernahme unterliegt. 95Der Gläubiger ist allein oder weit überwiegend verantwortlich i.S.d. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB, wenn unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 254 BGB eine Verantwortungsquote von 90% vorliegt. 96Vgl. z.B. Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 187, m.w.N.; Stadler, in: Jauernig, BGB, 18. Auflage 2021, § 326 Rn. 14; Dauner-Lieb, in: NK-BGB, 4. Auflage 2021, § 326 Rn. 13; vgl. auch BT-Drs. 14/6040, 187: Vielmehr muss der Gläubiger zumindest „weit“ überwiegend für die Entstehung des Rücktrittsgrundes mit verantwortlich sein. Damit soll ein Grad der Mitverantwortung umschrieben werden, der über § 254 auch einen Schadensersatzanspruch ausschließen würde; a.M. Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 326 Rn. 9 und § 254 Rn. 64. 97Eine eigene (mindestens) weit überwiegende Verantwortlichkeit der Klägerin ist nicht gegeben, weder bezüglich der Infektion ihres Arbeitnehmers noch bezüglich des erheblichen Ausbruchsgeschehens auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück. Zwar hat es von der Klägerin zu verantwortende Verstöße gegen Arbeitsschutzregeln gegeben (1.). Dass die Klägerin damit jedoch weit überwiegend verantwortlich sein könnte, ist nicht ersichtlich (2.). 98(1.) Die Klägerin hat gegen Arbeitsschutzpflichten verstoßen. 99(a.) Nach den der Kammer zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen sind der Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum Verstöße gegen ihre arbeitsschutzrechtlichen Pflichten vorzuwerfen. 100Maßgeblich für die Beurteilung etwaiger Verstöße ist aus Sicht der Kammer der Zeitraum ab Mitte Mai 2020. Denn eine am 7. Mai 2020 vom MAGS veranlasse Reihentestung auf das Coronavirus in allen Schlachtbetrieben Nordrhein-Westfalens, 101vgl. Bericht für den Ausschuss Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags Nordrhein-Westfalens „SARS-CoV-2/COVID-19 Ausbruchsgeschehen in Schlachtbetrieben“, 13. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-3441.pdf, 102hat nur vereinzelt positive Befunde (4 von 6.289) unter den auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätigen Personen (im Wesentlichen wohl vom 11. Mai bis zum 18. Mai 2020) ergeben. Diese mit dem Coronavirus infizierten Personen waren nicht in die Fleischverarbeitung involviert und wurden als wahrscheinlich voneinander unabhängig beurteilt. 103Vgl. so: F. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020. 104Erst danach kam es zu dem hier maßgeblichen Ausbruchsgeschehen. 105Gemäß § 618 Abs. 1 BGB hat der Dienstberechtigte Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. 106Der Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber nach § 618 BGB im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen, wird dabei durch die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen konkretisiert, insbesondere durch das Arbeitsschutzgesetz. Sie transformieren dabei den technischen Arbeitsschutz in den Arbeitsvertrag. 107Vgl. BAG, Urteil vom 12. August 2008 - 9 AZR 1117/06 -, juris Rn. 13; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 14. 108Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten 1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie 2. Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können (Absatz 2). 109Gemäß § 5 Abs. 1 ArbSchG hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Des Weiteren hat der Arbeitgeber die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG). Die Klägerin war dabei durch den Einsatz ihrer Mitarbeiter auf dem (fremden) Betriebsgelände der Firma U. nicht von ihren arbeitsschutzrechtlichen Pflichten entbunden. 110Vgl. Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 95, m.w.N.; Wiebauer, Arbeitsschutz in Fremdfirmen, in: ZfA 2014, 49 f.; vgl. auch Art. 3 Nr. 1 der Ergänzung des Werkvertrags. 111Werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, sind die Arbeitgeber nach § 8 Abs. 1 ArbSchG verpflichtet, bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten (Satz 1). Soweit dies für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit erforderlich ist, haben die Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeiten insbesondere sich gegenseitig und ihre Beschäftigten über die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abzustimmen (Satz 2). 112Im Hinblick auf die Coronapandemie hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 20. April 2020 die sog. SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards (IIIb4-34503) festgelegt. Dabei handelt es sich zwar nicht um ein verbindliches Regelwerk. Es ist aber bei der Ermittlung der vom Arbeitgeber zu beachtenden Schutzpflichten einzubeziehen. 113Vgl. z.B. Wilrich, Der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard des BMAS, in: NZA 2020, 634 (637). 114Dies berücksichtigend ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Klägerin sich ihrer arbeitsschutzrechtlichen Pflichten bewusst war und Maßnahmen zum Schutz ihrer Beschäftigten ergriffen hat. Insbesondere hat es die erforderliche Gefährdungsbeurteilung und Implementierung von Schutzmaßnahmen (Bl. 257 ff. GA) sowie die Unterrichtung der Mitarbeiter gegeben (Bl. 272 ff. GA). Nach den Aussagen des Geschäftsführers der Klägerin kann außerdem davon ausgegangen werden, dass sie hinsichtlich der Schutzmaßnahmen bezüglich des Coronavirus SARS-CoV‑2 mit der Firma U. zusammengearbeitet hat. Für die Kontrolle der Schutzmaßnahmen im Bestellerbetrieb sei ein eigener Leiter der Klägerin zuständig gewesen. Dass diese Angaben unrichtig sind, ist nicht ersichtlich. Insoweit hat auch der Zeuge C. erklärt, dass er und seine Kollegen von der Klägerin über einzuhaltende Hygieneregeln unterrichtet worden seien. Die Belehrungen seien insbesondere in seiner Muttersprache Türkisch erfolgt. Die Behauptung der Klägerin über ihre Einbeziehung in das Hygienekonzept der Firma U. wird ebenfalls durch andere Erkenntnisse gestützt. In diesem Sinne ist - auch dem beklagten Land aus anderen Verfahren - bekannt, dass der „Corona-Krisenstab“ der Firma U. unter der Leitung von Herrn Dr. B. die erarbeiteten Schutzmaßnahmen u.a. auch an die Betriebs- und Abteilungsleiter der „Dienstleister“ weitergegeben hat. Die Beteiligung ist im Übrigen offenkundig notwendig gewesen, weil die Klägerin im Rahmen des mit der Firma U. geschlossenen Werkvertrags die Räumlichkeiten - inklusive z.B. der Kantine oder der Sanitärräume, dazu sogleich unter Ziffer (2.) - und Betriebsmittel der Bestellerin genutzt hat. In diesem Rahmen hat es insbesondere auch die erforderliche Gefährdungsbeurteilung gegeben, da das von den Betriebs- und Werksleitern an den jeweiligen Standorten umzusetzende Hygienekonzept zur Corona-Risiko-Minimierung vom 12. Mai 2020, das in der Folgezeit mehrfach angepasst worden ist, u.a. auf der „Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung im Sinne des SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards, Branche: Fleischwirtschaft“ der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) vom 29. April 2020 basiert. 115Sofern davon ausgegangen wird, dass § 8 Abs. 1 ArbSchG auch eine Koordinierung der Klägerin mit den anderen Werkvertragspartnern und Dienstleistern der Firma U. verlangt, die auf dem Gelände ebenfalls Arbeitnehmer eingesetzt haben, ist dies jedenfalls mittelbar über die Abstimmung mit der Firma U. erfolgt. 116Nach der Vernehmung des Arbeitnehmers C. geht die Kammer jedoch davon aus, dass nicht alle Schutzmaßnahmen konsequent um- bzw. durchgesetzt wurden. Soweit dessen Aussage die Einhaltung der Schutzmaßnahmen, insbesondere des Abstandsgebots am „Lachseband“ angeht, (vgl. Nr. 1 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards und unter 3.2. der Gefährdungsbeurteilung), ist sie nicht glaubhaft. Dabei erweist sich die Angabe, es hätten „so 29 Personen“ dort gearbeitet, für eine mit eigenen Zweifeln behaftete Aussage als zu präzise. Dabei entspricht die Zahl im Übrigen genau der Angabe der Klägerin im Schriftsatz vom 25. Januar 2022 (Bl. 226 GA). Außerdem konnte der Arbeitnehmer auch auf Nachfrage nicht genau präzisieren, ob die Abstände auch vor dem Ausbruchsgeschehen eingehalten wurden, was nicht nachvollziehbar ist. Ohne, dass es darauf entscheidungserheblich ankäme, erscheint es außerdem nicht glaubhaft, dass der Arbeitnehmer erst spontan am Abend des der mündlichen Verhandlung vorausgehenden Tages vom Büro der Klägerin gebeten wurde, an dem Termin teilzunehmen. Denn seine Anwesenheit wurde unter Vorlage einer Mietbescheinigung vom 17. Januar 2022 bereits mit Schriftsatz vom 24. Januar 2022 angekündigt (Bl. 210 GA). Schutzalternativen wie das Anbringen von Abtrennungen oder das Tragen einer FFP2-Maske wurden nicht eingehalten (vgl. Nr. 1 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards i.V.m. der Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung für die Fleischwirtschaftsbranche sowie die Vorgaben zur Verhaltensweise in den Produktionsbereichen des Hygienekonzepts zur Corona-Risiko-Minimierung). Aus der von F. /H1. erstellten „Hygienisch-medizinischen Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh“ vom 27. Juli 2020 ergibt sich, dass keine Barrieren zwischen den Mitarbeitern der Schweinezerlegung zur Verhinderung einer direkten Tröpfcheninfektion etabliert waren und das Tragen von FFP2-Masken mit der dort verrichteten schweren körperlichen Arbeit nicht vereinbar war. 117(b.) Darüber hinaus fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass von der Klägerin weitere Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften verletzt worden sind. 118Dies gilt insbesondere für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Kantinennutzung. Belegt werden solche jedenfalls nicht durch ein im Juni 2020 bei YouTube eingestelltes Video (https://www.youtube.com/watch?v=HQagACah_V0), das eine vollbesetzte Kantine auf dem Betriebsgelände der Firma U. zeigen soll. Das Video hat aus Sicht der Kammer keinerlei Beweiswert. Es ist schon gar nicht klar, wann diese Aufnahme erstellt worden ist. Zudem lässt sich nicht feststellen, ob Mitarbeiter der Klägerin zu sehen sind oder diese die Kantine in dem hier relevanten Zeitraum unter Verstoß gegen das Abstandsgebot genutzt haben. Auch die Aussage des Zeugen C. indiziert insoweit keinen Verstoß gegen die Corona(arbeits‑)schutzmaßnahmen. Vorgesehen war ausweislich des Hygienekonzepts vom 12. Mai 2020 (und bereits zuvor) nämlich eine Trennung der Abteilungen bzw. Unterabteilungen in der Kantine und im Übrigen während der Pausen außerhalb der Kantine die Einhaltung von Sicherheitsabständen bzw. im Falle des fehlenden Sicherheitsabstands das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung. 119Soweit das beklagte Land geltend macht, es seien im Zusammenhang mit der Unterbringung des Arbeitnehmers von der Klägerin zu beachtende Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften verletzt worden, fehlt es dafür ebenfalls an jedwedem Anhalt. Dass es im Juni 2020 entsprechende Ermittlungen der Aufsichtsbehörden bei von der Klägerin z.B. vermieteten Wohnungen oder betriebenen Sammelunterkünften gegeben hat, 120vgl. zu entsprechenden Ermittlungen in Coesfeld und Rheda-Wiedenbrück z.B.: Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll APr 17/1065 vom 25. Juni 2020, S. 6 f., 121auf deren Ergebnisse nunmehr zurückgegriffen werden könnte, ist weder bekannt noch vom beklagten Land, dem die staatliche Arbeitsschutzverwaltung obliegt, vorgetragen worden. 122Die Kammer hat - ungeachtet dessen - aber auch keine Anhaltspunkte für zurechenbare Pflichtverletzungen der Klägerin, insbesondere mit Blick auf die in § 618 Abs. 2 BGB, § 36 IfSG oder § 576 BGB geregelten Vorgaben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin für die Wohnverhältnisse des Arbeitnehmers verantwortlich sein könnte. Dabei ist nach dem Vortrag des Geschäftsführers der Klägerin und des Arbeitnehmers während der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer seine Wohnung in Hamm bereits Jahre zuvor persönlich angemietet hat. Aus der Mietbescheinigung der W. X. GmbH ergibt sich, dass der Arbeitnehmer jedenfalls seit 2011 unter dieser Anschrift wohnt. Für den Wahrheitsgehalt dieser Angabe spricht, dass der Arbeitnehmer bereits bei Vertragsschluss mit der Klägerin unter der Adresse L. in Hamm gelebt hat und auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses weiterhin dort wohnt. Allein der Umstand, dass dem beklagten Land aus anderen Verfahren bekannt sein mag, dass weitere Beschäftigte aus der Fleischwirtschaft unter der gleichen Anschrift wohnen, belegt keine Verantwortlichkeit der Klägerin, zumal deren Geschäftsführer auch angegeben hat, keine Wohnungen zu vermitteln. Daher ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin für die Wohnverhältnisse ihrer sonstigen Arbeitnehmer arbeits- oder infektionsschutzrechtlich verantwortlich sein könnte. Selbst wenn dies allerdings der Fall gewesen sein sollte, mag sie zwar im Sinne der vorbenannten Normen verantwortlich sein. Hinweise auf mit der (erhöhten) Verbreitung des Coronavirus relevante Pflichtverletzungen ihrerseits liegen aber jedenfalls nicht vor. Die Kammer sieht sich daher nicht veranlasst, weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. In diesem Zusammenhang weist die Kammer - wegen des in den Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh vom 18. und 20. Juni 2020 enthaltenen Hinweises auf eine Weiterverbreitung des Coronavirus in gemeinsamen Unterkünften der auf dem Betriebsgelände der Firma U. Beschäftigten - vorsorglich darauf hin, dass gemeinsames Wohnen mit Nahkontakten - was im Mai/Juni 2020 bereits bekannt war - zur Verbreitung des Coronavirus führt bzw. geführt hat, und dies auch ohne relevante Verstöße gegen spezielle Coronaschutzmaßnahmen. Zudem erhöht nicht jeder „Hygieneverstoß“ im Wohnumfeld das Verbreitungsrisiko des Virus. Zuletzt lässt der Umstand, dass v.a. in der Presse immer wieder von unzumutbaren Unterbringungsbedingungen ausländischer Arbeitnehmer „in der Fleischwirtschaft“ berichtet wird, weder im Sinne eines Anscheinsweises auf eine derartige Pflichtverletzung der Klägerin (als ein damals in der Fleischverarbeitungsbranche tätiges Unternehmen) schließen noch wird damit ein relevanter Verursachungsbeitrag der etwaigen Pflichtverletzung am erhöhten Infektionsrisiko belegt. 123Auch der Klägerin zurechenbare Verstöße gegen Schutzmaßnahmen im Rahmen der von ihr organisierten Transporte ihrer Mitarbeiter zwischen Bielefeld und der Betriebsstätte der Firma U. (vgl. Nr. 4 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards) sind weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen worden. 124(2.) Die danach festgestellten Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften führen nicht zu einer alleinigen oder weit überwiegenden Verantwortlichkeit der Klägerin, weder für das Ausbruchsgeschehen am Betriebsstandort der Firma U. , noch für die individuelle Infektion des Arbeitnehmers, so diese denn auf dieses Infektionsgeschehen zurückzuführen sein sollte. 125Das Ausbruchsgeschehen bei der Firma U. wurde maßgeblich durch Umstände beeinflusst (a.), auf die die Klägerin selbst keinen Einfluss hatte bzw. haben konnte (b.). Weitere mögliche Ursachenbeiträge führen zu keinem anderen Ergebnis ((c.) bis (g.)). 126(a.) Nach den gegenwärtigen Erkenntnissen gab es auf dem Betriebsgelände der Firma U. ein erstes (kleineres) Ausbruchsgeschehen ab dem 19. Mai 2020 in der Zerlegung. Die daraufhin angestellten Untersuchungen, an denen die Firma U. jedenfalls durch die Ermöglichung von Betriebsbegehungen und durch zur Verfügung gestellte Unterlagen beteiligt war, weisen darauf hin, dass die Umgebungsbedingungen in der Anlage, einschließlich niedriger Temperatur, geringer Luftaustauschraten und ständiger Umwälzung der Luft, zusammen mit relativ geringen Abständen zwischen den Arbeitern und der anstrengenden körperlichen Arbeit eine ungünstige Mischung aus Faktoren darstellt, die eine effiziente Aerosolübertragung von SARS-CoV-2-Partikeln begünstigen. Dagegen spielen die Unterbringung der Mitarbeiter in Gemeinschaftsunterkünften sowie Fahrgemeinschaften keine (große) Rolle während der ersten Phase des Ausbruchs. Es ist nach den Ergebnissen der Untersuchungen sehr wahrscheinlich, dass die erwähnten ungünstigen Faktoren für die seit Beginn der Coronapandemie eingetretenen Ausbrüche auch in anderen Fleischverarbeitungsbetrieben verantwortlich sind. Die Analysen deuten ferner darauf hin, dass es durch eine potenziell kontinuierliche Übertragung unter den Mitarbeitern zum zweiten - hier relevanten - großen Ausbruch im Juni 2020 gekommen ist. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch von den Mitarbeitern gemeinsam genutzte Wohnräume sowie Fahrgemeinschaften zur Arbeitsstelle zur Virusverbreitung beigetragen haben. 127Vgl. dazu: F. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020. 128Nach diesen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verstoß der Klägerin eine überwiegende Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB (mindestens 90 %) begründet. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte einen maßgeblichen Anteil an der weitreichenden Verbreitung des Virus unter den auf dem Betriebsgelände tätigen Personen hatten, der jedenfalls über 10 % lag. 129(b.) Hinsichtlich dieser offenbar branchenüblichen Produktionsbedingungen in der Fleisch- und Fischverarbeitung, 130vgl. dazu: „Discussion“ bei F. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296, 131trifft die Klägerin kein Verschulden, insbesondere nicht über eine Zurechnung nach § 278 BGB. Zwar dürfte die Firma U. bezüglich der insoweit bestehenden Arbeitsschutzpflicht ihr Erfüllungsgehilfe gewesen sein, ein Verschulden kann jedoch nicht festgestellt werden. 132Bezüglich der im Rahmen des On-Site Werkvertrags überlassenen Räumlichkeiten (Betriebsstätte) und Betriebsmittel dürfte die Firma U. als Bestellerin insbesondere mit Blick auf die für die Klägerin bestehenden Pflichten zum Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten bei der Arbeit (vgl. § 1 Abs. 1 ArbSchG) als Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB tätig geworden sein. 133Nach § 278 Satz 1 BGB hat der Schuldner u.a. ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Ein solcher Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird. 134Vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 373/08 -, juris Rn. 24, m.w.N. 135Entscheidend ist dabei der Wille der Klägerin als Schuldnerin der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten gegenüber ihren Arbeitnehmern. Nicht erforderlich ist, dass der Schuldner eine entsprechende Willenserklärung gegenüber dem Gläubiger oder der Hilfsperson abgibt. Es genügt, dass er den Willen, die Hilfsperson an der Erfüllung seiner Verbindlichkeit mitwirken zu lassen, tatsächlich hat. Entscheidend ist auch nicht, dass der Gehilfe weiß, dass eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn bestand oder dass er durch sein Handeln eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn erfüllte. 136Vgl. Caspers, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 278 Rn. 18 ff., m.w.N. 137Von einem derartigen Willen dürfte hier auszugehen sein. Die Klägerin und die Firma U. haben in ihrem Werkvertrag vereinbart, dass die Bestellerin die Räume und wesentliche Teile der Betriebsmittel zur Verfügung stellt (§ 2 Nr. 1 Werkvertrag). Dabei gingen die Vertragsparteien selbstverständlich davon aus, dass die Klägerin sich zur Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtung eigener Arbeitnehmer bedienen wird (vgl. nur § 1 Nr. 3, § 2 Nr. 4 und 5 Werkvertrag), die auch Kantine, Pausenräume oder Sanitäranlagen der Bestellerin genutzt haben. 138Vgl. dazu auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020, S. 17. 139Zwar unterlagen die Arbeitnehmer der Klägerin - wie im Werkvertrag üblich - grundsätzlich nicht den Weisungen der Bestellerin (§ 1 Nr. 3 Werkvertrag), eine Einschränkung wurde aber bezüglich der hier relevanten Weisungen des Hygienebeauftragen der Firma U. vereinbart (§ 2 Nr. 4 Werkvertrag), was aufgrund der Nutzung der Betriebsräume (u.a.) auch erforderlich erscheint. Gleichzeitig verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der Firma U. , die deutschen Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten (Art. 3 Nr. 1 Ergänzung Werkvertrag). Unter diesen Umständen dürfte die Klägerin jedenfalls den Willen gehabt haben, sich der Firma U. und ihrer Erfüllungsgehilfen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes zu Gunsten ihrer Arbeitnehmer bezüglich der ihr überlassenen Räumlichkeiten und Arbeitsmittel zu bedienen. 140Vgl. BGH, Urteil vom 6. April 1995 - VII ZR 36/94 -, juris Rn. 12; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 618 Rn. 100; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 95 m.w.N.; a.A. Wiebauer, Arbeitsschutz im Fremdbetrieb, in: ZfA 2014, 29 (54 ff.). 141Ein relevanter Verschuldensvorwurf hinsichtlich der Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte trifft die Klägerin und ihre Bestellerin aber nicht. 142Dass die Belüftungssituation eine wesentliche Ursache der erheblichen „Infektionsgeneigtheit“ der betrieblichen Umgebung war, war nach den zum Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Firma U. - und damit erst Recht für die Klägerin - jedenfalls nicht in der Weise vorhersehbar, die eine angemessene Reaktion ermöglicht hätte. Bereits ein Fahrlässigkeitsvorwurf scheidet deshalb aus. 143Nach § 4 Abs. Nr. 3 ArbSchG hat der Arbeitgeber bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes den Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene meint dabei den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Gesundheitsschutz gesichert erscheinen lässt. 144Vgl. Kohte, in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Auflage 2021, § 4 Rn. 14 und 16, m.w.N. zur Verallgemeinerung dieser in § 2 Abs. 15 GefStoffV und § 2 Abs. 10 BetrSichV enthaltenen Definition. 145Gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse liegen vor, wenn sie methodisch abgesichert sind und von einer überwiegenden Meinung der beteiligten Fachkreise zugrunde gelegt werden. 146Vgl. Kohte, in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Auflage 2021, § 4 Rn. 19; Roloff, in; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, ArbSchG, 22. Auflage 2022, § 4 Rn. 3; siehe auch BAG, Beschluss vom 13. August 2019 - 1 ABR 6/18 -, juris Rn. 63. 147Vor diesem Hintergrund ist der Firma U. wegen des dynamischen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns hinsichtlich des Coronavirus SARS-CoV-2, welcher der Kammer aus eigener Spruchpraxis bekannt ist, kein arbeitsschutzrechtlicher Fahrlässigkeitsverstoß i.S.v. § 278 BGB bezüglich der Belüftungssituation in den hier maßgeblichen Betriebsräumen vorzuwerfen. 148Dass es in der Fleischindustrie zu erheblichen Ausbruchsgeschehen kommen kann, musste der Firma U. spätestens nach dem Ausbruch bei der Großschlachterei X...... in Coesfeld, 149vgl. dazu z.B. Lebensmittelpraxis, X......, Mitarbeiter mit Corona infiziert, 6. Mai 2020, abrufbar unter: https://lebensmittelpraxis.de/industrie-aktuell/27263-westfleisch-mitarbeiter-mit-corona-infiziert-2020-05-06-11-02-24.html, 150und in einem von X...... betriebenen Fleisch-Zerlegebetrieb in Dissen jeweils im Mai 2020 bekannt gewesen sein. 151Vgl. dazu z.B. Rundschau für den Lebensmittelhandel, X......: Weiterer Standort von Corona-Infektionen betroffen, 18. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.rundschau.de/artikel/westfleisch-weiterer-standort-von-corona-infektionen-betroffen. 152Der Ausbruch in Coesfeld hat dann auch zu der vom MAGS veranlassten - und bereits erwähnten - Reihentestung im Betrieb der Firma U. geführt. 153Im Zuge des - nach Abschluss der Reihentestung beginnenden - ersten, kleineren Ausbruchsgeschehens Mitte Mai 2020 bei der Firma U. , welches bereits am 2. Juni 2020 durch Prof. Dr. C…… auf dem Betriebsgelände untersucht wurde, konnte nach dem betrieblichen Hygienekonzept vom 10. Juni 2020 offensichtlich auch die Erkenntnis gewonnen werden, dass die „klimatischen Bedingungen in den Produktionsräumen der Zerlegung eine Übertragung zu begünstigen [scheinen]“. Aus dieser wagen Erkenntnis jedoch unmittelbar konkrete Handlungsgebote ableiten zu wollen, überspannt die dargelegten arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen. Denn nicht einmal diese - zumindest mit Unterstützung der Firma U. stattfindende - initiale wissenschaftliche Untersuchung der Infektionsgeneigtheit in der Fleischindustrie war zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Die Studienergebnisse wurden erst im Juli 2020 auf dem Preprint-Server veröffentlicht und hatten zu dieser Zeit auch noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen, waren also noch nicht von anderen unabhängigen Wissenschaftlern geprüft worden. Von der Firma U. konnte bei der Erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten nicht verlangt werden, den insoweit maßgeblichen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn vorherzusehen und im Vorgriff auf etwaige Ergebnisse konkrete Handlungen vorzunehmen. 154Vgl. dazu auch: MAGS NRW, Protokoll des Behördentreffens zwischen MAGS NRW, Bezirksregierung Detmold, Kreis Gütersloh und Stadt Rheda-Wiedenbrück mit Vertretern der Unternehmensgruppe U. am 26. April 2021 zum Thema Antrag auf Aufhebung von Ordnungsverfügungen seitens der Unternehmensgruppe U. , in dem festgehalten worden ist: „Mit Blick auf die rechtliche Einordnung stellt Herr M. fest, dass die Unternehmensgruppe U. deutliche Ausstrahlung in die Bevölkerung habe, Struktur und Situation gingen deutlich über den Schutz der Arbeitnehmer hinaus. Hier sei die Zielrichtung der Maßnahmen auch der Bevölkerungsschutz. Seinerzeit waren beim Ausbruch im Unternehmen zwei Kreise unter Quarantäne gestellt worden. Inzwischen sei wohl anzunehmen, dass dem Unternehmen U. kein schuldhafter Vorwurf zu machen sei, sondern vordringlich die unbekannte Aerosolproblematik zum Ausbruch führte.“; vgl. zudem: Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll Apr 17/1065 vom 25. Juni 2020: „StS I. (MAGS): [...] Es ist dann sofort die Zusammenarbeit mit Professor F. in Bonn und mit Fachleuten vom RKI gesucht worden, die sich bei der Ursachensuche vor allem mit der Frage der Belüftung befasst haben. Die Spekulation oder das, was man vorab in Erwägung gezogen hat und nun auch definitiv überprüfen will, ist, ob die Aerosolbelastung - also nicht die Tröpfchenbelastung, für die ja die 1,5-m-Abstandsregelung und der Mundschutz gelten, sondern die Schwebstoffe in der Luft - neben der Tröpfchenbelastung eine wesentliche Rolle bei einem solchen Infektionsgeschehen spielen kann. Dazu sind Fragen zu beantworten, die wissenschaftlich noch nicht definitiv beantwortet sind, beispielsweise wie lange die Viren als Aerosole in diesem Schwebezustand verbleiben können, wie die Luftverteilung in dem Zerlegebetrieb aussieht. Die Leute arbeiten dort bei einer Temperatur von 8 bis 10 Grad. Die Luft wird in einem Umluftsystem auf diese 8 bis 10 Grad gekühlt. Durch diese Kühlung - wer einmal in einem Zerlegebetrieb war, der weiß, dass die Schlangen oben unter der Decke hängen - wird die Luft zugleich breit verteilt.“ 155Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass unmittelbar vor dem bzw. im Zuge des ersten Ausbruchsgeschehens zweimal die Einhaltung der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards des BMAS auf dem Betriebsgelände von der zuständigen Bezirksregierung Detmold kontrolliert wurde. Bei der ersten Überprüfung aller Abteilungen und Bereiche des Schlachthofes am 15. Mai 2020, 156vgl. Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz - Besichtigung am 15. Mai 2020: „Bei der Begehung wurden alle Abteilungen und Bereiche des Schlachthofes besichtigt, inklusive der von der U. GmbH und U. GmbH & Co. KG genutzten Räumlichkeiten.“ 157wurden Mängel hinsichtlich der Umsetzung des - im Einklang mit den Arbeitsschutzstandards - stehenden Hygienekonzepts, 158vgl. Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz - Besichtigung am 15. Mai 2020: „Die BMAS SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards sind der Firma bekannt und werden berücksichtigt. […] Grundlage für all diese Maßnahmen ist das von der Firma U. erstellte „Hygienekonzept zur Corona-Risiko-Minimierung“ (siehe Anhang). In diesem Konzept, das sich im absoluten Einklang mit den Arbeitsschutzstandards des BMAS befindet, werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die zum Coronaschutz in der Firma umgesetzt werden sollen. […]“. 159festgestellt, insbesondere hinsichtlich des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung und mangelnden Abstands in der Kantine. 160Vgl. Aktenvermerk der Bezirksregierung Detmold vom 16. Mai 2020 und Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz-Besichtigung am 15. Mai 2020. 161Ein Verstoß bezüglich der Belüftungssituation wurde nicht festgestellt, zumal auch Nr. 3 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass das Übertragungsrisiko über raumlufttechnische Anlagen insgesamt als gering einzustufen sei. Ebenso sieht die „Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung im Sinne des SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards, Branche: Fleischwirtschaft“ der BGN vom 29. April 2020 insoweit nur eine Wartung und Reinigung der Lüftungsanlagen bzw. raumlufttechnischen Anlagen durch eine Fachfirma in den erforderlichen Intervallen vor. 162Nach fristgerechter unternehmensseitiger Erläuterung der im Rahmen der Begehung am 15. Mai 2020 erörterten Aspekte kam es am 29. Mai 2020 zu einer erneuten unangekündigten behördlichen Kontrolle der Betriebsbereiche, in denen nach Auffassung der Bezirksregierung Detmold zuvor zum Teil gravierende Mängel in Bezug auf die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards festgestellt worden waren. Zusammenfassend kam die Bezirksregierung zu dem Ergebnis, dass die vormals aufgezeigten Mängel beseitigt oder zumindest soweit beseitigt wurden, dass die SARS-CoV2 Arbeitsschutzstandards eingehalten sind. Da auch weitere Verbesserungen hinsichtlich der Kantine bereits in Planung waren, wurde vom Erlass weiterer arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen seitens der Bezirksregierung abgesehen. 163Vgl. Aktenvermerk der Bezirksregierung Detmold vom 29. Mai 2020. 164Wurde die Belüftungssituation danach schon von der zuständigen Aufsichtsbehörde nicht als arbeitsschutzrechtlich problematisch angesehen, konnte dies erst Recht nicht von der Firma U. erwartet werden. Gleichwohl hatte die Firma U. dem Kreis Gütersloh noch am 16. Juni 2020 mitgeteilt, auch in dieser Hinsicht - im Hinblick auf den noch nicht definitiven wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn - weitere Maßnahmen (u.a. Einbau einer UVC-Luftentkeimung, Erhöhung des Luftaustausch, mobile Belüftungssysteme zur Erhöhung der Frischluftzufuhr) ergriffen zu haben. 165(c.) Eine überwiegende Verantwortlichkeit der Klägerin ist auch nicht durch andere, ihr ggf. zurechenbare Verstöße der Firma U. gegeben. Zwar mag man nach den Feststellungen der Bezirksregierung Detmold bei der Betriebsbegehung am 15. Mai 2020 davon ausgehen, dass das Hygienekonzept insbesondere hinsichtlich der Abstands- und Maskenpflicht nicht vollständig durchgesetzt wurde. Diese Verstöße führen jedoch - ebenso wie der arbeitsschutzrechtliche Verstoß der Klägerin selbst - nicht dazu, die mitursächliche Belüftungssituation in der für § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB erforderlichen Weise zu negieren. Dies gilt auch dann, wenn die Verstöße der Firma U. und die der Klägerin gemeinsam betrachtet werden. 166Soweit das beklagte Land meint, zu dem Ausbruchsgeschehen im Juni 2020 konnte es nur wegen der am 15. Mai 2020 festgestellten Verstöße kommen, ist dem entgegenzuhalten, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse ein fehlerhaftes Coronamanagement auf dem Betriebsgelände der Firma U. nicht erkennbar ist. Die vom MAGS im Mai 2020 veranlasste Reihentestung hat lediglich „vereinzelt“ positive Befunde hervorgebracht. Etwaige Verstöße gegen coronavirusbezogene Arbeitsschutzvorschriften haben offenbar keine Konsequenzen gehabt. Der Positivfall, der letztlich als Initiator des ersten Ausbruchsgeschehens im Mai 2020 gilt, wurde entsprechend der damaligen Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zunächst als Kontaktperson mit geringem Infektionsrisiko eingestuft und nach positiver Testung am 20. Mai 2020 im häuslichen Umfeld separiert. Entsprechendes gilt für den zweiten in diesem Zusammenhang entdeckten Positivfall. Nachdem eine daran anschließende Reihentestung der Kollegen der Frühschicht in der Rinderzerlegung am 25. Mai 2020 im Folgenden weitere positive Befunde hervorgebracht hatte, haben auch diese sich am 27. Mai 2020 in häusliche Absonderung begeben. Probleme, diese Mitarbeiter wegen fehlender Adressen ausfindig zu machen, hat es (jedenfalls zu diesem Zeitpunkt) nicht gegeben. Durch weitere Testungen des Gesundheitsamts wurden Infektionen in verschiedenen Bereichen des Werks identifiziert und letztlich ein Ausbruch in der Schweinezerlegung am 9. Juni 2020 festgestellt. Die Studienergebnisse deuten letztlich auf ein anhaltendes, sich weiterverbreitendes Ausbruchsgeschehen mit einem Übergang vom ersten Ausbruch im Mai zum zweiten größeren Ausbruch im Juni 2020. Gemeinsames Wohnen und Fahrgemeinschaften der Beschäftigten sind dabei auch Faktoren für die Weiterverbreitung gewesen. 167Vgl. F. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020; Robert Koch Institut, Kontaktpersonennachverfolgung bei respiratorischen Erkrankungen durch das Coronavirus, Stand: 16. April 2020; Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll APr 17/1065 vom 25. Juni 2020, S. 12 f. 168Dass die festgestellten Verstöße, insbesondere gegen die Abstands- und Maskenpflicht, aber die entscheidende Ursache für den hier maßgeblichen Ausbruch waren, kann nicht festgestellt werden. Entsprechende Belege oder Indizien (an die eine weitere gerichtliche Aufklärung anknüpfen könnte) wurden auch nicht vom beklagten Land geliefert, das mit Hilfe der Bezirksregierung die Arbeitsschutzverwaltung durchführt und damit über die notwendigen Informationen verfügen müsste. 169Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass etwaige Verstöße gegen Coronaschutz- und Hygienemaßnahmen der Firma U. oder der U. Unternehmensgruppe mit Blick auf die etwaige Unterbringung oder den Transport ihrer Mitarbeiter der Klägerin schon nicht zurechenbar sind. 170(d.) Zu einem anderen Ergebnis gelangt die Kammer auch dann nicht, wenn etwaige Arbeitsschutzverstöße anderer auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätigen Subunternehmen in die Würdigung des Verschuldensbeitrags einbezogen würden. Diese Unternehmen sind keine Erfüllungsgehilfen der Klägerin bezüglich der ihr obliegenden arbeitsschutzrechtlichen Pflichten. Für deren etwaiges Fehlverhalten hat sie nicht einzustehen. Für die Annahme, die Klägerin habe den insoweit erforderlichen Willen gehabt, diese Unternehmen bei der Erfüllung des Arbeitsschutzes bezüglich der eigenen Mitarbeiter einzubeziehen, fehlt es mangels vertraglicher oder anderer rechtlicher Verknüpfungen an jedweden Anhaltspunkten. Ohne solche wird man der Klägerin einen entsprechenden Willen auch nicht unterstellen können, da ihr keinerlei Einflussmöglichkeiten zur Auswahl der weiteren mit der Firma U. verbundenen Subunternehmen auf dem Betriebsgelände zustehen und sie im Zweifel auch keine Kenntnis über diese Unternehmen hat. 171Unabhängig von der Frage, ob andere Subunternehmen als Erfüllungsgehilfen der Firma U. wiederum die arbeitsschutzrechtlichen Pflichten der Klägerin miterfüllen und dieser etwaige Verstöße zuzurechnen sein könnten, kommt es auch dann nicht zu einer überwiegenden Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB. Als Erfüllungsgehilfen des Erfüllungsgehilfen kommen diese Unternehmen von vornherein nur in Betracht, soweit ihr Verhalten in den Betriebsräumen der Firma U. in Rede steht. Denn nur diesbezüglich besteht nach den obigen Ausführungen der Wille der Klägerin, die Firma U. in ihre arbeitsschutzrechtliche Verantwortung miteinzubeziehen. Soweit die anderen Subunternehmer bei sonstigen Gelegenheiten - etwa im Rahmen der Unterbringung oder des Transports ihrer Arbeitnehmer - Arbeitsschutzpflichten verletzt haben, berühren diese Verstöße das von der Klägerin begehrte schützende Verhalten durch die Firma U. auf deren Betriebsgelände nicht. Allein die Betriebsstätte betrachtet ist jedoch - wie oben bereits dargelegt - der Verursachungsbeitrag durch die Belüftungssituation derart gewichtig, dass selbst bei Zurechnung etwaiger dort begangener Verstöße der anderen Werkvertragsunternehmen keine überwiegende Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB gegeben wäre. 172Dass aufgrund der aufgezeigten Zersplitterung der arbeitsschutzrechtlichen Verantwortlichkeiten bei den sogenannten On-Site-Werkverträgen allenfalls über die Einschränkungen des § 278 BGB eine Verantwortlichkeit der Werkunternehmer untereinander zu begründen ist, mag im Hinblick auf die Durchsetzung der Arbeitnehmer(schutz)rechte zu missbilligen sein. Dies rechtfertigt jedoch kein anderes Ergebnis, da nicht zu erkennen ist, dass die Klägerin oder die Firma U. zum Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens bei der Gestaltung der Arbeitsabläufe mit solchen Werkverträgen den Rahmen der Rechtsordnung verlassen hätte. Denn der politische Wille zu Einschränkungen des Einsatzes von Fremdpersonal in der Fleischwirtschaft wurde mit § 6a des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) erst mit Wirkung zum 1. Januar 2021 gefunden, obwohl die Auswirkungen derartiger Verträge bereits lange zuvor bekannt gewesen sind. 173Vgl. Zimmer: Das Verbot des Fremdpersonaleinsatzes in der Fleisch-wirtschaft und dessen Anwendungsbereich, in: NZA 2022, 4, u.a. mit Bezugnahme auf MAGS NRW, Überwachungsaktion, „Faire Arbeit in der Fleischindustrie“, Abschlussbericht, Dezember 2019, abrufbar unter: https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/191220_abschlussbericht_fleischindustrie_druckdatei.pdf. 174(e.) Anders als das beklagte Land meint, bietet auch die Größe des Infektionsgeschehens als solches keine hinreichend belastenden Anhaltspunkte für die Annahme eines weit überwiegenden Pflichtenverstoßes der Klägerin. Die Ausführungen zu den Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte belegen, dass ein nach damaligen Erkenntnissen aufgestelltes Hygienekonzept nicht ausreichend war, um die Verbreitung des Coronavirus unter den Mitarbeitern zu verhindern. Im Übrigen gab es weltweit Ausbrüche dieser Art, die jedenfalls mit Blick auf die ermittelte Rate von Positivfällen mit dem hier streitgegenständlichen Geschehen vergleichbar waren. 175(f.) Steht danach fest, dass die Unmöglichkeit jedenfalls zu einem nicht unerheblichen Teil nicht durch die Klägerin oder ihr zurechenbare Personen, sondern durch zufällige Umstände verursacht wurde, verbleibt es nach § 326 BGB hinsichtlich der Primärleistungspflicht bei dem synallagmatischen Grundsatz - ohne Leistung keine Gegenleistung (§ 326 Abs. 1 BGB). 176Vgl. OLG München, Urteil vom 7. August 2015 - 25 U 546/15 -, juris Rn. 35 ff.; Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6 177(g.) Ohne dass es nach den obigen Ausführungen für den Ausgang des Verfahrens darauf ankäme, sei darauf hingewiesen, dass im Übrigen völlig unklar ist, ob und in welchem Ausmaß etwaige eigene bzw. der Klägerin zurechenbare Arbeitsschutzverstöße kausal für die Infektion des Arbeitnehmers bzw. das stattgefundene Infektionsgeschehen gewesen sind. 178Vgl. zu diesem Erfordernis im Rahmen des § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB vgl. Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6 und C16. 179bb. Ein Lohnfortzahlungsanspruch des Herrn C. gegen die Klägerin besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Annahmeverzugs (§§ 293 ff. BGB) der Klägerin gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB, § 615 Satz 1 BGB oder § 615 Satz 3 BGB. 180Nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn der von ihm nicht zu vertretene Umstand, auf Grund dessen er nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Arbeitgeber im Verzug der Annahme ist. 181Speziell für Arbeitsverträge (u.a.) regelt § 615 Satz 1 BGB, dass der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt, für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen kann, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. 182Satz 3 des § 615 BGB bestimmt zudem, dass u.a. Satz 1 entsprechend in den Fällen gilt, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. 183Alle drei Vorschriften sind im vorliegenden Fall im Grundsatz anwendbar, da sie zwischen der Klägerin und Herrn C. nicht abbedungen wurden. 184Ungeachtet der Frage, nach welchen Kriterien § 326 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB, § 615 Satz 1 BGB und § 615 Satz 3 BGB im Einzelnen voneinander abzugrenzen sind, 185vgl. dazu z.B. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 14 ff.; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 8, m.w.N.; Fischinger/Straub, Ohne Arbeit kein Lohn?, in: JuS 2016, 208 (209), 186verlangen alle drei Vorschriften grundsätzlich einen Annahmeverzug des Arbeitgebers. 187Ein solcher erfordert jedenfalls, dass der Arbeitnehmer während des gesamten Verzugszeitraums leistungsbereit, d.h. leistungsfähig und leistungswillig, ist (§ 297 BGB). Der Annahmeverzug des Arbeitgebers endet für die Zukunft (ex-nunc), wenn eine dieser Voraussetzungen fortfällt. Unerheblich ist dabei die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie z.B. Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder seine Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt. 188Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 28. September 2016 - 5 AZR 224/16 -, juris Rn. 23; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 31; Joussen, in: BeckOK, Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 615 Rn. 7; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 68. 189Das grundsätzliche Erfordernis des Annahmeverzugs ergibt sich für § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB - als Regelung des allgemeinen Schuldrechts - und für § 615 Satz 1 BGB - als arbeitsrechtliche Norm, die den Lohnfortzahlungszahlung im Falle der Leistungsstörung bei Realisierung des Wirtschaftsrisikos betrifft -, 190vgl. dazu: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 121 a.E.; Waas/Palonka, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, BGB, 4. Auflage 2017, § 615 Rn. 33, 191bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Die wohl vorherrschende - arbeitsrechtliche - Auffassung nimmt dieses Erfordernis ebenfalls bei Anwendung des als Rechtsgrundverweisung ausgestalteten § 615 Satz 3 BGB an. Dem arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmer bleibt im Falle der Annahmeunmöglichkeit der Vergütungsanspruch aufrechterhalten, wenn der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. 192Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 20; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 6; Tillmanns, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 5. Auflage 2021, § 76 Rn. 82; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 97; Kruse, in: Henssler/Willemsen, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 121; Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 615 Rn. 21: Leistungsfähiger und Leistungsbereiter Arbeitnehmer erforderlich; jedenfalls zur Anwendbarkeit von § 297 BGB (Leistungsfähigkeit) bei Betriebsrisikofällen: Gräf/Rögele: Zusammentreffen von Betriebs- und Wegerisiko, in: NZA 2013, 1120, 1123; a.M. dagegen: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, 615 Rn. 122; Preis/Mazurek/Schmid, Rechtsfragen der Entgeltfortzahlung in der Pandemie, in: NZA 2020, 1137 (1144). 193Nur der leistungsfähige und leistungswillige Arbeitnehmer hat im doppelten Sinne des Wortes das Entgelt „verdient“. 194Vgl. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 12. 195Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs liegen nicht vor. Der Arbeitnehmer C. war im hier maßgeblichen Zeitraum vom 18. Juni bis zum 2. Juli 2020 wegen der behördlichen Anordnungen zur häuslichen Absonderung nicht leistungsfähig. Er hatte offenkundig keine Möglichkeit, die geschuldete Tätigkeit als Fleischverarbeiter in der eigenen Häuslichkeit (Homeoffice) zu erbringen. 196(1.) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass gegenüber der U. & Co. KG mit mündlicher Verfügung des Kreises Gütersloh vom 17. Juni 2020, schriftlich bestätigt am 10. August 2020, der Betriebsstandort „J......, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ der Unternehmensgruppe U. (Betriebsstandort) mit sofortiger Wirkung geschlossen worden ist (Betriebsschließung) und alle nicht ausnahmsweise zugelassenen betrieblichen Tätigkeiten auf dem Betriebsstandort untersagt worden sind. Gegenüber der Klägerin, deren Unternehmenssitz sich unter der Adresse „H. , 33615 Bielefeld“ befindet, also nicht am Betriebsstandort der Unternehmensgruppe U. , ist keine Schließungsanordnung ergangen. Die Verfügung des Kreises Gütersloh vom 17. Juni 2020 war auch nicht an sie gerichtet. Dass ihr gegenüber eine entsprechende Anordnung ergangen ist, ist weder ersichtlich noch von den Beteiligten - mit entsprechenden Belegen - geltend gemacht worden. 197Auch der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen eines On-Site-Werkvertrags im Juni und Juli 2020 verpflichtet war, am Betriebsstandort der Firma U. (vgl. § 2 Nr. 1 Werkvertrag) in einem Leistungsverzeichnis näher aufgelistete Fleischteilstücke und Zerlegenebenprodukte herzustellen, ändert nichts. Aufgabengebiet und Arbeitsort des Arbeitnehmers C. waren ausweislich des Arbeitsvertrags nicht auf eine Tätigkeit am Betriebsstandort der Firma U. unter der Adresse „J...... in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ beschränkt. Insbesondere war ein (auch kurzfristiger) Einsatz in einem anderen (auch kleinen) Betrieb nicht ausgeschlossen. Im Übrigen konnte die Klägerin dem Arbeitnehmer ausweislich der vertraglichen Regelungen anderweitige, seinen Fähigkeiten entsprechende gleichwertige oder höherwertige Tätigkeiten übertragen (§ 3 Arbeitsvertrag). Dass diese Überlegungen eher theoretisch sind, ist dem Umstand geschuldet, dass ein derartiger Einsatz wegen der häuslichen Absonderung schon nicht in Frage kam. 198(2.) Des Weiteren ist die Klägerin nicht wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Leistungsunfähigkeit ihres Arbeitnehmers C. zu berufen. Zwar wird vertreten, dass derartiges dem Gläubiger nach § 242 BGB verwehrt sei, wenn er die Leistungsunfähigkeit seines Schuldners herbeigeführt habe. 199Vgl. Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 297 Rn. 2; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 297 Rn. 2; Feldmann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 297 Rn. 2. 200Diese Auffassung ist im Grundsatz aber abzulehnen, weil dadurch ein Wertungswiderspruch zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB entsteht, der - wie dargelegt - eine Lohnfortzahlung nur bei alleinigem oder weit überwiegendem Verschulden des Gläubigers vorsieht. 201Vgl. Dötterl, in: BeckOGK, BGB, 15. Juli 2021, § 297 Rn. 7; vgl. auch: LAG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 1976 - 16 (3) Sa 340/75 -, in: DB 77, 547 f. 202Ein solcher Verschuldensbeitrag ist ausweislich der Ausführungen zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB gerade nicht gegeben. 203Zudem würde eine Haftung auf Sekundärebene nach Verschuldensbeiträgen, die im Rahmen der Prüfung eines Lohnfortzahlungsanspruchs wegen fehlender Anwendbarkeit des § 254 BGB keine Berücksichtigung finden könnten, unterlaufen. 204Vgl. zur Anwendbarkeit des § 254 BGB: Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 1. 205Der Klägerin ist es auch nicht wegen der Umstände des Einzelfalls verwehrt, 206vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1967 - 2 AZR 64/66 -, juris Rn. 22, 207sich auf die Leistungsunfähigkeit des Herrn C. zu berufen. Ein missbräuchliches Verhalten, 208vgl. dazu z.B. Schubert, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 242 Rn. 199 ff., 209ist unter Berücksichtigung der Ausführungen zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB nicht zu erkennen. Die aufgezeigten Sorgfaltspflichtverletzungen genügen insoweit nicht. 210(3.) Schließlich muss - speziell - § 615 Satz 3 BGB in Ansehung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, 211OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris, 212mit Blick auf das Erfordernis einer Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht einschränkend ausgelegt werden. Das Oberlandesgericht Hamm geht in seiner Entscheidung - in der es um den Verdienstanspruch eines Lizenzfußballspielers im Zeitraum seiner coronabedingten Absonderungsverpflichtung wegen Ansteckungsverdachts geht - davon aus, dass sich die dortige Klägerin als Betreiberin der Lizenzspielerabteilung nicht auf das aus der Absonderung folgende Unvermögen zum Erbringen der im Arbeitsvertrag an sich vorgesehenen Arbeitsleistung ihres Spielers berufen könne, da dieses gerade aus ihrer Sphäre stamme, nämlich dem ihren unternehmerischen Interessen dienenden mannschaftsbezogenen Spiel- und Trainingsbetrieb, der die Grundlage für den Ansteckungsverdacht gebildet habe. 213Vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 20; und zur Vorinstanz: LG Münster, Urteil vom 15. April 2021 - 8 O 345/20 -, juris Rn. 2. 214Der Übertragung dieser Rechtsprechung auf den streitgegenständlichen Sachverhalt stehen mehrere Gründe entgehen. Zunächst setzt die Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB grundsätzlich voraus, dass sich das Betriebsrisiko der Klägerin realisiert hat; dies ist vorliegend nicht der Fall (a.). Zudem dürfte die Unmöglichkeit der Leistungsverhinderung - als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal - weder vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer zu vertreten sein; auch diese Voraussetzung, auf die nicht im Wege der Auslegung verzichtet werden kann, ist nicht erfüllt (b.). Zuletzt mag die vorbenannte Wertung des OLG Hamm anhand der Risikosphären von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwar einem allgemeinen Billigkeitsgefühl entsprechen. Ihr steht aber entgegen, dass die Betriebsrisikolehre mit Blick auf die andauernde Coronapandemie Gefahr läuft, überstrapaziert zu werden (c.). 215(a.) Voraussetzung des Lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB ist jedenfalls, dass die Arbeit infolge eines Umstandes ausfällt, für den der Arbeitgeber das Risiko (sog. Betriebsrisiko) trägt. 216Vgl. BAG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 5 AZR 810/07 -, juris Rn. 13; OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 17 ff.; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 69. 217Das Betriebsrisiko betrifft die Frage, ob der Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet ist, wenn er zur Beschäftigung der Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen nicht imstande ist. Zum Betriebsrisiko gehören die mit der Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers im Zusammenhang stehenden und die Führung des Betriebs betreffenden Ereignisse. Die Feststellung, in wessen Gefahrenkreis das störende Ereignis fällt, hat in erster Linie nach dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. 218Vgl. z.B. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 120; Eckart/Kruse, BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 37.3; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 96; BAG, Urteil vom 30. Mai 1963 - 5 AZR 282/62 -, juris Rn. 8; OLG Hamm, Urteil vom 29 Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 18; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 57. 219In Abgrenzung zum Betriebsrisiko ist das Wirtschaftsrisiko betroffen, das im Falle der Leistungsstörung nach § 615 Satz 1 BGB in direkter Anwendung zu behandeln wäre, wenn die Arbeitsleistung zwar möglich, für den Arbeitgeber aber nicht verwertbar ist. 220Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 120; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 98. 221Dies vorangestellt ist, anders als das OLG Hamm meint, eine wegen eines Ansteckungsverdachts mit dem Coronavirus ergangene Absonderungsverfügung nicht als betriebsbezogen i.S.d. § 615 Satz 3 BGB zu werten. Dies gilt auch dann nicht, wenn der Ansteckungsverdacht aus dem für das Unternehmen notwendigen Spiel- oder Trainingsbetrieb, Kundenkontakten oder Produktionsbedingungen resultiert. 222Der Betriebsrisikolehre liegen in der überwiegenden Anzahl der Fälle betriebliche Störungen, ein Versagen der Betriebsmittel oder aus der besonderen Art des Betriebs bedingte Verbote zu Grunde. Dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, Einwirkungen aus der betrieblichen Sphäre auf die Arbeitnehmer als personelle Mittel miteinzubeziehen. 223Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, BGB, § 615 Rn. 131 f., 132i. 224Dies dürfte jedoch eher den Fall betreffen, in denen eine mittelbare Betroffenheit des Personals vorliegt, weil z.B. ein Arbeitnehmer etwa auf die (Mit-)Arbeit eines anderen Kollegen angewiesen ist. 225Anders liegt der Fall aber bei der hier streitgegenständlichen infektionsrechtlichen Absonderungsverfügung, bei der es sich - auch im Falle einer Allgemeinverfügung -, 226vgl. dazu z.B. Hohenstatt/Krois, Lohnrisiko und Entgeltfortzahlung während der Corona-Pandemie, in; NZA 2020, 413 (415), 227um einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Verhinderungsgrund i.S.v. § 616 Satz 1 BGB handelt, 228vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 877/21 -, NRWE, 229was einer Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB entgegensteht. 230Vgl. Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 616 Rn. 16: Zu den für § 616 Satz 1 BGB unerheblichen objektiven Leistungshindernissen gehören deshalb regelmäßig solche Sachverhaltsgestaltungen, in denen entweder der Arbeitgeber nach § 615 Satz 3 das Betriebsrisiko oder umgekehrt sein Vertragspartner nach allgemeinen Grundsätzen das Arbeitskampf- oder Wegerisiko zu tragen hat, und a.a.O. Fn. 59: Deshalb fallen z.B. behördliche Betriebsverbote oder Zerstörungen des Arbeitsplatzes nicht unter § 616 BGB; Oetker, in: Staudinger, Neubearbeitung 2019, BGB, § 616 Rn. 80: Des Weiteren zählen behördliche Betriebsverbote, Landestrauer, Smog-Alarm, Vernichtung des Arbeitsplatzes (Brand etc) und Verkehrshindernisse (Verkehrsstau, Ausfall der Nahverkehrsmittel, Demonstrationen, Flugverbot) zu den allgemeinen (objektiven) Leistungshindernissen; VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 25: Nicht erfasst sind demgegenüber objektive Leistungshindernisse, die betriebsbezogen sind und sich auf einen größeren Kreis von Arbeitnehmern beziehen. 231Dass der Grund des Leistungshindernisses (hier: Infektion mit dem Coronavirus als vom Arbeitnehmer ausgehendes Infektionsrisiko) - möglicherweise - in der betrieblichen Sphäre begründet wurde (hier: Ausbruchsgeschehen im Betrieb), ändert daran nichts. Die gegenteilige Sichtweise würde zu einer Überschneidung mit dem Anwendungsbereich des § 616 Satz 1 BGB führen, der bei in der Person des Arbeitnehmers liegenden Verhinderungsgründen - anders als § 615 Satz 3 BGB - eine zeitliche Haftungsgrenze (“verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“) des Arbeitgebers vorsieht. 232Des Weiteren würde eine über § 615 Satz 1 i.V.m. Satz 3 BGB angeordnete Lohnfortzahlungspflicht bei einem subjektivem Leistungshindernis in der Person des Arbeitnehmers, welches auf betriebliche Umstände zurückzuführen ist, besondere gesetzgeberische Wertungen umgehen. Namentlich gilt dies für die besonderen Regelungen zu Arbeitsunfällen - insbesondere die Regelungen zur krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nach § 3 EFZG und zum Verletztenentgelt in §§ 45 ff. SGB VII. Erfasst man das subjektive Leistungshindernis der Absonderung bei betriebsbedingten Ursachen als Betriebsrisiko, müsste man dies ohne Weiteres auch für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit wegen eines Arbeitsunfalls (§ 8 Abs. 1 SGB VII) annehmen. In diesem Fall soll nach den Wertungen des § 3 EFZG der Arbeitgeber für sechs Wochen das Arbeitsentgelt fortzahlen - wenn ansonsten die dortigen Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere die entsprechende Vorbeschäftigungszeit (§ 3 Abs. 3 EFZG) und kein Verschulden des Arbeitnehmers - vorliegen. 233Vgl. Feddern, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB VII, 116. EL September 2021, § 45 Rn. 12. 234Anschließend erfolgt der Ersatz des Verdienstausfalls durch die Zahlung eines Verletztengeldes nach §§ 45 ff. SGB VII. 235Zu dieser Ersatzfunktion des Verletztengeldes vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 2 U 23/06 R -, juris Rn. 14 ff. 236Zahlungspflichtig ist dabei aber nicht der Arbeitgeber, sondern der Versicherungsträger (§ 114 SGB VII). Der Arbeitgeber soll dabei lediglich über seine Versicherungsbeiträge an der Aufbringung der erforderlichen Mittel beteiligt werden (§§ 150 ff. SGB VII). Dieses differenzierte Haftungsregime würde konterkariert, wenn die auf einem Arbeitsunfall beruhende, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit als Betriebsrisikos aufgefasst würde, das in der Rechtsfolge grundsätzlich nur eine zeitlich unbefristete Haftung des Arbeitgebers selbst kennt. Kann dieses „Musterbeispiel“ eines sich auf subjektiver Arbeitnehmerseite verwirklichenden Betriebsrisikos daher schon nicht unter § 615 Satz 3 BGB subsumiert werden, muss dies erst Recht für das - abgesehen von Zeiten einer Pandemie wohl eher seltene - subjektive Leistungshindernis der häuslichen Absonderung gelten. 237Dieser Ansicht kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Arbeitnehmer mangels entsprechender Ersatzregelungen für andere betrieblich begründete, aber in seiner Person liegende Gründe der Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf seinen Verdienstausfall schutzlos gestellt würde. Unabhängig davon, dass derartige Erwägungen bei der Beantwortung der Frage, ob ein Betriebsrisiko vorliegt, nicht von Bedeutung sind, 238vgl. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 34, 239sieht die Rechtsordnung in § 616 BGB für solche nicht speziell geregelten subjektiven Leistungshindernisse - ungeachtet des Umstandes, ob diese aus der betrieblichen Sphäre stammen oder nicht - grundsätzlich zumindest einen zeitlich begrenzten Lohnfortzahlungsanspruch vor. Im Hinblick auf das hier maßgebliche subjektive Leistungshindernis der Absonderung hat der Gesetzgeber im Übrigen mit den Entschädigungsregeln der §§ 56 ff. IfSG reagiert. Die gesetzgeberische Entscheidung, den Arbeitgeber - im Gegensatz zur betriebsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit - bei betriebsbedingter Absonderung abseits der allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen aus der Haftung für das Arbeitsentgelt vollständig zu entlassen und das Entgeltrisiko über die §§ 56 ff. IfSG letztlich der Allgemeinheit aufzuerlegen, ist dabei zu respektieren. 240Diese Abgrenzung von Betriebsrisiko einerseits und subjektivem Leistungshindernis andererseits steht nicht im Widerspruch zu den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts, 241BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 33, 242wonach der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB verpflichtet ist, wenn eine behördliche Maßnahme darauf abzielt, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen, etwa, weil die vom Arbeitgeber gewählten Produktionsmethoden oder -bedingungen oder von ihm zu verantwortende Arbeitsbedingungen (wie z.B. in Teilen der Fleischwirtschaft und bei Saisonkräften in der Landwirtschaft) eine besonders hohe Ansteckungsgefahr innerhalb der Belegschaft in sich bergen. 243Zum einen befasst sich das Gericht gar nicht mit der Frage der behördlichen Absonderung oder gar eines Zusammentreffens von Absonderung und Anordnung einer Betriebsschließung. Zum anderen wurde vorliegend - wie dargelegt - gegen die Klägerin keine Betriebsschließung verfügt. Die an die U. & Co. KG verfügte Schließungsverfügung des Standortes „J...... in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ betrifft nur das Verwendungs- bzw. Wirtschaftsrisiko der Klägerin, da der Einsatz ihres Arbeitnehmers in einem Fremdbetrieb wegen einer dort angesiedelten Betriebsstörung nicht möglich ist. 244Vgl. auch: BAG, Urteile vom 1. Februar 1973 - 5 AZR 382/72 -, juris Rn 27, und vom 7. November 1975 - 5 AZR 61/75 -, juris Rn. 18 f.; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 134; Krause in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615, Rn. 118; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 108.1; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 108. 245Schließlich sprechen auch praktische Erwägungen - jedenfalls als Hilfsüberlegung - dagegen, die coronabedingte Absonderung dem Betriebsrisiko zuzuordnen. Ein aus arbeitsbezogenen Kontakten resultierender Ansteckungsverdacht entsteht (Fälle mit Kundenkontakt ausgeklammert) dadurch, dass jedenfalls ein Mitarbeiter sich außerhalb des Betriebs angesteckt hat und das Virus ggf. unter den Kollegen weiterverbreitet haben könnte. Für diese Person hat sich das Betriebsrisiko nicht realisiert. Handelt es sich bei diesem Arbeitnehmer um einen Ausscheider (§ 2 Nr. 6 IfSG), der ebenfalls unter die hier maßgeblichen Regelungen fällt, ist wegen der Vollzugsdefizite bei der Kontaktpersonennachverfolgung bzw. fehlender Sequenzierung oft gar nicht (mehr) feststellbar, wo sich diese Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein, angesteckt hat - also innerhalb oder außerhalb eines Betriebs. Bezeichnenderweise ist hier nicht zweifelsfrei erkennbar, dass sich der Arbeitnehmer C. tatsächlich bei seiner Arbeit infiziert hat. Eine Feststellung, ob sich das Betriebsrisiko realisiert hat, dürfte daher in diesen Fällen in der Praxis kaum möglich sein. 246Zwar mag diese Erwägung angesichts der Vielzahl der von einer Absonderungsverfügung betroffenen Personen in der vorliegenden Konstellation unerheblich klingen. Auch mag der K. in der Vergangenheit gar nicht so differenziert vorgegangen sein und eine Erstattung von Aufwendungen bei einer Vielzahl von Arbeitgebern beanstandungslos geleistet haben. Rechtlicher Maßstab bei der Entscheidung darf diese Praxis, die davon abhängt, wie genau ein Sachverhalt ermittelt wird, aber nicht sein. Dies gilt umso mehr, als dass eine Beweislastregel zu Gunsten der Arbeitgeber immer dann greifen wird, wenn die Behörden besonders belastet sind und entsprechende Sachverhaltsaufklärungen nicht leisten können. Das erscheint aber willkürlich. 247(b.) Aber auch wenn man davon ausginge, dass die Absonderungsverfügung dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzuordnen wäre, verlangt eine Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB nach einhelliger Meinung, dass weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber die Unmöglichkeit der (betriebsbezogenen) Leistungsverhinderung zu vertreten haben. 248Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 30. Mai 1963 - 5 AZR 282/ 62 -, juris Rn. 8; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 12; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 96; Lakies, in: Kittner/Zwanziger u.a., Arbeitsrecht Handbuch für die Praxis, 9. Auflage 2017, § 59 Rn. 14. 249Dies ist hier aber nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob den Arbeitnehmer C. eine Verantwortlichkeit am Erlass der Absonderungsverfügung trifft, weil er Mindestabstände von 1,5 Metern während seiner Tätigkeit in der Zerlegung nicht immer eingehalten hat. Jedenfalls trifft die Klägerin - wie dargelegt - eine (wenn auch nicht weit überwiegende) Verantwortlichkeit, wegen Verstoßes gegen Arbeitsschutzvorschriften. 250Nach Ansicht der Kammer kann § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB (insbesondere) nicht im Wege eines Erst-Recht-Schlusses dahingehend ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber auch dann zur Lohnfortzahlung verpflichtet bleibt, wenn ihn ein Verschuldensbeitrag unterhalb der Schwelle des alleinigen oder weit überwiegenden Verschuldens (i.S.d. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB) trifft. Zwar mag es auf den ersten Blick nicht sachgerecht erscheinen, wenn diese Verantwortlichkeit des Arbeitgebers einen Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers ausschließt. Denn das bedeutet, dass er bei fehlendem Verschulden (und Realisierung des Betriebsrisikos) nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB zur Weiterzahlung verpflichtet wäre und nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB ebenso bei einer „alleinigen oder weit überwiegenden Verantwortlichkeit“ der Leistungsunmöglichkeit des Arbeitnehmers, nicht hingegen bei Vorliegen eines einfachen Verschuldensbeitrags. Allerdings entstünden durch einen solchen Erst-Recht-Schluss Wertungswidersprüche zum allgemeinen Schuldrecht. So lässt sich mit Blick auf die mit der Betriebsrisikolehre verbundenen Präventionsanreize und der Gesamtwohlfahrtoptimierung, 251vgl. Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 114, 252nicht rechtfertigen, dass der vorliegende Fall anders zu bewerten ist, als dies nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben bei mangelnder alleiniger oder überwiegender Gläubigerverantwortlichkeit der Fall wäre, nach denen es gerade bei dem Grundsatz des § 326 Abs. 1 BGB (Ohne Arbeit kein Lohn) verbliebe. 253Vgl. z.B. OLG München, Urteil vom 7. August 2015 - 25 U 546/15 -, juris Rn. 37 f.; vgl. auch: Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 209 ff. 254Das Bestreben des Gesetzgebers mit dem Tatbestandsmerkmal der weit überwiegenden Verantwortlichkeit des Gläubigers in § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB die Schadensersatz- und Rücktrittsregelungen und den Wegfall der Gegenleistungspflicht zu harmonisieren, 255vgl. Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 187, 256würde durchbrochen. Ein interessengerechter Ausgleich ließe sich auch nicht durch eine Quotelung erreichen. Eine Anwendung von § 254 BGB scheidet wegen der Anrechnungsregelung in Satz 2 des § 615 BGB aus. 257Vgl. Joussen, in: BeckOK, Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 615 Rn. 62, 55; vgl. aber Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6, wonach die Lohnzahlungspflicht in Höhe des Verantwortungsbeitrages bestehen bleibt. 258Dagegen entsteht keine Schutzlücke, wenn an dem Erfordernis fehlenden Verschuldens von Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgehalten wird. Der Arbeitgeber ist - grundsätzlich - zur Lohnfortzahlung nach § 616 BGB für einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum weiterhin verpflichtet. Im Übrigen können Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder einen sonstigen an der Verursachung beteiligten Dritten - welche nach § 56 Abs. 10 IfSG auch auf das zur Gewährung der Entschädigung verpflichtete Land übergehen würden - einen gerechten Ausgleich erwirken. 259(c.) Schließlich mag - wenn man zum einen davon ausginge, dass die Absonderungsverfügung dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzuordnen wäre und § 615 Satz 3 BGB zum anderen ausnahmsweise auch bei einer vom Arbeitgeber und ggf. Arbeitnehmer verschuldeten Leistungsunmöglichkeit anwendbar wäre - die an der Risikosphäre von Arbeitgeber und Arbeitnehmer anknüpfende Auslegung des OLG Hamm (zum Erfordernis einer Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers) einem allgemeinen Billigkeitsgefühl entsprechen. Ihr steht aber entgegen, dass die Betriebsrisikolehre mit Blick auf die andauernde Coronapandemie Gefahr läuft, überstrapaziert zu werden. Wenn der Arbeitgeber - wie in der Entscheidung des OLG Hamm - für potenziell infektiöse Kontakte im Rahmen eines gemeinsamen (Fußball-)Spiel- und Trainingsbetriebs zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist, so müsste dies - anders als in § 616 Satz 1 BGB - zeitlich unbefristet auch bei Arbeitnehmern gelten, die in besonderen Risikobereichen, z.B. mit viel „Kundenverkehr“ wie Kellner, Erzieher und Pflegekräfte, eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es weitere Branchen, wie beispielsweise das Baugewerbe, in denen eine Zusammenarbeit mehrerer Mitarbeiter ohne Abstand und wegen körperlicher Arbeit zwingend erforderlich erscheint. Dieses Problem dürfte sich mit Blick auf die sich gegenwärtig verbreitende Omikron-Variante des Coronavirus noch verschärfen, weil soziale Kontakte wegen der höheren Infektiosität der Mutation nunmehr noch gefahrenträchtiger erscheinen. 260Eine andere Sichtweise lässt sich - wiederrum - nicht mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, 261BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 33, 262rechtfertigen, wonach behördlich angeordnete Betriebsschließungen dem Betriebsrisiko zuzuordnen sind, wenn sie darauf abzielen, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen. Denn zur Frage, ob die weiteren Voraussetzungen des Lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB (Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, fehlendes Verschulden von Arbeitnehmer und Arbeitgeber) in diesen Fällen ausnahmsweise nicht anspruchsbegründend sein sollen, verhalten sich die Urteilgründe nicht. Im Gegenteil, das BAG hält in seiner Entscheidung an seiner Auffassung fest, dass es sich bei § 615 Satz 3 BGB um eine Rechtsgrundvereisung handelt, mit der Folge, dass (nur) dem leistungsfähigen und leistungswilligen Arbeitnehmer der Vergütungsanspruch verbleibt. 263cc. Ein Vergütungsanspruch folgt nicht aus § 3 EFZG. Danach hat ein Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. 264Ausweislich der insoweit nachvollziehbaren Angaben der Klägerin und des Arbeitnehmers war letzterer im streitgegenständlichen Zeitraum mangels irgendwelcher Symptome nicht arbeitsunfähig erkrankt. Dieser Vortrag wurde auch vom beklagten Land nicht durchgreifend in Frage gestellt. 265dd. Dem Arbeitnehmer C. stand gegen die Klägerin kein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 Satz 1 BGB zu. 266Nach dieser Regelung wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. 267Die Voraussetzungen des § 616 Satz 1 BGB liegen nicht vor. Zwar wurde die Regelung zwischen der Klägerin und Herrn C. nicht abbedungen. Es handelt sich bei der Absonderung, die für den Arbeitnehmer C. als Ausscheider angeordnet worden ist, auch um einen in seiner Person liegenden Grund. Allerdings bestand seine Leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen Zeitraum. 268Die Regelung des § 616 Satz 1 BGB wurden zwischen der Klägerin und Herrn C. nicht im Rahmen des vorliegenden Arbeitsvertrags abbedungen. Die Klägerin hat auch weder vorgetragen noch ist anderweitig ersichtlich, dass sich eine Unanwendbarkeit z.B. aus Tarifvertrag ergeben könnte. 269Es handelt sich bei der - streitgegenständlichen - Absonderungsanordnung um ein subjektiv persönliches Hindernis. 270Vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 877/21 -, NRWE. 271Die dortigen Ausführungen zu einer Absonderung aufgrund eines an das Betriebsumfeld des Arbeitnehmers anknüpfenden Ansteckungsverdachts mit dem SARS-CoV‑2 Coronavirus sind auf eine entsprechende Absonderung als Ausscheider zu übertragen. Außerdem handelt es sich nach den dort genannten Maßstäben erst Recht um ein rein subjektives Hindernis, sollte die Infektion des Arbeitnehmers nicht in dessen Betriebsumfeld erfolgt sein. 272Allerdings bestand die Leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen Zeitraum. 273Der Arbeitnehmer befand sich vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2020 in häuslicher Absonderung. Die Absonderung beruhte auf den Allgemeinverfügungen vom 18. Juni 2020 und 20. Juni 2020 des Kreises Gütersloh „zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne“ im Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2021 sowie der individuellen Verfügung der Stadt Hamm. 274Bei einem Absonderungszeitraum von 15 Tagen handelt es sich im vorliegenden Fall um einen erheblichen Zeitraum. 275Wie der unbestimmte Rechtsbegriff der verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit zu konkretisieren ist, ist umstritten. Aus dem Wortlaut des § 616 Satz 1 BGB „verhältnismäßig“ folgt zunächst, dass eine Festlegung auf eine feste Tageszahl, 276vgl. zu den in der Literatur festgelegten Konkretisierungshilfen z.B. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 14; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 616 Rn. 37, 277wegen der Verschiedenartigkeit der in Betracht kommenden Sachverhalte nicht möglich ist. 278Vgl. z.B. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 28; Besgen/Jüngst u.a., in: Handbuch Betrieb und Personal, 248. Lieferung 2021, Stand: 204. Lieferung 05/16, ZWEITES KAPITEL Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung, Rn. 271. 279Zudem darf die Praktikabilität derartiger Richtwerte nicht über ihre fehlende normative Verankerung hinwegtäuschen. 280Vgl. Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 106. 281Im Schrifttum wird im Sinne einer ereignisbezogenen Sichtweise die Erheblichkeit der Verhinderungszeit nach dem zur Arbeitsverhinderung führenden Grund sowie danach beurteilt, ob der Arbeitgeber erfahrungsgemäß mit einer derartigen Nichtleistung über einen bestimmten Zeitraum rechnen konnte, sodass er den Ausfall einzukalkulieren hat. Als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit sei daher auch bei schwerwiegenden Ereignissen nur eine Dauer von wenigen Tagen anzusehen. Die nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz für erkrankte Arbeitnehmer geltende Sechs-Wochen-Frist könne danach grundsätzlich nicht als Maßstab herangezogen werden. 282Vgl. Krause in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616, Rn. 41; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 14, 16; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 67 f.; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 102 f. 283Demgegenüber soll nach der Rechtsprechung im Sinne einer belastungsbezogenen Betrachtungsweise bei der Bewertung des Verhinderungszeitraums - ungeachtet etwaiger Ausnahmen für bestimmte hier nicht relevante Fallgruppen -, 284z.B. BAG, Urteile vom 25. Oktober 1973 - 5 AZR 156/73 -, juris Rn. 12 f., und vom 19. April 1978 - 5 AZR 834/76 -, juris Rn. 22, 285- auf die gesamten Umstände des Einzelfalles abgestellt werden, insbesondere auf das Verhältnis zwischen der Dauer der Verhinderung und der Länge der bisherigen Beschäftigung. Daneben werden (insbesondere) zusätzliche Abreden sowie die Eigenart des Arbeitsverhältnisses und dessen voraussichtliches Fortbestehen berücksichtigt. 286Vgl. z.B. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37; BAG, Urteil vom 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 -, juris Rn. 43; Krause in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616 Rn. 40; Grimm, in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 12. Auflage 2021, B. Entgeltfortzahlung, Rn. 87; Joussen, in: BeckOK, Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 616 Rn. 46; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 66; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 100. 287Die zeitliche Höchstgrenze dürfte regelmäßig bei einer Leistungsunfähigkeit von sechs Wochen liegen. 288Vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37; BAG, Urteile vom 20. Juli 1977 - 5 AZR 325/76 -, juris Rn. 12, und vom 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 -, juris Rn. 43. 289Auch wenn Ausscheider i.S.d. § 2 Nr. 6 IfSG bzw. Ansteckungsverdächtige i.S.d. § 2 Nr. 7 IfSG nach den Motiven des BSeuchG-Gesetzgebers vom Schicksal in ähnlicher Weise betroffen sind wie Kranke, 290vgl. BT-Drs. 3/1888, S. 10, 27 zu § 48 BSeuchG (Entschädigung in besonderen Fällen), und BT-Drs. III/2662, S. 3 ebenfalls zu § 48 BSeuchG 291muss bei der Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 292vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37, 293berücksichtigt werden, dass der Entscheidung § 616 BGB in der Fassung vom 28. August 1975 zu Grunde lag. In dessen Absatz 2 Satz 2 wurde der Sechs-Wochen-Zeitraum zwar als verhältnismäßig nicht erheblich anerkannt, der Gesetzgeber bediente sich aber mit Blick auf den Fortzahlungsanspruch im Krankheitsfall der Regelungstechnik der Fiktion („Hierbei gilt als verhältnismäßig nicht erheblich eine Zeit von sechs Wochen, wenn nicht durch Tarifvertrag eine andere Dauer bestimmt ist.“). Nunmehr fehlt in § 616 BGB jeglicher Anhaltspunkt für eine Gleichstellung mit dem - nunmehr geltenden - § 3 EFZG. 294Vgl. dazu: Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 15; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 103, m.w.N. 295Überdies liegen den Lohnfortzahlungsansprüchen in § 616 Satz 1 BGB und § 3 EFZG unterschiedliche Normzwecke zu Grunde. Während § 616 Satz 1 BGB seine Grundlage - nach der Rechtsprechung - überwiegend in dem Gedanken der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers findet (bzw. nach „neuerem“ Ansatz in der Literatur der Gedanke, dass personengebundenen Tätigkeiten das Risiko eines Ausfalls des Dienstverpflichteten stets immanent ist und es daher sachgerecht erscheint, unerhebliche Verhinderungen bereits bei der Bemessung des Entgelts einzukalkulieren - „minima non curat praetor“), 296vgl. z.B. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 2 f., 14; Joussen, in: BeckOK, Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 616 Rn. 46 f.; Krause in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616 Rn. 40; Riesenhuber, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 616 Rn. 2; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616, Rn. 9, 100 f.; BAG, Urteil vom 25. Oktober 1973 - 5 AZR 156/73 -, juris Rn. 12 f., 297dient § 3 EFZG eher der Entlastung der Krankenkassen. 298Vgl. Temming, in: Kluckert, Das neue Infektionsschutzrecht, § 16 Rn. 21; Reinhard, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, EFZG, 22. Auflage 2022, § 3 Rn. 1 f.; Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, EFZG, § 3 Rn. 2; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 181 ff. 299Angesichts dessen und unter Berücksichtigung des gesetzlichen Wortlauts, 300vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 30, 301geht die Kammer davon aus, dass bei der Beurteilung der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ (auch) im Falle der Absonderung eines ansteckungsverdächtigen bzw. ausscheidenden Arbeitnehmers in erster Linie das Verhältnis zwischen bisheriger Dauer des Arbeitsverhältnisses und Dauer der Arbeitsverhinderung maßgeblich ist. Daneben werden weitere Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. 302Nach dieser Maßgabe überschreitet der Absonderungszeitraum von 15 Tagen die Erheblichkeitsschwelle. Insoweit ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer C. erst etwa neun Monate bei der Klägerin beschäftigt war, als die Absonderung angeordnet worden ist. Allein der Umstand, dass der Arbeitsvertrag unbefristet abgeschlossen worden ist und sich im laufenden Klageverfahren die Prognose einer längerfristig fortdauernden Beschäftigung bestätigt haben mag, ändert an dieser Einschätzung nichts. Auch rechtfertigen weder die Eigenart des Arbeitsverhältnisses noch die Eigenart der Verhinderung im vorliegenden Fall eine andere Beurteilung. Dabei spielt es im vorliegende Fall keine Rolle, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Ausscheider i.S.d. § 2 Nr. 6 IfSG - also eine asymptomatisch infizierte Person - handelt, bei der die Entwicklung von arbeitsunfähig machenden Symptomen und damit die Erlangung der Vorteile des § 3 EFZG vom Zufall abhängt. Denn insoweit sprechen jedenfalls bei noch nicht einmal ein Jahr bestehenden Arbeitsverhältnissen derartige Umstände (noch) nicht dafür, die Beurteilung der verhältnismäßigen Dauer des Arbeitsausfalls zu Gunsten des Arbeitnehmers zu beeinflussen. 303Vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 32, 304d. Die Kausalität („dadurch“), 305vgl. dazu Eckart/Kruse, BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 38, 306zwischen Absonderung und Verdienstausfall ist gegeben. Andere Gründe für den Wegfall des Lohnanspruchs sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insbesondere bleibt die Schließung des Betriebs der Bestellerin ohne Einfluss. Der Einsatz des Arbeitnehmers als Fleischverarbeiter in einem anderen Betrieb wäre ohne Absonderungsanordnung - wie bereits dargelegt - grundsätzlich möglich gewesen. 307e. Ungeachtet der Frage, ob in entsprechender Anwendung von § 254 BGB ggf. über die gesetzlich geregelten Fälle insbesondere in § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG und § 56 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG ein Mitverschulden des Anspruchsberechtigten anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein könnte, 308vgl. zum Streitstand: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 41 ff., m.w.N.; Kümper, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 56 Rn. 27 ff., m.w.N., 309kann ein bezifferbares anspruchsminderndes Mitverschulden des Herrn C. nicht festgestellt werden. Dabei mag schon in Zweifel gezogen werden, ob es bereits als pflichtwidrig angesehen werden kann, unter den gegebenen Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses auf die Einhaltung des Mindestabstands am Lachseband gegenüber seinem Arbeitgeber zu beharren. Letztendlich bedarf dies aber keiner abschließenden Entscheidung, denn es ist jedenfalls nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang dieser Verstoß die eigene Infektion bzw. das Infektionsgeschehen in den Betriebsräumen verursacht hat. Da nicht erkennbar ist, wie sich der Verursachungsbeitrag - nicht zuletzt aufgrund des Zeitablaufs - zuverlässig ermitteln lassen soll, sieht sich die Kammer auch nicht veranlasst, von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen. In dieser Situation des sog. non liquet trägt das beklagte Land die materielle Beweislast für die den Anspruch ausschließenden bzw. mindernden Umstände, sodass die Unaufklärbarkeit zu seinen Lasten geht. 310Vgl. z.B. OVG NRW, Urteil vom 28. Oktober 2021 - 13 A 1376/17 -, juris Rn. 57 m.w.N. 3112. Die Voraussetzungen von § 56 Abs. 5 IfSG sind erfüllt. Unstreitig hat die Klägerin die Entschädigung während des streitgegenständlichen Zeitraums an den Arbeitnehmer C. ausgezahlt, § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG. Einen (formwirksamen) Erstattungsantrag (§ 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG) hat sie am 3. September 2020 beim K. (§ 54 IfSG i.V.m. § 11 Abs. 1 IfSBG-NRW) gestellt. 3123. Der Erstattungsanspruch ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch nicht - nach Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung - ausgeschlossen, weil der Klägerin ggf. ein Schadensersatzanspruch in Höhe des gezahlten Lohns gegenüber der Bestellerin zustehen könnte. 313Einer solchen Auslegung steht schon entgegen, dass die Klägerin keinen Lohn an Herrn C. gezahlt hat, sondern den für diesen Arbeitnehmer entstandenen Entschädigungsanspruch infolge eines Verdienstausfalls. Der Lohnanspruch bestand im hier maßgeblichen Zeitraum der Absonderung - wie dargelegt - nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ nicht. 314Aber auch mit Blick auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Firma U. wegen der gezahlten Entschädigungsleistung und ungeachtet der Frage, ob ein solcher Sekundäranspruch nicht schon nach § 3 Nr. 6 Werkvertrag abbedungen ist, scheidet eine teleologische Reduktion des § 56 Abs. 3 IfSG aus. Die Klägerin fungiert hier nämlich allein als Auszahlungsstelle. Dieses Verfahren soll eine schnelle und unbürokratische Entschädigungsgewährung sicherstellen. 315Vgl. Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, 10. Edition, 15. Januar 2022, IfSG § 56 Rn. 73; Gerhardt, in: Gerhardt, Infektionsschutzgesetz, 5. Auflage 2021, IfSG, § 56 Rn. 25. 316Dieser gesetzgeberische Wille ergibt sich auch im Umkehrschluss aus der Legalzession des § 56 Abs. 10 IfSG, da insoweit nur Schadensersatzansprüche des „Entschädigungsberechtigten“ auf das Land übergehen. In diesem Sinne sind in § 56 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 8 IfSG auch nur Leistungen benannt, die „auf die Entschädigung“ anzurechnen sind. 317Das vorbenannte System würde unterlaufen, ließe man darüber hinaus auch im Verhältnis zwischen entschädigungspflichtigem Land und auszahlungsverpflichtetem Arbeitgeber weitere „Anrechnungstatbestände“ zu. In diese Überlegung ist einzustellen, dass der Erstattungsantrag fristgebunden ist (vgl. § 56 Abs. 11 IfSG). Bei der vom beklagten Land vertretenen Vorgehensweise wird dem Arbeitgeber nicht nur das Prozess- und Insolvenzrisiko auferlegt, sondern auch das Erfordernis bei einem ggf. langwierigen Zivilprozess mit Instanzenzug vorsorglich entsprechende Erstattungsansprüche beim K. zu stellen, sodass weitere - ggf. unnötige - Kosten auf beiden Seiten entstehen und für die Bearbeitung Arbeitskraft gebunden wird. 318Auch andere Schadensersatzansprüche, insbesondere Ansprüche des Arbeitnehmer C. gegen die Klägerin oder die Firma U. sind im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen. Ungeachtet der Frage, ob - erstens - ein Schadensersatzanspruch des entschädigungsberechtigten Arbeitnehmers C. gegen die Klägerin als frühere Arbeitgeberin entstanden und fällig ist, - zweitens - dieser ggf. entstandene und fällige Anspruch nach § 15 Arbeitsvertrag (Ausschlussfristen / Verfallklausel) wieder verfallen ist und - drittens - gemäß § 56 Abs. 10 IfSG auf das beklagte Land übergegangen ist, hat das beklagte Land jedenfalls nicht die Aufrechnung erklärt, 319vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1987 - 3 C 22/86 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 28. Januar 1994 - 3 TG 2026/93 -, juris; VG Minden, Beschluss vom 31. Januar 1996 - 2 K 2333/95 -, 320sodass eine Berücksichtigung im hiesigen Verfahren ausscheidet. 321Sofern dem Arbeitnehmer C. ein Ersatzanspruch z.B. aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter gegen die Firma U. als Bestellerin zusteht, so könnte dieser - ungeachtet der Frage seiner Entstehung, Fälligkeit und Höhe - dem Erstattungsanspruch der Klägerin nicht entgegengehalten werden, weil diese nicht Schuldnerin der ggf. auf das beklagte Land übergegangenen Forderung ist. 3224. Das vom beklagten Land behauptete, anspruchsausschließende (überwiegende) Mitverschulden der Klägerin an der Absonderung ihres Arbeitnehmers ist im Rahmen des § 56 Abs. 3 IfSG selbst nicht zu berücksichtigen, sondern nur - wie geschehen - im Rahmen der Prüfung des § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB oder etwaiger zur Aufrechnung gestellter übergegangener Schadensersatzansprüchen gegen die Klägerin. Dies folgt ebenfalls aus der - zuvor bereits dargelegten - Funktion als Auszahlstelle. 3235. Die Höhe des Erstattungsbetrages von 762,35 Euro Nettoverdienstausfall ist von den Beteiligten unter Berücksichtigung von § 56 Abs. 3 IfSG in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden. Die Kammer hat keine Veranlassung, von sich aus an der Richtigkeit der zugrunde liegenden Berechnung zu zweifeln. 324B. Der Klägerin steht auch der Anspruch auf Erstattung der von ihr verauslagen und der Höhe nach ebenfalls unstreitig gestellten Sozialabgaben i.H.v. 383,14 Euro nach Maßgabe des § 57 IfSG zu. 325C. Die Klage ist auch begründet, soweit die Klägerin aus dem Erstattungsbetrag von 1.145,49 Euro die Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit verlangt. Die Voraussetzungen von §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog liegen seit dem 3. März 2021 (§ 90 VwGO) vor. 326Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. | das verfahren wird eingestellt, soweit die klägerin die klage - sinngemäß - zurückgenommen hat. das beklagte land wird unter entsprechender aufhebung des bescheids des k. vom 3. februar 2021 verpflichtet, der klägerin für den arbeitnehmer b. c. betreffend den zeitraum vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2020 eine erstattung in höhe von 762,35 euro (netto-verdienstausfall) zuzüglich 383,14 euro geleisteter sozialabgaben zu bewilligen, sowie auf diesen betrag zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz ab rechtshängigkeit zu leisten.die kosten des verfahrens tragen die beteiligten je zur hälfte.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin begehrt die erstattung von arbeitgeberaufwendungen nach dem infektionsschutzgesetz. 3die klägerin war von 2008 bis 2020 in der fleischverarbeitung sowie der fleischkonservierung tätig. im rahmen dieser tätigkeit war sie mit der u. gmbh & co. kg, j. , 33378 rheda-wiedenbrück (im folgenden: firma u. ) bzw. einer rechtsvorgängerin geschäftlich verbunden. 4mit werkvertrag vom 1. juni 2009 verpflichtete sich die klägerin als werkunternehmerin gegenüber der firma u. zur herstellung von fleischteilstücken und zerlegenebenprodukten. die werkleistung wird nach den vertraglichen bestimmungen (§ 2 nr. 1) auf dem betriebsgelände der firma u. in rheda-wiedenbrück erbracht. räumlichkeiten und betriebsmittel (mit ausnahme von messern, wetzstählen, arbeits- und schutzkleidung) werden von dieser zur verfügung gestellt. 5gemäß § 2 nr. 4 werkvertrag haben die - klägerin als - werkunternehmerin und die personen, deren sie sich zur erfüllung ihrer werkvertraglichen leistungen bedient, u.a. weisungen der hygienebeauftragen der bestellerin folge zu leisten. nach § 2 nr. 5 werkvertrag ist die werkunternehmerin verpflichtet, gemäß § 8 abs. 1 arbschg ihre beschäftigten über gefahren und risiken für sicherheit und gesundheit sowie über schutzmaßnahmen vor arbeitsaufnahme zu unterweisen. weiter ist sie verpflichtet, ihre beschäftigten vor arbeitsaufnahme nach der betriebseinweisung personalhygiene fb hy 8-01 in der jeweils gültigen version zu schulen. der nachweis über die stattgefundenen unterweisungen ist schriftlich von den beschäftigten per unterschrift zu bestätigen und unaufgefordert vor arbeitsaufnahme an das lohnbüro der bestellerin weiterzuleiten. die klägerin hat zudem nach § 2 nr. 6 werkvertrag gegenüber der bestellerin einen verantwortlichen vertreter zu benennen bzw. dafür sorge zu tragen, dass ein verantwortlicher vertreter bei der erfüllung der werkvertraglichen verpflichtungen präsent ist. 6nach art. 3 nr. 1 des nachtrages zum werkvertrag vom 22. juli 2014 versichert die klägerin, dass sie bei der ausführung des werkvertrags nicht gegen das schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz oder gegen das arbeitnehmer-entsendegesetz verstößt; dass sie die deutschen arbeitsschutzvorschriften und das arbeitszeitgesetz einhält; und dass sie ihren verpflichtungen zur abführung von sozialversicherungsbeitragen in der bundesrepublik deutschland und im heimatland sowie ihren verpflichtungen zur zahlung an die berufsgenossenschaften und die finanzbehörden ordnungsgemäß und vollständig nachkommt. in art. 1 der ergänzung verpflichten sich die vertragsparteien zur einhaltung des bundeseinheitlichen tarifvertrags zur regelung der mindestbedingungen für arbeitnehmer in der fleischwirtschaft in der jeweils gültigen fassung. 7im rahmen dieses werkvertrags setzte die klägerin in juni 2020 ihren arbeitnehmer b. c. als fleischverarbeiter am band „lachse“ (veredelung von fleischstücken/entfernung von fett und sehnen) auf dem betriebsgelände der firma u. ein. der arbeitnehmer war ausweislich des vorliegenden arbeitsvertrags vom 26. august 2019 seit dem 2. september 2019 bei der klägerin beschäftigt. es wurde ein bruttostundenlohn von 9,20 € sowie eine zusätzliche monatliche prämie von 150 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen arbeitszeit von 40 stunden vereinbart (§§ 4 und 5 des arbeitsvertrags). der arbeitnehmer war bzw. ist unter der adresse l. in 59077 hamm wohnhaft. 8im rahmen einer am 16. juni 2020 durchgeführten reihentestung stellte das gesundheitsamt des kreises gütersloh bei 730 von 1.106 abstrichen von in der „zerlegung“ auf dem werksgelände der firma u. tätigen mitarbeitern einen positiven befund auf das coronavirus sars-cov-2 fest. 9der landrat des kreises gütersloh ordnete daraufhin am 17. juni 2020 zunächst mündlich die schließung des betriebsstandortes der u. unternehmensgruppe in rheda-wiedenbrück an. unter dem 10. august 2020 bestätigte er gegenüber der u. & co. kg die allgemeinverfügung zur schließung des betriebs der unternehmensgruppe u. am betriebsstandort „j......, 33378 rheda-wiedenbrück“ schriftlich. 10mit allgemeinverfügung zur fortbestehenden schließung und den voraussetzungen einer schrittweise möglichen wiederaufnahme des betriebs der unternehmensgruppe u. am betriebsstandort „j......, 33378 rheda-wiedenbrück“ vom 2. juli 2020 verfügte der bürgermeister der stadt rheda-wiedenbrück eine weitere schließung bis zum 17. juli 2020. überdies wurden regelungen zur schrittweisen wiederaufnahme des betriebs getroffen. 11mit allgemeinverfügung zur absonderung in sog. häusliche quarantäne vom 18. juni 2020 ordnete der landrat des kreises gütersloh in ziffer 1 die absonderung in häusliche quarantäne gegenüber allen im betrieb der firma u. in rheda-wiedenbrück in der produktion tätigen personen an. ziffer 2 enthielt einen ausnahmetatbestand für alle seit dem 16. juni 2020 durch beauftragte des gesundheitsamtes negativ getesteten personen, die auch bei erhalt des testergebnisses noch keinerlei symptome aufwiesen. gleichzeitig wurde der fall geregelt, dass der betroffene zwar negativ getestet worden ist, aber im rahmen der kontaktnachverfolgung als kontaktperson der kategorie 1 nach den kriterien des robert-koch-instituts ermittelt wurde. in diesem fall sollte das gesundheitsamt mitteilen, bis wann die absonderung zu erfolgen hat. 12mit allgemeinverfügung zur absonderung in sog. häusliche quarantäne vom 20. juni 2020 hob der landrat des kreises gütersloh die allgemeinverfügung vom 18. juni 2020 auf und ordnete für alle auf dem betriebsgelände der firma u. in rheda-wiedenbrück tätigen personen die absonderung in häusliche quarantäne bis zum 2. juli 2020, 24:00 uhr, an. zugleich erließ er ausnahmeregelungen für eine sog. arbeitsquarantäne für bestimmte personen die auf dem gelände der firma u. tätig waren. die produktion war von dieser ausnahme nicht erfasst. 13außerdem ordnete das gesundheitsamt der stadt hamm die absonderung des arbeitnehmers c. in häusliche quarantäne vom 18. juni bis zum 2. juli 2020 an. 14mit allgemeinverfügung zum schutz der bevölkerung vor der verbreitung des coronavirus sars-cov-2 gegenüber im betrieb der firma u. am standort „j......, 33378 rheda-wiedenbrück“ tätigen und mit ihnen in häuslicher gemeinschaft lebenden personen durch absonderung in häuslicher quarantäne vom 1. juli 2020 ordnete das ministerium für arbeit, gesundheit und soziales des landes nordrhein-westfalen (mags) ab dem 3. juli 2020, 00:00 uhr, gegenüber allen personen, die im zeitraum vom 3. juni 2020 bis zum 17. juni 2020 an mindestens einem tag auf dem betriebsgelände der firma u. am standort „j......, 33378 rheda-wiedenbrück“ tätig waren, unabhängig davon, ob sie unmittelbar bei dieser firma, einem subunternehmer oder einer leiharbeitsfirma angestellt sind oder für diese tätig waren, die absonderung in häusliche quarantäne bis zum 17. juli 2020, 24.00 uhr an. zugleich erließ das mags ausnahmeregelungen für eine sog. arbeitsquarantäne für bestimmte personengruppen, die auf dem gelände der firma u. tätig waren. die produktion war von dieser ausnahme nicht erfasst. die absonder-ungsverpflichtung endete für personen, die im rahmen der seit dem 16. juni 2020 durch beauftragte des gesundheitsamtes gütersloh durchgeführten testungen positiv getestet worden sind, frühestens 14 tage nach labordiagnostischem erstnachweis des erregers zu dem zeitpunkt, an dem die person 48 stunden symptomfrei ist. 15am 3. september 2020 beantragte die klägerin die „erstattung von arbeitgeberaufwendungen bei verdienstausfall eines arbeitnehmers auf grund behördlich angeordneter quarantäne (absonderung) oder tätigkeitsverbot nach § 56 abs. 1 des infektionsschutzgesetzes (ifsg)“ für den arbeitnehmer „b. c. “. dazu erklärte sie u.a., dass der arbeitnehmer sich aufgrund einer anordnung des gesundheitsamtes der stadt hamm vom 18. juni 2020 bis zum 17. juli 2020 in quarantäne befunden habe, er in diesem zeitraum keinen genehmigten urlaub gehabt habe, er nicht aufgrund eines kranken kindes arbeitsbefreit gewesen sei und er in diesem zeitraum keinen anspruch auf entgeltfortzahlung nach § 616 bgb, auf arbeitslosengeld i, kurzarbeitergeld, sonstige zuschüsse, zusätzliches einkommen aus ersatztätigkeiten gehabt habe. der betrieb des arbeitnehmers sei vom 18. juni 2020 bis zum 17. juli 2021 geschlossen gewesen. die frage, ob der arbeitnehmer während der absonderung arbeitsunfähig krank gewesen sei, verneinte die klägerin. 16mit bescheid vom 3. februar 2021 lehnte der k. (k. ) den antrag auf erstattung von arbeitgeberaufwendungen für herrn b. c. ab. zur begründung führte der k. aus, dass die klägerin beim einsatz ihres arbeitnehmers gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften, insbesondere hygienevorgaben verletzt habe. aus diesem grund habe der arbeitnehmer einen lohnfortzahlungsanspruch gegen die klägerin als arbeitgeberin, sodass ein verdienstausfall i.s.v. § 56 abs. 1 ifsg und damit ein entsprechender erstattungsanspruch nicht vorlägen. der betrieb, in dem der arbeitnehmer eingesetzt gewesen sei, sei vom 16. juni 2020 bis zum 17. juli 2020 aufgrund behördlicher anordnung geschlossen gewesen. ein einsatz des arbeitnehmers sei somit bereits aus betrieblichen gründen nicht möglich gewesen. im zeitraum der betriebsschließung habe bereits aus diesem grund kein verdienstausfall vorgelegen, da der arbeitnehmer einen lohnfortzahlungsanspruch gegen die klägerin als arbeitgeberin gehabt habe, sodass ein möglicher entschädigungsanspruch entfalle. 17die klägerin hat am 3. märz 2021 klage erhoben. 18zur begründung trägt sie im wesentlichen vor, vorrangige ansprüche, die einen entschädigungsanspruch ausschlössen, lägen nicht vor. insbesondere bestehe kein lohnfortzahlungsanspruch aus § 3 abs. 1 satz 1 efzg, da herr c. nicht infolge krankheit arbeitsunfähig gewesen sei. zwar sei er am 17. juni 2010 positiv auf das coronavirus getestet worden, er habe aber keine symptome gehabt. 19auch die voraussetzungen des § 616 satz 1 bgb lägen nicht vor, da herr c. über einen erheblichen zeitraum abgesondert gewesen sei, insbesondere vor dem hintergrund des beginns der beschäftigung erst am 2. september 2019. ein nicht erheblicher zeitraum seien nur wenige tage, in ansehung von § 2 pflegezg allenfalls 10 tage. 20der anspruch sei insbesondere nicht wegen verstößen gegen gesundheits- und arbeitsvorschriften oder hygienevorgaben ausgeschlossen. der behördenakte lasse sich weder der vom k. behauptete verstoß entnehmen, noch sei ersichtlich, dass die arbeits- und beschäftigungsbedingungen des arbeitnehmers c. geprüft worden seien. auch in den begründungen der allgemeinverfügungen über die absonderung in häusliche quarantäne seien keine verstöße gegen gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften zum zeitpunkt der anordnung festgestellt worden. in der verfügung des kreises gütersloh vom 18. juni 2020 werde auf seite 4 von einem „unklaren ausbruchsgeschehen“ ausgegangen und nach den ausführungen auf seite 3 werde es nur als „sehr naheliegend“ erachtet, dass die infizierten beschäftigten aus der zerlegung der firma u. weitere in der produktion tätige personen durch kontakte am arbeitsplatz, in der gemeinsamen unterkunft oder auf dem gemeinsamen transportweg infiziert hätten. 21im übrigen habe sie beim einsatz ihrer arbeitnehmer auf dem betriebsgelände der firma u. auch keine verstöße begangen. seitens ihrer bestellerin seien seit beginn der corona-pandemie präventionsmaßnahmen und hygienekonzepte eingeführt worden, die auch von ihr - als auf dem betriebsgelände tätige subunternehmerin - umgesetzt worden seien. sie habe ihre gefährdungsbeurteilung im hinblick auf die pandemie angepasst und maßnahmen ergriffen. sie habe masken und desinfektionsmittel gekauft. ihre mitarbeiter seien über die (sich ändernden) einzuhaltenden maßnahmen informiert und angewiesen worden, sich an diese anordnungen zu halten. der objektleiter l. a. sei zuständig gewesen für schulungen und informationen vor ort. über einzuhaltende schutzmaßnahmen seien die arbeitnehmer - auch herr c. - unterrichtet worden. die informationen seien auch schriftlich in unterschiedlichen sprachen an die mitarbeiter verteilt worden. bei den von ihr organisieren transporten der arbeitnehmer von bielefeld nach rheda-wiedenbrück - bei denen der arbeitnehmer c. wegen seines wohnsitzes in hamm nicht befördert worden sei - seien in den beiden kleinbussen schutzmasken getragen worden. zudem seien regelmäßig amtsärzte vor ort gewesen, die lebensmittelrechtliche kontrollen durchgeführt hätten. hinweise auf verstöße gegen hygienevorschriften hätten die kontrolleure nicht festgestellt. sämtliche arbeitnehmer in der produktion hätten z.b. schutzkleidung getragen und sich vor dem betreten der arbeitsbereiche hände und schuhe desinfiziert. auch die kontrollen durch die gewerbeaufsicht seien im hinblick auf den arbeitsplatz des arbeitnehmers c. beanstandungslos geblieben. 22sie habe dem arbeitnehmer c. auch die wohnung nicht vermittelt. es habe sich dabei nicht um eine firmenunterkunft gehandelt. 23die klägerin hat ursprünglich beantragt, das beklagte land unter aufhebung des bescheids des k. vom 3. februar 2021 zu verpflichten, ihr für den mitarbeiter b. c. betreffend den zeitraum vom 18. juni bis zum 17. juli 2020 eine erstattung in höhe von 1.645,60 euro (netto-verdienstausfall) zuzüglich 660,72 euro geleisteter sozialabgaben zu bewilligen, sowie das beklagte land zu verpflichten, an sie zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtsanhängigkeit zu zahlen. 24die klägerin beantragt nunmehr, 25261. das beklagte land unter entsprechender aufhebung des bescheids des k. vom 3. februar 2021 zu verpflichten, ihr für den mitarbeiter b. c. betreffend den zeitraum vom 18. juni bis zum 2. juli 2020 eine erstattung in höhe von 762,35 euro (netto-verdienstausfall) zuzüglich 383,14 euro geleisteter sozialabgaben zu bewilligen, 272. das beklagte land zu verpflichten, an sie zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz auf diese forderung seit rechtsanhängigkeit zu zahlen. 28das beklagte land beantragt, 29die klage abzuweisen. 30es trägt im wesentlichen vor, ein tätigkeitsverbot durch die stadt hamm sei nicht belegt. es sei außerdem eine absonderung nur vom 18. juni bis zum 2. juli 2020 ersichtlich. der arbeitnehmer c. habe keinen verdienstausfall erlitten, da ihm gegen die klägerin ein anspruch auf zahlung der vereinbarten vergütung zustehe. er könne auch ohne symptome als kranker und insoweit als entgeltfortzahlungsberechtigter angesehen werden. 31dem arbeitnehmer stehe ein lohnfortzahlungsanspruch gegen die klägerin auch nach § 616 satz 1 bgb zu. die geltung dieser vorschrift sei nicht abbedungen. die absonderung als ansteckungsverdächtiger stelle ein persönliches leistungshindernis dar. insbesondere betreffe eine absonderung von 15 tagen eine verhältnismäßig nicht erhebliche zeit. dabei sei zu berücksichtigen, dass der arbeitnehmer im januar 2022 nunmehr über 2 jahre und 4 monate bei der klägerin beschäftigt sei. die absonderung sei mit einer krankheitsbedingten arbeitsunfähigkeit vergleichbar, sodass nach dem rechtsgedanken des entgeltfortzahlungsgesetzes einen fortzahlungsanspruch von bis zu sechs wochen bestehe. die gesetzgeberischen motive stellten klar, dass ein quarantäne-pflichtiger in ähnlicher weise betroffen sei wie eine erkrankte person. § 2 pflegezg könne nicht zum vergleich herangezogen werden, da der dortige hinderungsgrund nicht in der person des arbeitnehmers begründet sei. 32zudem sei der vergütungsanspruch wegen der regelung des § 615 sätze 1 und 3 bgb nicht untergegangen. dies sei zunächst der fall, weil es sich bei dem der absonderung des herrn c. zu grunde liegenden ansteckungsverdacht um ein betriebsrisiko handele. die absonderung beruhe auf einem ansteckungsverdacht, der wiederrum wohl aus der arbeitsvertraglich geschuldeten erbringung der arbeitsleistung des herrn c. auf dem u. -betriebsgelände resultiere. hätte der arbeitnehmer nicht am betriebsstandort in rheda-wiedenbrück gearbeitet, wäre der grund für die absonderung entfallen. die klägerin könne sich nicht auf ein unvermögen ihres arbeitnehmers infolge der absonderung berufen. ein aus der absonderung folgendes unvermögen zum erbringen der arbeitsleistung stamme gerade aus der sphäre der klägerin, nämlich dem ihren unternehmerischen interessen dienenden einsatz des arbeitnehmers am betriebsstandort. würde man aufgrund der absonderung von einem einen anspruch aus § 615 bgb ausschließenden unvermögen des arbeitnehmers ausgehen, bürdete man ihm so - entgegen der gesetzlichen wertung in § 615 satz 3 bgb - letztendlich das in der sphäre der klägerin liegende betriebsrisiko auf. 33darüber hinaus stehe dem arbeitnehmer c. der lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 sätze 1 und 3 bgb aufgrund der behördlich angeordneten schließung des betriebsstandorts zu. diese schließung sei dem betriebsrisiko der klägerin zuzurechnen, da sie auf eine erhebliche begünstigung der virus-verbreitung durch die betrieblichen verhältnisse - insbesondere baulicher und betriebsorganisatorischer natur - zurückzuführen sei. diese umstände müsse sich die klägerin als werkunternehmerin zurechnen lassen. irrelevant sei, inwiefern die klägerin ein verschulden treffe. 34des weiteren sei der arbeitnehmer c. seines vergütungsanspruchs nach § 615 sätze 1 und 3 bgb nicht verlustig gegangen, weil die klägerin bei dessen einsatz gesundheits- und arbeitsvorschriften verletzt habe. unter das betriebsrisiko fielen auch verstöße gegen die den arbeitgeber treffende fürsorgepflicht gemäß § 618 abs. 1 bgb; auf ein verschulden komme es dabei nicht an. die dem arbeitgeber obliegende fürsorgepflicht werde durch die öffentlich-rechtlichen schutzmaßnahmen konkretisiert, wobei diese lediglich das mindestmaß festlegten. diese bestimmungen des arbeitsschutzes seien im hinblick auf die ausgebrochene covid-19-pandemie dahingehend auszulegen, dass der arbeitgeber schutzmaßnahmen hinsichtlich des gesundheitsschutzes seiner arbeitnehmer zu ergreifen habe, um eine infektion mit dem neuartigen virus zu vermeiden und infektionsrisiken so zu minimieren. 35ein infektionsgeschehen, wie es in der begründung zur allgemeinverfügung des bürgermeisters der stadt rheda-wiedenbrück vom 2. juli 2020 dargelegt sei, biete hinreichend belastende anhaltspunkte dafür, dass die verbreitung insbesondere durch die baulichen und betriebsorganisatorischen verhältnisse begünstigt worden sei; im falle eines funktionierenden und dem pandemiegeschehen angepassten hygieneplans sei ein derartiges infektionsgeschehen schlechterdings nicht denkbar. entsprechende verstöße ergäben sich zudem aus den begründungen der allgemeinverfügungen des kreises gütersloh und der stadt rheda-wiedenbrück, in denen von einem großen, unklaren ausbruchsgeschehen die rede sei und dargelegt werde, dass sich das coronavirus, begünstigt durch die betrieblichen verhältnisse, von der zerlegung in andere bereiche durch kontakte am arbeitsort, in den unterkünften und auf dem transportweg verbreitet habe. im übrigen seien im rahmen der besichtigung am 15. mai 2020 aller abteilungen und bereiche der unternehmensgruppe u. durch die bezirksregierung detmold gravierende mängel im hinblick auf die vorgaben der sars-cov-2-arbeitsschutzstandards und damit verstöße gegen den arbeits- und gesundheitsschutz der arbeitnehmer im sinne des arbeitsschutzgesetzes festgestellt worden. auch ein bei youtube veröffentlichtes video zeige die verhältnisse in der kantine, in der mindestabstände nicht eingehalten worden seien. 36zudem seien im zusammenhang mit der unterbringung des arbeitnehmers gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften verletzt worden. unter der anschrift des arbeitnehmers würden zahlreiche andere arbeitnehmer der fleischindustrie wohnen, was dem beklagten land aus anderen verfahren bekannt sei. es sei daher nach der lebenserfahrung davon auszugehen, dass es sich um eine gemeinschaftsunterkunft oder werkswohnung handele, die zumindest von der klägerin vermittelt worden sei. als gemeinschaftsunterkunft hätte infektionsschutzrechtlich ein hygieneplan vorliegen und an den ausbruch der pandemie angepasst werden müssen. auch aus dem für solche gemeinschaftsunterkünfte außerhalb des betriebsgeländes geltenden arbeitsschutzrecht habe die klägerin maßnahmen zum gesundheitsschutz ergreifen müssen. entsprechendes habe die klägerin nicht getan. 37die absonderungsverfügung sei nicht kausal für den geltend gemachten verdienstausfall, da der arbeitnehmer c. bereits aufgrund der betriebsschließung vom 17. juni 2020 bis zum 17. juli 2020 nicht habe arbeiten können. 38des weiteren wirkten sich die werkvertraglichen bestimmungen auf den geltend gemachten erstattungsanspruch aus. soweit die klägerin nachweise, dass sie sich nicht vertragswidrig verhalten habe, könne sie gegenüber der bestellerin einen schadensersatzanspruch geltend machen. zwar sei der entschädigungsanspruch werkvertraglich ausgeschlossen, das entschädigungsrecht diene aber nicht dazu, ausgeschlossene schadensersatzansprüche zu kompensieren. dies gelte umso mehr, als dass eine entschädigung im vergütungsanspruch enthalten sei. 39jedenfalls müsse sich die klägerin ein weit überwiegendes mitverschulden anrechnen lassen, das den erstattungsanspruch ausschließe. die pflichtverstöße der klägerin als arbeitgeberin gegenüber ihren arbeitnehmern betreffend deren gesundheitsschutz seien derart erheblich und führten zu einer großen infektionsgefahr, die letztlich nur durch eine flächendeckende allgemeinverfügung zur absonderung der am betriebsstandort in rheda-wiedenbrück tätigen personen sowie durch eine mehrwöchige betriebsschließung eingedämmt werden konnte. 40die kammer hat den arbeitnehmer c. als zeugen gehört. wegen des inhalts und des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die sitzungsniederschrift vom heutigen tage verwiesen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs. 41 | 42das verfahren war gemäß § 92 abs. 3 vwgo einzustellen, soweit die klägerin durch die beschränkung ihres klageantrags auf die erstattung für den zeitraum vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2020 die klage bezüglich des darüber hinaus gehenden zeitraums - sinngemäß - zurückgenommen hat. 43die danach noch anhängige klage hat erfolg. 44die zulässige klage ist begründet. der bescheid des beklagten landes vom 3. februar 2021 ist - soweit er noch angegriffen ist - rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten. ihr steht ein anspruch auf erstattung der an ihren arbeitnehmer b. c. gezahlten verdienstausfallentschädigung in höhe von 762,35 euro (netto-verdienstausfall) (a.) zuzüglich sozialversicherungsabgaben in höhe von 383,14 euro (b.) für den zeitraum vom 18. juni bis zum 2. juli 2020 zu (§ 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 vwgo). des weiteren hat die klägerin einen anspruch auf die geltend gemachten prozesszinsen (c.). 45a. die klägerin hat einen anspruch auf bewilligung einer erstattung der an ihren arbeitnehmer b. c. geleisteten aufwendungen in höhe von 762,35 euro aus § 56 abs. 1 sätze 1 und 2 i.v.m. abs. 5 ifsg. 46i. maßgeblich ist insoweit die ab dem 23. mai 2020 gültige gesetzesfassung, dem zeitpunkt der entstehung des anspruchs auf entschädigung. 47aus der ständigen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ergibt sich für die frage des richtigen zeitpunkts für die beurteilung der sach- und rechtslage aus dem prozessrecht nur, dass ein kläger im verwaltungsgerichtlichen rechtsstreit ebenso mit einem aufhebungsbegehren wie mit einem verpflichtungsbegehren nur dann erfolg haben kann, wenn er im zeitpunkt der letzten gerichtlichen entscheidung einen anspruch auf die erstrebte aufhebung des verwaltungsakts bzw. auf die erstrebte leistung hat. ob ein solcher anspruch jedoch besteht, d.h. ob ein belastender verwaltungsakt den kläger im sinne des § 113 abs. 1 vwgo rechtswidrig in seinen rechten verletzt oder die ablehnung eines begehrten verwaltungsakts im sinne des § 113 abs. 5 vwgo rechtswidrig ist, beurteilt sich nach dem materiellen recht, dem nicht nur die tatbestandlichen voraussetzungen einer ermächtigungsgrundlage oder eines anspruchs selbst, sondern auch die antwort auf die frage zu entnehmen ist, zu welchem zeitpunkt diese voraussetzungen erfüllt sein müssen. 48vgl. nur bverwg, urteil vom 31. märz 2004 - 8 c 5.03 -, juris rn. 35; vg bayreuth, urteil vom 21. juni 2021 - b 7 k 21.110 -, juris rn. 22, jeweils m.w.n.; vgl. auch eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 20a, m.w.n. zum streitstand. 49nach diesen grundsätzen ist hier jedenfalls § 56 ifsg in der vom 23. mai bis zum 18. november 2020 gültigen fassung anzuwenden. denn der insoweit maßgebliche anspruch des arbeitnehmers, der hier durch die klägerin als arbeitgeberin geltend gemacht wird (§ 56 abs. 5 sätze 1 und 2 ifsg), war jedenfalls zu diesem zeitpunkt bereits entstanden. dies ergibt sich aus der damals gültigen fassung des § 56 abs. 6 satz 1 ifsg, der im zeitpunkt der mündlichen verhandlung auch unverändert fort gilt. danach richtet sich die fälligkeit der entschädigungsleistungen bei arbeitnehmern nach der fälligkeit des aus der bisherigen tätigkeit erzielten arbeitsentgelts. § 614 bgb bestimmt dabei, dass die vergütung nach der leistung der dienste zu entrichten ist (satz 1) und dass, soweit die vergütung nach zeitabschnitten bemessen ist, diese nach dem ablauf der einzelnen zeitabschnitte zu entrichten ist (satz 2). die klägerin hatte mit ihrem arbeitnehmer einen stundenlohn und eine wöchentliche arbeitszeit von 40 stunden vereinbart (§ 4 und 5 nr. 1 arbeitsvertrag). danach wurde der vergütungsanspruch des arbeitnehmers zum ende jeder arbeitswoche fällig - ungeachtet des umstands, dass ausweislich der vorgelegten lohnabrechnungen offensichtlich eine monatliche abrechnung/auszahlung erfolgte. 50vgl. maties, in: beckogk, bgb, stand: 1. august 2021, § 614 rn. 54 f. 51da der letzte absonderungstag, für den hier noch erstattung beansprucht wird, donnerstag, der 2. juli 2020 gewesen ist, war der anspruch spätestens zu beginn der nächsten woche am 6. juli 2020 fällig und damit auch jedenfalls entstanden. dabei braucht hier nicht entscheiden werden, ob der entschädigungsanspruch des arbeitnehmers bereits zum zeitpunkt der absonderung entstanden sein könnte, da die im zeitpunkt der fälligkeit gültige fassung bereits während der absonderung gültig war. 52ii. die tatbestandsvoraussetzungen liegen vor. 53nach § 56 abs. 1 satz 1 ifsg i.d.f. vom 19. mai 2020 erhält eine entschädigung in geld, wer auf grund dieses gesetzes als ausscheider, ansteckungsverdächtiger, krankheitsverdächtiger oder als sonstiger träger von krankheitserregern im sinne von § 31 satz 2 ifsg verboten in der ausübung seiner bisherigen erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen verdienstausfall erleidet. das gleiche gilt nach § 56 abs. 1 satz 2 ifsg für personen, die als ausscheider, ansteckungsverdächtige oder krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere schutzmaßnahmen nicht befolgen können. 54satz 3 des § 56 abs. 1 ifsg bestimmt zudem, dass eine entschädigung nach den sätzen 1 und 2 nicht erhält, wer durch inanspruchnahme einer schutzimpfung oder anderen maßnahme der spezifischen prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im bereich des gewöhnlichen aufenthaltsorts des betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein verbot in der ausübung seiner bisherigen tätigkeit oder eine absonderung hätte vermeiden können. 55gemäß § 56 abs. 5 ifsg hat der arbeitgeber bei arbeitnehmern für die dauer des arbeitsverhältnisses, längstens für sechs wochen, die entschädigung für die zuständige behörde auszuzahlen (satz 1). die ausgezahlten beträge werden dem arbeitgeber auf antrag von der zuständigen behörde erstattet (satz 2). im übrigen wird die entschädigung von der zuständigen behörde auf antrag gewährt (satz 3). 56die voraussetzungen des § 56 abs. 1 satz 2 i.v.m. satz 1 ifsg sind erfüllt 571. der für den erstattungsanspruch der klägerin primär erforderliche ursprüngliche entschädigungsanspruch des b. c. gegen das beklagte land nach § 56 abs. 1 ifsg liegt vor. 58a. einschlägig ist hier § 56 abs. 1 satz 2 ifsg (entschädigung aufgrund einer absonderung). soweit die klägerin im verwaltungsverfahren noch angegeben hatte, es sei auch ein tätigkeitsverbot durch die stadt hamm angeordnet worden, wurde dies nicht durch die vorlage einer entsprechenden verfügung bestätigt. entsprechendes hat auch der als zeuge vernommene arbeitnehmer nicht berichtet. 59aa. darauf kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an, da sich der arbeitnehmer c. ausweislich der vorgelegten bestätigung der stadt hamm vom 19. juni 2020 (bl. 158 ga) jedenfalls aufgrund dortiger individueller anordnung vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2020 in absonderung i.s.d. § 30 ifsg (quarantäne) befand. am wahrheitsgehalt dieses behördlichen schreibens bestehen keine zweifel, auch wenn es offensichtlich zur vorlage an den arbeitgeber bestimmt war. der arbeitnehmer war dabei als eine von § 56 abs. 1 satz 2 erfassten person abgesondert worden, nämlich jedenfalls als ausscheider i.s.v. § 2 nr. 6 ifsg. 60der arbeitnehmer ist entgegen der ansicht des beklagten landes nicht als kranker i.s.v. § 2 nr. 4 ifsg anzusehen, der vom anwendungsbereich des § 56 abs. 1 satz 2 ifsg nach dessen intention und insoweit eindeutigen wortlauts nicht erfasst wäre. 61vgl. nur eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, , § 56 rn. 27 f. 62kranker ist nach § 2 nr. 4 ifsg eine person, die an einer übertragbaren krankheit erkrankt ist. dies setzt krankheitssymptome voraus. 63vgl. gerhardt, ifsg, 5. auflage 2021, § 2 rn. 33; kießling, in: kießling, ifsg, 2. auflage 2021, § 2 rn. 21; gabriel, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 2 rn. 25; vg minden, beschluss vom 3. november 2020 - 7 l 915/20 -. 64zwar wurde der kläger nach seinen eigenen angaben am 17. juni 2020 - offenbar im rahmen der testungen der belegschaft der firma u. durch den kreises gütersloh - positiv auf das virus sars-cov-2 getestet. krankheitssymptome hatte er danach jedoch keine. im gegensatz zu weiteren aussagen im verlauf der vernehmung hat die kammer keinen anlass, am wahrheitsgehalt dieser aussage zu zweifeln. asymptomatische infektionen werden seit beginn der pandemie beobachtet. außerdem bestehen insoweit keine belastungstendenzen, da die positivtestung und die asymptomatik der klägerin keinen vorteil, sondern einen nachteil hinsichtlich des erstattungsanspruchs verschafft. denn unter diesen umständen war der arbeitnehmer im anschluss an die verfügung der stadt hamm von keiner weiteren absonderungsverfügung mehr betroffen, insbesondere nicht von der des mags vom 1. juli 2021. nach deren ziffer 3 spiegelstrich 1 endete die dort verfügte absonderung für den arbeitnehmer bereits am 2. juli 2020, also bereits vor beginn der dort angeordneten absonderung, was die klägerin im zuge der mündlichen verhandlung zur - sinngemäßen - klagerücknahme bezüglich des darüber hinausgehenden zeitraums veranlasste. 65vielmehr war der arbeitnehmer als von § 56 abs. 1 satz 2 ifsg erfasster ausscheider i.s.v. § 2 nr. 6 ifsg anzusehen. dies ist eine person, die krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine ansteckungsquelle für die allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein. darunter fallen insbesondere asymptomatisch infizierte. 66vgl. kießling, in: kießling, ifsg, 2. auflage 2021, § 2 rn. 25. 67da andere schutzmaßnahmen nicht angeordnet wurden, konnte der arbeitnehmer offensichtlich auch solche nicht befolgen (vgl. § 56 abs. 1 satz 2 halbsatz 2 ifsg). 68unabhängig von alldem unterlag der arbeitnehmer ausweislich der allgemeinverfügungen vom 18. juni 2020 und 20. juni 2020 des kreises gütersloh „zur absonderung in sog. häusliche quarantäne“ vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2020 als unmittelbar vor erlass der ersten absonderungsverfügung auf dem betriebsgelände der firma u. tätiger fleischverarbeiter als ansteckungsverdächtiger (§ 2 nr. 7 ifsg) einer behördlich angeordneten absonderung (i.s.d. § 30 ifsg). 69bb. da § 56 abs. 1 satz 2 i.v.m. satz 1 ifsg das erfordernis der rechtmäßigkeit der absonderungsverfügung nicht voraussetzt, genügt tatbestandlich eine wirksame maßnahme. 70vgl. kümper, in: kießling, ifsg, 2. auflage 2021, § 56 rn. 20, m.w.n.; zum streitstand: eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 34, m.w.n. 71gegen die wirksamkeit der verfügung bestehen keine bedenken, solche wurden von den beteiligten auch nicht vorgetragen. 72ungeachtet dessen bestehen - unter berücksichtigung der o.g. umstände - auch keine (durchgreifenden) zweifel an der rechtmäßigkeit der absonderungsanordnung. 73b. unabhängig davon, ob § 56 abs. 1 satz 3 ifsg in seiner hier maßgeblichen fassung über die dort ausdrücklich geregelten fälle dahingehend zu verstehen ist, dass allgemein bei vermeidbarkeit der absonderung durch den abgesonderten die entschädigung ausscheidet, 74vgl. vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 94, 75ist hier nicht zu erkennen, dass die absonderung vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2020 für den arbeitnehmer vermeidbar gewesen sein könnte. insbesondere bestand nach den allgemeinverfügungen des kreises gütersloh vom 18. und 20. juni 2020 keine möglichkeit einer freitestung für positive getestete personen wie den arbeitnehmer. dass dies bei der individuellen verfügung der stadt hamm der fall gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich. 76c. der arbeitnehmer hat außerdem in dem zeitraum vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2020 den erforderlichen verdienstausfall erlitten. 77nach dem grundsatz „ohne arbeit kein lohn“ (§ 326 abs. 1 bgb) stand dem arbeitnehmer im zeitraum der absonderung, in dem er seine wohnung nicht verlassen durfte, kein anspruch aus seinem arbeitsvertrag i.v.m. § 611a abs. 2 bgb auf zahlung seines arbeitslohns zu. 78vgl. dazu z.b.: maties, in: beckogk, bgb, 1. august 2021, § 611a rn. 1670 ff.; fandel/kock, in: herberger/martinek u.a., jurispk-bgb, 9. auflage 2020, § 611a rn. 198. 79er konnte seine tätigkeit als „fleischverarbeiter“ offenkundig auch nicht im home-office erbringen. 80vgl. zur arbeitsorganisatorischen umstellung auch: eckart/kruse, beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 35. 81es lag kein fall vor, in dem die klägerin gegenüber dem arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen grundsätzen zur lohnfortzahlung trotz nicht geleisteter arbeit verpflichtet gewesen wäre. 82aa. die voraussetzungen des § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb liegen nicht vor. 83der anwendung von § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb im arbeitsrecht steht § 615 bgb nicht entgegen. die dienstvertraglichen regeln des annahmeverzugs verdrängen § 326 bgb nicht. vielmehr ergänzen sich beide. 84vgl. im einzelnen z.b.: bag, urteil vom 23. september 2015 - 5 azr 146/14 -, juris rn. 26; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 5, m.w.n.; bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 615 rn. 6. 85nach § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb behält der arbeitnehmer den anspruch auf die gegenleistung, wenn der arbeitgeber für den umstand, auf grund dessen der arbeitnehmer nach § 275 abs. 1 bis 3 bgb nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. 86es fehlt an der danach erforderlichen verantwortlichkeit der klägerin, denn es ist nicht davon auszugehen, dass die klägerin allein oder weit überwiegend verantwortlich ist für den grund der - wegen des fixschuldcharakters der nach wöchentlicher arbeitszeit bemessenen arbeitsleistung (§ 5 arbeitsvertrag) -, 87vgl. bag, urteile vom 17. märz 1988 - 2 azr 576/87 -, juris rn. 47, und vom 23. september 2015 - 5 azr 146/14 -, juris rn. 26; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 611a rn. 675; fandel/kock, in: herberger/martinek u.a., jurispk-bgb, 9. auflage 2020, § 611a rn. 198; ernst, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 275 rn. 49, 52, zur einzelfallbetrachtung, 88absonderungsbedingten unmöglichkeit. verantwortlichkeit im vg. sinne erfasst nach der hier maßgeblichen rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts vertretenmüssen i.s.d. §§ 276, 278 bgb, d.h. mindestens fahrlässiges handeln. 89vgl. z.b. bag, urteil vom 19. august 2015 - 5 azr 975/13 -, juris rn. 29; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 95 rn. 2. 90soweit darüber hinaus vertreten wird, dass sich eine - auch verschuldensunabhängige - verantwortlichkeit des gläubigers für bestimmte risiken ergeben kann, 91vgl. z.b. ulber, in: erman, bgb, 16. auflage 2020, § 326, rn. 26 ff.; ernst, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 326 rn. 53 ff., jeweils m.w.n., 92bedarf es einer solchen erweiternden auslegung im arbeitsverhältnis nicht, da derartige konstellationen über die grundsätze der betriebsrisikolehre zu lösen sind (§ 615 satz 3 bgb). 93vgl. schwarze, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2020, § 326 rn. c56. 94dessen ungeachtet ist nicht ersichtlich, dass die klägerin durch vertragliche oder gesetzliche regelungen einer besonderen risikoübernahme unterliegt. 95der gläubiger ist allein oder weit überwiegend verantwortlich i.s.d. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb, wenn unter heranziehung des rechtsgedankens des § 254 bgb eine verantwortungsquote von 90% vorliegt. 96vgl. z.b. herresthal, in: beckogk, bgb, 1. juni 2019, § 326 rn. 187, m.w.n.; stadler, in: jauernig, bgb, 18. auflage 2021, § 326 rn. 14; dauner-lieb, in: nk-bgb, 4. auflage 2021, § 326 rn. 13; vgl. auch bt-drs. 14/6040, 187: vielmehr muss der gläubiger zumindest „weit“ überwiegend für die entstehung des rücktrittsgrundes mit verantwortlich sein. damit soll ein grad der mitverantwortung umschrieben werden, der über § 254 auch einen schadensersatzanspruch ausschließen würde; a.m. grüneberg, in: grüneberg, bgb, 81. auflage 2022, § 326 rn. 9 und § 254 rn. 64. 97eine eigene (mindestens) weit überwiegende verantwortlichkeit der klägerin ist nicht gegeben, weder bezüglich der infektion ihres arbeitnehmers noch bezüglich des erheblichen ausbruchsgeschehens auf dem betriebsgelände der firma u. in rheda-wiedenbrück. zwar hat es von der klägerin zu verantwortende verstöße gegen arbeitsschutzregeln gegeben (1.). dass die klägerin damit jedoch weit überwiegend verantwortlich sein könnte, ist nicht ersichtlich (2.). 98(1.) die klägerin hat gegen arbeitsschutzpflichten verstoßen. 99(a.) nach den der kammer zum entscheidungszeitpunkt vorliegenden erkenntnissen sind der klägerin im hier maßgeblichen zeitraum verstöße gegen ihre arbeitsschutzrechtlichen pflichten vorzuwerfen. 100maßgeblich für die beurteilung etwaiger verstöße ist aus sicht der kammer der zeitraum ab mitte mai 2020. denn eine am 7. mai 2020 vom mags veranlasse reihentestung auf das coronavirus in allen schlachtbetrieben nordrhein-westfalens, 101vgl. bericht für den ausschuss arbeit, gesundheit und soziales des landtags nordrhein-westfalens „sars-cov-2/covid-19 ausbruchsgeschehen in schlachtbetrieben“, 13. mai 2020, abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/www/dokumentenarchiv/dokument/mmv17-3441.pdf, 102hat nur vereinzelt positive befunde (4 von 6.289) unter den auf dem betriebsgelände der firma u. tätigen personen (im wesentlichen wohl vom 11. mai bis zum 18. mai 2020) ergeben. diese mit dem coronavirus infizierten personen waren nicht in die fleischverarbeitung involviert und wurden als wahrscheinlich voneinander unabhängig beurteilt. 103vgl. so: f. /c. , u.a. „sars-cov-2 outbreak investigation in a german meat processing plant“, preprint vom 23. juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und update vom 6. oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: f. u.a., hygienisch-medizinische risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh, 28. juli 2020. 104erst danach kam es zu dem hier maßgeblichen ausbruchsgeschehen. 105gemäß § 618 abs. 1 bgb hat der dienstberechtigte räume, vorrichtungen oder gerätschaften, die er zur verrichtung der dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und dienstleistungen, die unter seiner anordnung oder seiner leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der verpflichtete gegen gefahr für leben und gesundheit soweit geschützt ist, als die natur der dienstleistung es gestattet. 106der inhalt der fürsorgepflichten, die dem arbeitgeber nach § 618 bgb im hinblick auf die sicherheit und das leben der arbeitnehmer obliegen, wird dabei durch die öffentlich-rechtlichen arbeitsschutznormen konkretisiert, insbesondere durch das arbeitsschutzgesetz. sie transformieren dabei den technischen arbeitsschutz in den arbeitsvertrag. 107vgl. bag, urteil vom 12. august 2008 - 9 azr 1117/06 -, juris rn. 13; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 618 rn. 14. 108nach § 3 abs. 1 satz 1 arbschg ist der arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen maßnahmen des arbeitsschutzes unter berücksichtigung der umstände zu treffen, die sicherheit und gesundheit der beschäftigten bei der arbeit beeinflussen. zur planung und durchführung der maßnahmen nach absatz 1 hat der arbeitgeber unter berücksichtigung der art der tätigkeiten und der zahl der beschäftigten 1. für eine geeignete organisation zu sorgen und die erforderlichen mittel bereitzustellen sowie 2. vorkehrungen zu treffen, dass die maßnahmen erforderlichenfalls bei allen tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen führungsstrukturen beachtet werden und die beschäftigten ihren mitwirkungspflichten nachkommen können (absatz 2). 109gemäß § 5 abs. 1 arbschg hat der arbeitgeber durch eine beurteilung der für die beschäftigten mit ihrer arbeit verbundenen gefährdung zu ermitteln, welche maßnahmen des arbeitsschutzes erforderlich sind. des weiteren hat der arbeitgeber die beschäftigten über sicherheit und gesundheitsschutz bei der arbeit während ihrer arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen (§ 12 abs. 1 satz 1 arbschg). die klägerin war dabei durch den einsatz ihrer mitarbeiter auf dem (fremden) betriebsgelände der firma u. nicht von ihren arbeitsschutzrechtlichen pflichten entbunden. 110vgl. oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 618 rn. 95, m.w.n.; wiebauer, arbeitsschutz in fremdfirmen, in: zfa 2014, 49 f.; vgl. auch art. 3 nr. 1 der ergänzung des werkvertrags. 111werden beschäftigte mehrerer arbeitgeber an einem arbeitsplatz tätig, sind die arbeitgeber nach § 8 abs. 1 arbschg verpflichtet, bei der durchführung der sicherheits- und gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten (satz 1). soweit dies für die sicherheit und den gesundheitsschutz der beschäftigten bei der arbeit erforderlich ist, haben die arbeitgeber je nach art der tätigkeiten insbesondere sich gegenseitig und ihre beschäftigten über die mit den arbeiten verbundenen gefahren für sicherheit und gesundheit der beschäftigten zu unterrichten und maßnahmen zur verhütung dieser gefahren abzustimmen (satz 2). 112im hinblick auf die coronapandemie hatte das bundesministerium für arbeit und soziales (bmas) am 20. april 2020 die sog. sars-cov-2 arbeitsschutzstandards (iiib4-34503) festgelegt. dabei handelt es sich zwar nicht um ein verbindliches regelwerk. es ist aber bei der ermittlung der vom arbeitgeber zu beachtenden schutzpflichten einzubeziehen. 113vgl. z.b. wilrich, der sars-cov-2 arbeitsschutzstandard des bmas, in: nza 2020, 634 (637). 114dies berücksichtigend ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die klägerin sich ihrer arbeitsschutzrechtlichen pflichten bewusst war und maßnahmen zum schutz ihrer beschäftigten ergriffen hat. insbesondere hat es die erforderliche gefährdungsbeurteilung und implementierung von schutzmaßnahmen (bl. 257 ff. ga) sowie die unterrichtung der mitarbeiter gegeben (bl. 272 ff. ga). nach den aussagen des geschäftsführers der klägerin kann außerdem davon ausgegangen werden, dass sie hinsichtlich der schutzmaßnahmen bezüglich des coronavirus sars-cov‑2 mit der firma u. zusammengearbeitet hat. für die kontrolle der schutzmaßnahmen im bestellerbetrieb sei ein eigener leiter der klägerin zuständig gewesen. dass diese angaben unrichtig sind, ist nicht ersichtlich. insoweit hat auch der zeuge c. erklärt, dass er und seine kollegen von der klägerin über einzuhaltende hygieneregeln unterrichtet worden seien. die belehrungen seien insbesondere in seiner muttersprache türkisch erfolgt. die behauptung der klägerin über ihre einbeziehung in das hygienekonzept der firma u. wird ebenfalls durch andere erkenntnisse gestützt. in diesem sinne ist - auch dem beklagten land aus anderen verfahren - bekannt, dass der „corona-krisenstab“ der firma u. unter der leitung von herrn dr. b. die erarbeiteten schutzmaßnahmen u.a. auch an die betriebs- und abteilungsleiter der „dienstleister“ weitergegeben hat. die beteiligung ist im übrigen offenkundig notwendig gewesen, weil die klägerin im rahmen des mit der firma u. geschlossenen werkvertrags die räumlichkeiten - inklusive z.b. der kantine oder der sanitärräume, dazu sogleich unter ziffer (2.) - und betriebsmittel der bestellerin genutzt hat. in diesem rahmen hat es insbesondere auch die erforderliche gefährdungsbeurteilung gegeben, da das von den betriebs- und werksleitern an den jeweiligen standorten umzusetzende hygienekonzept zur corona-risiko-minimierung vom 12. mai 2020, das in der folgezeit mehrfach angepasst worden ist, u.a. auf der „ergänzung der gefährdungsbeurteilung im sinne des sars-cov-2 arbeitsschutzstandards, branche: fleischwirtschaft“ der berufsgenossenschaft nahrungsmittel und gastgewerbe (bgn) vom 29. april 2020 basiert. 115sofern davon ausgegangen wird, dass § 8 abs. 1 arbschg auch eine koordinierung der klägerin mit den anderen werkvertragspartnern und dienstleistern der firma u. verlangt, die auf dem gelände ebenfalls arbeitnehmer eingesetzt haben, ist dies jedenfalls mittelbar über die abstimmung mit der firma u. erfolgt. 116nach der vernehmung des arbeitnehmers c. geht die kammer jedoch davon aus, dass nicht alle schutzmaßnahmen konsequent um- bzw. durchgesetzt wurden. soweit dessen aussage die einhaltung der schutzmaßnahmen, insbesondere des abstandsgebots am „lachseband“ angeht, (vgl. nr. 1 sars-cov-2 arbeitsschutzstandards und unter 3.2. der gefährdungsbeurteilung), ist sie nicht glaubhaft. dabei erweist sich die angabe, es hätten „so 29 personen“ dort gearbeitet, für eine mit eigenen zweifeln behaftete aussage als zu präzise. dabei entspricht die zahl im übrigen genau der angabe der klägerin im schriftsatz vom 25. januar 2022 (bl. 226 ga). außerdem konnte der arbeitnehmer auch auf nachfrage nicht genau präzisieren, ob die abstände auch vor dem ausbruchsgeschehen eingehalten wurden, was nicht nachvollziehbar ist. ohne, dass es darauf entscheidungserheblich ankäme, erscheint es außerdem nicht glaubhaft, dass der arbeitnehmer erst spontan am abend des der mündlichen verhandlung vorausgehenden tages vom büro der klägerin gebeten wurde, an dem termin teilzunehmen. denn seine anwesenheit wurde unter vorlage einer mietbescheinigung vom 17. januar 2022 bereits mit schriftsatz vom 24. januar 2022 angekündigt (bl. 210 ga). schutzalternativen wie das anbringen von abtrennungen oder das tragen einer ffp2-maske wurden nicht eingehalten (vgl. nr. 1 sars-cov-2 arbeitsschutzstandards i.v.m. der ergänzung der gefährdungsbeurteilung für die fleischwirtschaftsbranche sowie die vorgaben zur verhaltensweise in den produktionsbereichen des hygienekonzepts zur corona-risiko-minimierung). aus der von f. /h1. erstellten „hygienisch-medizinischen risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh“ vom 27. juli 2020 ergibt sich, dass keine barrieren zwischen den mitarbeitern der schweinezerlegung zur verhinderung einer direkten tröpfcheninfektion etabliert waren und das tragen von ffp2-masken mit der dort verrichteten schweren körperlichen arbeit nicht vereinbar war. 117(b.) darüber hinaus fehlt es an konkreten anhaltspunkten dafür, dass von der klägerin weitere gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften verletzt worden sind. 118dies gilt insbesondere für pflichtverletzungen im zusammenhang mit der kantinennutzung. belegt werden solche jedenfalls nicht durch ein im juni 2020 bei youtube eingestelltes video (https://www.youtube.com/watch?v=hqagacah_v0), das eine vollbesetzte kantine auf dem betriebsgelände der firma u. zeigen soll. das video hat aus sicht der kammer keinerlei beweiswert. es ist schon gar nicht klar, wann diese aufnahme erstellt worden ist. zudem lässt sich nicht feststellen, ob mitarbeiter der klägerin zu sehen sind oder diese die kantine in dem hier relevanten zeitraum unter verstoß gegen das abstandsgebot genutzt haben. auch die aussage des zeugen c. indiziert insoweit keinen verstoß gegen die corona(arbeits‑)schutzmaßnahmen. vorgesehen war ausweislich des hygienekonzepts vom 12. mai 2020 (und bereits zuvor) nämlich eine trennung der abteilungen bzw. unterabteilungen in der kantine und im übrigen während der pausen außerhalb der kantine die einhaltung von sicherheitsabständen bzw. im falle des fehlenden sicherheitsabstands das tragen einer mund-nase-bedeckung. 119soweit das beklagte land geltend macht, es seien im zusammenhang mit der unterbringung des arbeitnehmers von der klägerin zu beachtende gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften verletzt worden, fehlt es dafür ebenfalls an jedwedem anhalt. dass es im juni 2020 entsprechende ermittlungen der aufsichtsbehörden bei von der klägerin z.b. vermieteten wohnungen oder betriebenen sammelunterkünften gegeben hat, 120vgl. zu entsprechenden ermittlungen in coesfeld und rheda-wiedenbrück z.b.: ausschuss für arbeit, gesundheit und soziales, ausschussprotokoll apr 17/1065 vom 25. juni 2020, s. 6 f., 121auf deren ergebnisse nunmehr zurückgegriffen werden könnte, ist weder bekannt noch vom beklagten land, dem die staatliche arbeitsschutzverwaltung obliegt, vorgetragen worden. 122die kammer hat - ungeachtet dessen - aber auch keine anhaltspunkte für zurechenbare pflichtverletzungen der klägerin, insbesondere mit blick auf die in § 618 abs. 2 bgb, § 36 ifsg oder § 576 bgb geregelten vorgaben. es ist nicht ersichtlich, dass die klägerin für die wohnverhältnisse des arbeitnehmers verantwortlich sein könnte. dabei ist nach dem vortrag des geschäftsführers der klägerin und des arbeitnehmers während der mündlichen verhandlung davon auszugehen, dass der arbeitnehmer seine wohnung in hamm bereits jahre zuvor persönlich angemietet hat. aus der mietbescheinigung der w. x. gmbh ergibt sich, dass der arbeitnehmer jedenfalls seit 2011 unter dieser anschrift wohnt. für den wahrheitsgehalt dieser angabe spricht, dass der arbeitnehmer bereits bei vertragsschluss mit der klägerin unter der adresse l. in hamm gelebt hat und auch nach beendigung des vertragsverhältnisses weiterhin dort wohnt. allein der umstand, dass dem beklagten land aus anderen verfahren bekannt sein mag, dass weitere beschäftigte aus der fleischwirtschaft unter der gleichen anschrift wohnen, belegt keine verantwortlichkeit der klägerin, zumal deren geschäftsführer auch angegeben hat, keine wohnungen zu vermitteln. daher ist auch nicht ersichtlich, dass die klägerin für die wohnverhältnisse ihrer sonstigen arbeitnehmer arbeits- oder infektionsschutzrechtlich verantwortlich sein könnte. selbst wenn dies allerdings der fall gewesen sein sollte, mag sie zwar im sinne der vorbenannten normen verantwortlich sein. hinweise auf mit der (erhöhten) verbreitung des coronavirus relevante pflichtverletzungen ihrerseits liegen aber jedenfalls nicht vor. die kammer sieht sich daher nicht veranlasst, weitere ermittlungen von amts wegen durchzuführen. in diesem zusammenhang weist die kammer - wegen des in den allgemeinverfügungen des kreises gütersloh vom 18. und 20. juni 2020 enthaltenen hinweises auf eine weiterverbreitung des coronavirus in gemeinsamen unterkünften der auf dem betriebsgelände der firma u. beschäftigten - vorsorglich darauf hin, dass gemeinsames wohnen mit nahkontakten - was im mai/juni 2020 bereits bekannt war - zur verbreitung des coronavirus führt bzw. geführt hat, und dies auch ohne relevante verstöße gegen spezielle coronaschutzmaßnahmen. zudem erhöht nicht jeder „hygieneverstoß“ im wohnumfeld das verbreitungsrisiko des virus. zuletzt lässt der umstand, dass v.a. in der presse immer wieder von unzumutbaren unterbringungsbedingungen ausländischer arbeitnehmer „in der fleischwirtschaft“ berichtet wird, weder im sinne eines anscheinsweises auf eine derartige pflichtverletzung der klägerin (als ein damals in der fleischverarbeitungsbranche tätiges unternehmen) schließen noch wird damit ein relevanter verursachungsbeitrag der etwaigen pflichtverletzung am erhöhten infektionsrisiko belegt. 123auch der klägerin zurechenbare verstöße gegen schutzmaßnahmen im rahmen der von ihr organisierten transporte ihrer mitarbeiter zwischen bielefeld und der betriebsstätte der firma u. (vgl. nr. 4 sars-cov-2 arbeitsschutzstandards) sind weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen worden. 124(2.) die danach festgestellten verstöße gegen arbeitsschutzvorschriften führen nicht zu einer alleinigen oder weit überwiegenden verantwortlichkeit der klägerin, weder für das ausbruchsgeschehen am betriebsstandort der firma u. , noch für die individuelle infektion des arbeitnehmers, so diese denn auf dieses infektionsgeschehen zurückzuführen sein sollte. 125das ausbruchsgeschehen bei der firma u. wurde maßgeblich durch umstände beeinflusst (a.), auf die die klägerin selbst keinen einfluss hatte bzw. haben konnte (b.). weitere mögliche ursachenbeiträge führen zu keinem anderen ergebnis ((c.) bis (g.)). 126(a.) nach den gegenwärtigen erkenntnissen gab es auf dem betriebsgelände der firma u. ein erstes (kleineres) ausbruchsgeschehen ab dem 19. mai 2020 in der zerlegung. die daraufhin angestellten untersuchungen, an denen die firma u. jedenfalls durch die ermöglichung von betriebsbegehungen und durch zur verfügung gestellte unterlagen beteiligt war, weisen darauf hin, dass die umgebungsbedingungen in der anlage, einschließlich niedriger temperatur, geringer luftaustauschraten und ständiger umwälzung der luft, zusammen mit relativ geringen abständen zwischen den arbeitern und der anstrengenden körperlichen arbeit eine ungünstige mischung aus faktoren darstellt, die eine effiziente aerosolübertragung von sars-cov-2-partikeln begünstigen. dagegen spielen die unterbringung der mitarbeiter in gemeinschaftsunterkünften sowie fahrgemeinschaften keine (große) rolle während der ersten phase des ausbruchs. es ist nach den ergebnissen der untersuchungen sehr wahrscheinlich, dass die erwähnten ungünstigen faktoren für die seit beginn der coronapandemie eingetretenen ausbrüche auch in anderen fleischverarbeitungsbetrieben verantwortlich sind. die analysen deuten ferner darauf hin, dass es durch eine potenziell kontinuierliche übertragung unter den mitarbeitern zum zweiten - hier relevanten - großen ausbruch im juni 2020 gekommen ist. nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch von den mitarbeitern gemeinsam genutzte wohnräume sowie fahrgemeinschaften zur arbeitsstelle zur virusverbreitung beigetragen haben. 127vgl. dazu: f. /c. , u.a. „sars-cov-2 outbreak investigation in a german meat processing plant“, preprint vom 23. juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und update vom 6. oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: f. u.a., hygienisch-medizinische risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh, 28. juli 2020. 128nach diesen feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der verstoß der klägerin eine überwiegende verantwortlichkeit i.s.v. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb (mindestens 90 %) begründet. es ist vielmehr davon auszugehen, dass die lüftungsbedingungen in der betriebsstätte einen maßgeblichen anteil an der weitreichenden verbreitung des virus unter den auf dem betriebsgelände tätigen personen hatten, der jedenfalls über 10 % lag. 129(b.) hinsichtlich dieser offenbar branchenüblichen produktionsbedingungen in der fleisch- und fischverarbeitung, 130vgl. dazu: „discussion“ bei f. /c. , u.a. „sars-cov-2 outbreak investigation in a german meat processing plant“, preprint vom 23. juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und update vom 6. oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296, 131trifft die klägerin kein verschulden, insbesondere nicht über eine zurechnung nach § 278 bgb. zwar dürfte die firma u. bezüglich der insoweit bestehenden arbeitsschutzpflicht ihr erfüllungsgehilfe gewesen sein, ein verschulden kann jedoch nicht festgestellt werden. 132bezüglich der im rahmen des on-site werkvertrags überlassenen räumlichkeiten (betriebsstätte) und betriebsmittel dürfte die firma u. als bestellerin insbesondere mit blick auf die für die klägerin bestehenden pflichten zum gesundheitsschutz ihrer beschäftigten bei der arbeit (vgl. § 1 abs. 1 arbschg) als erfüllungsgehilfe i.s.d. § 278 bgb tätig geworden sein. 133nach § 278 satz 1 bgb hat der schuldner u.a. ein verschulden der personen, deren er sich zur erfüllung seiner verbindlichkeit bedient, in gleichem umfang zu vertreten wie eigenes verschulden. ein solcher erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen gegebenheiten des falles mit dem willen des schuldners bei der erfüllung einer diesem obliegenden verbindlichkeit als dessen hilfsperson tätig wird. 134vgl. bgh, urteil vom 3. mai 2011 - xi zr 373/08 -, juris rn. 24, m.w.n. 135entscheidend ist dabei der wille der klägerin als schuldnerin der arbeitsschutzrechtlichen pflichten gegenüber ihren arbeitnehmern. nicht erforderlich ist, dass der schuldner eine entsprechende willenserklärung gegenüber dem gläubiger oder der hilfsperson abgibt. es genügt, dass er den willen, die hilfsperson an der erfüllung seiner verbindlichkeit mitwirken zu lassen, tatsächlich hat. entscheidend ist auch nicht, dass der gehilfe weiß, dass eine verbindlichkeit des geschäftsherrn bestand oder dass er durch sein handeln eine verbindlichkeit des geschäftsherrn erfüllte. 136vgl. caspers, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 278 rn. 18 ff., m.w.n. 137von einem derartigen willen dürfte hier auszugehen sein. die klägerin und die firma u. haben in ihrem werkvertrag vereinbart, dass die bestellerin die räume und wesentliche teile der betriebsmittel zur verfügung stellt (§ 2 nr. 1 werkvertrag). dabei gingen die vertragsparteien selbstverständlich davon aus, dass die klägerin sich zur erfüllung der werkvertraglichen verpflichtung eigener arbeitnehmer bedienen wird (vgl. nur § 1 nr. 3, § 2 nr. 4 und 5 werkvertrag), die auch kantine, pausenräume oder sanitäranlagen der bestellerin genutzt haben. 138vgl. dazu auch: f. u.a., hygienisch-medizinische risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh, 28. juli 2020, s. 17. 139zwar unterlagen die arbeitnehmer der klägerin - wie im werkvertrag üblich - grundsätzlich nicht den weisungen der bestellerin (§ 1 nr. 3 werkvertrag), eine einschränkung wurde aber bezüglich der hier relevanten weisungen des hygienebeauftragen der firma u. vereinbart (§ 2 nr. 4 werkvertrag), was aufgrund der nutzung der betriebsräume (u.a.) auch erforderlich erscheint. gleichzeitig verpflichtete sich die klägerin gegenüber der firma u. , die deutschen arbeitsschutzvorschriften einzuhalten (art. 3 nr. 1 ergänzung werkvertrag). unter diesen umständen dürfte die klägerin jedenfalls den willen gehabt haben, sich der firma u. und ihrer erfüllungsgehilfen hinsichtlich des gesundheitsschutzes zu gunsten ihrer arbeitnehmer bezüglich der ihr überlassenen räumlichkeiten und arbeitsmittel zu bedienen. 140vgl. bgh, urteil vom 6. april 1995 - vii zr 36/94 -, juris rn. 12; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 618 rn. 100; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 618 rn. 95 m.w.n.; a.a. wiebauer, arbeitsschutz im fremdbetrieb, in: zfa 2014, 29 (54 ff.). 141ein relevanter verschuldensvorwurf hinsichtlich der lüftungsbedingungen in der betriebsstätte trifft die klägerin und ihre bestellerin aber nicht. 142dass die belüftungssituation eine wesentliche ursache der erheblichen „infektionsgeneigtheit“ der betrieblichen umgebung war, war nach den zum zeitpunkt des ausbruchsgeschehens vorliegenden wissenschaftlichen erkenntnissen für die firma u. - und damit erst recht für die klägerin - jedenfalls nicht in der weise vorhersehbar, die eine angemessene reaktion ermöglicht hätte. bereits ein fahrlässigkeitsvorwurf scheidet deshalb aus. 143nach § 4 abs. nr. 3 arbschg hat der arbeitgeber bei maßnahmen des arbeitsschutzes den stand von technik, arbeitsmedizin und hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche erkenntnisse zu berücksichtigen. stand der technik, arbeitsmedizin und hygiene meint dabei den entwicklungsstand fortschrittlicher verfahren, der die praktische eignung einer maßnahme zum gesundheitsschutz gesichert erscheinen lässt. 144vgl. kohte, in: kollmer/klindt/schucht, arbeitsschutzgesetz, 4. auflage 2021, § 4 rn. 14 und 16, m.w.n. zur verallgemeinerung dieser in § 2 abs. 15 gefstoffv und § 2 abs. 10 betrsichv enthaltenen definition. 145gesicherte arbeitswissenschaftliche erkenntnisse liegen vor, wenn sie methodisch abgesichert sind und von einer überwiegenden meinung der beteiligten fachkreise zugrunde gelegt werden. 146vgl. kohte, in: kollmer/klindt/schucht, arbeitsschutzgesetz, 4. auflage 2021, § 4 rn. 19; roloff, in; erfurter kommentar zum arbeitsrecht, arbschg, 22. auflage 2022, § 4 rn. 3; siehe auch bag, beschluss vom 13. august 2019 - 1 abr 6/18 -, juris rn. 63. 147vor diesem hintergrund ist der firma u. wegen des dynamischen wissenschaftlichen erkenntnisgewinns hinsichtlich des coronavirus sars-cov-2, welcher der kammer aus eigener spruchpraxis bekannt ist, kein arbeitsschutzrechtlicher fahrlässigkeitsverstoß i.s.v. § 278 bgb bezüglich der belüftungssituation in den hier maßgeblichen betriebsräumen vorzuwerfen. 148dass es in der fleischindustrie zu erheblichen ausbruchsgeschehen kommen kann, musste der firma u. spätestens nach dem ausbruch bei der großschlachterei x...... in coesfeld, 149vgl. dazu z.b. lebensmittelpraxis, x......, mitarbeiter mit corona infiziert, 6. mai 2020, abrufbar unter: https://lebensmittelpraxis.de/industrie-aktuell/27263-westfleisch-mitarbeiter-mit-corona-infiziert-2020-05-06-11-02-24.html, 150und in einem von x...... betriebenen fleisch-zerlegebetrieb in dissen jeweils im mai 2020 bekannt gewesen sein. 151vgl. dazu z.b. rundschau für den lebensmittelhandel, x......: weiterer standort von corona-infektionen betroffen, 18. mai 2020, abrufbar unter: https://www.rundschau.de/artikel/westfleisch-weiterer-standort-von-corona-infektionen-betroffen. 152der ausbruch in coesfeld hat dann auch zu der vom mags veranlassten - und bereits erwähnten - reihentestung im betrieb der firma u. geführt. 153im zuge des - nach abschluss der reihentestung beginnenden - ersten, kleineren ausbruchsgeschehens mitte mai 2020 bei der firma u. , welches bereits am 2. juni 2020 durch prof. dr. c…… auf dem betriebsgelände untersucht wurde, konnte nach dem betrieblichen hygienekonzept vom 10. juni 2020 offensichtlich auch die erkenntnis gewonnen werden, dass die „klimatischen bedingungen in den produktionsräumen der zerlegung eine übertragung zu begünstigen [scheinen]“. aus dieser wagen erkenntnis jedoch unmittelbar konkrete handlungsgebote ableiten zu wollen, überspannt die dargelegten arbeitsschutzrechtlichen anforderungen. denn nicht einmal diese - zumindest mit unterstützung der firma u. stattfindende - initiale wissenschaftliche untersuchung der infektionsgeneigtheit in der fleischindustrie war zu diesem zeitpunkt abgeschlossen. die studienergebnisse wurden erst im juli 2020 auf dem preprint-server veröffentlicht und hatten zu dieser zeit auch noch kein peer-review-verfahren durchlaufen, waren also noch nicht von anderen unabhängigen wissenschaftlern geprüft worden. von der firma u. konnte bei der erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen pflichten nicht verlangt werden, den insoweit maßgeblichen wissenschaftlichen erkenntnisgewinn vorherzusehen und im vorgriff auf etwaige ergebnisse konkrete handlungen vorzunehmen. 154vgl. dazu auch: mags nrw, protokoll des behördentreffens zwischen mags nrw, bezirksregierung detmold, kreis gütersloh und stadt rheda-wiedenbrück mit vertretern der unternehmensgruppe u. am 26. april 2021 zum thema antrag auf aufhebung von ordnungsverfügungen seitens der unternehmensgruppe u. , in dem festgehalten worden ist: „mit blick auf die rechtliche einordnung stellt herr m. fest, dass die unternehmensgruppe u. deutliche ausstrahlung in die bevölkerung habe, struktur und situation gingen deutlich über den schutz der arbeitnehmer hinaus. hier sei die zielrichtung der maßnahmen auch der bevölkerungsschutz. seinerzeit waren beim ausbruch im unternehmen zwei kreise unter quarantäne gestellt worden. inzwischen sei wohl anzunehmen, dass dem unternehmen u. kein schuldhafter vorwurf zu machen sei, sondern vordringlich die unbekannte aerosolproblematik zum ausbruch führte.“; vgl. zudem: ausschuss für arbeit, gesundheit und soziales, ausschussprotokoll apr 17/1065 vom 25. juni 2020: „sts i. (mags): [...] es ist dann sofort die zusammenarbeit mit professor f. in bonn und mit fachleuten vom rki gesucht worden, die sich bei der ursachensuche vor allem mit der frage der belüftung befasst haben. die spekulation oder das, was man vorab in erwägung gezogen hat und nun auch definitiv überprüfen will, ist, ob die aerosolbelastung - also nicht die tröpfchenbelastung, für die ja die 1,5-m-abstandsregelung und der mundschutz gelten, sondern die schwebstoffe in der luft - neben der tröpfchenbelastung eine wesentliche rolle bei einem solchen infektionsgeschehen spielen kann. dazu sind fragen zu beantworten, die wissenschaftlich noch nicht definitiv beantwortet sind, beispielsweise wie lange die viren als aerosole in diesem schwebezustand verbleiben können, wie die luftverteilung in dem zerlegebetrieb aussieht. die leute arbeiten dort bei einer temperatur von 8 bis 10 grad. die luft wird in einem umluftsystem auf diese 8 bis 10 grad gekühlt. durch diese kühlung - wer einmal in einem zerlegebetrieb war, der weiß, dass die schlangen oben unter der decke hängen - wird die luft zugleich breit verteilt.“ 155dies gilt insbesondere vor dem hintergrund, dass unmittelbar vor dem bzw. im zuge des ersten ausbruchsgeschehens zweimal die einhaltung der sars-cov-2 arbeitsschutzstandards des bmas auf dem betriebsgelände von der zuständigen bezirksregierung detmold kontrolliert wurde. bei der ersten überprüfung aller abteilungen und bereiche des schlachthofes am 15. mai 2020, 156vgl. anhörungsschreiben der bezirksregierung detmold vom 18. mai 2020 zur arbeitsschutz - besichtigung am 15. mai 2020: „bei der begehung wurden alle abteilungen und bereiche des schlachthofes besichtigt, inklusive der von der u. gmbh und u. gmbh & co. kg genutzten räumlichkeiten.“ 157wurden mängel hinsichtlich der umsetzung des - im einklang mit den arbeitsschutzstandards - stehenden hygienekonzepts, 158vgl. anhörungsschreiben der bezirksregierung detmold vom 18. mai 2020 zur arbeitsschutz - besichtigung am 15. mai 2020: „die bmas sars-cov-2 arbeitsschutzstandards sind der firma bekannt und werden berücksichtigt. […] grundlage für all diese maßnahmen ist das von der firma u. erstellte „hygienekonzept zur corona-risiko-minimierung“ (siehe anhang). in diesem konzept, das sich im absoluten einklang mit den arbeitsschutzstandards des bmas befindet, werden alle maßnahmen zusammengefasst, die zum coronaschutz in der firma umgesetzt werden sollen. […]“. 159festgestellt, insbesondere hinsichtlich des tragens einer mund-nasen-bedeckung und mangelnden abstands in der kantine. 160vgl. aktenvermerk der bezirksregierung detmold vom 16. mai 2020 und anhörungsschreiben der bezirksregierung detmold vom 18. mai 2020 zur arbeitsschutz-besichtigung am 15. mai 2020. 161ein verstoß bezüglich der belüftungssituation wurde nicht festgestellt, zumal auch nr. 3 sars-cov-2 arbeitsschutzstandards zu diesem zeitpunkt davon ausging, dass das übertragungsrisiko über raumlufttechnische anlagen insgesamt als gering einzustufen sei. ebenso sieht die „ergänzung der gefährdungsbeurteilung im sinne des sars-cov-2 arbeitsschutzstandards, branche: fleischwirtschaft“ der bgn vom 29. april 2020 insoweit nur eine wartung und reinigung der lüftungsanlagen bzw. raumlufttechnischen anlagen durch eine fachfirma in den erforderlichen intervallen vor. 162nach fristgerechter unternehmensseitiger erläuterung der im rahmen der begehung am 15. mai 2020 erörterten aspekte kam es am 29. mai 2020 zu einer erneuten unangekündigten behördlichen kontrolle der betriebsbereiche, in denen nach auffassung der bezirksregierung detmold zuvor zum teil gravierende mängel in bezug auf die sars-cov-2 arbeitsschutzstandards festgestellt worden waren. zusammenfassend kam die bezirksregierung zu dem ergebnis, dass die vormals aufgezeigten mängel beseitigt oder zumindest soweit beseitigt wurden, dass die sars-cov2 arbeitsschutzstandards eingehalten sind. da auch weitere verbesserungen hinsichtlich der kantine bereits in planung waren, wurde vom erlass weiterer arbeitsschutzrechtlicher maßnahmen seitens der bezirksregierung abgesehen. 163vgl. aktenvermerk der bezirksregierung detmold vom 29. mai 2020. 164wurde die belüftungssituation danach schon von der zuständigen aufsichtsbehörde nicht als arbeitsschutzrechtlich problematisch angesehen, konnte dies erst recht nicht von der firma u. erwartet werden. gleichwohl hatte die firma u. dem kreis gütersloh noch am 16. juni 2020 mitgeteilt, auch in dieser hinsicht - im hinblick auf den noch nicht definitiven wissenschaftlichen erkenntnisgewinn - weitere maßnahmen (u.a. einbau einer uvc-luftentkeimung, erhöhung des luftaustausch, mobile belüftungssysteme zur erhöhung der frischluftzufuhr) ergriffen zu haben. 165(c.) eine überwiegende verantwortlichkeit der klägerin ist auch nicht durch andere, ihr ggf. zurechenbare verstöße der firma u. gegeben. zwar mag man nach den feststellungen der bezirksregierung detmold bei der betriebsbegehung am 15. mai 2020 davon ausgehen, dass das hygienekonzept insbesondere hinsichtlich der abstands- und maskenpflicht nicht vollständig durchgesetzt wurde. diese verstöße führen jedoch - ebenso wie der arbeitsschutzrechtliche verstoß der klägerin selbst - nicht dazu, die mitursächliche belüftungssituation in der für § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb erforderlichen weise zu negieren. dies gilt auch dann, wenn die verstöße der firma u. und die der klägerin gemeinsam betrachtet werden. 166soweit das beklagte land meint, zu dem ausbruchsgeschehen im juni 2020 konnte es nur wegen der am 15. mai 2020 festgestellten verstöße kommen, ist dem entgegenzuhalten, dass unter berücksichtigung der vorliegenden erkenntnisse ein fehlerhaftes coronamanagement auf dem betriebsgelände der firma u. nicht erkennbar ist. die vom mags im mai 2020 veranlasste reihentestung hat lediglich „vereinzelt“ positive befunde hervorgebracht. etwaige verstöße gegen coronavirusbezogene arbeitsschutzvorschriften haben offenbar keine konsequenzen gehabt. der positivfall, der letztlich als initiator des ersten ausbruchsgeschehens im mai 2020 gilt, wurde entsprechend der damaligen vorgaben des robert-koch-instituts zunächst als kontaktperson mit geringem infektionsrisiko eingestuft und nach positiver testung am 20. mai 2020 im häuslichen umfeld separiert. entsprechendes gilt für den zweiten in diesem zusammenhang entdeckten positivfall. nachdem eine daran anschließende reihentestung der kollegen der frühschicht in der rinderzerlegung am 25. mai 2020 im folgenden weitere positive befunde hervorgebracht hatte, haben auch diese sich am 27. mai 2020 in häusliche absonderung begeben. probleme, diese mitarbeiter wegen fehlender adressen ausfindig zu machen, hat es (jedenfalls zu diesem zeitpunkt) nicht gegeben. durch weitere testungen des gesundheitsamts wurden infektionen in verschiedenen bereichen des werks identifiziert und letztlich ein ausbruch in der schweinezerlegung am 9. juni 2020 festgestellt. die studienergebnisse deuten letztlich auf ein anhaltendes, sich weiterverbreitendes ausbruchsgeschehen mit einem übergang vom ersten ausbruch im mai zum zweiten größeren ausbruch im juni 2020. gemeinsames wohnen und fahrgemeinschaften der beschäftigten sind dabei auch faktoren für die weiterverbreitung gewesen. 167vgl. f. /c. , u.a. „sars-cov-2 outbreak investigation in a german meat processing plant“, preprint vom 23. juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und update vom 6. oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: f. u.a., hygienisch-medizinische risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh, 28. juli 2020; robert koch institut, kontaktpersonennachverfolgung bei respiratorischen erkrankungen durch das coronavirus, stand: 16. april 2020; ausschuss für arbeit, gesundheit und soziales, ausschussprotokoll apr 17/1065 vom 25. juni 2020, s. 12 f. 168dass die festgestellten verstöße, insbesondere gegen die abstands- und maskenpflicht, aber die entscheidende ursache für den hier maßgeblichen ausbruch waren, kann nicht festgestellt werden. entsprechende belege oder indizien (an die eine weitere gerichtliche aufklärung anknüpfen könnte) wurden auch nicht vom beklagten land geliefert, das mit hilfe der bezirksregierung die arbeitsschutzverwaltung durchführt und damit über die notwendigen informationen verfügen müsste. 169vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass etwaige verstöße gegen coronaschutz- und hygienemaßnahmen der firma u. oder der u. unternehmensgruppe mit blick auf die etwaige unterbringung oder den transport ihrer mitarbeiter der klägerin schon nicht zurechenbar sind. 170(d.) zu einem anderen ergebnis gelangt die kammer auch dann nicht, wenn etwaige arbeitsschutzverstöße anderer auf dem betriebsgelände der firma u. tätigen subunternehmen in die würdigung des verschuldensbeitrags einbezogen würden. diese unternehmen sind keine erfüllungsgehilfen der klägerin bezüglich der ihr obliegenden arbeitsschutzrechtlichen pflichten. für deren etwaiges fehlverhalten hat sie nicht einzustehen. für die annahme, die klägerin habe den insoweit erforderlichen willen gehabt, diese unternehmen bei der erfüllung des arbeitsschutzes bezüglich der eigenen mitarbeiter einzubeziehen, fehlt es mangels vertraglicher oder anderer rechtlicher verknüpfungen an jedweden anhaltspunkten. ohne solche wird man der klägerin einen entsprechenden willen auch nicht unterstellen können, da ihr keinerlei einflussmöglichkeiten zur auswahl der weiteren mit der firma u. verbundenen subunternehmen auf dem betriebsgelände zustehen und sie im zweifel auch keine kenntnis über diese unternehmen hat. 171unabhängig von der frage, ob andere subunternehmen als erfüllungsgehilfen der firma u. wiederum die arbeitsschutzrechtlichen pflichten der klägerin miterfüllen und dieser etwaige verstöße zuzurechnen sein könnten, kommt es auch dann nicht zu einer überwiegenden verantwortlichkeit i.s.v. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb. als erfüllungsgehilfen des erfüllungsgehilfen kommen diese unternehmen von vornherein nur in betracht, soweit ihr verhalten in den betriebsräumen der firma u. in rede steht. denn nur diesbezüglich besteht nach den obigen ausführungen der wille der klägerin, die firma u. in ihre arbeitsschutzrechtliche verantwortung miteinzubeziehen. soweit die anderen subunternehmer bei sonstigen gelegenheiten - etwa im rahmen der unterbringung oder des transports ihrer arbeitnehmer - arbeitsschutzpflichten verletzt haben, berühren diese verstöße das von der klägerin begehrte schützende verhalten durch die firma u. auf deren betriebsgelände nicht. allein die betriebsstätte betrachtet ist jedoch - wie oben bereits dargelegt - der verursachungsbeitrag durch die belüftungssituation derart gewichtig, dass selbst bei zurechnung etwaiger dort begangener verstöße der anderen werkvertragsunternehmen keine überwiegende verantwortlichkeit i.s.v. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb gegeben wäre. 172dass aufgrund der aufgezeigten zersplitterung der arbeitsschutzrechtlichen verantwortlichkeiten bei den sogenannten on-site-werkverträgen allenfalls über die einschränkungen des § 278 bgb eine verantwortlichkeit der werkunternehmer untereinander zu begründen ist, mag im hinblick auf die durchsetzung der arbeitnehmer(schutz)rechte zu missbilligen sein. dies rechtfertigt jedoch kein anderes ergebnis, da nicht zu erkennen ist, dass die klägerin oder die firma u. zum zeitpunkt des ausbruchsgeschehens bei der gestaltung der arbeitsabläufe mit solchen werkverträgen den rahmen der rechtsordnung verlassen hätte. denn der politische wille zu einschränkungen des einsatzes von fremdpersonal in der fleischwirtschaft wurde mit § 6a des gesetzes zur sicherung von arbeitnehmerrechten in der fleischwirtschaft (gsa fleisch) erst mit wirkung zum 1. januar 2021 gefunden, obwohl die auswirkungen derartiger verträge bereits lange zuvor bekannt gewesen sind. 173vgl. zimmer: das verbot des fremdpersonaleinsatzes in der fleisch-wirtschaft und dessen anwendungsbereich, in: nza 2022, 4, u.a. mit bezugnahme auf mags nrw, überwachungsaktion, „faire arbeit in der fleischindustrie“, abschlussbericht, dezember 2019, abrufbar unter: https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/191220_abschlussbericht_fleischindustrie_druckdatei.pdf. 174(e.) anders als das beklagte land meint, bietet auch die größe des infektionsgeschehens als solches keine hinreichend belastenden anhaltspunkte für die annahme eines weit überwiegenden pflichtenverstoßes der klägerin. die ausführungen zu den lüftungsbedingungen in der betriebsstätte belegen, dass ein nach damaligen erkenntnissen aufgestelltes hygienekonzept nicht ausreichend war, um die verbreitung des coronavirus unter den mitarbeitern zu verhindern. im übrigen gab es weltweit ausbrüche dieser art, die jedenfalls mit blick auf die ermittelte rate von positivfällen mit dem hier streitgegenständlichen geschehen vergleichbar waren. 175(f.) steht danach fest, dass die unmöglichkeit jedenfalls zu einem nicht unerheblichen teil nicht durch die klägerin oder ihr zurechenbare personen, sondern durch zufällige umstände verursacht wurde, verbleibt es nach § 326 bgb hinsichtlich der primärleistungspflicht bei dem synallagmatischen grundsatz - ohne leistung keine gegenleistung (§ 326 abs. 1 bgb). 176vgl. olg münchen, urteil vom 7. august 2015 - 25 u 546/15 -, juris rn. 35 ff.; schwarze, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2020, § 326 rn. c6 177(g.) ohne dass es nach den obigen ausführungen für den ausgang des verfahrens darauf ankäme, sei darauf hingewiesen, dass im übrigen völlig unklar ist, ob und in welchem ausmaß etwaige eigene bzw. der klägerin zurechenbare arbeitsschutzverstöße kausal für die infektion des arbeitnehmers bzw. das stattgefundene infektionsgeschehen gewesen sind. 178vgl. zu diesem erfordernis im rahmen des § 326 abs. 2 satz 1 alt. 1 bgb vgl. schwarze, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2020, § 326 rn. c6 und c16. 179bb. ein lohnfortzahlungsanspruch des herrn c. gegen die klägerin besteht auch nicht unter dem gesichtspunkt eines annahmeverzugs (§§ 293 ff. bgb) der klägerin gemäß § 326 abs. 2 satz 1 var. 2 bgb, § 615 satz 1 bgb oder § 615 satz 3 bgb. 180nach § 326 abs. 2 satz 1 var. 2 bgb behält der arbeitnehmer den anspruch auf lohnfortzahlung, wenn der von ihm nicht zu vertretene umstand, auf grund dessen er nach § 275 abs. 1 bis 3 bgb nicht zu leisten braucht, zu einer zeit eintritt, zu welcher der arbeitgeber im verzug der annahme ist. 181speziell für arbeitsverträge (u.a.) regelt § 615 satz 1 bgb, dass der arbeitnehmer, wenn der arbeitgeber mit der annahme der dienste in verzug kommt, für die infolge des verzugs nicht geleisteten dienste die vereinbarte vergütung verlangen kann, ohne zur nachleistung verpflichtet zu sein. 182satz 3 des § 615 bgb bestimmt zudem, dass u.a. satz 1 entsprechend in den fällen gilt, in denen der arbeitgeber das risiko des arbeitsausfalls trägt. 183alle drei vorschriften sind im vorliegenden fall im grundsatz anwendbar, da sie zwischen der klägerin und herrn c. nicht abbedungen wurden. 184ungeachtet der frage, nach welchen kriterien § 326 abs. 1 satz 1 var. 2 bgb, § 615 satz 1 bgb und § 615 satz 3 bgb im einzelnen voneinander abzugrenzen sind, 185vgl. dazu z.b. bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 14 ff.; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 615 rn. 8, m.w.n.; fischinger/straub, ohne arbeit kein lohn?, in: jus 2016, 208 (209), 186verlangen alle drei vorschriften grundsätzlich einen annahmeverzug des arbeitgebers. 187ein solcher erfordert jedenfalls, dass der arbeitnehmer während des gesamten verzugszeitraums leistungsbereit, d.h. leistungsfähig und leistungswillig, ist (§ 297 bgb). der annahmeverzug des arbeitgebers endet für die zukunft (ex-nunc), wenn eine dieser voraussetzungen fortfällt. unerheblich ist dabei die ursache für die leistungsunfähigkeit des arbeitnehmers. das unvermögen kann auf tatsächlichen umständen (wie z.b. arbeitsunfähigkeit) beruhen oder seine ursache im rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche erlaubnis für das ausüben der geschuldeten tätigkeit fehlt. 188vgl. z.b. bag, urteil vom 28. september 2016 - 5 azr 224/16 -, juris rn. 23; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 615 rn. 31; joussen, in: beckok, arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 615 rn. 7; krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 615 rn. 68. 189das grundsätzliche erfordernis des annahmeverzugs ergibt sich für § 326 abs. 2 satz 1 var. 2 bgb - als regelung des allgemeinen schuldrechts - und für § 615 satz 1 bgb - als arbeitsrechtliche norm, die den lohnfortzahlungszahlung im falle der leistungsstörung bei realisierung des wirtschaftsrisikos betrifft -, 190vgl. dazu: preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 121 a.e.; waas/palonka, in: däubler/hjort/schubert/wolmerath, arbeitsrecht, bgb, 4. auflage 2017, § 615 rn. 33, 191bereits aus dem eindeutigen gesetzeswortlaut. die wohl vorherrschende - arbeitsrechtliche - auffassung nimmt dieses erfordernis ebenfalls bei anwendung des als rechtsgrundverweisung ausgestalteten § 615 satz 3 bgb an. dem arbeitsfähigen und arbeitswilligen arbeitnehmer bleibt im falle der annahmeunmöglichkeit der vergütungsanspruch aufrechterhalten, wenn der arbeitgeber das risiko des arbeitsausfalls trägt. 192vgl. z.b. bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 20; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 101 rn. 6; tillmanns, in: münchener handbuch zum arbeitsrecht, 5. auflage 2021, § 76 rn. 82; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 615 rn. 97; kruse, in: henssler/willemsen, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 615 rn. 121; weidenkaff, in: grüneberg, bgb, 81. auflage 2022, § 615 rn. 21: leistungsfähiger und leistungsbereiter arbeitnehmer erforderlich; jedenfalls zur anwendbarkeit von § 297 bgb (leistungsfähigkeit) bei betriebsrisikofällen: gräf/rögele: zusammentreffen von betriebs- und wegerisiko, in: nza 2013, 1120, 1123; a.m. dagegen: preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, 615 rn. 122; preis/mazurek/schmid, rechtsfragen der entgeltfortzahlung in der pandemie, in: nza 2020, 1137 (1144). 193nur der leistungsfähige und leistungswillige arbeitnehmer hat im doppelten sinne des wortes das entgelt „verdient“. 194vgl. linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 101 rn. 12. 195die voraussetzungen des annahmeverzugs liegen nicht vor. der arbeitnehmer c. war im hier maßgeblichen zeitraum vom 18. juni bis zum 2. juli 2020 wegen der behördlichen anordnungen zur häuslichen absonderung nicht leistungsfähig. er hatte offenkundig keine möglichkeit, die geschuldete tätigkeit als fleischverarbeiter in der eigenen häuslichkeit (homeoffice) zu erbringen. 196(1.) diesem ergebnis steht nicht entgegen, dass gegenüber der u. & co. kg mit mündlicher verfügung des kreises gütersloh vom 17. juni 2020, schriftlich bestätigt am 10. august 2020, der betriebsstandort „j......, 33378 rheda-wiedenbrück“ der unternehmensgruppe u. (betriebsstandort) mit sofortiger wirkung geschlossen worden ist (betriebsschließung) und alle nicht ausnahmsweise zugelassenen betrieblichen tätigkeiten auf dem betriebsstandort untersagt worden sind. gegenüber der klägerin, deren unternehmenssitz sich unter der adresse „h. , 33615 bielefeld“ befindet, also nicht am betriebsstandort der unternehmensgruppe u. , ist keine schließungsanordnung ergangen. die verfügung des kreises gütersloh vom 17. juni 2020 war auch nicht an sie gerichtet. dass ihr gegenüber eine entsprechende anordnung ergangen ist, ist weder ersichtlich noch von den beteiligten - mit entsprechenden belegen - geltend gemacht worden. 197auch der umstand, dass die klägerin im rahmen eines on-site-werkvertrags im juni und juli 2020 verpflichtet war, am betriebsstandort der firma u. (vgl. § 2 nr. 1 werkvertrag) in einem leistungsverzeichnis näher aufgelistete fleischteilstücke und zerlegenebenprodukte herzustellen, ändert nichts. aufgabengebiet und arbeitsort des arbeitnehmers c. waren ausweislich des arbeitsvertrags nicht auf eine tätigkeit am betriebsstandort der firma u. unter der adresse „j...... in 33378 rheda-wiedenbrück“ beschränkt. insbesondere war ein (auch kurzfristiger) einsatz in einem anderen (auch kleinen) betrieb nicht ausgeschlossen. im übrigen konnte die klägerin dem arbeitnehmer ausweislich der vertraglichen regelungen anderweitige, seinen fähigkeiten entsprechende gleichwertige oder höherwertige tätigkeiten übertragen (§ 3 arbeitsvertrag). dass diese überlegungen eher theoretisch sind, ist dem umstand geschuldet, dass ein derartiger einsatz wegen der häuslichen absonderung schon nicht in frage kam. 198(2.) des weiteren ist die klägerin nicht wegen des grundsatzes von treu und glauben gehindert, sich auf die leistungsunfähigkeit ihres arbeitnehmers c. zu berufen. zwar wird vertreten, dass derartiges dem gläubiger nach § 242 bgb verwehrt sei, wenn er die leistungsunfähigkeit seines schuldners herbeigeführt habe. 199vgl. grüneberg, in: grüneberg, bgb, 81. auflage 2022, § 297 rn. 2; ernst, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 297 rn. 2; feldmann, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 297 rn. 2. 200diese auffassung ist im grundsatz aber abzulehnen, weil dadurch ein wertungswiderspruch zu § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb entsteht, der - wie dargelegt - eine lohnfortzahlung nur bei alleinigem oder weit überwiegendem verschulden des gläubigers vorsieht. 201vgl. dötterl, in: beckogk, bgb, 15. juli 2021, § 297 rn. 7; vgl. auch: lag düsseldorf, urteil vom 12. juli 1976 - 16 (3) sa 340/75 -, in: db 77, 547 f. 202ein solcher verschuldensbeitrag ist ausweislich der ausführungen zu § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb gerade nicht gegeben. 203zudem würde eine haftung auf sekundärebene nach verschuldensbeiträgen, die im rahmen der prüfung eines lohnfortzahlungsanspruchs wegen fehlender anwendbarkeit des § 254 bgb keine berücksichtigung finden könnten, unterlaufen. 204vgl. zur anwendbarkeit des § 254 bgb: henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 615 rn. 1. 205der klägerin ist es auch nicht wegen der umstände des einzelfalls verwehrt, 206vgl. bag, urteil vom 16. märz 1967 - 2 azr 64/66 -, juris rn. 22, 207sich auf die leistungsunfähigkeit des herrn c. zu berufen. ein missbräuchliches verhalten, 208vgl. dazu z.b. schubert, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 242 rn. 199 ff., 209ist unter berücksichtigung der ausführungen zu § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb nicht zu erkennen. die aufgezeigten sorgfaltspflichtverletzungen genügen insoweit nicht. 210(3.) schließlich muss - speziell - § 615 satz 3 bgb in ansehung der entscheidung des oberlandesgerichts hamm, 211olg hamm, urteil vom 29. oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris, 212mit blick auf das erfordernis einer leistungsfähigkeit des arbeitnehmers nicht einschränkend ausgelegt werden. das oberlandesgericht hamm geht in seiner entscheidung - in der es um den verdienstanspruch eines lizenzfußballspielers im zeitraum seiner coronabedingten absonderungsverpflichtung wegen ansteckungsverdachts geht - davon aus, dass sich die dortige klägerin als betreiberin der lizenzspielerabteilung nicht auf das aus der absonderung folgende unvermögen zum erbringen der im arbeitsvertrag an sich vorgesehenen arbeitsleistung ihres spielers berufen könne, da dieses gerade aus ihrer sphäre stamme, nämlich dem ihren unternehmerischen interessen dienenden mannschaftsbezogenen spiel- und trainingsbetrieb, der die grundlage für den ansteckungsverdacht gebildet habe. 213vgl. olg hamm, urteil vom 29. oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris rn. 20; und zur vorinstanz: lg münster, urteil vom 15. april 2021 - 8 o 345/20 -, juris rn. 2. 214der übertragung dieser rechtsprechung auf den streitgegenständlichen sachverhalt stehen mehrere gründe entgehen. zunächst setzt die anwendbarkeit des § 615 satz 3 bgb grundsätzlich voraus, dass sich das betriebsrisiko der klägerin realisiert hat; dies ist vorliegend nicht der fall (a.). zudem dürfte die unmöglichkeit der leistungsverhinderung - als weiteres ungeschriebenes tatbestandsmerkmal - weder vom arbeitgeber noch vom arbeitnehmer zu vertreten sein; auch diese voraussetzung, auf die nicht im wege der auslegung verzichtet werden kann, ist nicht erfüllt (b.). zuletzt mag die vorbenannte wertung des olg hamm anhand der risikosphären von arbeitgeber und arbeitnehmer zwar einem allgemeinen billigkeitsgefühl entsprechen. ihr steht aber entgegen, dass die betriebsrisikolehre mit blick auf die andauernde coronapandemie gefahr läuft, überstrapaziert zu werden (c.). 215(a.) voraussetzung des lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb ist jedenfalls, dass die arbeit infolge eines umstandes ausfällt, für den der arbeitgeber das risiko (sog. betriebsrisiko) trägt. 216vgl. bag, urteil vom 9. juli 2008 - 5 azr 810/07 -, juris rn. 13; olg hamm, urteil vom 29. oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris rn. 17 ff.; vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 69. 217das betriebsrisiko betrifft die frage, ob der arbeitgeber zur lohnzahlung verpflichtet ist, wenn er zur beschäftigung der belegschaft aus betriebstechnischen gründen nicht imstande ist. zum betriebsrisiko gehören die mit der entscheidungsbefugnis des arbeitgebers im zusammenhang stehenden und die führung des betriebs betreffenden ereignisse. die feststellung, in wessen gefahrenkreis das störende ereignis fällt, hat in erster linie nach dem gesichtspunkt von treu und glauben unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalles zu erfolgen. 218vgl. z.b. preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 120; eckart/kruse, beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 37.3; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 96; bag, urteil vom 30. mai 1963 - 5 azr 282/62 -, juris rn. 8; olg hamm, urteil vom 29 oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris rn. 18; vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 57. 219in abgrenzung zum betriebsrisiko ist das wirtschaftsrisiko betroffen, das im falle der leistungsstörung nach § 615 satz 1 bgb in direkter anwendung zu behandeln wäre, wenn die arbeitsleistung zwar möglich, für den arbeitgeber aber nicht verwertbar ist. 220vgl. preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 120; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 98. 221dies vorangestellt ist, anders als das olg hamm meint, eine wegen eines ansteckungsverdachts mit dem coronavirus ergangene absonderungsverfügung nicht als betriebsbezogen i.s.d. § 615 satz 3 bgb zu werten. dies gilt auch dann nicht, wenn der ansteckungsverdacht aus dem für das unternehmen notwendigen spiel- oder trainingsbetrieb, kundenkontakten oder produktionsbedingungen resultiert. 222der betriebsrisikolehre liegen in der überwiegenden anzahl der fälle betriebliche störungen, ein versagen der betriebsmittel oder aus der besonderen art des betriebs bedingte verbote zu grunde. dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, einwirkungen aus der betrieblichen sphäre auf die arbeitnehmer als personelle mittel miteinzubeziehen. 223vgl. preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, bgb, § 615 rn. 131 f., 132i. 224dies dürfte jedoch eher den fall betreffen, in denen eine mittelbare betroffenheit des personals vorliegt, weil z.b. ein arbeitnehmer etwa auf die (mit-)arbeit eines anderen kollegen angewiesen ist. 225anders liegt der fall aber bei der hier streitgegenständlichen infektionsrechtlichen absonderungsverfügung, bei der es sich - auch im falle einer allgemeinverfügung -, 226vgl. dazu z.b. hohenstatt/krois, lohnrisiko und entgeltfortzahlung während der corona-pandemie, in; nza 2020, 413 (415), 227um einen in der person des arbeitnehmers liegenden verhinderungsgrund i.s.v. § 616 satz 1 bgb handelt, 228vgl. dazu im einzelnen: vg minden, urteil vom 26. januar 2022 - 7a k 877/21 -, nrwe, 229was einer anwendbarkeit des § 615 satz 3 bgb entgegensteht. 230vgl. bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 616 rn. 16: zu den für § 616 satz 1 bgb unerheblichen objektiven leistungshindernissen gehören deshalb regelmäßig solche sachverhaltsgestaltungen, in denen entweder der arbeitgeber nach § 615 satz 3 das betriebsrisiko oder umgekehrt sein vertragspartner nach allgemeinen grundsätzen das arbeitskampf- oder wegerisiko zu tragen hat, und a.a.o. fn. 59: deshalb fallen z.b. behördliche betriebsverbote oder zerstörungen des arbeitsplatzes nicht unter § 616 bgb; oetker, in: staudinger, neubearbeitung 2019, bgb, § 616 rn. 80: des weiteren zählen behördliche betriebsverbote, landestrauer, smog-alarm, vernichtung des arbeitsplatzes (brand etc) und verkehrshindernisse (verkehrsstau, ausfall der nahverkehrsmittel, demonstrationen, flugverbot) zu den allgemeinen (objektiven) leistungshindernissen; vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 25: nicht erfasst sind demgegenüber objektive leistungshindernisse, die betriebsbezogen sind und sich auf einen größeren kreis von arbeitnehmern beziehen. 231dass der grund des leistungshindernisses (hier: infektion mit dem coronavirus als vom arbeitnehmer ausgehendes infektionsrisiko) - möglicherweise - in der betrieblichen sphäre begründet wurde (hier: ausbruchsgeschehen im betrieb), ändert daran nichts. die gegenteilige sichtweise würde zu einer überschneidung mit dem anwendungsbereich des § 616 satz 1 bgb führen, der bei in der person des arbeitnehmers liegenden verhinderungsgründen - anders als § 615 satz 3 bgb - eine zeitliche haftungsgrenze (“verhältnismäßig nicht erhebliche zeit“) des arbeitgebers vorsieht. 232des weiteren würde eine über § 615 satz 1 i.v.m. satz 3 bgb angeordnete lohnfortzahlungspflicht bei einem subjektivem leistungshindernis in der person des arbeitnehmers, welches auf betriebliche umstände zurückzuführen ist, besondere gesetzgeberische wertungen umgehen. namentlich gilt dies für die besonderen regelungen zu arbeitsunfällen - insbesondere die regelungen zur krankheitsbedingten arbeitsunfähigkeit nach § 3 efzg und zum verletztenentgelt in §§ 45 ff. sgb vii. erfasst man das subjektive leistungshindernis der absonderung bei betriebsbedingten ursachen als betriebsrisiko, müsste man dies ohne weiteres auch für eine krankheitsbedingte arbeitsunfähigkeit wegen eines arbeitsunfalls (§ 8 abs. 1 sgb vii) annehmen. in diesem fall soll nach den wertungen des § 3 efzg der arbeitgeber für sechs wochen das arbeitsentgelt fortzahlen - wenn ansonsten die dortigen tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere die entsprechende vorbeschäftigungszeit (§ 3 abs. 3 efzg) und kein verschulden des arbeitnehmers - vorliegen. 233vgl. feddern, in: kasseler kommentar sozialversicherungsrecht, sgb vii, 116. el september 2021, § 45 rn. 12. 234anschließend erfolgt der ersatz des verdienstausfalls durch die zahlung eines verletztengeldes nach §§ 45 ff. sgb vii. 235zu dieser ersatzfunktion des verletztengeldes vgl. bsg, urteil vom 26. juni 2007 - b 2 u 23/06 r -, juris rn. 14 ff. 236zahlungspflichtig ist dabei aber nicht der arbeitgeber, sondern der versicherungsträger (§ 114 sgb vii). der arbeitgeber soll dabei lediglich über seine versicherungsbeiträge an der aufbringung der erforderlichen mittel beteiligt werden (§§ 150 ff. sgb vii). dieses differenzierte haftungsregime würde konterkariert, wenn die auf einem arbeitsunfall beruhende, krankheitsbedingte arbeitsunfähigkeit als betriebsrisikos aufgefasst würde, das in der rechtsfolge grundsätzlich nur eine zeitlich unbefristete haftung des arbeitgebers selbst kennt. kann dieses „musterbeispiel“ eines sich auf subjektiver arbeitnehmerseite verwirklichenden betriebsrisikos daher schon nicht unter § 615 satz 3 bgb subsumiert werden, muss dies erst recht für das - abgesehen von zeiten einer pandemie wohl eher seltene - subjektive leistungshindernis der häuslichen absonderung gelten. 237dieser ansicht kann nicht entgegen gehalten werden, dass der arbeitnehmer mangels entsprechender ersatzregelungen für andere betrieblich begründete, aber in seiner person liegende gründe der arbeitsunfähigkeit im hinblick auf seinen verdienstausfall schutzlos gestellt würde. unabhängig davon, dass derartige erwägungen bei der beantwortung der frage, ob ein betriebsrisiko vorliegt, nicht von bedeutung sind, 238vgl. bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 34, 239sieht die rechtsordnung in § 616 bgb für solche nicht speziell geregelten subjektiven leistungshindernisse - ungeachtet des umstandes, ob diese aus der betrieblichen sphäre stammen oder nicht - grundsätzlich zumindest einen zeitlich begrenzten lohnfortzahlungsanspruch vor. im hinblick auf das hier maßgebliche subjektive leistungshindernis der absonderung hat der gesetzgeber im übrigen mit den entschädigungsregeln der §§ 56 ff. ifsg reagiert. die gesetzgeberische entscheidung, den arbeitgeber - im gegensatz zur betriebsbedingten arbeitsunfähigkeit durch krankheit - bei betriebsbedingter absonderung abseits der allgemeinen zivilrechtlichen regelungen aus der haftung für das arbeitsentgelt vollständig zu entlassen und das entgeltrisiko über die §§ 56 ff. ifsg letztlich der allgemeinheit aufzuerlegen, ist dabei zu respektieren. 240diese abgrenzung von betriebsrisiko einerseits und subjektivem leistungshindernis andererseits steht nicht im widerspruch zu den ausführungen des bundesarbeitsgerichts, 241bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 33, 242wonach der arbeitgeber zur lohnfortzahlung nach § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb verpflichtet ist, wenn eine behördliche maßnahme darauf abzielt, einem im betrieb des arbeitgebers angelegten besonderen risiko zu begegnen, etwa, weil die vom arbeitgeber gewählten produktionsmethoden oder -bedingungen oder von ihm zu verantwortende arbeitsbedingungen (wie z.b. in teilen der fleischwirtschaft und bei saisonkräften in der landwirtschaft) eine besonders hohe ansteckungsgefahr innerhalb der belegschaft in sich bergen. 243zum einen befasst sich das gericht gar nicht mit der frage der behördlichen absonderung oder gar eines zusammentreffens von absonderung und anordnung einer betriebsschließung. zum anderen wurde vorliegend - wie dargelegt - gegen die klägerin keine betriebsschließung verfügt. die an die u. & co. kg verfügte schließungsverfügung des standortes „j...... in 33378 rheda-wiedenbrück“ betrifft nur das verwendungs- bzw. wirtschaftsrisiko der klägerin, da der einsatz ihres arbeitnehmers in einem fremdbetrieb wegen einer dort angesiedelten betriebsstörung nicht möglich ist. 244vgl. auch: bag, urteile vom 1. februar 1973 - 5 azr 382/72 -, juris rn 27, und vom 7. november 1975 - 5 azr 61/75 -, juris rn. 18 f.; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 134; krause in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 615, rn. 118; bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 615 rn. 108.1; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 108. 245schließlich sprechen auch praktische erwägungen - jedenfalls als hilfsüberlegung - dagegen, die coronabedingte absonderung dem betriebsrisiko zuzuordnen. ein aus arbeitsbezogenen kontakten resultierender ansteckungsverdacht entsteht (fälle mit kundenkontakt ausgeklammert) dadurch, dass jedenfalls ein mitarbeiter sich außerhalb des betriebs angesteckt hat und das virus ggf. unter den kollegen weiterverbreitet haben könnte. für diese person hat sich das betriebsrisiko nicht realisiert. handelt es sich bei diesem arbeitnehmer um einen ausscheider (§ 2 nr. 6 ifsg), der ebenfalls unter die hier maßgeblichen regelungen fällt, ist wegen der vollzugsdefizite bei der kontaktpersonennachverfolgung bzw. fehlender sequenzierung oft gar nicht (mehr) feststellbar, wo sich diese person, die krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine ansteckungsquelle für die allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein, angesteckt hat - also innerhalb oder außerhalb eines betriebs. bezeichnenderweise ist hier nicht zweifelsfrei erkennbar, dass sich der arbeitnehmer c. tatsächlich bei seiner arbeit infiziert hat. eine feststellung, ob sich das betriebsrisiko realisiert hat, dürfte daher in diesen fällen in der praxis kaum möglich sein. 246zwar mag diese erwägung angesichts der vielzahl der von einer absonderungsverfügung betroffenen personen in der vorliegenden konstellation unerheblich klingen. auch mag der k. in der vergangenheit gar nicht so differenziert vorgegangen sein und eine erstattung von aufwendungen bei einer vielzahl von arbeitgebern beanstandungslos geleistet haben. rechtlicher maßstab bei der entscheidung darf diese praxis, die davon abhängt, wie genau ein sachverhalt ermittelt wird, aber nicht sein. dies gilt umso mehr, als dass eine beweislastregel zu gunsten der arbeitgeber immer dann greifen wird, wenn die behörden besonders belastet sind und entsprechende sachverhaltsaufklärungen nicht leisten können. das erscheint aber willkürlich. 247(b.) aber auch wenn man davon ausginge, dass die absonderungsverfügung dem betriebsrisiko der klägerin zuzuordnen wäre, verlangt eine anwendbarkeit des § 615 satz 3 bgb nach einhelliger meinung, dass weder arbeitnehmer noch arbeitgeber die unmöglichkeit der (betriebsbezogenen) leistungsverhinderung zu vertreten haben. 248vgl. z.b. bag, urteil vom 30. mai 1963 - 5 azr 282/ 62 -, juris rn. 8; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 101 rn. 12; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 96; lakies, in: kittner/zwanziger u.a., arbeitsrecht handbuch für die praxis, 9. auflage 2017, § 59 rn. 14. 249dies ist hier aber nicht der fall. dabei kann dahinstehen, ob den arbeitnehmer c. eine verantwortlichkeit am erlass der absonderungsverfügung trifft, weil er mindestabstände von 1,5 metern während seiner tätigkeit in der zerlegung nicht immer eingehalten hat. jedenfalls trifft die klägerin - wie dargelegt - eine (wenn auch nicht weit überwiegende) verantwortlichkeit, wegen verstoßes gegen arbeitsschutzvorschriften. 250nach ansicht der kammer kann § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb (insbesondere) nicht im wege eines erst-recht-schlusses dahingehend ausgelegt werden, dass der arbeitgeber auch dann zur lohnfortzahlung verpflichtet bleibt, wenn ihn ein verschuldensbeitrag unterhalb der schwelle des alleinigen oder weit überwiegenden verschuldens (i.s.d. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb) trifft. zwar mag es auf den ersten blick nicht sachgerecht erscheinen, wenn diese verantwortlichkeit des arbeitgebers einen lohnfortzahlungsanspruch des arbeitnehmers ausschließt. denn das bedeutet, dass er bei fehlendem verschulden (und realisierung des betriebsrisikos) nach § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb zur weiterzahlung verpflichtet wäre und nach § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb ebenso bei einer „alleinigen oder weit überwiegenden verantwortlichkeit“ der leistungsunmöglichkeit des arbeitnehmers, nicht hingegen bei vorliegen eines einfachen verschuldensbeitrags. allerdings entstünden durch einen solchen erst-recht-schluss wertungswidersprüche zum allgemeinen schuldrecht. so lässt sich mit blick auf die mit der betriebsrisikolehre verbundenen präventionsanreize und der gesamtwohlfahrtoptimierung, 251vgl. bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 615 rn. 114, 252nicht rechtfertigen, dass der vorliegende fall anders zu bewerten ist, als dies nach allgemeinen zivilrechtlichen maßstäben bei mangelnder alleiniger oder überwiegender gläubigerverantwortlichkeit der fall wäre, nach denen es gerade bei dem grundsatz des § 326 abs. 1 bgb (ohne arbeit kein lohn) verbliebe. 253vgl. z.b. olg münchen, urteil vom 7. august 2015 - 25 u 546/15 -, juris rn. 37 f.; vgl. auch: herresthal, in: beckogk, bgb, 1. juni 2019, § 326 rn. 209 ff. 254das bestreben des gesetzgebers mit dem tatbestandsmerkmal der weit überwiegenden verantwortlichkeit des gläubigers in § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb die schadensersatz- und rücktrittsregelungen und den wegfall der gegenleistungspflicht zu harmonisieren, 255vgl. herresthal, in: beckogk, bgb, 1. juni 2019, § 326 rn. 187, 256würde durchbrochen. ein interessengerechter ausgleich ließe sich auch nicht durch eine quotelung erreichen. eine anwendung von § 254 bgb scheidet wegen der anrechnungsregelung in satz 2 des § 615 bgb aus. 257vgl. joussen, in: beckok, arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 615 rn. 62, 55; vgl. aber schwarze, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2020, § 326 rn. c6, wonach die lohnzahlungspflicht in höhe des verantwortungsbeitrages bestehen bleibt. 258dagegen entsteht keine schutzlücke, wenn an dem erfordernis fehlenden verschuldens von arbeitgeber und arbeitnehmer festgehalten wird. der arbeitgeber ist - grundsätzlich - zur lohnfortzahlung nach § 616 bgb für einen verhältnismäßig nicht erheblichen zeitraum weiterhin verpflichtet. im übrigen können schadensersatzansprüche des arbeitnehmers gegen den arbeitgeber oder einen sonstigen an der verursachung beteiligten dritten - welche nach § 56 abs. 10 ifsg auch auf das zur gewährung der entschädigung verpflichtete land übergehen würden - einen gerechten ausgleich erwirken. 259(c.) schließlich mag - wenn man zum einen davon ausginge, dass die absonderungsverfügung dem betriebsrisiko der klägerin zuzuordnen wäre und § 615 satz 3 bgb zum anderen ausnahmsweise auch bei einer vom arbeitgeber und ggf. arbeitnehmer verschuldeten leistungsunmöglichkeit anwendbar wäre - die an der risikosphäre von arbeitgeber und arbeitnehmer anknüpfende auslegung des olg hamm (zum erfordernis einer leistungsfähigkeit des arbeitnehmers) einem allgemeinen billigkeitsgefühl entsprechen. ihr steht aber entgegen, dass die betriebsrisikolehre mit blick auf die andauernde coronapandemie gefahr läuft, überstrapaziert zu werden. wenn der arbeitgeber - wie in der entscheidung des olg hamm - für potenziell infektiöse kontakte im rahmen eines gemeinsamen (fußball-)spiel- und trainingsbetriebs zur lohnfortzahlung verpflichtet ist, so müsste dies - anders als in § 616 satz 1 bgb - zeitlich unbefristet auch bei arbeitnehmern gelten, die in besonderen risikobereichen, z.b. mit viel „kundenverkehr“ wie kellner, erzieher und pflegekräfte, eingesetzt werden. darüber hinaus gibt es weitere branchen, wie beispielsweise das baugewerbe, in denen eine zusammenarbeit mehrerer mitarbeiter ohne abstand und wegen körperlicher arbeit zwingend erforderlich erscheint. dieses problem dürfte sich mit blick auf die sich gegenwärtig verbreitende omikron-variante des coronavirus noch verschärfen, weil soziale kontakte wegen der höheren infektiosität der mutation nunmehr noch gefahrenträchtiger erscheinen. 260eine andere sichtweise lässt sich - wiederrum - nicht mit der entscheidung des bundesarbeitsgerichts, 261bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 33, 262rechtfertigen, wonach behördlich angeordnete betriebsschließungen dem betriebsrisiko zuzuordnen sind, wenn sie darauf abzielen, einem im betrieb des arbeitgebers angelegten besonderen risiko zu begegnen. denn zur frage, ob die weiteren voraussetzungen des lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb (leistungsfähigkeit des arbeitnehmers, fehlendes verschulden von arbeitnehmer und arbeitgeber) in diesen fällen ausnahmsweise nicht anspruchsbegründend sein sollen, verhalten sich die urteilgründe nicht. im gegenteil, das bag hält in seiner entscheidung an seiner auffassung fest, dass es sich bei § 615 satz 3 bgb um eine rechtsgrundvereisung handelt, mit der folge, dass (nur) dem leistungsfähigen und leistungswilligen arbeitnehmer der vergütungsanspruch verbleibt. 263cc. ein vergütungsanspruch folgt nicht aus § 3 efzg. danach hat ein arbeitnehmer, der durch arbeitsunfähigkeit infolge krankheit an seiner arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein verschulden trifft, anspruch auf entgeltfortzahlung im krankheitsfall durch den arbeitgeber für die zeit der arbeitsunfähigkeit bis zur dauer von sechs wochen. 264ausweislich der insoweit nachvollziehbaren angaben der klägerin und des arbeitnehmers war letzterer im streitgegenständlichen zeitraum mangels irgendwelcher symptome nicht arbeitsunfähig erkrankt. dieser vortrag wurde auch vom beklagten land nicht durchgreifend in frage gestellt. 265dd. dem arbeitnehmer c. stand gegen die klägerin kein anspruch auf lohnfortzahlung nach § 616 satz 1 bgb zu. 266nach dieser regelung wird der zur dienstleistung verpflichtete des anspruchs auf die vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche zeit durch einen in seiner person liegenden grund ohne sein verschulden an der dienstleistung verhindert wird. 267die voraussetzungen des § 616 satz 1 bgb liegen nicht vor. zwar wurde die regelung zwischen der klägerin und herrn c. nicht abbedungen. es handelt sich bei der absonderung, die für den arbeitnehmer c. als ausscheider angeordnet worden ist, auch um einen in seiner person liegenden grund. allerdings bestand seine leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen zeitraum. 268die regelung des § 616 satz 1 bgb wurden zwischen der klägerin und herrn c. nicht im rahmen des vorliegenden arbeitsvertrags abbedungen. die klägerin hat auch weder vorgetragen noch ist anderweitig ersichtlich, dass sich eine unanwendbarkeit z.b. aus tarifvertrag ergeben könnte. 269es handelt sich bei der - streitgegenständlichen - absonderungsanordnung um ein subjektiv persönliches hindernis. 270vgl. dazu im einzelnen: vg minden, urteil vom 26. januar 2022 - 7a k 877/21 -, nrwe. 271die dortigen ausführungen zu einer absonderung aufgrund eines an das betriebsumfeld des arbeitnehmers anknüpfenden ansteckungsverdachts mit dem sars-cov‑2 coronavirus sind auf eine entsprechende absonderung als ausscheider zu übertragen. außerdem handelt es sich nach den dort genannten maßstäben erst recht um ein rein subjektives hindernis, sollte die infektion des arbeitnehmers nicht in dessen betriebsumfeld erfolgt sein. 272allerdings bestand die leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen zeitraum. 273der arbeitnehmer befand sich vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2020 in häuslicher absonderung. die absonderung beruhte auf den allgemeinverfügungen vom 18. juni 2020 und 20. juni 2020 des kreises gütersloh „zur absonderung in sog. häusliche quarantäne“ im zeitraum vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2021 sowie der individuellen verfügung der stadt hamm. 274bei einem absonderungszeitraum von 15 tagen handelt es sich im vorliegenden fall um einen erheblichen zeitraum. 275wie der unbestimmte rechtsbegriff der verhältnismäßig nicht erheblichen zeit zu konkretisieren ist, ist umstritten. aus dem wortlaut des § 616 satz 1 bgb „verhältnismäßig“ folgt zunächst, dass eine festlegung auf eine feste tageszahl, 276vgl. zu den in der literatur festgelegten konkretisierungshilfen z.b. linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 14; bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 616 rn. 37, 277wegen der verschiedenartigkeit der in betracht kommenden sachverhalte nicht möglich ist. 278vgl. z.b. vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 28; besgen/jüngst u.a., in: handbuch betrieb und personal, 248. lieferung 2021, stand: 204. lieferung 05/16, zweites kapitel arbeitsentgelt ohne arbeitsleistung, rn. 271. 279zudem darf die praktikabilität derartiger richtwerte nicht über ihre fehlende normative verankerung hinwegtäuschen. 280vgl. oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 106. 281im schrifttum wird im sinne einer ereignisbezogenen sichtweise die erheblichkeit der verhinderungszeit nach dem zur arbeitsverhinderung führenden grund sowie danach beurteilt, ob der arbeitgeber erfahrungsgemäß mit einer derartigen nichtleistung über einen bestimmten zeitraum rechnen konnte, sodass er den ausfall einzukalkulieren hat. als verhältnismäßig nicht erhebliche zeit sei daher auch bei schwerwiegenden ereignissen nur eine dauer von wenigen tagen anzusehen. die nach dem entgeltfortzahlungsgesetz für erkrankte arbeitnehmer geltende sechs-wochen-frist könne danach grundsätzlich nicht als maßstab herangezogen werden. 282vgl. krause in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 616, rn. 41; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 14, 16; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 67 f.; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 102 f. 283demgegenüber soll nach der rechtsprechung im sinne einer belastungsbezogenen betrachtungsweise bei der bewertung des verhinderungszeitraums - ungeachtet etwaiger ausnahmen für bestimmte hier nicht relevante fallgruppen -, 284z.b. bag, urteile vom 25. oktober 1973 - 5 azr 156/73 -, juris rn. 12 f., und vom 19. april 1978 - 5 azr 834/76 -, juris rn. 22, 285- auf die gesamten umstände des einzelfalles abgestellt werden, insbesondere auf das verhältnis zwischen der dauer der verhinderung und der länge der bisherigen beschäftigung. daneben werden (insbesondere) zusätzliche abreden sowie die eigenart des arbeitsverhältnisses und dessen voraussichtliches fortbestehen berücksichtigt. 286vgl. z.b. bgh, urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 37; bag, urteil vom 11. august 1988 - 8 azr 721/85 -, juris rn. 43; krause in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 616 rn. 40; grimm, in: tschöpe, arbeitsrecht handbuch, 12. auflage 2021, b. entgeltfortzahlung, rn. 87; joussen, in: beckok, arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 616 rn. 46; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 66; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 100. 287die zeitliche höchstgrenze dürfte regelmäßig bei einer leistungsunfähigkeit von sechs wochen liegen. 288vgl. bgh, urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 37; bag, urteile vom 20. juli 1977 - 5 azr 325/76 -, juris rn. 12, und vom 11. august 1988 - 8 azr 721/85 -, juris rn. 43. 289auch wenn ausscheider i.s.d. § 2 nr. 6 ifsg bzw. ansteckungsverdächtige i.s.d. § 2 nr. 7 ifsg nach den motiven des bseuchg-gesetzgebers vom schicksal in ähnlicher weise betroffen sind wie kranke, 290vgl. bt-drs. 3/1888, s. 10, 27 zu § 48 bseuchg (entschädigung in besonderen fällen), und bt-drs. iii/2662, s. 3 ebenfalls zu § 48 bseuchg 291muss bei der anwendung der rechtsprechung des bundesgerichtshofs, 292vgl. bgh, urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 37, 293berücksichtigt werden, dass der entscheidung § 616 bgb in der fassung vom 28. august 1975 zu grunde lag. in dessen absatz 2 satz 2 wurde der sechs-wochen-zeitraum zwar als verhältnismäßig nicht erheblich anerkannt, der gesetzgeber bediente sich aber mit blick auf den fortzahlungsanspruch im krankheitsfall der regelungstechnik der fiktion („hierbei gilt als verhältnismäßig nicht erheblich eine zeit von sechs wochen, wenn nicht durch tarifvertrag eine andere dauer bestimmt ist.“). nunmehr fehlt in § 616 bgb jeglicher anhaltspunkt für eine gleichstellung mit dem - nunmehr geltenden - § 3 efzg. 294vgl. dazu: linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 15; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 103, m.w.n. 295überdies liegen den lohnfortzahlungsansprüchen in § 616 satz 1 bgb und § 3 efzg unterschiedliche normzwecke zu grunde. während § 616 satz 1 bgb seine grundlage - nach der rechtsprechung - überwiegend in dem gedanken der fürsorgepflicht des arbeitgebers findet (bzw. nach „neuerem“ ansatz in der literatur der gedanke, dass personengebundenen tätigkeiten das risiko eines ausfalls des dienstverpflichteten stets immanent ist und es daher sachgerecht erscheint, unerhebliche verhinderungen bereits bei der bemessung des entgelts einzukalkulieren - „minima non curat praetor“), 296vgl. z.b. linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 2 f., 14; joussen, in: beckok, arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 616 rn. 46 f.; krause in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 616 rn. 40; riesenhuber, in: erman, bgb, 16. auflage 2020, § 616 rn. 2; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616, rn. 9, 100 f.; bag, urteil vom 25. oktober 1973 - 5 azr 156/73 -, juris rn. 12 f., 297dient § 3 efzg eher der entlastung der krankenkassen. 298vgl. temming, in: kluckert, das neue infektionsschutzrecht, § 16 rn. 21; reinhard, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, efzg, 22. auflage 2022, § 3 rn. 1 f.; müller-glöge, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, efzg, § 3 rn. 2; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 181 ff. 299angesichts dessen und unter berücksichtigung des gesetzlichen wortlauts, 300vgl. vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 30, 301geht die kammer davon aus, dass bei der beurteilung der „verhältnismäßig nicht erheblichen zeit“ (auch) im falle der absonderung eines ansteckungsverdächtigen bzw. ausscheidenden arbeitnehmers in erster linie das verhältnis zwischen bisheriger dauer des arbeitsverhältnisses und dauer der arbeitsverhinderung maßgeblich ist. daneben werden weitere umstände des einzelfalls berücksichtigt. 302nach dieser maßgabe überschreitet der absonderungszeitraum von 15 tagen die erheblichkeitsschwelle. insoweit ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der arbeitnehmer c. erst etwa neun monate bei der klägerin beschäftigt war, als die absonderung angeordnet worden ist. allein der umstand, dass der arbeitsvertrag unbefristet abgeschlossen worden ist und sich im laufenden klageverfahren die prognose einer längerfristig fortdauernden beschäftigung bestätigt haben mag, ändert an dieser einschätzung nichts. auch rechtfertigen weder die eigenart des arbeitsverhältnisses noch die eigenart der verhinderung im vorliegenden fall eine andere beurteilung. dabei spielt es im vorliegende fall keine rolle, dass es sich bei dem arbeitnehmer um einen ausscheider i.s.d. § 2 nr. 6 ifsg - also eine asymptomatisch infizierte person - handelt, bei der die entwicklung von arbeitsunfähig machenden symptomen und damit die erlangung der vorteile des § 3 efzg vom zufall abhängt. denn insoweit sprechen jedenfalls bei noch nicht einmal ein jahr bestehenden arbeitsverhältnissen derartige umstände (noch) nicht dafür, die beurteilung der verhältnismäßigen dauer des arbeitsausfalls zu gunsten des arbeitnehmers zu beeinflussen. 303vgl. vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 32, 304d. die kausalität („dadurch“), 305vgl. dazu eckart/kruse, beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 38, 306zwischen absonderung und verdienstausfall ist gegeben. andere gründe für den wegfall des lohnanspruchs sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. insbesondere bleibt die schließung des betriebs der bestellerin ohne einfluss. der einsatz des arbeitnehmers als fleischverarbeiter in einem anderen betrieb wäre ohne absonderungsanordnung - wie bereits dargelegt - grundsätzlich möglich gewesen. 307e. ungeachtet der frage, ob in entsprechender anwendung von § 254 bgb ggf. über die gesetzlich geregelten fälle insbesondere in § 56 abs. 1 satz 3 ifsg und § 56 abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg ein mitverschulden des anspruchsberechtigten anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein könnte, 308vgl. zum streitstand: eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 41 ff., m.w.n.; kümper, in: kießling, ifsg, 2. auflage 2021, § 56 rn. 27 ff., m.w.n., 309kann ein bezifferbares anspruchsminderndes mitverschulden des herrn c. nicht festgestellt werden. dabei mag schon in zweifel gezogen werden, ob es bereits als pflichtwidrig angesehen werden kann, unter den gegebenen bedingungen seines arbeitsverhältnisses auf die einhaltung des mindestabstands am lachseband gegenüber seinem arbeitgeber zu beharren. letztendlich bedarf dies aber keiner abschließenden entscheidung, denn es ist jedenfalls nicht ersichtlich, ob und in welchem umfang dieser verstoß die eigene infektion bzw. das infektionsgeschehen in den betriebsräumen verursacht hat. da nicht erkennbar ist, wie sich der verursachungsbeitrag - nicht zuletzt aufgrund des zeitablaufs - zuverlässig ermitteln lassen soll, sieht sich die kammer auch nicht veranlasst, von amts wegen weitere ermittlungen anzustellen. in dieser situation des sog. non liquet trägt das beklagte land die materielle beweislast für die den anspruch ausschließenden bzw. mindernden umstände, sodass die unaufklärbarkeit zu seinen lasten geht. 310vgl. z.b. ovg nrw, urteil vom 28. oktober 2021 - 13 a 1376/17 -, juris rn. 57 m.w.n. 3112. die voraussetzungen von § 56 abs. 5 ifsg sind erfüllt. unstreitig hat die klägerin die entschädigung während des streitgegenständlichen zeitraums an den arbeitnehmer c. ausgezahlt, § 56 abs. 5 satz 1 ifsg. einen (formwirksamen) erstattungsantrag (§ 56 abs. 5 satz 3 ifsg) hat sie am 3. september 2020 beim k. (§ 54 ifsg i.v.m. § 11 abs. 1 ifsbg-nrw) gestellt. 3123. der erstattungsanspruch ist entgegen der auffassung des beklagten landes auch nicht - nach sinn und zweck der entschädigungsregelung - ausgeschlossen, weil der klägerin ggf. ein schadensersatzanspruch in höhe des gezahlten lohns gegenüber der bestellerin zustehen könnte. 313einer solchen auslegung steht schon entgegen, dass die klägerin keinen lohn an herrn c. gezahlt hat, sondern den für diesen arbeitnehmer entstandenen entschädigungsanspruch infolge eines verdienstausfalls. der lohnanspruch bestand im hier maßgeblichen zeitraum der absonderung - wie dargelegt - nach dem grundsatz „ohne arbeit kein lohn“ nicht. 314aber auch mit blick auf einen etwaigen schadensersatzanspruch der klägerin gegen die firma u. wegen der gezahlten entschädigungsleistung und ungeachtet der frage, ob ein solcher sekundäranspruch nicht schon nach § 3 nr. 6 werkvertrag abbedungen ist, scheidet eine teleologische reduktion des § 56 abs. 3 ifsg aus. die klägerin fungiert hier nämlich allein als auszahlungsstelle. dieses verfahren soll eine schnelle und unbürokratische entschädigungsgewährung sicherstellen. 315vgl. eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, 10. edition, 15. januar 2022, ifsg § 56 rn. 73; gerhardt, in: gerhardt, infektionsschutzgesetz, 5. auflage 2021, ifsg, § 56 rn. 25. 316dieser gesetzgeberische wille ergibt sich auch im umkehrschluss aus der legalzession des § 56 abs. 10 ifsg, da insoweit nur schadensersatzansprüche des „entschädigungsberechtigten“ auf das land übergehen. in diesem sinne sind in § 56 abs. 3 satz 2 und abs. 8 ifsg auch nur leistungen benannt, die „auf die entschädigung“ anzurechnen sind. 317das vorbenannte system würde unterlaufen, ließe man darüber hinaus auch im verhältnis zwischen entschädigungspflichtigem land und auszahlungsverpflichtetem arbeitgeber weitere „anrechnungstatbestände“ zu. in diese überlegung ist einzustellen, dass der erstattungsantrag fristgebunden ist (vgl. § 56 abs. 11 ifsg). bei der vom beklagten land vertretenen vorgehensweise wird dem arbeitgeber nicht nur das prozess- und insolvenzrisiko auferlegt, sondern auch das erfordernis bei einem ggf. langwierigen zivilprozess mit instanzenzug vorsorglich entsprechende erstattungsansprüche beim k. zu stellen, sodass weitere - ggf. unnötige - kosten auf beiden seiten entstehen und für die bearbeitung arbeitskraft gebunden wird. 318auch andere schadensersatzansprüche, insbesondere ansprüche des arbeitnehmer c. gegen die klägerin oder die firma u. sind im vorliegenden fall nicht zu berücksichtigen. ungeachtet der frage, ob - erstens - ein schadensersatzanspruch des entschädigungsberechtigten arbeitnehmers c. gegen die klägerin als frühere arbeitgeberin entstanden und fällig ist, - zweitens - dieser ggf. entstandene und fällige anspruch nach § 15 arbeitsvertrag (ausschlussfristen / verfallklausel) wieder verfallen ist und - drittens - gemäß § 56 abs. 10 ifsg auf das beklagte land übergegangen ist, hat das beklagte land jedenfalls nicht die aufrechnung erklärt, 319vgl. dazu: bverwg, urteil vom 12. februar 1987 - 3 c 22/86 -, juris; hessischer vgh, beschluss vom 28. januar 1994 - 3 tg 2026/93 -, juris; vg minden, beschluss vom 31. januar 1996 - 2 k 2333/95 -, 320sodass eine berücksichtigung im hiesigen verfahren ausscheidet. 321sofern dem arbeitnehmer c. ein ersatzanspruch z.b. aufgrund eines vertrags mit schutzwirkungen zugunsten dritter gegen die firma u. als bestellerin zusteht, so könnte dieser - ungeachtet der frage seiner entstehung, fälligkeit und höhe - dem erstattungsanspruch der klägerin nicht entgegengehalten werden, weil diese nicht schuldnerin der ggf. auf das beklagte land übergegangenen forderung ist. 3224. das vom beklagten land behauptete, anspruchsausschließende (überwiegende) mitverschulden der klägerin an der absonderung ihres arbeitnehmers ist im rahmen des § 56 abs. 3 ifsg selbst nicht zu berücksichtigen, sondern nur - wie geschehen - im rahmen der prüfung des § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb oder etwaiger zur aufrechnung gestellter übergegangener schadensersatzansprüchen gegen die klägerin. dies folgt ebenfalls aus der - zuvor bereits dargelegten - funktion als auszahlstelle. 3235. die höhe des erstattungsbetrages von 762,35 euro nettoverdienstausfall ist von den beteiligten unter berücksichtigung von § 56 abs. 3 ifsg in der mündlichen verhandlung unstreitig gestellt worden. die kammer hat keine veranlassung, von sich aus an der richtigkeit der zugrunde liegenden berechnung zu zweifeln. 324b. der klägerin steht auch der anspruch auf erstattung der von ihr verauslagen und der höhe nach ebenfalls unstreitig gestellten sozialabgaben i.h.v. 383,14 euro nach maßgabe des § 57 ifsg zu. 325c. die klage ist auch begründet, soweit die klägerin aus dem erstattungsbetrag von 1.145,49 euro die verurteilung des beklagten landes zur zahlung von prozesszinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit verlangt. die voraussetzungen von §§ 291, 288 abs. 1 satz 2 bgb analog liegen seit dem 3. märz 2021 (§ 90 vwgo) vor. 326die kostenentscheidung beruht auf § 155 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 ff. zpo. |
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} | 7a K 424/21 | 2022-01-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheids des M. vom 20. Januar 2021 verpflichtet, der Klägerin für den Mitarbeiter O. D. N. betreffend den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 30. Juni 2020 eine Erstattung in Höhe von 574,44 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 390,39 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen, sowie auf diesen Betrag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Erstattung der an ihren Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung infolge behördlich angeordneter Quarantäne. 3Es handelt sich bei der Klägerin um eine Zweigniederlassung eines rumänischen Unternehmens in der Rechtsform S.R.L. Sie ist in der Fleischverarbeitungsbranche tätig. Ihr Firmensitz befindet sich unter der Anschrift „F.----- in 33378 Rheda-Wiedenbrück“. Seit 2014 ist sie geschäftlich mit der U. M. GmbH & Co. KG (Betriebssitz „J. in 33378 Rheda-Wiedenbrück“) verbunden. 4Mit Werkvertrag vom 10. Januar 2020 verpflichtete sich die Klägerin als Werkunternehmerin gegenüber der Firma U. M. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Firma U. ) als Bestellerin im Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis zum 31. Juli 2020 zur Herstellung von Fleischteilstücken und Zerlegenebenprodukten. Die Werk-leistung wird nach den vertraglichen Bestimmungen auf dem Betriebsgelände der Firma U. erbracht. Räumlichkeiten und Betriebsmittel (mit Ausnahme von Messern, Wetzstählen, Arbeits- und Schutzkleidung) werden von dieser zur Verfügung gestellt. 5Gemäß § 2 Nr. 5 Werkvertrag haben (die Klägerin als) Werkunternehmerin und die Personen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer werkvertraglichen Leistungen bedient, u.a. Weisungen der Hygienebeauftragen des Bestellers Folge zu leisten. Nach § 2 Nr. 6 Werkvertrag ist die Werkunternehmerin verpflichtet, gemäß § 8 Abs. 1 ArbSchG ihre Beschäftigten über Gefahren und Risiken für Sicherheit und Gesundheit sowie über Schutzmaßnahmen vor Arbeitsaufnahme zu unterweisen. Weiter ist sie verpflichtet, ihre Beschäftigten vor Arbeitsaufnahme nach der Betriebseinweisung Personalhygiene FB HY 8-01 in der jeweils gültigen Version zu schulen. Der Nachweis über die stattgefundenen Unterweisungen ist schriftlich von den Beschäftigten per Unterschrift zu bestätigen und unaufgefordert vor Arbeitsaufnahme an das Lohnbüro des Bestellers weiterzuleiten. Die Klägerin hat zudem nach § 2 Nr. 7 Werkvertrag gegenüber der Bestellerin einen verantwortlichen Vertreter zu benennen bzw. dafür Sorge zu tragen, dass ein verantwortlicher Vertreter bei der Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtungen präsent ist. § 2 Nr. 9 Werkvertrag bestimmt, dass die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus den mit ihren Arbeitnehmern geschlossenen Verträgen der Klägerin als Werkunternehmerin obliegt. 6Im Rahmen dieses Werkvertrags setzte die Klägerin ihren Arbeitnehmer O. D. N. als Fleischer auf dem Betriebsgelände der Firma U. ein. Er war vom 15. November 2018 bis Ende 2020 bei der Klägerin beschäftigt. Seit Anfang 2021 ist er direkt bei der U. Unternehmensgruppe angestellt. 7Im Rahmen einer am 16. Juni 2020 durchgeführten Reihentestung stellte das Gesundheitsamt des Kreises Gütersloh bei 730 von 1.106 Abstrichen von in der „Zerlegung“ auf dem Werksgelände der Firma U. tätigen Mitarbeitern einen positiven Befund auf das Coronavirus SARS-CoV-2 fest. 8Der Landrat des Kreises Gütersloh ordnete daraufhin am 17. Juni 2020 zunächst mündlich die Schließung des Betriebsstandortes der U. Unternehmensgruppe in Rheda-Wiedenbrück an. Unter dem 10. August 2020 bestätigte er gegenüber der U. & Co. KG die Allgemeinverfügung zur Schließung des Betriebs der Unternehmensgruppe U. am Betriebsstandort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ schriftlich. 9Mit Allgemeinverfügung zur fortbestehenden Schließung und den Voraussetzungen einer schrittweise möglichen Wiederaufnahme des Betriebs der Unternehmensgruppe U. am Betriebsstandort „J……, 33378 Rheda-Wiedenbrück“ vom 2. Juli 2020 verfügte der Bürgermeister der Stadt Rheda-Wiedenbrück eine weitere Schließung bis zum 17. Juli 2020. Überdies wurden Regelungen zur schrittweisen Wiederaufnahme des Betriebs getroffen. 10Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 18. Juni 2020 ordnete der Landrat des Kreises Gütersloh in Ziffer 1 die Absonderung in häusliche Quarantäne gegenüber allen im Betrieb der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück in der Produktion tätigen Personen an. Ziffer 2 enthielt einen Ausnahmetatbestand für alle seit dem 16. Juni 2020 durch Beauftragte des Gesundheitsamtes negativ getesteten Personen, die auch bei Erhalt des Testergebnisses noch keinerlei Symptome aufwiesen. Gleichzeitig wurde der Fall geregelt, dass der Betroffene zwar negativ getestet worden ist, aber im Rahmen der Kontaktnachverfolgung als Kontaktperson der Kategorie 1 nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts ermittelt wurde. In diesem Fall sollte das Gesundheitsamt mitteilen, bis wann die Absonderung zu erfolgen hat. 11Mit Allgemeinverfügung zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne vom 20. Juni 2020 hob der Landrat des Kreises Gütersloh die Allgemeinverfügung vom 18. Juni 2020 auf und ordnete für alle auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 2. Juli 2020, 24:00 Uhr, an. Zugleich erließ er Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personengruppen die auf dem Gelände der Firma U. tätig waren. Die Produktion war von dieser Ausnahme nicht erfasst. 12Mit Allgemeinverfügung zum Schutz der Bevölkerung vor der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber im Betrieb der Firma U. am Standort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätigen und mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen durch Absonderung in häuslicher Quarantäne vom 1. Juli 2020 ordnete das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) ab dem 3. Juli 2020, 00:00, Uhr gegenüber allen Personen, die im Zeitraum vom 3. Juni 2020 bis zum 17. Juni 2020 an mindestens einem Tag auf dem Betriebsgelände der Firma U. am Standort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätig waren, unabhängig davon, ob sie unmittelbar bei dieser Firma, einem Subunternehmer oder einer Leiharbeitsfirma angestellt sind oder für diese tätig waren, die Absonderung in häusliche Quarantäne bis zum 17. Juli 2020, 24.00 Uhr an. Zugleich erließ das MAGS Ausnahmeregelungen für eine sog. Arbeitsquarantäne für bestimmte Personengruppen, die auf dem Gelände der Firma U. tätig waren. Die Produktion war von dieser Ausnahme nicht erfasst. 13Mit Verfügung vom 17. Juli 2020 ordnete die Stadt Rheda-Wiedenbrück gegenüber dem Arbeitnehmer O. D. N. als Kontaktperson mit einer mit dem Coronavirus infizierten Person die häusliche Quarantäne bis einschließlich zum 24. Juli 2020 an. Ausweislich der dazu eingereichten Bescheinigung der Stadt Rheda-Wiedenbrück vom 27. Oktober 2021 befand sich Herr N. vom 17. Juli 2020 bis zum 23. Juli 2020 in Absonderung. 14Am 28. Juli 2020 beantragte die Klägerin (erstmals) die „Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen bei Verdienstausfall eines Arbeitnehmers auf Grund behördlich angeordneter Quarantäne (Absonderung) oder Tätigkeitsverbot nach § 56 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)“ für den Arbeitnehmer O. D. N. für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2020. Dazu erklärte sie u.a., dass der Arbeitnehmer sich vom 17. Juni 2020 bis zum 30. Juni 2020 in Absonderung befunden habe, er in diesem Zeitraum keinen genehmigten Urlaub gehabt habe, er nicht aufgrund eines kranken Kindes arbeitsbefreit gewesen sei und er in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB, auf Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, sonstige Zuschüsse, zusätzliches Einkommen aus Ersatztätigkeiten gehabt habe. Der Betrieb sei ab dem 18. Juni 2020 geschlossen gewesen. Ein Enddatum der Betriebsschließung gab die Klägerin nicht an. 15Bei der Frage, ob der Arbeitnehmer während der Absonderung arbeitsunfähig krank gewesen sei, kreuzte die Klägerin beide der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten „Ja“ und „Nein“ an. Im Klageverfahren erklärte sie dazu, dass es sich um einen Tippfehler handele. Der Arbeitnehmer sei im Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 24. Juni 2020 nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. 16Mit Bescheid vom 20. Januar 2021 lehnte der M. (M. ) den Antrag auf Erstattung von Verdienstausfallentschädigung für den Zeitraum vom 17. Juni 2020 bis zum 30. Juni 2020 für Herrn O. D. N. ab. Zur Begründung führte der M. aus, dass die Klägerin beim Einsatz ihres Arbeitnehmers Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere Hygienevorgaben verletzt habe. Aus diesem Grund habe der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin, sodass ein Verdienstausfall i.S.v. § 56 Abs. 1 IfSG und damit ein entsprechender Erstattungsanspruch nicht vorlägen. Der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer eingesetzt gewesen sei, sei vom 16. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen gewesen. Ein Einsatz des Arbeitnehmers sei somit bereits aus betrieblichen Gründen nicht möglich gewesen. Im Zeitraum der Betriebsschließung habe bereits aus diesem Grund kein Verdienstausfall vorgelegen, da der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeberin gehabt habe, sodass ein möglicher Entschädigungsanspruch entfalle. 17Die Klägerin hat am 23. Februar 2021 Klage erhoben. 18Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass Herr N. zum Zeitpunkt der Absonderungsanordnung in der Zerlegung in der Spätschicht „am Band Lachse“ auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück gearbeitet habe. Insgesamt habe sich der Arbeitnehmer vom 18. Juni bis zum 24. Juli 2020 in häuslicher Absonderung befunden. Dementsprechend habe sie am 18. September 2020 einen zweiten Erstattungsantrag beim M. gestellt. Dieser betreffe den Absonderungszeitraum vom 1. Juli bis zum 24. Juli 2020. 19Der Arbeitnehmer N. sei zwischen dem 18. Juni 2020 und dem 24. Juli 2020 nicht an COVID-19 erkrankt gewesen, er habe auch nicht an typischen Symptomen gelitten. Überdies sei er negativ getestet worden. Die Testungen seien von Mitarbeitern des Deutschen Roten Kreuzes oder der Bundeswehr durchgeführt worden, schriftliche Unterlagen lägen dazu aber nicht vor. Die Ergebnisse seien ihren Mitarbeitern lediglich telefonisch mitgeteilt worden; ebenso sei die Aufforderung, in Quarantäne zu verbleiben, telefonisch ergangen. Vom Gesundheitsamt des Kreises Gütersloh habe sie die Negativtests nicht erlangen können, diese Daten seien nach behördlicher Auskunft nicht gespeichert worden. 20Der Anspruch sei insbesondere nicht wegen Verstößen gegen Gesundheits- und Arbeitsvorschriften oder Hygienevorgaben ausgeschlossen. Der Behördenakte lasse sich weder der vom M. behauptete Verstoß entnehmen, noch sei ersichtlich, dass die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Arbeitnehmers N. geprüft worden seien. Auch in den Begründungen der Allgemeinverfügungen über die Absonderung in häusliche Quarantäne seien keine Verstöße gegen Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften zum Zeitpunkt der Anordnung festgestellt worden. In der Verfügung des Kreises Gütersloh vom 18. Juni 2020 werde auf Seite 4 von einem „unklaren Ausbruchsgeschehen“ ausgegangen und nach den Ausführungen auf Seite 3 werde es nur als „sehr naheliegend“ erachtet, dass die infizierten Beschäftigten aus der Zerlegung der Firma U. weitere in der Produktion tätige Personen durch Kontakte am Arbeitsplatz, in der gemeinsamen Unterkunft oder auf dem gemeinsamen Transportweg infiziert hätten. 21Im Übrigen habe sie beim Einsatz ihrer Arbeitnehmer auf dem Betriebsgelände der Firma U. auch keine Verstöße begangen. Seitens ihrer Bestellerin seien seit Beginn der Corona-Pandemie Präventionsmaßnahmen und Hygienekonzepte eingeführt worden, die auch von ihr - als auf dem Betriebsgelände tätige Subunternehmerin - umgesetzt worden seien. Sie habe etwa dafür Sorge getragen, dass sich die Arbeitnehmer der unterschiedlichen Schichten nicht vermischten. Auch hätten die Arbeitnehmer getrennt voneinander gewohnt, eine Vermischung sei auch insoweit vermieden worden. Ihre Mitarbeiter seien mündliche über die (sich ändernden) einzuhaltenden Maßnahmen informiert und angewiesen worden, sich an diese Anordnungen zu halten. Der Betriebsleiter M1. C. sei zuständig gewesen für Schulungen und Informationen vor Ort. Einzuhaltende Schutzmaßnahmen seien auch schriftlich in rumänischer Sprache an die Mitarbeiter verteilt worden. Zudem seien regelmäßig Amtsärzte vor Ort gewesen, die lebensmittelrechtliche Kontrollen durchgeführt hätten. Hinweise auf Verstöße gegen Hygienevorschriften hätten die Kontrolleure nicht festgestellt. Sämtliche Arbeitnehmer in der Produktion hätten z.B. Schutzkleidung getragen und sich vor dem Betreten der Arbeitsbereiche Hände und Schuhe desinfiziert. Auch die Kontrollen durch die Gewerbeaufsicht seien beanstandungslos geblieben. 22Herr N. habe im Juni 2020 mit seiner Familie in einer eigenen Wohnung gelebt. Es habe sich dabei nicht um eine Firmenunterkunft gehandelt. 23Die Klägerin beantragt, 24251. das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheids des M. vom 20. Januar 2021 zu verpflichten, ihr für den Mitarbeiter O. D. N. betreffend den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 30. Juni 2020 eine Erstattung in Höhe von 574,44 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 390,39 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen, 262. das beklagte Land zu verpflichten, an sie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen. 27Das beklagte Land beantragt, 28die Klage abzuweisen. 29Es trägt im Wesentlichen vor, der Arbeitnehmer N. habe keinen Verdienstausfall erlitten. Ihm stehe ein Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin nach § 616 Satz 1 BGB zu. Insbesondere stelle die Dauer der Verhinderung eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit dar. Insoweit erschließe sich schon nicht, warum Herr N. über den sonst üblichen Zeitraum von 14 Tagen abgesondert gewesen sei. Aber auch eine Absonderung von fünf Wochen stelle eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit dar. Die Absonderung sei mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, sodass nach dem Rechtsgedanken des Entgeltfortzahlungsgesetzes ein Fortzahlungsanspruch von bis zu sechs Wochen bestehe. Die gesetzgeberischen Motive stellten klar, dass ein Quarantäne-Pflichtiger in ähnlicher Weise betroffen sei wie eine erkrankte Person. 30Zudem sei der Vergütungsanspruch wegen der Regelung des § 615 Sätze 1 und 3 BGB nicht untergegangen. Dies sei zunächst der Fall, weil es sich bei dem der Absonderung des Herrn N. zu Grunde liegenden Ansteckungsverdacht um ein Betriebsrisiko handele. Die Absonderung beruhe auf einem Ansteckungsverdacht, der wiederrum aus der arbeitsvertraglich geschuldeten Erbringung der Arbeitsleistung als Fleischer auf dem U. Betriebsgelände resultiere. Hätte der Arbeitnehmer nicht am Betriebsstandort in Rheda-Wiedenbrück gearbeitet, wäre der Grund für die Absonderung entfallen. Die Klägerin könne sich nicht auf ein Unvermögen ihres Arbeitnehmers zum Erbringen der Arbeitsleistung infolge der Absonderung berufen, da das Unvermögen gerade aus ihrer Sphäre stamme, nämlich dem ihren unternehmerischen Interessen dienenden Einsatz des Arbeitnehmers am Betriebsstandort. Würde man aufgrund der Absonderung von einem einen Anspruch aus § 615 Satz 3 BGB ausschließenden Unvermögen des Arbeitnehmers ausgehen, bürdete man ihm so - entgegen der gesetzlichen Wertung - das in der Sphäre der Klägerin liegende Betriebsrisiko auf. 31Darüber hinaus stehe dem Arbeitnehmer N. der Lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 Sätze 1 und 3 BGB aufgrund der behördlich angeordneten Schließung des Betriebsstandorts zu. Diese Schließung sei dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzurechnen, da sie auf eine erhebliche Begünstigung der Virus-Verbreitung durch die betrieblichen Verhältnisses - insbesondere baulicher und betriebsorganisatorischer Natur - zurückzuführen sei. 32Des Weiteren sei der Arbeitnehmer N. seines Vergütungsanspruchs nach § 615 Sätze 1 und 3 BGB nicht verlustig gegangen, weil die Klägerin bei dessen Einsatz Gesundheits- und Arbeitsvorschriften verletzt habe. Unter das Betriebsrisiko fielen auch Verstöße gegen die den Arbeitgeber treffende Fürsorgepflicht gemäß § 618 Abs. 1 BGB; auf ein Verschulden komme es dabei nicht an. Die dem Arbeitgeber obliegende Fürsorgepflicht werde durch die öffentlich-rechtlichen Schutzmaßnahmen konkretisiert, wobei diese lediglich das Mindestmaß festlegten. Diese Bestimmungen des Arbeitsschutzes seien im Hinblick auf die ausgebrochene Covid-19-Pandemie dahingehend auszulegen, dass der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes seiner Arbeitnehmer zu ergreifen habe, um eine Infektion mit dem neuartigen Virus zu vermeiden und Infektionsrisiken so zu minimieren. 33Ein Infektionsgeschehen, wie es in der Begründung zur Allgemeinverfügung des Bürgermeisters der Stadt Rheda-Wiedenbrück vom 2. Juli 2020 dargelegt sei, biete hinreichend belastende Anhaltspunkte dafür, dass die Verbreitung insbesondere durch die baulichen und betriebsorganisatorische Verhältnisse begünstigt worden sei; im Falle eines funktionierenden und dem Pandemiegeschehen angepassten Hygieneplans sei ein derartiges Infektionsgeschehen schlechterdings nicht denkbar. Entsprechende Verstöße ergäben sich zudem aus den Begründungen der Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh und der Stadt Rheda-Wiedenbrück, in denen von einem großen, unklaren Ausbruchsgeschehen die Rede sei und dargelegt werde, dass sich das Coronavirus, begünstigt durch die betrieblichen Verhältnisse, von der Zerlegung in andere Bereiche durch Kontakte am Arbeitsort, in den Unterkünften und auf dem Transportweg verbreitet habe. Im Übrigen seien im Rahmen der Besichtigung am 15. Mai 2020 aller Abteilungen und Bereiche der Unternehmensgruppe U. durch die Bezirksregierung Detmold gravierende Mängel im Hinblick auf die Vorgaben der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards und damit Verstöße gegen den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes festgestellt worden. Auch ein bei YouTube veröffentlichtes Video zeige die Verhältnisse in der Kantine, in der Mindestabstände nicht eingehalten worden seien. 34Die Absonderungsverfügung sei nicht kausal für den geltend gemachten Verdienstausfall, da der Arbeitnehmer N. bereits aufgrund der Betriebsschließung vom 17. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 nicht habe arbeiten können. 35Des Weiteren wirkten sich die werkvertraglichen Bestimmungen auf den geltend gemachten Erstattungsanspruch aus. Soweit die Klägerin nachweise, dass sie sich nicht vertragswidrig verhalten habe, könne sie grundsätzlich gegenüber der Bestellerin einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Zwar sei der Anspruch werkvertraglich ausgeschlossen, das Entschädigungsrecht diene aber nicht dazu, ausgeschlossene Schadensersatzansprüche zu kompensieren. Dies gelte umso mehr, als dass eine Entschädigung im Vergütungsanspruch enthalten sei. 36Jedenfalls müsse sich die Klägerin ein weit überwiegendes Mitverschulden anrechnen lassen, das den Erstattungsanspruch ausschließe. Die Pflichtverstöße der Klägerin als Arbeitgeberin gegenüber ihren Arbeitnehmern betreffend deren Gesundheitsschutz seien derart erheblich gewesen und hätten zu einer so großen Infektionsgefahr geführt, dass diese letztlich nur durch eine flächendeckende Allgemeinverfügung zur Absonderung der am Betriebsstandort in Rheda-Wiedenbrück tätigen Personen sowie durch eine mehrwöchige Betriebsschließung eingedämmt werden konnte. 37Die Kammer hat den Arbeitnehmer N. als Zeugen gehört. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom heutigen Tage verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs. 38Entscheidungsgründe: 39Die zulässige Klage ist begründet. 40Der Bescheid des beklagten Landes vom 20. Februar 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Ihr steht ein Anspruch auf Erstattung der an ihren Arbeitnehmer O. D. N. gezahlten Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 574,44 Euro Netto-Verdienstausfall (A.) zuzüglich Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 390,39 Euro (B.) für den Zeitraum vom 18. bis zum 30. Juni 2020 zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Des Weiteren hat die Klägerin einen Anspruch auf die geltend gemachten Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit (C.). 41A. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung einer Erstattung der an ihren Arbeitnehmer N. geleisteten Aufwendungen in Höhe von 574,44 Euro aus § 56 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 IfSG. 42I. Maßgeblich ist insoweit die ab dem 23. Mai 2020 gültige Gesetzesfassung, dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Entschädigung. 43Aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich für die Frage des richtigen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage aus dem Prozessrecht nur, dass ein Kläger im verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit ebenso mit einem Aufhebungsbegehren wie mit einem Verpflichtungsbegehren nur dann Erfolg haben kann, wenn er im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die erstrebte Aufhebung des Verwaltungsakts bzw. auf die erstrebte Leistung hat. Ob ein solcher Anspruch jedoch besteht, d.h. ob ein belastender Verwaltungsakt den Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 VwGO rechtswidrig in seinen Rechten verletzt oder die Ablehnung eines begehrten Verwaltungsakts im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO rechtswidrig ist, beurteilt sich nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermächtigungsgrundlage oder eines Anspruchs selbst, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen. 44Vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 31. März 2004 - 8 C 5.03 -, juris Rn. 35; VG Bayreuth, Urteil vom 21. Juni 2021 - B 7 K 21.110 -, juris Rn. 22, jeweils m.w.N.; vgl. auch Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 20a, m.w.N. zum Streitstand. 45Nach diesen Grundsätzen ist hier § 56 IfSG in der vom 23. Mai bis zum 18. November 2020 gültigen Fassung anzuwenden, denn der insoweit maßgebliche Anspruch des Arbeitnehmers, der hier durch die Klägerin als Arbeitgeberin geltend gemacht wird (§ 56 Abs. 5 Sätze 1 und 2 IfSG), war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden. Dies ergibt sich aus der damals gültigen Fassung des § 56 Abs. 6 Satz 1 IfSG, der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch unverändert fort gilt. Danach richtet sich die Fälligkeit der Entschädigungsleistungen bei Arbeitnehmern nach der Fälligkeit des aus der bisherigen Tätigkeit erzielten Arbeitsentgelts. § 614 BGB bestimmt dabei, dass die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten ist (Satz 1) und dass, soweit die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen ist, diese nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist (Satz 2). 46Vgl. Maties, in: BeckOGK, BGB, 1. August 2021, § 614 Rn. 54 f. 47Die Klägerin hatte mit ihrem Arbeitnehmer einen Stundenlohn und eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden vereinbart, die Fälligkeit sollte zum 15. des Monats eintreten, der auf den Monat der Arbeitsleistung folgt (§ 4 und 5 Abs. 1 Arbeitsvertrag). Da der letzte Absonderungstag, für den hier noch Erstattung beansprucht wird, der 30. Juni 2020 (Dienstag) gewesen ist, war der Anspruch spätestens am 15. Juli 2020 fällig und damit auch jedenfalls entstanden. Insoweit braucht nicht entschieden werden, ob der Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers bereits zum Zeitpunkt der Absonderung entstanden sein könnte, da die im Zeitpunkt der Fälligkeit gültige Fassung bereits während der Absonderung galt. 48II. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 IfSG liegen vor. 49Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält eine Entschädigung in Geld, wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. 50Satz 3 des § 56 Abs. 1 IfSG bestimmt zudem, dass eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 nicht erhält, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können. 51Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG hat der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen (Satz 1). Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (Satz 2). Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt (Satz 3). 52Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG sind erfüllt. 531. Der für den Erstattungsanspruch der Klägerin primär erforderliche ursprüngliche Entschädigungsanspruch des Herrn N. gegen das beklagte Land nach § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG liegt vor. 54a. Einschlägig ist hier § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG (Entschädigung aufgrund einer Absonderung). 55Der Arbeitnehmer N. unterlag ausweislich der Allgemeinverfügungen vom 18. Juni 2020 und 20. Juni 2020 des Kreises Gütersloh „zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne“ vom 18. Juni 2020 bis zum 30. Juni 2020 einer behördlich angeordneten Absonderung (i.S.d. § 30 IfSG). Es ist unter Berücksichtigung der Begründung der Allgemeinverfügung auch davon auszugehen, dass Herr N. als Ansteckungsverdächtiger (§ 2 Nr. 7 IfSG) galt, da er unmittelbar vor Erlass der ersten Absonderungsverfügung als Schlachter auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätig war. Sein Einsatzort war die Zerlegung, dort wurde am 16. Juni 2020 eine Vielzahl von mit dem Coronavirus infizierten Kollegen festgestellt. 56Da § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG das Erfordernis der Rechtmäßigkeit der Absonderungsverfügung nicht voraussetzt, genügt tatbestandlich eine wirksame Maßnahme. 57Vgl. zum Streitstand: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 34, m.w.N.; Kümper, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 56 Rn. 20, m.w.N. 58Gegen die Wirksamkeit der Verfügung bestehen keine Bedenken, solche wurden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen. Ungeachtet dessen bestehen - unter Berücksichtigung der o.g. Umstände - auch keine (durchgreifenden) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Absonderungsanordnung. 59b. Unabhängig davon, ob § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG in seiner hier maßgeblichen Fassung über die dort ausdrücklich geregelten Fälle dahingehend zu verstehen ist, dass allgemein bei Vermeidbarkeit der Absonderung durch den Abgesonderten die Entschädigung ausscheidet, 60vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 94, 61ist hier nicht zu erkennen, dass die Absonderung vom 18. bis zum 30. Juni 2020 für den Arbeitnehmer vermeidbar gewesen sein könnte. Insbesondere hat er sich nach eigenen Angaben ab dem 18. Juni 2020 durchgängig in häuslicher Absonderung befunden; eine Freitestung nach den in der Allgemeinverfügung des Kreises Gütersloh vom 18. Juni 2020 festgelegten Kriterien erfolgte für ihn in dieser Zeit nicht. In der Allgemeinverfügung vom 20. Juni 2020 bestand die Möglichkeit einer Freitestung für Ansteckungsverdächtige wie den Arbeitnehmer nicht mehr. 62c. Der Arbeitnehmer N. hat außerdem in dem Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 30. Juni 2020 den erforderlichen Verdienstausfall erlitten. 63Nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ (§ 326 Abs. 1 BGB) stand ihm im Zeitraum der Absonderung, in dem er seine Wohnung nicht verlassen durfte, kein Anspruch aus seinem Arbeitsvertrag i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB auf Zahlung seines Arbeitslohns zu. 64Vgl. dazu z.B.: Maties, in: BeckOGK, BGB, 1. August 2021, § 611a Rn. 1670 ff.; Fandel/Kock, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, § 611a Rn. 198. 65Er konnte seine Tätigkeit als „Fleischer“ offenkundig auch nicht im Home-Office erbringen. 66Vgl. zur arbeitsorganisatorischen Umstellung auch: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 35. 67Es lag kein Fall vor, in dem die Klägerin gegenüber dem Arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zur Lohnfortzahlung trotz nicht geleisteter Arbeit verpflichtet gewesen wäre. 68aa. Die Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB liegen nicht vor. 69Der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB im Arbeitsrecht steht § 615 BGB nicht entgegen. Die dienstvertraglichen Regeln des Annahmeverzugs verdrängen § 326 BGB nicht. Vielmehr ergänzen sich beide. 70Vgl. im Einzelnen z.B.: BAG, Urteil vom 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 -, juris Rn. 26; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 5, m.w.N.; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 6. 71Nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Arbeitgeber für den Umstand, auf Grund dessen der Arbeitnehmer nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. 72Es fehlt an der danach erforderlichen Verantwortlichkeit der Klägerin, denn es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin allein oder weit überwiegend verantwortlich ist für den Grund der - wegen des Fixschuldcharakters der nach wöchentlicher Arbeitszeit bemessenen Arbeitsleistung (§ 4 Arbeitsvertrag) -, 73vgl. BAG, Urteile vom 17. März 1988 - 2 AZR 576/87 -, juris Rn. 47, und vom 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 -, juris Rn. 26; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 611a Rn. 675; Fandel/Kock, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, § 611a Rn. 198; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 275 Rn. 49, 52, zur Einzelfallbetrachtung, 74absonderungsbedingten Unmöglichkeit. Verantwortlichkeit im vg. Sinne erfasst nach der hier maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Vertretenmüssen i.S.d. §§ 276, 278 BGB, d.h. mindestens fahrlässiges Handeln. 75Vgl. z.B.: BAG, Urteil vom 19. August 2015 - 5 AZR 975/13 -, juris Rn. 29; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 95 Rn. 2. 76Soweit darüber hinaus vertreten wird, dass sich eine - auch verschuldensunabhängige - Verantwortlichkeit des Gläubigers für bestimmte Risiken ergeben kann, 77vgl. z.B. Ulber, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 326 Rn. 26 ff.; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 326 Rn. 53 ff., jeweils m.w.N., 78bedarf es einer solchen erweiternden Auslegung im Arbeitsverhältnis nicht, da derartige Konstellationen über die Grundsätze der Betriebsrisikolehre zu lösen sind (§ 615 Satz 3 BGB). 79Vgl. Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C56. 80Dessen ungeachtet ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch vertragliche oder gesetzliche Regelungen einer besonderen Risikoübernahme unterliegt. 81Der Gläubiger ist allein oder weit überwiegend verantwortlich i.S.d. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB, wenn unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 254 BGB eine Verantwortungsquote von 90% vorliegt. 82Vgl. z.B.: Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 187, m.w.N.; Stadler, in: Jauernig, BGB, 18. Auflage 2021, § 326 Rn. 14; Dauner-Lieb, in: NK-BGB, 4. Auflage 2021, § 326 Rn. 13; vgl. auch BT-Drs. 14/6040, 187: Vielmehr muss der Gläubiger zumindest „weit“ überwiegend für die Entstehung des Rücktrittsgrundes mit verantwortlich sein. Damit soll ein Grad der Mitverantwortung umschrieben werden, der über § 254 auch einen Schadensersatzanspruch ausschließen würde; a.M. Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 326 Rn. 9 und § 254 Rn. 64. 83Eine eigene (mindestens) weit überwiegende Verantwortlichkeit der Klägerin ist nicht gegeben, weder bezüglich des Ansteckungsverdachts ihres Arbeitnehmers noch bezüglich des erheblichen Ausbruchsgeschehens auf dem Betriebsgelände der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück. Zwar hat es von der Klägerin zu verantwortende Verstöße gegen Arbeitsschutzregeln gegeben (1.). Dass die Klägerin damit jedoch weit überwiegend verantwortlich sein könnte, ist nicht ersichtlich (2.). 84(1.) Die Klägerin hat gegen Arbeitsschutzpflichten verstoßen. 85(a.) Nach den der Kammer zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen sind der Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum Verstöße gegen ihre arbeitsschutzrechtlichen Pflichten vorzuwerfen. 86Maßgeblich für die Beurteilung etwaiger Verstöße ist aus Sicht der Kammer der Zeitraum ab Mitte Mai 2020. Denn eine am 7. Mai 2020 vom MAGS veranlasse Reihentestung auf das Coronavirus in allen Schlachtbetrieben Nordrhein-Westfalens, 87vgl. Bericht für den Ausschuss Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags Nordrhein-Westfalens „SARS-CoV-2/COVID-19 Ausbruchsgeschehen in Schlachtbetrieben“, 13. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-3441.pdf, 88hat nur vereinzelt positive Befunde (4 von 6.289) unter den auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätigen Personen (im Wesentlichen wohl vom 11. Mai bis zum 18. Mai 2020) ergeben. Diese mit dem Coronavirus infizierten Personen waren nicht in die Fleischverarbeitung involviert und wurden als wahrscheinlich voneinander unabhängig beurteilt. 89Vgl. so: F3. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020. 90Erst danach kam es zu dem hier maßgeblichen Ausbruchsgeschehen. 91Gemäß § 618 Abs. 1 BGB hat der Dienstberechtigte Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. 92Der Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber nach § 618 BGB im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen, wird dabei durch die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen konkretisiert, insbesondere durch das Arbeitsschutzgesetz. Sie transformieren dabei den technischen Arbeitsschutz in den Arbeitsvertrag. 93Vgl. BAG, Urteil vom 12. August 2008 - 9 AZR 1117/06 -, juris Rn. 13; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 14. 94Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten 1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie 2. Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können (Absatz 2). 95Gemäß § 5 Abs. 1 ArbSchG hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Des Weiteren hat der Arbeitgeber die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG). Die Klägerin war dabei durch den Einsatz ihrer Mitarbeiter auf dem (fremden) Betriebsgelände der Firma U. nicht von ihren arbeitsschutzrechtlichen Pflichten entbunden. 96Vgl. Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 95, m.w.N.; Wiebauer, Arbeitsschutz in Fremdfirmen, in: ZfA 2014, 49 f.; vgl. auch z.B. § 2 Nr. 5, 6 und 9 Werkvertrag. 97Werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, sind die Arbeitgeber nach § 8 Abs. 1 ArbSchG verpflichtet, bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten (Satz 1). Soweit dies für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit erforderlich ist, haben die Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeiten insbesondere sich gegenseitig und ihre Beschäftigten über die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abzustimmen (Satz 2). 98Im Hinblick auf die Coronapandemie hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 20. April 2020 die sog. SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards (IIIb4-34503) festgelegt. Dabei handelt es sich zwar nicht um ein verbindliches Regelwerk. Es ist aber bei der Ermittlung der vom Arbeitgeber zu beachtenden Schutzpflichten einzubeziehen. 99Vgl. z.B. Wilrich, Der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard des BMAS, NZA 2020, 634 (637). 100Dies berücksichtigend ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Klägerin sich ihrer arbeitsschutzrechtlichen Pflichten bewusst war und Maßnahmen zum Schutz ihrer Beschäftigten ergriffen hat. Sie hat sich nach eigenem Bekunden an die Vorgaben der Firma U. gehalten, ihre Mitarbeiter entsprechend informiert und diese zur Einhaltung der Vorgaben angehalten. Für die Kontrolle der Schutzmaßnahmen im Bestellerbetrieb waren eigene Betriebsleiter der Klägerin zuständig. Dass diese Angaben unrichtig sind, ist nicht ersichtlich. Insoweit hat auch der Zeuge N. erklärt, dass er und seine Kollegen u.a. von der Klägerin über einzuhaltende Hygieneregeln unterrichtet worden seien. Schriftliche Belehrungen seien ihm, auch in seiner Muttersprache Rumänisch, mehrfach ausgehändigt worden. Zudem habe es vor Ort von Mitarbeitern der Firma U. entsprechende Instruktionen gegeben, was die Behauptung der Klägerin über ihre Einbeziehung in das Hygienekonzept der Firma U. stützt. In diesem Sinne ist - auch dem beklagten Land aus anderen Verfahren - bekannt, dass der „Corona-Krisenstab“ der Firma U. unter der Leitung von Herrn E. B. die erarbeiteten Schutzmaßnahmen u.a. auch an die Betriebs- und Abteilungsleiter der „Dienstleister“ weitergegeben hat. Die Beteiligung ist im Übrigen offenkundig notwendig gewesen, weil die Klägerin im Rahmen des mit der Firma U. geschlossenen Werkvertrages die Räumlichkeiten - inklusive z.B. der Kantine oder der Sanitärräume, dazu sogleich unter (2.) - und Betriebsmittel der Bestellerin genutzt hat. In diesem Rahmen hat es insbesondere auch die erforderliche Gefährdungsbeurteilung gegeben, da das von den Betriebs- und Werksleitern an den jeweiligen Standorten umzusetzende Hygienekonzept zur Corona-Risiko-Minimierung vom 12. Mai 2020, das in der Folgezeit mehrfach angepasst worden ist, u.a. auf der „Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung im Sinne des SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards, Branche: Fleischwirtschaft“ der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) vom 29. April 2020 basiert. Sofern davon ausgegangen wird, dass § 8 Abs. 1 ArbSchG auch eine Koordinierung der Klägerin mit den anderen Werkvertragspartnern und Dienstleistern der Firma U. verlangt, die auf dem Gelände ebenfalls Arbeitnehmer eingesetzt haben, ist dies jedenfalls mittelbar über die Abstimmung mit der Firma U. erfolgt. 101Nach der Vernehmung des Arbeitnehmers N. geht die Kammer jedoch davon aus, dass nicht alle Schutzmaßnahmen konsequent um- bzw. durchgesetzt wurden. So wurden insbesondere das Abstandsgebot bzw. Schutzalternativen wie das Anbringen von Abtrennungen oder das Tragen einer FFP2-Maske nicht eingehalten (vgl. Nr. 1 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards i.V.m. der Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung für die Fleischwirtschaftsbranche sowie die Vorgaben zur Verhaltensweise in den Produktionsbereichen des Hygienekonzepts zur Corona-Risiko-Minimierung). Der Zeuge hat dazu erklärt, dass er vor dem hier maßgeblichen Ausbruchsgeschehen im Juni 2020 am Band „Lachse“ im Bereich „Zerlegung von Schweinen“ nur einen Abstand von etwa 1 Meter zum nächsten Kollegen eingehalten habe, nach der Absonderung seien diese Abstände deutlich vergrößert und die Anzahl der Mitarbeiter am Band reduziert worden. Aus der von F3. /H. erstellten „Hygienisch-medizinischen Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh“ vom 27. Juli 2020 ergibt sich zudem, dass keine Barrieren zwischen den Mitarbeitern der Schweinezerlegung zur Verhinderung einer direkten Tröpfcheninfektion etabliert waren und das Tragen von FFP2-Masken mit der dort verrichteten schweren körperlichen Arbeit nicht vereinbar war. 102(b.) Darüber hinaus fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass von der Klägerin weitere Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften verletzt worden sind. 103Dies gilt insbesondere für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Kantinennutzung. Belegt werden solche jedenfalls nicht durch ein im Juni 2020 bei YouTube eingestelltes Video (https://www.youtube.com/watch?v=HQagACah_V0), das eine vollbesetzte Kantine auf dem Betriebsgelände der Firma U. zeigen soll. Das Video hat aus Sicht der Kammer keinerlei Beweiswert. Es ist schon gar nicht klar, wann diese Aufnahme erstellt worden ist. Zudem lässt sich nicht feststellen, ob Mitarbeiter der Klägerin zu sehen sind oder diese die Kantine in dem hier relevanten Zeitraum unter Verstoß gegen das Abstandsgebot genutzt haben. Auch die Aussage des Zeugen N. , der in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, die Aufenthaltsräume während der Pausen gemeinsam mit Beschäftigten anderer Unternehmen genutzt zu haben, indiziert keinen Verstoß gegen die Corona(arbeits-)schutzmaßnahmen. Vorgesehen war ausweislich des Hygienekonzepts vom 12. Mai 2020 (und bereits zuvor) nämlich eine Trennung der Abteilungen bzw. Unterabteilungen in der Kantine und im Übrigen während der Pausen außerhalb der Kantine die Einhaltung von Sicherheitsabständen bzw. im Falle des fehlenden Sicherheitsabstands das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung. 104Anhaltspunkte für Pflichtverstöße im Zusammenhang mit der Unterbringung des Arbeitnehmers N. oder der weiteren Mitarbeiter der Klägerin liegen der Kammer nicht vor. Solche Verstöße hat das beklagte Land auch weder im Bescheid vom 20. Januar 2021 behauptet, denn dort wird nur ausgeführt, dass die Klägerin „beim Einsatz“ ihres Arbeitnehmers „Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere Hygienevorgaben“ verletzt habe, noch hat sie solche Vorwürfe im Klageverfahren erhoben, da sie auch in diesem Rahmen nur auf Verstöße im betrieblichen Umfeld verweist. Dass es im Juni 2020 entsprechende Ermittlungen der Aufsichtsbehörden bei von der Klägerin z.B. vermieteten Wohnungen oder betriebenen Sammelunterkünften gegeben hat, 105vgl. zu entsprechenden Ermittlungen in Coesfeld und Rheda-Wiedenbrück z.B.: Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll APr 17/1065 vom 25. Juni 2020, S. 6 f., 106auf deren Ergebnisse nunmehr zurückgegriffen werden könnte, ist weder bekannt noch vom beklagten Land, dem die staatliche Arbeitsschutzverwaltung obliegt, vorgetragen worden. Die Kammer hat - ungeachtet dessen - aber auch keine Anhaltspunkte für zurechenbare Pflichtverletzungen der Klägerin, insbesondere mit Blick auf die in § 618 Abs. 2 BGB, § 36 IfSG oder § 576 BGB geregelten Vorgaben. Eine Verantwortlichkeit der Klägerin für die Wohnverhältnisse des Herrn N1. scheidet schon deshalb aus, weil er sich nach seinen glaubhaften Ausführungen in der mündlichen Verhandlung die Wohnung unter der Adresse T.--------straße in Rheda-Wiedenbrück selbst im Internet gesucht hat. Die Klägerin hat ihm nicht bei der Wohnungssuche geholfen. Sie ist nach eigenen Angaben auch nicht Vermieterin der Wohnung gewesen. Soweit die Klägerin nach ihren Bekundungen an (andere) Mitarbeiter Wohnungen vermittelt oder diesen Personen im hier relevanten Zeitraum Wohnungen zur Verfügung gestellt hat, mag sie dafür zwar im Sinne der vorbenannten Normen verantwortlich sein. Hinweise auf mit der (erhöhten) Verbreitung des Coronavirus relevante Pflichtverletzungen ihrerseits liegen aber nicht vor. Die Kammer sieht sich daher nicht veranlasst, weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. In diesem Zusammenhang weist die Kammer - wegen des in der Allgemeinverfügungen des Kreises Gütersloh vom 18. und 20. Juni 2020 enthaltenen Hinweises auf eine Weiterverbreitung des Coronavirus in gemeinsamen Unterkünften der auf dem Betriebsgelände der Firma U. Beschäftigten - vorsorglich darauf hin, dass gemeinsames Wohnen mit Nahkontakten - was im Mai/Juni 2020 bereits bekannt war - zur Verbreitung des Coronavirus führt bzw. geführt hat, und dies auch ohne relevante Verstöße gegen spezielle Coronaschutzmaßnahmen. Zudem erhöht nicht jeder „Hygieneverstoß“ im Wohnumfeld das Verbreitungsrisiko des Virus. Zuletzt lässt der Umstand, dass v.a. in der Presse immer wieder von unzumutbaren Unterbringungsbedingungen ausländischer Arbeitnehmer „in der Fleischwirtschaft“ berichtet wird, weder im Sinne eines Anscheinsweises auf eine derartige Pflichtverletzung der Klägerin (als ein damals in der Fleischverarbeitungsbranche tätiges Unternehmen) schließen noch wird damit ein relevanter Verursachungsbeitrag der etwaigen Pflichtverletzung am erhöhten Infektionsrisiko belegt. 107Auch der Klägerin zurechenbare Verstöße gegen Schutzmaßnahmen im Rahmen der von ihr organisierten Transporte ihrer Mitarbeiter zwischen Wohnung und Betriebsstätte der Firma U. sind weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen worden. Zwar ist davon auszugehen, dass sie derartige Fahrten organisiert und die Fahrzeuge zur Verfügung gestellt hat. Allerdings ist eine Zurechnung etwaiger Verstöße zweifelhaft. Zum einen deshalb, weil ihre Arbeitnehmer für diese „Serviceleistung“ offenbar kein Entgelt entrichtet haben bzw. keinen Abzug vom Arbeitslohn hinnehmen mussten. Zum anderen sind die Fahrer offenbar auch „nur“ Mitarbeiter gewesen, die z.B. „mit am Band“ gearbeitet haben, was eher für den Charakter einer Fahrgemeinschaft spricht. Ungeachtet dieser Zurechnungsproblematik sind auch keine relevanten Pflichtverstöße der Klägerin in diesem Zusammenhang zu erkennen. Nr. 4 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards sah insoweit (u.a.) vor, dass auch bei arbeitsbezogenen Kontakten außerhalb der Betriebsstätte „soweit wie möglich Abstände von mindestens 1,5 m einzuhalten“ waren. Es sollten bei den Fahrten „kleine, feste Teams“ gebildet werden, um wechselnde Kontakte zu vermeiden, und die Fahrzeuge regelmäßig gereinigt werden. Zwar ist unter Berücksichtigung der Zeugenaussage des Arbeitnehmers N. davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der Klägerin in den von ihr zur Verfügung gestellten Kleinbussen diesen Mindestabstand nicht eingehalten haben. Dies gilt trotz der Einschätzung des Zeugen, wonach aus seiner Sicht die Abstände wegen der reduzierten Fahrgastzahl ausreichend gewesen seien. Jedenfalls aber hat der Zeuge glaubhaft bekundet, dass er in den von der Klägerin organisierten Transporten - wie angeordnet - eine Maske getragen habe. Hierbei handelt es sich um eine im Mai/Juni 2020 übliche Alternativmaßnahme. 108(2.) Die danach festgestellten Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften führen nicht zu einer alleinigen oder weit überwiegenden Verantwortlichkeit der Klägerin, weder für das Ausbruchsgeschehen am Betriebsstandort der Firma U. , noch für den individuellen Ansteckungsverdacht des Arbeitnehmers N. . Das Ausbruchsgeschehen bei der Firma U. wurde maßgeblich durch Umstände beeinflusst (a.), auf die die Klägerin selbst keinen Einfluss hatte bzw. haben konnte (b.). Weitere mögliche Ursachenbeiträge führen zu keinem anderen Ergebnis ((c.) bis (g.)). 109(a.) Nach den gegenwärtigen Erkenntnissen gab es auf dem Betriebsgelände der Firma U. ein erstes (kleineres) Ausbruchsgeschehen ab dem 19. Mai 2020 in der Zerlegung. Die daraufhin angestellten Untersuchungen, an denen die Firma U. jedenfalls durch die Ermöglichung von Betriebsbegehungen und durch zur Verfügung gestellte Unterlagen beteiligt war, weisen darauf hin, dass die Umgebungsbedingungen in der Anlage, einschließlich niedriger Temperatur, geringer Luftaustauschraten und ständiger Umwälzung der Luft, zusammen mit relativ geringen Abständen zwischen den Arbeitern und der anstrengenden körperlichen Arbeit eine ungünstige Mischung aus Faktoren darstellt, die eine effiziente Aerosolübertragung von SARS-CoV-2-Partikeln begünstigen. Dagegen spielen die Unterbringung der Mitarbeiter in Gemeinschaftsunterkünften sowie Fahrgemeinschaften keine (große) Rolle während der ersten Phase des Ausbruchs. Es ist nach den Ergebnissen der Untersuchungen sehr wahrscheinlich, dass die erwähnten ungünstigen Faktoren für die seit Beginn der Coronapandemie eingetretenen Ausbrüche auch in anderen Fleischverarbeitungsbetrieben verantwortlich sind. Die Analysen deuten ferner darauf hin, dass es durch eine potenziell kontinuierliche Übertragung unter den Mitarbeitern zum zweiten - hier relevanten - großen Ausbruch im Juni 2020 gekommen ist. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch von den Mitarbeitern gemeinsam genutzte Wohnräume sowie Fahrgemeinschaften zur Arbeitsstelle zur Virusverbreitung beigetragen haben. 110Vgl. dazu: F3. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F3. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020. 111Nach diesen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die oben festgestellten Verstöße der Klägerin eine überwiegende Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB (mindestens 90 %) begründen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte einen maßgeblichen Anteil an der weitreichenden Verbreitung des Virus unter den auf dem Betriebsgelände tätigen Personen hatten, der jedenfalls über 10 % lag. 112(b.) Hinsichtlich dieser offenbar branchenüblichen Produktionsbedingungen in der Fleisch- und Fischverarbeitung, 113vgl. dazu: „Discussion“ bei F3. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296, 114trifft die Klägerin kein Verschulden, insbesondere nicht über eine Zurechnung nach § 278 BGB. Zwar dürfte die Firma U. bezüglich der insoweit bestehenden Arbeitsschutzpflicht ihr Erfüllungsgehilfe gewesen sein, ein Verschulden kann jedoch nicht festgestellt werden. 115Bezüglich der im Rahmen des On-Site Werkvertrages überlassenen Räumlichkeiten (Betriebsstätte) und Betriebsmittel dürfte die Firma U. als Bestellerin insbesondere mit Blick auf die für die Klägerin bestehenden Pflichten zum Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten bei der Arbeit (vgl. § 1 Abs. 1 ArbSchG) als Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB tätig geworden sein. 116Nach § 278 Satz 1 BGB hat der Schuldner u.a. ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Ein solcher Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird. 117Vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 373/08 -, juris Rn. 24, m.w.N. 118Entscheidend ist dabei der Wille der Klägerin als Schuldnerin der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten gegenüber ihren Arbeitnehmern. Nicht erforderlich ist, dass der Schuldner eine entsprechende Willenserklärung gegenüber dem Gläubiger oder der Hilfsperson abgibt. Es genügt, dass er den Willen, die Hilfsperson an der Erfüllung seiner Verbindlichkeit mitwirken zu lassen, tatsächlich hat. Entscheidend ist auch nicht, dass der Gehilfe weiß, dass eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn bestand oder dass er durch sein Handeln eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn erfüllte. 119Vgl. Caspers, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 278 Rn. 18 ff., m.w.N. 120Von einem derartigen Willen dürfte hier auszugehen sein. Die Klägerin und die Firma U. haben in ihrem Werkvertrag vereinbart, dass die Bestellerin die Räume und wesentliche Teile der Betriebsmittel zur Verfügung stellt (§ 2 Nr. 1 Werkvertrag). Dabei gingen die Vertragsparteien selbstverständlich davon aus, dass die Klägerin sich zur Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtung eigener Arbeitnehmer bedienen wird (vgl. nur § 1 Nr. 2 und 3, § 2 Nr. 6 bis 10 Werkvertrag), die auch Kantine, Pausenräume oder Sanitäranlagen der Bestellerin genutzt haben. 121Vgl. dazu auch: F1. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020, S. 17. 122Zwar unterlagen die Arbeitnehmer der Klägerin - wie im Werkvertrag üblich - grundsätzlich nicht den Weisungen der Bestellerin (§ 1 Nr. 3 Werkvertrag), eine Einschränkung wurde aber bezüglich der hier relevanten Weisungen des Hygienebeauftragen der Firma U. vereinbart (§ 2 Nr. 5 Werkvertrag), was aufgrund der Nutzung der Betriebsräume (u.a.) auch erforderlich erscheint. Gleichzeitig verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der Firma U. , die deutschen Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten (vgl. z.B. § 2 Nr. 6 Werkvertrag). Unter diesen Umständen dürfte die Klägerin jedenfalls den Willen gehabt haben, sich der Firma U. und ihrer Erfüllungsgehilfen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes zu Gunsten ihrer Arbeitnehmer bezüglich der ihr überlassenen Räumlichkeiten und Arbeitsmittel zu bedienen. 123Vgl. BGH, Urteil vom 6. April 1995 - VII ZR 36/94 -, juris Rn. 12; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 618 Rn. 100; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 618 Rn. 95 m.w.N.; a.A. Wiebauer, Arbeitsschutz im Fremdbetrieb, in: ZfA 2014, 29 (54 ff.). 124Ein relevanter Verschuldensvorwurf hinsichtlich der Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte trifft die Klägerin und ihre Bestellerin aber nicht. 125Dass die Belüftungssituation eine - wesentliche - Ursache der erheblichen „Infektionsgeneigtheit“ der betrieblichen Umgebung war, war nach den zum Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Firma U. - und damit erst Recht für die Klägerin - jedenfalls nicht in der Weise vorhersehbar, die eine angemessene Reaktion ermöglicht hätte. Bereits ein Fahrlässigkeitsvorwurf scheidet deshalb aus. 126Nach § 4 Abs. Nr. 3 ArbSchG hat der Arbeitgeber bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes den Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene meint dabei den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Gesundheitsschutz gesichert erscheinen lässt. 127Vgl. Kohte, in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Auflage 2021, § 4 Rn. 14 und 16, m.w.N. zur Verallgemeinerung dieser in § 2 Abs. 15 GefStoffV und § 2 Abs. 10 BetrSichV enthaltenen Definition. 128Gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse liegen vor, wenn sie methodisch abgesichert sind und von einer überwiegenden Meinung der beteiligten Fachkreise zugrunde gelegt werden. 129Vgl. Kohte, in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Auflage 2021, § 4 Rn. 19; Roloff, in; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, ArbSchG, 22. Auflage 2022, § 4 Rn. 3; siehe auch BAG, Beschluss vom 13. August 2019 - 1 ABR 6/18 -, juris Rn. 63. 130Vor diesem Hintergrund ist der Firma U. wegen des dynamischen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns hinsichtlich des Coronavirus SARS-CoV-2, welcher der Kammer aus eigener Spruchpraxis bekannt ist, kein arbeitsschutzrechtlicher Fahrlässigkeitsverstoßes i.S.v. § 278 BGB bezüglich der Belüftungssituation in den hier maßgeblichen Betriebsräumen vorzuwerfen. 131Dass es in der Fleischindustrie zu erheblichen Ausbruchsgeschehen kommen kann, musste der Firma U. spätestens nach dem Ausbruch bei der Großschlachterei X.......... in Coesfeld, 132vgl. dazu z.B.: Lebensmittelpraxis, X.........., Mitarbeiter mit Corona infiziert, 6. Mai 2020, abrufbar unter: https://lebensmittelpraxis.de/industrie-aktuell/27263-westfleisch-mitarbeiter-mit-corona-infiziert-2020-05-06-11-02-24.html, 133und in einem von X. betriebenen Fleisch-Zerlegebetrieb in Dissen jeweils im Mai 2020 bekannt gewesen sein. 134Vgl. dazu z.B.: Rundschau für den Lebensmittelhandel, X. : Weiterer Standort von Corona-Infektionen betroffen, 18. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.rundschau.de/artikel/westfleisch-weiterer-standort-von-corona-infektionen-betroffen. 135Der Ausbruch in Coesfeld hat dann auch zu der vom MAGS veranlassten und - bereits erwähnten - Reihentestung im Betrieb der Firma U. geführt. 136Im Zuge des - nach Abschluss der Reihentestung beginnenden - ersten, kleineren Ausbruchsgeschehens Mitte Mai 2020 bei der Firma U. , welches bereits am 2. Juni 2020 durch Prof. Dr. C1. auf dem Betriebsgelände untersucht wurde, konnte nach dem betrieblichen Hygienekonzept vom 10. Juni 2020 offensichtlich auch die Erkenntnis gewonnen werden, dass die „klimatischen Bedingungen in den Produktionsräumen der Zerlegung eine Übertragung zu begünstigen [scheinen]“. Aus dieser wagen Erkenntnis jedoch unmittelbar konkrete Handlungsgebote ableiten zu wollen, überspannt die dargelegten arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen. Denn nicht einmal diese - zumindest mit Unterstützung der Firma U. stattfindende - initiale wissenschaftliche Untersuchung der Infektionsgeneigtheit in der Fleischindustrie war zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Die Studienergebnisse wurden erst im Juli 2020 auf dem Preprint-Server veröffentlicht und hatten zu dieser Zeit auch noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen, waren also noch nicht von anderen unabhängigen Wissenschaftlern geprüft worden. Von der Firma U. konnte bei der Erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten nicht verlangt werden, den insoweit maßgeblichen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn vorherzusehen und im Vorgriff auf etwaige Ergebnisse konkrete Handlungen vorzunehmen. 137Vgl. dazu auch: MAGS NRW, Protokoll des Behördentreffens zwischen MAGS NRW, Bezirksregierung Detmold, Kreis Gütersloh und Stadt Rheda-Wiedenbrück mit Vertretern der Unternehmensgruppe U. am 26. April 2021 zum Thema Antrag auf Aufhebung von Ordnungsverfügungen seitens der Unternehmensgruppe U. , in dem festgehalten worden ist: „Mit Blick auf die rechtliche Einordnung stellt Herr M....... fest, dass die Unternehmensgruppe U. deutliche Ausstrahlung in die Bevölkerung habe, Struktur und Situation gingen deutlich über den Schutz der Arbeitnehmer hinaus. Hier sei die Zielrichtung der Maßnahmen auch der Bevölkerungsschutz. Seinerzeit waren beim Ausbruch im Unternehmen zwei Kreise unter Quarantäne gestellt worden. Inzwischen sei wohl anzunehmen, dass dem Unternehmen U. kein schuldhafter Vorwurf zu machen sei, sondern vordringlich die unbekannte Aerosolproblematik zum Ausbruch führte.“; vgl. zudem: Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll Apr 17/1065 vom 25. Juni 2020: „StS Dr. F2. I. (MAGS): [...] Es ist dann sofort die Zusammenarbeit mit Professor F1. in Bonn und mit Fachleuten vom RKI gesucht worden, die sich bei der Ursachensuche vor allem mit der Frage der Belüftung befasst haben. Die Spekulation oder das, was man vorab in Erwägung gezogen hat und nun auch definitiv überprüfen will, ist, ob die Aerosolbelastung - also nicht die Tröpfchenbelastung, für die ja die 1,5-m-Abstandsregelung und der Mundschutz gelten, sondern die Schwebstoffe in der Luft - neben der Tröpfchenbelastung eine wesentliche Rolle bei einem solchen Infektionsgeschehen spielen kann. Dazu sind Fragen zu beantworten, die wissenschaftlich noch nicht definitiv beantwortet sind, beispielsweise wie lange die Viren als Aerosole in diesem Schwebezustand verbleiben können, wie die Luftverteilung in dem Zerlegebetrieb aussieht. Die Leute arbeiten dort bei einer Temperatur von 8 bis 10 Grad. Die Luft wird in einem Umluftsystem auf diese 8 bis 10 Grad gekühlt. Durch diese Kühlung - wer einmal in einem Zerlegebetrieb war, der weiß, dass die Schlangen oben unter der Decke hängen - wird die Luft zugleich breit verteilt.“ 138Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass unmittelbar vor dem bzw. im Zuge des ersten Ausbruchsgeschehens zweimal die Einhaltung der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards des BMAS auf dem Betriebsgelände von der zuständigen Bezirksregierung Detmold kontrolliert wurde. Bei der ersten Überprüfung aller Abteilungen und Bereiche des Schlachthofes am 15. Mai 2020, 139vgl. Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz - Besichtigung am 15. Mai 2020: „Bei der Begehung wurden alle Abteilungen und Bereiche des Schlachthofes besichtigt, inklusive der von der U. GmbH und U. M. GmbH & Co. KG genutzten Räumlichkeiten.“ 140wurden Mängel hinsichtlich der Umsetzung des - im Einklang mit den Arbeitsschutzstandards - stehenden Hygienekonzepts, 141vgl. Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz - Besichtigung am 15. Mai 2020: „Die BMAS SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards sind der Firma bekannt und werden berücksichtigt. […] Grundlage für all diese Maßnahmen ist das von der Firma U. erstellte „Hygienekonzept zur Corona-Risiko-Minimierung“ (siehe Anhang). In diesem Konzept, das sich im absoluten Einklang mit den Arbeitsschutzstandards des BMAS befindet, werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die zum Coronaschutz in der Firma umgesetzt werden sollen. […]“. 142festgestellt, insbesondere hinsichtlich des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung und mangelnden Abstands in der Kantine. 143Vgl. Aktenvermerk der Bezirksregierung Detmold vom 16. Mai 2020 und Anhörungsschreiben der Bezirksregierung Detmold vom 18. Mai 2020 zur Arbeitsschutz - Besichtigung am 15. Mai 2020. 144Ein Verstoß bezüglich der Belüftungssituation wurde nicht festgestellt, zumal auch Nr. 3 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass das Übertragungsrisiko über raumlufttechnische Anlagen insgesamt als gering einzustufen sei. Ebenso sieht die „Ergänzung der Gefährdungsbeurteilung im Sinne des SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards, Branche: Fleischwirtschaft“ der BNG vom 29. April 2020 insoweit nur eine Wartung und Reinigung der Lüftungsanlagen bzw. raumlufttechnischen Anlagen durch eine Fachfirma in den erforderlichen Intervallen vor. 145Nach fristgerechter unternehmensseitiger Erläuterung der im Rahmen der Begehung am 15. Mai 2020 erörterten Aspekte kam es am 29. Mai 2020 zu einer erneuten unangekündigten behördlichen Kontrolle der Betriebsbereiche, in denen nach Auffassung der Bezirksregierung Detmold zuvor zum Teil gravierende Mängel in Bezug auf die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandards festgestellt worden waren. Zusammenfassend kam die Bezirksregierung zu dem Ergebnis, dass die vormals aufgezeigten Mängel beseitigt oder zumindest soweit beseitigt wurden, dass die SARS-CoV2 Arbeitsschutzstandards eingehalten sind. Da auch weitere Verbesserungen hinsichtlich der Kantine bereits in Planung waren, wurde vom Erlass weiterer arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen seitens der Bezirksregierung abgesehen. 146Vgl. Aktenvermerk der Bezirksregierung Detmold vom 29. Mai 2020. 147Wurde die Belüftungssituation danach schon von der zuständigen Aufsichtsbehörde nicht als arbeitsschutzrechtlich problematisch angesehen, konnte dies erst Recht nicht von der Firma U. erwartet werden. Gleichwohl hatte die Firma U. dem Kreis Gütersloh noch am 16. Juni 2020 mitgeteilt, auch in dieser Hinsicht - im Hinblick auf den noch nicht definitiven wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn - weitere Maßnahmen (u.a. Einbau einer UVC-Luftentkeimung, Erhöhung des Luftaustausch, mobile Belüftungssysteme zur Erhöhung der Frischluftzufuhr) ergriffen zu haben. 148(c.) Eine überwiegende Verantwortlichkeit der Klägerin ist auch nicht durch andere, ihr ggf. zurechenbare Verstöße der Firma U. gegeben. Zwar mag man nach den Feststellungen der Bezirksregierung Detmold bei der Betriebsbegehung am 15. Mai 2020 davon ausgehen, dass das Hygienekonzept insbesondere hinsichtlich der Abstands- und Maskenpflicht nicht vollständig durchgesetzt wurde. Diese Verstöße führen jedoch - ebenso wie der arbeitsschutzrechtliche Verstoß der Klägerin selbst - nicht dazu, die mitursächliche Belüftungssituation in der für § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB erforderlichen Weise zu negieren. Dies gilt auch dann, wenn die Verstöße der Firma U. und die der Klägerin gemeinsam betrachtet werden. 149Soweit das beklagte Land meint, zu dem Ausbruchsgeschehen im Juni 2020 konnte es nur wegen der am 15. Mai 2020 festgestellten Verstöße kommen, ist dem entgegenzuhalten, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse ein fehlerhaftes Coronamanagement auf dem Betriebsgelände der Firma U. nicht erkennbar ist. Die vom MAGS im Mai 2020 veranlasste Reihentestung hat lediglich „vereinzelt“ positive Befunde hervorgebracht. Etwaige Verstöße gegen coronavirusbezogene Arbeitsschutzvorschriften haben offenbar keine Konsequenzen gehabt. Der Positivfall, der letztlich als Initiator des ersten Ausbruchsgeschehens im Mai 2020 gilt, wurde entsprechend der damaligen Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zunächst als Kontaktperson mit geringem Infektionsrisiko eingestuft und nach positiver Testung am 20. Mai 2020 im häuslichen Umfeld separiert. Entsprechendes gilt für den zweiten in diesem Zusammenhang entdeckten Positivfall. Nachdem eine daran anschließende Reihentestung der Kollegen der Frühschicht in der Rinderzerlegung am 25. Mai 2020 im Folgenden weitere positive Befunde hervorgebracht hatte, haben auch diese sich am 27. Mai 2020 in häusliche Absonderung begeben. Probleme, diese Mitarbeiter wegen fehlender Adressen ausfindig zu machen, hat es (jedenfalls zu diesem Zeitpunkt) nicht gegeben. Durch weitere Testungen des Gesundheitsamts wurden Infektionen in verschiedenen Bereichen des Werks identifiziert und letztlich ein Ausbruch in der Schweinezerlegung am 9. Juni 2020 festgestellt. Die Studienergebnisse deuten letztlich auf ein anhaltendes, sich weiterverbreitendes Ausbruchsgeschehen mit einem Übergang vom ersten Ausbruch im Mai zum zweiten größeren Ausbruch im Juni 2020. Gemeinsames Wohnen und Fahrgemeinschaften der Beschäftigten sind dabei auch Faktoren für die Weiterverbreitung gewesen. 150Vgl. F1. /C. , u.a. „SARS-CoV-2 outbreak investigation in a German meat processing plant“, Preprint vom 23. Juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und Update vom 6. Oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: F1. u.a., Hygienisch-medizinische Risikoeinschätzung und Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von COVID-19-Infektionen bei der Firma U. in Rheda-Wiedenbrück zur Unterstützung der Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh, 28. Juli 2020; Robert Koch Institut, Kontaktpersonennachverfolgung bei respiratorischen Erkrankungen durch das Coronavirus, Stand: 16. April 2020; Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Ausschussprotokoll APr 17/1065 vom 25. Juni 2020, S. 12 f. 151Dass die festgestellten Verstöße, insbesondere gegen die Abstands- und Maskenpflicht, aber die entscheidende Ursache für den hier maßgeblichen Ausbruch waren, kann nicht festgestellt werden. Entsprechende Belege oder Indizien (an die eine weitere gerichtliche Aufklärung anknüpfen könnte) wurden auch nicht vom beklagten Land geliefert, das mit Hilfe der Bezirksregierung die Arbeitsschutzverwaltung durchführt und damit über die notwendigen Informationen verfügen müsste. 152Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass etwaige Verstöße gegen Coronaschutz- und Hygienemaßnahmen der Firma U. oder der U. Unternehmensgruppe mit Blick auf die etwaige Unterbringung oder den Transport ihrer Mitarbeiter der Klägerin schon nicht zurechenbar sind. 153(d.) Zu einem anderen Ergebnis gelangt die Kammer auch dann nicht, wenn etwaige Arbeitsschutzverstöße anderer auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätigen Subunternehmern in die Würdigung des Verschuldensbeitrags einbezogen würden. Diese Unternehmen sind keine Erfüllungsgehilfen der Klägerin bezüglich der ihr obliegenden arbeitsschutzrechtlichen Pflichten. Für deren etwaiges Fehlverhalten hat sie nicht einzustehen. Für die Annahme, die Klägerin habe den insoweit erforderlichen Willen gehabt, diese Unternehmen bei der Erfüllung des Arbeitsschutzes bezüglich der eigenen Mitarbeiter einzubeziehen, fehlt es mangels vertraglicher oder anderer rechtlicher Verknüpfungen an jedweden Anhaltspunkten. Ohne solche wird man der Klägerin einen entsprechenden Willen auch nicht unterstellen können, da ihr keinerlei Einflussmöglichkeiten zur Auswahl der weiteren mit der Firma U. verbundenen Subunternehmen auf dem Betriebsgelände zustehen und sie im Zweifel auch keine Kenntnis über diese Unternehmen hat. 154Unabhängig von der Frage, ob andere Subunternehmen als Erfüllungsgehilfen der Firma U. wiederrum die arbeitsschutzrechtlichen Pflichten der Klägerin miterfüllen und dieser etwaige Verstöße zuzurechnen sein könnten, kommt es auch dann nicht zu einer überwiegenden Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB. Als Erfüllungsgehilfen des Erfüllungsgehilfen kommen diese Unternehmen von vornherein nur in Betracht, soweit ihr Verhalten in den Betriebsräumen der Firma U. in Rede steht. Denn nur diesbezüglich besteht nach den obigen Ausführungen der Wille der Klägerin, die Firma U. in ihre arbeitsschutzrechtliche Verantwortung miteinzubeziehen. Soweit die anderen Subunternehmer bei sonstigen Gelegenheiten - etwa im Rahmen der Unterbringung oder des Transports ihrer Arbeitnehmer - Arbeitsschutzpflichten verletzt haben, berühren diese Verstöße das von der Klägerin begehrte schützende Verhalten durch die Firma U. auf deren Betriebsgelände nicht. Allein die Betriebsstätte betrachtet ist jedoch - wie oben bereits dargelegt - der Verursachungsbeitrag durch die Belüftungssituation derart gewichtig, dass selbst bei Zurechnung etwaiger dort begangener Verstöße der anderen Werkvertragsunternehmen keine überwiegende Verantwortlichkeit i.S.v. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB gegeben wäre. 155Dass aufgrund der aufgezeigten Zersplitterung der arbeitsschutzrechtlichen Verantwortlichkeiten bei den sogenannten On-Site-Werkverträgen allenfalls über die Einschränkungen des § 278 BGB eine Verantwortlichkeit der Werkunternehmer untereinander zu begründen ist, mag im Hinblick auf die Durchsetzung der Arbeitnehmer(schutz)rechte zu missbilligen sein. Dies rechtfertigt jedoch kein anderes Ergebnis, da nicht zu erkennen ist, dass die Klägerin oder die Firma U. zum Zeitpunkt des Ausbruchsgeschehens bei der Gestaltung der Arbeitsabläufe mit solchen Werkverträgen den Rahmen der Rechtsordnung verlassen hätte. Denn der politische Wille zu Einschränkungen des Einsatzes von Fremdpersonal in der Fleischwirtschaft wurde mit § 6a des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) erst mit Wirkung zum 1. Januar 2021 gefunden, obwohl die Auswirkungen derartiger Verträge bereits lange zuvor bekannt gewesen sind. 156Vgl. Zimmer, in: Das Verbot des Fremdpersonaleinsatzes in der Fleisch-wirtschaft und dessen Anwendungsbereich, NZA 2022, 4, u.a. mit Bezug-nahme auf MAGS NRW, Überwachungsaktion, „Faire Arbeit in der Fleischindustrie“, Abschlussbericht, Dezember 2019, abrufbar unter: https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/191220_abschlussbericht_fleischindustrie_druckdatei.pdf. 157(e.) Anders als das beklagte Land meint, bietet auch die Größe des Infektionsgeschehens als solches keine hinreichend belastenden Anhaltspunkte für die Annahme eines weit überwiegenden Pflichtenverstoßes der Klägerin. Die Ausführungen zu den Lüftungsbedingungen in der Betriebsstätte belegen, dass ein nach damaligen Erkenntnissen aufgestelltes Hygienekonzept nicht ausreichend war, um die Verbreitung des Coronavirus unter den Mitarbeitern zu verhindern. Im Übrigen gab es weltweit Ausbrüche dieser Art, die jedenfalls mit Blick auf die ermittelte Rate von Positivfällen mit dem hier streitgegenständlichen Geschehen vergleichbar waren. 158(f.) Steht danach fest, dass die Unmöglichkeit jedenfalls zu einem nicht unerheblichen Teil nicht durch die Klägerin oder ihr zurechenbare Personen, sondern durch zufällige Umstände verursacht wurde, verbleibt es nach § 326 BGB hinsichtlich der Primärleistungspflicht bei dem synallagmatischen Grundsatz - ohne Leistung keine Gegenleistung (§ 326 Abs. 1 BGB). 159Vgl. OLG München, Urteil vom 7. August 2015 - 25 U 546/15 -, juris Rn. 35 ff.; Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6 160(g.) Ohne dass es nach den obigen Ausführungen für den Ausgang des Verfahrens darauf ankäme, sei darauf hingewiesen, dass im Übrigen völlig unklar ist, ob und in welchem Ausmaß etwaige eigene bzw. der Klägerin zurechenbare Arbeitsschutzverstöße kausal für den Ansteckungsverdacht des Arbeitnehmers bzw. das stattgefundene Infektionsgeschehen gewesen sind. 161Vgl. zu diesem Erfordernis im Rahmen des § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB vgl. Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6 und C16. 162bb. Ein Lohnfortzahlungsanspruch des Herrn N. gegen die Klägerin besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Annahmeverzugs (§§ 293 ff. BGB) der Klägerin gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB, § 615 Satz 1 BGB oder § 615 Satz 3 BGB. 163Nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn der von ihm nicht zu vertretene Umstand, auf Grund dessen er nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Arbeitgeber im Verzug der Annahme ist. 164Speziell für Arbeitsverträge (u.a.) regelt § 615 Satz 1 BGB, dass der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt, für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen kann, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. 165Satz 3 des § 615 BGB bestimmt zudem, dass u.a. Satz 1 entsprechend in den Fällen gilt, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. 166Alle drei Vorschriften sind im vorliegenden Fall im Grundsatz anwendbar, da sie zwischen der Klägerin und Herrn N. nicht abbedungen wurden. 167Ungeachtet der Frage, nach welchen Kriterien § 326 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB, § 615 Satz 1 BGB und § 615 Satz 3 BGB im Einzelnen voneinander abzugrenzen sind, 168vgl. dazu z.B. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 14 ff.; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 8, m.w.N.; Fischinger/Straub, Ohne Arbeit kein Lohn?, in: JuS 2016, 208 (209), 169verlangen alle drei Vorschriften grundsätzlich einen Annahmeverzug des Arbeitgebers. 170Ein solcher erfordert jedenfalls, dass der Arbeitnehmer während des gesamten Verzugszeitraums leistungsbereit, d.h. leistungsfähig und leistungswillig, ist (§ 297 BGB). Der Annahmeverzug des Arbeitgebers endet für die Zukunft (ex-nunc), wenn eine dieser Voraussetzungen fortfällt. Unerheblich ist dabei die Ursache für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie z.B. Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder seine Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt. 171Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 28. September 2016 - 5 AZR 224/16 -, juris Rn. 23; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 31; Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 615 Rn. 7; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 68. 172Das grundsätzliche Erfordernis des Annahmeverzugs ergibt sich für § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB - als Regelung des allgemeinen Schuldrechts - und für § 615 Satz 1 BGB - als arbeitsrechtliche Norm, die den Lohnfortzahlungszahlung im Falle der Leistungsstörung bei Realisierung des Wirtschaftsrisikos betrifft -, 173vgl. dazu: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 121 a.E.; Waas/Palonka, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, BGB, 4. Auflage 2017, § 615 Rn. 33, 174bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Die wohl vorherrschende - arbeitsrechtliche - Auffassung nimmt dieses Erfordernis ebenfalls bei Anwendung des als Rechtsgrundverweisung ausgestalteten § 615 Satz 3 BGB an. Dem arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmer bleibt im Falle der Annahmeunmöglichkeit der Vergütungsanspruch aufrechterhalten, wenn der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. 175Vgl. z.B.: BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 20; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 6; Tillmanns, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 5. Auflage 2021, § 76 Rn. 82; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 97; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 121; Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 615 Rn. 21: Leistungsfähiger und Leistungsbereiter Arbeitnehmer erforderlich; jedenfalls zur Anwendbarkeit von § 297 BGB (Leistungsfähigkeit) bei Betriebsrisikofällen: Gräf/Rögele: Zusammentreffen von Betriebs- und Wegerisiko, in: NZA 2013, 1120, 1123; a.M. dagegen: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, 615 Rn. 122; Preis/Mazurek/Schmid, Rechtsfragen der Entgeltfortzahlung in der Pandemie, in: NZA 2020, 1137 (1144). 176Nur der leistungsfähige und leistungswillige Arbeitnehmer hat im doppelten Sinne des Wortes das Entgelt „verdient“. 177Vgl. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 12. 178Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs liegen nicht vor. Der Arbeitnehmer N. war im hier maßgeblichen Zeitraum vom 18. Juni bis zum 30. Juni 2020 wegen der behördlichen Anordnungen zur häuslichen Absonderung nicht leistungsfähig. Die Arbeit war im Juni 2020 - grundsätzlich - in Rheda-Wiedenbrück auf dem Firmengelände der Firma U. geschuldet (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsvertrag und § 2 Abs. 1 Satz 1 Werkvertrag). Er hatte offenkundig keine Möglichkeit, die geschuldete Tätigkeit als Fleischer in der eigenen Häuslichkeit (Homeoffice) zu erbringen. 179(1.) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass gegenüber der U. & Co. KG mit mündlicher Verfügung des Kreises Gütersloh vom 17. Juni 2020, schriftlich bestätigt am 10. August 2020, der Betriebsstandort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ der Unternehmensgruppe U. (Betriebsstandort) mit sofortiger Wirkung geschlossen worden ist (Betriebsschließung) und alle nicht ausnahmsweise zugelassenen betrieblichen Tätigkeiten auf dem Betriebsstandort untersagt worden sind. Gegenüber der Klägerin, deren Unternehmenssitz sich unter der Adresse „F.-----weg 5 in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ befindet, also nicht am Betriebsstandort der Unternehmensgruppe U. , ist keine Schließungsanordnung ergangen. Die Verfügung des Kreises Gütersloh vom 17. Juni 2020 war auch nicht an sie gerichtet. Dass ihr gegenüber eine entsprechende Anordnung ergangen ist, ist weder ersichtlich noch von den Beteiligten - mit entsprechenden Belegen - geltend gemacht worden. 180Auch der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen eines On-Site-Werkvertrags in der Zeit vom 1. Februar 2020 bis zum 31. Juli 2020 verpflichtet war, am Betriebsstandort der Firma U. (vgl. § 2 Nr. 1 Werkvertrag) in einem Auftragsvolumen von 1.451.500 Euro im Leistungsverzeichnis näher aufgelistete Fleischteilstücke und Zerlegenebenprodukte herzustellen, ändert nichts. Aufgabengebiet und Arbeitsort des Arbeitnehmers N. waren ausweislich § 1 Arbeitsvertrag nicht auf eine Tätigkeit als Fleischer am Betriebsstandort der Firma U. unter der Adresse „J. in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ beschränkt. Der Tätigkeitsort wurde zwar zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses („derzeit“) auf Rheda-Wiedenbrück begrenzt. Dies schließt aber einen (auch kurzfristigen) Einsatz als Schlachter in einem anderen (auch kleinen) Betrieb (insbesondere Schlachterei) innerhalb der Stadt nicht aus. Überdies - und das dürfte entscheidend sein - konnte die Klägerin den Arbeitnehmer ausweislich der vertraglichen Regelungen auch aus betrieblichen Gründen unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers an einem anderen Ort einsetzen und diesem aus den vorbenannten Gründen eine andere, gleichwertige Tätigkeit oder ein anderes Arbeitsgebiet übertragen. Dass diese Überlegungen eher theoretisch sind, ist dem Umstand geschuldet, dass ein derartiger Einsatz wegen der häuslichen Absonderung schon nicht in Frage kam. 181(2.) Des Weiteren ist die Klägerin nicht wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Leistungsunfähigkeit ihres Arbeitnehmers N. zu berufen. Zwar wird vertreten, dass derartiges dem Gläubiger nach § 242 BGB verwehrt sei, wenn er die Leistungsunfähigkeit seines Schuldners herbeigeführt habe. 182Vgl. Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 297 Rn. 2; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 297 Rn. 2; Feldmann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 297 Rn. 2. 183Diese Auffassung ist im Grundsatz aber abzulehnen, weil dadurch ein Wertungswiderspruch zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB entsteht, der - wie dargelegt - eine Lohnfortzahlung nur bei alleinigem oder weit überwiegendem Verschulden des Gläubigers vorsieht. 184Vgl. Dötterl, in: BeckOGK, BGB, 15. Juli 2021, § 297 Rn. 7; vgl. auch: LAG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 1976 - 16 (3) Sa 340/75 -, in: DB 77, 547 f. 185Ein solcher Verschuldensbeitrag ist ausweislich der Ausführungen zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB gerade nicht gegeben. 186Zudem würde eine Haftung auf Sekundärebene nach Verschuldensbeiträgen, die im Rahmen der Prüfung eines Lohnfortzahlungsanspruchs wegen fehlender Anwendbarkeit des § 254 BGB keine Berücksichtigung finden könnten, unterlaufen. 187Vgl. zur Anwendbarkeit des § 254 BGB: Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 615 Rn. 1. 188Der Klägerin ist es auch nicht wegen der Umstände des Einzelfalls verwehrt, 189vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1967 - 2 AZR 64/66 -, juris Rn. 22, 190sich auf die Leistungsunfähigkeit des Herrn N. zu berufen. Ein missbräuchliches Verhalten, 191vgl. dazu z.B.: Schubert, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 242 Rn. 199 ff., 192ist unter Berücksichtigung der Ausführungen zu § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB nicht zu erkennen. Die aufgezeigten Sorgfaltspflichtverletzungen genügen insoweit nicht. 193(3.) Schließlich muss - speziell - § 615 Satz 3 BGB in Ansehung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, 194OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris, 195mit Blick auf das Erfordernis einer Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht einschränkend ausgelegt werden. Das Oberlandesgericht Hamm geht in seiner Entscheidung - in der es um den Verdienstanspruch eines Lizenzfußballspielers im Zeitraum seiner coronabedingten Absonderungsverpflichtung wegen Ansteckungsverdachts geht - davon aus, dass sich die dortige Klägerin als Betreiberin der Lizenzspielerabteilung nicht auf das aus der Absonderung folgende Unvermögen zum Erbringen der im Arbeitsvertrag an sich vorgesehenen Arbeitsleistung ihres Spielers berufen könne, da dieses gerade aus ihrer Sphäre stamme, nämlich dem ihren unternehmerischen Interessen dienenden mannschaftsbezogenen Spiel- und Trainingsbetrieb, der die Grundlage für den Ansteckungsverdacht gebildet habe. 196Vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 20; und zur Vorinstanz: LG Münster, Urteil vom 15. April 2021 - 8 O 345/20 -, juris Rn. 2. 197Der Übertragung dieser Rechtsprechung auf den streitgegenständlichen Sachverhalt stehen mehrere Gründe entgehen. Zunächst setzt die Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB grundsätzlich voraus, dass sich das Betriebsrisiko der Klägerin realisiert hat; dies ist vorliegend nicht der Fall (a.). Zudem dürfte die Unmöglichkeit der Leistungsverhinderung - als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal - weder vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer zu vertreten sein; auch diese Voraussetzung, auf die nicht im Wege der Auslegung verzichtet werden kann, ist nicht erfüllt (b.). Zuletzt mag die vorbenannte Wertung des OLG Hamm anhand der Risikosphären von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwar einem allgemeinen Billigkeitsgefühl entsprechen. Ihr steht aber entgegen, dass die Betriebsrisikolehre mit Blick auf die andauernde Coronapandemie Gefahr läuft, überstrapaziert zu werden (c.). 198(a.) Voraussetzung des Lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB ist jedenfalls, dass die Arbeit infolge eines Umstandes ausfällt, für den der Arbeitgeber das Risiko (sog. Betriebsrisiko) trägt. 199Vgl. BAG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 5 AZR 810/07 -, juris Rn. 13; OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 17 ff.; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 69. 200Das Betriebsrisiko betrifft die Frage, ob der Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet ist, wenn er zur Beschäftigung der Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen nicht imstande ist. Zum Betriebsrisiko gehören die mit der Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers im Zusammenhang stehenden und die Führung des Betriebs betreffenden Ereignisse. Die Feststellung, in wessen Gefahrenkreis das störende Ereignis fällt, hat in erster Linie nach dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. 201Vgl. z.B. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 120; Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 37.3; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 96; BAG, Urteil vom 30. Mai 1963 - 5 AZR 282/62 -, juris Rn. 8; OLG Hamm, Urteil vom 29 Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 18; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 57. 202In Abgrenzung zum Betriebsrisiko ist das Wirtschaftsrisiko betroffen, das im Falle der Leistungsstörung nach § 615 Satz 1 BGB in direkter Anwendung zu behandeln wäre, wenn die Arbeitsleistung zwar möglich, für den Arbeitgeber aber nicht verwertbar ist. 203Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 120; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 98. 204Dies vorangestellt ist, anders als das OLG Hamm meint, eine wegen eines Ansteckungsverdachts mit dem Coronavirus ergangene Absonderungsverfügung nicht als betriebsbezogen i.S.d. § 615 Satz 3 BGB zu werten. Dies gilt auch dann nicht, wenn der Ansteckungsverdacht aus dem für das Unternehmen notwendigen Spiel- oder Trainingsbetrieb, Kundenkontakten oder Produktionsbedingungen resultiert. 205Der Betriebsrisikolehre liegen in der überwiegenden Anzahl der Fälle betriebliche Störungen, ein Versagen der Betriebsmittel oder aus der besonderen Art des Betriebs bedingte Verbote zu Grunde. Dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, Einwirkungen aus der betrieblichen Sphäre auf die Arbeitnehmer als personelle Mittel miteinzubeziehen. 206Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 131 f., 132i. 207Dies dürfte jedoch eher den Fall betreffen, in denen eine mittelbare Betroffenheit des Personals vorliegt, weil z.B. ein Arbeitnehmer etwa auf die (Mit-)Arbeit eines anderen Kollegen angewiesen ist. 208Anders liegt der Fall aber bei der hier streitgegenständlichen infektionsrechtlichen Absonderungsverfügung, bei der es sich - auch im Falle einer Allgemeinverfügung -, 209vgl. dazu z.B. Hohenstatt/Krois, Lohnrisiko und Entgeltfortzahlung während der Corona-Pandemie, in: NZA 2020, 413 (415). 210um einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Verhinderungsgrund i.S.v. § 616 Satz 1 BGB handelt, 211vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 877/21 -, NRWE, 212was einer Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB entgegensteht. 213Vgl. Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 616 Rn. 16: Zu den für § 616 Satz 1 BGB unerheblichen objektiven Leistungshindernissen gehören deshalb regelmäßig solche Sachverhaltsgestaltungen, in denen entweder der Arbeitgeber nach § 615 Satz 3 das Betriebsrisiko oder umgekehrt sein Vertragspartner nach allgemeinen Grundsätzen das Arbeitskampf- oder Wegerisiko zu tragen hat, und a.a.O. Fn. 59: Deshalb fallen z.B. behördliche Betriebsverbote oder Zerstörungen des Arbeitsplatzes nicht unter § 616 BGB; Oetker, in: Staudinger, Neubearbeitung 2019, BGB, § 616 Rn. 80: Des Weiteren zählen behördliche Betriebsverbote, Landestrauer, Smog-Alarm, Vernichtung des Arbeitsplatzes (Brand etc) und Verkehrshindernisse (Verkehrsstau, Ausfall der Nahverkehrsmittel, Demonstrationen, Flugverbot) zu den allgemeinen (objektiven) Leistungshindernissen; VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 25: Nicht erfasst sind demgegenüber objektive Leistungshindernisse, die betriebsbezogen sind und sich auf einen größeren Kreis von Arbeitnehmern beziehen. 214Dass der Grund des Leistungshindernisses (hier: Ansteckungsverdacht als vom Arbeitnehmer ausgehendes Infektionsrisiko) in der betrieblichen Sphäre begründet wurde (hier: Ausbruchsgeschehen im Betrieb), ändert daran nichts. Die gegenteilige Sichtweise würde zu einer Überschneidung mit dem Anwendungsbereich des § 616 Satz 1 BGB führen, der bei in der Person des Arbeitnehmers liegenden Verhinderungsgründen - anders als § 615 Satz 3 BGB - eine zeitliche Haftungsgrenze (“verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“) des Arbeitgebers vorsieht. 215Des Weiteren würde eine über § 615 Satz 1 i.V.m. Satz 3 BGB angeordnete Lohnfortzahlungspflicht bei einem subjektivem Leistungshindernis in der Person des Arbeitnehmers, welches auf betriebliche Umstände zurückzuführen ist, besondere gesetzgeberische Wertungen umgehen. Namentlich gilt dies für die besonderen Regelungen zu Arbeitsunfällen - insbesondere die Regelungen zur krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nach § 3 EFZG und zum Verletztenentgelt in §§ 45 ff. SGB VII. Erfasst man das subjektive Leistungshindernis der Absonderung bei betriebsbedingten Ursachen als Betriebsrisiko, müsste man dies ohne Weiteres auch für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit wegen eines Arbeitsunfalls (§ 8 Abs. 1 SGB VII) annehmen. In diesem Fall soll nach den Wertungen des § 3 EFZG der Arbeitgeber für sechs Wochen das Arbeitsentgelt fortzahlen - wenn ansonsten die dortigen Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere die entsprechende Vorbeschäftigungszeit (§ 3 Abs. 3 EFZG) und kein Verschulden des Arbeitnehmers - vorliegen. 216Vgl. Feddern, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB VII, 116. EL September 2021, § 45 Rn. 12. 217Anschließend erfolgt der Ersatz des Verdienstausfalls durch die Zahlung eines Verletztengeldes nach §§ 45 ff. SGB VII. 218Zu dieser Ersatzfunktion des Verletztengeldes vgl.: BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 2 U 23/06 R -, juris Rn. 14 ff. 219Zahlungspflichtig ist dabei aber nicht der Arbeitgeber, sondern der Versicherungsträger (§ 114 SGB VII). Der Arbeitgeber soll dabei lediglich über seine Versicherungsbeiträge an der Aufbringung der erforderlichen Mittel beteiligt werden (§§ 150 ff. SGB VII). Dieses differenzierte Haftungsregime würde konterkariert, wenn die auf einem Arbeitsunfall beruhende, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit als Betriebsrisikos aufgefasst würde, das in der Rechtsfolge grundsätzlich nur eine zeitlich unbefristete Haftung des Arbeitgebers selbst kennt. Kann dieses „Musterbeispiel“ eines sich auf subjektiver Arbeitnehmerseite verwirklichenden Betriebsrisikos daher schon nicht unter § 615 Satz 3 BGB subsumiert werden, muss dies erst Recht für das - abgesehen von Zeiten einer Pandemie wohl eher seltene - subjektive Leistungshindernis der häuslichen Absonderung gelten. 220Dieser Ansicht kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Arbeitnehmer mangels entsprechender Ersatzregelungen für andere betrieblich begründete, aber in seiner Person liegende Gründe der Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf seinen Verdienstausfall schutzlos gestellt würde. Unabhängig davon, dass derartige Erwägungen bei der Beantwortung der Frage, ob ein Betriebsrisiko vorliegt, nicht von Bedeutung sind, 221vgl. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 34, 222sieht die Rechtsordnung in § 616 BGB für solche nicht speziell geregelten subjektiven Leistungshindernisse - ungeachtet des Umstandes, ob diese aus der betrieblichen Sphäre stammen oder nicht - grundsätzlich zumindest einen zeitlich begrenzten Lohnfortzahlungsanspruch vor. Im Hinblick auf das hier maßgebliche subjektive Leistungshindernis der Absonderung hat der Gesetzgeber im Übrigen mit den Entschädigungsregeln der §§ 56 ff. IfSG reagiert. Die gesetzgeberische Entscheidung, den Arbeitgeber - im Gegensatz zur betriebsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit - bei betriebsbedingter Absonderung abseits der allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen aus der Haftung für das Arbeitsentgelt vollständig zu entlassen und das Entgeltrisiko über die §§ 56 ff. IfSG letztlich der Allgemeinheit aufzuerlegen, ist dabei zu respektieren. 223Diese Abgrenzung von Betriebsrisiko einerseits und subjektivem Leistungshindernis andererseits steht nicht im Widerspruch zu den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts, 224BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 33, 225wonach der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB verpflichtet ist, wenn eine behördliche Maßnahme darauf abzielt, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen, etwa, weil die vom Arbeitgeber gewählten Produktionsmethoden oder -bedingungen oder von ihm zu verantwortende Arbeitsbedingungen (wie z.B. in Teilen der Fleischwirtschaft und bei Saisonkräften in der Landwirtschaft) eine besonders hohe Ansteckungsgefahr innerhalb der Belegschaft in sich bergen. 226Zum einen befasst sich das Gericht gar nicht mit der Frage der behördlichen Absonderung oder gar eines Zusammentreffens von Absonderung und Anordnung einer Betriebsschließung. Zum anderen wurde vorliegend - wie dargelegt - gegen die Klägerin keine Betriebsschließung verfügt. Die an die U. & Co. KG verfügte Schließungsverfügung des Standortes „J. in 33378 Rheda-Wiedenbrück“ betrifft nur das Verwendungs- bzw. Wirtschaftsrisiko der Klägerin, da der Einsatz ihres Arbeitnehmers in einem Fremdbetrieb wegen einer dort angesiedelten Betriebsstörung nicht möglich ist. 227Vgl. auch: BAG, Urteile vom 1. Februar 1973 - 5 AZR 382/72 -, juris Rn 27, und vom 7. November 1975 - 5 AZR 61/75 -, juris Rn. 18 f.; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 615 Rn. 134; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 615 Rn. 118; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 108.1; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 108. 228Schließlich sprechen auch praktische Erwägungen - jedenfalls als Hilfsüberlegung - dagegen, die coronabedingte Absonderung dem Betriebsrisiko zuzuordnen. Ein aus arbeitsbezogenen Kontakten resultierender Ansteckungsverdacht entsteht (Fälle mit Kundenkontakt ausgeklammert) dadurch, dass jedenfalls ein Mitarbeiter sich außerhalb des Betriebs angesteckt hat und das Virus ggf. unter den Kollegen weiterverbreitet haben könnte. Für diese Person hat sich das Betriebsrisiko nicht realisiert. Handelt es sich bei diesem Arbeitnehmer um einen Ausscheider (§ 2 Nr. 6 IfSG), der ebenfalls unter die hier maßgeblichen Regelungen fällt, 229vgl. dazu: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7 K 739/21 -, NRWE, 230ist wegen der Vollzugsdefizite bei der Kontaktpersonennachverfolgung bzw. fehlender Sequenzierung oft gar nicht (mehr) feststellbar, wo sich diese Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein, angesteckt hat - also innerhalb oder außerhalb eines Betriebs. Eine Feststellung, ob sich das Betriebsrisiko realisiert hat, dürfte daher in diesen Fällen in der Praxis kaum möglich sein. 231Zwar mag diese Erwägung angesichts der Vielzahl der von einer Absonderungsverfügung betroffenen Personen in der vorliegenden Konstellation unerheblich klingen. Auch mag der M. in der Vergangenheit gar nicht so differenziert vorgegangen sein und eine Erstattung von Aufwendungen bei einer Vielzahl von Arbeitgebern beanstandungslos geleistet haben. Rechtlicher Maßstab bei der Entscheidung darf diese Praxis, die davon abhängt, wie genau ein Sachverhalt ermittelt wird, aber nicht sein. Dies gilt umso mehr, als dass eine Beweislastregel zu Gunsten der Arbeitgeber immer dann greifen wird, wenn die Behörden besonders belastet sind und entsprechende Sachverhaltsaufklärungen nicht leisten können. Das erscheint aber willkürlich. 232(b.) Aber auch wenn man davon ausginge, dass die Absonderungsverfügung dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzuordnen wäre, verlangt eine Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB nach einhelliger Meinung, dass weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber die Unmöglichkeit der (betriebsbezogenen) Leistungsverhinderung zu vertreten haben. 233Vgl. z.B.: BAG, Urteil vom 30. Mai 1963 - 5 AZR 282/ 62 -, juris Rn. 8; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 101 Rn. 12; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 96; Lakies, in: Kittner/Zwanziger u.a., Arbeitsrecht Handbuch für die Praxis, 9. Auflage 2017, § 59 Rn. 14. 234Dies ist hier aber nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob den Arbeitnehmer N. eine Verantwortlichkeit am Erlass der Absonderungsverfügung trifft, weil er Mindestabstände von 1,5 Metern während der Fahrten zur Arbeitsstelle und zurück sowie während seiner Tätigkeit in der Zerlegung nicht immer eingehalten hat. Jedenfalls trifft die Klägerin - wie dargelegt - eine (wenn auch nicht weit überwiegende) Verantwortlichkeit, wegen Verstoßes gegen Arbeitsschutzvorschriften. 235Nach Ansicht der Kammer kann § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB (insbesondere) nicht im Wege eines Erst-Recht-Schlusses dahingehend ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber auch dann zur Lohnfortzahlung verpflichtet bleibt, wenn ihn ein Verschuldensbeitrag unterhalb der Schwelle des alleinigen oder weit überwiegenden Verschuldens (i.S.d. § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB) trifft. Zwar mag es auf den ersten Blick nicht sachgerecht erscheinen, wenn diese Verantwortlichkeit des Arbeitgebers einen Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers ausschließt. Denn das bedeutet, dass er bei fehlendem Verschulden (und Realisierung des Betriebsrisikos) nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB zur Weiterzahlung verpflichtet wäre und nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB ebenso bei einer „alleinigen oder weit überwiegenden Verantwortlichkeit“ der Leistungsunmöglichkeit des Arbeitnehmers, nicht hingegen bei Vorliegen eines einfachen Verschuldensbeitrags. Allerdings entstünden durch einen solchen Erst-Recht-Schluss Wertungswidersprüche zum allgemeinen Schuldrecht. So lässt sich mit Blick auf die mit der Betriebsrisikolehre verbundenen Präventionsanreize und der Gesamtwohlfahrtoptimierung, 236vgl. Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 615 Rn. 114, 237nicht rechtfertigen, dass der vorliegende Fall anders zu bewerten ist, als dies nach allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäben bei mangelnder alleiniger oder überwiegender Gläubigerverantwortlichkeit der Fall wäre, nach denen es gerade bei dem Grundsatz des § 326 Abs. 1 BGB (Ohne Arbeit kein Lohn) verbliebe. 238Vgl. z.B. OLG München, Urteil vom 7. August 2015 - 25 U 546/15 -, juris Rn. 37 f.; vgl. auch: Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 209 ff. 239Das Bestreben des Gesetzgebers mit dem Tatbestandsmerkmal der weit überwiegenden Verantwortlichkeit des Gläubigers in § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB die Schadensersatz- und Rücktrittsregelungen und den Wegfall der Gegenleistungspflicht zu harmonisieren, 240vgl. Herresthal, in: BeckOGK, BGB, 1. Juni 2019, § 326 Rn. 187, 241würde durchbrochen. Ein interessengerechter Ausgleich ließe sich auch nicht durch eine Quotelung erreichen. Eine Anwendung von § 254 BGB scheidet wegen der Anrechnungsregelung in Satz 2 des § 615 BGB aus. 242Vgl. Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 615 Rn. 62, 55; vgl. aber Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 326 Rn. C6, wonach die Lohnzahlungspflicht in Höhe des Verantwortungsbeitrages bestehen bleibt. 243Dagegen entsteht keine Schutzlücke, wenn an dem Erfordernis fehlenden Verschuldens von Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgehalten wird. Der Arbeitgeber ist - grundsätzlich - zur Lohnfortzahlung nach § 616 BGB für einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum weiterhin verpflichtet. Im Übrigen können Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder einen sonstigen an der Verursachung beteiligten Dritten - welche nach § 56 Abs. 10 IfSG auch auf das zur Gewährung der Entschädigung verpflichtete Land übergehen würden - einen gerechten Ausgleich erwirken. 244(c.) Schließlich mag - wenn man zum einen davon ausginge, dass die Absonderungsverfügung dem Betriebsrisiko der Klägerin zuzuordnen wäre und § 615 Satz 3 BGB zum anderen ausnahmsweise auch bei einer vom Arbeitgeber und ggf. Arbeitnehmer verschuldeten Leistungsunmöglichkeit anwendbar wäre - die an der Risikosphäre von Arbeitgeber und Arbeitnehmer anknüpfende Auslegung des OLG Hamm (zum Erfordernis einer Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers) einem allgemeinen Billigkeitsgefühl entsprechen. Ihr steht aber entgegen, dass die Betriebsrisikolehre mit Blick auf die andauernde Coronapandemie Gefahr läuft, überstrapaziert zu werden. Wenn der Arbeitgeber - wie in der Entscheidung des OLG Hamm - für potenziell infektiöse Kontakte im Rahmen eines gemeinsamen (Fußball-)Spiel- und Trainingsbetriebs zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist, so müsste dies - anders als in § 616 Satz 1 BGB zeitlich unbefristet - auch bei Arbeitnehmern gelten, die in besonderen Risikobereichen, z.B. mit viel „Kundenverkehr“ wie Kellner, Erzieher und Pflegekräfte, eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es weitere Branchen, wie beispielsweise das Baugewerbe, in denen eine Zusammenarbeit mehrerer Mitarbeiter ohne Abstand und wegen körperlicher Arbeit zwingend erforderlich erscheint. Dieses Problem dürfte sich mit Blick auf die sich gegenwärtig verbreitende Omikron-Variante des Coronavirus noch verschärfen, weil soziale Kontakte wegen der höheren Infektiosität der Mutation nunmehr noch gefahrenträchtiger erscheinen. 245Eine andere Sichtweise lässt sich - wiederrum - nicht mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, 246BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 -, juris Rn. 33, 247rechtfertigen, wonach behördlich angeordnete Betriebsschließungen dem Betriebsrisiko zuzuordnen sind, wenn sie darauf abzielen, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen. Denn zur Frage, ob die weiteren Voraussetzungen des Lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB (Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, fehlendes Verschulden von Arbeitnehmer und Arbeitgeber) in diesen Fällen ausnahmsweise nicht anspruchsbegründend sein sollen, verhalten sich die Urteilgründe nicht. Im Gegenteil, das BAG hält in seiner Entscheidung an seiner Auffassung fest, dass es sich bei § 615 Satz 3 BGB um eine Rechtsgrundverweisung handelt, mit der Folge, dass (nur) dem leistungsfähigen und leistungswilligen Arbeitnehmer der Vergütungsanspruch verbleibt. 248cc. Ein Vergütungsanspruch folgt nicht aus § 3 EFZG. Danach hat ein Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. 249Ausweislich der insoweit nachvollziehbaren Angaben der Klägerin war Herr N. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht arbeitsunfähig erkrankt. Dieser Vortrag wurde auch vom beklagten Land nicht durchgreifend in Frage gestellt. 250dd. Herrn N. stand gegen die Klägerin kein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 Satz 1 BGB zu. Nach dieser Regelung wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. 251Die Voraussetzungen des § 616 Satz 1 BGB liegen nicht vor. Zwar wurde die Regelung zwischen der Klägerin und Herrn N. nicht abbedungen. Es handelt sich bei der Absonderung, die für den Arbeitnehmer N. als Ansteckungsverdächtigten angeordnet worden ist, auch um einen in seiner Person liegenden Grund. Allerdings bestand seine Leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen Zeitraum. 252Die Regelung des § 616 Satz 1 BGB wurden zwischen der Klägerin und Herrn N. nicht im Rahmen des vorliegenden Arbeitsvertrags abbedungen. Die Klägerin hat auch weder vorgetragen noch ist anderweitig ersichtlich, dass sich eine Unanwendbarkeit z.B. aus Tarifvertrag ergeben könnte. 253Es handelt sich bei der - streitgegenständlichen - Absonderungsanordnung aufgrund eines an das Betriebsumfeld des Arbeitnehmers begründeten Ansteckungsverdachts mit dem SARS-CoV-2 Coronavirus um ein subjektiv persönliches Hindernis. 254Vgl. dazu im Einzelnen: VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2022 - 7a K 877/21 -, NRWE. 255Allerdings bestand die Leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen Zeitraum. 256Der Arbeitnehmer befand sich vom 18. Juni 2020 bis zum 23. Juli 2020 in häuslicher Absonderung. Die Absonderung beruhte anfangs auf den Allgemeinverfügungen vom 18. Juni 2020 und 20. Juni 2020 des Kreises Gütersloh „zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne“ im Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 2. Juli 2021. Anschließend ordnete das MAGS mit Allgemeinverfügung vom 1. Juli 2020 „zum Schutz der Bevölkerung vor der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber im Betrieb der Firma U. am Standort „J. , 33378 Rheda-Wiedenbrück“ tätigen und mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen durch Ab-sonderung in häuslicher Quarantäne“ eine Absonderung für den Zeitraum vom 3. Juli 2020 bis zum 17. Juli 2020 an. Schließlich verfügte die Stadt Rheda-Wiedenbrück gegenüber dem Arbeitnehmer mit Verwaltungsakt vom 17. Juli 2020 eine häusliche Quarantäne bis einschließlich zum 23. Juli 2020. 257Zunächst ist davon auszugehen, dass bei der Beurteilung der Dauer des Verhinderungsfalls der Gesamtzeitraum der Absonderung maßgeblich ist. Dafür spricht, dass der Arbeitnehmer im Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 23. Juli 2020 weder gearbeitet hat noch dies hätte tun dürfen (außerhalb seiner Wohnung) und die Verhinderungen auf derselben Ursache beruhen, nämlich einer Absonderungsanordnung infolge eines fortbestehenden Ansteckungsverdachts. 258Vgl. dazu: Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 616 Rn. 49; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 16; Besgen/Jüngst u.a., in: Handbuch Betrieb und Personal, 248. Lieferung 2021, Stand: 204. Lieferung 05/16, ZWEITES KAPITEL Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung, Rn. 272; Tillmanns, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 1, Individualarbeitsrecht I, 5. Auflage 2021, § 77 Rn. 33; Riesenhuber, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 616 Rn. 56, 135 f.; Wilke, in: Personal-Lexikon, 23. Edition 2021, Persönliche Arbeitsverhinderung - Mehrere Verhinderungszeiten; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 616 Rn. 38; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 68; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616 Rn. 43; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 107 f.; Pepping, in: Rancke, Mutterschutz - Elterngeld - Elternzeit - Betreuungsgeld, BGB, 5. Auflage 2018, § 616 Rn. 12; Waas/Palonka, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, BGB, 4. Auflage 2017, § 616 Rn. 15; Vgl. auch BAG, Urteil vom 12. Juli 1989 - 5 AZR 377/88 -, juris Rn. 27. 259Bei einem Absonderungszeitraum von 5 Wochen handelt es sich um einen erheblichen Zeitraum. 260Wie der unbestimmte Rechtsbegriff der verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit zu konkretisieren ist, ist umstritten. Aus dem Wortlaut des § 616 Satz 1 BGB „verhältnismäßig“ folgt zunächst, dass eine Festlegung auf eine feste Tageszahl, 261vgl. zu den in der Literatur festgelegten Konkretisierungshilfen z.B.: Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 14; Bieder, in: BeckOGK, BGB, 1. Februar 2020, § 616 Rn. 37, 262wegen der Verschiedenartigkeit der in Betracht kommenden Sachverhalte nicht möglich ist. 263Vgl. z.B.: VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 28; Besgen/Jüngst u.a., in: Handbuch Betrieb und Personal, 248. Lieferung 2021, Stand: 204. Lieferung 05/16, ZWEITES KAPITEL Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung, Rn. 271. 264Zudem darf die Praktikabilität derartiger Richtwerte nicht über ihre fehlende normative Verankerung hinwegtäuschen. 265Vgl. Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 106. 266Im Schrifttum wird im Sinne einer ereignisbezogenen Sichtweise die Erheblichkeit der Verhinderungszeit nach dem zur Arbeitsverhinderung führenden Grund sowie danach beurteilt, ob der Arbeitgeber erfahrungsgemäß mit einer derartigen Nichtleistung über einen bestimmten Zeitraum rechnen konnte, sodass er den Ausfall einzukalkulieren hat. Als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit sei daher auch bei schwerwiegenden Ereignissen nur eine Dauer von wenigen Tagen anzusehen. Die nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz für erkrankte Arbeitnehmer geltende Sechs-Wochen-Frist könne danach grundsätzlich nicht als Maßstab herangezogen werden. 267Vgl. Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616 Rn. 41; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 14, 16; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 67 f.; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 102 f. 268Demgegenüber soll nach der Rechtsprechung im Sinne einer belastungsbezogenen Betrachtungsweise bei der Bewertung des Verhinderungszeitraums - ungeachtet etwaiger Ausnahmen für bestimmte hier nicht relevante Fallgruppen -, 269z.B.: BAG, Urteile vom 25. Oktober 1973 - 5 AZR 156/73 -, juris Rn. 12 f., und vom 19. April 1978 - 5 AZR 834/76 -, juris Rn. 22, 270- auf die gesamten Umstände des Einzelfalles abgestellt werden, insbesondere auf das Verhältnis zwischen der Dauer der Verhinderung und der Länge der bisherigen Beschäftigung. Daneben werden (insbesondere) zusätzliche Abreden sowie die Eigenart des Arbeitsverhältnisses und dessen voraussichtliches Fortbestehen berücksichtigt. 271Vgl. z.B.: BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37; BAG, Urteil vom 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 -, juris Rn. 43; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616 Rn. 40; Grimm, in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 12. Auflage 2021, B. Entgeltfortzahlung, Rn. 87; Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 616 Rn. 46; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 66; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 100. 272Die zeitliche Höchstgrenze dürfte regelmäßig bei einer Leistungsunfähigkeit von sechs Wochen liegen. 273Vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37; BAG, Urteile vom 20. Juli 1977 - 5 AZR 325/76 -, juris Rn. 12, und vom 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 -, juris Rn. 43. 274Auch wenn Ansteckungsverdächtige i.S.d. § 2 Nr. 7 IfSG nach den Motiven des BSeuchG-Gesetzgebers vom Schicksal in ähnlicher Weise betroffen sind wie Kranke, 275vgl. BT-Drs. 3/1888, S. 10, 27 zu § 48 BSeuchG (Entschädigung in besonderen Fällen), und BT-Drs. III/2662, S. 3 ebenfalls zu § 48 BSeuchG 276muss bei der Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 277vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37, 278berücksichtigt werden, dass der Entscheidung § 616 BGB in der Fassung vom 28. August 1975 zu Grunde lag. In dessen Absatz 2 Satz 2 wurde der Sechs-Wochen-Zeitraum zwar als verhältnismäßig nicht erheblich anerkannt, der Gesetzgeber bediente sich aber mit Blick auf den Fortzahlungsanspruch im Krankheitsfall der Regelungstechnik der Fiktion („Hierbei gilt als verhältnismäßig nicht erheblich eine Zeit von sechs Wochen, wenn nicht durch Tarifvertrag eine andere Dauer bestimmt ist.“). Nunmehr fehlt in § 616 BGB jeglicher Anhaltspunkt für eine Gleichstellung mit dem - aktuell geltenden - § 3 EFZG. 279Vgl. dazu: Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 15; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 103, m.w.N. 280Überdies liegen den Lohnfortzahlungsansprüchen in § 616 Satz 1 BGB und § 3 EFZG unterschiedliche Normzwecke zu Grunde. Während § 616 Satz 1 BGB seine Grundlage - nach der Rechtsprechung - überwiegend in dem Gedanken der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers findet (bzw. nach „neuerem“ Ansatz in der Literatur dem Gedanken, dass personengebundenen Tätigkeiten das Risiko eines Ausfalls des Dienstverpflichteten stets immanent ist und es daher sachgerecht erscheint, unerhebliche Verhinderungen bereits bei der Bemessung des Entgelts einzukalkulieren - „minima non curat praetor“), 281vgl. z.B.: Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 2 f., 14; Joussen, in: BeckOK Arbeitsrecht, BGB, 62. Edition, 1. Dezember 2021, § 616 Rn. 46 f.; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, BGB, 9. Auflage 2020, § 616 Rn. 40; Riesenhuber, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 616 Rn. 2; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 9, 100 f.; BAG, Urteil vom 25. Oktober 1973 - 5 AZR 156/73 -, juris Rn. 12 f., 282dient § 3 EFZG eher der Entlastung der Krankenkassen. 283Vgl. Temming, in: Kluckert, Das neue Infektionsschutzrecht, IfSG, § 16 Rn. 21; Reinhard, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, EFZG, 22. Auflage 2022, § 3 Rn. 1 f.; Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, EFZG, § 3 Rn. 2; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 181 ff. 284Angesichts dessen und unter Berücksichtigung des gesetzlichen Wortlauts, 285vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 30, 286geht die Kammer davon aus, dass bei der Beurteilung der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ (auch) im Falle der Absonderung eines ansteckungsverdächtigen Arbeitnehmers in erster Linie das Verhältnis zwischen bisheriger Dauer des Arbeitsverhältnisses und Dauer der Arbeitsverhinderung maßgeblich ist. Daneben werden weitere Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. 287Nach dieser Maßgabe überschreitet der Absonderungszeitraum von 5 Wochen die Erheblichkeitsschwelle. Insoweit ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer N. erst anderthalb Jahre bei der Klägerin beschäftigt war, als die erste Absonderung angeordnet worden ist. Allein der Umstand, dass der Arbeitsvertrag unbefristet abgeschlossen worden ist und sich im laufenden Klageverfahren die Prognose einer längerfristig fortdauernden Beschäftigung bestätigt hat, da diese erst Ende 2020 mit der Übernahme des Arbeitsverhältnisses durch die U. Unternehmensgruppe beendet worden ist, ändert an dieser Einschätzung nichts. Auch rechtfertigen weder die Eigenart des Arbeitsverhältnisses noch die Eigenart der Verhinderung im vorliegenden Fall eine andere Beurteilung. Zwar mag die coronabedingte Absonderung wegen der Inkubationszeit des Virus von (ursprünglich) zwei Wochen und der möglichen Verlängerung der Absonderung um weitere zwei Wochen nach Ablauf der Inkubationszeit im Falle einer Hausgemeinschaft des Ansteckungsverdächtigen mit einer nachweislich mit dem Coronavirus infizierten Person ohne nachgewiesene Ansteckung nach Ablauf der Inkubationszeit zu einem vorhersehbaren Absonderungszeitraum von 4 Wochen führen. 288Vgl. dazu: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6. Juli 2020 - 20 L 860/20 -; OVG NRW, Beschuss vom 10. Juli 2020 - 13 B 981/20 -. 289Auch dieser Zeitraum ist im vorliegenden Fall aber überschritten. 290Da gegen den Arbeitnehmer N. mit Verfügung vom 17. Juli 2020 der Stadt Rheda-Wiedenbrück eine weitere (individuelle) Anordnung der häuslichen Absonderung wegen eines Ansteckungsverdachts ergangen ist, ist im Übrigen nicht davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer den Zeitraum der Leistungsverhinderung durch eine Freitestung, wie sie grundsätzlich ab dem 2. Juli 2020 möglich gewesen ist, hätte verkürzen können. Der Zeuge N. hat in der mündlichen Verhandlung zudem glaubhaft erklärt, dass er sich durchgängig für fünf Wochen in Absonderung befunden habe. Diese weitere Absonderung stellt überdies einen atypischen Verlauf dar. 291Vorsorglich wird zudem darauf hingewiesen, dass aus dem Verfahren Az. 7 L 546/20 bekannt ist, dass der insoweit zuständige Kreis Gütersloh mit den vorhandenen personellen Kapazitäten die Ergebnisse der (Frei-)Testungen aufgrund ihrer Vielzahl ohnehin nicht zeitnah abarbeiten konnte. 292Ob der Fall bei einer asymptomatisch infizierten Person (Ausscheider i.S.d. § 2 Nr. 6 IfSG) anders zu beurteilen ist, da die Entwicklung von Symptomen vom Zufall abhängen mag, 293vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 32, 294bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Die Kammer bezweifelt die Aussage der Klägerin nicht, dass der Arbeitnehmer durchgängig negativ getestet worden ist. Dafür spricht auch die Verfügung vom 17. Juli 2020, in der Herr N. erneut nur als Kontaktperson einer mit dem Coronavirus infizierten Person eingestuft wurde. 295d. Die Kausalität („dadurch“), 296vgl. dazu: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 38, 297zwischen Absonderung und Verdienstausfall ist gegeben. Andere Gründe für den Wegfall des Lohnanspruchs sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insbesondere bleibt die Schließung des Betriebs der Bestellerin ohne Einfluss. Der Einsatz des Arbeitnehmers als Fleischer in einem anderen Betrieb wäre ohne Absonderungsanordnung - wie bereits dargelegt - grundsätzlich möglich gewesen. 298e. Ein Mitverschulden, das in entsprechender Anwendung von § 254 BGB ggf. über die gesetzlich geregelten Fälle insbesondere in § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG und § 56 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein könnte, 299vgl. zum Streitstand: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 41 ff., m.w.N.; Kümper, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 56 Rn. 27 ff., m.w.N., 300ist Herrn N. nicht vorzuwerfen. Dies gilt hier insbesondere mit Blick auf ggf. vom Arbeitnehmer begangene Verstöße gegen das Abstandsgebot, da diese jedenfalls keinen Verursachungsbeitrag zum Infektionsgeschehen geleistet haben. Der Arbeitnehmer N. war kein Ausscheider, er wurde (mehrfach) negativ getestet. 3012. Die Voraussetzungen von § 56 Abs. 5 IfSG sind erfüllt. Unstreitig hat die Klägerin die Entschädigung während des streitgegenständlichen Zeitraums an den Arbeitnehmer N. ausgezahlt, § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG. Einen (formwirksamen) Erstattungsantrag (§ 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG) hat sie am 28. Juli 2020 beim M. (§ 54 IfSG i.V.m. § 11 Abs. 1 IfSBG-NRW) gestellt. 3023. Der Erstattungsanspruch ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch nicht - nach Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung - ausgeschlossen, weil der Klägerin ggf. ein Schadensersatzanspruch in Höhe des gezahlten Lohns gegenüber der Bestellerin zustehen könnte. 303Einer solchen Auslegung steht schon entgegen, dass die Klägerin keinen Lohn an Herrn N. gezahlt hat, sondern den für diesen Arbeitnehmer entstandenen Entschädigungsanspruch infolge eines Verdienstausfalls. Der Lohnanspruch bestand im hier maßgeblichen Zeitraum der Absonderung - wie dargelegt - nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ nicht. 304Aber auch mit Blick auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Firma U. wegen der gezahlten Entschädigungsleistung und ungeachtet der Frage, ob ein solcher Sekundäranspruch nicht schon nach § 3 Nr. 6 Werkvertrag abbedungen ist, scheidet eine teleologische Reduktion des § 56 Abs. 3 IfSG aus. Die Klägerin fungiert hier nämlich allein als Auszahlungsstelle. Dieses Verfahren soll eine schnelle und unbürokratische Entschädigungsgewährung sicherstellen. 305Vgl. Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, IfSG, 10. Edition, 15. Januar 2022, § 56 Rn. 73; Gerhardt, in: Gerhardt, Infektionsschutzgesetz, IfSG, 5. Auflage 2021, § 56 Rn. 25. 306Dieser gesetzgeberische Wille ergibt sich auch im Umkehrschluss aus der Legalzession des § 56 Abs. 10 IfSG, da insoweit nur Schadensersatzansprüche des „Entschädigungsberechtigten“ auf das Land übergehen. In diesem Sinne sind in § 56 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 8 IfSG auch nur Leistungen benannt, die „auf die Entschädigung“ anzurechnen sind. 307Das vorbenannte System würde unterlaufen, ließe man darüber hinaus auch im Verhältnis zwischen entschädigungspflichtigem Land und auszahlungsverpflichtetem Arbeitgeber weitere „Anrechnungstatbestände“ zu. In diese Überlegung ist einzustellen, dass der Erstattungsantrag fristgebunden ist (vgl. § 56 Abs. 11 IfSG). Bei der vom beklagten Land vertretenen Vorgehensweise wird dem Arbeitgeber nicht nur das Prozess- und Insolvenzrisiko auferlegt, sondern auch das Erfordernis bei einem ggf. langwierigen Zivilprozess mit Instanzenzug vorsorglich entsprechende Erstattungsansprüche beim M. zu stellen, sodass weitere - ggf. unnötige - Kosten auf beiden Seiten entstehen und für die Bearbeitung Arbeitskraft gebunden wird. 308Auch andere Schadensersatzansprüche, insbesondere Ansprüche des Arbeitnehmer N. gegen die Klägerin oder die Firma U. sind im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen. Ungeachtet der Frage, ob - erstens - ein Schadensersatzanspruch des entschädigungsberechtigten Arbeitnehmers N1. gegen die Klägerin als frühere Arbeitgeberin entstanden und fällig ist, - zweitens - dieser ggf. entstandene und fällige Anspruch nach § 15 Arbeitsvertrag (Ausschlussfristen / Verfallklausel) wieder verfallen ist und - drittens - gemäß § 56 Abs. 10 IfSG auf das beklagte Land übergegangen ist, hat das beklagte Land jedenfalls nicht die Aufrechnung erklärt, 309vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1987 - 3 C 22/86 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 28. Januar 1994 - 3 TG 2026/93 -, juris; VG Minden, Beschluss vom 31. Januar 1996 - 2 K 2333/95 -, 310sodass eine Berücksichtigung im hiesigen Verfahren ausscheidet. 311Sofern dem Arbeitnehmer N1. ein Ersatzanspruch z.B. aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter gegen die Firma U. als Bestellerin zusteht, so könnte dieser - ungeachtet der Frage seiner Entstehung, Fälligkeit und Höhe - dem Erstattungsanspruch der Klägerin nicht entgegengehalten werden, weil diese nicht Schuldnerin der ggf. auf das beklagte Land übergegangenen Forderung ist. 3124. Das vom beklagten Land behauptete, anspruchsausschließende (überwiegende) Mitverschulden der Klägerin an der Absonderung ihres Arbeitnehmers ist im Rahmen des § 56 Abs. 3 IfSG selbst nicht zu berücksichtigen, sondern nur - wie geschehen - im Rahmen der Prüfung des § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB oder etwaiger zur Aufrechnung gestellter übergegangener Schadensersatzansprüchen gegen die Klägerin. Dies folgt ebenfalls aus der - zuvor bereits dargelegten - Funktion als Auszahlstelle. 3135. Die Höhe des Erstattungsbetrages von 574,44 Euro Nettoverdienstausfall ist von den Beteiligten unter Berücksichtigung von § 56 Abs. 3 IfSG in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden. Die Kammer hat keine Veranlassung, von sich aus an der Richtigkeit der zugrunde liegenden Berechnung zu zweifeln. 314B. Der Klägerin steht auch der Anspruch auf Erstattung der von ihr verauslagen und der Höhe nach ebenfalls unstreitig gestellten Sozialabgaben i.H.v. 390,39 Euro nach Maßgabe des § 57 IfSG zu. 315C. Die Klage ist auch begründet, soweit die Klägerin aus dem Erstattungsbetrag von 964,83 Euro die Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit verlangt. Die Voraussetzungen von §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog liegen seit dem 23. Februar 2021 (§ 90 VwGO) vor. 316Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. | das beklagte land wird unter aufhebung des bescheids des m. vom 20. januar 2021 verpflichtet, der klägerin für den mitarbeiter o. d. n. betreffend den zeitraum vom 18. juni bis zum 30. juni 2020 eine erstattung in höhe von 574,44 euro (netto-verdienstausfall) zuzüglich 390,39 euro geleisteter sozialabgaben zu bewilligen, sowie auf diesen betrag zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtsanhängigkeit zu zahlen. das beklagte land trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. das beklagte land darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin begehrt die erstattung der an ihren arbeitnehmer gezahlten verdienstausfallentschädigung infolge behördlich angeordneter quarantäne. 3es handelt sich bei der klägerin um eine zweigniederlassung eines rumänischen unternehmens in der rechtsform s.r.l. sie ist in der fleischverarbeitungsbranche tätig. ihr firmensitz befindet sich unter der anschrift „f.----- in 33378 rheda-wiedenbrück“. seit 2014 ist sie geschäftlich mit der u. m. gmbh & co. kg (betriebssitz „j. in 33378 rheda-wiedenbrück“) verbunden. 4mit werkvertrag vom 10. januar 2020 verpflichtete sich die klägerin als werkunternehmerin gegenüber der firma u. m. gmbh & co. kg (im folgenden: firma u. ) als bestellerin im zeitraum vom 1. februar 2020 bis zum 31. juli 2020 zur herstellung von fleischteilstücken und zerlegenebenprodukten. die werk-leistung wird nach den vertraglichen bestimmungen auf dem betriebsgelände der firma u. erbracht. räumlichkeiten und betriebsmittel (mit ausnahme von messern, wetzstählen, arbeits- und schutzkleidung) werden von dieser zur verfügung gestellt. 5gemäß § 2 nr. 5 werkvertrag haben (die klägerin als) werkunternehmerin und die personen, deren sie sich zur erfüllung ihrer werkvertraglichen leistungen bedient, u.a. weisungen der hygienebeauftragen des bestellers folge zu leisten. nach § 2 nr. 6 werkvertrag ist die werkunternehmerin verpflichtet, gemäß § 8 abs. 1 arbschg ihre beschäftigten über gefahren und risiken für sicherheit und gesundheit sowie über schutzmaßnahmen vor arbeitsaufnahme zu unterweisen. weiter ist sie verpflichtet, ihre beschäftigten vor arbeitsaufnahme nach der betriebseinweisung personalhygiene fb hy 8-01 in der jeweils gültigen version zu schulen. der nachweis über die stattgefundenen unterweisungen ist schriftlich von den beschäftigten per unterschrift zu bestätigen und unaufgefordert vor arbeitsaufnahme an das lohnbüro des bestellers weiterzuleiten. die klägerin hat zudem nach § 2 nr. 7 werkvertrag gegenüber der bestellerin einen verantwortlichen vertreter zu benennen bzw. dafür sorge zu tragen, dass ein verantwortlicher vertreter bei der erfüllung der werkvertraglichen verpflichtungen präsent ist. § 2 nr. 9 werkvertrag bestimmt, dass die erfüllung sämtlicher verpflichtungen aus den mit ihren arbeitnehmern geschlossenen verträgen der klägerin als werkunternehmerin obliegt. 6im rahmen dieses werkvertrags setzte die klägerin ihren arbeitnehmer o. d. n. als fleischer auf dem betriebsgelände der firma u. ein. er war vom 15. november 2018 bis ende 2020 bei der klägerin beschäftigt. seit anfang 2021 ist er direkt bei der u. unternehmensgruppe angestellt. 7im rahmen einer am 16. juni 2020 durchgeführten reihentestung stellte das gesundheitsamt des kreises gütersloh bei 730 von 1.106 abstrichen von in der „zerlegung“ auf dem werksgelände der firma u. tätigen mitarbeitern einen positiven befund auf das coronavirus sars-cov-2 fest. 8der landrat des kreises gütersloh ordnete daraufhin am 17. juni 2020 zunächst mündlich die schließung des betriebsstandortes der u. unternehmensgruppe in rheda-wiedenbrück an. unter dem 10. august 2020 bestätigte er gegenüber der u. & co. kg die allgemeinverfügung zur schließung des betriebs der unternehmensgruppe u. am betriebsstandort „j. , 33378 rheda-wiedenbrück“ schriftlich. 9mit allgemeinverfügung zur fortbestehenden schließung und den voraussetzungen einer schrittweise möglichen wiederaufnahme des betriebs der unternehmensgruppe u. am betriebsstandort „j……, 33378 rheda-wiedenbrück“ vom 2. juli 2020 verfügte der bürgermeister der stadt rheda-wiedenbrück eine weitere schließung bis zum 17. juli 2020. überdies wurden regelungen zur schrittweisen wiederaufnahme des betriebs getroffen. 10mit allgemeinverfügung zur absonderung in sog. häusliche quarantäne vom 18. juni 2020 ordnete der landrat des kreises gütersloh in ziffer 1 die absonderung in häusliche quarantäne gegenüber allen im betrieb der firma u. in rheda-wiedenbrück in der produktion tätigen personen an. ziffer 2 enthielt einen ausnahmetatbestand für alle seit dem 16. juni 2020 durch beauftragte des gesundheitsamtes negativ getesteten personen, die auch bei erhalt des testergebnisses noch keinerlei symptome aufwiesen. gleichzeitig wurde der fall geregelt, dass der betroffene zwar negativ getestet worden ist, aber im rahmen der kontaktnachverfolgung als kontaktperson der kategorie 1 nach den kriterien des robert-koch-instituts ermittelt wurde. in diesem fall sollte das gesundheitsamt mitteilen, bis wann die absonderung zu erfolgen hat. 11mit allgemeinverfügung zur absonderung in sog. häusliche quarantäne vom 20. juni 2020 hob der landrat des kreises gütersloh die allgemeinverfügung vom 18. juni 2020 auf und ordnete für alle auf dem betriebsgelände der firma u. in rheda-wiedenbrück tätigen personen die absonderung in häusliche quarantäne bis zum 2. juli 2020, 24:00 uhr, an. zugleich erließ er ausnahmeregelungen für eine sog. arbeitsquarantäne für bestimmte personengruppen die auf dem gelände der firma u. tätig waren. die produktion war von dieser ausnahme nicht erfasst. 12mit allgemeinverfügung zum schutz der bevölkerung vor der verbreitung des coronavirus sars-cov-2 gegenüber im betrieb der firma u. am standort „j. , 33378 rheda-wiedenbrück“ tätigen und mit ihnen in häuslicher gemeinschaft lebenden personen durch absonderung in häuslicher quarantäne vom 1. juli 2020 ordnete das ministerium für arbeit, gesundheit und soziales des landes nordrhein-westfalen (mags) ab dem 3. juli 2020, 00:00, uhr gegenüber allen personen, die im zeitraum vom 3. juni 2020 bis zum 17. juni 2020 an mindestens einem tag auf dem betriebsgelände der firma u. am standort „j. , 33378 rheda-wiedenbrück“ tätig waren, unabhängig davon, ob sie unmittelbar bei dieser firma, einem subunternehmer oder einer leiharbeitsfirma angestellt sind oder für diese tätig waren, die absonderung in häusliche quarantäne bis zum 17. juli 2020, 24.00 uhr an. zugleich erließ das mags ausnahmeregelungen für eine sog. arbeitsquarantäne für bestimmte personengruppen, die auf dem gelände der firma u. tätig waren. die produktion war von dieser ausnahme nicht erfasst. 13mit verfügung vom 17. juli 2020 ordnete die stadt rheda-wiedenbrück gegenüber dem arbeitnehmer o. d. n. als kontaktperson mit einer mit dem coronavirus infizierten person die häusliche quarantäne bis einschließlich zum 24. juli 2020 an. ausweislich der dazu eingereichten bescheinigung der stadt rheda-wiedenbrück vom 27. oktober 2021 befand sich herr n. vom 17. juli 2020 bis zum 23. juli 2020 in absonderung. 14am 28. juli 2020 beantragte die klägerin (erstmals) die „erstattung von arbeitgeberaufwendungen bei verdienstausfall eines arbeitnehmers auf grund behördlich angeordneter quarantäne (absonderung) oder tätigkeitsverbot nach § 56 abs. 1 des infektionsschutzgesetzes (ifsg)“ für den arbeitnehmer o. d. n. für den zeitraum bis zum 30. juni 2020. dazu erklärte sie u.a., dass der arbeitnehmer sich vom 17. juni 2020 bis zum 30. juni 2020 in absonderung befunden habe, er in diesem zeitraum keinen genehmigten urlaub gehabt habe, er nicht aufgrund eines kranken kindes arbeitsbefreit gewesen sei und er in diesem zeitraum keinen anspruch auf entgeltfortzahlung nach § 616 bgb, auf arbeitslosengeld i, kurzarbeitergeld, sonstige zuschüsse, zusätzliches einkommen aus ersatztätigkeiten gehabt habe. der betrieb sei ab dem 18. juni 2020 geschlossen gewesen. ein enddatum der betriebsschließung gab die klägerin nicht an. 15bei der frage, ob der arbeitnehmer während der absonderung arbeitsunfähig krank gewesen sei, kreuzte die klägerin beide der vorgegebenen antwortmöglichkeiten „ja“ und „nein“ an. im klageverfahren erklärte sie dazu, dass es sich um einen tippfehler handele. der arbeitnehmer sei im zeitraum vom 18. juni 2020 bis zum 24. juni 2020 nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. 16mit bescheid vom 20. januar 2021 lehnte der m. (m. ) den antrag auf erstattung von verdienstausfallentschädigung für den zeitraum vom 17. juni 2020 bis zum 30. juni 2020 für herrn o. d. n. ab. zur begründung führte der m. aus, dass die klägerin beim einsatz ihres arbeitnehmers gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften, insbesondere hygienevorgaben verletzt habe. aus diesem grund habe der arbeitnehmer einen lohnfortzahlungsanspruch gegen die klägerin als arbeitgeberin, sodass ein verdienstausfall i.s.v. § 56 abs. 1 ifsg und damit ein entsprechender erstattungsanspruch nicht vorlägen. der betrieb, in dem der arbeitnehmer eingesetzt gewesen sei, sei vom 16. juni 2020 bis zum 17. juli 2020 aufgrund behördlicher anordnung geschlossen gewesen. ein einsatz des arbeitnehmers sei somit bereits aus betrieblichen gründen nicht möglich gewesen. im zeitraum der betriebsschließung habe bereits aus diesem grund kein verdienstausfall vorgelegen, da der arbeitnehmer einen lohnfortzahlungsanspruch gegen die klägerin als arbeitgeberin gehabt habe, sodass ein möglicher entschädigungsanspruch entfalle. 17die klägerin hat am 23. februar 2021 klage erhoben. 18zur begründung trägt sie im wesentlichen vor, dass herr n. zum zeitpunkt der absonderungsanordnung in der zerlegung in der spätschicht „am band lachse“ auf dem betriebsgelände der firma u. in rheda-wiedenbrück gearbeitet habe. insgesamt habe sich der arbeitnehmer vom 18. juni bis zum 24. juli 2020 in häuslicher absonderung befunden. dementsprechend habe sie am 18. september 2020 einen zweiten erstattungsantrag beim m. gestellt. dieser betreffe den absonderungszeitraum vom 1. juli bis zum 24. juli 2020. 19der arbeitnehmer n. sei zwischen dem 18. juni 2020 und dem 24. juli 2020 nicht an covid-19 erkrankt gewesen, er habe auch nicht an typischen symptomen gelitten. überdies sei er negativ getestet worden. die testungen seien von mitarbeitern des deutschen roten kreuzes oder der bundeswehr durchgeführt worden, schriftliche unterlagen lägen dazu aber nicht vor. die ergebnisse seien ihren mitarbeitern lediglich telefonisch mitgeteilt worden; ebenso sei die aufforderung, in quarantäne zu verbleiben, telefonisch ergangen. vom gesundheitsamt des kreises gütersloh habe sie die negativtests nicht erlangen können, diese daten seien nach behördlicher auskunft nicht gespeichert worden. 20der anspruch sei insbesondere nicht wegen verstößen gegen gesundheits- und arbeitsvorschriften oder hygienevorgaben ausgeschlossen. der behördenakte lasse sich weder der vom m. behauptete verstoß entnehmen, noch sei ersichtlich, dass die arbeits- und beschäftigungsbedingungen des arbeitnehmers n. geprüft worden seien. auch in den begründungen der allgemeinverfügungen über die absonderung in häusliche quarantäne seien keine verstöße gegen gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften zum zeitpunkt der anordnung festgestellt worden. in der verfügung des kreises gütersloh vom 18. juni 2020 werde auf seite 4 von einem „unklaren ausbruchsgeschehen“ ausgegangen und nach den ausführungen auf seite 3 werde es nur als „sehr naheliegend“ erachtet, dass die infizierten beschäftigten aus der zerlegung der firma u. weitere in der produktion tätige personen durch kontakte am arbeitsplatz, in der gemeinsamen unterkunft oder auf dem gemeinsamen transportweg infiziert hätten. 21im übrigen habe sie beim einsatz ihrer arbeitnehmer auf dem betriebsgelände der firma u. auch keine verstöße begangen. seitens ihrer bestellerin seien seit beginn der corona-pandemie präventionsmaßnahmen und hygienekonzepte eingeführt worden, die auch von ihr - als auf dem betriebsgelände tätige subunternehmerin - umgesetzt worden seien. sie habe etwa dafür sorge getragen, dass sich die arbeitnehmer der unterschiedlichen schichten nicht vermischten. auch hätten die arbeitnehmer getrennt voneinander gewohnt, eine vermischung sei auch insoweit vermieden worden. ihre mitarbeiter seien mündliche über die (sich ändernden) einzuhaltenden maßnahmen informiert und angewiesen worden, sich an diese anordnungen zu halten. der betriebsleiter m1. c. sei zuständig gewesen für schulungen und informationen vor ort. einzuhaltende schutzmaßnahmen seien auch schriftlich in rumänischer sprache an die mitarbeiter verteilt worden. zudem seien regelmäßig amtsärzte vor ort gewesen, die lebensmittelrechtliche kontrollen durchgeführt hätten. hinweise auf verstöße gegen hygienevorschriften hätten die kontrolleure nicht festgestellt. sämtliche arbeitnehmer in der produktion hätten z.b. schutzkleidung getragen und sich vor dem betreten der arbeitsbereiche hände und schuhe desinfiziert. auch die kontrollen durch die gewerbeaufsicht seien beanstandungslos geblieben. 22herr n. habe im juni 2020 mit seiner familie in einer eigenen wohnung gelebt. es habe sich dabei nicht um eine firmenunterkunft gehandelt. 23die klägerin beantragt, 24251. das beklagte land unter aufhebung des bescheids des m. vom 20. januar 2021 zu verpflichten, ihr für den mitarbeiter o. d. n. betreffend den zeitraum vom 18. juni bis zum 30. juni 2020 eine erstattung in höhe von 574,44 euro (netto-verdienstausfall) zuzüglich 390,39 euro geleisteter sozialabgaben zu bewilligen, 262. das beklagte land zu verpflichten, an sie zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtsanhängigkeit zu zahlen. 27das beklagte land beantragt, 28die klage abzuweisen. 29es trägt im wesentlichen vor, der arbeitnehmer n. habe keinen verdienstausfall erlitten. ihm stehe ein lohnfortzahlungsanspruch gegen die klägerin nach § 616 satz 1 bgb zu. insbesondere stelle die dauer der verhinderung eine verhältnismäßig nicht erhebliche zeit dar. insoweit erschließe sich schon nicht, warum herr n. über den sonst üblichen zeitraum von 14 tagen abgesondert gewesen sei. aber auch eine absonderung von fünf wochen stelle eine verhältnismäßig nicht erhebliche zeit dar. die absonderung sei mit einer krankheitsbedingten arbeitsunfähigkeit vergleichbar, sodass nach dem rechtsgedanken des entgeltfortzahlungsgesetzes ein fortzahlungsanspruch von bis zu sechs wochen bestehe. die gesetzgeberischen motive stellten klar, dass ein quarantäne-pflichtiger in ähnlicher weise betroffen sei wie eine erkrankte person. 30zudem sei der vergütungsanspruch wegen der regelung des § 615 sätze 1 und 3 bgb nicht untergegangen. dies sei zunächst der fall, weil es sich bei dem der absonderung des herrn n. zu grunde liegenden ansteckungsverdacht um ein betriebsrisiko handele. die absonderung beruhe auf einem ansteckungsverdacht, der wiederrum aus der arbeitsvertraglich geschuldeten erbringung der arbeitsleistung als fleischer auf dem u. betriebsgelände resultiere. hätte der arbeitnehmer nicht am betriebsstandort in rheda-wiedenbrück gearbeitet, wäre der grund für die absonderung entfallen. die klägerin könne sich nicht auf ein unvermögen ihres arbeitnehmers zum erbringen der arbeitsleistung infolge der absonderung berufen, da das unvermögen gerade aus ihrer sphäre stamme, nämlich dem ihren unternehmerischen interessen dienenden einsatz des arbeitnehmers am betriebsstandort. würde man aufgrund der absonderung von einem einen anspruch aus § 615 satz 3 bgb ausschließenden unvermögen des arbeitnehmers ausgehen, bürdete man ihm so - entgegen der gesetzlichen wertung - das in der sphäre der klägerin liegende betriebsrisiko auf. 31darüber hinaus stehe dem arbeitnehmer n. der lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 sätze 1 und 3 bgb aufgrund der behördlich angeordneten schließung des betriebsstandorts zu. diese schließung sei dem betriebsrisiko der klägerin zuzurechnen, da sie auf eine erhebliche begünstigung der virus-verbreitung durch die betrieblichen verhältnisses - insbesondere baulicher und betriebsorganisatorischer natur - zurückzuführen sei. 32des weiteren sei der arbeitnehmer n. seines vergütungsanspruchs nach § 615 sätze 1 und 3 bgb nicht verlustig gegangen, weil die klägerin bei dessen einsatz gesundheits- und arbeitsvorschriften verletzt habe. unter das betriebsrisiko fielen auch verstöße gegen die den arbeitgeber treffende fürsorgepflicht gemäß § 618 abs. 1 bgb; auf ein verschulden komme es dabei nicht an. die dem arbeitgeber obliegende fürsorgepflicht werde durch die öffentlich-rechtlichen schutzmaßnahmen konkretisiert, wobei diese lediglich das mindestmaß festlegten. diese bestimmungen des arbeitsschutzes seien im hinblick auf die ausgebrochene covid-19-pandemie dahingehend auszulegen, dass der arbeitgeber schutzmaßnahmen hinsichtlich des gesundheitsschutzes seiner arbeitnehmer zu ergreifen habe, um eine infektion mit dem neuartigen virus zu vermeiden und infektionsrisiken so zu minimieren. 33ein infektionsgeschehen, wie es in der begründung zur allgemeinverfügung des bürgermeisters der stadt rheda-wiedenbrück vom 2. juli 2020 dargelegt sei, biete hinreichend belastende anhaltspunkte dafür, dass die verbreitung insbesondere durch die baulichen und betriebsorganisatorische verhältnisse begünstigt worden sei; im falle eines funktionierenden und dem pandemiegeschehen angepassten hygieneplans sei ein derartiges infektionsgeschehen schlechterdings nicht denkbar. entsprechende verstöße ergäben sich zudem aus den begründungen der allgemeinverfügungen des kreises gütersloh und der stadt rheda-wiedenbrück, in denen von einem großen, unklaren ausbruchsgeschehen die rede sei und dargelegt werde, dass sich das coronavirus, begünstigt durch die betrieblichen verhältnisse, von der zerlegung in andere bereiche durch kontakte am arbeitsort, in den unterkünften und auf dem transportweg verbreitet habe. im übrigen seien im rahmen der besichtigung am 15. mai 2020 aller abteilungen und bereiche der unternehmensgruppe u. durch die bezirksregierung detmold gravierende mängel im hinblick auf die vorgaben der sars-cov-2-arbeitsschutzstandards und damit verstöße gegen den arbeits- und gesundheitsschutz der arbeitnehmer im sinne des arbeitsschutzgesetzes festgestellt worden. auch ein bei youtube veröffentlichtes video zeige die verhältnisse in der kantine, in der mindestabstände nicht eingehalten worden seien. 34die absonderungsverfügung sei nicht kausal für den geltend gemachten verdienstausfall, da der arbeitnehmer n. bereits aufgrund der betriebsschließung vom 17. juni 2020 bis zum 17. juli 2020 nicht habe arbeiten können. 35des weiteren wirkten sich die werkvertraglichen bestimmungen auf den geltend gemachten erstattungsanspruch aus. soweit die klägerin nachweise, dass sie sich nicht vertragswidrig verhalten habe, könne sie grundsätzlich gegenüber der bestellerin einen schadensersatzanspruch geltend machen. zwar sei der anspruch werkvertraglich ausgeschlossen, das entschädigungsrecht diene aber nicht dazu, ausgeschlossene schadensersatzansprüche zu kompensieren. dies gelte umso mehr, als dass eine entschädigung im vergütungsanspruch enthalten sei. 36jedenfalls müsse sich die klägerin ein weit überwiegendes mitverschulden anrechnen lassen, das den erstattungsanspruch ausschließe. die pflichtverstöße der klägerin als arbeitgeberin gegenüber ihren arbeitnehmern betreffend deren gesundheitsschutz seien derart erheblich gewesen und hätten zu einer so großen infektionsgefahr geführt, dass diese letztlich nur durch eine flächendeckende allgemeinverfügung zur absonderung der am betriebsstandort in rheda-wiedenbrück tätigen personen sowie durch eine mehrwöchige betriebsschließung eingedämmt werden konnte. 37die kammer hat den arbeitnehmer n. als zeugen gehört. wegen des inhalts und des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die sitzungsniederschrift vom heutigen tage verwiesen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs. 38 | 39die zulässige klage ist begründet. 40der bescheid des beklagten landes vom 20. februar 2021 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten. ihr steht ein anspruch auf erstattung der an ihren arbeitnehmer o. d. n. gezahlten verdienstausfallentschädigung in höhe von 574,44 euro netto-verdienstausfall (a.) zuzüglich sozialversicherungsabgaben in höhe von 390,39 euro (b.) für den zeitraum vom 18. bis zum 30. juni 2020 zu (§ 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 vwgo). des weiteren hat die klägerin einen anspruch auf die geltend gemachten prozesszinsen ab rechtshängigkeit (c.). 41a. die klägerin hat einen anspruch auf bewilligung einer erstattung der an ihren arbeitnehmer n. geleisteten aufwendungen in höhe von 574,44 euro aus § 56 abs. 1 sätze 1 und 2 i.v.m. abs. 5 ifsg. 42i. maßgeblich ist insoweit die ab dem 23. mai 2020 gültige gesetzesfassung, dem zeitpunkt der entstehung des anspruchs auf entschädigung. 43aus der ständigen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ergibt sich für die frage des richtigen zeitpunkts für die beurteilung der sach- und rechtslage aus dem prozessrecht nur, dass ein kläger im verwaltungsgerichtlichen rechtsstreit ebenso mit einem aufhebungsbegehren wie mit einem verpflichtungsbegehren nur dann erfolg haben kann, wenn er im zeitpunkt der letzten gerichtlichen entscheidung einen anspruch auf die erstrebte aufhebung des verwaltungsakts bzw. auf die erstrebte leistung hat. ob ein solcher anspruch jedoch besteht, d.h. ob ein belastender verwaltungsakt den kläger im sinne des § 113 abs. 1 vwgo rechtswidrig in seinen rechten verletzt oder die ablehnung eines begehrten verwaltungsakts im sinne des § 113 abs. 5 vwgo rechtswidrig ist, beurteilt sich nach dem materiellen recht, dem nicht nur die tatbestandlichen voraussetzungen einer ermächtigungsgrundlage oder eines anspruchs selbst, sondern auch die antwort auf die frage zu entnehmen ist, zu welchem zeitpunkt diese voraussetzungen erfüllt sein müssen. 44vgl. nur: bverwg, urteil vom 31. märz 2004 - 8 c 5.03 -, juris rn. 35; vg bayreuth, urteil vom 21. juni 2021 - b 7 k 21.110 -, juris rn. 22, jeweils m.w.n.; vgl. auch eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 20a, m.w.n. zum streitstand. 45nach diesen grundsätzen ist hier § 56 ifsg in der vom 23. mai bis zum 18. november 2020 gültigen fassung anzuwenden, denn der insoweit maßgebliche anspruch des arbeitnehmers, der hier durch die klägerin als arbeitgeberin geltend gemacht wird (§ 56 abs. 5 sätze 1 und 2 ifsg), war jedenfalls zu diesem zeitpunkt bereits entstanden. dies ergibt sich aus der damals gültigen fassung des § 56 abs. 6 satz 1 ifsg, der im zeitpunkt der mündlichen verhandlung auch unverändert fort gilt. danach richtet sich die fälligkeit der entschädigungsleistungen bei arbeitnehmern nach der fälligkeit des aus der bisherigen tätigkeit erzielten arbeitsentgelts. § 614 bgb bestimmt dabei, dass die vergütung nach der leistung der dienste zu entrichten ist (satz 1) und dass, soweit die vergütung nach zeitabschnitten bemessen ist, diese nach dem ablauf der einzelnen zeitabschnitte zu entrichten ist (satz 2). 46vgl. maties, in: beckogk, bgb, 1. august 2021, § 614 rn. 54 f. 47die klägerin hatte mit ihrem arbeitnehmer einen stundenlohn und eine wöchentliche arbeitszeit von 42 stunden vereinbart, die fälligkeit sollte zum 15. des monats eintreten, der auf den monat der arbeitsleistung folgt (§ 4 und 5 abs. 1 arbeitsvertrag). da der letzte absonderungstag, für den hier noch erstattung beansprucht wird, der 30. juni 2020 (dienstag) gewesen ist, war der anspruch spätestens am 15. juli 2020 fällig und damit auch jedenfalls entstanden. insoweit braucht nicht entschieden werden, ob der entschädigungsanspruch des arbeitnehmers bereits zum zeitpunkt der absonderung entstanden sein könnte, da die im zeitpunkt der fälligkeit gültige fassung bereits während der absonderung galt. 48ii. die tatbestandsvoraussetzungen des § 56 abs. 1 i.v.m. abs. 5 ifsg liegen vor. 49nach § 56 abs. 1 satz 1 ifsg erhält eine entschädigung in geld, wer auf grund dieses gesetzes als ausscheider, ansteckungsverdächtiger, krankheitsverdächtiger oder als sonstiger träger von krankheitserregern im sinne von § 31 satz 2 ifsg verboten in der ausübung seiner bisherigen erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen verdienstausfall erleidet. das gleiche gilt nach § 56 abs. 1 satz 2 ifsg für personen, die als ausscheider, ansteckungsverdächtige oder krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere schutzmaßnahmen nicht befolgen können. 50satz 3 des § 56 abs. 1 ifsg bestimmt zudem, dass eine entschädigung nach den sätzen 1 und 2 nicht erhält, wer durch inanspruchnahme einer schutzimpfung oder anderen maßnahme der spezifischen prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im bereich des gewöhnlichen aufenthaltsorts des betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein verbot in der ausübung seiner bisherigen tätigkeit oder eine absonderung hätte vermeiden können. 51gemäß § 56 abs. 5 ifsg hat der arbeitgeber bei arbeitnehmern für die dauer des arbeitsverhältnisses, längstens für sechs wochen, die entschädigung für die zuständige behörde auszuzahlen (satz 1). die ausgezahlten beträge werden dem arbeitgeber auf antrag von der zuständigen behörde erstattet (satz 2). im übrigen wird die entschädigung von der zuständigen behörde auf antrag gewährt (satz 3). 52die voraussetzungen des § 56 abs. 1 satz 2 i.v.m. satz 1 ifsg sind erfüllt. 531. der für den erstattungsanspruch der klägerin primär erforderliche ursprüngliche entschädigungsanspruch des herrn n. gegen das beklagte land nach § 56 abs. 1 satz 2 i.v.m. satz 1 ifsg liegt vor. 54a. einschlägig ist hier § 56 abs. 1 satz 2 ifsg (entschädigung aufgrund einer absonderung). 55der arbeitnehmer n. unterlag ausweislich der allgemeinverfügungen vom 18. juni 2020 und 20. juni 2020 des kreises gütersloh „zur absonderung in sog. häusliche quarantäne“ vom 18. juni 2020 bis zum 30. juni 2020 einer behördlich angeordneten absonderung (i.s.d. § 30 ifsg). es ist unter berücksichtigung der begründung der allgemeinverfügung auch davon auszugehen, dass herr n. als ansteckungsverdächtiger (§ 2 nr. 7 ifsg) galt, da er unmittelbar vor erlass der ersten absonderungsverfügung als schlachter auf dem betriebsgelände der firma u. tätig war. sein einsatzort war die zerlegung, dort wurde am 16. juni 2020 eine vielzahl von mit dem coronavirus infizierten kollegen festgestellt. 56da § 56 abs. 1 satz 2 i.v.m. satz 1 ifsg das erfordernis der rechtmäßigkeit der absonderungsverfügung nicht voraussetzt, genügt tatbestandlich eine wirksame maßnahme. 57vgl. zum streitstand: eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 34, m.w.n.; kümper, in: kießling, ifsg, 2. auflage 2021, § 56 rn. 20, m.w.n. 58gegen die wirksamkeit der verfügung bestehen keine bedenken, solche wurden von den beteiligten auch nicht vorgetragen. ungeachtet dessen bestehen - unter berücksichtigung der o.g. umstände - auch keine (durchgreifenden) zweifel an der rechtmäßigkeit der absonderungsanordnung. 59b. unabhängig davon, ob § 56 abs. 1 satz 3 ifsg in seiner hier maßgeblichen fassung über die dort ausdrücklich geregelten fälle dahingehend zu verstehen ist, dass allgemein bei vermeidbarkeit der absonderung durch den abgesonderten die entschädigung ausscheidet, 60vgl. vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 94, 61ist hier nicht zu erkennen, dass die absonderung vom 18. bis zum 30. juni 2020 für den arbeitnehmer vermeidbar gewesen sein könnte. insbesondere hat er sich nach eigenen angaben ab dem 18. juni 2020 durchgängig in häuslicher absonderung befunden; eine freitestung nach den in der allgemeinverfügung des kreises gütersloh vom 18. juni 2020 festgelegten kriterien erfolgte für ihn in dieser zeit nicht. in der allgemeinverfügung vom 20. juni 2020 bestand die möglichkeit einer freitestung für ansteckungsverdächtige wie den arbeitnehmer nicht mehr. 62c. der arbeitnehmer n. hat außerdem in dem zeitraum vom 18. juni 2020 bis zum 30. juni 2020 den erforderlichen verdienstausfall erlitten. 63nach dem grundsatz „ohne arbeit kein lohn“ (§ 326 abs. 1 bgb) stand ihm im zeitraum der absonderung, in dem er seine wohnung nicht verlassen durfte, kein anspruch aus seinem arbeitsvertrag i.v.m. § 611a abs. 2 bgb auf zahlung seines arbeitslohns zu. 64vgl. dazu z.b.: maties, in: beckogk, bgb, 1. august 2021, § 611a rn. 1670 ff.; fandel/kock, in: herberger/martinek u.a., jurispk-bgb, 9. auflage 2020, § 611a rn. 198. 65er konnte seine tätigkeit als „fleischer“ offenkundig auch nicht im home-office erbringen. 66vgl. zur arbeitsorganisatorischen umstellung auch: eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 35. 67es lag kein fall vor, in dem die klägerin gegenüber dem arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen grundsätzen zur lohnfortzahlung trotz nicht geleisteter arbeit verpflichtet gewesen wäre. 68aa. die voraussetzungen des § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb liegen nicht vor. 69der anwendung von § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb im arbeitsrecht steht § 615 bgb nicht entgegen. die dienstvertraglichen regeln des annahmeverzugs verdrängen § 326 bgb nicht. vielmehr ergänzen sich beide. 70vgl. im einzelnen z.b.: bag, urteil vom 23. september 2015 - 5 azr 146/14 -, juris rn. 26; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 5, m.w.n.; bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 615 rn. 6. 71nach § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb behält der arbeitnehmer den anspruch auf die gegenleistung, wenn der arbeitgeber für den umstand, auf grund dessen der arbeitnehmer nach § 275 abs. 1 bis 3 bgb nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. 72es fehlt an der danach erforderlichen verantwortlichkeit der klägerin, denn es ist nicht davon auszugehen, dass die klägerin allein oder weit überwiegend verantwortlich ist für den grund der - wegen des fixschuldcharakters der nach wöchentlicher arbeitszeit bemessenen arbeitsleistung (§ 4 arbeitsvertrag) -, 73vgl. bag, urteile vom 17. märz 1988 - 2 azr 576/87 -, juris rn. 47, und vom 23. september 2015 - 5 azr 146/14 -, juris rn. 26; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 611a rn. 675; fandel/kock, in: herberger/martinek u.a., jurispk-bgb, 9. auflage 2020, § 611a rn. 198; ernst, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 275 rn. 49, 52, zur einzelfallbetrachtung, 74absonderungsbedingten unmöglichkeit. verantwortlichkeit im vg. sinne erfasst nach der hier maßgeblichen rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts vertretenmüssen i.s.d. §§ 276, 278 bgb, d.h. mindestens fahrlässiges handeln. 75vgl. z.b.: bag, urteil vom 19. august 2015 - 5 azr 975/13 -, juris rn. 29; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 95 rn. 2. 76soweit darüber hinaus vertreten wird, dass sich eine - auch verschuldensunabhängige - verantwortlichkeit des gläubigers für bestimmte risiken ergeben kann, 77vgl. z.b. ulber, in: erman, bgb, 16. auflage 2020, § 326 rn. 26 ff.; ernst, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 326 rn. 53 ff., jeweils m.w.n., 78bedarf es einer solchen erweiternden auslegung im arbeitsverhältnis nicht, da derartige konstellationen über die grundsätze der betriebsrisikolehre zu lösen sind (§ 615 satz 3 bgb). 79vgl. schwarze, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2020, § 326 rn. c56. 80dessen ungeachtet ist nicht ersichtlich, dass die klägerin durch vertragliche oder gesetzliche regelungen einer besonderen risikoübernahme unterliegt. 81der gläubiger ist allein oder weit überwiegend verantwortlich i.s.d. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb, wenn unter heranziehung des rechtsgedankens des § 254 bgb eine verantwortungsquote von 90% vorliegt. 82vgl. z.b.: herresthal, in: beckogk, bgb, 1. juni 2019, § 326 rn. 187, m.w.n.; stadler, in: jauernig, bgb, 18. auflage 2021, § 326 rn. 14; dauner-lieb, in: nk-bgb, 4. auflage 2021, § 326 rn. 13; vgl. auch bt-drs. 14/6040, 187: vielmehr muss der gläubiger zumindest „weit“ überwiegend für die entstehung des rücktrittsgrundes mit verantwortlich sein. damit soll ein grad der mitverantwortung umschrieben werden, der über § 254 auch einen schadensersatzanspruch ausschließen würde; a.m. grüneberg, in: grüneberg, bgb, 81. auflage 2022, § 326 rn. 9 und § 254 rn. 64. 83eine eigene (mindestens) weit überwiegende verantwortlichkeit der klägerin ist nicht gegeben, weder bezüglich des ansteckungsverdachts ihres arbeitnehmers noch bezüglich des erheblichen ausbruchsgeschehens auf dem betriebsgelände der firma u. in rheda-wiedenbrück. zwar hat es von der klägerin zu verantwortende verstöße gegen arbeitsschutzregeln gegeben (1.). dass die klägerin damit jedoch weit überwiegend verantwortlich sein könnte, ist nicht ersichtlich (2.). 84(1.) die klägerin hat gegen arbeitsschutzpflichten verstoßen. 85(a.) nach den der kammer zum entscheidungszeitpunkt vorliegenden erkenntnissen sind der klägerin im hier maßgeblichen zeitraum verstöße gegen ihre arbeitsschutzrechtlichen pflichten vorzuwerfen. 86maßgeblich für die beurteilung etwaiger verstöße ist aus sicht der kammer der zeitraum ab mitte mai 2020. denn eine am 7. mai 2020 vom mags veranlasse reihentestung auf das coronavirus in allen schlachtbetrieben nordrhein-westfalens, 87vgl. bericht für den ausschuss arbeit, gesundheit und soziales des landtags nordrhein-westfalens „sars-cov-2/covid-19 ausbruchsgeschehen in schlachtbetrieben“, 13. mai 2020, abrufbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/www/dokumentenarchiv/dokument/mmv17-3441.pdf, 88hat nur vereinzelt positive befunde (4 von 6.289) unter den auf dem betriebsgelände der firma u. tätigen personen (im wesentlichen wohl vom 11. mai bis zum 18. mai 2020) ergeben. diese mit dem coronavirus infizierten personen waren nicht in die fleischverarbeitung involviert und wurden als wahrscheinlich voneinander unabhängig beurteilt. 89vgl. so: f3. /c. , u.a. „sars-cov-2 outbreak investigation in a german meat processing plant“, preprint vom 23. juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und update vom 6. oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: f. u.a., hygienisch-medizinische risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh, 28. juli 2020. 90erst danach kam es zu dem hier maßgeblichen ausbruchsgeschehen. 91gemäß § 618 abs. 1 bgb hat der dienstberechtigte räume, vorrichtungen oder gerätschaften, die er zur verrichtung der dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und dienstleistungen, die unter seiner anordnung oder seiner leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der verpflichtete gegen gefahr für leben und gesundheit soweit geschützt ist, als die natur der dienstleistung es gestattet. 92der inhalt der fürsorgepflichten, die dem arbeitgeber nach § 618 bgb im hinblick auf die sicherheit und das leben der arbeitnehmer obliegen, wird dabei durch die öffentlich-rechtlichen arbeitsschutznormen konkretisiert, insbesondere durch das arbeitsschutzgesetz. sie transformieren dabei den technischen arbeitsschutz in den arbeitsvertrag. 93vgl. bag, urteil vom 12. august 2008 - 9 azr 1117/06 -, juris rn. 13; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 618 rn. 14. 94nach § 3 abs. 1 satz 1 arbschg ist der arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen maßnahmen des arbeitsschutzes unter berücksichtigung der umstände zu treffen, die sicherheit und gesundheit der beschäftigten bei der arbeit beeinflussen. zur planung und durchführung der maßnahmen nach absatz 1 hat der arbeitgeber unter berücksichtigung der art der tätigkeiten und der zahl der beschäftigten 1. für eine geeignete organisation zu sorgen und die erforderlichen mittel bereitzustellen sowie 2. vorkehrungen zu treffen, dass die maßnahmen erforderlichenfalls bei allen tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen führungsstrukturen beachtet werden und die beschäftigten ihren mitwirkungspflichten nachkommen können (absatz 2). 95gemäß § 5 abs. 1 arbschg hat der arbeitgeber durch eine beurteilung der für die beschäftigten mit ihrer arbeit verbundenen gefährdung zu ermitteln, welche maßnahmen des arbeitsschutzes erforderlich sind. des weiteren hat der arbeitgeber die beschäftigten über sicherheit und gesundheitsschutz bei der arbeit während ihrer arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen (§ 12 abs. 1 satz 1 arbschg). die klägerin war dabei durch den einsatz ihrer mitarbeiter auf dem (fremden) betriebsgelände der firma u. nicht von ihren arbeitsschutzrechtlichen pflichten entbunden. 96vgl. oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 618 rn. 95, m.w.n.; wiebauer, arbeitsschutz in fremdfirmen, in: zfa 2014, 49 f.; vgl. auch z.b. § 2 nr. 5, 6 und 9 werkvertrag. 97werden beschäftigte mehrerer arbeitgeber an einem arbeitsplatz tätig, sind die arbeitgeber nach § 8 abs. 1 arbschg verpflichtet, bei der durchführung der sicherheits- und gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten (satz 1). soweit dies für die sicherheit und den gesundheitsschutz der beschäftigten bei der arbeit erforderlich ist, haben die arbeitgeber je nach art der tätigkeiten insbesondere sich gegenseitig und ihre beschäftigten über die mit den arbeiten verbundenen gefahren für sicherheit und gesundheit der beschäftigten zu unterrichten und maßnahmen zur verhütung dieser gefahren abzustimmen (satz 2). 98im hinblick auf die coronapandemie hatte das bundesministerium für arbeit und soziales (bmas) am 20. april 2020 die sog. sars-cov-2 arbeitsschutzstandards (iiib4-34503) festgelegt. dabei handelt es sich zwar nicht um ein verbindliches regelwerk. es ist aber bei der ermittlung der vom arbeitgeber zu beachtenden schutzpflichten einzubeziehen. 99vgl. z.b. wilrich, der sars-cov-2 arbeitsschutzstandard des bmas, nza 2020, 634 (637). 100dies berücksichtigend ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die klägerin sich ihrer arbeitsschutzrechtlichen pflichten bewusst war und maßnahmen zum schutz ihrer beschäftigten ergriffen hat. sie hat sich nach eigenem bekunden an die vorgaben der firma u. gehalten, ihre mitarbeiter entsprechend informiert und diese zur einhaltung der vorgaben angehalten. für die kontrolle der schutzmaßnahmen im bestellerbetrieb waren eigene betriebsleiter der klägerin zuständig. dass diese angaben unrichtig sind, ist nicht ersichtlich. insoweit hat auch der zeuge n. erklärt, dass er und seine kollegen u.a. von der klägerin über einzuhaltende hygieneregeln unterrichtet worden seien. schriftliche belehrungen seien ihm, auch in seiner muttersprache rumänisch, mehrfach ausgehändigt worden. zudem habe es vor ort von mitarbeitern der firma u. entsprechende instruktionen gegeben, was die behauptung der klägerin über ihre einbeziehung in das hygienekonzept der firma u. stützt. in diesem sinne ist - auch dem beklagten land aus anderen verfahren - bekannt, dass der „corona-krisenstab“ der firma u. unter der leitung von herrn e. b. die erarbeiteten schutzmaßnahmen u.a. auch an die betriebs- und abteilungsleiter der „dienstleister“ weitergegeben hat. die beteiligung ist im übrigen offenkundig notwendig gewesen, weil die klägerin im rahmen des mit der firma u. geschlossenen werkvertrages die räumlichkeiten - inklusive z.b. der kantine oder der sanitärräume, dazu sogleich unter (2.) - und betriebsmittel der bestellerin genutzt hat. in diesem rahmen hat es insbesondere auch die erforderliche gefährdungsbeurteilung gegeben, da das von den betriebs- und werksleitern an den jeweiligen standorten umzusetzende hygienekonzept zur corona-risiko-minimierung vom 12. mai 2020, das in der folgezeit mehrfach angepasst worden ist, u.a. auf der „ergänzung der gefährdungsbeurteilung im sinne des sars-cov-2 arbeitsschutzstandards, branche: fleischwirtschaft“ der berufsgenossenschaft nahrungsmittel und gastgewerbe (bgn) vom 29. april 2020 basiert. sofern davon ausgegangen wird, dass § 8 abs. 1 arbschg auch eine koordinierung der klägerin mit den anderen werkvertragspartnern und dienstleistern der firma u. verlangt, die auf dem gelände ebenfalls arbeitnehmer eingesetzt haben, ist dies jedenfalls mittelbar über die abstimmung mit der firma u. erfolgt. 101nach der vernehmung des arbeitnehmers n. geht die kammer jedoch davon aus, dass nicht alle schutzmaßnahmen konsequent um- bzw. durchgesetzt wurden. so wurden insbesondere das abstandsgebot bzw. schutzalternativen wie das anbringen von abtrennungen oder das tragen einer ffp2-maske nicht eingehalten (vgl. nr. 1 sars-cov-2 arbeitsschutzstandards i.v.m. der ergänzung der gefährdungsbeurteilung für die fleischwirtschaftsbranche sowie die vorgaben zur verhaltensweise in den produktionsbereichen des hygienekonzepts zur corona-risiko-minimierung). der zeuge hat dazu erklärt, dass er vor dem hier maßgeblichen ausbruchsgeschehen im juni 2020 am band „lachse“ im bereich „zerlegung von schweinen“ nur einen abstand von etwa 1 meter zum nächsten kollegen eingehalten habe, nach der absonderung seien diese abstände deutlich vergrößert und die anzahl der mitarbeiter am band reduziert worden. aus der von f3. /h. erstellten „hygienisch-medizinischen risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh“ vom 27. juli 2020 ergibt sich zudem, dass keine barrieren zwischen den mitarbeitern der schweinezerlegung zur verhinderung einer direkten tröpfcheninfektion etabliert waren und das tragen von ffp2-masken mit der dort verrichteten schweren körperlichen arbeit nicht vereinbar war. 102(b.) darüber hinaus fehlt es an konkreten anhaltspunkten dafür, dass von der klägerin weitere gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften verletzt worden sind. 103dies gilt insbesondere für pflichtverletzungen im zusammenhang mit der kantinennutzung. belegt werden solche jedenfalls nicht durch ein im juni 2020 bei youtube eingestelltes video (https://www.youtube.com/watch?v=hqagacah_v0), das eine vollbesetzte kantine auf dem betriebsgelände der firma u. zeigen soll. das video hat aus sicht der kammer keinerlei beweiswert. es ist schon gar nicht klar, wann diese aufnahme erstellt worden ist. zudem lässt sich nicht feststellen, ob mitarbeiter der klägerin zu sehen sind oder diese die kantine in dem hier relevanten zeitraum unter verstoß gegen das abstandsgebot genutzt haben. auch die aussage des zeugen n. , der in der mündlichen verhandlung angegeben hat, die aufenthaltsräume während der pausen gemeinsam mit beschäftigten anderer unternehmen genutzt zu haben, indiziert keinen verstoß gegen die corona(arbeits-)schutzmaßnahmen. vorgesehen war ausweislich des hygienekonzepts vom 12. mai 2020 (und bereits zuvor) nämlich eine trennung der abteilungen bzw. unterabteilungen in der kantine und im übrigen während der pausen außerhalb der kantine die einhaltung von sicherheitsabständen bzw. im falle des fehlenden sicherheitsabstands das tragen einer mund-nase-bedeckung. 104anhaltspunkte für pflichtverstöße im zusammenhang mit der unterbringung des arbeitnehmers n. oder der weiteren mitarbeiter der klägerin liegen der kammer nicht vor. solche verstöße hat das beklagte land auch weder im bescheid vom 20. januar 2021 behauptet, denn dort wird nur ausgeführt, dass die klägerin „beim einsatz“ ihres arbeitnehmers „gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften, insbesondere hygienevorgaben“ verletzt habe, noch hat sie solche vorwürfe im klageverfahren erhoben, da sie auch in diesem rahmen nur auf verstöße im betrieblichen umfeld verweist. dass es im juni 2020 entsprechende ermittlungen der aufsichtsbehörden bei von der klägerin z.b. vermieteten wohnungen oder betriebenen sammelunterkünften gegeben hat, 105vgl. zu entsprechenden ermittlungen in coesfeld und rheda-wiedenbrück z.b.: ausschuss für arbeit, gesundheit und soziales, ausschussprotokoll apr 17/1065 vom 25. juni 2020, s. 6 f., 106auf deren ergebnisse nunmehr zurückgegriffen werden könnte, ist weder bekannt noch vom beklagten land, dem die staatliche arbeitsschutzverwaltung obliegt, vorgetragen worden. die kammer hat - ungeachtet dessen - aber auch keine anhaltspunkte für zurechenbare pflichtverletzungen der klägerin, insbesondere mit blick auf die in § 618 abs. 2 bgb, § 36 ifsg oder § 576 bgb geregelten vorgaben. eine verantwortlichkeit der klägerin für die wohnverhältnisse des herrn n1. scheidet schon deshalb aus, weil er sich nach seinen glaubhaften ausführungen in der mündlichen verhandlung die wohnung unter der adresse t.--------straße in rheda-wiedenbrück selbst im internet gesucht hat. die klägerin hat ihm nicht bei der wohnungssuche geholfen. sie ist nach eigenen angaben auch nicht vermieterin der wohnung gewesen. soweit die klägerin nach ihren bekundungen an (andere) mitarbeiter wohnungen vermittelt oder diesen personen im hier relevanten zeitraum wohnungen zur verfügung gestellt hat, mag sie dafür zwar im sinne der vorbenannten normen verantwortlich sein. hinweise auf mit der (erhöhten) verbreitung des coronavirus relevante pflichtverletzungen ihrerseits liegen aber nicht vor. die kammer sieht sich daher nicht veranlasst, weitere ermittlungen von amts wegen durchzuführen. in diesem zusammenhang weist die kammer - wegen des in der allgemeinverfügungen des kreises gütersloh vom 18. und 20. juni 2020 enthaltenen hinweises auf eine weiterverbreitung des coronavirus in gemeinsamen unterkünften der auf dem betriebsgelände der firma u. beschäftigten - vorsorglich darauf hin, dass gemeinsames wohnen mit nahkontakten - was im mai/juni 2020 bereits bekannt war - zur verbreitung des coronavirus führt bzw. geführt hat, und dies auch ohne relevante verstöße gegen spezielle coronaschutzmaßnahmen. zudem erhöht nicht jeder „hygieneverstoß“ im wohnumfeld das verbreitungsrisiko des virus. zuletzt lässt der umstand, dass v.a. in der presse immer wieder von unzumutbaren unterbringungsbedingungen ausländischer arbeitnehmer „in der fleischwirtschaft“ berichtet wird, weder im sinne eines anscheinsweises auf eine derartige pflichtverletzung der klägerin (als ein damals in der fleischverarbeitungsbranche tätiges unternehmen) schließen noch wird damit ein relevanter verursachungsbeitrag der etwaigen pflichtverletzung am erhöhten infektionsrisiko belegt. 107auch der klägerin zurechenbare verstöße gegen schutzmaßnahmen im rahmen der von ihr organisierten transporte ihrer mitarbeiter zwischen wohnung und betriebsstätte der firma u. sind weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen worden. zwar ist davon auszugehen, dass sie derartige fahrten organisiert und die fahrzeuge zur verfügung gestellt hat. allerdings ist eine zurechnung etwaiger verstöße zweifelhaft. zum einen deshalb, weil ihre arbeitnehmer für diese „serviceleistung“ offenbar kein entgelt entrichtet haben bzw. keinen abzug vom arbeitslohn hinnehmen mussten. zum anderen sind die fahrer offenbar auch „nur“ mitarbeiter gewesen, die z.b. „mit am band“ gearbeitet haben, was eher für den charakter einer fahrgemeinschaft spricht. ungeachtet dieser zurechnungsproblematik sind auch keine relevanten pflichtverstöße der klägerin in diesem zusammenhang zu erkennen. nr. 4 sars-cov-2 arbeitsschutzstandards sah insoweit (u.a.) vor, dass auch bei arbeitsbezogenen kontakten außerhalb der betriebsstätte „soweit wie möglich abstände von mindestens 1,5 m einzuhalten“ waren. es sollten bei den fahrten „kleine, feste teams“ gebildet werden, um wechselnde kontakte zu vermeiden, und die fahrzeuge regelmäßig gereinigt werden. zwar ist unter berücksichtigung der zeugenaussage des arbeitnehmers n. davon auszugehen, dass die mitarbeiter der klägerin in den von ihr zur verfügung gestellten kleinbussen diesen mindestabstand nicht eingehalten haben. dies gilt trotz der einschätzung des zeugen, wonach aus seiner sicht die abstände wegen der reduzierten fahrgastzahl ausreichend gewesen seien. jedenfalls aber hat der zeuge glaubhaft bekundet, dass er in den von der klägerin organisierten transporten - wie angeordnet - eine maske getragen habe. hierbei handelt es sich um eine im mai/juni 2020 übliche alternativmaßnahme. 108(2.) die danach festgestellten verstöße gegen arbeitsschutzvorschriften führen nicht zu einer alleinigen oder weit überwiegenden verantwortlichkeit der klägerin, weder für das ausbruchsgeschehen am betriebsstandort der firma u. , noch für den individuellen ansteckungsverdacht des arbeitnehmers n. . das ausbruchsgeschehen bei der firma u. wurde maßgeblich durch umstände beeinflusst (a.), auf die die klägerin selbst keinen einfluss hatte bzw. haben konnte (b.). weitere mögliche ursachenbeiträge führen zu keinem anderen ergebnis ((c.) bis (g.)). 109(a.) nach den gegenwärtigen erkenntnissen gab es auf dem betriebsgelände der firma u. ein erstes (kleineres) ausbruchsgeschehen ab dem 19. mai 2020 in der zerlegung. die daraufhin angestellten untersuchungen, an denen die firma u. jedenfalls durch die ermöglichung von betriebsbegehungen und durch zur verfügung gestellte unterlagen beteiligt war, weisen darauf hin, dass die umgebungsbedingungen in der anlage, einschließlich niedriger temperatur, geringer luftaustauschraten und ständiger umwälzung der luft, zusammen mit relativ geringen abständen zwischen den arbeitern und der anstrengenden körperlichen arbeit eine ungünstige mischung aus faktoren darstellt, die eine effiziente aerosolübertragung von sars-cov-2-partikeln begünstigen. dagegen spielen die unterbringung der mitarbeiter in gemeinschaftsunterkünften sowie fahrgemeinschaften keine (große) rolle während der ersten phase des ausbruchs. es ist nach den ergebnissen der untersuchungen sehr wahrscheinlich, dass die erwähnten ungünstigen faktoren für die seit beginn der coronapandemie eingetretenen ausbrüche auch in anderen fleischverarbeitungsbetrieben verantwortlich sind. die analysen deuten ferner darauf hin, dass es durch eine potenziell kontinuierliche übertragung unter den mitarbeitern zum zweiten - hier relevanten - großen ausbruch im juni 2020 gekommen ist. nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch von den mitarbeitern gemeinsam genutzte wohnräume sowie fahrgemeinschaften zur arbeitsstelle zur virusverbreitung beigetragen haben. 110vgl. dazu: f3. /c. , u.a. „sars-cov-2 outbreak investigation in a german meat processing plant“, preprint vom 23. juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und update vom 6. oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: f3. u.a., hygienisch-medizinische risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh, 28. juli 2020. 111nach diesen feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die oben festgestellten verstöße der klägerin eine überwiegende verantwortlichkeit i.s.v. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb (mindestens 90 %) begründen. es ist vielmehr davon auszugehen, dass die lüftungsbedingungen in der betriebsstätte einen maßgeblichen anteil an der weitreichenden verbreitung des virus unter den auf dem betriebsgelände tätigen personen hatten, der jedenfalls über 10 % lag. 112(b.) hinsichtlich dieser offenbar branchenüblichen produktionsbedingungen in der fleisch- und fischverarbeitung, 113vgl. dazu: „discussion“ bei f3. /c. , u.a. „sars-cov-2 outbreak investigation in a german meat processing plant“, preprint vom 23. juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und update vom 6. oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296, 114trifft die klägerin kein verschulden, insbesondere nicht über eine zurechnung nach § 278 bgb. zwar dürfte die firma u. bezüglich der insoweit bestehenden arbeitsschutzpflicht ihr erfüllungsgehilfe gewesen sein, ein verschulden kann jedoch nicht festgestellt werden. 115bezüglich der im rahmen des on-site werkvertrages überlassenen räumlichkeiten (betriebsstätte) und betriebsmittel dürfte die firma u. als bestellerin insbesondere mit blick auf die für die klägerin bestehenden pflichten zum gesundheitsschutz ihrer beschäftigten bei der arbeit (vgl. § 1 abs. 1 arbschg) als erfüllungsgehilfe i.s.d. § 278 bgb tätig geworden sein. 116nach § 278 satz 1 bgb hat der schuldner u.a. ein verschulden der personen, deren er sich zur erfüllung seiner verbindlichkeit bedient, in gleichem umfang zu vertreten wie eigenes verschulden. ein solcher erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen gegebenheiten des falles mit dem willen des schuldners bei der erfüllung einer diesem obliegenden verbindlichkeit als dessen hilfsperson tätig wird. 117vgl. bgh, urteil vom 3. mai 2011 - xi zr 373/08 -, juris rn. 24, m.w.n. 118entscheidend ist dabei der wille der klägerin als schuldnerin der arbeitsschutzrechtlichen pflichten gegenüber ihren arbeitnehmern. nicht erforderlich ist, dass der schuldner eine entsprechende willenserklärung gegenüber dem gläubiger oder der hilfsperson abgibt. es genügt, dass er den willen, die hilfsperson an der erfüllung seiner verbindlichkeit mitwirken zu lassen, tatsächlich hat. entscheidend ist auch nicht, dass der gehilfe weiß, dass eine verbindlichkeit des geschäftsherrn bestand oder dass er durch sein handeln eine verbindlichkeit des geschäftsherrn erfüllte. 119vgl. caspers, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 278 rn. 18 ff., m.w.n. 120von einem derartigen willen dürfte hier auszugehen sein. die klägerin und die firma u. haben in ihrem werkvertrag vereinbart, dass die bestellerin die räume und wesentliche teile der betriebsmittel zur verfügung stellt (§ 2 nr. 1 werkvertrag). dabei gingen die vertragsparteien selbstverständlich davon aus, dass die klägerin sich zur erfüllung der werkvertraglichen verpflichtung eigener arbeitnehmer bedienen wird (vgl. nur § 1 nr. 2 und 3, § 2 nr. 6 bis 10 werkvertrag), die auch kantine, pausenräume oder sanitäranlagen der bestellerin genutzt haben. 121vgl. dazu auch: f1. u.a., hygienisch-medizinische risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh, 28. juli 2020, s. 17. 122zwar unterlagen die arbeitnehmer der klägerin - wie im werkvertrag üblich - grundsätzlich nicht den weisungen der bestellerin (§ 1 nr. 3 werkvertrag), eine einschränkung wurde aber bezüglich der hier relevanten weisungen des hygienebeauftragen der firma u. vereinbart (§ 2 nr. 5 werkvertrag), was aufgrund der nutzung der betriebsräume (u.a.) auch erforderlich erscheint. gleichzeitig verpflichtete sich die klägerin gegenüber der firma u. , die deutschen arbeitsschutzvorschriften einzuhalten (vgl. z.b. § 2 nr. 6 werkvertrag). unter diesen umständen dürfte die klägerin jedenfalls den willen gehabt haben, sich der firma u. und ihrer erfüllungsgehilfen hinsichtlich des gesundheitsschutzes zu gunsten ihrer arbeitnehmer bezüglich der ihr überlassenen räumlichkeiten und arbeitsmittel zu bedienen. 123vgl. bgh, urteil vom 6. april 1995 - vii zr 36/94 -, juris rn. 12; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 618 rn. 100; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 618 rn. 95 m.w.n.; a.a. wiebauer, arbeitsschutz im fremdbetrieb, in: zfa 2014, 29 (54 ff.). 124ein relevanter verschuldensvorwurf hinsichtlich der lüftungsbedingungen in der betriebsstätte trifft die klägerin und ihre bestellerin aber nicht. 125dass die belüftungssituation eine - wesentliche - ursache der erheblichen „infektionsgeneigtheit“ der betrieblichen umgebung war, war nach den zum zeitpunkt des ausbruchsgeschehens vorliegenden wissenschaftlichen erkenntnissen für die firma u. - und damit erst recht für die klägerin - jedenfalls nicht in der weise vorhersehbar, die eine angemessene reaktion ermöglicht hätte. bereits ein fahrlässigkeitsvorwurf scheidet deshalb aus. 126nach § 4 abs. nr. 3 arbschg hat der arbeitgeber bei maßnahmen des arbeitsschutzes den stand von technik, arbeitsmedizin und hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche erkenntnisse zu berücksichtigen. stand der technik, arbeitsmedizin und hygiene meint dabei den entwicklungsstand fortschrittlicher verfahren, der die praktische eignung einer maßnahme zum gesundheitsschutz gesichert erscheinen lässt. 127vgl. kohte, in: kollmer/klindt/schucht, arbeitsschutzgesetz, 4. auflage 2021, § 4 rn. 14 und 16, m.w.n. zur verallgemeinerung dieser in § 2 abs. 15 gefstoffv und § 2 abs. 10 betrsichv enthaltenen definition. 128gesicherte arbeitswissenschaftliche erkenntnisse liegen vor, wenn sie methodisch abgesichert sind und von einer überwiegenden meinung der beteiligten fachkreise zugrunde gelegt werden. 129vgl. kohte, in: kollmer/klindt/schucht, arbeitsschutzgesetz, 4. auflage 2021, § 4 rn. 19; roloff, in; erfurter kommentar zum arbeitsrecht, arbschg, 22. auflage 2022, § 4 rn. 3; siehe auch bag, beschluss vom 13. august 2019 - 1 abr 6/18 -, juris rn. 63. 130vor diesem hintergrund ist der firma u. wegen des dynamischen wissenschaftlichen erkenntnisgewinns hinsichtlich des coronavirus sars-cov-2, welcher der kammer aus eigener spruchpraxis bekannt ist, kein arbeitsschutzrechtlicher fahrlässigkeitsverstoßes i.s.v. § 278 bgb bezüglich der belüftungssituation in den hier maßgeblichen betriebsräumen vorzuwerfen. 131dass es in der fleischindustrie zu erheblichen ausbruchsgeschehen kommen kann, musste der firma u. spätestens nach dem ausbruch bei der großschlachterei x.......... in coesfeld, 132vgl. dazu z.b.: lebensmittelpraxis, x.........., mitarbeiter mit corona infiziert, 6. mai 2020, abrufbar unter: https://lebensmittelpraxis.de/industrie-aktuell/27263-westfleisch-mitarbeiter-mit-corona-infiziert-2020-05-06-11-02-24.html, 133und in einem von x. betriebenen fleisch-zerlegebetrieb in dissen jeweils im mai 2020 bekannt gewesen sein. 134vgl. dazu z.b.: rundschau für den lebensmittelhandel, x. : weiterer standort von corona-infektionen betroffen, 18. mai 2020, abrufbar unter: https://www.rundschau.de/artikel/westfleisch-weiterer-standort-von-corona-infektionen-betroffen. 135der ausbruch in coesfeld hat dann auch zu der vom mags veranlassten und - bereits erwähnten - reihentestung im betrieb der firma u. geführt. 136im zuge des - nach abschluss der reihentestung beginnenden - ersten, kleineren ausbruchsgeschehens mitte mai 2020 bei der firma u. , welches bereits am 2. juni 2020 durch prof. dr. c1. auf dem betriebsgelände untersucht wurde, konnte nach dem betrieblichen hygienekonzept vom 10. juni 2020 offensichtlich auch die erkenntnis gewonnen werden, dass die „klimatischen bedingungen in den produktionsräumen der zerlegung eine übertragung zu begünstigen [scheinen]“. aus dieser wagen erkenntnis jedoch unmittelbar konkrete handlungsgebote ableiten zu wollen, überspannt die dargelegten arbeitsschutzrechtlichen anforderungen. denn nicht einmal diese - zumindest mit unterstützung der firma u. stattfindende - initiale wissenschaftliche untersuchung der infektionsgeneigtheit in der fleischindustrie war zu diesem zeitpunkt abgeschlossen. die studienergebnisse wurden erst im juli 2020 auf dem preprint-server veröffentlicht und hatten zu dieser zeit auch noch kein peer-review-verfahren durchlaufen, waren also noch nicht von anderen unabhängigen wissenschaftlern geprüft worden. von der firma u. konnte bei der erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen pflichten nicht verlangt werden, den insoweit maßgeblichen wissenschaftlichen erkenntnisgewinn vorherzusehen und im vorgriff auf etwaige ergebnisse konkrete handlungen vorzunehmen. 137vgl. dazu auch: mags nrw, protokoll des behördentreffens zwischen mags nrw, bezirksregierung detmold, kreis gütersloh und stadt rheda-wiedenbrück mit vertretern der unternehmensgruppe u. am 26. april 2021 zum thema antrag auf aufhebung von ordnungsverfügungen seitens der unternehmensgruppe u. , in dem festgehalten worden ist: „mit blick auf die rechtliche einordnung stellt herr m....... fest, dass die unternehmensgruppe u. deutliche ausstrahlung in die bevölkerung habe, struktur und situation gingen deutlich über den schutz der arbeitnehmer hinaus. hier sei die zielrichtung der maßnahmen auch der bevölkerungsschutz. seinerzeit waren beim ausbruch im unternehmen zwei kreise unter quarantäne gestellt worden. inzwischen sei wohl anzunehmen, dass dem unternehmen u. kein schuldhafter vorwurf zu machen sei, sondern vordringlich die unbekannte aerosolproblematik zum ausbruch führte.“; vgl. zudem: ausschuss für arbeit, gesundheit und soziales, ausschussprotokoll apr 17/1065 vom 25. juni 2020: „sts dr. f2. i. (mags): [...] es ist dann sofort die zusammenarbeit mit professor f1. in bonn und mit fachleuten vom rki gesucht worden, die sich bei der ursachensuche vor allem mit der frage der belüftung befasst haben. die spekulation oder das, was man vorab in erwägung gezogen hat und nun auch definitiv überprüfen will, ist, ob die aerosolbelastung - also nicht die tröpfchenbelastung, für die ja die 1,5-m-abstandsregelung und der mundschutz gelten, sondern die schwebstoffe in der luft - neben der tröpfchenbelastung eine wesentliche rolle bei einem solchen infektionsgeschehen spielen kann. dazu sind fragen zu beantworten, die wissenschaftlich noch nicht definitiv beantwortet sind, beispielsweise wie lange die viren als aerosole in diesem schwebezustand verbleiben können, wie die luftverteilung in dem zerlegebetrieb aussieht. die leute arbeiten dort bei einer temperatur von 8 bis 10 grad. die luft wird in einem umluftsystem auf diese 8 bis 10 grad gekühlt. durch diese kühlung - wer einmal in einem zerlegebetrieb war, der weiß, dass die schlangen oben unter der decke hängen - wird die luft zugleich breit verteilt.“ 138dies gilt insbesondere vor dem hintergrund, dass unmittelbar vor dem bzw. im zuge des ersten ausbruchsgeschehens zweimal die einhaltung der sars-cov-2 arbeitsschutzstandards des bmas auf dem betriebsgelände von der zuständigen bezirksregierung detmold kontrolliert wurde. bei der ersten überprüfung aller abteilungen und bereiche des schlachthofes am 15. mai 2020, 139vgl. anhörungsschreiben der bezirksregierung detmold vom 18. mai 2020 zur arbeitsschutz - besichtigung am 15. mai 2020: „bei der begehung wurden alle abteilungen und bereiche des schlachthofes besichtigt, inklusive der von der u. gmbh und u. m. gmbh & co. kg genutzten räumlichkeiten.“ 140wurden mängel hinsichtlich der umsetzung des - im einklang mit den arbeitsschutzstandards - stehenden hygienekonzepts, 141vgl. anhörungsschreiben der bezirksregierung detmold vom 18. mai 2020 zur arbeitsschutz - besichtigung am 15. mai 2020: „die bmas sars-cov-2 arbeitsschutzstandards sind der firma bekannt und werden berücksichtigt. […] grundlage für all diese maßnahmen ist das von der firma u. erstellte „hygienekonzept zur corona-risiko-minimierung“ (siehe anhang). in diesem konzept, das sich im absoluten einklang mit den arbeitsschutzstandards des bmas befindet, werden alle maßnahmen zusammengefasst, die zum coronaschutz in der firma umgesetzt werden sollen. […]“. 142festgestellt, insbesondere hinsichtlich des tragens einer mund-nasen-bedeckung und mangelnden abstands in der kantine. 143vgl. aktenvermerk der bezirksregierung detmold vom 16. mai 2020 und anhörungsschreiben der bezirksregierung detmold vom 18. mai 2020 zur arbeitsschutz - besichtigung am 15. mai 2020. 144ein verstoß bezüglich der belüftungssituation wurde nicht festgestellt, zumal auch nr. 3 sars-cov-2 arbeitsschutzstandards zu diesem zeitpunkt davon ausging, dass das übertragungsrisiko über raumlufttechnische anlagen insgesamt als gering einzustufen sei. ebenso sieht die „ergänzung der gefährdungsbeurteilung im sinne des sars-cov-2 arbeitsschutzstandards, branche: fleischwirtschaft“ der bng vom 29. april 2020 insoweit nur eine wartung und reinigung der lüftungsanlagen bzw. raumlufttechnischen anlagen durch eine fachfirma in den erforderlichen intervallen vor. 145nach fristgerechter unternehmensseitiger erläuterung der im rahmen der begehung am 15. mai 2020 erörterten aspekte kam es am 29. mai 2020 zu einer erneuten unangekündigten behördlichen kontrolle der betriebsbereiche, in denen nach auffassung der bezirksregierung detmold zuvor zum teil gravierende mängel in bezug auf die sars-cov-2 arbeitsschutzstandards festgestellt worden waren. zusammenfassend kam die bezirksregierung zu dem ergebnis, dass die vormals aufgezeigten mängel beseitigt oder zumindest soweit beseitigt wurden, dass die sars-cov2 arbeitsschutzstandards eingehalten sind. da auch weitere verbesserungen hinsichtlich der kantine bereits in planung waren, wurde vom erlass weiterer arbeitsschutzrechtlicher maßnahmen seitens der bezirksregierung abgesehen. 146vgl. aktenvermerk der bezirksregierung detmold vom 29. mai 2020. 147wurde die belüftungssituation danach schon von der zuständigen aufsichtsbehörde nicht als arbeitsschutzrechtlich problematisch angesehen, konnte dies erst recht nicht von der firma u. erwartet werden. gleichwohl hatte die firma u. dem kreis gütersloh noch am 16. juni 2020 mitgeteilt, auch in dieser hinsicht - im hinblick auf den noch nicht definitiven wissenschaftlichen erkenntnisgewinn - weitere maßnahmen (u.a. einbau einer uvc-luftentkeimung, erhöhung des luftaustausch, mobile belüftungssysteme zur erhöhung der frischluftzufuhr) ergriffen zu haben. 148(c.) eine überwiegende verantwortlichkeit der klägerin ist auch nicht durch andere, ihr ggf. zurechenbare verstöße der firma u. gegeben. zwar mag man nach den feststellungen der bezirksregierung detmold bei der betriebsbegehung am 15. mai 2020 davon ausgehen, dass das hygienekonzept insbesondere hinsichtlich der abstands- und maskenpflicht nicht vollständig durchgesetzt wurde. diese verstöße führen jedoch - ebenso wie der arbeitsschutzrechtliche verstoß der klägerin selbst - nicht dazu, die mitursächliche belüftungssituation in der für § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb erforderlichen weise zu negieren. dies gilt auch dann, wenn die verstöße der firma u. und die der klägerin gemeinsam betrachtet werden. 149soweit das beklagte land meint, zu dem ausbruchsgeschehen im juni 2020 konnte es nur wegen der am 15. mai 2020 festgestellten verstöße kommen, ist dem entgegenzuhalten, dass unter berücksichtigung der vorliegenden erkenntnisse ein fehlerhaftes coronamanagement auf dem betriebsgelände der firma u. nicht erkennbar ist. die vom mags im mai 2020 veranlasste reihentestung hat lediglich „vereinzelt“ positive befunde hervorgebracht. etwaige verstöße gegen coronavirusbezogene arbeitsschutzvorschriften haben offenbar keine konsequenzen gehabt. der positivfall, der letztlich als initiator des ersten ausbruchsgeschehens im mai 2020 gilt, wurde entsprechend der damaligen vorgaben des robert-koch-instituts zunächst als kontaktperson mit geringem infektionsrisiko eingestuft und nach positiver testung am 20. mai 2020 im häuslichen umfeld separiert. entsprechendes gilt für den zweiten in diesem zusammenhang entdeckten positivfall. nachdem eine daran anschließende reihentestung der kollegen der frühschicht in der rinderzerlegung am 25. mai 2020 im folgenden weitere positive befunde hervorgebracht hatte, haben auch diese sich am 27. mai 2020 in häusliche absonderung begeben. probleme, diese mitarbeiter wegen fehlender adressen ausfindig zu machen, hat es (jedenfalls zu diesem zeitpunkt) nicht gegeben. durch weitere testungen des gesundheitsamts wurden infektionen in verschiedenen bereichen des werks identifiziert und letztlich ein ausbruch in der schweinezerlegung am 9. juni 2020 festgestellt. die studienergebnisse deuten letztlich auf ein anhaltendes, sich weiterverbreitendes ausbruchsgeschehen mit einem übergang vom ersten ausbruch im mai zum zweiten größeren ausbruch im juni 2020. gemeinsames wohnen und fahrgemeinschaften der beschäftigten sind dabei auch faktoren für die weiterverbreitung gewesen. 150vgl. f1. /c. , u.a. „sars-cov-2 outbreak investigation in a german meat processing plant“, preprint vom 23. juli 2020, abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3654517, und update vom 6. oktober 2020 (peer reviewed), abrufbar unter: https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202013296; vgl. auch: f1. u.a., hygienisch-medizinische risikoeinschätzung und maßnahmen zur prävention und kontrolle von covid-19-infektionen bei der firma u. in rheda-wiedenbrück zur unterstützung der abteilung gesundheit des kreises gütersloh, 28. juli 2020; robert koch institut, kontaktpersonennachverfolgung bei respiratorischen erkrankungen durch das coronavirus, stand: 16. april 2020; ausschuss für arbeit, gesundheit und soziales, ausschussprotokoll apr 17/1065 vom 25. juni 2020, s. 12 f. 151dass die festgestellten verstöße, insbesondere gegen die abstands- und maskenpflicht, aber die entscheidende ursache für den hier maßgeblichen ausbruch waren, kann nicht festgestellt werden. entsprechende belege oder indizien (an die eine weitere gerichtliche aufklärung anknüpfen könnte) wurden auch nicht vom beklagten land geliefert, das mit hilfe der bezirksregierung die arbeitsschutzverwaltung durchführt und damit über die notwendigen informationen verfügen müsste. 152vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass etwaige verstöße gegen coronaschutz- und hygienemaßnahmen der firma u. oder der u. unternehmensgruppe mit blick auf die etwaige unterbringung oder den transport ihrer mitarbeiter der klägerin schon nicht zurechenbar sind. 153(d.) zu einem anderen ergebnis gelangt die kammer auch dann nicht, wenn etwaige arbeitsschutzverstöße anderer auf dem betriebsgelände der firma u. tätigen subunternehmern in die würdigung des verschuldensbeitrags einbezogen würden. diese unternehmen sind keine erfüllungsgehilfen der klägerin bezüglich der ihr obliegenden arbeitsschutzrechtlichen pflichten. für deren etwaiges fehlverhalten hat sie nicht einzustehen. für die annahme, die klägerin habe den insoweit erforderlichen willen gehabt, diese unternehmen bei der erfüllung des arbeitsschutzes bezüglich der eigenen mitarbeiter einzubeziehen, fehlt es mangels vertraglicher oder anderer rechtlicher verknüpfungen an jedweden anhaltspunkten. ohne solche wird man der klägerin einen entsprechenden willen auch nicht unterstellen können, da ihr keinerlei einflussmöglichkeiten zur auswahl der weiteren mit der firma u. verbundenen subunternehmen auf dem betriebsgelände zustehen und sie im zweifel auch keine kenntnis über diese unternehmen hat. 154unabhängig von der frage, ob andere subunternehmen als erfüllungsgehilfen der firma u. wiederrum die arbeitsschutzrechtlichen pflichten der klägerin miterfüllen und dieser etwaige verstöße zuzurechnen sein könnten, kommt es auch dann nicht zu einer überwiegenden verantwortlichkeit i.s.v. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb. als erfüllungsgehilfen des erfüllungsgehilfen kommen diese unternehmen von vornherein nur in betracht, soweit ihr verhalten in den betriebsräumen der firma u. in rede steht. denn nur diesbezüglich besteht nach den obigen ausführungen der wille der klägerin, die firma u. in ihre arbeitsschutzrechtliche verantwortung miteinzubeziehen. soweit die anderen subunternehmer bei sonstigen gelegenheiten - etwa im rahmen der unterbringung oder des transports ihrer arbeitnehmer - arbeitsschutzpflichten verletzt haben, berühren diese verstöße das von der klägerin begehrte schützende verhalten durch die firma u. auf deren betriebsgelände nicht. allein die betriebsstätte betrachtet ist jedoch - wie oben bereits dargelegt - der verursachungsbeitrag durch die belüftungssituation derart gewichtig, dass selbst bei zurechnung etwaiger dort begangener verstöße der anderen werkvertragsunternehmen keine überwiegende verantwortlichkeit i.s.v. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb gegeben wäre. 155dass aufgrund der aufgezeigten zersplitterung der arbeitsschutzrechtlichen verantwortlichkeiten bei den sogenannten on-site-werkverträgen allenfalls über die einschränkungen des § 278 bgb eine verantwortlichkeit der werkunternehmer untereinander zu begründen ist, mag im hinblick auf die durchsetzung der arbeitnehmer(schutz)rechte zu missbilligen sein. dies rechtfertigt jedoch kein anderes ergebnis, da nicht zu erkennen ist, dass die klägerin oder die firma u. zum zeitpunkt des ausbruchsgeschehens bei der gestaltung der arbeitsabläufe mit solchen werkverträgen den rahmen der rechtsordnung verlassen hätte. denn der politische wille zu einschränkungen des einsatzes von fremdpersonal in der fleischwirtschaft wurde mit § 6a des gesetzes zur sicherung von arbeitnehmerrechten in der fleischwirtschaft (gsa fleisch) erst mit wirkung zum 1. januar 2021 gefunden, obwohl die auswirkungen derartiger verträge bereits lange zuvor bekannt gewesen sind. 156vgl. zimmer, in: das verbot des fremdpersonaleinsatzes in der fleisch-wirtschaft und dessen anwendungsbereich, nza 2022, 4, u.a. mit bezug-nahme auf mags nrw, überwachungsaktion, „faire arbeit in der fleischindustrie“, abschlussbericht, dezember 2019, abrufbar unter: https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/191220_abschlussbericht_fleischindustrie_druckdatei.pdf. 157(e.) anders als das beklagte land meint, bietet auch die größe des infektionsgeschehens als solches keine hinreichend belastenden anhaltspunkte für die annahme eines weit überwiegenden pflichtenverstoßes der klägerin. die ausführungen zu den lüftungsbedingungen in der betriebsstätte belegen, dass ein nach damaligen erkenntnissen aufgestelltes hygienekonzept nicht ausreichend war, um die verbreitung des coronavirus unter den mitarbeitern zu verhindern. im übrigen gab es weltweit ausbrüche dieser art, die jedenfalls mit blick auf die ermittelte rate von positivfällen mit dem hier streitgegenständlichen geschehen vergleichbar waren. 158(f.) steht danach fest, dass die unmöglichkeit jedenfalls zu einem nicht unerheblichen teil nicht durch die klägerin oder ihr zurechenbare personen, sondern durch zufällige umstände verursacht wurde, verbleibt es nach § 326 bgb hinsichtlich der primärleistungspflicht bei dem synallagmatischen grundsatz - ohne leistung keine gegenleistung (§ 326 abs. 1 bgb). 159vgl. olg münchen, urteil vom 7. august 2015 - 25 u 546/15 -, juris rn. 35 ff.; schwarze, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2020, § 326 rn. c6 160(g.) ohne dass es nach den obigen ausführungen für den ausgang des verfahrens darauf ankäme, sei darauf hingewiesen, dass im übrigen völlig unklar ist, ob und in welchem ausmaß etwaige eigene bzw. der klägerin zurechenbare arbeitsschutzverstöße kausal für den ansteckungsverdacht des arbeitnehmers bzw. das stattgefundene infektionsgeschehen gewesen sind. 161vgl. zu diesem erfordernis im rahmen des § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb vgl. schwarze, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2020, § 326 rn. c6 und c16. 162bb. ein lohnfortzahlungsanspruch des herrn n. gegen die klägerin besteht auch nicht unter dem gesichtspunkt eines annahmeverzugs (§§ 293 ff. bgb) der klägerin gemäß § 326 abs. 2 satz 1 var. 2 bgb, § 615 satz 1 bgb oder § 615 satz 3 bgb. 163nach § 326 abs. 2 satz 1 var. 2 bgb behält der arbeitnehmer den anspruch auf lohnfortzahlung, wenn der von ihm nicht zu vertretene umstand, auf grund dessen er nach § 275 abs. 1 bis 3 bgb nicht zu leisten braucht, zu einer zeit eintritt, zu welcher der arbeitgeber im verzug der annahme ist. 164speziell für arbeitsverträge (u.a.) regelt § 615 satz 1 bgb, dass der arbeitnehmer, wenn der arbeitgeber mit der annahme der dienste in verzug kommt, für die infolge des verzugs nicht geleisteten dienste die vereinbarte vergütung verlangen kann, ohne zur nachleistung verpflichtet zu sein. 165satz 3 des § 615 bgb bestimmt zudem, dass u.a. satz 1 entsprechend in den fällen gilt, in denen der arbeitgeber das risiko des arbeitsausfalls trägt. 166alle drei vorschriften sind im vorliegenden fall im grundsatz anwendbar, da sie zwischen der klägerin und herrn n. nicht abbedungen wurden. 167ungeachtet der frage, nach welchen kriterien § 326 abs. 1 satz 1 var. 2 bgb, § 615 satz 1 bgb und § 615 satz 3 bgb im einzelnen voneinander abzugrenzen sind, 168vgl. dazu z.b. bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 14 ff.; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 615 rn. 8, m.w.n.; fischinger/straub, ohne arbeit kein lohn?, in: jus 2016, 208 (209), 169verlangen alle drei vorschriften grundsätzlich einen annahmeverzug des arbeitgebers. 170ein solcher erfordert jedenfalls, dass der arbeitnehmer während des gesamten verzugszeitraums leistungsbereit, d.h. leistungsfähig und leistungswillig, ist (§ 297 bgb). der annahmeverzug des arbeitgebers endet für die zukunft (ex-nunc), wenn eine dieser voraussetzungen fortfällt. unerheblich ist dabei die ursache für die leistungsunfähigkeit des arbeitnehmers. das unvermögen kann auf tatsächlichen umständen (wie z.b. arbeitsunfähigkeit) beruhen oder seine ursache im rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches beschäftigungsverbot besteht oder eine erforderliche erlaubnis für das ausüben der geschuldeten tätigkeit fehlt. 171vgl. z.b. bag, urteil vom 28. september 2016 - 5 azr 224/16 -, juris rn. 23; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 615 rn. 31; joussen, in: beckok arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 615 rn. 7; krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 615 rn. 68. 172das grundsätzliche erfordernis des annahmeverzugs ergibt sich für § 326 abs. 2 satz 1 var. 2 bgb - als regelung des allgemeinen schuldrechts - und für § 615 satz 1 bgb - als arbeitsrechtliche norm, die den lohnfortzahlungszahlung im falle der leistungsstörung bei realisierung des wirtschaftsrisikos betrifft -, 173vgl. dazu: preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 121 a.e.; waas/palonka, in: däubler/hjort/schubert/wolmerath, arbeitsrecht, bgb, 4. auflage 2017, § 615 rn. 33, 174bereits aus dem eindeutigen gesetzeswortlaut. die wohl vorherrschende - arbeitsrechtliche - auffassung nimmt dieses erfordernis ebenfalls bei anwendung des als rechtsgrundverweisung ausgestalteten § 615 satz 3 bgb an. dem arbeitsfähigen und arbeitswilligen arbeitnehmer bleibt im falle der annahmeunmöglichkeit der vergütungsanspruch aufrechterhalten, wenn der arbeitgeber das risiko des arbeitsausfalls trägt. 175vgl. z.b.: bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 20; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 101 rn. 6; tillmanns, in: münchener handbuch zum arbeitsrecht, 5. auflage 2021, § 76 rn. 82; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 615 rn. 97; krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 615 rn. 121; weidenkaff, in: grüneberg, bgb, 81. auflage 2022, § 615 rn. 21: leistungsfähiger und leistungsbereiter arbeitnehmer erforderlich; jedenfalls zur anwendbarkeit von § 297 bgb (leistungsfähigkeit) bei betriebsrisikofällen: gräf/rögele: zusammentreffen von betriebs- und wegerisiko, in: nza 2013, 1120, 1123; a.m. dagegen: preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, 615 rn. 122; preis/mazurek/schmid, rechtsfragen der entgeltfortzahlung in der pandemie, in: nza 2020, 1137 (1144). 176nur der leistungsfähige und leistungswillige arbeitnehmer hat im doppelten sinne des wortes das entgelt „verdient“. 177vgl. linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 101 rn. 12. 178die voraussetzungen des annahmeverzugs liegen nicht vor. der arbeitnehmer n. war im hier maßgeblichen zeitraum vom 18. juni bis zum 30. juni 2020 wegen der behördlichen anordnungen zur häuslichen absonderung nicht leistungsfähig. die arbeit war im juni 2020 - grundsätzlich - in rheda-wiedenbrück auf dem firmengelände der firma u. geschuldet (vgl. § 1 abs. 1 satz 2 arbeitsvertrag und § 2 abs. 1 satz 1 werkvertrag). er hatte offenkundig keine möglichkeit, die geschuldete tätigkeit als fleischer in der eigenen häuslichkeit (homeoffice) zu erbringen. 179(1.) diesem ergebnis steht nicht entgegen, dass gegenüber der u. & co. kg mit mündlicher verfügung des kreises gütersloh vom 17. juni 2020, schriftlich bestätigt am 10. august 2020, der betriebsstandort „j. , 33378 rheda-wiedenbrück“ der unternehmensgruppe u. (betriebsstandort) mit sofortiger wirkung geschlossen worden ist (betriebsschließung) und alle nicht ausnahmsweise zugelassenen betrieblichen tätigkeiten auf dem betriebsstandort untersagt worden sind. gegenüber der klägerin, deren unternehmenssitz sich unter der adresse „f.-----weg 5 in 33378 rheda-wiedenbrück“ befindet, also nicht am betriebsstandort der unternehmensgruppe u. , ist keine schließungsanordnung ergangen. die verfügung des kreises gütersloh vom 17. juni 2020 war auch nicht an sie gerichtet. dass ihr gegenüber eine entsprechende anordnung ergangen ist, ist weder ersichtlich noch von den beteiligten - mit entsprechenden belegen - geltend gemacht worden. 180auch der umstand, dass die klägerin im rahmen eines on-site-werkvertrags in der zeit vom 1. februar 2020 bis zum 31. juli 2020 verpflichtet war, am betriebsstandort der firma u. (vgl. § 2 nr. 1 werkvertrag) in einem auftragsvolumen von 1.451.500 euro im leistungsverzeichnis näher aufgelistete fleischteilstücke und zerlegenebenprodukte herzustellen, ändert nichts. aufgabengebiet und arbeitsort des arbeitnehmers n. waren ausweislich § 1 arbeitsvertrag nicht auf eine tätigkeit als fleischer am betriebsstandort der firma u. unter der adresse „j. in 33378 rheda-wiedenbrück“ beschränkt. der tätigkeitsort wurde zwar zum zeitpunkt des vertragsschlusses („derzeit“) auf rheda-wiedenbrück begrenzt. dies schließt aber einen (auch kurzfristigen) einsatz als schlachter in einem anderen (auch kleinen) betrieb (insbesondere schlachterei) innerhalb der stadt nicht aus. überdies - und das dürfte entscheidend sein - konnte die klägerin den arbeitnehmer ausweislich der vertraglichen regelungen auch aus betrieblichen gründen unter wahrung der interessen des arbeitnehmers an einem anderen ort einsetzen und diesem aus den vorbenannten gründen eine andere, gleichwertige tätigkeit oder ein anderes arbeitsgebiet übertragen. dass diese überlegungen eher theoretisch sind, ist dem umstand geschuldet, dass ein derartiger einsatz wegen der häuslichen absonderung schon nicht in frage kam. 181(2.) des weiteren ist die klägerin nicht wegen des grundsatzes von treu und glauben gehindert, sich auf die leistungsunfähigkeit ihres arbeitnehmers n. zu berufen. zwar wird vertreten, dass derartiges dem gläubiger nach § 242 bgb verwehrt sei, wenn er die leistungsunfähigkeit seines schuldners herbeigeführt habe. 182vgl. grüneberg, in: grüneberg, bgb, 81. auflage 2022, § 297 rn. 2; ernst, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 297 rn. 2; feldmann, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 297 rn. 2. 183diese auffassung ist im grundsatz aber abzulehnen, weil dadurch ein wertungswiderspruch zu § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb entsteht, der - wie dargelegt - eine lohnfortzahlung nur bei alleinigem oder weit überwiegendem verschulden des gläubigers vorsieht. 184vgl. dötterl, in: beckogk, bgb, 15. juli 2021, § 297 rn. 7; vgl. auch: lag düsseldorf, urteil vom 12. juli 1976 - 16 (3) sa 340/75 -, in: db 77, 547 f. 185ein solcher verschuldensbeitrag ist ausweislich der ausführungen zu § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb gerade nicht gegeben. 186zudem würde eine haftung auf sekundärebene nach verschuldensbeiträgen, die im rahmen der prüfung eines lohnfortzahlungsanspruchs wegen fehlender anwendbarkeit des § 254 bgb keine berücksichtigung finden könnten, unterlaufen. 187vgl. zur anwendbarkeit des § 254 bgb: henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 615 rn. 1. 188der klägerin ist es auch nicht wegen der umstände des einzelfalls verwehrt, 189vgl. bag, urteil vom 16. märz 1967 - 2 azr 64/66 -, juris rn. 22, 190sich auf die leistungsunfähigkeit des herrn n. zu berufen. ein missbräuchliches verhalten, 191vgl. dazu z.b.: schubert, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 242 rn. 199 ff., 192ist unter berücksichtigung der ausführungen zu § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb nicht zu erkennen. die aufgezeigten sorgfaltspflichtverletzungen genügen insoweit nicht. 193(3.) schließlich muss - speziell - § 615 satz 3 bgb in ansehung der entscheidung des oberlandesgerichts hamm, 194olg hamm, urteil vom 29. oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris, 195mit blick auf das erfordernis einer leistungsfähigkeit des arbeitnehmers nicht einschränkend ausgelegt werden. das oberlandesgericht hamm geht in seiner entscheidung - in der es um den verdienstanspruch eines lizenzfußballspielers im zeitraum seiner coronabedingten absonderungsverpflichtung wegen ansteckungsverdachts geht - davon aus, dass sich die dortige klägerin als betreiberin der lizenzspielerabteilung nicht auf das aus der absonderung folgende unvermögen zum erbringen der im arbeitsvertrag an sich vorgesehenen arbeitsleistung ihres spielers berufen könne, da dieses gerade aus ihrer sphäre stamme, nämlich dem ihren unternehmerischen interessen dienenden mannschaftsbezogenen spiel- und trainingsbetrieb, der die grundlage für den ansteckungsverdacht gebildet habe. 196vgl. olg hamm, urteil vom 29. oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris rn. 20; und zur vorinstanz: lg münster, urteil vom 15. april 2021 - 8 o 345/20 -, juris rn. 2. 197der übertragung dieser rechtsprechung auf den streitgegenständlichen sachverhalt stehen mehrere gründe entgehen. zunächst setzt die anwendbarkeit des § 615 satz 3 bgb grundsätzlich voraus, dass sich das betriebsrisiko der klägerin realisiert hat; dies ist vorliegend nicht der fall (a.). zudem dürfte die unmöglichkeit der leistungsverhinderung - als weiteres ungeschriebenes tatbestandsmerkmal - weder vom arbeitgeber noch vom arbeitnehmer zu vertreten sein; auch diese voraussetzung, auf die nicht im wege der auslegung verzichtet werden kann, ist nicht erfüllt (b.). zuletzt mag die vorbenannte wertung des olg hamm anhand der risikosphären von arbeitgeber und arbeitnehmer zwar einem allgemeinen billigkeitsgefühl entsprechen. ihr steht aber entgegen, dass die betriebsrisikolehre mit blick auf die andauernde coronapandemie gefahr läuft, überstrapaziert zu werden (c.). 198(a.) voraussetzung des lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb ist jedenfalls, dass die arbeit infolge eines umstandes ausfällt, für den der arbeitgeber das risiko (sog. betriebsrisiko) trägt. 199vgl. bag, urteil vom 9. juli 2008 - 5 azr 810/07 -, juris rn. 13; olg hamm, urteil vom 29. oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris rn. 17 ff.; vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 69. 200das betriebsrisiko betrifft die frage, ob der arbeitgeber zur lohnzahlung verpflichtet ist, wenn er zur beschäftigung der belegschaft aus betriebstechnischen gründen nicht imstande ist. zum betriebsrisiko gehören die mit der entscheidungsbefugnis des arbeitgebers im zusammenhang stehenden und die führung des betriebs betreffenden ereignisse. die feststellung, in wessen gefahrenkreis das störende ereignis fällt, hat in erster linie nach dem gesichtspunkt von treu und glauben unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalles zu erfolgen. 201vgl. z.b. preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 120; eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 37.3; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 96; bag, urteil vom 30. mai 1963 - 5 azr 282/62 -, juris rn. 8; olg hamm, urteil vom 29 oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris rn. 18; vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 57. 202in abgrenzung zum betriebsrisiko ist das wirtschaftsrisiko betroffen, das im falle der leistungsstörung nach § 615 satz 1 bgb in direkter anwendung zu behandeln wäre, wenn die arbeitsleistung zwar möglich, für den arbeitgeber aber nicht verwertbar ist. 203vgl. preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 120; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 98. 204dies vorangestellt ist, anders als das olg hamm meint, eine wegen eines ansteckungsverdachts mit dem coronavirus ergangene absonderungsverfügung nicht als betriebsbezogen i.s.d. § 615 satz 3 bgb zu werten. dies gilt auch dann nicht, wenn der ansteckungsverdacht aus dem für das unternehmen notwendigen spiel- oder trainingsbetrieb, kundenkontakten oder produktionsbedingungen resultiert. 205der betriebsrisikolehre liegen in der überwiegenden anzahl der fälle betriebliche störungen, ein versagen der betriebsmittel oder aus der besonderen art des betriebs bedingte verbote zu grunde. dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, einwirkungen aus der betrieblichen sphäre auf die arbeitnehmer als personelle mittel miteinzubeziehen. 206vgl. preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 131 f., 132i. 207dies dürfte jedoch eher den fall betreffen, in denen eine mittelbare betroffenheit des personals vorliegt, weil z.b. ein arbeitnehmer etwa auf die (mit-)arbeit eines anderen kollegen angewiesen ist. 208anders liegt der fall aber bei der hier streitgegenständlichen infektionsrechtlichen absonderungsverfügung, bei der es sich - auch im falle einer allgemeinverfügung -, 209vgl. dazu z.b. hohenstatt/krois, lohnrisiko und entgeltfortzahlung während der corona-pandemie, in: nza 2020, 413 (415). 210um einen in der person des arbeitnehmers liegenden verhinderungsgrund i.s.v. § 616 satz 1 bgb handelt, 211vgl. dazu im einzelnen: vg minden, urteil vom 26. januar 2022 - 7a k 877/21 -, nrwe, 212was einer anwendbarkeit des § 615 satz 3 bgb entgegensteht. 213vgl. bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 616 rn. 16: zu den für § 616 satz 1 bgb unerheblichen objektiven leistungshindernissen gehören deshalb regelmäßig solche sachverhaltsgestaltungen, in denen entweder der arbeitgeber nach § 615 satz 3 das betriebsrisiko oder umgekehrt sein vertragspartner nach allgemeinen grundsätzen das arbeitskampf- oder wegerisiko zu tragen hat, und a.a.o. fn. 59: deshalb fallen z.b. behördliche betriebsverbote oder zerstörungen des arbeitsplatzes nicht unter § 616 bgb; oetker, in: staudinger, neubearbeitung 2019, bgb, § 616 rn. 80: des weiteren zählen behördliche betriebsverbote, landestrauer, smog-alarm, vernichtung des arbeitsplatzes (brand etc) und verkehrshindernisse (verkehrsstau, ausfall der nahverkehrsmittel, demonstrationen, flugverbot) zu den allgemeinen (objektiven) leistungshindernissen; vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 25: nicht erfasst sind demgegenüber objektive leistungshindernisse, die betriebsbezogen sind und sich auf einen größeren kreis von arbeitnehmern beziehen. 214dass der grund des leistungshindernisses (hier: ansteckungsverdacht als vom arbeitnehmer ausgehendes infektionsrisiko) in der betrieblichen sphäre begründet wurde (hier: ausbruchsgeschehen im betrieb), ändert daran nichts. die gegenteilige sichtweise würde zu einer überschneidung mit dem anwendungsbereich des § 616 satz 1 bgb führen, der bei in der person des arbeitnehmers liegenden verhinderungsgründen - anders als § 615 satz 3 bgb - eine zeitliche haftungsgrenze (“verhältnismäßig nicht erhebliche zeit“) des arbeitgebers vorsieht. 215des weiteren würde eine über § 615 satz 1 i.v.m. satz 3 bgb angeordnete lohnfortzahlungspflicht bei einem subjektivem leistungshindernis in der person des arbeitnehmers, welches auf betriebliche umstände zurückzuführen ist, besondere gesetzgeberische wertungen umgehen. namentlich gilt dies für die besonderen regelungen zu arbeitsunfällen - insbesondere die regelungen zur krankheitsbedingten arbeitsunfähigkeit nach § 3 efzg und zum verletztenentgelt in §§ 45 ff. sgb vii. erfasst man das subjektive leistungshindernis der absonderung bei betriebsbedingten ursachen als betriebsrisiko, müsste man dies ohne weiteres auch für eine krankheitsbedingte arbeitsunfähigkeit wegen eines arbeitsunfalls (§ 8 abs. 1 sgb vii) annehmen. in diesem fall soll nach den wertungen des § 3 efzg der arbeitgeber für sechs wochen das arbeitsentgelt fortzahlen - wenn ansonsten die dortigen tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere die entsprechende vorbeschäftigungszeit (§ 3 abs. 3 efzg) und kein verschulden des arbeitnehmers - vorliegen. 216vgl. feddern, in: kasseler kommentar sozialversicherungsrecht, sgb vii, 116. el september 2021, § 45 rn. 12. 217anschließend erfolgt der ersatz des verdienstausfalls durch die zahlung eines verletztengeldes nach §§ 45 ff. sgb vii. 218zu dieser ersatzfunktion des verletztengeldes vgl.: bsg, urteil vom 26. juni 2007 - b 2 u 23/06 r -, juris rn. 14 ff. 219zahlungspflichtig ist dabei aber nicht der arbeitgeber, sondern der versicherungsträger (§ 114 sgb vii). der arbeitgeber soll dabei lediglich über seine versicherungsbeiträge an der aufbringung der erforderlichen mittel beteiligt werden (§§ 150 ff. sgb vii). dieses differenzierte haftungsregime würde konterkariert, wenn die auf einem arbeitsunfall beruhende, krankheitsbedingte arbeitsunfähigkeit als betriebsrisikos aufgefasst würde, das in der rechtsfolge grundsätzlich nur eine zeitlich unbefristete haftung des arbeitgebers selbst kennt. kann dieses „musterbeispiel“ eines sich auf subjektiver arbeitnehmerseite verwirklichenden betriebsrisikos daher schon nicht unter § 615 satz 3 bgb subsumiert werden, muss dies erst recht für das - abgesehen von zeiten einer pandemie wohl eher seltene - subjektive leistungshindernis der häuslichen absonderung gelten. 220dieser ansicht kann nicht entgegen gehalten werden, dass der arbeitnehmer mangels entsprechender ersatzregelungen für andere betrieblich begründete, aber in seiner person liegende gründe der arbeitsunfähigkeit im hinblick auf seinen verdienstausfall schutzlos gestellt würde. unabhängig davon, dass derartige erwägungen bei der beantwortung der frage, ob ein betriebsrisiko vorliegt, nicht von bedeutung sind, 221vgl. bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 34, 222sieht die rechtsordnung in § 616 bgb für solche nicht speziell geregelten subjektiven leistungshindernisse - ungeachtet des umstandes, ob diese aus der betrieblichen sphäre stammen oder nicht - grundsätzlich zumindest einen zeitlich begrenzten lohnfortzahlungsanspruch vor. im hinblick auf das hier maßgebliche subjektive leistungshindernis der absonderung hat der gesetzgeber im übrigen mit den entschädigungsregeln der §§ 56 ff. ifsg reagiert. die gesetzgeberische entscheidung, den arbeitgeber - im gegensatz zur betriebsbedingten arbeitsunfähigkeit durch krankheit - bei betriebsbedingter absonderung abseits der allgemeinen zivilrechtlichen regelungen aus der haftung für das arbeitsentgelt vollständig zu entlassen und das entgeltrisiko über die §§ 56 ff. ifsg letztlich der allgemeinheit aufzuerlegen, ist dabei zu respektieren. 223diese abgrenzung von betriebsrisiko einerseits und subjektivem leistungshindernis andererseits steht nicht im widerspruch zu den ausführungen des bundesarbeitsgerichts, 224bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 33, 225wonach der arbeitgeber zur lohnfortzahlung nach § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb verpflichtet ist, wenn eine behördliche maßnahme darauf abzielt, einem im betrieb des arbeitgebers angelegten besonderen risiko zu begegnen, etwa, weil die vom arbeitgeber gewählten produktionsmethoden oder -bedingungen oder von ihm zu verantwortende arbeitsbedingungen (wie z.b. in teilen der fleischwirtschaft und bei saisonkräften in der landwirtschaft) eine besonders hohe ansteckungsgefahr innerhalb der belegschaft in sich bergen. 226zum einen befasst sich das gericht gar nicht mit der frage der behördlichen absonderung oder gar eines zusammentreffens von absonderung und anordnung einer betriebsschließung. zum anderen wurde vorliegend - wie dargelegt - gegen die klägerin keine betriebsschließung verfügt. die an die u. & co. kg verfügte schließungsverfügung des standortes „j. in 33378 rheda-wiedenbrück“ betrifft nur das verwendungs- bzw. wirtschaftsrisiko der klägerin, da der einsatz ihres arbeitnehmers in einem fremdbetrieb wegen einer dort angesiedelten betriebsstörung nicht möglich ist. 227vgl. auch: bag, urteile vom 1. februar 1973 - 5 azr 382/72 -, juris rn 27, und vom 7. november 1975 - 5 azr 61/75 -, juris rn. 18 f.; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 615 rn. 134; krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 615 rn. 118; bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 615 rn. 108.1; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 108. 228schließlich sprechen auch praktische erwägungen - jedenfalls als hilfsüberlegung - dagegen, die coronabedingte absonderung dem betriebsrisiko zuzuordnen. ein aus arbeitsbezogenen kontakten resultierender ansteckungsverdacht entsteht (fälle mit kundenkontakt ausgeklammert) dadurch, dass jedenfalls ein mitarbeiter sich außerhalb des betriebs angesteckt hat und das virus ggf. unter den kollegen weiterverbreitet haben könnte. für diese person hat sich das betriebsrisiko nicht realisiert. handelt es sich bei diesem arbeitnehmer um einen ausscheider (§ 2 nr. 6 ifsg), der ebenfalls unter die hier maßgeblichen regelungen fällt, 229vgl. dazu: vg minden, urteil vom 26. januar 2022 - 7 k 739/21 -, nrwe, 230ist wegen der vollzugsdefizite bei der kontaktpersonennachverfolgung bzw. fehlender sequenzierung oft gar nicht (mehr) feststellbar, wo sich diese person, die krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine ansteckungsquelle für die allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein, angesteckt hat - also innerhalb oder außerhalb eines betriebs. eine feststellung, ob sich das betriebsrisiko realisiert hat, dürfte daher in diesen fällen in der praxis kaum möglich sein. 231zwar mag diese erwägung angesichts der vielzahl der von einer absonderungsverfügung betroffenen personen in der vorliegenden konstellation unerheblich klingen. auch mag der m. in der vergangenheit gar nicht so differenziert vorgegangen sein und eine erstattung von aufwendungen bei einer vielzahl von arbeitgebern beanstandungslos geleistet haben. rechtlicher maßstab bei der entscheidung darf diese praxis, die davon abhängt, wie genau ein sachverhalt ermittelt wird, aber nicht sein. dies gilt umso mehr, als dass eine beweislastregel zu gunsten der arbeitgeber immer dann greifen wird, wenn die behörden besonders belastet sind und entsprechende sachverhaltsaufklärungen nicht leisten können. das erscheint aber willkürlich. 232(b.) aber auch wenn man davon ausginge, dass die absonderungsverfügung dem betriebsrisiko der klägerin zuzuordnen wäre, verlangt eine anwendbarkeit des § 615 satz 3 bgb nach einhelliger meinung, dass weder arbeitnehmer noch arbeitgeber die unmöglichkeit der (betriebsbezogenen) leistungsverhinderung zu vertreten haben. 233vgl. z.b.: bag, urteil vom 30. mai 1963 - 5 azr 282/ 62 -, juris rn. 8; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 101 rn. 12; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 96; lakies, in: kittner/zwanziger u.a., arbeitsrecht handbuch für die praxis, 9. auflage 2017, § 59 rn. 14. 234dies ist hier aber nicht der fall. dabei kann dahinstehen, ob den arbeitnehmer n. eine verantwortlichkeit am erlass der absonderungsverfügung trifft, weil er mindestabstände von 1,5 metern während der fahrten zur arbeitsstelle und zurück sowie während seiner tätigkeit in der zerlegung nicht immer eingehalten hat. jedenfalls trifft die klägerin - wie dargelegt - eine (wenn auch nicht weit überwiegende) verantwortlichkeit, wegen verstoßes gegen arbeitsschutzvorschriften. 235nach ansicht der kammer kann § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb (insbesondere) nicht im wege eines erst-recht-schlusses dahingehend ausgelegt werden, dass der arbeitgeber auch dann zur lohnfortzahlung verpflichtet bleibt, wenn ihn ein verschuldensbeitrag unterhalb der schwelle des alleinigen oder weit überwiegenden verschuldens (i.s.d. § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb) trifft. zwar mag es auf den ersten blick nicht sachgerecht erscheinen, wenn diese verantwortlichkeit des arbeitgebers einen lohnfortzahlungsanspruch des arbeitnehmers ausschließt. denn das bedeutet, dass er bei fehlendem verschulden (und realisierung des betriebsrisikos) nach § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb zur weiterzahlung verpflichtet wäre und nach § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb ebenso bei einer „alleinigen oder weit überwiegenden verantwortlichkeit“ der leistungsunmöglichkeit des arbeitnehmers, nicht hingegen bei vorliegen eines einfachen verschuldensbeitrags. allerdings entstünden durch einen solchen erst-recht-schluss wertungswidersprüche zum allgemeinen schuldrecht. so lässt sich mit blick auf die mit der betriebsrisikolehre verbundenen präventionsanreize und der gesamtwohlfahrtoptimierung, 236vgl. bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 615 rn. 114, 237nicht rechtfertigen, dass der vorliegende fall anders zu bewerten ist, als dies nach allgemeinen zivilrechtlichen maßstäben bei mangelnder alleiniger oder überwiegender gläubigerverantwortlichkeit der fall wäre, nach denen es gerade bei dem grundsatz des § 326 abs. 1 bgb (ohne arbeit kein lohn) verbliebe. 238vgl. z.b. olg münchen, urteil vom 7. august 2015 - 25 u 546/15 -, juris rn. 37 f.; vgl. auch: herresthal, in: beckogk, bgb, 1. juni 2019, § 326 rn. 209 ff. 239das bestreben des gesetzgebers mit dem tatbestandsmerkmal der weit überwiegenden verantwortlichkeit des gläubigers in § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb die schadensersatz- und rücktrittsregelungen und den wegfall der gegenleistungspflicht zu harmonisieren, 240vgl. herresthal, in: beckogk, bgb, 1. juni 2019, § 326 rn. 187, 241würde durchbrochen. ein interessengerechter ausgleich ließe sich auch nicht durch eine quotelung erreichen. eine anwendung von § 254 bgb scheidet wegen der anrechnungsregelung in satz 2 des § 615 bgb aus. 242vgl. joussen, in: beckok arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 615 rn. 62, 55; vgl. aber schwarze, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2020, § 326 rn. c6, wonach die lohnzahlungspflicht in höhe des verantwortungsbeitrages bestehen bleibt. 243dagegen entsteht keine schutzlücke, wenn an dem erfordernis fehlenden verschuldens von arbeitgeber und arbeitnehmer festgehalten wird. der arbeitgeber ist - grundsätzlich - zur lohnfortzahlung nach § 616 bgb für einen verhältnismäßig nicht erheblichen zeitraum weiterhin verpflichtet. im übrigen können schadensersatzansprüche des arbeitnehmers gegen den arbeitgeber oder einen sonstigen an der verursachung beteiligten dritten - welche nach § 56 abs. 10 ifsg auch auf das zur gewährung der entschädigung verpflichtete land übergehen würden - einen gerechten ausgleich erwirken. 244(c.) schließlich mag - wenn man zum einen davon ausginge, dass die absonderungsverfügung dem betriebsrisiko der klägerin zuzuordnen wäre und § 615 satz 3 bgb zum anderen ausnahmsweise auch bei einer vom arbeitgeber und ggf. arbeitnehmer verschuldeten leistungsunmöglichkeit anwendbar wäre - die an der risikosphäre von arbeitgeber und arbeitnehmer anknüpfende auslegung des olg hamm (zum erfordernis einer leistungsfähigkeit des arbeitnehmers) einem allgemeinen billigkeitsgefühl entsprechen. ihr steht aber entgegen, dass die betriebsrisikolehre mit blick auf die andauernde coronapandemie gefahr läuft, überstrapaziert zu werden. wenn der arbeitgeber - wie in der entscheidung des olg hamm - für potenziell infektiöse kontakte im rahmen eines gemeinsamen (fußball-)spiel- und trainingsbetriebs zur lohnfortzahlung verpflichtet ist, so müsste dies - anders als in § 616 satz 1 bgb zeitlich unbefristet - auch bei arbeitnehmern gelten, die in besonderen risikobereichen, z.b. mit viel „kundenverkehr“ wie kellner, erzieher und pflegekräfte, eingesetzt werden. darüber hinaus gibt es weitere branchen, wie beispielsweise das baugewerbe, in denen eine zusammenarbeit mehrerer mitarbeiter ohne abstand und wegen körperlicher arbeit zwingend erforderlich erscheint. dieses problem dürfte sich mit blick auf die sich gegenwärtig verbreitende omikron-variante des coronavirus noch verschärfen, weil soziale kontakte wegen der höheren infektiosität der mutation nunmehr noch gefahrenträchtiger erscheinen. 245eine andere sichtweise lässt sich - wiederrum - nicht mit der entscheidung des bundesarbeitsgerichts, 246bag, urteil vom 13. oktober 2021 - 5 azr 211/21 -, juris rn. 33, 247rechtfertigen, wonach behördlich angeordnete betriebsschließungen dem betriebsrisiko zuzuordnen sind, wenn sie darauf abzielen, einem im betrieb des arbeitgebers angelegten besonderen risiko zu begegnen. denn zur frage, ob die weiteren voraussetzungen des lohnfortzahlungsanspruchs nach § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb (leistungsfähigkeit des arbeitnehmers, fehlendes verschulden von arbeitnehmer und arbeitgeber) in diesen fällen ausnahmsweise nicht anspruchsbegründend sein sollen, verhalten sich die urteilgründe nicht. im gegenteil, das bag hält in seiner entscheidung an seiner auffassung fest, dass es sich bei § 615 satz 3 bgb um eine rechtsgrundverweisung handelt, mit der folge, dass (nur) dem leistungsfähigen und leistungswilligen arbeitnehmer der vergütungsanspruch verbleibt. 248cc. ein vergütungsanspruch folgt nicht aus § 3 efzg. danach hat ein arbeitnehmer, der durch arbeitsunfähigkeit infolge krankheit an seiner arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein verschulden trifft, anspruch auf entgeltfortzahlung im krankheitsfall durch den arbeitgeber für die zeit der arbeitsunfähigkeit bis zur dauer von sechs wochen. 249ausweislich der insoweit nachvollziehbaren angaben der klägerin war herr n. im streitgegenständlichen zeitraum nicht arbeitsunfähig erkrankt. dieser vortrag wurde auch vom beklagten land nicht durchgreifend in frage gestellt. 250dd. herrn n. stand gegen die klägerin kein anspruch auf lohnfortzahlung nach § 616 satz 1 bgb zu. nach dieser regelung wird der zur dienstleistung verpflichtete des anspruchs auf die vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche zeit durch einen in seiner person liegenden grund ohne sein verschulden an der dienstleistung verhindert wird. 251die voraussetzungen des § 616 satz 1 bgb liegen nicht vor. zwar wurde die regelung zwischen der klägerin und herrn n. nicht abbedungen. es handelt sich bei der absonderung, die für den arbeitnehmer n. als ansteckungsverdächtigten angeordnet worden ist, auch um einen in seiner person liegenden grund. allerdings bestand seine leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen zeitraum. 252die regelung des § 616 satz 1 bgb wurden zwischen der klägerin und herrn n. nicht im rahmen des vorliegenden arbeitsvertrags abbedungen. die klägerin hat auch weder vorgetragen noch ist anderweitig ersichtlich, dass sich eine unanwendbarkeit z.b. aus tarifvertrag ergeben könnte. 253es handelt sich bei der - streitgegenständlichen - absonderungsanordnung aufgrund eines an das betriebsumfeld des arbeitnehmers begründeten ansteckungsverdachts mit dem sars-cov-2 coronavirus um ein subjektiv persönliches hindernis. 254vgl. dazu im einzelnen: vg minden, urteil vom 26. januar 2022 - 7a k 877/21 -, nrwe. 255allerdings bestand die leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen zeitraum. 256der arbeitnehmer befand sich vom 18. juni 2020 bis zum 23. juli 2020 in häuslicher absonderung. die absonderung beruhte anfangs auf den allgemeinverfügungen vom 18. juni 2020 und 20. juni 2020 des kreises gütersloh „zur absonderung in sog. häusliche quarantäne“ im zeitraum vom 18. juni 2020 bis zum 2. juli 2021. anschließend ordnete das mags mit allgemeinverfügung vom 1. juli 2020 „zum schutz der bevölkerung vor der verbreitung des coronavirus sars-cov-2 gegenüber im betrieb der firma u. am standort „j. , 33378 rheda-wiedenbrück“ tätigen und mit ihnen in häuslicher gemeinschaft lebenden personen durch ab-sonderung in häuslicher quarantäne“ eine absonderung für den zeitraum vom 3. juli 2020 bis zum 17. juli 2020 an. schließlich verfügte die stadt rheda-wiedenbrück gegenüber dem arbeitnehmer mit verwaltungsakt vom 17. juli 2020 eine häusliche quarantäne bis einschließlich zum 23. juli 2020. 257zunächst ist davon auszugehen, dass bei der beurteilung der dauer des verhinderungsfalls der gesamtzeitraum der absonderung maßgeblich ist. dafür spricht, dass der arbeitnehmer im zeitraum vom 18. juni 2020 bis zum 23. juli 2020 weder gearbeitet hat noch dies hätte tun dürfen (außerhalb seiner wohnung) und die verhinderungen auf derselben ursache beruhen, nämlich einer absonderungsanordnung infolge eines fortbestehenden ansteckungsverdachts. 258vgl. dazu: joussen, in: beckok arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 616 rn. 49; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 16; besgen/jüngst u.a., in: handbuch betrieb und personal, 248. lieferung 2021, stand: 204. lieferung 05/16, zweites kapitel arbeitsentgelt ohne arbeitsleistung, rn. 272; tillmanns, in: münchener handbuch zum arbeitsrecht, band 1, individualarbeitsrecht i, 5. auflage 2021, § 77 rn. 33; riesenhuber, in: erman, bgb, 16. auflage 2020, § 616 rn. 56, 135 f.; wilke, in: personal-lexikon, 23. edition 2021, persönliche arbeitsverhinderung - mehrere verhinderungszeiten; bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 616 rn. 38; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 68; krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 616 rn. 43; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 107 f.; pepping, in: rancke, mutterschutz - elterngeld - elternzeit - betreuungsgeld, bgb, 5. auflage 2018, § 616 rn. 12; waas/palonka, in: däubler/hjort/schubert/wolmerath, arbeitsrecht, bgb, 4. auflage 2017, § 616 rn. 15; vgl. auch bag, urteil vom 12. juli 1989 - 5 azr 377/88 -, juris rn. 27. 259bei einem absonderungszeitraum von 5 wochen handelt es sich um einen erheblichen zeitraum. 260wie der unbestimmte rechtsbegriff der verhältnismäßig nicht erheblichen zeit zu konkretisieren ist, ist umstritten. aus dem wortlaut des § 616 satz 1 bgb „verhältnismäßig“ folgt zunächst, dass eine festlegung auf eine feste tageszahl, 261vgl. zu den in der literatur festgelegten konkretisierungshilfen z.b.: linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 14; bieder, in: beckogk, bgb, 1. februar 2020, § 616 rn. 37, 262wegen der verschiedenartigkeit der in betracht kommenden sachverhalte nicht möglich ist. 263vgl. z.b.: vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 28; besgen/jüngst u.a., in: handbuch betrieb und personal, 248. lieferung 2021, stand: 204. lieferung 05/16, zweites kapitel arbeitsentgelt ohne arbeitsleistung, rn. 271. 264zudem darf die praktikabilität derartiger richtwerte nicht über ihre fehlende normative verankerung hinwegtäuschen. 265vgl. oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 106. 266im schrifttum wird im sinne einer ereignisbezogenen sichtweise die erheblichkeit der verhinderungszeit nach dem zur arbeitsverhinderung führenden grund sowie danach beurteilt, ob der arbeitgeber erfahrungsgemäß mit einer derartigen nichtleistung über einen bestimmten zeitraum rechnen konnte, sodass er den ausfall einzukalkulieren hat. als verhältnismäßig nicht erhebliche zeit sei daher auch bei schwerwiegenden ereignissen nur eine dauer von wenigen tagen anzusehen. die nach dem entgeltfortzahlungsgesetz für erkrankte arbeitnehmer geltende sechs-wochen-frist könne danach grundsätzlich nicht als maßstab herangezogen werden. 267vgl. krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 616 rn. 41; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 14, 16; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 67 f.; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 102 f. 268demgegenüber soll nach der rechtsprechung im sinne einer belastungsbezogenen betrachtungsweise bei der bewertung des verhinderungszeitraums - ungeachtet etwaiger ausnahmen für bestimmte hier nicht relevante fallgruppen -, 269z.b.: bag, urteile vom 25. oktober 1973 - 5 azr 156/73 -, juris rn. 12 f., und vom 19. april 1978 - 5 azr 834/76 -, juris rn. 22, 270- auf die gesamten umstände des einzelfalles abgestellt werden, insbesondere auf das verhältnis zwischen der dauer der verhinderung und der länge der bisherigen beschäftigung. daneben werden (insbesondere) zusätzliche abreden sowie die eigenart des arbeitsverhältnisses und dessen voraussichtliches fortbestehen berücksichtigt. 271vgl. z.b.: bgh, urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 37; bag, urteil vom 11. august 1988 - 8 azr 721/85 -, juris rn. 43; krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 616 rn. 40; grimm, in: tschöpe, arbeitsrecht handbuch, 12. auflage 2021, b. entgeltfortzahlung, rn. 87; joussen, in: beckok arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 616 rn. 46; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 66; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 100. 272die zeitliche höchstgrenze dürfte regelmäßig bei einer leistungsunfähigkeit von sechs wochen liegen. 273vgl. bgh, urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 37; bag, urteile vom 20. juli 1977 - 5 azr 325/76 -, juris rn. 12, und vom 11. august 1988 - 8 azr 721/85 -, juris rn. 43. 274auch wenn ansteckungsverdächtige i.s.d. § 2 nr. 7 ifsg nach den motiven des bseuchg-gesetzgebers vom schicksal in ähnlicher weise betroffen sind wie kranke, 275vgl. bt-drs. 3/1888, s. 10, 27 zu § 48 bseuchg (entschädigung in besonderen fällen), und bt-drs. iii/2662, s. 3 ebenfalls zu § 48 bseuchg 276muss bei der anwendung der rechtsprechung des bundesgerichtshofs, 277vgl. bgh, urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 37, 278berücksichtigt werden, dass der entscheidung § 616 bgb in der fassung vom 28. august 1975 zu grunde lag. in dessen absatz 2 satz 2 wurde der sechs-wochen-zeitraum zwar als verhältnismäßig nicht erheblich anerkannt, der gesetzgeber bediente sich aber mit blick auf den fortzahlungsanspruch im krankheitsfall der regelungstechnik der fiktion („hierbei gilt als verhältnismäßig nicht erheblich eine zeit von sechs wochen, wenn nicht durch tarifvertrag eine andere dauer bestimmt ist.“). nunmehr fehlt in § 616 bgb jeglicher anhaltspunkt für eine gleichstellung mit dem - aktuell geltenden - § 3 efzg. 279vgl. dazu: linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 15; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 103, m.w.n. 280überdies liegen den lohnfortzahlungsansprüchen in § 616 satz 1 bgb und § 3 efzg unterschiedliche normzwecke zu grunde. während § 616 satz 1 bgb seine grundlage - nach der rechtsprechung - überwiegend in dem gedanken der fürsorgepflicht des arbeitgebers findet (bzw. nach „neuerem“ ansatz in der literatur dem gedanken, dass personengebundenen tätigkeiten das risiko eines ausfalls des dienstverpflichteten stets immanent ist und es daher sachgerecht erscheint, unerhebliche verhinderungen bereits bei der bemessung des entgelts einzukalkulieren - „minima non curat praetor“), 281vgl. z.b.: linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 2 f., 14; joussen, in: beckok arbeitsrecht, bgb, 62. edition, 1. dezember 2021, § 616 rn. 46 f.; krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, bgb, 9. auflage 2020, § 616 rn. 40; riesenhuber, in: erman, bgb, 16. auflage 2020, § 616 rn. 2; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 9, 100 f.; bag, urteil vom 25. oktober 1973 - 5 azr 156/73 -, juris rn. 12 f., 282dient § 3 efzg eher der entlastung der krankenkassen. 283vgl. temming, in: kluckert, das neue infektionsschutzrecht, ifsg, § 16 rn. 21; reinhard, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, efzg, 22. auflage 2022, § 3 rn. 1 f.; müller-glöge, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, efzg, § 3 rn. 2; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 181 ff. 284angesichts dessen und unter berücksichtigung des gesetzlichen wortlauts, 285vgl. vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 30, 286geht die kammer davon aus, dass bei der beurteilung der „verhältnismäßig nicht erheblichen zeit“ (auch) im falle der absonderung eines ansteckungsverdächtigen arbeitnehmers in erster linie das verhältnis zwischen bisheriger dauer des arbeitsverhältnisses und dauer der arbeitsverhinderung maßgeblich ist. daneben werden weitere umstände des einzelfalls berücksichtigt. 287nach dieser maßgabe überschreitet der absonderungszeitraum von 5 wochen die erheblichkeitsschwelle. insoweit ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der arbeitnehmer n. erst anderthalb jahre bei der klägerin beschäftigt war, als die erste absonderung angeordnet worden ist. allein der umstand, dass der arbeitsvertrag unbefristet abgeschlossen worden ist und sich im laufenden klageverfahren die prognose einer längerfristig fortdauernden beschäftigung bestätigt hat, da diese erst ende 2020 mit der übernahme des arbeitsverhältnisses durch die u. unternehmensgruppe beendet worden ist, ändert an dieser einschätzung nichts. auch rechtfertigen weder die eigenart des arbeitsverhältnisses noch die eigenart der verhinderung im vorliegenden fall eine andere beurteilung. zwar mag die coronabedingte absonderung wegen der inkubationszeit des virus von (ursprünglich) zwei wochen und der möglichen verlängerung der absonderung um weitere zwei wochen nach ablauf der inkubationszeit im falle einer hausgemeinschaft des ansteckungsverdächtigen mit einer nachweislich mit dem coronavirus infizierten person ohne nachgewiesene ansteckung nach ablauf der inkubationszeit zu einem vorhersehbaren absonderungszeitraum von 4 wochen führen. 288vgl. dazu: vg gelsenkirchen, beschluss vom 6. juli 2020 - 20 l 860/20 -; ovg nrw, beschuss vom 10. juli 2020 - 13 b 981/20 -. 289auch dieser zeitraum ist im vorliegenden fall aber überschritten. 290da gegen den arbeitnehmer n. mit verfügung vom 17. juli 2020 der stadt rheda-wiedenbrück eine weitere (individuelle) anordnung der häuslichen absonderung wegen eines ansteckungsverdachts ergangen ist, ist im übrigen nicht davon auszugehen, dass der arbeitnehmer den zeitraum der leistungsverhinderung durch eine freitestung, wie sie grundsätzlich ab dem 2. juli 2020 möglich gewesen ist, hätte verkürzen können. der zeuge n. hat in der mündlichen verhandlung zudem glaubhaft erklärt, dass er sich durchgängig für fünf wochen in absonderung befunden habe. diese weitere absonderung stellt überdies einen atypischen verlauf dar. 291vorsorglich wird zudem darauf hingewiesen, dass aus dem verfahren az. 7 l 546/20 bekannt ist, dass der insoweit zuständige kreis gütersloh mit den vorhandenen personellen kapazitäten die ergebnisse der (frei-)testungen aufgrund ihrer vielzahl ohnehin nicht zeitnah abarbeiten konnte. 292ob der fall bei einer asymptomatisch infizierten person (ausscheider i.s.d. § 2 nr. 6 ifsg) anders zu beurteilen ist, da die entwicklung von symptomen vom zufall abhängen mag, 293vgl. vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 32, 294bedarf vorliegend keiner entscheidung. die kammer bezweifelt die aussage der klägerin nicht, dass der arbeitnehmer durchgängig negativ getestet worden ist. dafür spricht auch die verfügung vom 17. juli 2020, in der herr n. erneut nur als kontaktperson einer mit dem coronavirus infizierten person eingestuft wurde. 295d. die kausalität („dadurch“), 296vgl. dazu: eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 38, 297zwischen absonderung und verdienstausfall ist gegeben. andere gründe für den wegfall des lohnanspruchs sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. insbesondere bleibt die schließung des betriebs der bestellerin ohne einfluss. der einsatz des arbeitnehmers als fleischer in einem anderen betrieb wäre ohne absonderungsanordnung - wie bereits dargelegt - grundsätzlich möglich gewesen. 298e. ein mitverschulden, das in entsprechender anwendung von § 254 bgb ggf. über die gesetzlich geregelten fälle insbesondere in § 56 abs. 1 satz 3 ifsg und § 56 abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein könnte, 299vgl. zum streitstand: eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 41 ff., m.w.n.; kümper, in: kießling, ifsg, 2. auflage 2021, § 56 rn. 27 ff., m.w.n., 300ist herrn n. nicht vorzuwerfen. dies gilt hier insbesondere mit blick auf ggf. vom arbeitnehmer begangene verstöße gegen das abstandsgebot, da diese jedenfalls keinen verursachungsbeitrag zum infektionsgeschehen geleistet haben. der arbeitnehmer n. war kein ausscheider, er wurde (mehrfach) negativ getestet. 3012. die voraussetzungen von § 56 abs. 5 ifsg sind erfüllt. unstreitig hat die klägerin die entschädigung während des streitgegenständlichen zeitraums an den arbeitnehmer n. ausgezahlt, § 56 abs. 5 satz 1 ifsg. einen (formwirksamen) erstattungsantrag (§ 56 abs. 5 satz 3 ifsg) hat sie am 28. juli 2020 beim m. (§ 54 ifsg i.v.m. § 11 abs. 1 ifsbg-nrw) gestellt. 3023. der erstattungsanspruch ist entgegen der auffassung des beklagten landes auch nicht - nach sinn und zweck der entschädigungsregelung - ausgeschlossen, weil der klägerin ggf. ein schadensersatzanspruch in höhe des gezahlten lohns gegenüber der bestellerin zustehen könnte. 303einer solchen auslegung steht schon entgegen, dass die klägerin keinen lohn an herrn n. gezahlt hat, sondern den für diesen arbeitnehmer entstandenen entschädigungsanspruch infolge eines verdienstausfalls. der lohnanspruch bestand im hier maßgeblichen zeitraum der absonderung - wie dargelegt - nach dem grundsatz „ohne arbeit kein lohn“ nicht. 304aber auch mit blick auf einen etwaigen schadensersatzanspruch der klägerin gegen die firma u. wegen der gezahlten entschädigungsleistung und ungeachtet der frage, ob ein solcher sekundäranspruch nicht schon nach § 3 nr. 6 werkvertrag abbedungen ist, scheidet eine teleologische reduktion des § 56 abs. 3 ifsg aus. die klägerin fungiert hier nämlich allein als auszahlungsstelle. dieses verfahren soll eine schnelle und unbürokratische entschädigungsgewährung sicherstellen. 305vgl. eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, ifsg, 10. edition, 15. januar 2022, § 56 rn. 73; gerhardt, in: gerhardt, infektionsschutzgesetz, ifsg, 5. auflage 2021, § 56 rn. 25. 306dieser gesetzgeberische wille ergibt sich auch im umkehrschluss aus der legalzession des § 56 abs. 10 ifsg, da insoweit nur schadensersatzansprüche des „entschädigungsberechtigten“ auf das land übergehen. in diesem sinne sind in § 56 abs. 3 satz 2 und abs. 8 ifsg auch nur leistungen benannt, die „auf die entschädigung“ anzurechnen sind. 307das vorbenannte system würde unterlaufen, ließe man darüber hinaus auch im verhältnis zwischen entschädigungspflichtigem land und auszahlungsverpflichtetem arbeitgeber weitere „anrechnungstatbestände“ zu. in diese überlegung ist einzustellen, dass der erstattungsantrag fristgebunden ist (vgl. § 56 abs. 11 ifsg). bei der vom beklagten land vertretenen vorgehensweise wird dem arbeitgeber nicht nur das prozess- und insolvenzrisiko auferlegt, sondern auch das erfordernis bei einem ggf. langwierigen zivilprozess mit instanzenzug vorsorglich entsprechende erstattungsansprüche beim m. zu stellen, sodass weitere - ggf. unnötige - kosten auf beiden seiten entstehen und für die bearbeitung arbeitskraft gebunden wird. 308auch andere schadensersatzansprüche, insbesondere ansprüche des arbeitnehmer n. gegen die klägerin oder die firma u. sind im vorliegenden fall nicht zu berücksichtigen. ungeachtet der frage, ob - erstens - ein schadensersatzanspruch des entschädigungsberechtigten arbeitnehmers n1. gegen die klägerin als frühere arbeitgeberin entstanden und fällig ist, - zweitens - dieser ggf. entstandene und fällige anspruch nach § 15 arbeitsvertrag (ausschlussfristen / verfallklausel) wieder verfallen ist und - drittens - gemäß § 56 abs. 10 ifsg auf das beklagte land übergegangen ist, hat das beklagte land jedenfalls nicht die aufrechnung erklärt, 309vgl. dazu: bverwg, urteil vom 12. februar 1987 - 3 c 22/86 -, juris; hessischer vgh, beschluss vom 28. januar 1994 - 3 tg 2026/93 -, juris; vg minden, beschluss vom 31. januar 1996 - 2 k 2333/95 -, 310sodass eine berücksichtigung im hiesigen verfahren ausscheidet. 311sofern dem arbeitnehmer n1. ein ersatzanspruch z.b. aufgrund eines vertrags mit schutzwirkungen zugunsten dritter gegen die firma u. als bestellerin zusteht, so könnte dieser - ungeachtet der frage seiner entstehung, fälligkeit und höhe - dem erstattungsanspruch der klägerin nicht entgegengehalten werden, weil diese nicht schuldnerin der ggf. auf das beklagte land übergegangenen forderung ist. 3124. das vom beklagten land behauptete, anspruchsausschließende (überwiegende) mitverschulden der klägerin an der absonderung ihres arbeitnehmers ist im rahmen des § 56 abs. 3 ifsg selbst nicht zu berücksichtigen, sondern nur - wie geschehen - im rahmen der prüfung des § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb oder etwaiger zur aufrechnung gestellter übergegangener schadensersatzansprüchen gegen die klägerin. dies folgt ebenfalls aus der - zuvor bereits dargelegten - funktion als auszahlstelle. 3135. die höhe des erstattungsbetrages von 574,44 euro nettoverdienstausfall ist von den beteiligten unter berücksichtigung von § 56 abs. 3 ifsg in der mündlichen verhandlung unstreitig gestellt worden. die kammer hat keine veranlassung, von sich aus an der richtigkeit der zugrunde liegenden berechnung zu zweifeln. 314b. der klägerin steht auch der anspruch auf erstattung der von ihr verauslagen und der höhe nach ebenfalls unstreitig gestellten sozialabgaben i.h.v. 390,39 euro nach maßgabe des § 57 ifsg zu. 315c. die klage ist auch begründet, soweit die klägerin aus dem erstattungsbetrag von 964,83 euro die verurteilung des beklagten landes zur zahlung von prozesszinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit verlangt. die voraussetzungen von §§ 291, 288 abs. 1 satz 2 bgb analog liegen seit dem 23. februar 2021 (§ 90 vwgo) vor. 316die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 ff. zpo. |
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} | 4 K 272/21 Erb | 2022-01-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Schenkungsteuerbescheid vom 16.6.2020 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.1.2021 wird insoweit aufgehoben, als der Wert des vom Beklagten angenommenen Erwerbs den Betrag von 55.000 € übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die schenkungsteuerliche Behandlung eines zinslosen Darlehens. 3Mit Bericht vom 23.1.2020 teilte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X dem Beklagten mit, dass Herr A, ein guter Freund des Klägers, diesem ein zinsloses Darlehen von 110.000 € zur Verfügung gestellt habe. Die Auszahlung sei spätestens am 13.4.2017 erfolgt, da ausweislich des Darlehensvertrages mit der Unterschrift der Erhalt des Betrages bestätigt werde. Der Kläger sei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Student und erwerbslos gewesen. Er habe nach seinen Angaben BAföG bezogen und verfüge über keine weiteren Vermögensgegenstände. 4Der Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 27.2.2020 und vom 11.5.2020 zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Mit am 26.5.2020 eingegangenem Schreiben teilte der Kläger mit, dass er seiner Meinung nach nicht zur Erklärungsabgabe verpflichtet sei. A sei ein Freund der Familie; seine, des Klägers, Großmutter habe für die Schulden gebürgt. Er selber sei nicht einmal ansatzweise in der Lage, für seine Schulden aufzukommen. Seine Großmutter sei damit zur Schuldnerin geworden und das geschenkte Geld liege insoweit unter dem Freibetrag. 5Der Beklagte trat dieser Argumentation entgegen und forderte unter dem 28.5.2020 erneut die Schenkungsteuererklärung an. Mit Schreiben vom 9.6.2020 beantragte der Kläger, die Anforderung auszusetzen und das Verfahren ruhen zu lassen, bis das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zinshöhe von 5,5 % p.a. entschieden habe. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe für die Jahre ab 2015 und ab 2012 Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zinshöhe geäußert (Hinweis auf Beschluss vom 25.4.2018 – IX B 21/18 und Beschluss vom 2.9.2018 – VII B 15/18). Nach dem Beschluss des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 31.1.2019 bestünden verfassungsrechtliche Bedenken nicht nur im Zusammenhang mit Nachzahlungszinsen, sondern generell in Fällen der Besteuerung, soweit vom gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % ausgegangen werde, also z.B. auch bei § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes. Im Übrigen sei der Wert der Zinslosigkeit nur dann mit einem Zinssatz von 5,5 % zu bewerten, wenn kein anderer Wert feststehe (Hinweis auf BFH, Urteil vom 27.10.2010 – II R 27/09). Ein solcher anderer Wert ergebe sich dadurch, dass – wie das FG Hamburg ausgeführt habe – in einer anhaltenden Niedrigzinsphase der typisierte Zinssatz von 5,5 % pro Jahr den Bezug zum langfristigen Zinsniveau verloren habe. 6Den Antrag, die Aufforderung zur Erklärungsabgabe auszusetzen und das Verfahren ruhen zu lassen, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15.6.2020 ab. Mit Schenkungsteuerbescheid vom 16.6.2020 schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 der Abgabenordnung (AO) und setzte die Schenkungsteuer gegen den Kläger auf 10.860 € fest. Dabei ging er von einem Zinsvorteil von 56.265 € (110.000 € x 5,5 % x 9,3) aus. 7Hiergegen legte der Kläger am 15.7.2020 Einspruch ein. Er wiederholte seine bisherige Argumentation und führte ergänzend aus, nach dem BFH-Urteil vom 27.11.2013 (II R 25/12) sei ein niedrigerer Zinssatz anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige nachweise, dass der marktübliche Zinssatz für eine gleichartige Kapitalanlage unter 5,5 % pro Jahr liege. Der marktübliche Zinssatz liege nach den Veröffentlichungen der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank zwischen negativ und 0,5 %. Daher ergebe sich ein Jahreswert des Zinsvorteils von 110.000 € x 0,5 % = 550 €. Nach Anwendung eines Vervielfältigers von 12,824 betrage der Wert des Zinsvorteils insgesamt 7.053 € und liege daher unter dem Freibetrag von 20.000 €. Der angefochtene Bescheid sei aufzuheben. 8Mit Schreiben vom 21.8.2020 teilte der Beklagte mit, er sei weiterhin der Meinung, dass die angeführten anhängigen Verfahren sich auf den Zinssatz nach § 238 AO und § 233a AO bezögen und nicht auf die Zinsberechnung nach dem Bewertungsgesetz (BewG) anzuwenden seien. Zum Nachweis eines niedrigeren Zinssatzes sei ein Dokument einzureichen, welches belege, dass der Kläger trotz seiner Erwerbslosigkeit die gleiche Darlehenssumme ohne jegliche Sicherheiten bei gleicher Laufzeit zu marktüblichen Konditionen von einer Bank zur Verfügung gestellt bekommen hätte. 9Mit Einspruchsentscheidung vom 8.1.2021 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er u.a. aus: Der BFH halte in seinem Urteil vom 27.10.2010 (II R 37/09) und in seinem Urteil vom 27.11.2013 (II R 25/12) am Regelzinssatz von 5,5 % als Bewertungsmaßstab für eine Entreicherung des Darlehensgebers grundsätzlich fest. Eine Abweichung komme daher nur in Betracht, wenn ein niedrigerer marktüblicher Zinssatz für den konkreten Zeitpunkt nachgewiesen werde. Ein entsprechender Nachweis sei bisher nicht erbracht worden. Nach der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank belaufe sich der für den Erhebungszeitraum 2017 erhobene Effektivzinssatz von Konsumentenkrediten mit einer Laufzeit von über fünf Jahren auf durchschnittlich 7,365 % (ohne Besicherung) bzw. auf durchschnittlich 2,933 % (mit Besicherung). Sicherheiten seien für das streitgegenständliche Darlehen nach Aktenlage nicht gewährt worden. Auch der Wert der Zuwendung sei zutreffend ermittelt war. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Vervielfältiger von 12,824 nicht anzuwenden. Da eine Laufzeit des Darlehens nicht vereinbart worden sei, sei für die Berechnung des Zinsvorteils von einer Laufzeit von unbestimmter Dauer auszugehen. Nach § 13 Abs. 2 BewG seien Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des § 14 BewG mit dem 9,3-fachen des Jahreswertes zu bewerten. 10Der Kläger hat am 9.2.2021 Klage erhoben, mit der er sich auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren beruft und ergänzend geltend macht, nach den Beschlüssen des BVerfG zum Zinssatz des § 238 AO sei auch der hier im Streit stehende Zinssatz von 5,5 % nicht mehr zeitgemäß. Der Kläger hat eine Bestätigung der B-Bank C-Stadt vom 23.2.2021 vorgelegt, ausweislich derer ihm im November 2017 ein Kreditangebot über 110.000 € zu einem Nominalzinssatz von 1,30 % bei einer Zinsbindung von zehn Jahren gemacht worden sei. Dieser Zinssatz sei der Steuerfestsetzung zugrunde zu legen. 11Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 12den Schenkungsteuerbescheid vom 16.6.2020 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.1.2021 aufzuheben. 13Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 14 die Klage abzuweisen. 15Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28.6.2021 (Beklagter) bzw. vom 10.1.2022 (Kläger) auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet. 16Entscheidungsgründe: 17Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. 18Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Der angefochtene Bescheid ist lediglich insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger nur insoweit in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. 19I. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Anwendung eines Zinssatzes von 5,5% zur Ermittlung des Jahreswerts des Nutzungsvorteils nicht zu beanstanden. 201. Die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital zu nutzen, stellt eine freigebige Zuwendung i.S.d. §§ 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) dar, die nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 13 Abs. 2 Halbsatz 2, 15 Abs. 1 BewG zu bewerten ist (vgl. BFH, Urteil v. 29.6.2005 – II R 52/03, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2005, 800, Rn. 10 ff., 18; BFH, Urteil v. 21.2.2006 – II R 70/04, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2006, 928, Rn. 12 ff.). 212. Entgegen der Auffassung des Klägers ist ein niedrigerer Zinssatz als 5,5 % nicht anzuwenden. § 15 Abs. 1 BewG lässt zwar einen anderen Wertansatz zu, wenn dieser „feststeht“; dies ist hier aber nicht der Fall. Zuwendungsgegenstand ist die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital zu nutzen (vgl. BFH, Urteil v. 29.6.2005 – II R 52/03, BStBl. II 2005, 800, Rn. 14, m.w.N.). Daher steht ein anderer Jahreswert des Nutzungsvorteils nicht bereits dann fest, wenn der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer bei einer verzinslichen Anlage des Darlehensbetrags bei einem Kreditinstitut zu marktüblichen Bedingungen lediglich eine niedrigere Rendite als 5,5 % im Jahr hätten erzielen können. Vergleichsmaßstab ist vielmehr der marktübliche Zinssatz, der bei der Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens zu abgesehen von der Zinslosigkeit vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre (BFH, Urteil v. 27.11.2013 – II R 25/12, BFH/NV 2014, 537, Rn. 23). Dass der Kläger auf dem Kapitalmarkt eine vergleichbare Finanzierung zu einem niedrigeren Zinssatz hätte erhalten können, ist nicht erkennbar: Nach den nicht angegriffenen Feststellungen der Steuerfahndung war der Kläger im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme Student und erwerbslos. In seinem Schreiben an den Beklagten vom 26.5.2020 hat der Kläger selbst erklärt, nicht einmal ansatzweise in der Lage zu sein, für seine Schulden aufzukommen. Das streitgegenständliche Darlehen wurde nach dem Darlehensvertrag ausdrücklich ohne Sicherheiten gewährt. Ein Rückzahlungszeitpunkt des tilgungsfreien Darlehens wurde nicht vereinbart. Dass die Großmutter des Klägers – wie dieser im Verwaltungsverfahren behauptet hat – für die Rückzahlung des Darlehens gebürgt hat, obwohl die Gestellung von Sicherheiten nach dem Vertrag nicht vereinbart war, ist trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden. 22Aus diesen Gründen ist auch das übersandte Schreiben der B-Bank C-Stadt nicht geeignet nachzuweisen, dass der Kläger eine vergleichbare Finanzierung zu einem niedrigeren Zinssatz hätte erhalten können. Denn das dortige Angebot erging freibleibend und ausdrücklich „vorbehaltlich der endgültigen Bewilligung nach abschließender Bonitäts- und Beleihungsprüfung“. Die Gestellung von Sicherheiten durch Beleihung war demnach – wie dies im Bankgeschäft selbstverständlich ist – vorgesehen. Zudem war eine feste Tilgung von 3 % zzgl. der durch Tilgungsleistungen ersparten Zinsen und damit, anders als im streitgegenständlichen Vertrag, ein definierter Tilgungszeitraum vereinbart. 233. Es bestehen entgegen der Auffassung des Klägers hinsichtlich der Anwendung des Zinssatzes von 5,5 % auch keine verfassungsrechtlichen Zweifel, die eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes rechtfertigen würden. 24Zwar hat das BVerfG die Vollverzinsung nach § 233a AO i.V.m. § 238 AO i.H.v. 6 % ab dem 1.1.2014 für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zur Neuregelung ab dem Verzinsungszeitraum 2019 aufgefordert (BVerfG, Beschluss v. 8.7.2021 – 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BGBl. I 2021, 4303). Zu der Frage, ob sich die Entscheidung bzw. die bereits zuvor geäußerten verfassungsrechtlichen Zweifel auf die Rechtmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO auswirken, sind Verfahren beim BFH anhängig (VII R 55/20; jüngst auch FG Münster, Beschluss v. 16.12.2021 – 12 V 2684/21, Beschwerde anh.). 25Ungeachtet dessen, dass der Bewertungsstichtag vorliegend vor dem 1.1.2019 liegt, lassen sich die verfassungsrechtlichen Zweifel jedenfalls auf den hier maßgeblichen Zinssatz des § 15 Abs. 1 BewG nicht übertragen (gl.A. FG Köln, Urteil v. 29.9.2020 – 7 K 2593/19, juris, Rn. 41 ff.). Denn anders als bei der Verzinsung nach § 233a AO (siehe hierzu BFH v. 25.4.2018 – IX B 21/18, BStBl. II 2018, 415, Rn. 23 ff.) ist es bei § 15 Abs. 1 BewG nicht sachgerecht, einen Vergleich zu den potentiell vom Steuerpflichtigen am Kapitalmarkt erzielten Zinsen oder zu den potentiellen Refinanzierungskosten des Steuergläubigers herzustellen. Vielmehr ist ausgehend vom Zuwendungsgegenstand (siehe oben) zu fragen, welchen Zinssatz der Kläger für eine Darlehensaufnahme zu vergleichbaren Konditionen unter fremden Dritten hätte aufbringen müssen. Es bleibt dem Steuerpflichtigen unbenommen darzulegen, dass ein niedrigerer Zinssatz nach § 15 Abs. 1 BewG anzusetzen ist. Unbeschadet dessen, ob angesichts der Möglichkeit, die gesetzliche Vermutung für den Zinssatz von 5,5 % zu widerlegen, eine Verfassungswidrigkeit überhaupt in Betracht kommt (vgl. FG Köln, Urteil v. 29.9.2020 – 7 K 2593/19, juris, Rn. 41; Esskandari, in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 15 BewG Rn. 14 (11/2021)), lässt sich jedenfalls für den hier relevanten Anwendungsbereich ein strukturell verfestigtes Niedrigzinsumfeld gerade nicht feststellen. Dies hat auch der Kläger nicht einmal ansatzweise dargelegt. Der Sachverhalt zeigt vielmehr, dass durchaus Fallgestaltungen denkbar sind, in denen der gesetzlich vorgesehene Zinssatz jedenfalls nicht überhöht ist; insofern wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Auch die Deutsche Bundesbank weist für Konsumentenkredite mit einer Laufzeit von über fünf Jahren im Erhebungszeitraum April 2017 einen Effektivzinssatz von durchschnittlich 6,61 % aus (Monatsbericht August 2017, Statistischer Teil, S. 46). 26II. Die Klage ist aber insoweit begründet, als der Jahreswert des Nutzungsvorteils nach § 16 BewG zu begrenzen ist. Nach dieser Regelung kann bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Nutzungen eines Wirtschaftsguts der Jahreswert dieser Nutzungen höchstens den Wert betragen, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des BewG anzusetzende Wert durch 18,6 geteilt wird. Die Vorschrift ist auch nach dem Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24.12.2008 (Bundesgesetzblatt I 2008, 3018) weiterhin anzuwenden, soweit es um die Ermittlung des Steuerwerts nach dem Bewertungsgesetz geht (BFH, Urteil v. 9.4.2014 – II R 48/12, BStBl. II 2014, 554, Rn. 11 ff.). 27Ausgehend vom Steuerwert des überlassenen Wirtschaftsguts – der Geldsumme von 110.000 € – ergibt sich ein Jahreswert von 110.000 € / 18,6 = 5.914 €. Der Jahreswert ist nach § 13 Abs. 2 Halbsatz 2 BewG mit 9,3 zu multiplizieren, so dass sich ein Gesamtwert der Nutzung von 5.914 € x 9,3 = 55.000 € ergibt. 28Die Differenz zum vom Beklagten angesetzten Jahreswert von 110.000 € x 5,5 % = 6.050 € resultiert daraus, dass der von zuvor 18 auf 18,6 angepasste Faktor des § 16 BewG nicht mehr mit dem Zinssatz von 5,5 % abgestimmt worden ist (vgl. Eisele, in Rössler/Troll, § 16 BewG Rn. 2 (1/2021)). Die demnach vorzunehmende Begrenzung nach § 16 BewG entspricht gleichwohl dem Zweck der Regelung, die sicherstellen soll, dass der Kapitalwert der Nutzungen eines Wirtschaftsguts nicht höher sein kann als der nach den Vorschriften des BewG anzusetzende Wert des Wirtschaftsguts (BFH, Urteil v. 9.4.2014 – II R 48/12, BStBl. II 2014, 554, Rn. 11). 29III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Senat lässt die Revision im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit des Zinssatzes von 5,5 % nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. | der schenkungsteuerbescheid vom 16.6.2020 in der gestalt der einspruchsentscheidung vom 8.1.2021 wird insoweit aufgehoben, als der wert des vom beklagten angenommenen erwerbs den betrag von 55.000 € übersteigt. im übrigen wird die klage abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten über die schenkungsteuerliche behandlung eines zinslosen darlehens. 3mit bericht vom 23.1.2020 teilte das finanzamt für steuerstrafsachen und steuerfahndung x dem beklagten mit, dass herr a, ein guter freund des klägers, diesem ein zinsloses darlehen von 110.000 € zur verfügung gestellt habe. die auszahlung sei spätestens am 13.4.2017 erfolgt, da ausweislich des darlehensvertrages mit der unterschrift der erhalt des betrages bestätigt werde. der kläger sei im zeitpunkt des vertragsschlusses student und erwerbslos gewesen. er habe nach seinen angaben bafög bezogen und verfüge über keine weiteren vermögensgegenstände. 4der beklagte forderte den kläger mit schreiben vom 27.2.2020 und vom 11.5.2020 zur abgabe einer schenkungsteuererklärung auf. mit am 26.5.2020 eingegangenem schreiben teilte der kläger mit, dass er seiner meinung nach nicht zur erklärungsabgabe verpflichtet sei. a sei ein freund der familie; seine, des klägers, großmutter habe für die schulden gebürgt. er selber sei nicht einmal ansatzweise in der lage, für seine schulden aufzukommen. seine großmutter sei damit zur schuldnerin geworden und das geschenkte geld liege insoweit unter dem freibetrag. 5der beklagte trat dieser argumentation entgegen und forderte unter dem 28.5.2020 erneut die schenkungsteuererklärung an. mit schreiben vom 9.6.2020 beantragte der kläger, die anforderung auszusetzen und das verfahren ruhen zu lassen, bis das bundesverfassungsgericht (bverfg) über die frage der verfassungsmäßigkeit der zinshöhe von 5,5 % p.a. entschieden habe. der bundesfinanzhof (bfh) habe für die jahre ab 2015 und ab 2012 zweifel an der rechtmäßigkeit der zinshöhe geäußert (hinweis auf beschluss vom 25.4.2018 – ix b 21/18 und beschluss vom 2.9.2018 – vii b 15/18). nach dem beschluss des finanzgerichts (fg) hamburg vom 31.1.2019 bestünden verfassungsrechtliche bedenken nicht nur im zusammenhang mit nachzahlungszinsen, sondern generell in fällen der besteuerung, soweit vom gesetzlichen zinssatz von 5,5 % ausgegangen werde, also z.b. auch bei § 6 abs. 1 nr. 3 des einkommensteuergesetzes. im übrigen sei der wert der zinslosigkeit nur dann mit einem zinssatz von 5,5 % zu bewerten, wenn kein anderer wert feststehe (hinweis auf bfh, urteil vom 27.10.2010 – ii r 27/09). ein solcher anderer wert ergebe sich dadurch, dass – wie das fg hamburg ausgeführt habe – in einer anhaltenden niedrigzinsphase der typisierte zinssatz von 5,5 % pro jahr den bezug zum langfristigen zinsniveau verloren habe. 6den antrag, die aufforderung zur erklärungsabgabe auszusetzen und das verfahren ruhen zu lassen, lehnte der beklagte mit bescheid vom 15.6.2020 ab. mit schenkungsteuerbescheid vom 16.6.2020 schätzte der beklagte die besteuerungsgrundlagen nach § 162 der abgabenordnung (ao) und setzte die schenkungsteuer gegen den kläger auf 10.860 € fest. dabei ging er von einem zinsvorteil von 56.265 € (110.000 € x 5,5 % x 9,3) aus. 7hiergegen legte der kläger am 15.7.2020 einspruch ein. er wiederholte seine bisherige argumentation und führte ergänzend aus, nach dem bfh-urteil vom 27.11.2013 (ii r 25/12) sei ein niedrigerer zinssatz anzusetzen, wenn der steuerpflichtige nachweise, dass der marktübliche zinssatz für eine gleichartige kapitalanlage unter 5,5 % pro jahr liege. der marktübliche zinssatz liege nach den veröffentlichungen der deutschen bundesbank und der europäischen zentralbank zwischen negativ und 0,5 %. daher ergebe sich ein jahreswert des zinsvorteils von 110.000 € x 0,5 % = 550 €. nach anwendung eines vervielfältigers von 12,824 betrage der wert des zinsvorteils insgesamt 7.053 € und liege daher unter dem freibetrag von 20.000 €. der angefochtene bescheid sei aufzuheben. 8mit schreiben vom 21.8.2020 teilte der beklagte mit, er sei weiterhin der meinung, dass die angeführten anhängigen verfahren sich auf den zinssatz nach § 238 ao und § 233a ao bezögen und nicht auf die zinsberechnung nach dem bewertungsgesetz (bewg) anzuwenden seien. zum nachweis eines niedrigeren zinssatzes sei ein dokument einzureichen, welches belege, dass der kläger trotz seiner erwerbslosigkeit die gleiche darlehenssumme ohne jegliche sicherheiten bei gleicher laufzeit zu marktüblichen konditionen von einer bank zur verfügung gestellt bekommen hätte. 9mit einspruchsentscheidung vom 8.1.2021 wies der beklagte den einspruch als unbegründet zurück. zur begründung führte er u.a. aus: der bfh halte in seinem urteil vom 27.10.2010 (ii r 37/09) und in seinem urteil vom 27.11.2013 (ii r 25/12) am regelzinssatz von 5,5 % als bewertungsmaßstab für eine entreicherung des darlehensgebers grundsätzlich fest. eine abweichung komme daher nur in betracht, wenn ein niedrigerer marktüblicher zinssatz für den konkreten zeitpunkt nachgewiesen werde. ein entsprechender nachweis sei bisher nicht erbracht worden. nach der zinsstatistik der deutschen bundesbank belaufe sich der für den erhebungszeitraum 2017 erhobene effektivzinssatz von konsumentenkrediten mit einer laufzeit von über fünf jahren auf durchschnittlich 7,365 % (ohne besicherung) bzw. auf durchschnittlich 2,933 % (mit besicherung). sicherheiten seien für das streitgegenständliche darlehen nach aktenlage nicht gewährt worden. auch der wert der zuwendung sei zutreffend ermittelt war. entgegen der auffassung des klägers sei der vervielfältiger von 12,824 nicht anzuwenden. da eine laufzeit des darlehens nicht vereinbart worden sei, sei für die berechnung des zinsvorteils von einer laufzeit von unbestimmter dauer auszugehen. nach § 13 abs. 2 bewg seien nutzungen und leistungen von unbestimmter dauer vorbehaltlich des § 14 bewg mit dem 9,3-fachen des jahreswertes zu bewerten. 10der kläger hat am 9.2.2021 klage erhoben, mit der er sich auf sein vorbringen im verwaltungsverfahren beruft und ergänzend geltend macht, nach den beschlüssen des bverfg zum zinssatz des § 238 ao sei auch der hier im streit stehende zinssatz von 5,5 % nicht mehr zeitgemäß. der kläger hat eine bestätigung der b-bank c-stadt vom 23.2.2021 vorgelegt, ausweislich derer ihm im november 2017 ein kreditangebot über 110.000 € zu einem nominalzinssatz von 1,30 % bei einer zinsbindung von zehn jahren gemacht worden sei. dieser zinssatz sei der steuerfestsetzung zugrunde zu legen. 11der kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 12den schenkungsteuerbescheid vom 16.6.2020 in der gestalt der einspruchsentscheidung vom 8.1.2021 aufzuheben. 13der beklagte beantragt schriftsätzlich, 14 die klage abzuweisen. 15die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 28.6.2021 (beklagter) bzw. vom 10.1.2022 (kläger) auf die durchführung der mündlichen verhandlung verzichtet. 16 | 17der senat entscheidet gemäß § 90 abs. 2 der finanzgerichtsordnung (fgo) mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung. 18die zulässige klage ist im tenorierten umfang begründet. der angefochtene bescheid ist lediglich insoweit rechtswidrig und verletzt den kläger nur insoweit in seinen rechten, § 100 abs. 1 satz 1 fgo. 19i. entgegen der auffassung des klägers ist die anwendung eines zinssatzes von 5,5% zur ermittlung des jahreswerts des nutzungsvorteils nicht zu beanstanden. 201. die unentgeltliche gewährung des rechts, das als darlehen überlassene kapital zu nutzen, stellt eine freigebige zuwendung i.s.d. §§ 1 nr. 2, 7 abs. 1 nr. 1 des erbschaftsteuer- und schenkungsteuergesetzes (erbstg) dar, die nach § 12 abs. 1 erbstg i.v.m. §§ 13 abs. 2 halbsatz 2, 15 abs. 1 bewg zu bewerten ist (vgl. bfh, urteil v. 29.6.2005 – ii r 52/03, bundessteuerblatt – bstbl. – ii 2005, 800, rn. 10 ff., 18; bfh, urteil v. 21.2.2006 – ii r 70/04, sammlung amtlich nicht veröffentlichter entscheidungen des bundesfinanzhofs – bfh/nv – 2006, 928, rn. 12 ff.). 212. entgegen der auffassung des klägers ist ein niedrigerer zinssatz als 5,5 % nicht anzuwenden. § 15 abs. 1 bewg lässt zwar einen anderen wertansatz zu, wenn dieser „feststeht“; dies ist hier aber nicht der fall. zuwendungsgegenstand ist die unentgeltliche gewährung des rechts, das als darlehen überlassene kapital zu nutzen (vgl. bfh, urteil v. 29.6.2005 – ii r 52/03, bstbl. ii 2005, 800, rn. 14, m.w.n.). daher steht ein anderer jahreswert des nutzungsvorteils nicht bereits dann fest, wenn der darlehensgeber oder der darlehensnehmer bei einer verzinslichen anlage des darlehensbetrags bei einem kreditinstitut zu marktüblichen bedingungen lediglich eine niedrigere rendite als 5,5 % im jahr hätten erzielen können. vergleichsmaßstab ist vielmehr der marktübliche zinssatz, der bei der gewährung oder aufnahme eines darlehens zu abgesehen von der zinslosigkeit vergleichbaren bedingungen zu entrichten gewesen wäre (bfh, urteil v. 27.11.2013 – ii r 25/12, bfh/nv 2014, 537, rn. 23). dass der kläger auf dem kapitalmarkt eine vergleichbare finanzierung zu einem niedrigeren zinssatz hätte erhalten können, ist nicht erkennbar: nach den nicht angegriffenen feststellungen der steuerfahndung war der kläger im zeitpunkt der darlehensaufnahme student und erwerbslos. in seinem schreiben an den beklagten vom 26.5.2020 hat der kläger selbst erklärt, nicht einmal ansatzweise in der lage zu sein, für seine schulden aufzukommen. das streitgegenständliche darlehen wurde nach dem darlehensvertrag ausdrücklich ohne sicherheiten gewährt. ein rückzahlungszeitpunkt des tilgungsfreien darlehens wurde nicht vereinbart. dass die großmutter des klägers – wie dieser im verwaltungsverfahren behauptet hat – für die rückzahlung des darlehens gebürgt hat, obwohl die gestellung von sicherheiten nach dem vertrag nicht vereinbart war, ist trotz aufforderung nicht nachgewiesen worden. 22aus diesen gründen ist auch das übersandte schreiben der b-bank c-stadt nicht geeignet nachzuweisen, dass der kläger eine vergleichbare finanzierung zu einem niedrigeren zinssatz hätte erhalten können. denn das dortige angebot erging freibleibend und ausdrücklich „vorbehaltlich der endgültigen bewilligung nach abschließender bonitäts- und beleihungsprüfung“. die gestellung von sicherheiten durch beleihung war demnach – wie dies im bankgeschäft selbstverständlich ist – vorgesehen. zudem war eine feste tilgung von 3 % zzgl. der durch tilgungsleistungen ersparten zinsen und damit, anders als im streitgegenständlichen vertrag, ein definierter tilgungszeitraum vereinbart. 233. es bestehen entgegen der auffassung des klägers hinsichtlich der anwendung des zinssatzes von 5,5 % auch keine verfassungsrechtlichen zweifel, die eine vorlage nach art. 100 abs. 1 satz 1 des grundgesetzes rechtfertigen würden. 24zwar hat das bverfg die vollverzinsung nach § 233a ao i.v.m. § 238 ao i.h.v. 6 % ab dem 1.1.2014 für verfassungswidrig erklärt und den gesetzgeber zur neuregelung ab dem verzinsungszeitraum 2019 aufgefordert (bverfg, beschluss v. 8.7.2021 – 1 bvr 2237/14, 1 bvr 2422/17, bgbl. i 2021, 4303). zu der frage, ob sich die entscheidung bzw. die bereits zuvor geäußerten verfassungsrechtlichen zweifel auf die rechtmäßigkeit der höhe der säumniszuschläge nach § 240 abs. 1 satz 1 ao auswirken, sind verfahren beim bfh anhängig (vii r 55/20; jüngst auch fg münster, beschluss v. 16.12.2021 – 12 v 2684/21, beschwerde anh.). 25ungeachtet dessen, dass der bewertungsstichtag vorliegend vor dem 1.1.2019 liegt, lassen sich die verfassungsrechtlichen zweifel jedenfalls auf den hier maßgeblichen zinssatz des § 15 abs. 1 bewg nicht übertragen (gl.a. fg köln, urteil v. 29.9.2020 – 7 k 2593/19, juris, rn. 41 ff.). denn anders als bei der verzinsung nach § 233a ao (siehe hierzu bfh v. 25.4.2018 – ix b 21/18, bstbl. ii 2018, 415, rn. 23 ff.) ist es bei § 15 abs. 1 bewg nicht sachgerecht, einen vergleich zu den potentiell vom steuerpflichtigen am kapitalmarkt erzielten zinsen oder zu den potentiellen refinanzierungskosten des steuergläubigers herzustellen. vielmehr ist ausgehend vom zuwendungsgegenstand (siehe oben) zu fragen, welchen zinssatz der kläger für eine darlehensaufnahme zu vergleichbaren konditionen unter fremden dritten hätte aufbringen müssen. es bleibt dem steuerpflichtigen unbenommen darzulegen, dass ein niedrigerer zinssatz nach § 15 abs. 1 bewg anzusetzen ist. unbeschadet dessen, ob angesichts der möglichkeit, die gesetzliche vermutung für den zinssatz von 5,5 % zu widerlegen, eine verfassungswidrigkeit überhaupt in betracht kommt (vgl. fg köln, urteil v. 29.9.2020 – 7 k 2593/19, juris, rn. 41; esskandari, in stenger/loose, bewertungsrecht, § 15 bewg rn. 14 (11/2021)), lässt sich jedenfalls für den hier relevanten anwendungsbereich ein strukturell verfestigtes niedrigzinsumfeld gerade nicht feststellen. dies hat auch der kläger nicht einmal ansatzweise dargelegt. der sachverhalt zeigt vielmehr, dass durchaus fallgestaltungen denkbar sind, in denen der gesetzlich vorgesehene zinssatz jedenfalls nicht überhöht ist; insofern wird auf die obigen ausführungen verwiesen. auch die deutsche bundesbank weist für konsumentenkredite mit einer laufzeit von über fünf jahren im erhebungszeitraum april 2017 einen effektivzinssatz von durchschnittlich 6,61 % aus (monatsbericht august 2017, statistischer teil, s. 46). 26ii. die klage ist aber insoweit begründet, als der jahreswert des nutzungsvorteils nach § 16 bewg zu begrenzen ist. nach dieser regelung kann bei der ermittlung des kapitalwerts der nutzungen eines wirtschaftsguts der jahreswert dieser nutzungen höchstens den wert betragen, der sich ergibt, wenn der für das genutzte wirtschaftsgut nach den vorschriften des bewg anzusetzende wert durch 18,6 geteilt wird. die vorschrift ist auch nach dem inkrafttreten des erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24.12.2008 (bundesgesetzblatt i 2008, 3018) weiterhin anzuwenden, soweit es um die ermittlung des steuerwerts nach dem bewertungsgesetz geht (bfh, urteil v. 9.4.2014 – ii r 48/12, bstbl. ii 2014, 554, rn. 11 ff.). 27ausgehend vom steuerwert des überlassenen wirtschaftsguts – der geldsumme von 110.000 € – ergibt sich ein jahreswert von 110.000 € / 18,6 = 5.914 €. der jahreswert ist nach § 13 abs. 2 halbsatz 2 bewg mit 9,3 zu multiplizieren, so dass sich ein gesamtwert der nutzung von 5.914 € x 9,3 = 55.000 € ergibt. 28die differenz zum vom beklagten angesetzten jahreswert von 110.000 € x 5,5 % = 6.050 € resultiert daraus, dass der von zuvor 18 auf 18,6 angepasste faktor des § 16 bewg nicht mehr mit dem zinssatz von 5,5 % abgestimmt worden ist (vgl. eisele, in rössler/troll, § 16 bewg rn. 2 (1/2021)). die demnach vorzunehmende begrenzung nach § 16 bewg entspricht gleichwohl dem zweck der regelung, die sicherstellen soll, dass der kapitalwert der nutzungen eines wirtschaftsguts nicht höher sein kann als der nach den vorschriften des bewg anzusetzende wert des wirtschaftsguts (bfh, urteil v. 9.4.2014 – ii r 48/12, bstbl. ii 2014, 554, rn. 11). 29iii. die kostenentscheidung beruht auf § 136 abs. 1 satz 3 fgo. der senat lässt die revision im hinblick auf die frage der anwendbarkeit des zinssatzes von 5,5 % nach § 115 abs. 2 nr. 1 fgo wegen grundsätzlicher bedeutung zu. |
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} | 146 C 92/20 | 2022-01-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. Die Parteien streiten über den Umfang der Erstattungspflicht der Beklagten anlässlich einer femtosekundenlaser-assistierten Kataraktoperation nebst Korrektur eines bereits vor der Operation bestehenden Astigmatismus. In Streit steht die Abrechnung der Ziff. 5855 GOÄ analog (zum 2,7-fachen Steigerungssatz). Die Beklagte erstattete – jeweils für beide Augen – die Kosten des Lasereinsatzes nicht und berücksichtigte dafür die Gebühren Ziff. 441 GOÄ. 3Der Kläger behauptet, dass die Verwendung des Femtosekundenlasers medizinisch indiziert gewesen sei, unter anderem zur Vermeidung einer Hornhautschwellung sowie zur Vermeidung eines Endothelzellenverlusts. Eine bei ihm bestehende ausgeprägte epiretinale Gliose mit Traktionssyndrom habe überdies eine eigenständige Indikation des Lasereinsatzes begründet. Es habe das individuell erhöhte Risiko eines Makulaödems mit konsekutiver Visusreduktion nach einer konventionellen Kataraktoperation bestanden. Eine zusätzliche Indikation sei wegen einer Kernsklerose und hinteren Linsentrübungen gegeben gewesen. 4Weiterhin behauptet der Kläger, dass die Korrektur der Hornhautverkrümmung an beiden Augen medizinisch notwendig und – mit Blick auf den Einsatz des Femtosekundenlasers – eigenständig indiziert gewesen sei. Der Kläger habe gar nicht anders als mit dem Femtosekundenlaser operiert werden können, weil eine manuelle Operation der Hornhaut nicht möglich gewesen sei. 5Der Kläger meint schließlich, dass – sollte eine Abrechnung nach Ziff. 5855A nicht infrage kommen – eine doppelte Abrechnung der Ziff. 1375 GOÄ angezeigt sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Replik vom 13.07.2020 (Bl. 58 ff. d.A.) verwiesen. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.036,80 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB zu zahlen, sowie 8die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 334,75 € nebst 5 % Zinspunkten über dem jeweiligen Basissatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu verurteilen. 9Die Beklagte beantragt, 10 die Klage abzuweisen. 11Die Beklagte meint, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers nicht als selbstständige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2, Absl 2a GOÄ qualifiziert werden könne. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 3-8 der Klageerwiderung (Bl. 38-43 d.A.) verwiesen. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Schonung von Hornhautendothelzellen keine eigenständige Indikation für den Lasereinsatz rechtfertigen würde. Es handele sich um eine bloße Schonungsleistung. Die maßgebliche Ziffer zur Abrechnung ambulanter Laseranwendungen sei die Ziff. 441 GOÄ. Schließlich seien die Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 GOÄ nicht gegeben. Wegen der Einzelheiten wird diesbezüglich auf S. 12-14 der Klagerwiderung (Bl. 47-50 d.A.) verwiesen. 12Die Beklagte behauptet, dass bei Hornhautverkrümmungen von bis zu 1,0 Dioptrien keine medizinische Notwendigkeit zu einer operativen Refraktion bestehen würde. Im Übrigen würden aktuelle Erkenntnisse darauf hindeuten, dass eine torische Kunstlinse bei der Korrektur von Hornhautverkrümmungen effektiver sei als Hornhautinzisionsoperationen. Lediglich bei einer Dioptrienzahl von 0,75-1,5 sei der Einsatz des Lasers gegenüber einer torischen Linse vorteilhaft. Die Vermeidung einer durch die (Katarakt-) Operation induzierten Hornhautverkrümmung könne keine eigenständige Indikation des Lasereinsatzes rechtfertigen. Jedenfalls könne die Ziff. 5855 GOÄ analog nicht für eine solche Behandlung abgerechnet werden. Einschlägig sei vielmehr die Ziff. 1345 GOÄ analog – bewertet mit dem 3,5-fachen Wert. 13Schließlich meint die Beklagte, dass – selbst wenn man die Abrechenbarkeit bejahen würde – Ziff. 5855 GOÄ nicht zum 2,7-fachen Steigerungssatz liquidiert werden könne. 14Das Gericht hat gemäß Beweisbeschlüssen vom 11.08.2020 (Bl. 68 d.A.) sowie 08.12.2021 (Bl. 212 R) durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, Ergänzungsgutachtens nebst Erläuterung im Verhandlungstermin vom 08.12.2021 (Bl. 212 ff. d.A.) Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. Fries vom 28.01.2021 (Bl. 104 ff. d.A.), die ergänzende Stellungnahme vom 06.05.2021 (Bl. 149 ff. d.A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2021 (Bl. 212 ff. d.A.) verwiesen. Das Gericht hat mit Verfügung vom 10.01.2021 (Bl. 216 d.A.) Hinweise erteilt. 15Entscheidungsgründe: 16Die zulässige Klage ist unbegründet. 17I. 18Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung von 2.036,80 € (nebst Zinsen). Der Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 192 Abs. 1 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag. Denn der Kläger war gegenüber den abrechnenden Augenärzten – soweit die Beklagte von der Erstattung abgesehen hat – keiner Verbindlichkeit ausgesetzt. Die erfolgte Abrechnung war insoweit nicht zulässig. 19Aufwendungen für Heilbehandlung, die der Versicherer im Versicherungsfall in der Krankheitskostenversicherung zu ersetzen hat, entstehen dem Versicherungsnehmer durch das Eingehen von Verbindlichkeiten (BGH, Urt. v. 12.03.2003 – IV ZR 278/01, NJW 2003, 1596). Allerdings verpflichtet die Krankheitskostenversicherung als Passivenversicherung den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen, die diesem in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind (BGH, Urt. v. 12.03.2003 – IV ZR 278/01, NJW 2003, 1596). 20Die abrechnenden Ärzte waren vorliegend – soweit dies hier in Streit steht – nicht zur Abrechnung der Ziff. 5855 GOÄ analog berechtigt. Die Ziff. 441 sowie Ziff. 1345 analog GOÄ wurden durch die Beklagte bereits berücksichtigt. 211. 22Ob die die Anwendung des Femtosekundenlasers zur Behandlung der Hornhautverkrümmung an den Augen des Klägers medizinisch notwendig war, so wie es der Sachverständige festgestellt hat, kann letztlich dahinstehen. 232. 24Die medizinische Notwendigkeit des Lasereinsatzes stand in diesem Rechtsstreit nicht in Streit. 253. 26Die Ziff. 5855 GOÄ analog war vorliegend nicht abrechenbar. Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist im vorliegenden Fall nicht als selbstständige Leistung zu qualifizieren. 27Vergütungen (auch Gebühren, § 3 GOÄ) darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind (§ 1 Abs. 2 S. 1 GOÄ). Gebühren sind gem. § 4 Abs. 1 GOÄ Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen. Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen (§ 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ). Für eine Leistung, die Bestandteil (§ 4 Abs. 2a S. 1 Alt. 1 GOÄ) oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist (§ 4 Abs. 2a S. 1 Alt. 1 GOÄ), kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte (§ 4 Abs. 2a S. 2 GOÄ). 28Selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden (§ 6 Abs. 2 GOÄ). 29Wie der dritte Zivilsenat des BGH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist die Selbstständigkeit einer ärztlichen Leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355, 1356; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). Der dritte Zivilsenat hat damit insbesondere in das Gebührenverzeichnis aufgenommene Leistungen als nicht abrechenbar angesehen, deren Zweck darin bestand, beim Erreichen des Operationsziels benachbarte Strukturen zu schonen und nicht zu verletzen (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355, 1356). 30Für die Anwendung des § 6 Abs. 2 GOÄ kommt es darauf an, ob die in Rede stehende Leistung eine andere als die im Leistungsverzeichnis beschriebene ist und nicht nur eine besondere Ausführung der Letzteren (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1205). Wo die Grenze zwischen beidem liegt, lässt sich letztlich nicht ohne Einbeziehung wertender Gesichtspunkte bestimmen (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1205; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). 31a. 32In dem bereits zitierten Urteil des dritten Zivilsenats zu der sog. Computerunterstützten Navigationstechnik bei Durchführung einer Totalendoprothese des Kniegelenks nach Nr. 2153 GOÄ (BGH, Urt. v. 21.01.2010 – III ZR 147/09, NJW-RR 2010, 1355; Zahlungsanspruch aus einem Dienstverhältnis/Behandlungsvertrag) hat der Senat über eine ärztliche Leistung entschieden, welche „keinen neuartigen operativen Einzelschritt, sondern ein Hilfsmittel des Arztes [darstellte], der sich nicht mehr allein auf seine Augen, sein Gefühl, seine Fingerfertigkeit und seine Erfahrung verlasse, sondern sich der modernen Computertechnik bediene, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen“. Die Navigationstechnik war ein „objektiver Assistent“. Der Einsatz der Navigationstechnik entfaltete sich „erst während der Operation“ und war damit Teil der Zielleistung. Die Zielpunktbestimmung durch die Technik wurde während des Verlaufs der Operation vorgenommen, hätte für sich genommen – ohne die Operation – jedoch keinen Sinn gehabt. Sie war kein notwendiger Bestandteil der Operation, sondern eine besondere Ausführungsart, die zu besseren Ergebnissen/der Optimierung der Operation nach Ziff. 2153 GOÄ führte. Die Anwendung der Navigationstechnik wurde mangels Eigenständigkeit der Leistung als nicht separat abrechenbar bewertet. 33Es entspricht mittlerweile der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass der vorliegende Sachverhalt entsprechend zu bewerten ist (BGH, Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). Dies entspricht einem erheblichen Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (so auch OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348, 1349; LG Heidelberg, Urt. v. 10.12.2019 – 2 S 14/19, BeckRS 2019, 38521 Rz. 19-26; LG Düsseldorf, Urt. v. 16.07.2020 – 9 S 50/17, zitiert nach Juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.08.2020 – 4 U 162/18, zitiert nach Juris) und auch der gefestigten Rechtsprechung der 146. Abteilung (vgl. die Urteile vom 26.08.2020 – 146 C 192/19; 02.12.2020 – 146 C 173/19; 28.04.2021 – 146 C 113/20; 26.05.2021 – 146 C 108/20; 23.06.2021, 146 C 95/20; 23.06.2021 – 146 C 296/19; 30.06.2021 – 146 C 224/18) und 118. Abteilung des Amtsgericht Köln (AG Köln, Urt. v. 20.01.2021 – 118 C 445/19, zitiert nach Juris). 34Das Gericht ist nicht i.S.d. § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO davon überzeugt, dass eine eigenständige medizinische Indikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers – im Rahmen der Katarakt-Operationen – bestanden hat. 35§ 286 ZPO verlangt einen so genannten „Vollbeweis“ (MünchKomm/Prütting, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 286 Rn. 35). Der Richter darf sich nicht mit einer bloßen Wahrscheinlichkeit begnügen (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Eine von allen Zweifeln freie Überzeugung setzt das Gesetz allerdings nicht voraus (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Der Richter darf und muss sich aber in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 948). Diese Überzeugung des Richters erfordert keine – ohnehin nicht erreichbare – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (OLG München, Urt. v. 14.02.2014 – 10 U 2815/13, NZV 2014, 416). 36Die zitierte Rechtsprechung zur Abrechnung des laser-assistierten Katarakt-Operation führt – worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde – nicht zu dem Ergebnis, behandelnden Ärzten „jedwede Vergütung“ für den Einsatz des Femtosekundenlasers (im Rahmen der Kataraktoperation) zu „versagen“. In der Rechtsprechung wurden bereits besondere medizinische Indikationen für den Einsatz des Femtosekundenlasers diskutiert (bspw. Operationen bei Kindern/Patienten mit verlagerten Linsen oder anderen Augen(vor)erkrankungen; vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348, 1349; LG Heidelberg, Urt. v. 10.12.2019 – 2 S 14/19, BeckRS 2019, 38521 Rz. 22; LG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2020 – 9 S 8/19, BeckRS 2020, 44789; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.08.2020 – 4 U 162/18, zitiert nach Juris). 37Eine solche Indikation bestand vorliegend jedoch nicht. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige festgestellt, dass nicht feststellbar sei, dass die laser-assistierte Kataraktchirurgie im Hinblick auf ein postoperatives Makolaödem dem konventionellen Verfahren überlegen sei. Ein Zusammenhang zwischen epiretinaler Gliose habe der Sachverständige im Rahmen einer wissenschaftlichen Recherche nicht ausfindig machen können. Beides würde letztlich eine individuelle Indikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers nicht begründen. Im Verhandlungstermin vom 08.12.2021 hat der Sachverständige verneint, dass eine ausgeprägte Gliose mit Traktionssyndrom, eine Kernsklerose und eine hintere Rindentrübung im Rahmen der Ultraschallbehandlung bzw. der konventionellen Behandlungsmethode ein Risiko darstellen würden und dass es diesbezüglich Vorteile der laser-assistierten Chirurgie geben würde. Die von dem Klägervertreter in dem Schriftsatz vom 04.01.2021 vorgebrachten neuen Tatsachen (Risiko einer hinteren Kapselruptur, ggf. bessere Ergebnisse einer Laseroperation) sind zum einen i.S.d. § 296a S. 1 ZPO neuer Vortrag, der nicht nachgelassen war (keine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme) und zum anderen – selbst wenn sie berücksichtigt werden könnten – nicht geeignet, die Frage der Selbstständigkeit anders zu bewerten. 38b. 39Auch im Rahmen der Korrektur der Hornhautverkrümmung kommt eine Abrechnung analog Ziff. 5855 GOÄ nach Auffassung des Abteilungsrichters nicht in Betracht. 40Der Arzt darf auch ein und dieselbe Leistung, die zugleich Bestandteil einer von ihm gleichfalls vorgenommenen umfassenderen Leistung ist, nicht zweimal abrechnen (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279). Daraus folgt zugleich die Selbstverständlichkeit, dass Leistungen, die nicht Bestandteil einer anderen abgerechneten Leistung sind, abrechenbar sind, soweit es sich um selbstständige Leistungen handelt (BGH, a.a.O.). Bei Anwendung der genannten Bestimmungen geht es um die Verhinderung einer Doppelhonorierung von Leistungen (BGH, a.a.O.). Nur dieser Grund rechtfertigt es, eine erbrachte Leistung, soweit sie selbstständig ist, nicht zu honorieren (BGH, a.a.O.). Daran wird deutlich, dass es einer genaueren Betrachtung der Reichweite jeder in Rede stehenden Gebührenposition bedarf und aus dem Umstand, dass nach ärztlicher Kunst verschiedene Leistungen in zeitlichem Zusammenhang zu erbringen sind, nicht ohne Weiteres zu schließen ist, es liege nur eine Zielleistung vor, im Verhältnis zu der sich die anderen als unselbstständige Hilfs- oder Begleitverrichtungen darstellten (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279 f.). Geben unterschiedliche Gebührenpositionen, die ihrer Legende nach durch den Arzt erfüllt worden sind, keine näheren Hinweise über ihr Verhältnis zueinander, ist zu prüfen, ob es sich um jeweils selbstständige Leistungen handelt oder ob eine oder mehrere von ihnen als Zielleistung und die anderen als deren methodisch notwendigen Bestandteile anzusehen sind (BGH, Urteil vom 05.06.2008 – III ZR 239/07, NJW-RR 2008, 1278, 1279 f.). 41Sachverständig beraten geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der Korrektur der Hornhautkrümmung um eine „Hornhautplastik“ i.S.d. Ziff. 1345 GOÄ handelt. Insofern hat der Sachverständige sich möglicherweise anders Positioniert als der Sachverständige, der in dem von dem Landgericht Köln entschiedenen Rechtsstreits (Urt. v. 19.10.2005 – 25 S 19/04, BeckRS 2005, 151166) das Gutachten erstattet hat. Hier hat der Sachverständige ausgeführt, dass Ziff. 1345 GOÄ durchaus die manuell durchgeführte Hornhautkorrektur abbilden würde. Hierbei handele es sich um die ursprüngliche Variante, die heute jedoch als „historisch“ betrachtet werden könne. Solche Operationen habe man in den 1960er Jahren vorgenommen. Heute würde diese Schnitte niemand mehr per Skalpell durchführen. Auch im vorliegenden Fall wäre eine Kombination der Kataraktoperation mit der Korrektur der Hornhautverkrümmung mittels Skalpell gefährlich gewesen („So etwas würde heute niemand machen.“). Es wird also in der GOÄ – insofern vergleichbar mit den Ausführungen zu Ziff. 1375 GOÄ und dem Verhältnis zum Femtosekundenlaser – eine Zielleistung definiert, welche sowohl die manuelle als auch die laser-assistierte Behandlungsmethode abdeckt. 42Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen könnte man einerseits davon ausgehen, dass bei Verwendung eines Femtosekundenlasers im Rahmen einer Korrektur der Hornhaut eine eigenständige neue Methode zum Einsatz kommt. Insbesondere gelte hier nicht, dass der Operateur zwischen einer „manuell-chirurgischen“ oder aber „femtosekundenlaser-assistierten“ ernsthaft wählen könnte. Für diese Sichtweise spricht auch die Sichtweise des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer zur sog. „LASIK“ (Beschluss des Ausschusses "Gebührenordnung" der Bundesärztekammer, Stand: 18.01.2002, veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 3 (18.01.2002), Seite A-144-145). 43Andererseits bleibt die Zielleistung, auf die beide Ausführungsarten zielen, unabhängig von der Ausführungsart, dieselbe. Insofern kann man auch hier davon ausgegangen werden, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers zwar nicht notwendiger Bestandteil der Korrektur der Hornhautverkrümmung ist (die zumindest theoretisch auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden kann), aber eine besondere (unselbständige) Ausführungsart. Auch hier ist es unschädlich, dass diese Lasertechnologie bei der Bewertung der unter der Ziff. 1345 GOÄ erfassten Leistung durch den Verordnungsgeber noch nicht bekannt war. Nicht anders als im Rahmen der laser-assistierten Katarakt-Chirurgie handelt es sich bei dem Lasereinsatz letztlich um keinen neuartigen operativen Einzelschritt, sondern um ein Hilfsmittel des Arztes, der sich nicht mehr allein auf seine Augen, sein Gefühl, seine Fingerfertigkeit und seine Erfahrung verlasse, sondern sich der modernen Computertechnik bediene, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen. Die Zielleistung der Operation „Astigmatismus-Beseitigung" ist in der Ziff. 1345 GOÄ enthalten (so bereits das AG Düsseldorf, Urt. v. 03.08.2017 – 43 C 157/15, BeckRS 2017, 126110). 44Hierbei wird nicht verkannt, dass ein – verglichen mit der laser-assistierten Katarakt-Chirurgie deutlich erhöhtes – Bedürfnis der behandelnden Ärzteschaft besteht, eine über Ziff. 1345 GOÄ analog nebst Ziff. 441 GOÄ hinausgehende Vergütung für diese Operation abrechnen zu können. Doch die Vergütung des Einsatzes des Femtosekundenlasers generell – unabhängig von einer wie soeben dargestellten besonderen medizinischen Indikation – zu regeln, etwa weil es sich um die höherwertige Behandlungsform handeln könnte (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 09.05.2019 – 4 U 28/16, VersR 2019, 1348), ist Sache „des Verordnungsgebers“. Dessen Aufgabe ist es, darüber zu befinden, wie ärztliche Leistungen, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung nach Erlass der Verordnung eingetretener Veränderungen des technischen Standards oder der Fortentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse, zu bewerten sind (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). Eine Bindung an die Verordnung besteht nur dann nicht, wenn sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht – etwa Art. 3 GG oder Art. 12 GG – nichtig ist, was der Richter selbst feststellen kann (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). 45Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind Vergütungsregelungen nur dann mit Art. 12 GG Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.10.2004 – 1 BvR 1437/02, NJW 2005, 1036 f.). Die Grenzen der Zumutbarkeit hat das BVerfG dort gesehen, wo unangemessen niedrige Einkünfte zugemutet werden und auf der Grundlage der bestehenden Vergütungsregelung eine wirtschaftliche Existenz generell nicht möglich ist (BVerfG, Beschl. v. 25.10.2004 – 1 BvR 1437/02, NJW 2005, 1036 f.). Der dritte Zivilsenat des BGH stellt an die (substantiierte) Behauptung der Unauskömmlichkeit – bezogen auf eine Spezialoperation – besondere Anforderungen: Dass die Vergütung objektiv nicht auskömmlich wäre, könne nur beurteilt werden, wenn Aufwand und Kostenstrukturen näher dargestellt wären (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). In diese Überlegungen müssten auch die Honorierung entsprechender Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung und – im Falle einer stationären Behandlung weitere Umstände – einbezogen werden (BGH, Urt. v. 13.05.2004 – III ZR 344/03, NJW-RR 2004, 1202, 1204). Dafür wird vorliegend von der Klägerseite nicht – bzw. nicht hinreichend – vorgetragen. 46Dass eine doppelte Abrechnung der Ziff. 1375 GOÄ sowohl in dem vorliegenden als auch in vergleichbaren Fällen nicht in Betracht kommt, hat das Gericht bereits mit Urteil vom 26.08.2020 (146 C 192/19) zu dem inhaltsgleichen Vortrag des Klägervertreters entschieden. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des dritten Zivilsenats des BGH (Urt. v. 10.2021 – III ZR 350/20, BeckRS 2021, 36355; Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435). 47Überdies gibt es – jedenfalls wenn die Korrektur der Hornhaut-Verkrümmung mit der Katarakt-Operation verbunden wird – eine letztlich auf Heilung angelegte Behandlungsalternative. Als solche kommt, so der Sachverständige, stets das Einsetzen einer torischen Intraokularlinse in Betracht. Diese Methode sei unter Umständen allerdings nicht preiswerter als der Lasereingriff, sondern gegebenenfalls sogar teurer und aufwendiger. 48Schließlich geht der Abteilungsrichter – anders als der Klägervertreter – davon aus, dass sich aus dem bereits zitierten Urteil des dritten Zivilsenats des BGH (Urt. v. 14.10.2021 – III ZR 353/20, BeckRS 2021, 37435) mittelbar ergibt, dass die vorliegende Konstellation nicht analog Ziff. 5855 GOÄ abgerechnet werden kann. Aus dem Tatbestand ergibt sich, dass in dem dort entschiedenen Fall „eine Astigmatismus-Operation (Korrektur von Hornhautverkrümmungen)“ vorgenommen worden war. Die gegen diese Auslegung des Urteils vorgebrachten Argumente des Klägervertreters überzeugen nicht. Insbesondere dürfte es angesichts der Ausführungen des Sachverständigen sowie den Entscheidungsgründen des Amtsgerichts Düsseldorf (Urt. v. 03.08.2017 – 43 C 157/15, BeckRS 2017, 126110) nahezu ausgeschlossen sein, dass dort manuell und ohne Laser gearbeitet worden sein könnte. 49II. 50Die Voraussetzungen für den Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten liegen ebenfalls unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vor. Insbesondere scheitert ein Anspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB an einer Pflichtverletzung der Beklagten. 51III. 52Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 53Der Streitwert wird auf 2.036,08 EUR festgesetzt. 54Rechtsbehelfsbelehrung: 55A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 561. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 572. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 58Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 59Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 60Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 61Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 62B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 63Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 64Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 65Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 66Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch die beklagte gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger unterhielt bei der beklagten eine private krankheitskostenversicherung. die parteien streiten über den umfang der erstattungspflicht der beklagten anlässlich einer femtosekundenlaser-assistierten kataraktoperation nebst korrektur eines bereits vor der operation bestehenden astigmatismus. in streit steht die abrechnung der ziff. 5855 goä analog (zum 2,7-fachen steigerungssatz). die beklagte erstattete – jeweils für beide augen – die kosten des lasereinsatzes nicht und berücksichtigte dafür die gebühren ziff. 441 goä. 3der kläger behauptet, dass die verwendung des femtosekundenlasers medizinisch indiziert gewesen sei, unter anderem zur vermeidung einer hornhautschwellung sowie zur vermeidung eines endothelzellenverlusts. eine bei ihm bestehende ausgeprägte epiretinale gliose mit traktionssyndrom habe überdies eine eigenständige indikation des lasereinsatzes begründet. es habe das individuell erhöhte risiko eines makulaödems mit konsekutiver visusreduktion nach einer konventionellen kataraktoperation bestanden. eine zusätzliche indikation sei wegen einer kernsklerose und hinteren linsentrübungen gegeben gewesen. 4weiterhin behauptet der kläger, dass die korrektur der hornhautverkrümmung an beiden augen medizinisch notwendig und – mit blick auf den einsatz des femtosekundenlasers – eigenständig indiziert gewesen sei. der kläger habe gar nicht anders als mit dem femtosekundenlaser operiert werden können, weil eine manuelle operation der hornhaut nicht möglich gewesen sei. 5der kläger meint schließlich, dass – sollte eine abrechnung nach ziff. 5855a nicht infrage kommen – eine doppelte abrechnung der ziff. 1375 goä angezeigt sei. wegen der einzelheiten wird auf die replik vom 13.07.2020 (bl. 58 ff. d.a.) verwiesen. 6der kläger beantragt, 7die beklagte zu verurteilen, an ihn 2.036,80 € nebst 5 % zinsen über dem jeweiligen basiszinssatz der ezb zu zahlen, sowie 8die beklagte zur zahlung vorgerichtlicher rechtsverfolgungskosten in höhe von 334,75 € nebst 5 % zinspunkten über dem jeweiligen basissatz der ezb seit rechtshängigkeit zu verurteilen. 9die beklagte beantragt, 10 die klage abzuweisen. 11die beklagte meint, dass der einsatz des femtosekundenlasers nicht als selbstständige leistung im sinne von § 4 abs. 2, absl 2a goä qualifiziert werden könne. wegen der einzelheiten wird auf s. 3-8 der klageerwiderung (bl. 38-43 d.a.) verwiesen. die beklagte ist der ansicht, dass die schonung von hornhautendothelzellen keine eigenständige indikation für den lasereinsatz rechtfertigen würde. es handele sich um eine bloße schonungsleistung. die maßgebliche ziffer zur abrechnung ambulanter laseranwendungen sei die ziff. 441 goä. schließlich seien die voraussetzungen von § 6 abs. 2 goä nicht gegeben. wegen der einzelheiten wird diesbezüglich auf s. 12-14 der klagerwiderung (bl. 47-50 d.a.) verwiesen. 12die beklagte behauptet, dass bei hornhautverkrümmungen von bis zu 1,0 dioptrien keine medizinische notwendigkeit zu einer operativen refraktion bestehen würde. im übrigen würden aktuelle erkenntnisse darauf hindeuten, dass eine torische kunstlinse bei der korrektur von hornhautverkrümmungen effektiver sei als hornhautinzisionsoperationen. lediglich bei einer dioptrienzahl von 0,75-1,5 sei der einsatz des lasers gegenüber einer torischen linse vorteilhaft. die vermeidung einer durch die (katarakt-) operation induzierten hornhautverkrümmung könne keine eigenständige indikation des lasereinsatzes rechtfertigen. jedenfalls könne die ziff. 5855 goä analog nicht für eine solche behandlung abgerechnet werden. einschlägig sei vielmehr die ziff. 1345 goä analog – bewertet mit dem 3,5-fachen wert. 13schließlich meint die beklagte, dass – selbst wenn man die abrechenbarkeit bejahen würde – ziff. 5855 goä nicht zum 2,7-fachen steigerungssatz liquidiert werden könne. 14das gericht hat gemäß beweisbeschlüssen vom 11.08.2020 (bl. 68 d.a.) sowie 08.12.2021 (bl. 212 r) durch die einholung eines schriftlichen sachverständigengutachtens, ergänzungsgutachtens nebst erläuterung im verhandlungstermin vom 08.12.2021 (bl. 212 ff. d.a.) beweis erhoben. hinsichtlich des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das schriftliche sachverständigengutachten des sachverständigen dr. fries vom 28.01.2021 (bl. 104 ff. d.a.), die ergänzende stellungnahme vom 06.05.2021 (bl. 149 ff. d.a.) sowie auf das protokoll der mündlichen verhandlung vom 08.12.2021 (bl. 212 ff. d.a.) verwiesen. das gericht hat mit verfügung vom 10.01.2021 (bl. 216 d.a.) hinweise erteilt. 15 | 16die zulässige klage ist unbegründet. 17i. 18der kläger hat gegen die beklagte unter keinem rechtlichen gesichtspunkt einen anspruch auf zahlung von 2.036,80 € (nebst zinsen). der anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 192 abs. 1 vvg i.v.m. dem versicherungsvertrag. denn der kläger war gegenüber den abrechnenden augenärzten – soweit die beklagte von der erstattung abgesehen hat – keiner verbindlichkeit ausgesetzt. die erfolgte abrechnung war insoweit nicht zulässig. 19aufwendungen für heilbehandlung, die der versicherer im versicherungsfall in der krankheitskostenversicherung zu ersetzen hat, entstehen dem versicherungsnehmer durch das eingehen von verbindlichkeiten (bgh, urt. v. 12.03.2003 – iv zr 278/01, njw 2003, 1596). allerdings verpflichtet die krankheitskostenversicherung als passivenversicherung den versicherer gegenüber dem versicherungsnehmer nur zum ersatz derjenigen aufwendungen, die diesem in bezug auf das versicherte risiko zur erfüllung von verpflichtungen aus berechtigten ansprüchen dritter erwachsen sind (bgh, urt. v. 12.03.2003 – iv zr 278/01, njw 2003, 1596). 20die abrechnenden ärzte waren vorliegend – soweit dies hier in streit steht – nicht zur abrechnung der ziff. 5855 goä analog berechtigt. die ziff. 441 sowie ziff. 1345 analog goä wurden durch die beklagte bereits berücksichtigt. 211. 22ob die die anwendung des femtosekundenlasers zur behandlung der hornhautverkrümmung an den augen des klägers medizinisch notwendig war, so wie es der sachverständige festgestellt hat, kann letztlich dahinstehen. 232. 24die medizinische notwendigkeit des lasereinsatzes stand in diesem rechtsstreit nicht in streit. 253. 26die ziff. 5855 goä analog war vorliegend nicht abrechenbar. der einsatz des femtosekundenlasers ist im vorliegenden fall nicht als selbstständige leistung zu qualifizieren. 27vergütungen (auch gebühren, § 3 goä) darf der arzt nur für leistungen berechnen, die nach den regeln der ärztlichen kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche versorgung erforderlich sind (§ 1 abs. 2 s. 1 goä). gebühren sind gem. § 4 abs. 1 goä vergütungen für die im gebührenverzeichnis (anlage) genannten ärztlichen leistungen. der arzt kann gebühren nur für selbständige ärztliche leistungen berechnen (§ 4 abs. 2 s. 1 goä). für eine leistung, die bestandteil (§ 4 abs. 2a s. 1 alt. 1 goä) oder eine besondere ausführung einer anderen leistung nach dem gebührenverzeichnis ist (§ 4 abs. 2a s. 1 alt. 1 goä), kann der arzt eine gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere leistung eine gebühr berechnet. dies gilt auch für die zur erbringung der im gebührenverzeichnis aufgeführten operativen leistungen methodisch notwendigen operativen einzelschritte (§ 4 abs. 2a s. 2 goä). 28selbständige ärztliche leistungen, die in das gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach art, kosten- und zeitaufwand gleichwertigen leistung des gebührenverzeichnisses berechnet werden (§ 6 abs. 2 goä). 29wie der dritte zivilsenat des bgh in ständiger rechtsprechung entschieden hat, ist die selbstständigkeit einer ärztlichen leistung danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische indikation besteht (bgh, urt. v. 21.01.2010 – iii zr 147/09, njw-rr 2010, 1355, 1356; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 350/20, beckrs 2021, 36355; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435). der dritte zivilsenat hat damit insbesondere in das gebührenverzeichnis aufgenommene leistungen als nicht abrechenbar angesehen, deren zweck darin bestand, beim erreichen des operationsziels benachbarte strukturen zu schonen und nicht zu verletzen (bgh, urt. v. 21.01.2010 – iii zr 147/09, njw-rr 2010, 1355, 1356). 30für die anwendung des § 6 abs. 2 goä kommt es darauf an, ob die in rede stehende leistung eine andere als die im leistungsverzeichnis beschriebene ist und nicht nur eine besondere ausführung der letzteren (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1205). wo die grenze zwischen beidem liegt, lässt sich letztlich nicht ohne einbeziehung wertender gesichtspunkte bestimmen (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1205; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 350/20, beckrs 2021, 36355; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435). 31a. 32in dem bereits zitierten urteil des dritten zivilsenats zu der sog. computerunterstützten navigationstechnik bei durchführung einer totalendoprothese des kniegelenks nach nr. 2153 goä (bgh, urt. v. 21.01.2010 – iii zr 147/09, njw-rr 2010, 1355; zahlungsanspruch aus einem dienstverhältnis/behandlungsvertrag) hat der senat über eine ärztliche leistung entschieden, welche „keinen neuartigen operativen einzelschritt, sondern ein hilfsmittel des arztes [darstellte], der sich nicht mehr allein auf seine augen, sein gefühl, seine fingerfertigkeit und seine erfahrung verlasse, sondern sich der modernen computertechnik bediene, um ein besseres operationsergebnis bzw. eine optimale zielleistung zu erreichen“. die navigationstechnik war ein „objektiver assistent“. der einsatz der navigationstechnik entfaltete sich „erst während der operation“ und war damit teil der zielleistung. die zielpunktbestimmung durch die technik wurde während des verlaufs der operation vorgenommen, hätte für sich genommen – ohne die operation – jedoch keinen sinn gehabt. sie war kein notwendiger bestandteil der operation, sondern eine besondere ausführungsart, die zu besseren ergebnissen/der optimierung der operation nach ziff. 2153 goä führte. die anwendung der navigationstechnik wurde mangels eigenständigkeit der leistung als nicht separat abrechenbar bewertet. 33es entspricht mittlerweile der höchstrichterlichen rechtsprechung, dass der vorliegende sachverhalt entsprechend zu bewerten ist (bgh, urt. v. 14.10.2021 – iii zr 350/20, beckrs 2021, 36355; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435). dies entspricht einem erheblichen teil der instanzgerichtlichen rechtsprechung (so auch olg naumburg, urt. v. 09.05.2019 – 4 u 28/16, versr 2019, 1348, 1349; lg heidelberg, urt. v. 10.12.2019 – 2 s 14/19, beckrs 2019, 38521 rz. 19-26; lg düsseldorf, urt. v. 16.07.2020 – 9 s 50/17, zitiert nach juris; olg düsseldorf, urt. v. 28.08.2020 – 4 u 162/18, zitiert nach juris) und auch der gefestigten rechtsprechung der 146. abteilung (vgl. die urteile vom 26.08.2020 – 146 c 192/19; 02.12.2020 – 146 c 173/19; 28.04.2021 – 146 c 113/20; 26.05.2021 – 146 c 108/20; 23.06.2021, 146 c 95/20; 23.06.2021 – 146 c 296/19; 30.06.2021 – 146 c 224/18) und 118. abteilung des amtsgericht köln (ag köln, urt. v. 20.01.2021 – 118 c 445/19, zitiert nach juris). 34das gericht ist nicht i.s.d. § 286 abs. 1 s. 1 zpo davon überzeugt, dass eine eigenständige medizinische indikation für den einsatz des femtosekundenlasers – im rahmen der katarakt-operationen – bestanden hat. 35§ 286 zpo verlangt einen so genannten „vollbeweis“ (münchkomm/prütting, zpo, 5. aufl. 2016, § 286 rn. 35). der richter darf sich nicht mit einer bloßen wahrscheinlichkeit begnügen (bgh, urt. v. 17.02.1970 – iii zr 139/67, njw 1970, 946, 948). eine von allen zweifeln freie überzeugung setzt das gesetz allerdings nicht voraus (bgh, urt. v. 17.02.1970 – iii zr 139/67, njw 1970, 946, 948). der richter darf und muss sich aber in tatsächlich zweifelhaften fällen mit einem für das praktische leben brauchbaren grad von gewissheit begnügen, der zweifeln schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (bgh, urt. v. 17.02.1970 – iii zr 139/67, njw 1970, 946, 948). diese überzeugung des richters erfordert keine – ohnehin nicht erreichbare – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische gewissheit und auch keine „an sicherheit grenzende wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische leben brauchbaren grad von gewissheit, der zweifeln schweigen gebietet (olg münchen, urt. v. 14.02.2014 – 10 u 2815/13, nzv 2014, 416). 36die zitierte rechtsprechung zur abrechnung des laser-assistierten katarakt-operation führt – worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde – nicht zu dem ergebnis, behandelnden ärzten „jedwede vergütung“ für den einsatz des femtosekundenlasers (im rahmen der kataraktoperation) zu „versagen“. in der rechtsprechung wurden bereits besondere medizinische indikationen für den einsatz des femtosekundenlasers diskutiert (bspw. operationen bei kindern/patienten mit verlagerten linsen oder anderen augen(vor)erkrankungen; vgl. olg naumburg, urt. v. 09.05.2019 – 4 u 28/16, versr 2019, 1348, 1349; lg heidelberg, urt. v. 10.12.2019 – 2 s 14/19, beckrs 2019, 38521 rz. 22; lg düsseldorf, urt. v. 23.07.2020 – 9 s 8/19, beckrs 2020, 44789; olg düsseldorf, urt. v. 28.08.2020 – 4 u 162/18, zitiert nach juris). 37eine solche indikation bestand vorliegend jedoch nicht. in seiner ergänzenden stellungnahme hat der sachverständige festgestellt, dass nicht feststellbar sei, dass die laser-assistierte kataraktchirurgie im hinblick auf ein postoperatives makolaödem dem konventionellen verfahren überlegen sei. ein zusammenhang zwischen epiretinaler gliose habe der sachverständige im rahmen einer wissenschaftlichen recherche nicht ausfindig machen können. beides würde letztlich eine individuelle indikation für den einsatz des femtosekundenlasers nicht begründen. im verhandlungstermin vom 08.12.2021 hat der sachverständige verneint, dass eine ausgeprägte gliose mit traktionssyndrom, eine kernsklerose und eine hintere rindentrübung im rahmen der ultraschallbehandlung bzw. der konventionellen behandlungsmethode ein risiko darstellen würden und dass es diesbezüglich vorteile der laser-assistierten chirurgie geben würde. die von dem klägervertreter in dem schriftsatz vom 04.01.2021 vorgebrachten neuen tatsachen (risiko einer hinteren kapselruptur, ggf. bessere ergebnisse einer laseroperation) sind zum einen i.s.d. § 296a s. 1 zpo neuer vortrag, der nicht nachgelassen war (keine stellungnahme zum ergebnis der beweisaufnahme) und zum anderen – selbst wenn sie berücksichtigt werden könnten – nicht geeignet, die frage der selbstständigkeit anders zu bewerten. 38b. 39auch im rahmen der korrektur der hornhautverkrümmung kommt eine abrechnung analog ziff. 5855 goä nach auffassung des abteilungsrichters nicht in betracht. 40der arzt darf auch ein und dieselbe leistung, die zugleich bestandteil einer von ihm gleichfalls vorgenommenen umfassenderen leistung ist, nicht zweimal abrechnen (bgh, urteil vom 05.06.2008 – iii zr 239/07, njw-rr 2008, 1278, 1279). daraus folgt zugleich die selbstverständlichkeit, dass leistungen, die nicht bestandteil einer anderen abgerechneten leistung sind, abrechenbar sind, soweit es sich um selbstständige leistungen handelt (bgh, a.a.o.). bei anwendung der genannten bestimmungen geht es um die verhinderung einer doppelhonorierung von leistungen (bgh, a.a.o.). nur dieser grund rechtfertigt es, eine erbrachte leistung, soweit sie selbstständig ist, nicht zu honorieren (bgh, a.a.o.). daran wird deutlich, dass es einer genaueren betrachtung der reichweite jeder in rede stehenden gebührenposition bedarf und aus dem umstand, dass nach ärztlicher kunst verschiedene leistungen in zeitlichem zusammenhang zu erbringen sind, nicht ohne weiteres zu schließen ist, es liege nur eine zielleistung vor, im verhältnis zu der sich die anderen als unselbstständige hilfs- oder begleitverrichtungen darstellten (bgh, urteil vom 05.06.2008 – iii zr 239/07, njw-rr 2008, 1278, 1279 f.). geben unterschiedliche gebührenpositionen, die ihrer legende nach durch den arzt erfüllt worden sind, keine näheren hinweise über ihr verhältnis zueinander, ist zu prüfen, ob es sich um jeweils selbstständige leistungen handelt oder ob eine oder mehrere von ihnen als zielleistung und die anderen als deren methodisch notwendigen bestandteile anzusehen sind (bgh, urteil vom 05.06.2008 – iii zr 239/07, njw-rr 2008, 1278, 1279 f.). 41sachverständig beraten geht das gericht davon aus, dass es sich bei der korrektur der hornhautkrümmung um eine „hornhautplastik“ i.s.d. ziff. 1345 goä handelt. insofern hat der sachverständige sich möglicherweise anders positioniert als der sachverständige, der in dem von dem landgericht köln entschiedenen rechtsstreits (urt. v. 19.10.2005 – 25 s 19/04, beckrs 2005, 151166) das gutachten erstattet hat. hier hat der sachverständige ausgeführt, dass ziff. 1345 goä durchaus die manuell durchgeführte hornhautkorrektur abbilden würde. hierbei handele es sich um die ursprüngliche variante, die heute jedoch als „historisch“ betrachtet werden könne. solche operationen habe man in den 1960er jahren vorgenommen. heute würde diese schnitte niemand mehr per skalpell durchführen. auch im vorliegenden fall wäre eine kombination der kataraktoperation mit der korrektur der hornhautverkrümmung mittels skalpell gefährlich gewesen („so etwas würde heute niemand machen.“). es wird also in der goä – insofern vergleichbar mit den ausführungen zu ziff. 1375 goä und dem verhältnis zum femtosekundenlaser – eine zielleistung definiert, welche sowohl die manuelle als auch die laser-assistierte behandlungsmethode abdeckt. 42angesichts der ausführungen des sachverständigen könnte man einerseits davon ausgehen, dass bei verwendung eines femtosekundenlasers im rahmen einer korrektur der hornhaut eine eigenständige neue methode zum einsatz kommt. insbesondere gelte hier nicht, dass der operateur zwischen einer „manuell-chirurgischen“ oder aber „femtosekundenlaser-assistierten“ ernsthaft wählen könnte. für diese sichtweise spricht auch die sichtweise des ausschusses „gebührenordnung“ der bundesärztekammer zur sog. „lasik“ (beschluss des ausschusses "gebührenordnung" der bundesärztekammer, stand: 18.01.2002, veröffentlicht in: deutsches ärzteblatt 99, heft 3 (18.01.2002), seite a-144-145). 43andererseits bleibt die zielleistung, auf die beide ausführungsarten zielen, unabhängig von der ausführungsart, dieselbe. insofern kann man auch hier davon ausgegangen werden, dass der einsatz des femtosekundenlasers zwar nicht notwendiger bestandteil der korrektur der hornhautverkrümmung ist (die zumindest theoretisch auch ohne einsatz dieser technik vorgenommen werden kann), aber eine besondere (unselbständige) ausführungsart. auch hier ist es unschädlich, dass diese lasertechnologie bei der bewertung der unter der ziff. 1345 goä erfassten leistung durch den verordnungsgeber noch nicht bekannt war. nicht anders als im rahmen der laser-assistierten katarakt-chirurgie handelt es sich bei dem lasereinsatz letztlich um keinen neuartigen operativen einzelschritt, sondern um ein hilfsmittel des arztes, der sich nicht mehr allein auf seine augen, sein gefühl, seine fingerfertigkeit und seine erfahrung verlasse, sondern sich der modernen computertechnik bediene, um ein besseres operationsergebnis bzw. eine optimale zielleistung zu erreichen. die zielleistung der operation „astigmatismus-beseitigung" ist in der ziff. 1345 goä enthalten (so bereits das ag düsseldorf, urt. v. 03.08.2017 – 43 c 157/15, beckrs 2017, 126110). 44hierbei wird nicht verkannt, dass ein – verglichen mit der laser-assistierten katarakt-chirurgie deutlich erhöhtes – bedürfnis der behandelnden ärzteschaft besteht, eine über ziff. 1345 goä analog nebst ziff. 441 goä hinausgehende vergütung für diese operation abrechnen zu können. doch die vergütung des einsatzes des femtosekundenlasers generell – unabhängig von einer wie soeben dargestellten besonderen medizinischen indikation – zu regeln, etwa weil es sich um die höherwertige behandlungsform handeln könnte (vgl. olg naumburg, urt. v. 09.05.2019 – 4 u 28/16, versr 2019, 1348), ist sache „des verordnungsgebers“. dessen aufgabe ist es, darüber zu befinden, wie ärztliche leistungen, gegebenenfalls auch unter berücksichtigung nach erlass der verordnung eingetretener veränderungen des technischen standards oder der fortentwicklung wissenschaftlicher erkenntnisse, zu bewerten sind (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1204). eine bindung an die verordnung besteht nur dann nicht, wenn sie wegen verstoßes gegen höherrangiges recht – etwa art. 3 gg oder art. 12 gg – nichtig ist, was der richter selbst feststellen kann (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1204). 45nach der rechtsprechung des bverfg sind vergütungsregelungen nur dann mit art. 12 gg abs. 1 gg vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen grundlage beruhen, die durch ausreichende gründe des gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem grundsatz der verhältnismäßigkeit genügt (bverfg, beschl. v. 25.10.2004 – 1 bvr 1437/02, njw 2005, 1036 f.). die grenzen der zumutbarkeit hat das bverfg dort gesehen, wo unangemessen niedrige einkünfte zugemutet werden und auf der grundlage der bestehenden vergütungsregelung eine wirtschaftliche existenz generell nicht möglich ist (bverfg, beschl. v. 25.10.2004 – 1 bvr 1437/02, njw 2005, 1036 f.). der dritte zivilsenat des bgh stellt an die (substantiierte) behauptung der unauskömmlichkeit – bezogen auf eine spezialoperation – besondere anforderungen: dass die vergütung objektiv nicht auskömmlich wäre, könne nur beurteilt werden, wenn aufwand und kostenstrukturen näher dargestellt wären (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1204). in diese überlegungen müssten auch die honorierung entsprechender leistungen in der vertragsärztlichen versorgung und – im falle einer stationären behandlung weitere umstände – einbezogen werden (bgh, urt. v. 13.05.2004 – iii zr 344/03, njw-rr 2004, 1202, 1204). dafür wird vorliegend von der klägerseite nicht – bzw. nicht hinreichend – vorgetragen. 46dass eine doppelte abrechnung der ziff. 1375 goä sowohl in dem vorliegenden als auch in vergleichbaren fällen nicht in betracht kommt, hat das gericht bereits mit urteil vom 26.08.2020 (146 c 192/19) zu dem inhaltsgleichen vortrag des klägervertreters entschieden. dies steht im einklang mit der rechtsprechung des dritten zivilsenats des bgh (urt. v. 10.2021 – iii zr 350/20, beckrs 2021, 36355; urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435). 47überdies gibt es – jedenfalls wenn die korrektur der hornhaut-verkrümmung mit der katarakt-operation verbunden wird – eine letztlich auf heilung angelegte behandlungsalternative. als solche kommt, so der sachverständige, stets das einsetzen einer torischen intraokularlinse in betracht. diese methode sei unter umständen allerdings nicht preiswerter als der lasereingriff, sondern gegebenenfalls sogar teurer und aufwendiger. 48schließlich geht der abteilungsrichter – anders als der klägervertreter – davon aus, dass sich aus dem bereits zitierten urteil des dritten zivilsenats des bgh (urt. v. 14.10.2021 – iii zr 353/20, beckrs 2021, 37435) mittelbar ergibt, dass die vorliegende konstellation nicht analog ziff. 5855 goä abgerechnet werden kann. aus dem tatbestand ergibt sich, dass in dem dort entschiedenen fall „eine astigmatismus-operation (korrektur von hornhautverkrümmungen)“ vorgenommen worden war. die gegen diese auslegung des urteils vorgebrachten argumente des klägervertreters überzeugen nicht. insbesondere dürfte es angesichts der ausführungen des sachverständigen sowie den entscheidungsgründen des amtsgerichts düsseldorf (urt. v. 03.08.2017 – 43 c 157/15, beckrs 2017, 126110) nahezu ausgeschlossen sein, dass dort manuell und ohne laser gearbeitet worden sein könnte. 49ii. 50die voraussetzungen für den ersatz der außergerichtlichen rechtsanwaltskosten liegen ebenfalls unter keinem rechtlichen gesichtspunkt vor. insbesondere scheitert ein anspruch gem. §§ 280 abs. 1, abs. 2, 286 bgb an einer pflichtverletzung der beklagten. 51iii. 52die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 nr. 11, 711 zpo. 53der streitwert wird auf 2.036,08 eur festgesetzt. 54rechtsbehelfsbelehrung: 55a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 561. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 572. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 58die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 59die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 60die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 61mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 62b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht köln statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 63ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 64hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 65die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. auf die pflicht zur elektronischen einreichung durch professionelle einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das gesetz zum ausbau des elektronischen rechtsverkehrs mit den gerichten und zur änderung weiterer vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 66weitere informationen 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} | 7a K 877/21 | 2022-01-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Das beklagte Land wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des M. X. -M1. vom 16. Februar 2021 verpflichtet, der Klägerin für den Mitarbeiter W. B. für den Zeitraum vom 20. Juni bis zum 29. Juni 2020 eine Erstattung in Höhe von 357,76 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 237,06 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Erstattung der an ihren Arbeitnehmer W. B. gezahlten Verdienstausfallentschädigung infolge behördlich angeordneter Quarantäne. Sie betreibt eine Zeitarbeits- und Personalüberlassungsfirma mit Sitz in Q. . 3Ausweislich des Arbeitsvertrages vom 19. Mai 2020 begann die Beschäftigung des Arbeitnehmers B. bei der Klägerin am 27. Mai 2020 und endete am 28. Februar 2021. Er sollte im Kundenbetrieb als Industriehilfskraft eingesetzt werden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag bestimmten sich die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien nach den Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, die der Arbeitgeberverband iGZ mit einer oder mehreren der Gewerkschaften IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, GdP, EVP abgeschlossen hat oder zukünftig abschließen wird. Überdies bestimmte § 1 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 bis 5 Arbeitsvertrag, dass nicht sämtliche vom Arbeitgeberverband iGZ abgeschlossenen Tarifverträge gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, sondern nur die einschlägigen Tarifverträge nach der in den Absätzen 3 bis 5 genannten Maßgabe. Danach finden jeweils diejenigen in Absatz 2 genannten Tarifverträge Anwendung, an denen die Gewerkschaft, aus deren Satzung sich die Zuständigkeit für den zugewiesenen Kundenbetrieb ergibt, als Vertragspartei beteiligt ist. Soweit nach dem Vorstehenden die satzungsmäßige Zuständigkeit mehrerer Gewerkschaften begründet ist, finden die Tarifverträge mit derjenigen in Absatz 2 genannten zuständigen Gewerkschaft Anwendung, die im Verhältnis zu der oder den anderen zuständigen Gewerkschaft/Gewerkschaften in Absatz 2 zuerst genannt wird (Absatz 3). Bis zum Beginn des ersten Einsatzes finden diejenigen mit dem iGZ abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligt ist. Ab Beginn des ersten Einsatzes gelten diejenigen nach Maßgabe des Absatzes 3 ermittelten Tarifverträge solange, bis ein anderer Einsatz beginnt (Absatz 4). Soweit der Arbeitnehmer an einen Kundenbetrieb überlassen wird, für den sich keine satzungsmäßige Zuständigkeit für den jeweiligen Kundenbetrieb ergibt, finden diejenigen mit dem iGZ abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligt ist (Absatz 5). 4§ 5 des Manteltarifvertrages vom 18. Juli 2019 (in Kraft getreten am 1. April 2020) zwischen dem Arbeitgeberverband iGZ und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB (IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG BAU, EVG und GdP) trifft Regelungen über die Arbeitsbefreiung, es heißt dort: 5„5.1. Soweit dieser Tarifvertrag nichts anderes bestimmt, gilt der Grundsatz, dass nur geleistete Arbeit vergütet wird. 65.2. In unmittelbarem Zusammenhang mit den nachstehenden Ereignissen ist dem Arbeitnehmer bezahlte Freistellung von der Arbeit ohne Anrechnung auf den Urlaub zu gewähren: 7a) bei eigener Eheschließung oder Eintragung einer eingetragenen Lebensgemeinschaft: 1 Tag 8b) bei Niederkunft der Ehefrau oder der eingetragenen Lebenspartnerin: 1 Tag 9c) bei Tod des mit dem Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners: 2 Tage 10d) bei Tod eines Elternteils oder eines Kindes: 1 Tag 11e) bei Umzug auf Veranlassung des Arbeitgebers: 1 Tag 12f) bei Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten aus öffentlichen Ehrenämtern sowie bei Teilnahme als Tarifkommissionsmitglied einer DGB-Mitgliedsgewerkschaft an den Sitzungen der Tarifkommission: die notwendige ausfallende Arbeitszeit. Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, entfällt in dieser Höhe der Anspruch auf das Arbeitsentgelt. 13Bezüglich der Buchstaben b), c) und d) gelten die Regelungen entsprechend auch für Arbeitnehmer in eheähnlicher Lebensgemeinschaft. 14Die Ansprüche auf Freistellung nach Buchstaben a) bis d) bestehen nach einer Betriebszugehörigkeit von 6 Monaten. 15Bezahlte Freistellung wird auf vorherigen schriftlichen Antrag gewährt und ist vom Arbeitnehmer mit Dokumenten nachzuweisen. Der Nachweis ist spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Ereignis beizubringen. 16Damit sind alle Anlässe aus § 616 BGB kompensiert.“ 17Ausweislich der Einsatzanweisung vom 26. Mai 2020 sollte der Arbeitnehmer B. ab dem 27. Mai 2020 bei der Firma I. .I. . N. GmbH & Co. KG (im Folgenden: I. .I. . N. ) mit Sitz in Q. als „Hilfskraft Holzverarbeitung, Verpackungsarbeiten, Sichtkontrolle“ eingesetzt werden, als Einsatzstelle wurde die Firma S. I1. GmbH & Co. KG (im Folgenden: G. ) in I2. benannt. 18Im Juni 2020 lebte der Arbeitnehmer (u.a.) mit seiner Ehefrau N1. -D. C. . in einer Wohnung unter der Adresse M2.-------straße 1 in W1. . Das Gebäude steht im Eigentum der Stadt W1. und ist Teil eines Hochhauskomplexes. 19Mit Verfügung vom 20. Juni 2020 ordnete die Stadt W1. - aufgrund der hohen Anzahl an Coronainfektionen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Firma U. zur Reduzierung der Ausbreitung des Virus - u.a. für alle Bewohnerinnen und Bewohner der Häuser M2.-------straße 1-7 eine 14-tägige Quarantäne ab dem 20. Juni 2020 an. 20Mit Schreiben vom 30. Juni 2020 teilte die Stadt W1. dem Arbeitnehmer C. . mit, dass die Quarantäneverfügung vom 20. Juni 2020 zum 29. Juni 2020 aufgehoben worden sei. 21Der Arbeitnehmer befand sich vom 20. Juni bis zum 29. Juni 2020 in häuslicher Absonderung. 22Am 22. Juli 2020 stellte die Klägerin unter der Vorgangsnummer „20-SE- -000-759-220-722“ beim M3. X. -M1. ( ) einen „Antrag auf Ausgleich des Verdienstausfalls aufgrund eines behördlich angeordneten Tätigkeitsverbots oder einer Absonderung nach § 56 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)“ für den Arbeitnehmer C. . für den Zeitraum vom 20. Juni bis zum 29. Juni 2020. Als Name des Unternehmens wurde in dem Antrag „T3. N2. “ angegeben, als Anschrift des Unternehmenssitzes „G1. 26 in Q. “. Frau N2. - Personaldisponentin bei der Klägerin - wurde ebenfalls als Kontaktperson angegeben. 23Die dem Antrag beigefügten Lohnabrechnungen für Mai und Juni 2020 wurden von der „Q1. .Q1. .S. Q2. Q3. “ mit Sitz „G1. 26 in Q. “ - also der Klägerin - erstellt. Ebenso bezog sich der seit November/Dezember 2020 zwischen dem und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin geführte und vom ausweislich des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (auch) dem hiesigen Verfahren zugeordneten Schriftverkehr ausschließlich auf den „von der Q1. .Q1. .S. Q2. Q3. “ gestellten Erstattungsantrag von Arbeitgeberaufwendungen. 24In dem Antrag erklärte Frau N2. für die Klägerin u.a., dass der Arbeitnehmer in der „M2.-------straße 1 in W1. “ lebe. Als Betriebsstätte wurde „Unternehmenssitz“ angegeben. Zudem bestätigte sie, dass der vorgenannte Arbeitnehmer während des Tätigkeitsverbots bzw. der Absonderung keine Möglichkeit gehabt habe, die Arbeit in Gänze von zu Hause auszuüben. Er habe eine Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB vom 22. Juni 2020 bis zum 29. Juni 2020 für acht Tage erhalten. Überdies habe der Arbeitnehmer keine Lohnfortzahlung nach § 19 BBiG erhalten, sei während der Absonderung nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen, habe im Vorfeld keinen genehmigten Urlaub gehabt und sei auch nicht arbeitsbefreit aufgrund eines kranken Kindes nach § 45 SGB V gewesen. 25Der Lohnanspruch für Juni 2020 habe 1.777,98 Euro betragen, der Verdienstausfall betrage 647,44 Euro. Über das Einkommen hinaus habe der Arbeitnehmer kein weiteres Einkommen aus Arbeitslosengeld I, Zuschuss-Wintergeld, Ersatztätigkeit, Kurzarbeitergeld oder Arbeitgeber-Zuschüssen bezogen. Andere Arbeitstätigkeiten hätten im betreffenden Zeitraum nicht durchgeführt werden können und es seien keine Möglichkeiten zu anderen Arbeitstätigkeiten böswillig unterlassen worden. 26Unterschrift und Datum fehlten auf dem online ausgefüllten und eingereichten Antrag. 27Vom 12. August 2020 bis zum 28. August 2020 befand sich Herr C. . erneut in Absonderung. Für diesen Zeitraum erstattete der der Klägerin mit Bescheid vom 1. April 2021 die Verdienstausfallentschädigung. 28Mit Bescheid vom 16. Februar 2021 - adressiert an die „Q1. .Q1. .S. Q2. Q3. Service GmbH“ - lehnte der M4. den Antrag auf Erstattung von Verdienstausfallentschädigung für den Zeitraum vom 20. Juni bis zum 29. Juni 2020 für den Arbeitnehmer W. C. . ab. Zur Begründung führte der aus, dass die Klägerin beim Einsatz ihres Arbeitnehmers und bei der Unterbringung Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere Hygienevorgaben verletzt habe. Aus diesem Grund habe der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die Klägerin als Arbeitgeber, sodass ein Verdienstausfall i.S.v. § 56 Abs. 1 IfSG und damit ein entsprechender Erstattungsanspruch nicht vorlägen. 29Die Klägerin hat am 11. März 2021 Klage erhoben. 30Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Arbeitnehmer sei an die Firma I. .I. . N. überlassen worden. Diese habe einen Werkvertrag mit der Firma G. abgeschlossen. Zur Erfüllung dieses Werkvertrages sei der Arbeitnehmer C. . im Juni 2020 bei der Firma G. eingesetzt worden. In dieser Firma seien keine Hygienevorgaben, Arbeitsschutzvorschriften oder Gesundheitsvorschriften verletzt worden. Kein einziger von der Absonderungsmaßnahme in W1. betroffener Mitarbeiter sei je bei der Firma U. eingesetzt gewesen, auch nicht im Rahmen von Zeitarbeit oder Arbeitnehmerüberlassung. Es gebe keine vertragliche Verbindungen zwischen ihr - der Klägerin - und der Firma U. . Ihre Mitarbeiter seien dort weder in der Vergangenheit eingesetzt gewesen noch sei dies gegenwärtig der Fall. Auch bei der Unterbringung des Arbeitnehmers C. . seien derartige Vorschriften nicht von ihr - der Klägerin - verletzt worden. Sie selbst habe keine Wohnungen in den von der Absonderungsverfügung betroffenen Straßenzügen in W1. für Mitarbeiter angemietet, an diese vermietet oder vermittelt. Auch die Wohnung in der M2.-------straße sei von ihrem damaligen Arbeitnehmer persönlich angemietet worden. Sie habe ihm diese nicht vermittelt oder zur Verfügung gestellt. Es handele sich dabei nicht um eine Sammel- oder Gemeinschaftsunterkunft. 31Die Klägerin beantragt, 32das beklagte Land unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 16. Februar 2021 zu verpflichten, ihr für den Mitarbeiter W. C. . für den Zeitraum vom 20.06. bis zu dem 29.06.2020 eine Entschädigung in Höhe von 357,76 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich 237,06 Euro geleisteter Sozialabgaben zu bewilligen. 33Das beklagte Land beantragt, 34die Klage abzuweisen. 35Es trägt im Wesentlichen vor, dass es keine Kenntnis über den Einsatzort des Arbeitnehmers habe. Aus der vorgelegten Einsatzanweisung ergebe sich nur, dass dieser am 27. Mai 2020 bei der Firma G. eingesetzt gewesen sei. Der Anweisung lasse sich aber nicht entnehmen, wie lange der Einsatz dort gedauert habe und ob der Arbeitnehmer nicht (auch) auf dem Betriebsgelände der U. -Unternehmensgruppe eingesetzt gewesen sei. Der Einsatzort sei auch deswegen unklar, weil in dem Erstattungsantrag als Betriebsstätte des Arbeitnehmers „Unternehmenssitz“ angegeben worden sei. An dem Unternehmenssitz der Klägerin seien viele Unternehmen ansässig, die für oder mit der U. -Unternehmensgruppe (zusammen) u.a. als Subunternehmen, Werkvertragsunternehmen oder Leiharbeitsunternehmen arbeiteten. Es bleibe daher unklar, in welchem Betrieb der Arbeitnehmer eingesetzt worden sei. Ebenso unklar sei der Einsatzort der weiteren Mitarbeiter der Klägerin, für die sie ebenfalls im Klagewege die Erstattung von Leistungen begehre. So sei z.B. . nicht geklärt, ob die Ehefrau des Arbeitnehmers C. . auf dem Betriebsgelände der Firma U. in eingesetzt gewesen sei. Gleiches gelte für weitere unter der Adresse M2.-------straße 1 in W1. gemeldete Mitarbeiter der Klägerin. Die Einsatzanweisung enthalte nicht nachvollziehbare Angaben. Dort werde angegeben, dass der Arbeitsbeginn bei der Firma I. .I. . N. mit Firmensitz „G1. 26 in Q. “ stattfinde. Einsatzstelle sei die Firma „G. “. Die Verbindung zwischen der Klägerin und der Firma I. .I. . N. erschließe sich nicht. Zudem seien die Angaben in dem Erstattungsantrag in sich widersprüchlich, offensichtlich unzutreffend und wahrheitswidrig. Der Name des antragstellenden Unternehmens sei mit der Angabe „T3. N2. “ unzutreffend angegeben worden. Als Betriebsstätte des Arbeitnehmers werde auf den „Unternehmenssitz“ der Klägerin verwiesen. Der Arbeitnehmer habe in einer Gemeinschaftsunterkunft gelebt, in der auch Mitarbeiter der Firma U. untergebracht gewesen seien. Er habe dort auf engem Raum mit auf dem Betriebsgelände der Firma U. in tätigen Personen gelebt. Jedenfalls habe der Arbeitnehmer aber in einer Werkswohnung gelebt. Das ergebe sich aus folgendem: 36In den von der Absonderung der Stadt W1. betroffenen Gebäuden lebten zu zirka 77 % Personen, die für die Firma U. gearbeitet hätten. Es erscheine lebensfremd, dass diese Wohnungen diesen Personen ohne Zutun der Arbeitgeber vermittelt worden seien. Dies gelte einmal mehr, soweit in den Wohnungen mehrere Personen ohne familiäre oder sonstige Verbindung zusammen lebten. Ferner sei zu berücksichtigen, dass unter der Adresse M2.-------straße 1 neben dem Ehepaar C. . weitere Arbeitnehmer der Klägerin lebten. So hätten in Wohnung Nr. 16 in der M2.-------straße 1 F. N3. , Q4. T4. und W2. T4. gelebt. Obgleich es sich bei Q4. und W2. T4. um Eheleute handeln könnte, sei eine familiäre Verbindung zu dem ebenfalls in Wohnung Nr. 16 wohnhaften F. N3. nicht erkennbar. Überdies habe in Wohnung Nr. 01 H1. -J1. Q5. , ebenfalls Arbeitnehmerin der Klägerin, gelebt. Auch J. T5. sei in der M2.-------straße 1 in Wohnung Nr. 25 wohnhaft gewesen und bei der Klägerin beschäftigt gewesen. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Arbeitnehmer ohne Zutun der Klägerin diese Wohnungen angemietet hätten. An den Briefkästen des Hauses in der M2.-------straße 1 tauche eine Vielzahl von unterschiedlichen Nachnamen, teilweise an einem Briefkasten, der einer Wohnung zuzuordnen sein dürfte, auf. Auch in diesen Wohnungen seien nicht nur Familien, sondern mehrere Arbeitnehmer untergebracht, was dafür spreche, dass die Arbeitnehmer nicht ohne Mitwirkung oder Zutun dort untergebracht seien. 37Aus der Auskunft des Einwohnermelderegisters der Stadt W1. betreffend den Zeitraum vom 16. Juni 2020 bis zum 17. Juli 2020 ergebe sich, dass in der M2.-------straße 1 insgesamt 86 Personen gemeldet gewesen seien. Da das Haus über nur 16 Briefkästen verfüge, sei offenkundig, dass dort eine Vielzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wohnten, die - nicht einem üblichen Familienverbund zugehörig - in den vorhandenen Wohnungen untergebracht sein konnten. Rein rechnerisch komme man zu dem Ergebnis, dass eine einer Sammelunterkunft/Gemeinschaftsunterkunft übliche Überbelegung des vorhandenen Wohnraums erfolgt sein müsse, da andernfalls die 73 dort gemeldeten (volljährigen) Personen und 13 minderjährigen Personen nicht untergekommen sein könnten. Ermittlungen vor Ort hätten ergeben, dass z.B. . Wohnungen von Arbeitnehmern in den Gebäuden A.-------weg 27 und 29 sowie H2.------straße 49 überbelegt seien. Beispielsweise lebten in Wohnungen mit drei Zimmern und einem Wohnzimmer bis zu sieben Personen. Am A.-------weg 9 sei die Beratungsstelle für Menschen aus Ost- und Südosteuropa ansässig. Solche Beratungsstellen würden regelmäßig an Standorten mit hohem Bedarf an Beratungsleistungen eingerichtet. 38Der Lohnanspruch des Arbeitnehmers C. . sei wegen § 615 Sätze 1 und 3 BGB nicht verloren gegangen. Das Betriebsrisiko der Klägerin habe sich realisiert, da sie gegen ihre Fürsorgepflichten im Sinne des § 618 BGB i.V.m. § 36 Abs. 1 IfSG und der Arbeitsstättenverordnung verstoßen habe. Es genüge, dass die Klägerin dem Arbeitnehmer die Wohnung vermittelt bzw. organisiert habe. Sie müsse nicht Mieterin sein und sei dennoch nach § 618 Abs. 2 BGB verantwortlich. Die Unterkünfte seien in einem desolaten Zustand. Die Unterbringung von mehreren Personen in einem Zimmer, obgleich familiär verbunden, hätte aus infektionsschutzrechtlichen Gründen nicht vorgenommen werden dürfen. 39Dem Arbeitnehmer stehe zudem ein Lohnanspruch gegen die Klägerin nach § 616 Satz 1 BGB zu. Eine Abbedingung der Vorschrift sei nicht substantiiert dargelegt worden. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 616 Satz 1 BGB erfüllt. Insbesondere stelle die Dauer der Verhinderung von 10 Kalendertagen eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit dar. Die Absonderung sei mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, sodass nach dem Rechtsgedanken des Entgeltfortzahlungsgesetzes ein Fortzahlungsanspruch von bis zu sechs Wochen bestehe. Die gesetzgeberischen Motive stellten klar, dass ein Quarantäne-Pflichtiger in ähnlicher Weise betroffen sei wie eine erkrankte Person. 40Auch sei fraglich, ob die Klägerin überhaupt der „richtige Arbeitgeber“ sei. 41Schließlich sei der Erstattungsanspruch nach Sinn und Zweck des § 56 IfSG ausgeschlossen. Für den Arbeitnehmer der Klägerin sei wegen der hohen Zahl von Infektionen mit dem Coronavirus unter den Mitarbeitern der Firma U. eine Absonderungsverfügung erlassen worden. Die Klägerin könne gegen die U. -Unternehmensgruppe einen Schadensersatzanspruch auf Erstattung des Lohns geltend machen. 42Zuletzt sei die Höhe des Erstattungsanspruchs von der Klägerin nicht korrekt angegeben, dieser betrage lediglich 357,76 Euro zuzüglich Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 237,06 Euro. 43Unter dem 19. Januar 2021 bestätigte die Stadt W1. , dass sie seit dem Jahr 2019 Eigentümerin des Hauses M2.-------straße 1 in W1. ist. Bestehende Mietverträge habe sie übernommen. Neue Mietverträge schließe sie in eigener Verantwortung ab. 44Die Kammer hat den Arbeitnehmer C. . als Zeugen gehört. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom heutigen Tage verwiesen. 45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs. 46Entscheidungsgründe: 47Die zulässige Klage ist begründet. 48Der Bescheid des beklagten Landes vom 16. Februar 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Ihr steht ein Anspruch auf Erstattung der an ihren Arbeitnehmer W. C. . gezahlten Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 357,76 Euro (Netto-Verdienstausfall) zuzüglich Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 237,06 Euro für den Zeitraum vom 20. Juni bis zum 29. Juni 2020 zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). 49Die Voraussetzungen von § 56 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 IfSG liegen vor. 50Maßgeblich ist insoweit die ab dem 23. Mai 2020 gültige Gesetzesfassung, dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Entschädigung. 51Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich für die Frage des richtigen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage aus dem Prozessrecht nur, dass ein Kläger im verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit ebenso mit einem Aufhebungsbegehren wie mit einem Verpflichtungsbegehren nur dann Erfolg haben kann, wenn er im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die erstrebte Aufhebung des Verwaltungsakts bzw. auf die erstrebte Leistung hat. Ob ein solcher Anspruch jedoch besteht, d.h. ob ein belastender Verwaltungsakt den Kläger im Sinne des § 113 Abs. 1 VwGO rechtswidrig in seinen Rechten verletzt oder die Ablehnung eines begehrten Verwaltungsakts im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO rechtswidrig ist, beurteilt sich nach dem materiellen Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermächtigungsgrundlage oder eines Anspruchs selbst, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen. 52Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 31. März 2004 - 8 C 5.03 -, juris Rn. 35; VG Bayreuth, Urteil vom 21. Juni 2021 - C. 7 K 21.110 -, juris Rn. 22, jeweils m.w.N.; vgl. auch Eckart/Kruse, in: BeckOK Infektionsschutzrecht, 10. Edition, Stand: 15. Januar 2022, IfSG § 56 Rn. 20a, m.w.N. zum Streitstand. 53Nach diesen Grundsätzen ist hier § 56 IfSG in der vom 23. Mai bis zum 18. November 2020 gültigen Fassung anzuwenden, denn der insoweit maßgebliche Anspruch des Arbeitnehmers, der hier durch die Klägerin als Arbeitgeberin geltend gemacht wird (§ 56 Abs. 5 Sätze 1 und 2 IfSG), war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden. Dies ergibt sich aus der damals gültigen Fassung des § 56 Abs. 6 Satz 1 IfSG, der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch unverändert fort gilt. Danach richtet sich die Fälligkeit der Entschädigungsleistungen bei Arbeitnehmern nach der Fälligkeit des aus der bisherigen Tätigkeit erzielten Arbeitsentgelts. § 614 BGB bestimmt dabei, dass die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten ist (Satz 1) und dass, soweit die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen ist, diese nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist (Satz 2). Die Klägerin hatte mit ihrem Arbeitnehmer einen Stundenlohn und eine regelmäßige Arbeitszeit pro Monat vereinbart (§ 3 Arbeitsvertrag), die Fälligkeit tritt spätestens bis zum 15. Bankarbeitstag des auf den Abrechnungsmonat folgenden Monats ein (§ 5 Abs. 6 Arbeitsvertrag). 54Vgl. auch: Maties, in: BeckOGK BGB, Stand: 1. August 2021, § 614 Rn. 54 f. 55Da der letzte Absonderungstag, für den hier noch Erstattung beansprucht wird, der 29. Juni 2020 (Dienstag) gewesen ist, war der Anspruch spätestens am 15. Juli 2020 fällig und damit auch jedenfalls entstanden. Insoweit braucht nicht entschieden werden, ob der Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers bereits zum Zeitpunkt der Absonderung entstanden sein könnte, da die im Zeitpunkt der Fälligkeit gültige Fassung bereits während der Absonderung galt. 56Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält eine Entschädigung in Geld, wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für Personen, die als Ausscheider, Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. Satz 3 von § 56 Abs. 1 IfSG bestimmt zudem, dass eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 nicht erhält, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können. 57Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG hat der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen (Satz 1). Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (Satz 2). Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt (Satz 3). 58A. Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG sind erfüllt. Der für den Erstattungsanspruch der Klägerin primär erforderliche ursprüngliche Entschädigungsanspruch des W. C. . gegen das beklagte Land besteht. 591. Der Arbeitnehmer unterlag ausweislich der Verfügung der Stadt W1. vom 20. Juni 2020 und dem Schreiben vom 30. Juni 2020 als Bewohner des Hauses M2.-------straße 1 im Zeitraum vom 20. Juni bis zum 29. Juni 2020 einer behördlich angeordneten Absonderung (i.S.d. § 30 IfSG). Es ist auch davon auszugehen, dass Herr C. . als Ansteckungsverdächtiger (§ 2 Nr. 7 IfSG) galt. Die Stadt W1. erließ die Absonderungsverfügung (ausweislich des Schreibens vom 30. Juni 2020) auf Grundlage von § 30 Abs. 1 IfSG, der mindestens einen Ansteckungsverdacht bei dem Adressaten voraussetzt. Diesen Verdacht begründete die Behörde in der Ordnungsverfügung vom 20. Juni 2020 mit der - gerichtsbekannten - hohen Anzahl an Coronainfektionen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Firma U. in S1. -X1. . Überdies bekunden die Beteiligten übereinstimmend, dass in dem Gebäude sowie den Nachbarhäusern in dem streitgegenständlichen Zeitraum auch (eine Vielzahl von) Personen wohnten, die auf dem Betriebsgelände der Firma U. tätig waren. Dies ergibt sich zudem aus der Verfügung des Bürgermeisters der Stadt W1. vom 23. Juni 2020 zur Absonderung in sog. häusliche Quarantäne (vgl. Amtsblatt W1. 16/2020, Seite 120 ff.). Infektionsrechtlich relevante Kontakte der Hausbewohner zu mit dem Coronavirus infizierten Personen, vor allem im Hausflur, Keller oder den Gemeinschaftsräumen, sind daher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen. 60Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 3 C 16.11 -, juris Rn. 31 ff. 61Da § 56 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 IfSG das Erfordernis der Rechtmäßigkeit der Absonderungsverfügung nicht voraussetzt, genügt tatbestandlich eine wirksame Maßnahme. 62Vgl. zum Streitstand: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, 9. Edition, 20. Dezember 2021, IfSG, § 56 Rn. 34, m.w.N.; Kümper, in: Kießling, IfSG, 2. Auflage 2021, § 56 Rn. 20, m.w.N. 63Gegen die Wirksamkeit der Verfügung bestehen keine Bedenken, solche wurden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen. 64Ungeachtet dessen bestehen - unter Berücksichtigung der o.g. Umstände - auch keine (durchgreifenden) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Absonderungsanordnung. 65Der Anspruch ist auch nicht nach § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG ausgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Arbeitnehmer C. . die Absonderung im Juni 2020 durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder einer anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben war oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, hätte vermeiden können. 662. Der Arbeitnehmer hat in dem Zeitraum vom 20. Juni bis zum 29. Juni 2020 einen Verdienstausfall erlitten. 67Nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ stand dem Arbeitnehmer im Zeitraum der Absonderung, in der er seine Wohnung nicht verlassen durfte, kein Anspruch aus seinem Arbeitsvertrag i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB auf Zahlung seines Arbeitslohns zu. 68Vgl. dazu z.B. .: Maties, in: BeckOGK, 1. August 2021, BGB, § 611a Rn. 1670 ff.; Fandel/Kock, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, § 611a Rn. 198. 69Er konnte seine Tätigkeit „im Kundenbetrieb als Industriehilfskraft“ offenkundig auch nicht im Home-Office erbringen und hat dies nach den Angaben der Klägerin im Antragsformular auch im Wege einer Ersatztätigkeit nicht getan. 70Vgl. zur arbeitsorganisatorischen Umstellung auch: Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, 10. Edition, 15. Januar 2021, IfSG, § 56 Rn. 35. 71Ein Fall, in dem die Klägerin gegenüber dem Arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen gleichwohl zur Lohnfortzahlung trotz nicht geleisteter Arbeit verpflichtet gewesen wäre, ist nicht gegeben. 72a. Ein Vergütungsanspruch folgt nicht aus § 3 EFZG. Danach hat ein Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. 73Ausweislich der Angaben der Klägerin im Erstattungsantrag vom 22. Juli 2020 war der Arbeitnehmer im streitgegenständlichen Zeitraum nicht arbeitsunfähig erkrankt. Dieser Vortrag wurde auch vom beklagten Land nicht (durchgreifend) in Frage gestellt. 74b. Ebenso liegen die Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB - ungeachtet der Anwendbarkeit der Regelung in Abgrenzung zu § 615 BGB - nicht vor. Danach behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Arbeitgeber für den Umstand, auf Grund dessen der Arbeitnehmer nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist (Var. 1) oder dieser vom Arbeitnehmer nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Arbeitgeber im Verzug der Annahme ist (Var. 2). 75Es ist zunächst nicht davon auszugehen, dass die Klägerin allein oder weit überwiegend verantwortlich ist für den Grund der - wegen des Fixschuldcharakters der nach wöchentlicher Arbeitszeit bemessenen Arbeitsleistung -, 76vgl. z.B. . BAG, Urteile vom 17. März 1988 - 2 AZR 576/87 -, juris Rn. 47, und vom 23. September 2015 - 5 AZR 146/14 -, juris Rn. 26; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, BGB, 22. Auflage 2022, § 611a Rn. 675; Fandel/Kock, in: Herberger/Martinek u.a. jurisPK-BGB, 9. Auflage 2020, § 611a Rn. 198; Ernst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 275 Rn. 49, 52, zur Enzelfallbetrachtung, 77absonderungsbedingten Unmöglichkeit (§ 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB). Verantwortlichkeit im Sinne der Norm erfasst jedenfalls ein Vertretenmüssen i.S.d. §§ 276, 278 BGB, d.h. mindestens fahrlässiges Handeln. 78Vgl. z.B. . BAG, Urteil vom 19. August 2015 - 5 AZR 975/13 -, juris Rn. 29. 79Anhaltspunkte für einen vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtenverstoß mit Blick auf die beim Arbeitnehmer eingetretene Unmöglichkeit bestehen nicht. Zwar hat der M4. in dem Bescheid vom 16. Februar 2021 ausgeführt, dass die Klägerin beim Einsatz ihres Arbeitnehmers und bei der Unterbringung Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere Hygienevorgaben verletzt habe. Es fehlen dazu aber sowohl ein schlüssiger Vortrag als auch Belege. 80Der Zeuge C. . war ausweislich seiner glaubhaften Bekundungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, der überzeugenden Angaben der Frau T3. N2. sowie der vorliegenden Unterlagen von Ende Mai bis zum Beginn der häuslichen Absonderung im Juni 2020 als Industriehilfskraft (konkret: Hilfskraft Holzverarbeitung, Verpackungsarbeiten, Sichtkontrolle) bei der Firma G. in I2. eingesetzt. Dass die Klägerin als Verleiherin, die Firma I. .I. . als Entleiherin oder die Firma G. als Bestellerin Arbeitsschutzvorschriften (insbesondere § 3 ArbSchG und § 618 BGB i.V.m. SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard) verletzt haben könnten, ist weder nachvollziehbar vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich. Frau N2. hat dazu in der mündlichen Verhandlung im Übrigen glaubhaft ausgeführt, dass die Mitarbeiter der Klägerin zu Beginn der Coronapandemie auf die sog. AHA-Regeln und weitere Hygienevorschriften hingewiesen worden seien. In der Firma G. seien die Schichten getrennt und damit Kontakte reduziert worden. Ausbruchsgeschehen bei der Firma I. .I. . oder der Firma G. habe es im Jahr 2020 nicht gegeben. Eine Zusammenarbeit mit der „U. -Unternehmensgruppe“ in S1. -X1. hat entgegen der Mutmaßung des beklagten Landes nicht stattgefunden. Das hat auch Frau N2. in der mündlichen Verhandlung noch einmal bestätigt. 81Es ist auch nicht ansatzweise nachvollziehbar vorgetragen, belegt oder erkennbar, dass die Klägerin für die Wohnverhältnisse ihrer Arbeitnehmer, insbesondere i.S.d. § 618 Abs. 2 BGB, § 36 IfSG oder § 576 BGB verantwortlich sein könnte. Nach den schlüssigen Bekundungen der Klägerin, konkretisiert durch die Angaben der Frau N2. im Rahmen der mündlichen Verhandlung, hat sie an ihre Mitarbeiter keine Wohnungen vermittelt oder diese für ihre Arbeitnehmer organisiert. Sie betreibt keine Sammel- oder Gemeinschaftsunterkunft. Überdies konnte Frau N2. überzeugend darlegen, dass der Abzug einer „Kaution“ i.I. .v. 50 Euro in der Gehaltsabrechnung Mai 2020 des Herrn C. . für die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel, wie Arbeitsschuhe, erfolgt ist und sich die Position „Abschlag“ i.I. .v. 29,14 Euro in der Gehaltsabrechnung Juni 2020 auf die Kosten für einen durchgeführten Coronatest bezieht. Dieser sei erforderlich gewesen, um Herrn C. . nach Aufhebung der Absonderung bei einzusetzen. Die Testung wurde auch von dem betroffenen Arbeitnehmer bestätigt. Die Positionen stehen damit offensichtlich in keinem Zusammenhang zur Wohnsituation des Arbeitnehmers. 82In Übereinstimmung mit den Angaben der Klägerin hat der Zeuge C. . zudem glaubhaft erläutert, bereits seit dem 19. Juli 2019 - also vor Abschluss des Arbeitsvertrages mit der Klägerin - unter der Adresse M2.-------straße 1 in W1. zu wohnen. Den Mietvertrag habe er mit der Stadt W1. abgeschlossen. Die Wohnung habe ihm ein Bekannter namens „D1. H3. “ vermittelt. U.a. mit diesem Bekannten und seiner Ehefrau lebe er auch heute noch - nach Beendigung der Tätigkeit bei der Klägerin - in dieser Wohnung. 83Für den Wahrheitsgehalt dieser Angaben spricht, dass die Stadt W1. auf gerichtliche Anfrage am 19. Januar 2022 bestätigt hat, dass sie seit 2019 Eigentümerin des Hauses M2.-------straße 1 in W1. ist, sie die neuen Mietverträge für die Wohnungen in eigener Verantwortung abschließe und bestehende Mietverträge bei Eigentumsübertragung übernommen habe. Allein der Umstand, dass mehrere Arbeitnehmer der Klägerin und eine Vielzahl von Personen, die auf dem Betriebsgelände der U. Gruppe beschäftigt sind, unter der Adresse M2.-------straße 1 bzw. im Ortsteil T6. leben, belegt keine Verantwortlichkeit der Klägerin. 84Auch wenn die Klägerin in der Vergangenheit ihre (künftigen) Mitarbeiter auf freistehende Wohnungen oder Wohngemeinschaften im Ortsteil T6. /W1. hingewiesen haben sollte, ist der Sachverhalt nicht anders zu beurteilen. Eine irgendwie geartete Zurechnung scheidet aus, weil weder Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Wohnsitznahme dort verpflichtend gewesen sein könnte, noch ersichtlich ist, wie es der Klägerin möglich gewesen sein sollte, Einfluss auf die Wohnverhältnisse der dortigen Mieter zu nehmen. Wenn das beklagte Land meint, der Arbeitgeber müsse im Rahmen seiner Fürsorgepflicht darüber belehren oder gar darauf hinwirken, dass in der häuslichen Umgebung (erforderliche) Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus eingehalten werden, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Im Übrigen könnte eine ggf. anzunehmende Obliegenheitsverletzung schon deshalb nicht zur Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB führen, da jedenfalls kein Kausalzusammenhang zur Absonderungsverpflichtung ersichtlich ist. 85Ebenso wenig liegen triftige Hinweise vor, nach denen u.a. im Haus M2.-------straße 1 - von oder in Verantwortung der Klägerin - Hygienevorgaben verletzt worden sein könnten, die für die Absonderungsverfügung und damit die Unmöglichkeit auf Seiten des Arbeitnehmers ursächlich sein könnten. Auf einen solchen Hygieneverstoß stellt im Übrigen auch die Stadt W1. - die Vermieterin - zur Begründung der Absonderung nicht ab. 86Ein Zusammenhang zwischen der hier streitgegenständlichen Absonderung und der vom beklagten Land behaupteten Überbelegung in einzelnen Wohnungen der Häuser A.-------weg 27 und 29 sowie H2.------straße 48 ist mangels Verantwortlichkeit der Klägerin nicht gegeben. 87Soweit darüber hinaus vertreten wird, dass sich eine (auch verschuldensunabhängige) Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, für bestimmte Risiken einzustehen, auch aus dem Arbeitsvertrag oder gesetzlichen Vorschriften ergeben kann, 88vgl. z.B. . Ulber, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, § 326 Rn. 26 ff.; Ernst, Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 326 Rn. 53 ff., jeweils m.w.N., 89muss vorliegend nicht entschieden werden, wie der Begriff der Verantwortlichkeit i.S.d. § 326 Abs. 2 BGB im Einzelnen auszulegen ist. Dass die Klägerin einer besonderen Risikoübernahme unterliegt, ist nicht ersichtlich. 90c. Die Absonderungsverpflichtung des Arbeitnehmers - als Grund seiner Leistungsunmöglichkeit - ist ersichtlich nicht zu einer Zeit eingetreten, zu welcher sich die Klägerin im Verzug der Annahme befand (§ 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BGB i.V.m. §§ 293 ff. BGB). 91d. Aus diesem Grunde scheidet ebenfalls ein Lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 Satz 1 BGB aus, der ebenso den Annahmeverzug des Arbeitgebers tatbestandlich voraussetzt. 92e. Auch die Voraussetzungen des § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB liegen nicht vor. Hiernach kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung auch dann verlangen, wenn die Arbeit ausfällt und der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Voraussetzung des Anspruchs ist - jedenfalls -, dass eine Pflicht zur Arbeitsleistung besteht und die Arbeit infolge von Umständen ausfällt, für die der Arbeitgeber das Risiko trägt. 93Vgl. z.B. BAG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 5 AZR 810/07 -, juris Rn. 13; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 69. 94Das - angesprochene - Betriebsrisiko betrifft die Frage, ob der Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet ist, wenn er ohne eigenes Verschulden zur Beschäftigung der Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen nicht imstande ist. Zum Betriebsrisiko gehören die mit der Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers im Zusammenhang stehenden und die Führung des Betriebes betreffenden Ereignisse. Die Feststellung, in wessen Gefahrenkreis das störende Ereignis fällt, hat in erster Linie nach dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. 95Vgl. Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, 10. Edition, 15. Januar 2022, IfSG, § 56 Rn. 37.3; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 615 Rn. 96; BAG, Urteil vom 30. Mai 1963 - 5 AZR 282/62 -, juris Rn. 8; OLG Hamm, Urteil vom 29 Oktober 2021 - I-11 U 60/21 -, Abdruck S.8; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 57. 96Die Voraussetzung ist nicht erfüllt, da die Absonderung allein an die Wohnanschrift des Arbeitnehmers anknüpft und nicht an im Betrieb der Klägerin liegende Gründe. Ein Zusammenhang zu seiner Tätigkeit bei der Klägerin oder dem Einsatzort ihres Arbeitnehmers besteht nicht. 97f. Dem Arbeitnehmer stand ferner gegen die Klägerin kein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 Satz 1 BGB zu. Nach dieser Regelung wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. 98Die Voraussetzungen des § 616 Satz 1 BGB liegen nicht vor. Zwar handelt es sich nach Auffassung der Kammer bei der Absonderung, die für den Arbeitnehmer als Ansteckungsverdächtigten angeordnet worden ist, um einen in seiner Person liegenden Grund. Allerdings bestand seine Leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen Zeitraum. Im Übrigen dürfte die Anwendbarkeit von § 616 Satz 1 wirksam abbedungen worden sein. 99Ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund liegt in Abgrenzung zu einem objektiven Leistungshindernis vor, wenn das Leistungshindernis in der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers begründet ist oder aus dessen individuellen Lebensumständen resultiert. Ein Zusammenhang mit seinen persönlichen Eigenschaften ist nicht erforderlich, steht der Anwendung von § 616 Satz 1 BGB aber auch nicht entgegen. 100Vgl. z.B. BAG, Urteile vom 19. April 1978 - 5 AZR 834/76 -, juris Rn. 19, und vom 8. September 1982 - 5 AZR 283/80 -, juris Rn. 23, sowie vom 8. Dezember 1982 - 4 AZR 134/80 -, juris Rn. 21 f.; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 22. Auflage 2022, BGB, § 616 Rn. 3; Bieder, in: BeckOGK, Stand: 1. Februar 2020, BGB, § 616 Rn. 14; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 19; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 54. 101Der Umstand, dass von dem Verhinderungsgrund eine Vielzahl von Arbeitnehmern betroffen ist, stellt (lediglich) ein Indiz für das Vorliegen eines objektiven Leistungshindernisses dar. Entscheidend ist insoweit keine quantitativ-reale, sondern eine normativ-hypothetische Betrachtung dergestalt, ob das Hindernis nach seiner Art und Beschaffenheit grundsätzlich geeignet ist, eine Vielzahl von Personen von der Erfüllung ihrer Dienstleistungspflichten abzuhalten, und daher als objektives Leistungshindernis zu qualifizieren ist. 102Vgl. BAG, Urteile vom 24. März 1982 - 5 AZR 1209/79 -, juris Rn. 11, und vom 8. September 1982 - 5 AZR 283/80 -, juris Rn. 24; OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 2021 - 11 U 60/21 -, juris Rn. 25; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 22. Auflage 2022, BGB, § 616 Rn. 6a; Bieder, in: BeckOGK, Stand: 1. Februar 2020, BGB, § 616 Rn. 15; Legleitner, in: Herberger/Martinek u.a. jurisPK-BGB, 9. Auflage, Stand: 1. Februar 2020, § 616 Rn. 4. 103Nach dieser Maßgabe ist - im Grundsatz - mit Blick auf die Corona-Pandemie zu berücksichtigen, dass es sich dabei zwar um ein weltweites Ereignis handelt, welches ein Leistungshindernis zur selben Zeit für mehrere Arbeitnehmer verursachen kann. Für die Einordnung als subjektiv persönliches Hindernis spricht aber, dass der die Absonderung begründende Gefahrenverdacht (in der Regel) für jeden Betroffenen variiert und abhängig vom Einzelfall sowie subjektiven Faktoren - wie dem Aufenthaltsort, dem eigenen Verhalten und Kontakten des Betroffenen - ist. Dass in erster Linie Interessen der Allgemeinheit durchgesetzt werden, ist für die Einordnung des Leistungshindernisses kein entscheidendes Kriterium. Im Übrigen bestünde während einer Pandemie, die schwankende Infektionszahlen und unterschiedlich stark durchseuchte Gebiete mit sich bringen kann, erhebliche Rechtsunsicherheit, in welchem Gebiet und bei welchen Infektionszahlen wegen hoher Wahrscheinlichkeit, als ansteckungsverdächtig eingestuft zu werden, die Arbeitsverhinderung infolge einer Absonderung von einem subjektiven zu einem objektiven Leistungshindernis wird. 104Vgl. speziell zur Absonderung/Quarantäne in der Pandemie: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 22. Auflage 2022, BGB, § 616 Rn. 6a; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 25; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 75 zum Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG; Hohenstatt/Krois, Lohnrisiko und Entgeltfortzahlung während der Corona-Pandemie, in: NZA 2020, 413 (414 f.); Stöß/Putzer, Entschädigung von Verdienstausfall während der Corona-Pandemie, in: NJW 2020, 1465 (1464 f.); BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 20, zum seuchenpolizeilichen Tätigkeitsverbot; Nds. OVG, Beschluss vom 2. Juli 2021 - 13 LA 258/21 -, juris Rn. 10, zum Krankheitsverdacht; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 84 f. und insbesondere Rn. 91 zum Verhältnis von § 616 BGB und § 56 IfSG; VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 26; vgl. auch VG Bayreuth, Gerichtsbescheide vom 5. Mai 2021 - C. 7 K 21.210 -, juris Rn. 30, und vom 7. Juli 2021 - C. 7 K 21.222 -, juris Rn. 18 ff.; a.M. z.B. Klein, Arbeitsrechtliche Problem- und Fragestellungen der Corona-Pandemie, in: NJ 2020, 377 (378), mit Verweis auf die allgemeinen Ausführungen zum objektiven Leistungshindernis bei größeren gleichzeitig betroffenen Personenkreises von Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 59; Weller/Lieberknecht/Habrich, Virulente Leistungsstörungen - Auswirkungen der Corona-Krise auf die Vertragsdurchführung, in: NJW 2020, 1017 (1018 f.); Kraayvanger/Schrader, Erstattungsanspruch des Arbeitgebers nach § 56 V 2 IfSG bei COVID-19?, in: NZA-RR 2020, 623 (625 f.). 105Danach ist maßgebliches Abgrenzungskriterium der Grund für das Leistungshindernis (hier: Ansteckungsverdacht als vom Arbeitnehmer ausgehendes Infektionsrisiko), nicht der Grund für die Absonderung (hier: Corona-Pandemie oder Ausbruchsgeschehen). 106Vgl. VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 26; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Mai 2021 - 9 K 67/21 -, juris Rn. 84; Eufinger, § 56 IfSG - Coronavirus SARS-CoV-2 und die Entdeckung einer Norm, in: DB 2020, 1121 (1123). 107Dies vorangestellt handelt es sich bei der - streitgegenständlichen - Absonderungsanordnung aufgrund eines an das Wohnumfeld des Arbeitnehmers anknüpfenden Ansteckungsverdachts mit dem SARS-CoV-2 Coronavirus um ein subjektiv persönliches Hindernis. 108Allerdings ist ungeachtet der Frage, ob zur Beurteilung der zeitlichen (Un-)Erheblichkeitsschwelle (eher) eine belastungs- oder ereignisbezogene Abwägung bzw. als Konkretisierungshilfe eine Stafflung (Beschäftigungszeit von bis zu 6 Monaten = 3 Tage, von 6 bis 12 Monaten = 1 Woche, ab 1 Jahr = 2 Wochen, ggf. ab 2 Jahren = 4 Wochen) bevorzugt wird, 109vgl. dazu z.B. BGH, Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37; BAG, Urteile vom 20. Juli 1977 - 5 AZR 325/76 -, juris Rn. 12, und vom 11. August 1988 - 8 AZR 721/85 -, juris Rn. 43; VG Bayreuth, Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2021 - C. 7 K 21.210 -, juris Rn. 31 ff.; VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 30; Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, 10. Edition, 15. Januar 2022, IfSG, § 56 Rn. 37.1; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 22. Auflage 2022, BGB, § 616 Rn. 10a f.; Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 14 ff.; Grimm, in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 12. Auflage 2021, C. . Entgeltfortzahlung, Rn. 87; Joussen, in: Beck Onlinekommentar Arbeitsrecht, 62. Edition, 1. Dezember 2021, BGB, § 616 Rn. 46 ff.; Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 66 ff.; Legleitner, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage, Stand: 1. Februar 2020, § 616 Rn. 16; Krause, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 9. Auflage 2020, § 616 BGB, Rn. 40 f.; Bieder, in: BeckOGK, Stand: 1. Februar 2020, BGB, § 616 Rn. 36 ff.; Schmitt, in: Schmitt, Entgeltfortzahlungsgesetz, 8. Auflage 2018, BGB, § 616 Rn. 39 f.; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 99 ff.; Besgen/Jüngst u.a., in: Handbuch Betrieb und Q3. , 248. Lieferung 2021 (Stand: 204. Lieferung 05/16), ZWEITES KAPITEL Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung, Rn. 271 f.; Hexel, in: Henssler/Moll/Bepler, Der Tarifvertrag, 2. Auflage 2016, Teil 4 Inhalt des Tarifvertrages, Rn. 34; Eufinger, § 56 IfSG - Coronavirus SARS-CoV-2 und die Entdeckung einer Norm, in: DB 2020, 1121 (1123); Stöß/Putzer, Entschädigung von Verdienstausfall während der Corona-Pandemie, in: NJW 2020, 1465 (1468); N2. /Becker, Pandemiebedingte Leistungshindernisse in der Arbeitsrechtspraxis, in: COVuR 2020, 126 (127), 110der hier maßgebliche Absonderungszeitraum von zehn Tagen (20. Juni bis 29. Juni 2020) bzw. von acht Tagen - wie im Erstattungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Tatsache, dass der 20. Juni 2020 ein Samstag und der 21. Juni 2020 ein Sonntag waren -, 111vgl. zum Zeitraum der tatsächlichen Verhinderung: VG Freiburg, Urteil vom 2. Juli 2021 - 10 K 547/21 -, juris Rn. 22, 112hinsichtlich des erst am 27. Mai 2020 begonnenen und bis zum 28. Februar 2021 (~ 9 Monate) befristeten Arbeitsverhältnisses als eine erhebliche Zeit zu qualifizieren. 113Etwas anderes ergibt sich - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht aus der Erwägung, dass der Arbeitnehmer als Ansteckungsverdächtiger einem erkrankten Arbeitnehmer mit Blick auf die Länge eines Lohnfortzahlungsanspruchs gleichgestellt werden könnte. 114Vgl. z.B. . Stöß/Putzer, Entschädigung von Verdienstausfall während der Corona-Pandemie, in: NJW 2020, 1465 (1468), und N2. /Becker, Pandemiebedingte Leistungshindernisse in der Arbeitsrechtspraxis, in: COVuR 2020, 126 (127), die eine Übertragung der 6-Wochen-Frist des § 3 EFZG jedenfalls bei bereits länger bestehenden Arbeitsverhältnissen bzw. langjährig beschäftigten Arbeitnehmern erwägen; VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 - 3 K 107/21.KO -, juris Rn. 32; BT-Drs. 3/1888, S. 10, 27 zu § 48 BSeuchG: Da Ausscheider, Ausscheidungsverdächtige und Ansteckungsverdächtige vom Schicksal in ähnlicher Weise betroffen sind wie Kranke, erscheint es angezeigt, ihnen Leistungen zu gewähren, wie sie sie als Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten würden, und BT-Drs. III/2662, S. 3 zu § 48 BSeuchG: Da der betroffene Personenkreis in etwa den Kranken gleichgestellt werden kann […]; vgl. auch Eufinger, § 56 IfSG - Coronavirus SARS-CoV-2 und die Entdeckung einer Norm, in: DB 2020, 1121 (1123), der eine Übertragung der Frist zumindest bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers für möglich hält; ebenso: Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 22. Auflage 2022, BGB, § 616 Rn. 10b. 115Ungeachtet der Kritik, 116vgl. z.B. Linck, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Auflage 2021, § 97 Rn. 15; Oetker, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 616 Rn. 103, m.w.N., 117an der Fortgeltung dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 118vgl. Urteil vom 30. November 1978 - III ZR 43/77 -, juris Rn. 37 -, 119bezüglich der Heranziehung der 6-Wochen-Frist des § 3 Abs. 1 EFZG auf den Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 Satz 1 BGB, ist diese - hier - schon deshalb nicht übertragbar, weil einschränkend ein länger andauerndes unbefristetes und ungekündigtes Arbeitsverhältnis gefordert wird. Das bei Anordnung der Absonderung erst gut drei Wochen andauernde und auf etwa 9 Monate befristete Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Arbeitnehmer C. . erfüllt dieses Kriterium nicht. 120Ebenso wenig wird das gefundene Ergebnis dadurch beeinflusst, dass es sich bei der Arbeitgeberin um eine Verleiherin im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes handelt. § 616 BGB ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht im Wege einer Billigkeitsüberlegung dahingehend auszulegen, dass hier der (Un-)Erheblichkeitszeitraum anders zu bemessen ist, weil eine bei Unternehmen dieser Art möglicherweise vorhandene Fluktuation von Arbeitnehmern dazu führen könnte, dass § 616 BGB keine Anwendung fände. Dagegen spricht schon, dass § 616 BGB sogar gänzlich abbedungen werden kann. Zudem handelt es sich bei der Arbeitnehmerüberlassung um eine vom Gesetzgeber anerkannte Vertragsgestaltung, die umfassend im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt ist. Der Gesetzgeber sah aber offenbar kein Erfordernis, auch bei der Anwendung des § 616 BGB regelnd tätig zu werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass in § 1 Abs. 1b AÜG lediglich die Überlassungsdauer zeitlich befristet ist. Dass Zeitarbeits- und Personalüberlassungsfirmen regelhaft eine Privilegierung mit Blick auf die Anwendung des § 616 BGB erfahren, ist dadurch nicht belegt. 121Im Übrigen dürfte die Anwendbarkeit von § 616 BGB wirksam abbedungen sein. 122Grundsätzlich kann § 616 BGB durch Einzelvertrag und Tarifvertrag ausdrücklich oder konkludent aufgehoben und beschränkt werden. 123Vgl. z.B. . jeweils m.w.N: Henssler, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 616 Rn. 74; Legleitner, in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Auflage, Stand: 1. Februar 2020, § 616 Rn. 17; Besgen/Jüngst u.a., in: Handbuch Betrieb und Q3. , 248. Lieferung 2021 (Stand: 204. Lieferung 05/16), ZWEITES KAPITEL Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung, Rn. 265 ff. 124Unproblematisch können Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag (durch dynamische Verweisung) auch vereinbaren, dass tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. 125Eine solche Beschränkung durch Verweisung wurde in dem zwischen der Klägerin und dem Arbeitnehmer C. . geschlossenen Arbeitsvertrag vom 19. Mai 2020 verabredet, da gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag u.a. auf § 5 des Manteltarifvertrages zwischen dem Interessenverband iGZ und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB (IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG BAU, EVG und GdP) vom 18. Juli 2019 Bezug genommen wird, der eine Lohnfortzahlung nach § 616 BGB auf näher aufgelistete Fälle beschränkt. Die Regelung ist abschließend. Die hier relevante Abwesenheit des Arbeitnehmers C. . wegen behördlicher Absonderung ist nicht aufgeführt. 126Ob die Firma S. I1. GmbH & Co.KG als holzverarbeitender Betrieb ggf. in die satzungsmäßige Zuständigkeit der IG Metall fällt oder die mit ver.di geschlossenen Tarifverträge subsidiär Anwendung finden, bedarf keiner Klärung, da beide Gewerkschaften den vorbenannten Manteltarifvertrag unterzeichnet haben (arg. E. § 1 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag). 127Der Umstand, dass die Klägerin in ihrem Antragsformular ausgeführt hat, dem Arbeitnehmer eine Lohnfortzahlung nach § 616 BGB gewährt zu haben, führt zu keinem anderen Ergebnis. Eine unzutreffende Angabe im Erstattungsantrag führt weder dazu, dass der Arbeitnehmer einen solchen Anspruch nach § 616 BGB erworben hat, noch werden die Erstattungsregeln nach § 56 IfSG allein dadurch ausgeschlossen. Im Übrigen wurde die Auszahlung ausweislich der eingereichten Lohnabrechnung für den Monat Juni 2020 eindeutig als „Entschädigung § 56 Abs. 1“ bezeichnet. 128Weitere anspruchserhaltende Normen sind nicht ersichtlich. 1293. Die Kausalität („dadurch“), 130vgl. dazu Eckart/Kruse, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, 10. Edition, 15. Januar 2022, IfSG, § 56 Rn. 38, 131zwischen Absonderung und Verdienstausfall ist gegeben. Andere Gründe für den Wegfall des Lohnanspruchs sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. 1324. Ein Mitverschulden, das in entsprechender Anwendung von § 254 BGB ggf. über die gesetzlich geregelten Fälle insbesondere in § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG und § 56 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 IfSG anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein könnte, 133vgl. zum Streitstand: Eckart/Kruse, in: BeckOK Infektionsschutzrecht, 10. Edition, 15. Januar 2022, IfSG, § 56 Rn. 41 ff., m.w.N.; Kümper, in: Kießling, 2. Auflage 2021, IfSG, § 56 Rn. 27 ff., m.w.N., 134ist dem Arbeitnehmer nicht vorzuwerfen oder zuzurechnen. Insbesondere hat er nicht schuldhaft versäumt, ein Rechtmittel gegen die Absonderungsverfügung einzulegen, da dieses - wie dargelegt - nicht erfolgsversprechend gewesen wäre. 135C. . Auch die Voraussetzungen von § 56 Abs. 5 IfSG sind erfüllt. 136Die Klägerin ist Arbeitgeberin i.S.d. § 56 Abs. 5 IfSG. Insbesondere verstößt die Arbeitnehmerüberlassung des Herrn C. . an die I. .I. . N. und der daran anschließende Einsatz bei der Firma G. nicht gegen das Verbot des Kettenverleihs nach § 1 Abs. 1 Satz 3 AÜG, mit den in § 10a i.V.m. §§ 9, 10 AÜG geregelten Folgen. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 AÜG ist die Überlassung und das Tätigwerdenlassen von Arbeitnehmern als Leiharbeitnehmer nur zulässig, soweit zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. 137Vgl. dazu im Einzelnen: Pickenhahn, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung, Solo-Selbstständige und Werkverträge, 2. Auflage 2020, § 5 Rn. 8 f., 29 ff. 138Ein Fall der illegalen Arbeitnehmerüberlassung - des Kettenverleihs - liegt nicht vor, denn zwischen der Firma I. .I. . N. und der Firma G. wurde ein Werkvertrag und kein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag geschlossen. 139Die Abgrenzung dieser beiden Vertragstypen erfolgt anhand einer Gesamtwürdigung im Einzelfall. Zentrale Frage ist dabei, welchem Arbeitgeber der Arbeitnehmer zuzuordnen ist. Die Antwort dieser Frage richtet sich wiederum u.a. danach, wessen Weisungen das eingesetzte Q3. tatsächlich unterliegt. Nur bei der Arbeitnehmerüberlassung erhält der Entleiher durch den Überlassungsvertrag das Recht, den Leiharbeitnehmer wie ein Arbeitgeber anzuweisen. Die Tätigkeit des Arbeitgebers (Verleihers) erschöpft sich bei dieser Form der Personalgestellung darin, seine Pflicht aus dem Überlassungsvertrag zu erfüllen, indem er dem Entleiher zur Förderung von dessen Betriebszwecken geeignete Arbeitnehmer zur Verfügung stellt. Abgrenzungsschwierigkeiten entstehen dadurch, dass beide Formen der Personalgestellung in der Außenwirkung aufgrund der Drei-Personen-Beziehung große Ähnlichkeiten aufweisen. Zudem erteilt der Auftraggeber auch beim Werkvertrag durchaus Weisungen, nämlich solche, die sich auf das Werk beziehen (werkbezogene Weisungen). 140Vgl. dazu z.B. . Henssler, in: Henssler/Grau, Arbeitnehmerüberlassung, Solo-Selbstständige und Werkverträge, 2. Auflage 2020, § 5 Rn. 14 ff. 141Nach dieser Maßgabe handelt es sich bei dem zwischen der Firma I. .I. . N. und der Firma G. geschlossenen Vertrag nach einer Gesamtwürdigung der vertraglichen Ausgestaltung und deren Umsetzung um einen Werkvertrag. Geschuldet ist zunächst ein abgrenzbares, abnahmefähiges und der Firma I. .I. . N. als Auftragnehmerin zurechenbares Werk. Gegenstand des Vertrages ist nämlich die Verpackung von IKEA Komplement, Stuva und Besta Schubladen (§ 1 Werkvertrag), entsprechend den vorgegebenen Verpackungs-, Arbeits- und Prüfanweisungen. Die Leistung wird zwar auf dem Betriebsgelände der Firma G. ausgeführt (§ 2 Werkvertrag), diese bei On-Site-Werkverträgen übliche Vorgehensweise spricht aber nicht für eine Arbeitnehmerüberlassung. Die örtliche Eingliederung ergibt sich schon aus der Natur der Sache, da die geschuldete Leistung in der Verpackung von auf dem Betriebsgelände der Auftraggeberin gefertigten Materialen besteht. Eine Eingliederung in die Arbeitsprozesse der Firma G. findet hingegen nicht statt. Z.B. müssen die Mitarbeiter der Firma I. .I. . N. als solche erkennbar gekleidet sein (§ 7 Ziffer 1 Werkvertrag). Eine Einplanung von Dienst- und Urlaubsplänen der Belegschaft der Auftraggeberin erfolgt nicht. Es bleibt der Auftragnehmerin auch überlassen, welche Mitarbeiter und wie viele Mitarbeiter sie zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten Verpflichtung einsetzt (§ 5 Ziffer 1 Werkvertrag). Gegen die Annahme eines personalisierten Einsatzes spricht insoweit, dass Herr C. . im Mai und Juni 2020 bei der Firma G. eingesetzt worden ist, danach aber bei der Firma Wiesenhof. Darüber hinaus verbleiben auch die Weisungsrechte gegenüber den eingesetzten Mitarbeitern bei der Firma I. .I. . N. , lediglich ein „werkvertragliches Weisungsrecht“ ist der Auftraggeberin eingeräumt (§ 5 Werkvertrag). In diesem Sinne hat auch der Zeuge C. . bestätigt, dass während seiner Tätigkeit bei der Firma G. ein verantwortlicher Mitarbeiter der Firma I. .I. . N. die Aufsicht ausgeübt hat. Als weitere Indizien für einen Werkvertrag sprechen die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Inrechnungstellung (§ 3 Werkvertrag), die Haftungsverteilung bei der Gewährleistung sowie die Haftung der Auftragnehmerin für durch ihr Q3. verübte Schäden (§§ 8, 7 Ziffer 3 Satz 4 Werkvertrag). Die Haftpflichtversicherung der Auftragnehmerin ist insoweit ausdrücklich erwähnt (§ 8 Ziffer 9 Werkvertrag). Ebenso wie die Dauer der bereits seit mindestens März 2018 bestehenden vertraglichen Beziehungen spricht die Verantwortlichkeit der Auftragnehmerin für die Ausstattung ihrer Mitarbeiter mit Arbeits- und Sicherheitskleidung sowie Sicherheitsschuhen für eine werkvertragliche Abrede (§ 7 Ziffer 1 Werkvertrag). Die Bereitstellung von Arbeits- und Verbrauchsmitteln durch die Auftraggeberin (§ 2 Ziffer 2 Werkvertrag) ist dagegen maßgeblich dem Umstand geschuldet, dass die Leistung in deren Räumen erbracht wird. 142Die Überlassung des Herrn C. . an die Firma I. .I. . N. und der daran anschließende Einsatz bei der Firma G. verstoßen auch nicht gegen den zwischen der Klägerin und ihrem Mitarbeiter geschlossenen Arbeitsvertrag. Dieser schließt ein solches Vorgehen jedenfalls nicht aus. Nach § 1 Abs. 1 Unterabs. 2 Arbeitsvertrag wird der Mitarbeiter an wechselnden Einsatzstellen bei Kunden und bei wechselnden Kunden eingesetzt. Der Einsatz bei einem Kunden erfolgt vorübergehend. Der Arbeitgeber informiert den Mitarbeiter vor jeder Übertragung darüber, dass er als Zeitarbeitnehmer tätig wird. Der Mitarbeiter kann - gerade - auch im Rahmen von Werk- oder Dienstverträgen eingesetzt werden. Unabhängig davon hätte ein Verstoß gegen den arbeitsvertraglich vereinbarten Rechtscharakter des Einsatzes keinen Einfluss auf die Arbeitgeberstellung der Klägerin. 143Ein Schriftsatznachlass nach § 173 VwGO i.V.m. § 283 ZPO war dem beklagten Land zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht zu gewähren. Zwar hat die Klägerin erst am 24. Januar 2022 ihre vertraglichen Beziehungen zur Firma I. .I. . N. aufgeklärt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Vertragsunterlagen vorgelegt. Die Sitzung wurde aber unterbrochen, um den Beteiligten Gelegenheit zur Durchsicht der Unterlagen zu geben, anschließend wurden die wesentlichen Aspekte erörtert. Insoweit war das beklagte Land auch in der Lage, im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu diesem Sachverhalt Stellung zu nehmen. 144Unstreitig hat die Klägerin die Entschädigung während des streitgegenständlichen Zeitraums an den Arbeitnehmer ausgezahlt, § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG. 145Einen (formwirksamen) Erstattungsantrag (§ 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG) hat sie am 22. Juli 2020 beim M4. (§ 54 IfSG i.V.m. § 11 Abs. 1 IfSBG-NRW) gestellt. Aus dem Antrag ergibt sich in der Zusammenschau mit den eingereichten Lohnabrechnungen zudem, dass die Klägerin Antragstellerin ist. Überdies wurde dies im Rahmen des Schriftverkehrs zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem M4. ab November/Dezember 2020 auch klargestellt. Schließlich hat der M4. auch den streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid an die Klägerin - und nicht etwa an Frau N2. - adressiert. Wenn das beklagte Land aus den unzutreffenden bzw. ungenauen Angaben in dem Antrag die Glaubhaftigkeit der Einlassungen der Klägerin im Übrigen in Frage stellen möchte, so ist dem nicht zu folgen. 146C. Der Anspruch ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch nicht - nach Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung - ausgeschlossen, weil der Klägerin ggf. ein Schadensersatzanspruch in Höhe des gezahlten Lohns gegenüber der „U. -Unternehmensgruppe“ zustehen könnte, weil auch deren Mitarbeiter in dem Haus M2.-------straße 1 gewohnt hätten. 147Einer solchen Auslegung steht schon entgegen, dass die Klägerin keinen Lohn an Herrn C. . gezahlt hat, sondern den für diesen Arbeitnehmer entstandenen Entschädigungsanspruch infolge eines Verdienstausfalls. Der Lohnanspruch bestand im hier maßgeblichen Zeitraum der Absonderung - wie dargelegt - nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ nicht. 148Aber auch mit Blick auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen einen Dritten wegen der gezahlten Entschädigungsleistung scheidet eine teleologische Reduktion des § 56 Abs. 3 IfSG aus. Die Klägerin fungiert hier nämlich allein als Auszahlungsstelle. Dieses Verfahren soll eine schnelle und unbürokratische Entschädigungsgewährung sicherstellen. 149Vgl. Eckart/Kruse, in: BeckOK Infektionsschutzrecht, 10. Edition, 15. Januar 2022, IfSG § 56 Rn. 73; Gerhardt, in: Gerhardt, Infektionsschutzgesetz, 5. Auflage 2021, IfSG, § 56 Rn. 25. 150Dieser gesetzgeberische Wille ergibt sich auch im Umkehrschluss aus der Legalzession des § 56 Abs. 10 IfSG, da insoweit nur Schadensersatzansprüche des „Entschädigungsberechtigten“ auf das Land übergehen. In diesem Sinne sind in § 56 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 8 IfSG auch nur Leistungen benannt, die „auf die Entschädigung“ anzurechnen sind. 151Das vorbenannte System würde unterlaufen, ließe man darüber hinaus auch im Verhältnis zwischen entschädigungspflichtigem Land und auszahlungsverpflichtetem Arbeitgeber weitere „Anrechnungstatbestände“ zu. In diese Überlegung ist einzustellen, dass der Erstattungsantrag fristgebunden ist (vgl. § 56 Abs. 11 IfSG). Bei der vom beklagten Land vertretenen Vorgehensweise wird dem Arbeitgeber nicht nur das Prozess- und Insolvenzrisiko auferlegt, sondern auch das Erfordernis bei einem ggf. langwierigen Zivilprozess mit Instanzenzug vorsorglich entsprechende Erstattungsansprüche beim M4. zu stellen, sodass weitere - ggf. unnötige - Kosten auf beiden Seiten entstehen und für die Bearbeitung Arbeitskraft gebunden wird. 152Diese Erwägungen gelten erst Recht im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin nach Auffassung des beklagten Landes an einen bisher nicht näher konkretisierten Schuldner und auf einen nicht ansatzweise dargelegten Schadensersatzanspruch verwiesen werden soll. 153Ob der Klägerin möglicherweise weitere Schadensersatzansprüche, wie z.B. . wegen entgangenen Gewinns, gegen einen Dritten zustehen, ist unerheblich. Neben den vorbenannten Erwägungen steht einer irgendwie gearteten Berücksichtigung dieser Ansprüche im vorliegenden Verfahren entgegen, dass diese ggf. möglichen Schadensersatzansprüche der Arbeitgeberin in keinem direkten Zusammenhang zum Entschädigungsanspruch wegen Verdienstausfalls nach behördlicher Absonderung stehen. Allein der Umstand, dass „Grundlage“ dieser Ansprüche dasselbe Infektionsgeschehen ist, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. 154D. Die Höhe des Erstattungsbetrages von 594,82 Euro (Nettoverdienstausfall zzgl. Sozialabgaben) ist von den Beteiligten unter Berücksichtigung von §§ 56 Abs. 3, 57 Abs. 1 IfSG in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden. Die Kammer hat keine Veranlassung, von sich aus an der Richtigkeit der zugrunde liegenden Berechnung zu zweifeln. 155Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. | das beklagte land wird unter entsprechender aufhebung des bescheids des m. x. -m1. vom 16. februar 2021 verpflichtet, der klägerin für den mitarbeiter w. b. für den zeitraum vom 20. juni bis zum 29. juni 2020 eine erstattung in höhe von 357,76 euro (netto-verdienstausfall) zuzüglich 237,06 euro geleisteter sozialabgaben zu bewilligen. das beklagte land trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. das beklagte land darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin begehrt die erstattung der an ihren arbeitnehmer w. b. gezahlten verdienstausfallentschädigung infolge behördlich angeordneter quarantäne. sie betreibt eine zeitarbeits- und personalüberlassungsfirma mit sitz in q. . 3ausweislich des arbeitsvertrages vom 19. mai 2020 begann die beschäftigung des arbeitnehmers b. bei der klägerin am 27. mai 2020 und endete am 28. februar 2021. er sollte im kundenbetrieb als industriehilfskraft eingesetzt werden. nach § 1 abs. 2 satz 1 arbeitsvertrag bestimmten sich die rechte und pflichten der arbeitsvertragsparteien nach den tarifverträgen in der jeweils gültigen fassung, die der arbeitgeberverband igz mit einer oder mehreren der gewerkschaften ig bce, ngg, ig metall, gew, ver.di, ig bau, gdp, evp abgeschlossen hat oder zukünftig abschließen wird. überdies bestimmte § 1 abs. 2 satz 3 i.v.m. abs. 3 bis 5 arbeitsvertrag, dass nicht sämtliche vom arbeitgeberverband igz abgeschlossenen tarifverträge gleichzeitig auf das arbeitsverhältnis anwendung finden, sondern nur die einschlägigen tarifverträge nach der in den absätzen 3 bis 5 genannten maßgabe. danach finden jeweils diejenigen in absatz 2 genannten tarifverträge anwendung, an denen die gewerkschaft, aus deren satzung sich die zuständigkeit für den zugewiesenen kundenbetrieb ergibt, als vertragspartei beteiligt ist. soweit nach dem vorstehenden die satzungsmäßige zuständigkeit mehrerer gewerkschaften begründet ist, finden die tarifverträge mit derjenigen in absatz 2 genannten zuständigen gewerkschaft anwendung, die im verhältnis zu der oder den anderen zuständigen gewerkschaft/gewerkschaften in absatz 2 zuerst genannt wird (absatz 3). bis zum beginn des ersten einsatzes finden diejenigen mit dem igz abgeschlossenen tarifverträge anwendung, an denen ver.di als vertragspartei beteiligt ist. ab beginn des ersten einsatzes gelten diejenigen nach maßgabe des absatzes 3 ermittelten tarifverträge solange, bis ein anderer einsatz beginnt (absatz 4). soweit der arbeitnehmer an einen kundenbetrieb überlassen wird, für den sich keine satzungsmäßige zuständigkeit für den jeweiligen kundenbetrieb ergibt, finden diejenigen mit dem igz abgeschlossenen tarifverträge anwendung, an denen ver.di als vertragspartei beteiligt ist (absatz 5). 4§ 5 des manteltarifvertrages vom 18. juli 2019 (in kraft getreten am 1. april 2020) zwischen dem arbeitgeberverband igz und den unterzeichnenden mitgliedsgewerkschaften des dgb (ig bce, ngg, ig metall, gew, ver.di, ig bau, evg und gdp) trifft regelungen über die arbeitsbefreiung, es heißt dort: 5„5.1. soweit dieser tarifvertrag nichts anderes bestimmt, gilt der grundsatz, dass nur geleistete arbeit vergütet wird. 65.2. in unmittelbarem zusammenhang mit den nachstehenden ereignissen ist dem arbeitnehmer bezahlte freistellung von der arbeit ohne anrechnung auf den urlaub zu gewähren: 7a) bei eigener eheschließung oder eintragung einer eingetragenen lebensgemeinschaft: 1 tag 8b) bei niederkunft der ehefrau oder der eingetragenen lebenspartnerin: 1 tag 9c) bei tod des mit dem arbeitnehmer in häuslicher gemeinschaft lebenden ehegatten oder eingetragenen lebenspartners: 2 tage 10d) bei tod eines elternteils oder eines kindes: 1 tag 11e) bei umzug auf veranlassung des arbeitgebers: 1 tag 12f) bei erfüllung gesetzlich auferlegter pflichten aus öffentlichen ehrenämtern sowie bei teilnahme als tarifkommissionsmitglied einer dgb-mitgliedsgewerkschaft an den sitzungen der tarifkommission: die notwendige ausfallende arbeitszeit. soweit ein erstattungsanspruch besteht, entfällt in dieser höhe der anspruch auf das arbeitsentgelt. 13bezüglich der buchstaben b), c) und d) gelten die regelungen entsprechend auch für arbeitnehmer in eheähnlicher lebensgemeinschaft. 14die ansprüche auf freistellung nach buchstaben a) bis d) bestehen nach einer betriebszugehörigkeit von 6 monaten. 15bezahlte freistellung wird auf vorherigen schriftlichen antrag gewährt und ist vom arbeitnehmer mit dokumenten nachzuweisen. der nachweis ist spätestens innerhalb von zwei wochen nach dem ereignis beizubringen. 16damit sind alle anlässe aus § 616 bgb kompensiert.“ 17ausweislich der einsatzanweisung vom 26. mai 2020 sollte der arbeitnehmer b. ab dem 27. mai 2020 bei der firma i. .i. . n. gmbh & co. kg (im folgenden: i. .i. . n. ) mit sitz in q. als „hilfskraft holzverarbeitung, verpackungsarbeiten, sichtkontrolle“ eingesetzt werden, als einsatzstelle wurde die firma s. i1. gmbh & co. kg (im folgenden: g. ) in i2. benannt. 18im juni 2020 lebte der arbeitnehmer (u.a.) mit seiner ehefrau n1. -d. c. . in einer wohnung unter der adresse m2.-------straße 1 in w1. . das gebäude steht im eigentum der stadt w1. und ist teil eines hochhauskomplexes. 19mit verfügung vom 20. juni 2020 ordnete die stadt w1. - aufgrund der hohen anzahl an coronainfektionen bei den mitarbeiterinnen und mitarbeitern der firma u. zur reduzierung der ausbreitung des virus - u.a. für alle bewohnerinnen und bewohner der häuser m2.-------straße 1-7 eine 14-tägige quarantäne ab dem 20. juni 2020 an. 20mit schreiben vom 30. juni 2020 teilte die stadt w1. dem arbeitnehmer c. . mit, dass die quarantäneverfügung vom 20. juni 2020 zum 29. juni 2020 aufgehoben worden sei. 21der arbeitnehmer befand sich vom 20. juni bis zum 29. juni 2020 in häuslicher absonderung. 22am 22. juli 2020 stellte die klägerin unter der vorgangsnummer „20-se- -000-759-220-722“ beim m3. x. -m1. ( ) einen „antrag auf ausgleich des verdienstausfalls aufgrund eines behördlich angeordneten tätigkeitsverbots oder einer absonderung nach § 56 abs. 1 des infektionsschutzgesetzes (ifsg)“ für den arbeitnehmer c. . für den zeitraum vom 20. juni bis zum 29. juni 2020. als name des unternehmens wurde in dem antrag „t3. n2. “ angegeben, als anschrift des unternehmenssitzes „g1. 26 in q. “. frau n2. - personaldisponentin bei der klägerin - wurde ebenfalls als kontaktperson angegeben. 23die dem antrag beigefügten lohnabrechnungen für mai und juni 2020 wurden von der „q1. .q1. .s. q2. q3. “ mit sitz „g1. 26 in q. “ - also der klägerin - erstellt. ebenso bezog sich der seit november/dezember 2020 zwischen dem und dem prozessbevollmächtigten der klägerin geführte und vom ausweislich des beigezogenen verwaltungsvorgangs (auch) dem hiesigen verfahren zugeordneten schriftverkehr ausschließlich auf den „von der q1. .q1. .s. q2. q3. “ gestellten erstattungsantrag von arbeitgeberaufwendungen. 24in dem antrag erklärte frau n2. für die klägerin u.a., dass der arbeitnehmer in der „m2.-------straße 1 in w1. “ lebe. als betriebsstätte wurde „unternehmenssitz“ angegeben. zudem bestätigte sie, dass der vorgenannte arbeitnehmer während des tätigkeitsverbots bzw. der absonderung keine möglichkeit gehabt habe, die arbeit in gänze von zu hause auszuüben. er habe eine entgeltfortzahlung nach § 616 bgb vom 22. juni 2020 bis zum 29. juni 2020 für acht tage erhalten. überdies habe der arbeitnehmer keine lohnfortzahlung nach § 19 bbig erhalten, sei während der absonderung nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen, habe im vorfeld keinen genehmigten urlaub gehabt und sei auch nicht arbeitsbefreit aufgrund eines kranken kindes nach § 45 sgb v gewesen. 25der lohnanspruch für juni 2020 habe 1.777,98 euro betragen, der verdienstausfall betrage 647,44 euro. über das einkommen hinaus habe der arbeitnehmer kein weiteres einkommen aus arbeitslosengeld i, zuschuss-wintergeld, ersatztätigkeit, kurzarbeitergeld oder arbeitgeber-zuschüssen bezogen. andere arbeitstätigkeiten hätten im betreffenden zeitraum nicht durchgeführt werden können und es seien keine möglichkeiten zu anderen arbeitstätigkeiten böswillig unterlassen worden. 26unterschrift und datum fehlten auf dem online ausgefüllten und eingereichten antrag. 27vom 12. august 2020 bis zum 28. august 2020 befand sich herr c. . erneut in absonderung. für diesen zeitraum erstattete der der klägerin mit bescheid vom 1. april 2021 die verdienstausfallentschädigung. 28mit bescheid vom 16. februar 2021 - adressiert an die „q1. .q1. .s. q2. q3. service gmbh“ - lehnte der m4. den antrag auf erstattung von verdienstausfallentschädigung für den zeitraum vom 20. juni bis zum 29. juni 2020 für den arbeitnehmer w. c. . ab. zur begründung führte der aus, dass die klägerin beim einsatz ihres arbeitnehmers und bei der unterbringung gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften, insbesondere hygienevorgaben verletzt habe. aus diesem grund habe der arbeitnehmer einen lohnfortzahlungsanspruch gegen die klägerin als arbeitgeber, sodass ein verdienstausfall i.s.v. § 56 abs. 1 ifsg und damit ein entsprechender erstattungsanspruch nicht vorlägen. 29die klägerin hat am 11. märz 2021 klage erhoben. 30zur begründung trägt sie im wesentlichen vor, der arbeitnehmer sei an die firma i. .i. . n. überlassen worden. diese habe einen werkvertrag mit der firma g. abgeschlossen. zur erfüllung dieses werkvertrages sei der arbeitnehmer c. . im juni 2020 bei der firma g. eingesetzt worden. in dieser firma seien keine hygienevorgaben, arbeitsschutzvorschriften oder gesundheitsvorschriften verletzt worden. kein einziger von der absonderungsmaßnahme in w1. betroffener mitarbeiter sei je bei der firma u. eingesetzt gewesen, auch nicht im rahmen von zeitarbeit oder arbeitnehmerüberlassung. es gebe keine vertragliche verbindungen zwischen ihr - der klägerin - und der firma u. . ihre mitarbeiter seien dort weder in der vergangenheit eingesetzt gewesen noch sei dies gegenwärtig der fall. auch bei der unterbringung des arbeitnehmers c. . seien derartige vorschriften nicht von ihr - der klägerin - verletzt worden. sie selbst habe keine wohnungen in den von der absonderungsverfügung betroffenen straßenzügen in w1. für mitarbeiter angemietet, an diese vermietet oder vermittelt. auch die wohnung in der m2.-------straße sei von ihrem damaligen arbeitnehmer persönlich angemietet worden. sie habe ihm diese nicht vermittelt oder zur verfügung gestellt. es handele sich dabei nicht um eine sammel- oder gemeinschaftsunterkunft. 31die klägerin beantragt, 32das beklagte land unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 16. februar 2021 zu verpflichten, ihr für den mitarbeiter w. c. . für den zeitraum vom 20.06. bis zu dem 29.06.2020 eine entschädigung in höhe von 357,76 euro (netto-verdienstausfall) zuzüglich 237,06 euro geleisteter sozialabgaben zu bewilligen. 33das beklagte land beantragt, 34die klage abzuweisen. 35es trägt im wesentlichen vor, dass es keine kenntnis über den einsatzort des arbeitnehmers habe. aus der vorgelegten einsatzanweisung ergebe sich nur, dass dieser am 27. mai 2020 bei der firma g. eingesetzt gewesen sei. der anweisung lasse sich aber nicht entnehmen, wie lange der einsatz dort gedauert habe und ob der arbeitnehmer nicht (auch) auf dem betriebsgelände der u. -unternehmensgruppe eingesetzt gewesen sei. der einsatzort sei auch deswegen unklar, weil in dem erstattungsantrag als betriebsstätte des arbeitnehmers „unternehmenssitz“ angegeben worden sei. an dem unternehmenssitz der klägerin seien viele unternehmen ansässig, die für oder mit der u. -unternehmensgruppe (zusammen) u.a. als subunternehmen, werkvertragsunternehmen oder leiharbeitsunternehmen arbeiteten. es bleibe daher unklar, in welchem betrieb der arbeitnehmer eingesetzt worden sei. ebenso unklar sei der einsatzort der weiteren mitarbeiter der klägerin, für die sie ebenfalls im klagewege die erstattung von leistungen begehre. so sei z.b. . nicht geklärt, ob die ehefrau des arbeitnehmers c. . auf dem betriebsgelände der firma u. in eingesetzt gewesen sei. gleiches gelte für weitere unter der adresse m2.-------straße 1 in w1. gemeldete mitarbeiter der klägerin. die einsatzanweisung enthalte nicht nachvollziehbare angaben. dort werde angegeben, dass der arbeitsbeginn bei der firma i. .i. . n. mit firmensitz „g1. 26 in q. “ stattfinde. einsatzstelle sei die firma „g. “. die verbindung zwischen der klägerin und der firma i. .i. . n. erschließe sich nicht. zudem seien die angaben in dem erstattungsantrag in sich widersprüchlich, offensichtlich unzutreffend und wahrheitswidrig. der name des antragstellenden unternehmens sei mit der angabe „t3. n2. “ unzutreffend angegeben worden. als betriebsstätte des arbeitnehmers werde auf den „unternehmenssitz“ der klägerin verwiesen. der arbeitnehmer habe in einer gemeinschaftsunterkunft gelebt, in der auch mitarbeiter der firma u. untergebracht gewesen seien. er habe dort auf engem raum mit auf dem betriebsgelände der firma u. in tätigen personen gelebt. jedenfalls habe der arbeitnehmer aber in einer werkswohnung gelebt. das ergebe sich aus folgendem: 36in den von der absonderung der stadt w1. betroffenen gebäuden lebten zu zirka 77 % personen, die für die firma u. gearbeitet hätten. es erscheine lebensfremd, dass diese wohnungen diesen personen ohne zutun der arbeitgeber vermittelt worden seien. dies gelte einmal mehr, soweit in den wohnungen mehrere personen ohne familiäre oder sonstige verbindung zusammen lebten. ferner sei zu berücksichtigen, dass unter der adresse m2.-------straße 1 neben dem ehepaar c. . weitere arbeitnehmer der klägerin lebten. so hätten in wohnung nr. 16 in der m2.-------straße 1 f. n3. , q4. t4. und w2. t4. gelebt. obgleich es sich bei q4. und w2. t4. um eheleute handeln könnte, sei eine familiäre verbindung zu dem ebenfalls in wohnung nr. 16 wohnhaften f. n3. nicht erkennbar. überdies habe in wohnung nr. 01 h1. -j1. q5. , ebenfalls arbeitnehmerin der klägerin, gelebt. auch j. t5. sei in der m2.-------straße 1 in wohnung nr. 25 wohnhaft gewesen und bei der klägerin beschäftigt gewesen. es widerspreche der allgemeinen lebenserfahrung, dass die arbeitnehmer ohne zutun der klägerin diese wohnungen angemietet hätten. an den briefkästen des hauses in der m2.-------straße 1 tauche eine vielzahl von unterschiedlichen nachnamen, teilweise an einem briefkasten, der einer wohnung zuzuordnen sein dürfte, auf. auch in diesen wohnungen seien nicht nur familien, sondern mehrere arbeitnehmer untergebracht, was dafür spreche, dass die arbeitnehmer nicht ohne mitwirkung oder zutun dort untergebracht seien. 37aus der auskunft des einwohnermelderegisters der stadt w1. betreffend den zeitraum vom 16. juni 2020 bis zum 17. juli 2020 ergebe sich, dass in der m2.-------straße 1 insgesamt 86 personen gemeldet gewesen seien. da das haus über nur 16 briefkästen verfüge, sei offenkundig, dass dort eine vielzahl von arbeitnehmerinnen und arbeitnehmern wohnten, die - nicht einem üblichen familienverbund zugehörig - in den vorhandenen wohnungen untergebracht sein konnten. rein rechnerisch komme man zu dem ergebnis, dass eine einer sammelunterkunft/gemeinschaftsunterkunft übliche überbelegung des vorhandenen wohnraums erfolgt sein müsse, da andernfalls die 73 dort gemeldeten (volljährigen) personen und 13 minderjährigen personen nicht untergekommen sein könnten. ermittlungen vor ort hätten ergeben, dass z.b. . wohnungen von arbeitnehmern in den gebäuden a.-------weg 27 und 29 sowie h2.------straße 49 überbelegt seien. beispielsweise lebten in wohnungen mit drei zimmern und einem wohnzimmer bis zu sieben personen. am a.-------weg 9 sei die beratungsstelle für menschen aus ost- und südosteuropa ansässig. solche beratungsstellen würden regelmäßig an standorten mit hohem bedarf an beratungsleistungen eingerichtet. 38der lohnanspruch des arbeitnehmers c. . sei wegen § 615 sätze 1 und 3 bgb nicht verloren gegangen. das betriebsrisiko der klägerin habe sich realisiert, da sie gegen ihre fürsorgepflichten im sinne des § 618 bgb i.v.m. § 36 abs. 1 ifsg und der arbeitsstättenverordnung verstoßen habe. es genüge, dass die klägerin dem arbeitnehmer die wohnung vermittelt bzw. organisiert habe. sie müsse nicht mieterin sein und sei dennoch nach § 618 abs. 2 bgb verantwortlich. die unterkünfte seien in einem desolaten zustand. die unterbringung von mehreren personen in einem zimmer, obgleich familiär verbunden, hätte aus infektionsschutzrechtlichen gründen nicht vorgenommen werden dürfen. 39dem arbeitnehmer stehe zudem ein lohnanspruch gegen die klägerin nach § 616 satz 1 bgb zu. eine abbedingung der vorschrift sei nicht substantiiert dargelegt worden. im übrigen seien die voraussetzungen des § 616 satz 1 bgb erfüllt. insbesondere stelle die dauer der verhinderung von 10 kalendertagen eine verhältnismäßig nicht erhebliche zeit dar. die absonderung sei mit einer krankheitsbedingten arbeitsunfähigkeit vergleichbar, sodass nach dem rechtsgedanken des entgeltfortzahlungsgesetzes ein fortzahlungsanspruch von bis zu sechs wochen bestehe. die gesetzgeberischen motive stellten klar, dass ein quarantäne-pflichtiger in ähnlicher weise betroffen sei wie eine erkrankte person. 40auch sei fraglich, ob die klägerin überhaupt der „richtige arbeitgeber“ sei. 41schließlich sei der erstattungsanspruch nach sinn und zweck des § 56 ifsg ausgeschlossen. für den arbeitnehmer der klägerin sei wegen der hohen zahl von infektionen mit dem coronavirus unter den mitarbeitern der firma u. eine absonderungsverfügung erlassen worden. die klägerin könne gegen die u. -unternehmensgruppe einen schadensersatzanspruch auf erstattung des lohns geltend machen. 42zuletzt sei die höhe des erstattungsanspruchs von der klägerin nicht korrekt angegeben, dieser betrage lediglich 357,76 euro zuzüglich sozialversicherungsabgaben in höhe von 237,06 euro. 43unter dem 19. januar 2021 bestätigte die stadt w1. , dass sie seit dem jahr 2019 eigentümerin des hauses m2.-------straße 1 in w1. ist. bestehende mietverträge habe sie übernommen. neue mietverträge schließe sie in eigener verantwortung ab. 44die kammer hat den arbeitnehmer c. . als zeugen gehört. wegen des inhalts und des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die sitzungsniederschrift vom heutigen tage verwiesen. 45wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs. 46 | 47die zulässige klage ist begründet. 48der bescheid des beklagten landes vom 16. februar 2021 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten. ihr steht ein anspruch auf erstattung der an ihren arbeitnehmer w. c. . gezahlten verdienstausfallentschädigung in höhe von 357,76 euro (netto-verdienstausfall) zuzüglich sozialversicherungsabgaben in höhe von 237,06 euro für den zeitraum vom 20. juni bis zum 29. juni 2020 zu (§ 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 vwgo). 49die voraussetzungen von § 56 abs. 1 sätze 1 und 2 i.v.m. abs. 5 ifsg liegen vor. 50maßgeblich ist insoweit die ab dem 23. mai 2020 gültige gesetzesfassung, dem zeitpunkt der entstehung des anspruchs auf entschädigung. 51nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ergibt sich für die frage des richtigen zeitpunkts für die beurteilung der sach- und rechtslage aus dem prozessrecht nur, dass ein kläger im verwaltungsgerichtlichen rechtsstreit ebenso mit einem aufhebungsbegehren wie mit einem verpflichtungsbegehren nur dann erfolg haben kann, wenn er im zeitpunkt der letzten gerichtlichen entscheidung einen anspruch auf die erstrebte aufhebung des verwaltungsakts bzw. auf die erstrebte leistung hat. ob ein solcher anspruch jedoch besteht, d.h. ob ein belastender verwaltungsakt den kläger im sinne des § 113 abs. 1 vwgo rechtswidrig in seinen rechten verletzt oder die ablehnung eines begehrten verwaltungsakts im sinne des § 113 abs. 5 vwgo rechtswidrig ist, beurteilt sich nach dem materiellen recht, dem nicht nur die tatbestandlichen voraussetzungen einer ermächtigungsgrundlage oder eines anspruchs selbst, sondern auch die antwort auf die frage zu entnehmen ist, zu welchem zeitpunkt diese voraussetzungen erfüllt sein müssen. 52vgl. nur bverwg, urteil vom 31. märz 2004 - 8 c 5.03 -, juris rn. 35; vg bayreuth, urteil vom 21. juni 2021 - c. 7 k 21.110 -, juris rn. 22, jeweils m.w.n.; vgl. auch eckart/kruse, in: beckok infektionsschutzrecht, 10. edition, stand: 15. januar 2022, ifsg § 56 rn. 20a, m.w.n. zum streitstand. 53nach diesen grundsätzen ist hier § 56 ifsg in der vom 23. mai bis zum 18. november 2020 gültigen fassung anzuwenden, denn der insoweit maßgebliche anspruch des arbeitnehmers, der hier durch die klägerin als arbeitgeberin geltend gemacht wird (§ 56 abs. 5 sätze 1 und 2 ifsg), war jedenfalls zu diesem zeitpunkt bereits entstanden. dies ergibt sich aus der damals gültigen fassung des § 56 abs. 6 satz 1 ifsg, der im zeitpunkt der mündlichen verhandlung auch unverändert fort gilt. danach richtet sich die fälligkeit der entschädigungsleistungen bei arbeitnehmern nach der fälligkeit des aus der bisherigen tätigkeit erzielten arbeitsentgelts. § 614 bgb bestimmt dabei, dass die vergütung nach der leistung der dienste zu entrichten ist (satz 1) und dass, soweit die vergütung nach zeitabschnitten bemessen ist, diese nach dem ablauf der einzelnen zeitabschnitte zu entrichten ist (satz 2). die klägerin hatte mit ihrem arbeitnehmer einen stundenlohn und eine regelmäßige arbeitszeit pro monat vereinbart (§ 3 arbeitsvertrag), die fälligkeit tritt spätestens bis zum 15. bankarbeitstag des auf den abrechnungsmonat folgenden monats ein (§ 5 abs. 6 arbeitsvertrag). 54vgl. auch: maties, in: beckogk bgb, stand: 1. august 2021, § 614 rn. 54 f. 55da der letzte absonderungstag, für den hier noch erstattung beansprucht wird, der 29. juni 2020 (dienstag) gewesen ist, war der anspruch spätestens am 15. juli 2020 fällig und damit auch jedenfalls entstanden. insoweit braucht nicht entschieden werden, ob der entschädigungsanspruch des arbeitnehmers bereits zum zeitpunkt der absonderung entstanden sein könnte, da die im zeitpunkt der fälligkeit gültige fassung bereits während der absonderung galt. 56nach § 56 abs. 1 satz 1 ifsg erhält eine entschädigung in geld, wer auf grund dieses gesetzes als ausscheider, ansteckungsverdächtiger, krankheitsverdächtiger oder als sonstiger träger von krankheitserregern im sinne von § 31 satz 2 ifsg verboten in der ausübung seiner bisherigen erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen verdienstausfall erleidet. das gleiche gilt nach § 56 abs. 1 satz 2 ifsg für personen, die als ausscheider, ansteckungsverdächtige oder krankheitsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere schutzmaßnahmen nicht befolgen können. satz 3 von § 56 abs. 1 ifsg bestimmt zudem, dass eine entschädigung nach den sätzen 1 und 2 nicht erhält, wer durch inanspruchnahme einer schutzimpfung oder anderen maßnahme der spezifischen prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im bereich des gewöhnlichen aufenthaltsorts des betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein verbot in der ausübung seiner bisherigen tätigkeit oder eine absonderung hätte vermeiden können. 57gemäß § 56 abs. 5 ifsg hat der arbeitgeber bei arbeitnehmern für die dauer des arbeitsverhältnisses, längstens für sechs wochen, die entschädigung für die zuständige behörde auszuzahlen (satz 1). die ausgezahlten beträge werden dem arbeitgeber auf antrag von der zuständigen behörde erstattet (satz 2). im übrigen wird die entschädigung von der zuständigen behörde auf antrag gewährt (satz 3). 58a. die voraussetzungen des § 56 abs. 1 satz 2 i.v.m. satz 1 ifsg sind erfüllt. der für den erstattungsanspruch der klägerin primär erforderliche ursprüngliche entschädigungsanspruch des w. c. . gegen das beklagte land besteht. 591. der arbeitnehmer unterlag ausweislich der verfügung der stadt w1. vom 20. juni 2020 und dem schreiben vom 30. juni 2020 als bewohner des hauses m2.-------straße 1 im zeitraum vom 20. juni bis zum 29. juni 2020 einer behördlich angeordneten absonderung (i.s.d. § 30 ifsg). es ist auch davon auszugehen, dass herr c. . als ansteckungsverdächtiger (§ 2 nr. 7 ifsg) galt. die stadt w1. erließ die absonderungsverfügung (ausweislich des schreibens vom 30. juni 2020) auf grundlage von § 30 abs. 1 ifsg, der mindestens einen ansteckungsverdacht bei dem adressaten voraussetzt. diesen verdacht begründete die behörde in der ordnungsverfügung vom 20. juni 2020 mit der - gerichtsbekannten - hohen anzahl an coronainfektionen bei mitarbeiterinnen und mitarbeitern der firma u. in s1. -x1. . überdies bekunden die beteiligten übereinstimmend, dass in dem gebäude sowie den nachbarhäusern in dem streitgegenständlichen zeitraum auch (eine vielzahl von) personen wohnten, die auf dem betriebsgelände der firma u. tätig waren. dies ergibt sich zudem aus der verfügung des bürgermeisters der stadt w1. vom 23. juni 2020 zur absonderung in sog. häusliche quarantäne (vgl. amtsblatt w1. 16/2020, seite 120 ff.). infektionsrechtlich relevante kontakte der hausbewohner zu mit dem coronavirus infizierten personen, vor allem im hausflur, keller oder den gemeinschaftsräumen, sind daher mit hinreichender wahrscheinlichkeit anzunehmen. 60vgl. bverwg, urteil vom 22. märz 2012 - 3 c 16.11 -, juris rn. 31 ff. 61da § 56 abs. 1 satz 2 i.v.m. satz 1 ifsg das erfordernis der rechtmäßigkeit der absonderungsverfügung nicht voraussetzt, genügt tatbestandlich eine wirksame maßnahme. 62vgl. zum streitstand: eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, 9. edition, 20. dezember 2021, ifsg, § 56 rn. 34, m.w.n.; kümper, in: kießling, ifsg, 2. auflage 2021, § 56 rn. 20, m.w.n. 63gegen die wirksamkeit der verfügung bestehen keine bedenken, solche wurden von den beteiligten auch nicht vorgetragen. 64ungeachtet dessen bestehen - unter berücksichtigung der o.g. umstände - auch keine (durchgreifenden) zweifel an der rechtmäßigkeit der absonderungsanordnung. 65der anspruch ist auch nicht nach § 56 abs. 1 satz 3 ifsg ausgeschlossen. es ist nicht ersichtlich, dass der arbeitnehmer c. . die absonderung im juni 2020 durch inanspruchnahme einer schutzimpfung oder einer anderen maßnahme der spezifischen prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben war oder im bereich des gewöhnlichen aufenthaltsorts des betroffenen öffentlich empfohlen wurde, hätte vermeiden können. 662. der arbeitnehmer hat in dem zeitraum vom 20. juni bis zum 29. juni 2020 einen verdienstausfall erlitten. 67nach dem grundsatz „ohne arbeit kein lohn“ stand dem arbeitnehmer im zeitraum der absonderung, in der er seine wohnung nicht verlassen durfte, kein anspruch aus seinem arbeitsvertrag i.v.m. § 611a abs. 2 bgb auf zahlung seines arbeitslohns zu. 68vgl. dazu z.b. .: maties, in: beckogk, 1. august 2021, bgb, § 611a rn. 1670 ff.; fandel/kock, in: herberger/martinek u.a., jurispk-bgb, 9. auflage 2020, § 611a rn. 198. 69er konnte seine tätigkeit „im kundenbetrieb als industriehilfskraft“ offenkundig auch nicht im home-office erbringen und hat dies nach den angaben der klägerin im antragsformular auch im wege einer ersatztätigkeit nicht getan. 70vgl. zur arbeitsorganisatorischen umstellung auch: eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, 10. edition, 15. januar 2021, ifsg, § 56 rn. 35. 71ein fall, in dem die klägerin gegenüber dem arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen grundsätzen gleichwohl zur lohnfortzahlung trotz nicht geleisteter arbeit verpflichtet gewesen wäre, ist nicht gegeben. 72a. ein vergütungsanspruch folgt nicht aus § 3 efzg. danach hat ein arbeitnehmer, der durch arbeitsunfähigkeit infolge krankheit an seiner arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein verschulden trifft, anspruch auf entgeltfortzahlung im krankheitsfall durch den arbeitgeber für die zeit der arbeitsunfähigkeit bis zur dauer von sechs wochen. 73ausweislich der angaben der klägerin im erstattungsantrag vom 22. juli 2020 war der arbeitnehmer im streitgegenständlichen zeitraum nicht arbeitsunfähig erkrankt. dieser vortrag wurde auch vom beklagten land nicht (durchgreifend) in frage gestellt. 74b. ebenso liegen die voraussetzungen des § 326 abs. 2 satz 1 bgb - ungeachtet der anwendbarkeit der regelung in abgrenzung zu § 615 bgb - nicht vor. danach behält der arbeitnehmer den anspruch auf die gegenleistung, wenn der arbeitgeber für den umstand, auf grund dessen der arbeitnehmer nach § 275 abs. 1 bis 3 bgb nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist (var. 1) oder dieser vom arbeitnehmer nicht zu vertretende umstand zu einer zeit eintritt, zu welcher der arbeitgeber im verzug der annahme ist (var. 2). 75es ist zunächst nicht davon auszugehen, dass die klägerin allein oder weit überwiegend verantwortlich ist für den grund der - wegen des fixschuldcharakters der nach wöchentlicher arbeitszeit bemessenen arbeitsleistung -, 76vgl. z.b. . bag, urteile vom 17. märz 1988 - 2 azr 576/87 -, juris rn. 47, und vom 23. september 2015 - 5 azr 146/14 -, juris rn. 26; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, bgb, 22. auflage 2022, § 611a rn. 675; fandel/kock, in: herberger/martinek u.a. jurispk-bgb, 9. auflage 2020, § 611a rn. 198; ernst, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 275 rn. 49, 52, zur enzelfallbetrachtung, 77absonderungsbedingten unmöglichkeit (§ 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb). verantwortlichkeit im sinne der norm erfasst jedenfalls ein vertretenmüssen i.s.d. §§ 276, 278 bgb, d.h. mindestens fahrlässiges handeln. 78vgl. z.b. . bag, urteil vom 19. august 2015 - 5 azr 975/13 -, juris rn. 29. 79anhaltspunkte für einen vorsätzlichen oder fahrlässigen pflichtenverstoß mit blick auf die beim arbeitnehmer eingetretene unmöglichkeit bestehen nicht. zwar hat der m4. in dem bescheid vom 16. februar 2021 ausgeführt, dass die klägerin beim einsatz ihres arbeitnehmers und bei der unterbringung gesundheits- und arbeitsschutzvorschriften, insbesondere hygienevorgaben verletzt habe. es fehlen dazu aber sowohl ein schlüssiger vortrag als auch belege. 80der zeuge c. . war ausweislich seiner glaubhaften bekundungen im rahmen der mündlichen verhandlung, der überzeugenden angaben der frau t3. n2. sowie der vorliegenden unterlagen von ende mai bis zum beginn der häuslichen absonderung im juni 2020 als industriehilfskraft (konkret: hilfskraft holzverarbeitung, verpackungsarbeiten, sichtkontrolle) bei der firma g. in i2. eingesetzt. dass die klägerin als verleiherin, die firma i. .i. . als entleiherin oder die firma g. als bestellerin arbeitsschutzvorschriften (insbesondere § 3 arbschg und § 618 bgb i.v.m. sars-cov-2-arbeitsschutzstandard) verletzt haben könnten, ist weder nachvollziehbar vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich. frau n2. hat dazu in der mündlichen verhandlung im übrigen glaubhaft ausgeführt, dass die mitarbeiter der klägerin zu beginn der coronapandemie auf die sog. aha-regeln und weitere hygienevorschriften hingewiesen worden seien. in der firma g. seien die schichten getrennt und damit kontakte reduziert worden. ausbruchsgeschehen bei der firma i. .i. . oder der firma g. habe es im jahr 2020 nicht gegeben. eine zusammenarbeit mit der „u. -unternehmensgruppe“ in s1. -x1. hat entgegen der mutmaßung des beklagten landes nicht stattgefunden. das hat auch frau n2. in der mündlichen verhandlung noch einmal bestätigt. 81es ist auch nicht ansatzweise nachvollziehbar vorgetragen, belegt oder erkennbar, dass die klägerin für die wohnverhältnisse ihrer arbeitnehmer, insbesondere i.s.d. § 618 abs. 2 bgb, § 36 ifsg oder § 576 bgb verantwortlich sein könnte. nach den schlüssigen bekundungen der klägerin, konkretisiert durch die angaben der frau n2. im rahmen der mündlichen verhandlung, hat sie an ihre mitarbeiter keine wohnungen vermittelt oder diese für ihre arbeitnehmer organisiert. sie betreibt keine sammel- oder gemeinschaftsunterkunft. überdies konnte frau n2. überzeugend darlegen, dass der abzug einer „kaution“ i.i. .v. 50 euro in der gehaltsabrechnung mai 2020 des herrn c. . für die zur verfügung gestellten arbeitsmittel, wie arbeitsschuhe, erfolgt ist und sich die position „abschlag“ i.i. .v. 29,14 euro in der gehaltsabrechnung juni 2020 auf die kosten für einen durchgeführten coronatest bezieht. dieser sei erforderlich gewesen, um herrn c. . nach aufhebung der absonderung bei einzusetzen. die testung wurde auch von dem betroffenen arbeitnehmer bestätigt. die positionen stehen damit offensichtlich in keinem zusammenhang zur wohnsituation des arbeitnehmers. 82in übereinstimmung mit den angaben der klägerin hat der zeuge c. . zudem glaubhaft erläutert, bereits seit dem 19. juli 2019 - also vor abschluss des arbeitsvertrages mit der klägerin - unter der adresse m2.-------straße 1 in w1. zu wohnen. den mietvertrag habe er mit der stadt w1. abgeschlossen. die wohnung habe ihm ein bekannter namens „d1. h3. “ vermittelt. u.a. mit diesem bekannten und seiner ehefrau lebe er auch heute noch - nach beendigung der tätigkeit bei der klägerin - in dieser wohnung. 83für den wahrheitsgehalt dieser angaben spricht, dass die stadt w1. auf gerichtliche anfrage am 19. januar 2022 bestätigt hat, dass sie seit 2019 eigentümerin des hauses m2.-------straße 1 in w1. ist, sie die neuen mietverträge für die wohnungen in eigener verantwortung abschließe und bestehende mietverträge bei eigentumsübertragung übernommen habe. allein der umstand, dass mehrere arbeitnehmer der klägerin und eine vielzahl von personen, die auf dem betriebsgelände der u. gruppe beschäftigt sind, unter der adresse m2.-------straße 1 bzw. im ortsteil t6. leben, belegt keine verantwortlichkeit der klägerin. 84auch wenn die klägerin in der vergangenheit ihre (künftigen) mitarbeiter auf freistehende wohnungen oder wohngemeinschaften im ortsteil t6. /w1. hingewiesen haben sollte, ist der sachverhalt nicht anders zu beurteilen. eine irgendwie geartete zurechnung scheidet aus, weil weder anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine wohnsitznahme dort verpflichtend gewesen sein könnte, noch ersichtlich ist, wie es der klägerin möglich gewesen sein sollte, einfluss auf die wohnverhältnisse der dortigen mieter zu nehmen. wenn das beklagte land meint, der arbeitgeber müsse im rahmen seiner fürsorgepflicht darüber belehren oder gar darauf hinwirken, dass in der häuslichen umgebung (erforderliche) schutzmaßnahmen gegen die verbreitung des coronavirus eingehalten werden, folgt die kammer dieser auffassung nicht. im übrigen könnte eine ggf. anzunehmende obliegenheitsverletzung schon deshalb nicht zur erfüllung der tatbestandlichen voraussetzungen des § 326 abs. 2 satz 1 var. 1 bgb führen, da jedenfalls kein kausalzusammenhang zur absonderungsverpflichtung ersichtlich ist. 85ebenso wenig liegen triftige hinweise vor, nach denen u.a. im haus m2.-------straße 1 - von oder in verantwortung der klägerin - hygienevorgaben verletzt worden sein könnten, die für die absonderungsverfügung und damit die unmöglichkeit auf seiten des arbeitnehmers ursächlich sein könnten. auf einen solchen hygieneverstoß stellt im übrigen auch die stadt w1. - die vermieterin - zur begründung der absonderung nicht ab. 86ein zusammenhang zwischen der hier streitgegenständlichen absonderung und der vom beklagten land behaupteten überbelegung in einzelnen wohnungen der häuser a.-------weg 27 und 29 sowie h2.------straße 48 ist mangels verantwortlichkeit der klägerin nicht gegeben. 87soweit darüber hinaus vertreten wird, dass sich eine (auch verschuldensunabhängige) verantwortlichkeit des arbeitgebers, für bestimmte risiken einzustehen, auch aus dem arbeitsvertrag oder gesetzlichen vorschriften ergeben kann, 88vgl. z.b. . ulber, in: erman, bgb, 16. auflage 2020, § 326 rn. 26 ff.; ernst, münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 326 rn. 53 ff., jeweils m.w.n., 89muss vorliegend nicht entschieden werden, wie der begriff der verantwortlichkeit i.s.d. § 326 abs. 2 bgb im einzelnen auszulegen ist. dass die klägerin einer besonderen risikoübernahme unterliegt, ist nicht ersichtlich. 90c. die absonderungsverpflichtung des arbeitnehmers - als grund seiner leistungsunmöglichkeit - ist ersichtlich nicht zu einer zeit eingetreten, zu welcher sich die klägerin im verzug der annahme befand (§ 326 abs. 2 satz 1 var. 2 bgb i.v.m. §§ 293 ff. bgb). 91d. aus diesem grunde scheidet ebenfalls ein lohnfortzahlungsanspruch nach § 615 satz 1 bgb aus, der ebenso den annahmeverzug des arbeitgebers tatbestandlich voraussetzt. 92e. auch die voraussetzungen des § 615 satz 3 i.v.m. satz 1 bgb liegen nicht vor. hiernach kann der arbeitnehmer die vereinbarte vergütung auch dann verlangen, wenn die arbeit ausfällt und der arbeitgeber das risiko des arbeitsausfalls trägt. voraussetzung des anspruchs ist - jedenfalls -, dass eine pflicht zur arbeitsleistung besteht und die arbeit infolge von umständen ausfällt, für die der arbeitgeber das risiko trägt. 93vgl. z.b. bag, urteil vom 9. juli 2008 - 5 azr 810/07 -, juris rn. 13; vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 69. 94das - angesprochene - betriebsrisiko betrifft die frage, ob der arbeitgeber zur lohnzahlung verpflichtet ist, wenn er ohne eigenes verschulden zur beschäftigung der belegschaft aus betriebstechnischen gründen nicht imstande ist. zum betriebsrisiko gehören die mit der entscheidungsbefugnis des arbeitgebers im zusammenhang stehenden und die führung des betriebes betreffenden ereignisse. die feststellung, in wessen gefahrenkreis das störende ereignis fällt, hat in erster linie nach dem gesichtspunkt von treu und glauben unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalles zu erfolgen. 95vgl. eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, 10. edition, 15. januar 2022, ifsg, § 56 rn. 37.3; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2019, § 615 rn. 96; bag, urteil vom 30. mai 1963 - 5 azr 282/62 -, juris rn. 8; olg hamm, urteil vom 29 oktober 2021 - i-11 u 60/21 -, abdruck s.8; vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 57. 96die voraussetzung ist nicht erfüllt, da die absonderung allein an die wohnanschrift des arbeitnehmers anknüpft und nicht an im betrieb der klägerin liegende gründe. ein zusammenhang zu seiner tätigkeit bei der klägerin oder dem einsatzort ihres arbeitnehmers besteht nicht. 97f. dem arbeitnehmer stand ferner gegen die klägerin kein anspruch auf lohnfortzahlung nach § 616 satz 1 bgb zu. nach dieser regelung wird der zur dienstleistung verpflichtete des anspruchs auf die vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche zeit durch einen in seiner person liegenden grund ohne sein verschulden an der dienstleistung verhindert wird. 98die voraussetzungen des § 616 satz 1 bgb liegen nicht vor. zwar handelt es sich nach auffassung der kammer bei der absonderung, die für den arbeitnehmer als ansteckungsverdächtigten angeordnet worden ist, um einen in seiner person liegenden grund. allerdings bestand seine leistungsunfähigkeit nicht für einen nur unerheblichen zeitraum. im übrigen dürfte die anwendbarkeit von § 616 satz 1 wirksam abbedungen worden sein. 99ein in der person des arbeitnehmers liegender grund liegt in abgrenzung zu einem objektiven leistungshindernis vor, wenn das leistungshindernis in der persönlichen sphäre des arbeitnehmers begründet ist oder aus dessen individuellen lebensumständen resultiert. ein zusammenhang mit seinen persönlichen eigenschaften ist nicht erforderlich, steht der anwendung von § 616 satz 1 bgb aber auch nicht entgegen. 100vgl. z.b. bag, urteile vom 19. april 1978 - 5 azr 834/76 -, juris rn. 19, und vom 8. september 1982 - 5 azr 283/80 -, juris rn. 23, sowie vom 8. dezember 1982 - 4 azr 134/80 -, juris rn. 21 f.; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, 22. auflage 2022, bgb, § 616 rn. 3; bieder, in: beckogk, stand: 1. februar 2020, bgb, § 616 rn. 14; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 19; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 54. 101der umstand, dass von dem verhinderungsgrund eine vielzahl von arbeitnehmern betroffen ist, stellt (lediglich) ein indiz für das vorliegen eines objektiven leistungshindernisses dar. entscheidend ist insoweit keine quantitativ-reale, sondern eine normativ-hypothetische betrachtung dergestalt, ob das hindernis nach seiner art und beschaffenheit grundsätzlich geeignet ist, eine vielzahl von personen von der erfüllung ihrer dienstleistungspflichten abzuhalten, und daher als objektives leistungshindernis zu qualifizieren ist. 102vgl. bag, urteile vom 24. märz 1982 - 5 azr 1209/79 -, juris rn. 11, und vom 8. september 1982 - 5 azr 283/80 -, juris rn. 24; olg hamm, urteil vom 29. oktober 2021 - 11 u 60/21 -, juris rn. 25; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, 22. auflage 2022, bgb, § 616 rn. 6a; bieder, in: beckogk, stand: 1. februar 2020, bgb, § 616 rn. 15; legleitner, in: herberger/martinek u.a. jurispk-bgb, 9. auflage, stand: 1. februar 2020, § 616 rn. 4. 103nach dieser maßgabe ist - im grundsatz - mit blick auf die corona-pandemie zu berücksichtigen, dass es sich dabei zwar um ein weltweites ereignis handelt, welches ein leistungshindernis zur selben zeit für mehrere arbeitnehmer verursachen kann. für die einordnung als subjektiv persönliches hindernis spricht aber, dass der die absonderung begründende gefahrenverdacht (in der regel) für jeden betroffenen variiert und abhängig vom einzelfall sowie subjektiven faktoren - wie dem aufenthaltsort, dem eigenen verhalten und kontakten des betroffenen - ist. dass in erster linie interessen der allgemeinheit durchgesetzt werden, ist für die einordnung des leistungshindernisses kein entscheidendes kriterium. im übrigen bestünde während einer pandemie, die schwankende infektionszahlen und unterschiedlich stark durchseuchte gebiete mit sich bringen kann, erhebliche rechtsunsicherheit, in welchem gebiet und bei welchen infektionszahlen wegen hoher wahrscheinlichkeit, als ansteckungsverdächtig eingestuft zu werden, die arbeitsverhinderung infolge einer absonderung von einem subjektiven zu einem objektiven leistungshindernis wird. 104vgl. speziell zur absonderung/quarantäne in der pandemie: preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, 22. auflage 2022, bgb, § 616 rn. 6a; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 25; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 75 zum tätigkeitsverbot nach § 31 ifsg; hohenstatt/krois, lohnrisiko und entgeltfortzahlung während der corona-pandemie, in: nza 2020, 413 (414 f.); stöß/putzer, entschädigung von verdienstausfall während der corona-pandemie, in: njw 2020, 1465 (1464 f.); bgh, urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 20, zum seuchenpolizeilichen tätigkeitsverbot; nds. ovg, beschluss vom 2. juli 2021 - 13 la 258/21 -, juris rn. 10, zum krankheitsverdacht; vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 84 f. und insbesondere rn. 91 zum verhältnis von § 616 bgb und § 56 ifsg; vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 26; vgl. auch vg bayreuth, gerichtsbescheide vom 5. mai 2021 - c. 7 k 21.210 -, juris rn. 30, und vom 7. juli 2021 - c. 7 k 21.222 -, juris rn. 18 ff.; a.m. z.b. klein, arbeitsrechtliche problem- und fragestellungen der corona-pandemie, in: nj 2020, 377 (378), mit verweis auf die allgemeinen ausführungen zum objektiven leistungshindernis bei größeren gleichzeitig betroffenen personenkreises von henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 59; weller/lieberknecht/habrich, virulente leistungsstörungen - auswirkungen der corona-krise auf die vertragsdurchführung, in: njw 2020, 1017 (1018 f.); kraayvanger/schrader, erstattungsanspruch des arbeitgebers nach § 56 v 2 ifsg bei covid-19?, in: nza-rr 2020, 623 (625 f.). 105danach ist maßgebliches abgrenzungskriterium der grund für das leistungshindernis (hier: ansteckungsverdacht als vom arbeitnehmer ausgehendes infektionsrisiko), nicht der grund für die absonderung (hier: corona-pandemie oder ausbruchsgeschehen). 106vgl. vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 26; vg karlsruhe, urteil vom 10. mai 2021 - 9 k 67/21 -, juris rn. 84; eufinger, § 56 ifsg - coronavirus sars-cov-2 und die entdeckung einer norm, in: db 2020, 1121 (1123). 107dies vorangestellt handelt es sich bei der - streitgegenständlichen - absonderungsanordnung aufgrund eines an das wohnumfeld des arbeitnehmers anknüpfenden ansteckungsverdachts mit dem sars-cov-2 coronavirus um ein subjektiv persönliches hindernis. 108allerdings ist ungeachtet der frage, ob zur beurteilung der zeitlichen (un-)erheblichkeitsschwelle (eher) eine belastungs- oder ereignisbezogene abwägung bzw. als konkretisierungshilfe eine stafflung (beschäftigungszeit von bis zu 6 monaten = 3 tage, von 6 bis 12 monaten = 1 woche, ab 1 jahr = 2 wochen, ggf. ab 2 jahren = 4 wochen) bevorzugt wird, 109vgl. dazu z.b. bgh, urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 37; bag, urteile vom 20. juli 1977 - 5 azr 325/76 -, juris rn. 12, und vom 11. august 1988 - 8 azr 721/85 -, juris rn. 43; vg bayreuth, gerichtsbescheid vom 5. mai 2021 - c. 7 k 21.210 -, juris rn. 31 ff.; vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 30; eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, 10. edition, 15. januar 2022, ifsg, § 56 rn. 37.1; preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, 22. auflage 2022, bgb, § 616 rn. 10a f.; linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 14 ff.; grimm, in: tschöpe, arbeitsrecht handbuch, 12. auflage 2021, c. . entgeltfortzahlung, rn. 87; joussen, in: beck onlinekommentar arbeitsrecht, 62. edition, 1. dezember 2021, bgb, § 616 rn. 46 ff.; henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 66 ff.; legleitner, in: herberger/martinek u.a., jurispk-bgb, 9. auflage, stand: 1. februar 2020, § 616 rn. 16; krause, in: henssler/willemsen/kalb, arbeitsrecht kommentar, 9. auflage 2020, § 616 bgb, rn. 40 f.; bieder, in: beckogk, stand: 1. februar 2020, bgb, § 616 rn. 36 ff.; schmitt, in: schmitt, entgeltfortzahlungsgesetz, 8. auflage 2018, bgb, § 616 rn. 39 f.; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 99 ff.; besgen/jüngst u.a., in: handbuch betrieb und q3. , 248. lieferung 2021 (stand: 204. lieferung 05/16), zweites kapitel arbeitsentgelt ohne arbeitsleistung, rn. 271 f.; hexel, in: henssler/moll/bepler, der tarifvertrag, 2. auflage 2016, teil 4 inhalt des tarifvertrages, rn. 34; eufinger, § 56 ifsg - coronavirus sars-cov-2 und die entdeckung einer norm, in: db 2020, 1121 (1123); stöß/putzer, entschädigung von verdienstausfall während der corona-pandemie, in: njw 2020, 1465 (1468); n2. /becker, pandemiebedingte leistungshindernisse in der arbeitsrechtspraxis, in: covur 2020, 126 (127), 110der hier maßgebliche absonderungszeitraum von zehn tagen (20. juni bis 29. juni 2020) bzw. von acht tagen - wie im erstattungsantrag der klägerin unter beachtung der tatsache, dass der 20. juni 2020 ein samstag und der 21. juni 2020 ein sonntag waren -, 111vgl. zum zeitraum der tatsächlichen verhinderung: vg freiburg, urteil vom 2. juli 2021 - 10 k 547/21 -, juris rn. 22, 112hinsichtlich des erst am 27. mai 2020 begonnenen und bis zum 28. februar 2021 (~ 9 monate) befristeten arbeitsverhältnisses als eine erhebliche zeit zu qualifizieren. 113etwas anderes ergibt sich - jedenfalls im vorliegenden fall - nicht aus der erwägung, dass der arbeitnehmer als ansteckungsverdächtiger einem erkrankten arbeitnehmer mit blick auf die länge eines lohnfortzahlungsanspruchs gleichgestellt werden könnte. 114vgl. z.b. . stöß/putzer, entschädigung von verdienstausfall während der corona-pandemie, in: njw 2020, 1465 (1468), und n2. /becker, pandemiebedingte leistungshindernisse in der arbeitsrechtspraxis, in: covur 2020, 126 (127), die eine übertragung der 6-wochen-frist des § 3 efzg jedenfalls bei bereits länger bestehenden arbeitsverhältnissen bzw. langjährig beschäftigten arbeitnehmern erwägen; vg koblenz, urteil vom 10. mai 2021 - 3 k 107/21.ko -, juris rn. 32; bt-drs. 3/1888, s. 10, 27 zu § 48 bseuchg: da ausscheider, ausscheidungsverdächtige und ansteckungsverdächtige vom schicksal in ähnlicher weise betroffen sind wie kranke, erscheint es angezeigt, ihnen leistungen zu gewähren, wie sie sie als versicherte in der gesetzlichen krankenversicherung erhalten würden, und bt-drs. iii/2662, s. 3 zu § 48 bseuchg: da der betroffene personenkreis in etwa den kranken gleichgestellt werden kann […]; vgl. auch eufinger, § 56 ifsg - coronavirus sars-cov-2 und die entdeckung einer norm, in: db 2020, 1121 (1123), der eine übertragung der frist zumindest bei einer erkrankung des arbeitnehmers für möglich hält; ebenso: preis, in: erfurter kommentar zum arbeitsrecht, 22. auflage 2022, bgb, § 616 rn. 10b. 115ungeachtet der kritik, 116vgl. z.b. linck, in: schaub, arbeitsrechts-handbuch, 19. auflage 2021, § 97 rn. 15; oetker, in: staudinger, bgb, neubearbeitung 2019, § 616 rn. 103, m.w.n., 117an der fortgeltung dieser rechtsprechung des bundesgerichtshofs, 118vgl. urteil vom 30. november 1978 - iii zr 43/77 -, juris rn. 37 -, 119bezüglich der heranziehung der 6-wochen-frist des § 3 abs. 1 efzg auf den lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 satz 1 bgb, ist diese - hier - schon deshalb nicht übertragbar, weil einschränkend ein länger andauerndes unbefristetes und ungekündigtes arbeitsverhältnis gefordert wird. das bei anordnung der absonderung erst gut drei wochen andauernde und auf etwa 9 monate befristete arbeitsverhältnis zwischen der klägerin und dem arbeitnehmer c. . erfüllt dieses kriterium nicht. 120ebenso wenig wird das gefundene ergebnis dadurch beeinflusst, dass es sich bei der arbeitgeberin um eine verleiherin im sinne des arbeitnehmerüberlassungsgesetzes handelt. § 616 bgb ist entgegen der auffassung des beklagten landes nicht im wege einer billigkeitsüberlegung dahingehend auszulegen, dass hier der (un-)erheblichkeitszeitraum anders zu bemessen ist, weil eine bei unternehmen dieser art möglicherweise vorhandene fluktuation von arbeitnehmern dazu führen könnte, dass § 616 bgb keine anwendung fände. dagegen spricht schon, dass § 616 bgb sogar gänzlich abbedungen werden kann. zudem handelt es sich bei der arbeitnehmerüberlassung um eine vom gesetzgeber anerkannte vertragsgestaltung, die umfassend im arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt ist. der gesetzgeber sah aber offenbar kein erfordernis, auch bei der anwendung des § 616 bgb regelnd tätig zu werden. schließlich ist zu berücksichtigen, dass in § 1 abs. 1b aüg lediglich die überlassungsdauer zeitlich befristet ist. dass zeitarbeits- und personalüberlassungsfirmen regelhaft eine privilegierung mit blick auf die anwendung des § 616 bgb erfahren, ist dadurch nicht belegt. 121im übrigen dürfte die anwendbarkeit von § 616 bgb wirksam abbedungen sein. 122grundsätzlich kann § 616 bgb durch einzelvertrag und tarifvertrag ausdrücklich oder konkludent aufgehoben und beschränkt werden. 123vgl. z.b. . jeweils m.w.n: henssler, in: münchener kommentar zum bgb, 8. auflage 2020, § 616 rn. 74; legleitner, in: herberger/martinek u.a., jurispk-bgb, 9. auflage, stand: 1. februar 2020, § 616 rn. 17; besgen/jüngst u.a., in: handbuch betrieb und q3. , 248. lieferung 2021 (stand: 204. lieferung 05/16), zweites kapitel arbeitsentgelt ohne arbeitsleistung, rn. 265 ff. 124unproblematisch können arbeitgeber und arbeitnehmer im arbeitsvertrag (durch dynamische verweisung) auch vereinbaren, dass tarifvertragliche bestimmungen anwendung finden. 125eine solche beschränkung durch verweisung wurde in dem zwischen der klägerin und dem arbeitnehmer c. . geschlossenen arbeitsvertrag vom 19. mai 2020 verabredet, da gemäß § 1 abs. 2 satz 1 arbeitsvertrag u.a. auf § 5 des manteltarifvertrages zwischen dem interessenverband igz und den unterzeichnenden mitgliedsgewerkschaften des dgb (ig bce, ngg, ig metall, gew, ver.di, ig bau, evg und gdp) vom 18. juli 2019 bezug genommen wird, der eine lohnfortzahlung nach § 616 bgb auf näher aufgelistete fälle beschränkt. die regelung ist abschließend. die hier relevante abwesenheit des arbeitnehmers c. . wegen behördlicher absonderung ist nicht aufgeführt. 126ob die firma s. i1. gmbh & co.kg als holzverarbeitender betrieb ggf. in die satzungsmäßige zuständigkeit der ig metall fällt oder die mit ver.di geschlossenen tarifverträge subsidiär anwendung finden, bedarf keiner klärung, da beide gewerkschaften den vorbenannten manteltarifvertrag unterzeichnet haben (arg. e. § 1 abs. 2 satz 1 arbeitsvertrag). 127der umstand, dass die klägerin in ihrem antragsformular ausgeführt hat, dem arbeitnehmer eine lohnfortzahlung nach § 616 bgb gewährt zu haben, führt zu keinem anderen ergebnis. eine unzutreffende angabe im erstattungsantrag führt weder dazu, dass der arbeitnehmer einen solchen anspruch nach § 616 bgb erworben hat, noch werden die erstattungsregeln nach § 56 ifsg allein dadurch ausgeschlossen. im übrigen wurde die auszahlung ausweislich der eingereichten lohnabrechnung für den monat juni 2020 eindeutig als „entschädigung § 56 abs. 1“ bezeichnet. 128weitere anspruchserhaltende normen sind nicht ersichtlich. 1293. die kausalität („dadurch“), 130vgl. dazu eckart/kruse, in: beckok, infektionsschutzrecht, 10. edition, 15. januar 2022, ifsg, § 56 rn. 38, 131zwischen absonderung und verdienstausfall ist gegeben. andere gründe für den wegfall des lohnanspruchs sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. 1324. ein mitverschulden, das in entsprechender anwendung von § 254 bgb ggf. über die gesetzlich geregelten fälle insbesondere in § 56 abs. 1 satz 3 ifsg und § 56 abs. 8 satz 1 nr. 3 ifsg anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein könnte, 133vgl. zum streitstand: eckart/kruse, in: beckok infektionsschutzrecht, 10. edition, 15. januar 2022, ifsg, § 56 rn. 41 ff., m.w.n.; kümper, in: kießling, 2. auflage 2021, ifsg, § 56 rn. 27 ff., m.w.n., 134ist dem arbeitnehmer nicht vorzuwerfen oder zuzurechnen. insbesondere hat er nicht schuldhaft versäumt, ein rechtmittel gegen die absonderungsverfügung einzulegen, da dieses - wie dargelegt - nicht erfolgsversprechend gewesen wäre. 135c. . auch die voraussetzungen von § 56 abs. 5 ifsg sind erfüllt. 136die klägerin ist arbeitgeberin i.s.d. § 56 abs. 5 ifsg. insbesondere verstößt die arbeitnehmerüberlassung des herrn c. . an die i. .i. . n. und der daran anschließende einsatz bei der firma g. nicht gegen das verbot des kettenverleihs nach § 1 abs. 1 satz 3 aüg, mit den in § 10a i.v.m. §§ 9, 10 aüg geregelten folgen. gemäß § 1 abs. 1 satz 3 aüg ist die überlassung und das tätigwerdenlassen von arbeitnehmern als leiharbeitnehmer nur zulässig, soweit zwischen dem verleiher und dem leiharbeitnehmer ein arbeitsverhältnis besteht. 137vgl. dazu im einzelnen: pickenhahn, in: henssler/grau, arbeitnehmerüberlassung, solo-selbstständige und werkverträge, 2. auflage 2020, § 5 rn. 8 f., 29 ff. 138ein fall der illegalen arbeitnehmerüberlassung - des kettenverleihs - liegt nicht vor, denn zwischen der firma i. .i. . n. und der firma g. wurde ein werkvertrag und kein arbeitnehmerüberlassungsvertrag geschlossen. 139die abgrenzung dieser beiden vertragstypen erfolgt anhand einer gesamtwürdigung im einzelfall. zentrale frage ist dabei, welchem arbeitgeber der arbeitnehmer zuzuordnen ist. die antwort dieser frage richtet sich wiederum u.a. danach, wessen weisungen das eingesetzte q3. tatsächlich unterliegt. nur bei der arbeitnehmerüberlassung erhält der entleiher durch den überlassungsvertrag das recht, den leiharbeitnehmer wie ein arbeitgeber anzuweisen. die tätigkeit des arbeitgebers (verleihers) erschöpft sich bei dieser form der personalgestellung darin, seine pflicht aus dem überlassungsvertrag zu erfüllen, indem er dem entleiher zur förderung von dessen betriebszwecken geeignete arbeitnehmer zur verfügung stellt. abgrenzungsschwierigkeiten entstehen dadurch, dass beide formen der personalgestellung in der außenwirkung aufgrund der drei-personen-beziehung große ähnlichkeiten aufweisen. zudem erteilt der auftraggeber auch beim werkvertrag durchaus weisungen, nämlich solche, die sich auf das werk beziehen (werkbezogene weisungen). 140vgl. dazu z.b. . henssler, in: henssler/grau, arbeitnehmerüberlassung, solo-selbstständige und werkverträge, 2. auflage 2020, § 5 rn. 14 ff. 141nach dieser maßgabe handelt es sich bei dem zwischen der firma i. .i. . n. und der firma g. geschlossenen vertrag nach einer gesamtwürdigung der vertraglichen ausgestaltung und deren umsetzung um einen werkvertrag. geschuldet ist zunächst ein abgrenzbares, abnahmefähiges und der firma i. .i. . n. als auftragnehmerin zurechenbares werk. gegenstand des vertrages ist nämlich die verpackung von ikea komplement, stuva und besta schubladen (§ 1 werkvertrag), entsprechend den vorgegebenen verpackungs-, arbeits- und prüfanweisungen. die leistung wird zwar auf dem betriebsgelände der firma g. ausgeführt (§ 2 werkvertrag), diese bei on-site-werkverträgen übliche vorgehensweise spricht aber nicht für eine arbeitnehmerüberlassung. die örtliche eingliederung ergibt sich schon aus der natur der sache, da die geschuldete leistung in der verpackung von auf dem betriebsgelände der auftraggeberin gefertigten materialen besteht. eine eingliederung in die arbeitsprozesse der firma g. findet hingegen nicht statt. z.b. müssen die mitarbeiter der firma i. .i. . n. als solche erkennbar gekleidet sein (§ 7 ziffer 1 werkvertrag). eine einplanung von dienst- und urlaubsplänen der belegschaft der auftraggeberin erfolgt nicht. es bleibt der auftragnehmerin auch überlassen, welche mitarbeiter und wie viele mitarbeiter sie zur erfüllung der vertraglich geschuldeten verpflichtung einsetzt (§ 5 ziffer 1 werkvertrag). gegen die annahme eines personalisierten einsatzes spricht insoweit, dass herr c. . im mai und juni 2020 bei der firma g. eingesetzt worden ist, danach aber bei der firma wiesenhof. darüber hinaus verbleiben auch die weisungsrechte gegenüber den eingesetzten mitarbeitern bei der firma i. .i. . n. , lediglich ein „werkvertragliches weisungsrecht“ ist der auftraggeberin eingeräumt (§ 5 werkvertrag). in diesem sinne hat auch der zeuge c. . bestätigt, dass während seiner tätigkeit bei der firma g. ein verantwortlicher mitarbeiter der firma i. .i. . n. die aufsicht ausgeübt hat. als weitere indizien für einen werkvertrag sprechen die vereinbarung einer erfolgsabhängigen inrechnungstellung (§ 3 werkvertrag), die haftungsverteilung bei der gewährleistung sowie die haftung der auftragnehmerin für durch ihr q3. verübte schäden (§§ 8, 7 ziffer 3 satz 4 werkvertrag). die haftpflichtversicherung der auftragnehmerin ist insoweit ausdrücklich erwähnt (§ 8 ziffer 9 werkvertrag). ebenso wie die dauer der bereits seit mindestens märz 2018 bestehenden vertraglichen beziehungen spricht die verantwortlichkeit der auftragnehmerin für die ausstattung ihrer mitarbeiter mit arbeits- und sicherheitskleidung sowie sicherheitsschuhen für eine werkvertragliche abrede (§ 7 ziffer 1 werkvertrag). die bereitstellung von arbeits- und verbrauchsmitteln durch die auftraggeberin (§ 2 ziffer 2 werkvertrag) ist dagegen maßgeblich dem umstand geschuldet, dass die leistung in deren räumen erbracht wird. 142die überlassung des herrn c. . an die firma i. .i. . n. und der daran anschließende einsatz bei der firma g. verstoßen auch nicht gegen den zwischen der klägerin und ihrem mitarbeiter geschlossenen arbeitsvertrag. dieser schließt ein solches vorgehen jedenfalls nicht aus. nach § 1 abs. 1 unterabs. 2 arbeitsvertrag wird der mitarbeiter an wechselnden einsatzstellen bei kunden und bei wechselnden kunden eingesetzt. der einsatz bei einem kunden erfolgt vorübergehend. der arbeitgeber informiert den mitarbeiter vor jeder übertragung darüber, dass er als zeitarbeitnehmer tätig wird. der mitarbeiter kann - gerade - auch im rahmen von werk- oder dienstverträgen eingesetzt werden. unabhängig davon hätte ein verstoß gegen den arbeitsvertraglich vereinbarten rechtscharakter des einsatzes keinen einfluss auf die arbeitgeberstellung der klägerin. 143ein schriftsatznachlass nach § 173 vwgo i.v.m. § 283 zpo war dem beklagten land zur wahrung des rechtlichen gehörs nicht zu gewähren. zwar hat die klägerin erst am 24. januar 2022 ihre vertraglichen beziehungen zur firma i. .i. . n. aufgeklärt und im rahmen der mündlichen verhandlung die vertragsunterlagen vorgelegt. die sitzung wurde aber unterbrochen, um den beteiligten gelegenheit zur durchsicht der unterlagen zu geben, anschließend wurden die wesentlichen aspekte erörtert. insoweit war das beklagte land auch in der lage, im rahmen der mündlichen verhandlung zu diesem sachverhalt stellung zu nehmen. 144unstreitig hat die klägerin die entschädigung während des streitgegenständlichen zeitraums an den arbeitnehmer ausgezahlt, § 56 abs. 5 satz 1 ifsg. 145einen (formwirksamen) erstattungsantrag (§ 56 abs. 5 satz 3 ifsg) hat sie am 22. juli 2020 beim m4. (§ 54 ifsg i.v.m. § 11 abs. 1 ifsbg-nrw) gestellt. aus dem antrag ergibt sich in der zusammenschau mit den eingereichten lohnabrechnungen zudem, dass die klägerin antragstellerin ist. überdies wurde dies im rahmen des schriftverkehrs zwischen dem prozessbevollmächtigten der klägerin und dem m4. ab november/dezember 2020 auch klargestellt. schließlich hat der m4. auch den streitgegenständlichen ablehnungsbescheid an die klägerin - und nicht etwa an frau n2. - adressiert. wenn das beklagte land aus den unzutreffenden bzw. ungenauen angaben in dem antrag die glaubhaftigkeit der einlassungen der klägerin im übrigen in frage stellen möchte, so ist dem nicht zu folgen. 146c. der anspruch ist entgegen der auffassung des beklagten landes auch nicht - nach sinn und zweck der entschädigungsregelung - ausgeschlossen, weil der klägerin ggf. ein schadensersatzanspruch in höhe des gezahlten lohns gegenüber der „u. -unternehmensgruppe“ zustehen könnte, weil auch deren mitarbeiter in dem haus m2.-------straße 1 gewohnt hätten. 147einer solchen auslegung steht schon entgegen, dass die klägerin keinen lohn an herrn c. . gezahlt hat, sondern den für diesen arbeitnehmer entstandenen entschädigungsanspruch infolge eines verdienstausfalls. der lohnanspruch bestand im hier maßgeblichen zeitraum der absonderung - wie dargelegt - nach dem grundsatz „ohne arbeit kein lohn“ nicht. 148aber auch mit blick auf einen etwaigen schadensersatzanspruch der klägerin gegen einen dritten wegen der gezahlten entschädigungsleistung scheidet eine teleologische reduktion des § 56 abs. 3 ifsg aus. die klägerin fungiert hier nämlich allein als auszahlungsstelle. dieses verfahren soll eine schnelle und unbürokratische entschädigungsgewährung sicherstellen. 149vgl. eckart/kruse, in: beckok infektionsschutzrecht, 10. edition, 15. januar 2022, ifsg § 56 rn. 73; gerhardt, in: gerhardt, infektionsschutzgesetz, 5. auflage 2021, ifsg, § 56 rn. 25. 150dieser gesetzgeberische wille ergibt sich auch im umkehrschluss aus der legalzession des § 56 abs. 10 ifsg, da insoweit nur schadensersatzansprüche des „entschädigungsberechtigten“ auf das land übergehen. in diesem sinne sind in § 56 abs. 3 satz 2 und abs. 8 ifsg auch nur leistungen benannt, die „auf die entschädigung“ anzurechnen sind. 151das vorbenannte system würde unterlaufen, ließe man darüber hinaus auch im verhältnis zwischen entschädigungspflichtigem land und auszahlungsverpflichtetem arbeitgeber weitere „anrechnungstatbestände“ zu. in diese überlegung ist einzustellen, dass der erstattungsantrag fristgebunden ist (vgl. § 56 abs. 11 ifsg). bei der vom beklagten land vertretenen vorgehensweise wird dem arbeitgeber nicht nur das prozess- und insolvenzrisiko auferlegt, sondern auch das erfordernis bei einem ggf. langwierigen zivilprozess mit instanzenzug vorsorglich entsprechende erstattungsansprüche beim m4. zu stellen, sodass weitere - ggf. unnötige - kosten auf beiden seiten entstehen und für die bearbeitung arbeitskraft gebunden wird. 152diese erwägungen gelten erst recht im vorliegenden fall, in dem die klägerin nach auffassung des beklagten landes an einen bisher nicht näher konkretisierten schuldner und auf einen nicht ansatzweise dargelegten schadensersatzanspruch verwiesen werden soll. 153ob der klägerin möglicherweise weitere schadensersatzansprüche, wie z.b. . wegen entgangenen gewinns, gegen einen dritten zustehen, ist unerheblich. neben den vorbenannten erwägungen steht einer irgendwie gearteten berücksichtigung dieser ansprüche im vorliegenden verfahren entgegen, dass diese ggf. möglichen schadensersatzansprüche der arbeitgeberin in keinem direkten zusammenhang zum entschädigungsanspruch wegen verdienstausfalls nach behördlicher absonderung stehen. allein der umstand, dass „grundlage“ dieser ansprüche dasselbe infektionsgeschehen ist, rechtfertigt kein anderes ergebnis. 154d. die höhe des erstattungsbetrages von 594,82 euro (nettoverdienstausfall zzgl. sozialabgaben) ist von den beteiligten unter berücksichtigung von §§ 56 abs. 3, 57 abs. 1 ifsg in der mündlichen verhandlung unstreitig gestellt worden. die kammer hat keine veranlassung, von sich aus an der richtigkeit der zugrunde liegenden berechnung zu zweifeln. 155die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 ff. zpo. |
343,683 | {
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} | 15 K 3554/18 U | 2022-01-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8.9.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2018 verpflichtet, die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011 vom 5.2.2013 und den Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 7.2.2013 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2009 auf 2.778,67 €, die Umsatzsteuer 2010 auf 2.726,36 €, die Umsatzsteuer 2011 auf 2.775,63 € und die Umsatzsteuer 2012 auf 2.549,57 € festgesetzt wird. Der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 7.8.2015 und der Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 23.5.2016, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2018, werden dahingehend abgeändert, dass die Umsatzsteuer 2013 auf 3.174,75 € und die Umsatzsteuer 2014 auf 3.182,51 € festgesetzt wird. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin erbrachten Leistungen (ohne Vermietungsleistungen) im Zusammenhang mit dem sogenannten betreuten Wohnen von der Umsatzsteuer befreit sind. 3Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die die Seniorenresidenz T bestehend aus einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens betreibt. Die Wohnungen weisen eine Größe zwischen 40 m² und 65 m² auf, verfügen über jeweils eine eigene Einbauküche, ein Notrufsystem und befinden sich im Gebäude des Pflegeheims. 4Dem Betrieb des Pflegeheims liegt ein am 25.9.2003 abgeschlossener Versorgungsvertrag nach § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) über vollstationäre Pflege und Kurzzeitpflege und eine am 26.6.2013 abgeschlossene und bis zum 30.6.2014 gültige Vereinbarung gemäß §§ 84, 85 und 87 SGB XI über die Leistung, Qualität und Vergütung der vollstationären Pflegeleistungen und Kurzzeitpflegeleistungen zugrunde. Ausweislich dieser Vereinbarungen, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, erbringt die Klägerin Leistungen der Kurzzeitpflege und der vollstationären Pflege an Pflegebedürftige im Sinne des SGB XI und betreibt xxx Plätze in der vollstationären Pflege und xxx Plätze der Kurzzeitpflege als eingestreute Plätze innerhalb der vollstationären Pflegeeinrichtung. In den Jahren 2009 bis 2014 entfielen hierbei ausweislich der von Seiten der Klägerin vorgelegten Berechnungen, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, nicht mehr als 10 % der gesamten Belegungstage auf die Bewohner des betreuten Wohnens und Bewohner des Pflegeheims, denen allein die Pflegestufe 0 zuerkannt worden war. 5Mit den Bewohnern des betreuten Wohnens schloss die Klägerin neben einem Mietvertrag Betreuungsverträge ab, die einem Mustervertrag folgten und diverse Leistungen einer Grundversorgung, einer erweiterten Grundversorgung und Wahlleistungen einschließlich eines insoweit obligatorischen Notrufsystems umfassen. Wegen der Einzelheiten wird auf den von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Vertrag verwiesen. Die Leistungen wurden durch das im Pflegeheim eingesetzte Personal erbracht. Buchhalterisch verbuchte die Klägerin die Entgelte für im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Dienstleistungen auf dem Konto Nr. 5222 (2009-2011) bzw. Nr. 4910 (2011-2014) und für Speisen und Getränke auf dem Konto Nr. 5556 (2009-2011) bzw. Nr. 4920 (2011-2014); wegen der Einzelheiten wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 6.1.2022 Bezug genommen. 6Die Klägerin erklärte für die Jahre 2009 und 2010 zunächst unter Verweis auf die Kleinunternehmerregelung des § 19 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (UStG) eine Umsatzsteuer i.H. von jeweils 0,00 € an. Mit Steueranmeldungen vom 5.2.2013 und vom 7.2.2013 meldete die Klägerin für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils eine positive, festzusetzende Umsatzsteuer an. Mit weiteren ab dem 14.1.2014 eingereichten Umsatzsteueranmeldungen kehrte die Klägerin für das Jahr 2012 zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung zurück und erklärte für die Jahre 2013 und 2014 erstmals eine festzusetzende Umsatzsteuer i.H. von jeweils 0,00 €. Dem folgend beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 9.4.2014 (Eingang: 11.4.2014) unter Beifügung entsprechender Umsatzsteuererklärungen auch für die Jahre 2009 bis 2011, die Umsatzsteuer jeweils auf einen Betrag i.H. von 0,00 € festzusetzen. Zur Begründung führte die Klägerin an, die im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Umsätze seien steuerfrei. Bei den Leistungen des betreuten Wohnens handele es sich um eng mit der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen zusammenhängende Leistungen. 7Beginnend im August 2014 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Ausweislich des Berichtes der Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 3.9.2014 seien die im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen erbrachten Umsätze der Klägerin, die betreffend die erbrachten Dienstleistungen (ohne Vermietungsleistungen) und die geleistete Verpflegung auf jeweils einem Konto verbucht würden, insgesamt nicht steuerfrei. Soweit die Klägerin auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8.6.2011 XI R 22/09 verweise, sei dieses nicht über den entschiedenen Streitfall hinaus anzuwenden. 8Dem folgend lehnte der Beklagte eine Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 mit Bescheid vom 8.9.2014 ab und setzte die Umsatzsteuer 2013 mit Bescheid vom 18.6.2015 und die Umsatzsteuer 2014 mit Bescheid vom 23.5.2016 abweichend von den Erklärungen der Klägerin fest. 9Die Klägerin legte gegen die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 am 6.10.2014, gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 18.6.2015 am 13.7.2015 und gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 23.5.2016 am 14.6.2016 Einspruch ein. Der Beklagte erließ am 7.8.2015 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid (Teilabhilfebescheid) für 2013, in dem er aus den zuvor als Nettoumsätzen behandelten Beträge, bei denen es sich tatsächlich um Bruttoentgelte handelte, die Umsatzsteuer herausrechnete. Der Beklagte wies im Übrigen die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 15.10.2018 als unbegründet zurück. 10Dagegen hat die Klägerin am 19.11.2018 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die Umsätze aus dem betreuten Wohnen seien steuerfrei, soweit sie gegenüber hilfsbedürftigen Personen erbracht würden. Die Bewohner B1, B2, B3, B4, B5, B6, B7, B8, B9 und B10 seien als hilfsbedürftig anzusehen, weil diese in unterschiedlichem Maße auf regelmäßig wiederkehrende Hilfe zur Bewältigung des Alltags angewiesen gewesen seien. Nicht erforderlich sei eine Pflegebedürftigkeit, die Hilfsbedürftigkeit reiche darüber hinaus. Entsprechend könne sich die Hilfsbedürftigkeit beispielsweise auch darin zeigen, dass eine Person einen Rollator oder Rollstuhl zur Fortbewegung benötige oder unter einer Sehbehinderung oder psychischen Erkrankung leide. In diesem Sinne bilde das Beziehen einer Wohnung des betreuten Wohnens ebenso ein erstes deutliches Indiz für das Vorliegen einer Hilfsbedürftigkeit. Wenngleich den Personen ein möglichst selbständiges Leben ermöglicht werden solle, seien die Wohnungen mit Blick auf den bereits bestehenden Hilfsbedarf auch darauf ausgelegt, von Personen, die auf Hilfsmittel wie Rollatoren oder Rollstühle angewiesen seien, bewohnt zu werden. Ziel der Bewohner sei es, im Bedarfsfall jederzeit Hilfestellungen zu erhalten. Dass es sich bei der Hilfsbedürftigkeit um ein sich graduell entwickelndes Merkmal handele, belege auch die Abstufung des Pflegebedarfs nach §§ 14, 15 SGB XI der in den Streitjahren maßgeblichen Fassung. Dass § 15 SGB XI aF erst bei Überschreiten einer gewissen Hürde, dem Erreichen der Pflegestufe I, von einer Pflegebedürftigkeit ausgehe, sei für das Umsatzsteuerrecht jedoch unerheblich. Schließlich sei das Alter der Bewohner zu berücksichtigen. Dieses liege zwischen 70 und 93 Jahren. Dabei sei es allgemein bekannt, dass Menschen ab einem Alter von 65 Jahren deutlich vermehrt auf Hilfestellungen im Alltag angewiesen seien. 11Bei den im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen handele es sich auch um eng mit der Betreuung oder Pflege hilfsbedürftiger Personen verbundene Leistungen. Sämtliche Leistungen, die nach dem Betreuungsvertrag im Zuge des betreuten Wohnens erbracht würden und die ein einheitlich zu beurteilendes Leistungsbündel bildeten, unterfielen der Altenhilfe nach § 71 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und könnten damit von den Sozialhilfeträgern vergütet werden. Soweit den Bewohnern eine Pflegestufe zuerkannt sei, seien die Leistungen auch im Rahmen des Pflegegeldes deckungsfähig. Ob tatsächlich eine Kostenübernahme erfolge oder nicht, sei demgegenüber unerheblich. 12Die Klägerin qualifiziere auch als Einrichtung mit sozialem Charakter. Sie habe als Pflegeheim der Kurzzeitpflege und der vollstationären Pflege Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB XI abgeschlossen und erbringe in diesem Rahmen als Einrichtung mit sozialem Charakter steuerfreie Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. c) UStG. Es bestehe eine räumliche Nähe zwischen dem Pflegeheim und dem betreuten Wohnen, die Wohnungen des betreuten Wohnens befänden sich im gleichen Gebäude, es handele sich um eine zusammenhängende Einrichtung. Die Leistungen unterfielen insoweit auch nicht § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG, da es sich um Leistungen im Sinne des § 71 SGB XII handele, deren Kosten von den Sozialhilfeträgern übernommen werden könnten. Soweit im Einzelfall im Rahmen des betreuten Wohnens eine Hilfsbedürftigkeit der Bewohner fehle, sei dies unbeachtlich, da dies nicht mehr als 10% der Fälle betreffe. 13Darüber hinaus handele es sich bei der Klägerin auch um eine Einrichtung, bei der die Betreuungs- oder Pflegeleistungen zu mindestens 40 % bzw. ab dem 1.7.2013 zu mindestens 25 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden seien. In die Berechnung seien die Leistungen des Pflegeheims einzubeziehen. Ausgehend hiervon liege der Anteil der Belegungstage, der auf Personen entfalle, die weder Leistungen der Pflegekasse noch des Sozialamtes erhalten hätten, zwischen 8% und 10%. Unabhängig hiervon handele es sich bei diesem Schwellenwert ohnehin um eine nach dem Unionsrecht unzulässige Voraussetzung. 14Schließlich könne sich die Klägerin auch unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSystRL –) und eine hieraus folgende Steuerfreiheit der vorliegend strittigen Leistungen berufen. 15Die Klägerin beantragt, 16den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8.9.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2018 zu verpflichten, die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011 vom 5.2.2013 und den Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 7.2.2013 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2009 auf 2.778,67 €, die Umsatzsteuer 2010 auf 2.726,36 €, die Umsatzsteuer 2011 auf 2.775,63 € und die Umsatzsteuer 2012 auf 2.549,57 € festgesetzt wird, und 17den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 7.8.2015 und den Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 23.5.2016, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2018, dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer 2013 auf 3.174,75 € und die Umsatzsteuer 2014 auf 3.182,52 € festgesetzt wird. 18Der Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Der Beklagte meint, die seitens der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen seien nicht von der Umsatzsteuer befreit. Es sei nicht zu erkennen, dass die Klägerin die Betreuungsleistungen im Rahmen des betreuten Wohnens an hilfsbedürftige Personen erbringe. Der Hilfsbedarf im Sinne des § 4 Nr. 16 UStG ergebe sich insbesondere aus den §§ 14, 15 SGB XI, d.h. aus dem Bestehen einer Pflegestufe. Die Hilfsbedürftigkeit sei für jeden Bewohner festzustellen und beleg- und buchmäßig nachzuweisen. Entsprechende Nachweise seien nicht erbracht worden. Allein eine Schwerbehinderung führe nicht zu einer Hilfsbedürftigkeit, hierfür sehe das Schwerbehindertenrecht das Merkzeichen „H“ vor. Ebenso wenig sei auf Grund der Nutzung eines Rollators, das Bestehen einer Krankheit oder auf Grund eines gewissen Alters zwingend von einer Pflege- oder Hilfsbedürftigkeit auszugehen. Vorgelegten Berichten über erbrachte Leistungen könne ebenfalls keine Hilfsbedürftigkeit entnommen werden. Eine Pflegestufe sei nur für einzelne Bewohner nachgewiesen. Es sei jedoch nicht zu erkennen, welche Umsätze in diesem Rahmen erbracht worden seien. Bewohner des betreuten Wohnens seien schließlich nicht typischerweise hilfsbedürftig, sondern führten mit geringfügigen Hilfen ein weitgehend unabhängiges Leben. 21Die von der Klägerin erbrachten Leistungen zählten nicht zu den steuerbefreiten Leistungen. Die Steuerbefreiung erfasse insbesondere Leistungen der ambulanten Pflege. Solche Leistungen umfasse die von der Klägerin angebotene Grundversorgung jedoch gerade nicht. Vielmehr biete die Klägerin ein Beratungsangebot an, ohne jedoch die ambulante Pflege zu übernehmen. 22Es sei auch nicht zu erkennen, dass die Klägerin die Betreuungsleistungen als Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne der Steuerbefreiung erbringe. Soweit die Klägerin ein Pflegeheim betreibe und demgemäß eine Einrichtung mit sozialem Charakter nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. c) UStG sei, erfasse dies allein die in diesem Rahmen erbrachten Leistungen der vollstationären Pflege und Kurzzeitpflege, nicht aber die Leistungen des betreuten Wohnens. Zwar sei es nach der Verwaltungsauffassung auch nicht zu beanstanden, wenn Pflege- oder Betreuungsleistungen in stationären Einrichtungen in 10 % der Fälle auch an nicht hilfsbedürftige Personen erbracht würden. Vorliegend sei aber weder ein derart geringer Umfang noch eine Erbringung der Leistungen des betreuten Wohnens innerhalb der stationären Einrichtung dargelegt. Die Klägerin habe eine etwaige räumliche Verflechtung dieser Bereiche etwa durch Lagepläne zu substantiieren. 23Die Klägerin qualifiziere auch nicht deshalb als Einrichtung mit sozialem Charakter, weil die von ihr im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Betreuungs- oder Pflegeleistungen zu mindestens 40 % bzw. ab dem 1.7.2013 zu mindestens 25 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden wären. Die Einrichtung des betreuten Wohnens und das Pflegeheim seien insoweit getrennt zu beurteilen, es handele sich nicht um eine gemeinsame Einrichtung. Mangels entsprechender Darlegungen sei jedoch nicht festzustellen, dass diese Voraussetzungen bei der Klägerin erfüllt seien. Weder seien jenseits des vorgelegten Muster-Betreuungsvertrages der Inhalt und Umfang der im Einzelnen erbrachten Betreuungsleistungen bekannt noch sei dargelegt, wie die erbrachten Leistungen abgerechnet worden seien. Auch sei nicht nachvollziehbar geworden, dass die Leistungen einer Kostenübernahme zugänglich gewesen seien. Lediglich für das Hausnotrufsystem sei in einem Einzelfall eine Kostenübernahme erfolgt. Der vom Gesetzgeber herangezogene Schwellenwert sei auch weder unions- noch verfassungswidrig. 24Die Klägerin könne sich auch nicht unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL berufen. Die Richtlinienbestimmung sei nicht unmittelbar anwendbar, das Richtlinienrecht eröffne dem nationalen Gesetzgeber in Artt. 133, 134 MwStSystRL einen Umsetzungsspielraum. Es obliege damit allein dem nationalen Gesetzgeber, die Regelungen für die erforderliche Anerkennung der Einrichtungen festzulegen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität gebiete eine Steuerfreiheit der von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht. Bereits die Vergleichbarkeit der Leistungen sei mangels Darlegung der Leistungsinhalte nicht zu erkennen. 25Das von der Klägerin angeführte Urteil des Bundesfinanzhofes vom 8.6.2011, XI R 22/09, sei schließlich nicht auf den Streitfall zu übertragen. 26Der Senat hat in der Sache am 25.1.2022 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen. 27Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29I. Die Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid hinsichtlich des Antrags auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2009 bis 2012 vom 8.9.2014, der Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 7.8.2015 und der Umsatzsteuerbescheid für 2014 vom 23.5.2016, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2018, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, §§ 101, 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), soweit der Beklagte in den Streitjahren einen Teil der gegenüber einzelnen Bewohnern des betreuten Wohnens erbrachten Umsätze entgegen § 4 Nr. 16 UStG als steuerpflichtig behandelt hat. 301. Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen sind gemäß § 4 Nr. 16 UStG in den in den Streitjahren maßgeblichen Fassungen die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelische hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen steuerfrei, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a) UStG, oder Einrichtungen im Sinne der § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. b) bis k) UStG (mit Wirkung vom 1.7.2013: bis Buchst. l) UStG) erbracht werden. Nach § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG sind Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchst. b) bis k) bzw. l) erbracht werden, befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht. 31§ 4 Nr. 16 UStG beruht auf Artt. 132 Abs. 1 Buchst. g), 134 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden. Die Befreiungsvorschrift dient dem Zweck, die Kosten der Sozialleistungen zu senken und damit, neben den Sozialversicherungsträgern als Kostenträgern für ihre Versicherten, typisierend auch die selbstzahlenden Leistungsempfänger zu entlasten. Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die Begriffe, mit denen die in Art. 132 MwStSystRL vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, eng auszulegen (statt vieler Europäischer Gerichtshof – EuGH –, Urteil vom 8.10.2020 C-657/19 – Finanzamt D –, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2020, 1205, mit weiteren Nachweisen). 32Für die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG müssen mehrere Voraussetzungen vorliegen. Die Leistungen müssen gegenüber dem in § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG genannten Personenkreis (nachfolgend unter 2.) erbracht werden, sie müssen eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbunden sein (3.) und von einer begünstigten Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a) bis k) bzw. l) UStG erbracht werden, die die Leistungen nach § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG im Rahmen ihrer Anerkennung ausführt (4.). 332. Die Bewohner des betreuten Wohnens zählen – soweit die Klägerin eine Steuerfreiheit der im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen begehrt – zum Kreis der hilfsbedürftigen Personen im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 Hs. 1 UStG. 34a) Hilfsbedürftig im Sinne des 4 Nr. 16 Satz 1 UStG sind Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes der Betreuung und Pflege bedürfen, weil sie krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind (BT-Drucksache 16/11108, Seite 37; FG Münster, Urteil vom 25.2.2020 15 K 2427/17 U, Entscheidungen der Finanzgericht – EFG – 2020, 811). Unter Berücksichtigung des Normzwecks, eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen von der Umsatzsteuer zu befreien, ist auch der Begriff der Hilfsbedürftigkeit aus Sicht des Senats in Anlehnung an die sozialrechtliche Definition zu verstehen und erfordert einen Grundpflegebedarf bzw. Bedarf nach Haushaltshilfe gem. § 14 SGB Xl und § 61a SGB XII, eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz gem. § 45a SGB Xl oder altersbedingte Schwierigkeiten, die eine Hilfsbedürftigkeit im Sinne der Altenhilfe nach § 71 SGB XII begründen. Einer besonderen Schwere, die nach § 15 SGB XI für die Feststellung einer Pflegestufe bzw. eines Pflegegrades erforderlich ist, bedarf es jedoch nicht (vgl. zu § 4 Nr. 16 UStG aF BFH-Urteil vom 19.3.2013 XI R 45/10, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen – BFHE – 241, 79). Diesem Verständnis der Hilfsbedürftigkeit entspricht es, dass der Gesetzgeber den Begriff der sozialen Einrichtung im Rahmen des Auffangtatbestandes des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG an eine überwiegende Kostentragung seitens der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der Sozialhilfe, der Eingliederungshilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge knüpft. 35b) Ausgehend hiervon hat die Klägerin für die Bewohner B1, B2, B3, B4, B5, B6, B7, B8, B9 und B10 eine Hilfsbedürftigkeit in den Streitjahren hinreichend dargelegt, sodass entgegen der Ansicht des Beklagten auf die Vorlage weiterer individueller Nachweise wie Arztberichte u.ä. verzichtet werden konnte. Denn bereits auf Grund der umfangreichen und substantiierten Darlegungen der Klägerin steht für diesen Personenkreis zur Überzeugung des erkennenden Senats fest, dass diese Personen der Betreuung und Pflege bedürfen, weil sie an altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen leiden. So legt die Klägerin unter anderem dar, dass teils eine Pflegestufe zuerkannt wurde, erhebliche Einschränkungen des Bewegungsapparates bestehen, die die Benutzung eines Rollators oder Rollstuhls erforderlich machen, oder eine fortwährende Alkoholabhängigkeit festzustellen ist, die Ausdruck oder in Zusammenschau mit dem Alter der betreffenden Bewohner zu altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen führen. Die Folgen dieser altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen finden aus Sicht des Senats Niederschlag in den seitens der Klägerin vorgelegten Pflegeberichten, in denen die Klägerin den Umfang der Pflege- und Betreuungsleistungen detailliert niedergelegt hat. Für den Senat besteht auf Grund dieser Darlegungen unter Berücksichtigung der anzulegenden sozialrechtlichen Maßstäbe insbesondere auch keinerlei Anlass anzunehmen, dass die Einschränkungen derart bedeutungslos sind, dass sie nicht zumindest in sämtlichen vorgenannten Fällen als altersbedingte Schwierigkeiten im Sinne der Altenhilfe nach § 71 SGB XII anzusehen sind (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 24.2.2016 B 8 SO 11/14 R, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen – BSGE – 121, 12). 363. Soweit die Klägerin eine Steuerfreiheit der von ihr gegenüber hilfsbedürftigen Personen erbrachten Leistungen des betreuten Wohnens begehrt, zählen die Leistungen der Klägerin zu den eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen. 37a) Zu den eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen gehören diejenigen Leistungen, die für die Umsätze im Bereich der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit unerlässlich sind und deren Belastung mit Umsatzsteuer daher zwangsläufig dazu führen würde, die Kosten der genannten Umsätze zu erhöhen. Entsprechend der Systematik des § 4 Nr. 16 UStG sind aus Sicht des erkennenden Senats solche Leistungen für den Bereich der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit unerlässlich, die nach den sozialrechtlichen Bestimmungen mit dem Betrieb der in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. b) bis k) bzw. l) UStG bezeichneten Einrichtungen einhergehen. Ausgehend hiervon hat die Rechtsprechung insbesondere die Leistungen der ambulanten Pflege, namentlich die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Waschen der Kleidung, die Gestellung einer Haushaltshilfe, Leistungen der Kinderbetreuung, Legasthenie-Behandlungen im Rahmen der Eingliederungshilfe, Betreuungsleistungen und die Bereitstellung eines Haus-Notruf-Dienstes als unerlässlich angesehen (BFH-Urteile vom 21.4.2021 XI R 31/20 (XI R 34/18), Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2021, 1313; vom 7.12.2016 XI R 5/15, BFHE 256, 550, BFH/NV 2017 863; vom 1.12.2010 XI R 46/08, BFHE 232, 232, BFH/NV 2011, 712, jeweils mit weiteren Nachweisen). Dem vorstehenden Leistungskatalog entspricht es, dass nach der Rechtsprechung die im Rahmen des Betrieb eines Heims für betreutes Wohnen erbrachten Leistungen grundsätzlich zu den eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen zählen (EuGH-Urteile vom 21.1.2016 C-335/14 – Les Jardins de Jouvence – , HFR 2016, 287; vom 26.5.2005 C-498/03 – Kingscrest Associates und Montecello – , HFR 2005, 915; BFH-Urteil vom 8.6.2011 XI R 22/09, BFHE 234, 448, HFR 2011, 1132). 38b) Ausgehend von den vorstehenden Maßstäben ist der erkennende Senat davon überzeugt, dass die von der Klägerin im Rahmen der mit den hilfsbedürftigen Bewohnern des betreuten Wohnens abgeschlossenen Betreuungsverträge erbrachten Leistungen mit Ausnahme der Wahlleistung für die Bereitstellung eines Telefonanschlusses, deren Steuerfreiheit die Klägerin auch nicht begehrt, zu den eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen zählen. Denn mit den jeweils gegen ein gesondertes Entgelt erbrachten Leistungen der Grundversorgung und der erweiterten Grundversorgung sowie den einzeln bestimmbaren entgeltlichen Wahlleistungen bietet die Klägerin den Bewohnern des betreuten Wohnens ein breites Angebot an der ambulanten Pflege zugehörigen Leistungen an, die zu der Altenhilfe im Sinne des § 71 SGB XII zu zählen sind. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen sind in diesem Sinne auf die Unterstützung und Betreuung von Senioren ausgerichtet und zielen darauf ab, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und den Bewohnern die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Das Leistungsspektrum der Klägerin umfasst vor diesem Hintergrund zahlreiche verschiedene Betreuungsleistungen im Rahmen der ambulanten Pflege, die im Rahmen eines spezifischen Beratungsangebotes zuvorderst auf die Koordinierung pflegerischer Leistungen und die sozio-kulturelle Teilhabe der Bewohner zur Verhinderung einer alterstypischen Vereinsamung gerichtet sind, aber auch die Bereitstellung eines Notrufdienstes und bedarfsweise die kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Waschen der Kleidung umfassen. Soweit dieses Leistungsspektrum Leistungen umfasst, die auch der Befriedigung eines Grundbedürfnisses dienen (vgl. BFH-Urteil vom 1.12.2010 XI R 46/08, BFHE 232, 232, BFH/NV 2011, 712), berücksichtigt der Senat, dass diese Leistungen durch den Betreuungsvertrag und die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls eng mit der Betreuung und Pflege der Bewohner verbunden werden. Sie sind dem entsprechend anders als andere Leistungsangebote zur Befriedigung dieser Grundbedürfnisse spezifisch auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerichtet und werden hierdurch geprägt. Dies zeigt sich für den erkennenden Senat insbesondere darin, dass die Leistungen durch das im Pflegeheim eingesetzte und hierfür geschulte Personal sowie insbesondere auch in den Gemeinschaftseinrichtungen und im Rahmen gemeinsamer Angebote für das Pflegeheim und die Bewohner des betreuten Wohnens erbracht werden. Soweit der Beklagte dieser Einordnung hinsichtlich der Bereitstellung eines spezifischen Beratungsangebotes entgegen tritt, ist dem angesichts des Leistungskatalogs der Altenhilfe nach § 71 Abs. 2 SGB XII nicht zu folgen, demgemäß derartige Beratungsleistungen, wie sie von der Klägerin aus Sicht des Senats angeboten werden, ausdrücklich zu den Leistungen der Altenhilfe zählen. 394. Schließlich erbringt die Klägerin die von ihr gegenüber den hilfsbedürftigen Bewohnern erbrachten Leistungen des betreuten Wohnens auch als anerkannte Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 16 UStG. Denn die Klägerin ist insoweit als Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG anzusehen und bei den Leistungen des betreuten Wohnens handelt es sich der Art nach um Leistungen, auf die sich die Qualifikation der Klägerin nach § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG bezieht, § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG. 40a) Dabei kann unentschieden bleiben, ob dem Beklagten im Ergebnis darin zuzustimmen ist, dass sich die Klägerin im Zusammenhang mit den hier streitigen Leistungen nicht auf ihre Qualifikation als Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. c) UStG berufen kann. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob es sich – wie die Klägerin geltend macht und wofür insbesondere die Leistungserbringung durch die Mitarbeiter des Pflegeheims streitet – bei den im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich der von der Klägerin abgeschlossene Versorgungsvertrag vom 25.9.2003 über die Versorgung im Rahmen der vollstationären Pflege und Kurzzeitpflege bezieht, § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG (vgl. zu diesem Erfordernis BFH-Urteil vom 24.3.2021 V R 1/19, BFHE 272, 547, HFR 2021, 1034). 41b) Die Klägerin ist nämlich jedenfalls auf Grund der im Rahmen des betreuten Wohnens gegenüber den hilfsbedürftigen Bewohnern erbrachten Leistungen als Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) (mit Wirkung vom 1.7.2013: Buchst. l) UStG anzusehen und erbringt diese Leistungen im Rahmen der durch die Vergütung vermittelten Anerkennung, § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG. 42aa) Nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG sind die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen solcher Einrichtungen steuerbefreit, bei denen im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle (mit Wirkung vom 1.7.2013: 25 %) von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind. 43Ob im vorangegangenen Kalenderjahr Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 40 % bzw. 25 % der Fälle im Sinne von § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet wurden, entscheidet sich nach Maßgabe sozialversicherungsrechtlicher Regelungen (hierzu und dem folgenden BFH-Urteil vom 3.8.2017 V R 52/16, BFHE 259, 160, HFR 2018, 239). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass diese Vorschrift dem leistenden Unternehmer die Anwendung der Steuerfreiheit ermöglichen will und daher unter praktikablen Bedingungen anwendbar sein muss. Dies gilt umso mehr, als die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit gerade in den Fällen ermöglicht werden soll, in denen es an unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu z.B. Sozialversicherungsträgern, wie nach § 4 Nr. 16 Satz 1Buchst. b) ff. UStG vorausgesetzt, fehlt. Daher ist § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG insbesondere dann anzuwenden, wenn der Unternehmer die Erstattung der Kosten, die seinen Leistungsempfängern aufgrund seiner Leistung entstanden sind, durch Sozialversicherungsträger konkret nachweisen kann. Darüber hinaus kann die in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG vorgesehene Vergütungsbedingung aber auch in anderer Weise nachgewiesen werden. Steht z.B. fest, dass die Empfänger der durch den Unternehmer erbrachten Leistungen aufgrund der Zuerkennung eines Pflegegrades nach § 15 SGB XI zum Leistungsbezug nach §§ 28, 28a SGB XI berechtigt sind, kann für diese Leistungsempfänger in dem hierdurch vermittelten Rahmen eine Kostentragung durch die Pflegekassen als Sozialversicherungsträger unterstellt werden, zumal für Buchst. k) bzw. l) keine ausschließliche Vergütung durch den Sozialversicherungsträger erforderlich ist. 44bb) Hiernach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen der Klägerin in den Kalenderjahren 2008 bis 2013 in mehr als 40 % der Fälle überwiegend von den Trägern der Sozialversicherung und der Sozialhilfe vergütet worden sind. Ausweislich der seitens der Klägerin vorgelegten Liste der Bewohner des betreuten Wohnens in den Jahren 2009 bis 2014, die auch das Einzugs- und Auszugsdatum der Bewohner bezeichnet und damit hinreichende Feststellungen für das Kalenderjahr 2008 ermöglicht, zählen in den Kalenderjahren 2008 bis 2012 jedenfalls mehr als 40 % und in dem Kalenderjahr 2013 jedenfalls mehr als 30 % der Bewohner des betreuten Wohnens zum Kreis der aus Sicht des Senats hilfsbedürftigen Personen (dazu bereits unter 2.). Aus Sicht des Senats kann für diesen Personenkreis und damit für mehr als 40 % der Fälle unter Berücksichtigung der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 6.1.2022 vorgelegten Umsatzübersichten auch ohne (den aus Sicht des Beklagten in jedem Einzelfall erforderlichen, buch- und belegförmig zu führenden) konkreten Nachweis der Vergütung der Kosten für die von der Klägerin erbrachten Leistungen davon ausgegangen werden, dass die Kosten für die von der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen von den Trägern der Sozialversicherung und der Sozialhilfe zu einem überwiegenden Teil vergütet worden sind. Denn zum einen war bei einem Teil des Kreises der hilfsbedürftigen Personen für den Zeitraum des Bewohnens einer Wohnung des betreuten Wohnens, namentlich bei B3, B4, B6, B7, B8, B10 und ab dem 1.6.2012 bei B1, eine Pflegestufe festgestellt worden. Auf Grund dieser Pflegestufe ist der genannte Personenkreis – wie auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung betont hat – zum Leistungsbezug nach §§ 36 ff. SGB XI in der in den Streitjahren maßgeblichen Fassung berechtigt gewesen und konnte hiernach eine Kostendeckung für eine Vielzahl der von der Klägerin erbrachten Leistungen beanspruchen, sodass aus Sicht des Senats für Zwecke des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG eine überwiegende Kostentragung durch die Pflegekassen als Träger der Sozialversicherung zur Überzeugungsgewissheit unterstellt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 3.8.2017 V R 52/16, BFHE 259, 160, HFR 2018, 239). Zum anderen beruht die Hilfsbedürftigkeit der Bewohner des betreuten Wohnens im vorliegenden Fall auf altersspezifischen Schwierigkeiten im Sinne des § 71 SGB XII, die zum Bezug von Leistungen der Altenhilfe nach § 71 SGB XII berechtigen. Dem Leistungsumfang nach umfasst die Altenhilfe gemäß § 71 SGB XII sämtliche Leistungen, die zum Ausgleich altersspezifischer Schwierigkeiten angezeigt sind, soweit eine Leistungsgewährung nicht bereits nach anderen Vorschriften erfolgt (BSG-Urteil vom 24.2.2016 B 8 SO 11/14 R, BSGE 121, 12). Aus Sicht des Senats betreffen sämtliche von der Klägerin im Rahmen des Betreuungsvertrages erbrachten Leistungen – entsprechend dem Prinzip des betreuten Wohnens – derartige altersspezifische Bedarfe, die der Überwindung altersspezifischer Schwierigkeiten bei der Bestreitung des täglichen Lebens dienen. Infolgedessen kann aus Sicht des Senats auch insoweit davon ausgegangen werden, dass jedenfalls in einem für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG hinreichendem Umfang eine Vergütung der Kosten durch die Träger der Sozialhilfe erfolgt. 45cc) Da die von der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen zu ihrer Anerkennung als Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG führen, handelt es sich bei den entsprechenden Leistungen auch um solche, auf die sich die Vergütung im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG bezieht. 46dd) Angesichts dessen kann offen bleiben, ob das von der Klägerin betriebene Pflegeheim und die Wohneinheiten des betreuten Wohnens als eine gemeinsame Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG zu betrachten sind, in dessen Folge die in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG enthaltenen Schwellenwerte in den Kalenderjahren 2008 bis 2013 bereits deshalb erfüllt wären, weil ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Übersicht auf die Bewohner der Pflegestufe 0 und die Bewohner des betreuten Wohnens in den Kalenderjahren 2009 bis 2014 nicht mehr als 10 % der Belegungstage entfielen, für die übrigen Bewohner des Pflegeheims, denen hiernach mindestens die Pflegestufe I zuerkannt war, eine überwiegende Vergütung der Kosten durch die Pflegekassen unterstellt werden kann und keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dies nicht auch bereits im Kalenderjahr 2008 der Fall gewesen ist. 475. Da die Leistungen der Klägerin im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen bereits nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG steuerbefreit sind, braucht der Senat auch nicht abschließend darüber zu befinden, ob § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG im vorliegenden Zusammenhang mit dem Unionsrecht unvereinbar ist und die Leistungen der Klägerin aus dem betreuten Wohnen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL (vgl. zur unmittelbaren Anwendbarkeit das BFH-Urteil vom 21.4.2021 XI R 31/20 (XI R 34/18), BFH/NV 2021, 723 m.w.N.) steuerfrei wären (vgl. für die Vorgängerregelung der Richtlinie 77/388/EWG im Zusammenhang mit Leistungen des betreuten Wohnens BFH-Urteil vom 8.6.2011 XI R 22/09, BFHE 234, 448, HFR 2011, 1132). 485. Auf Grund der in dem vorbezeichneten Umfang bestehenden Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k) bzw. l) UStG ist der Beklagte in den Streitjahren 2009 bis 2012 gemäß § 101 Satz 1 FGO zu verpflichten, die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO zu ändern und die Umsatzsteuer 2009 auf 2.778,67 €, die Umsatzsteuer 2010 auf 2.726,36 €, die Umsatzsteuer 2011 unter erstmaliger Berücksichtigung der auf dem Konto Nr. 5556 gebuchten Umsätze auf 2.775,63 € und die Umsatzsteuer 2012 auf 2.549,57 € festzusetzen. In den Streitjahren 2013 und 2014 ist die Umsatzsteuer auf Grund der teilweisen Steuerfreiheit der von der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen auf 3.174,75 € (Umsatzsteuer 2013) und auf 3.182,51 € (Umsatzsteuer 2014) festzusetzen, § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO. 49II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. 50III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. 51IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. | der beklagte wird unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 8.9.2014 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 15.10.2018 verpflichtet, die umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011 vom 5.2.2013 und den umsatzsteuerbescheid 2012 vom 7.2.2013 dahingehend zu ändern, dass die umsatzsteuer 2009 auf 2.778,67 €, die umsatzsteuer 2010 auf 2.726,36 €, die umsatzsteuer 2011 auf 2.775,63 € und die umsatzsteuer 2012 auf 2.549,57 € festgesetzt wird. der umsatzsteuerbescheid 2013 vom 7.8.2015 und der umsatzsteuerbescheid 2014 vom 23.5.2016, jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 15.10.2018, werden dahingehend abgeändert, dass die umsatzsteuer 2013 auf 3.174,75 € und die umsatzsteuer 2014 auf 3.182,51 € festgesetzt wird. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. die revision wird nicht zugelassen. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, soweit nicht die klägerin zuvor sicherheit in höhe des vollstreckbaren betrages leistet. 1 | 2die beteiligten streiten darüber, ob die von der klägerin erbrachten leistungen (ohne vermietungsleistungen) im zusammenhang mit dem sogenannten betreuten wohnen von der umsatzsteuer befreit sind. 3die klägerin ist eine gesellschaft mit beschränkter haftung, die die seniorenresidenz t bestehend aus einem pflegeheim und sieben wohnungen des betreuten wohnens betreibt. die wohnungen weisen eine größe zwischen 40 m² und 65 m² auf, verfügen über jeweils eine eigene einbauküche, ein notrufsystem und befinden sich im gebäude des pflegeheims. 4dem betrieb des pflegeheims liegt ein am 25.9.2003 abgeschlossener versorgungsvertrag nach § 72 des elften buches sozialgesetzbuch (sgb xi) über vollstationäre pflege und kurzzeitpflege und eine am 26.6.2013 abgeschlossene und bis zum 30.6.2014 gültige vereinbarung gemäß §§ 84, 85 und 87 sgb xi über die leistung, qualität und vergütung der vollstationären pflegeleistungen und kurzzeitpflegeleistungen zugrunde. ausweislich dieser vereinbarungen, auf die wegen der einzelheiten verwiesen wird, erbringt die klägerin leistungen der kurzzeitpflege und der vollstationären pflege an pflegebedürftige im sinne des sgb xi und betreibt xxx plätze in der vollstationären pflege und xxx plätze der kurzzeitpflege als eingestreute plätze innerhalb der vollstationären pflegeeinrichtung. in den jahren 2009 bis 2014 entfielen hierbei ausweislich der von seiten der klägerin vorgelegten berechnungen, auf die wegen der einzelheiten verwiesen wird, nicht mehr als 10 % der gesamten belegungstage auf die bewohner des betreuten wohnens und bewohner des pflegeheims, denen allein die pflegestufe 0 zuerkannt worden war. 5mit den bewohnern des betreuten wohnens schloss die klägerin neben einem mietvertrag betreuungsverträge ab, die einem mustervertrag folgten und diverse leistungen einer grundversorgung, einer erweiterten grundversorgung und wahlleistungen einschließlich eines insoweit obligatorischen notrufsystems umfassen. wegen der einzelheiten wird auf den von der klägerin exemplarisch vorgelegten vertrag verwiesen. die leistungen wurden durch das im pflegeheim eingesetzte personal erbracht. buchhalterisch verbuchte die klägerin die entgelte für im rahmen des betreuten wohnens erbrachten dienstleistungen auf dem konto nr. 5222 (2009-2011) bzw. nr. 4910 (2011-2014) und für speisen und getränke auf dem konto nr. 5556 (2009-2011) bzw. nr. 4920 (2011-2014); wegen der einzelheiten wird auf den klägerischen schriftsatz vom 6.1.2022 bezug genommen. 6die klägerin erklärte für die jahre 2009 und 2010 zunächst unter verweis auf die kleinunternehmerregelung des § 19 des umsatzsteuergesetzes in der im streitzeitraum geltenden fassung (ustg) eine umsatzsteuer i.h. von jeweils 0,00 € an. mit steueranmeldungen vom 5.2.2013 und vom 7.2.2013 meldete die klägerin für die jahre 2009 bis 2012 jeweils eine positive, festzusetzende umsatzsteuer an. mit weiteren ab dem 14.1.2014 eingereichten umsatzsteueranmeldungen kehrte die klägerin für das jahr 2012 zur anwendung der kleinunternehmerregelung zurück und erklärte für die jahre 2013 und 2014 erstmals eine festzusetzende umsatzsteuer i.h. von jeweils 0,00 €. dem folgend beantragte die klägerin mit schreiben vom 9.4.2014 (eingang: 11.4.2014) unter beifügung entsprechender umsatzsteuererklärungen auch für die jahre 2009 bis 2011, die umsatzsteuer jeweils auf einen betrag i.h. von 0,00 € festzusetzen. zur begründung führte die klägerin an, die im rahmen des betreuten wohnens erbrachten umsätze seien steuerfrei. bei den leistungen des betreuten wohnens handele es sich um eng mit der pflege und betreuung hilfsbedürftiger personen zusammenhängende leistungen. 7beginnend im august 2014 führte der beklagte bei der klägerin eine umsatzsteuer-sonderprüfung durch. ausweislich des berichtes der umsatzsteuer-sonderprüfung vom 3.9.2014 seien die im zusammenhang mit dem betreuten wohnen erbrachten umsätze der klägerin, die betreffend die erbrachten dienstleistungen (ohne vermietungsleistungen) und die geleistete verpflegung auf jeweils einem konto verbucht würden, insgesamt nicht steuerfrei. soweit die klägerin auf das urteil des bundesfinanzhofs (bfh) vom 8.6.2011 xi r 22/09 verweise, sei dieses nicht über den entschiedenen streitfall hinaus anzuwenden. 8dem folgend lehnte der beklagte eine änderung der umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 mit bescheid vom 8.9.2014 ab und setzte die umsatzsteuer 2013 mit bescheid vom 18.6.2015 und die umsatzsteuer 2014 mit bescheid vom 23.5.2016 abweichend von den erklärungen der klägerin fest. 9die klägerin legte gegen die ablehnung der änderung der umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 am 6.10.2014, gegen den umsatzsteuerbescheid 2013 vom 18.6.2015 am 13.7.2015 und gegen den umsatzsteuerbescheid 2014 vom 23.5.2016 am 14.6.2016 einspruch ein. der beklagte erließ am 7.8.2015 einen geänderten umsatzsteuerbescheid (teilabhilfebescheid) für 2013, in dem er aus den zuvor als nettoumsätzen behandelten beträge, bei denen es sich tatsächlich um bruttoentgelte handelte, die umsatzsteuer herausrechnete. der beklagte wies im übrigen die einsprüche mit einspruchsentscheidung vom 15.10.2018 als unbegründet zurück. 10dagegen hat die klägerin am 19.11.2018 klage erhoben. sie ist der ansicht, die umsätze aus dem betreuten wohnen seien steuerfrei, soweit sie gegenüber hilfsbedürftigen personen erbracht würden. die bewohner b1, b2, b3, b4, b5, b6, b7, b8, b9 und b10 seien als hilfsbedürftig anzusehen, weil diese in unterschiedlichem maße auf regelmäßig wiederkehrende hilfe zur bewältigung des alltags angewiesen gewesen seien. nicht erforderlich sei eine pflegebedürftigkeit, die hilfsbedürftigkeit reiche darüber hinaus. entsprechend könne sich die hilfsbedürftigkeit beispielsweise auch darin zeigen, dass eine person einen rollator oder rollstuhl zur fortbewegung benötige oder unter einer sehbehinderung oder psychischen erkrankung leide. in diesem sinne bilde das beziehen einer wohnung des betreuten wohnens ebenso ein erstes deutliches indiz für das vorliegen einer hilfsbedürftigkeit. wenngleich den personen ein möglichst selbständiges leben ermöglicht werden solle, seien die wohnungen mit blick auf den bereits bestehenden hilfsbedarf auch darauf ausgelegt, von personen, die auf hilfsmittel wie rollatoren oder rollstühle angewiesen seien, bewohnt zu werden. ziel der bewohner sei es, im bedarfsfall jederzeit hilfestellungen zu erhalten. dass es sich bei der hilfsbedürftigkeit um ein sich graduell entwickelndes merkmal handele, belege auch die abstufung des pflegebedarfs nach §§ 14, 15 sgb xi der in den streitjahren maßgeblichen fassung. dass § 15 sgb xi af erst bei überschreiten einer gewissen hürde, dem erreichen der pflegestufe i, von einer pflegebedürftigkeit ausgehe, sei für das umsatzsteuerrecht jedoch unerheblich. schließlich sei das alter der bewohner zu berücksichtigen. dieses liege zwischen 70 und 93 jahren. dabei sei es allgemein bekannt, dass menschen ab einem alter von 65 jahren deutlich vermehrt auf hilfestellungen im alltag angewiesen seien. 11bei den im rahmen des betreuten wohnens erbrachten leistungen handele es sich auch um eng mit der betreuung oder pflege hilfsbedürftiger personen verbundene leistungen. sämtliche leistungen, die nach dem betreuungsvertrag im zuge des betreuten wohnens erbracht würden und die ein einheitlich zu beurteilendes leistungsbündel bildeten, unterfielen der altenhilfe nach § 71 des zwölften buches sozialgesetzbuch (sgb xii) und könnten damit von den sozialhilfeträgern vergütet werden. soweit den bewohnern eine pflegestufe zuerkannt sei, seien die leistungen auch im rahmen des pflegegeldes deckungsfähig. ob tatsächlich eine kostenübernahme erfolge oder nicht, sei demgegenüber unerheblich. 12die klägerin qualifiziere auch als einrichtung mit sozialem charakter. sie habe als pflegeheim der kurzzeitpflege und der vollstationären pflege vergütungsvereinbarungen nach dem sgb xi abgeschlossen und erbringe in diesem rahmen als einrichtung mit sozialem charakter steuerfreie leistungen im sinne des § 4 nr. 16 satz 1 buchst. c) ustg. es bestehe eine räumliche nähe zwischen dem pflegeheim und dem betreuten wohnen, die wohnungen des betreuten wohnens befänden sich im gleichen gebäude, es handele sich um eine zusammenhängende einrichtung. die leistungen unterfielen insoweit auch nicht § 4 nr. 16 satz 2 ustg, da es sich um leistungen im sinne des § 71 sgb xii handele, deren kosten von den sozialhilfeträgern übernommen werden könnten. soweit im einzelfall im rahmen des betreuten wohnens eine hilfsbedürftigkeit der bewohner fehle, sei dies unbeachtlich, da dies nicht mehr als 10% der fälle betreffe. 13darüber hinaus handele es sich bei der klägerin auch um eine einrichtung, bei der die betreuungs- oder pflegeleistungen zu mindestens 40 % bzw. ab dem 1.7.2013 zu mindestens 25 % der fälle von den gesetzlichen trägern der sozialversicherung oder sozialhilfe oder der für die durchführung der kriegsopferversorgung zuständigen versorgungsverwaltung einschließlich der träger der kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden teil vergütet worden seien. in die berechnung seien die leistungen des pflegeheims einzubeziehen. ausgehend hiervon liege der anteil der belegungstage, der auf personen entfalle, die weder leistungen der pflegekasse noch des sozialamtes erhalten hätten, zwischen 8% und 10%. unabhängig hiervon handele es sich bei diesem schwellenwert ohnehin um eine nach dem unionsrecht unzulässige voraussetzung. 14schließlich könne sich die klägerin auch unmittelbar auf art. 132 abs. 1 buchst. g) der richtlinie 2006/112/eg des rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame mehrwertsteuersystem (mehrwertsteuersystemrichtlinie – mwstsystrl –) und eine hieraus folgende steuerfreiheit der vorliegend strittigen leistungen berufen. 15die klägerin beantragt, 16den beklagten unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 8.9.2014 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 15.10.2018 zu verpflichten, die umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011 vom 5.2.2013 und den umsatzsteuerbescheid 2012 vom 7.2.2013 dahingehend zu ändern, dass die umsatzsteuer 2009 auf 2.778,67 €, die umsatzsteuer 2010 auf 2.726,36 €, die umsatzsteuer 2011 auf 2.775,63 € und die umsatzsteuer 2012 auf 2.549,57 € festgesetzt wird, und 17den umsatzsteuerbescheid 2013 vom 7.8.2015 und den umsatzsteuerbescheid 2014 vom 23.5.2016, jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 15.10.2018, dahingehend abzuändern, dass die umsatzsteuer 2013 auf 3.174,75 € und die umsatzsteuer 2014 auf 3.182,52 € festgesetzt wird. 18der beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20der beklagte meint, die seitens der klägerin im rahmen des betreuten wohnens erbrachten leistungen seien nicht von der umsatzsteuer befreit. es sei nicht zu erkennen, dass die klägerin die betreuungsleistungen im rahmen des betreuten wohnens an hilfsbedürftige personen erbringe. der hilfsbedarf im sinne des § 4 nr. 16 ustg ergebe sich insbesondere aus den §§ 14, 15 sgb xi, d.h. aus dem bestehen einer pflegestufe. die hilfsbedürftigkeit sei für jeden bewohner festzustellen und beleg- und buchmäßig nachzuweisen. entsprechende nachweise seien nicht erbracht worden. allein eine schwerbehinderung führe nicht zu einer hilfsbedürftigkeit, hierfür sehe das schwerbehindertenrecht das merkzeichen „h“ vor. ebenso wenig sei auf grund der nutzung eines rollators, das bestehen einer krankheit oder auf grund eines gewissen alters zwingend von einer pflege- oder hilfsbedürftigkeit auszugehen. vorgelegten berichten über erbrachte leistungen könne ebenfalls keine hilfsbedürftigkeit entnommen werden. eine pflegestufe sei nur für einzelne bewohner nachgewiesen. es sei jedoch nicht zu erkennen, welche umsätze in diesem rahmen erbracht worden seien. bewohner des betreuten wohnens seien schließlich nicht typischerweise hilfsbedürftig, sondern führten mit geringfügigen hilfen ein weitgehend unabhängiges leben. 21die von der klägerin erbrachten leistungen zählten nicht zu den steuerbefreiten leistungen. die steuerbefreiung erfasse insbesondere leistungen der ambulanten pflege. solche leistungen umfasse die von der klägerin angebotene grundversorgung jedoch gerade nicht. vielmehr biete die klägerin ein beratungsangebot an, ohne jedoch die ambulante pflege zu übernehmen. 22es sei auch nicht zu erkennen, dass die klägerin die betreuungsleistungen als einrichtung mit sozialem charakter im sinne der steuerbefreiung erbringe. soweit die klägerin ein pflegeheim betreibe und demgemäß eine einrichtung mit sozialem charakter nach § 4 nr. 16 satz 1 buchst. c) ustg sei, erfasse dies allein die in diesem rahmen erbrachten leistungen der vollstationären pflege und kurzzeitpflege, nicht aber die leistungen des betreuten wohnens. zwar sei es nach der verwaltungsauffassung auch nicht zu beanstanden, wenn pflege- oder betreuungsleistungen in stationären einrichtungen in 10 % der fälle auch an nicht hilfsbedürftige personen erbracht würden. vorliegend sei aber weder ein derart geringer umfang noch eine erbringung der leistungen des betreuten wohnens innerhalb der stationären einrichtung dargelegt. die klägerin habe eine etwaige räumliche verflechtung dieser bereiche etwa durch lagepläne zu substantiieren. 23die klägerin qualifiziere auch nicht deshalb als einrichtung mit sozialem charakter, weil die von ihr im vorangegangenen kalenderjahr erbrachten betreuungs- oder pflegeleistungen zu mindestens 40 % bzw. ab dem 1.7.2013 zu mindestens 25 % der fälle von den gesetzlichen trägern der sozialversicherung oder sozialhilfe oder der für die durchführung der kriegsopferversorgung zuständigen versorgungsverwaltung einschließlich der träger der kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden teil vergütet worden wären. die einrichtung des betreuten wohnens und das pflegeheim seien insoweit getrennt zu beurteilen, es handele sich nicht um eine gemeinsame einrichtung. mangels entsprechender darlegungen sei jedoch nicht festzustellen, dass diese voraussetzungen bei der klägerin erfüllt seien. weder seien jenseits des vorgelegten muster-betreuungsvertrages der inhalt und umfang der im einzelnen erbrachten betreuungsleistungen bekannt noch sei dargelegt, wie die erbrachten leistungen abgerechnet worden seien. auch sei nicht nachvollziehbar geworden, dass die leistungen einer kostenübernahme zugänglich gewesen seien. lediglich für das hausnotrufsystem sei in einem einzelfall eine kostenübernahme erfolgt. der vom gesetzgeber herangezogene schwellenwert sei auch weder unions- noch verfassungswidrig. 24die klägerin könne sich auch nicht unmittelbar auf art. 132 abs. 1 buchst. g) mwstsystrl berufen. die richtlinienbestimmung sei nicht unmittelbar anwendbar, das richtlinienrecht eröffne dem nationalen gesetzgeber in artt. 133, 134 mwstsystrl einen umsetzungsspielraum. es obliege damit allein dem nationalen gesetzgeber, die regelungen für die erforderliche anerkennung der einrichtungen festzulegen. der grundsatz der steuerlichen neutralität gebiete eine steuerfreiheit der von der klägerin erbrachten leistungen nicht. bereits die vergleichbarkeit der leistungen sei mangels darlegung der leistungsinhalte nicht zu erkennen. 25das von der klägerin angeführte urteil des bundesfinanzhofes vom 8.6.2011, xi r 22/09, sei schließlich nicht auf den streitfall zu übertragen. 26der senat hat in der sache am 25.1.2022 mündlich verhandelt. auf die sitzungsniederschrift wird verwiesen. 27wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die übersandten verwaltungsvorgänge bezug genommen. 28 | 29i. die klage ist begründet. der ablehnungsbescheid hinsichtlich des antrags auf änderung der umsatzsteuerfestsetzungen 2009 bis 2012 vom 8.9.2014, der umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 7.8.2015 und der umsatzsteuerbescheid für 2014 vom 23.5.2016, jeweils in gestalt der einspruchsentscheidung vom 15.10.2018, sind rechtswidrig und verletzen die klägerin in ihren rechten, §§ 101, 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung (fgo), soweit der beklagte in den streitjahren einen teil der gegenüber einzelnen bewohnern des betreuten wohnens erbrachten umsätze entgegen § 4 nr. 16 ustg als steuerpflichtig behandelt hat. 301. von den unter § 1 abs. 1 nr. 1 ustg fallenden umsätzen sind gemäß § 4 nr. 16 ustg in den in den streitjahren maßgeblichen fassungen die eng mit dem betrieb von einrichtungen zur betreuung oder pflege körperlich, geistig oder seelische hilfsbedürftiger personen verbundenen leistungen steuerfrei, die von juristischen personen des öffentlichen rechts, § 4 nr. 16 satz 1 buchst. a) ustg, oder einrichtungen im sinne der § 4 nr. 16 satz 1 buchst. b) bis k) ustg (mit wirkung vom 1.7.2013: bis buchst. l) ustg) erbracht werden. nach § 4 nr. 16 satz 2 ustg sind leistungen im sinne des satzes 1, die von einrichtungen nach den buchst. b) bis k) bzw. l) erbracht werden, befreit, soweit es sich ihrer art nach um leistungen handelt, auf die sich die anerkennung, der vertrag oder die vereinbarung nach sozialrecht oder die vergütung jeweils bezieht. 31§ 4 nr. 16 ustg beruht auf artt. 132 abs. 1 buchst. g), 134 der richtlinie 2006/112/eg des rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame mehrwertsteuersystem (mwstsystrl). nach art. 132 abs. 1 buchst. g) mwstsystrl befreien die mitgliedstaaten eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen und lieferungen von gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch altenheime, einrichtungen des öffentlichen rechts oder andere von dem betreffenden mitgliedstaat als einrichtungen mit sozialem charakter anerkannte einrichtungen bewirkt werden. die befreiungsvorschrift dient dem zweck, die kosten der sozialleistungen zu senken und damit, neben den sozialversicherungsträgern als kostenträgern für ihre versicherten, typisierend auch die selbstzahlenden leistungsempfänger zu entlasten. dabei sind nach ständiger rechtsprechung des eugh die begriffe, mit denen die in art. 132 mwstsystrl vorgesehenen steuerbefreiungen umschrieben sind, eng auszulegen (statt vieler europäischer gerichtshof – eugh –, urteil vom 8.10.2020 c-657/19 – finanzamt d –, höchstrichterliche finanzrechtsprechung – hfr – 2020, 1205, mit weiteren nachweisen). 32für die steuerbefreiung des § 4 nr. 16 ustg müssen mehrere voraussetzungen vorliegen. die leistungen müssen gegenüber dem in § 4 nr. 16 satz 1 ustg genannten personenkreis (nachfolgend unter 2.) erbracht werden, sie müssen eng mit dem betrieb von einrichtungen zur betreuung oder pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger personen verbunden sein (3.) und von einer begünstigten einrichtung im sinne des § 4 nr. 16 satz 1 buchst. a) bis k) bzw. l) ustg erbracht werden, die die leistungen nach § 4 nr. 16 satz 2 ustg im rahmen ihrer anerkennung ausführt (4.). 332. die bewohner des betreuten wohnens zählen – soweit die klägerin eine steuerfreiheit der im rahmen des betreuten wohnens erbrachten leistungen begehrt – zum kreis der hilfsbedürftigen personen im sinne des § 4 nr. 16 satz 1 hs. 1 ustg. 34a) hilfsbedürftig im sinne des 4 nr. 16 satz 1 ustg sind personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen zustandes der betreuung und pflege bedürfen, weil sie krank, behindert oder von einer behinderung bedroht sind (bt-drucksache 16/11108, seite 37; fg münster, urteil vom 25.2.2020 15 k 2427/17 u, entscheidungen der finanzgericht – efg – 2020, 811). unter berücksichtigung des normzwecks, eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene leistungen von der umsatzsteuer zu befreien, ist auch der begriff der hilfsbedürftigkeit aus sicht des senats in anlehnung an die sozialrechtliche definition zu verstehen und erfordert einen grundpflegebedarf bzw. bedarf nach haushaltshilfe gem. § 14 sgb xl und § 61a sgb xii, eine erhebliche einschränkung der alltagskompetenz gem. § 45a sgb xl oder altersbedingte schwierigkeiten, die eine hilfsbedürftigkeit im sinne der altenhilfe nach § 71 sgb xii begründen. einer besonderen schwere, die nach § 15 sgb xi für die feststellung einer pflegestufe bzw. eines pflegegrades erforderlich ist, bedarf es jedoch nicht (vgl. zu § 4 nr. 16 ustg af bfh-urteil vom 19.3.2013 xi r 45/10, sammlung amtlich veröffentlichter entscheidungen – bfhe – 241, 79). diesem verständnis der hilfsbedürftigkeit entspricht es, dass der gesetzgeber den begriff der sozialen einrichtung im rahmen des auffangtatbestandes des § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg an eine überwiegende kostentragung seitens der gesetzlichen träger der sozialversicherung, der sozialhilfe, der eingliederungshilfe oder der für die durchführung der kriegsopferversorgung zuständigen versorgungsverwaltung einschließlich der träger der kriegsopferfürsorge knüpft. 35b) ausgehend hiervon hat die klägerin für die bewohner b1, b2, b3, b4, b5, b6, b7, b8, b9 und b10 eine hilfsbedürftigkeit in den streitjahren hinreichend dargelegt, sodass entgegen der ansicht des beklagten auf die vorlage weiterer individueller nachweise wie arztberichte u.ä. verzichtet werden konnte. denn bereits auf grund der umfangreichen und substantiierten darlegungen der klägerin steht für diesen personenkreis zur überzeugung des erkennenden senats fest, dass diese personen der betreuung und pflege bedürfen, weil sie an altersbedingten einschränkungen der alltagskompetenzen leiden. so legt die klägerin unter anderem dar, dass teils eine pflegestufe zuerkannt wurde, erhebliche einschränkungen des bewegungsapparates bestehen, die die benutzung eines rollators oder rollstuhls erforderlich machen, oder eine fortwährende alkoholabhängigkeit festzustellen ist, die ausdruck oder in zusammenschau mit dem alter der betreffenden bewohner zu altersbedingten einschränkungen der alltagskompetenzen führen. die folgen dieser altersbedingten einschränkungen der alltagskompetenzen finden aus sicht des senats niederschlag in den seitens der klägerin vorgelegten pflegeberichten, in denen die klägerin den umfang der pflege- und betreuungsleistungen detailliert niedergelegt hat. für den senat besteht auf grund dieser darlegungen unter berücksichtigung der anzulegenden sozialrechtlichen maßstäbe insbesondere auch keinerlei anlass anzunehmen, dass die einschränkungen derart bedeutungslos sind, dass sie nicht zumindest in sämtlichen vorgenannten fällen als altersbedingte schwierigkeiten im sinne der altenhilfe nach § 71 sgb xii anzusehen sind (vgl. bundessozialgericht – bsg – urteil vom 24.2.2016 b 8 so 11/14 r, sammlung amtlich veröffentlichter entscheidungen – bsge – 121, 12). 363. soweit die klägerin eine steuerfreiheit der von ihr gegenüber hilfsbedürftigen personen erbrachten leistungen des betreuten wohnens begehrt, zählen die leistungen der klägerin zu den eng mit dem betrieb von einrichtungen zur betreuung oder pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger personen verbundenen leistungen. 37a) zu den eng mit dem betrieb von einrichtungen zur betreuung oder pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger personen verbundenen leistungen gehören diejenigen leistungen, die für die umsätze im bereich der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit unerlässlich sind und deren belastung mit umsatzsteuer daher zwangsläufig dazu führen würde, die kosten der genannten umsätze zu erhöhen. entsprechend der systematik des § 4 nr. 16 ustg sind aus sicht des erkennenden senats solche leistungen für den bereich der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit unerlässlich, die nach den sozialrechtlichen bestimmungen mit dem betrieb der in § 4 nr. 16 satz 1 buchst. b) bis k) bzw. l) ustg bezeichneten einrichtungen einhergehen. ausgehend hiervon hat die rechtsprechung insbesondere die leistungen der ambulanten pflege, namentlich die hauswirtschaftliche versorgung, das einkaufen, kochen, reinigen der wohnung und das waschen der kleidung, die gestellung einer haushaltshilfe, leistungen der kinderbetreuung, legasthenie-behandlungen im rahmen der eingliederungshilfe, betreuungsleistungen und die bereitstellung eines haus-notruf-dienstes als unerlässlich angesehen (bfh-urteile vom 21.4.2021 xi r 31/20 (xi r 34/18), sammlung amtlich nicht veröffentlichter entscheidungen des bfh – bfh/nv – 2021, 1313; vom 7.12.2016 xi r 5/15, bfhe 256, 550, bfh/nv 2017 863; vom 1.12.2010 xi r 46/08, bfhe 232, 232, bfh/nv 2011, 712, jeweils mit weiteren nachweisen). dem vorstehenden leistungskatalog entspricht es, dass nach der rechtsprechung die im rahmen des betrieb eines heims für betreutes wohnen erbrachten leistungen grundsätzlich zu den eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundenen dienstleistungen und lieferungen von gegenständen zählen (eugh-urteile vom 21.1.2016 c-335/14 – les jardins de jouvence – , hfr 2016, 287; vom 26.5.2005 c-498/03 – kingscrest associates und montecello – , hfr 2005, 915; bfh-urteil vom 8.6.2011 xi r 22/09, bfhe 234, 448, hfr 2011, 1132). 38b) ausgehend von den vorstehenden maßstäben ist der erkennende senat davon überzeugt, dass die von der klägerin im rahmen der mit den hilfsbedürftigen bewohnern des betreuten wohnens abgeschlossenen betreuungsverträge erbrachten leistungen mit ausnahme der wahlleistung für die bereitstellung eines telefonanschlusses, deren steuerfreiheit die klägerin auch nicht begehrt, zu den eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundenen leistungen zählen. denn mit den jeweils gegen ein gesondertes entgelt erbrachten leistungen der grundversorgung und der erweiterten grundversorgung sowie den einzeln bestimmbaren entgeltlichen wahlleistungen bietet die klägerin den bewohnern des betreuten wohnens ein breites angebot an der ambulanten pflege zugehörigen leistungen an, die zu der altenhilfe im sinne des § 71 sgb xii zu zählen sind. die von der klägerin erbrachten leistungen sind in diesem sinne auf die unterstützung und betreuung von senioren ausgerichtet und zielen darauf ab, schwierigkeiten, die durch das alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und den bewohnern die möglichkeit zu erhalten, am leben in der gemeinschaft teilzunehmen. das leistungsspektrum der klägerin umfasst vor diesem hintergrund zahlreiche verschiedene betreuungsleistungen im rahmen der ambulanten pflege, die im rahmen eines spezifischen beratungsangebotes zuvorderst auf die koordinierung pflegerischer leistungen und die sozio-kulturelle teilhabe der bewohner zur verhinderung einer alterstypischen vereinsamung gerichtet sind, aber auch die bereitstellung eines notrufdienstes und bedarfsweise die kurzfristige übernahme pflegerischer leistungen, die hauswirtschaftliche versorgung, das einkaufen, kochen, reinigen der wohnung und das waschen der kleidung umfassen. soweit dieses leistungsspektrum leistungen umfasst, die auch der befriedigung eines grundbedürfnisses dienen (vgl. bfh-urteil vom 1.12.2010 xi r 46/08, bfhe 232, 232, bfh/nv 2011, 712), berücksichtigt der senat, dass diese leistungen durch den betreuungsvertrag und die besonderheiten des vorliegenden einzelfalls eng mit der betreuung und pflege der bewohner verbunden werden. sie sind dem entsprechend anders als andere leistungsangebote zur befriedigung dieser grundbedürfnisse spezifisch auf die behebung altersspezifischer einschränkungen gerichtet und werden hierdurch geprägt. dies zeigt sich für den erkennenden senat insbesondere darin, dass die leistungen durch das im pflegeheim eingesetzte und hierfür geschulte personal sowie insbesondere auch in den gemeinschaftseinrichtungen und im rahmen gemeinsamer angebote für das pflegeheim und die bewohner des betreuten wohnens erbracht werden. soweit der beklagte dieser einordnung hinsichtlich der bereitstellung eines spezifischen beratungsangebotes entgegen tritt, ist dem angesichts des leistungskatalogs der altenhilfe nach § 71 abs. 2 sgb xii nicht zu folgen, demgemäß derartige beratungsleistungen, wie sie von der klägerin aus sicht des senats angeboten werden, ausdrücklich zu den leistungen der altenhilfe zählen. 394. schließlich erbringt die klägerin die von ihr gegenüber den hilfsbedürftigen bewohnern erbrachten leistungen des betreuten wohnens auch als anerkannte einrichtung im sinne des § 4 nr. 16 ustg. denn die klägerin ist insoweit als einrichtung im sinne des § 4 nr. 16 satz 1 ustg anzusehen und bei den leistungen des betreuten wohnens handelt es sich der art nach um leistungen, auf die sich die qualifikation der klägerin nach § 4 nr. 16 satz 1 ustg bezieht, § 4 nr. 16 satz 2 ustg. 40a) dabei kann unentschieden bleiben, ob dem beklagten im ergebnis darin zuzustimmen ist, dass sich die klägerin im zusammenhang mit den hier streitigen leistungen nicht auf ihre qualifikation als einrichtung im sinne des § 4 nr. 16 satz 1 buchst. c) ustg berufen kann. es bedarf insoweit keiner entscheidung, ob es sich – wie die klägerin geltend macht und wofür insbesondere die leistungserbringung durch die mitarbeiter des pflegeheims streitet – bei den im rahmen des betreuten wohnens erbrachten leistungen ihrer art nach um leistungen handelt, auf die sich der von der klägerin abgeschlossene versorgungsvertrag vom 25.9.2003 über die versorgung im rahmen der vollstationären pflege und kurzzeitpflege bezieht, § 4 nr. 16 satz 2 ustg (vgl. zu diesem erfordernis bfh-urteil vom 24.3.2021 v r 1/19, bfhe 272, 547, hfr 2021, 1034). 41b) die klägerin ist nämlich jedenfalls auf grund der im rahmen des betreuten wohnens gegenüber den hilfsbedürftigen bewohnern erbrachten leistungen als einrichtung im sinne des § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) (mit wirkung vom 1.7.2013: buchst. l) ustg anzusehen und erbringt diese leistungen im rahmen der durch die vergütung vermittelten anerkennung, § 4 nr. 16 satz 2 ustg. 42aa) nach § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg sind die eng mit dem betrieb von einrichtungen zur betreuung oder pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger personen verbundenen leistungen solcher einrichtungen steuerbefreit, bei denen im vorangegangenen kalenderjahr die betreuungs- oder pflegekosten in mindestens 40 % der fälle (mit wirkung vom 1.7.2013: 25 %) von den gesetzlichen trägern der sozialversicherung oder der sozialhilfe oder der für die durchführung der kriegsopferversorgung zuständigen versorgungsverwaltung einschließlich der träger der kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden teil vergütet worden sind. 43ob im vorangegangenen kalenderjahr betreuungs- oder pflegekosten in mindestens 40 % bzw. 25 % der fälle im sinne von § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg von den gesetzlichen trägern der sozialversicherung oder der sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden teil vergütet wurden, entscheidet sich nach maßgabe sozialversicherungsrechtlicher regelungen (hierzu und dem folgenden bfh-urteil vom 3.8.2017 v r 52/16, bfhe 259, 160, hfr 2018, 239). dabei ist auch zu berücksichtigen, dass diese vorschrift dem leistenden unternehmer die anwendung der steuerfreiheit ermöglichen will und daher unter praktikablen bedingungen anwendbar sein muss. dies gilt umso mehr, als die inanspruchnahme der steuerfreiheit gerade in den fällen ermöglicht werden soll, in denen es an unmittelbaren vertragsbeziehungen zu z.b. sozialversicherungsträgern, wie nach § 4 nr. 16 satz 1buchst. b) ff. ustg vorausgesetzt, fehlt. daher ist § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg insbesondere dann anzuwenden, wenn der unternehmer die erstattung der kosten, die seinen leistungsempfängern aufgrund seiner leistung entstanden sind, durch sozialversicherungsträger konkret nachweisen kann. darüber hinaus kann die in § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg vorgesehene vergütungsbedingung aber auch in anderer weise nachgewiesen werden. steht z.b. fest, dass die empfänger der durch den unternehmer erbrachten leistungen aufgrund der zuerkennung eines pflegegrades nach § 15 sgb xi zum leistungsbezug nach §§ 28, 28a sgb xi berechtigt sind, kann für diese leistungsempfänger in dem hierdurch vermittelten rahmen eine kostentragung durch die pflegekassen als sozialversicherungsträger unterstellt werden, zumal für buchst. k) bzw. l) keine ausschließliche vergütung durch den sozialversicherungsträger erforderlich ist. 44bb) hiernach steht zur überzeugung des senats fest, dass die im rahmen des betreuten wohnens erbrachten leistungen der klägerin in den kalenderjahren 2008 bis 2013 in mehr als 40 % der fälle überwiegend von den trägern der sozialversicherung und der sozialhilfe vergütet worden sind. ausweislich der seitens der klägerin vorgelegten liste der bewohner des betreuten wohnens in den jahren 2009 bis 2014, die auch das einzugs- und auszugsdatum der bewohner bezeichnet und damit hinreichende feststellungen für das kalenderjahr 2008 ermöglicht, zählen in den kalenderjahren 2008 bis 2012 jedenfalls mehr als 40 % und in dem kalenderjahr 2013 jedenfalls mehr als 30 % der bewohner des betreuten wohnens zum kreis der aus sicht des senats hilfsbedürftigen personen (dazu bereits unter 2.). aus sicht des senats kann für diesen personenkreis und damit für mehr als 40 % der fälle unter berücksichtigung der von der klägerin mit schriftsatz vom 6.1.2022 vorgelegten umsatzübersichten auch ohne (den aus sicht des beklagten in jedem einzelfall erforderlichen, buch- und belegförmig zu führenden) konkreten nachweis der vergütung der kosten für die von der klägerin erbrachten leistungen davon ausgegangen werden, dass die kosten für die von der klägerin im rahmen des betreuten wohnens erbrachten leistungen von den trägern der sozialversicherung und der sozialhilfe zu einem überwiegenden teil vergütet worden sind. denn zum einen war bei einem teil des kreises der hilfsbedürftigen personen für den zeitraum des bewohnens einer wohnung des betreuten wohnens, namentlich bei b3, b4, b6, b7, b8, b10 und ab dem 1.6.2012 bei b1, eine pflegestufe festgestellt worden. auf grund dieser pflegestufe ist der genannte personenkreis – wie auch die klägerin in der mündlichen verhandlung betont hat – zum leistungsbezug nach §§ 36 ff. sgb xi in der in den streitjahren maßgeblichen fassung berechtigt gewesen und konnte hiernach eine kostendeckung für eine vielzahl der von der klägerin erbrachten leistungen beanspruchen, sodass aus sicht des senats für zwecke des § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg eine überwiegende kostentragung durch die pflegekassen als träger der sozialversicherung zur überzeugungsgewissheit unterstellt werden kann (vgl. bfh-urteil vom 3.8.2017 v r 52/16, bfhe 259, 160, hfr 2018, 239). zum anderen beruht die hilfsbedürftigkeit der bewohner des betreuten wohnens im vorliegenden fall auf altersspezifischen schwierigkeiten im sinne des § 71 sgb xii, die zum bezug von leistungen der altenhilfe nach § 71 sgb xii berechtigen. dem leistungsumfang nach umfasst die altenhilfe gemäß § 71 sgb xii sämtliche leistungen, die zum ausgleich altersspezifischer schwierigkeiten angezeigt sind, soweit eine leistungsgewährung nicht bereits nach anderen vorschriften erfolgt (bsg-urteil vom 24.2.2016 b 8 so 11/14 r, bsge 121, 12). aus sicht des senats betreffen sämtliche von der klägerin im rahmen des betreuungsvertrages erbrachten leistungen – entsprechend dem prinzip des betreuten wohnens – derartige altersspezifische bedarfe, die der überwindung altersspezifischer schwierigkeiten bei der bestreitung des täglichen lebens dienen. infolgedessen kann aus sicht des senats auch insoweit davon ausgegangen werden, dass jedenfalls in einem für die gewährung der steuerbefreiung nach § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg hinreichendem umfang eine vergütung der kosten durch die träger der sozialhilfe erfolgt. 45cc) da die von der klägerin im rahmen des betreuten wohnens erbrachten leistungen zu ihrer anerkennung als einrichtung im sinne des § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg führen, handelt es sich bei den entsprechenden leistungen auch um solche, auf die sich die vergütung im sinne des § 4 nr. 16 satz 2 ustg bezieht. 46dd) angesichts dessen kann offen bleiben, ob das von der klägerin betriebene pflegeheim und die wohneinheiten des betreuten wohnens als eine gemeinsame einrichtung im sinne des § 4 nr. 16 satz 1 ustg zu betrachten sind, in dessen folge die in § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg enthaltenen schwellenwerte in den kalenderjahren 2008 bis 2013 bereits deshalb erfüllt wären, weil ausweislich der von der klägerin vorgelegten übersicht auf die bewohner der pflegestufe 0 und die bewohner des betreuten wohnens in den kalenderjahren 2009 bis 2014 nicht mehr als 10 % der belegungstage entfielen, für die übrigen bewohner des pflegeheims, denen hiernach mindestens die pflegestufe i zuerkannt war, eine überwiegende vergütung der kosten durch die pflegekassen unterstellt werden kann und keinerlei anhaltspunkte dafür bestehen, dass dies nicht auch bereits im kalenderjahr 2008 der fall gewesen ist. 475. da die leistungen der klägerin im zusammenhang mit dem betreuten wohnen bereits nach § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg steuerbefreit sind, braucht der senat auch nicht abschließend darüber zu befinden, ob § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg im vorliegenden zusammenhang mit dem unionsrecht unvereinbar ist und die leistungen der klägerin aus dem betreuten wohnen nach art. 132 abs. 1 buchst. g) mwstsystrl (vgl. zur unmittelbaren anwendbarkeit das bfh-urteil vom 21.4.2021 xi r 31/20 (xi r 34/18), bfh/nv 2021, 723 m.w.n.) steuerfrei wären (vgl. für die vorgängerregelung der richtlinie 77/388/ewg im zusammenhang mit leistungen des betreuten wohnens bfh-urteil vom 8.6.2011 xi r 22/09, bfhe 234, 448, hfr 2011, 1132). 485. auf grund der in dem vorbezeichneten umfang bestehenden steuerfreiheit nach § 4 nr. 16 satz 1 buchst. k) bzw. l) ustg ist der beklagte in den streitjahren 2009 bis 2012 gemäß § 101 satz 1 fgo zu verpflichten, die umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 nach § 164 abs. 2 satz 2 ao zu ändern und die umsatzsteuer 2009 auf 2.778,67 €, die umsatzsteuer 2010 auf 2.726,36 €, die umsatzsteuer 2011 unter erstmaliger berücksichtigung der auf dem konto nr. 5556 gebuchten umsätze auf 2.775,63 € und die umsatzsteuer 2012 auf 2.549,57 € festzusetzen. in den streitjahren 2013 und 2014 ist die umsatzsteuer auf grund der teilweisen steuerfreiheit der von der klägerin im rahmen des betreuten wohnens erbrachten leistungen auf 3.174,75 € (umsatzsteuer 2013) und auf 3.182,51 € (umsatzsteuer 2014) festzusetzen, § 100 abs. 2 satz 1 fgo. 49ii. die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo. 50iii. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. 51iv. gründe für die zulassung der revision nach § 115 abs. 2 fgo liegen nicht vor. |
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} | 14 K 1860/21 | 2022-01-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Bewohner des Einfamilienhauses „I. Straße 00“ in M. , das im Eigentum seiner Lebensgefährtin steht. Er wendet sich mit seiner Klage gegen die Anordnung von absoluten Halteverboten im Bereich seines Wohngrundstücks. 3Bei der I. Straße in M. handelt es sich in dem hier streitgegenständlichen Bereich um eine Hauptstraße bzw. Sammelstraße, die eine Breite von 6 m aufweist. Sie verläuft in südlicher Richtung gerade bis zur Hausnummer 00 und geht dort mit einem scharfen Kurvenbereich in die I1. Straße über. Dort befindet sich ein Gewerbegebiet, wobei sich auf dem Grundstück „I1. Straße 0x“ der Städtische Betriebshof inklusive Annahmehof befindet. Darüber hinaus befinden sich dort Autowerkstätten. Gegenüber dem Wohngrundstück des Klägers, das in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, befinden sich Autowerkstätten, eine Autolackiererei sowie eine Firma für den Vertrieb und die Herstellung von Poolsystemen, die in einem Gewerbegebiet, bzw. in einem unbeplanten Innenbereich liegen, der von Gewerbebetrieben geprägt ist. 4Das Wohngrundstück des Klägers ist mit einem Einfamilienhaus bebaut. Auf dem Grundstück befinden sich eine Garage und ein Stellplatz, wobei der Kläger und seine Lebensgefährtin zusammen über 2 PKWs und 2 Motorräder verfügen. 5Vom 4. März 2021 bis zum 11. März 2021 hat seitens der Beklagten eine Verkehrs und Geschwindigkeitsmessung stattgefunden. Dabei wurden auf dem Streckenabschnitt ca. 1870 Kraftfahrzeuge pro Tag in Richtung I1. Straße und ca. 1530 Kraftfahrzeuge pro Tag in Richtung L. Straße gezählt, wobei der Anteil des Schwerverkehrs ca. 9-11% der Fahrzeuge betrug. 85 % der Fahrzeuge fuhren eine Geschwindigkeit von 58/59 km/h. 6Seit dem Jahr 2017 ist aktenkundig, dass von verschiedenen Anwohnern Beschwerden dahingehend vorliegen, dass der Verkehrsfluss auf der Straße durch parkende Fahrzeuge auf der Fahrbahn erschwert werde. 7Der Kläger wandte sich unter anderem mit Schreiben vom 27. September 2017 an die Beklagte und trug vor, dass die I. Straße absolut geradlinig verlaufe und gerade dazu einlade, die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten, so dass auch Geschwindigkeiten bis zu 130 km/h registriert worden seien. Um den Geschwindigkeitsübertretungen und den damit einhergehenden Lärmbelästigungen zu begegnen, parkten einige Anwohner ihre Fahrzeuge auf der Fahrbahn, so auch der Kläger selbst. Dies sei auch zulässig. 8Mit verkehrsrechtlichen Anordnungen vom 23. April 2020 und vom 28. April 2020 ordnete die Beklagte nach § 45 StVO das Aufstellen von Verkehrszeichen 283 (absolutes Halteverbot) beidseits an der I. Straße bis zur Ecke I1. Straße gemäß dem beigefügten Luftbild an und zwar mit dem Zusatzzeichen „werktags 8-18 h“. Handschriftlich ist auf dem Arbeitsauftrag vermerkt: „vorerst bis 30.06.“. Die Verkehrszeichen wurden daraufhin am 24. April 2020 und am 29. April 2020 aufgestellt. Ausweislich eines Aktenvermerks vom 30. April 2020 werden wörtlich folgende Gründe für die Anordnung der Verkehrszeichen genannt: 9„Vermehrter Schwerverkehr (Zubringerstraße Gewerbegebiet), Firmenzufahrten, die von Lkw genutzt werden müssen (größere Schleppkurven durch LKW, parkende Fahrzeuge behindern die Ausfahrt), Zubringerstraße Betriebshof (Schwerverkehr) sowie Schulweg“. 10Weiter wird ausgeführt, dass in der 18. Kalenderwoche die Annahmehöfe des Betriebshofes wieder geöffnet worden seien. Es habe sich gezeigt, dass die Verkehrssituation durch Rückstau weit in die I. Straße hinein deutlich verschärft worden sei. Durch parkende Fahrzeuge sei es zum vollständigen Erliegen des Verkehrs auf der I. Straße gekommen. Daher habe sofortiger Handlungsbedarf bestanden, sodass die absoluten Halteverbote provisorisch und vorerst übergangsweise angeordnet worden seien. Unabhängig davon werde ein dauerhaft installiertes Halteverbot aufgrund der oben genannten Gründe als erforderlich angesehen. 11Zu der Maßnahme hat die Kreispolizeibehörde M. unter dem 4. Mai 2020 Stellung genommen und weder an der Maßnahme noch an der Umsetzung Bedenken geäußert. 12Mit Schreiben vom 30. April 2020 wandte sich der Kläger an den Kreis N. als Kommunalaufsicht, bat um Überprüfung, ob die Einrichtung der Halteverbotstrecke rechtmäßig sei und vertrat die Auffassung, dass das rigorose Unterbinden des Haltens auf der gesamten Straßenlänge ermessensfehlerhaft sei. Daraufhin nahm die Beklagte gegenüber dem Kreis N. mit Schreiben vom 7. Mai 2020 dahingehend Stellung, dass Grund für die Anordnung in erster Linie die Sicherstellung des Verkehrsflusses gewesen sei. Durch die Einschränkungen im Zuge der Corona – Krise sei der Annahmehof des städtischen Betriebshofes über mehrere Wochen geschlossen gewesen. Nach der Wiedereröffnung sei die Frequenz derart hoch gewesen, dass es zu Rückstauungen bis in die I. Straße gekommen sei. Durch die parkenden Fahrzeuge sei der Verkehr teilweise zum Erliegen gekommen. Unabhängig davon habe sich die Verkehrssituation an der Straße bereits seit mehreren Jahren als problematisch dargestellt. Es sei in den vergangenen Jahren schon häufig zu Konflikten zwischen dem ruhenden und dem fließenden Verkehr gekommen. Dabei habe es sich gezeigt, dass das Parken auf der Straße den Verkehrsfluss in einem nicht tragbaren Maß einschränke. Die Anordnung des Verkehrszeichens 283 sei somit nach der Verwaltungsvorschrift rechtmäßig. 13Mit Schreiben vom 25. Juni 2020 teilte der Kreis N. dem Kläger mit, dass er aufgrund der Stellungnahme der Beklagten keine Ermessensfehler feststellen könne. 14Mit Schreiben vom 2. Juli 2020 vertrat der Kläger weiterhin die Ansicht, dass die angeordneten Verkehrszeichen, auch mit zeitlicher Befristung, sachgrundlos angeordnet worden seien. Er sehe auf der I. Straße durchaus Handlungsbedarf, da dort erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen vorlägen. Darüber hinaus teilte er mit, dass er seit seinem Zuzug nach M. eine Posse erlebe, die ihresgleichen suche, da er auf der Fahrbahn geparkt habe und diesbezüglich verwarnt worden sei, obwohl kein Verwarnungstatbestand einschlägig gewesen sei. 15Mit Schreiben vom 30. November 2020 nahm die Beklagte auf Aufforderung des Kreises N. ihm gegenüber dahingehend Stellung, dass die Verkehrszeichen aus Gründen der Verkehrssicherheit sowie der Flüssigkeit des Verkehrs angeordnet worden seien, da die Flüssigkeit, bzw. Ordnung des Verkehrs nicht mehr gegeben gewesen sei. Zwischenzeitlich sei auch die feste Installation der Beschilderung vorgenommen worden. Auf diese Möglichkeit sei die Polizei im Vorfeld ebenfalls hingewiesen worden und es sei auch hierzu von Seiten der Polizei die Zustimmung erteilt worden. Es sei auf der Fahrbahn alternierend geparkt worden, so dass Begegnungsverkehr streckenweise nicht möglich gewesen sei und es daher wiederholt zu Rückstauungen, zu grenzwertigen und gefährlichen Verkehrssituationen und einer Belastung für die Anwohner gekommen sei. Zudem sei der anliegende Grünstreifen beparkt worden, was aufgrund der Rasenbepflanzung und dem Wurzelschutz der Bäume nicht habe zugelassen werden können. Daher sei auch das Zusatzschild „auf dem Seitenstreifen“ montiert worden. 16Mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 bat der Kreis N. erneut um Rückmeldung dazu, welche Möglichkeit aktuell noch besteht, tagsüber kurzfristig in dem gesamten Abschnitt zu halten. Es bestehe auch die Möglichkeit, in einem ersten Schritt nur das Parken auf der östlichen Straßenseite zu unterbinden. Ebenfalls lasse sich aus Sicht des Kreises die vorübergehende konkrete Überlastungssituation aus April 2020 nicht ohne weiteres auf den Normalzustand übertragen. Ebenfalls bestehe die Möglichkeit, weitere Haltemöglichkeiten im Bereich der befestigten Seitenstreifen zu schaffen. 17Mit Schreiben vom 5. Januar 2021 teilte die Beklagte dem Kreis N. mit, dass das Zusatzzeichen „auf dem Seitenstreifen“ in der ersten Kalenderwoche des Jahres 2021 entfernt werde, sodass den Anwohnern das Parken und den Lieferdiensten das Halten im Bereich des Seitenstreifens ermöglicht werde. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass alle Grundstücke über private Stellplätze verfügten. 18Am 11. März 2021 fand ein Ortstermin statt, an dem neben dem Kläger und Vertretern der Beklagten auch ein Vertreter des Kreises N. , Vertreter der Kreispolizeibehörde und ein Vertreter der Bezirksregierung E. teilgenommen haben. Im Nachgang zu diesem Ortstermin teilte die Beklagte den Beteiligten mit, dass aus ihrer Sicht folgende Maßnahmen im betreffenden Bereich umsetzbar seien, wörtlich: 1920„Anordnung von drei Parkplätzen (in dem Zusammenhang wird die Fahrstreifenbegrenzung als Leitlinie ausgeführt) Beibehaltung der Parkverbote (Verkehrszeichen 283) mit der zeitlichen Beschränkung in „werktags 8 bis 18:00 Uhr“ auf der westlichen Seite der I. Straße Beibehaltung der Parkverbote (Verkehrszeichen 283) unter Wegnahme der zeitlichen Beschränkung auf der östlichen Seite der I. Straße“. 21Der Kläger hat am 22. März 2021 Klage erhoben. 22Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, die rechtmäßigen Voraussetzungen für die Anordnung der Verkehrszeichen 283 lägen nicht vor, seien ermessensfehlerhaft angeordnet und verletzten ihn in seinen Rechten (allgemeine Handlungsfreiheit). Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefährdet seien. Auch sei nicht nachvollziehbar, um welche Beschwerden von Anwohnern es sich gehandelt habe. Durch die Anordnung sei das Abstellen seines Fahrzeuges vor seiner Wohnanschrift nicht mehr möglich. 23Der Kläger beantragt, 24die Verkehrszeichen 283 (absolutes Halteverbot) im Bereich der I. Straße 00 in M. aufzuheben, 25Die Beklagte beantragt, 26die Klage abzuweisen. 27Sie trägt vor, dass die Voraussetzungen des § 45 StVO vorlägen. Das Zusammenspiel von Gestaltung der Straße, insbesondere der scharfe Kurvenbereich im Übergang zur I1. Straße, der Verkehrsbedeutung der Straße, dem Verkehrsaufkommen, vor allem durch LKW, und auch der Tatsache, dass eine große Anzahl von Grundstücksein – und ausfahrten auf die I. Straße führten, rechtfertigen die von der Beklagten ausgeführte Gefahreneinschätzung. Das Verkehrsaufkommen sei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht unerheblich, wie sich an der Auswertung der Verkehrsdaten erkennen lasse. Um an parkenden oder haltenden Fahrzeugen vorbeifahren zu können, müssten die einzelnen Verkehrsteilnehmer auf die für den Gegenverkehr vorgesehene Fahrbahn ausweichen oder anhalten. Dies könne zu gefährlichen Situationen führen. Zudem bezwecke der Kläger mit seiner Klage einzig und allein, dass ihm weiterhin die Möglichkeit bleibe, in unmittelbarer Nähe seines Grundstücks parken zu können. Dies sei jedoch keine schutzwürdige Position. Eine Rechtsposition, wonach einem Anlieger Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen und Plätzen unmittelbar bei seinem Grundstück oder in dessen angemessener Nähe eingerichtet werden oder erhalten bleibe, resultiere weder unmittelbar aus der StVO noch aus den Normen, aus denen ein Anliegerrecht entwickelt werden könne. Auch sei ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde nur dann gegeben, wenn ein Grundrecht des Einzelnen verletzt wäre. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil ein Anliegergebrauch vorliegend überhaupt nicht verletzt sein könne. 28Die Beteiligten sind in der mündlichen Verhandlung angehört worden. Der Kläger hat unter anderem ausgeführt, dass die Motorräder in der Garage und die PKWs auf dem Stellplatz und auf der Grundstückseinfahrt geparkt würden. Der Kläger hat weiter ausgeführt, dass der Rechtsstreit aus seiner Sicht beendet werden könnte, wenn die Verkehrszeichen 283 im Bereich seines Wohngrundstücks entfernt würden und sowohl vor dem Grundstück „I. Straße 00“ als auch gegenüber vor dem Grundstück „I. Straße 00“ jeweils auf der Straße ein Parkplatz eingerichtet würde. Dies würde aus seiner Sicht auch im Sinne eines „alternierenden Parkens“ zu einer Reduktion der Geschwindigkeit führen. Auf eine Beendigung des Rechtsstreits auf diese Weise hat die Vertreterin der Beklagten sich in der mündlichen Verhandlung nicht eingelassen. 29Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. 30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 31Entscheidungsgründe: 32Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 33Die Klage ist als Anfechtungsklage i.S.d. § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, da die Verkehrszeichen, gegen die sich der Kläger wendet, Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen, § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW), darstellen. 34Verwaltungsakt-Charakter eines Verkehrszeichens: ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) seit Urteil vom 9. Juni 1967 – VII C 18.66 –, BVerwGE 27, 181 ff.. 35Der Kläger ist auch klagebefugt i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO. Zwar wird eine verkehrsbeschränkende Anordnung auf der Grundlage des § 45 Straßenverkehrsordnung (StVO) maßgebend zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit – Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs – vorgenommen. Der durch eine Anordnung betroffene Verkehrsteilnehmer ist jedoch dann zumindest in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, wenn – wie vorliegend geltend gemacht – die Voraussetzungen für eine auch ihn treffende Verkehrsbeschränkung nicht gegeben sind oder wenn die behördliche Ermessensausübung insoweit fehlerhaft ist, als seine eigenen Interessen nicht ohne Rechtsfehler mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener abgewogen worden sind, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkung sprechen. 36Vgl. zur Klagebefugnis ausführlich: BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 – 3 C 15/03 –, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 11. Juni 1997 – 4 L 131/96 –, juris. 37Die Klage wurde rechtzeitig erhoben. Nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO ist die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben, wenn – wie hier nach § 110 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO – die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht erforderlich ist. Die Allgemeinverfügungen (Zeichen 254) werden gemäß § 43 VwVfG gegenüber demjenigen, der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm bekannt gegeben werden. Die Bekanntgabe erfolgt durch Aufstellen des Verkehrsschildes, vgl. § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 4 StVO. 38Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 37/09 –, Rn. 16, juris, m.w.N.. 39Die Verkehrszeichen sind am 24. April 2020 bzw. 29. April 2020 auf der Grundlage einer verkehrsrechtlichen Anordnung, die nicht zwingend schriftlich ergehen muss, aufgestellt worden, 40vgl. VG Würzburg, Urteil vom 8. April 2020 – W 6 K 19.1174 – juris. 41Die am 22. März 2021 erhobene Klage wahrt mithin die – mangels Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 58 Abs. 2 VwGO maßgebliche – Jahresfrist. 42Die somit zulässige Klage ist allerdings unbegründet. 43Die Anordnung der Verkehrszeichen 283 mit dem Zusatz „Werktags 8-18h“ im Bereich der I. Straße in M. ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. 44Der rechtliche Maßstab für die Beurteilung der Halteverbote ergibt sich aus § 45 Abs. 1 und Abs. 9 StVO. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Nach Satz 2 dürfen – abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen – Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter - also etwa der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs - erheblich übersteigt. 45Als in Bezug auf Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs speziellere Regelung modifiziert § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO die Regelung des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO und konkretisiert und verdrängt in seinem Anwendungsbereich die allgemeine Regelung in § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO, weshalb Maßnahmen nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO ebenfalls im Ermessen der Behörde stehen, 46Vgl.: BVerwG, Urteil vom 5. April 2001 – 3 C 23.00 – juris; BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 32/09 –, Rn. 19 f., juris; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., 2021, § 45 StVO, Rdnr. 49b. 47Die Erforderlichkeit der Einrichtung des Halteverbots liegt für den oben beschriebenen Bereich vor. Denn bei den hier betroffenen Rechtsgütern ist ein Einschreiten bereits bei einer geringen Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zulässig und geboten. Obwohl es hier nicht um den fließenden Verkehr geht, gilt dieser Maßstab sinngemäß auch für den hier in Rede stehenden ruhenden Verkehr, weil die genannte Regelung ausweislich ihres Wortlauts nicht abschließend ist, zumal die konkrete Anordnung dem ungehinderten Ablauf des fließenden Verkehrs dient. Ein konkreter Schaden braucht noch nicht eingetreten zu sein, allerdings muss die Befürchtung naheliegen, dass an der betreffenden Stelle ohne eine gefahrvermindernde Tätigkeit der Straßenverkehrsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten werden, 48Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 32/09 – Rn. 21, juris; VG Köln, Urteil vom 25. September 2021 – 18 K 4164/11 – juris. 49§ 45 Abs. 9 Satz 2 StVO setzt lediglich eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraus. Erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete Gefahr, die auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruht. Diese können im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen, der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein. 50vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 37.09 – juris. 51Eine solche Gefahrenlage lässt sich nach der gebotenen sorgfältigen Prüfung der von den Beteiligten detailliert geschilderten und durch Lichtbilder verdeutlichten Verkehrssituation feststellen. Eine auf den örtlichen Begebenheiten beruhende besondere Gefahrenlage ergibt sich daraus, dass die Straße lediglich 6 m breit ist, gleichzeitig aber ein nicht unerhebliches Verkehrsaufkommen, vor allem von LKWs aufweist, die die verschiedenen an der Straße liegenden Gewerbebetriebe sowie den städtischen Betriebshof anfahren. Bei dieser Verkehrssituation könnte es zu gefährlichen Situationen führen, wenn gerade die LKWs an parkenden Fahrzeugen vorbeifahren müssen, da sie in dieser Situation auf die für den Gegenverkehr vorgesehene Fahrbahn ausweichen müssen. Punkt die diesbezüglichen Darlegungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Entgegen der Meinung des Klägers geht es auch nicht darum, dass sich im Bereich seines Wohngrundstücks auf der gegenüberliegenden Straßenseite nur ein Gewerbebetrieb befindet, sondern darum, dass der ungehinderte Verkehrsfluss auf der gesamten Straße zu den an anderen Stellen liegenden Gewerbebetrieben sicher gewährleistet sein soll. 52Auch die an diesem objektiven Tatbestand anknüpfende Ermessensentscheidung der Beklagten ist hinsichtlich des von der Anordnung betroffenen, örtlichen Bereichs rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ermessensentscheidung der Beklagten kann das Gericht nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob sie die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten hat und ob sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO). Das Gericht darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde angestellt hat. Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig und muss aufgehoben werden. Das Verwaltungsgericht ist hingegen nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, im Ergebnis aufrechtzuerhalten oder sich aus Erwägungen, welche die Behörde (noch) nicht angestellt hat, an die Stelle der Behörde setzen und das Ermessen selbst ausüben, 53vgl. OVG Berlin – Brandenburg, Beschluss vom 8. August 2019 – OVG 1 N 104.17 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2020 – 14 K 3555/16 – juris. 54Dabei kann die Behörde ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen (§ 114 S. 2 VwGO). 55Bei der Entscheidung über eine verkehrsregelnde Anordnung nach § 45 Abs. 1 S. 1 StVO hat die zuständige Straßenverkehrsbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens sowohl die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer zu würdigen als auch die Interessen etwa betroffener Anlieger in Rechnung zu stellen. Dabei sind die Belange Einzelner nur insoweit zu berücksichtigen, soweit deren geschützte Individualinteressen berührt werden, 56vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2006 – 8 A 4840/05 – juris; König, in: Hentschel, a.a.O. § 42 StVO, Rdnr. 28d. 57Gemessen an diesen Maßstäben ist eine Rechtsverletzung des Klägers nicht zu erkennen. Die Beklagte hat das ihr nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO eingeräumte Ermessen, ob und welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Gefahrenlage ergreift, auch unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers fehlerfrei ausgeübt. Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte sich von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen, wesentlichen Sachverhalt nicht aufgeklärt oder verkannt bzw. die Interessen des Klägers nicht erfasst oder nicht ausreichend abgewogen hätte. Insbesondere ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Dieser Grundsatz ist verletzt, wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch weniger weit gehende Anordnungen gewährleistet werden kann. 58Vgl.: BVerwG, Urteil vom 5. April 2001 – 3 C 23.00 – juris; VG Köln, Urteil vom 25. September 2012 – 18 K 4164/11 – juris. 59Zwar enthält die verkehrsrechtliche Anordnung selbst wenig Erwägungen. Allerdings ist ein Ermessensausfall nicht zu erkennen, so dass die ergänzenden Ausführungen und Erwägungen aus den Beklagtenschriftsätzen vom 22. April 2021 und vom 18. Januar 2022 sowie der Vortrag in der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen sind, weil bei der hier vorliegenden verkehrsrechtlichen Anordnung als Dauerverwaltungsakt die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung bzw. Entscheidung maßgeblich ist, 60vgl. insb. zur Zulässigkeit des Ergänzens von Ermessenserwägungen: OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 – 8 A 10/17 –, juris. 61Hier hat die Beklagte sowohl die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer als auch die Interessen etwa betroffener Anlieger in Rechnung gestellt. Insbesondere hat sie über die zeitliche Begrenzung der absoluten Halteverbote „Werktags 8-18“ sichergestellt, dass zu den üblichen Liefer und Geschäftszeiten ein ungefährdeter Begegnungsverkehr stattfinden kann und gleichzeitig den Interessen der Anwohner an einem Parken in den Abend- und Nachtstunden Rechnung getragen ist. Die Einrichtung der absoluten Halteverbotszone ist geeignet, behinderndes Halten oder Parken, das zu einer Unterschreitung der erforderlichen restlichen Fahrbahnbreite führt, zu vermeiden. Ein gleich geeignetes, milderes Mittel ist vorliegend nicht erkennbar, um Konflikte zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr zu vermeiden. 62Die Erforderlichkeit der angefochtenen Maßnahme wird schließlich dadurch gestützt, dass auch der Vertreter der Kreispolizeibehörde gegen die Einrichtung des Halteverbotsbereichs keine Bedenken hatte. 63Die angefochtene Maßnahme ist auch angemessen. Der Kläger kann sich insofern allenfalls darauf berufen, dass seine Belange mit den für die Anordnung sprechenden öffentlichen oder privaten Interessen ermessensfehlerhaft abgewogen worden seien. Abwägungserheblich sind überdies nur qualifizierte Interessen des Klägers, die über das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden, hinausgehen, 64vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1993 – 11 C 35.92 - juris. 65Ein qualifiziertes Interesse kann der Kläger hier nicht als Eigentümer des Grundstücks, sondern allenfalls als Mieter oder als Anwohner der Straße in Form eines Anliegergebrauchs geltend machen. Dieses Interesse ist aber bereits deshalb nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt, weil den Anliegern aus dem Straßenanliegergebrauch kein Anspruch darauf erwächst, dass Parkmöglichkeiten unmittelbar bei ihren Grundstücken oder in angemessener Nähe eingerichtet werden oder erhalten bleiben. Das bedeutet, dass es kein Recht auf einen eigenen Parkplatz vor bzw. in unmittelbarer Nähe eines Grundstücks gibt, das im Abwägungsprozess überhaupt hätte berücksichtigt werden müssen, 66vgl.: BVerwG, Urteil vom 6. August 1982 – 4 C 58/80 – juris; Bay VGH, Beschluss vom 16. März 2015 – 11 ZB 14.2426 – juris; VG Ansbach, Urteil vom 13. Januar 2021 – AN 10 K 19.00070 – juris; VG Köln, Urteil vom 25. September 2012 – 18 K 4164/11 – juris; VG Stade, Urteil vom 27. Juli 2007 – 1 A 155/07 – juris); König, in: Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 45 StVO, Rdnr. 28 c. 67Ohne dass es nach dem vorstehenden noch entscheidungserheblich ankommt, hat zudem die mündliche Verhandlung ergeben, dass der Kläger auf seinem Grundstück und der Grundstückszufahrt über ausreichenden Stellplatz verfügt, sodass nicht ohne weiteres ersichtlich ist, aus welchem Grund er einen Parkplatz vor seinem Wohngrundstück und vor dem Grundstück „I. Straße 00“ benötigt. Soweit der Kläger vorschlägt, Parkplätze in Form eines alternierenden Parkens zur Geschwindigkeitsreduktion einzurichten, hat die Beklagte diese Möglichkeit ermessensfehlerfrei unberücksichtigt gelassen. Dabei erscheint die Handlungsweise der Beklagten nicht sachfremd, auf Maßnahmen der Verkehrsüberwachung oder andere geschwindigkeitsreduzierende Maßnahmen zu setzen, wenn es gehäuft zu Geschwindigkeitüberschreitungen kommt. 68Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 69Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). 70Rechtsmittelbelehrung: 71Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 72Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 73Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 74Die Berufung ist nur zuzulassen, 751. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 762. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 773. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 784. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 795. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 80Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 81Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 82Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 83Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 84Beschluss: 85Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 86Gründe: 87Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 88Rechtsmittelbelehrung: 89Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 90Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 91Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 92Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,– Euro nicht übersteigt. 93Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der kläger darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der kläger ist bewohner des einfamilienhauses „i. straße 00“ in m. , das im eigentum seiner lebensgefährtin steht. er wendet sich mit seiner klage gegen die anordnung von absoluten halteverboten im bereich seines wohngrundstücks. 3bei der i. straße in m. handelt es sich in dem hier streitgegenständlichen bereich um eine hauptstraße bzw. sammelstraße, die eine breite von 6 m aufweist. sie verläuft in südlicher richtung gerade bis zur hausnummer 00 und geht dort mit einem scharfen kurvenbereich in die i1. straße über. dort befindet sich ein gewerbegebiet, wobei sich auf dem grundstück „i1. straße 0x“ der städtische betriebshof inklusive annahmehof befindet. darüber hinaus befinden sich dort autowerkstätten. gegenüber dem wohngrundstück des klägers, das in einem allgemeinen wohngebiet liegt, befinden sich autowerkstätten, eine autolackiererei sowie eine firma für den vertrieb und die herstellung von poolsystemen, die in einem gewerbegebiet, bzw. in einem unbeplanten innenbereich liegen, der von gewerbebetrieben geprägt ist. 4das wohngrundstück des klägers ist mit einem einfamilienhaus bebaut. auf dem grundstück befinden sich eine garage und ein stellplatz, wobei der kläger und seine lebensgefährtin zusammen über 2 pkws und 2 motorräder verfügen. 5vom 4. märz 2021 bis zum 11. märz 2021 hat seitens der beklagten eine verkehrs und geschwindigkeitsmessung stattgefunden. dabei wurden auf dem streckenabschnitt ca. 1870 kraftfahrzeuge pro tag in richtung i1. straße und ca. 1530 kraftfahrzeuge pro tag in richtung l. straße gezählt, wobei der anteil des schwerverkehrs ca. 9-11% der fahrzeuge betrug. 85 % der fahrzeuge fuhren eine geschwindigkeit von 58/59 km/h. 6seit dem jahr 2017 ist aktenkundig, dass von verschiedenen anwohnern beschwerden dahingehend vorliegen, dass der verkehrsfluss auf der straße durch parkende fahrzeuge auf der fahrbahn erschwert werde. 7der kläger wandte sich unter anderem mit schreiben vom 27. september 2017 an die beklagte und trug vor, dass die i. straße absolut geradlinig verlaufe und gerade dazu einlade, die zulässige höchstgeschwindigkeit zu überschreiten, so dass auch geschwindigkeiten bis zu 130 km/h registriert worden seien. um den geschwindigkeitsübertretungen und den damit einhergehenden lärmbelästigungen zu begegnen, parkten einige anwohner ihre fahrzeuge auf der fahrbahn, so auch der kläger selbst. dies sei auch zulässig. 8mit verkehrsrechtlichen anordnungen vom 23. april 2020 und vom 28. april 2020 ordnete die beklagte nach § 45 stvo das aufstellen von verkehrszeichen 283 (absolutes halteverbot) beidseits an der i. straße bis zur ecke i1. straße gemäß dem beigefügten luftbild an und zwar mit dem zusatzzeichen „werktags 8-18 h“. handschriftlich ist auf dem arbeitsauftrag vermerkt: „vorerst bis 30.06.“. die verkehrszeichen wurden daraufhin am 24. april 2020 und am 29. april 2020 aufgestellt. ausweislich eines aktenvermerks vom 30. april 2020 werden wörtlich folgende gründe für die anordnung der verkehrszeichen genannt: 9„vermehrter schwerverkehr (zubringerstraße gewerbegebiet), firmenzufahrten, die von lkw genutzt werden müssen (größere schleppkurven durch lkw, parkende fahrzeuge behindern die ausfahrt), zubringerstraße betriebshof (schwerverkehr) sowie schulweg“. 10weiter wird ausgeführt, dass in der 18. kalenderwoche die annahmehöfe des betriebshofes wieder geöffnet worden seien. es habe sich gezeigt, dass die verkehrssituation durch rückstau weit in die i. straße hinein deutlich verschärft worden sei. durch parkende fahrzeuge sei es zum vollständigen erliegen des verkehrs auf der i. straße gekommen. daher habe sofortiger handlungsbedarf bestanden, sodass die absoluten halteverbote provisorisch und vorerst übergangsweise angeordnet worden seien. unabhängig davon werde ein dauerhaft installiertes halteverbot aufgrund der oben genannten gründe als erforderlich angesehen. 11zu der maßnahme hat die kreispolizeibehörde m. unter dem 4. mai 2020 stellung genommen und weder an der maßnahme noch an der umsetzung bedenken geäußert. 12mit schreiben vom 30. april 2020 wandte sich der kläger an den kreis n. als kommunalaufsicht, bat um überprüfung, ob die einrichtung der halteverbotstrecke rechtmäßig sei und vertrat die auffassung, dass das rigorose unterbinden des haltens auf der gesamten straßenlänge ermessensfehlerhaft sei. daraufhin nahm die beklagte gegenüber dem kreis n. mit schreiben vom 7. mai 2020 dahingehend stellung, dass grund für die anordnung in erster linie die sicherstellung des verkehrsflusses gewesen sei. durch die einschränkungen im zuge der corona – krise sei der annahmehof des städtischen betriebshofes über mehrere wochen geschlossen gewesen. nach der wiedereröffnung sei die frequenz derart hoch gewesen, dass es zu rückstauungen bis in die i. straße gekommen sei. durch die parkenden fahrzeuge sei der verkehr teilweise zum erliegen gekommen. unabhängig davon habe sich die verkehrssituation an der straße bereits seit mehreren jahren als problematisch dargestellt. es sei in den vergangenen jahren schon häufig zu konflikten zwischen dem ruhenden und dem fließenden verkehr gekommen. dabei habe es sich gezeigt, dass das parken auf der straße den verkehrsfluss in einem nicht tragbaren maß einschränke. die anordnung des verkehrszeichens 283 sei somit nach der verwaltungsvorschrift rechtmäßig. 13mit schreiben vom 25. juni 2020 teilte der kreis n. dem kläger mit, dass er aufgrund der stellungnahme der beklagten keine ermessensfehler feststellen könne. 14mit schreiben vom 2. juli 2020 vertrat der kläger weiterhin die ansicht, dass die angeordneten verkehrszeichen, auch mit zeitlicher befristung, sachgrundlos angeordnet worden seien. er sehe auf der i. straße durchaus handlungsbedarf, da dort erhebliche geschwindigkeitsüberschreitungen vorlägen. darüber hinaus teilte er mit, dass er seit seinem zuzug nach m. eine posse erlebe, die ihresgleichen suche, da er auf der fahrbahn geparkt habe und diesbezüglich verwarnt worden sei, obwohl kein verwarnungstatbestand einschlägig gewesen sei. 15mit schreiben vom 30. november 2020 nahm die beklagte auf aufforderung des kreises n. ihm gegenüber dahingehend stellung, dass die verkehrszeichen aus gründen der verkehrssicherheit sowie der flüssigkeit des verkehrs angeordnet worden seien, da die flüssigkeit, bzw. ordnung des verkehrs nicht mehr gegeben gewesen sei. zwischenzeitlich sei auch die feste installation der beschilderung vorgenommen worden. auf diese möglichkeit sei die polizei im vorfeld ebenfalls hingewiesen worden und es sei auch hierzu von seiten der polizei die zustimmung erteilt worden. es sei auf der fahrbahn alternierend geparkt worden, so dass begegnungsverkehr streckenweise nicht möglich gewesen sei und es daher wiederholt zu rückstauungen, zu grenzwertigen und gefährlichen verkehrssituationen und einer belastung für die anwohner gekommen sei. zudem sei der anliegende grünstreifen beparkt worden, was aufgrund der rasenbepflanzung und dem wurzelschutz der bäume nicht habe zugelassen werden können. daher sei auch das zusatzschild „auf dem seitenstreifen“ montiert worden. 16mit schreiben vom 18. dezember 2020 bat der kreis n. erneut um rückmeldung dazu, welche möglichkeit aktuell noch besteht, tagsüber kurzfristig in dem gesamten abschnitt zu halten. es bestehe auch die möglichkeit, in einem ersten schritt nur das parken auf der östlichen straßenseite zu unterbinden. ebenfalls lasse sich aus sicht des kreises die vorübergehende konkrete überlastungssituation aus april 2020 nicht ohne weiteres auf den normalzustand übertragen. ebenfalls bestehe die möglichkeit, weitere haltemöglichkeiten im bereich der befestigten seitenstreifen zu schaffen. 17mit schreiben vom 5. januar 2021 teilte die beklagte dem kreis n. mit, dass das zusatzzeichen „auf dem seitenstreifen“ in der ersten kalenderwoche des jahres 2021 entfernt werde, sodass den anwohnern das parken und den lieferdiensten das halten im bereich des seitenstreifens ermöglicht werde. dabei sei auch zu berücksichtigen, dass alle grundstücke über private stellplätze verfügten. 18am 11. märz 2021 fand ein ortstermin statt, an dem neben dem kläger und vertretern der beklagten auch ein vertreter des kreises n. , vertreter der kreispolizeibehörde und ein vertreter der bezirksregierung e. teilgenommen haben. im nachgang zu diesem ortstermin teilte die beklagte den beteiligten mit, dass aus ihrer sicht folgende maßnahmen im betreffenden bereich umsetzbar seien, wörtlich: 1920„anordnung von drei parkplätzen (in dem zusammenhang wird die fahrstreifenbegrenzung als leitlinie ausgeführt) beibehaltung der parkverbote (verkehrszeichen 283) mit der zeitlichen beschränkung in „werktags 8 bis 18:00 uhr“ auf der westlichen seite der i. straße beibehaltung der parkverbote (verkehrszeichen 283) unter wegnahme der zeitlichen beschränkung auf der östlichen seite der i. straße“. 21der kläger hat am 22. märz 2021 klage erhoben. 22zur begründung wiederholt er sein bisheriges vorbringen und trägt ergänzend im wesentlichen vor, die rechtmäßigen voraussetzungen für die anordnung der verkehrszeichen 283 lägen nicht vor, seien ermessensfehlerhaft angeordnet und verletzten ihn in seinen rechten (allgemeine handlungsfreiheit). es sei nicht ersichtlich, inwiefern die sicherheit und leichtigkeit des verkehrs gefährdet seien. auch sei nicht nachvollziehbar, um welche beschwerden von anwohnern es sich gehandelt habe. durch die anordnung sei das abstellen seines fahrzeuges vor seiner wohnanschrift nicht mehr möglich. 23der kläger beantragt, 24die verkehrszeichen 283 (absolutes halteverbot) im bereich der i. straße 00 in m. aufzuheben, 25die beklagte beantragt, 26die klage abzuweisen. 27sie trägt vor, dass die voraussetzungen des § 45 stvo vorlägen. das zusammenspiel von gestaltung der straße, insbesondere der scharfe kurvenbereich im übergang zur i1. straße, der verkehrsbedeutung der straße, dem verkehrsaufkommen, vor allem durch lkw, und auch der tatsache, dass eine große anzahl von grundstücksein – und ausfahrten auf die i. straße führten, rechtfertigen die von der beklagten ausgeführte gefahreneinschätzung. das verkehrsaufkommen sei aufgrund der örtlichen gegebenheiten nicht unerheblich, wie sich an der auswertung der verkehrsdaten erkennen lasse. um an parkenden oder haltenden fahrzeugen vorbeifahren zu können, müssten die einzelnen verkehrsteilnehmer auf die für den gegenverkehr vorgesehene fahrbahn ausweichen oder anhalten. dies könne zu gefährlichen situationen führen. zudem bezwecke der kläger mit seiner klage einzig und allein, dass ihm weiterhin die möglichkeit bleibe, in unmittelbarer nähe seines grundstücks parken zu können. dies sei jedoch keine schutzwürdige position. eine rechtsposition, wonach einem anlieger parkmöglichkeiten auf öffentlichen straßen und plätzen unmittelbar bei seinem grundstück oder in dessen angemessener nähe eingerichtet werden oder erhalten bleibe, resultiere weder unmittelbar aus der stvo noch aus den normen, aus denen ein anliegerrecht entwickelt werden könne. auch sei ein anspruch auf ermessensfehlerfreie entscheidung der behörde nur dann gegeben, wenn ein grundrecht des einzelnen verletzt wäre. dies sei vorliegend nicht der fall, weil ein anliegergebrauch vorliegend überhaupt nicht verletzt sein könne. 28die beteiligten sind in der mündlichen verhandlung angehört worden. der kläger hat unter anderem ausgeführt, dass die motorräder in der garage und die pkws auf dem stellplatz und auf der grundstückseinfahrt geparkt würden. der kläger hat weiter ausgeführt, dass der rechtsstreit aus seiner sicht beendet werden könnte, wenn die verkehrszeichen 283 im bereich seines wohngrundstücks entfernt würden und sowohl vor dem grundstück „i. straße 00“ als auch gegenüber vor dem grundstück „i. straße 00“ jeweils auf der straße ein parkplatz eingerichtet würde. dies würde aus seiner sicht auch im sinne eines „alternierenden parkens“ zu einer reduktion der geschwindigkeit führen. auf eine beendigung des rechtsstreits auf diese weise hat die vertreterin der beklagten sich in der mündlichen verhandlung nicht eingelassen. 29wegen der einzelheiten wird auf die sitzungsniederschrift verwiesen. 30wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 31 | 32die klage ist zulässig, aber unbegründet. 33die klage ist als anfechtungsklage i.s.d. § 42 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) statthaft, da die verkehrszeichen, gegen die sich der kläger wendet, verwaltungsakte in form von allgemeinverfügungen, § 35 s. 2 verwaltungsverfahrensgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw), darstellen. 34verwaltungsakt-charakter eines verkehrszeichens: ständige rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts (bverwg) seit urteil vom 9. juni 1967 – vii c 18.66 –, bverwge 27, 181 ff.. 35der kläger ist auch klagebefugt i.s.d. § 42 abs. 2 vwgo. zwar wird eine verkehrsbeschränkende anordnung auf der grundlage des § 45 straßenverkehrsordnung (stvo) maßgebend zur wahrung der interessen der allgemeinheit – sicherheit oder ordnung des verkehrs – vorgenommen. der durch eine anordnung betroffene verkehrsteilnehmer ist jedoch dann zumindest in seinen rechten aus art. 2 abs. 1 gg verletzt, wenn – wie vorliegend geltend gemacht – die voraussetzungen für eine auch ihn treffende verkehrsbeschränkung nicht gegeben sind oder wenn die behördliche ermessensausübung insoweit fehlerhaft ist, als seine eigenen interessen nicht ohne rechtsfehler mit den interessen der allgemeinheit und anderer betroffener abgewogen worden sind, die für die einführung der verkehrsbeschränkung sprechen. 36vgl. zur klagebefugnis ausführlich: bverwg, urteil vom 21. august 2003 – 3 c 15/03 –, juris; oberverwaltungsgericht für das land schleswig-holstein, urteil vom 11. juni 1997 – 4 l 131/96 –, juris. 37die klage wurde rechtzeitig erhoben. nach § 74 abs. 1 s. 2 vwgo ist die klage innerhalb eines monats nach bekanntgabe des verwaltungsaktes zu erheben, wenn – wie hier nach § 110 abs. 1 s. 1 des gesetzes über die justiz im land nordrhein-westfalen (justg nrw) i.v.m. § 68 abs. 1 satz 2 vwgo – die durchführung eines widerspruchsverfahrens nicht erforderlich ist. die allgemeinverfügungen (zeichen 254) werden gemäß § 43 vwvfg gegenüber demjenigen, der von ihm betroffen wird, in dem zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm bekannt gegeben werden. die bekanntgabe erfolgt durch aufstellen des verkehrsschildes, vgl. § 39 abs. 1 und § 45 abs. 4 stvo. 38vgl. bverwg, urteil vom 23. september 2010 – 3 c 37/09 –, rn. 16, juris, m.w.n.. 39die verkehrszeichen sind am 24. april 2020 bzw. 29. april 2020 auf der grundlage einer verkehrsrechtlichen anordnung, die nicht zwingend schriftlich ergehen muss, aufgestellt worden, 40vgl. vg würzburg, urteil vom 8. april 2020 – w 6 k 19.1174 – juris. 41die am 22. märz 2021 erhobene klage wahrt mithin die – mangels rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 58 abs. 2 vwgo maßgebliche – jahresfrist. 42die somit zulässige klage ist allerdings unbegründet. 43die anordnung der verkehrszeichen 283 mit dem zusatz „werktags 8-18h“ im bereich der i. straße in m. ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 s. 1 vwgo. 44der rechtliche maßstab für die beurteilung der halteverbote ergibt sich aus § 45 abs. 1 und abs. 9 stvo. nach § 45 abs. 1 satz 1 stvo können die straßenverkehrsbehörden die benutzung bestimmter straßen oder straßenstrecken aus gründen der sicherheit oder ordnung des verkehrs beschränken oder verbieten. gemäß § 45 abs. 9 satz 1 stvo sind verkehrszeichen und verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen umstände zwingend geboten ist. nach satz 2 dürfen – abgesehen von hier nicht einschlägigen ausnahmen – beschränkungen und verbote des fließenden verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen verhältnisse eine gefahrenlage besteht, die das allgemeine risiko einer beeinträchtigung der in den vorstehenden absätzen genannten rechtsgüter - also etwa der sicherheit und ordnung des verkehrs - erheblich übersteigt. 45als in bezug auf beschränkungen und verbote des fließenden verkehrs speziellere regelung modifiziert § 45 abs. 9 satz 2 stvo die regelung des § 45 abs. 1 satz 1 stvo und konkretisiert und verdrängt in seinem anwendungsbereich die allgemeine regelung in § 39 abs. 1 und § 45 abs. 9 satz 1 stvo, weshalb maßnahmen nach § 45 abs. 9 satz 1 stvo ebenfalls im ermessen der behörde stehen, 46vgl.: bverwg, urteil vom 5. april 2001 – 3 c 23.00 – juris; bverwg, urteil vom 23. september 2010 – 3 c 32/09 –, rn. 19 f., juris; hentschel/könig/dauer, straßenverkehrsrecht, 46. aufl., 2021, § 45 stvo, rdnr. 49b. 47die erforderlichkeit der einrichtung des halteverbots liegt für den oben beschriebenen bereich vor. denn bei den hier betroffenen rechtsgütern ist ein einschreiten bereits bei einer geringen wahrscheinlichkeit des schadenseintritts zulässig und geboten. obwohl es hier nicht um den fließenden verkehr geht, gilt dieser maßstab sinngemäß auch für den hier in rede stehenden ruhenden verkehr, weil die genannte regelung ausweislich ihres wortlauts nicht abschließend ist, zumal die konkrete anordnung dem ungehinderten ablauf des fließenden verkehrs dient. ein konkreter schaden braucht noch nicht eingetreten zu sein, allerdings muss die befürchtung naheliegen, dass an der betreffenden stelle ohne eine gefahrvermindernde tätigkeit der straßenverkehrsbehörde mit hinreichender wahrscheinlichkeit schadensfälle eintreten werden, 48vgl. bverwg, urteil vom 23. september 2010 – 3 c 32/09 – rn. 21, juris; vg köln, urteil vom 25. september 2021 – 18 k 4164/11 – juris. 49§ 45 abs. 9 satz 2 stvo setzt lediglich eine das allgemeine risiko deutlich übersteigende wahrscheinlichkeit des schadenseintritts voraus. erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete gefahr, die auf besonderen örtlichen verhältnissen beruht. diese können im sinne von § 45 abs. 9 satz 2 stvo bei verkehrsbehördlichen maßnahmen insbesondere in der streckenführung, dem ausbauzustand der strecke, witterungsbedingten einflüssen, der dort anzutreffenden verkehrsbelastung und den daraus resultierenden unfallzahlen begründet sein. 50vgl. bverwg, urteil vom 23. september 2010 – 3 c 37.09 – juris. 51eine solche gefahrenlage lässt sich nach der gebotenen sorgfältigen prüfung der von den beteiligten detailliert geschilderten und durch lichtbilder verdeutlichten verkehrssituation feststellen. eine auf den örtlichen begebenheiten beruhende besondere gefahrenlage ergibt sich daraus, dass die straße lediglich 6 m breit ist, gleichzeitig aber ein nicht unerhebliches verkehrsaufkommen, vor allem von lkws aufweist, die die verschiedenen an der straße liegenden gewerbebetriebe sowie den städtischen betriebshof anfahren. bei dieser verkehrssituation könnte es zu gefährlichen situationen führen, wenn gerade die lkws an parkenden fahrzeugen vorbeifahren müssen, da sie in dieser situation auf die für den gegenverkehr vorgesehene fahrbahn ausweichen müssen. punkt die diesbezüglichen darlegungen der beklagten sind nicht zu beanstanden. entgegen der meinung des klägers geht es auch nicht darum, dass sich im bereich seines wohngrundstücks auf der gegenüberliegenden straßenseite nur ein gewerbebetrieb befindet, sondern darum, dass der ungehinderte verkehrsfluss auf der gesamten straße zu den an anderen stellen liegenden gewerbebetrieben sicher gewährleistet sein soll. 52auch die an diesem objektiven tatbestand anknüpfende ermessensentscheidung der beklagten ist hinsichtlich des von der anordnung betroffenen, örtlichen bereichs rechtlich nicht zu beanstanden. die ermessensentscheidung der beklagten kann das gericht nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob sie die gesetzlichen grenzen ihres ermessens überschritten hat und ob sie von ihrem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung entsprechenden weise gebrauch gemacht hat (§ 114 vwgo). das gericht darf die getroffene entscheidung nur anhand derjenigen erwägungen überprüfen, die die behörde angestellt hat. tragen diese erwägungen nicht, so ist die entscheidung rechtswidrig und muss aufgehoben werden. das verwaltungsgericht ist hingegen nicht befugt, die behördliche entscheidung aus gründen, die für die verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, im ergebnis aufrechtzuerhalten oder sich aus erwägungen, welche die behörde (noch) nicht angestellt hat, an die stelle der behörde setzen und das ermessen selbst ausüben, 53vgl. ovg berlin – brandenburg, beschluss vom 8. august 2019 – ovg 1 n 104.17 – juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 8. september 2020 – 14 k 3555/16 – juris. 54dabei kann die behörde ihre ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen verfahren ergänzen (§ 114 s. 2 vwgo). 55bei der entscheidung über eine verkehrsregelnde anordnung nach § 45 abs. 1 s. 1 stvo hat die zuständige straßenverkehrsbehörde im rahmen ihres pflichtgemäßen ermessens sowohl die belange des straßenverkehrs und der verkehrsteilnehmer zu würdigen als auch die interessen etwa betroffener anlieger in rechnung zu stellen. dabei sind die belange einzelner nur insoweit zu berücksichtigen, soweit deren geschützte individualinteressen berührt werden, 56vgl. ovg nrw, urteil vom 6. dezember 2006 – 8 a 4840/05 – juris; könig, in: hentschel, a.a.o. § 42 stvo, rdnr. 28d. 57gemessen an diesen maßstäben ist eine rechtsverletzung des klägers nicht zu erkennen. die beklagte hat das ihr nach § 45 abs. 1 satz 1 stvo eingeräumte ermessen, ob und welche maßnahmen sie zur beseitigung der gefahrenlage ergreift, auch unter berücksichtigung der interessen des klägers fehlerfrei ausgeübt. es ist nicht feststellbar, dass die beklagte sich von sachfremden erwägungen hätte leiten lassen, wesentlichen sachverhalt nicht aufgeklärt oder verkannt bzw. die interessen des klägers nicht erfasst oder nicht ausreichend abgewogen hätte. insbesondere ist auch der grundsatz der verhältnismäßigkeit gewahrt. dieser grundsatz ist verletzt, wenn die sicherheit und leichtigkeit des verkehrs durch weniger weit gehende anordnungen gewährleistet werden kann. 58vgl.: bverwg, urteil vom 5. april 2001 – 3 c 23.00 – juris; vg köln, urteil vom 25. september 2012 – 18 k 4164/11 – juris. 59zwar enthält die verkehrsrechtliche anordnung selbst wenig erwägungen. allerdings ist ein ermessensausfall nicht zu erkennen, so dass die ergänzenden ausführungen und erwägungen aus den beklagtenschriftsätzen vom 22. april 2021 und vom 18. januar 2022 sowie der vortrag in der mündlichen verhandlung zu berücksichtigen sind, weil bei der hier vorliegenden verkehrsrechtlichen anordnung als dauerverwaltungsakt die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen verhandlung bzw. entscheidung maßgeblich ist, 60vgl. insb. zur zulässigkeit des ergänzens von ermessenserwägungen: ovg nrw, beschluss vom 29. januar 2019 – 8 a 10/17 –, juris. 61hier hat die beklagte sowohl die belange des straßenverkehrs und der verkehrsteilnehmer als auch die interessen etwa betroffener anlieger in rechnung gestellt. insbesondere hat sie über die zeitliche begrenzung der absoluten halteverbote „werktags 8-18“ sichergestellt, dass zu den üblichen liefer und geschäftszeiten ein ungefährdeter begegnungsverkehr stattfinden kann und gleichzeitig den interessen der anwohner an einem parken in den abend- und nachtstunden rechnung getragen ist. die einrichtung der absoluten halteverbotszone ist geeignet, behinderndes halten oder parken, das zu einer unterschreitung der erforderlichen restlichen fahrbahnbreite führt, zu vermeiden. ein gleich geeignetes, milderes mittel ist vorliegend nicht erkennbar, um konflikte zwischen dem fließenden und dem ruhenden verkehr zu vermeiden. 62die erforderlichkeit der angefochtenen maßnahme wird schließlich dadurch gestützt, dass auch der vertreter der kreispolizeibehörde gegen die einrichtung des halteverbotsbereichs keine bedenken hatte. 63die angefochtene maßnahme ist auch angemessen. der kläger kann sich insofern allenfalls darauf berufen, dass seine belange mit den für die anordnung sprechenden öffentlichen oder privaten interessen ermessensfehlerhaft abgewogen worden seien. abwägungserheblich sind überdies nur qualifizierte interessen des klägers, die über das interesse jedes verkehrsteilnehmers, in seiner freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden, hinausgehen, 64vgl. bverwg, urteil vom 27. januar 1993 – 11 c 35.92 - juris. 65ein qualifiziertes interesse kann der kläger hier nicht als eigentümer des grundstücks, sondern allenfalls als mieter oder als anwohner der straße in form eines anliegergebrauchs geltend machen. dieses interesse ist aber bereits deshalb nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt, weil den anliegern aus dem straßenanliegergebrauch kein anspruch darauf erwächst, dass parkmöglichkeiten unmittelbar bei ihren grundstücken oder in angemessener nähe eingerichtet werden oder erhalten bleiben. das bedeutet, dass es kein recht auf einen eigenen parkplatz vor bzw. in unmittelbarer nähe eines grundstücks gibt, das im abwägungsprozess überhaupt hätte berücksichtigt werden müssen, 66vgl.: bverwg, urteil vom 6. august 1982 – 4 c 58/80 – juris; bay vgh, beschluss vom 16. märz 2015 – 11 zb 14.2426 – juris; vg ansbach, urteil vom 13. januar 2021 – an 10 k 19.00070 – juris; vg köln, urteil vom 25. september 2012 – 18 k 4164/11 – juris; vg stade, urteil vom 27. juli 2007 – 1 a 155/07 – juris); könig, in: hentschel/könig/dauer, a.a.o., § 45 stvo, rdnr. 28 c. 67ohne dass es nach dem vorstehenden noch entscheidungserheblich ankommt, hat zudem die mündliche verhandlung ergeben, dass der kläger auf seinem grundstück und der grundstückszufahrt über ausreichenden stellplatz verfügt, sodass nicht ohne weiteres ersichtlich ist, aus welchem grund er einen parkplatz vor seinem wohngrundstück und vor dem grundstück „i. straße 00“ benötigt. soweit der kläger vorschlägt, parkplätze in form eines alternierenden parkens zur geschwindigkeitsreduktion einzurichten, hat die beklagte diese möglichkeit ermessensfehlerfrei unberücksichtigt gelassen. dabei erscheint die handlungsweise der beklagten nicht sachfremd, auf maßnahmen der verkehrsüberwachung oder andere geschwindigkeitsreduzierende maßnahmen zu setzen, wenn es gehäuft zu geschwindigkeitüberschreitungen kommt. 68die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 69die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung (zpo). 70rechtsmittelbelehrung: 71gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 72der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 73innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 74die berufung ist nur zuzulassen, 751. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 762. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 773. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 784. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 795. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 80die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 81über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 82im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 83die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 84beschluss: 85der streitwert wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 86gründe: 87die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 88rechtsmittelbelehrung: 89gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 90die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 91die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 92die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,– euro nicht übersteigt. 93die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften.war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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Sie ist durch den ÖPNV (Buslinie 000) erschlossen. Für den streitgegenständlichen Teilbereich der W.--------straße existiert kein Bebauungsplan. Es handelt sich um ein mit Mehrfamilienhäusern bebautes Gebiet mit städtischer Prägung. Die W.--------straße dient neben der Erschließung der angrenzenden Grundstücke auch der Erschließung eines Krankenhauses und eines Kleingartengeländes. Auf dem Teilstück gilt aktuell eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. An der Haltestelle des ÖPNV vor der Einmündung „G.----straße “ in Fahrtrichtung X1.--------weg beginnt eine „Tempo- 30-Zone“. 4Mit Schreiben vom 12. November 2020 beantragte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten gegenüber der Beklagten „die Anordnung einer geschwindigkeitsbeschränkten Zone und/oder andere geeignete Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 StVO“, um die Verkehrslärmbelastung der Wohngrundstücke im Bereich des südöstlichen Endes der W.--------straße zu reduzieren und den Durchgangsverkehr von der W.--------straße abzuleiten. 5Zur Begründung des Antrages führt der Kläger aus, dass die Verkehrsbelastung und insbesondere der dadurch hervorgerufene Straßenverkehrslärm unzumutbar seien. Die W.--------straße werde insbesondere zu den Stoßzeiten zwischen 5:00 Uhr und ca. 8:00 Uhr morgens sowie zwischen ca. 16:30 Uhr und ca. 19:00 Uhr abends in zunehmendem Umfang als eine der Hauptverbindungen zwischen dem X1.--------weg und der Innenstadt als sogenannter Schleichweg zur Umgehung der Hauptverkehrsstraßen genutzt. Außerhalb der Stoßzeiten werde die Straße darüber hinaus oft mit hohem Tempo befahren mit der Folge, dass Sprints und Zwischenspurts mit starken Gasstößen eine solch starke Lärmbelastung darstellten, dass die dreijährige Tochter des Klägers abends wiederholt aus dem Schlaf gerissen werde. Diese Lärmbeeinträchtigung müsse nicht als ortsüblich hingenommen werden. 6Die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 4. Dezember 2020 mit, dass die W.--------straße nach dem Lärmaktionsplan der Stadt X. keinen Belastungsschwerpunkt darstelle. Auch sollen nach der Verwaltungsvorschrift zu Zeichen 274 (zulässige Höchstgeschwindigkeit) Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Sicherheitsgründen auf bestehenden Straßen nur dann angeordnet werden, wenn Unfalluntersuchungen ergeben hätten, dass häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle aufgetreten seien. In der W.--------straße liege allerdings keine Unfallhäufung vor, so dass insgesamt die Voraussetzungen des § 45 StVO nicht vorlägen. 7Mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 und vom 19. Januar 2021 bat der Kläger um erneute Überprüfung der ablehnenden Entscheidung und um Mitteilung, welche Aussage der Lärmaktionsplan zu der W.--------straße konkret treffe und mit welchem Ergebnis eine Messung des Verkehrslärms stattgefunden habe. Aufgrund der Mitteilung der Beklagten vom 1. Februar 2021, dass die W.--------straße wegen der geringen Verkehrsbelastung und der Bebauungsart nicht als Lärmschwerpunkt ausgewiesen sei und der Kläger intern auf die Zuständigkeit von Frau C. verwiesen wurde, bat der Kläger mit Schreiben vom 8. März 2021 um weitere Konkretisierungen, u.a. welche Maßnahmen zur Reduzierung der Lärmemissionen getroffen würden. Der Kläger führte weiter aus, dass er selbst zwischen dem 1. März 2021 und dem 5. März 2021 Messungen am geschlossenen Fenster der Wohnung durchgeführt habe. Dabei sei eine Vielzahl von Pegeln > 55 dB aufgetreten; auch Pegelmessungen von deutlich > 80 dB seien keine Einzelfälle gewesen. 8Mit Schreiben vom 26. März 2021 teilte das Ressort Umweltschutz der Beklagten dem Kläger mit, dass die für die W.--------straße gemäß Lärmkartierung vorliegenden Immissionspegel unterhalb der für die Durchführung der Lärmaktionsplanung der Beklagten gewählten Auslösewerte (LDEN > 70 db(A) und/oder L NIGHT> 60 dB(A)) lägen. Ausweislich der durchgeführten Lärmkartierung seien für die W.--------straße folgende Werte ermittelt worden: L DEN > 65 dB (A) und < 70 dB (A); L NIGHT > 55 dB (A) und < 60 dB (A). Aus diesen Werten ergebe sich, dass der Lärmaktionsplan keine Maßnahmen für die W.--------straße entwickelt oder vorgeschlagen habe. Die nächste rechnerische Lärmanalyse finde im Jahr 2022 im Rahmen der nächsten Lärmkartierung statt. 9Mit Schreiben vom 29. März 2021 hielt der Kläger mit der Begründung an seinem Antrag fest, dass die gemessenen Immissionspegel die Grenzwerte der 16. BImSchV für reine und allgemeine Wohngebiete sowie für Mischgebiete klar und eindeutig überschritten. 10Mit Bescheid vom 8. Juli 2021 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung verwies sie auf die gemessenen Immissionspegel und die E-Mails vom 4. Dezember 2020, 22. Dezember 2020 und 1. Februar 2021, in denen auf die Vorgehensweise des Lärmaktionsplans verwiesen wurde und führte ergänzend aus, dass sich an der dort geschilderten Sachlage nichts geändert habe, weshalb kein Bedarf zur weiteren Prüfung der Lärmemissionen gegeben sei und die Beklagte an ihrer rechtlichen Einschätzung bezüglich der Ablehnung der Temporeduzierung festhalte. Die Beklagte setzte gleichzeitig eine Verwaltungsgebühr i.H.v. 50 € fest. 11Der aktuell gültige Lärmaktionsplan der Beklagten beruht ausweislich des Abschlussberichts der M. B. „Fortschreibung des Lärmaktionsplanes für den Ballungsraum X. - Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung der Runde 3“ vom 14. Juni 2021 (115 Seiten), 12vgl.www.xxxxxxxxx.xx/xxxxxxx-xxxxxxxxxxxxxx/xxxxxxxxxxxx/xxxxxxxxxxxxxxxxxx.xxx, 13wie auch die vorangegangenen Pläne auf der EG – Umgebungslärmrichtlinie (2002) und hat zum Ziel, die Lärmbelastung zu senken und die Lebensqualität in der Stadt X. zu erhöhen. Konkret gehe es darum, potentiell gesundheitsgefährdende Lärmbelastungen zu vermeiden, Belästigungen zu verringern und der Bevölkerung einen vom Umgebungslärm unbeeinflussten Schlaf zu ermöglichen. Dem Abschlussbericht ist die öffentliche Auslegung des Entwurfs vom 10. Juni 2020 bis zum 31. August 2020 vorangegangen. Während dieser Zeit sind im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung insgesamt 39 Stellungnahmen (27 Stellungnahmen aus dem Kreis von Bürgern und Bürgerinitiativen) eingegangen, die im Zuge einer Abwägung bearbeitet und im Falle einer möglichen Berücksichtigung aufgenommen wurden, 14vgl. Bericht des Ressorts 106 (Umweltschutz) vom 14. Mai 2020 „Lärmaktionsplan der Runde III für die Stadt X. - öffentliche Auslegung des Entwurfes“, Drucks.-Nr. VO/0420/20; Beschlussvorlage des Ressorts 106 (Umweltschutz) vom 15. Januar 2021 „Fortschreibung des Lärmaktionsplanes für den Ballungsraum X. - Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung der Runde 3“, Drucks.-Nr. VO/0094/21. 15In dem Abschlussbericht vom 14. Juni 2021 heißt es unter Ziffer 1.2 „Auslösewerte und Grenzwerte“ u.a. wörtlich: 16„Lärmaktionspläne sind gemäß § 47d Abs. 1 BImSchG zur Regelung von Lärmproblemen und Lärmauswirkungen aufzustellen. Es gibt jedoch weder auf EU – noch auf Bundesebene verbindliche Schwellenwerte/Grenzwerte, ab deren Erreichen Lärmschutzmaßnahmen in Betracht gezogen oder ergriffen werden müssen. Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) hat daher für die Kommunen in NRW per Erlass Auslösewerte für die Aktionsplanung von 70 / 60 dB (A) tags/nachts festgelegt (MUNLV, 2008). Diese Auslösewerte dienen dazu, die Handlungschwerpunkte aus dem untersuchten Straßennetz herauszufiltern. Überschreitungen dieser Werte werden bei der Lärmkartierung deutlich gemacht. Gemeinden können im Rahmen ihrer kommunalen Planung weitergehende Kriterien verfolgen. Das Umweltbundesamt nennt Auslösewerte von L DEN > 65 dB (A) und L NIGHT > 55 dB (A). …. Im Rahmen der jetzigen Lärmaktionsplanung für die Stadt X. gilt es in erster Linie die vorhandenen Spitzenbelastungen abzubauen. Hierzu sind die per Erlass vorgegebenen Auslösewerte für die Aktionsplanung gut geeignet. In den später folgenden, gesetzlich vorgeschriebenen Fortschreibungen der Lärmaktionsplanung sollten jedoch nach und nach niedrigere, sich noch weitergehender am Gesundheitsschutz bzw. der Vorsorge orientierende Auslösewerte herangezogen werden.“ 17Aufgrund dieser Auslösewerte hat die Beklagte 172 Lärmbrennpunkte im innerstädtischen Straßennetz und zehn Lärmbrennpunkte entlang der Autobahnen identifiziert. Aufgrund der beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen hat die Beklagte ausweislich des vorgenannten Abschlussberichts 63 Lärmbrennpunkte ausgewählt, für die Maßnahmen vorgeschlagen wurden. Dabei wurde für 58 Lärmbrennpunkte eine Prüfempfehlung auf Anordnung von Tempo 30 aus Lärmschutzgründen ausgesprochen. Bei 8 dieser 58 Lärmbrennpunkte bestünden ausweislich des Lärmaktionsplans voraussichtlich sehr gute Voraussetzungen für eine Umsetzung bestünden, da hier ein niedriger Abwägung – und Kompensationsaufwand bestehe. Die 8 betroffenen Straßen werden konkret benannt, wobei bei der Auswahl u.a. geprüft wurde, ob der Prüfabschluss bedeutend ist, Verlagerungseffekte in sensiblere Bereiche zu erwarten sind und der Prüfabschnitt weniger als 150 m lang ist. 18Am 26. Juli 2021 hat der Kläger Klage erhoben. 19Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Antragsverfahren und führt ergänzend aus, dass die Beklagte ihr Ermessen weder erkannt noch ausgeübt habe, so dass ein Ermessensausfall vorliege. Darüber hinaus könne sich die Beklagte nicht erfolgreich darauf berufen, mit der Erstellung der Lärmkartierung und dem Lärmaktionsplan eigene Parameter festgelegt zu haben, nach denen zu beurteilen sei, in welchen Bereichen der Lärm nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigungen mit sich bringe. Denn mit den Richtwerten der 16. BImSchV sei ein höherrangiges Regelwerk geschaffen worden, an das sich die Beklagte halten müsse. Schließlich sei nicht der bergabwärtsfahrende Verkehr das Problem und die Ursache des Lärms, sondern der bergaufwärtsfahrende Verkehr. Dieser Verkehr sei vorfahrtsberechtigt, so dass er keine Veranlassung habe, deutlich unterhalb der zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h zu fahren. 20Der Kläger beantragt, 21den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf lärmreduzierende Maßnahmen im Bereich des Grundstücks W.--------straße 00, 00000 X. , nach Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 22Die Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus, dass das ihr in § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden sei. Mit der Erstellung der Lärmkartierung und dem daraus folgenden Lärmaktionsplan habe die Beklagte Parameter festgelegt, in welchen Bereichen der Lärmbeeinträchtigungen mit sich bringe, die jenseits dessen lägen, was ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden könne. Diese Festlegung werde fortlaufend überarbeitet, sodass die Beklagte bereits auf dieser Stufe ihr Ermessen ausreichend ausübe. Zum jetzigen Zeitpunkt liege danach keine durch Lärm im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVO begründende Belastung in der W.--------straße vor. Eine weitere Lärmanalyse finde im Jahr 2022 statt, gegebenenfalls würden daraufhin weitere Maßnahmen entwickelt oder vorgeschlagen. Die Anspruchsvoraussetzungen für ein Einschreiten der Beklagten auf der Grundlage des § 45 StVO lägen nicht vor. Weder liege in der W.--------straße eine Unfallhäufung noch eine besondere Gefahrenlage (z.B. eine Kindertagesstätte oder Schule) vor. Die Grenzwerte, um einen besonderen Schutz vor Lärm und Abgasen im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO auszulösen, lägen nicht vor, da in der W.--------straße die gemessenen Immissionsspiegel unterhalb der gewählten Auslösewerte lägen. Da in dem fraglichen Bereich kein Bebauungsplan existiere, seien die Grenzwerte der 16. BImSchV nicht anwendbar. 25Mit Beschluss vom 14. Dezember 2021 ist das Verfahren der Vorsitzenden zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden. 26In der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2022 haben die Vertreter der Beklagten umfangreich und detailliert zu dem Zustandekommen und den Inhalten des Lärmaktionsplans vorgetragen und die dort getroffenen Entscheidungen erläutert. Sie haben auch ausgeführt, dass im Zuge der Fortschreibung des Lärmaktionsplanes erwogen werde, die Auslösewerte abzusenken mit der Folge, dass in der Zukunft die W.--------straße eventuell auch als Lärmbrennpunkt identifiziert werden könne. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die als Verpflichtungsklage und als Anfechtungsklage hinsichtlich des Gebührenbescheides statthafte Klage ist zulässig, aber unbegründet. 30Die Klage ist zulässig. Insbesondere kann der Kläger auch geltend machen, durch die Ablehnung bzw. das Unterlassen der von ihm begehrten straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen in seinen Rechten im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO verletzt zu sein. Ein diesbezügliches subjektives öffentliches Recht des Klägers kann ihm aus § 45 Abs. 1 und Abs. 9 Straßenverkehrsordnung - StVO - zustehen. Danach können die Straßenverkehrsbehörden aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs oder zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen verkehrsbeschränkende Maßnahmen anordnen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 StVO). Zwar sind diese Vorschriften grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Interessen Einzelner gerichtet. Allerdings kann der Einzelne einen - auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde begrenzten - Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten haben, wenn die Verletzung seiner geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung umfasst die Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG). Dazu gehört ferner im Vorfeld der Grundrechte der Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen, 31vgl.: König, in: Hentschel/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., 2021, § 45, Rdnr. 28d m.w.N.. 32Der Kläger als Anlieger der hier in Rede stehenden Straße begehrt von der Beklagten, durch eine Neubescheidung seines Antrages auf die Durchführung verkehrsrechtlicher Maßnahmen dafür zu sorgen, dass der Straßenlärm reduziert wird. Soweit der Kläger daher eine Gefahr für Leib und Leben für sich und seine Familienmitglieder geltend macht, ist eine Verletzung seiner durch § 45 StVO geschützten Individualinteressen jedenfalls möglich und daher die Klage als zulässig anzusehen. 33Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Neubescheidung seines Antrages auf lärmreduzierende Maßnahmen an der W.--------straße . Denn zum einen liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 45 Abs. 9 StVO nicht vor. Zum anderen sind keine Ermessensfehler der Beklagten erkennbar. 34Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs oder aus Gründen des Lärmschutzes beschränken oder verbieten. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt (vgl. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO). 35Vgl. König, in: Hentschel, a.a.O., § 45 Rdnr. 49e. 36Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger jedoch kein Anspruch auf Neubescheidung im Hinblick auf verkehrsrechtliche Anordnungen nach § 45 StVO zu. Vorliegend ist nicht erkennbar, dass aus Gründen der Sicherheit und Ordnung eine verkehrsrechtliche Anordnung getroffen werden muss, weil bereits eine das allgemeine Risiko erheblich überschreitende Gefahrenlage nicht festgestellt werden kann. Eine erhebliche Risikoüberschreitung setzt dabei nicht die Ermittlung einer konkreten Prozentzahl in Bezug auf die Unfallhäufigkeit voraus, vielmehr genügt die Feststellung einer gegenüber durchschnittlichen Verhältnissen deutlich erhöhten Zahl, 37vgl. König, in: Hentschel, a.a.O., § 45 Rndr. 49e. 38Nach dem vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entwickelten Maßstab setzt die Vorschrift nur – aber immerhin – eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraus. Erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete Gefahr, die auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruht. 39Vgl.: BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 37/09 – NZV 2011, S. 156 ff.. 40Eine derartige Gefahrenlage ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich. 41Auch hat der Kläger keinen Anspruch auf Neubescheidung aus Gründen des Lärmschutzes. Dabei setzt ein Einschreiten zum Schutz vor Verkehrslärm nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 9 StVO nicht voraus, dass ein bestimmter Schallpegel überschritten wird. Denn die Grenze der zumutbaren Lärmbelastung ist nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt. Insbesondere können die Vorschriften der 16. BImSchV bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Belastung nicht unmittelbar angewendet werden, da sie nur für den Bau und die wesentliche Änderung unter anderem von öffentlichen Straßen gelten, wohingegen es im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO um straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen des Lärmschutzes für bestehende Straßen geht. Diese Immissionsgrenzwerte können lediglich als Orientierungshilfe für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze herangezogen werden, 42vgl.: OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2005 – 8 A 2350/04 - juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2020 – 14 K 3555/16 – juris. 43Die zuständige Behörde darf jedoch selbst bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen absehen, wenn ihr dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile gerechtfertigt erscheint, 44vgl. VG Würzburg, Urteil vom 20. März 2019 – W 6 K 17.1463 – juris. 45Maßgeblich ist, ob der Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und zugemutet werden muss. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist letztlich eine wertende Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände. 46OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. April 2019 – 7 A 11622/18 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2020 – 14 K 3555/16 – juris. 47Nach diesen Maßstäben ist zwar festzustellen, dass der Kläger auf seinem Grundstück den oben angegebenen Verkehrslärmbelästigungen ausgesetzt ist, die detailliert durch die Lärmkartierung der Beklagten dokumentiert ist, 48vgl. www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/1. 49Diese Werte übersteigen zwar die in der 16. BImSchV festgelegten Werte für ein Mischgebiet (64 dB (A) tags und 54 dB (A) nachts). Allerdings stellen diese Werte, wie oben dargelegt, lediglich eine Orientierungshilfe dar, so dass eine Überschreitung sich nicht automatisch zu einer Handlungspflicht der Beklagten im Rahmen des § 45 StVO verdichtet. 50Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorträgt, er habe an seinem Fenster Schallpegel von deutlich über 80 dB (A) gemessen, so ändert das an der Zumutbarkeit des Straßenlärms nichts. Denn Verkehrslärm ist grundsätzlich nicht durch örtliche Schallmessungen zu ermitteln, sondern nach genau festgelegten Methoden zu berechnen. Diese Berechnung trägt dem Umstand Rechnung, dass direkte Lärmmessungen vor Ort abhängig von der Witterungslage, den konkreten Verkehrsströmen und anderen Einflussfaktoren zu unterschiedlichen und nicht repräsentativen Ergebnissen führen. Insbesondere ist ein direkter Vergleich rechnerischer Werte mit gemessenen Werten nicht möglich, 51vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 2003, a.a.O., mit umfassenden Ausführungen zu der Messung und Berechnung von Straßenlärm und mit zahlreichen weiteren Nachweisen; OVG NRW, Beschluss vom 28. März 2018 – 8 A 1247/16 – juris. 52Gleichzeitig ist im Hinblick auf die besonderen örtlichen Einzelfallumstände der unbestritten gebliebene Vortrag der Beklagten zu berücksichtigen, dass auf dem streitgegenständlichen Abschnitt der W.--------straße eine vergleichsweise geringe Verkehrsbelastung vorliegt (Teilstück zwischen V. Straße und U.------------straße : 1.000 bis 2.500 Kfz/Tag; Abschnitt zwischen U.------------straße : und G.----straße 2.500 – 5.000 Kfz/Tag). 53Aufgrund der auch seitens der Beklagten festgestellten Lärmbelastung hat der Kläger zwar grundsätzlich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag. Vorliegend sind Ermessensfehler indes nicht erkennbar. 54Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO liegt es im Ermessen der Behörde, ob und welche Maßnahmen sie zur Abwehr einer Gefahr ergreift. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung muss die Behörde eine Gesamtbilanz der Folgen unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls vornehmen. Zu prüfen ist etwa, ob die Verhältnisse nur um den Preis gebessert werden können, dass an anderer Stelle neue Unzuträglichkeiten auftreten. Bei der Entscheidung über die Anordnung von Maßnahmen zum Schutz von Anliegern hat die zuständige Behörde daher neben den Interessen der Betroffenen auch die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer sowie die Interessen der Anlieger anderer Straßen zu würdigen. Dabei kann von einer Maßnahme umso eher abgesehen werden, je geringer der zu beseitigende Missstand ist, 55vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juni 2019 – 8 B 821/18 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2020 – 14 K 3555/16 – juris. 56Die Ermessensentscheidung der Beklagten kann das Gericht nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob sie die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten hat und ob sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO). Das Gericht darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde angestellt hat. Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig und muss aufgehoben werden. Das Verwaltungsgericht ist hingegen nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, im Ergebnis aufrechtzuerhalten oder sich aus Erwägungen, welche die Behörde (noch) nicht angestellt hat, an die Stelle der Behörde setzen und das Ermessen selbst ausüben, 57vgl. OVG Berlin – Brandenburg, Beschluss vom 8. August 2019 – OVG 1 N 104.17 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2020 – 14 K 3555/16 – juris. 58Dabei kann die Behörde ihre Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen (§ 114 S. 2 VwGO). 59Bei der Entscheidung über eine verkehrsregelnde Anordnung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO hat die zuständige Straßenverkehrsbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens sowohl die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer zu würdigen als auch die Interessen etwa betroffener Anlieger in Rechnung zu stellen. Dabei sind die Belange Einzelner nur insoweit zu berücksichtigen, soweit deren geschützte Individualinteressen berührt werden, 60vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2006 – 8 A 4840/05 – juris; König, in: Hentschel, a.a.O. § 42 Rdnr. 28d. 61Gemessen an diesen Maßstäben ist eine Rechtsverletzung des Klägers nicht zu erkennen. Die Beklagte hat das ihr nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO eingeräumte Ermessen, ob und welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Gefahrenlage ergreift, auch unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers, von übermäßigem Lärm und Abgasen verschont zu bleiben, fehlerfrei ausgeübt. Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte sich von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen, wesentlichen Sachverhalt nicht aufgeklärt oder verkannt bzw. die Interessen des Klägers nicht erfasst oder nicht ausreichend abgewogen hätte. 62Zwar enthält der Bescheid vom 8. Juli 2021 selbst wenig Erwägungen. Aufgrund der Verweise auf den vorangegangenen Schriftverkehr ist ein Ermessensausfall indes nicht zu erkennen, sodass die ergänzenden Ausführungen und Erwägungen aus den Beklagtenschriftsätzen vom 25. August 2021, 30. November 2021 und 17. Januar 2022 sowie der Vortrag in der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen sind, weil bei der hier vorliegenden Verpflichtungsklage und auch bei verkehrsrechtlichen Anordnungen als Dauerverwaltungsakten die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung bzw. Entscheidung maßgeblich ist, 63vgl. insb. zur Zulässigkeit des Ergänzens von Ermessenserwägungen: OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 – 8 A 10/17 –, juris. 64Hier hat die Beklagte über die umfassende Lärmkartierung und die über Jahre andauernde Arbeit zur Erstellung des Lärmaktionsplans ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung umfassend den aufwändigen Abwägungsprozess und die Vielzahl der zu berücksichtigenden Belange dargelegt. Im Hinblick auf Maßnahmen zur Lärmreduzierung hat die Beklagte unter Abwägung dieser vielzährigen Belange eine Priorisierung vorgenommen, bei der sie sich – bezogen auf das gesamte Stadtgebiet – am Ausmaß der Pegelüberschreitung, der Schutzbedürftigkeit und Anzahl der betroffenen Personen und dem technischen, zeitlichen und finanziellen Aufwand orientiert hat. Dabei ist es auch nicht sachfremd, dass die Beklagte sich bei der Festlegung der Auslösewerte an dem Erlass des Umweltministeriums NRW orientiert hat. Jedenfalls sind die Erwägungen, die ausweislich der Ausführungen im Lärmaktionsplan dazu angestellt wurden, sachlich nachvollziehbar. Denn angesichts der Vielzahl der Lärmschwerpunkte im Ballungsraum X. erscheint es sachgerecht, die Werte in Bezug auf das gesamte Stadtgebiet so zu wählen, dass in einem angemessenen zeitlichen Rahmen eine realistische Chance besteht, überhaupt Maßnahmen für die Lärmbrennpunkte umzusetzen. Augenfällig wird dies angesichts des Umstandes, dass von den 58 Lärmbrennpunkten, für die eine Tempo 30 Zone in Betracht kommt, lediglich 8 Brennpunkte als solche ausgewählt wurden, für die eine gute Voraussetzung für eine Umsetzung der Maßnahmen prognostiziert wurde. 65Vor dem Hintergrund des Verfahrens der Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Erstellung des Lärmaktionsplans ist auch das individuelle Interesse des Klägers an der Einrichtung einer Tempo-30-Zone an seinem Grundstück sachgerecht dahingehend abgewogen worden, dass dieses Individualinteresse in der Gesamtschau zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu berücksichtigen ist. Denn weder ergeben sich aus der Lärmaktionsplanung Schutzansprüche einzelner Immissionsbetroffener noch können einzelne Bürger und Betroffene parallel zu dieser Lärmaktionsplanung Ansprüche auf die Umsetzung von individuellen Maßnahmen geltend machen, 66vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. April 2017 – OVG 11 N 16.13 – juris. 67Dem Kläger bleibt es daher unbenommen, sich im Rahmen der nächsten Lärmaktionsplanung zu beteiligen und im Zuge der zu erwartenden Öffentlichkeitsbeteiligung entsprechende Stellungnahmen einzureichen. 68Gegen die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsgebühr in Höhe von 50,00 € sind Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. 69Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 70Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). 71Rechtsmittelbelehrung: 72Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 73Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 74Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 75Die Berufung ist nur zuzulassen, 761. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 772. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 783. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 794. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 805. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 81Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 82Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 83Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 84Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 85Beschluss: 86Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 87Gründe: 88Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 89Rechtsmittelbelehrung: 90Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 91Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 92Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 93Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,– Euro nicht übersteigt. 94Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 95War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der kläger darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der kläger begehrt für ein teilstück der w.--------straße in x. die anordnung einer geschwindigkeitsbeschränkten zone, bzw. eine verpflichtung der beklagten auf neubescheidung. er wohnt mit seiner familie, seiner ehefrau und seiner minderjährigen tochter im 1. obergeschoß des mehrfamilienhauses w.--------straße 00, das im eigentum seiner eltern steht. 3bei der w.--------straße handelt es sich um eine haupterschließungsstraße, die die klassifizierten hauptverkehrsstraßen x1.--------weg (kreisstraße k00) und v. straße (landesstraße l00) verbindet. sie ist durch den öpnv (buslinie 000) erschlossen. für den streitgegenständlichen teilbereich der w.--------straße existiert kein bebauungsplan. es handelt sich um ein mit mehrfamilienhäusern bebautes gebiet mit städtischer prägung. die w.--------straße dient neben der erschließung der angrenzenden grundstücke auch der erschließung eines krankenhauses und eines kleingartengeländes. auf dem teilstück gilt aktuell eine erlaubte höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. an der haltestelle des öpnv vor der einmündung „g.----straße “ in fahrtrichtung x1.--------weg beginnt eine „tempo- 30-zone“. 4mit schreiben vom 12. november 2020 beantragte der kläger durch seine prozessbevollmächtigten gegenüber der beklagten „die anordnung einer geschwindigkeitsbeschränkten zone und/oder andere geeignete maßnahmen nach § 45 abs. 1 nr. 3 stvo“, um die verkehrslärmbelastung der wohngrundstücke im bereich des südöstlichen endes der w.--------straße zu reduzieren und den durchgangsverkehr von der w.--------straße abzuleiten. 5zur begründung des antrages führt der kläger aus, dass die verkehrsbelastung und insbesondere der dadurch hervorgerufene straßenverkehrslärm unzumutbar seien. die w.--------straße werde insbesondere zu den stoßzeiten zwischen 5:00 uhr und ca. 8:00 uhr morgens sowie zwischen ca. 16:30 uhr und ca. 19:00 uhr abends in zunehmendem umfang als eine der hauptverbindungen zwischen dem x1.--------weg und der innenstadt als sogenannter schleichweg zur umgehung der hauptverkehrsstraßen genutzt. außerhalb der stoßzeiten werde die straße darüber hinaus oft mit hohem tempo befahren mit der folge, dass sprints und zwischenspurts mit starken gasstößen eine solch starke lärmbelastung darstellten, dass die dreijährige tochter des klägers abends wiederholt aus dem schlaf gerissen werde. diese lärmbeeinträchtigung müsse nicht als ortsüblich hingenommen werden. 6die beklagte teilte dem kläger mit e-mail vom 4. dezember 2020 mit, dass die w.--------straße nach dem lärmaktionsplan der stadt x. keinen belastungsschwerpunkt darstelle. auch sollen nach der verwaltungsvorschrift zu zeichen 274 (zulässige höchstgeschwindigkeit) geschwindigkeitsbeschränkungen aus sicherheitsgründen auf bestehenden straßen nur dann angeordnet werden, wenn unfalluntersuchungen ergeben hätten, dass häufig geschwindigkeitsbedingte unfälle aufgetreten seien. in der w.--------straße liege allerdings keine unfallhäufung vor, so dass insgesamt die voraussetzungen des § 45 stvo nicht vorlägen. 7mit schreiben vom 7. dezember 2020 und vom 19. januar 2021 bat der kläger um erneute überprüfung der ablehnenden entscheidung und um mitteilung, welche aussage der lärmaktionsplan zu der w.--------straße konkret treffe und mit welchem ergebnis eine messung des verkehrslärms stattgefunden habe. aufgrund der mitteilung der beklagten vom 1. februar 2021, dass die w.--------straße wegen der geringen verkehrsbelastung und der bebauungsart nicht als lärmschwerpunkt ausgewiesen sei und der kläger intern auf die zuständigkeit von frau c. verwiesen wurde, bat der kläger mit schreiben vom 8. märz 2021 um weitere konkretisierungen, u.a. welche maßnahmen zur reduzierung der lärmemissionen getroffen würden. der kläger führte weiter aus, dass er selbst zwischen dem 1. märz 2021 und dem 5. märz 2021 messungen am geschlossenen fenster der wohnung durchgeführt habe. dabei sei eine vielzahl von pegeln > 55 db aufgetreten; auch pegelmessungen von deutlich > 80 db seien keine einzelfälle gewesen. 8mit schreiben vom 26. märz 2021 teilte das ressort umweltschutz der beklagten dem kläger mit, dass die für die w.--------straße gemäß lärmkartierung vorliegenden immissionspegel unterhalb der für die durchführung der lärmaktionsplanung der beklagten gewählten auslösewerte (lden > 70 db(a) und/oder l night> 60 db(a)) lägen. ausweislich der durchgeführten lärmkartierung seien für die w.--------straße folgende werte ermittelt worden: l den > 65 db (a) und < 70 db (a); l night > 55 db (a) und < 60 db (a). aus diesen werten ergebe sich, dass der lärmaktionsplan keine maßnahmen für die w.--------straße entwickelt oder vorgeschlagen habe. die nächste rechnerische lärmanalyse finde im jahr 2022 im rahmen der nächsten lärmkartierung statt. 9mit schreiben vom 29. märz 2021 hielt der kläger mit der begründung an seinem antrag fest, dass die gemessenen immissionspegel die grenzwerte der 16. bimschv für reine und allgemeine wohngebiete sowie für mischgebiete klar und eindeutig überschritten. 10mit bescheid vom 8. juli 2021 lehnte die beklagte den antrag des klägers ab. zur begründung verwies sie auf die gemessenen immissionspegel und die e-mails vom 4. dezember 2020, 22. dezember 2020 und 1. februar 2021, in denen auf die vorgehensweise des lärmaktionsplans verwiesen wurde und führte ergänzend aus, dass sich an der dort geschilderten sachlage nichts geändert habe, weshalb kein bedarf zur weiteren prüfung der lärmemissionen gegeben sei und die beklagte an ihrer rechtlichen einschätzung bezüglich der ablehnung der temporeduzierung festhalte. die beklagte setzte gleichzeitig eine verwaltungsgebühr i.h.v. 50 € fest. 11der aktuell gültige lärmaktionsplan der beklagten beruht ausweislich des abschlussberichts der m. b. „fortschreibung des lärmaktionsplanes für den ballungsraum x. - lärmkartierung und lärmaktionsplanung der runde 3“ vom 14. juni 2021 (115 seiten), 12vgl.www.xxxxxxxxx.xx/xxxxxxx-xxxxxxxxxxxxxx/xxxxxxxxxxxx/xxxxxxxxxxxxxxxxxx.xxx, 13wie auch die vorangegangenen pläne auf der eg – umgebungslärmrichtlinie (2002) und hat zum ziel, die lärmbelastung zu senken und die lebensqualität in der stadt x. zu erhöhen. konkret gehe es darum, potentiell gesundheitsgefährdende lärmbelastungen zu vermeiden, belästigungen zu verringern und der bevölkerung einen vom umgebungslärm unbeeinflussten schlaf zu ermöglichen. dem abschlussbericht ist die öffentliche auslegung des entwurfs vom 10. juni 2020 bis zum 31. august 2020 vorangegangen. während dieser zeit sind im rahmen der öffentlichkeitsbeteiligung insgesamt 39 stellungnahmen (27 stellungnahmen aus dem kreis von bürgern und bürgerinitiativen) eingegangen, die im zuge einer abwägung bearbeitet und im falle einer möglichen berücksichtigung aufgenommen wurden, 14vgl. bericht des ressorts 106 (umweltschutz) vom 14. mai 2020 „lärmaktionsplan der runde iii für die stadt x. - öffentliche auslegung des entwurfes“, drucks.-nr. vo/0420/20; beschlussvorlage des ressorts 106 (umweltschutz) vom 15. januar 2021 „fortschreibung des lärmaktionsplanes für den ballungsraum x. - lärmkartierung und lärmaktionsplanung der runde 3“, drucks.-nr. vo/0094/21. 15in dem abschlussbericht vom 14. juni 2021 heißt es unter ziffer 1.2 „auslösewerte und grenzwerte“ u.a. wörtlich: 16„lärmaktionspläne sind gemäß § 47d abs. 1 bimschg zur regelung von lärmproblemen und lärmauswirkungen aufzustellen. es gibt jedoch weder auf eu – noch auf bundesebene verbindliche schwellenwerte/grenzwerte, ab deren erreichen lärmschutzmaßnahmen in betracht gezogen oder ergriffen werden müssen. das land nordrhein-westfalen (nrw) hat daher für die kommunen in nrw per erlass auslösewerte für die aktionsplanung von 70 / 60 db (a) tags/nachts festgelegt (munlv, 2008). diese auslösewerte dienen dazu, die handlungschwerpunkte aus dem untersuchten straßennetz herauszufiltern. überschreitungen dieser werte werden bei der lärmkartierung deutlich gemacht. gemeinden können im rahmen ihrer kommunalen planung weitergehende kriterien verfolgen. das umweltbundesamt nennt auslösewerte von l den > 65 db (a) und l night > 55 db (a). …. im rahmen der jetzigen lärmaktionsplanung für die stadt x. gilt es in erster linie die vorhandenen spitzenbelastungen abzubauen. hierzu sind die per erlass vorgegebenen auslösewerte für die aktionsplanung gut geeignet. in den später folgenden, gesetzlich vorgeschriebenen fortschreibungen der lärmaktionsplanung sollten jedoch nach und nach niedrigere, sich noch weitergehender am gesundheitsschutz bzw. der vorsorge orientierende auslösewerte herangezogen werden.“ 17aufgrund dieser auslösewerte hat die beklagte 172 lärmbrennpunkte im innerstädtischen straßennetz und zehn lärmbrennpunkte entlang der autobahnen identifiziert. aufgrund der beschränkten finanziellen und personellen ressourcen hat die beklagte ausweislich des vorgenannten abschlussberichts 63 lärmbrennpunkte ausgewählt, für die maßnahmen vorgeschlagen wurden. dabei wurde für 58 lärmbrennpunkte eine prüfempfehlung auf anordnung von tempo 30 aus lärmschutzgründen ausgesprochen. bei 8 dieser 58 lärmbrennpunkte bestünden ausweislich des lärmaktionsplans voraussichtlich sehr gute voraussetzungen für eine umsetzung bestünden, da hier ein niedriger abwägung – und kompensationsaufwand bestehe. die 8 betroffenen straßen werden konkret benannt, wobei bei der auswahl u.a. geprüft wurde, ob der prüfabschluss bedeutend ist, verlagerungseffekte in sensiblere bereiche zu erwarten sind und der prüfabschnitt weniger als 150 m lang ist. 18am 26. juli 2021 hat der kläger klage erhoben. 19zur begründung wiederholt er sein vorbringen aus dem antragsverfahren und führt ergänzend aus, dass die beklagte ihr ermessen weder erkannt noch ausgeübt habe, so dass ein ermessensausfall vorliege. darüber hinaus könne sich die beklagte nicht erfolgreich darauf berufen, mit der erstellung der lärmkartierung und dem lärmaktionsplan eigene parameter festgelegt zu haben, nach denen zu beurteilen sei, in welchen bereichen der lärm nicht mehr hinnehmbare beeinträchtigungen mit sich bringe. denn mit den richtwerten der 16. bimschv sei ein höherrangiges regelwerk geschaffen worden, an das sich die beklagte halten müsse. schließlich sei nicht der bergabwärtsfahrende verkehr das problem und die ursache des lärms, sondern der bergaufwärtsfahrende verkehr. dieser verkehr sei vorfahrtsberechtigt, so dass er keine veranlassung habe, deutlich unterhalb der zulässigen geschwindigkeit von 50 km/h zu fahren. 20der kläger beantragt, 21den ablehnenden bescheid der beklagten vom 8. juli 2021 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, den antrag des klägers auf lärmreduzierende maßnahmen im bereich des grundstücks w.--------straße 00, 00000 x. , nach rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 22die beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24sie bezieht sich zur begründung auf den angefochtenen bescheid und führt ergänzend aus, dass das ihr in § 45 abs. 1 satz 1 stvo eingeräumte ermessen fehlerfrei ausgeübt worden sei. mit der erstellung der lärmkartierung und dem daraus folgenden lärmaktionsplan habe die beklagte parameter festgelegt, in welchen bereichen der lärmbeeinträchtigungen mit sich bringe, die jenseits dessen lägen, was ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden könne. diese festlegung werde fortlaufend überarbeitet, sodass die beklagte bereits auf dieser stufe ihr ermessen ausreichend ausübe. zum jetzigen zeitpunkt liege danach keine durch lärm im sinne von § 45 abs. 1 satz 1 nr. 3 stvo begründende belastung in der w.--------straße vor. eine weitere lärmanalyse finde im jahr 2022 statt, gegebenenfalls würden daraufhin weitere maßnahmen entwickelt oder vorgeschlagen. die anspruchsvoraussetzungen für ein einschreiten der beklagten auf der grundlage des § 45 stvo lägen nicht vor. weder liege in der w.--------straße eine unfallhäufung noch eine besondere gefahrenlage (z.b. eine kindertagesstätte oder schule) vor. die grenzwerte, um einen besonderen schutz vor lärm und abgasen im sinne des § 45 abs. 1 satz 2 nr. 3 stvo auszulösen, lägen nicht vor, da in der w.--------straße die gemessenen immissionsspiegel unterhalb der gewählten auslösewerte lägen. da in dem fraglichen bereich kein bebauungsplan existiere, seien die grenzwerte der 16. bimschv nicht anwendbar. 25mit beschluss vom 14. dezember 2021 ist das verfahren der vorsitzenden zur entscheidung als einzelrichterin übertragen worden. 26in der mündlichen verhandlung vom 25. januar 2022 haben die vertreter der beklagten umfangreich und detailliert zu dem zustandekommen und den inhalten des lärmaktionsplans vorgetragen und die dort getroffenen entscheidungen erläutert. sie haben auch ausgeführt, dass im zuge der fortschreibung des lärmaktionsplanes erwogen werde, die auslösewerte abzusenken mit der folge, dass in der zukunft die w.--------straße eventuell auch als lärmbrennpunkt identifiziert werden könne. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 28 | 29die als verpflichtungsklage und als anfechtungsklage hinsichtlich des gebührenbescheides statthafte klage ist zulässig, aber unbegründet. 30die klage ist zulässig. insbesondere kann der kläger auch geltend machen, durch die ablehnung bzw. das unterlassen der von ihm begehrten straßenverkehrsrechtlichen maßnahmen in seinen rechten im sinne von § 42 abs. 2 vwgo verletzt zu sein. ein diesbezügliches subjektives öffentliches recht des klägers kann ihm aus § 45 abs. 1 und abs. 9 straßenverkehrsordnung - stvo - zustehen. danach können die straßenverkehrsbehörden aus gründen der sicherheit oder ordnung des straßenverkehrs oder zum schutz der wohnbevölkerung vor lärm und abgasen verkehrsbeschränkende maßnahmen anordnen (vgl. § 45 abs. 1 satz 1 und satz 2 nr. 3 stvo). zwar sind diese vorschriften grundsätzlich auf den schutz der allgemeinheit und nicht auf die wahrung der interessen einzelner gerichtet. allerdings kann der einzelne einen - auf ermessensfehlerfreie entscheidung der behörde begrenzten - anspruch auf verkehrsregelndes einschreiten haben, wenn die verletzung seiner geschützten individualinteressen in betracht kommt. das schutzgut der öffentlichen sicherheit und ordnung umfasst die grundrechte wie körperliche unversehrtheit (art. 2 abs. 2 gg) und eigentum (art. 14 abs. 1 gg). dazu gehört ferner im vorfeld der grundrechte der schutz vor einwirkungen des straßenverkehrs, die das nach allgemeiner anschauung zumutbare maß übersteigen, 31vgl.: könig, in: hentschel/dauer/könig, straßenverkehrsrecht, 46. aufl., 2021, § 45, rdnr. 28d m.w.n.. 32der kläger als anlieger der hier in rede stehenden straße begehrt von der beklagten, durch eine neubescheidung seines antrages auf die durchführung verkehrsrechtlicher maßnahmen dafür zu sorgen, dass der straßenlärm reduziert wird. soweit der kläger daher eine gefahr für leib und leben für sich und seine familienmitglieder geltend macht, ist eine verletzung seiner durch § 45 stvo geschützten individualinteressen jedenfalls möglich und daher die klage als zulässig anzusehen. 33die klage ist jedoch unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf die neubescheidung seines antrages auf lärmreduzierende maßnahmen an der w.--------straße . denn zum einen liegen die tatbestandsvoraussetzungen des § 45 abs. 1 satz 2 nr. 3 i.v.m. § 45 abs. 9 stvo nicht vor. zum anderen sind keine ermessensfehler der beklagten erkennbar. 34nach § 45 abs. 1 satz 1 und satz 2 nr. 3 stvo können die straßenverkehrsbehörden die benutzung bestimmter straßen oder straßenstrecken aus gründen der sicherheit oder ordnung des verkehrs oder aus gründen des lärmschutzes beschränken oder verbieten. gemäß § 45 abs. 9 satz 1 stvo sind verkehrszeichen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen umstände zwingend geboten ist. beschränkungen und verbote des fließenden verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen verhältnisse eine gefahrenlage besteht, die das allgemeine risiko einer beeinträchtigung der in den vorstehenden absätzen genannten rechtsgüter erheblich übersteigt (vgl. § 45 abs. 9 satz 2 stvo). 35vgl. könig, in: hentschel, a.a.o., § 45 rdnr. 49e. 36nach diesen maßstäben steht dem kläger jedoch kein anspruch auf neubescheidung im hinblick auf verkehrsrechtliche anordnungen nach § 45 stvo zu. vorliegend ist nicht erkennbar, dass aus gründen der sicherheit und ordnung eine verkehrsrechtliche anordnung getroffen werden muss, weil bereits eine das allgemeine risiko erheblich überschreitende gefahrenlage nicht festgestellt werden kann. eine erhebliche risikoüberschreitung setzt dabei nicht die ermittlung einer konkreten prozentzahl in bezug auf die unfallhäufigkeit voraus, vielmehr genügt die feststellung einer gegenüber durchschnittlichen verhältnissen deutlich erhöhten zahl, 37vgl. könig, in: hentschel, a.a.o., § 45 rndr. 49e. 38nach dem vom bundesverwaltungsgericht (bverwg) entwickelten maßstab setzt die vorschrift nur – aber immerhin – eine das allgemeine risiko deutlich übersteigende wahrscheinlichkeit des schadenseintritts voraus. erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete gefahr, die auf besonderen örtlichen verhältnissen beruht. 39vgl.: bverwg, urteil vom 23. september 2010 – 3 c 37/09 – nzv 2011, s. 156 ff.. 40eine derartige gefahrenlage ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich. 41auch hat der kläger keinen anspruch auf neubescheidung aus gründen des lärmschutzes. dabei setzt ein einschreiten zum schutz vor verkehrslärm nach § 45 abs. 1 satz 1, satz 2 nr. 3 i.v.m. abs. 9 stvo nicht voraus, dass ein bestimmter schallpegel überschritten wird. denn die grenze der zumutbaren lärmbelastung ist nicht durch auf rechtsetzung beruhende grenzwerte festgelegt. insbesondere können die vorschriften der 16. bimschv bei der beurteilung der zumutbarkeit der belastung nicht unmittelbar angewendet werden, da sie nur für den bau und die wesentliche änderung unter anderem von öffentlichen straßen gelten, wohingegen es im rahmen des § 45 abs. 1 satz 2 nr. 3 stvo um straßenverkehrsrechtliche maßnahmen des lärmschutzes für bestehende straßen geht. diese immissionsgrenzwerte können lediglich als orientierungshilfe für die bestimmung der zumutbarkeitsgrenze herangezogen werden, 42vgl.: ovg nrw, urteil vom 1. juni 2005 – 8 a 2350/04 - juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 8. september 2020 – 14 k 3555/16 – juris. 43die zuständige behörde darf jedoch selbst bei erheblichen lärmbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkenden maßnahmen absehen, wenn ihr dies mit rücksicht auf die damit verbundenen nachteile gerechtfertigt erscheint, 44vgl. vg würzburg, urteil vom 20. märz 2019 – w 6 k 17.1463 – juris. 45maßgeblich ist, ob der lärm beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter berücksichtigung der belange des verkehrs im konkreten fall als ortsüblich hingenommen und zugemutet werden muss. ausschlaggebend für die beurteilung der zumutbarkeit ist letztlich eine wertende gesamtbeurteilung unter berücksichtigung aller einzelfallumstände. 46ovg rheinland-pfalz, urteil vom 4. april 2019 – 7 a 11622/18 – juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 8. september 2020 – 14 k 3555/16 – juris. 47nach diesen maßstäben ist zwar festzustellen, dass der kläger auf seinem grundstück den oben angegebenen verkehrslärmbelästigungen ausgesetzt ist, die detailliert durch die lärmkartierung der beklagten dokumentiert ist, 48vgl. www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/1. 49diese werte übersteigen zwar die in der 16. bimschv festgelegten werte für ein mischgebiet (64 db (a) tags und 54 db (a) nachts). allerdings stellen diese werte, wie oben dargelegt, lediglich eine orientierungshilfe dar, so dass eine überschreitung sich nicht automatisch zu einer handlungspflicht der beklagten im rahmen des § 45 stvo verdichtet. 50soweit der kläger in diesem zusammenhang vorträgt, er habe an seinem fenster schallpegel von deutlich über 80 db (a) gemessen, so ändert das an der zumutbarkeit des straßenlärms nichts. denn verkehrslärm ist grundsätzlich nicht durch örtliche schallmessungen zu ermitteln, sondern nach genau festgelegten methoden zu berechnen. diese berechnung trägt dem umstand rechnung, dass direkte lärmmessungen vor ort abhängig von der witterungslage, den konkreten verkehrsströmen und anderen einflussfaktoren zu unterschiedlichen und nicht repräsentativen ergebnissen führen. insbesondere ist ein direkter vergleich rechnerischer werte mit gemessenen werten nicht möglich, 51vgl. ovg nrw, urteil vom 21. januar 2003, a.a.o., mit umfassenden ausführungen zu der messung und berechnung von straßenlärm und mit zahlreichen weiteren nachweisen; ovg nrw, beschluss vom 28. märz 2018 – 8 a 1247/16 – juris. 52gleichzeitig ist im hinblick auf die besonderen örtlichen einzelfallumstände der unbestritten gebliebene vortrag der beklagten zu berücksichtigen, dass auf dem streitgegenständlichen abschnitt der w.--------straße eine vergleichsweise geringe verkehrsbelastung vorliegt (teilstück zwischen v. straße und u.------------straße : 1.000 bis 2.500 kfz/tag; abschnitt zwischen u.------------straße : und g.----straße 2.500 – 5.000 kfz/tag). 53aufgrund der auch seitens der beklagten festgestellten lärmbelastung hat der kläger zwar grundsätzlich einen anspruch auf eine ermessensfehlerfreie entscheidung über seinen antrag. vorliegend sind ermessensfehler indes nicht erkennbar. 54gemäß § 45 abs. 1 satz 1 stvo liegt es im ermessen der behörde, ob und welche maßnahmen sie zur abwehr einer gefahr ergreift. im rahmen ihrer ermessensentscheidung muss die behörde eine gesamtbilanz der folgen unter beachtung der besonderheiten des einzelfalls vornehmen. zu prüfen ist etwa, ob die verhältnisse nur um den preis gebessert werden können, dass an anderer stelle neue unzuträglichkeiten auftreten. bei der entscheidung über die anordnung von maßnahmen zum schutz von anliegern hat die zuständige behörde daher neben den interessen der betroffenen auch die belange des straßenverkehrs und der verkehrsteilnehmer sowie die interessen der anlieger anderer straßen zu würdigen. dabei kann von einer maßnahme umso eher abgesehen werden, je geringer der zu beseitigende missstand ist, 55vgl. ovg nrw, beschluss vom 6. juni 2019 – 8 b 821/18 – juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 8. september 2020 – 14 k 3555/16 – juris. 56die ermessensentscheidung der beklagten kann das gericht nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob sie die gesetzlichen grenzen ihres ermessens überschritten hat und ob sie von ihrem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung entsprechenden weise gebrauch gemacht hat (§ 114 vwgo). das gericht darf die getroffene entscheidung nur anhand derjenigen erwägungen überprüfen, die die behörde angestellt hat. tragen diese erwägungen nicht, so ist die entscheidung rechtswidrig und muss aufgehoben werden. das verwaltungsgericht ist hingegen nicht befugt, die behördliche entscheidung aus gründen, die für die verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren, im ergebnis aufrechtzuerhalten oder sich aus erwägungen, welche die behörde (noch) nicht angestellt hat, an die stelle der behörde setzen und das ermessen selbst ausüben, 57vgl. ovg berlin – brandenburg, beschluss vom 8. august 2019 – ovg 1 n 104.17 – juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 8. september 2020 – 14 k 3555/16 – juris. 58dabei kann die behörde ihre ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen verfahren ergänzen (§ 114 s. 2 vwgo). 59bei der entscheidung über eine verkehrsregelnde anordnung nach § 45 abs. 1 satz 1 stvo hat die zuständige straßenverkehrsbehörde im rahmen ihres pflichtgemäßen ermessens sowohl die belange des straßenverkehrs und der verkehrsteilnehmer zu würdigen als auch die interessen etwa betroffener anlieger in rechnung zu stellen. dabei sind die belange einzelner nur insoweit zu berücksichtigen, soweit deren geschützte individualinteressen berührt werden, 60vgl. ovg nrw, urteil vom 6. dezember 2006 – 8 a 4840/05 – juris; könig, in: hentschel, a.a.o. § 42 rdnr. 28d. 61gemessen an diesen maßstäben ist eine rechtsverletzung des klägers nicht zu erkennen. die beklagte hat das ihr nach § 45 abs. 1 satz 1 stvo eingeräumte ermessen, ob und welche maßnahmen sie zur beseitigung der gefahrenlage ergreift, auch unter berücksichtigung des interesses des klägers, von übermäßigem lärm und abgasen verschont zu bleiben, fehlerfrei ausgeübt. es ist nicht feststellbar, dass die beklagte sich von sachfremden erwägungen hätte leiten lassen, wesentlichen sachverhalt nicht aufgeklärt oder verkannt bzw. die interessen des klägers nicht erfasst oder nicht ausreichend abgewogen hätte. 62zwar enthält der bescheid vom 8. juli 2021 selbst wenig erwägungen. aufgrund der verweise auf den vorangegangenen schriftverkehr ist ein ermessensausfall indes nicht zu erkennen, sodass die ergänzenden ausführungen und erwägungen aus den beklagtenschriftsätzen vom 25. august 2021, 30. november 2021 und 17. januar 2022 sowie der vortrag in der mündlichen verhandlung zu berücksichtigen sind, weil bei der hier vorliegenden verpflichtungsklage und auch bei verkehrsrechtlichen anordnungen als dauerverwaltungsakten die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen verhandlung bzw. entscheidung maßgeblich ist, 63vgl. insb. zur zulässigkeit des ergänzens von ermessenserwägungen: ovg nrw, beschluss vom 29. januar 2019 – 8 a 10/17 –, juris. 64hier hat die beklagte über die umfassende lärmkartierung und die über jahre andauernde arbeit zur erstellung des lärmaktionsplans ihr ermessen fehlerfrei ausgeübt. insbesondere haben die vertreter der beklagten in der mündlichen verhandlung umfassend den aufwändigen abwägungsprozess und die vielzahl der zu berücksichtigenden belange dargelegt. im hinblick auf maßnahmen zur lärmreduzierung hat die beklagte unter abwägung dieser vielzährigen belange eine priorisierung vorgenommen, bei der sie sich – bezogen auf das gesamte stadtgebiet – am ausmaß der pegelüberschreitung, der schutzbedürftigkeit und anzahl der betroffenen personen und dem technischen, zeitlichen und finanziellen aufwand orientiert hat. dabei ist es auch nicht sachfremd, dass die beklagte sich bei der festlegung der auslösewerte an dem erlass des umweltministeriums nrw orientiert hat. jedenfalls sind die erwägungen, die ausweislich der ausführungen im lärmaktionsplan dazu angestellt wurden, sachlich nachvollziehbar. denn angesichts der vielzahl der lärmschwerpunkte im ballungsraum x. erscheint es sachgerecht, die werte in bezug auf das gesamte stadtgebiet so zu wählen, dass in einem angemessenen zeitlichen rahmen eine realistische chance besteht, überhaupt maßnahmen für die lärmbrennpunkte umzusetzen. augenfällig wird dies angesichts des umstandes, dass von den 58 lärmbrennpunkten, für die eine tempo 30 zone in betracht kommt, lediglich 8 brennpunkte als solche ausgewählt wurden, für die eine gute voraussetzung für eine umsetzung der maßnahmen prognostiziert wurde. 65vor dem hintergrund des verfahrens der öffentlichkeitsbeteiligung im rahmen der erstellung des lärmaktionsplans ist auch das individuelle interesse des klägers an der einrichtung einer tempo-30-zone an seinem grundstück sachgerecht dahingehend abgewogen worden, dass dieses individualinteresse in der gesamtschau zum jetzigen zeitpunkt nicht zu berücksichtigen ist. denn weder ergeben sich aus der lärmaktionsplanung schutzansprüche einzelner immissionsbetroffener noch können einzelne bürger und betroffene parallel zu dieser lärmaktionsplanung ansprüche auf die umsetzung von individuellen maßnahmen geltend machen, 66vgl. ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 6. april 2017 – ovg 11 n 16.13 – juris. 67dem kläger bleibt es daher unbenommen, sich im rahmen der nächsten lärmaktionsplanung zu beteiligen und im zuge der zu erwartenden öffentlichkeitsbeteiligung entsprechende stellungnahmen einzureichen. 68gegen die rechtmäßigkeit der verwaltungsgebühr in höhe von 50,00 € sind bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. 69die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 70die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung (zpo). 71rechtsmittelbelehrung: 72gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 73der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 74innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 75die berufung ist nur zuzulassen, 761. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 772. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 783. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 794. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 805. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 81die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 82über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 83im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 84die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 85beschluss: 86der streitwert wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 87gründe: 88die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 89rechtsmittelbelehrung: 90gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 91die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 92die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 93die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,– euro nicht übersteigt. 94die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 95war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 14 O 305/20 | 2022-01-25T00:00:00 | Anerkenntnisurteil | Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.169,78 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.08.2019 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 33% und die Klägerin zu 67%. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Verkehrsunfall zwischen einem Pkw und einem Bagger in einer Baustelle in Leverkusen am 25. Juli 2019 gegen 6:45 Uhr. 3Die Klägerin ist - was der Beklagte bestreitet - die Vollkaskoversicherung des Fahrzeugs Skoda Citigo, Kz. ##-## 000, das zum Unfallzeitpunkt von Herrn I geführt worden ist. Der Beklagte war der Führer eines Radladers bzw. Baggers, der sich im Bereich der Baustelle bewegte und der nicht schneller als 20 km/h fahren kann. 4Auf der Straße Cweg fanden im Juli 2019 Bauarbeiten statt. Vor der Baustelle befand sich eine Absperrung mit dem Verkehrsschild „Durchfahrt verboten“ sowie dem Hinweisschild „Anlieger frei bis zur Baustelle“. Der Zeuge I fuhr an dieser Absperrung und den Schildern vorbei in den Baustellenbereich ein. Nachdem er merkte, dass er nicht auf einen von ihm angesteuerten Parkplatz gelangen konnte, versuchte er rückwärts aus der Baustelle wieder herauszufahren. Der Beklagte fuhr mit dem Bagger rückwärts in den linken hinteren Bereich des Pkw rein. Der Beklagte ließ sich nicht einweisen. 5Der oben genannte Pkw wurde beschädigt und musste repariert werden. Als Reparaturkosten sind 6.875,09 € brutto angefallen, die die Klägerin an die Versicherungsnehmerin abzüglich einer Selbstbeteiligung von 300 € gezahlt hat. 6Die Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers des Beklagten lehnte eine Schadensregulierung am 08.08.2019 im Namen des Arbeitgebers des Beklagten und des Beklagten ab. 7Der Kläger behauptet, dass er in den vorangegangenen Tagen vor dem Unfall durch die Baustelle auf dem Parkplatz seiner Arbeitgeberin gefahren sei. Am Schadentag sei die Baustelle allerdings verändert worden. Er sei zum Stehen gekommen, weil er einen kreuzenden Radfahrer passieren ließ. 8Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte in der Baustelle mit Verkehr von Pkws rechnen musste. Ein Rückwärtsfahren ohne ausreichende Beachtung von Rückschaupflichten sei unzulässig. Ein Verschulden des Pkw Fahrers bestehe nicht, da er darauf habe vertrauen dürfen, dass er wie in den vorherigen Tagen auf den Parkplatz seines Arbeitgebers durch die Baustelle einfahren könne. Auch im Übrigen treffe ihn bei der konkreten Situation am Schadenstag kein Verschulden. 9Der Kläger beantragt, 10den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 6.575,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 8. August 2019 zu bezahlen. 11Der Beklagte beantragt, 12 Klageabweisung. 13Der Beklagte behauptet, der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges habe sich an dem Bagger rechts vorbei gezwängt und habe im Baustellenbereich im absoluten Halteverbot parken wollen. 14Der Beklagte ist der Ansicht, dass er angesichts der geltenden Verkehrsregeln, insbesondere des durch Verkehrsschilder angeordneten Durchfahrverbots auf der Baustelle, nicht damit habe rechnen müssen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer in seinem Arbeitsbereich befinden. Der Schaden sei ausschließlich durch den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs verschuldet worden. 15Das Gericht hat Beweis erhoben in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2021 auf Grundlage des Beweisbeschlusses vom 28.09.2021 durch Vernehmung des Zeugen I . Für den Inhalt der Zeugenvernehmung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige Klage ist teilweise begründet. 18Das Landgericht Köln ist nach §§ 23, 72 GVG und nach §§ 12, 13 sowie § 32 ZPO zuständig. 19Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 2.169,78 € aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 VVG. Der Beklagte ist unstreitig ohne Rückschau und ohne Einweisung mit einem Bagger in einer Baustelle rückwärts gefahren und hat dadurch das bei der Klägerin versicherte Fahrzeug beschädigt. Durch diese Handlung ist eine Eigentumsverletzung bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin eingetreten. Diese war auch kausal, weil die Gefahr der Beschädigung fremder Sache adäquate Folge der Fahrbewegung des Beklagten war. Die Rechtswidrigkeit ist indiziert. Sie wird zudem durch den Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO bestätigt, der auch für den Verkehr auf Baustellen an öffentlichen Straßen gilt. Der Beklagte hat zumindest leicht fahrlässig gehandelt, indem er keine Rückschau vornahm. Zwar ist es nachvollziehbar, dass der Beklagte darauf vertraute, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer in der Baustelle zugegen waren. Dieses Vertrauen allein schließt jedoch kein Verschulden aus. Denn die Sorgfaltsanforderungen im Straßenverkehr, auch in Baustellen, erfordern vor jedem Rückwärtsfahren eine Umschau, damit andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. 20Soweit der Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen bestritten hat, war jedoch keine Beweiserhebung notwendig. Denn es steht aufgrund § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin als Kaskoversicherung gezahlt hat und demnach nach § 86 Abs. 1 VVG aktivlegitimiert ist. Anders erklärt es sich nicht, dass die Klägerin bereits mit der Klage umfangreiche Unterlagen zu einem Verkehrsunfall und den Unfallschäden vorlegen konnte. Dagegen bleibt das zulässige Bestreiten mit Nichtwissen des Beklagten pauschal und vermag keine Zweifel an der Rechtsposition der Klägerin zu wecken. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein anderer Versicherer Ansprüche geltend macht oder aber die Versicherungsnehmerin selbst ihren Anspruch durchsetzt. 21Die Haftung des Beklagten wird aber durch ein Mitverschulden des Zeugen I als Fahrer des bei der Klägerin versicherten Fahrzeugs begrenzt. Nach § 254 BGB gilt, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt hat, dass die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen abhängt, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Das Verhalten des Zeugen I als Fahrer ist der Versicherungsnehmerin der Klägerin nach den Grundsätzen der sog. Haftungseinheit auch im Anwendungsbereich von § 254 BGB zurechenbar (BeckOK BGB/Lorenz, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 254 Rn. 47; BGH NJW 1966, 1262). 22Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist dabei das Mitverschulden des Zeugen I an der Schadensentstehung auf 2/3 zu bemessen, was im Rahmen des Tenors mit dem gerundeten Prozentbetrag von 67% ausgedrückt wird. 23Trifft den Geschädigten eine Mitverantwortung, hängt der Umfang der Ersatzpflicht im gesamten Anwendungsbereich des § 254 von einer umfassenden Abwägung und Würdigung aller Umstände des Einzelfalles ab. In die Abwägung fließen nur die Umstände ein, die unstreitig oder bewiesen worden sind oder sonst feststehen (zB auf Grund eines Anscheinsbeweises); insoweit gilt § 286 ZPO und nicht § 287 ZPO. Bei der Abwägung selbst hat das Gericht dagegen einen Beurteilungsspielraum; es greift § 287 ZPO ein (BeckOK BGB/Lorenz, a.a.O., Rn. 53 m.w.N. aus der Rspr. des BGH). 24Insoweit steht aufgrund der Zeugenvernehmung sowie des übrigen Sach- und Streitstandes fest, dass der Zeuge I am Schadenstag erstmals in die Baustelle eingefahren ist, als dort Betrieb herrschte. An Tagen zuvor war der Zeuge I zwar in die Baustelle eingefahren und konnte so auf den Parkplatz seiner Arbeitsstätte ein- bzw. abfahren, jedoch geschah dies zu Zeiten, an denen keine Arbeiten an der Baustelle durchgeführt worden sind. Dies hat der Zeuge in seiner Vernehmung ausdrücklich bekundet. Auch hat er ausgesagt, dass er vor Einfahrt in die größtenteils abgesperrte Baustelle erkannt hat, dass sich der vom Beklagten geführte Bagger bewegte. An der Richtigkeit dieser Aussage hat das Gericht nach dem persönlichen Eindruck des Zeugen sowie der auch angesichts der langen Dauer seit dem Umfall detailreichen und weitestgehend widerspruchsfreien Ausführungen keine Zweifel. Die beiden dargestellten Umstände bestätigen den vom Beklagten vorgetragenen Mitverschuldenseinwand. Denn es ist bereits unabhängig von der Zeugenvernehmung in der Regel fahrlässig mit einem Pkw in eine Baustelle, auf der Betrieb herrscht, einzufahren. Hierin ist die Außerachtlassung derjenigen Sorgfalt zu erkennen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (vgl. BeckOK BGB/Lorenz, a.a.O., Rn. 9 f.). Nach der Zeugenaussage ist der Zeuge I sogar sehenden Auges in die Baustelle eingefahren, sodass sein Verschulden auch nicht zu gering zu bemessen ist. Es hätte nahe gelegen und war nach §§ 254, 276 BGB geboten vor Einfahrt in die Baustelle, auf der nach seiner Aussage für ihn erkennbar erstmals Betrieb herrschte, als er durchfahren wollte, sich einen Überblick zu verschaffen. Hierzu hätte er das Fahrzeug etwa zunächst vor der Baustelle abstellen können und zu Fuß einsehen können, ob er mit seinem Fahrzeug auf den Parkplatz gelangen konnte. Dass er aber zunächst vorbei an Absperrungen, die nach seiner eigenen Schilderung wohl auch umpositioniert worden sind, in die Baustelle eingefahren ist, erscheint nicht als Verhalten, das ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer zur Vermeidung von Schaden anzuwenden pflegt. 25Hinzu kommt, dass auch die Betriebsgefahr des Pkw nach § 7 Abs. 1 StVG im Rahmen der Quotierung nach § 254 BGB Beachtung zu finden hat (BeckOK BGB/Lorenz, a.a.O., Rn. 12 f.). Diese tritt hier auch nicht vollkommen zurück. Der Unfall wurde insbesondere nicht durch höhere Gewalt nach § 7 Abs. 2 StVG verursacht. Die Anwendung von § 17 StVG verbietet sich, weil der vom Beklagten geführte Bagger nach § 8 Nr. 1 StVG nicht einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG unterliegt. 26Die konkrete Quotierung hat das Gericht nach § 287 ZPO vorgenommen. Dabei erscheint das oben beschriebene Verschulden des Beklagten als geringer als dasjenige des Zeugen I . Jedoch tritt es nicht vollkommen zurück. Dabei ist zu beachten, dass dem Betrieb eines Baggers – auch wenn dafür eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ausgeschlossen ist – ein erhebliches Gefährdungspotential innewohnt, weil es sich um ein großes und viele Tonnen schweres Arbeitsgerät handelt. Dagegen erscheint die Betriebsgefahr eines Pkw, zumal es sich hier um einen Kleinwagen handelt, als erheblich geringer. Auch durfte der Zeuge I grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Beklagte seinen Rückschaupflichten nachkommt oder aber zumindest einen Helfer zur Einweisung bzw. zur Warnung bei Gefahren im rückwärtigen, schwer einsehbaren Bereich nutzt. Er war auch nicht gehalten, den Bereich hinter dem Bagger, der trotz Absperrungen faktisch erreichbar war und zudem durch das vorhandene Verkehrsschild mit dem Hinweis „Anlieger frei“, wobei es offenbleiben kann ob es zudem hieß „bis zur Baustelle“, absolut zu meiden (vgl. etwa auch KG Urt. v. 12.2.2004 – 12 U 258/02, BeckRS 2004, 5252). Die damit verbundene Gefahr hat er jedoch zu vertreten. Da der Verschuldensvorwurf an den Zeugen I bei wertender Betrachtung etwas gravierender ist, erscheint die Aufteilung in einer Quote von einem 1/3 zu Lasten des Beklagten und 2/3 zu Lasten des Zeugen I , mithin auch der Klägerin, als angemessen. 27Da die Schadenshöhe unbestritten ist, ergibt sich bei Quotierung der tenorierte Zahlungsbetrag, 28Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 Nr. 2 ZPO. 29Der Streitwert wird auf 6.575,09 EUR festgesetzt. | der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 2.169,78 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 08.08.2019 zu zahlen. die kosten des rechtsstreits tragen der beklagte zu 33% und die klägerin zu 67%. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. für die klägerin jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags. die klägerin kann die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der zwangsvollstreckung sicherheit in höhe von 110% des zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die parteien streiten um ansprüche nach einem verkehrsunfall zwischen einem pkw und einem bagger in einer baustelle in leverkusen am 25. juli 2019 gegen 6:45 uhr. 3die klägerin ist - was der beklagte bestreitet - die vollkaskoversicherung des fahrzeugs skoda citigo, kz. ##-## 000, das zum unfallzeitpunkt von herrn i geführt worden ist. der beklagte war der führer eines radladers bzw. baggers, der sich im bereich der baustelle bewegte und der nicht schneller als 20 km/h fahren kann. 4auf der straße cweg fanden im juli 2019 bauarbeiten statt. vor der baustelle befand sich eine absperrung mit dem verkehrsschild „durchfahrt verboten“ sowie dem hinweisschild „anlieger frei bis zur baustelle“. der zeuge i fuhr an dieser absperrung und den schildern vorbei in den baustellenbereich ein. nachdem er merkte, dass er nicht auf einen von ihm angesteuerten parkplatz gelangen konnte, versuchte er rückwärts aus der baustelle wieder herauszufahren. der beklagte fuhr mit dem bagger rückwärts in den linken hinteren bereich des pkw rein. der beklagte ließ sich nicht einweisen. 5der oben genannte pkw wurde beschädigt und musste repariert werden. als reparaturkosten sind 6.875,09 € brutto angefallen, die die klägerin an die versicherungsnehmerin abzüglich einer selbstbeteiligung von 300 € gezahlt hat. 6die haftpflichtversicherung des arbeitgebers des beklagten lehnte eine schadensregulierung am 08.08.2019 im namen des arbeitgebers des beklagten und des beklagten ab. 7der kläger behauptet, dass er in den vorangegangenen tagen vor dem unfall durch die baustelle auf dem parkplatz seiner arbeitgeberin gefahren sei. am schadentag sei die baustelle allerdings verändert worden. er sei zum stehen gekommen, weil er einen kreuzenden radfahrer passieren ließ. 8der kläger ist der ansicht, dass der beklagte in der baustelle mit verkehr von pkws rechnen musste. ein rückwärtsfahren ohne ausreichende beachtung von rückschaupflichten sei unzulässig. ein verschulden des pkw fahrers bestehe nicht, da er darauf habe vertrauen dürfen, dass er wie in den vorherigen tagen auf den parkplatz seines arbeitgebers durch die baustelle einfahren könne. auch im übrigen treffe ihn bei der konkreten situation am schadenstag kein verschulden. 9der kläger beantragt, 10den beklagten zu verurteilen, an die klägerin 6.575,09 € nebst zinsen in höhe von 5% punkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit dem 8. august 2019 zu bezahlen. 11der beklagte beantragt, 12 klageabweisung. 13der beklagte behauptet, der fahrer des klägerischen fahrzeuges habe sich an dem bagger rechts vorbei gezwängt und habe im baustellenbereich im absoluten halteverbot parken wollen. 14der beklagte ist der ansicht, dass er angesichts der geltenden verkehrsregeln, insbesondere des durch verkehrsschilder angeordneten durchfahrverbots auf der baustelle, nicht damit habe rechnen müssen, dass sich andere verkehrsteilnehmer in seinem arbeitsbereich befinden. der schaden sei ausschließlich durch den fahrer des klägerischen fahrzeugs verschuldet worden. 15das gericht hat beweis erhoben in der mündlichen verhandlung am 21.12.2021 auf grundlage des beweisbeschlusses vom 28.09.2021 durch vernehmung des zeugen i . für den inhalt der zeugenvernehmung wird auf das sitzungsprotokoll verwiesen. 16 | 17die zulässige klage ist teilweise begründet. 18das landgericht köln ist nach §§ 23, 72 gvg und nach §§ 12, 13 sowie § 32 zpo zuständig. 19die klägerin hat gegen den beklagten einen anspruch auf zahlung von 2.169,78 € aus § 823 abs. 1 bgb i.v.m. § 86 abs. 1 vvg. der beklagte ist unstreitig ohne rückschau und ohne einweisung mit einem bagger in einer baustelle rückwärts gefahren und hat dadurch das bei der klägerin versicherte fahrzeug beschädigt. durch diese handlung ist eine eigentumsverletzung bei der versicherungsnehmerin der klägerin eingetreten. diese war auch kausal, weil die gefahr der beschädigung fremder sache adäquate folge der fahrbewegung des beklagten war. die rechtswidrigkeit ist indiziert. sie wird zudem durch den verstoß gegen § 9 abs. 5 stvo bestätigt, der auch für den verkehr auf baustellen an öffentlichen straßen gilt. der beklagte hat zumindest leicht fahrlässig gehandelt, indem er keine rückschau vornahm. zwar ist es nachvollziehbar, dass der beklagte darauf vertraute, dass keine anderen verkehrsteilnehmer in der baustelle zugegen waren. dieses vertrauen allein schließt jedoch kein verschulden aus. denn die sorgfaltsanforderungen im straßenverkehr, auch in baustellen, erfordern vor jedem rückwärtsfahren eine umschau, damit andere verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. 20soweit der beklagte die aktivlegitimation der klägerin mit nichtwissen bestritten hat, war jedoch keine beweiserhebung notwendig. denn es steht aufgrund § 286 zpo unter berücksichtigung des gesamten inhalts der verhandlungen zur überzeugung des gerichts fest, dass die klägerin als kaskoversicherung gezahlt hat und demnach nach § 86 abs. 1 vvg aktivlegitimiert ist. anders erklärt es sich nicht, dass die klägerin bereits mit der klage umfangreiche unterlagen zu einem verkehrsunfall und den unfallschäden vorlegen konnte. dagegen bleibt das zulässige bestreiten mit nichtwissen des beklagten pauschal und vermag keine zweifel an der rechtsposition der klägerin zu wecken. insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein anderer versicherer ansprüche geltend macht oder aber die versicherungsnehmerin selbst ihren anspruch durchsetzt. 21die haftung des beklagten wird aber durch ein mitverschulden des zeugen i als fahrer des bei der klägerin versicherten fahrzeugs begrenzt. nach § 254 bgb gilt, wenn bei der entstehung des schadens ein verschulden des beschädigten mitgewirkt hat, dass die verpflichtung zum ersatz sowie der umfang des zu leistenden ersatzes von den umständen abhängt, insbesondere davon, inwieweit der schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen teil verursacht worden ist. das verhalten des zeugen i als fahrer ist der versicherungsnehmerin der klägerin nach den grundsätzen der sog. haftungseinheit auch im anwendungsbereich von § 254 bgb zurechenbar (beckok bgb/lorenz, 60. ed. 1.11.2021, bgb § 254 rn. 47; bgh njw 1966, 1262). 22nach dem ergebnis der beweisaufnahme ist dabei das mitverschulden des zeugen i an der schadensentstehung auf 2/3 zu bemessen, was im rahmen des tenors mit dem gerundeten prozentbetrag von 67% ausgedrückt wird. 23trifft den geschädigten eine mitverantwortung, hängt der umfang der ersatzpflicht im gesamten anwendungsbereich des § 254 von einer umfassenden abwägung und würdigung aller umstände des einzelfalles ab. in die abwägung fließen nur die umstände ein, die unstreitig oder bewiesen worden sind oder sonst feststehen (zb auf grund eines anscheinsbeweises); insoweit gilt § 286 zpo und nicht § 287 zpo. bei der abwägung selbst hat das gericht dagegen einen beurteilungsspielraum; es greift § 287 zpo ein (beckok bgb/lorenz, a.a.o., rn. 53 m.w.n. aus der rspr. des bgh). 24insoweit steht aufgrund der zeugenvernehmung sowie des übrigen sach- und streitstandes fest, dass der zeuge i am schadenstag erstmals in die baustelle eingefahren ist, als dort betrieb herrschte. an tagen zuvor war der zeuge i zwar in die baustelle eingefahren und konnte so auf den parkplatz seiner arbeitsstätte ein- bzw. abfahren, jedoch geschah dies zu zeiten, an denen keine arbeiten an der baustelle durchgeführt worden sind. dies hat der zeuge in seiner vernehmung ausdrücklich bekundet. auch hat er ausgesagt, dass er vor einfahrt in die größtenteils abgesperrte baustelle erkannt hat, dass sich der vom beklagten geführte bagger bewegte. an der richtigkeit dieser aussage hat das gericht nach dem persönlichen eindruck des zeugen sowie der auch angesichts der langen dauer seit dem umfall detailreichen und weitestgehend widerspruchsfreien ausführungen keine zweifel. die beiden dargestellten umstände bestätigen den vom beklagten vorgetragenen mitverschuldenseinwand. denn es ist bereits unabhängig von der zeugenvernehmung in der regel fahrlässig mit einem pkw in eine baustelle, auf der betrieb herrscht, einzufahren. hierin ist die außerachtlassung derjenigen sorgfalt zu erkennen, die ein ordentlicher und verständiger mensch zur vermeidung eigenen schadens anzuwenden pflegt (vgl. beckok bgb/lorenz, a.a.o., rn. 9 f.). nach der zeugenaussage ist der zeuge i sogar sehenden auges in die baustelle eingefahren, sodass sein verschulden auch nicht zu gering zu bemessen ist. es hätte nahe gelegen und war nach §§ 254, 276 bgb geboten vor einfahrt in die baustelle, auf der nach seiner aussage für ihn erkennbar erstmals betrieb herrschte, als er durchfahren wollte, sich einen überblick zu verschaffen. hierzu hätte er das fahrzeug etwa zunächst vor der baustelle abstellen können und zu fuß einsehen können, ob er mit seinem fahrzeug auf den parkplatz gelangen konnte. dass er aber zunächst vorbei an absperrungen, die nach seiner eigenen schilderung wohl auch umpositioniert worden sind, in die baustelle eingefahren ist, erscheint nicht als verhalten, das ein aufmerksamer verkehrsteilnehmer zur vermeidung von schaden anzuwenden pflegt. 25hinzu kommt, dass auch die betriebsgefahr des pkw nach § 7 abs. 1 stvg im rahmen der quotierung nach § 254 bgb beachtung zu finden hat (beckok bgb/lorenz, a.a.o., rn. 12 f.). diese tritt hier auch nicht vollkommen zurück. der unfall wurde insbesondere nicht durch höhere gewalt nach § 7 abs. 2 stvg verursacht. die anwendung von § 17 stvg verbietet sich, weil der vom beklagten geführte bagger nach § 8 nr. 1 stvg nicht einer haftung nach § 7 abs. 1 stvg unterliegt. 26die konkrete quotierung hat das gericht nach § 287 zpo vorgenommen. dabei erscheint das oben beschriebene verschulden des beklagten als geringer als dasjenige des zeugen i . jedoch tritt es nicht vollkommen zurück. dabei ist zu beachten, dass dem betrieb eines baggers – auch wenn dafür eine haftung nach § 7 abs. 1 stvg ausgeschlossen ist – ein erhebliches gefährdungspotential innewohnt, weil es sich um ein großes und viele tonnen schweres arbeitsgerät handelt. dagegen erscheint die betriebsgefahr eines pkw, zumal es sich hier um einen kleinwagen handelt, als erheblich geringer. auch durfte der zeuge i grundsätzlich darauf vertrauen, dass der beklagte seinen rückschaupflichten nachkommt oder aber zumindest einen helfer zur einweisung bzw. zur warnung bei gefahren im rückwärtigen, schwer einsehbaren bereich nutzt. er war auch nicht gehalten, den bereich hinter dem bagger, der trotz absperrungen faktisch erreichbar war und zudem durch das vorhandene verkehrsschild mit dem hinweis „anlieger frei“, wobei es offenbleiben kann ob es zudem hieß „bis zur baustelle“, absolut zu meiden (vgl. etwa auch kg urt. v. 12.2.2004 – 12 u 258/02, beckrs 2004, 5252). die damit verbundene gefahr hat er jedoch zu vertreten. da der verschuldensvorwurf an den zeugen i bei wertender betrachtung etwas gravierender ist, erscheint die aufteilung in einer quote von einem 1/3 zu lasten des beklagten und 2/3 zu lasten des zeugen i , mithin auch der klägerin, als angemessen. 27da die schadenshöhe unbestritten ist, ergibt sich bei quotierung der tenorierte zahlungsbetrag, 28die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1, 708 nr. 11, 709 nr. 2 zpo. 29der streitwert wird auf 6.575,09 eur festgesetzt. |
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"name": "Verwaltungsgericht Gelsenkirchen",
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} | 6 K 1983/20 | 2022-01-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheids für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.267 m² auf dem Grundstück C.---------straße … in H. (Gem. C2. , G. …, G1. … und G. …, G1. …). Auf dem Vorhabengrünstück steht derzeit bereits ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 699,67 m² auf. 3In der näheren Umgebung befinden sich zahlreiche weitere Gewerbebetriebe unterschiedlicher Branchen. Auf dem Grundstück C.---------straße ... wird ein „Gartenbaucenter“ auf Grundlage einer 1969 erteilten Baugenehmigung für eine Ausstellungshalle nebst Werkstatt und Büro mit einer Nutzfläche von ca. 2.300 m² bzw. 500 m² sowie für eine Düngemittelhalle mit einem Freilager betrieben. 4Weitere Einzelheiten der näheren Umgebungsbebauung sind dem nachfolgenden Kartenausschnitt zu entnehmen: 5An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 6Am 19. Februar 2019 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem oben beschriebenen Grundstück. Die genaue Fragestellung lautete: 7„Ist ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1.267 m2 nach der Art der baulichen Nutzung unter Ausklammerung des Gebotes der Rücksichtnahme bauplanungsrechtlich zulässig?“ 8Am 25. Februar 2019 reichte die Klägerin eine Flurkarte nach. 9Am 28. März 2019 beschloss der Rat der Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 438 „Gewerbegebiet südlich C.---------straße “ für einen Bereich zwischen der C.---------straße , L.---straße , I.------straße und der Bahnlinie E. - I1. . Dieser Bereich umfasst neben dem Vorhabengrundstück im Wesentlichen weitere gewerblich genutzte Grundstücke und vereinzelt Betriebsleiterwohnungen. 10In der zugrunde liegenden Beschlussvorlage vom 13. März 2019 wird ausgeführt, der im Plangebiet bereits vorhandene Lebensmitteldiscounter sei zu einem Zeitpunkt genehmigt worden, zu dem es das gesamtstädtische Einzelhandelskonzept noch nicht gegeben habe. Ziel des Bebauungsplanes sei es, auf der Grundlage des gesamtstädtischen Einzelhandelskonzeptes den Einzelhandel in die zentralen Versorgungsbereiche zu lenken, um diese zu erhalten und zu entwickeln. Dies könne nur erreicht werden, wenn Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten an nicht integrierten Standorten außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche unterbunden würden. Hierzu sollten im Geltungsbereich des Aufstellungsbeschlusses Regelungen zur Zulässigkeit bzw. Nichtzulässigkeit bestimmter Arten von Nutzungen gem. § 9 Abs. 2a Baugesetzbuch (BauGB) getroffen werden. Das vom Rat der Stadt beschlossene Einzelhandelskonzept verfolge als zentrales Ziel die Sicherung einer möglichst flächendeckenden wohnortnahen Grundversorgung im Stadtgebiet durch funktionsfähige Nahversorgungsstandorte. Die aktuelle Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes sehe vor, dass die Ansiedlung von Handel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten in Gewerbegebieten und städtebaulich nicht integrierten Bereichen auszuschließen sei. Bei dem Standort südlich der C.---------straße handle es sich um eine Gewerbefläche, die sich in einer westlichen Randlage des Stadtteils C3. befinde und als städtebaulich nicht integriert einzustufen sei. Das Einzelhandelskonzept weise für den Stadtteil C3. keinen zentralen Versorgungsbereich mehr aus. Die nächst gelegenen zentralen Versorgungsbereiche, die auch im rechtlichen Sinne als städtebauliches Schutzgut zu werten und daher mit den Mitteln der Bauleitplanung zu sichern seien, befänden sich in I2. (Nebenzentrum F. Straße) sowie das Hauptgeschäftszentrum in C2. . Der Stadtteil C3. werde im Wesentlichen durch einen strukturprägenden Lebensmitteldiscounter an der I3. Straße nahversorgt. Diesen Standort definiere das Einzelhandelskonzept als integriert, da er eine wichtige Versorgungsfunktion für die umliegenden Wohngebiete in Ergänzung zu den zentralen Versorgungsbereichen erfülle. Der Lebensmitteldiscounter an der C.---------straße sei nicht als Nahversorgungsstandort zu bewerten, da eine Nahversorgungsfunktion aufgrund der nicht integrierten Lage im Gewerbegebiet und der Entfernung zur nächst gelegenen Wohnbevölkerung nicht gegeben sei. Das Einzelhandelskonzept definiere den Standort daher als „sonstigen Grundversorgungsstandort“ in nicht integrierter Lage. Da solche Standorte keinen Beitrag zur fußläufigen Nahversorgung leisteten, stellten sie kein bauleitplanerisches Schutzgut dar. Eine wesentliche Attraktivitätssteigerung und Erweiterung dieser Standorte führe zu einer Schwächung der Nahversorgungs- und Zentrenstruktur in H. und sei daher mit den Zielen der Einzelhandelsentwicklung nicht vereinbar. Umstrukturierungen dieser Standorte seien auf die Möglichkeit im Rahmen des Bestandsschutzes beschränkt. 11Der Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes Nr. 438 wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 12. April 2019 öffentlich bekannt gemacht. 12Am selben Tag stellte das Stadtplanungsamt beim Bauordnungsamt der Beklagten einen Antrag auf Zurückstellung der Bauvoranfrage für den Zeitraum eines Jahres. 13Mit Schreiben vom 24. April 2019 hörte die Beklagte die Klägerin zu dem beabsichtigten Erlass eines Zurückstellungsbescheides an. Nachdem eine Stellungnahme seitens der Klägerin nicht erfolgt war, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 2019, zugestellt am 31. Mai 2019, die Entscheidung über den Bauvorbescheidsantrag der Klägerin gemäß § 15 BauGB bis zum 12. April 2020 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Zur Begründung führte sie aus, es sei zu befürchten, dass durch die Verwirklichung des beabsichtigten Vorhabens die Durchführung der künftigen Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werde. 14Am 28. Februar 2020 stellte das Stadtplanungsamt beim Bauordnungsamt der Beklagten einen Antrag auf Verlängerung der Zurückstellung bis zum 19. Mai 2020, da durch eine solche Verlängerung die zulässige Höchstfrist einer Zurückstellung nach § 15 BauGB ausgeschöpft werde. 15Mit Bescheid vom 10. März 2020 verlängerte die Beklagte aus den vom Stadtplanungsamt genannten Gründen die Frist der Zurückstellung bis zum 19. Mai 2020. 16In seiner Sitzung am 2. April 2020 beschloss der Rat der Beklagten die Satzung über eine Veränderungssperre für das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 438. Der (damalige) Oberbürgermeister der Beklagten unterzeichnete die Prüf- und Übereinstimmungserklärung am 16. April 2020. Die Beklagte machte die Veränderungssperre in ihrem Amtsblatt vom 24. April 2020 öffentlich bekannt. 17Mit Bescheid vom 5. Mai 2020 lehnte die Beklagte - nach vorheriger Anhörung - die Erteilung des beantragten Bauvorbescheides ab. Zur Begründung berief sie sich auf die Veränderungssperre und erklärte, die Verwirklichung des Vorhabens stehe im Widerspruch zu der angestrebten Planung. 18Am 3. Juni 2020 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 19Zur Begründung führt sie aus: Die Veränderungssperre sei unwirksam. Sie sei nicht erforderlich, weil es an einem hinreichenden Plankonzept fehle. Es handele sich um eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpfe, das streitgegenständliche Vorhaben auszuschließen. Zudem diene die Veränderungssperre der Sicherung einer rechtswidrigen Planung. Eine „Wegplanung“ nahversorgungsrelevanten Einzelhandels sei abwägungsfehlerhaft. Es sei nicht erforderlich, weitere Grundstücke in den Geltungsbereich einzubeziehen. Aufgrund vorhandener Bebauung sei eine Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dort nicht möglich. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig, da es sich im unbeplanten Innenbereich befinde und in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Auf etwaige schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche komme es nicht an. Für den Fall, dass ein Anspruch auf Erteilung des beantragten positiven Bauvorbescheides aufgrund der Veränderungssperre abgelehnt werde, sei festzustellen, dass ein dahingehender Anspruch jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten ab dem Eingang der Bauvoranfrage bei der Beklagten bis zur Zustellung des Zurückstellungsbescheides bestanden habe. Eine längere Prüfungsdauer als drei Monate sei nicht angemessen, weil die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens keinerlei Schwierigkeiten bereitet habe. Die Beklagte habe die Bauvoranfrage nicht bereits mit dem Antrag auf Zurückstellung des Stadtplanungsamtes abschließend bearbeitet. Sie habe ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der verspäteten Bescheidung der Beklagten, da diese dadurch ihre Amtspflichten verletzt und sich ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht habe. 20Die Klägerin beantragt, 21die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. Mai 2020 (Az. 00737-19-07) zu verpflichten, ihr den mit Formularantrag beantragten Vorbescheid für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.267 m² auf dem Grundstück C.---------straße … in H. (Gemarkung C2. , G. 104, G1. …) zu erteilen, 22hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte im Zeitraum vom 25. Mai 2019 bis einschließlich 30. Mai 2019 verpflichtet gewesen ist, ihr auf die am 19. Februar 2019 eingegangene Bauvoranfrage den beantragten Vorbescheid für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 1.267 m² Verkaufsfläche auf dem Grundstück C.---------straße … in H. (H1. C2. , G. …, G1. …) zu erteilen. 23Die Beklagte beantragt, 24die Klage abzuweisen. 25Sie macht zur Begründung geltend: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides. Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 438 sowie die Veränderungssperre seien planungsrechtlich erforderlich. Die positive Planungskonzeption bestehe in der Umsetzung des Einzelhandelskonzeptes zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche. Die Veränderungssperre sei für den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplanes erforderlich, weil das Einzelhandelskonzept für diesen Bereich die Ansiedlung zentrenrelevanten Einzelhandels ausschließe. 26Die Klägerin habe kein rechtlich geschütztes Interesse an der hilfsantraglich begehrten Feststellung. Ein Amtshaftungsprozess sei offensichtlich aussichtslos. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass ihr ein Schaden durch eine verzögerte Bescheidung ihrer Bauvoranfrage entstanden sei. Ferner sei nicht ersichtlich, dass eine verzögerte Bescheidung einen Schaden kausal verursacht haben könnte, da die Bauvoranfrage auf die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art der baulichen Nutzung beschränkt gewesen sei. Jedenfalls habe seit dem Antrag des Stadtplanungsamtes auf Zurückstellung der Entscheidung über die Bauvoranfrage ein Anspruch nicht mehr bestanden. 27Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die Klage hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. 30I. 31Der Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. 32Der Ablehnungsbescheid vom 5. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides. 33Der Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides besteht gemäß § 77 Abs. 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018), wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Die eingereichte Bauvoranfrage der Klägerin ist unter Ausklammerung des Gebotes der Rücksichtnahme ausschließlich auf die Klärung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Art des Vorhabens nach gerichtet. Der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens steht die Veränderungssperre der Beklagten entgegen. 34Gemäß § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt erlassen, dass Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB nicht durchgeführt und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen. Die Veränderungssperre ist gemäß § 16 BauGB als Satzung zu beschließen und ortsüblich bekannt zu machen. 35Die vorliegend maßgebliche Veränderungssperre für das „Gewerbegebiet südlich C.---------straße “ für einen Bereich zwischen der C.---------straße , L.---straße , I.------straße und der Bahnlinie E. – I1. ist in formeller Hinsicht rechtmäßig. Sie wurde am 2. April 2020 vom Rat der Beklagten als Satzung beschlossen und nach Ausfertigung und Übereinstimmungsprüfung auf Anordnung des (damaligen) Oberbürgermeisters gemäß § 7 Abs. 4 und 5 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) sowie den Bestimmungen der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (BekanntmVO) im Amtsblatt der Beklagten vom 24. April 2020 ordnungsgemäß bekannt gemacht. 36Auch in materieller Hinsicht ist die Veränderungssperre nicht zu beanstanden. Ihr liegt ein wirksamer Aufstellungsbeschluss zugrunde und die übrigen Voraussetzungen einer Veränderungssperre sind gegeben. 37Der Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 438 der Beklagten wurde am 28. März 2019 durch den Rat der Beklagten beschlossen und auch die gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB für das Wirksamwerden des Beschlusses erforderliche ortsübliche Bekanntmachung ist in ordnungsgemäßer Weise im Amtsblatt am 12. April 2019 erfolgt. 38Die Veränderungssperre wurde des Weiteren ausdrücklich zum Zweck der Sicherung der Planung erlassen, die festgelegte Geltungsdauer von zunächst zwei Jahren entspricht der in § 17 Abs. 1 S. 1 BauGB enthaltenen Maximalfrist und das von ihr erfasste Gebiet stimmt mit dem im Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans vom 28. März 2019 bezeichneten Gebiet überein. 39Die Veränderungssperre ist auch zur Sicherung der Planung erforderlich. Eine Veränderungssperre darf nur verhängt werden, wenn die Planung einen Stand erreicht hat, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Nur dann kann die Veränderungssperre ihren Sinn erfüllen, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Entwicklung zu ermöglichen. Unzulässig ist eine Veränderungssperre hingegen, wenn zur Zeit ihres Erlasses der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist. Demgemäß muss im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre über den bloßen Aufstellungsbeschluss hinaus eine hinreichende Konkretisierung der Planungsabsichten vorliegen. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht grundsätzlich nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt. Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört auch zur Konzeption des § 14 BauGB. Nach seinem Absatz 2 Satz 1 kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind. 40BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16/03 –, juris Rn. 28. 41Grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend ist nach alledem, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 2a BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat. 42BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 – 4 C 5.15 –, juris Rn. 19; OVG NRW, Urteil vom 22. November 2021 – 10 D 56/20.NE –, juris Rn. 23, und Beschluss vom 17. Januar 2022 – 7 B 1125/21.NE –, juris Rn. 12. 43Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an eine Konkretisierung der Planung danach variieren, welche Art von Festsetzungen durch den Plan beabsichtigt wird. 44Die hier dem Planaufstellungsbeschluss zu Grunde liegenden Vorstellungen der Beklagten genügen den an eine positive Plankonzeption zu stellenden Anforderungen. Der Plangeber beabsichtigt die Aufstellung eines Bebauungsplans auf der Grundlage des § 9 Abs. 2a BauGB. § 9 Abs. 2a BauGB gestattet es, zum Schutz außerhalb des Plangebiets liegender Versorgungsbereiche durch Aufstellung eines Bebauungsplans in dessen Plangebiet lediglich bestimmte Nutzungsarten zuzulassen oder auszuschließen, ohne im Übrigen eine Bestimmung über die sonst möglichen Nutzungsarten zu treffen. Deren Zulässigkeit richtet sich auch weiterhin nach § 34 Abs. 1, 2 BauGB. Damit müssen auch an das Mindestmaß der Planung, das im Rahmen einer Veränderungssperre gesichert werden soll, andere Maßstäbe angelegt werden. Die Beantwortung der Frage nach dem erforderlichen Mindestmaß muss sich an den inhaltlichen Anforderungen des § 9 Abs. 2a BauGB orientieren. Demgemäß weisen die Vorstellungen, die eine Gemeinde sich hinsichtlich eines Plans nach § 9 Abs. 2a BauGB macht, der lediglich negative Festsetzungen enthält, naturgemäß eine geringere Dichte auf als bei anderen Bebauungsplänen. 45Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2012 - 2 B 202/12 – und vom 28. August 2007 – 10 B 1614/07,jeweils juris. 46Jedoch ist auch in diesem Fall eine positive Plankonzeption zu verlangen, um eine Veränderungssperre vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu rechtfertigen. 47Vgl. zu den Anforderungen an positive Planungsziele bei einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB OVG NRW, Urteil vom 16. April 2021 – 2 D 106/20.NE –; Beschlüsse vom 19. März 2020 – 10 A 2105/19 –, vom 29. August 2013 – 2 B 875/13 –, vom 31. März 2008 – 10 B 286/08 –, vom 11. Februar 2008 – 10 B 1614/07 –; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom vom 27. Januar 2010 – 1 A 10779/09 –; VG H. , Beschlüsse vom 1. März 2011 – 9 L 1229/10 – und vom 28. August 2007 – 6 L 272/07 –, jeweils juris. 48Diesen Anforderungen werden die planerischen Vorstellungen zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 438 gerecht. Ziel der mit dem Aufstellungsbeschluss angestoßenen Planung ist es, auf Grundlage des vom Rat beschlossenen fortgeschriebenen Einzelhandelskonzepts der Beklagten von September 2015 den Einzelhandel in die zentralen Versorgungsbereiche zu lenken, um diese zu erhalten und zu entwickeln. Dies könne – so die Beschlussvorlage zur Veränderungssperre – nur erreicht werden, wenn Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten an nicht integrierten Standorten außerhalb der Zentralen Versorgungsbereiche unterbunden würden. Dem Einzelhandelskonzept ist zu entnehmen, dass die wohnungsnahe Versorgung in dem fraglichen Gebiet von einem solitären Nahversorgungsstandort erbracht wird, der sich in einer städtebaulich integrierten Lage befindet. Zum Schutz der vorhandenen Versorgungsstrukturen sieht das Einzelhandelskonzept im Übrigen insgesamt vor, gerade den großflächigen zentren- und nahversorgungsrelevanten Einzelhandel auf bestimmte Standorte zu beschränken. Die Zulassung eines großflächigen Lebensmittelmarktes im Planbereich, der in dem fortgeschriebenen Einzelhandelskonzept als nicht integrierter Standort identifiziert wird, könnte diesen Entwicklungen entgegen wirken. Damit ist ein positives Planungsziel genannt, das grundsätzlich den Anforderungen des § 9 Abs. 2a BauGB genügt und sich nicht in der Verhinderung gerade des klägerischen Vorhabens erschöpft. 49Ob der geplante Ausschluss bestimmter Nutzungen im Bebauungsplanverfahren zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche an anderen Stellen des Gemeindegebiets zulässig sein wird, muss sich im Verlauf des Planaufstellungsverfahrens erst noch erweisen. Für die Einschätzung der Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre muss dies noch nicht geklärt sein. Eine quasi vorweggenommene Normenkontrolle des künftigen Bebauungsplans ist nicht gefordert. 50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 - 2 B 202/12 -, juris. 51Die Auffassung der Klägerin, es sei zur Sicherung der Planung unverhältnismäßig gewesen, den Geltungsbereich der Veränderungssperre auf den gesamten Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans zu erstecken, vermag nicht zu überzeugen. Die Beklagte hat insofern zutreffend dargelegt, dass es im gesamten künftigen Planbereich Grundstücke gebe, die einen Einzelhandelsbetrieb durch Nutzungsänderung ermöglichten oder die es ermöglichten, so wie die Klägerin es beabsichtige, ein Bestandgebäude zu Gunsten eines neuen Einzelhandelsbetriebes zu beseitigen. 52Die Veränderungssperre besteht zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung grundsätzlich noch fort. Sie tritt nach ihrem § 6 nach Ablauf von zwei Jahren, also im April 2022, außer Kraft, wenn bis dahin die Bauleitplanung noch nicht rechtsverbindlich abgeschlossen ist. Auf die Zweijahresfrist ist allerdings nach § 17 Abs. 1 S. 2 BauGB der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 BauGB abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Diese Vorschrift ist nach allgemeiner Ansicht auch auf die Zurückstellung von Bauvoranfragen anwendbar. Da der Klägerin bereits am 31. Mai 2019 ein Zurückstellungsbescheid zugestellt worden ist, könnte die Geltungsdauer der Veränderungssperre ihrem Grundstück gegenüber bereits abgelaufen sein. Ziel der Anrechnungsbestimmung ist indes, dem einzelnen Grundstückseigentümer in der Summe kein länger anhaltendes Bauverbot zuzumuten, als nach Art. 14 des Grundgesetzes vertretbar. Der aus der Zurückstellung und der Veränderungssperre insgesamt resultierende Stillstand soll nicht über das vom Gesetzgeber für zumutbar gehaltene Maß hinaus ausgedehnt werden. Daraus folgt, dass eine Veränderungssperre nur gegenüber demjenigen keine Wirkung entfaltet, den sie bei Berücksichtigung der nach § 17 Abs. 1 S. 2 BauGB anzurechnenden Zeit mit einer zeitlich zu lang ausgedehnten Sperre belegen würde, während ihre Geltung für andere davon unberührt bleibt. Bei der Beantwortung der Frage, ob das im Einzelfall zutrifft, müssen die Regelungen in § 17 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 BauGB – ebenfalls individuell – zugunsten der Gemeinde in Rechnung gestellt werden. Ist eine für zwei Jahre verhängte Veränderungssperre gegenüber einem bestimmten Betroffenen infolge der von § 17 Abs. 1 S. 2 BauGB vorgeschriebenen Anrechnung nicht wirksam, so kann sich dieser dennoch nicht darauf berufen, wenn im Hinblick auf sein Grundstück die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Sperre nach § 17 Abs. 1 S. 3 BauGB verlängert werden dürfte. 53So (ohne zwischen „echter“ und „faktischer“ Zurückstellung zu differenzieren) BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 – 4 C 39.74 –, NJW 1977, 400; VGH B.-W., Urteil vom 6. Juli 1989 – 10 S 2687/88 –, NVwZ-RR 1990; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Lfg. 133 Mai 2019; § 17 Rn. 14; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 17 Rn. 3, und Schiller, in: Gelzer/ Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2542; für die faktische Zurückstellung auch BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1990 – 4 B 156/89 –, NVwZ 1991, 62; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 1997 – 7 A 3458/93 –, juris; VGH B.-W., Urteil vom 10. Dezember 1993 – 8 S 994/92 –, UPR 1994, 455, und vom 28. Oktober 1999 – 5 S 439/98 –, juris; anderer Ansicht Sennekamp, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, Lfg. 82 Mai 2012, § 17 Rn. 34 ff., und Schenke, WiVerw 1994, 253 (287, 303 ff.). 54Da an dem Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verlängerung um ein weiteres Jahr nach § 17 Abs. 1 S. 3 BauGB nicht zu zweifeln ist – insbesondere sind die Planungsabsicht und das Sicherungsbedürfnis nach wie vor gegeben –, kann die Klägerin sich trotz der anrechenbaren Zurückstellungszeit noch nicht auf einen Ablauf der Veränderungssperre berufen. 55Die somit wirksame und auch in Bezug auf das Grundstück der Klägerin geltende Veränderungssperre steht dem in der Bauvoranfrage beschriebenen Vorhaben entgegen. Denn ein SB-Lebensmittelmarkt mit 1.267 qm Verkaufsfläche wäre nach der bisherigen Planung der Beklagten, die Nichtzulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten im Plangebiet festzusetzen, unzulässig. 56Das Bauvorhaben kann auch nicht im Wege der Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 BauGB zugelassen werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausnahme liegen nicht vor. Ein Vorhaben, das mit dem Sicherungszweck der Veränderungssperre nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder diese erschwert, darf nämlich auch im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden; andernfalls könnte die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen. 57BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1989 - 4 B 236/88 -, BauR 1989, 432 f. 58II. 59Auch mit dem Hilfsantrag hat die Klage keinen Erfolg. 60Die Kammer unterstellt zugunsten der Klägerin, dass auch dieser Antrag zulässig ist. 61Seine Zulässigkeit ergibt sich allerdings nicht (unmittelbar) aus § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO. Denn die hier geregelte Fortsetzungsfeststellungklage ist zwar auch auf Verpflichtungsklagen, bei denen sich der geltend gemachte Anspruch erledigt hat, (analog) anwendbar. Mit der Fortsetzungsfeststellungsklage kann aber stets nur die Rechtslage im Zeitpunkt unmittelbar vor dem erledigenden Ereignis festgestellt werden. Soll – über den Streitgegenstand der bisherigen, erledigten Klage hinausgehend – die Rechtslage in einem früheren Zeitpunkt oder Zeitraum zum Gegenstand eines Feststellungsantrags gemacht werden, so kann dies nur im Wege der (allgemeinen) Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO geschehen. 62Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Januar 1992 – 7 C 24.91 –, BVerwGE 89, 354 (355 ff.), vom 28. April 1999 – 4 C 4.98 –, BVerwGE 109, 74 (78 ff.), vom 19. September 2002 – 4 C 13.01 –, BVerwGE 117, 50 (51) und vom 4. Dezember 2014 – 4 C 33.13 –, BVerwGE 151, 36 (38 f.); OVG NRW, Urteile vom 3. Mai 2010 – 7 A 2115/08 –, juris (Rn. 40 ff.), und vom 22. Februar 2017 – 7 A 1397/15 –, juris (Rn. 123). 63Steht der entsprechende (allgemeine) Feststellungsantrag in einem sachlichen Zusammenhang mit einem erledigten Verpflichtungsbegehren, kann dem Kläger allerdings zugutekommen, dass § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO kraft gesetzgeberischer Wertung im Vergleich zur isolierten Anwendung des § 43 Abs. 1 VwGO geringere Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis stellt. Auch die allgemeine Feststellungklage kann in einer solchen Konstellation aus prozessökonomischen Gründen an den Rechtsgedanken des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO anknüpfen. 64So BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 – 4 C 4.98 –, BVerwGE 109, 74 (80); VGH B.-W., Urteil vom 27. Oktober 2010 – 5 S 875/09 –, juris (Rn. 110 ff.). 65Dem entsprechend werden nach Inkrafttreten einer Veränderungssperre oder eines Bebauungsplans gestellte Anträge auf Feststellung, dass in einem früheren Zeitraum Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheides bestand, in der Rechtsprechung grundsätzlich für zulässig gehalten. 66Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 2004 – 4 B 76.04 –, juris, Urteil vom 20. Mai 2010 – 4 C 7.09 –, BVerwGE 137, 74 (78 f.); BayVGH, Urteil vom 10. März 2004 – 26 BV 02.1127 –, juris (Rn. 36 ff.). 67Im vorliegenden Fall kommt allerdings hinzu, dass nicht nur der Zeitraum, für den eine entsprechende Feststellung begehrt wird, deutlich vor dem Zeitpunkt der durch die Bekanntmachung der Veränderungssperre eingetretenen Erledigung des geltend gemachten (Haupt-) Begehrens liegt, sondern dass dieser Zeitpunkt der Erledigung auch vor dem des Klageeingangs liegt. Es stellt sich die Frage, ob das hinter der Fortsetzungsfeststellungsklage stehende Anliegen, dem Kläger die Früchte des von ihm geführten Verwaltungsrechtsstreits zu erhalten, auch in einer solchen Konstellation trägt und einer (allgemeinen) Feststellungsklage zur Zulässigkeit verhilft. Für den originären Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO entspricht es nämlich allgemeiner Meinung, dass die Absicht, einen Amtshaftungsprozess zu führen, kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen vermag, wenn die Erledigung bereits vor Klageerhebung eingetreten ist, weil in einem solchen Fall keine „Früchte“ des Verwaltungsrechtsstreits zu erhalten sind und die Klage ohne weiteres unmittelbar beim Zivilgericht anhängig gemacht werden kann. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1989 – 8 C 30.87 –, BVerwGE 81, 226 (227 f.). 69Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die vorstehende, zur Anfechtungsklage ergangene Rechtsprechung auf die Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheides nicht übertragbar sei, 70vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 – 4 B 76.04 –, juris (Rn. 2), 71und es finden sich in der Tat Gründe, eine solche Konstellation anders zu beurteilen. Steht nämlich bei Erhebung der Klage als Hauptbegehren die Verpflichtung der Behörde zur Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheides – also der „Primärrechtsschutz“ – im Raum, so stellt sich das gewählte Vorgehen, den Amtshaftungsanspruch zunächst nicht beim Zivilgericht anhängig zu machen, aus Sicht des Klägers als prozessökonomisch sinnvoll dar. Für den Fall, dass er mit dem Hauptbegehren unterliegt, möchte er sich zwar die Möglichkeit eines Schadensersatzprozesses offenhalten; er hat aber (häufig) kein Interesse, beide Prozesse von vornherein parallel zu führen. Hinzu kommt, dass es dem Kläger bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens noch nicht möglich ist, den in Rede stehenden Schaden abschließend zu beziffern. Denn vom Ausgang des Verwaltungsrechtsstreits hängt ab, ob er lediglich Ersatz des Verzögerungsschadens beanspruchen kann (und in welcher Höhe) oder Ersatz für den durch eine endgültige Ablehnung seines Bauwunsches entstehenden Schaden. Würde er von vornherein (auch) das Zivilgericht anrufen, hätte der Kläger nicht nur damit zu rechnen, dass er von diesem Gericht möglicherweise auf den Vorrang des Primärrechtsschutzes verwiesen wird, 72vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 11. März 1993 – 3 C 90.90 –, BVerwGE 92, 172 (174 f.), 73sondern er müsste davon ausgehen, vor dem Zivilgericht zunächst nur eine Schadensersatzforderung dem Grunde nach einklagen zu können und über die konkrete Höhe nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erneut prozessieren zu müssen. Unter diesen Umständen spricht einiges dafür, den Rechtsgedanken des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO zugunsten des Klägers heranzuziehen und einen an die hauptantraglich erhobene Verpflichtungsklage hilfsweise anknüpfenden Feststellungsantrag für zulässig zu halten. Auch der in § 43 Abs. 2 VwGO statuierte Grundsatz der Subsidiarität der allgemeinen Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Klage dann nicht im Wege. 74Vgl. zur diesbezüglichen Einordnung des Problems nur Sodan, in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, § 43 Rn. 96, m.w.N. 75Der Zulässigkeit der Klage lässt sich vorliegend auch nicht entgegenhalten, dass die Klägerin ihre Absicht, einen Schadensersatzprozess zu führen, nicht hinreichend substantiiert hätte. Soll die begehrte Feststellung der Vorbereitung einer zivilrechtlichen Klage auf Schadensersatz oder Entschädigung dienen, so ist das Feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Insoweit bedarf es hinreichender Darlegungen seitens des die Feststellung begehrenden Klägers. Hierzu gehört insbesondere, dass er die Behauptung eines eingetretenen Schadens durch Angaben zur Art des Schadens und zur annähernden Schadenshöhe substantiiert. 76Vgl. etwa OVG NRW, Urteile vom 29. November 2016 – 10 A 55/15 –, juris (Rn. 29) und vom 25. Februar 2019 – 10 A 2557/16 –, juris (Rn. 162) m.w.N. 77Diesen Anforderungen ist die Klägerin durch ihren Schriftsatz vom 13. Januar 2022 und die ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung gerecht geworden. Dass die Schadenshöhe bislang nicht konkret beziffert worden ist, hält die Kammer für unschädlich; für die entsprechenden (aufwendigen) Berechnungen besteht derzeit noch kein Anlass. 78Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich das Feststellungsinteresse auch nicht deshalb negieren, weil die Bauvoranfrage vorliegend einen begrenzten Umfang hatte. Es trifft zu, dass der Klägerin nur dann ein Schaden entstanden sein kann, wenn sie bei Erteilung eines positiven Bauvorbescheides ihr Vorhaben hätte umsetzen können. Richtig ist ferner, dass die Erteilung der Baugenehmigung von weiteren Voraussetzungen – namentlich von der in § 34 Abs. 3 BauGB statuierten – abhängig gewesen wäre. Dass in einem sich anschließenden Zivilrechtsstreit diese weiteren Voraussetzungen von der Klägerin belegt werden müssten, ändert aber nichts daran, dass mit der Feststellung, dass die Beklagte in dem fraglichen Zeitraum einen positiven Bauvorbescheid hätte erteilen müssen, ein wesentlicher Baustein der Schadensersatz- bzw. Entschädigungsforderung rechtskräftig festgestellt würde. 79Der Hilfsantrag ist indes unbegründet. 80Die Klägerin hatte in dem fraglichen Zeitraum (25. bis 30. Mai 2019) keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides. Dessen Erteilung stand nämlich schon das an den Aufstellungsbeschluss des Rates vom 28. März 2019 anknüpfende Schreiben des Referats Stadtplanung der Beklagten an das Referat Bauordnung vom 12. April 2019 entgegen, mit dem die Zurückstellung der Bauvoranfrage der Klägerin beantragt worden war. 81Wird eine Veränderungssperre nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde gemäß § 15 Abs. 1 BauGB auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten auszusetzten, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Die Regelung dient der Sicherung des den Gemeinden zustehenden Rechts auf eine ihren Vorstellungen entsprechende Bauleitplanung und schützt damit die – im Kern verfassungskräftige – gemeindliche Planungshoheit. 82Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 – 4 C 1.14 –, juris (Rn. 11). 83Die Bauaufsichtsbehörde ist, wenn die Voraussetzungen des § 15 BauGB vorliegen, an den Antrag der Gemeinde gebunden. Erteilt sie entgegen einem entsprechenden Antrag die gewünschte Baugenehmigung oder den gewünschten Bauvorbescheid, ist diese Entscheidung rechtswidrig und die Gemeinde kann kraft ihrer Planungshoheit ihre Aufhebung verlangen. 84Vgl. nur HessVGH, Beschluss vom 10. Juli 2009 – 4 B 426/09 –, juris; Hornmann, in: BeckOK BauGB, Stand: August 2021, § 15 Rn. 24; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2021, § 15 Rn. 104. 85Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass es des in § 15 Abs. 1 BauGB als formelle Voraussetzung der Zurückstellung benannten Antrags der Gemeinde nicht bedarf, wenn diese – wie hier – selbst Baugenehmigungsbehörde ist. 86Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2006 – 8 B 1920/05 –, NVwZ-RR 2006, 597 (598); NdsOVG, Beschluss vom 28. März 2017 – 1 ME 7/17 –, juris; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 15 Rn. 9; Széchényi, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 15 Rn. 12. 87Auch in diesem Falle besteht allerdings ein Bedürfnis nach der mit dem Antragsrecht der Gemeinde erstrebten Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, die Planungshoheit müsse bei Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde durch sinnfällige gemeindeinterne Regelungen gewahrt werden, etwa in Form eines „Quasi-Antragsrechts“, welches das Planungsamt der Gemeinde wahrnehme und an dessen Ausübung die Bauaufsichtsbehörde ebenso gebunden sei, als sei sie keine Behörde der betreffenden Gemeinde. 88So Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2021, § 15 Rn. 36, und offenbar auch Sennekamp, in: Brügelmann, BauGB, Kommentar, Stand: Juli 2021, § 15 Rn. 33. 89Dem schließt die Kammer sich an. Denn eine solche Verfahrensweise entspricht Sinn und Zweck des § 15 BauGB und ist geeignet, den verfassungskräftigen Rechten der Gemeinde zur Durchsetzung zu verhelfen. Zu bedenken ist nämlich, dass die Gemeinde als Bauaufsichtsbehörde untere staatliche Verwaltungsbehörde ist (§ 57 Abs. 1 BauO NRW 2018). Als solche erfüllt sie eine „Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung“ (§ 58 Abs. 1 BauO NRW 2018 i.V.m. § 12 Ordnungsbehördengesetz NRW) und ist der Sonderaufsicht der übergeordneten Behörden unterworfen, die durch allgemeine und besondere Weisungen Einfluss auf die Verwaltungstätigkeit nehmen können (§ 9 Ordnungsbehördengesetz NRW). 90Vgl. z.B. OVG NRW, Urteil vom 14. Januar 1992 – 10 A 111/88 –, juris (Rn. 33); VG Köln, Urteil vom 8. September 2021 – 23 K 7046/18 –, juris (Rn. 57 ff.). 91Gegenüber dieser Funktion als unterer staatlicher Verwaltungsbehörde ist die Stellung der Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit, die gemäß § 2 Abs. 1 BauGB in eigener Verantwortung über die Bauleitplanung zu entscheiden hat, notwendigerweise verselbständigt. Die Annahme eines „Quasi-Antragsrechts“ in dem dargelegten Sinne und einer entsprechenden Bindungswirkung zugunsten der planenden Gemeinde trägt dieser Unterscheidung Rechnung und schafft die Möglichkeit, die Verantwortungssphären sauber gegeneinander abzugrenzen. Begehrt die Gemeinde als Trägerin der Bauleitplanung die Zurückstellung eines Bauantrages oder einer Bauvoranfrage, darf die (mit ihr formal identische) untere Bauaufsichtsbehörde dieses Begehren nicht ignorieren und auch eine Weisung, die Baugenehmigung oder den Vorbescheid trotz des entgegenstehenden Willens der Gemeinde zu erteilen, darf nicht ergehen. Allenfalls können die übergeordneten Behörden kommunalaufsichtliche Maßnahmen ergreifen, um die Bindung der Bauaufsichtsbehörde an den „Quasi-Antrag“ der Gemeinde entfallen zu lassen, wenn sie diesen für rechtswidrig halten. 92So ausdrücklich Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2021, § 15 Rn. 41d. 93Der Annahme einer Bindungswirkung „innerhalb der Gemeinde“ lässt sich auch nicht entgegen halten, dass der Bürger nach einem entsprechenden „Quasi-Antrag“ einer schlichten Untätigkeit der Bauaufsichtsbehörde schutzlos ausgeliefert ist. Denn wenn diese Behörde nicht zeitnah einen Zurückstellungsbescheid erlässt, ist – abgesehen von der Möglichkeit der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO – die Zeit, die nach Ablauf einer angemessenen Frist ab Entscheidungsreife vergeht, als „faktische Zurückstellung“ auf die maximale Dauer einer Zurückstellung (und einer sich anschließenden Veränderungssperre) anzurechnen. 94Vgl. nur NdsOVG, Beschluss vom 28. März 2017 – 1 ME 7/17 –, juris (Rn. 42). 95Vorliegend hat der Rat der Beklagten – wie oben bereits aufgezeigt – bereits am 28. März 2019 die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans beschlossen; der Aufstellungsbeschluss ist am 12. April 2019 ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Mit der Beschlussfassung hat der Rat der Beklagten sich erkennbar auch den Vorschlag der Verwaltung zu eigen gemacht, die streitgegenständliche Bauvoranfrage zurückzustellen. Denn in der einschlägigen Ratsvorlage heißt es (auf Seite 4), um auf die eingegangene Bauvoranfrage das Instrument der Zurückstellung anwenden zu können, sei ein Aufstellungsbeschluss dringend erforderlich. Das Schreiben des Fachbereichs Stadtplanung an das Bauaufsichtsamt vom 12. April 2019, mit dem die Zurückstellung für den Zeitraum eines Jahres beantragt wird, setzt somit einen entsprechenden Willen des Rates um. Darin ist ein „Quasi-Antrag“ in dem oben genannten Sinne zu sehen, an den die Bauaufsichtsbehörde gebunden war. Ein positiver Bauvorbescheid durfte daher im fraglichen Zeitraum nicht erteilt werden. 96Nach alledem braucht die Kammer nicht zu entscheiden, ob die Behörde sich in dem betreffenden Zeitraum bereits eine unangemessene Verzögerung der Bearbeitung der Voranfrage vorwerfen lassen muss und ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Vorbescheides vorlagen. 97III. 98Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 99Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 100Rechtsmittelbelehrung: 101Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1021. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1032. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1043. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1054. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1065. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 107Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 108Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 109Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2mit der vorliegenden klage begehrt die klägerin die erteilung eines bauplanungsrechtlichen vorbescheids für die errichtung eines lebensmittelmarktes mit einer verkaufsfläche von 1.267 m² auf dem grundstück c.---------straße … in h. (gem. c2. , g. …, g1. … und g. …, g1. …). auf dem vorhabengrünstück steht derzeit bereits ein lebensmittelmarkt mit einer verkaufsfläche von 699,67 m² auf. 3in der näheren umgebung befinden sich zahlreiche weitere gewerbebetriebe unterschiedlicher branchen. auf dem grundstück c.---------straße ... wird ein „gartenbaucenter“ auf grundlage einer 1969 erteilten baugenehmigung für eine ausstellungshalle nebst werkstatt und büro mit einer nutzfläche von ca. 2.300 m² bzw. 500 m² sowie für eine düngemittelhalle mit einem freilager betrieben. 4weitere einzelheiten der näheren umgebungsbebauung sind dem nachfolgenden kartenausschnitt zu entnehmen: 5an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 6am 19. februar 2019 beantragte die klägerin die erteilung eines bauvorbescheides für die errichtung eines lebensmittelmarktes auf dem oben beschriebenen grundstück. die genaue fragestellung lautete: 7„ist ein lebensmittelmarkt mit einer verkaufsfläche von 1.267 m2 nach der art der baulichen nutzung unter ausklammerung des gebotes der rücksichtnahme bauplanungsrechtlich zulässig?“ 8am 25. februar 2019 reichte die klägerin eine flurkarte nach. 9am 28. märz 2019 beschloss der rat der beklagten die aufstellung des bebauungsplans nr. 438 „gewerbegebiet südlich c.---------straße “ für einen bereich zwischen der c.---------straße , l.---straße , i.------straße und der bahnlinie e. - i1. . dieser bereich umfasst neben dem vorhabengrundstück im wesentlichen weitere gewerblich genutzte grundstücke und vereinzelt betriebsleiterwohnungen. 10in der zugrunde liegenden beschlussvorlage vom 13. märz 2019 wird ausgeführt, der im plangebiet bereits vorhandene lebensmitteldiscounter sei zu einem zeitpunkt genehmigt worden, zu dem es das gesamtstädtische einzelhandelskonzept noch nicht gegeben habe. ziel des bebauungsplanes sei es, auf der grundlage des gesamtstädtischen einzelhandelskonzeptes den einzelhandel in die zentralen versorgungsbereiche zu lenken, um diese zu erhalten und zu entwickeln. dies könne nur erreicht werden, wenn einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten kernsortimenten an nicht integrierten standorten außerhalb der zentralen versorgungsbereiche unterbunden würden. hierzu sollten im geltungsbereich des aufstellungsbeschlusses regelungen zur zulässigkeit bzw. nichtzulässigkeit bestimmter arten von nutzungen gem. § 9 abs. 2a baugesetzbuch (baugb) getroffen werden. das vom rat der stadt beschlossene einzelhandelskonzept verfolge als zentrales ziel die sicherung einer möglichst flächendeckenden wohnortnahen grundversorgung im stadtgebiet durch funktionsfähige nahversorgungsstandorte. die aktuelle fortschreibung des einzelhandelskonzeptes sehe vor, dass die ansiedlung von handel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten kernsortimenten in gewerbegebieten und städtebaulich nicht integrierten bereichen auszuschließen sei. bei dem standort südlich der c.---------straße handle es sich um eine gewerbefläche, die sich in einer westlichen randlage des stadtteils c3. befinde und als städtebaulich nicht integriert einzustufen sei. das einzelhandelskonzept weise für den stadtteil c3. keinen zentralen versorgungsbereich mehr aus. die nächst gelegenen zentralen versorgungsbereiche, die auch im rechtlichen sinne als städtebauliches schutzgut zu werten und daher mit den mitteln der bauleitplanung zu sichern seien, befänden sich in i2. (nebenzentrum f. straße) sowie das hauptgeschäftszentrum in c2. . der stadtteil c3. werde im wesentlichen durch einen strukturprägenden lebensmitteldiscounter an der i3. straße nahversorgt. diesen standort definiere das einzelhandelskonzept als integriert, da er eine wichtige versorgungsfunktion für die umliegenden wohngebiete in ergänzung zu den zentralen versorgungsbereichen erfülle. der lebensmitteldiscounter an der c.---------straße sei nicht als nahversorgungsstandort zu bewerten, da eine nahversorgungsfunktion aufgrund der nicht integrierten lage im gewerbegebiet und der entfernung zur nächst gelegenen wohnbevölkerung nicht gegeben sei. das einzelhandelskonzept definiere den standort daher als „sonstigen grundversorgungsstandort“ in nicht integrierter lage. da solche standorte keinen beitrag zur fußläufigen nahversorgung leisteten, stellten sie kein bauleitplanerisches schutzgut dar. eine wesentliche attraktivitätssteigerung und erweiterung dieser standorte führe zu einer schwächung der nahversorgungs- und zentrenstruktur in h. und sei daher mit den zielen der einzelhandelsentwicklung nicht vereinbar. umstrukturierungen dieser standorte seien auf die möglichkeit im rahmen des bestandsschutzes beschränkt. 11der aufstellungsbeschluss des bebauungsplanes nr. 438 wurde im amtsblatt der beklagten vom 12. april 2019 öffentlich bekannt gemacht. 12am selben tag stellte das stadtplanungsamt beim bauordnungsamt der beklagten einen antrag auf zurückstellung der bauvoranfrage für den zeitraum eines jahres. 13mit schreiben vom 24. april 2019 hörte die beklagte die klägerin zu dem beabsichtigten erlass eines zurückstellungsbescheides an. nachdem eine stellungnahme seitens der klägerin nicht erfolgt war, stellte die beklagte mit bescheid vom 29. mai 2019, zugestellt am 31. mai 2019, die entscheidung über den bauvorbescheidsantrag der klägerin gemäß § 15 baugb bis zum 12. april 2020 zurück und ordnete die sofortige vollziehung des bescheides an. zur begründung führte sie aus, es sei zu befürchten, dass durch die verwirklichung des beabsichtigten vorhabens die durchführung der künftigen planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werde. 14am 28. februar 2020 stellte das stadtplanungsamt beim bauordnungsamt der beklagten einen antrag auf verlängerung der zurückstellung bis zum 19. mai 2020, da durch eine solche verlängerung die zulässige höchstfrist einer zurückstellung nach § 15 baugb ausgeschöpft werde. 15mit bescheid vom 10. märz 2020 verlängerte die beklagte aus den vom stadtplanungsamt genannten gründen die frist der zurückstellung bis zum 19. mai 2020. 16in seiner sitzung am 2. april 2020 beschloss der rat der beklagten die satzung über eine veränderungssperre für das gebiet des in aufstellung befindlichen bebauungsplans nr. 438. der (damalige) oberbürgermeister der beklagten unterzeichnete die prüf- und übereinstimmungserklärung am 16. april 2020. die beklagte machte die veränderungssperre in ihrem amtsblatt vom 24. april 2020 öffentlich bekannt. 17mit bescheid vom 5. mai 2020 lehnte die beklagte - nach vorheriger anhörung - die erteilung des beantragten bauvorbescheides ab. zur begründung berief sie sich auf die veränderungssperre und erklärte, die verwirklichung des vorhabens stehe im widerspruch zu der angestrebten planung. 18am 3. juni 2020 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben. 19zur begründung führt sie aus: die veränderungssperre sei unwirksam. sie sei nicht erforderlich, weil es an einem hinreichenden plankonzept fehle. es handele sich um eine reine negativplanung, die sich darin erschöpfe, das streitgegenständliche vorhaben auszuschließen. zudem diene die veränderungssperre der sicherung einer rechtswidrigen planung. eine „wegplanung“ nahversorgungsrelevanten einzelhandels sei abwägungsfehlerhaft. es sei nicht erforderlich, weitere grundstücke in den geltungsbereich einzubeziehen. aufgrund vorhandener bebauung sei eine ansiedlung großflächiger einzelhandelsbetriebe dort nicht möglich. das vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig, da es sich im unbeplanten innenbereich befinde und in die eigenart der näheren umgebung einfüge. auf etwaige schädliche auswirkungen auf zentrale versorgungsbereiche komme es nicht an. für den fall, dass ein anspruch auf erteilung des beantragten positiven bauvorbescheides aufgrund der veränderungssperre abgelehnt werde, sei festzustellen, dass ein dahingehender anspruch jedenfalls nach ablauf von drei monaten ab dem eingang der bauvoranfrage bei der beklagten bis zur zustellung des zurückstellungsbescheides bestanden habe. eine längere prüfungsdauer als drei monate sei nicht angemessen, weil die prüfung der bauplanungsrechtlichen zulässigkeit des vorhabens keinerlei schwierigkeiten bereitet habe. die beklagte habe die bauvoranfrage nicht bereits mit dem antrag auf zurückstellung des stadtplanungsamtes abschließend bearbeitet. sie habe ein schutzwürdiges interesse an der feststellung der verspäteten bescheidung der beklagten, da diese dadurch ihre amtspflichten verletzt und sich ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht habe. 20die klägerin beantragt, 21die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 5. mai 2020 (az. 00737-19-07) zu verpflichten, ihr den mit formularantrag beantragten vorbescheid für die errichtung eines lebensmittelmarktes mit einer verkaufsfläche von 1.267 m² auf dem grundstück c.---------straße … in h. (gemarkung c2. , g. 104, g1. …) zu erteilen, 22hilfsweise, festzustellen, dass die beklagte im zeitraum vom 25. mai 2019 bis einschließlich 30. mai 2019 verpflichtet gewesen ist, ihr auf die am 19. februar 2019 eingegangene bauvoranfrage den beantragten vorbescheid für die errichtung eines lebensmittelmarktes mit 1.267 m² verkaufsfläche auf dem grundstück c.---------straße … in h. (h1. c2. , g. …, g1. …) zu erteilen. 23die beklagte beantragt, 24die klage abzuweisen. 25sie macht zur begründung geltend: die klägerin habe keinen anspruch auf erteilung eines positiven bauvorbescheides. der aufstellungsbeschluss für den bebauungsplan nr. 438 sowie die veränderungssperre seien planungsrechtlich erforderlich. die positive planungskonzeption bestehe in der umsetzung des einzelhandelskonzeptes zum schutz zentraler versorgungsbereiche. die veränderungssperre sei für den gesamten geltungsbereich des bebauungsplanes erforderlich, weil das einzelhandelskonzept für diesen bereich die ansiedlung zentrenrelevanten einzelhandels ausschließe. 26die klägerin habe kein rechtlich geschütztes interesse an der hilfsantraglich begehrten feststellung. ein amtshaftungsprozess sei offensichtlich aussichtslos. die klägerin habe nicht dargelegt, dass ihr ein schaden durch eine verzögerte bescheidung ihrer bauvoranfrage entstanden sei. ferner sei nicht ersichtlich, dass eine verzögerte bescheidung einen schaden kausal verursacht haben könnte, da die bauvoranfrage auf die beurteilung der planungsrechtlichen zulässigkeit des vorhabens nach der art der baulichen nutzung beschränkt gewesen sei. jedenfalls habe seit dem antrag des stadtplanungsamtes auf zurückstellung der entscheidung über die bauvoranfrage ein anspruch nicht mehr bestanden. 27wegen der sonstigen einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 28 | 29die klage hat weder mit dem hauptantrag noch mit dem hilfsantrag erfolg. 30i. 31der hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. 32der ablehnungsbescheid vom 5. mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). die klägerin hat keinen anspruch auf erteilung des beantragten bauvorbescheides. 33der anspruch auf erteilung eines positiven bauvorbescheides besteht gemäß § 77 abs. 1 in verbindung mit § 74 abs. 1 bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw 2018), wenn dem vorhaben öffentlich-rechtliche vorschriften nicht entgegenstehen. die eingereichte bauvoranfrage der klägerin ist unter ausklammerung des gebotes der rücksichtnahme ausschließlich auf die klärung der bauplanungsrechtlichen zulässigkeit der art des vorhabens nach gerichtet. der bauplanungsrechtlichen zulässigkeit des bauvorhabens steht die veränderungssperre der beklagten entgegen. 34gemäß § 14 abs. 1 baugb kann die gemeinde, wenn ein beschluss über die aufstellung eines bebauungsplans gefasst ist, zur sicherung der planung für den künftigen planbereich eine veränderungssperre mit dem inhalt erlassen, dass vorhaben im sinne von § 29 baugb nicht durchgeführt und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde veränderungen von grundstücken und baulichen anlagen, deren veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen. die veränderungssperre ist gemäß § 16 baugb als satzung zu beschließen und ortsüblich bekannt zu machen. 35die vorliegend maßgebliche veränderungssperre für das „gewerbegebiet südlich c.---------straße “ für einen bereich zwischen der c.---------straße , l.---straße , i.------straße und der bahnlinie e. – i1. ist in formeller hinsicht rechtmäßig. sie wurde am 2. april 2020 vom rat der beklagten als satzung beschlossen und nach ausfertigung und übereinstimmungsprüfung auf anordnung des (damaligen) oberbürgermeisters gemäß § 7 abs. 4 und 5 gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen (go nrw) sowie den bestimmungen der verordnung über die öffentliche bekanntmachung von kommunalem ortsrecht (bekanntmvo) im amtsblatt der beklagten vom 24. april 2020 ordnungsgemäß bekannt gemacht. 36auch in materieller hinsicht ist die veränderungssperre nicht zu beanstanden. ihr liegt ein wirksamer aufstellungsbeschluss zugrunde und die übrigen voraussetzungen einer veränderungssperre sind gegeben. 37der aufstellungsbeschluss zum bebauungsplan nr. 438 der beklagten wurde am 28. märz 2019 durch den rat der beklagten beschlossen und auch die gemäß § 2 abs. 1 s. 2 baugb für das wirksamwerden des beschlusses erforderliche ortsübliche bekanntmachung ist in ordnungsgemäßer weise im amtsblatt am 12. april 2019 erfolgt. 38die veränderungssperre wurde des weiteren ausdrücklich zum zweck der sicherung der planung erlassen, die festgelegte geltungsdauer von zunächst zwei jahren entspricht der in § 17 abs. 1 s. 1 baugb enthaltenen maximalfrist und das von ihr erfasste gebiet stimmt mit dem im aufstellungsbeschluss des bebauungsplans vom 28. märz 2019 bezeichneten gebiet überein. 39die veränderungssperre ist auch zur sicherung der planung erforderlich. eine veränderungssperre darf nur verhängt werden, wenn die planung einen stand erreicht hat, der ein mindestmaß dessen erkennen lässt, was inhalt des zu erwartenden bebauungsplans sein soll. nur dann kann die veränderungssperre ihren sinn erfüllen, vorhandene planerische ziele zu sichern und deren weitere entwicklung zu ermöglichen. unzulässig ist eine veränderungssperre hingegen, wenn zur zeit ihres erlasses der inhalt der beabsichtigten planung noch in keiner weise abzusehen ist. demgemäß muss im zeitpunkt des erlasses der veränderungssperre über den bloßen aufstellungsbeschluss hinaus eine hinreichende konkretisierung der planungsabsichten vorliegen. wesentlich ist dabei, dass die gemeinde bereits positive vorstellungen über den inhalt des bebauungsplans hat. eine negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne vorhaben auszuschließen, reicht grundsätzlich nicht aus. denn wenn vorstellungen über die angestrebte art der baulichen nutzung der betroffenen grundflächen fehlen, ist der inhalt des zu erwartenden bebauungsplans noch offen. die nachteiligen wirkungen der veränderungssperre wären - auch vor dem hintergrund des art. 14 abs. 1 satz 2 gg - nicht erträglich, wenn sie zur sicherung einer planung dienen sollte, die sich in ihrem inhalt noch in keiner weise absehen lässt. ein mindestmaß an konkreter planerischer vorstellung gehört auch zur konzeption des § 14 baugb. nach seinem absatz 2 satz 1 kann eine ausnahme von der veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche belange nicht entgegenstehen. ob der praktisch wichtigste öffentliche belang, nämlich die vereinbarkeit des vorhabens mit der beabsichtigten planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen vorstellungen der gemeinde nicht noch völlig offen sind. 40bverwg, urteil vom 19. februar 2004 – 4 cn 16/03 –, juris rn. 28. 41grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend ist nach alledem, dass die gemeinde im zeitpunkt des erlasses einer veränderungssperre zumindest vorstellungen über die art der baulichen nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten baugebietstyp, sei es, dass sie nach den vorschriften des § 9 abs. 1 bis 2a baugb festsetzbare nutzungen ins auge gefasst hat. 42bverwg, urteil vom 9. august 2016 – 4 c 5.15 –, juris rn. 19; ovg nrw, urteil vom 22. november 2021 – 10 d 56/20.ne –, juris rn. 23, und beschluss vom 17. januar 2022 – 7 b 1125/21.ne –, juris rn. 12. 43dabei ist zu berücksichtigen, dass die anforderungen an eine konkretisierung der planung danach variieren, welche art von festsetzungen durch den plan beabsichtigt wird. 44die hier dem planaufstellungsbeschluss zu grunde liegenden vorstellungen der beklagten genügen den an eine positive plankonzeption zu stellenden anforderungen. der plangeber beabsichtigt die aufstellung eines bebauungsplans auf der grundlage des § 9 abs. 2a baugb. § 9 abs. 2a baugb gestattet es, zum schutz außerhalb des plangebiets liegender versorgungsbereiche durch aufstellung eines bebauungsplans in dessen plangebiet lediglich bestimmte nutzungsarten zuzulassen oder auszuschließen, ohne im übrigen eine bestimmung über die sonst möglichen nutzungsarten zu treffen. deren zulässigkeit richtet sich auch weiterhin nach § 34 abs. 1, 2 baugb. damit müssen auch an das mindestmaß der planung, das im rahmen einer veränderungssperre gesichert werden soll, andere maßstäbe angelegt werden. die beantwortung der frage nach dem erforderlichen mindestmaß muss sich an den inhaltlichen anforderungen des § 9 abs. 2a baugb orientieren. demgemäß weisen die vorstellungen, die eine gemeinde sich hinsichtlich eines plans nach § 9 abs. 2a baugb macht, der lediglich negative festsetzungen enthält, naturgemäß eine geringere dichte auf als bei anderen bebauungsplänen. 45vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 16. märz 2012 - 2 b 202/12 – und vom 28. august 2007 – 10 b 1614/07,jeweils juris. 46jedoch ist auch in diesem fall eine positive plankonzeption zu verlangen, um eine veränderungssperre vor dem hintergrund des art. 14 abs. 1 satz 2 gg zu rechtfertigen. 47vgl. zu den anforderungen an positive planungsziele bei einem bebauungsplan nach § 9 abs. 2a baugb ovg nrw, urteil vom 16. april 2021 – 2 d 106/20.ne –; beschlüsse vom 19. märz 2020 – 10 a 2105/19 –, vom 29. august 2013 – 2 b 875/13 –, vom 31. märz 2008 – 10 b 286/08 –, vom 11. februar 2008 – 10 b 1614/07 –; ovg rheinland-pfalz, urteil vom vom 27. januar 2010 – 1 a 10779/09 –; vg h. , beschlüsse vom 1. märz 2011 – 9 l 1229/10 – und vom 28. august 2007 – 6 l 272/07 –, jeweils juris. 48diesen anforderungen werden die planerischen vorstellungen zur aufstellung des bebauungsplans nr. 438 gerecht. ziel der mit dem aufstellungsbeschluss angestoßenen planung ist es, auf grundlage des vom rat beschlossenen fortgeschriebenen einzelhandelskonzepts der beklagten von september 2015 den einzelhandel in die zentralen versorgungsbereiche zu lenken, um diese zu erhalten und zu entwickeln. dies könne – so die beschlussvorlage zur veränderungssperre – nur erreicht werden, wenn einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten kernsortimenten an nicht integrierten standorten außerhalb der zentralen versorgungsbereiche unterbunden würden. dem einzelhandelskonzept ist zu entnehmen, dass die wohnungsnahe versorgung in dem fraglichen gebiet von einem solitären nahversorgungsstandort erbracht wird, der sich in einer städtebaulich integrierten lage befindet. zum schutz der vorhandenen versorgungsstrukturen sieht das einzelhandelskonzept im übrigen insgesamt vor, gerade den großflächigen zentren- und nahversorgungsrelevanten einzelhandel auf bestimmte standorte zu beschränken. die zulassung eines großflächigen lebensmittelmarktes im planbereich, der in dem fortgeschriebenen einzelhandelskonzept als nicht integrierter standort identifiziert wird, könnte diesen entwicklungen entgegen wirken. damit ist ein positives planungsziel genannt, das grundsätzlich den anforderungen des § 9 abs. 2a baugb genügt und sich nicht in der verhinderung gerade des klägerischen vorhabens erschöpft. 49ob der geplante ausschluss bestimmter nutzungen im bebauungsplanverfahren zur erhaltung und entwicklung zentraler versorgungsbereiche an anderen stellen des gemeindegebiets zulässig sein wird, muss sich im verlauf des planaufstellungsverfahrens erst noch erweisen. für die einschätzung der rechtmäßigkeit der veränderungssperre muss dies noch nicht geklärt sein. eine quasi vorweggenommene normenkontrolle des künftigen bebauungsplans ist nicht gefordert. 50vgl. ovg nrw, beschluss vom 16. märz 2012 - 2 b 202/12 -, juris. 51die auffassung der klägerin, es sei zur sicherung der planung unverhältnismäßig gewesen, den geltungsbereich der veränderungssperre auf den gesamten geltungsbereich des künftigen bebauungsplans zu erstecken, vermag nicht zu überzeugen. die beklagte hat insofern zutreffend dargelegt, dass es im gesamten künftigen planbereich grundstücke gebe, die einen einzelhandelsbetrieb durch nutzungsänderung ermöglichten oder die es ermöglichten, so wie die klägerin es beabsichtige, ein bestandgebäude zu gunsten eines neuen einzelhandelsbetriebes zu beseitigen. 52die veränderungssperre besteht zum entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung grundsätzlich noch fort. sie tritt nach ihrem § 6 nach ablauf von zwei jahren, also im april 2022, außer kraft, wenn bis dahin die bauleitplanung noch nicht rechtsverbindlich abgeschlossen ist. auf die zweijahresfrist ist allerdings nach § 17 abs. 1 s. 2 baugb der seit der zustellung der ersten zurückstellung eines baugesuchs nach § 15 abs. 1 baugb abgelaufene zeitraum anzurechnen. diese vorschrift ist nach allgemeiner ansicht auch auf die zurückstellung von bauvoranfragen anwendbar. da der klägerin bereits am 31. mai 2019 ein zurückstellungsbescheid zugestellt worden ist, könnte die geltungsdauer der veränderungssperre ihrem grundstück gegenüber bereits abgelaufen sein. ziel der anrechnungsbestimmung ist indes, dem einzelnen grundstückseigentümer in der summe kein länger anhaltendes bauverbot zuzumuten, als nach art. 14 des grundgesetzes vertretbar. der aus der zurückstellung und der veränderungssperre insgesamt resultierende stillstand soll nicht über das vom gesetzgeber für zumutbar gehaltene maß hinaus ausgedehnt werden. daraus folgt, dass eine veränderungssperre nur gegenüber demjenigen keine wirkung entfaltet, den sie bei berücksichtigung der nach § 17 abs. 1 s. 2 baugb anzurechnenden zeit mit einer zeitlich zu lang ausgedehnten sperre belegen würde, während ihre geltung für andere davon unberührt bleibt. bei der beantwortung der frage, ob das im einzelfall zutrifft, müssen die regelungen in § 17 abs. 1 s. 3 und abs. 2 baugb – ebenfalls individuell – zugunsten der gemeinde in rechnung gestellt werden. ist eine für zwei jahre verhängte veränderungssperre gegenüber einem bestimmten betroffenen infolge der von § 17 abs. 1 s. 2 baugb vorgeschriebenen anrechnung nicht wirksam, so kann sich dieser dennoch nicht darauf berufen, wenn im hinblick auf sein grundstück die voraussetzungen vorliegen, unter denen die sperre nach § 17 abs. 1 s. 3 baugb verlängert werden dürfte. 53so (ohne zwischen „echter“ und „faktischer“ zurückstellung zu differenzieren) bverwg, urteil vom 10. september 1976 – 4 c 39.74 –, njw 1977, 400; vgh b.-w., urteil vom 6. juli 1989 – 10 s 2687/88 –, nvwz-rr 1990; stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugesetzbuch, lfg. 133 mai 2019; § 17 rn. 14; rieger, in: schrödter, baugb, 9. aufl. 2019, § 17 rn. 3, und schiller, in: gelzer/ bracher/reidt, bauplanungsrecht, 8. aufl. 2014, rn. 2542; für die faktische zurückstellung auch bverwg, beschluss vom 27. juli 1990 – 4 b 156/89 –, nvwz 1991, 62; ovg nrw, urteil vom 4. juli 1997 – 7 a 3458/93 –, juris; vgh b.-w., urteil vom 10. dezember 1993 – 8 s 994/92 –, upr 1994, 455, und vom 28. oktober 1999 – 5 s 439/98 –, juris; anderer ansicht sennekamp, in: brügelmann, baugesetzbuch, lfg. 82 mai 2012, § 17 rn. 34 ff., und schenke, wiverw 1994, 253 (287, 303 ff.). 54da an dem vorliegen der voraussetzungen für eine verlängerung um ein weiteres jahr nach § 17 abs. 1 s. 3 baugb nicht zu zweifeln ist – insbesondere sind die planungsabsicht und das sicherungsbedürfnis nach wie vor gegeben –, kann die klägerin sich trotz der anrechenbaren zurückstellungszeit noch nicht auf einen ablauf der veränderungssperre berufen. 55die somit wirksame und auch in bezug auf das grundstück der klägerin geltende veränderungssperre steht dem in der bauvoranfrage beschriebenen vorhaben entgegen. denn ein sb-lebensmittelmarkt mit 1.267 qm verkaufsfläche wäre nach der bisherigen planung der beklagten, die nichtzulässigkeit von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten kernsortimenten im plangebiet festzusetzen, unzulässig. 56das bauvorhaben kann auch nicht im wege der ausnahme gemäß § 14 abs. 2 baugb zugelassen werden. die tatbestandlichen voraussetzungen der ausnahme liegen nicht vor. ein vorhaben, das mit dem sicherungszweck der veränderungssperre nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten planung widerspricht oder diese erschwert, darf nämlich auch im wege der ausnahme nicht zugelassen werden; andernfalls könnte die veränderungssperre ihre aufgabe nicht erfüllen. 57bverwg, beschluss vom 9. februar 1989 - 4 b 236/88 -, baur 1989, 432 f. 58ii. 59auch mit dem hilfsantrag hat die klage keinen erfolg. 60die kammer unterstellt zugunsten der klägerin, dass auch dieser antrag zulässig ist. 61seine zulässigkeit ergibt sich allerdings nicht (unmittelbar) aus § 113 abs. 1 s. 4 vwgo. denn die hier geregelte fortsetzungsfeststellungklage ist zwar auch auf verpflichtungsklagen, bei denen sich der geltend gemachte anspruch erledigt hat, (analog) anwendbar. mit der fortsetzungsfeststellungsklage kann aber stets nur die rechtslage im zeitpunkt unmittelbar vor dem erledigenden ereignis festgestellt werden. soll – über den streitgegenstand der bisherigen, erledigten klage hinausgehend – die rechtslage in einem früheren zeitpunkt oder zeitraum zum gegenstand eines feststellungsantrags gemacht werden, so kann dies nur im wege der (allgemeinen) feststellungsklage nach § 43 abs. 1 vwgo geschehen. 62vgl. bverwg, urteile vom 24. januar 1992 – 7 c 24.91 –, bverwge 89, 354 (355 ff.), vom 28. april 1999 – 4 c 4.98 –, bverwge 109, 74 (78 ff.), vom 19. september 2002 – 4 c 13.01 –, bverwge 117, 50 (51) und vom 4. dezember 2014 – 4 c 33.13 –, bverwge 151, 36 (38 f.); ovg nrw, urteile vom 3. mai 2010 – 7 a 2115/08 –, juris (rn. 40 ff.), und vom 22. februar 2017 – 7 a 1397/15 –, juris (rn. 123). 63steht der entsprechende (allgemeine) feststellungsantrag in einem sachlichen zusammenhang mit einem erledigten verpflichtungsbegehren, kann dem kläger allerdings zugutekommen, dass § 113 abs. 1 s. 4 vwgo kraft gesetzgeberischer wertung im vergleich zur isolierten anwendung des § 43 abs. 1 vwgo geringere anforderungen an das rechtsschutzbedürfnis stellt. auch die allgemeine feststellungklage kann in einer solchen konstellation aus prozessökonomischen gründen an den rechtsgedanken des § 113 abs. 1 s. 4 vwgo anknüpfen. 64so bverwg, urteil vom 28. april 1999 – 4 c 4.98 –, bverwge 109, 74 (80); vgh b.-w., urteil vom 27. oktober 2010 – 5 s 875/09 –, juris (rn. 110 ff.). 65dem entsprechend werden nach inkrafttreten einer veränderungssperre oder eines bebauungsplans gestellte anträge auf feststellung, dass in einem früheren zeitraum anspruch auf erteilung einer baugenehmigung oder eines bauvorbescheides bestand, in der rechtsprechung grundsätzlich für zulässig gehalten. 66vgl. nur bverwg, beschluss vom 21. oktober 2004 – 4 b 76.04 –, juris, urteil vom 20. mai 2010 – 4 c 7.09 –, bverwge 137, 74 (78 f.); bayvgh, urteil vom 10. märz 2004 – 26 bv 02.1127 –, juris (rn. 36 ff.). 67im vorliegenden fall kommt allerdings hinzu, dass nicht nur der zeitraum, für den eine entsprechende feststellung begehrt wird, deutlich vor dem zeitpunkt der durch die bekanntmachung der veränderungssperre eingetretenen erledigung des geltend gemachten (haupt-) begehrens liegt, sondern dass dieser zeitpunkt der erledigung auch vor dem des klageeingangs liegt. es stellt sich die frage, ob das hinter der fortsetzungsfeststellungsklage stehende anliegen, dem kläger die früchte des von ihm geführten verwaltungsrechtsstreits zu erhalten, auch in einer solchen konstellation trägt und einer (allgemeinen) feststellungsklage zur zulässigkeit verhilft. für den originären anwendungsbereich des § 113 abs. 1 s. 4 vwgo entspricht es nämlich allgemeiner meinung, dass die absicht, einen amtshaftungsprozess zu führen, kein fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen vermag, wenn die erledigung bereits vor klageerhebung eingetreten ist, weil in einem solchen fall keine „früchte“ des verwaltungsrechtsstreits zu erhalten sind und die klage ohne weiteres unmittelbar beim zivilgericht anhängig gemacht werden kann. 68vgl. bverwg, urteil vom 20. januar 1989 – 8 c 30.87 –, bverwge 81, 226 (227 f.). 69allerdings hat das bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die vorstehende, zur anfechtungsklage ergangene rechtsprechung auf die verpflichtungsklage auf erteilung eines bauvorbescheides nicht übertragbar sei, 70vgl. bverwg, urteil vom 21. oktober 2004 – 4 b 76.04 –, juris (rn. 2), 71und es finden sich in der tat gründe, eine solche konstellation anders zu beurteilen. steht nämlich bei erhebung der klage als hauptbegehren die verpflichtung der behörde zur erteilung einer baugenehmigung oder eines bauvorbescheides – also der „primärrechtsschutz“ – im raum, so stellt sich das gewählte vorgehen, den amtshaftungsanspruch zunächst nicht beim zivilgericht anhängig zu machen, aus sicht des klägers als prozessökonomisch sinnvoll dar. für den fall, dass er mit dem hauptbegehren unterliegt, möchte er sich zwar die möglichkeit eines schadensersatzprozesses offenhalten; er hat aber (häufig) kein interesse, beide prozesse von vornherein parallel zu führen. hinzu kommt, dass es dem kläger bis zum abschluss des verwaltungsgerichtlichen verfahrens noch nicht möglich ist, den in rede stehenden schaden abschließend zu beziffern. denn vom ausgang des verwaltungsrechtsstreits hängt ab, ob er lediglich ersatz des verzögerungsschadens beanspruchen kann (und in welcher höhe) oder ersatz für den durch eine endgültige ablehnung seines bauwunsches entstehenden schaden. würde er von vornherein (auch) das zivilgericht anrufen, hätte der kläger nicht nur damit zu rechnen, dass er von diesem gericht möglicherweise auf den vorrang des primärrechtsschutzes verwiesen wird, 72vgl. dazu etwa bverwg, urteil vom 11. märz 1993 – 3 c 90.90 –, bverwge 92, 172 (174 f.), 73sondern er müsste davon ausgehen, vor dem zivilgericht zunächst nur eine schadensersatzforderung dem grunde nach einklagen zu können und über die konkrete höhe nach abschluss des verwaltungsgerichtlichen verfahrens erneut prozessieren zu müssen. unter diesen umständen spricht einiges dafür, den rechtsgedanken des § 113 abs. 1 s. 4 vwgo zugunsten des klägers heranzuziehen und einen an die hauptantraglich erhobene verpflichtungsklage hilfsweise anknüpfenden feststellungsantrag für zulässig zu halten. auch der in § 43 abs. 2 vwgo statuierte grundsatz der subsidiarität der allgemeinen feststellungsklage gegenüber der leistungsklage steht der zulässigkeit der klage dann nicht im wege. 74vgl. zur diesbezüglichen einordnung des problems nur sodan, in: nk-vwgo, 5. aufl. 2018, § 43 rn. 96, m.w.n. 75der zulässigkeit der klage lässt sich vorliegend auch nicht entgegenhalten, dass die klägerin ihre absicht, einen schadensersatzprozess zu führen, nicht hinreichend substantiiert hätte. soll die begehrte feststellung der vorbereitung einer zivilrechtlichen klage auf schadensersatz oder entschädigung dienen, so ist das feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher prozess bereits anhängig, mit sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte feststellung in diesem verfahren erheblich und die rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist. insoweit bedarf es hinreichender darlegungen seitens des die feststellung begehrenden klägers. hierzu gehört insbesondere, dass er die behauptung eines eingetretenen schadens durch angaben zur art des schadens und zur annähernden schadenshöhe substantiiert. 76vgl. etwa ovg nrw, urteile vom 29. november 2016 – 10 a 55/15 –, juris (rn. 29) und vom 25. februar 2019 – 10 a 2557/16 –, juris (rn. 162) m.w.n. 77diesen anforderungen ist die klägerin durch ihren schriftsatz vom 13. januar 2022 und die ergänzenden ausführungen in der mündlichen verhandlung gerecht geworden. dass die schadenshöhe bislang nicht konkret beziffert worden ist, hält die kammer für unschädlich; für die entsprechenden (aufwendigen) berechnungen besteht derzeit noch kein anlass. 78entgegen der auffassung der beklagten lässt sich das feststellungsinteresse auch nicht deshalb negieren, weil die bauvoranfrage vorliegend einen begrenzten umfang hatte. es trifft zu, dass der klägerin nur dann ein schaden entstanden sein kann, wenn sie bei erteilung eines positiven bauvorbescheides ihr vorhaben hätte umsetzen können. richtig ist ferner, dass die erteilung der baugenehmigung von weiteren voraussetzungen – namentlich von der in § 34 abs. 3 baugb statuierten – abhängig gewesen wäre. dass in einem sich anschließenden zivilrechtsstreit diese weiteren voraussetzungen von der klägerin belegt werden müssten, ändert aber nichts daran, dass mit der feststellung, dass die beklagte in dem fraglichen zeitraum einen positiven bauvorbescheid hätte erteilen müssen, ein wesentlicher baustein der schadensersatz- bzw. entschädigungsforderung rechtskräftig festgestellt würde. 79der hilfsantrag ist indes unbegründet. 80die klägerin hatte in dem fraglichen zeitraum (25. bis 30. mai 2019) keinen anspruch auf erteilung des beantragten bauvorbescheides. dessen erteilung stand nämlich schon das an den aufstellungsbeschluss des rates vom 28. märz 2019 anknüpfende schreiben des referats stadtplanung der beklagten an das referat bauordnung vom 12. april 2019 entgegen, mit dem die zurückstellung der bauvoranfrage der klägerin beantragt worden war. 81wird eine veränderungssperre nicht beschlossen, obwohl die voraussetzungen gegeben sind oder ist eine beschlossene veränderungssperre noch nicht in kraft getreten, hat die baugenehmigungsbehörde gemäß § 15 abs. 1 baugb auf antrag der gemeinde die entscheidung über die zulässigkeit von vorhaben im einzelfall für einen zeitraum von bis zu zwölf monaten auszusetzten, wenn zu befürchten ist, dass die durchführung der planung durch das vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. die regelung dient der sicherung des den gemeinden zustehenden rechts auf eine ihren vorstellungen entsprechende bauleitplanung und schützt damit die – im kern verfassungskräftige – gemeindliche planungshoheit. 82vgl. nur bverwg, urteil vom 26. märz 2015 – 4 c 1.14 –, juris (rn. 11). 83die bauaufsichtsbehörde ist, wenn die voraussetzungen des § 15 baugb vorliegen, an den antrag der gemeinde gebunden. erteilt sie entgegen einem entsprechenden antrag die gewünschte baugenehmigung oder den gewünschten bauvorbescheid, ist diese entscheidung rechtswidrig und die gemeinde kann kraft ihrer planungshoheit ihre aufhebung verlangen. 84vgl. nur hessvgh, beschluss vom 10. juli 2009 – 4 b 426/09 –, juris; hornmann, in: beckok baugb, stand: august 2021, § 15 rn. 24; stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb, kommentar, stand: august 2021, § 15 rn. 104. 85es entspricht allgemeiner ansicht, dass es des in § 15 abs. 1 baugb als formelle voraussetzung der zurückstellung benannten antrags der gemeinde nicht bedarf, wenn diese – wie hier – selbst baugenehmigungsbehörde ist. 86vgl. nur ovg nrw, beschluss vom 17. märz 2006 – 8 b 1920/05 –, nvwz-rr 2006, 597 (598); ndsovg, beschluss vom 28. märz 2017 – 1 me 7/17 –, juris; rieger, in: schrödter, baugb, 9. aufl. 2019, § 15 rn. 9; széchényi, in: jäde/dirnberger, baugb, 9. aufl. 2018, § 15 rn. 12. 87auch in diesem falle besteht allerdings ein bedürfnis nach der mit dem antragsrecht der gemeinde erstrebten sicherung der gemeindlichen planungshoheit. in der literatur wird daher die auffassung vertreten, die planungshoheit müsse bei identität von gemeinde und baugenehmigungsbehörde durch sinnfällige gemeindeinterne regelungen gewahrt werden, etwa in form eines „quasi-antragsrechts“, welches das planungsamt der gemeinde wahrnehme und an dessen ausübung die bauaufsichtsbehörde ebenso gebunden sei, als sei sie keine behörde der betreffenden gemeinde. 88so stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb, kommentar, stand: august 2021, § 15 rn. 36, und offenbar auch sennekamp, in: brügelmann, baugb, kommentar, stand: juli 2021, § 15 rn. 33. 89dem schließt die kammer sich an. denn eine solche verfahrensweise entspricht sinn und zweck des § 15 baugb und ist geeignet, den verfassungskräftigen rechten der gemeinde zur durchsetzung zu verhelfen. zu bedenken ist nämlich, dass die gemeinde als bauaufsichtsbehörde untere staatliche verwaltungsbehörde ist (§ 57 abs. 1 bauo nrw 2018). als solche erfüllt sie eine „pflichtaufgabe zur erfüllung nach weisung“ (§ 58 abs. 1 bauo nrw 2018 i.v.m. § 12 ordnungsbehördengesetz nrw) und ist der sonderaufsicht der übergeordneten behörden unterworfen, die durch allgemeine und besondere weisungen einfluss auf die verwaltungstätigkeit nehmen können (§ 9 ordnungsbehördengesetz nrw). 90vgl. z.b. ovg nrw, urteil vom 14. januar 1992 – 10 a 111/88 –, juris (rn. 33); vg köln, urteil vom 8. september 2021 – 23 k 7046/18 –, juris (rn. 57 ff.). 91gegenüber dieser funktion als unterer staatlicher verwaltungsbehörde ist die stellung der gemeinde als trägerin der planungshoheit, die gemäß § 2 abs. 1 baugb in eigener verantwortung über die bauleitplanung zu entscheiden hat, notwendigerweise verselbständigt. die annahme eines „quasi-antragsrechts“ in dem dargelegten sinne und einer entsprechenden bindungswirkung zugunsten der planenden gemeinde trägt dieser unterscheidung rechnung und schafft die möglichkeit, die verantwortungssphären sauber gegeneinander abzugrenzen. begehrt die gemeinde als trägerin der bauleitplanung die zurückstellung eines bauantrages oder einer bauvoranfrage, darf die (mit ihr formal identische) untere bauaufsichtsbehörde dieses begehren nicht ignorieren und auch eine weisung, die baugenehmigung oder den vorbescheid trotz des entgegenstehenden willens der gemeinde zu erteilen, darf nicht ergehen. allenfalls können die übergeordneten behörden kommunalaufsichtliche maßnahmen ergreifen, um die bindung der bauaufsichtsbehörde an den „quasi-antrag“ der gemeinde entfallen zu lassen, wenn sie diesen für rechtswidrig halten. 92so ausdrücklich stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/ krautzberger, baugb, kommentar, stand: august 2021, § 15 rn. 41d. 93der annahme einer bindungswirkung „innerhalb der gemeinde“ lässt sich auch nicht entgegen halten, dass der bürger nach einem entsprechenden „quasi-antrag“ einer schlichten untätigkeit der bauaufsichtsbehörde schutzlos ausgeliefert ist. denn wenn diese behörde nicht zeitnah einen zurückstellungsbescheid erlässt, ist – abgesehen von der möglichkeit der untätigkeitsklage nach § 75 vwgo – die zeit, die nach ablauf einer angemessenen frist ab entscheidungsreife vergeht, als „faktische zurückstellung“ auf die maximale dauer einer zurückstellung (und einer sich anschließenden veränderungssperre) anzurechnen. 94vgl. nur ndsovg, beschluss vom 28. märz 2017 – 1 me 7/17 –, juris (rn. 42). 95vorliegend hat der rat der beklagten – wie oben bereits aufgezeigt – bereits am 28. märz 2019 die aufstellung eines entsprechenden bebauungsplans beschlossen; der aufstellungsbeschluss ist am 12. april 2019 ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. mit der beschlussfassung hat der rat der beklagten sich erkennbar auch den vorschlag der verwaltung zu eigen gemacht, die streitgegenständliche bauvoranfrage zurückzustellen. denn in der einschlägigen ratsvorlage heißt es (auf seite 4), um auf die eingegangene bauvoranfrage das instrument der zurückstellung anwenden zu können, sei ein aufstellungsbeschluss dringend erforderlich. das schreiben des fachbereichs stadtplanung an das bauaufsichtsamt vom 12. april 2019, mit dem die zurückstellung für den zeitraum eines jahres beantragt wird, setzt somit einen entsprechenden willen des rates um. darin ist ein „quasi-antrag“ in dem oben genannten sinne zu sehen, an den die bauaufsichtsbehörde gebunden war. ein positiver bauvorbescheid durfte daher im fraglichen zeitraum nicht erteilt werden. 96nach alledem braucht die kammer nicht zu entscheiden, ob die behörde sich in dem betreffenden zeitraum bereits eine unangemessene verzögerung der bearbeitung der voranfrage vorwerfen lassen muss und ob die materiell-rechtlichen voraussetzungen für die erteilung des begehrten vorbescheides vorlagen. 97iii. 98die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 99die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 100rechtsmittelbelehrung: 101gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 1021. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1032. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1043. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1054. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1065. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 107die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 108auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 109im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. |
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} | 6 K 1994/20 | 2022-01-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.267 m² auf dem Grundstück Gemarkung C. , Flur , Flurstück (E.-------straße 61) in Gelsenkirchen. Das Grundstück ist mit einem Lebensmittelmarkt mit einer genehmigten Verkaufsfläche von 799 m2 bebaut. Der regionale Flächennutzungsplan stellt eine gewerbliche Baufläche im allgemeinen Siedlungsbereich dar. 3Das Grundstück ist von unterschiedlichen Nutzungen umgeben. Nördlich befindet sich ein Betriebshof der H. . Östlich befinden sich Wohnnutzungen und diverse gewerbliche Nutzungen (etwa ein Farbenfachgeschäft, eine Kerzenmanufaktur und ein Gebrauchtwagenhandel). Auf dem südlichen Nachbargrundstück befindet sich eine Autowerkstatt. Jenseits der südlich gelegenen E.-------straße befinden sich ein Baumarkt („I. N. “; genehmigte Verkaufsfläche 2.333,60 m2) sowie südwestlich Wohnblöcke mit vereinzelten gewerblichen Nutzungen. Westlich des Grundstücks befinden sich eine Reithalle mit Reit- und Longierplätzen sowie ein Sportplatz und ein Lebensmittelmarkt („O. “; genehmigte Verkaufsfläche 612,13 m2). Ferner befinden sich westlich, entlang der X.------straße , Systemgastronomiebetriebe, ein Baustoffhandel sowie eine gemischt genutzte Gewerbeimmobilie, die als Lager, als Groß- und Einzelhandel sowie als Fleischerei genutzt wird. 4Weitere Einzelheiten zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt: 5An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 6Unter dem 13. Februar 2019, bei der Beklagten eingegangen am 19. Februar 2019, beantragte die Klägerin die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem oben beschriebenen Grundstück. Die genaue Fragestellung lautete: 7„Ist ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1.267 m2 nach der Art der baulichen Nutzung unter Ausklammerung des Gebotes der Rücksichtnahme bauplanungsrechtlich zulässig?“ 8Am 25. Februar 2019 reichte die Klägerin eine Flurkarte nach. 9Am 28. März 2019 beschloss der Rat der Beklagten die Aufstellung eines Bebauungsplans Nr. 437 „Gewerbegebiet nördlich E.-------straße “, der auch das Baugrundstück erfassen soll. Das Plangebiet soll im Norden durch die Eisenbahnstrecke von Oberhausen nach Wanne-Eickel, im Osten durch die V. Straße, im Süden durch die E.-------straße und im Westen durch die X.------straße begrenzt sein. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Ziel des Bebauungsplanes sei es, auf der Grundlage des gesamtstädtischen Einzelhandelskonzeptes den Einzelhandel in die zentralen Versorgungsbereiche zu lenken, um diese zu erhalten und zu entwickeln. Dies könne nur erreicht werden, wenn Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten an nicht integrierten Standorten außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche unterbunden würden. Hierzu sollten im Geltungsbereich des Aufstellungsbeschlusses jeweils Regelungen zur Zulässigkeit bzw. Nichtzulässigkeit bestimmter Arten von Nutzungen gem. § 9 Abs. 2a Baugesetzbuch (BauGB) getroffen werden. Das vom Rat der Stadt beschlossene Einzelhandelskonzept verfolge als zentrales Ziel die Sicherung einer möglichst flächendeckenden wohnortnahen Grundversorgung im Stadtgebiet durch funktionsfähige Nahversorgungsstandorte. Die aktuelle Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes sehe vor, dass die Ansiedlung von Handel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten in Gewerbegebieten und städtebaulich nicht integrierten Bereichen auszuschließen sei. Bei dem Standort nördlich der E.-------straße handele es sich um eine Gewerbefläche, die sich in einer nördlichen Randlage des Stadtteils V1. befinde und als städtebaulich nicht integriert einzustufen sei. Das Einzelhandelskonzept weise für den Stadtteil V1. keine Nahversorgungsbereiche aus. Die wohnungsnahe Versorgung werde von solitären integrierten Nahversorgungsstandorten erbracht. Hierzu zählten insbesondere Lebensmittelvollsortimenter und Lebensmitteldiscounter an der V. Straße und der C1. Straße. Diese befänden sich in einer städtebaulich integrierten Lage, seien von Wohnnutzungen umgeben und ermöglichten so eine fußläufige Nahversorgung. Der Vorhabenstandort E.-------straße wird im Einzelhandelskonzept als Grundversorgungsstandort in nicht integrierter Lage definiert. Die Beschlussvorlage erwähnte auch die vorliegende Bauvoranfrage für einen Lebensmittelmarkt. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 12. April 2019 bekannt gemacht. 10Am selben Tag stellte das Stadtplanungsamt beim Bauordnungsamt der Beklagten einen Antrag auf Zurückstellung der Bauvoranfrage für den Zeitraum eines Jahres. 11Mit Schreiben vom 24. April 2019, der Klägerin zugestellt am 26. April 2019, hörte die Beklagte die Klägerin zu dem beabsichtigten Erlass eines Zurückstellungsbescheides an. Nachdem eine Stellungnahme seitens der Klägerin nicht erfolgt war, stellte die Beklagte die Bauvoranfrage mit Bescheid vom 29. Mai 2019, der Klägerin zugestellt am 31. Mai 2019, bis zum 12. April 2020 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, es sei zu befürchten, dass durch die Verwirklichung des beabsichtigten Vorhabens die Durchführung der künftigen Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werde. 12Am 28. Februar 2020 stellte das Stadtplanungsamt beim Bauordnungsamt der Beklagten einen Antrag auf Verlängerung der Zurückstellung bis zum 19. Mai 2020, da durch eine solche Verlängerung die zulässige Höchstfrist einer Zurückstellung nach § 15 BauGB ausgeschöpft werde. 13Mit Bescheid vom 10. März 2020 verlängerte die Beklagte aus den vom Stadtplanungsamt genannten Gründen die Frist der Zurückstellung bis zum 19. Mai 2020. 14In seiner Sitzung am 2. April 2020 beschloss der Rat der Beklagten die Satzung über eine Veränderungssperre für das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 437. Der (damalige) Oberbürgermeister der Beklagten unterzeichnete die Prüf- und Übereinstimmungserklärung am 16. April 2020. Die Beklagte machte die Veränderungssperre in ihrem Amtsblatt vom 24. April 2020 öffentlich bekannt. 15Mit Bescheid vom 6. Mai 2020 lehnte die Beklagte – nach vorheriger Anhörung – die Erteilung des beantragten Bauvorbescheides ab. Zur Begründung führte sie aus, dem Vorhaben stehe die Veränderungssperre entgegen, weil die Verwirklichung des Vorhabens im Widerspruch zu der angestrebten Planung stehe. 16Am 3. Juni 2020 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 17Zur Begründung führt sie aus: Die Veränderungssperre sei unwirksam. Sie sei nicht erforderlich, weil es an einem hinreichenden Plankonzept fehle. Es handele sich um eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpfe, das streitgegenständliche Vorhaben auszuschließen. Zudem diene die Veränderungssperre der Sicherung einer rechtswidrigen Planung. Eine „Wegplanung“ nahversorgungsrelevanten Einzelhandels sei abwägungsfehlerhaft. Es sei nicht erforderlich, weitere Grundstücke in den Geltungsbereich einzubeziehen. Aufgrund vorhandener Bebauung sei eine Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dort nicht möglich. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig, da es sich im unbeplanten Innenbereich befinde und in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Auf etwaige schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche komme es nicht an. Für den Fall, dass ein Anspruch auf Erteilung des beantragten positiven Bauvorbescheides aufgrund der Veränderungssperre abgelehnt werde, sei festzustellen, dass ein dahingehender Anspruch jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten ab dem Eingang der Bauvoranfrage bei der Beklagten bis zur Zustellung des Zurückstellungsbescheides bestanden habe. Eine längere Prüfungsdauer als drei Monate sei nicht angemessen, weil die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens keinerlei Schwierigkeiten bereitet habe. Die Beklagte habe die Bauvoranfrage nicht bereits mit dem Antrag auf Zurückstellung des Stadtplanungsamtes abschließend bearbeitet. Sie habe ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der verspäteten Bescheidung der Beklagten, da diese dadurch ihre Amtspflichten verletzt und sich ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht habe. 18Die Klägerin beantragt, 19die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 6. Mai 2020 (Az. 00738-19-07) zu verpflichten, ihr den mit Formularantrag beantragten Bauvorbescheid für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.267 m² auf dem Grundstück E.-------straße 61 in Gelsenkirchen (Gemarkung C. , Flur , Flurstück ) zu erteilen, 20hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte im Zeitraum vom 25. Mai 2019 bis einschließlich 30. Mai 2019 verpflichtet gewesen ist, ihr auf die am 19. Februar 2019 eingegangene Bauvoranfrage den beantragten Bauvorbescheid für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 1.267 m² Verkaufsfläche auf dem Grundstück E.-------straße 61 in Gelsenkirchen (Gemarkung C. , Flur 2, Flurstück 920) zu erteilen. 21Die Beklagte beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Sie macht zur Begründung geltend: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides. Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 437 sowie die Veränderungssperre seien planungsrechtlich erforderlich. Die positive Planungskonzeption bestehe in der Umsetzung des Einzelhandelskonzeptes zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche. Die Veränderungssperre sei für den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplanes erforderlich, weil das Einzelhandelskonzept für diesen Bereich die Ansiedlung zentrenrelevanten Einzelhandels ausschließe. 24Die Klägerin habe kein rechtlich geschütztes Interesse an der hilfsantraglich begehrten Feststellung. Ein Amtshaftungsprozess sei offensichtlich aussichtslos. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass ihr ein Schaden durch eine verzögerte Bescheidung ihrer Bauvoranfrage entstanden sei. Ferner sei nicht ersichtlich, dass eine verzögerte Bescheidung einen Schaden kausal verursacht haben könnte, da die Bauvoranfrage auf die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nach der Art der baulichen Nutzung beschränkt gewesen sei. Jedenfalls habe seit dem Antrag des Stadtplanungsamtes auf Zurückstellung der Entscheidung über die Bauvoranfrage ein Anspruch nicht mehr bestanden. 25Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 26Entscheidungsgründe: 27Die Klage hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. 28I. 29Der Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. 30Der Ablehnungsbescheid vom 6. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides. 31Der Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides besteht gemäß § 77 Abs. 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018), wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Die eingereichte Bauvoranfrage der Klägerin ist unter Ausklammerung des Gebotes der Rücksichtnahme ausschließlich auf die Klärung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Art des Vorhabens nach gerichtet. Der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens steht die Veränderungssperre der Beklagten entgegen. 32Gemäß § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt erlassen, dass Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB nicht durchgeführt und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen. Die Veränderungssperre ist gemäß § 16 BauGB als Satzung zu beschließen und ortsüblich bekannt zu machen. 33Die vorliegend maßgebliche Veränderungssperre für das „Gewerbegebiet nördlich E.-------straße “ für einen Bereich zwischen der Eisenbahnstrecke von Oberhausen nach Wanne-Eickel, der V. Straße, der E.-------straße und der X.------straße ist in formeller Hinsicht rechtmäßig. Sie wurde am 2. April 2020 vom Rat der Beklagten als Satzung beschlossen und nach Ausfertigung und Übereinstimmungsprüfung auf Anordnung des (damaligen) Oberbürgermeisters gemäß § 7 Abs. 4 und 5 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) sowie den Bestimmungen der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (BekanntmVO NRW) im Amtsblatt der Beklagten vom 24. April 2020 ordnungsgemäß bekannt gemacht. 34Auch in materieller Hinsicht ist die Veränderungssperre nicht zu beanstanden. Ihr liegt ein wirksamer Aufstellungsbeschluss zugrunde. Auch die übrigen Voraussetzungen einer Veränderungssperre liegen vor. 35Der Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 437 der Beklagten wurde am 28. März 2019 durch den Rat der Beklagten beschlossen und auch die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB für das Wirksamwerden des Beschlusses erforderliche ortsübliche Bekanntmachung ist in ordnungsgemäßer Weise im Amtsblatt am 12. April 2019 erfolgt. 36Die Veränderungssperre wurde des Weiteren ausdrücklich zum Zweck der Sicherung der Planung erlassen, die festgelegte Geltungsdauer von zunächst zwei Jahren entspricht der in § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltenen Maximalfrist und das von ihr erfasste Gebiet stimmt mit dem im Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans vom 28. März 2019 bezeichneten Gebiet überein. 37Die Veränderungssperre ist auch zur Sicherung der Planung erforderlich. Eine Veränderungssperre darf nur verhängt werden, wenn die Planung einen Stand erreicht hat, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Nur dann kann die Veränderungssperre ihren Sinn erfüllen, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Entwicklung zu ermöglichen. Unzulässig ist eine Veränderungssperre hingegen, wenn zur Zeit ihres Erlasses der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist. Demgemäß muss im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre über den bloßen Aufstellungsbeschluss hinaus eine hinreichende Konkretisierung der Planungsabsichten vorliegen. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht grundsätzlich nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären – auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG – nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt. Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört auch zur Konzeption des § 14 BauGB. Nach seinem Absatz 2 Satz 1 kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind. 38BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 16/03 –, juris Rn. 28. 39Grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend ist nach alledem, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 2a BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat. 40BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 – 4 C 5.15 –, juris Rn. 19; OVG NRW, Urteil vom 22. November 2021 – 10 D 56/20.NE –, juris Rn. 23, und Beschluss vom 17. Januar 2022 – 7 B 1125/21.NE –, juris Rn. 12. 41Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an eine Konkretisierung der Planung danach variieren, welche Art von Festsetzungen durch den Plan beabsichtigt wird. 42Die hier dem Planaufstellungsbeschluss zu Grunde liegenden Vorstellungen der Beklagten genügen den an eine positive Plankonzeption zu stellenden Anforderungen. Der Plangeber beabsichtigt die Aufstellung eines Bebauungsplans auf der Grundlage des § 9 Abs. 2a BauGB. § 9 Abs. 2a BauGB gestattet es, zum Schutz außerhalb des Plangebiets liegender Versorgungsbereiche durch Aufstellung eines Bebauungsplans in dessen Plangebiet lediglich bestimmte Nutzungsarten zuzulassen oder auszuschließen, ohne im Übrigen eine Bestimmung über die sonst möglichen Nutzungsarten zu treffen. Deren Zulässigkeit richtet sich auch weiterhin nach § 34 Abs. 1, 2 BauGB. Damit müssen auch an das Mindestmaß der Planung, das im Rahmen einer Veränderungssperre gesichert werden soll, andere Maßstäbe angelegt werden. Die Beantwortung der Frage nach dem erforderlichen Mindestmaß muss sich an den inhaltlichen Anforderungen des § 9 Abs. 2a BauGB orientieren. Demgemäß weisen die Vorstellungen, die eine Gemeinde sich hinsichtlich eines Plans nach § 9 Abs. 2a BauGB macht, der lediglich negative Festsetzungen enthält, naturgemäß eine geringere Dichte auf als bei anderen Bebauungsplänen. 43Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 – und vom 28. August 2007 – 10 B 1614/07 –. 44Jedoch ist auch in diesem Fall eine positive Plankonzeption zu verlangen, um eine Veränderungssperre vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu rechtfertigen. 45Vgl. zu den Anforderungen an positive Planungsziele bei einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB OVG NRW, Urteil vom 16. April 2021 – 2 D 106/20.NE –, juris Rn. 43; Beschlüsse vom 19. März 2020 – 10 A 2105/19 –, vom 29. August 2013 – 2 B 875/13 –, vom 31. März 2008 – 10 B 286/08 –, vom 11. Februar 2008 – 10 B 1614/07 –; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom vom 27. Januar 2010 – 1 A 10779/09 –; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 1. März 2011 – 9 L 1229/10 – und vom 28. August 2007 – 6 L 272/07 –, jeweils juris. 46Diesen Anforderungen werden die planerischen Vorstellungen zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 437 gerecht. Ziel der mit dem Aufstellungsbeschluss angestoßenen Planung ist es, auf Grundlage des vom Rat beschlossenen fortgeschriebenen Einzelhandelskonzepts der Beklagten von September 2015 den Einzelhandel in die zentralen Versorgungsbereiche zu lenken, um diese zu erhalten und zu entwickeln. Dies könne – so die Beschlussvorlage zur Veränderungssperre – nur erreicht werden, wenn Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten an nicht integrierten Standorten außerhalb der Zentralen Versorgungsbereiche unterbunden würden. Dem Einzelhandelskonzept ist zu entnehmen, dass die wohnungsnahe Versorgung in dem fraglichen Gebiet von solitären Nahversorgungsstandorten erbracht wird, die sich in einer städtebaulich integrierten Lage befinden. Zum Schutz der vorhandenen Versorgungsstrukturen sieht das Einzelhandelskonzept im Übrigen insgesamt vor, gerade den großflächigen zentren- und nahversorgungsrelevanten Einzelhandel auf bestimmte Standorte zu beschränken. Die Zulassung eines großflächigen Lebensmittelmarktes im Planbereich, der in dem fortgeschriebenen Einzelhandelskonzept als nicht integrierter Standort identifiziert wird, könnte diesen Entwicklungen entgegen wirken. Damit ist ein positives Planungsziel genannt, das grundsätzlich den Anforderungen des § 9 Abs. 2a BauGB genügt und sich nicht in der Verhinderung gerade des klägerischen Vorhabens erschöpft. 47Ob der geplante Ausschluss bestimmter Nutzungen im Bebauungsplanverfahren zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche an anderen Stellen des Gemeindegebietes zulässig sein wird, muss sich im Verlauf des Planaufstellungsverfahrens erst noch erweisen. Für die Einschätzung der Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre muss dies noch nicht geklärt sein. Eine quasi vorweggenommene Normenkontrolle des künftigen Bebauungsplans ist nicht gefordert. 48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2012 – 2 B 202/12 –, juris. 49Die Auffassung der Klägerin, es sei zur Sicherung der Planung unverhältnismäßig gewesen, den Geltungsbereich der Veränderungssperre auf den gesamten Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans zu erstecken, vermag nicht zu überzeugen. Die Beklagte hat insofern zutreffend dargelegt, dass es im gesamten künftigen Planbereich Grundstücke gebe, die einen Einzelhandelsbetrieb durch Nutzungsänderung ermöglichten oder die es ermöglichten, so wie die Klägerin es beabsichtige, ein Bestandgebäude zu Gunsten eines neuen Einzelhandelsbetriebes zu beseitigen. 50Die Veränderungssperre besteht zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung grundsätzlich noch fort. Sie tritt nach ihrem § 6 nach Ablauf von zwei Jahren, also im April 2022, außer Kraft, wenn bis dahin die Bauleitplanung noch nicht rechtsverbindlich abgeschlossen ist. Auf die Zweijahresfrist ist allerdings nach § 17 Abs. 1 S. 2 BauGB der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 BauGB abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Diese Vorschrift ist nach allgemeiner Ansicht auch auf die Zurückstellung von Bauvoranfragen anwendbar. Da der Klägerin bereits am 31. Mai 2019 ein Zurückstellungsbescheid zugestellt worden ist, könnte die Geltungsdauer der Veränderungssperre ihrem Grundstück gegenüber bereits abgelaufen sein. Ziel der Anrechnungsbestimmung ist indes, dem einzelnen Grundstückseigentümer in der Summe kein länger anhaltendes Bauverbot zuzumuten, als nach Art. 14 des Grundgesetzes vertretbar. Der aus der Zurückstellung und der Veränderungssperre insgesamt resultierende Stillstand soll nicht über das vom Gesetzgeber für zumutbar gehaltene Maß hinaus ausgedehnt werden. Daraus folgt, dass eine Veränderungssperre nur gegenüber demjenigen keine Wirkung entfaltet, den sie bei Berücksichtigung der nach § 17 Abs. 1 S. 2 BauGB anzurechnenden Zeit mit einer zeitlich zu lang ausgedehnten Sperre belegen würde, während ihre Geltung für andere davon unberührt bleibt. Bei der Beantwortung der Frage, ob das im Einzelfall zutrifft, müssen die Regelungen in § 17 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 BauGB – ebenfalls individuell – zugunsten der Gemeinde in Rechnung gestellt werden. Ist eine für zwei Jahre verhängte Veränderungssperre gegenüber einem bestimmten Betroffenen infolge der von § 17 Abs. 1 S. 2 BauGB vorgeschriebenen Anrechnung nicht wirksam, so kann sich dieser dennoch nicht darauf berufen, wenn im Hinblick auf sein Grundstück die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Sperre nach § 17 Abs. 1 S. 3 BauGB verlängert werden dürfte. 51So (ohne zwischen „echter“ und „faktischer“ Zurückstellung zu differenzieren) BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 – 4 C 39.74 –, NJW 1977, 400; VGH B.-W., Urteil vom 6. Juli 1989 – 10 S 2687/88 –, NVwZ-RR 1990; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Lfg. 133 Mai 2019, § 17 Rn. 14; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 17 Rn. 3, und Schiller, in: Gelzer/ Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2542; für die faktische Zurückstellung auch BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1990 – 4 B 156/89 –, NVwZ 1991, 62; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 1997 – 7 A 3458/93 –, juris; VGH B.-W., Urteil vom 10. Dezember 1993 – 8 S 994/92 –, UPR 1994, 455, und vom 28. Oktober 1999 – 5 S 439/98 –, juris; anderer Ansicht Sennekamp, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, Lfg. 82 Mai 2012, § 17 Rn. 34 ff., und Schenke, WiVerw 1994, 253 (287, 303 ff.). 52Da an dem Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verlängerung um ein weiteres Jahr nach § 17 Abs. 1 S. 3 BauGB nicht zu zweifeln ist – insbesondere sind die Planungsabsicht und das Sicherungsbedürfnis nach wie vor gegeben –, kann die Klägerin sich trotz der anrechenbaren Zurückstellungszeit noch nicht auf einen Ablauf der Veränderungssperre berufen. 53Die somit wirksame und auch in Bezug auf das Grundstück der Klägerin geltende Veränderungssperre steht dem in der Bauvoranfrage beschriebenen Vorhaben entgegen. Denn ein SB-Lebensmittelmarkt mit 1.267 qm Verkaufsfläche wäre nach der bisherigen Planung der Beklagten, die Nichtzulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten im Plangebiet festzusetzen, unzulässig. 54Das Bauvorhaben kann auch nicht im Wege der Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 BauGB zugelassen werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausnahme liegen nicht vor. Ein Vorhaben, das mit dem Sicherungszweck der Veränderungssperre nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder diese erschwert, darf auch im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden; andernfalls könnte die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen. 55BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1989 – 4 B 236/88 –, BauR 1989, 432 f. 56II. 57Auch mit dem Hilfsantrag hat die Klage keinen Erfolg. 58Die Kammer unterstellt zugunsten der Klägerin, dass auch dieser Antrag zulässig ist. 59Seine Zulässigkeit ergibt sich allerdings nicht (unmittelbar) aus § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO. Denn die hier geregelte Fortsetzungsfeststellungklage ist zwar auch auf Verpflichtungsklagen, bei denen sich der geltend gemachte Anspruch erledigt hat, (analog) anwendbar. Mit der Fortsetzungsfeststellungsklage kann aber stets nur die Rechtslage im Zeitpunkt unmittelbar vor dem erledigenden Ereignis festgestellt werden. Soll – über den Streitgegenstand der bisherigen, erledigten Klage hinausgehend – die Rechtslage in einem früheren Zeitpunkt oder Zeitraum zum Gegenstand eines Feststellungsantrags gemacht werden, so kann dies nur im Wege der (allgemeinen) Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO geschehen. 60Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Januar 1992 – 7 C 24.91 –, BVerwGE 89, 354 (355 ff.), vom 28. April 1999 – 4 C 4.98 –, BVerwGE 109, 74 (78 ff.), vom 19. September 2002 – 4 C 13.01 –, BVerwGE 117, 50 (51) und vom 4. Dezember 2014 – 4 C 33.13 –, BVerwGE 151, 36 (38 f.); OVG NRW, Urteile vom 3. Mai 2010 – 7 A 2115/08 –, juris (Rn. 40 ff.), und vom 22. Februar 2017 – 7 A 1397/15 –, juris (Rn. 123). 61Steht der entsprechende (allgemeine) Feststellungsantrag in einem sachlichen Zusammenhang mit einem erledigten Verpflichtungsbegehren, kann dem Kläger allerdings zugutekommen, dass § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO kraft gesetzgeberischer Wertung im Vergleich zur isolierten Anwendung des § 43 Abs. 1 VwGO geringere Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis stellt. Auch die allgemeine Feststellungklage kann in einer solchen Konstellation aus prozessökonomischen Gründen an den Rechtsgedanken des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO anknüpfen. 62So BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 – 4 C 4.98 –, BVerwGE 109, 74 (80); VGH B.-W., Urteil vom 27. Oktober 2010 – 5 S 875/09 –, juris (Rn. 110 ff.). 63Dem entsprechend werden nach Inkrafttreten einer Veränderungssperre oder eines Bebauungsplans gestellte Anträge auf Feststellung, dass in einem früheren Zeitraum Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheides bestand, in der Rechtsprechung grundsätzlich für zulässig gehalten. 64Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 2004 – 4 B 76.04 –, juris, Urteil vom 20. Mai 2010 – 4 C 7.09 –, BVerwGE 137, 74 (78 f.); BayVGH, Urteil vom 10. März 2004 – 26 BV 02.1127 –, juris (Rn. 36 ff.). 65Im vorliegenden Fall kommt allerdings hinzu, dass nicht nur der Zeitraum, für den eine entsprechende Feststellung begehrt wird, deutlich vor dem Zeitpunkt der durch die Bekanntmachung der Veränderungssperre eingetretenen Erledigung des geltend gemachten (Haupt-) Begehrens liegt, sondern dass dieser Zeitpunkt der Erledigung auch vor dem des Klageeingangs liegt. Es stellt sich die Frage, ob das hinter der Fortsetzungsfeststellungsklage stehende Anliegen, dem Kläger die Früchte des von ihm geführten Verwaltungsrechtsstreits zu erhalten, auch in einer solchen Konstellation trägt und einer (allgemeinen) Feststellungsklage zur Zulässigkeit verhilft. Für den originären Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO entspricht es nämlich allgemeiner Meinung, dass die Absicht, einen Amtshaftungsprozess zu führen, kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen vermag, wenn die Erledigung bereits vor Klageerhebung eingetreten ist, weil in einem solchen Fall keine „Früchte“ des Verwaltungsrechtsstreits zu erhalten sind und die Klage ohne weiteres unmittelbar beim Zivilgericht anhängig gemacht werden kann. 66Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1989 – 8 C 30.87 –, BVerwGE 81, 226 (227 f.). 67Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die vorstehende, zur Anfechtungsklage ergangene Rechtsprechung auf die Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheides nicht übertragbar sei, 68vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 – 4 B 76.04 –, juris (Rn. 2), 69und es finden sich in der Tat Gründe, eine solche Konstellation anders zu beurteilen. Steht nämlich bei Erhebung der Klage als Hauptbegehren die Verpflichtung der Behörde zur Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheides – also der „Primärrechtsschutz“ – im Raum, so stellt sich das gewählte Vorgehen, den Amtshaftungsanspruch zunächst nicht beim Zivilgericht anhängig zu machen, aus Sicht des Klägers als prozessökonomisch sinnvoll dar. Für den Fall, dass er mit dem Hauptbegehren unterliegt, möchte er sich zwar die Möglichkeit eines Schadensersatzprozesses offenhalten; er hat aber (häufig) kein Interesse, beide Prozesse von vornherein parallel zu führen. Hinzu kommt, dass es dem Kläger bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens noch nicht möglich ist, den in Rede stehenden Schaden abschließend zu beziffern. Denn vom Ausgang des Verwaltungsrechtsstreits hängt ab, ob er lediglich Ersatz des Verzögerungsschadens beanspruchen kann (und in welcher Höhe) oder Ersatz für den durch eine endgültige Ablehnung seines Bauwunsches entstehenden Schaden. Würde er von vornherein (auch) das Zivilgericht anrufen, hätte der Kläger nicht nur damit zu rechnen, dass er von diesem Gericht möglicherweise auf den Vorrang des Primärrechtsschutzes verwiesen wird, 70vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 11. März 1993 – 3 C 90.90 –, BVerwGE 92, 172 (174 f.), 71sondern er müsste davon ausgehen, vor dem Zivilgericht zunächst nur eine Schadensersatzforderung dem Grunde nach einklagen zu können und über die konkrete Höhe nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erneut prozessieren zu müssen. Unter diesen Umständen spricht einiges dafür, den Rechtsgedanken des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO zugunsten des Klägers heranzuziehen und einen an die hauptantraglich erhobene Verpflichtungsklage hilfsweise anknüpfenden Feststellungsantrag für zulässig zu halten. Auch der in § 43 Abs. 2 VwGO statuierte Grundsatz der Subsidiarität der allgemeinen Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Klage dann nicht im Wege. 72Vgl. zur diesbezüglichen Einordnung des Problems nur Sodan, in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, § 43 Rn. 96, m.w.N. 73Der Zulässigkeit der Klage lässt sich vorliegend auch nicht entgegenhalten, dass die Klägerin ihre Absicht, einen Schadensersatzprozess zu führen, nicht hinreichend substantiiert hätte. Soll die begehrte Feststellung der Vorbereitung einer zivilrechtlichen Klage auf Schadensersatz oder Entschädigung dienen, so ist das Feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Insoweit bedarf es hinreichender Darlegungen seitens des die Feststellung begehrenden Klägers. Hierzu gehört insbesondere, dass er die Behauptung eines eingetretenen Schadens durch Angaben zur Art des Schadens und zur annähernden Schadenshöhe substantiiert. 74Vgl. etwa OVG NRW, Urteile vom 29. November 2016 – 10 A 55/15 –, juris (Rn. 29) und vom 25. Februar 2019 – 10 A 2557/16 –, juris (Rn. 162) m.w.N. 75Diesen Anforderungen ist die Klägerin durch ihren Schriftsatz vom 18. Januar 2022 und die ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung gerecht geworden. Dass die Schadenshöhe bislang nicht konkret beziffert worden ist, hält die Kammer für unschädlich; für die entsprechenden (aufwendigen) Berechnungen besteht derzeit noch kein Anlass. 76Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich das Feststellungsinteresse auch nicht deshalb negieren, weil die Bauvoranfrage vorliegend einen begrenzten Umfang hatte. Es trifft zu, dass der Klägerin nur dann ein Schaden entstanden sein kann, wenn sie bei Erteilung eines positiven Bauvorbescheides ihr Vorhaben hätte umsetzen können. Richtig ist ferner, dass die Erteilung der Baugenehmigung von weiteren Voraussetzungen – namentlich von der in § 34 Abs. 3 BauGB statuierten – abhängig gewesen wäre. Dass in einem sich anschließenden Zivilrechtsstreit diese weiteren Voraussetzungen von der Klägerin belegt werden müssten, ändert aber nichts daran, dass mit der Feststellung, dass die Beklagte in dem fraglichen Zeitraum einen positiven Bauvorbescheid hätte erteilen müssen, ein wesentlicher Baustein der Schadensersatz- bzw. Entschädigungsforderung rechtskräftig festgestellt würde. 77Der Hilfsantrag ist indes unbegründet. 78Die Klägerin hatte in dem fraglichen Zeitraum (25. bis 30. Mai 2019) keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides. Dessen Erteilung stand nämlich schon das an den Aufstellungsbeschluss des Rates vom 28. März 2019 anknüpfende Schreiben des Referats Stadtplanung der Beklagten an das Referat Bauordnung vom 12. April 2019 entgegen, mit dem die Zurückstellung der Bauvoranfrage der Klägerin beantragt worden war. 79Wird eine Veränderungssperre nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde gemäß § 15 Abs. 1 BauGB auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten auszusetzten, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Die Regelung dient der Sicherung des den Gemeinden zustehenden Rechts auf eine ihren Vorstellungen entsprechende Bauleitplanung und schützt damit die – im Kern verfassungskräftige – gemeindliche Planungshoheit. 80Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 – 4 C 1.14 –, juris (Rn. 11). 81Die Bauaufsichtsbehörde ist, wenn die Voraussetzungen des § 15 BauGB vorliegen, an den Antrag der Gemeinde gebunden. Erteilt sie entgegen einem entsprechenden Antrag die gewünschte Baugenehmigung oder den gewünschten Bauvorbescheid, ist diese Entscheidung rechtswidrig und die Gemeinde kann kraft ihrer Planungshoheit ihre Aufhebung verlangen. 82Vgl. nur HessVGH, Beschluss vom 10. Juli 2009 – 4 B 426/09 –, juris; Hornmann, in: BeckOK BauGB, Stand: August 2021, § 15 Rn. 24; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2021, § 15 Rn. 104. 83Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass es des in § 15 Abs. 1 BauGB als formelle Voraussetzung der Zurückstellung benannten Antrags der Gemeinde nicht bedarf, wenn diese – wie hier – selbst Baugenehmigungsbehörde ist. 84Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2006 – 8 B 1920/05 –, NVwZ-RR 2006, 597 (598); NdsOVG, Beschluss vom 28. März 2017 – 1 ME 7/17 –, juris; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 15 Rn. 9; Széchényi, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 15 Rn. 12. 85Auch in diesem Falle besteht allerdings ein Bedürfnis nach der mit dem Antragsrecht der Gemeinde erstrebten Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, die Planungshoheit müsse bei Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde durch sinnfällige gemeindeinterne Regelungen gewahrt werden, etwa in Form eines „Quasi-Antragsrechts“, welches das Planungsamt der Gemeinde wahrnehme und an dessen Ausübung die Bauaufsichtsbehörde ebenso gebunden sei, als sei sie keine Behörde der betreffenden Gemeinde. 86So Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2021, § 15 Rn. 36, und offenbar auch Sennekamp, in: Brügelmann, BauGB, Kommentar, Stand: Juli 2021, § 15 Rn. 33. 87Dem schließt die Kammer sich an. Denn eine solche Verfahrensweise entspricht Sinn und Zweck des § 15 BauGB und ist geeignet, den verfassungskräftigen Rechten der Gemeinde zur Durchsetzung zu verhelfen. Zu bedenken ist nämlich, dass die Gemeinde als Bauaufsichtsbehörde untere staatliche Verwaltungsbehörde ist (§ 57 Abs. 1 BauO NRW 2018). Als solche erfüllt sie eine „Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung“ (§ 58 Abs. 1 BauO NRW 2018 i.V.m. § 12 Ordnungsbehördengesetz NRW) und ist der Sonderaufsicht der übergeordneten Behörden unterworfen, die durch allgemeine und besondere Weisungen Einfluss auf die Verwaltungstätigkeit nehmen können (§ 9 Ordnungsbehördengesetz NRW). 88Vgl. z.B. OVG NRW, Urteil vom 14. Januar 1992 – 10 A 111/88 –, juris (Rn. 33); VG Köln, Urteil vom 8. September 2021 – 23 K 7046/18 –, juris (Rn. 57 ff.). 89Gegenüber dieser Funktion als unterer staatlicher Verwaltungsbehörde ist die Stellung der Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit, die gemäß § 2 Abs. 1 BauGB in eigener Verantwortung über die Bauleitplanung zu entscheiden hat, notwendigerweise verselbständigt. Die Annahme eines „Quasi-Antragsrechts“ in dem dargelegten Sinne und einer entsprechenden Bindungswirkung zugunsten der planenden Gemeinde trägt dieser Unterscheidung Rechnung und schafft die Möglichkeit, die Verantwortungssphären sauber gegeneinander abzugrenzen. Begehrt die Gemeinde als Trägerin der Bauleitplanung die Zurückstellung eines Bauantrages oder einer Bauvoranfrage, darf die (mit ihr formal identische) untere Bauaufsichtsbehörde dieses Begehren nicht ignorieren und auch eine Weisung, die Baugenehmigung oder den Vorbescheid trotz des entgegenstehenden Willens der Gemeinde zu erteilen, darf nicht ergehen. Allenfalls können die übergeordneten Behörden kommunalaufsichtliche Maßnahmen ergreifen, um die Bindung der Bauaufsichtsbehörde an den „Quasi-Antrag“ der Gemeinde entfallen zu lassen, wenn sie diesen für rechtswidrig halten. 90So ausdrücklich Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2021, § 15 Rn. 41d. 91Der Annahme einer Bindungswirkung „innerhalb der Gemeinde“ lässt sich auch nicht entgegen halten, dass der Bürger nach einem entsprechenden „Quasi-Antrag“ einer schlichten Untätigkeit der Bauaufsichtsbehörde schutzlos ausgeliefert ist. Denn wenn diese Behörde nicht zeitnah einen Zurückstellungsbescheid erlässt, ist – abgesehen von der Möglichkeit der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO – die Zeit, die nach Ablauf einer angemessenen Frist ab Entscheidungsreife vergeht, als „faktische Zurückstellung“ auf die maximale Dauer einer Zurückstellung (und einer sich anschließenden Veränderungssperre) anzurechnen. 92Vgl. nur NdsOVG, Beschluss vom 28. März 2017 – 1 ME 7/17 –, juris (Rn. 42). 93Vorliegend hat der Rat der Beklagten – wie oben bereits aufgezeigt – bereits am 28. März 2019 die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans beschlossen; der Aufstellungsbeschluss ist am 12. April 2019 ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Mit der Beschlussfassung hat der Rat der Beklagten sich erkennbar auch den Vorschlag der Verwaltung zu eigen gemacht, die streitgegenständliche Bauvoranfrage zurückzustellen. Denn in der einschlägigen Ratsvorlage heißt es (auf Seite 5), um auf die eingegangene Bauvoranfrage das Instrument der Zurückstellung anwenden zu können, sei ein Aufstellungsbeschluss dringend erforderlich. Das Schreiben des Fachbereichs Stadtplanung an das Bauaufsichtsamt vom 12. April 2019, mit dem die Zurückstellung für den Zeitraum eines Jahres beantragt wird, setzt somit einen entsprechenden Willen des Rates um. Darin ist ein „Quasi-Antrag“ in dem oben genannten Sinne zu sehen, an den die Bauaufsichtsbehörde gebunden war. Ein positiver Bauvorbescheid durfte daher im fraglichen Zeitraum nicht erteilt werden. 94Nach alledem braucht die Kammer nicht zu entscheiden, ob die Behörde sich in dem betreffenden Zeitraum bereits eine unangemessene Verzögerung der Bearbeitung der Voranfrage vorwerfen lassen muss und ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Vorbescheides vorlagen. 95III. 96Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 98Rechtsmittelbelehrung: 99Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1001. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1012. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1023. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1034. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1045. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 105Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 106Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 107Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die beteiligten streiten über die erteilung eines bauvorbescheides für die errichtung eines lebensmittelmarktes mit einer verkaufsfläche von 1.267 m² auf dem grundstück gemarkung c. , flur , flurstück (e.-------straße 61) in gelsenkirchen. das grundstück ist mit einem lebensmittelmarkt mit einer genehmigten verkaufsfläche von 799 m2 bebaut. der regionale flächennutzungsplan stellt eine gewerbliche baufläche im allgemeinen siedlungsbereich dar. 3das grundstück ist von unterschiedlichen nutzungen umgeben. nördlich befindet sich ein betriebshof der h. . östlich befinden sich wohnnutzungen und diverse gewerbliche nutzungen (etwa ein farbenfachgeschäft, eine kerzenmanufaktur und ein gebrauchtwagenhandel). auf dem südlichen nachbargrundstück befindet sich eine autowerkstatt. jenseits der südlich gelegenen e.-------straße befinden sich ein baumarkt („i. n. “; genehmigte verkaufsfläche 2.333,60 m2) sowie südwestlich wohnblöcke mit vereinzelten gewerblichen nutzungen. westlich des grundstücks befinden sich eine reithalle mit reit- und longierplätzen sowie ein sportplatz und ein lebensmittelmarkt („o. “; genehmigte verkaufsfläche 612,13 m2). ferner befinden sich westlich, entlang der x.------straße , systemgastronomiebetriebe, ein baustoffhandel sowie eine gemischt genutzte gewerbeimmobilie, die als lager, als groß- und einzelhandel sowie als fleischerei genutzt wird. 4weitere einzelheiten zeigt der nachfolgende kartenausschnitt: 5an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 6unter dem 13. februar 2019, bei der beklagten eingegangen am 19. februar 2019, beantragte die klägerin die erteilung eines bauvorbescheides für die errichtung eines lebensmittelmarktes auf dem oben beschriebenen grundstück. die genaue fragestellung lautete: 7„ist ein lebensmittelmarkt mit einer verkaufsfläche von 1.267 m2 nach der art der baulichen nutzung unter ausklammerung des gebotes der rücksichtnahme bauplanungsrechtlich zulässig?“ 8am 25. februar 2019 reichte die klägerin eine flurkarte nach. 9am 28. märz 2019 beschloss der rat der beklagten die aufstellung eines bebauungsplans nr. 437 „gewerbegebiet nördlich e.-------straße “, der auch das baugrundstück erfassen soll. das plangebiet soll im norden durch die eisenbahnstrecke von oberhausen nach wanne-eickel, im osten durch die v. straße, im süden durch die e.-------straße und im westen durch die x.------straße begrenzt sein. zur begründung führte die beklagte aus: ziel des bebauungsplanes sei es, auf der grundlage des gesamtstädtischen einzelhandelskonzeptes den einzelhandel in die zentralen versorgungsbereiche zu lenken, um diese zu erhalten und zu entwickeln. dies könne nur erreicht werden, wenn einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten kernsortimenten an nicht integrierten standorten außerhalb der zentralen versorgungsbereiche unterbunden würden. hierzu sollten im geltungsbereich des aufstellungsbeschlusses jeweils regelungen zur zulässigkeit bzw. nichtzulässigkeit bestimmter arten von nutzungen gem. § 9 abs. 2a baugesetzbuch (baugb) getroffen werden. das vom rat der stadt beschlossene einzelhandelskonzept verfolge als zentrales ziel die sicherung einer möglichst flächendeckenden wohnortnahen grundversorgung im stadtgebiet durch funktionsfähige nahversorgungsstandorte. die aktuelle fortschreibung des einzelhandelskonzeptes sehe vor, dass die ansiedlung von handel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten kernsortimenten in gewerbegebieten und städtebaulich nicht integrierten bereichen auszuschließen sei. bei dem standort nördlich der e.-------straße handele es sich um eine gewerbefläche, die sich in einer nördlichen randlage des stadtteils v1. befinde und als städtebaulich nicht integriert einzustufen sei. das einzelhandelskonzept weise für den stadtteil v1. keine nahversorgungsbereiche aus. die wohnungsnahe versorgung werde von solitären integrierten nahversorgungsstandorten erbracht. hierzu zählten insbesondere lebensmittelvollsortimenter und lebensmitteldiscounter an der v. straße und der c1. straße. diese befänden sich in einer städtebaulich integrierten lage, seien von wohnnutzungen umgeben und ermöglichten so eine fußläufige nahversorgung. der vorhabenstandort e.-------straße wird im einzelhandelskonzept als grundversorgungsstandort in nicht integrierter lage definiert. die beschlussvorlage erwähnte auch die vorliegende bauvoranfrage für einen lebensmittelmarkt. der aufstellungsbeschluss wurde im amtsblatt der beklagten vom 12. april 2019 bekannt gemacht. 10am selben tag stellte das stadtplanungsamt beim bauordnungsamt der beklagten einen antrag auf zurückstellung der bauvoranfrage für den zeitraum eines jahres. 11mit schreiben vom 24. april 2019, der klägerin zugestellt am 26. april 2019, hörte die beklagte die klägerin zu dem beabsichtigten erlass eines zurückstellungsbescheides an. nachdem eine stellungnahme seitens der klägerin nicht erfolgt war, stellte die beklagte die bauvoranfrage mit bescheid vom 29. mai 2019, der klägerin zugestellt am 31. mai 2019, bis zum 12. april 2020 zurück und ordnete die sofortige vollziehung an. zur begründung führte sie aus, es sei zu befürchten, dass durch die verwirklichung des beabsichtigten vorhabens die durchführung der künftigen planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werde. 12am 28. februar 2020 stellte das stadtplanungsamt beim bauordnungsamt der beklagten einen antrag auf verlängerung der zurückstellung bis zum 19. mai 2020, da durch eine solche verlängerung die zulässige höchstfrist einer zurückstellung nach § 15 baugb ausgeschöpft werde. 13mit bescheid vom 10. märz 2020 verlängerte die beklagte aus den vom stadtplanungsamt genannten gründen die frist der zurückstellung bis zum 19. mai 2020. 14in seiner sitzung am 2. april 2020 beschloss der rat der beklagten die satzung über eine veränderungssperre für das gebiet des in aufstellung befindlichen bebauungsplans nr. 437. der (damalige) oberbürgermeister der beklagten unterzeichnete die prüf- und übereinstimmungserklärung am 16. april 2020. die beklagte machte die veränderungssperre in ihrem amtsblatt vom 24. april 2020 öffentlich bekannt. 15mit bescheid vom 6. mai 2020 lehnte die beklagte – nach vorheriger anhörung – die erteilung des beantragten bauvorbescheides ab. zur begründung führte sie aus, dem vorhaben stehe die veränderungssperre entgegen, weil die verwirklichung des vorhabens im widerspruch zu der angestrebten planung stehe. 16am 3. juni 2020 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben. 17zur begründung führt sie aus: die veränderungssperre sei unwirksam. sie sei nicht erforderlich, weil es an einem hinreichenden plankonzept fehle. es handele sich um eine reine negativplanung, die sich darin erschöpfe, das streitgegenständliche vorhaben auszuschließen. zudem diene die veränderungssperre der sicherung einer rechtswidrigen planung. eine „wegplanung“ nahversorgungsrelevanten einzelhandels sei abwägungsfehlerhaft. es sei nicht erforderlich, weitere grundstücke in den geltungsbereich einzubeziehen. aufgrund vorhandener bebauung sei eine ansiedlung großflächiger einzelhandelsbetriebe dort nicht möglich. das vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig, da es sich im unbeplanten innenbereich befinde und in die eigenart der näheren umgebung einfüge. auf etwaige schädliche auswirkungen auf zentrale versorgungsbereiche komme es nicht an. für den fall, dass ein anspruch auf erteilung des beantragten positiven bauvorbescheides aufgrund der veränderungssperre abgelehnt werde, sei festzustellen, dass ein dahingehender anspruch jedenfalls nach ablauf von drei monaten ab dem eingang der bauvoranfrage bei der beklagten bis zur zustellung des zurückstellungsbescheides bestanden habe. eine längere prüfungsdauer als drei monate sei nicht angemessen, weil die prüfung der bauplanungsrechtlichen zulässigkeit des vorhabens keinerlei schwierigkeiten bereitet habe. die beklagte habe die bauvoranfrage nicht bereits mit dem antrag auf zurückstellung des stadtplanungsamtes abschließend bearbeitet. sie habe ein schutzwürdiges interesse an der feststellung der verspäteten bescheidung der beklagten, da diese dadurch ihre amtspflichten verletzt und sich ihr gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht habe. 18die klägerin beantragt, 19die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 6. mai 2020 (az. 00738-19-07) zu verpflichten, ihr den mit formularantrag beantragten bauvorbescheid für die errichtung eines lebensmittelmarktes mit einer verkaufsfläche von 1.267 m² auf dem grundstück e.-------straße 61 in gelsenkirchen (gemarkung c. , flur , flurstück ) zu erteilen, 20hilfsweise, festzustellen, dass die beklagte im zeitraum vom 25. mai 2019 bis einschließlich 30. mai 2019 verpflichtet gewesen ist, ihr auf die am 19. februar 2019 eingegangene bauvoranfrage den beantragten bauvorbescheid für die errichtung eines lebensmittelmarktes mit 1.267 m² verkaufsfläche auf dem grundstück e.-------straße 61 in gelsenkirchen (gemarkung c. , flur 2, flurstück 920) zu erteilen. 21die beklagte beantragt, 22die klage abzuweisen. 23sie macht zur begründung geltend: die klägerin habe keinen anspruch auf erteilung eines positiven bauvorbescheides. der aufstellungsbeschluss für den bebauungsplan nr. 437 sowie die veränderungssperre seien planungsrechtlich erforderlich. die positive planungskonzeption bestehe in der umsetzung des einzelhandelskonzeptes zum schutz zentraler versorgungsbereiche. die veränderungssperre sei für den gesamten geltungsbereich des bebauungsplanes erforderlich, weil das einzelhandelskonzept für diesen bereich die ansiedlung zentrenrelevanten einzelhandels ausschließe. 24die klägerin habe kein rechtlich geschütztes interesse an der hilfsantraglich begehrten feststellung. ein amtshaftungsprozess sei offensichtlich aussichtslos. die klägerin habe nicht dargelegt, dass ihr ein schaden durch eine verzögerte bescheidung ihrer bauvoranfrage entstanden sei. ferner sei nicht ersichtlich, dass eine verzögerte bescheidung einen schaden kausal verursacht haben könnte, da die bauvoranfrage auf die beurteilung der planungsrechtlichen zulässigkeit des vorhabens nach der art der baulichen nutzung beschränkt gewesen sei. jedenfalls habe seit dem antrag des stadtplanungsamtes auf zurückstellung der entscheidung über die bauvoranfrage ein anspruch nicht mehr bestanden. 25wegen der sonstigen einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 26 | 27die klage hat weder mit dem hauptantrag noch mit dem hilfsantrag erfolg. 28i. 29der hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. 30der ablehnungsbescheid vom 6. mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). die klägerin hat keinen anspruch auf erteilung des beantragten bauvorbescheides. 31der anspruch auf erteilung eines positiven bauvorbescheides besteht gemäß § 77 abs. 1 in verbindung mit § 74 abs. 1 bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw 2018), wenn dem vorhaben öffentlich-rechtliche vorschriften nicht entgegenstehen. die eingereichte bauvoranfrage der klägerin ist unter ausklammerung des gebotes der rücksichtnahme ausschließlich auf die klärung der bauplanungsrechtlichen zulässigkeit der art des vorhabens nach gerichtet. der bauplanungsrechtlichen zulässigkeit des bauvorhabens steht die veränderungssperre der beklagten entgegen. 32gemäß § 14 abs. 1 baugb kann die gemeinde, wenn ein beschluss über die aufstellung eines bebauungsplans gefasst ist, zur sicherung der planung für den künftigen planbereich eine veränderungssperre mit dem inhalt erlassen, dass vorhaben im sinne von § 29 baugb nicht durchgeführt und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde veränderungen von grundstücken und baulichen anlagen, deren veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen. die veränderungssperre ist gemäß § 16 baugb als satzung zu beschließen und ortsüblich bekannt zu machen. 33die vorliegend maßgebliche veränderungssperre für das „gewerbegebiet nördlich e.-------straße “ für einen bereich zwischen der eisenbahnstrecke von oberhausen nach wanne-eickel, der v. straße, der e.-------straße und der x.------straße ist in formeller hinsicht rechtmäßig. sie wurde am 2. april 2020 vom rat der beklagten als satzung beschlossen und nach ausfertigung und übereinstimmungsprüfung auf anordnung des (damaligen) oberbürgermeisters gemäß § 7 abs. 4 und 5 gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen (go nrw) sowie den bestimmungen der verordnung über die öffentliche bekanntmachung von kommunalem ortsrecht (bekanntmvo nrw) im amtsblatt der beklagten vom 24. april 2020 ordnungsgemäß bekannt gemacht. 34auch in materieller hinsicht ist die veränderungssperre nicht zu beanstanden. ihr liegt ein wirksamer aufstellungsbeschluss zugrunde. auch die übrigen voraussetzungen einer veränderungssperre liegen vor. 35der aufstellungsbeschluss zum bebauungsplan nr. 437 der beklagten wurde am 28. märz 2019 durch den rat der beklagten beschlossen und auch die gemäß § 2 abs. 1 satz 2 baugb für das wirksamwerden des beschlusses erforderliche ortsübliche bekanntmachung ist in ordnungsgemäßer weise im amtsblatt am 12. april 2019 erfolgt. 36die veränderungssperre wurde des weiteren ausdrücklich zum zweck der sicherung der planung erlassen, die festgelegte geltungsdauer von zunächst zwei jahren entspricht der in § 17 abs. 1 satz 1 baugb enthaltenen maximalfrist und das von ihr erfasste gebiet stimmt mit dem im aufstellungsbeschluss des bebauungsplans vom 28. märz 2019 bezeichneten gebiet überein. 37die veränderungssperre ist auch zur sicherung der planung erforderlich. eine veränderungssperre darf nur verhängt werden, wenn die planung einen stand erreicht hat, der ein mindestmaß dessen erkennen lässt, was inhalt des zu erwartenden bebauungsplans sein soll. nur dann kann die veränderungssperre ihren sinn erfüllen, vorhandene planerische ziele zu sichern und deren weitere entwicklung zu ermöglichen. unzulässig ist eine veränderungssperre hingegen, wenn zur zeit ihres erlasses der inhalt der beabsichtigten planung noch in keiner weise abzusehen ist. demgemäß muss im zeitpunkt des erlasses der veränderungssperre über den bloßen aufstellungsbeschluss hinaus eine hinreichende konkretisierung der planungsabsichten vorliegen. wesentlich ist dabei, dass die gemeinde bereits positive vorstellungen über den inhalt des bebauungsplans hat. eine negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne vorhaben auszuschließen, reicht grundsätzlich nicht aus. denn wenn vorstellungen über die angestrebte art der baulichen nutzung der betroffenen grundflächen fehlen, ist der inhalt des zu erwartenden bebauungsplans noch offen. die nachteiligen wirkungen der veränderungssperre wären – auch vor dem hintergrund des art. 14 abs. 1 satz 2 gg – nicht erträglich, wenn sie zur sicherung einer planung dienen sollte, die sich in ihrem inhalt noch in keiner weise absehen lässt. ein mindestmaß an konkreter planerischer vorstellung gehört auch zur konzeption des § 14 baugb. nach seinem absatz 2 satz 1 kann eine ausnahme von der veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche belange nicht entgegenstehen. ob der praktisch wichtigste öffentliche belang, nämlich die vereinbarkeit des vorhabens mit der beabsichtigten planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen vorstellungen der gemeinde nicht noch völlig offen sind. 38bverwg, urteil vom 19. februar 2004 – 4 cn 16/03 –, juris rn. 28. 39grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend ist nach alledem, dass die gemeinde im zeitpunkt des erlasses einer veränderungssperre zumindest vorstellungen über die art der baulichen nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten baugebietstyp, sei es, dass sie nach den vorschriften des § 9 abs. 1 bis 2a baugb festsetzbare nutzungen ins auge gefasst hat. 40bverwg, urteil vom 9. august 2016 – 4 c 5.15 –, juris rn. 19; ovg nrw, urteil vom 22. november 2021 – 10 d 56/20.ne –, juris rn. 23, und beschluss vom 17. januar 2022 – 7 b 1125/21.ne –, juris rn. 12. 41dabei ist zu berücksichtigen, dass die anforderungen an eine konkretisierung der planung danach variieren, welche art von festsetzungen durch den plan beabsichtigt wird. 42die hier dem planaufstellungsbeschluss zu grunde liegenden vorstellungen der beklagten genügen den an eine positive plankonzeption zu stellenden anforderungen. der plangeber beabsichtigt die aufstellung eines bebauungsplans auf der grundlage des § 9 abs. 2a baugb. § 9 abs. 2a baugb gestattet es, zum schutz außerhalb des plangebiets liegender versorgungsbereiche durch aufstellung eines bebauungsplans in dessen plangebiet lediglich bestimmte nutzungsarten zuzulassen oder auszuschließen, ohne im übrigen eine bestimmung über die sonst möglichen nutzungsarten zu treffen. deren zulässigkeit richtet sich auch weiterhin nach § 34 abs. 1, 2 baugb. damit müssen auch an das mindestmaß der planung, das im rahmen einer veränderungssperre gesichert werden soll, andere maßstäbe angelegt werden. die beantwortung der frage nach dem erforderlichen mindestmaß muss sich an den inhaltlichen anforderungen des § 9 abs. 2a baugb orientieren. demgemäß weisen die vorstellungen, die eine gemeinde sich hinsichtlich eines plans nach § 9 abs. 2a baugb macht, der lediglich negative festsetzungen enthält, naturgemäß eine geringere dichte auf als bei anderen bebauungsplänen. 43vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 16. märz 2012 – 2 b 202/12 – und vom 28. august 2007 – 10 b 1614/07 –. 44jedoch ist auch in diesem fall eine positive plankonzeption zu verlangen, um eine veränderungssperre vor dem hintergrund des art. 14 abs. 1 satz 2 gg zu rechtfertigen. 45vgl. zu den anforderungen an positive planungsziele bei einem bebauungsplan nach § 9 abs. 2a baugb ovg nrw, urteil vom 16. april 2021 – 2 d 106/20.ne –, juris rn. 43; beschlüsse vom 19. märz 2020 – 10 a 2105/19 –, vom 29. august 2013 – 2 b 875/13 –, vom 31. märz 2008 – 10 b 286/08 –, vom 11. februar 2008 – 10 b 1614/07 –; ovg rheinland-pfalz, urteil vom vom 27. januar 2010 – 1 a 10779/09 –; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 1. märz 2011 – 9 l 1229/10 – und vom 28. august 2007 – 6 l 272/07 –, jeweils juris. 46diesen anforderungen werden die planerischen vorstellungen zur aufstellung des bebauungsplans nr. 437 gerecht. ziel der mit dem aufstellungsbeschluss angestoßenen planung ist es, auf grundlage des vom rat beschlossenen fortgeschriebenen einzelhandelskonzepts der beklagten von september 2015 den einzelhandel in die zentralen versorgungsbereiche zu lenken, um diese zu erhalten und zu entwickeln. dies könne – so die beschlussvorlage zur veränderungssperre – nur erreicht werden, wenn einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten kernsortimenten an nicht integrierten standorten außerhalb der zentralen versorgungsbereiche unterbunden würden. dem einzelhandelskonzept ist zu entnehmen, dass die wohnungsnahe versorgung in dem fraglichen gebiet von solitären nahversorgungsstandorten erbracht wird, die sich in einer städtebaulich integrierten lage befinden. zum schutz der vorhandenen versorgungsstrukturen sieht das einzelhandelskonzept im übrigen insgesamt vor, gerade den großflächigen zentren- und nahversorgungsrelevanten einzelhandel auf bestimmte standorte zu beschränken. die zulassung eines großflächigen lebensmittelmarktes im planbereich, der in dem fortgeschriebenen einzelhandelskonzept als nicht integrierter standort identifiziert wird, könnte diesen entwicklungen entgegen wirken. damit ist ein positives planungsziel genannt, das grundsätzlich den anforderungen des § 9 abs. 2a baugb genügt und sich nicht in der verhinderung gerade des klägerischen vorhabens erschöpft. 47ob der geplante ausschluss bestimmter nutzungen im bebauungsplanverfahren zur erhaltung und entwicklung zentraler versorgungsbereiche an anderen stellen des gemeindegebietes zulässig sein wird, muss sich im verlauf des planaufstellungsverfahrens erst noch erweisen. für die einschätzung der rechtmäßigkeit der veränderungssperre muss dies noch nicht geklärt sein. eine quasi vorweggenommene normenkontrolle des künftigen bebauungsplans ist nicht gefordert. 48vgl. ovg nrw, beschluss vom 16. märz 2012 – 2 b 202/12 –, juris. 49die auffassung der klägerin, es sei zur sicherung der planung unverhältnismäßig gewesen, den geltungsbereich der veränderungssperre auf den gesamten geltungsbereich des künftigen bebauungsplans zu erstecken, vermag nicht zu überzeugen. die beklagte hat insofern zutreffend dargelegt, dass es im gesamten künftigen planbereich grundstücke gebe, die einen einzelhandelsbetrieb durch nutzungsänderung ermöglichten oder die es ermöglichten, so wie die klägerin es beabsichtige, ein bestandgebäude zu gunsten eines neuen einzelhandelsbetriebes zu beseitigen. 50die veränderungssperre besteht zum entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung grundsätzlich noch fort. sie tritt nach ihrem § 6 nach ablauf von zwei jahren, also im april 2022, außer kraft, wenn bis dahin die bauleitplanung noch nicht rechtsverbindlich abgeschlossen ist. auf die zweijahresfrist ist allerdings nach § 17 abs. 1 s. 2 baugb der seit der zustellung der ersten zurückstellung eines baugesuchs nach § 15 abs. 1 baugb abgelaufene zeitraum anzurechnen. diese vorschrift ist nach allgemeiner ansicht auch auf die zurückstellung von bauvoranfragen anwendbar. da der klägerin bereits am 31. mai 2019 ein zurückstellungsbescheid zugestellt worden ist, könnte die geltungsdauer der veränderungssperre ihrem grundstück gegenüber bereits abgelaufen sein. ziel der anrechnungsbestimmung ist indes, dem einzelnen grundstückseigentümer in der summe kein länger anhaltendes bauverbot zuzumuten, als nach art. 14 des grundgesetzes vertretbar. der aus der zurückstellung und der veränderungssperre insgesamt resultierende stillstand soll nicht über das vom gesetzgeber für zumutbar gehaltene maß hinaus ausgedehnt werden. daraus folgt, dass eine veränderungssperre nur gegenüber demjenigen keine wirkung entfaltet, den sie bei berücksichtigung der nach § 17 abs. 1 s. 2 baugb anzurechnenden zeit mit einer zeitlich zu lang ausgedehnten sperre belegen würde, während ihre geltung für andere davon unberührt bleibt. bei der beantwortung der frage, ob das im einzelfall zutrifft, müssen die regelungen in § 17 abs. 1 s. 3 und abs. 2 baugb – ebenfalls individuell – zugunsten der gemeinde in rechnung gestellt werden. ist eine für zwei jahre verhängte veränderungssperre gegenüber einem bestimmten betroffenen infolge der von § 17 abs. 1 s. 2 baugb vorgeschriebenen anrechnung nicht wirksam, so kann sich dieser dennoch nicht darauf berufen, wenn im hinblick auf sein grundstück die voraussetzungen vorliegen, unter denen die sperre nach § 17 abs. 1 s. 3 baugb verlängert werden dürfte. 51so (ohne zwischen „echter“ und „faktischer“ zurückstellung zu differenzieren) bverwg, urteil vom 10. september 1976 – 4 c 39.74 –, njw 1977, 400; vgh b.-w., urteil vom 6. juli 1989 – 10 s 2687/88 –, nvwz-rr 1990; stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugesetzbuch, lfg. 133 mai 2019, § 17 rn. 14; rieger, in: schrödter, baugb, 9. aufl. 2019, § 17 rn. 3, und schiller, in: gelzer/ bracher/reidt, bauplanungsrecht, 8. aufl. 2014, rn. 2542; für die faktische zurückstellung auch bverwg, beschluss vom 27. juli 1990 – 4 b 156/89 –, nvwz 1991, 62; ovg nrw, urteil vom 4. juli 1997 – 7 a 3458/93 –, juris; vgh b.-w., urteil vom 10. dezember 1993 – 8 s 994/92 –, upr 1994, 455, und vom 28. oktober 1999 – 5 s 439/98 –, juris; anderer ansicht sennekamp, in: brügelmann, baugesetzbuch, lfg. 82 mai 2012, § 17 rn. 34 ff., und schenke, wiverw 1994, 253 (287, 303 ff.). 52da an dem vorliegen der voraussetzungen für eine verlängerung um ein weiteres jahr nach § 17 abs. 1 s. 3 baugb nicht zu zweifeln ist – insbesondere sind die planungsabsicht und das sicherungsbedürfnis nach wie vor gegeben –, kann die klägerin sich trotz der anrechenbaren zurückstellungszeit noch nicht auf einen ablauf der veränderungssperre berufen. 53die somit wirksame und auch in bezug auf das grundstück der klägerin geltende veränderungssperre steht dem in der bauvoranfrage beschriebenen vorhaben entgegen. denn ein sb-lebensmittelmarkt mit 1.267 qm verkaufsfläche wäre nach der bisherigen planung der beklagten, die nichtzulässigkeit von einzelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten kernsortimenten im plangebiet festzusetzen, unzulässig. 54das bauvorhaben kann auch nicht im wege der ausnahme gemäß § 14 abs. 2 baugb zugelassen werden. die tatbestandlichen voraussetzungen der ausnahme liegen nicht vor. ein vorhaben, das mit dem sicherungszweck der veränderungssperre nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten planung widerspricht oder diese erschwert, darf auch im wege der ausnahme nicht zugelassen werden; andernfalls könnte die veränderungssperre ihre aufgabe nicht erfüllen. 55bverwg, beschluss vom 9. februar 1989 – 4 b 236/88 –, baur 1989, 432 f. 56ii. 57auch mit dem hilfsantrag hat die klage keinen erfolg. 58die kammer unterstellt zugunsten der klägerin, dass auch dieser antrag zulässig ist. 59seine zulässigkeit ergibt sich allerdings nicht (unmittelbar) aus § 113 abs. 1 s. 4 vwgo. denn die hier geregelte fortsetzungsfeststellungklage ist zwar auch auf verpflichtungsklagen, bei denen sich der geltend gemachte anspruch erledigt hat, (analog) anwendbar. mit der fortsetzungsfeststellungsklage kann aber stets nur die rechtslage im zeitpunkt unmittelbar vor dem erledigenden ereignis festgestellt werden. soll – über den streitgegenstand der bisherigen, erledigten klage hinausgehend – die rechtslage in einem früheren zeitpunkt oder zeitraum zum gegenstand eines feststellungsantrags gemacht werden, so kann dies nur im wege der (allgemeinen) feststellungsklage nach § 43 abs. 1 vwgo geschehen. 60vgl. bverwg, urteile vom 24. januar 1992 – 7 c 24.91 –, bverwge 89, 354 (355 ff.), vom 28. april 1999 – 4 c 4.98 –, bverwge 109, 74 (78 ff.), vom 19. september 2002 – 4 c 13.01 –, bverwge 117, 50 (51) und vom 4. dezember 2014 – 4 c 33.13 –, bverwge 151, 36 (38 f.); ovg nrw, urteile vom 3. mai 2010 – 7 a 2115/08 –, juris (rn. 40 ff.), und vom 22. februar 2017 – 7 a 1397/15 –, juris (rn. 123). 61steht der entsprechende (allgemeine) feststellungsantrag in einem sachlichen zusammenhang mit einem erledigten verpflichtungsbegehren, kann dem kläger allerdings zugutekommen, dass § 113 abs. 1 s. 4 vwgo kraft gesetzgeberischer wertung im vergleich zur isolierten anwendung des § 43 abs. 1 vwgo geringere anforderungen an das rechtsschutzbedürfnis stellt. auch die allgemeine feststellungklage kann in einer solchen konstellation aus prozessökonomischen gründen an den rechtsgedanken des § 113 abs. 1 s. 4 vwgo anknüpfen. 62so bverwg, urteil vom 28. april 1999 – 4 c 4.98 –, bverwge 109, 74 (80); vgh b.-w., urteil vom 27. oktober 2010 – 5 s 875/09 –, juris (rn. 110 ff.). 63dem entsprechend werden nach inkrafttreten einer veränderungssperre oder eines bebauungsplans gestellte anträge auf feststellung, dass in einem früheren zeitraum anspruch auf erteilung einer baugenehmigung oder eines bauvorbescheides bestand, in der rechtsprechung grundsätzlich für zulässig gehalten. 64vgl. nur bverwg, beschluss vom 21. oktober 2004 – 4 b 76.04 –, juris, urteil vom 20. mai 2010 – 4 c 7.09 –, bverwge 137, 74 (78 f.); bayvgh, urteil vom 10. märz 2004 – 26 bv 02.1127 –, juris (rn. 36 ff.). 65im vorliegenden fall kommt allerdings hinzu, dass nicht nur der zeitraum, für den eine entsprechende feststellung begehrt wird, deutlich vor dem zeitpunkt der durch die bekanntmachung der veränderungssperre eingetretenen erledigung des geltend gemachten (haupt-) begehrens liegt, sondern dass dieser zeitpunkt der erledigung auch vor dem des klageeingangs liegt. es stellt sich die frage, ob das hinter der fortsetzungsfeststellungsklage stehende anliegen, dem kläger die früchte des von ihm geführten verwaltungsrechtsstreits zu erhalten, auch in einer solchen konstellation trägt und einer (allgemeinen) feststellungsklage zur zulässigkeit verhilft. für den originären anwendungsbereich des § 113 abs. 1 s. 4 vwgo entspricht es nämlich allgemeiner meinung, dass die absicht, einen amtshaftungsprozess zu führen, kein fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen vermag, wenn die erledigung bereits vor klageerhebung eingetreten ist, weil in einem solchen fall keine „früchte“ des verwaltungsrechtsstreits zu erhalten sind und die klage ohne weiteres unmittelbar beim zivilgericht anhängig gemacht werden kann. 66vgl. bverwg, urteil vom 20. januar 1989 – 8 c 30.87 –, bverwge 81, 226 (227 f.). 67allerdings hat das bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die vorstehende, zur anfechtungsklage ergangene rechtsprechung auf die verpflichtungsklage auf erteilung eines bauvorbescheides nicht übertragbar sei, 68vgl. bverwg, urteil vom 21. oktober 2004 – 4 b 76.04 –, juris (rn. 2), 69und es finden sich in der tat gründe, eine solche konstellation anders zu beurteilen. steht nämlich bei erhebung der klage als hauptbegehren die verpflichtung der behörde zur erteilung einer baugenehmigung oder eines bauvorbescheides – also der „primärrechtsschutz“ – im raum, so stellt sich das gewählte vorgehen, den amtshaftungsanspruch zunächst nicht beim zivilgericht anhängig zu machen, aus sicht des klägers als prozessökonomisch sinnvoll dar. für den fall, dass er mit dem hauptbegehren unterliegt, möchte er sich zwar die möglichkeit eines schadensersatzprozesses offenhalten; er hat aber (häufig) kein interesse, beide prozesse von vornherein parallel zu führen. hinzu kommt, dass es dem kläger bis zum abschluss des verwaltungsgerichtlichen verfahrens noch nicht möglich ist, den in rede stehenden schaden abschließend zu beziffern. denn vom ausgang des verwaltungsrechtsstreits hängt ab, ob er lediglich ersatz des verzögerungsschadens beanspruchen kann (und in welcher höhe) oder ersatz für den durch eine endgültige ablehnung seines bauwunsches entstehenden schaden. würde er von vornherein (auch) das zivilgericht anrufen, hätte der kläger nicht nur damit zu rechnen, dass er von diesem gericht möglicherweise auf den vorrang des primärrechtsschutzes verwiesen wird, 70vgl. dazu etwa bverwg, urteil vom 11. märz 1993 – 3 c 90.90 –, bverwge 92, 172 (174 f.), 71sondern er müsste davon ausgehen, vor dem zivilgericht zunächst nur eine schadensersatzforderung dem grunde nach einklagen zu können und über die konkrete höhe nach abschluss des verwaltungsgerichtlichen verfahrens erneut prozessieren zu müssen. unter diesen umständen spricht einiges dafür, den rechtsgedanken des § 113 abs. 1 s. 4 vwgo zugunsten des klägers heranzuziehen und einen an die hauptantraglich erhobene verpflichtungsklage hilfsweise anknüpfenden feststellungsantrag für zulässig zu halten. auch der in § 43 abs. 2 vwgo statuierte grundsatz der subsidiarität der allgemeinen feststellungsklage gegenüber der leistungsklage steht der zulässigkeit der klage dann nicht im wege. 72vgl. zur diesbezüglichen einordnung des problems nur sodan, in: nk-vwgo, 5. aufl. 2018, § 43 rn. 96, m.w.n. 73der zulässigkeit der klage lässt sich vorliegend auch nicht entgegenhalten, dass die klägerin ihre absicht, einen schadensersatzprozess zu führen, nicht hinreichend substantiiert hätte. soll die begehrte feststellung der vorbereitung einer zivilrechtlichen klage auf schadensersatz oder entschädigung dienen, so ist das feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher prozess bereits anhängig, mit sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte feststellung in diesem verfahren erheblich und die rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist. insoweit bedarf es hinreichender darlegungen seitens des die feststellung begehrenden klägers. hierzu gehört insbesondere, dass er die behauptung eines eingetretenen schadens durch angaben zur art des schadens und zur annähernden schadenshöhe substantiiert. 74vgl. etwa ovg nrw, urteile vom 29. november 2016 – 10 a 55/15 –, juris (rn. 29) und vom 25. februar 2019 – 10 a 2557/16 –, juris (rn. 162) m.w.n. 75diesen anforderungen ist die klägerin durch ihren schriftsatz vom 18. januar 2022 und die ergänzenden ausführungen in der mündlichen verhandlung gerecht geworden. dass die schadenshöhe bislang nicht konkret beziffert worden ist, hält die kammer für unschädlich; für die entsprechenden (aufwendigen) berechnungen besteht derzeit noch kein anlass. 76entgegen der auffassung der beklagten lässt sich das feststellungsinteresse auch nicht deshalb negieren, weil die bauvoranfrage vorliegend einen begrenzten umfang hatte. es trifft zu, dass der klägerin nur dann ein schaden entstanden sein kann, wenn sie bei erteilung eines positiven bauvorbescheides ihr vorhaben hätte umsetzen können. richtig ist ferner, dass die erteilung der baugenehmigung von weiteren voraussetzungen – namentlich von der in § 34 abs. 3 baugb statuierten – abhängig gewesen wäre. dass in einem sich anschließenden zivilrechtsstreit diese weiteren voraussetzungen von der klägerin belegt werden müssten, ändert aber nichts daran, dass mit der feststellung, dass die beklagte in dem fraglichen zeitraum einen positiven bauvorbescheid hätte erteilen müssen, ein wesentlicher baustein der schadensersatz- bzw. entschädigungsforderung rechtskräftig festgestellt würde. 77der hilfsantrag ist indes unbegründet. 78die klägerin hatte in dem fraglichen zeitraum (25. bis 30. mai 2019) keinen anspruch auf erteilung des beantragten bauvorbescheides. dessen erteilung stand nämlich schon das an den aufstellungsbeschluss des rates vom 28. märz 2019 anknüpfende schreiben des referats stadtplanung der beklagten an das referat bauordnung vom 12. april 2019 entgegen, mit dem die zurückstellung der bauvoranfrage der klägerin beantragt worden war. 79wird eine veränderungssperre nicht beschlossen, obwohl die voraussetzungen gegeben sind oder ist eine beschlossene veränderungssperre noch nicht in kraft getreten, hat die baugenehmigungsbehörde gemäß § 15 abs. 1 baugb auf antrag der gemeinde die entscheidung über die zulässigkeit von vorhaben im einzelfall für einen zeitraum von bis zu zwölf monaten auszusetzten, wenn zu befürchten ist, dass die durchführung der planung durch das vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. die regelung dient der sicherung des den gemeinden zustehenden rechts auf eine ihren vorstellungen entsprechende bauleitplanung und schützt damit die – im kern verfassungskräftige – gemeindliche planungshoheit. 80vgl. nur bverwg, urteil vom 26. märz 2015 – 4 c 1.14 –, juris (rn. 11). 81die bauaufsichtsbehörde ist, wenn die voraussetzungen des § 15 baugb vorliegen, an den antrag der gemeinde gebunden. erteilt sie entgegen einem entsprechenden antrag die gewünschte baugenehmigung oder den gewünschten bauvorbescheid, ist diese entscheidung rechtswidrig und die gemeinde kann kraft ihrer planungshoheit ihre aufhebung verlangen. 82vgl. nur hessvgh, beschluss vom 10. juli 2009 – 4 b 426/09 –, juris; hornmann, in: beckok baugb, stand: august 2021, § 15 rn. 24; stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb, kommentar, stand: august 2021, § 15 rn. 104. 83es entspricht allgemeiner ansicht, dass es des in § 15 abs. 1 baugb als formelle voraussetzung der zurückstellung benannten antrags der gemeinde nicht bedarf, wenn diese – wie hier – selbst baugenehmigungsbehörde ist. 84vgl. nur ovg nrw, beschluss vom 17. märz 2006 – 8 b 1920/05 –, nvwz-rr 2006, 597 (598); ndsovg, beschluss vom 28. märz 2017 – 1 me 7/17 –, juris; rieger, in: schrödter, baugb, 9. aufl. 2019, § 15 rn. 9; széchényi, in: jäde/dirnberger, baugb, 9. aufl. 2018, § 15 rn. 12. 85auch in diesem falle besteht allerdings ein bedürfnis nach der mit dem antragsrecht der gemeinde erstrebten sicherung der gemeindlichen planungshoheit. in der literatur wird daher die auffassung vertreten, die planungshoheit müsse bei identität von gemeinde und baugenehmigungsbehörde durch sinnfällige gemeindeinterne regelungen gewahrt werden, etwa in form eines „quasi-antragsrechts“, welches das planungsamt der gemeinde wahrnehme und an dessen ausübung die bauaufsichtsbehörde ebenso gebunden sei, als sei sie keine behörde der betreffenden gemeinde. 86so stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb, kommentar, stand: august 2021, § 15 rn. 36, und offenbar auch sennekamp, in: brügelmann, baugb, kommentar, stand: juli 2021, § 15 rn. 33. 87dem schließt die kammer sich an. denn eine solche verfahrensweise entspricht sinn und zweck des § 15 baugb und ist geeignet, den verfassungskräftigen rechten der gemeinde zur durchsetzung zu verhelfen. zu bedenken ist nämlich, dass die gemeinde als bauaufsichtsbehörde untere staatliche verwaltungsbehörde ist (§ 57 abs. 1 bauo nrw 2018). als solche erfüllt sie eine „pflichtaufgabe zur erfüllung nach weisung“ (§ 58 abs. 1 bauo nrw 2018 i.v.m. § 12 ordnungsbehördengesetz nrw) und ist der sonderaufsicht der übergeordneten behörden unterworfen, die durch allgemeine und besondere weisungen einfluss auf die verwaltungstätigkeit nehmen können (§ 9 ordnungsbehördengesetz nrw). 88vgl. z.b. ovg nrw, urteil vom 14. januar 1992 – 10 a 111/88 –, juris (rn. 33); vg köln, urteil vom 8. september 2021 – 23 k 7046/18 –, juris (rn. 57 ff.). 89gegenüber dieser funktion als unterer staatlicher verwaltungsbehörde ist die stellung der gemeinde als trägerin der planungshoheit, die gemäß § 2 abs. 1 baugb in eigener verantwortung über die bauleitplanung zu entscheiden hat, notwendigerweise verselbständigt. die annahme eines „quasi-antragsrechts“ in dem dargelegten sinne und einer entsprechenden bindungswirkung zugunsten der planenden gemeinde trägt dieser unterscheidung rechnung und schafft die möglichkeit, die verantwortungssphären sauber gegeneinander abzugrenzen. begehrt die gemeinde als trägerin der bauleitplanung die zurückstellung eines bauantrages oder einer bauvoranfrage, darf die (mit ihr formal identische) untere bauaufsichtsbehörde dieses begehren nicht ignorieren und auch eine weisung, die baugenehmigung oder den vorbescheid trotz des entgegenstehenden willens der gemeinde zu erteilen, darf nicht ergehen. allenfalls können die übergeordneten behörden kommunalaufsichtliche maßnahmen ergreifen, um die bindung der bauaufsichtsbehörde an den „quasi-antrag“ der gemeinde entfallen zu lassen, wenn sie diesen für rechtswidrig halten. 90so ausdrücklich stock, in: ernst/zinkahn/bielenberg/ krautzberger, baugb, kommentar, stand: august 2021, § 15 rn. 41d. 91der annahme einer bindungswirkung „innerhalb der gemeinde“ lässt sich auch nicht entgegen halten, dass der bürger nach einem entsprechenden „quasi-antrag“ einer schlichten untätigkeit der bauaufsichtsbehörde schutzlos ausgeliefert ist. denn wenn diese behörde nicht zeitnah einen zurückstellungsbescheid erlässt, ist – abgesehen von der möglichkeit der untätigkeitsklage nach § 75 vwgo – die zeit, die nach ablauf einer angemessenen frist ab entscheidungsreife vergeht, als „faktische zurückstellung“ auf die maximale dauer einer zurückstellung (und einer sich anschließenden veränderungssperre) anzurechnen. 92vgl. nur ndsovg, beschluss vom 28. märz 2017 – 1 me 7/17 –, juris (rn. 42). 93vorliegend hat der rat der beklagten – wie oben bereits aufgezeigt – bereits am 28. märz 2019 die aufstellung eines entsprechenden bebauungsplans beschlossen; der aufstellungsbeschluss ist am 12. april 2019 ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. mit der beschlussfassung hat der rat der beklagten sich erkennbar auch den vorschlag der verwaltung zu eigen gemacht, die streitgegenständliche bauvoranfrage zurückzustellen. denn in der einschlägigen ratsvorlage heißt es (auf seite 5), um auf die eingegangene bauvoranfrage das instrument der zurückstellung anwenden zu können, sei ein aufstellungsbeschluss dringend erforderlich. das schreiben des fachbereichs stadtplanung an das bauaufsichtsamt vom 12. april 2019, mit dem die zurückstellung für den zeitraum eines jahres beantragt wird, setzt somit einen entsprechenden willen des rates um. darin ist ein „quasi-antrag“ in dem oben genannten sinne zu sehen, an den die bauaufsichtsbehörde gebunden war. ein positiver bauvorbescheid durfte daher im fraglichen zeitraum nicht erteilt werden. 94nach alledem braucht die kammer nicht zu entscheiden, ob die behörde sich in dem betreffenden zeitraum bereits eine unangemessene verzögerung der bearbeitung der voranfrage vorwerfen lassen muss und ob die materiell-rechtlichen voraussetzungen für die erteilung des begehrten vorbescheides vorlagen. 95iii. 96die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 97die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 98rechtsmittelbelehrung: 99gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 1001. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1012. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1023. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1034. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1045. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 105die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 106auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 107im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. |
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} | 20 O 191/20 | 2022-01-19T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Auf die Hilfswiderklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte EUR 2.120.580,00 nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Mai 2020 zu zahlen. 3. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte weitere Verzugszinsen in Höhe von EUR 14.351,63 zu zahlen. 4. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte weitere Verzugszinsen in Höhe von EUR 4.704,67 zu zahlen. 5. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 10.631,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2020 zu zahlen. 6. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. 7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Parteien sind durch einen sog. Open-House-Vertrag über die Lieferung von Atemschutzmasken miteinander verbunden. 3Ein Open-House-Verfahren ist dadurch geprägt, dass ein öffentlicher Auftraggeber zum Zwecke der Güterbeschaffung Rahmenvertragsvereinbarungen veröffentlicht, zu deren Bedingungen jeder interessierte Lieferant ein vorformuliertes Angebot abgeben kann, das dann per Zuschlag angenommen wird, ohne dass eine Auswahlentscheidung getroffen wird. Da in der Konsequenz sämtliche Angebote angenommen werden, findet kein Wettbewerb zwischen den Teilnehmern statt. Das Verfahren unterfällt daher keinen vergaberechtlichen Vorschriften. Weitere Konsequenz ist, dass das Auftragsvolumen nicht immer klar vorhersehbar ist. 4Anlass für das hier streitgegenständliche Open-House-Verfahren war der Beginn der Corona-Pandemie und der damit verbundene große Bedarf an medizinischer Schutzausrüstung für Personen (PSA), insb. in Form von Atemschutzmasken. 5Unter dem 00.00.2020 erfolgte durch die Klägerin eine Auftragsbekanntmachung über einen Lieferauftrag für Schutz- und Sicherheitskleidung, und zwar „FFP2 Masken, OP-Masken und Schutzkittel“ (Anlage K 27, Bl. 406 ff. d.A.). Darin ist u.a. folgendes festgehalten: 6Das Vertragssystem beginnt ab sofort zu laufen und endet mit Ablauf des 30.4.2020. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass spätester Liefertermin der 30.4.2020 innerhalb der üblichen Geschäftszeiten der A, Anschrift 1, ist. 7Nachträglich verkürzte die Klägerin das Ende der Ablaufzeit zur Einreichung von Angeboten auf den 08.04.2020 (Bl. 412 d.A.). 8Die Beklagte reichte unter dem 08.04.2020 ein Angebot mittels des klägerseits vorgefertigten Vertragstextes ein (Anlage K1, Bl. 33 ff. d.A.). Sie bot die Lieferung von 2.000.000 „FFP2-Masken“ an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertragstext Bezug genommen. Dieser enthält u.a. folgende Regelungen: 9§ 2 Vertragsbestandteile 102.1. Folgende Unterlagen und Bestimmungen sind in Ergänzungen der Regelungen dieses Vertrages Bestandteile des Vertragsverhältnisses: 11a. die Leistungsbeschreibung mit den Stückpreisen für die einzelnen Produktgruppen (….) 12§ 3 Leistung/Lieferung (…) 133.2 Die Lieferung der Produkte hat an die A, Anschrift 1, während der üblichen Geschäftszeiten zu erfolgen; die üblichen Geschäftszeiten sind von dem AN bei der A zu erfragen. Die Lieferung ist der A in Textform mit einer Frist von mindestens drei Kalendertagen vor dem Liefertermin anzukündigen. Spätester Liefertermin ist der 30.04.2020 innerhalb der Geschäftszeiten gemäß S. 1. Bei Nichteinhaltung des spätesten Liefertermins entfallen die gegenseitigen Pflichten der Vertragspartner; eine verspätete Lieferung stellt keine Erfüllung des Vertrages durch den AN dar (absolutes Fixgeschäft). 14§ 5 Zahlung 155.1 Der AG zahlt die vereinbarte Vergütung bargeldlos binnen einer Woche nach erfolgter Lieferung und Eingang einer den Vorschriften des Umsatzsteuerrechts entsprechenden Rechnung bei der A, Anschrift 1, auf das von dem AN angegebene Konto. 5.2 Jede Zahlung erfolgt unter dem Vorbehalt des Anspruchs auf Rückerstattung wegen nicht oder mangelhaft erbrachter Leistungen (…) 16§ 6 Mängelansprüche 176.1 Für Sach- und Rechtsmängelansprüche gelten die gesetzlichen Vorschriften, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. 186.2 Eine Untersuchungs-/Rügeobliegenheit des AG beschränkt sich auf Mängel, die nach der Ablieferung unter äußerlicher Begutachtung offen zutage treten (z. B. Transportbeschädigungen, Falsch- und Minderlieferungen). Eine Rüge/Mängelanzeige gilt als unverzüglich und rechtzeitig, wenn sie innerhalb von sieben Kalendertagen beim AN eingeht. 19§ 7 Laufzeit des Vertrages/sonstige Vereinbarungen 207.1 Der Vertrag tritt mit Zuschlagserteilung des AG auf das im Open-House-Verfahren abgegebene Angebot des AN in Kraft und endet mit Ablauf des 30.04.2020. Die durch eine innerhalb der Vertragslaufzeit erfolgte Lieferung begründeten Rechte und Pflichten des AG und des AN bestehen auch nach dem Ablauf der Vertragslaufzeit fort. 21Die vertragliche Leistungsbeschreibung (Anlage 1 zum Vertrag, Bl. 415 d.A.) enthält folgende Vorgaben: 22FFP2 Masken: Preis pro Stück (€) netto 4,50 23Beschreibung: 24Atmungsaktives Design, das nicht gegen den Mund zusammenfällt (z.B. Entenschnabel, becherförmig) Versehen mit einer Metallplatte an der Nasenspitze · Kann wiederverwendbar* (aus robustem Material, das gereinigt und desinfiziert werden kann) oder Einwegartikel sein 25Normen/Standards: 26Atemschutzgerät "N95" gemäß FDA Klasse II, unter 21 CFR 878.4040, und CDC NIOSH, oder "FFP2" gemäß EN 149 Verordnung 2016/425 Kategorie III 27oder gleichwertige Normen, auch KN95 (CHN) 28Die Klägerin bestätigte den Zuschlag unter dem 10.04.2020 (Anlage K3, Bl. 40 d.A.). 29Am 15.04.2020 (also nach Vertragsschluss) versandte die Klägerin an ihre Vertragspartner Unterlagen über Lieferstandards (Anlage K 24, Bl. 425 ff. (428) d.A.). Darin ist u.a. vorgegeben: 30Jede Palette muss hersteller- und sortenrein sein. 31Mit Email vom 23.04.2020 teilte die Klägerin ihren Vertragspartnern mit, dass aufgrund der Vielzahl von Teilnehmern eine Annahme aller Lieferungen zum 30.04.2020 nicht möglich sei. Sofern Lieferungen für den 30.04.2020 avisiert und möglich gewesen wären, dürften diese in Abstimmung mit den Logistikern auch später durchgeführt werden, soweit dies logistisch zwingend erforderlich sei (vgl. Anlage K25, Bl. 432 ff. d.A.). 32Die Beklagte hatte ihre Lieferung rechtzeitig avisiert und lieferte an die Klägerin auf deren Weisung am 04.05.2020 die vertraglich vereinbarte Menge an Masken aus. Hierüber wurden drei Lieferscheine unter den Avis-Nummern $$0001-$$0003 erstellt und vom Logistiker abgezeichnet (Anlagen K7-K9, Bl. 156 ff. d.A., die im gedruckten Text versehentlich auf den 05.04.2020 datieren). Der Lieferartikel wurde darin wie folgt angegeben: „KN95 Protective Masks, EN149:2001 +A1:2009 Manufacturer: B“. Die gelieferten Masken trugen auf der Verpackung und den Masken selbst die Aufschrift „KN95“, und auf der Verpackung den Verweis auf den Herstellungsstandard GB2626 – 2006. 33Die Klägerin ließ die Masken sodann von der TÜV NORD GmbH bzw. deren Tochtergesellschaft C überprüfen. Die Details hierzu sind umstritten. Die technische Prüfung des TÜVs erfolgte jedenfalls unstreitig nicht nach der chinesischen Norm GB2626 für KN95-Masken, sondern „in Anlehnung“ an die EU-Norm für FFP2-Masken, EN 149:2001+A1:2009. (im folgenden: EN 149). 34Der TÜV erstellte über die Prüfungen vom 06.05.-09.05.2020 Prüfberichte (Anlagen K13, K14, Bl. 169 f. d.A für die Avis Nr $$0001; Anlage K48, Bl. 543 d.A. für die Avis-Nr. $$0003). Zudem erstellte er eine genauere Dokumentation über Sensorikprüfungen vom 04.05.2020 und 05.05.2020 (Anlage K 44, Bl. 523ff. d.A. für die Avis-Nr. $$0001; Anlage K 47, Bl. 540 ff. d.A für die Avis-Nr. $$0003). Das Ergebnis für die Prüfung der Lieferungen $$0001 und $$0003 lautete „nicht bestanden“. 35Die Klägerin zahlte am 28.05.2020 die Masken der Lieferungen $$0002 und $$0003 ohne Beanstandungen, und für die Lieferung $$0001 nur 50% der vereinbarten Summe, nämlich 2.120.580,00 EUR (Anlagen K15, K16, Bl. 171 f. d.A.). Die Rechnungsprüfung der Klägerin (Anlage K17, Bl. 173 d.A.) enthält folgende Anmerkungen: 36a) TÜV Berichte für $$0002 und $$0003 vorhanden =› 100% Zahlung 37b) TÜV Bericht für $$0001 unvollständig (Labor ausstehend) =› 50% 38Entsprechend sind 8.589.420,00 EUR zur Anweisung zu bringen 39Details siehe Anlage 1 40Mit Email vom 24.06.2020 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die unter der Nr. $$0001 gelieferten Masken die Laborprüfung nicht bestanden hätten. Sie übersandte der Beklagten die Prüfberichte zu der Lieferung $$0001 und erklärte hinsichtlich dieser Teil-Lieferung den (teilweisen) Rücktritt von dem geschlossenen Vertrag (Anlage K18, Bl. 174 ff. d.A.). 41Während des laufenden Klageverfahrens hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.05.2021 auch den Rücktritt hinsichtlich der Avis-Nr. $$0003 erklärt und nunmehr die entsprechenden TÜV Berichte aus 2020 eingereicht (Anlage K 47). 42Die Parteien streiten über das Bestehen eines Rücktrittsrechts der Klägerin. 43Die Klägerin behauptet, die gelieferten Masken der Avis-Nr. $$0001 sowie Avis-Nr. $$0003 seien insgesamt mangelhaft. Sie beruft sich auf die Mangelhaftigkeit aller gelieferten Masken der Lieferscheine der Avis-Nr. $$0001 und Avis-Nr. $$0003, nicht nur auf die vom TÜV geprüften Masken. Sie hält die Prüfungsmaßnahmen des TÜV aus zahlreichen sachlichen Gründen für zutreffend und geeignet, letztlich diene dieses Prüfergebnis aber nur zur Substantiierung ihrer Mängelrüge. Die Mangelhaftigkeit folge daraus, dass die Masken nicht der Norm GB2606 für KN95-Masken entsprächen. Auf andere mögliche technische Normen komme es nicht an. Die Leistungsbeschreibung begründe ein echtes Wahlschuldverhältnis (§ 262 BGB), alternativ aber jedenfalls ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (§ 315 BGB). Weil die von der Beklagten gelieferten Masken – an sich unstreitig – als KN95-Masken nach der Norm GB2606 gekennzeichnet seien, müssten die Masken auch diese Norm erfüllen. Die TÜV-Überprüfung habe jedoch ergeben, dass die Masken eine unzulässig hohe Durchlässigkeit für Partikel aufwiesen und deswegen weder der Norm GB 2626 noch der Norm EN 149 entsprächen, noch für den Vertragszweck zum Schutze gegen das Coronavirus geeignet seien oder eine übliche Beschaffenheit für medizinische Schutzausrüstung aufwiesen. Obgleich der TÜV nach Parametern der EU-Norm EN 149 geprüft habe, könne daraus geschlussfolgert werden, dass die Masken auch nicht der Norm GB2626 entsprächen, weil in die Prüfung genügend Toleranzbereiche implementiert worden seien, und die Klägerin abweichend von den deutlich strengeren Normvorgaben (6% nach EN 149, 5% nach GB 2626) sogar jede Durchlässigkeit bis zu 15% akzeptiert habe. Überdies ist die Klägerin der Ansicht, dass es zur Feststellung einer mangelhaften Gesamt-Leistung genüge, wenn nur eine einzige Maske aus einer Lieferung mangelhaft sei, denn angesichts der Bedeutsamkeit einerseits und der Vorgaben der technischen Normen andererseits gelte für solche Produkte ein sog. Null-Toleranz-Prinzip. 44Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, ein Rücktrittsrecht sei nicht wegen eines Verstoßes gegen eine etwaige Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen für einen Handelskauf schon nicht einschlägig seien. Zudem sei eine etwaige Rügeobliegenheit nach dem Vertragsinhalt ohnehin auf offensichtliche Mängel beschränkt worden. 45Die Klägerin ist darüber hinaus der Meinung, sie habe von dem Vertrag umgehend zurücktreten dürfen, ohne eine Nachfrist zur Nachbesserung der Mängel setzen zu müssen. Dies folge schon aus den Vertragsunterlagen und Ausschreibungstexten, woraus sich zumindest ein relatives Fixgeschäft ergebe. Soweit es vereinzelt aus zwingenden logistischen Gründen dazu gekommen sei, dass Lieferungen doch noch nach dem 30.04.2020 angenommen worden seien, stehe das der Annahme eines Fixgeschäftes nicht entgegen. Die Klägerin habe die Bedeutung der zeitnahen Lieferung stets betont und im Umgang mit allen Lieferanten hierauf bestanden. Nachbesserungen seien keinem anderen Lieferanten gestattet worden. Auch ergebe sich aus den besonderen Umständen im Zeitpunkt der Ausschreibung des Open House Verfahrens, dass eine Nachlieferungsmöglichkeit nicht bestehen sollte. 46Ursprünglich hat die Klägerin mit ihrer Klage nur Ansprüche auf Rückabwicklung zzgl. Nebenforderungen hinsichtlich der Lieferung mit der Avis-Nr. $$0001 (Anträge 1-4) verfolgt. Mit Schriftsatz vom 28.09.2021 hat sie ihre Klage auf die Rückabwicklung der Lieferung mit der Avis-Nr. $$0003 erweitert (Anträge 5-7). 47Die Klägerin beantragt nunmehr, 481. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.120.580,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Juli 2020 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Rückgabe der noch bei der Klägerin befindlichen unter der Avis-Nr. $$0001 gelieferten mangelhaften Schutzmasken, 492. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Aufwendungen zu ersetzen, die ihr im Zusammenhang mit der Lagerung der noch bei der Klägerin befindlichen unter der Avis-Nr. $$0001 gelieferten mangelhaften Schutzmasken seit dem 00.00.2020 bis zum Zeitpunkt der Abholung der Schutzmasken durch die Beklagte tatsächlich entstanden sind und künftig noch entstehen werden, 503. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 00.00.2020 mit der Abholung der noch bei der Klägerin befindlichen unter der Avis-Nr. $$0001 gelieferten mangelhaften Schutzmasken in Annahmeverzug befindet, 514. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere EUR 10.631,90 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. November 2020 zu zahlen, 525. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 2.227.680,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem siebten Kalendertag nach Zustellung des Schriftsatzes der Klägerin vom 28. Mai 2021 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Rückgabe der noch bei der Klägerin befindlichen unter der Avisnummer $$0003 gelieferten mangelhaften KN95 Schutzmasken, 536. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Aufwendungen zu ersetzen, die ihr im Zusammenhang mit der Lagerung der noch bei der Klägerin befindlichen unter der Avisnummer $$0003 gelieferten mangelhaften KN95 Schutzmasken seit dem zweiten Werktag nach Zustellung des Schriftsatzes der Klägerin vom 28. Mai 2021 bis zum Zeitpunkt der Abholung der Schutzmasken durch die Beklagte tatsächlich entstanden sind und künftig noch entstehen werden, 547. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem zweiten Werktag nach Zustellung des Schriftsatzes der Klägerin vom 28. Mai 2021 mit der Abholung der noch bei der Klägerin befindlichen unter der Avisnummer $$0003 gelieferten mangelhaften KN95 Schutzmasken in Annahmeverzug befindet. 55Die Beklagte beantragt, 56die Klage abzuweisen. 57Hilfswiderklagend für den Fall der Klageabweisung beantragt die Beklagte, 581. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte EUR 2.120.580,00 nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Mai 2020 zu zahlen, 592. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte weitere Verzugszinsen in Höhe von EUR 14.351,63 zu zahlen, 603. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte weitere Verzugszinsen in Höhe von EUR 4.704,67 zu zahlen, 614. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 10.631,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2020 zu zahlen. 62Die Klägerin beantragt, 63die Hilfswiderklage abzuweisen. 64Die Beklagte behauptet, die Masken seien mangelfrei und erfüllten die Voraussetzungen der Norm GB2626 für KN95-Masken. Die TÜV-Prüfung sei nicht geeignet, Rückschlüsse auf die Einhaltung der Norm GB2626 zuzulassen, denn diese sei in Anlehnung an die Norm EN149 für FFP2-Masken durchgeführt worden. Gerade weil beide Normen aber – an sich unstreitig – etwas unterschiedliche Prüfparameter vorsehen, könne die Einhaltung der Norm GB2626 nicht zuverlässig beurteilt werden. Die Beklagte rügt weiter, dass sich aus den Prüfprotokollen auch nicht ergebe, mit welchem konkreten Versuchsaufbau der Durchlassgrad – insb. mit welchen Partikeln in welcher Partikelgröße und mit welchem Volumenstrom etc. – gemessen worden sei. Außerdem sei keine repräsentative Menge an Stichproben genommen worden. 65Die Beklagte vertritt weiterhin die Ansicht, ein Rücktritt sei schon gemäß § 377 HGB ausgeschlossen, weil die Klägerin die Mängel nicht unverzüglich gerügt habe. Die Vorschrift sei auch anzuwenden, weil die Klägerin ausweislich diverser Dokumente des X mit Gewinnerzielungsabsicht, jedenfalls aber entgeltlich gehandelt habe, was unter Berücksichtigung des Auftragsvolumens für die Annahme eines Handelsgeschäfts genüge. Soweit der Vertrag eine Begrenzung der Rügepflicht auf offensichtliche Mängel vorsehe, sei diese Vereinbarung unwirksam. 66Die Beklagte ist zudem der Ansicht, die Klägerin hätte nicht vom Vertrag zurücktreten dürfen, ohne der Beklagten vorher unter Fristsetzung Gelegenheit zu geben, etwaige Mängel nachzubessern. Von einem Fixgeschäft könne nicht ausgegangen werden, da die Klägerin durch ihren Umgang mit diversen anderen Lieferanten deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass es ihr nicht auf die Einhaltung des Lieferdatums ankomme. Aus der Dokumentation diverser Auskünfte im Y ergebe sich, dass die Klägerin in den Monaten nach April und Mai 2020 kontinuierlich weitere Lieferungen von Masken zugelassen und entgegengenommen habe. Zudem habe die Klägerin anderen Lieferanten auch das Recht zur Nacherfüllung eingeräumt. Da in Open-House-Verträgen von öffentlichen Auftraggebern der Gleichheitsgrundsatz gelte, hätte sie der Beklagten daher erst recht die Möglichkeit zur Nachbesserung einräumen müssen. 67Die der Klageerweiterung zugrundeliegende Rücktrittserklärung zu der Avis-Nr. $$0003 hält die Beklagte außerdem für treuwidrig, weil die angeblichen Prüfberichte ein Jahr vor der Rücktrittserklärung datierten, und die Klägerin durch die vorbehaltslose Zahlung einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. 68Die Beklagte erklärt zunächst die Hilfsaufrechnung mit Ansprüchen auf Verzugszinsen in Höhe von 14.351,63 EUR und 4.704,67 EUR (insgesamt 19.056,31 EUR) die daraus resultieren, dass die Klägerin – an sich unstreitig – nicht entsprechend dem Vertrag binnen einer Woche nach Lieferung zahlte. 69Mit der Hilfswiderklage verfolgt sie – für den Fall, dass die Klage abgewiesen werden sollte – diese Ansprüche weiter und fordert außerdem die noch offene Rest-Kaufpreiszahlung sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. 70Die Klägerin tritt der Hilfswiderklage entgegen mit der Begründung, eine Kaufpreisforderung und Nebenansprüche bestünden aufgrund der wirksamen Rücktrittserklärungen nicht. 71Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen. 72Entscheidungsgründe: 73Die zulässige Klage ist unbegründet, während die zulässige Hilfswiderklage begründet ist. 741. Klage 75Die Klage ist unbegründet, weil der Klägerin gegen die Beklagte keiner der geltend gemachten Klageansprüche zusteht. 76a. 77Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf (Teil)-Rückabwicklung des Kaufvertrages bezüglich der Lieferungen mit den Avis-Nr. $$0001 und $$0003 zu. 78Es kann dahinstehen, ob die gelieferten Masken mangelhaft waren, und ob es sich um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelte und die Klägerin rechtzeitig im Sinne etwaiger Rügeobliegenheiten handelte. Ein Anspruch auf Rückabwicklung scheitert jedenfalls daran, dass ein Rücktritt vorliegend nicht ohne vorherige Fristsetzung erfolgen durfte. 79Ein Rücktritt von einem Kaufvertrag wegen mangelhafter Leistungen setzt gemäß §§ 323 Abs. 1, 437, 440 BGB grundsätzlich voraus, dass eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde und erfolglos verstrichen ist. Hiervon gibt es gesetzlich geregelte Ausnahmen, von denen jedoch keine einschlägig ist. Die Fristsetzung war hier insbesondere nicht gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB (oder § 376 HGB) aufgrund eines sog. Fixgeschäfts entbehrlich. 80Ein sog. „absolutes“ Fixgeschäft liegt vor, wenn bei der Nichteinhaltung der Leistungszeit bei wertender Betrachtung Unmöglichkeit eintritt, weil die Leistungszeit so wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr sein kann (vgl. Palandt, BGB 81. Aufl. § 271 Rz. 17 m.w.N.; z.B. Bestellungen für bestimmte Veranstaltungen, die danach nie mehr benötigt werden). Bei einem absoluten Fixgeschäft greifen daher die Regelungen über die Unmöglichkeit ein (§§ 275, 283 BGB). Bei einem „relativen“ Fixgeschäft muss die Einhaltung der Leistungszeit aber auch so wesentlich sein, dass mit der zeitgerechten Leistung das Geschäft „stehen und fallen“ soll (vgl. Palandt, BGB 81. Aufl. § 323 Rz. 19 ff m.w.N.). Ob ein Fixgeschäft vorliegt, ist grundsätzlich durch Auslegung zu ermitteln. 81Soweit die Klägerin in die von ihr einseitig vorgegebenen Vertragsklauseln, die damit der Klauselkontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterfallen, eine Vereinbarung aufgenommen hat, wonach ein „absolutes Fixgeschäft“ vorliege, ist diese Vereinbarung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Denn der Fixcharakter einer Lieferfrist im Kaufrecht kann nach ständiger Rechtsprechung nicht wirksam in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 17. Januar 1990 – VIII ZR 292/88 - NJW 1990, 2065). Dadurch würde der Klauselverwender/Käufer von der Verpflichtung zur Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 1 BGB (§ 326 BGB a.F.) entbunden, was eine unangemessene Benachteiligung des Verkäufers i.S.v. § 307 BGB (§ 9 AGBG a.F.) bewirken würde (BGH a.a.O.). Denn dieser hat nach den gesetzlichen Vorschriften regelmäßig das Recht, nachliefern bzw. nacherfüllen zu dürfen, um seinen Kaufpreisanspruch zu erhalten. Dieses Recht wird ihm durch die Fixgeschäftsklausel genommen. 82Entgegen der Ansicht der Klägerin rechtfertigt der vorliegende Fall auch keine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild, und zwar unabhängig davon, ob man dem ausdrücklichen Wortlaut zufolge von einem absoluten Fixgeschäft ausgeht oder eine Umdeutung der Klausel in ein relatives Fixgeschäft in Erwägung zieht. Denn beide Varianten bewirken gleichermaßen eine unangemessene Benachteiligung des Verkäufers, indem dieser sein Recht auf Nachbesserungen bzw. Nachlieferungen verliert. Der Bundesgerichtshof hat in seiner oben zitierten Rechtsprechung zwar ausdrücklich offengelassen, ob es anders zu bewerten wäre, wenn eine fixe Lieferfrist durch allgemeine Geschäftsbedingungen dort vereinbart wird, wo Fixgeschäfte branchenüblich sind. Medizinische Schutzartikel sind aber Waren, die üblicherweise wie jede andere Ware gehandelt werden, ohne dass es einer Fixabrede bedürfte. Denn diese Waren werden üblicherweise fortlaufend, und gerade nicht nur für einen ganz bestimmten Termin oder Zeitraum benötigt, nach welchem sie wertlos würden – anders als z.B. spezielle Saisonartikel oder Artikel für singuläre Ereignisse (wie Jubiläumsfeiern, Volksfeste, Sportfestspiele etc.). Auch ein Open-House-Verfahren oder der Sonderfall einer Notfallbeschaffung von Schutzartikeln durch den Staat aufgrund einer Pandemie rechtfertigen kein Abweichen vom gesetzlichen Leitbild. Denn beides verdeutlicht zwar die Dringlichkeit einer schnellen Vertragsabwicklung, erfordert aber nicht per se ein fixes Lieferdatum; und zwar schon deswegen nicht, weil bereits zum Zeitpunkt der Auftragsbekannmachung Ende März 2020 offensichtlich war, dass die Pandemie nicht etwa am 30.04.2020 beendet wäre, sondern noch weit über diesen Zeitpunkt hinaus andauern würde. Eine bloße Dringlichkeit alleine macht es aber noch lange nicht angemessen, einem Verkäufer von Waren sein Nachbesserungsrecht gänzlich zu verwehren, zumal dem Käufer auch ohne Fixabrede genügend Druckmittel zur Verfügung gestanden hätten, um über die gesetzlichen Verzugsvorschriften mit entsprechend kurzen Fristsetzungen auf eine schnelle Lieferung hinzuwirken. Zudem wird der Verlust des Rechts auf Fristsetzungen und Nachbesserungen durch das gewählte Vertragskonstrukt auch nicht angemessen kompensiert. Denn der Beklagten als Verkäuferin werden hierin gerade keine besonderen Vorteile gewährt, welche einen solch gravierenden Nachteil ausgleichen könnten. Entgegen der Ansicht der Klägerin enthält ihr Vertrag in § 5 gerade keine Vorleistungspflicht ihrerseits, vielmehr zahlt sie nach dem Vertragswerk nicht einmal Zug-um-Zug gegen Leistungserhalt, wie es das gesetzliche Leitbild vorsieht, sondern sogar noch später. Der gewählte Ankaufspreis von 4,50 EUR kann auch nicht als „vergleichsweise hoch“ eingestuft werden. Denn nach dem unbestrittenen und urkundlich belegten Beklagtenvorbringen hatte die Klägerin für die Weitergabe der Masken bereits Verträge abgeschlossen, die einen höheren Weiterverkaufspreis vorsahen, was per se gegen die Annahme spricht, dass die von ihr gezahlten 4,50 EUR schon ein vergleichsweise hoher Preis sein könnten. 83Mangels wirksamer schriftlicher Vereinbarung eines Fixgeschäftes kann eine Fixabrede nur im Wege einer Auslegung ermittelt werden. Eine vertragliche Festlegung der Leistungszeit alleine genügt jedoch dafür nicht, sie kann nur ein Indiz sein. Vielmehr ist nach dem Sinn und Zweck des Vertrages auszulegen, wie wesentlich die Leistungszeit nach dem Willen der Parteien sein soll; bei Zweifeln ist ein Fixgeschäft zu verneinen (vgl. statt vieler BGH, Urteil vom 18. April 1989 – X ZR 85/88; Palandt a.a.O.; MüKo, BGB, 8. Aufl. § 323 Rz. 113 m.w.N.). Gemessen an diesen Voraussetzungen spricht nichts für ein Fixgeschäft, nicht einmal der Wortlaut der Vertragsunterlagen. Denn der Wortlaut ist missverständlich und irreführend, weil er ein „absolutes“ Fixgeschäft vorsieht, obwohl die Klägerin die Masken evident nicht für ein einmaliges singuläres Ereignis bis zum 30.04.2020 benötigte, und sie danach bei wertender Betrachtung objektiv unbrauchbar geworden wären. Folglich käme allenfalls ein relatives Fixgeschäft in Betracht, für welches sich im Vertragswortlaut aber keine zwingenden Anhaltspunkte finden lassen. Vielmehr sieht der Vertrag in § 7 Ziff. 7.1 vor, dass die durch eine fristgerechte Lieferung begründeten Rechte und Pflichten des Auftraggebers und des Auftragnehmers auch nach dem Ablauf der Vertragslaufzeit fortbestehen sollten. Diese Regelung kann nur dahingehend gedeutet werden, dass zwar die Lieferfrist zwingend eingehalten werden musste, Rechte und Pflichten nach der Lieferung, so z.B. auch Rechte infolge von Mängeln der Lieferung, namentlich das Recht auf Nacherfüllung, aber gerade nicht ausgeschlossen werden sollten. Damit legt der Vertragswortlaut nahe, dass jedenfalls eine Fixabrede i.S.v. § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB mit der Folge eines Rücktrittsrechts ohne Nachbesserungsfrist gerade nicht gewünscht war. 84Auch der Vertragszweck und die bekannten Umstände des Vertragsschlusses lassen nicht die Annahme zu, dass ein (relatives) Fixgeschäft vereinbart werden sollte. Denn mit ihrem Open-House Verfahren bezweckte die Klägerin, schnellstmöglich eine große Menge Schutzausrüstung zu beschaffen für eine gerade erst begonnene weltweite Pandemie. Die Dringlichkeit der gewünschten Lieferung wurde von ihr deutlich kommuniziert, durch die gewählte Verfahrensart, den Ausschreibungstext und die sehr kurzen Fristen für Angebotsabgabe und Lieferung. Zudem war die Dringlichkeit auch offensichtlich, da sich weltweit dasselbe Problem auftat: Plötzlich benötigte man überall Schutzausrüstung in großen Mengen für nahezu jeden Lebensbereich, worauf bis dahin niemand vorbereitet war. Allerdings war ebenso offensichtlich, dass die Pandemie nicht binnen weniger Tage, Wochen oder Monate vorbei sein würde, sondern die Schutzausrüstung am 01.05.2020 oder 30.05.2020 objektiv natürlich noch genauso dringlich benötigt werden würde, wie am 30.04.2020. Warum das Geschäft dennoch mit der Einhaltung der klägerseits geforderten Lieferfrist „stehen oder fallen“ sollte, und etwaige kurze Nachfristsetzungen gänzlich ausgeschlossen sein sollten, erschließt sich daher nicht. Die Klägerin hat zwar deutlich gemacht, dass sie eine exakte Einhaltung der Lieferfrist wünsche, sie hat aber weder durch individuelle Kommunikation mit der Beklagten, noch im Rahmen der Ausschreibung oder in den Vertragsunterlagen deutlich gemacht, warum der exakte Liefertermin (30.04.2020) so wichtig wäre, und warum die Leistung ab dem 01.05.2020 für sie uninteressant sein sollte. Dies alleine genügt aber nicht, weil § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfordert, dass die Wesentlichkeit des Fixcharakters für den Vertragspartner erkennbar sein muss. Wenn aber ausschließlich die Wesentlichkeit eines Liefertermins kommuniziert wird, ohne dass dieser Zeitpunkt einen erkennbaren Sinn ergibt, während gleichzeitig der Vertrag bei fristgerechter Lieferung das Fortbestehen aller weiteren Rechte und Pflichten vorsieht, wird damit gerade nicht kommuniziert, dass die Lieferfrist so wesentlich sein soll, dass damit auch bei Mängeln der Lieferung das Nachbesserungsrecht entfallen und ein sofortiges Rücktrittsrecht bestehen sollte. 85Entgegen der Ansicht der Klägerin ergab sich die Notwendigkeit eines Fixgeschäfts und des Ausschlusses von Nachbesserungsrechten auch nicht aus den bekannten Umständen des Vertragsschlusses. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Klauselkontrolle Bezug genommen; weder die Pandemie noch die konkrete Verfahrensart erforderten demnach ein Fixgeschäft. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer etwaig nur temporären Zulassung von Schutzausrüstung durch die EU. Vielmehr war Schutzausrüstung, die – wie hier – nicht die Norm EN 149 erfüllt, bereits mit EU-Verordnung 2016/425 vom 09.03.2016 (Anlage K4) – und damit vor Beginn der Pandemie – zugelassen worden, und zwar keineswegs temporär oder mit zeitlicher Begrenzung, und erst recht nicht befristet bis zum 30.04.2020. 86Obgleich sich die Frage eines Fixgeschäftes nur nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmt, untermauert das spätere Verhalten der Klägerin als Indiz ebenfalls die Annahme, dass das Geschäft keineswegs mit einer Lieferung am 30.04.2020 stehen oder fallen sollte. Denn die Vorgabe an alle Liefernden, in Absprache mit den Logistikern wegen Engpässen auf spätere Anlieferungszeitpunkte auszuweichen, steht im Widerspruch zu dem behaupteten Wegfall des Lieferinteresses nach dem 30.04.2020. Und obgleich die Darstellungen der Beklagtenseite zu den zahlreichen anderen Vertragsverhältnissen in vielen Details und ihrer Vergleichbarkeit umstritten sind, ist es jedoch dem Grunde nach unstreitig, dass es klägerseits jedenfalls in den Wochen und Monaten nach dem 30.04.2020 noch diverse weitere Annahmen von Maskenlieferungen aus dem streitgegenständlichen Open-House-Verfahren gab (z.B. Fa. D, Lieferungen 19./25.5.; Fa. E, Lieferungen 19./21./23.05.2020; Fa. F, Lieferung August bis November 2020; Fa. G, Lieferung 18.05.2020). Zudem schloss die Klägerin unstreitig weitere Direktbeschaffungsverträge über Atemschutzmasken mit späteren Lieferzeitpunkten ab (z.B. Fa H, vertragliche Lieferfrist 22.5., tatsächliche Lieferung gestattet am 30.06./01.07.2020; Fa I, Lieferung 22.12.2020). Dies belegt eindeutig, dass auch nach dem 30.04.2020 – und insbesondere in einem Zeitraum von ca. 3 Wochen danach, in welchem eine Fristsetzung zur Nachbesserung durch die Beklagte ohne weiteres möglich gewesen wäre – entsprechende Schutzmasken für die Klägerin weiterhin von Interesse waren. 87Es spricht vieles dafür, kann aber letztlich dahinstehen, ob der Umgang mit den weiteren Vertragspartnern über §§ 242 BGB, Art. 3 GG (i.V.m. der Rechtsprechung EuGH, Urt. v. 02.06.2016 - C-410/14) ebenfalls dazu führen würde, dass ein Rücktritt ohne vorherige Fristsetzung unwirksam wäre. 88Es spricht ebenfalls vieles dafür, dass die Anweisung an die Beklagte, tatsächlich doch erst nach dem 30.04.2020 zu liefern, als Verzicht der Klägerin auf eine etwaige Fixabrede zu deuten wäre, mit der Konsequenz, dass sich der Vertrag damit in einen normalen Kaufvertrag ohne Fixabrede umgewandelt hätte. 89Sofern man das Vorliegen eines Handelsgeschäfts annähme, wäre durch die Anweisung an die Beklagte, erst am 04.05.2020 zu liefern, der Charakter eines Fixhandelsgeschäfts ohnehin gänzlich entfallen, denn der Vertrag hätte sich durch das Erfüllungsverlangen nach Fristablauf gem. § 376 Abs. 1 S. 2 HGB in einen normalen Handelskauf umgewandelt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1982 – VIII ZR 190/81). 90Eine Nachfristsetzung war vorliegend auch nicht wegen einer ernsthaften Verweigerung der Leistung bzw. Nacherfüllung entbehrlich (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Beklagte hat im vorliegenden Prozess zwar das Vorliegen von Mängeln sehr nachdrücklich bestritten. Ein solches Bestreiten alleine genügt jedoch nicht für die Annahme, dass ein Schuldner sich von einer Nacherfüllungsaufforderung nicht umstimmen lassen und die Erfüllung seiner Vertragspflichten zur mangelfreien Lieferung ablehnen werde (vgl. BGH, Urteil vom 01. Juli 2015 – VIII ZR 226/14; Urteil vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 234/17). Gerade dann, wenn jemand – wie hier – über das Bestreiten der Mängel hinaus auch die fehlende Nachfristsetzung rügt, darf keine ernsthafte Erfüllungsverweigerung unterstellt werden (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – VIII ZR 49/05). 91b. 92Die Feststellungsanträge der Klägerin waren abzuweisen, weil sie ihrem Inhalt nach ein Recht auf Rückabwicklung und ein Rückgewährschuldverhältnis voraussetzen, welches nach den obigen Darstellungen jedoch nicht besteht. 93c. 94Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu. Denn die Beauftragung eines Anwalts zwecks Verfolgung von Rücktrittsrechten war aus den genannten Gründen nicht erforderlich. 952. Hilfswiderklage 96Die Hilfswiderklage ist zulässig. Eine Widerklage darf an die prozessuale Bedingung der Abweisung der Klage geknüpft werden (vgl. MüKo, Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. § 33 ZPO Rz. 24 m.w.N.). 97Die Widerklage ist auch vollumfänglich begründet. 98a. 99Mangels Rücktrittsrechts der Klägerin besteht das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien fort. Die Klägerin schuldet der Beklagten daher noch den vertraglich vereinbarten Rest-Kaufpreis, den sie für die Lieferung mit der Avis-Nr. $$0001 nur hälftig gezahlt hatte. Konkrete rechtserhebliche Einwendungen, welche der Zahlungspflicht entgegengehalten werden könnten, sind von der Klägerin im Prozess nicht vorgebracht worden. 100Der Anspruch auf Restkaufpreiszahlung ist gem. §§ 280, 286 BGB antragsgemäß zu verzinsen. Verzug trat nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB automatisch mit Ablauf der vertraglichen Zahlungsfrist von einer Woche ab Lieferung (04.05.2020), mithin mit Ablauf des 11.05.2020, ein. 101b. 102Die Klägerin schuldet der Beklagten aus den gleichen Gründen gem. §§ 280, 286 BGB auch Zinsen hinsichtlich der geleisteten Zahlungen, die alle erst nach Ablauf der vertraglichen Zahlungsfrist erfolgten. 103c. 104Der Anspruch der Beklagten auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280, 286 ZPO. 1053. Keine Wiedereröffnung 106Die Kammer sah sich nicht veranlasst, dem Antrag der Klägerseite vom 29.12.2021 stattzugeben und die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Denn es liegt keiner der zwingenden Wiedereröffnungsgründe des § 156 Abs. 2 ZPO vor, und die Klägerseite hat mit ihrem Schriftsatz vom 29.12.2021 auch keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgebracht, die eine Wiedereröffnung nach § 156 Abs. 1 ZPO rechtfertigen würden. 107Soweit die Klägerin sich darauf beruft, die Kammer bewerte die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB unzutreffend und dies sei für sie überraschend und hätte eines früheren Hinweises bedurft, teilt die Kammer diese Rechtsauffassung nicht. Die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB wurden von beiden Parteien in der Klage, Klageerwiderung, Replik, Duplik und Triplik auf vielen hunderten Schriftsatzseiten umfassend und unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten erörtert, sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht. Vor diesem Hintergrund gab es für die Kammer keinen Anlass zur Annahme, die Klägerin könnte diesen entscheidungserheblichen Punkt übersehen haben oder ihr Vortrag hierzu könnte lückenhaft sein. Dass sich die Kammer letztlich einer der beiden umstrittenen Rechtsansichten anschließen würde, konnte auch für keine der Parteien überraschend sein. Der Schriftsatz vom 29.12.2021 enthält auch keinen neuen Tatsachenvortrag, der für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung wäre, sondern beschränkt sich auf die Wiederholung des bisherigen Vorbringens der Klägerseite zum Vorliegen der Rücktrittsvoraussetzungen. 1084. 109Die Entscheidungen über die Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 709 ZPO. 110Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: Insgesamt 6.637.896,20 EUR. 111Er setzt sich aus folgenden Einzelwerten zusammen: 112Klageantrag 1: 2.120.580,00 EUR 113Klageantrag 2: 100.000,00 EUR geschätzt 114Klageantrag 5: 2.227.680,00 EUR 115Klageantrag 6: 50.000,00 EUR geschätzt 116Klageantrag 3,4 und 7: ohne Ansatz 117Hilfswiderklageantrag 1: 2.120.580,00 EUR 118Hilfswiderklageantrag 2: 14.351,63 EUR 119Hilfswiderklageantrag 3: 4.704,67 EUR 120Hilfswiderklageantrag 4: ohne Ansatz | 1. die klage wird abgewiesen. 2. auf die hilfswiderklage wird die klägerin verurteilt, an die beklagte eur 2.120.580,00 nebst zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 12. mai 2020 zu zahlen. 3. die klägerin wird verurteilt, an die beklagte weitere verzugszinsen in höhe von eur 14.351,63 zu zahlen. 4. die klägerin wird verurteilt, an die beklagte weitere verzugszinsen in höhe von eur 4.704,67 zu zahlen. 5. die klägerin wird verurteilt, an die beklagte vorgerichtliche rechtsverfolgungskosten in höhe von eur 10.631,90 nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 4. dezember 2020 zu zahlen. 6. die kosten des rechtsstreits werden der klägerin auferlegt. 7. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1 | 2die parteien sind durch einen sog. open-house-vertrag über die lieferung von atemschutzmasken miteinander verbunden. 3ein open-house-verfahren ist dadurch geprägt, dass ein öffentlicher auftraggeber zum zwecke der güterbeschaffung rahmenvertragsvereinbarungen veröffentlicht, zu deren bedingungen jeder interessierte lieferant ein vorformuliertes angebot abgeben kann, das dann per zuschlag angenommen wird, ohne dass eine auswahlentscheidung getroffen wird. da in der konsequenz sämtliche angebote angenommen werden, findet kein wettbewerb zwischen den teilnehmern statt. das verfahren unterfällt daher keinen vergaberechtlichen vorschriften. weitere konsequenz ist, dass das auftragsvolumen nicht immer klar vorhersehbar ist. 4anlass für das hier streitgegenständliche open-house-verfahren war der beginn der corona-pandemie und der damit verbundene große bedarf an medizinischer schutzausrüstung für personen (psa), insb. in form von atemschutzmasken. 5unter dem 00.00.2020 erfolgte durch die klägerin eine auftragsbekanntmachung über einen lieferauftrag für schutz- und sicherheitskleidung, und zwar „ffp2 masken, op-masken und schutzkittel“ (anlage k 27, bl. 406 ff. d.a.). darin ist u.a. folgendes festgehalten: 6das vertragssystem beginnt ab sofort zu laufen und endet mit ablauf des 30.4.2020. zu berücksichtigen ist jedoch, dass spätester liefertermin der 30.4.2020 innerhalb der üblichen geschäftszeiten der a, anschrift 1, ist. 7nachträglich verkürzte die klägerin das ende der ablaufzeit zur einreichung von angeboten auf den 08.04.2020 (bl. 412 d.a.). 8die beklagte reichte unter dem 08.04.2020 ein angebot mittels des klägerseits vorgefertigten vertragstextes ein (anlage k1, bl. 33 ff. d.a.). sie bot die lieferung von 2.000.000 „ffp2-masken“ an. wegen der einzelheiten wird auf den vertragstext bezug genommen. dieser enthält u.a. folgende regelungen: 9§ 2 vertragsbestandteile 102.1. folgende unterlagen und bestimmungen sind in ergänzungen der regelungen dieses vertrages bestandteile des vertragsverhältnisses: 11a. die leistungsbeschreibung mit den stückpreisen für die einzelnen produktgruppen (….) 12§ 3 leistung/lieferung (…) 133.2 die lieferung der produkte hat an die a, anschrift 1, während der üblichen geschäftszeiten zu erfolgen; die üblichen geschäftszeiten sind von dem an bei der a zu erfragen. die lieferung ist der a in textform mit einer frist von mindestens drei kalendertagen vor dem liefertermin anzukündigen. spätester liefertermin ist der 30.04.2020 innerhalb der geschäftszeiten gemäß s. 1. bei nichteinhaltung des spätesten liefertermins entfallen die gegenseitigen pflichten der vertragspartner; eine verspätete lieferung stellt keine erfüllung des vertrages durch den an dar (absolutes fixgeschäft). 14§ 5 zahlung 155.1 der ag zahlt die vereinbarte vergütung bargeldlos binnen einer woche nach erfolgter lieferung und eingang einer den vorschriften des umsatzsteuerrechts entsprechenden rechnung bei der a, anschrift 1, auf das von dem an angegebene konto. 5.2 jede zahlung erfolgt unter dem vorbehalt des anspruchs auf rückerstattung wegen nicht oder mangelhaft erbrachter leistungen (…) 16§ 6 mängelansprüche 176.1 für sach- und rechtsmängelansprüche gelten die gesetzlichen vorschriften, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. 186.2 eine untersuchungs-/rügeobliegenheit des ag beschränkt sich auf mängel, die nach der ablieferung unter äußerlicher begutachtung offen zutage treten (z. b. transportbeschädigungen, falsch- und minderlieferungen). eine rüge/mängelanzeige gilt als unverzüglich und rechtzeitig, wenn sie innerhalb von sieben kalendertagen beim an eingeht. 19§ 7 laufzeit des vertrages/sonstige vereinbarungen 207.1 der vertrag tritt mit zuschlagserteilung des ag auf das im open-house-verfahren abgegebene angebot des an in kraft und endet mit ablauf des 30.04.2020. die durch eine innerhalb der vertragslaufzeit erfolgte lieferung begründeten rechte und pflichten des ag und des an bestehen auch nach dem ablauf der vertragslaufzeit fort. 21die vertragliche leistungsbeschreibung (anlage 1 zum vertrag, bl. 415 d.a.) enthält folgende vorgaben: 22ffp2 masken: preis pro stück (€) netto 4,50 23beschreibung: 24atmungsaktives design, das nicht gegen den mund zusammenfällt (z.b. entenschnabel, becherförmig) versehen mit einer metallplatte an der nasenspitze · kann wiederverwendbar* (aus robustem material, das gereinigt und desinfiziert werden kann) oder einwegartikel sein 25normen/standards: 26atemschutzgerät "n95" gemäß fda klasse ii, unter 21 cfr 878.4040, und cdc niosh, oder "ffp2" gemäß en 149 verordnung 2016/425 kategorie iii 27oder gleichwertige normen, auch kn95 (chn) 28die klägerin bestätigte den zuschlag unter dem 10.04.2020 (anlage k3, bl. 40 d.a.). 29am 15.04.2020 (also nach vertragsschluss) versandte die klägerin an ihre vertragspartner unterlagen über lieferstandards (anlage k 24, bl. 425 ff. (428) d.a.). darin ist u.a. vorgegeben: 30jede palette muss hersteller- und sortenrein sein. 31mit email vom 23.04.2020 teilte die klägerin ihren vertragspartnern mit, dass aufgrund der vielzahl von teilnehmern eine annahme aller lieferungen zum 30.04.2020 nicht möglich sei. sofern lieferungen für den 30.04.2020 avisiert und möglich gewesen wären, dürften diese in abstimmung mit den logistikern auch später durchgeführt werden, soweit dies logistisch zwingend erforderlich sei (vgl. anlage k25, bl. 432 ff. d.a.). 32die beklagte hatte ihre lieferung rechtzeitig avisiert und lieferte an die klägerin auf deren weisung am 04.05.2020 die vertraglich vereinbarte menge an masken aus. hierüber wurden drei lieferscheine unter den avis-nummern $$0001-$$0003 erstellt und vom logistiker abgezeichnet (anlagen k7-k9, bl. 156 ff. d.a., die im gedruckten text versehentlich auf den 05.04.2020 datieren). der lieferartikel wurde darin wie folgt angegeben: „kn95 protective masks, en149:2001 +a1:2009 manufacturer: b“. die gelieferten masken trugen auf der verpackung und den masken selbst die aufschrift „kn95“, und auf der verpackung den verweis auf den herstellungsstandard gb2626 – 2006. 33die klägerin ließ die masken sodann von der tüv nord gmbh bzw. deren tochtergesellschaft c überprüfen. die details hierzu sind umstritten. die technische prüfung des tüvs erfolgte jedenfalls unstreitig nicht nach der chinesischen norm gb2626 für kn95-masken, sondern „in anlehnung“ an die eu-norm für ffp2-masken, en 149:2001+a1:2009. (im folgenden: en 149). 34der tüv erstellte über die prüfungen vom 06.05.-09.05.2020 prüfberichte (anlagen k13, k14, bl. 169 f. d.a für die avis nr $$0001; anlage k48, bl. 543 d.a. für die avis-nr. $$0003). zudem erstellte er eine genauere dokumentation über sensorikprüfungen vom 04.05.2020 und 05.05.2020 (anlage k 44, bl. 523ff. d.a. für die avis-nr. $$0001; anlage k 47, bl. 540 ff. d.a für die avis-nr. $$0003). das ergebnis für die prüfung der lieferungen $$0001 und $$0003 lautete „nicht bestanden“. 35die klägerin zahlte am 28.05.2020 die masken der lieferungen $$0002 und $$0003 ohne beanstandungen, und für die lieferung $$0001 nur 50% der vereinbarten summe, nämlich 2.120.580,00 eur (anlagen k15, k16, bl. 171 f. d.a.). die rechnungsprüfung der klägerin (anlage k17, bl. 173 d.a.) enthält folgende anmerkungen: 36a) tüv berichte für $$0002 und $$0003 vorhanden =› 100% zahlung 37b) tüv bericht für $$0001 unvollständig (labor ausstehend) =› 50% 38entsprechend sind 8.589.420,00 eur zur anweisung zu bringen 39details siehe anlage 1 40mit email vom 24.06.2020 teilte die klägerin der beklagten mit, dass die unter der nr. $$0001 gelieferten masken die laborprüfung nicht bestanden hätten. sie übersandte der beklagten die prüfberichte zu der lieferung $$0001 und erklärte hinsichtlich dieser teil-lieferung den (teilweisen) rücktritt von dem geschlossenen vertrag (anlage k18, bl. 174 ff. d.a.). 41während des laufenden klageverfahrens hat die klägerin mit schriftsatz vom 28.05.2021 auch den rücktritt hinsichtlich der avis-nr. $$0003 erklärt und nunmehr die entsprechenden tüv berichte aus 2020 eingereicht (anlage k 47). 42die parteien streiten über das bestehen eines rücktrittsrechts der klägerin. 43die klägerin behauptet, die gelieferten masken der avis-nr. $$0001 sowie avis-nr. $$0003 seien insgesamt mangelhaft. sie beruft sich auf die mangelhaftigkeit aller gelieferten masken der lieferscheine der avis-nr. $$0001 und avis-nr. $$0003, nicht nur auf die vom tüv geprüften masken. sie hält die prüfungsmaßnahmen des tüv aus zahlreichen sachlichen gründen für zutreffend und geeignet, letztlich diene dieses prüfergebnis aber nur zur substantiierung ihrer mängelrüge. die mangelhaftigkeit folge daraus, dass die masken nicht der norm gb2606 für kn95-masken entsprächen. auf andere mögliche technische normen komme es nicht an. die leistungsbeschreibung begründe ein echtes wahlschuldverhältnis (§ 262 bgb), alternativ aber jedenfalls ein einseitiges leistungsbestimmungsrecht (§ 315 bgb). weil die von der beklagten gelieferten masken – an sich unstreitig – als kn95-masken nach der norm gb2606 gekennzeichnet seien, müssten die masken auch diese norm erfüllen. die tüv-überprüfung habe jedoch ergeben, dass die masken eine unzulässig hohe durchlässigkeit für partikel aufwiesen und deswegen weder der norm gb 2626 noch der norm en 149 entsprächen, noch für den vertragszweck zum schutze gegen das coronavirus geeignet seien oder eine übliche beschaffenheit für medizinische schutzausrüstung aufwiesen. obgleich der tüv nach parametern der eu-norm en 149 geprüft habe, könne daraus geschlussfolgert werden, dass die masken auch nicht der norm gb2626 entsprächen, weil in die prüfung genügend toleranzbereiche implementiert worden seien, und die klägerin abweichend von den deutlich strengeren normvorgaben (6% nach en 149, 5% nach gb 2626) sogar jede durchlässigkeit bis zu 15% akzeptiert habe. überdies ist die klägerin der ansicht, dass es zur feststellung einer mangelhaften gesamt-leistung genüge, wenn nur eine einzige maske aus einer lieferung mangelhaft sei, denn angesichts der bedeutsamkeit einerseits und der vorgaben der technischen normen andererseits gelte für solche produkte ein sog. null-toleranz-prinzip. 44die klägerin ist weiterhin der ansicht, ein rücktrittsrecht sei nicht wegen eines verstoßes gegen eine etwaige rügeobliegenheit gem. § 377 hgb ausgeschlossen, weil die voraussetzungen für einen handelskauf schon nicht einschlägig seien. zudem sei eine etwaige rügeobliegenheit nach dem vertragsinhalt ohnehin auf offensichtliche mängel beschränkt worden. 45die klägerin ist darüber hinaus der meinung, sie habe von dem vertrag umgehend zurücktreten dürfen, ohne eine nachfrist zur nachbesserung der mängel setzen zu müssen. dies folge schon aus den vertragsunterlagen und ausschreibungstexten, woraus sich zumindest ein relatives fixgeschäft ergebe. soweit es vereinzelt aus zwingenden logistischen gründen dazu gekommen sei, dass lieferungen doch noch nach dem 30.04.2020 angenommen worden seien, stehe das der annahme eines fixgeschäftes nicht entgegen. die klägerin habe die bedeutung der zeitnahen lieferung stets betont und im umgang mit allen lieferanten hierauf bestanden. nachbesserungen seien keinem anderen lieferanten gestattet worden. auch ergebe sich aus den besonderen umständen im zeitpunkt der ausschreibung des open house verfahrens, dass eine nachlieferungsmöglichkeit nicht bestehen sollte. 46ursprünglich hat die klägerin mit ihrer klage nur ansprüche auf rückabwicklung zzgl. nebenforderungen hinsichtlich der lieferung mit der avis-nr. $$0001 (anträge 1-4) verfolgt. mit schriftsatz vom 28.09.2021 hat sie ihre klage auf die rückabwicklung der lieferung mit der avis-nr. $$0003 erweitert (anträge 5-7). 47die klägerin beantragt nunmehr, 481. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin eur 2.120.580,00 nebst zinsen hieraus in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 3. juli 2020 zu zahlen, und zwar zug um zug gegen rückgabe der noch bei der klägerin befindlichen unter der avis-nr. $$0001 gelieferten mangelhaften schutzmasken, 492. festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, der klägerin die aufwendungen zu ersetzen, die ihr im zusammenhang mit der lagerung der noch bei der klägerin befindlichen unter der avis-nr. $$0001 gelieferten mangelhaften schutzmasken seit dem 00.00.2020 bis zum zeitpunkt der abholung der schutzmasken durch die beklagte tatsächlich entstanden sind und künftig noch entstehen werden, 503. festzustellen, dass sich die beklagte seit dem 00.00.2020 mit der abholung der noch bei der klägerin befindlichen unter der avis-nr. $$0001 gelieferten mangelhaften schutzmasken in annahmeverzug befindet, 514. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin weitere eur 10.631,90 nebst zinsen hieraus in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 28. november 2020 zu zahlen, 525. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin eur 2.227.680,00 nebst zinsen hieraus in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem siebten kalendertag nach zustellung des schriftsatzes der klägerin vom 28. mai 2021 zu zahlen, und zwar zug um zug gegen rückgabe der noch bei der klägerin befindlichen unter der avisnummer $$0003 gelieferten mangelhaften kn95 schutzmasken, 536. festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, der klägerin die aufwendungen zu ersetzen, die ihr im zusammenhang mit der lagerung der noch bei der klägerin befindlichen unter der avisnummer $$0003 gelieferten mangelhaften kn95 schutzmasken seit dem zweiten werktag nach zustellung des schriftsatzes der klägerin vom 28. mai 2021 bis zum zeitpunkt der abholung der schutzmasken durch die beklagte tatsächlich entstanden sind und künftig noch entstehen werden, 547. festzustellen, dass sich die beklagte seit dem zweiten werktag nach zustellung des schriftsatzes der klägerin vom 28. mai 2021 mit der abholung der noch bei der klägerin befindlichen unter der avisnummer $$0003 gelieferten mangelhaften kn95 schutzmasken in annahmeverzug befindet. 55die beklagte beantragt, 56die klage abzuweisen. 57hilfswiderklagend für den fall der klageabweisung beantragt die beklagte, 581. die klägerin zu verurteilen, an die beklagte eur 2.120.580,00 nebst zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 12. mai 2020 zu zahlen, 592. die klägerin zu verurteilen, an die beklagte weitere verzugszinsen in höhe von eur 14.351,63 zu zahlen, 603. die klägerin zu verurteilen, an die beklagte weitere verzugszinsen in höhe von eur 4.704,67 zu zahlen, 614. die klägerin zu verurteilen, an die beklagte vorgerichtliche rechtsverfolgungskosten in höhe von 10.631,90 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 4. dezember 2020 zu zahlen. 62die klägerin beantragt, 63die hilfswiderklage abzuweisen. 64die beklagte behauptet, die masken seien mangelfrei und erfüllten die voraussetzungen der norm gb2626 für kn95-masken. die tüv-prüfung sei nicht geeignet, rückschlüsse auf die einhaltung der norm gb2626 zuzulassen, denn diese sei in anlehnung an die norm en149 für ffp2-masken durchgeführt worden. gerade weil beide normen aber – an sich unstreitig – etwas unterschiedliche prüfparameter vorsehen, könne die einhaltung der norm gb2626 nicht zuverlässig beurteilt werden. die beklagte rügt weiter, dass sich aus den prüfprotokollen auch nicht ergebe, mit welchem konkreten versuchsaufbau der durchlassgrad – insb. mit welchen partikeln in welcher partikelgröße und mit welchem volumenstrom etc. – gemessen worden sei. außerdem sei keine repräsentative menge an stichproben genommen worden. 65die beklagte vertritt weiterhin die ansicht, ein rücktritt sei schon gemäß § 377 hgb ausgeschlossen, weil die klägerin die mängel nicht unverzüglich gerügt habe. die vorschrift sei auch anzuwenden, weil die klägerin ausweislich diverser dokumente des x mit gewinnerzielungsabsicht, jedenfalls aber entgeltlich gehandelt habe, was unter berücksichtigung des auftragsvolumens für die annahme eines handelsgeschäfts genüge. soweit der vertrag eine begrenzung der rügepflicht auf offensichtliche mängel vorsehe, sei diese vereinbarung unwirksam. 66die beklagte ist zudem der ansicht, die klägerin hätte nicht vom vertrag zurücktreten dürfen, ohne der beklagten vorher unter fristsetzung gelegenheit zu geben, etwaige mängel nachzubessern. von einem fixgeschäft könne nicht ausgegangen werden, da die klägerin durch ihren umgang mit diversen anderen lieferanten deutlich zum ausdruck gebracht habe, dass es ihr nicht auf die einhaltung des lieferdatums ankomme. aus der dokumentation diverser auskünfte im y ergebe sich, dass die klägerin in den monaten nach april und mai 2020 kontinuierlich weitere lieferungen von masken zugelassen und entgegengenommen habe. zudem habe die klägerin anderen lieferanten auch das recht zur nacherfüllung eingeräumt. da in open-house-verträgen von öffentlichen auftraggebern der gleichheitsgrundsatz gelte, hätte sie der beklagten daher erst recht die möglichkeit zur nachbesserung einräumen müssen. 67die der klageerweiterung zugrundeliegende rücktrittserklärung zu der avis-nr. $$0003 hält die beklagte außerdem für treuwidrig, weil die angeblichen prüfberichte ein jahr vor der rücktrittserklärung datierten, und die klägerin durch die vorbehaltslose zahlung einen vertrauenstatbestand geschaffen habe. 68die beklagte erklärt zunächst die hilfsaufrechnung mit ansprüchen auf verzugszinsen in höhe von 14.351,63 eur und 4.704,67 eur (insgesamt 19.056,31 eur) die daraus resultieren, dass die klägerin – an sich unstreitig – nicht entsprechend dem vertrag binnen einer woche nach lieferung zahlte. 69mit der hilfswiderklage verfolgt sie – für den fall, dass die klage abgewiesen werden sollte – diese ansprüche weiter und fordert außerdem die noch offene rest-kaufpreiszahlung sowie ersatz vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten. 70die klägerin tritt der hilfswiderklage entgegen mit der begründung, eine kaufpreisforderung und nebenansprüche bestünden aufgrund der wirksamen rücktrittserklärungen nicht. 71wegen weiterer einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zu den akten gereichten schriftsätze nebst anlagen sowie die sonstigen aktenbestandteile bezug genommen. 72 | 73die zulässige klage ist unbegründet, während die zulässige hilfswiderklage begründet ist. 741. klage 75die klage ist unbegründet, weil der klägerin gegen die beklagte keiner der geltend gemachten klageansprüche zusteht. 76a. 77der klägerin steht gegen die beklagte kein anspruch auf (teil)-rückabwicklung des kaufvertrages bezüglich der lieferungen mit den avis-nr. $$0001 und $$0003 zu. 78es kann dahinstehen, ob die gelieferten masken mangelhaft waren, und ob es sich um ein beiderseitiges handelsgeschäft handelte und die klägerin rechtzeitig im sinne etwaiger rügeobliegenheiten handelte. ein anspruch auf rückabwicklung scheitert jedenfalls daran, dass ein rücktritt vorliegend nicht ohne vorherige fristsetzung erfolgen durfte. 79ein rücktritt von einem kaufvertrag wegen mangelhafter leistungen setzt gemäß §§ 323 abs. 1, 437, 440 bgb grundsätzlich voraus, dass eine frist zur nacherfüllung gesetzt wurde und erfolglos verstrichen ist. hiervon gibt es gesetzlich geregelte ausnahmen, von denen jedoch keine einschlägig ist. die fristsetzung war hier insbesondere nicht gemäß § 323 abs. 2 nr. 2 bgb (oder § 376 hgb) aufgrund eines sog. fixgeschäfts entbehrlich. 80ein sog. „absolutes“ fixgeschäft liegt vor, wenn bei der nichteinhaltung der leistungszeit bei wertender betrachtung unmöglichkeit eintritt, weil die leistungszeit so wesentlich ist, dass eine verspätete leistung keine erfüllung mehr sein kann (vgl. palandt, bgb 81. aufl. § 271 rz. 17 m.w.n.; z.b. bestellungen für bestimmte veranstaltungen, die danach nie mehr benötigt werden). bei einem absoluten fixgeschäft greifen daher die regelungen über die unmöglichkeit ein (§§ 275, 283 bgb). bei einem „relativen“ fixgeschäft muss die einhaltung der leistungszeit aber auch so wesentlich sein, dass mit der zeitgerechten leistung das geschäft „stehen und fallen“ soll (vgl. palandt, bgb 81. aufl. § 323 rz. 19 ff m.w.n.). ob ein fixgeschäft vorliegt, ist grundsätzlich durch auslegung zu ermitteln. 81soweit die klägerin in die von ihr einseitig vorgegebenen vertragsklauseln, die damit der klauselkontrolle nach §§ 305 ff. bgb unterfallen, eine vereinbarung aufgenommen hat, wonach ein „absolutes fixgeschäft“ vorliege, ist diese vereinbarung nach § 307 abs. 2 nr. 1 bgb unwirksam. denn der fixcharakter einer lieferfrist im kaufrecht kann nach ständiger rechtsprechung nicht wirksam in allgemeinen geschäftsbedingungen vereinbart werden (vgl. u.a. bgh, urteil vom 17. januar 1990 – viii zr 292/88 - njw 1990, 2065). dadurch würde der klauselverwender/käufer von der verpflichtung zur fristsetzung gemäß § 323 abs. 1 bgb (§ 326 bgb a.f.) entbunden, was eine unangemessene benachteiligung des verkäufers i.s.v. § 307 bgb (§ 9 agbg a.f.) bewirken würde (bgh a.a.o.). denn dieser hat nach den gesetzlichen vorschriften regelmäßig das recht, nachliefern bzw. nacherfüllen zu dürfen, um seinen kaufpreisanspruch zu erhalten. dieses recht wird ihm durch die fixgeschäftsklausel genommen. 82entgegen der ansicht der klägerin rechtfertigt der vorliegende fall auch keine abweichung vom gesetzlichen leitbild, und zwar unabhängig davon, ob man dem ausdrücklichen wortlaut zufolge von einem absoluten fixgeschäft ausgeht oder eine umdeutung der klausel in ein relatives fixgeschäft in erwägung zieht. denn beide varianten bewirken gleichermaßen eine unangemessene benachteiligung des verkäufers, indem dieser sein recht auf nachbesserungen bzw. nachlieferungen verliert. der bundesgerichtshof hat in seiner oben zitierten rechtsprechung zwar ausdrücklich offengelassen, ob es anders zu bewerten wäre, wenn eine fixe lieferfrist durch allgemeine geschäftsbedingungen dort vereinbart wird, wo fixgeschäfte branchenüblich sind. medizinische schutzartikel sind aber waren, die üblicherweise wie jede andere ware gehandelt werden, ohne dass es einer fixabrede bedürfte. denn diese waren werden üblicherweise fortlaufend, und gerade nicht nur für einen ganz bestimmten termin oder zeitraum benötigt, nach welchem sie wertlos würden – anders als z.b. spezielle saisonartikel oder artikel für singuläre ereignisse (wie jubiläumsfeiern, volksfeste, sportfestspiele etc.). auch ein open-house-verfahren oder der sonderfall einer notfallbeschaffung von schutzartikeln durch den staat aufgrund einer pandemie rechtfertigen kein abweichen vom gesetzlichen leitbild. denn beides verdeutlicht zwar die dringlichkeit einer schnellen vertragsabwicklung, erfordert aber nicht per se ein fixes lieferdatum; und zwar schon deswegen nicht, weil bereits zum zeitpunkt der auftragsbekannmachung ende märz 2020 offensichtlich war, dass die pandemie nicht etwa am 30.04.2020 beendet wäre, sondern noch weit über diesen zeitpunkt hinaus andauern würde. eine bloße dringlichkeit alleine macht es aber noch lange nicht angemessen, einem verkäufer von waren sein nachbesserungsrecht gänzlich zu verwehren, zumal dem käufer auch ohne fixabrede genügend druckmittel zur verfügung gestanden hätten, um über die gesetzlichen verzugsvorschriften mit entsprechend kurzen fristsetzungen auf eine schnelle lieferung hinzuwirken. zudem wird der verlust des rechts auf fristsetzungen und nachbesserungen durch das gewählte vertragskonstrukt auch nicht angemessen kompensiert. denn der beklagten als verkäuferin werden hierin gerade keine besonderen vorteile gewährt, welche einen solch gravierenden nachteil ausgleichen könnten. entgegen der ansicht der klägerin enthält ihr vertrag in § 5 gerade keine vorleistungspflicht ihrerseits, vielmehr zahlt sie nach dem vertragswerk nicht einmal zug-um-zug gegen leistungserhalt, wie es das gesetzliche leitbild vorsieht, sondern sogar noch später. der gewählte ankaufspreis von 4,50 eur kann auch nicht als „vergleichsweise hoch“ eingestuft werden. denn nach dem unbestrittenen und urkundlich belegten beklagtenvorbringen hatte die klägerin für die weitergabe der masken bereits verträge abgeschlossen, die einen höheren weiterverkaufspreis vorsahen, was per se gegen die annahme spricht, dass die von ihr gezahlten 4,50 eur schon ein vergleichsweise hoher preis sein könnten. 83mangels wirksamer schriftlicher vereinbarung eines fixgeschäftes kann eine fixabrede nur im wege einer auslegung ermittelt werden. eine vertragliche festlegung der leistungszeit alleine genügt jedoch dafür nicht, sie kann nur ein indiz sein. vielmehr ist nach dem sinn und zweck des vertrages auszulegen, wie wesentlich die leistungszeit nach dem willen der parteien sein soll; bei zweifeln ist ein fixgeschäft zu verneinen (vgl. statt vieler bgh, urteil vom 18. april 1989 – x zr 85/88; palandt a.a.o.; müko, bgb, 8. aufl. § 323 rz. 113 m.w.n.). gemessen an diesen voraussetzungen spricht nichts für ein fixgeschäft, nicht einmal der wortlaut der vertragsunterlagen. denn der wortlaut ist missverständlich und irreführend, weil er ein „absolutes“ fixgeschäft vorsieht, obwohl die klägerin die masken evident nicht für ein einmaliges singuläres ereignis bis zum 30.04.2020 benötigte, und sie danach bei wertender betrachtung objektiv unbrauchbar geworden wären. folglich käme allenfalls ein relatives fixgeschäft in betracht, für welches sich im vertragswortlaut aber keine zwingenden anhaltspunkte finden lassen. vielmehr sieht der vertrag in § 7 ziff. 7.1 vor, dass die durch eine fristgerechte lieferung begründeten rechte und pflichten des auftraggebers und des auftragnehmers auch nach dem ablauf der vertragslaufzeit fortbestehen sollten. diese regelung kann nur dahingehend gedeutet werden, dass zwar die lieferfrist zwingend eingehalten werden musste, rechte und pflichten nach der lieferung, so z.b. auch rechte infolge von mängeln der lieferung, namentlich das recht auf nacherfüllung, aber gerade nicht ausgeschlossen werden sollten. damit legt der vertragswortlaut nahe, dass jedenfalls eine fixabrede i.s.v. § 323 abs. 2 nr. 2 bgb mit der folge eines rücktrittsrechts ohne nachbesserungsfrist gerade nicht gewünscht war. 84auch der vertragszweck und die bekannten umstände des vertragsschlusses lassen nicht die annahme zu, dass ein (relatives) fixgeschäft vereinbart werden sollte. denn mit ihrem open-house verfahren bezweckte die klägerin, schnellstmöglich eine große menge schutzausrüstung zu beschaffen für eine gerade erst begonnene weltweite pandemie. die dringlichkeit der gewünschten lieferung wurde von ihr deutlich kommuniziert, durch die gewählte verfahrensart, den ausschreibungstext und die sehr kurzen fristen für angebotsabgabe und lieferung. zudem war die dringlichkeit auch offensichtlich, da sich weltweit dasselbe problem auftat: plötzlich benötigte man überall schutzausrüstung in großen mengen für nahezu jeden lebensbereich, worauf bis dahin niemand vorbereitet war. allerdings war ebenso offensichtlich, dass die pandemie nicht binnen weniger tage, wochen oder monate vorbei sein würde, sondern die schutzausrüstung am 01.05.2020 oder 30.05.2020 objektiv natürlich noch genauso dringlich benötigt werden würde, wie am 30.04.2020. warum das geschäft dennoch mit der einhaltung der klägerseits geforderten lieferfrist „stehen oder fallen“ sollte, und etwaige kurze nachfristsetzungen gänzlich ausgeschlossen sein sollten, erschließt sich daher nicht. die klägerin hat zwar deutlich gemacht, dass sie eine exakte einhaltung der lieferfrist wünsche, sie hat aber weder durch individuelle kommunikation mit der beklagten, noch im rahmen der ausschreibung oder in den vertragsunterlagen deutlich gemacht, warum der exakte liefertermin (30.04.2020) so wichtig wäre, und warum die leistung ab dem 01.05.2020 für sie uninteressant sein sollte. dies alleine genügt aber nicht, weil § 323 abs. 2 nr. 2 bgb erfordert, dass die wesentlichkeit des fixcharakters für den vertragspartner erkennbar sein muss. wenn aber ausschließlich die wesentlichkeit eines liefertermins kommuniziert wird, ohne dass dieser zeitpunkt einen erkennbaren sinn ergibt, während gleichzeitig der vertrag bei fristgerechter lieferung das fortbestehen aller weiteren rechte und pflichten vorsieht, wird damit gerade nicht kommuniziert, dass die lieferfrist so wesentlich sein soll, dass damit auch bei mängeln der lieferung das nachbesserungsrecht entfallen und ein sofortiges rücktrittsrecht bestehen sollte. 85entgegen der ansicht der klägerin ergab sich die notwendigkeit eines fixgeschäfts und des ausschlusses von nachbesserungsrechten auch nicht aus den bekannten umständen des vertragsschlusses. insoweit wird auf die ausführungen zur klauselkontrolle bezug genommen; weder die pandemie noch die konkrete verfahrensart erforderten demnach ein fixgeschäft. etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer etwaig nur temporären zulassung von schutzausrüstung durch die eu. vielmehr war schutzausrüstung, die – wie hier – nicht die norm en 149 erfüllt, bereits mit eu-verordnung 2016/425 vom 09.03.2016 (anlage k4) – und damit vor beginn der pandemie – zugelassen worden, und zwar keineswegs temporär oder mit zeitlicher begrenzung, und erst recht nicht befristet bis zum 30.04.2020. 86obgleich sich die frage eines fixgeschäftes nur nach dem zeitpunkt des vertragsschlusses bestimmt, untermauert das spätere verhalten der klägerin als indiz ebenfalls die annahme, dass das geschäft keineswegs mit einer lieferung am 30.04.2020 stehen oder fallen sollte. denn die vorgabe an alle liefernden, in absprache mit den logistikern wegen engpässen auf spätere anlieferungszeitpunkte auszuweichen, steht im widerspruch zu dem behaupteten wegfall des lieferinteresses nach dem 30.04.2020. und obgleich die darstellungen der beklagtenseite zu den zahlreichen anderen vertragsverhältnissen in vielen details und ihrer vergleichbarkeit umstritten sind, ist es jedoch dem grunde nach unstreitig, dass es klägerseits jedenfalls in den wochen und monaten nach dem 30.04.2020 noch diverse weitere annahmen von maskenlieferungen aus dem streitgegenständlichen open-house-verfahren gab (z.b. fa. d, lieferungen 19./25.5.; fa. e, lieferungen 19./21./23.05.2020; fa. f, lieferung august bis november 2020; fa. g, lieferung 18.05.2020). zudem schloss die klägerin unstreitig weitere direktbeschaffungsverträge über atemschutzmasken mit späteren lieferzeitpunkten ab (z.b. fa h, vertragliche lieferfrist 22.5., tatsächliche lieferung gestattet am 30.06./01.07.2020; fa i, lieferung 22.12.2020). dies belegt eindeutig, dass auch nach dem 30.04.2020 – und insbesondere in einem zeitraum von ca. 3 wochen danach, in welchem eine fristsetzung zur nachbesserung durch die beklagte ohne weiteres möglich gewesen wäre – entsprechende schutzmasken für die klägerin weiterhin von interesse waren. 87es spricht vieles dafür, kann aber letztlich dahinstehen, ob der umgang mit den weiteren vertragspartnern über §§ 242 bgb, art. 3 gg (i.v.m. der rechtsprechung eugh, urt. v. 02.06.2016 - c-410/14) ebenfalls dazu führen würde, dass ein rücktritt ohne vorherige fristsetzung unwirksam wäre. 88es spricht ebenfalls vieles dafür, dass die anweisung an die beklagte, tatsächlich doch erst nach dem 30.04.2020 zu liefern, als verzicht der klägerin auf eine etwaige fixabrede zu deuten wäre, mit der konsequenz, dass sich der vertrag damit in einen normalen kaufvertrag ohne fixabrede umgewandelt hätte. 89sofern man das vorliegen eines handelsgeschäfts annähme, wäre durch die anweisung an die beklagte, erst am 04.05.2020 zu liefern, der charakter eines fixhandelsgeschäfts ohnehin gänzlich entfallen, denn der vertrag hätte sich durch das erfüllungsverlangen nach fristablauf gem. § 376 abs. 1 s. 2 hgb in einen normalen handelskauf umgewandelt (vgl. bgh, urteil vom 27. oktober 1982 – viii zr 190/81). 90eine nachfristsetzung war vorliegend auch nicht wegen einer ernsthaften verweigerung der leistung bzw. nacherfüllung entbehrlich (§ 323 abs. 2 nr. 1 bgb). die beklagte hat im vorliegenden prozess zwar das vorliegen von mängeln sehr nachdrücklich bestritten. ein solches bestreiten alleine genügt jedoch nicht für die annahme, dass ein schuldner sich von einer nacherfüllungsaufforderung nicht umstimmen lassen und die erfüllung seiner vertragspflichten zur mangelfreien lieferung ablehnen werde (vgl. bgh, urteil vom 01. juli 2015 – viii zr 226/14; urteil vom 18. januar 2017 – viii zr 234/17). gerade dann, wenn jemand – wie hier – über das bestreiten der mängel hinaus auch die fehlende nachfristsetzung rügt, darf keine ernsthafte erfüllungsverweigerung unterstellt werden (bgh, urteil vom 21. dezember 2005 – viii zr 49/05). 91b. 92die feststellungsanträge der klägerin waren abzuweisen, weil sie ihrem inhalt nach ein recht auf rückabwicklung und ein rückgewährschuldverhältnis voraussetzen, welches nach den obigen darstellungen jedoch nicht besteht. 93c. 94der klägerin steht gegen die beklagte auch kein anspruch auf erstattung vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten zu. denn die beauftragung eines anwalts zwecks verfolgung von rücktrittsrechten war aus den genannten gründen nicht erforderlich. 952. hilfswiderklage 96die hilfswiderklage ist zulässig. eine widerklage darf an die prozessuale bedingung der abweisung der klage geknüpft werden (vgl. müko, kommentar zur zpo, 6. aufl. § 33 zpo rz. 24 m.w.n.). 97die widerklage ist auch vollumfänglich begründet. 98a. 99mangels rücktrittsrechts der klägerin besteht das vertragsverhältnis zwischen den parteien fort. die klägerin schuldet der beklagten daher noch den vertraglich vereinbarten rest-kaufpreis, den sie für die lieferung mit der avis-nr. $$0001 nur hälftig gezahlt hatte. konkrete rechtserhebliche einwendungen, welche der zahlungspflicht entgegengehalten werden könnten, sind von der klägerin im prozess nicht vorgebracht worden. 100der anspruch auf restkaufpreiszahlung ist gem. §§ 280, 286 bgb antragsgemäß zu verzinsen. verzug trat nach § 286 abs. 2 nr. 2 bgb automatisch mit ablauf der vertraglichen zahlungsfrist von einer woche ab lieferung (04.05.2020), mithin mit ablauf des 11.05.2020, ein. 101b. 102die klägerin schuldet der beklagten aus den gleichen gründen gem. §§ 280, 286 bgb auch zinsen hinsichtlich der geleisteten zahlungen, die alle erst nach ablauf der vertraglichen zahlungsfrist erfolgten. 103c. 104der anspruch der beklagten auf erstattung vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280, 286 zpo. 1053. keine wiedereröffnung 106die kammer sah sich nicht veranlasst, dem antrag der klägerseite vom 29.12.2021 stattzugeben und die mündliche verhandlung wiederzueröffnen. denn es liegt keiner der zwingenden wiedereröffnungsgründe des § 156 abs. 2 zpo vor, und die klägerseite hat mit ihrem schriftsatz vom 29.12.2021 auch keine neuen entscheidungserheblichen tatsachen vorgebracht, die eine wiedereröffnung nach § 156 abs. 1 zpo rechtfertigen würden. 107soweit die klägerin sich darauf beruft, die kammer bewerte die voraussetzungen des § 323 abs. 2 nr. 2 bgb unzutreffend und dies sei für sie überraschend und hätte eines früheren hinweises bedurft, teilt die kammer diese rechtsauffassung nicht. die voraussetzungen des § 323 abs. 2 nr. 2 bgb wurden von beiden parteien in der klage, klageerwiderung, replik, duplik und triplik auf vielen hunderten schriftsatzseiten umfassend und unter allen in betracht kommenden gesichtspunkten erörtert, sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher hinsicht. vor diesem hintergrund gab es für die kammer keinen anlass zur annahme, die klägerin könnte diesen entscheidungserheblichen punkt übersehen haben oder ihr vortrag hierzu könnte lückenhaft sein. dass sich die kammer letztlich einer der beiden umstrittenen rechtsansichten anschließen würde, konnte auch für keine der parteien überraschend sein. der schriftsatz vom 29.12.2021 enthält auch keinen neuen tatsachenvortrag, der für die rechtliche beurteilung von bedeutung wäre, sondern beschränkt sich auf die wiederholung des bisherigen vorbringens der klägerseite zum vorliegen der rücktrittsvoraussetzungen. 1084. 109die entscheidungen über die kosten und vorläufige vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 709 zpo. 110der streitwert wird wie folgt festgesetzt: insgesamt 6.637.896,20 eur. 111er setzt sich aus folgenden einzelwerten zusammen: 112klageantrag 1: 2.120.580,00 eur 113klageantrag 2: 100.000,00 eur geschätzt 114klageantrag 5: 2.227.680,00 eur 115klageantrag 6: 50.000,00 eur geschätzt 116klageantrag 3,4 und 7: ohne ansatz 117hilfswiderklageantrag 1: 2.120.580,00 eur 118hilfswiderklageantrag 2: 14.351,63 eur 119hilfswiderklageantrag 3: 4.704,67 eur 120hilfswiderklageantrag 4: ohne ansatz |
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} | S 13 KR 333/21 | 2022-01-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Versorgung des Klägers mit einem Liege-Dreirad „L. F.T.“ der Fa. I. C mit Elektromotor und Zubehör zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). 3Der am 01.12.1962 geborene Kläger leidet an einer Friedreich-Ataxie mit chronisch fortschreitender Verminderung der eigenständigen Fortbewegungsfähigkeit durch zunehmende Deformierung der Füße und beinbetonter Muskelatrophie. 4Im April 2021 beantragte er die Versorgung mit einem Dreirad „L. F. T.“ der Fa. I. C. mit Elektromotor und Zubehör unter Vorlage einer entsprechenden Hilfsmittelverordnung seines Hausarztes vom 01.04.2021, gerichtet auf ein „1 Therapiedreirad zum Erhalt und Wiederaufbau der eingeschränkten Muskelfunktion“, und eines Kostenvoranschlags der Fa. C. N.vom 16.04.2021 für ein Therapiedreirad, in dem die Kosten auf 11.568,90 € beziffert wurden, sowie einer Stellungnahme der Fa. C. N. vom 16.04.2021. 5Durch Bescheid vom 20.04.2021 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, es handele sich um ein hochwertiges handelsübliches Liegedreirad mit Motor; dies sei kein Hilfsmittel, sondern ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens; dafür sei eine Kostenübernahme durch die GKV ausgeschlossen. Therapiedreiräder seien Kindern vorbehalten. Fahrradfahren stelle kein Grundbedürfnis des täglichen Lebens dar. Die beabsichtigte Stärkung der Muskulatur sei eine Maßnahme, die allgemein der Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit diene; ein Bezug zu einer Krankenbehandlung bestehe nicht; die Maßnahme falle in den eigenverantwortlichen Bereich jedes einzelnen Versicherten. 6Dagegen legte der Kläger am 29.04.2021 Widerspruch. Er trug vor, das Dreirad sei für ihn kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, sondern solle die mehrmals wöchentliche Physio- und Ergotherapie unterstützen. Er legte dazu befürwortende Stellungnahmen seines Hausarztes vom 29.04.2021, der Klinik für Neurologie der V. F. vom 03.05.2021, der Physio- und Ergotherapieabteilung des M. B. vom 12.05.2021, der Klinik für Neurologie der V. B. vom 17.05.2021 und der Fa. C. N. mit einem neuen Kostenvoranschlag vom 24.06.2021 für ein faltbares Liege-Dreirad „L. F. T.“ der Fa. I. C. mit Elektromotor und Zubehör in Höhe von 12.280,52 € vor. 7Durch Widerspruchsbescheid vom 07.10.2021 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie wiederholte und vertiefte ihre Auffassung, das beantragte Dreirad sei kein Hilfsmittel, sondern ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens; Fahrradfahren sei kein für Erwachsene von der GKV zu befriedigendes Grundbedürfnis des täglichen Lebens; die die Voraussetzungen für die Anerkennung als Therapierad seien nach der Rechtsprechung des Bundesozialgerichtes (BSG) nicht erfüllt. 8Dagegen hat der Kläger am 20.10.2021 Klage erhoben. Er trägt vor, entgegen der Herstellerangaben handele es sich um ein Sesseldreirad. Höhe und Form des Sitzes seien für seine Erkrankung wichtig, da er nur so vom Rollstuhl auf das Dreirad umsteigen könne. Insofern sei das beantragte Dreirad auf die individuellen Bedürfnisse eines behinderten Menschen zugeschnitten. Auch wenn der Hersteller das Dreirad als Rad für jedermann bewerbe, so werde es dennoch überwiegend von Behinderten und Rehabilitanden genutzt. Aufgrund seiner schweren chronischen Erkrankung sei von einem stetig zunehmenden Bewegungsmangel auszugehen. Dieser solle nach fachmedizinischer Auffassung mit einem Dreirad ausgeglichen werden. Das Sturzrisiko auf einem normalen Fahrrad sei aufgrund der fortschreitenden neurologischen Erkrankung zu hoch. Durch das Fahrradfahren werde die physiotherapeutische Behandlung unterstützt, indem sowohl Muskelkraft als auch Bewegungskoordination trainiert würden. Im Vordergrund stünde die regelmäßige Übungstherapie, d.h. Krankengymnastik, unterstützt durch regelmäßiges eigenständiges Training; für diese sei das Trainieren mit dem Dreirad eine wichtige Option. 9Der Kläger beantragt, 10den Bescheid der Beklagten vom 20.04.2021 in der Fassung desWiderspruchsbescheides vom 07.10.2021 aufzuheben und die Beklagte 11zu verurteilen, ihn mit einem „L. F. T.“ Liege-Dreirad mit Elektromotor zu versorgen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Sie bleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 18Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem beantragten Liege-Dreirad „L. F. T.“ der Fa. I. C. mit Elektromotor als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). 19Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. 20Bei dem streitigen Liege-Dreirad „L. F. T.“ der Fa. I. C. handelt es sich um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, weil es nicht speziell für die Bedürfnisse behinderter Menschen konstruiert worden ist und nicht nur von Behinderten eingesetzt wird (vgl. BSG, Urteil vom 16.09.1999 – B 3 KR 1/99 R; speziell für das Liege-Dreirad „L. F. T.“ der Fa. I. C.: LSG Baden.Württemberg, Urteil vom 02.02.2021 – L 11 KR 635/20 – mit ausführlicher Begründung). 21Selbst wenn es sich bei diesem Liege-Dreirad nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, sondern um ein Hilfsmittel im Sinne der GKV handeln würde, wären die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 33 Abs. 1 SGB V nicht erfüllt. Denn das Liege-Dreirad „L. F. T.“ mit Elektromotor ist weder zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung noch zur Vorbeugung einer drohenden Behinderung noch zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich. 22Einem Sachleistungsanspruch auf Versorgung der Klägerin mit dem Liege-Dreirad „L. F. T.“ mit Elektromotor zum Zweck des Behinderungsausgleichs steht entgegen, dass die Aufgabe der GKV bei der Hilfsmittelversorgung allein die an Gesundheit, Organfunktion und Behandlungserfolg orientierte medizinische Rehabilitation ist. Bei GKV-Hilfsmitteln, die – wie hier – nicht unmittelbar eine körperliche Funktion ersetzen, sondern lediglich die direkten oder indirekten Folgen einer Behinderung ausgleichen („mittelbarer Behinderungsausgleich“), kann von medizinischer Rehabilitation aber nur dann die Rede sein, wenn der Zweck des Hilfsmitteleinsatzes der Befriedigung körperlicher Grundfunktionen und in diesem Sinne einem Grundbedürfnis dient. Dies ist der Fall, wenn das Hilfsmittel die Auswirkungen einer Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist (BSG, Urteil vom 07.10.2010 – B 3 KR 5/10 R – m.w.N.). 23Der Kläger will das Liege-Dreirad „L. F. T.“ mit Elektromotor offensichtlich (auch) für die Bewältigung von Strecken nutzen, die über den Nahbereich der Wohnung hinausgehen. Dies wird auch aus der Stellungnahme der Klinik für Neurologie der V. B. vom 17.05.2021 deutlich, in der empfohlen wird, dass das Dreirad durch einen Elektromotor zusätzlich unterstützt wird, wenn die Kraft nicht mehr ausreicht und „die Geländetopographie“ einen zu großen Kraftakt erfordert. In der Stellungnahme der Therapeuten des M. vom 12.05.2021 wird ebenfalls das Radfahren „in einem größerer Aktionsradius“ befürwortet. Insoweit ist das Hilfsmittel jedoch nicht „zum Behinderungsausgleich“ erforderlich. Denn wegen der allein auf die medizinische Rehabilitation beschränkten Leistungspflicht der GKV ist diese im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs in Bezug auf Mobilitätshilfen nur verpflichtet, Versicherten die Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums zu ermöglichen. Es sind deshalb nur solche Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die dem Grundbedürfnis dienen, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und diese zu verlassen, um bei einem kurzen Sparziergang „an die frische Luft zu kommen“ oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG a.a.O.). 24Soweit der Kläger das Dreirad für kürzere, im Nahbereich seiner Wohnung liegende Strecken nutzen will, scheitert der Anspruch ebenfalls an der Erforderlichkeit der Versorgung, denn er ist bereits mit einem hierfür geeigneten Hilfsmittel, einem Rollstuhl, ausreichend versorgt. 25Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Dreirad zur Vorbeugung einer drohenden Behinderung. Denn es ist weder von ihm vorgetragen noch aus den medizinischen Unterlagen und Berichten ersichtlich, dass ohne den Einsatz des Liege-Dreirades mit großer Wahrscheinlichkeit und im erheblichen Ausmaß eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Eine Behinderung „droht“ erst dann, wenn sie – in sachlicher Hinsicht – nach fachlicher Kenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Erforderlich ist ferner, dass nicht irgendeine Form der Behinderung vorstellbar, sondern eine ganz konkrete Art der Behinderung zu erwarten ist, die bei einer bestimmten Erkrankung typischerweise als Folge eintreten kann. Zudem muss die Behinderung – in zeitlicher Hinsicht – mit Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft und in Form eines ansonsten nicht mehr behebbaren Dauerzustandes eintreten (BSG a.a.O., m.w.N.). Beim Kläger ist nicht zu erwarten, dass eine über die bestehende Funktionseinschränkung hinausgehende, nicht mehr behebbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei natürlichem Verlauf in absehbarer Zeit und hoher Wahrscheinlichkeit ohne den Einsatz des Liegedreirades eintreten wird. Der Kläger und seine Ärzte begründen dessen Notwendigkeit in erster Linie mit erwarteten positiven gesundheitsfördernden Wirkungen des Dreirades (Trainingseffekt, Muskelaufbau, Bewegungskoordination, alltägliche Mobilisation, Ausgleich von zunehmendem Bewegungsmangel). Dies allein ist nicht ausreichend, um den notwendigen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu begründen (BSG, a.a.O., unter Hinweis auf das Urteil vom 22.04.2009 – B 3 KR 11/07). 26Zuletzt besteht ein Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Liege-Dreirad „L. F. T.“ mit Elektromotor auch deshalb nicht, weil dieses Hilfsmittel nicht „zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung“ dient und ebenso wirksame, aber wirtschaftlich günstigere Alternativen zur Verfügung stehen. Maßnahmen oder Hilfen zur Bewegungsförderung fallen nur ausnahmsweise in die Leistungszuständigkeit der Krankenkassen. Zur Krankenbehandlung gehören regelmäßig nur Maßnahmen mit Behandlungs- und Therapiecharakter, die einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen. Bloße allgemeine Maßnahmen der Erhaltung und Förderung der Gesundheit genügen diesen Anforderungen nach der Rechtsprechung des BSG nicht, selbst wenn sie von qualifizierten Fachkräften unter ärztlicher Betreuung und Überwachung durchgeführt werden (BSG, Urteil vom 07.10.2010 – B 3 KR 5/10 R – m.w.N.). Allein die befürwortenden Stellungnahmen begründen keine Ausnahme, das Liege-Dreirad „L. F. T.“ – zumal mit Elektromotor – zur Förderung oder Ermöglichung der Mobilisation als Hilfsmittel „zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung“ im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative SGB V zu Lasten der GKV anzuerkennen. Keinen ausreichend engen Bezug zu einer konkreten Krankenbehandlung weisen diejenigen gesundheitsförderlichen Maßnahmen auf, die (nur) allgemein auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die Mobilisierung von Restfunktionen des behinderten Menschen, die Erhöhung der Ausdauer und Belastungsfähigkeit sowie die Hilfe bei der Krankheitsbewältigung zielen. Ein weitergehender spezifischer Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V kommt daher nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs. 1 Satz SGB V als erforderlich anzusehen sind. Davon ist bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung dann auszugehen, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie hat, die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördert oder die Behandlungsfrequenz infolge der eigenen Betätigung geringer ausfallen kann und sich deshalb die Versorgung mit dem Hilfsmittel im Rahmen der Wahlmöglichkeiten des Versicherten als wirtschaftlich darstellt (BSG, Urteil vom 07.10.2010 – B 3 KR 5/10 R; Urteil vom 15.03.2018 – B 3 KR 4/16 R). Dies trifft auf das beantragte Liege-Dreirad „L. F. T.“ nach dem Inhalt der von den Ärzten des Klägers und der Fa. C. N. abgegebenen Stellungnahmen nicht zu. 27Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1 | 2die beteiligten streiten um die versorgung des klägers mit einem liege-dreirad „l. f.t.“ der fa. i. c mit elektromotor und zubehör zu lasten der gesetzlichen krankenversicherung (gkv). 3der am 01.12.1962 geborene kläger leidet an einer friedreich-ataxie mit chronisch fortschreitender verminderung der eigenständigen fortbewegungsfähigkeit durch zunehmende deformierung der füße und beinbetonter muskelatrophie. 4im april 2021 beantragte er die versorgung mit einem dreirad „l. f. t.“ der fa. i. c. mit elektromotor und zubehör unter vorlage einer entsprechenden hilfsmittelverordnung seines hausarztes vom 01.04.2021, gerichtet auf ein „1 therapiedreirad zum erhalt und wiederaufbau der eingeschränkten muskelfunktion“, und eines kostenvoranschlags der fa. c. n.vom 16.04.2021 für ein therapiedreirad, in dem die kosten auf 11.568,90 € beziffert wurden, sowie einer stellungnahme der fa. c. n. vom 16.04.2021. 5durch bescheid vom 20.04.2021 lehnte die beklagte den antrag ab. zur begründung führte sie aus, es handele sich um ein hochwertiges handelsübliches liegedreirad mit motor; dies sei kein hilfsmittel, sondern ein gebrauchsgegenstand des täglichen lebens; dafür sei eine kostenübernahme durch die gkv ausgeschlossen. therapiedreiräder seien kindern vorbehalten. fahrradfahren stelle kein grundbedürfnis des täglichen lebens dar. die beabsichtigte stärkung der muskulatur sei eine maßnahme, die allgemein der verbesserung der körperlichen leistungsfähigkeit diene; ein bezug zu einer krankenbehandlung bestehe nicht; die maßnahme falle in den eigenverantwortlichen bereich jedes einzelnen versicherten. 6dagegen legte der kläger am 29.04.2021 widerspruch. er trug vor, das dreirad sei für ihn kein gebrauchsgegenstand des täglichen lebens, sondern solle die mehrmals wöchentliche physio- und ergotherapie unterstützen. er legte dazu befürwortende stellungnahmen seines hausarztes vom 29.04.2021, der klinik für neurologie der v. f. vom 03.05.2021, der physio- und ergotherapieabteilung des m. b. vom 12.05.2021, der klinik für neurologie der v. b. vom 17.05.2021 und der fa. c. n. mit einem neuen kostenvoranschlag vom 24.06.2021 für ein faltbares liege-dreirad „l. f. t.“ der fa. i. c. mit elektromotor und zubehör in höhe von 12.280,52 € vor. 7durch widerspruchsbescheid vom 07.10.2021 wies die beklagte den widerspruch zurück. sie wiederholte und vertiefte ihre auffassung, das beantragte dreirad sei kein hilfsmittel, sondern ein gebrauchsgegenstand des täglichen lebens; fahrradfahren sei kein für erwachsene von der gkv zu befriedigendes grundbedürfnis des täglichen lebens; die die voraussetzungen für die anerkennung als therapierad seien nach der rechtsprechung des bundesozialgerichtes (bsg) nicht erfüllt. 8dagegen hat der kläger am 20.10.2021 klage erhoben. er trägt vor, entgegen der herstellerangaben handele es sich um ein sesseldreirad. höhe und form des sitzes seien für seine erkrankung wichtig, da er nur so vom rollstuhl auf das dreirad umsteigen könne. insofern sei das beantragte dreirad auf die individuellen bedürfnisse eines behinderten menschen zugeschnitten. auch wenn der hersteller das dreirad als rad für jedermann bewerbe, so werde es dennoch überwiegend von behinderten und rehabilitanden genutzt. aufgrund seiner schweren chronischen erkrankung sei von einem stetig zunehmenden bewegungsmangel auszugehen. dieser solle nach fachmedizinischer auffassung mit einem dreirad ausgeglichen werden. das sturzrisiko auf einem normalen fahrrad sei aufgrund der fortschreitenden neurologischen erkrankung zu hoch. durch das fahrradfahren werde die physiotherapeutische behandlung unterstützt, indem sowohl muskelkraft als auch bewegungskoordination trainiert würden. im vordergrund stünde die regelmäßige übungstherapie, d.h. krankengymnastik, unterstützt durch regelmäßiges eigenständiges training; für diese sei das trainieren mit dem dreirad eine wichtige option. 9der kläger beantragt, 10den bescheid der beklagten vom 20.04.2021 in der fassung deswiderspruchsbescheides vom 07.10.2021 aufzuheben und die beklagte 11zu verurteilen, ihn mit einem „l. f. t.“ liege-dreirad mit elektromotor zu versorgen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14sie bleibt bei ihrer in den angefochtenen bescheiden vertretenen auffassung. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen den kläger betreffende verwaltungsakte der beklagten, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 16 | 17die klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 18der kläger wird durch die angefochtenen bescheide nicht im sinne des § 54 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. er hat keinen anspruch auf versorgung mit dem beantragten liege-dreirad „l. f. t.“ der fa. i. c. mit elektromotor als hilfsmittel der gesetzlichen krankenversicherung (gkv). 19nach § 33 abs. 1 satz 1 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) haben versicherte anspruch auf versorgung mit hörhilfen, körperersatzstücken, orthopädischen und anderen hilfsmitteln, die im einzelfall erforderlich sind, um den erfolg der krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden behinderung vorzubeugen oder eine behinderung auszugleichen, soweit die hilfsmittel nicht als allgemeine gebrauchsgegenstände des täglichen lebens anzusehen oder nach § 34 abs. 4 sgb v ausgeschlossen sind. 20bei dem streitigen liege-dreirad „l. f. t.“ der fa. i. c. handelt es sich um einen gebrauchsgegenstand des täglichen lebens, weil es nicht speziell für die bedürfnisse behinderter menschen konstruiert worden ist und nicht nur von behinderten eingesetzt wird (vgl. bsg, urteil vom 16.09.1999 – b 3 kr 1/99 r; speziell für das liege-dreirad „l. f. t.“ der fa. i. c.: lsg baden.württemberg, urteil vom 02.02.2021 – l 11 kr 635/20 – mit ausführlicher begründung). 21selbst wenn es sich bei diesem liege-dreirad nicht um einen gebrauchsgegenstand des täglichen lebens, sondern um ein hilfsmittel im sinne der gkv handeln würde, wären die weiteren voraussetzungen eines anspruchs nach § 33 abs. 1 sgb v nicht erfüllt. denn das liege-dreirad „l. f. t.“ mit elektromotor ist weder zur sicherung des erfolgs einer krankenbehandlung noch zur vorbeugung einer drohenden behinderung noch zum ausgleich einer behinderung erforderlich. 22einem sachleistungsanspruch auf versorgung der klägerin mit dem liege-dreirad „l. f. t.“ mit elektromotor zum zweck des behinderungsausgleichs steht entgegen, dass die aufgabe der gkv bei der hilfsmittelversorgung allein die an gesundheit, organfunktion und behandlungserfolg orientierte medizinische rehabilitation ist. bei gkv-hilfsmitteln, die – wie hier – nicht unmittelbar eine körperliche funktion ersetzen, sondern lediglich die direkten oder indirekten folgen einer behinderung ausgleichen („mittelbarer behinderungsausgleich“), kann von medizinischer rehabilitation aber nur dann die rede sein, wenn der zweck des hilfsmitteleinsatzes der befriedigung körperlicher grundfunktionen und in diesem sinne einem grundbedürfnis dient. dies ist der fall, wenn das hilfsmittel die auswirkungen einer behinderung im gesamten täglichen leben beseitigt oder mildert und damit ein grundbedürfnis des täglichen lebens betroffen ist (bsg, urteil vom 07.10.2010 – b 3 kr 5/10 r – m.w.n.). 23der kläger will das liege-dreirad „l. f. t.“ mit elektromotor offensichtlich (auch) für die bewältigung von strecken nutzen, die über den nahbereich der wohnung hinausgehen. dies wird auch aus der stellungnahme der klinik für neurologie der v. b. vom 17.05.2021 deutlich, in der empfohlen wird, dass das dreirad durch einen elektromotor zusätzlich unterstützt wird, wenn die kraft nicht mehr ausreicht und „die geländetopographie“ einen zu großen kraftakt erfordert. in der stellungnahme der therapeuten des m. vom 12.05.2021 wird ebenfalls das radfahren „in einem größerer aktionsradius“ befürwortet. insoweit ist das hilfsmittel jedoch nicht „zum behinderungsausgleich“ erforderlich. denn wegen der allein auf die medizinische rehabilitation beschränkten leistungspflicht der gkv ist diese im rahmen des mittelbaren behinderungsausgleichs in bezug auf mobilitätshilfen nur verpflichtet, versicherten die erschließung eines gewissen körperlichen freiraums zu ermöglichen. es sind deshalb nur solche hilfsmittel zur verfügung zu stellen, die dem grundbedürfnis dienen, sich in der eigenen wohnung zu bewegen und diese zu verlassen, um bei einem kurzen sparziergang „an die frische luft zu kommen“ oder um die üblicherweise im nahbereich der wohnung liegenden stellen zu erreichen, an denen alltagsgeschäfte zu erledigen sind (bsg a.a.o.). 24soweit der kläger das dreirad für kürzere, im nahbereich seiner wohnung liegende strecken nutzen will, scheitert der anspruch ebenfalls an der erforderlichkeit der versorgung, denn er ist bereits mit einem hierfür geeigneten hilfsmittel, einem rollstuhl, ausreichend versorgt. 25der kläger hat auch keinen anspruch auf versorgung mit einem dreirad zur vorbeugung einer drohenden behinderung. denn es ist weder von ihm vorgetragen noch aus den medizinischen unterlagen und berichten ersichtlich, dass ohne den einsatz des liege-dreirades mit großer wahrscheinlichkeit und im erheblichen ausmaß eine verschlechterung des gesundheitszustandes zu erwarten ist. eine behinderung „droht“ erst dann, wenn sie – in sachlicher hinsicht – nach fachlicher kenntnis mit hoher wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. erforderlich ist ferner, dass nicht irgendeine form der behinderung vorstellbar, sondern eine ganz konkrete art der behinderung zu erwarten ist, die bei einer bestimmten erkrankung typischerweise als folge eintreten kann. zudem muss die behinderung – in zeitlicher hinsicht – mit wahrscheinlichkeit in absehbarer zukunft und in form eines ansonsten nicht mehr behebbaren dauerzustandes eintreten (bsg a.a.o., m.w.n.). beim kläger ist nicht zu erwarten, dass eine über die bestehende funktionseinschränkung hinausgehende, nicht mehr behebbare verschlechterung des gesundheitszustandes bei natürlichem verlauf in absehbarer zeit und hoher wahrscheinlichkeit ohne den einsatz des liegedreirades eintreten wird. der kläger und seine ärzte begründen dessen notwendigkeit in erster linie mit erwarteten positiven gesundheitsfördernden wirkungen des dreirades (trainingseffekt, muskelaufbau, bewegungskoordination, alltägliche mobilisation, ausgleich von zunehmendem bewegungsmangel). dies allein ist nicht ausreichend, um den notwendigen sachlichen und zeitlichen zusammenhang zur verschlechterung des gesundheitszustandes zu begründen (bsg, a.a.o., unter hinweis auf das urteil vom 22.04.2009 – b 3 kr 11/07). 26zuletzt besteht ein anspruch auf versorgung mit dem begehrten liege-dreirad „l. f. t.“ mit elektromotor auch deshalb nicht, weil dieses hilfsmittel nicht „zur sicherung des erfolgs der krankenbehandlung“ dient und ebenso wirksame, aber wirtschaftlich günstigere alternativen zur verfügung stehen. maßnahmen oder hilfen zur bewegungsförderung fallen nur ausnahmsweise in die leistungszuständigkeit der krankenkassen. zur krankenbehandlung gehören regelmäßig nur maßnahmen mit behandlungs- und therapiecharakter, die einen eindeutigen krankheitsbezug aufweisen. bloße allgemeine maßnahmen der erhaltung und förderung der gesundheit genügen diesen anforderungen nach der rechtsprechung des bsg nicht, selbst wenn sie von qualifizierten fachkräften unter ärztlicher betreuung und überwachung durchgeführt werden (bsg, urteil vom 07.10.2010 – b 3 kr 5/10 r – m.w.n.). allein die befürwortenden stellungnahmen begründen keine ausnahme, das liege-dreirad „l. f. t.“ – zumal mit elektromotor – zur förderung oder ermöglichung der mobilisation als hilfsmittel „zur sicherung des erfolgs der krankenbehandlung“ im sinne von § 33 abs. 1 satz 1, 1. alternative sgb v zu lasten der gkv anzuerkennen. keinen ausreichend engen bezug zu einer konkreten krankenbehandlung weisen diejenigen gesundheitsförderlichen maßnahmen auf, die (nur) allgemein auf die verbesserung der körperlichen leistungsfähigkeit, die mobilisierung von restfunktionen des behinderten menschen, die erhöhung der ausdauer und belastungsfähigkeit sowie die hilfe bei der krankheitsbewältigung zielen. ein weitergehender spezifischer bezug zur ärztlich verantworteten krankenbehandlung im sinne von § 27 abs. 1 sgb v kommt daher nur solchen maßnahmen zur körperlichen mobilisation zu, die in einem engen zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen therapieplan beruhenden behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete leistungserbringer stehen und für die gezielte versorgung im sinne der behandlungsziele des § 27 abs. 1 satz sgb v als erforderlich anzusehen sind. davon ist bei einer hilfe zur körperlichen betätigung dann auszugehen, wenn der versicherte aufgrund der schwere der erkrankung dauerhaft anspruch auf maßnahmen der physikalischen therapie hat, die durch das beanspruchte hilfsmittel unterstützte eigene körperliche betätigung diese therapie entweder wesentlich fördert oder die behandlungsfrequenz infolge der eigenen betätigung geringer ausfallen kann und sich deshalb die versorgung mit dem hilfsmittel im rahmen der wahlmöglichkeiten des versicherten als wirtschaftlich darstellt (bsg, urteil vom 07.10.2010 – b 3 kr 5/10 r; urteil vom 15.03.2018 – b 3 kr 4/16 r). dies trifft auf das beantragte liege-dreirad „l. f. t.“ nach dem inhalt der von den ärzten des klägers und der fa. c. n. abgegebenen stellungnahmen nicht zu. 27die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. |
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} | S 13 KR 175/20 | 2022-01-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 1.607,62 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2019 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Der Streitwert wird auf 1.607,62 € festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf (Rest-)Vergütung wegen erbrachter Krankenhausbehandlungsleistungen in Höhe von 1.607,62 €. 3Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelten ihre Ärzte stationär vom 20.09. bis 24.10.2018 die am 04.05.1937 geborene, bei der Beklagten versicherte N. T. (im Folgenden: Versicherte). Ausweislich des Entlassungsberichtes der Klägerin vom 23.10.2018 war die Versicherte mit Schlaganfall-Symptomen aus einem anderen Krankenhaus zur Klägerin verlegt worden. Hier bestätigte sich computertomographisch der linksseitige Verschluss einer zum Gehirn führenden Arterie durch ein Blutgerinnsel, welches durch eine endovaskuläre Thrombektomie am 20.09.2018 entfernt wurde. Zusätzlich wurde zum Offenhalten der verengten Arteria Carotis interna (innere Halsschlagader) links ein Stent eingebracht. Einige Tage nach dem Eingriff bestanden bei der Versicherten weiterhin eine ausgeprägte Halbseitenlähmung und eine Sprachstörung. Eine hinzutretende Lungenentzündung machte eine erneute Intubation erforderlich. Die Versicherte wurde am 24.10.2018 in eine Rehabilitationseinrichtung verlegt. 4Für die Krankenhausbehandlung stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 16.11.2018 nach der Fallpauschale (DRG) A11B insgesamt 70.868,63 € in Rechnung. In diesem Betrag waren 1.603,30 € für das Zusatzentgelt (ZE) 133.01 (Perkutan-transluminale Fremdkörperentfernung und Thrombektomie an intrakraniellen Gefäßen unter Verwendung eines Mikrodrahtretriever-Systems, Zusatzinformationen zu Materialien: 1 Mikrodrahtretriever-System) und weitere 1.959,38 € für das ZE 152.01 (Perkutan-transluminale Fremdkörperentfernung und Thrombektomie an intrakraniellen Gefäßen unter Verwendung eines Stentretriever-Systems, Zusatzinformationen zu Materialien: Verwendung eines Mikrodrahtretriever- oder Stentretriever-Systems zur Thrombektomie) enthalten. Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst an die Klägerin. 5Im Rahmen einer anschließenden Überprüfung der Abrechnung kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in einer Stellungnahme vom 22.11.2018 hinsichtlich der ZE 133 und 152 zum Ergebnis: „Die Verwendung eines zu diesem Zweck zugelassenen Mikrodrahtretriever-Systems mit speziell geformten Mikrodraht-Retrievers (wie z.B. dem Merci Retriever mit Drahtschlange oder dem Penumbra System mit Ballon) oder eines MikrodrahtgeSTÜTZTEN Thrombektomiesystems wird im Eingriffsprotokoll nicht beschrieben. Die mehrfache Extraktion wird mit dem Solitaire-Platinum-Stentretriever unter Zuhilfenahme eines Aspirationskatheters (SAVE-Technik) durchgeführt. Die Erweiterung des Eingriffs mit einem Stentretriever um einen ggf. über Mikrodraht zur Unterstützung des Stentretrievers zugeführten Mikro-/Aspirationskatheter kann nicht zur Abrechnung eines zusätzlichen Zusatzentgeltes (zweier Systeme) für einen hier nicht getrennt abgrenzbar durchgeführten Microdrahtretriever-Eingriff führen.“ 6Daraufhin rechnete die Beklagte einen von ihr ermittelten Erstattungsanspruch in Höhe von 1.607,62 gegen den Vergütungsanspruch der Klägerin aus anderen (unstreitigen) Behandlungsfällen auf; sie buchte am 06.05.2019 den zunächst vollständig gezahlten Rechnungsbetrag von 70.868, 63 € zurück und wies am 08.05.2019 zur gleichen Rechnungsnummer eine Betrag von 69.261,01 € an (vgl. zwei „Zahlungsavis“ vom 06. und 08.05.2019). 7Am 26.05.2020 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 1.607,62 € erhoben. Sie verweist auf eine Stellungnahme des Direktors ihrer Klinik für Neuroradiologie, Prof. Dr. med. X., vom 04.03.2020. Darin hat dieser die Vorgehensweise im Fall der Behandlung der Versicherten detailliert wie folgt beschrieben: „Die Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes durch eine Entfernung des Blutgerinnsels (Thrombektomie) gelang in insgesamt drei Behandlungsversuchen. Für die ersten beiden Behandlungsversuche wurde ein Thrombektomieverfahren gewählt (SOLUMBRA), bei dem ein Stentretriever in Kombination mit einem Mikrodrahtretriever eingesetzt wird (verwendete Materialien: Medtronic Solitaire 6x40 als Stentretriever, Stryker Catalyst 6 als Mikrodrahtretriever mit kontinuierlicher Aspiration, Stryker Synchro 14 Soft Mikrodraht, Stryker FlowGate2 als Ballon-Zugangskatheter mit kontinuierlicher Aspiration). Da diese Technik nicht zu einer ausreichenden Gefäßeröffnung führte, wurde für den dritten Behandlungsversuch ein anderes Thrombektomieverfahren (SAVE) gewählt. Bei dieser Technik wird ebenfalls ein Stentretriever in Kombination mit einem Mikrodrahtretriever eingesetzt (verwendete Materialien: Medtronic Solitaire 6x40 als Stentretriever, Stryker Catalyst 6 als Mikrodrahtretriever mit kontinuierlicher Aspiration, Stryker Synchro 14 Soft Mikrodraht, Stryker FlowGate2 als Ballon-Zugangskatheter mit kontinuierlicher Aspiration). Erst danach war eine vollständige Gefäßeröffnung erreicht. Verwendet wurden insgesamt ein Mikrodrahtretriever und ein Stentretriever, jeweils in Kombination miteinander.“ Die Klägerin ist der Auffassung, dass, da sowohl ein Mikrodrahtretriever-System als auch ein Stentretriever-System verwendet wurden, auch beide Systeme abgerechnet werden können. Bei der Versicherten sei eine Thrombektomie-Behandlung durchgeführt worden. Hinsichtlich der einschlägigen Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) verweist die Klägerin auf die OPS-Version 2018 und die weiteren Ausführungen von Prof. Dr. X. in dessen Stellungnahme vom 04.03.2020: „Die Behandlung erfolgte dreimal mit einer Kombination aus „Mikrodrahtgestütztem Thrombektomiesystem mit kontinuierlicher Aspiration“ und „Stentretriever-Thrombektomie“, zweimal in SOLUMBRA- und einmal in SAVE-Technik. Die Kodierung für das Mikrodrahtgestützte Thrombektomiesystem erfolgt mit dem Schlüssel 8-83b.80. Die dafür benötigten Voraussetzungen sind sämtlich erfüllt: 8- Aspirationskatheter, der speziell für die Anwendung in Hirngefäßen und das Vorschieben bis zum Thrombus entwickelt wurde (Stryker Catalyst 6) 9- Verwendung in Verbindung mit einem Mikrodraht (Stryker Synchro 14) 10- Verwendung in Verbindung mit einer geeigneten Vorrichtung für eine kontinuierliche Aspiration (im o.g. Fall wurde eine kontinuierliche Aspiration mit einer Vorrichtung aus zwei kombinierten Vac-Lock-Spritzen verwendet). 11Eine Kodierung als „speziell für Hirngefäße modifizierter Absaugmikrokatheter“ mit dem Schlüssel 8-83b.d wäre dagegen nicht korrekt, da der hier verwendete Aspirationskatheter (Stryker Catalyst 6) nicht die im OPS-Katalog unter 8-83b.7 definierten Voraussetzungen erfüllt (Durchmesserzwischen 0.5 und 1.0 mm). Die Voraussetzungen für die Kodierung einer Stentretriever-Thrombektomie sind durch die Verwendung eines geeigneten Werkzeuges (Medtronic Solitaire 6x40) und die erfolgte Thrombektomie erfüllt. Daher erfolgt die Kodierung mit dem Schlüssel 8-83b.84. Eine Kombination beider Verfahren ist zulässig. Die gleichzeitige Kodierung mit den Schlüsseln 8-83b.80 und 8-83b.84 ist nicht zu beanstanden. Sie ist sowohl bei einer sequentiellen Verwendung der Verfahren wie bei einem gleichzeitigen Einsatz zulässig.“ Die Klägerin ist mit Prof. Dr. X. der Ansicht, dass die gewählte Art der Kodierung exakt der am 21.10.2019 von der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie herausgegebenen „Stellungnahme der DGNR zur Kodierung von Mikrodrahtretrievern bei der mechanischen Thrombektomie beim akuten Schlaganfall“ entspricht. Die vorgenommene Kodierung sei somit korrekt; folglich seien auch die abgerechneten Zusatzentgelte ZE 133.01 und ZE 152.01 in voller Höhe geschuldet. Der noch offene Betrag in Höhe von 1.607,62 € sei durch die Beklagte zu zahlen. 12Die Klägerin beantragt, 13die Beklagte zur Zahlung von 1.607,62 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 07.05.2019 zu verurteilen. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Sie nimmt Bezug auf das Gutachten des MDK und verweist zur Unterstützung ihrer Auffassung auf Stellungnahmen ihrer beratenden Ärztin Dr. Q.l vom 31.05. und 23.07.2021 und die Kodierempfehlung Nr. 605 der Sozialmedizinischen Expertengruppe (SEG-4) des MDK vom 05.06.2020. Diese lautet: „Die Entfernung des Thrombus mit dem Stentretrieversystem ist mit dem entsprechenden spezifischen Zusatzkode 8-83b.84 zu verschlüsseln. Die zusätzliche Anwendung eines Aspirationskatheters kann trotz des Inklusivums unter dem OPS 8-83b.80 nicht rnit diesem Zusatzkode kodiert werden, da dem Wortlaut des Kodes nur entsprochen wird, wenn ein „System“ zum Einsatz kommt. Der Aspirationskatheter ergänzt in diesem Falle das Stentretrieversystem bzw. ist Bestandteil dieses Systems und erfüllt nicht den Sachverhalt der Anwendung eines eigenständigen Mikrodraht-gestützten Thrombektomiesystems.“ 17Das Gericht hat zur Klärung des medizinischen Sachverhaltes ein Sachverständigengutachten nach Aktenlage von dem Arzt für diagnostische Radiologie, Dr. L. eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 05.02.2021 sowie die ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 24.06. und 08.09.2021 verwiesen. 18Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). 22Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Behandlungskosten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten. 23Die Klage ist auch begründet. 24Gegenstand der Klageforderung ist nicht der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung der Versicherten. Denn dieser ist durch die Zahlung der Beklagten in vollem Umfang erfüllt. Gegenstand der Klageforderung ist vielmehr der Anspruch auf (Rest-)Vergütung aus in den Aufrechnungserklärungen vom 06./08.05.2019 („Zahlungavis“) näher bezeichneten Behandlungsfällen gegenüber der Beklagten, aus denen die Klägerin – dies ist unstreitig – zunächst Anspruch auf die in Rechnung gestellte Vergütung hatte. Auf die Forderung aus diesen (unstreitigen) Behandlungsfällen hat die Beklagte jedoch nur den um 1.607,62 € gekürzten Betrag gezahlt und die Restforderung mit dem vermeintlichen Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall der Versicherten aufgerechnet. Diese Aufrechnung ist zwar gem. § 10 der für den streitigen Behandlungsfall der Versicherten maßgeblichen Prüfverfahrensvereinbarung vom 03.02.2016 formell ordnungsgemäß erfolgt. Jedoch war die Beklagte zur Aufrechnung nicht berechtigt, da ihr der behauptete Erstattungsanspruch nicht zustand. Die Forderung der Klägerin aus der Behandlung der Versicherten war (und ist) in vollem Umfang berechtigt; die Beklagte hat zu Unrecht die Forderung der Klägerin aus den anderen in der Aufrechnungserklärung vom 06./08.05.2019 bezeichneten Behandlungsfällen um 1.607,62 € gekürzt. 25Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin ebenso wie des Vergütungsanspruchs aus der Behandlung der Versicherten ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch der Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 – B 3 KR 11/01 R; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkasse andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV). 26Die Klägerin durfte für die Behandlung der Versicherten neben dem Zusatzentgelt (ZE) 152.01 auch das ZE 133.01 nach dem hier einschlägigen Fallpauschalenkatalog 2018 abrechnen. Dies ergibt sich aus dem für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend begründeten Abrechnungsgutachten des Sachverständigen Dr. L. vom 05.02.2021 in Verbindung mit seinen ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 24.06. und 08.09.2021 in Anwendung und Auslegung der einschlägigen Kodierbestimmungen. Dr. L. hat das Gutachten unter Berücksichtigung und Beachtung der einschlägigen Leitlinie, fachlicher Stellungnahmen und der patientenindividuellen Besonderheiten erstellt. Er hat in seinem Gutachten vom 05.02.2021 ausgeführt: 27„Die Thrombektomie im intrakraniellen Anteil der linken A. carotis interna erfolgte in mehreren Schritten: 28Zunächst wurde nach Sondierung der linken A. cerebri media über einen Mikrodraht und Mikrokatheter ein Solitaire-Platinum-Stentretriever im proximalen M2-Ast platziert. Der Stentretriever wurde in den Aspirationskatheter unter manueller Aspiration extrahiert. Die Kontrolle zeigte einen persistierenden ACI-Verschluss. Im zweiten Schritt erfolgte die Wiederholung der vorangegangenen Manipulation in ähnlicher Technik. Dabei konnte eine größere Menge an Thrombusmaterial geborgen werden, allerdings wurde weiterhin keine Rekanalisation der linken ACI erreicht. 29Daher wurde entschieden, mit einem anderen System einen erneuten Versuch der Thrombusentfernung zu starten. 30Im 3. Schritt wurde erneut die linke A. cerebri media mit Mikrodraht und Mikrokatheter sondiert und der Stentretriever über dem Thrombus freigesetzt. Hiernach wurde ein FlowGate-Katheter aus der ACC in den proximalen zervikalen Abschnitt der A. carotis interna vorgeschoben und bis an den Thrombus herangeführt. Hiernach erfolgte die einmalige Extraktion des Stentretrievers zusammen mit dem Aspirationskatheter unter kontinuierlicher distaler und proximaler manueller Aspiration. Dieses Manöver erbrachte eine komplette Rekanalisation des intrakraniellen, vormals verschlossenen Abschnittes der ACI. 31Das im ersten und zweiten Schritt verwendete Stentretriever-System ist korrekt über die 8-83b.84 mit dem korrelierenden ZE 152 abgerechnet worden. 32Das im 3. Schritt verwendete System wurde dann über die 8-83b.80 mit dem korrelierenden ZE 133 abgerechnet. 33Unter Berücksichtigung sämtlicher vorliegender Unterlagen ist festzustellen, dass 2 verschiedene, unterschiedlich konzipierte Systeme im vorliegenden Fall für die Entfernung des Thrombus in der linken ACI zur Anwendung kamen. Beide Systeme sind über einen Mikrodraht und Mikrokatheter in das zu behandelnde Gefäss einzubringen. Daher ist die in den Formulierungen zu den OPS-Ziffern 8-83b.80 bis 86 für die Abrechnung der ZE 133 und ZE 152 gegeben. 34Es wurden unterschiedliche Systeme verwendet, die Art der Systeme ist sowohl im Behandlungsbericht vom 20.09.2018 als auch in der Stellungnahme des Prof. X. vom 04.03.2020 hinreichend abgebildet. Es handelt sich jeweils um Systeme, bestehend aus einem Mikrodraht, Mikrokatheter und weiteren Komponenten, sodass der Inhalt des Begriffes „System" erfüllt ist. 35Insofern ist es als korrekt zu betrachten, dass beide „Systeme" abgerechnet wurden. Es wurde sowohl der materielle als auch der personelle/zeitliche Aufwand für die Ansetzung der jeweiligen OPS erbracht.“ 36In einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 24.06.2021 hat der Sachverständige Dr. L. betont, dass auch die Verwendung des Materials beim Materialverbrauch korrekt dokumentiert worden sei. Insofern sei der Argumentation der die Beklagte beratenden Ärztin in deren Stellungnahme vom 31.05.2021 zu widersprechen, dass die Dokumentation eines der beiden Systeme nicht erfolgt wäre. Vielmehr seien die Komponenten beider Systeme korrekt beim Materialverbrauch abgebildet worden. Die in den jeweiligen Schritten verwendeten Systemkomponenten seien mit den zugehörigen Beschreibungen vereinbar. Es sei unbestritten, dass beide Systeme über einen Mikrodraht und Mikrokatheter in das zu behandelnde Gefäß einzubringen waren. In dieser Hinsicht glichen sich praktisch alle Interventionen, die im Bereich der hirnversorgenden Arterien durchgeführt werden. Weiter hat der Sachverständige ausgeführt: 37„Es ist nicht erforderlich, vor einer Prozedur, die sich von der vorangegangenen unterscheidet, sämtliche Materialien (Katheter, Draht etc.) zu entfernen. Vielmehr ist es durchaus möglich, über einen bereits liegenden Führungsdraht oder einen Führungskatheter ein anderes System einzuführen. Hierzu verweise ich auf den Fallpauschalenkatalog, in dem die Zusatzentgelte in Korrelation mit den OPS-Codes abgebildet sind. Sofern eine Maßnahme mehrfach erfolgt, wird das Zusatzentgelt entsprechend angepasst, in der Regel ohne relevante Abzüge. So ist es beispielsweise auch bei der Applikation von Coils bei der Behandlung von intrakraniellen Aneurysmata sicherlich nicht vorgesehen, dass für das Vorschieben des jeweils nächsten Coils vorab sämtliches Material entfernt wird und nachfolgend wieder eingebracht werden muss. Insofern ist diese Argumentation seitens des MDK zurückzuweisen.“ 38Auf die Erwiderung des MDK vom 14.01.2021 hierzu hat der Sachverständige Dr. L. am 08.09.2021 wie folgt ergänzend gutachterlich Stellung genommen: 39„Jedes System besteht aus mehreren Komponenten, dies ist nicht anzuzweifeln. Die für die Komposition eines Systems erforderlichen Bestandteile sind häufig nicht innerhalb einer Verpackung vorzufinden, da ein interventionell tätiger Radiologe häufig eine bestimmte Art von Draht und/oder Führungskatheter bevorzugt. Außerdem ist es auf den jeweiligen Patienten und auf die Lokalisation der erforderlichen Intervention anzupassen, beispielsweise welche Katheterlänge oder Drahtlänge oder auch welcher Durchmesser des Katheters erforderlich ist. Insofern wird das Set aus einzelnen Bestandteilen erst im Moment der benötigten Anwendung ausgepackt und zusammengestellt. 40Jedes hier verwendete Set wurde "mit allen Komponenten" verwendet, so wie es seitens der Ärztin des MDK gefordert wird. 41Wenn im Rahmen einer Intervention ein System, das heißt eine Zusammenstellung mehrerer Komponenten (Führungsdrähte, verschiedene Katheter) zum Einsatz kommt, wie sie in den Definitionen für die ZE 133 und ZE 152 beschrieben sind, so können auch beide ZE abgerechnet werden. Es ist den Beschreibungen für die ZE nicht zu entnehmen, dass es jeweils physisch erforderlich ist, das vollständige System dem Schrank zu entnehmen, auszupacken und dann anzuwenden. Es ist lediglich vorgesehen, dass ein System aus verschiedenen Komponenten, …, wie es für die Ansetzbarkeit der jeweiligen ZE definiert ist, zur Anwendung kommen. 42Es wurden, dies ist auch dem Bericht zur Intervention zu entnehmen, nacheinander verschiedene Systeme angewendet, dies bedeutet, dass der für die Intervention verantwortliche Radiologe einmal mit dem einen System und einmal mit dem anderen System arbeitete. Dieser Sachverhalt fand in den beiden Vorgutachten bereits entsprechende Würdigung. 43Die Beschreibung zu den seitens der Ärztin des MDK zitierten OPS 8-83b.80ff und 8-83b. 84ff lautet jeweils „Verwendung eines ... Systems...". Genau diese Verwendung ist hier nacheinander erfolgt. Es wurde erst das eine System verwendet (sogar 2-malig), danach das andere System. Somit kamen zwei Systeme zur Anwendung und die OPS/ZE können angesetzt werden. In den vorliegenden Zitaten aus einer Diskussion in der Stellungnahme des MDK (Seite 8) heißt es Zitat von Neiser, es kommt darauf „ob ein oder zwei Systeme nebeneinander oder nacheinander verwendet werden“. 44… 45Bezüglich der Materialkosten ist die Aussage des L. B. korrekt, dass der weitaus größte Teil der Kosten bei einem System durch Spezialkatheter, im vorliegenden Fall der Stentretriever und der Mikrodrahtretriever, entstehen. Hingegen sind die Kosten für Führungskatheter und Führungsdrähte im Vergleich hierzu eher geringfügig. 46Zusammenfassend ist es meines Erachtens unter Berücksichtigung des Inhalts der jetzt vorgelegten Dokumente weiterhin als korrekt zu betrachten, dass beide "Systeme" abgerechnet wurden. Es wurde sowohl der materielle als auch der personelle/zeitliche Aufwand für die Ansetzung der jeweiligen OPS erbracht, entsprechend korrekt ist die Abrechnung der Zusatzentgelte.“ 47Dem schließt sich die Kammer an. Die gegen die Feststellungen erhobenen Einwände der beratenden Ärztin der Beklagten und des MDK überzeugen die Kammer angesichts der dargestellten Beurteilung des Sachverständigen nicht. Der beklagtenseits beschriebene Umstand, dass nicht nur beim Microdrahtretriever-System, sondern auch beim Stentretriever-System ein Mikrodraht/Mikrokatheter zum Einsatz kommt (vgl. Stellungnahme Dr. Q. vom 23.07.2021), hat nicht zwingend zur Folge, dass nur ein System – das aufwändigere Stentretriever-System – abrechenbar wäre. 48Die hier einschlägigen OPS-Codes (Version 2018) finden sich unter der Ziffer 8-83b.8: 49„8-83b.8 Verwendung eines Mikrodrahtretriever- oder Stentretriever-Systems zur Thrombektomie oder Fremdkörperentfernung 508-83b .80 1 Mikrodrahtretriever-System 51Inkl.: Mikrodrahtgestütztes Thrombektomiesystem mit kontinuierlicher Aspiration 528-83b .82 2 Mikrodrahtretriever-Systeme 53Inkl.: Mikrodrahtgestütztes Thrombektomiesystem mit kontinuierlicher Aspiration 548-83b .83 3 oder mehr Mikrodrahtretriever-Systeme 55Inkl.: Mikrodrahtgestütztes Thrombektomiesystem mit kontinuierlicher Aspiration 568-83b .84 1 Stentretriever-System 578-83b .85 2 Stentretriever-Systeme 588-83b .86 3 oder mehr Stentretriever-Systeme“ 59Prof. Dr. X. hat am 04.03.2020 dargelegt, dass und unter welchen Umständen verschiedene herkömmliche Thrombektomie-Techniken die Kodierung mit mehreren OPS-Codes ermöglichen und mehrere Zusatzentgelte begründen können. Er hat sodann mitgeteilt, dass in der Klinik der Klägerin kürzlich ein neuartiges Verfahren entwickelt und unter der Bezeichnung „SAVE-Technik“ publiziert worden sei, das eine bisher unerreichte Erfolgsrate besitze und die Zahl der benötigten Thrombektomieversuche verringere. Er hat dazu ausgeführt (vgl. S. 4 f. seiner Stellungnahme): „ Der Nachteil dieser Technik ist, dass das Verfahren komplizierter anzuwenden ist und einen größeren Materialeinsatz erfordert. … In Deutschland wird die Technik momentan an den Unikliniken Aachen, Köln und Göttingen eingesetzt. 60Die SAVE-Technik besteht aus dem gleichzeitigen Einsatz folgender Verfahren: 61- Flussblockade des zuführenden Halsgefäßes mit einem speziellen Ballonaspirationskatheter (z.B. Flowgate) 62- kontinuierliche Aspiration über den Ballonaspirationskatheter (mittels einer Aspirationspumpe oder einem von uns entwickelten Aufbau aus mehreren Vaclock- Aspirationsspritzen) 63- mechanische Entfernung des vorderen Gerinnselanteils durch Vakuumextraktion mit einem mikrodrahtgestützten Thrombektomiesystem mit kontinuierlicher Aspiration (z.B. Penumbra ACE oder Catalyst AXS60 in Verbindung mit einer Aspirationspumpe oder einem von uns entwickelten Aufbau aus mehreren Vaclock-Aspirationsspritzen) 64- mechanische Entfernung des hinteren Gerinnselanteils durch Stentretrieverextraktion (z.B. mit Solitaire- oder Trevo-Device). 65Das SAVE-Verfahren wird korrekt beschrieben (im einfachsten Fall) durch die gleichzeitige 66Eingabe der Schlüssel 8-83b.80 und 8-83b.84 und löst die Zusatzentgelte ZE 133.01 und ZE 152.01 aus.“ 67Dies aufgreifend und überprüfend hat der Sachverständige Dr. L. für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass im vorliegenden Fall nacheinander erst das eine System (sogar 2-malig), danach das andere System verwendet wurde. Somit kamen zwei Systeme zur Anwendung, weshalb auch nebeneinander die einschlägigen OPS-Ziffer 8-83b.84 und 8-83b.80 kodiert und die beiden ZE 152 und 133 abgerechnet werden konnten. 68Soweit sich die Beklagte für ihre Auffassung auf die SEG-4 Kodierempfehlung Nr. 605 beruft, steht diese der Abrechenbarkeit der ZE 152 und 133 nebeneinander nicht entgegen. Bei der SEG-4 Kodierempfehlung Nr. 605 handelt es sich um eine (unverbindliche) Empfehlung einer Arbeitsgruppe aus dem Lager der Krankenkassen. Diese Kodierempfehlung stellt den medizintechnischen Vorgang, wie er im vorliegenden Behandlungsfall abgelaufen ist, nicht präzise dar. Es ist lediglich von einem „Katheter“ die Rede, welcher das „Bergen des Thrombus … unterstützt“. Dies trifft jedoch auch auf den Zugangskatheter zu, welcher ebenfalls zur Aspiration verwendet werden kann. Im Übrigen trifft die Kodierempfehlung Nr. 605, dass dem Wortlaut des Kodes 8-83b.80 nur entsprochen wird, wenn ein „System“ zum Einsatz kommt, genau auf den vorliegend zu beurteilenden Behandlungsfall zu. Denn (auch) im dritten Behandlungsschritt kam ein eigenständiges „System“, bestehend aus Microdraht, Aspirationskatheter und Vorrichtung zur Aspiration zum Einsatz. Die Tatsache, dass beide Systeme einen gemeinsamen Zugang verwenden, spricht nicht gegen das Vorhandensein unterschiedlicher Systeme (vgl. die Parallelentscheidung der Kammer vom 18.01.2022 – S 13 KR 168/20). 69Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV sind Rechnungen innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang zu begleichen. Da die Rechnung über die Krankenhauskosten der in den Aufrechnungserklärungen vom 06./08.05.2019 genannten unstreitigen Behandlungsfälle fällig war und die Beklagte nur den gekürzten Betrag zur Zahlung angewiesen hat, ist die Beklagte jedenfalls seit dem 07.05.2019 mit der Vergütung der Restforderung in Verzug. Daher ist das Zinsbegehren der Klägerin sowohl nach dessen Beginn als auch der Höhe nach (vgl. § 15 KBV) begründet. 70Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 71Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). | die beklagte wird verurteilt, der klägerin 1.607,62 € nebst zinsen in höhe von zwei prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 07.05.2019 zu zahlen. die kosten des verfahrens trägt die beklagte. der streitwert wird auf 1.607,62 € festgesetzt. 1 | 2die beteiligten streiten über einen anspruch der klägerin auf (rest-)vergütung wegen erbrachter krankenhausbehandlungsleistungen in höhe von 1.607,62 €. 3die klägerin betreibt ein zugelassenes krankenhaus. dort behandelten ihre ärzte stationär vom 20.09. bis 24.10.2018 die am 04.05.1937 geborene, bei der beklagten versicherte n. t. (im folgenden: versicherte). ausweislich des entlassungsberichtes der klägerin vom 23.10.2018 war die versicherte mit schlaganfall-symptomen aus einem anderen krankenhaus zur klägerin verlegt worden. hier bestätigte sich computertomographisch der linksseitige verschluss einer zum gehirn führenden arterie durch ein blutgerinnsel, welches durch eine endovaskuläre thrombektomie am 20.09.2018 entfernt wurde. zusätzlich wurde zum offenhalten der verengten arteria carotis interna (innere halsschlagader) links ein stent eingebracht. einige tage nach dem eingriff bestanden bei der versicherten weiterhin eine ausgeprägte halbseitenlähmung und eine sprachstörung. eine hinzutretende lungenentzündung machte eine erneute intubation erforderlich. die versicherte wurde am 24.10.2018 in eine rehabilitationseinrichtung verlegt. 4für die krankenhausbehandlung stellte die klägerin der beklagten unter dem 16.11.2018 nach der fallpauschale (drg) a11b insgesamt 70.868,63 € in rechnung. in diesem betrag waren 1.603,30 € für das zusatzentgelt (ze) 133.01 (perkutan-transluminale fremdkörperentfernung und thrombektomie an intrakraniellen gefäßen unter verwendung eines mikrodrahtretriever-systems, zusatzinformationen zu materialien: 1 mikrodrahtretriever-system) und weitere 1.959,38 € für das ze 152.01 (perkutan-transluminale fremdkörperentfernung und thrombektomie an intrakraniellen gefäßen unter verwendung eines stentretriever-systems, zusatzinformationen zu materialien: verwendung eines mikrodrahtretriever- oder stentretriever-systems zur thrombektomie) enthalten. die beklagte zahlte den rechnungsbetrag zunächst an die klägerin. 5im rahmen einer anschließenden überprüfung der abrechnung kam der medizinische dienst der krankenversicherung (mdk) in einer stellungnahme vom 22.11.2018 hinsichtlich der ze 133 und 152 zum ergebnis: „die verwendung eines zu diesem zweck zugelassenen mikrodrahtretriever-systems mit speziell geformten mikrodraht-retrievers (wie z.b. dem merci retriever mit drahtschlange oder dem penumbra system mit ballon) oder eines mikrodrahtgestützten thrombektomiesystems wird im eingriffsprotokoll nicht beschrieben. die mehrfache extraktion wird mit dem solitaire-platinum-stentretriever unter zuhilfenahme eines aspirationskatheters (save-technik) durchgeführt. die erweiterung des eingriffs mit einem stentretriever um einen ggf. über mikrodraht zur unterstützung des stentretrievers zugeführten mikro-/aspirationskatheter kann nicht zur abrechnung eines zusätzlichen zusatzentgeltes (zweier systeme) für einen hier nicht getrennt abgrenzbar durchgeführten microdrahtretriever-eingriff führen.“ 6daraufhin rechnete die beklagte einen von ihr ermittelten erstattungsanspruch in höhe von 1.607,62 gegen den vergütungsanspruch der klägerin aus anderen (unstreitigen) behandlungsfällen auf; sie buchte am 06.05.2019 den zunächst vollständig gezahlten rechnungsbetrag von 70.868, 63 € zurück und wies am 08.05.2019 zur gleichen rechnungsnummer eine betrag von 69.261,01 € an (vgl. zwei „zahlungsavis“ vom 06. und 08.05.2019). 7am 26.05.2020 hat die klägerin klage auf zahlung von 1.607,62 € erhoben. sie verweist auf eine stellungnahme des direktors ihrer klinik für neuroradiologie, prof. dr. med. x., vom 04.03.2020. darin hat dieser die vorgehensweise im fall der behandlung der versicherten detailliert wie folgt beschrieben: „die wiedereröffnung des verschlossenen gefäßes durch eine entfernung des blutgerinnsels (thrombektomie) gelang in insgesamt drei behandlungsversuchen. für die ersten beiden behandlungsversuche wurde ein thrombektomieverfahren gewählt (solumbra), bei dem ein stentretriever in kombination mit einem mikrodrahtretriever eingesetzt wird (verwendete materialien: medtronic solitaire 6x40 als stentretriever, stryker catalyst 6 als mikrodrahtretriever mit kontinuierlicher aspiration, stryker synchro 14 soft mikrodraht, stryker flowgate2 als ballon-zugangskatheter mit kontinuierlicher aspiration). da diese technik nicht zu einer ausreichenden gefäßeröffnung führte, wurde für den dritten behandlungsversuch ein anderes thrombektomieverfahren (save) gewählt. bei dieser technik wird ebenfalls ein stentretriever in kombination mit einem mikrodrahtretriever eingesetzt (verwendete materialien: medtronic solitaire 6x40 als stentretriever, stryker catalyst 6 als mikrodrahtretriever mit kontinuierlicher aspiration, stryker synchro 14 soft mikrodraht, stryker flowgate2 als ballon-zugangskatheter mit kontinuierlicher aspiration). erst danach war eine vollständige gefäßeröffnung erreicht. verwendet wurden insgesamt ein mikrodrahtretriever und ein stentretriever, jeweils in kombination miteinander.“ die klägerin ist der auffassung, dass, da sowohl ein mikrodrahtretriever-system als auch ein stentretriever-system verwendet wurden, auch beide systeme abgerechnet werden können. bei der versicherten sei eine thrombektomie-behandlung durchgeführt worden. hinsichtlich der einschlägigen operationen- und prozedurenschlüssel (ops) verweist die klägerin auf die ops-version 2018 und die weiteren ausführungen von prof. dr. x. in dessen stellungnahme vom 04.03.2020: „die behandlung erfolgte dreimal mit einer kombination aus „mikrodrahtgestütztem thrombektomiesystem mit kontinuierlicher aspiration“ und „stentretriever-thrombektomie“, zweimal in solumbra- und einmal in save-technik. die kodierung für das mikrodrahtgestützte thrombektomiesystem erfolgt mit dem schlüssel 8-83b.80. die dafür benötigten voraussetzungen sind sämtlich erfüllt: 8- aspirationskatheter, der speziell für die anwendung in hirngefäßen und das vorschieben bis zum thrombus entwickelt wurde (stryker catalyst 6) 9- verwendung in verbindung mit einem mikrodraht (stryker synchro 14) 10- verwendung in verbindung mit einer geeigneten vorrichtung für eine kontinuierliche aspiration (im o.g. fall wurde eine kontinuierliche aspiration mit einer vorrichtung aus zwei kombinierten vac-lock-spritzen verwendet). 11eine kodierung als „speziell für hirngefäße modifizierter absaugmikrokatheter“ mit dem schlüssel 8-83b.d wäre dagegen nicht korrekt, da der hier verwendete aspirationskatheter (stryker catalyst 6) nicht die im ops-katalog unter 8-83b.7 definierten voraussetzungen erfüllt (durchmesserzwischen 0.5 und 1.0 mm). die voraussetzungen für die kodierung einer stentretriever-thrombektomie sind durch die verwendung eines geeigneten werkzeuges (medtronic solitaire 6x40) und die erfolgte thrombektomie erfüllt. daher erfolgt die kodierung mit dem schlüssel 8-83b.84. eine kombination beider verfahren ist zulässig. die gleichzeitige kodierung mit den schlüsseln 8-83b.80 und 8-83b.84 ist nicht zu beanstanden. sie ist sowohl bei einer sequentiellen verwendung der verfahren wie bei einem gleichzeitigen einsatz zulässig.“ die klägerin ist mit prof. dr. x. der ansicht, dass die gewählte art der kodierung exakt der am 21.10.2019 von der deutschen gesellschaft für neuroradiologie herausgegebenen „stellungnahme der dgnr zur kodierung von mikrodrahtretrievern bei der mechanischen thrombektomie beim akuten schlaganfall“ entspricht. die vorgenommene kodierung sei somit korrekt; folglich seien auch die abgerechneten zusatzentgelte ze 133.01 und ze 152.01 in voller höhe geschuldet. der noch offene betrag in höhe von 1.607,62 € sei durch die beklagte zu zahlen. 12die klägerin beantragt, 13die beklagte zur zahlung von 1.607,62 € nebst zinsen in höhe von zwei prozentpunkten über dem basiszinssatz ab dem 07.05.2019 zu verurteilen. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16sie nimmt bezug auf das gutachten des mdk und verweist zur unterstützung ihrer auffassung auf stellungnahmen ihrer beratenden ärztin dr. q.l vom 31.05. und 23.07.2021 und die kodierempfehlung nr. 605 der sozialmedizinischen expertengruppe (seg-4) des mdk vom 05.06.2020. diese lautet: „die entfernung des thrombus mit dem stentretrieversystem ist mit dem entsprechenden spezifischen zusatzkode 8-83b.84 zu verschlüsseln. die zusätzliche anwendung eines aspirationskatheters kann trotz des inklusivums unter dem ops 8-83b.80 nicht rnit diesem zusatzkode kodiert werden, da dem wortlaut des kodes nur entsprochen wird, wenn ein „system“ zum einsatz kommt. der aspirationskatheter ergänzt in diesem falle das stentretrieversystem bzw. ist bestandteil dieses systems und erfüllt nicht den sachverhalt der anwendung eines eigenständigen mikrodraht-gestützten thrombektomiesystems.“ 17das gericht hat zur klärung des medizinischen sachverhaltes ein sachverständigengutachten nach aktenlage von dem arzt für diagnostische radiologie, dr. l. eingeholt. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das gutachten vom 05.02.2021 sowie die ergänzenden gutachtlichen stellungnahmen vom 24.06. und 08.09.2021 verwiesen. 18die beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer entscheidung der kammer durch urteil ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der zwischen den beteiligten gewechselten schriftsätze und den sonstigen inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten, die bei der entscheidung vorgelegen haben, bezug genommen. 20 | 21die kammer konnte ohne mündliche verhandlung durch urteil entscheiden, weil sich die beteiligten übereinstimmend mit dieser verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz – sgg). 22die klage ist als (echte) leistungsklage nach § 54 abs. 5 sozialgerichtsgesetz (sgg) zulässig. bei einer auf zahlung der (rest-)behandlungskosten gerichteten klage eines krankenhauses gegen eine krankenkasse geht es um einen so genannten parteienstreit im gleichordnungsverhältnis, in dem eine regelung durch verwaltungsakt nicht in betracht kommt (vgl. bsg, urteil vom 17.06.2000 – b 3 kr 33/99 r; urteil vom 23.07.2002 – b 3 kr 64/01 r). ein vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die einhaltung einer klagefrist nicht geboten. 23die klage ist auch begründet. 24gegenstand der klageforderung ist nicht der vergütungsanspruch der klägerin aus der behandlung der versicherten. denn dieser ist durch die zahlung der beklagten in vollem umfang erfüllt. gegenstand der klageforderung ist vielmehr der anspruch auf (rest-)vergütung aus in den aufrechnungserklärungen vom 06./08.05.2019 („zahlungavis“) näher bezeichneten behandlungsfällen gegenüber der beklagten, aus denen die klägerin – dies ist unstreitig – zunächst anspruch auf die in rechnung gestellte vergütung hatte. auf die forderung aus diesen (unstreitigen) behandlungsfällen hat die beklagte jedoch nur den um 1.607,62 € gekürzten betrag gezahlt und die restforderung mit dem vermeintlichen erstattungsanspruch aus dem behandlungsfall der versicherten aufgerechnet. diese aufrechnung ist zwar gem. § 10 der für den streitigen behandlungsfall der versicherten maßgeblichen prüfverfahrensvereinbarung vom 03.02.2016 formell ordnungsgemäß erfolgt. jedoch war die beklagte zur aufrechnung nicht berechtigt, da ihr der behauptete erstattungsanspruch nicht zustand. die forderung der klägerin aus der behandlung der versicherten war (und ist) in vollem umfang berechtigt; die beklagte hat zu unrecht die forderung der klägerin aus den anderen in der aufrechnungserklärung vom 06./08.05.2019 bezeichneten behandlungsfällen um 1.607,62 € gekürzt. 25rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen vergütungsanspruchs der klägerin ebenso wie des vergütungsanspruchs aus der behandlung der versicherten ist § 109 abs. 4 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) i.v.m. dem aus § 39 abs. 1 satz 2 sgb v folgenden krankenhausbehandlungsanspruch der versicherten. die zahlungsverpflichtung der krankenkasse entsteht unmittelbar mit der inanspruchnahme der leistung durch die versicherten (bsg, urteil vom 13.12.2001 – b 3 kr 11/01 r; urteil vom 23.07.2002 – b 3 kr 64/01 r). die näheren einzelheiten über aufnahme und entlassung der versicherten, kostenübernahme, abrechnung der entgelte sowie die überprüfung der notwendigkeit und dauer der krankenhausbehandlung ist in den zwischen der krankenhausgesellschaft nordrhein-westfalen einerseits und verschiedenen krankenkassen sowie landesverbänden der krankenkasse andererseits geschlossenen verträge nach § 112 abs. 2 nr. 1 und 2 sgb v geregelt. es sind dies der vertrag über allgemeine bedingungen der krankenhausbehandlung (kbv) und der vertrag zur überprüfung der notwendigkeit und dauer der krankenhausbehandlung (küv). 26die klägerin durfte für die behandlung der versicherten neben dem zusatzentgelt (ze) 152.01 auch das ze 133.01 nach dem hier einschlägigen fallpauschalenkatalog 2018 abrechnen. dies ergibt sich aus dem für die kammer nachvollziehbar und überzeugend begründeten abrechnungsgutachten des sachverständigen dr. l. vom 05.02.2021 in verbindung mit seinen ergänzenden gutachtlichen stellungnahmen vom 24.06. und 08.09.2021 in anwendung und auslegung der einschlägigen kodierbestimmungen. dr. l. hat das gutachten unter berücksichtigung und beachtung der einschlägigen leitlinie, fachlicher stellungnahmen und der patientenindividuellen besonderheiten erstellt. er hat in seinem gutachten vom 05.02.2021 ausgeführt: 27„die thrombektomie im intrakraniellen anteil der linken a. carotis interna erfolgte in mehreren schritten: 28zunächst wurde nach sondierung der linken a. cerebri media über einen mikrodraht und mikrokatheter ein solitaire-platinum-stentretriever im proximalen m2-ast platziert. der stentretriever wurde in den aspirationskatheter unter manueller aspiration extrahiert. die kontrolle zeigte einen persistierenden aci-verschluss. im zweiten schritt erfolgte die wiederholung der vorangegangenen manipulation in ähnlicher technik. dabei konnte eine größere menge an thrombusmaterial geborgen werden, allerdings wurde weiterhin keine rekanalisation der linken aci erreicht. 29daher wurde entschieden, mit einem anderen system einen erneuten versuch der thrombusentfernung zu starten. 30im 3. schritt wurde erneut die linke a. cerebri media mit mikrodraht und mikrokatheter sondiert und der stentretriever über dem thrombus freigesetzt. hiernach wurde ein flowgate-katheter aus der acc in den proximalen zervikalen abschnitt der a. carotis interna vorgeschoben und bis an den thrombus herangeführt. hiernach erfolgte die einmalige extraktion des stentretrievers zusammen mit dem aspirationskatheter unter kontinuierlicher distaler und proximaler manueller aspiration. dieses manöver erbrachte eine komplette rekanalisation des intrakraniellen, vormals verschlossenen abschnittes der aci. 31das im ersten und zweiten schritt verwendete stentretriever-system ist korrekt über die 8-83b.84 mit dem korrelierenden ze 152 abgerechnet worden. 32das im 3. schritt verwendete system wurde dann über die 8-83b.80 mit dem korrelierenden ze 133 abgerechnet. 33unter berücksichtigung sämtlicher vorliegender unterlagen ist festzustellen, dass 2 verschiedene, unterschiedlich konzipierte systeme im vorliegenden fall für die entfernung des thrombus in der linken aci zur anwendung kamen. beide systeme sind über einen mikrodraht und mikrokatheter in das zu behandelnde gefäss einzubringen. daher ist die in den formulierungen zu den ops-ziffern 8-83b.80 bis 86 für die abrechnung der ze 133 und ze 152 gegeben. 34es wurden unterschiedliche systeme verwendet, die art der systeme ist sowohl im behandlungsbericht vom 20.09.2018 als auch in der stellungnahme des prof. x. vom 04.03.2020 hinreichend abgebildet. es handelt sich jeweils um systeme, bestehend aus einem mikrodraht, mikrokatheter und weiteren komponenten, sodass der inhalt des begriffes „system" erfüllt ist. 35insofern ist es als korrekt zu betrachten, dass beide „systeme" abgerechnet wurden. es wurde sowohl der materielle als auch der personelle/zeitliche aufwand für die ansetzung der jeweiligen ops erbracht.“ 36in einer ergänzenden gutachtlichen stellungnahme vom 24.06.2021 hat der sachverständige dr. l. betont, dass auch die verwendung des materials beim materialverbrauch korrekt dokumentiert worden sei. insofern sei der argumentation der die beklagte beratenden ärztin in deren stellungnahme vom 31.05.2021 zu widersprechen, dass die dokumentation eines der beiden systeme nicht erfolgt wäre. vielmehr seien die komponenten beider systeme korrekt beim materialverbrauch abgebildet worden. die in den jeweiligen schritten verwendeten systemkomponenten seien mit den zugehörigen beschreibungen vereinbar. es sei unbestritten, dass beide systeme über einen mikrodraht und mikrokatheter in das zu behandelnde gefäß einzubringen waren. in dieser hinsicht glichen sich praktisch alle interventionen, die im bereich der hirnversorgenden arterien durchgeführt werden. weiter hat der sachverständige ausgeführt: 37„es ist nicht erforderlich, vor einer prozedur, die sich von der vorangegangenen unterscheidet, sämtliche materialien (katheter, draht etc.) zu entfernen. vielmehr ist es durchaus möglich, über einen bereits liegenden führungsdraht oder einen führungskatheter ein anderes system einzuführen. hierzu verweise ich auf den fallpauschalenkatalog, in dem die zusatzentgelte in korrelation mit den ops-codes abgebildet sind. sofern eine maßnahme mehrfach erfolgt, wird das zusatzentgelt entsprechend angepasst, in der regel ohne relevante abzüge. so ist es beispielsweise auch bei der applikation von coils bei der behandlung von intrakraniellen aneurysmata sicherlich nicht vorgesehen, dass für das vorschieben des jeweils nächsten coils vorab sämtliches material entfernt wird und nachfolgend wieder eingebracht werden muss. insofern ist diese argumentation seitens des mdk zurückzuweisen.“ 38auf die erwiderung des mdk vom 14.01.2021 hierzu hat der sachverständige dr. l. am 08.09.2021 wie folgt ergänzend gutachterlich stellung genommen: 39„jedes system besteht aus mehreren komponenten, dies ist nicht anzuzweifeln. die für die komposition eines systems erforderlichen bestandteile sind häufig nicht innerhalb einer verpackung vorzufinden, da ein interventionell tätiger radiologe häufig eine bestimmte art von draht und/oder führungskatheter bevorzugt. außerdem ist es auf den jeweiligen patienten und auf die lokalisation der erforderlichen intervention anzupassen, beispielsweise welche katheterlänge oder drahtlänge oder auch welcher durchmesser des katheters erforderlich ist. insofern wird das set aus einzelnen bestandteilen erst im moment der benötigten anwendung ausgepackt und zusammengestellt. 40jedes hier verwendete set wurde "mit allen komponenten" verwendet, so wie es seitens der ärztin des mdk gefordert wird. 41wenn im rahmen einer intervention ein system, das heißt eine zusammenstellung mehrerer komponenten (führungsdrähte, verschiedene katheter) zum einsatz kommt, wie sie in den definitionen für die ze 133 und ze 152 beschrieben sind, so können auch beide ze abgerechnet werden. es ist den beschreibungen für die ze nicht zu entnehmen, dass es jeweils physisch erforderlich ist, das vollständige system dem schrank zu entnehmen, auszupacken und dann anzuwenden. es ist lediglich vorgesehen, dass ein system aus verschiedenen komponenten, …, wie es für die ansetzbarkeit der jeweiligen ze definiert ist, zur anwendung kommen. 42es wurden, dies ist auch dem bericht zur intervention zu entnehmen, nacheinander verschiedene systeme angewendet, dies bedeutet, dass der für die intervention verantwortliche radiologe einmal mit dem einen system und einmal mit dem anderen system arbeitete. dieser sachverhalt fand in den beiden vorgutachten bereits entsprechende würdigung. 43die beschreibung zu den seitens der ärztin des mdk zitierten ops 8-83b.80ff und 8-83b. 84ff lautet jeweils „verwendung eines ... systems...". genau diese verwendung ist hier nacheinander erfolgt. es wurde erst das eine system verwendet (sogar 2-malig), danach das andere system. somit kamen zwei systeme zur anwendung und die ops/ze können angesetzt werden. in den vorliegenden zitaten aus einer diskussion in der stellungnahme des mdk (seite 8) heißt es zitat von neiser, es kommt darauf „ob ein oder zwei systeme nebeneinander oder nacheinander verwendet werden“. 44… 45bezüglich der materialkosten ist die aussage des l. b. korrekt, dass der weitaus größte teil der kosten bei einem system durch spezialkatheter, im vorliegenden fall der stentretriever und der mikrodrahtretriever, entstehen. hingegen sind die kosten für führungskatheter und führungsdrähte im vergleich hierzu eher geringfügig. 46zusammenfassend ist es meines erachtens unter berücksichtigung des inhalts der jetzt vorgelegten dokumente weiterhin als korrekt zu betrachten, dass beide "systeme" abgerechnet wurden. es wurde sowohl der materielle als auch der personelle/zeitliche aufwand für die ansetzung der jeweiligen ops erbracht, entsprechend korrekt ist die abrechnung der zusatzentgelte.“ 47dem schließt sich die kammer an. die gegen die feststellungen erhobenen einwände der beratenden ärztin der beklagten und des mdk überzeugen die kammer angesichts der dargestellten beurteilung des sachverständigen nicht. der beklagtenseits beschriebene umstand, dass nicht nur beim microdrahtretriever-system, sondern auch beim stentretriever-system ein mikrodraht/mikrokatheter zum einsatz kommt (vgl. stellungnahme dr. q. vom 23.07.2021), hat nicht zwingend zur folge, dass nur ein system – das aufwändigere stentretriever-system – abrechenbar wäre. 48die hier einschlägigen ops-codes (version 2018) finden sich unter der ziffer 8-83b.8: 49„8-83b.8 verwendung eines mikrodrahtretriever- oder stentretriever-systems zur thrombektomie oder fremdkörperentfernung 508-83b .80 1 mikrodrahtretriever-system 51inkl.: mikrodrahtgestütztes thrombektomiesystem mit kontinuierlicher aspiration 528-83b .82 2 mikrodrahtretriever-systeme 53inkl.: mikrodrahtgestütztes thrombektomiesystem mit kontinuierlicher aspiration 548-83b .83 3 oder mehr mikrodrahtretriever-systeme 55inkl.: mikrodrahtgestütztes thrombektomiesystem mit kontinuierlicher aspiration 568-83b .84 1 stentretriever-system 578-83b .85 2 stentretriever-systeme 588-83b .86 3 oder mehr stentretriever-systeme“ 59prof. dr. x. hat am 04.03.2020 dargelegt, dass und unter welchen umständen verschiedene herkömmliche thrombektomie-techniken die kodierung mit mehreren ops-codes ermöglichen und mehrere zusatzentgelte begründen können. er hat sodann mitgeteilt, dass in der klinik der klägerin kürzlich ein neuartiges verfahren entwickelt und unter der bezeichnung „save-technik“ publiziert worden sei, das eine bisher unerreichte erfolgsrate besitze und die zahl der benötigten thrombektomieversuche verringere. er hat dazu ausgeführt (vgl. s. 4 f. seiner stellungnahme): „ der nachteil dieser technik ist, dass das verfahren komplizierter anzuwenden ist und einen größeren materialeinsatz erfordert. … in deutschland wird die technik momentan an den unikliniken aachen, köln und göttingen eingesetzt. 60die save-technik besteht aus dem gleichzeitigen einsatz folgender verfahren: 61- flussblockade des zuführenden halsgefäßes mit einem speziellen ballonaspirationskatheter (z.b. flowgate) 62- kontinuierliche aspiration über den ballonaspirationskatheter (mittels einer aspirationspumpe oder einem von uns entwickelten aufbau aus mehreren vaclock- aspirationsspritzen) 63- mechanische entfernung des vorderen gerinnselanteils durch vakuumextraktion mit einem mikrodrahtgestützten thrombektomiesystem mit kontinuierlicher aspiration (z.b. penumbra ace oder catalyst axs60 in verbindung mit einer aspirationspumpe oder einem von uns entwickelten aufbau aus mehreren vaclock-aspirationsspritzen) 64- mechanische entfernung des hinteren gerinnselanteils durch stentretrieverextraktion (z.b. mit solitaire- oder trevo-device). 65das save-verfahren wird korrekt beschrieben (im einfachsten fall) durch die gleichzeitige 66eingabe der schlüssel 8-83b.80 und 8-83b.84 und löst die zusatzentgelte ze 133.01 und ze 152.01 aus.“ 67dies aufgreifend und überprüfend hat der sachverständige dr. l. für die kammer nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass im vorliegenden fall nacheinander erst das eine system (sogar 2-malig), danach das andere system verwendet wurde. somit kamen zwei systeme zur anwendung, weshalb auch nebeneinander die einschlägigen ops-ziffer 8-83b.84 und 8-83b.80 kodiert und die beiden ze 152 und 133 abgerechnet werden konnten. 68soweit sich die beklagte für ihre auffassung auf die seg-4 kodierempfehlung nr. 605 beruft, steht diese der abrechenbarkeit der ze 152 und 133 nebeneinander nicht entgegen. bei der seg-4 kodierempfehlung nr. 605 handelt es sich um eine (unverbindliche) empfehlung einer arbeitsgruppe aus dem lager der krankenkassen. diese kodierempfehlung stellt den medizintechnischen vorgang, wie er im vorliegenden behandlungsfall abgelaufen ist, nicht präzise dar. es ist lediglich von einem „katheter“ die rede, welcher das „bergen des thrombus … unterstützt“. dies trifft jedoch auch auf den zugangskatheter zu, welcher ebenfalls zur aspiration verwendet werden kann. im übrigen trifft die kodierempfehlung nr. 605, dass dem wortlaut des kodes 8-83b.80 nur entsprochen wird, wenn ein „system“ zum einsatz kommt, genau auf den vorliegend zu beurteilenden behandlungsfall zu. denn (auch) im dritten behandlungsschritt kam ein eigenständiges „system“, bestehend aus microdraht, aspirationskatheter und vorrichtung zur aspiration zum einsatz. die tatsache, dass beide systeme einen gemeinsamen zugang verwenden, spricht nicht gegen das vorhandensein unterschiedlicher systeme (vgl. die parallelentscheidung der kammer vom 18.01.2022 – s 13 kr 168/20). 69der zinsanspruch ist unter dem gesichtspunkt des verzuges begründet. nach § 15 abs. 1 satz 1 kbv sind rechnungen innerhalb von 15 kalendertagen nach eingang zu begleichen. da die rechnung über die krankenhauskosten der in den aufrechnungserklärungen vom 06./08.05.2019 genannten unstreitigen behandlungsfälle fällig war und die beklagte nur den gekürzten betrag zur zahlung angewiesen hat, ist die beklagte jedenfalls seit dem 07.05.2019 mit der vergütung der restforderung in verzug. daher ist das zinsbegehren der klägerin sowohl nach dessen beginn als auch der höhe nach (vgl. § 15 kbv) begründet. 70die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. §§ 154 abs. 1, 161 abs. 1, 162 abs. 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 71die streitwertfestsetzung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 52 abs. 1 und 3 gerichtskostengesetz (gkg). |
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} | 29 K 7114/20 | 2022-01-17T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Schülerin der B. -M. -Grundschule in L. . Nach Schulschluss besucht sie die dort eingerichtete Betreuung. 3Mit Übersendung des Laborbefunds vom 20. November 2020 wurde dem Gesundheitsamt des Beklagten bekannt, dass eine Betreuerin positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 (COVID 19) getestet worden war. Bei den Ermittlungen des Gesundheitsamtes stellte sich heraus, dass die Betreuerin am 17. November 2020 die Mittagsbetreuung in der B. -M. -Grundschule wahrgenommen hatte und zu den anwesenden Schülerinnen und Schülern auch die Klägerin zählte. Daraufhin sprach der Beklagte eine mündliche Quarantäneanordnung aus. Diese wurde mit Bescheid vom 24. November 2020 bestätigt und gegenüber den Eltern der Klägerin als Sorgeberechtigten angeordnet, dass sich die Klägerin nach dem Kontakt für die Zeit vom 18. November 2020 bis einschließlich 1. Dezember 2020 in das häusliche Umfeld abzusondern habe (Quarantäne). 4Hiergegen hat die Klägerin am 26. November 2020 Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt (29 L 2393/20), der mit Beschluss der Kammer vom 27. November 2020 abgelehnt wurde. Die Beschwerde gegen den Beschluss wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 1. Dezember 2020 zurück (13 B 1887/20). 5Nach Ablauf des Absonderungszeitraums stellte die Klägerin die ursprünglich auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 24. November 2020 gerichtete Klage auf die Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit um. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Sie habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Dieses ergebe sich bereits aus den unzulässigen erheblichen Eingriffen in ihre Freiheitsrechte und dem Interesse an Genugtuung. Das außergerichtliche Verhalten des Beklagten, wonach dieser sich strikt geweigert habe, sich die offenbar nicht bekannten Voraussetzungen und Grenzen von freiheitsentziehenden Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz zu verschaffen, lasse zudem befürchten, dass zukünftig ähnliche rechtswidrige Anordnungen ergingen. Ein berechtigtes Interesse bestehe zudem im Hinblick auf bestehende Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche gegenüber dem Beklagten. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Bund und Länder hätten bereits am 23. November 2020 festgestellt, dass eine Absonderung von zehn Tagen mit anschließendem Negativattest ebenso wirksam sei wie eine 14-tägige Quarantäne. Der Beklagte habe rechtsfehlerhaft davon abgesehen, der Klägerin diese Möglichkeit zu eröffnen. Das von der Klägerin bereits am Abend des 26. November 2020 abgenommene Probenmaterial ändere nichts an der Rechtswidrigkeit der ausnahmslosen Absonderungsanordnung des Beklagten. Zudem lasse sich eine Bewertung der Klägerin als Kontaktperson nicht begründen. 6Die Klägerin beantragt, 7festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 24. November 2020 rechtswidrig war, 8hilfsweise festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. 9Der Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Er verteidigt den angefochtenen Bescheid und macht geltend, der letzte Kontakt der Klägerin zur infizierten Person sei am 17. November 2020 gewesen, sodass die Quarantänezeit vom 18. November 2020 bis zum 1. Dezember 2020, somit 14 Tage, festgelegt worden sei. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§ 84 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). 15Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig. 16Nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO kann ein Kläger bei Vorliegen eines berechtigten Interesses die Feststellung beantragen, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich ein angefochtener Verwaltungsakt vorher, d. h. vor einer Entscheidung über einen auf seine Aufhebung gerichteten Antrag, durch Zurücknahme oder anders erledigt hat. 17Für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO genügt jedes nach vernünftigen Erwägungen schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art. 18Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 5. Juli 2012 – 12 A 1423/11 –, juris Rn. 24 m.w.N. 19Dabei muss der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse so substantiiert darlegen, dass das Gericht beurteilen kann, welchen Bedeutungsgehalt die begehrte Feststellung für den Kläger hat. 20Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl., § 113 Rn. 267, m.w.N. 21Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren. 22Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. Mai 2013 – 8 C 14/12 –, juris Rn. 30. 23Maßgeblich ist stets, ob die Inanspruchnahme des Gerichts dem Kläger noch etwas nützt, also zur Verbesserung seiner Situation in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht geeignet ist. Das Bestreben nach persönlicher Genugtuung oder das Bestreben, eine vom Kläger für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage gerichtlich klären zu lassen, reicht nicht aus. 24Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 1 BvR 1705/15 –, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 39.12 –, juris Rn. 28; BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2018 – 6 B 133/18 –, juris Rn. 10. 25Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann auf ein Rehabilitierungsinteresse, auf eine Wiederholungsgefahr oder auf die Absicht gestützt werden, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 39.12 –, juris Rn. 28. 27In den Fällen fehlender tatsächlicher Fortwirkung des beanstandeten Hoheitsakts ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ausnahmsweise auch dann zu bejahen, wenn ein tief greifender Grundrechtseingriff vorliegt und die direkte Belastung durch die Maßnahme sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene entgegen seinem in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. 28Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 30. April 1997 – 2 BvR 817/90, 2 BvR 728/92, 2 BvR 802/95, 2 BvR 1065/95 –, juris Rn. 49; OVG NRW, Urteil vom 30. Oktober 2003 – 21 A 2602/02 –, juris Rn. 12 m.w.N. 29Nach Maßgabe dieser Kriterien ist die Klage zwar als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Die angefochtene Quarantäneanordnung vom 24. November 2020, bei der es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) handelt, hat sich nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. Der Absonderungszeitraum endete am 1. Dezember 2020 mit der Folge, dass die Klägerin durch die Anordnung nicht mehr beschwert ist. 30Die Klägerin hat jedoch kein berechtigtes Interesse an der von ihr begehrten nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Quarantäneanordnung. Die von ihr angeführten Gründe sind nicht geeignet, ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Überprüfung der Anordnung zu begründen. 31Ein Rehabilitationsinteresse ist nicht ersichtlich. Ein derartiges Interesse besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. 32BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2018 – 6 B 133/18 –, juris Rn. 13, m.w.N. 33An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Außer einem nicht näher konkretisierten „Interesse an Genugtuung“, das für sich genommen von vorneherein nicht ausreicht, hat die Klägerin nichts zu einer etwaigen Stigmatisierung ihrer Person vorgetragen. Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anordnung der häuslichen Absonderung dem Ansehen der Klägerin abträglich sein könnte. Vielmehr erging die Anordnung nur deshalb, weil die Klägerin, ebenso wie unzählige andere, zufällig Kontakt zu einer infizierten Person hatte. Die häusliche Absonderung stellt keine Maßregelung der Klägerin dar, sondern dient allein dazu, eine weitere Verbreitung von COVID-19 zu verhindern. 34Auch aus der konkreten Begründung der Quarantäneverfügung ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine die Ehre und Würde der Klägerin beeinträchtigende Wirkung. In ihr finden sich lediglich Ausführungen allgemeiner Art zur Wahrscheinlichkeit einer Infektion der Klägerin als Kontaktperson und zur Gefahr der Weiterverbreitung des Virus. 35Soweit die Klägerin auf „bestehende Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche gegenüber dem Beklagten“ abstellt und sie damit sinngemäß einen Amtshaftungsanspruch geltend macht, begründet dies ebenfalls kein Feststellungsinteresse. Zwar dürfen an den Vortrag im Hinblick auf das Fortsetzungsfeststellungsinteresse als Zulässigkeitsvoraussetzung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Jedoch muss der Vortrag zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des begonnenen Prozesses verbundenen Aufwandes über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass der Kläger einen Staatshaftungsprozess tatsächlich anstrebt und dass dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch, dass der geltend zu machende Schaden jedenfalls abgrenzbar bezeichnet und ferner substantiiert dargelegt wird, dass dieser Schaden auf der behaupteten Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes beruht bzw. beruhen kann. 36OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 12 A 1423/11 –, juris, Rn. 26 f. m.w.N.. 37Die Klägerin hat hierzu nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Sie behauptet weder, einen Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess anstrengen zu wollen noch hat sie Angaben zu einem möglichen Schaden gemacht. 38Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine konkrete Wiederholungsgefahr berufen. Die Annahme einer Wiederholungsgefahr setzt die konkret absehbare hinreichende Möglichkeit voraus, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung oder Maßnahme zulasten des Klägers zu erwarten ist. Dabei müssen im Wesentlichen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestehen wie bei der erledigten Entscheidung oder Maßnahme. 39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2008 – 1 WB 11.07 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2018 – 5 A 557/16 –, juris Rn. 12, m.w.N. 40Das ist hier nicht der Fall. Zwar besteht die Corona-Pandemie fort. Gegenüber dem Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Quarantäneanordnung am 24. November 2020 haben sich jedoch sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Umstände wesentlich verändert. Es ist völlig ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse eintreten werden wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts. 41Die Quarantäneregeln wurden sowohl in zeitlicher als auch in persönlicher Hinsicht mehrfach geändert. So sah die während des laufenden Zeitraums der angeordneten Quarantäne in Kraft getretene Verordnung zur Regelung von Absonderungen nach § 30 des Infektionsschutzgesetzes vom 30. November 2020 (GV.NRW 2020, S. 1059a) in ihrem § 5 vor, dass die Dauer der Quarantäne 14 Tage nach Kontakt zur positiv getesteten Person beträgt, aber auf zehn Tage verkürzt werden kann, wenn ein negatives Testergebnis vorgelegt werden kann; dabei durfte die Testung frühestens 10 Tage nach Beginn der angeordneten Quarantäne erfolgen. Mit der seit 16. Januar 2022 geltenden Fassung der Verordnung zur Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 und zur Regelung von Absonderungen nach § 30 des Infektionsschutzgesetzes (Corona-Test-und-Quarantäneverordnung – CoronaTestQuarantäneVO) vom 24. November 2021 wurden die Absonderungspflichten vollständig neu geregelt und deutlich aufgeweicht. Kontaktpersonen, die keine Haushaltsangehörigen sind, „sollen sich 10 Tage nach dem Kontakt bestmöglich absondern“ (§ 17 Abs. 1 Satz 1 CoronaTestQuarantäneVO). Dies gilt nicht, wenn sie nach § 6 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung einer Ausnahme von der Quarantänepflicht unterliegen, wie beispielsweise Personen mit einer Auffrischungsimpfung oder genesene Personen (vgl. zu den weiteren Ausnahmen § 17 Abs. 1 Satz 2 CoronaTestQuarantäneVO). 42Darüber hinaus hat das Robert-Koch-Institut seine Kriterien für die Einstufung von Kontaktpersonen geändert. Anders als noch zum Zeitpunkt der angeordneten Quarantäne wird eine Unterscheidung von Kontaktpersonen der Kategorien 1 und 2 nicht mehr vorgenommen. An die Stelle dieser Einteilung sind Kriterien für eine Einstufung als enge Kontaktperson, die ein erhöhtes Infektionsrisiko hat, getreten. 43Vgl. „Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen“, dort 3., Stand: 14.12.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html, zuletzt abgerufen am 14. Januar 2022. 44Die allgemeinen Vorschriften für Schüler unterlagen und unterliegen ebenfalls ständigen Änderungen. Während im Herbst 2020, als die Klägerin unter Quarantäne gestellt wurde, an Schulen in Nordrhein-Westfalen noch nicht auf das Corona-Virus getestet wurde, wurden im März 2021 eine Testpflicht eingeführt und Corona-Selbsttests zur Verfügung gestellt. Die Schülerinnen und Schüler an Grundschulen werden seit dem 10. Mai 2021 mit einem „Lolli-Test“ getestet. 45Seit dem 10. Januar 2022 ist der Zugang zum Schulgebäude nur immunisierten oder getesteten Personen gestattet; angesichts der Ausbreitung der Omikron-Variante müssen sich auch immunisierte Personen testen lassen. Innerhalb von Schulgebäuden müssen alle Personen medizinische Masken tragen (§§ 2 und 3 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 im Bereich der Betreuungsinfrastruktur (Coronabetreuungsverordnung – CoronaBetrVO vom 24. November 2021 in der ab dem 10. Januar 2022 geltenden Fassung). Die Maskenpflicht am Sitzplatz wurde ab dem 2. Dezember 2021 wieder eingeführt, nachdem die Pflicht im Oktober 2021 gestrichen worden war. Nach der aktuell gültigen Fassung der Corona-Betreuungsverordnung wird der Präsenzunterricht inzidenzunabhängig gewährleistet, während bis Mai 2021 erst bei einer Inzidenz von unter 100 durchgängiger Präsenzunterricht stattfand. Für die Klassen 1-7 war den Eltern ab dem 14. Dezember 2020 die Entscheidung über die Teilnahme ihrer Kinder am Präsenzunterricht freigestellt. 46https://www.schulministerium.nrw/angepasster-schulbetrieb-corona-zeiten, abgerufen am 14. Januar 2022. 47Auch in tatsächlicher Hinsicht unterscheiden sich die Umstände im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung verglichen mit der Situation bei der mündlichen Anordnung der Absonderungspflicht deutlich. Seit Erlass der streitgegenständlichen Quarantäneanordnung hat sich das Infektionsgeschehen immer wieder sowohl in positiver als auch in negativer Weise verändert. Während das Auftreten der Omikron-Variante derzeit zur erheblichen Verstärkung des Infektionsgeschehens führt, wirken sich der Impffortschritt, die Ausweitung der Testmöglichkeiten und bessere Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise die in vielen Bereichen eingeführte Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske, positiv auf das Infektionsgeschehen aus. Von in absehbarer Zukunft im Wesentlichen gleichbleibenden tatsächlichen Umständen kann vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden. 48Mit dem Eintritt einer mit den Umständen im November 2020 vergleichbaren Situation kann deshalb in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden. Sowohl die erneute Einordnung der Klägerin als enge Kontaktperson als auch die Frage der Anordnung einer Quarantäne wären im Einzelfall anhand der für diesen Zeitpunkt aktuellen rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu beurteilen und gegebenenfalls einer erneuten gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung des Pandemiegeschehens kann sich die Klägerin die vorliegend begehrte Sachentscheidung in Bezug auf das Situationsgeschehen im Herbst 2020 in einem solchen Folgeprozess nicht zunutze machen. Ein besonderes Interesse an der Sachentscheidung wegen hinreichend konkreter Wiederholungsgefahr besteht demnach nicht. 49Ebenso: VG Augsburg , Urteil vom 26. April 2021 – Au 9 K 21.70 – juris Rn. 29 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 27. Juli 2021 – 3 K 2485/21 –, juris Rn. 21 ff. 50Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus den von der Klägerin geltend gemachten „unzulässigen erheblichen Eingriffen in ihre Freiheitsrechte“. 51Die Art eines mit der Klage gerügten Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, kann die Anerkennung eines Feststellungsinteresses rechtfertigen, wenn sich die unmittelbare Belastung durch den schwerwiegenden Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in der die Entscheidung des Gerichts kaum zu erlangen ist. Hierzu zählen vor allem Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben. Darüber hinaus kann etwa auch für eine Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Speicherung personenbezogener Daten in einem vergangenen Zeitraum wegen des damit verbundenen tiefgreifenden Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ein berechtigtes Interesse anzuerkennen sein, wenn sich dieses Rechtsschutzziel nicht in gleicher Weise durch die Geltendmachung eines Löschungsanspruchs erreichen lässt. 52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2018 – 6 B 133/18 – juris, Rn. 14. 53Zwar ergibt sich das fehlende Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung nicht bereits daraus, dass es ihr möglich war, Eilrechtsschutz zu suchen und somit eine gerichtliche Überprüfung einzuleiten. 54A.A. VG Augsburg, Urteil vom 26. April 2021 – Au 9 K 21.70 – juris, Rn. 31. 55Denn Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt einen Anspruch auf Rechtsschutz in der Hauptsache und nicht nur auf Rechtsschutz im Eilverfahren. 56BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 – juris, Rn. 29 ff. 57Bei der häuslichen Quarantäne, wie sie hier angeordnet wurde, liegt jedoch keine mit den oben genannten Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe vergleichbare Fallkonstellation vor. 58Anders als die so genannte Zwangsabsonderung nach § 30 Abs. 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) setzt die häusliche Absonderung nach § 30 Abs. 1 IfSG die Freiwilligkeit des Betroffenen im Sinne seiner Einsicht in das Notwendige und der Bereitschaft, der Absonderungsanordnung (vgl. Rn. 7) Folge zu leisten, voraus, 59BT-Drucksache 14/2530, S. 75; Gerhardt, IfSG, 5. Aufl., § 30 Rn. 1, 60und begründet deshalb mangels physischer Zwangswirkungen keinen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Bewegungsfreiheit. 61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2020 – 13 B 968/20.NE –, juris Rn. 41, m.w.N.; VG Augsburg, Urteil vom 26. April 2021 – Au 9 K 21.70 – juris, Rn. 36 f.; Erbs/Kohlhaas/Lutz IfSG § 30 Rn. 2; Gerhardt, IfSG, 5. Aufl., § 30 Rn. 1; ähnlich: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 5. Juni 2020 - 13 MN 195/20 -, juris, Rn. 38 (Freiheitsbeschränkung, aber keine Freiheitsentziehung); a. M. VG Hamburg, Beschluss vom 13. Mai 2020 - 15 E 1967/20 -, juris, Rn. 35 (Freiheitsentziehung oder zumindest Freiheitsbeschränkung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 104 Abs. 1 GG); BeckOK InfSchR/Johann/Gabriel IfSG § 30 Rn. 2 (besonders intensiver Grundrechtseingriff). 62Soweit ein Verstoß gegen die Absonderungspflicht bußgeldbewährt ist, kann dies zwar eine psychische Zwangswirkung auf die Betroffenen ausüben. Die Verpflichtung wird aber nicht durch weitere Vorkehrungen begleitet, die einen zur Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG erforderlichen physischen Zwang bewirken könnten. 63OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2020 – 13 B 968/20.NE –, juris Rn. 42; VG Augsburg, Urteil vom 26. April 2021 – Au 9 K 21.70 – juris, Rn. 36. 64Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Die hilfsweise begehrte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist unzulässig, denn ein primär zur Entscheidung gestellter Fortsetzungsfeststellungsantrag schließt es aus, die Hauptsache für erledigt zu erklären. 65BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 – 11 C 60/92 –, juris Rn. 14 m.w.N. 66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 67Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung. 68Rechtsmittelbelehrung: 69Gegen diesen Gerichtsbescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung (1) oder mündliche Verhandlung (2) beantragt werden. Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. 70(1) Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich einzureichen. Er muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. 71Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 72Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 73Die Berufung ist nur zuzulassen, 741. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheides bestehen, 752. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 763. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 774. wenn der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 785. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 79Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 80Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 81Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 82Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 83(2) Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen. 84Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. 85Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 86Der Antrag soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 87Beschluss: 88Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt. 89Gründe: 90Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 91Rechtsmittelbelehrung: 92Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 93Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 94Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 95Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 96Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 97War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vorher sicherheit in derselben höhe leistet. 1 | 2die klägerin ist schülerin der b. -m. -grundschule in l. . nach schulschluss besucht sie die dort eingerichtete betreuung. 3mit übersendung des laborbefunds vom 20. november 2020 wurde dem gesundheitsamt des beklagten bekannt, dass eine betreuerin positiv auf das coronavirus sars-cov-2 (covid 19) getestet worden war. bei den ermittlungen des gesundheitsamtes stellte sich heraus, dass die betreuerin am 17. november 2020 die mittagsbetreuung in der b. -m. -grundschule wahrgenommen hatte und zu den anwesenden schülerinnen und schülern auch die klägerin zählte. daraufhin sprach der beklagte eine mündliche quarantäneanordnung aus. diese wurde mit bescheid vom 24. november 2020 bestätigt und gegenüber den eltern der klägerin als sorgeberechtigten angeordnet, dass sich die klägerin nach dem kontakt für die zeit vom 18. november 2020 bis einschließlich 1. dezember 2020 in das häusliche umfeld abzusondern habe (quarantäne). 4hiergegen hat die klägerin am 26. november 2020 klage erhoben und einen eilantrag gestellt (29 l 2393/20), der mit beschluss der kammer vom 27. november 2020 abgelehnt wurde. die beschwerde gegen den beschluss wies das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen mit beschluss vom 1. dezember 2020 zurück (13 b 1887/20). 5nach ablauf des absonderungszeitraums stellte die klägerin die ursprünglich auf aufhebung des bescheides des beklagten vom 24. november 2020 gerichtete klage auf die feststellung von dessen rechtswidrigkeit um. zur begründung ihrer klage trägt die klägerin vor: sie habe ein berechtigtes interesse an der feststellung der rechtswidrigkeit des verwaltungsakts. dieses ergebe sich bereits aus den unzulässigen erheblichen eingriffen in ihre freiheitsrechte und dem interesse an genugtuung. das außergerichtliche verhalten des beklagten, wonach dieser sich strikt geweigert habe, sich die offenbar nicht bekannten voraussetzungen und grenzen von freiheitsentziehenden maßnahmen nach dem infektionsschutzgesetz zu verschaffen, lasse zudem befürchten, dass zukünftig ähnliche rechtswidrige anordnungen ergingen. ein berechtigtes interesse bestehe zudem im hinblick auf bestehende schadenersatz- und entschädigungsansprüche gegenüber dem beklagten. der angefochtene bescheid sei rechtswidrig. bund und länder hätten bereits am 23. november 2020 festgestellt, dass eine absonderung von zehn tagen mit anschließendem negativattest ebenso wirksam sei wie eine 14-tägige quarantäne. der beklagte habe rechtsfehlerhaft davon abgesehen, der klägerin diese möglichkeit zu eröffnen. das von der klägerin bereits am abend des 26. november 2020 abgenommene probenmaterial ändere nichts an der rechtswidrigkeit der ausnahmslosen absonderungsanordnung des beklagten. zudem lasse sich eine bewertung der klägerin als kontaktperson nicht begründen. 6die klägerin beantragt, 7festzustellen, dass der bescheid des beklagten vom 24. november 2020 rechtswidrig war, 8hilfsweise festzustellen, dass sich der rechtsstreit in der hauptsache erledigt hat. 9der beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11er verteidigt den angefochtenen bescheid und macht geltend, der letzte kontakt der klägerin zur infizierten person sei am 17. november 2020 gewesen, sodass die quarantänezeit vom 18. november 2020 bis zum 1. dezember 2020, somit 14 tage, festgelegt worden sei. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs bezug genommen. 13 | 14das gericht kann ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid entscheiden, da die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind vorher gehört worden (§ 84 abs. 1 sätze 1 und 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo)). 15die klage hat keinen erfolg. sie ist bereits unzulässig. 16nach § 113 abs. 1 s. 4 vwgo kann ein kläger bei vorliegen eines berechtigten interesses die feststellung beantragen, dass ein verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich ein angefochtener verwaltungsakt vorher, d. h. vor einer entscheidung über einen auf seine aufhebung gerichteten antrag, durch zurücknahme oder anders erledigt hat. 17für das fortsetzungsfeststellungsinteresse im sinne des § 113 abs. 1 satz 4 vwgo genügt jedes nach vernünftigen erwägungen schutzwürdige interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller art. 18oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 5. juli 2012 – 12 a 1423/11 –, juris rn. 24 m.w.n. 19dabei muss der kläger ein berechtigtes feststellungsinteresse so substantiiert darlegen, dass das gericht beurteilen kann, welchen bedeutungsgehalt die begehrte feststellung für den kläger hat. 20vgl. wolff, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 5. aufl., § 113 rn. 267, m.w.n. 21das berechtigte feststellungsinteresse geht in all diesen fällen über das bloße interesse an der klärung der rechtswidrigkeit der verfügung hinaus. dies gilt unabhängig von der intensität des erledigten eingriffs und vom rang der rechte, die von ihm betroffen waren. 22bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 16. mai 2013 – 8 c 14/12 –, juris rn. 30. 23maßgeblich ist stets, ob die inanspruchnahme des gerichts dem kläger noch etwas nützt, also zur verbesserung seiner situation in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller hinsicht geeignet ist. das bestreben nach persönlicher genugtuung oder das bestreben, eine vom kläger für bedeutsam gehaltene rechtsfrage gerichtlich klären zu lassen, reicht nicht aus. 24vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 6. juli 2016 – 1 bvr 1705/15 –, juris rn. 11; bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 8 c 39.12 –, juris rn. 28; bverwg, beschluss vom 14. dezember 2018 – 6 b 133/18 –, juris rn. 10. 25das fortsetzungsfeststellungsinteresse kann auf ein rehabilitierungsinteresse, auf eine wiederholungsgefahr oder auf die absicht gestützt werden, einen schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. 26vgl. bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 8 c 39.12 –, juris rn. 28. 27in den fällen fehlender tatsächlicher fortwirkung des beanstandeten hoheitsakts ist ein fortsetzungsfeststellungsinteresse ausnahmsweise auch dann zu bejahen, wenn ein tief greifender grundrechtseingriff vorliegt und die direkte belastung durch die maßnahme sich nach dem typischen verfahrensablauf auf eine zeitspanne beschränkt, in welcher der betroffene entgegen seinem in art. 19 abs. 4 grundgesetz (gg) verfassungsrechtlich garantierten anspruch auf effektiven rechtsschutz eine gerichtliche entscheidung kaum erlangen kann. 28vgl. bundesverfassungsgericht (bverfg), beschluss vom 30. april 1997 – 2 bvr 817/90, 2 bvr 728/92, 2 bvr 802/95, 2 bvr 1065/95 –, juris rn. 49; ovg nrw, urteil vom 30. oktober 2003 – 21 a 2602/02 –, juris rn. 12 m.w.n. 29nach maßgabe dieser kriterien ist die klage zwar als fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo statthaft. die angefochtene quarantäneanordnung vom 24. november 2020, bei der es sich um einen verwaltungsakt gemäß § 35 satz 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) handelt, hat sich nach klageerhebung durch zeitablauf erledigt. der absonderungszeitraum endete am 1. dezember 2020 mit der folge, dass die klägerin durch die anordnung nicht mehr beschwert ist. 30die klägerin hat jedoch kein berechtigtes interesse an der von ihr begehrten nachträglichen feststellung der rechtswidrigkeit der erledigten quarantäneanordnung. die von ihr angeführten gründe sind nicht geeignet, ein berechtigtes interesse an der gerichtlichen überprüfung der anordnung zu begründen. 31ein rehabilitationsinteresse ist nicht ersichtlich. ein derartiges interesse besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen maßnahme eine stigmatisierung des betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein ansehen in der öffentlichkeit oder im sozialen umfeld herabzusetzen. diese stigmatisierung muss außenwirkung erlangt haben und noch in der gegenwart andauern. 32bverwg, beschluss vom 14. dezember 2018 – 6 b 133/18 –, juris rn. 13, m.w.n. 33an diesen voraussetzungen fehlt es hier. außer einem nicht näher konkretisierten „interesse an genugtuung“, das für sich genommen von vorneherein nicht ausreicht, hat die klägerin nichts zu einer etwaigen stigmatisierung ihrer person vorgetragen. es liegen auch keinerlei anhaltspunkte dafür vor, dass die anordnung der häuslichen absonderung dem ansehen der klägerin abträglich sein könnte. vielmehr erging die anordnung nur deshalb, weil die klägerin, ebenso wie unzählige andere, zufällig kontakt zu einer infizierten person hatte. die häusliche absonderung stellt keine maßregelung der klägerin dar, sondern dient allein dazu, eine weitere verbreitung von covid-19 zu verhindern. 34auch aus der konkreten begründung der quarantäneverfügung ergeben sich keinerlei anhaltspunkte für eine die ehre und würde der klägerin beeinträchtigende wirkung. in ihr finden sich lediglich ausführungen allgemeiner art zur wahrscheinlichkeit einer infektion der klägerin als kontaktperson und zur gefahr der weiterverbreitung des virus. 35soweit die klägerin auf „bestehende schadenersatz- und entschädigungsansprüche gegenüber dem beklagten“ abstellt und sie damit sinngemäß einen amtshaftungsanspruch geltend macht, begründet dies ebenfalls kein feststellungsinteresse. zwar dürfen an den vortrag im hinblick auf das fortsetzungsfeststellungsinteresse als zulässigkeitsvoraussetzung keine überzogenen anforderungen gestellt werden. jedoch muss der vortrag zur rechtfertigung des mit der fortsetzung des begonnenen prozesses verbundenen aufwandes über die bloße behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass der kläger einen staatshaftungsprozess tatsächlich anstrebt und dass dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. hierzu gehört auch, dass der geltend zu machende schaden jedenfalls abgrenzbar bezeichnet und ferner substantiiert dargelegt wird, dass dieser schaden auf der behaupteten rechtswidrigkeit des angegriffenen verwaltungsaktes beruht bzw. beruhen kann. 36ovg nrw, beschluss vom 5. juli 2012 – 12 a 1423/11 –, juris, rn. 26 f. m.w.n.. 37die klägerin hat hierzu nicht einmal ansatzweise vorgetragen. sie behauptet weder, einen amtshaftungs- oder entschädigungsprozess anstrengen zu wollen noch hat sie angaben zu einem möglichen schaden gemacht. 38die klägerin kann sich auch nicht auf eine konkrete wiederholungsgefahr berufen. die annahme einer wiederholungsgefahr setzt die konkret absehbare hinreichende möglichkeit voraus, dass in naher zukunft eine gleiche oder gleichartige entscheidung oder maßnahme zulasten des klägers zu erwarten ist. dabei müssen im wesentlichen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen verhältnisse bestehen wie bei der erledigten entscheidung oder maßnahme. 39vgl. bverwg, beschluss vom 29. april 2008 – 1 wb 11.07 –, juris, rn. 21; ovg nrw, beschluss vom 30. januar 2018 – 5 a 557/16 –, juris rn. 12, m.w.n. 40das ist hier nicht der fall. zwar besteht die corona-pandemie fort. gegenüber dem zeitpunkt des erlasses der angefochtenen quarantäneanordnung am 24. november 2020 haben sich jedoch sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen umstände wesentlich verändert. es ist völlig ungewiss, ob in zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen und rechtlichen verhältnisse eintreten werden wie im zeitpunkt des erlasses des erledigten verwaltungsakts. 41die quarantäneregeln wurden sowohl in zeitlicher als auch in persönlicher hinsicht mehrfach geändert. so sah die während des laufenden zeitraums der angeordneten quarantäne in kraft getretene verordnung zur regelung von absonderungen nach § 30 des infektionsschutzgesetzes vom 30. november 2020 (gv.nrw 2020, s. 1059a) in ihrem § 5 vor, dass die dauer der quarantäne 14 tage nach kontakt zur positiv getesteten person beträgt, aber auf zehn tage verkürzt werden kann, wenn ein negatives testergebnis vorgelegt werden kann; dabei durfte die testung frühestens 10 tage nach beginn der angeordneten quarantäne erfolgen. mit der seit 16. januar 2022 geltenden fassung der verordnung zur testung in bezug auf einen direkten erregernachweis des coronavirus sars-cov-2 und zur regelung von absonderungen nach § 30 des infektionsschutzgesetzes (corona-test-und-quarantäneverordnung – coronatestquarantänevo) vom 24. november 2021 wurden die absonderungspflichten vollständig neu geregelt und deutlich aufgeweicht. kontaktpersonen, die keine haushaltsangehörigen sind, „sollen sich 10 tage nach dem kontakt bestmöglich absondern“ (§ 17 abs. 1 satz 1 coronatestquarantänevo). dies gilt nicht, wenn sie nach § 6 der covid-19-schutzmaßnahmen-ausnahmenverordnung einer ausnahme von der quarantänepflicht unterliegen, wie beispielsweise personen mit einer auffrischungsimpfung oder genesene personen (vgl. zu den weiteren ausnahmen § 17 abs. 1 satz 2 coronatestquarantänevo). 42darüber hinaus hat das robert-koch-institut seine kriterien für die einstufung von kontaktpersonen geändert. anders als noch zum zeitpunkt der angeordneten quarantäne wird eine unterscheidung von kontaktpersonen der kategorien 1 und 2 nicht mehr vorgenommen. an die stelle dieser einteilung sind kriterien für eine einstufung als enge kontaktperson, die ein erhöhtes infektionsrisiko hat, getreten. 43vgl. „kontaktpersonen-nachverfolgung bei sars-cov-2-infektionen“, dort 3., stand: 14.12.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/de/content/infaz/n/neuartiges_coronavirus/kontaktperson/management.html, zuletzt abgerufen am 14. januar 2022. 44die allgemeinen vorschriften für schüler unterlagen und unterliegen ebenfalls ständigen änderungen. während im herbst 2020, als die klägerin unter quarantäne gestellt wurde, an schulen in nordrhein-westfalen noch nicht auf das corona-virus getestet wurde, wurden im märz 2021 eine testpflicht eingeführt und corona-selbsttests zur verfügung gestellt. die schülerinnen und schüler an grundschulen werden seit dem 10. mai 2021 mit einem „lolli-test“ getestet. 45seit dem 10. januar 2022 ist der zugang zum schulgebäude nur immunisierten oder getesteten personen gestattet; angesichts der ausbreitung der omikron-variante müssen sich auch immunisierte personen testen lassen. innerhalb von schulgebäuden müssen alle personen medizinische masken tragen (§§ 2 und 3 der verordnung zum schutz vor neuinfizierungen mit dem coronavirus sars-cov-2 im bereich der betreuungsinfrastruktur (coronabetreuungsverordnung – coronabetrvo vom 24. november 2021 in der ab dem 10. januar 2022 geltenden fassung). die maskenpflicht am sitzplatz wurde ab dem 2. dezember 2021 wieder eingeführt, nachdem die pflicht im oktober 2021 gestrichen worden war. nach der aktuell gültigen fassung der corona-betreuungsverordnung wird der präsenzunterricht inzidenzunabhängig gewährleistet, während bis mai 2021 erst bei einer inzidenz von unter 100 durchgängiger präsenzunterricht stattfand. für die klassen 1-7 war den eltern ab dem 14. dezember 2020 die entscheidung über die teilnahme ihrer kinder am präsenzunterricht freigestellt. 46https://www.schulministerium.nrw/angepasster-schulbetrieb-corona-zeiten, abgerufen am 14. januar 2022. 47auch in tatsächlicher hinsicht unterscheiden sich die umstände im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung verglichen mit der situation bei der mündlichen anordnung der absonderungspflicht deutlich. seit erlass der streitgegenständlichen quarantäneanordnung hat sich das infektionsgeschehen immer wieder sowohl in positiver als auch in negativer weise verändert. während das auftreten der omikron-variante derzeit zur erheblichen verstärkung des infektionsgeschehens führt, wirken sich der impffortschritt, die ausweitung der testmöglichkeiten und bessere schutzmaßnahmen, wie beispielsweise die in vielen bereichen eingeführte pflicht zum tragen einer ffp2-maske, positiv auf das infektionsgeschehen aus. von in absehbarer zukunft im wesentlichen gleichbleibenden tatsächlichen umständen kann vor diesem hintergrund nicht ausgegangen werden. 48mit dem eintritt einer mit den umständen im november 2020 vergleichbaren situation kann deshalb in absehbarer zeit nicht gerechnet werden. sowohl die erneute einordnung der klägerin als enge kontaktperson als auch die frage der anordnung einer quarantäne wären im einzelfall anhand der für diesen zeitpunkt aktuellen rechtlichen und tatsächlichen umstände zu beurteilen und gegebenenfalls einer erneuten gerichtlichen überprüfung zu unterziehen. vor dem hintergrund der dynamischen entwicklung des pandemiegeschehens kann sich die klägerin die vorliegend begehrte sachentscheidung in bezug auf das situationsgeschehen im herbst 2020 in einem solchen folgeprozess nicht zunutze machen. ein besonderes interesse an der sachentscheidung wegen hinreichend konkreter wiederholungsgefahr besteht demnach nicht. 49ebenso: vg augsburg , urteil vom 26. april 2021 – au 9 k 21.70 – juris rn. 29 ff.; vg hamburg, urteil vom 27. juli 2021 – 3 k 2485/21 –, juris rn. 21 ff. 50ein berechtigtes feststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus den von der klägerin geltend gemachten „unzulässigen erheblichen eingriffen in ihre freiheitsrechte“. 51die art eines mit der klage gerügten eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten bereich, verbunden mit dem durch art. 19 abs. 4 gg garantierten anspruch auf effektiven rechtsschutz, kann die anerkennung eines feststellungsinteresses rechtfertigen, wenn sich die unmittelbare belastung durch den schwerwiegenden hoheitsakt auf eine zeitspanne beschränkt, in der die entscheidung des gerichts kaum zu erlangen ist. hierzu zählen vor allem feststellungsbegehren, die polizeiliche maßnahmen zum gegenstand haben. darüber hinaus kann etwa auch für eine feststellung der rechtswidrigkeit einer speicherung personenbezogener daten in einem vergangenen zeitraum wegen des damit verbundenen tiefgreifenden eingriffs in das persönlichkeitsrecht (art. 2 abs. 1 i.v.m. art. 1 abs. 1 gg) ein berechtigtes interesse anzuerkennen sein, wenn sich dieses rechtsschutzziel nicht in gleicher weise durch die geltendmachung eines löschungsanspruchs erreichen lässt. 52vgl. bverwg, beschluss vom 14. dezember 2018 – 6 b 133/18 – juris, rn. 14. 53zwar ergibt sich das fehlende interesse der klägerin an der begehrten feststellung nicht bereits daraus, dass es ihr möglich war, eilrechtsschutz zu suchen und somit eine gerichtliche überprüfung einzuleiten. 54a.a. vg augsburg, urteil vom 26. april 2021 – au 9 k 21.70 – juris, rn. 31. 55denn art. 19 abs. 4 satz 1 gg gewährt einen anspruch auf rechtsschutz in der hauptsache und nicht nur auf rechtsschutz im eilverfahren. 56bverfg, beschluss vom 3. märz 2004 – 1 bvr 461/03 – juris, rn. 29 ff. 57bei der häuslichen quarantäne, wie sie hier angeordnet wurde, liegt jedoch keine mit den oben genannten fällen tiefgreifender grundrechtseingriffe vergleichbare fallkonstellation vor. 58anders als die so genannte zwangsabsonderung nach § 30 abs. 2 des gesetzes zur verhütung und bekämpfung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz – ifsg) setzt die häusliche absonderung nach § 30 abs. 1 ifsg die freiwilligkeit des betroffenen im sinne seiner einsicht in das notwendige und der bereitschaft, der absonderungsanordnung (vgl. rn. 7) folge zu leisten, voraus, 59bt-drucksache 14/2530, s. 75; gerhardt, ifsg, 5. aufl., § 30 rn. 1, 60und begründet deshalb mangels physischer zwangswirkungen keinen eingriff in das grundrecht auf körperliche bewegungsfreiheit. 61vgl. ovg nrw, beschluss vom 13. juli 2020 – 13 b 968/20.ne –, juris rn. 41, m.w.n.; vg augsburg, urteil vom 26. april 2021 – au 9 k 21.70 – juris, rn. 36 f.; erbs/kohlhaas/lutz ifsg § 30 rn. 2; gerhardt, ifsg, 5. aufl., § 30 rn. 1; ähnlich: ovg niedersachsen, beschluss vom 5. juni 2020 - 13 mn 195/20 -, juris, rn. 38 (freiheitsbeschränkung, aber keine freiheitsentziehung); a. m. vg hamburg, beschluss vom 13. mai 2020 - 15 e 1967/20 -, juris, rn. 35 (freiheitsentziehung oder zumindest freiheitsbeschränkung im sinne von art. 2 abs. 2 satz 2 und 104 abs. 1 gg); beckok infschr/johann/gabriel ifsg § 30 rn. 2 (besonders intensiver grundrechtseingriff). 62soweit ein verstoß gegen die absonderungspflicht bußgeldbewährt ist, kann dies zwar eine psychische zwangswirkung auf die betroffenen ausüben. die verpflichtung wird aber nicht durch weitere vorkehrungen begleitet, die einen zur eröffnung des schutzbereichs des art. 2 abs. 2 satz 2 gg erforderlichen physischen zwang bewirken könnten. 63ovg nrw, beschluss vom 13. juli 2020 – 13 b 968/20.ne –, juris rn. 42; vg augsburg, urteil vom 26. april 2021 – au 9 k 21.70 – juris, rn. 36. 64der hilfsantrag hat ebenfalls keinen erfolg. die hilfsweise begehrte feststellung der erledigung des rechtsstreits in der hauptsache ist unzulässig, denn ein primär zur entscheidung gestellter fortsetzungsfeststellungsantrag schließt es aus, die hauptsache für erledigt zu erklären. 65bverwg, urteil vom 20. april 1994 – 11 c 60/92 –, juris rn. 14 m.w.n. 66die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 67die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 der zivilprozessordnung. 68rechtsmittelbelehrung: 69gegen diesen gerichtsbescheid kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung (1) oder mündliche verhandlung (2) beantragt werden. wird von beiden rechtsbehelfen gebrauch gemacht, findet mündliche verhandlung statt. 70(1) der antrag auf zulassung der berufung ist bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich einzureichen. er muss den angefochtenen gerichtsbescheid bezeichnen. 71auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 72innerhalb von zwei monaten nach zustellung des gerichtsbescheides sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 73die berufung ist nur zuzulassen, 741. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des gerichtsbescheides bestehen, 752. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 763. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 774. wenn der gerichtsbescheid von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 785. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 79die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 80über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 81im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 82die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 83(2) anstelle des antrags auf zulassung der berufung kann mündliche verhandlung beantragt werden. der gerichtsbescheid wirkt als urteil; wird rechtzeitig mündliche verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen. 84der antrag ist schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. 85auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 86der antrag soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 87beschluss: 88der streitwert wird auf 5.000,-- euro festgesetzt. 89gründe: 90die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 91rechtsmittelbelehrung: 92gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 93auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 94die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 95die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 96die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 97war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 26 K 399/21 | 2022-01-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin, die Beigeordnete der Beklagten war, wendet sich gegen eine Verfügung über ihre Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, wobei sie insbesondere Verfahrensfehler bezüglich der der Verfügung zugrundeliegenden Abberufung nach § 71 Abs. 7 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) geltend macht. 3Die Klägerin wurde erstmals im Oktober 2011 durch den Rat der Beklagten gewählt und durch Urkunde vom 12. Dezember 2011 mit Wirkung vom 1. Januar 2012 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für acht Jahre zur Beigeordneten ernannt. Im Juli 2019 wurde sie durch einen entsprechenden Beschluss des Rats mit Wirkung vom 1. Januar 2020 für weitere acht Jahre wiedergewählt. Seit ihrer Ernennung zur Beigeordneten leitete die Klägerin das Dezernat X, das unter anderem den Fachbereich „Dienstleistungsbetrieb Stadt S. “ umfasste. 4Im Juni 2020 untersagte die Beklagte der Klägerin mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte und leitete zugleich ein Disziplinarverfahren gegen sie ein. Anlass für diese Maßnahmen war der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, die Klägerin habe sich in ihrer in den Jahre 2017 bis 2019 wahrgenommenen Funktion als Leiterin des Dienstleistungsbetriebs in mehreren Fällen wegen gemeinschaftlicher Untreue zu Lasten der Beklagten strafbar gemacht. Das diesbezügliche strafrechtliche Ermittlungsverfahren dauert bis heute an. Das Disziplinarverfahren ist ruhend gestellt. 5Mit mehreren Schreiben vom 26. Oktober 2020, eingegangen beim Bürgermeister der Beklagten zwischen dem 28. und 30. Oktober 2020, beantragten insgesamt 24 persönlich unterzeichnende Mitglieder des Rats der Beklagten, dessen Wahlperiode am 31. Oktober 2020 endete, die Abberufung der Klägerin als Beigeordnete gem. § 71 Abs. 7 GO NRW, die Aufnahme dieses Tagesordnungspunkts in die Tagesordnung der nächsten Ratssitzung sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Abberufung. Bis zum 31. Oktober 2020 bestand der Rat aus 46 gewählten Ratsmitgliedern sowie dem Bürgermeister als Mitglied kraft Gesetzes. Der Rat in der aktuellen Zusammensetzung, der am 13. September 2020 gewählt wurde und dessen Wahlperiode am 1. November 2020 begann, besteht aus 48 gewählten Ratsmitgliedern und dem Bürgermeister. Acht der 24 Antragsteller gehören dem Rat nicht mehr an. 6In der konstituierenden Sitzung des aktuellen Rats am 3. November 2020 bestätigte der Bürgermeister unter dem Tagesordnungspunkt 40.2 auf Nachfrage, dass das erforderliche Quorum für den Antrag der Abwahl der Klägerin als Beigeordnete erreicht worden sei, und kündigte an, dass die Abstimmung für die Abberufung in der Sitzung des Rats am 15. Dezember 2020 ohne vorherige Aussprache erfolgen werde. 7Am 15. Dezember 2020 beschloss der Rat der Beklagten in öffentlicher Sitzung zum Tagesordnungspunkt 5 „Antrag auf Abberufung der Beigeordneten“ sodann ohne Aussprache mit einer Mehrheit von 40 Stimmen von 48 anwesenden Mitgliedern, die Klägerin als Beigeordnete abzuberufen und diese Abberufung mit sofortiger Wirkung zu vollziehen. Die Abstimmung fand geheim statt, da auf einen entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion hin 21 Ratsmitglieder für eine geheime Abstimmung stimmten. 8Durch Bescheid vom 16. Dezember 2020, zugestellt am 22. Dezember 2020, teilte der Bürgermeister der Beklagten der Klägerin den Inhalt des Abberufungsbeschlusses des Rats vom 15. Dezember 2020 mit und verfügte u.a.: „Hiermit versetze ich Sie gemäß § 30 Abs. 1 BeamtStG und § 38 LBG NRW in den einstweiligen Ruhestand. Der Ruhestand beginnt mit dem Ende des Monats, in dem Ihnen diese Verfügung zugestellt worden ist.“ 9Am 22. Januar 2021 hat die Klägerin Klage erhoben. 10Sie hält ihre Abberufung als Beigeordnete und damit auch die Verfügung über ihre Versetzung in den einstweiligen Ruhestand für rechtswidrig. Im Wesentlichen macht sie geltend, dass das durchgeführte Abberufungsverfahren an Fehlern leide, die aus dem Umstand herrührten, dass der Antrag auf Abberufung von Mitgliedern des Rats aus der vorherigen Wahlperiode gestellt worden sei, die Abstimmung über den Abberufungsantrag anschließend hingegen durch den aktuellen Rat erfolgt sei. Zwar gelte für den Rat mangels Parlamentseigenschaft grundsätzlich nicht der Diskontinuitätsgrundsatz, jedoch sei sowohl dem Wortlaut des § 71 Abs. 7 Sätze 1 bis 3 GO NRW als auch dem Sinn und Zweck der in § 71 Abs. 7 Satz 3 GO NRW geregelten sog. Abkühlungsfrist zu entnehmen, dass der Antrag auf Abberufung aus dem Kreis der Mitglieder „des Rats“ erfolgen müsse, der auch die Abstimmung über die Abberufung vornehme. Vor dem Hintergrund, dass der aktuelle Rat, der über die Abberufung abgestimmt habe, aus 48 (und nicht mehr 46) Ratsmitgliedern zuzüglich des Bürgermeisters bestehe, sei der kurz vor Ende der Wahlperiode eingebrachte und von 24 Mitgliedern unterschriebene Antrag auch nicht „von der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder“ (§ 71 Abs. 7 Satz 2 GO NRW) „des Rats“ gestellt worden. Darüber hinaus habe sich der Abberufungsantrag gem. § 71 Abs. 7 Satz 2 GO NRW angesichts seiner Eigenschaft als sog. mandatsbezogener Antrag mit Ablauf der Wahlperiode des vorherigen Rats am 31. Oktober 2020 erledigt. Daneben weist die Klägerin darauf hin, dass mit ihrer Abwahl ein gegebenenfalls mit der GO NRW nicht zu vereinbarender Zweck verfolgt worden sei, nämlich die zügige Sicherstellung einer verantwortlichen Führung der einzelnen Dezernate durch Abwahl und Neubesetzung trotz schwebenden Verfahrens; die Klägerin habe ihren Aufgaben aber allein deshalb nicht mehr nachkommen können, weil sie ein rechtswidriges Verbot der Führung der Dienstgeschäfte erhalten habe. 11Die Klägerin beantragt, 12den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2020 aufzuheben. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Sie ist – wie die Klägerin – der Auffassung, dass der Diskontinuitätsgrundsatz für den Rat nicht gilt, und tritt dem Vorbringen der Klägerin im Übrigen entgegen. Dabei führt sie aus, dass die 6-Wochen-Frist gem. § 71 Abs. 7 Satz 3 GO NRW selbst dann eingehalten worden sei, wenn man einen neuen Lauf der Frist für die neuen Ratsmitglieder annehmen würde. Diese hätten bereits bei Amtsantritt am 1. November 2020 von dem Abberufungsantrag Kenntnis gehabt; zudem sei in der konstituierenden Sitzung am 3. November 2020 allen Anwesenden der Antrag durch den Bürgermeister nochmals vorgestellt worden. Weiter trägt die Beklagte vor, dass auch sonst kein Grund ersichtlich sei, weshalb die neuen Ratsmitglieder nicht an den in der vorherigen Wahlperiode rechtmäßig gestellten Abberufungsantrag anknüpfen können sollten; die von der Klägerin aufgeworfene Unterscheidung in mandatsbezogene Anträge und andere Anträge existiere nicht. Ferner sei die Ausführung der Klägerin, mit der Abwahl werde gegebenenfalls ein mit der GO NRW nicht zu vereinbarender Zweck verfolgt, eine Behauptung ins Blaue hinein und ungeachtet dessen finde eine inhaltliche Kontrolle durch die Gerichte insoweit auch nicht statt. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zum hier gegenständlichen Verfahren, den Inhalt der Gerichtsakte zum Verfahren 26 K 3955/20 sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –). 19Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 71 Abs. 7 GO NRW i.V.m. §§ 119 Abs. 3 Satz 1, 38 des Landesbeamtengesetzes (LBG NRW). 20Gemäß § 71 Abs. 7 Satz 1 GO NRW kann der Rat Beigeordnete abberufen. Beim Verfahren der Abberufung sind die in § 71 Abs. 7 Sätze 2 bis 5 GO NRW enthaltenen formellen Vorgaben zu wahren. So kann der Antrag auf Abberufung nur von der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder gestellt werden (Satz 2), zwischen dem Eingang des Antrags und der Sitzung des Rats muss eine Frist von mindestens sechs Wochen liegen (Satz 3), über den Antrag ist ohne Aussprache abzustimmen (Satz 4) und der Beschluss über die Abberufung bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder (Satz 5). 21Die Verfügung des Bürgermeisters, mit der die Abberufung eines Beigeordneten durch den Rat bekannt gegeben wird, bewirkt beamtenrechtlich, dass der Beigeordnete, der gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 GO NRW kommunaler Wahlbeamter ist, nach § 119 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 38 LBG NRW in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird. 22Vgl. auch Kallerhoff, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen, 18. Edition, Stand: Dezember 2021, § 71 Rn. 51; Plückhahn, in: Held u.a., PdK B 1 NW, Stand: September 2020, § 71 GO NRW Erl. 11.5.4. 23Gemäß § 119 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW findet auf die übrigen kommunalen Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten – gemeint sind andere kommunale Wahlbeamte als Bürgermeister und Landräte – im Falle der Abberufung oder Abwahl u.a. § 38 LBG NRW entsprechende Anwendung. Nach § 38 Satz 1 LBG NRW beginnt der einstweilige Ruhestand, wenn nicht im Einzelfall ausdrücklich ein späterer Zeitpunkt festgelegt wird, mit dem Zeitpunkt, in dem die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand der Beamtin oder dem Beamten bekannt gegeben wird, spätestens jedoch mit dem Ende der drei Monate, die auf den Monat der Bekanntgabe folgen. 24Die in § 71 Abs. 7 GO NRW normierte Abberufungsmöglichkeit für Beigeordnete ist sowohl mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes – GG –) als auch mit sonstigen beamtenrechtlichen Vorschriften vereinbar. 25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Februar 1995 – 15 B 2556/94 –, juris, Rn. 17 ff. (in Bezug auf § 49 Abs. 4 GO NRW a.F.); VG Düsseldorf, Urteil vom 18. Januar 2019 – 26 K 12660/17 –, juris, Rn. 31; vgl. zudem BVerwG, Beschluss vom 22. September 1992 – 7 B 40.92 –, juris, Rn. 3 m.w.N., sowie ferner BVerfG, Beschluss vom 24. April 2018 – 2 BvL 10/16 –, juris, Rn. 41 (jeweils allgemein bzgl. einer kommunalverfassungsrechtlichen Bestimmung der Abberufungsmöglichkeit eines kommunalen Wahlbeamten). 26Dabei ist, was auch Folgerungen für die gerichtliche Überprüfung der Abberufungsentscheidung hat, anerkannt, dass diese entsprechend der gesetzlichen Regelung an keinen bestimmten gesetzlichen Tatbestand gebunden ist, sondern rechtmäßigerweise schon dann ergehen kann, wenn zwischen der Gemeindevertretung und dem Beigeordneten nicht mehr das für wünschenswert gehaltene Vertrauen besteht. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abberufungsentscheidung, die keiner Begründung bedarf und diese praktisch „in sich selbst“ trägt, ist demgemäß allein die – bereits in der Abberufung selbst zum Ausdruck kommende – Tatsache des Vertrauensverlustes; auf die Gründe, die zu diesem Vertrauensverlust geführt haben, kommt es grundsätzlich nicht an. Das „kommunalpolitische Umfeld“ einer Abberufungsentscheidung einschließlich der für die einzelnen Ratsmitglieder maßgeblichen Motive entzieht sich der rechtlichen Qualifikation und Kategorisierung und ist daher für die Beurteilung der Abberufungsentscheidung grundsätzlich ohne Bedeutung. Infolgedessen erstreckt sich die gerichtliche Kontrolle allein darauf, ob sich mit der Abberufung verfassungswidrige oder sonstige mit dem Gesetz nicht zu vereinbarende Zwecke verbinden, sowie darauf, ob die Abberufungsentscheidung auf Formfehlern oder Verfahrensfehlern beruht, auf die sich der Abberufene berufen kann. 27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. September 1992 – 7 B 40.92 –, juris, Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 28. Februar 1995 – 15 B 2556/94 –, juris, Rn. 21; VG Düsseldorf, Urteil vom 18. Januar 2019 – 26 K 12660/17 –, juris, Rn. 33; Paal, in: Rehn u.a., Kommentar zur GO NRW, Bd. I, 53. EL 2021, § 71 Rn. 32. 28Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hält die Abberufungsentscheidung des Rats der Beklagten einer rechtlichen Überprüfung stand. 29Die Abberufungsentscheidung leidet nicht an Form- oder Verfahrensfehlern, auf die sich die Klägerin berufen kann. Dies gilt namentlich mit Blick auf die Verfahrensvorgaben des § 71 Abs. 7 Sätze 2 bis 5 GO NRW sowie unter Berücksichtigung des Umstands der Antragstellung durch Mitglieder des Rats aus der vorherigen Wahlperiode und der anschließenden Abberufung durch den derzeitigen Rat. 30Zunächst lag der gemäß § 71 Abs. 7 Satz 2 GO NRW erforderliche Abberufungsantrag von der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Rats mit dem Antrag durch insgesamt 24 Mitglieder des Rats, die jenen im Wege mehrerer gleichgerichteter, jeweils persönlich unterzeichneter und bis zum 30. Oktober 2020 beim Bürgermeister der Beklagten eingegangener Schreiben stellten, vor. Es ist zulässig, dass die Beantragung der Abberufung durch mehrere Schriftstücke außerhalb einer Ratssitzung erfolgt ist. Aus der Vorgabe des § 71 Abs. 7 Satz 2 GO NRW, dass der Abberufungsantrag von der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Rats gestellt wird, lässt sich nicht herleiten, dass ein solcher nur zugleich und in einer Antragsschrift eingebracht werden kann. 31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Februar 1995 – 15 B 2556/94 –, juris, Rn. 24; Plückhahn, in: Held u.a., PdK B 1 NW, Stand: September 2020, § 71 GO NRW Erl. 11.2. 32Die Vorgabe der Antragstellung durch die Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Rats ist mit 24 Unterzeichnern erfüllt, da der Rat in der damaligen Zusammensetzung aus 46 gewählten Mitgliedern zuzüglich des Bürgermeisters als Mitglied kraft Gesetzes bestand (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 2 GO NRW). 33Vgl. dazu, dass zu der gesetzlichen Zahl der Mitglieder (ebenso wie zu den zur Antragstellung Berechtigten) im Sinne des § 71 Abs. 7 Satz 2 GO NRW im Einklang mit § 40 Abs. 2 Satz 2 GO NRW auch der Bürgermeister zählt, nur Kallerhoff, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen, 18. Edition, Stand: Dezember 2021, § 71 Rn. 46; Plückhahn, in: Held u.a., PdK B 1 NW, Stand: September 2020, § 71 GO NRW Erl. 11.2. 34Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es als Bezugsgröße zur Bestimmung des Mehrheitsverhältnisses gem. § 71 Abs. 7 Satz 2 GO NRW allein auf diese gesetzliche Zahl der Mitglieder des Rats in der vorherigen Wahlperiode und nicht auf diejenige des derzeitigen Rats an. Auch wenn der derzeitige Rat bereits am 13. September 2020 gewählt worden ist, dauerte bis zum 31. Oktober 2020 und damit auch im Zeitpunkt der Antragstellung am 30. Oktober 2020 noch die Wahlperiode des vorherigen Rats an, während die Wahlperiode des neuen Rats erst am 1. November 2020 begann (vgl. Art. 5 § 2 des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Demokratie vom 9. April 2013 – GV.NRW. S. 194 – in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 – GV.NRW. S. 564 –; ferner § 14 Abs. 2 des Kommunalwahlgesetzes – KWahlG NRW). 35Weiter wurde im vorliegenden Abberufungsverfahren die von § 71 Abs. 7 Satz 3 GO NRW vorgeschriebene Frist von mindestens sechs Wochen zwischen dem Eingang des Antrags und der Sitzung des Rats, in der über die Abberufung abgestimmt wird, eingehalten, da die Ratssitzung erst am 15. Dezember 2020 und damit sechs Wochen und einige Tage nach dem Eingang des Abberufungsantrags am 30. Oktober 2020 stattfand. Die Abstimmung über den Antrag erfolgte im Einklang mit der Vorgabe des § 71 Abs. 7 Satz 4 GO NRW auch ohne Aussprache. Ferner wurde der Beschluss über die Abberufung mit der nach § 71 Abs. 7 Satz 5 GO NRW erforderlichen Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder gefasst, nämlich mit 40 Stimmen der insgesamt 49 gesetzlichen Mitglieder des am 3. November 2020 erstmals zusammengetretenen Rats (48 gewählte Mitglieder zuzüglich Bürgermeister). 36Die Abberufungsentscheidung konnte auch durch den aktuellen Rat erfolgen, obwohl der Antrag zur Abberufung noch von Mitgliedern des Rats in der vorherigen Wahlperiode gestellt wurde. Der Abberufungsantrag hat sich nicht mit dem Ende der Wahlperiode des damaligen Rats erledigt, sodass es vor der Abstimmung über die Abberufung in der Ratssitzung keiner erneuten Einbringung des Antrags durch Mitglieder des derzeitigen Rats bedurfte. Wie von den Beteiligten zutreffend vorgetragen, ist für den Rat der Beklagten der im Parlamentsrecht geltende Grundsatz der materiellen Diskontinuität, wonach mit dem Ablauf der Wahlperiode Gesetzesvorlagen, Anträge und Anfragen ihre Erledigung finden, nicht anwendbar. Denn der Rat der Beklagten ist als Rat einer Gemeinde in Nordrhein-Westfalen kein Parlament, sondern Organ der Gemeindeverwaltung. 37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. März 1971 – II A 1315/68 –, DVBl. 1971, 660 ff. (661 ff.); Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen, 18. Edition, Stand: Dezember 2021, § 40 Rn. 6 f.; Paal, in: Rehn u.a., Kommentar zur GO NRW, Bd. I, 53. EL 2021, § 42 Rn. 18; Smith, in: Kleerbaum/Palmen, Kommentar zur GO NRW, 3. Aufl. 2017, § 40 Erl. IV.2.; Wansleben, in: Held u.a., PdK B 1 NW, Stand: September 2020, § 40 GO NRW Erl. 2. 38Damit ist der Rat ein kontinuierliches Organ, 39vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2012 – 8 C 22.11 –, juris, Rn. 28; Smith, in: Kleerbaum/Palmen, Kommentar zur GO NRW, 3. Aufl. 2017, § 40 Erl. IV.2., 40und es gilt anstelle des Grundsatzes der materiellen Diskontinuität vielmehr der Grundsatz der materiellen Kontinuität der Wahlperioden. Das bedeutet, dass der Rat in einer neuen Wahlperiode eingeleitete Beschlussverfahren, Satzungsverfahren und Vorlagen in dem Verfahrensstadium weiterführt, in dem sie sich bei Ablauf der vorherigen Wahlperiode befanden. 41Vgl. Smith, in: Kleerbaum/Palmen, Kommentar zur GO NRW, 3. Aufl. 2017, § 42 Erl. IX. 42Das gilt auch für das Abberufungsverfahren nach § 71 Abs. 7 GO NRW, das somit hier durch den Rat der Beklagten in der aktuellen Wahlperiode fortgesetzt werden konnte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass hinsichtlich Anträgen für Tagesordnungspunkte oder zur Einberufung von Ratssitzungen angenommen wird, dass diese mandatsbezogen sind und sich deshalb mit Ablauf der Wahlperiode erledigen. 43Vgl. dazu Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen, 18. Edition, Stand: Dezember 2021, § 42 Rn. 18; Smith, in: Kleerbaum/Palmen, Kommentar zur GO NRW, 3. Aufl. 2017, § 42 Erl. IX. 44Zwar war mit dem gegenüber dem Bürgermeister gestellten Antrag, die Klägerin als Beigeordnete abzuberufen, auch der Antrag auf Aufnahme dieses Tagesordnungspunktes in die Tagesordnung der nächsten Ratssitzung verbunden. Dieser Antrag zur Tagesordnung war in der vorliegenden Konstellation aber ein bloßer Annex zum eigentlichen Abberufungsantrag und hätte nicht einmal ausdrücklich gestellt werden müssen. Vielmehr folgt bereits aus dem Abberufungsantrag selbst die Verpflichtung des Bürgermeisters, bei Vorliegen der formalen Voraussetzungen den Antrag ohne weitere inhaltliche Prüfung auf die Tagesordnung der nächsten Tagesordnung zu setzen. 45Vgl. Kallerhoff, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen, 18. Edition, Stand: Dezember 2021, § 71 Rn. 48; Keller, in: Kleerbaum/Palmen, Kommentar zur GO NRW, 3. Aufl. 2017, § 71 Erl. XI.1. 46In keinem Fall hatte eine mögliche Erledigung des Antrags zur Tagesordnung mithin Auswirkungen auf die Fortgeltung des Abberufungsantrags nach Ende der Wahlperiode des vorherigen Rats. Der Abberufungsantrag selbst ist hingegen – anders als die Klägerin meint – kein mandatsbezogener Antrag im zuvor dargelegten Sinne. Er ist nicht mit denen als mandatsbezogene Anträge qualifizierten Anträgen für Tagesordnungspunkte oder zur Einberufung von Ratssitzungen vergleichbar. Der Abberufungsantrag gem. § 71 Abs. 7 Satz 2 GO NRW ist nicht nur Ausdruck der Ausübung von Rechten und Interessen einzelner Mandatsträger, sondern erfordert vielmehr zwingend eine Unterstützung durch die Mehrheit der Mitglieder des Rats und damit einen für das Organ Rat repräsentativen Vertrauensverlust gegenüber dem Beigeordneten. Zudem ist der Rechtscharakter des Abberufungsantrags ein gänzlich anderer. Während mit Anträgen einzelner Ratsmitglieder zur Tagesordnung oder zur Einberufung von Ratssitzungen auf die diesbezüglich originär dem Bürgermeister obliegende Gestaltung des Verfahrens der Ratssitzungen Einfluss genommen werden kann (vgl. §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GO NRW), ist der Abberufungsantrag zwingende Voraussetzung für die Einleitung eines materiell-rechtlichen Verfahrens des Rats, das mit einem Beschluss des Rats endet. 47Entgegen der Auffassung der Klägerin ist weiter auch weder dem Wortlaut des § 71 Abs. 7 Sätze 1 bis 3 GO NRW noch dem Sinn und Zweck der von § 71 Abs. 7 Satz 3 GO NRW vorgeschriebenen 6-Wochenfrist zu entnehmen, dass die Abberufungsentscheidung von der gewählten Gemeindevertretung getroffen werden muss, der die Antragsteller angehören. Vielmehr streitet auch eine Auslegung des § 71 Abs. 7 GO NRW für die Zulässigkeit der Fortsetzung des durch den von Mitgliedern des Rats in der vorherigen Wahlperiode gestellten Abberufungsantrag eingeleiteten Abberufungsverfahrens durch den Rat in der nachfolgenden Wahlperiode. Soweit in § 71 Abs. 7 GO NRW von „dem Rat“ gesprochen wird, hat der Gesetzgeber mit dieser Formulierung die gleiche Wortwahl gewählt wie bei vielen anderen Vorschriften der GO NRW auch (vgl. nur §§ 40 Abs. 2, 41 GO NRW), in denen mit dieser Begrifflichkeit zweifelsohne der Rat als (kontinuierliches) Organ der Gemeinde beschrieben wird. Die Frist des § 71 Abs. 7 Satz 3 GO NRW hat als sog. Abkühlungsfrist den Sinn und Zweck, die Antragsteller zu veranlassen, ihr unter Umständen vorschnell eingebrachtes Abberufungsverlangen zu überdenken. Damit dient die Vorschrift dem Interesse der Allgemeinheit an einer Verhinderung kostspieliger Fehlentscheidungen; eine längere Vorbereitungszeit der übrigen Ratsmitglieder für die Meinungsbildung wird mit der Regelung hingegen nicht bezweckt. 48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Dezember 1989 – 15 B 3104/89 –, juris, Rn. 9 ff. (in Bezug auf § 49 Abs. 4 GO NRW a.F.); Kallerhoff, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen, 18. Edition, Stand: Dezember 2021, § 71 Rn. 48; Plückhahn, in: Held u.a., PdK B 1 NW, Stand: September 2020, § 71 GO NRW Erl. 11.3.; a.A. Paal, in: Rehn u.a., Kommentar zur GO NRW, Bd. I, 53. EL 2021, § 71 Rn. 33. 49Dieser Sinn und Zweck der Abkühlungsfrist wird auch dann noch gewahrt, wenn – wie vorliegend der Fall – einige der Antragsteller dem Rat, der die Abberufungsentscheidung trifft, nicht mehr angehören (hier acht von 24). Bezüglich der Antragsteller, die auch Mitglieder des Rats in der derzeitigen Wahlperiode sind, entfaltet die sechswöchige Frist ohne Einschränkungen ihren Sinn und Zweck. Für die ausgeschiedenen Mitglieder des Rats ist die Frist zwar wirkungslos; da sie aber nicht mehr abstimmungsberechtigt sind, können sie eine Abberufung schon gar nicht mehr bewirken. Angesichts dessen ist es auch unerheblich, dass sie – anders als die im Rat verbliebenden Antragsteller – den Antrag nicht mehr zurücknehmen können. Sind die sonstigen Mitglieder des Rats, an die sich die Abkühlungsfrist wie aufgezeigt allerdings schon gar nicht richtet, mit einer Abberufung des Beigeordneten (mangels ausreichendem Vertrauensverlust) nicht einverstanden und wollen diese verhindern, steht es ihnen frei, in der Abstimmung über die Abberufung (in ausreichender Anzahl) gegen die Abberufung zu stimmen. 50Auch Anhaltspunkte für sonstige Verstöße gegen Verfahrens- oder Formvorschriften sind nicht gegeben. Insbesondere fand die Abberufung der Klägerin im Einklang mit § 48 Abs. 2 Satz 1 GO NRW in öffentlicher Sitzung statt und die Abstimmung über die Abberufung erfolgte geheim, da dies insgesamt 21 Ratsmitglieder beantragten und somit das gem. § 50 Abs. 1 Satz 5 GO NRW erforderliche Quorum von einem Fünftel der Mitglieder des Rats erreicht war. 51Weiter ist nicht ersichtlich, dass mit der Abberufung der Klägerin verfassungswidrige oder sonstige mit dem Gesetz nicht zu vereinbarende Zwecke verbunden worden sein könnten. Soweit die Klägerin geltend macht, mit ihrer Abwahl (und einer anschließenden Neubesetzung der Stelle) sei die zügige Sicherstellung einer verantwortlichen Führung des Dezernats trotz schwebenden Verfahrens verfolgt worden, mag dies tatsächlich ein politisch begründetes Motiv einiger Ratsmitglieder bei ihrer Votierung für die Abberufung der Klägerin gewesen sein. Dies legen auch die in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten enthaltenen Zeitungsartikel über die Abberufung der Klägerin sowie die Niederschrift über ein interfraktionelles Gespräch am 9. Oktober 2020 nahe. Dieser Umstand ist unter Anwendung der oben genannten Grundsätze für die Beurteilung der die Tatsache des Vertrauensverlusts in sich tragenden Abberufungsentscheidung jedoch irrelevant, entziehen sich (kommunalpolitische) Erwägungen der Ratsmitglieder gerade der rechtlichen Qualifikation und Kategorisierung. Anders als die Klägerin vorträgt, geht mit ihrer Abberufung selbst bei Einbeziehung eines solchen kommunalpolitischen Motivs auch keine mit der GO NRW nicht zu vereinbarende Zweckverfolgung einher. Ein ausdrücklicher Verstoß gegen Normen dieses Gesetzes ist insoweit ebenso wenig erkennbar wie eine Unvereinbarkeit mit Sinn und Zweck des § 71 GO NRW sowie der sonstigen für Beigeordnete relevanten Vorschriften der GO NRW. Für die Annahme der Verfolgung von mit dem Gesetz nicht zu vereinbarenden Zwecken bräuchte es vielmehr eine rechtsmissbräuchliche Motivlage wie zum Beispiel dergestalt, dass eine „Bestrafung“ für eine pflichtgemäße Ausübung des Amts begehrt wird. 52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. September 1992 – 7 B 40.92 –, juris, Rn. 3. 53Eine solche Motivlage ist bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation aber mehr als fernliegend. Schließlich stand hier das Abberufungsverfahren in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der das Vertrauen zwischen der Gemeindevertretung und der Klägerin naturgemäß beeinflussenden Gegebenheit der staatsanwaltschaftlichen Ermittlung gegen die Klägerin wegen des Verdachts der Untreue, die sie in ihrer Funktion als Leiterin des „Dienstleistungsbetriebs Stadt S. “ in mehreren Fällen begangen haben soll. 54Da die Abberufungsentscheidung nicht zu beanstanden ist und auch ansonsten die angefochtene Verfügung über die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nicht an Fehlern leidet, bestehen insgesamt keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Verfügung. 55Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Sätze 1, 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). 56Gründe für die Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Zu den aufgeworfenen Rechtsfragen liegt zwar – soweit ersichtlich – keine höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung vor. Sie lassen sich aber ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten. 57Rechtsmittelbelehrung: 58Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 59Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 60Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 61Die Berufung ist nur zuzulassen, 621. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 632. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 643. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 654. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 665. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 67Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 68Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 69Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 70Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 71Beschluss: 72Der Streitwert wird auf 91.597,32 Euro festgesetzt. 73Gründe: 74Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) erfolgt. Für die Berechnung der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge im Sinne von § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG ist vorliegend das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 16 in der Erfahrungsstufe 12 in Höhe von 7.633,11 Euro monatlich zugrunde zu legen. Danach ergibt sich ein Streitwert von (7.633,11 Euro x 12 =) 91.597,32 Euro. 75Rechtsmittelbelehrung: 76Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 77Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 78Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 79Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 80Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 81War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin, die beigeordnete der beklagten war, wendet sich gegen eine verfügung über ihre versetzung in den einstweiligen ruhestand, wobei sie insbesondere verfahrensfehler bezüglich der der verfügung zugrundeliegenden abberufung nach § 71 abs. 7 der gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen (go nrw) geltend macht. 3die klägerin wurde erstmals im oktober 2011 durch den rat der beklagten gewählt und durch urkunde vom 12. dezember 2011 mit wirkung vom 1. januar 2012 unter berufung in das beamtenverhältnis auf zeit für acht jahre zur beigeordneten ernannt. im juli 2019 wurde sie durch einen entsprechenden beschluss des rats mit wirkung vom 1. januar 2020 für weitere acht jahre wiedergewählt. seit ihrer ernennung zur beigeordneten leitete die klägerin das dezernat x, das unter anderem den fachbereich „dienstleistungsbetrieb stadt s. “ umfasste. 4im juni 2020 untersagte die beklagte der klägerin mit sofortiger wirkung die führung der dienstgeschäfte und leitete zugleich ein disziplinarverfahren gegen sie ein. anlass für diese maßnahmen war der vorwurf der staatsanwaltschaft, die klägerin habe sich in ihrer in den jahre 2017 bis 2019 wahrgenommenen funktion als leiterin des dienstleistungsbetriebs in mehreren fällen wegen gemeinschaftlicher untreue zu lasten der beklagten strafbar gemacht. das diesbezügliche strafrechtliche ermittlungsverfahren dauert bis heute an. das disziplinarverfahren ist ruhend gestellt. 5mit mehreren schreiben vom 26. oktober 2020, eingegangen beim bürgermeister der beklagten zwischen dem 28. und 30. oktober 2020, beantragten insgesamt 24 persönlich unterzeichnende mitglieder des rats der beklagten, dessen wahlperiode am 31. oktober 2020 endete, die abberufung der klägerin als beigeordnete gem. § 71 abs. 7 go nrw, die aufnahme dieses tagesordnungspunkts in die tagesordnung der nächsten ratssitzung sowie die anordnung der sofortigen vollziehung der abberufung. bis zum 31. oktober 2020 bestand der rat aus 46 gewählten ratsmitgliedern sowie dem bürgermeister als mitglied kraft gesetzes. der rat in der aktuellen zusammensetzung, der am 13. september 2020 gewählt wurde und dessen wahlperiode am 1. november 2020 begann, besteht aus 48 gewählten ratsmitgliedern und dem bürgermeister. acht der 24 antragsteller gehören dem rat nicht mehr an. 6in der konstituierenden sitzung des aktuellen rats am 3. november 2020 bestätigte der bürgermeister unter dem tagesordnungspunkt 40.2 auf nachfrage, dass das erforderliche quorum für den antrag der abwahl der klägerin als beigeordnete erreicht worden sei, und kündigte an, dass die abstimmung für die abberufung in der sitzung des rats am 15. dezember 2020 ohne vorherige aussprache erfolgen werde. 7am 15. dezember 2020 beschloss der rat der beklagten in öffentlicher sitzung zum tagesordnungspunkt 5 „antrag auf abberufung der beigeordneten“ sodann ohne aussprache mit einer mehrheit von 40 stimmen von 48 anwesenden mitgliedern, die klägerin als beigeordnete abzuberufen und diese abberufung mit sofortiger wirkung zu vollziehen. die abstimmung fand geheim statt, da auf einen entsprechenden antrag der cdu-fraktion hin 21 ratsmitglieder für eine geheime abstimmung stimmten. 8durch bescheid vom 16. dezember 2020, zugestellt am 22. dezember 2020, teilte der bürgermeister der beklagten der klägerin den inhalt des abberufungsbeschlusses des rats vom 15. dezember 2020 mit und verfügte u.a.: „hiermit versetze ich sie gemäß § 30 abs. 1 beamtstg und § 38 lbg nrw in den einstweiligen ruhestand. der ruhestand beginnt mit dem ende des monats, in dem ihnen diese verfügung zugestellt worden ist.“ 9am 22. januar 2021 hat die klägerin klage erhoben. 10sie hält ihre abberufung als beigeordnete und damit auch die verfügung über ihre versetzung in den einstweiligen ruhestand für rechtswidrig. im wesentlichen macht sie geltend, dass das durchgeführte abberufungsverfahren an fehlern leide, die aus dem umstand herrührten, dass der antrag auf abberufung von mitgliedern des rats aus der vorherigen wahlperiode gestellt worden sei, die abstimmung über den abberufungsantrag anschließend hingegen durch den aktuellen rat erfolgt sei. zwar gelte für den rat mangels parlamentseigenschaft grundsätzlich nicht der diskontinuitätsgrundsatz, jedoch sei sowohl dem wortlaut des § 71 abs. 7 sätze 1 bis 3 go nrw als auch dem sinn und zweck der in § 71 abs. 7 satz 3 go nrw geregelten sog. abkühlungsfrist zu entnehmen, dass der antrag auf abberufung aus dem kreis der mitglieder „des rats“ erfolgen müsse, der auch die abstimmung über die abberufung vornehme. vor dem hintergrund, dass der aktuelle rat, der über die abberufung abgestimmt habe, aus 48 (und nicht mehr 46) ratsmitgliedern zuzüglich des bürgermeisters bestehe, sei der kurz vor ende der wahlperiode eingebrachte und von 24 mitgliedern unterschriebene antrag auch nicht „von der mehrheit der gesetzlichen zahl der mitglieder“ (§ 71 abs. 7 satz 2 go nrw) „des rats“ gestellt worden. darüber hinaus habe sich der abberufungsantrag gem. § 71 abs. 7 satz 2 go nrw angesichts seiner eigenschaft als sog. mandatsbezogener antrag mit ablauf der wahlperiode des vorherigen rats am 31. oktober 2020 erledigt. daneben weist die klägerin darauf hin, dass mit ihrer abwahl ein gegebenenfalls mit der go nrw nicht zu vereinbarender zweck verfolgt worden sei, nämlich die zügige sicherstellung einer verantwortlichen führung der einzelnen dezernate durch abwahl und neubesetzung trotz schwebenden verfahrens; die klägerin habe ihren aufgaben aber allein deshalb nicht mehr nachkommen können, weil sie ein rechtswidriges verbot der führung der dienstgeschäfte erhalten habe. 11die klägerin beantragt, 12den bescheid der beklagten vom 16. dezember 2020 aufzuheben. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15sie ist – wie die klägerin – der auffassung, dass der diskontinuitätsgrundsatz für den rat nicht gilt, und tritt dem vorbringen der klägerin im übrigen entgegen. dabei führt sie aus, dass die 6-wochen-frist gem. § 71 abs. 7 satz 3 go nrw selbst dann eingehalten worden sei, wenn man einen neuen lauf der frist für die neuen ratsmitglieder annehmen würde. diese hätten bereits bei amtsantritt am 1. november 2020 von dem abberufungsantrag kenntnis gehabt; zudem sei in der konstituierenden sitzung am 3. november 2020 allen anwesenden der antrag durch den bürgermeister nochmals vorgestellt worden. weiter trägt die beklagte vor, dass auch sonst kein grund ersichtlich sei, weshalb die neuen ratsmitglieder nicht an den in der vorherigen wahlperiode rechtmäßig gestellten abberufungsantrag anknüpfen können sollten; die von der klägerin aufgeworfene unterscheidung in mandatsbezogene anträge und andere anträge existiere nicht. ferner sei die ausführung der klägerin, mit der abwahl werde gegebenenfalls ein mit der go nrw nicht zu vereinbarender zweck verfolgt, eine behauptung ins blaue hinein und ungeachtet dessen finde eine inhaltliche kontrolle durch die gerichte insoweit auch nicht statt. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte zum hier gegenständlichen verfahren, den inhalt der gerichtsakte zum verfahren 26 k 3955/20 sowie den inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 17 | 18die zulässige klage ist unbegründet. der bescheid der beklagten vom 16. dezember 2020 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo –). 19der angefochtene bescheid findet seine rechtsgrundlage in § 71 abs. 7 go nrw i.v.m. §§ 119 abs. 3 satz 1, 38 des landesbeamtengesetzes (lbg nrw). 20gemäß § 71 abs. 7 satz 1 go nrw kann der rat beigeordnete abberufen. beim verfahren der abberufung sind die in § 71 abs. 7 sätze 2 bis 5 go nrw enthaltenen formellen vorgaben zu wahren. so kann der antrag auf abberufung nur von der mehrheit der gesetzlichen zahl der mitglieder gestellt werden (satz 2), zwischen dem eingang des antrags und der sitzung des rats muss eine frist von mindestens sechs wochen liegen (satz 3), über den antrag ist ohne aussprache abzustimmen (satz 4) und der beschluss über die abberufung bedarf einer mehrheit von zwei dritteln der gesetzlichen zahl der mitglieder (satz 5). 21die verfügung des bürgermeisters, mit der die abberufung eines beigeordneten durch den rat bekannt gegeben wird, bewirkt beamtenrechtlich, dass der beigeordnete, der gemäß § 71 abs. 1 satz 2 go nrw kommunaler wahlbeamter ist, nach § 119 abs. 3 satz 1 i.v.m. § 38 lbg nrw in den einstweiligen ruhestand versetzt wird. 22vgl. auch kallerhoff, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nordrhein-westfalen, 18. edition, stand: dezember 2021, § 71 rn. 51; plückhahn, in: held u.a., pdk b 1 nw, stand: september 2020, § 71 go nrw erl. 11.5.4. 23gemäß § 119 abs. 3 satz 1 lbg nrw findet auf die übrigen kommunalen wahlbeamtinnen und wahlbeamten – gemeint sind andere kommunale wahlbeamte als bürgermeister und landräte – im falle der abberufung oder abwahl u.a. § 38 lbg nrw entsprechende anwendung. nach § 38 satz 1 lbg nrw beginnt der einstweilige ruhestand, wenn nicht im einzelfall ausdrücklich ein späterer zeitpunkt festgelegt wird, mit dem zeitpunkt, in dem die versetzung in den einstweiligen ruhestand der beamtin oder dem beamten bekannt gegeben wird, spätestens jedoch mit dem ende der drei monate, die auf den monat der bekanntgabe folgen. 24die in § 71 abs. 7 go nrw normierte abberufungsmöglichkeit für beigeordnete ist sowohl mit den hergebrachten grundsätzen des berufsbeamtentums (art. 33 abs. 5 des grundgesetzes – gg –) als auch mit sonstigen beamtenrechtlichen vorschriften vereinbar. 25vgl. ovg nrw, beschluss vom 28. februar 1995 – 15 b 2556/94 –, juris, rn. 17 ff. (in bezug auf § 49 abs. 4 go nrw a.f.); vg düsseldorf, urteil vom 18. januar 2019 – 26 k 12660/17 –, juris, rn. 31; vgl. zudem bverwg, beschluss vom 22. september 1992 – 7 b 40.92 –, juris, rn. 3 m.w.n., sowie ferner bverfg, beschluss vom 24. april 2018 – 2 bvl 10/16 –, juris, rn. 41 (jeweils allgemein bzgl. einer kommunalverfassungsrechtlichen bestimmung der abberufungsmöglichkeit eines kommunalen wahlbeamten). 26dabei ist, was auch folgerungen für die gerichtliche überprüfung der abberufungsentscheidung hat, anerkannt, dass diese entsprechend der gesetzlichen regelung an keinen bestimmten gesetzlichen tatbestand gebunden ist, sondern rechtmäßigerweise schon dann ergehen kann, wenn zwischen der gemeindevertretung und dem beigeordneten nicht mehr das für wünschenswert gehaltene vertrauen besteht. maßgeblich für die beurteilung der rechtmäßigkeit der abberufungsentscheidung, die keiner begründung bedarf und diese praktisch „in sich selbst“ trägt, ist demgemäß allein die – bereits in der abberufung selbst zum ausdruck kommende – tatsache des vertrauensverlustes; auf die gründe, die zu diesem vertrauensverlust geführt haben, kommt es grundsätzlich nicht an. das „kommunalpolitische umfeld“ einer abberufungsentscheidung einschließlich der für die einzelnen ratsmitglieder maßgeblichen motive entzieht sich der rechtlichen qualifikation und kategorisierung und ist daher für die beurteilung der abberufungsentscheidung grundsätzlich ohne bedeutung. infolgedessen erstreckt sich die gerichtliche kontrolle allein darauf, ob sich mit der abberufung verfassungswidrige oder sonstige mit dem gesetz nicht zu vereinbarende zwecke verbinden, sowie darauf, ob die abberufungsentscheidung auf formfehlern oder verfahrensfehlern beruht, auf die sich der abberufene berufen kann. 27vgl. bverwg, beschluss vom 22. september 1992 – 7 b 40.92 –, juris, rn. 3; ovg nrw, beschluss vom 28. februar 1995 – 15 b 2556/94 –, juris, rn. 21; vg düsseldorf, urteil vom 18. januar 2019 – 26 k 12660/17 –, juris, rn. 33; paal, in: rehn u.a., kommentar zur go nrw, bd. i, 53. el 2021, § 71 rn. 32. 28unter zugrundelegung dieses maßstabs hält die abberufungsentscheidung des rats der beklagten einer rechtlichen überprüfung stand. 29die abberufungsentscheidung leidet nicht an form- oder verfahrensfehlern, auf die sich die klägerin berufen kann. dies gilt namentlich mit blick auf die verfahrensvorgaben des § 71 abs. 7 sätze 2 bis 5 go nrw sowie unter berücksichtigung des umstands der antragstellung durch mitglieder des rats aus der vorherigen wahlperiode und der anschließenden abberufung durch den derzeitigen rat. 30zunächst lag der gemäß § 71 abs. 7 satz 2 go nrw erforderliche abberufungsantrag von der mehrheit der gesetzlichen zahl der mitglieder des rats mit dem antrag durch insgesamt 24 mitglieder des rats, die jenen im wege mehrerer gleichgerichteter, jeweils persönlich unterzeichneter und bis zum 30. oktober 2020 beim bürgermeister der beklagten eingegangener schreiben stellten, vor. es ist zulässig, dass die beantragung der abberufung durch mehrere schriftstücke außerhalb einer ratssitzung erfolgt ist. aus der vorgabe des § 71 abs. 7 satz 2 go nrw, dass der abberufungsantrag von der mehrheit der gesetzlichen zahl der mitglieder des rats gestellt wird, lässt sich nicht herleiten, dass ein solcher nur zugleich und in einer antragsschrift eingebracht werden kann. 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 28. februar 1995 – 15 b 2556/94 –, juris, rn. 24; plückhahn, in: held u.a., pdk b 1 nw, stand: september 2020, § 71 go nrw erl. 11.2. 32die vorgabe der antragstellung durch die mehrheit der gesetzlichen zahl der mitglieder des rats ist mit 24 unterzeichnern erfüllt, da der rat in der damaligen zusammensetzung aus 46 gewählten mitgliedern zuzüglich des bürgermeisters als mitglied kraft gesetzes bestand (vgl. § 40 abs. 2 satz 2 go nrw). 33vgl. dazu, dass zu der gesetzlichen zahl der mitglieder (ebenso wie zu den zur antragstellung berechtigten) im sinne des § 71 abs. 7 satz 2 go nrw im einklang mit § 40 abs. 2 satz 2 go nrw auch der bürgermeister zählt, nur kallerhoff, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nordrhein-westfalen, 18. edition, stand: dezember 2021, § 71 rn. 46; plückhahn, in: held u.a., pdk b 1 nw, stand: september 2020, § 71 go nrw erl. 11.2. 34entgegen der auffassung der klägerin kommt es als bezugsgröße zur bestimmung des mehrheitsverhältnisses gem. § 71 abs. 7 satz 2 go nrw allein auf diese gesetzliche zahl der mitglieder des rats in der vorherigen wahlperiode und nicht auf diejenige des derzeitigen rats an. auch wenn der derzeitige rat bereits am 13. september 2020 gewählt worden ist, dauerte bis zum 31. oktober 2020 und damit auch im zeitpunkt der antragstellung am 30. oktober 2020 noch die wahlperiode des vorherigen rats an, während die wahlperiode des neuen rats erst am 1. november 2020 begann (vgl. art. 5 § 2 des gesetzes zur stärkung der kommunalen demokratie vom 9. april 2013 – gv.nrw. s. 194 – in der fassung des art. 2 des gesetzes vom 1. oktober 2013 – gv.nrw. s. 564 –; ferner § 14 abs. 2 des kommunalwahlgesetzes – kwahlg nrw). 35weiter wurde im vorliegenden abberufungsverfahren die von § 71 abs. 7 satz 3 go nrw vorgeschriebene frist von mindestens sechs wochen zwischen dem eingang des antrags und der sitzung des rats, in der über die abberufung abgestimmt wird, eingehalten, da die ratssitzung erst am 15. dezember 2020 und damit sechs wochen und einige tage nach dem eingang des abberufungsantrags am 30. oktober 2020 stattfand. die abstimmung über den antrag erfolgte im einklang mit der vorgabe des § 71 abs. 7 satz 4 go nrw auch ohne aussprache. ferner wurde der beschluss über die abberufung mit der nach § 71 abs. 7 satz 5 go nrw erforderlichen mehrheit von zwei dritteln der gesetzlichen zahl der mitglieder gefasst, nämlich mit 40 stimmen der insgesamt 49 gesetzlichen mitglieder des am 3. november 2020 erstmals zusammengetretenen rats (48 gewählte mitglieder zuzüglich bürgermeister). 36die abberufungsentscheidung konnte auch durch den aktuellen rat erfolgen, obwohl der antrag zur abberufung noch von mitgliedern des rats in der vorherigen wahlperiode gestellt wurde. der abberufungsantrag hat sich nicht mit dem ende der wahlperiode des damaligen rats erledigt, sodass es vor der abstimmung über die abberufung in der ratssitzung keiner erneuten einbringung des antrags durch mitglieder des derzeitigen rats bedurfte. wie von den beteiligten zutreffend vorgetragen, ist für den rat der beklagten der im parlamentsrecht geltende grundsatz der materiellen diskontinuität, wonach mit dem ablauf der wahlperiode gesetzesvorlagen, anträge und anfragen ihre erledigung finden, nicht anwendbar. denn der rat der beklagten ist als rat einer gemeinde in nordrhein-westfalen kein parlament, sondern organ der gemeindeverwaltung. 37vgl. ovg nrw, urteil vom 29. märz 1971 – ii a 1315/68 –, dvbl. 1971, 660 ff. (661 ff.); frenzen, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nordrhein-westfalen, 18. edition, stand: dezember 2021, § 40 rn. 6 f.; paal, in: rehn u.a., kommentar zur go nrw, bd. i, 53. el 2021, § 42 rn. 18; smith, in: kleerbaum/palmen, kommentar zur go nrw, 3. aufl. 2017, § 40 erl. iv.2.; wansleben, in: held u.a., pdk b 1 nw, stand: september 2020, § 40 go nrw erl. 2. 38damit ist der rat ein kontinuierliches organ, 39vgl. bverwg, urteil vom 5. juli 2012 – 8 c 22.11 –, juris, rn. 28; smith, in: kleerbaum/palmen, kommentar zur go nrw, 3. aufl. 2017, § 40 erl. iv.2., 40und es gilt anstelle des grundsatzes der materiellen diskontinuität vielmehr der grundsatz der materiellen kontinuität der wahlperioden. das bedeutet, dass der rat in einer neuen wahlperiode eingeleitete beschlussverfahren, satzungsverfahren und vorlagen in dem verfahrensstadium weiterführt, in dem sie sich bei ablauf der vorherigen wahlperiode befanden. 41vgl. smith, in: kleerbaum/palmen, kommentar zur go nrw, 3. aufl. 2017, § 42 erl. ix. 42das gilt auch für das abberufungsverfahren nach § 71 abs. 7 go nrw, das somit hier durch den rat der beklagten in der aktuellen wahlperiode fortgesetzt werden konnte. etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass hinsichtlich anträgen für tagesordnungspunkte oder zur einberufung von ratssitzungen angenommen wird, dass diese mandatsbezogen sind und sich deshalb mit ablauf der wahlperiode erledigen. 43vgl. dazu frenzen, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nordrhein-westfalen, 18. edition, stand: dezember 2021, § 42 rn. 18; smith, in: kleerbaum/palmen, kommentar zur go nrw, 3. aufl. 2017, § 42 erl. ix. 44zwar war mit dem gegenüber dem bürgermeister gestellten antrag, die klägerin als beigeordnete abzuberufen, auch der antrag auf aufnahme dieses tagesordnungspunktes in die tagesordnung der nächsten ratssitzung verbunden. dieser antrag zur tagesordnung war in der vorliegenden konstellation aber ein bloßer annex zum eigentlichen abberufungsantrag und hätte nicht einmal ausdrücklich gestellt werden müssen. vielmehr folgt bereits aus dem abberufungsantrag selbst die verpflichtung des bürgermeisters, bei vorliegen der formalen voraussetzungen den antrag ohne weitere inhaltliche prüfung auf die tagesordnung der nächsten tagesordnung zu setzen. 45vgl. kallerhoff, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nordrhein-westfalen, 18. edition, stand: dezember 2021, § 71 rn. 48; keller, in: kleerbaum/palmen, kommentar zur go nrw, 3. aufl. 2017, § 71 erl. xi.1. 46in keinem fall hatte eine mögliche erledigung des antrags zur tagesordnung mithin auswirkungen auf die fortgeltung des abberufungsantrags nach ende der wahlperiode des vorherigen rats. der abberufungsantrag selbst ist hingegen – anders als die klägerin meint – kein mandatsbezogener antrag im zuvor dargelegten sinne. er ist nicht mit denen als mandatsbezogene anträge qualifizierten anträgen für tagesordnungspunkte oder zur einberufung von ratssitzungen vergleichbar. der abberufungsantrag gem. § 71 abs. 7 satz 2 go nrw ist nicht nur ausdruck der ausübung von rechten und interessen einzelner mandatsträger, sondern erfordert vielmehr zwingend eine unterstützung durch die mehrheit der mitglieder des rats und damit einen für das organ rat repräsentativen vertrauensverlust gegenüber dem beigeordneten. zudem ist der rechtscharakter des abberufungsantrags ein gänzlich anderer. während mit anträgen einzelner ratsmitglieder zur tagesordnung oder zur einberufung von ratssitzungen auf die diesbezüglich originär dem bürgermeister obliegende gestaltung des verfahrens der ratssitzungen einfluss genommen werden kann (vgl. §§ 47 abs. 1, 48 abs. 1 go nrw), ist der abberufungsantrag zwingende voraussetzung für die einleitung eines materiell-rechtlichen verfahrens des rats, das mit einem beschluss des rats endet. 47entgegen der auffassung der klägerin ist weiter auch weder dem wortlaut des § 71 abs. 7 sätze 1 bis 3 go nrw noch dem sinn und zweck der von § 71 abs. 7 satz 3 go nrw vorgeschriebenen 6-wochenfrist zu entnehmen, dass die abberufungsentscheidung von der gewählten gemeindevertretung getroffen werden muss, der die antragsteller angehören. vielmehr streitet auch eine auslegung des § 71 abs. 7 go nrw für die zulässigkeit der fortsetzung des durch den von mitgliedern des rats in der vorherigen wahlperiode gestellten abberufungsantrag eingeleiteten abberufungsverfahrens durch den rat in der nachfolgenden wahlperiode. soweit in § 71 abs. 7 go nrw von „dem rat“ gesprochen wird, hat der gesetzgeber mit dieser formulierung die gleiche wortwahl gewählt wie bei vielen anderen vorschriften der go nrw auch (vgl. nur §§ 40 abs. 2, 41 go nrw), in denen mit dieser begrifflichkeit zweifelsohne der rat als (kontinuierliches) organ der gemeinde beschrieben wird. die frist des § 71 abs. 7 satz 3 go nrw hat als sog. abkühlungsfrist den sinn und zweck, die antragsteller zu veranlassen, ihr unter umständen vorschnell eingebrachtes abberufungsverlangen zu überdenken. damit dient die vorschrift dem interesse der allgemeinheit an einer verhinderung kostspieliger fehlentscheidungen; eine längere vorbereitungszeit der übrigen ratsmitglieder für die meinungsbildung wird mit der regelung hingegen nicht bezweckt. 48vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. dezember 1989 – 15 b 3104/89 –, juris, rn. 9 ff. (in bezug auf § 49 abs. 4 go nrw a.f.); kallerhoff, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nordrhein-westfalen, 18. edition, stand: dezember 2021, § 71 rn. 48; plückhahn, in: held u.a., pdk b 1 nw, stand: september 2020, § 71 go nrw erl. 11.3.; a.a. paal, in: rehn u.a., kommentar zur go nrw, bd. i, 53. el 2021, § 71 rn. 33. 49dieser sinn und zweck der abkühlungsfrist wird auch dann noch gewahrt, wenn – wie vorliegend der fall – einige der antragsteller dem rat, der die abberufungsentscheidung trifft, nicht mehr angehören (hier acht von 24). bezüglich der antragsteller, die auch mitglieder des rats in der derzeitigen wahlperiode sind, entfaltet die sechswöchige frist ohne einschränkungen ihren sinn und zweck. für die ausgeschiedenen mitglieder des rats ist die frist zwar wirkungslos; da sie aber nicht mehr abstimmungsberechtigt sind, können sie eine abberufung schon gar nicht mehr bewirken. angesichts dessen ist es auch unerheblich, dass sie – anders als die im rat verbliebenden antragsteller – den antrag nicht mehr zurücknehmen können. sind die sonstigen mitglieder des rats, an die sich die abkühlungsfrist wie aufgezeigt allerdings schon gar nicht richtet, mit einer abberufung des beigeordneten (mangels ausreichendem vertrauensverlust) nicht einverstanden und wollen diese verhindern, steht es ihnen frei, in der abstimmung über die abberufung (in ausreichender anzahl) gegen die abberufung zu stimmen. 50auch anhaltspunkte für sonstige verstöße gegen verfahrens- oder formvorschriften sind nicht gegeben. insbesondere fand die abberufung der klägerin im einklang mit § 48 abs. 2 satz 1 go nrw in öffentlicher sitzung statt und die abstimmung über die abberufung erfolgte geheim, da dies insgesamt 21 ratsmitglieder beantragten und somit das gem. § 50 abs. 1 satz 5 go nrw erforderliche quorum von einem fünftel der mitglieder des rats erreicht war. 51weiter ist nicht ersichtlich, dass mit der abberufung der klägerin verfassungswidrige oder sonstige mit dem gesetz nicht zu vereinbarende zwecke verbunden worden sein könnten. soweit die klägerin geltend macht, mit ihrer abwahl (und einer anschließenden neubesetzung der stelle) sei die zügige sicherstellung einer verantwortlichen führung des dezernats trotz schwebenden verfahrens verfolgt worden, mag dies tatsächlich ein politisch begründetes motiv einiger ratsmitglieder bei ihrer votierung für die abberufung der klägerin gewesen sein. dies legen auch die in den verwaltungsvorgängen der beklagten enthaltenen zeitungsartikel über die abberufung der klägerin sowie die niederschrift über ein interfraktionelles gespräch am 9. oktober 2020 nahe. dieser umstand ist unter anwendung der oben genannten grundsätze für die beurteilung der die tatsache des vertrauensverlusts in sich tragenden abberufungsentscheidung jedoch irrelevant, entziehen sich (kommunalpolitische) erwägungen der ratsmitglieder gerade der rechtlichen qualifikation und kategorisierung. anders als die klägerin vorträgt, geht mit ihrer abberufung selbst bei einbeziehung eines solchen kommunalpolitischen motivs auch keine mit der go nrw nicht zu vereinbarende zweckverfolgung einher. ein ausdrücklicher verstoß gegen normen dieses gesetzes ist insoweit ebenso wenig erkennbar wie eine unvereinbarkeit mit sinn und zweck des § 71 go nrw sowie der sonstigen für beigeordnete relevanten vorschriften der go nrw. für die annahme der verfolgung von mit dem gesetz nicht zu vereinbarenden zwecken bräuchte es vielmehr eine rechtsmissbräuchliche motivlage wie zum beispiel dergestalt, dass eine „bestrafung“ für eine pflichtgemäße ausübung des amts begehrt wird. 52vgl. bverwg, beschluss vom 22. september 1992 – 7 b 40.92 –, juris, rn. 3. 53eine solche motivlage ist bei der vorliegenden sachverhaltskonstellation aber mehr als fernliegend. schließlich stand hier das abberufungsverfahren in unmittelbarem zeitlichem zusammenhang mit der das vertrauen zwischen der gemeindevertretung und der klägerin naturgemäß beeinflussenden gegebenheit der staatsanwaltschaftlichen ermittlung gegen die klägerin wegen des verdachts der untreue, die sie in ihrer funktion als leiterin des „dienstleistungsbetriebs stadt s. “ in mehreren fällen begangen haben soll. 54da die abberufungsentscheidung nicht zu beanstanden ist und auch ansonsten die angefochtene verfügung über die versetzung in den einstweiligen ruhestand nicht an fehlern leidet, bestehen insgesamt keine bedenken gegen die rechtmäßigkeit dieser verfügung. 55die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 709 sätze 1, 2 der zivilprozessordnung (zpo). 56gründe für die zulassung der berufung nach §§ 124a abs. 1 satz 1, 124 abs. 2 nr. 3, 4 vwgo liegen nicht vor. insbesondere hat die rechtssache keine grundsätzliche bedeutung im sinne des § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo. zu den aufgeworfenen rechtsfragen liegt zwar – soweit ersichtlich – keine höchstrichterliche oder obergerichtliche rechtsprechung vor. sie lassen sich aber ohne weiteres aus dem gesetz beantworten. 57rechtsmittelbelehrung: 58gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 59auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 60innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 61die berufung ist nur zuzulassen, 621. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 632. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 643. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 654. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 665. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 67die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 68über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 69im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 70die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 71beschluss: 72der streitwert wird auf 91.597,32 euro festgesetzt. 73gründe: 74die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 6 satz 1 nr. 1, sätze 2 und 3 des gerichtskostengesetzes (gkg) erfolgt. für die berechnung der summe der für ein kalenderjahr zu zahlenden bezüge im sinne von § 52 abs. 6 satz 1 nr. 1 gkg ist vorliegend das grundgehalt der besoldungsgruppe a 16 in der erfahrungsstufe 12 in höhe von 7.633,11 euro monatlich zugrunde zu legen. danach ergibt sich ein streitwert von (7.633,11 euro x 12 =) 91.597,32 euro. 75rechtsmittelbelehrung: 76gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 77auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 78die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 79die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 80die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 81war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 4 K 374/21 Erb | 2022-01-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die erbschaftsteuerliche Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 521.521 €. 3Der Kläger ist Alleinerbe seines am 30.6.2019 verstorbenen Vaters V (Erblasser). 4Der Kläger und sein Vater waren im Verhältnis 80 zu 20 unter anderem an zwei GbR beteiligt, namentlich an der Grundstücksgesellschaft A und an der Grundstücksgesellschaft B. Eine der beiden GbR war Inhaberin eines Erbbaurechts an dem aus den Flurstücken der Gemarkung C Nr. 0000/00, 0000/01 und 0000/02 bestehenden Grundstück (00000 C-Stadt, ...straße 01, 02, 03, 04, 05, 06, 07 und 08, D Straße 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 11). Dabei ließ sich dem Grundbuch aufgrund der früheren Auffassung zur fehlenden Rechtsfähigkeit der GbR nicht mit Sicherheit entnehmen, welche der beiden GbR Rechtsinhaberin war. Mit notariellem Vertrag vom 27.11.2018 (Urkunden Nr. 0000/2018, dort § 8) räumten die GbR der Z-Bank E-Stadt .. (Z-Bank) das unwiderrufliche Recht ein, das Erbbaurecht zu einem Gesamtkaufpreis von 8.200.000 € zu erwerben. Das Recht konnte erstmalig zum 31.10.2019 und letztmals zum 30.6.2020 ausgeübt werden. 5Nach dem Tod des Erblassers und entsprechender Anwachsung der GbR-Vermögen an den Kläger erklärte die Z-Bank mit Schreiben vom 9.10.2019 die Optionsausübung. Der Kläger und die Z-Bank schlossen sodann am 12.11.2019 einen notariellen Kaufvertrag über das Erbbaurecht mit dinglicher Einigung (Urkunde Nr. 0000/2019). Das Erbbaurecht war zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch lediglich mit Grundschulden zugunsten der Y-Bank belastet. Der Kaufpreis war nach § 3 Abs. 2, Abs. 3 der notariellen Urkunde bis zum 20.12.2019 zu Gunsten der Grundschuldgläubigerin und im Übrigen zugunsten des Klägers zahlbar. 6Mit an den beurkundenden Notar gerichtetem Schreiben vom 18.11.2019 teilte die X-Bank, frühere Eigentümerin der Y-Bank, unter Bezugnahme auf die Urkunde Nr. 0000/2019 mit, dass sich ihre Forderung zum 20.12.2019 auf 7.076.501,23 € belaufe. Darin enthalten war eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 651.902,49 €. 7Auf Aufforderung des Beklagten reichte der Kläger am 3.7.2020 eine Erbschaftsteuererklärung ein. Hierin wies er eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 521.521 € (651.902,49 € × Beteiligungsquote des Erblassers von 80 %) als Nachlassverbindlichkeit aus. 8Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 2.11.2020 setzte der Beklagte gegen den Kläger Erbschaftsteuer i.H.v. 1.863.929 € fest. Dabei ließ er die Vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt und führte aus, diese sei nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Sie sei weder bereits durch den Verstorbenen verursacht noch unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstanden. Ein Optionsvertrag sei noch kein Kaufvertrag, sondern nur ein Verkaufsversprechen, von welchem der Kläger habe zurücktreten können. Zudem sei der Kläger auch nicht verpflichtet gewesen, das Darlehen vorzeitig abzulösen. 9Hiergegen legte der Kläger am 27.11.2020 Einspruch ein und führte zur Begründung an: Die Kaufoption sei frist- und formgerecht ausgeübt worden. Er habe keine Möglichkeit gehabt, zurückzutreten. Aus dem Schreiben der X-Bank gehe eindeutig hervor, dass er keine Alternative gehabt habe, als das Darlehen abzulösen. Denn der Notar habe über die Grundbucherklärung nur nach der Darlehensrückzahlung einschließlich der Vorfälligkeitsentschädigung verfügen dürfen. Der Notar habe den Erwerber angewiesen, den angeforderten Betrag einschließlich der Vorfälligkeitsentschädigung an die X-Bank zu überweisen. Er habe sich gegen die 2018 eingeräumte Option nicht mehr wehren können und die Vorfälligkeitsentschädigung sei Teil des abzulösenden Darlehens gewesen, ohne das der Kaufvertrag nicht habe durchgeführt werden können. Die Lastenfreistellung in Abteilung III des Grundbuchs sei Voraussetzung gewesen. Er sei daher um die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung durch die Erbschaft nicht bereichert. 10Mit Einspruchsentscheidung vom 19.1.2021 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufrechterhalten. Zur Begründung führte er aus: Der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten setze voraus, dass die Verbindlichkeiten rechtlich bestanden und den Erblasser im Todeszeitpunkt wirtschaftlich belastet hätten. Eine wirtschaftliche Belastung des Erblassers habe im Todeszeitpunkt aber nicht vorgelegen, da die Kaufoption erst nach dessen Tod ausgeübt worden sei. Im Todeszeitpunkt habe der Kläger nicht sicher davon ausgehen können, dass die Kaufoption ausgeübt werde. Wäre die Kaufoption durch die Z-Bank nicht ausgeübt worden, wäre eine vorzeitige Ablösung der von der X-Bank gewährten Darlehen nicht nötig gewesen und eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht angefallen. 11Hiergegen hat der Kläger am 19.2.2021 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen an: Der Bundesfinanzhof (BFH) habe seine Rechtsprechung zuletzt dem Bundesgerichtshof (BGH) angeglichen. Der BGH gehe davon aus, dass auch unfertige Rechtsbeziehungen nach § 1967 des Bürgerlichen Gesetzbuches auf den Erben übergingen, wenn hierfür bereits ein sicherer Rechtsboden bereitet sei. Dieser Betrachtungsweise sei nach der auch etwa von Fumi in von Oertzen/Loose, vertretenen Auffassung auch für § 10 Abs. 5 Nr. 1 Halbsatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu folgen. Der BFH habe nunmehr zu Einkommensteuerschulden des Erblassers entschieden, dass diese auch dann abzugsfähig seien, wenn sie nur deshalb rechtlich nicht entstanden seien, weil der Erblasser vor Eintritt der entsprechenden Voraussetzungen verstorben sei. Dem Erblasser seien zum Zeitpunkt der Einräumung des Optionsrechtes die Optionstermine, die Kreditlaufzeiten und die daraus resultierende Vorfälligkeitsentschädigung klar gewesen. Der Erblasser habe also zu Lebzeiten alles dafür getan, dass die Verpflichtung auch für ihn, den Erblasser, selbst entstanden wäre, wenn er nicht vor Eintritt der nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre. Er, der Kläger, habe als Erbe keine alternativen Handlungsmöglichkeiten gehabt. 12Der Kläger beantragt, 13141. den Erbschaftsteuerbescheid vom 2.11.2020 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.1.2021 dahingehend zu ändern, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung von 521.521 € als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt wird; 152. hilfsweise, die Revision zuzulassen. 16Der Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Er beruft sich auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus: Der Optionsvertrag stelle eine Art Vorvertrag dar, der aber noch keine Veräußerung des Grundvermögens zum Inhalt gehabt habe. Der Kläger könne sich nicht auf den Standpunkt stellen, dass der Grundstückskaufvertrag schon vor der Optionsausübung so zu behandeln sei, als habe bereits im Besteuerungszeitpunkt festgestanden, dass die Option auch ausgeübt werde. Das Optionsrecht wirke wie eine aufschiebende Bedingung, so dass erst mit seiner Ausübung die Grundstückveräußerung erfolge. Zuvor sei das Rechtverhältnis so zu berücksichtigen, als wenn das bestehende Optionsrecht nicht ausgeübt worden sei. Erst mit Abschluss des Kaufvertrages sei die Verpflichtung zur Ablösung der Darlehen ausgelöst worden und erst hierdurch bedingt sei die Verpflichtung zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung entstanden. 19Die Rechtsprechung der BFH zu Einkommensteuerschulden des Erblassers lasse sich auf den hiesigen Fall nicht übertragen. Der BFH habe den Abzug von im Todesjahr entstandenen Steuerschulden bejaht, weil bereits festgestanden habe, dass die Steuerschuld mit Ablauf des Jahres kraft Gesetzes entstehe. Es komme dann nicht darauf an, dass die Belastung der Höhe nach noch nicht genau feststehe. Vorliegend habe eine Belastung im Todeszeitpunkt aber noch nicht bestanden. Die Option sei im Todeszeitpunkt noch nicht ausgeübt worden und der Erblasser habe auch nicht sicher davon ausgehen können, dass dies geschehe. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). 22Die streitgegenständliche Vorfälligkeitsentschädigung ist weder nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG (I.) noch nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG (II.) zu berücksichtigen. 23I. Die Vorfälligkeitsentschädigung unterfällt nicht § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG. Nach dieser Regelung sind die „vom Erblasser herrührenden Schulden“ abzugsfähig. 24Die in Rede stehende Verbindlichkeit war im Todeszeitpunkt rechtlich noch nicht entstanden. Aufgrund der maßgeblichen zivilrechtlichen Betrachtungsweise fehlt es damit im Grundsatz an einer im Besteuerungszeitpunkt bestehenden „Schuld“ i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG (Fumi in von Oertzen/Loose, 2. Aufl. 2020, § 10 ErbStG, Rn. 51, 54). Es ist auch nicht von einer rechtlich entstandenen und durch die Optionsausübung aufschiebend bedingten Verbindlichkeit auszugehen. Denn durch die bloße Optionsausübung entsteht die Verpflichtung zur Vorfälligkeitsentschädigung rechtlich noch nicht. Sie ergibt sich vielmehr als bloße wirtschaftliche (wenn auch zwingende) Folge und wird vermittelt durch den abzuschließenden Kaufvertrag und die vorzeitige Darlehensablösung. Ebenso wenig handelt es sich um ein schwebendes Geschäft, bei dem der Erblasser bereits eine Verpflichtung eingegangen wäre (vgl. hierzu etwa BFH, Urteil v. 6.3.1990 – II R 63/87, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1990, 504, Rn. 38 ff.). 25Aus der Formulierung „vom Erblasser herrührend“ ergibt sich nach der Rechtsprechung des BFH allerdings, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen. Vielmehr gehören dazu auch die erst in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die als solche schon dem Erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor Eintritt der zu ihrer Entstehung nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre (BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2021, 1014, Rn. 16). Nach der zu Einkommensteuerschulden des Erblassers ergangenen Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 4.7.2012 – II R 15/11, BStBl. II 2012, 790, Rn. 13 ff.; Urteil v. 11.7.2019 – II R 36/16, BStBl. II 2020, 391, Rn. 16 ff.) können daher auch Verbindlichkeiten abzugsfähig sein, die im Todeszeitpunkt rechtlich noch nicht entstanden waren (sog. „verhaltene“, noch werdende Rechtsbeziehungen). Voraussetzung ist, dass die Schulden eine wirtschaftliche Belastung darstellen (BFH, Urteil v. 4.7.2012 – II R 15/11, BStBl. II 2012, 790, Rn. 17). An einer wirtschaftlichen Belastung soll es zwar fehlen, wenn bei objektiver Würdigung der Verhältnisse in diesem Zeitpunkt nicht damit gerechnet werden konnte, dass der Gläubiger seine Forderung geltend machen werde (BFH, Urteil v. 11.7.2019 – II R 36/16, BStBl. II 2020, 391, Rn. 17). Andererseits soll eine später eintretende wirtschaftliche Belastung bei Schulden, die vom Erblasser herrühren, als rückwirkendes Ereignis zu berücksichtigen sein und den Erwerb mindern (BFH, Urteil v. 11.7.2019 – II R 36/16, BStBl. II 2020, 391, Rn. 29 f.). 26Diese Rechtsprechung lässt sich auf den hiesigen Fall indes nicht übertragen. Der BFH stellt maßgeblich darauf ab, dass der Erblasser die zur Steuerentstehung erforderlichen Tatbestände i.S.d. § 38 der Abgabenordnung (AO) selbst verwirklicht hat (BFH, Urteil v. 4.7.2012 – II R 15/11, BStBl. II 2012, 790, Rn. 15). Die Rechtsprechung ist daher dem Umstand geschuldet, dass die Steuerentstehung durch § 38 AO mit der Tatbestandsverwirklichung auch in rechtlicher Hinsicht feststeht. Die lediglich dem technischen Prinzip der veranlagungszeitraumbezogenen Besteuerung geschuldete Entstehungsnorm in § 36 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes schiebt die Steuerentstehung nur in zeitlicher Hinsicht hinaus. 27Der zu entscheidende Sachverhalt ist aber dadurch gekennzeichnet, dass die in Rede stehende Schuld zum Besteuerungszeitpunkt weder dem Grunde noch der Höhe nach und weder rechtlich noch wirtschaftlich feststand. Ihre Entstehung hing von der im freien Belieben der Z-Bank stehenden Optionsausübung ab und erforderte sodann den Abschluss eines Kaufvertrages durch den Kläger und die Z-Bank sowie die vorzeitige Darlehenstilgung durch die Z-Bank. 28Vielmehr ist der Fall der Situation vergleichbar, in der der Erblasser Geschehensabläufe in Gang setzt, die ohne Zutun des Erben bei diesem eine Einkommensteuerschuld auslösen (sog. latente Steuerschulden, vgl. Jochum in ErbStG – eKommentar, § 10 Rn. 126 (12/2020), m.w.N.). Auch in diesem Fall liegt eine nicht abzugsfähige, eigene Schuld des Erben und keine Erblasserschuld vor. 29Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des BFH der wirtschaftliche Gehalt der Vorfälligkeitsentschädigung zu berücksichtigen ist. Diese stellt bei wirtschaftlicher Betrachtung zumindest zu einem wesentlichen Teil einen Ersatz für Zinsleistungen dar. Laufende Zinszahlungen sind, da sie eine Gegenleistung für eine Kapitalüberlassung darstellen, per se nicht als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Dies spricht dafür, dass es für den Abzug nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ebenso ohne Belang ist, wenn es nach dem Bewertungsstichtag aus Gründen, die, wie dargestellt, nicht mehr vom Erblasser "herrühren", zur vorzeitigen Ablösung oder zur Prolongation eines Darlehens kommt (vgl. BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, BFH/NV 2021, 1014, Rn. 17 ff., 22). 30Nichts anderes folgt aus dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angeführten Urteil des BFH vom 28.10.2009 (II R 32/08, BFH/NV 2010, 893). Dort hatte der BFH u.a. darüber zu entscheiden, wer Zuwendender i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist, wenn der Schenkende nach Abgabe eines bindenden Schenkungsangebots aber vor dessen Annahme verstirbt. Der BFH hat hierzu ausgeführt, dass der Erbe des Anbietenden im Grundsatz in dessen Rechtsstellung eintritt und das Angebot vom Empfänger noch angenommen werden kann. Hieraus lässt sich für den Streitfall lediglich folgern, dass der Kläger hinsichtlich des vor dem Erbfall geschlossenen Optionsvertrages in die Rechtsstellung seines Vaters eingetreten ist. Dies ist zwischen den Beteiligten indes unstreitig. Für die Frage, ob die Vorfälligkeitsentschädigung erbschaftsteuerlich zu berücksichtigen ist, lassen sich der angeführten Entscheidung des BFH keine von der dargestellten Auffassung abweichenden Gesichtspunkte entnehmen. 31II. Auch ein Abzug nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG scheidet aus. 321. Es handelt sich bei der Vorfälligkeitsentschädigung zunächst nicht um Nachlassregelungskosten. Der Begriff „Kosten der Regelung des Nachlasses" in § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ist weit auszulegen. Er umfasst die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses einschließlich von Bewertungskosten, aber auch alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Die Kosten müssen („unmittelbar") in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG) anfallen (BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, BFH/NV 2021, 1014, Rn. 24, m.w.N.). Zu den Nachlassregelungskosten können auch Kosten gehören, die durch die Tilgung von Erblasserschulden entstehen (BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, BFH/NV 2021, 1014, Rn. 25). 33Soweit in der Vorfälligkeitsentschädigung ein Zinsanteil für die zum Stichtag angenommene und durch die Ablösung abgeschnittene Restlaufzeit enthalten ist, ist dieser nicht abziehbar. Er ist bereits bereicherungsmindernd in die Darlehensverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG eingegangen. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass der Zins nach Kündigung des Darlehens seinen Charakter von einem zeitbezogenen Entgelt für die Kapitalüberlassung zu einer Schadensersatzleistung geändert hat (BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, BFH/NV 2021, 1014, Rn. 34). 34Soweit in der Vorfälligkeitsentschädigung Kosten enthalten sind, die bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht dem Zinsanteil zuzuordnen sind, würde die Einordnung als Nachlassregelungskosten voraussetzen, dass die vorzeitige Kündigung des Darlehens ihrerseits eine Maßnahme im unmittelbaren Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder der Erlangung des Erwerbs war (BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, BFH/NV 2021, 1014, Rn. 36). Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Darlehenskündigung – anders als hier – Teil einer Erbauseinandersetzung ist. Ist die Darlehenskündigung hingegen Teil einer Vermögensumschichtungsmaßnahme, die auf der Verwaltung einschließlich der Verwertung des Nachlasses beruht, ist der Abzug nicht möglich (BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, BFH/NV 2021, 1014, Rn. 36). Vorliegend beruht die vorzeitige Ablösung auf der Optionsausübung durch die Z-Bank. Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zur Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses. Insbesondere ging es nicht darum, den Nachlass festzustellen, Anordnungen des Erblassers umzusetzen, den Erben in den Besitz des Nachlasses zu bringen oder anderweit seine Rechtsstellung zu sichern (vgl. BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, BFH/NV 2021, 1014, Rn. 51). 352. Schließlich liegen auch keine Kosten im Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG) vor. Die vorzeitige Ablösung des Darlehens diente, wie dargestellt, nicht dazu, den Erben in den Besitz des Nachlasses zu bringen. Gleiches gilt daher auch für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung selbst. 363. Im Ergebnis handelt es sich daher um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwaltung (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG). Durch die (wenn auch vom Kläger nicht beeinflussbare) Ausübung der Option und die anschließende Veräußerung, die zur Entstehung der Vorfälligkeitsentschädigung führte, wurde das Nachlassvermögen umgeschichtet. Das übertragene Erbbaurecht wurde ersetzt durch den Wegfall der – bereits als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigten – Darlehensschuld sowie durch Geldvermögen. Diese Umschichtung beruht auf dem nach dem Bewertungsstichtag betätigten Willensentschluss der Z-Bank. Es besteht daher kein unmittelbarer Zusammenhang zum Erwerb von Todes wegen (BFH, Urteil v. 2.12.2020 – II R 17/18, BFH/NV 2021, 1014, Rn. 56). 37III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten über die erbschaftsteuerliche abzugsfähigkeit einer vorfälligkeitsentschädigung i.h.v. 521.521 €. 3der kläger ist alleinerbe seines am 30.6.2019 verstorbenen vaters v (erblasser). 4der kläger und sein vater waren im verhältnis 80 zu 20 unter anderem an zwei gbr beteiligt, namentlich an der grundstücksgesellschaft a und an der grundstücksgesellschaft b. eine der beiden gbr war inhaberin eines erbbaurechts an dem aus den flurstücken der gemarkung c nr. 0000/00, 0000/01 und 0000/02 bestehenden grundstück (00000 c-stadt, ...straße 01, 02, 03, 04, 05, 06, 07 und 08, d straße 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 11). dabei ließ sich dem grundbuch aufgrund der früheren auffassung zur fehlenden rechtsfähigkeit der gbr nicht mit sicherheit entnehmen, welche der beiden gbr rechtsinhaberin war. mit notariellem vertrag vom 27.11.2018 (urkunden nr. 0000/2018, dort § 8) räumten die gbr der z-bank e-stadt .. (z-bank) das unwiderrufliche recht ein, das erbbaurecht zu einem gesamtkaufpreis von 8.200.000 € zu erwerben. das recht konnte erstmalig zum 31.10.2019 und letztmals zum 30.6.2020 ausgeübt werden. 5nach dem tod des erblassers und entsprechender anwachsung der gbr-vermögen an den kläger erklärte die z-bank mit schreiben vom 9.10.2019 die optionsausübung. der kläger und die z-bank schlossen sodann am 12.11.2019 einen notariellen kaufvertrag über das erbbaurecht mit dinglicher einigung (urkunde nr. 0000/2019). das erbbaurecht war zu diesem zeitpunkt im grundbuch lediglich mit grundschulden zugunsten der y-bank belastet. der kaufpreis war nach § 3 abs. 2, abs. 3 der notariellen urkunde bis zum 20.12.2019 zu gunsten der grundschuldgläubigerin und im übrigen zugunsten des klägers zahlbar. 6mit an den beurkundenden notar gerichtetem schreiben vom 18.11.2019 teilte die x-bank, frühere eigentümerin der y-bank, unter bezugnahme auf die urkunde nr. 0000/2019 mit, dass sich ihre forderung zum 20.12.2019 auf 7.076.501,23 € belaufe. darin enthalten war eine vorfälligkeitsentschädigung i.h.v. 651.902,49 €. 7auf aufforderung des beklagten reichte der kläger am 3.7.2020 eine erbschaftsteuererklärung ein. hierin wies er eine vorfälligkeitsentschädigung i.h.v. 521.521 € (651.902,49 € × beteiligungsquote des erblassers von 80 %) als nachlassverbindlichkeit aus. 8mit unter dem vorbehalt der nachprüfung stehendem bescheid vom 2.11.2020 setzte der beklagte gegen den kläger erbschaftsteuer i.h.v. 1.863.929 € fest. dabei ließ er die vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt und führte aus, diese sei nicht als nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. sie sei weder bereits durch den verstorbenen verursacht noch unmittelbar im zusammenhang mit der abwicklung, regelung oder verteilung des nachlasses oder mit der erlangung des erwerbs entstanden. ein optionsvertrag sei noch kein kaufvertrag, sondern nur ein verkaufsversprechen, von welchem der kläger habe zurücktreten können. zudem sei der kläger auch nicht verpflichtet gewesen, das darlehen vorzeitig abzulösen. 9hiergegen legte der kläger am 27.11.2020 einspruch ein und führte zur begründung an: die kaufoption sei frist- und formgerecht ausgeübt worden. er habe keine möglichkeit gehabt, zurückzutreten. aus dem schreiben der x-bank gehe eindeutig hervor, dass er keine alternative gehabt habe, als das darlehen abzulösen. denn der notar habe über die grundbucherklärung nur nach der darlehensrückzahlung einschließlich der vorfälligkeitsentschädigung verfügen dürfen. der notar habe den erwerber angewiesen, den angeforderten betrag einschließlich der vorfälligkeitsentschädigung an die x-bank zu überweisen. er habe sich gegen die 2018 eingeräumte option nicht mehr wehren können und die vorfälligkeitsentschädigung sei teil des abzulösenden darlehens gewesen, ohne das der kaufvertrag nicht habe durchgeführt werden können. die lastenfreistellung in abteilung iii des grundbuchs sei voraussetzung gewesen. er sei daher um die höhe der vorfälligkeitsentschädigung durch die erbschaft nicht bereichert. 10mit einspruchsentscheidung vom 19.1.2021 wies der beklagte den einspruch als unbegründet zurück. der vorbehalt der nachprüfung wurde aufrechterhalten. zur begründung führte er aus: der abzug von nachlassverbindlichkeiten setze voraus, dass die verbindlichkeiten rechtlich bestanden und den erblasser im todeszeitpunkt wirtschaftlich belastet hätten. eine wirtschaftliche belastung des erblassers habe im todeszeitpunkt aber nicht vorgelegen, da die kaufoption erst nach dessen tod ausgeübt worden sei. im todeszeitpunkt habe der kläger nicht sicher davon ausgehen können, dass die kaufoption ausgeübt werde. wäre die kaufoption durch die z-bank nicht ausgeübt worden, wäre eine vorzeitige ablösung der von der x-bank gewährten darlehen nicht nötig gewesen und eine vorfälligkeitsentschädigung nicht angefallen. 11hiergegen hat der kläger am 19.2.2021 klage erhoben. zur begründung führt er im wesentlichen an: der bundesfinanzhof (bfh) habe seine rechtsprechung zuletzt dem bundesgerichtshof (bgh) angeglichen. der bgh gehe davon aus, dass auch unfertige rechtsbeziehungen nach § 1967 des bürgerlichen gesetzbuches auf den erben übergingen, wenn hierfür bereits ein sicherer rechtsboden bereitet sei. dieser betrachtungsweise sei nach der auch etwa von fumi in von oertzen/loose, vertretenen auffassung auch für § 10 abs. 5 nr. 1 halbsatz 1 des erbschaftsteuer- und schenkungsteuergesetzes (erbstg) zu folgen. der bfh habe nunmehr zu einkommensteuerschulden des erblassers entschieden, dass diese auch dann abzugsfähig seien, wenn sie nur deshalb rechtlich nicht entstanden seien, weil der erblasser vor eintritt der entsprechenden voraussetzungen verstorben sei. dem erblasser seien zum zeitpunkt der einräumung des optionsrechtes die optionstermine, die kreditlaufzeiten und die daraus resultierende vorfälligkeitsentschädigung klar gewesen. der erblasser habe also zu lebzeiten alles dafür getan, dass die verpflichtung auch für ihn, den erblasser, selbst entstanden wäre, wenn er nicht vor eintritt der nötigen weiteren voraussetzung verstorben wäre. er, der kläger, habe als erbe keine alternativen handlungsmöglichkeiten gehabt. 12der kläger beantragt, 13141. den erbschaftsteuerbescheid vom 2.11.2020 in der gestalt der einspruchsentscheidung vom 19.1.2021 dahingehend zu ändern, dass eine vorfälligkeitsentschädigung von 521.521 € als nachlassverbindlichkeit berücksichtigt wird; 152. hilfsweise, die revision zuzulassen. 16der beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18er beruft sich auf die einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus: der optionsvertrag stelle eine art vorvertrag dar, der aber noch keine veräußerung des grundvermögens zum inhalt gehabt habe. der kläger könne sich nicht auf den standpunkt stellen, dass der grundstückskaufvertrag schon vor der optionsausübung so zu behandeln sei, als habe bereits im besteuerungszeitpunkt festgestanden, dass die option auch ausgeübt werde. das optionsrecht wirke wie eine aufschiebende bedingung, so dass erst mit seiner ausübung die grundstückveräußerung erfolge. zuvor sei das rechtverhältnis so zu berücksichtigen, als wenn das bestehende optionsrecht nicht ausgeübt worden sei. erst mit abschluss des kaufvertrages sei die verpflichtung zur ablösung der darlehen ausgelöst worden und erst hierdurch bedingt sei die verpflichtung zur zahlung der vorfälligkeitsentschädigung entstanden. 19die rechtsprechung der bfh zu einkommensteuerschulden des erblassers lasse sich auf den hiesigen fall nicht übertragen. der bfh habe den abzug von im todesjahr entstandenen steuerschulden bejaht, weil bereits festgestanden habe, dass die steuerschuld mit ablauf des jahres kraft gesetzes entstehe. es komme dann nicht darauf an, dass die belastung der höhe nach noch nicht genau feststehe. vorliegend habe eine belastung im todeszeitpunkt aber noch nicht bestanden. die option sei im todeszeitpunkt noch nicht ausgeübt worden und der erblasser habe auch nicht sicher davon ausgehen können, dass dies geschehe. 20 | 21die zulässige klage ist unbegründet. der angefochtene bescheid ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung (fgo). 22die streitgegenständliche vorfälligkeitsentschädigung ist weder nach § 10 abs. 5 nr. 1 erbstg (i.) noch nach § 10 abs. 5 nr. 3 erbstg (ii.) zu berücksichtigen. 23i. die vorfälligkeitsentschädigung unterfällt nicht § 10 abs. 5 nr. 1 erbstg. nach dieser regelung sind die „vom erblasser herrührenden schulden“ abzugsfähig. 24die in rede stehende verbindlichkeit war im todeszeitpunkt rechtlich noch nicht entstanden. aufgrund der maßgeblichen zivilrechtlichen betrachtungsweise fehlt es damit im grundsatz an einer im besteuerungszeitpunkt bestehenden „schuld“ i.s.d. § 10 abs. 5 nr. 1 erbstg (fumi in von oertzen/loose, 2. aufl. 2020, § 10 erbstg, rn. 51, 54). es ist auch nicht von einer rechtlich entstandenen und durch die optionsausübung aufschiebend bedingten verbindlichkeit auszugehen. denn durch die bloße optionsausübung entsteht die verpflichtung zur vorfälligkeitsentschädigung rechtlich noch nicht. sie ergibt sich vielmehr als bloße wirtschaftliche (wenn auch zwingende) folge und wird vermittelt durch den abzuschließenden kaufvertrag und die vorzeitige darlehensablösung. ebenso wenig handelt es sich um ein schwebendes geschäft, bei dem der erblasser bereits eine verpflichtung eingegangen wäre (vgl. hierzu etwa bfh, urteil v. 6.3.1990 – ii r 63/87, bundessteuerblatt – bstbl. – ii 1990, 504, rn. 38 ff.). 25aus der formulierung „vom erblasser herrührend“ ergibt sich nach der rechtsprechung des bfh allerdings, dass die verbindlichkeiten zum zeitpunkt des erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen. vielmehr gehören dazu auch die erst in der person des erben entstehenden verbindlichkeiten, die als solche schon dem erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor eintritt der zu ihrer entstehung nötigen weiteren voraussetzung verstorben wäre (bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, sammlung amtlich nicht veröffentlichter entscheidungen des bundesfinanzhofs – bfh/nv – 2021, 1014, rn. 16). nach der zu einkommensteuerschulden des erblassers ergangenen rechtsprechung des bfh (urteil v. 4.7.2012 – ii r 15/11, bstbl. ii 2012, 790, rn. 13 ff.; urteil v. 11.7.2019 – ii r 36/16, bstbl. ii 2020, 391, rn. 16 ff.) können daher auch verbindlichkeiten abzugsfähig sein, die im todeszeitpunkt rechtlich noch nicht entstanden waren (sog. „verhaltene“, noch werdende rechtsbeziehungen). voraussetzung ist, dass die schulden eine wirtschaftliche belastung darstellen (bfh, urteil v. 4.7.2012 – ii r 15/11, bstbl. ii 2012, 790, rn. 17). an einer wirtschaftlichen belastung soll es zwar fehlen, wenn bei objektiver würdigung der verhältnisse in diesem zeitpunkt nicht damit gerechnet werden konnte, dass der gläubiger seine forderung geltend machen werde (bfh, urteil v. 11.7.2019 – ii r 36/16, bstbl. ii 2020, 391, rn. 17). andererseits soll eine später eintretende wirtschaftliche belastung bei schulden, die vom erblasser herrühren, als rückwirkendes ereignis zu berücksichtigen sein und den erwerb mindern (bfh, urteil v. 11.7.2019 – ii r 36/16, bstbl. ii 2020, 391, rn. 29 f.). 26diese rechtsprechung lässt sich auf den hiesigen fall indes nicht übertragen. der bfh stellt maßgeblich darauf ab, dass der erblasser die zur steuerentstehung erforderlichen tatbestände i.s.d. § 38 der abgabenordnung (ao) selbst verwirklicht hat (bfh, urteil v. 4.7.2012 – ii r 15/11, bstbl. ii 2012, 790, rn. 15). die rechtsprechung ist daher dem umstand geschuldet, dass die steuerentstehung durch § 38 ao mit der tatbestandsverwirklichung auch in rechtlicher hinsicht feststeht. die lediglich dem technischen prinzip der veranlagungszeitraumbezogenen besteuerung geschuldete entstehungsnorm in § 36 abs. 1 des einkommensteuergesetzes schiebt die steuerentstehung nur in zeitlicher hinsicht hinaus. 27der zu entscheidende sachverhalt ist aber dadurch gekennzeichnet, dass die in rede stehende schuld zum besteuerungszeitpunkt weder dem grunde noch der höhe nach und weder rechtlich noch wirtschaftlich feststand. ihre entstehung hing von der im freien belieben der z-bank stehenden optionsausübung ab und erforderte sodann den abschluss eines kaufvertrages durch den kläger und die z-bank sowie die vorzeitige darlehenstilgung durch die z-bank. 28vielmehr ist der fall der situation vergleichbar, in der der erblasser geschehensabläufe in gang setzt, die ohne zutun des erben bei diesem eine einkommensteuerschuld auslösen (sog. latente steuerschulden, vgl. jochum in erbstg – ekommentar, § 10 rn. 126 (12/2020), m.w.n.). auch in diesem fall liegt eine nicht abzugsfähige, eigene schuld des erben und keine erblasserschuld vor. 29hinzu kommt, dass nach der rechtsprechung des bfh der wirtschaftliche gehalt der vorfälligkeitsentschädigung zu berücksichtigen ist. diese stellt bei wirtschaftlicher betrachtung zumindest zu einem wesentlichen teil einen ersatz für zinsleistungen dar. laufende zinszahlungen sind, da sie eine gegenleistung für eine kapitalüberlassung darstellen, per se nicht als nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. dies spricht dafür, dass es für den abzug nach § 10 abs. 5 nr. 1 erbstg ebenso ohne belang ist, wenn es nach dem bewertungsstichtag aus gründen, die, wie dargestellt, nicht mehr vom erblasser "herrühren", zur vorzeitigen ablösung oder zur prolongation eines darlehens kommt (vgl. bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, bfh/nv 2021, 1014, rn. 17 ff., 22). 30nichts anderes folgt aus dem vom kläger in der mündlichen verhandlung angeführten urteil des bfh vom 28.10.2009 (ii r 32/08, bfh/nv 2010, 893). dort hatte der bfh u.a. darüber zu entscheiden, wer zuwendender i.s.d. § 7 abs. 1 nr. 1 erbstg ist, wenn der schenkende nach abgabe eines bindenden schenkungsangebots aber vor dessen annahme verstirbt. der bfh hat hierzu ausgeführt, dass der erbe des anbietenden im grundsatz in dessen rechtsstellung eintritt und das angebot vom empfänger noch angenommen werden kann. hieraus lässt sich für den streitfall lediglich folgern, dass der kläger hinsichtlich des vor dem erbfall geschlossenen optionsvertrages in die rechtsstellung seines vaters eingetreten ist. dies ist zwischen den beteiligten indes unstreitig. für die frage, ob die vorfälligkeitsentschädigung erbschaftsteuerlich zu berücksichtigen ist, lassen sich der angeführten entscheidung des bfh keine von der dargestellten auffassung abweichenden gesichtspunkte entnehmen. 31ii. auch ein abzug nach § 10 abs. 5 nr. 3 erbstg scheidet aus. 321. es handelt sich bei der vorfälligkeitsentschädigung zunächst nicht um nachlassregelungskosten. der begriff „kosten der regelung des nachlasses" in § 10 abs. 5 nr. 3 erbstg ist weit auszulegen. er umfasst die kosten der tatsächlichen und rechtlichen feststellung des nachlasses einschließlich von bewertungskosten, aber auch alle kosten, die aufgewendet werden müssen, um die erben in den besitz der ihnen aus der erbschaft zukommenden güter zu setzen. die kosten müssen („unmittelbar") in einem engen zeitlichen und sachlichen zusammenhang mit dem erwerb von todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere verwaltung des nachlasses (§ 10 abs. 5 nr. 3 satz 3 erbstg) anfallen (bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, bfh/nv 2021, 1014, rn. 24, m.w.n.). zu den nachlassregelungskosten können auch kosten gehören, die durch die tilgung von erblasserschulden entstehen (bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, bfh/nv 2021, 1014, rn. 25). 33soweit in der vorfälligkeitsentschädigung ein zinsanteil für die zum stichtag angenommene und durch die ablösung abgeschnittene restlaufzeit enthalten ist, ist dieser nicht abziehbar. er ist bereits bereicherungsmindernd in die darlehensverbindlichkeit nach § 10 abs. 5 nr. 1 erbstg eingegangen. hieran ändert sich nichts dadurch, dass der zins nach kündigung des darlehens seinen charakter von einem zeitbezogenen entgelt für die kapitalüberlassung zu einer schadensersatzleistung geändert hat (bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, bfh/nv 2021, 1014, rn. 34). 34soweit in der vorfälligkeitsentschädigung kosten enthalten sind, die bei wirtschaftlicher betrachtung nicht dem zinsanteil zuzuordnen sind, würde die einordnung als nachlassregelungskosten voraussetzen, dass die vorzeitige kündigung des darlehens ihrerseits eine maßnahme im unmittelbaren zusammenhang mit der abwicklung, regelung oder verteilung des nachlasses oder der erlangung des erwerbs war (bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, bfh/nv 2021, 1014, rn. 36). dies wäre etwa dann der fall, wenn die darlehenskündigung – anders als hier – teil einer erbauseinandersetzung ist. ist die darlehenskündigung hingegen teil einer vermögensumschichtungsmaßnahme, die auf der verwaltung einschließlich der verwertung des nachlasses beruht, ist der abzug nicht möglich (bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, bfh/nv 2021, 1014, rn. 36). vorliegend beruht die vorzeitige ablösung auf der optionsausübung durch die z-bank. es besteht kein unmittelbarer zusammenhang zur abwicklung, regelung oder verteilung des nachlasses. insbesondere ging es nicht darum, den nachlass festzustellen, anordnungen des erblassers umzusetzen, den erben in den besitz des nachlasses zu bringen oder anderweit seine rechtsstellung zu sichern (vgl. bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, bfh/nv 2021, 1014, rn. 51). 352. schließlich liegen auch keine kosten im zusammenhang mit der erlangung des erwerbs (§ 10 abs. 5 nr. 3 satz 1 erbstg) vor. die vorzeitige ablösung des darlehens diente, wie dargestellt, nicht dazu, den erben in den besitz des nachlasses zu bringen. gleiches gilt daher auch für die zahlung der vorfälligkeitsentschädigung selbst. 363. im ergebnis handelt es sich daher um nicht abzugsfähige kosten der nachlassverwaltung (§ 10 abs. 5 nr. 3 satz 3 erbstg). durch die (wenn auch vom kläger nicht beeinflussbare) ausübung der option und die anschließende veräußerung, die zur entstehung der vorfälligkeitsentschädigung führte, wurde das nachlassvermögen umgeschichtet. das übertragene erbbaurecht wurde ersetzt durch den wegfall der – bereits als nachlassverbindlichkeit berücksichtigten – darlehensschuld sowie durch geldvermögen. diese umschichtung beruht auf dem nach dem bewertungsstichtag betätigten willensentschluss der z-bank. es besteht daher kein unmittelbarer zusammenhang zum erwerb von todes wegen (bfh, urteil v. 2.12.2020 – ii r 17/18, bfh/nv 2021, 1014, rn. 56). 37iii. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. der senat hat die revision wegen grundsätzlicher bedeutung nach § 115 abs. 2 nr. 1 fgo zugelassen. |
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} | 4 K 1605/20.A | 2022-01-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist mongolische Staatsangehörige. Sie reiste am 18. August 2016 in das Bundesgebiet ein, und stellte am 5. September 2019 förmlich einen Asylantrag. Dabei bestätigte sie, eine schriftliche mongolische Übersetzung des Dokuments "Wichtige Mitteilung - Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten und - Allgemeine Verfahrenshinweise" erhalten zu haben. Dort findet sich unter anderem der folgende Hinweis: 3"Wohnen Sie in einer Aufnahmeeinrichtung, müssen Sie sich erkundigen, wann und wo die behördliche Post verteilt wird. Dies geschieht an einem Werktag zu bestimmten Uhrzeiten. Sie erhalten dort Ihre Post von einem Mitarbeiter der Aufnahmeeinrichtung. Holen Sie die Post dort zu diesem Zeitpunkt nicht ab, bleibt sie drei Tage lang für Sie liegen. Danach wird die Post an die Behörde zurückgesandt. Die Behörde wird dann so verfahren, als ob Sie den Brief erhalten hätten." 4Im September reichte die Klägerin eine Vollmachtsurkunde bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein, der zufolge sie eine Mitarbeiterin des L. G. zur Vertretung in allen verwaltungsrechtlichen und sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren ermächtige. Unter dem Abschnitt "Die Vollmacht umfasst insbesondere die Befugnis" wurde der Unterpunkt "Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen" nicht angekreuzt. 5Im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt am 10. Oktober 2019 gab die Klägerin als Grund dafür, die Mongolei im August 2016 verlassen zu haben, im Wesentlichen an, bis zu ihrer Ausreise habe sie in C, zuvor im Haus ihrer Eltern in der B gelebt. In der Mongolei lebten noch ihrer Eltern, ein älterer Bruder und eine Schwester sowie Onkel und Tanten. Zu ihrer Mutter und zu ihrer älteren Schwester habe sie noch Kontakt. Sie habe einen Bachelor als Hebamme absolviert und von August 2014 bis September 2015 in einer Frauenklinik als Krankenschwester sowie zuvor in einem Hotel gearbeitet. Sie habe schon immer mit dem Gedanken gespielt, die Mongolei zu verlassen. Sie sei homosexuell und habe deshalb sowohl ihre Anstellung in dem Hotel als auch diejenige im Krankenhaus verloren, nachdem die dortigen Kollegen von ihrer sexuellen Orientierung erfahren hätten. Im Jahr 2012 sei sie aufgrund ihrer Homosexualität von zwei Männern geschlagen worden. Sie habe versucht, Selbstmord zu begehen. Ihre Homosexualität sei ihrer Familie, ihren Arbeitskollegen, ihren Freunden und auch den Kollegen aus dem Hotel bekannt gewesen. Ihre Familie habe versucht, sie zu überreden, ihre Homosexualität aufzugeben. Ihr Vater spreche nicht mehr mit ihr. Ihre Mutter habe sie beschimpft und geschlagen, ebenso ihr Bruder als sie vorrübergehend bei ihm eingezogen sei. Heute habe ihre Mutter ihre sexuelle Orientierung weder von Herzen akzeptiert, noch sei sie von Herzen dagegen. Sie - die Klägerin - habe als Au-Pair Mädchen nach Kanada gewollt, jedoch kein Visum erhalten. Sie habe dann bei einer Freundin in Korea gelebt, bevor sie schließlich mit einem Visum als Au-Pair nach Deutschland gekommen sei. 6Mit Bescheid des Bundesamts vom 22. Mai 2020 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.), den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte (2.) und den Antrag auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (3.) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (4.). Sie forderte die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihr für den Fall, dass sie die Ausreisefrist nicht einhalte, die Abschiebung in die Mongolei an (5.). Ferner ordnete sie ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete es auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (6.). 7Das Bundesamt sandte den Bescheid am 27. Mai 2020 an die durch die Klägerin bevollmächtigte Mitarbeiterin des L. G.. Mit Schreiben vom 2. Juni 2020 bat dieser darum, den Bescheid unmittelbar der Klägerin zuzustellen. Das Bundesamt sandte den Bescheid sodann an die Zentrale Unterbringungseinrichtung M. Dem zugehörigen Empfangsbekenntnis ist zu entnehmen, dass die Sendung dort am 9. Juni 2020 einging und am 22. Juni 2020 an die Klägerin übergeben wurde. 8Am 30. Juni 2020 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen anführt, die mongolische Gesellschaft akzeptiere Homosexualität nicht. Sie fürchte daher diskriminiert zu werden. Dazu verweist sie auf Berichte des mongolischen "LGBT Centre", auf einen Bericht der Bundesgeschäftsstelle des Lesben- und Schwulenverbands vom 21. März 2021 sowie hinsichtlich ihrer persönlichen Situation auf einen zusammenfassenden Bericht des H. vom 5. November 2020. 9Die Klägerin beantragt, 10die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 22. Mai 2020 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen, 11hilfsweise, 12die Beklagte unter teilweise Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten, ihr den subsidiären Schutzstatus zu zuerkennen, 13weiter hilfsweise, 14die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des vorgenannten Bescheids zu verpflichten, festzustellen, dass in ihrer Person ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Mongolei vorliegt. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie verweist auf die Begründung des angegriffenen Bescheids. 18Das Gericht hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung informatorisch zu ihrem Verfolgungsschicksal und zu ihren persönlichen Verhältnissen angehört. Insoweit wird auf das entsprechende Terminprotokoll verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Über den Rechtstreit konnte nach § 102 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2021 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Sie wurde form- und fristgerecht geladen; in der Ladung wurde ferner auf die Möglichkeit hingewiesen, dass eine Entscheidung auch bei Nichterscheinen eines Beteiligten ergehen könne. 21Die Klage hat keinen Erfolg. 22Sie ist zulässig, insbesondere hat die Klägerin die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) gewahrt. Danach muss die Klage gegen Entscheidungen nach dem AsylG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden. 23Dies ist vorliegend geschehen. Der streitgegenständliche Bescheid wurde der Klägerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 22. Juni 2020 in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung M. durch die Bezirksregierung Köln übergeben. Durch die Erhebung der vorliegenden Klage am 30. Juni 2020 hat sie die Klagefrist gewahrt. 24Der Bescheid wurde der Klägerin nicht zu einem früheren Zeitpunkt zugestellt. Der Versuch am 27. Mai 2020, den Bescheid einer Mitarbeiterin des L. G. als ihrer Vertreterin zuzustellen, konnte bereits deshalb keine wirksame Zustellung bewirken, da diese nach der zu den Akten gereichten schriftlichen Vollmacht vom 28. August 2019 gerade nicht als Zustellungsempfängerin bevollmächtigt worden war. 25Der Bescheid galt auch nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 HS 2 AsylG bereits zu einem früheren Zeitpunkt als zugestellt. Nach § 10 Abs. 4 AsylG hat in einer Aufnahmeeinrichtung diese Zustellungen und formlose Mitteilungen an die Ausländer, die nach Maßgabe des Absatzes 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der Anschrift der Aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen müssen, vorzunehmen. Postausgabe- und Postverteilungszeiten sind für jeden Werktag durch Aushang bekannt zu machen. Der Ausländer hat sicherzustellen, dass ihm Postausgänge in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. Zustellungen und formlose Mitteilungen sind mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt; im Übrigen gelten sie am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt. Nach § 10 Abs. 7 AsylG ist der Ausländer bei der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf diese Zustellungsvorschriften hinzuweisen. 26Jedenfalls die letztgenannte Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die in dem nach Aktenlage einzig in Betracht kommenden Formular "Wichtige Mitteilung - Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten und - Allgemeine Verfahrenshinweise" enthaltenen Hinweise sind im vorliegenden Fall irreführend. Dort wird zur Postausgabe in einer Aufnahmeeinrichtung insbesondere ausgeführt, dass nicht abgeholte Post dort für drei Tage für den Adressanten bereitliege. Danach werde sie an die Behörde zurückgesandt. Die Behörde werde dann so verfahren, als ob der Adressat den Brief erhalten hätte. Diese Hinweise sind geeignet, die Vorstellung hervorzurufen, es komme (nur) dann zu einer Zustellungsfiktion, wenn die für den Ausländer gedachte Sendung an den Absender zurückgesandt wird. Ungeachtet der Frage, ob dieser Hinweis die geltende Rechtslage zutreffend widergibt, entspricht er jedenfalls nicht der tatsächlichen Handhabung im Fall der Klägerin, sodass eine Zustellungsfiktion nicht eintritt. 27Vgl. zu vergleichbaren Fallgestaltungen: Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt (Oder), Beschluss vom 8. Februar 2017 - 2 L 762/16.A -, juris, Rn. 7 f.; VG München, Urteil vom 19. Oktober 2006 - M 24 K 06.50665 -, juris, Rn. 19 ff. 28Denn dem von der Klägerin unterzeichneten Empfangsbekenntnis ist zu entnehmen, dass der Bescheid am 9. Juni 2020 in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung M. einging, dass ihr der Bescheid jedoch nach mehr als drei Tagen, nämlich am 22. Juni 2020, übergeben wurde. 29Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 22. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO. Sie hat nach der Sach- und Rechtslage zum nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Zudem liegen keine Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor. 30Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 Abs. 1, 3a bis 3e AsylG. 31Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. 32Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Die Prüfung der Verfolgung richtet sich im Einzelnen nach den §§ 3a bis 3e AsylG. 33Gemäß § 3a Abs. 1 AsylG gelten Handlungen als Verfolgung, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1). Hinzu treten nach Nr. 2 solche Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist. In Absatz 2 werden Handlungen aufgezählt, die unter anderem als Verfolgung in diesem Sinne gelten können. 34Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn sich die Rückkehr in den Heimatstaat aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen als unzumutbar erweist, weil bei Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände die für eine bevorstehende Verfolgung streitenden Tatsachen ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden Gesichtspunkte. 35Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Urteil vom 7. Februar 2018 - 14 A 2390/16.A -, juris, Rn. 25 ff., m. w. N. 36Macht der Antragsteller geltend, dass er bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, kann dies gemäß Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf sein, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden. Diese Beweiserleichterung in Gestalt einer tatsächlichen Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen muss. 37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2018 - 1 A 2/18.A -, juris, Rn. 63 f., m. w. N. 38Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist das Vorbringen der Klägerin zu ihrem individuellen Schicksal nicht geeignet, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu tragen. 39Die Klägerin ist nicht vorverfolgt ausgereist. 40Sie verwies im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf, die Mongolei wegen ihrer Arbeitslosigkeit verlassen zu haben. Ihr Arbeitgeber habe ihre Anstellung als Hebamme wegen ihrer Homosexualität gekündigt. Darin ist bereits keine Verfolgungshandlung i. S. d. § 3a Abs. 1 AsylG zu sehen. Ungeachtet der Frage, ob die Beeinträchtigung der ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung eine schwerwiegende Verletzung eines grundlegenden Menschenrechts i. S. d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG oder eine Verletzung der Menschenrechte darstellen kann, die im Zusammenwirken mit weiteren Maßnahmen einen Menschen in ähnlich schwerwiegender Weise betrifft (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG), wird sie nur in besonderen Fällen als Verfolgungshandlung anzusehen sein. Dies ist nur anzunehmen, wenn sie nach Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzt und über das hinausgeht, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben. 41Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 31. März 1981 - 9 C 237.80 -, juris, Rn. 12 (für Art. 16a GG); VG Freiburg, Urteil vom 9. Dezember 2020 - A 15 K 47788/17 -, juris, Rn. 47; Hailbronner, in: ders., Ausländerrecht, § 3a AsylG (Stand: Juni 2014), Rn. 12. 42Die beruflichen und wirtschaftlichen Einschränkungen müssen existenziell sein, 43vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, juris, Rn. 36; Treiber, in: GK-Asylgesetz, § 3a AsylG (Stand: März 2020), Rn. 71, 76; ähnlich auch: EASO, Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU), S. 36, 44bzw. eine ausweglose Lage hervorrufen. 45Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 4. August 2016 - 6 L 389.16 A -, juris, Rn. 20. 46Daran fehlt es hier. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin aufgrund der von ihr geschilderten Diskriminierungen und des Verlusts ihrer Erwerbstätigkeit in eine ausweglose existentielle Notlage geraten ist. Ungeachtet aller sonstigen Zweifelsfragen spricht jedenfalls nichts dafür, dass sie vor ihrer Ausreise generell daran gehindert war, eine (wenn auch nicht ihren beruflichen Qualifikationen und individuellen Wünschen entsprechende) neue existenzsichernde Tätigkeit aufzunehmen. Dafür spricht auch, dass sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob sie in Ulan Bator arbeiten könne, angab, sie werde wieder eine Anstellung finden. Selbst wenn ihre Befürchtung, man werde ihr irgendwann erneut kündigen, auch die Situation vor ihrer Ausreise zutreffend beschreiben sollte, spricht dies doch dafür, dass auch vor ihrer Ausreise eine existenzielle Notlage nicht bestand. 47Auch ihre Angabe im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt, sie sei einmal von zwei Männern wegen ihrer Homosexualität geschlagen und beschimpft worden, begründet keine Vorverfolgung. Insoweit ist zu berücksichtigten, dass sich dieser Vorfall bereits kurz vor ihrem Abschluss im Jahr 2012 ereignet haben soll und dass sie sich im Anschluss noch einige Jahre bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2016 in der Mongolei aufgehalten hatte, ohne Vergleichbares erneut erlebt zu haben. Insoweit ist ein hinreichender Zusammenhang mit der Jahre später wesentlich aufgrund des Verlustes ihres Arbeitsplatzes erfolgten Ausreise nicht festzustellen. 48Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in die Mongolei ungeachtet ihrer individuellen Erlebnisse aufgrund ihrer Homosexualität Verfolgungshandlungen ausgesetzt sein wird. 49Die Gefahr einer den Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründenden Verfolgung kann sich auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines flüchtlingsschutzrelevanten Merkmals verfolgt werden, das der Betreffende mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms - grundsätzlich eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Bei der Prüfung einer Gruppenverfolgung sind die zahlenmäßigen Grundlagen der gebotenen Relationsbetrachtung zur Verfolgungsdichte nicht mit quasi naturwissenschaftlicher Genauigkeit festzustellen. Es genügt, die ungefähre Größenordnung der Verfolgungsschläge zu ermitteln und sie in Beziehung zur Gesamtgruppe der von Verfolgung Betroffenen zu setzen. Dabei darf bei unübersichtlicher Tatsachenlage und nur bruchstückhaften Informationen aus einem Krisengebiet auch auf Grundlage einer Vielzahl vorliegender Einzelinformationen eine zusammenfassende Bewertung des ungefähren Umfangs der asylerheblichen Verfolgungsschläge und der Größe der verfolgten Gruppe vorgenommen werden, wobei gegebenenfalls auch eine Dunkelziffer nicht bekannter Übergriffe einzubeziehen ist. 50Vgl. OVG NRW, Urteile 17. August 2015 - 3 A 2496/07.A -, juris, Rn. 54 ff., und vom 22. Januar 2014 - 9 A 2564/10.A -, juris, Rn. 41 ff., jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Urteile vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 -, juris, Rn. 17 ff., und vom 21. April 2009 - 10 C 11.08 -, juris, Rn. 13 ff. 51Unter Berücksichtigung dieser Kriterien und der der Kammer vorliegenden Berichte und Stellungnahmen zur Lage Homosexueller in der Mongolei ist die für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendige Dichte an Verfolgungshandlungen i. S. d. § 3a AsylG nicht festzustellen. 52Vgl. im Ergebnis ebenso: Österreichisches BVerwG, Urteil vom 11. November 2016 - W119 2103944-1/8E -. 53Dies gilt zunächst für der Staat als möglichem Verfolgungsakteur, vgl. § 3c Nr. 1 AsylG. 54Homosexualität ist in der Mongolei seit dem Jahr 1961 nicht mehr strafbar. 55Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Mongolei (Gesamtaktualisierung am 20. Oktober 2020), S. 26; ilga world, State-Sponsored Homophobia. Global Legislation Overview Update (2020 Updated Edition), S. 102. 56Die Regierung ist zudem bemüht, die Rechte von Homosexuellen zu stärken. So trat am 1. Juli 2017 das neue Strafgesetzbuch in Kraft. Es verbietet Diskriminierung u.a. aufgrund sexueller Orientierung, Genderidentität und Geschlecht. Vergehen können mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. 57Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Mongolei (Gesamtaktualisierung am 25. September 2018), S. 24; ilga world, State-Sponsored Homophobia 2019 (13th edition), S. 133; ilga world, State-Sponsored Homophobia. Global Legislation Overview Update (2020 Updated Edition), S. 205. 58Abschnitt 14.1(2.3) verschärft auch die Strafen, wenn derartige Handlungen von Amtsträgern begangen werden. 59Vgl. ilga world, State-Sponsored Homophobia. Global Legislation Overview Update (2020 Updated Edition), S. 226. 60In einem nächsten Schritt soll das Arbeitsgesetz angepasst und Diskriminierungen verboten werden. 61Vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 5. Februar 2019, Vielen Mongolen fällt der Umgang mit Schwulen und Lesben noch schwer (abrufbar unter: https://www.nzz.ch/international/schwule-und-lesben-schwierige-akzeptanz-fuer-lgbt-in-der-mongolei-ld.1456120); ilga world, State-Sponsored Homophobia. Global Legislation Overview Update (2020 Updated Edition), S. 226. 62Zwar berichteten und berichten LGBT-Organisationen weiterhin von Machmissbrauch durch die Polizei. 63Vgl. LGBT Centre, Submission to the Human Rights Council at the 36th Session of the Universal Periodic Review: Mongolia vom 3. Oktober 2019, sowie The LGBT Centre Report on the Human Rights Situation of the Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Intersex (LGBTI) People in Mongolia for the Session 119 of the UN Human Rights Committee (CCPR). 64Andere weisen jedoch darauf hin, dass das Bewusstsein der Polizei für die Missstände, denen die LGBTI-Gemeinschaft ausgesetzt ist, und ihre Fähigkeit, auf die Probleme von LGBTI-Personen zu reagieren, gestiegen sei. 65Vgl. auch: USDOS, Mongolia 2020 Human Rights Report, S. 22. 66Polizisten seien in Bezug auf Hassverbrechen geschult worden. Beobachter konstatieren Verbesserungen insbesondere in der Kriminal- und Entwicklungsabteilung. 67Vgl. Aljazeera vom 9. Oktober 2019, Charges in Mongolia LGBT attack hint at changing attitudes (abrufbar unter: https://www.aljazeera.com/news/2019/10/9/charges-in-mongolia-lgbt-attack-hint-at-changing-attitudes). 68Ein Gesetzentwurf aus dem Jahr 2019, der der Regierung eine stärkere Kontrolle über die Finanzierungsquellen zivilgesellschaftlicher Organisationen, eine direkte Überwachung ihrer Aktivitäten und die Befugnis einräumt, die Arbeit derer zu unterbinden, die "gegen die öffentliche Einheit" arbeiten, wird von Menschenrechtsorganisationen kritisiert. 69Vgl. ilga world, State-Sponsored Homophobia. Global Legislation Overview Update (2020 Updated Edition), S. 179; dies in Bezug nehmend: Lesben- und Schwulenverband, Situation von LSBTI-Personen in der Mongolei (21. März 2021), S. 6. 70Die konkreten Auswirkungen dieses Gesetzes bzw. das Vorgehen der Regierung bleiben jedoch abzuwarten. 71Die Kammer konnte auch nicht zu der Überzeugung gelangen, dass Homosexuellen in der Mongolei eine Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure droht. 72Dabei soll nicht verkannt werden, dass Homosexuelle in der Mongolei vielfach Diskriminierungen und Anfeindungen von Seiten der mongolischen Bevölkerung und insbesondere ihrer eigenen Familienmitglieder ausgesetzt sind. 73Vgl. dazu die Fallstudien: LGBT Centre, Submission to the Human Rights Council at the 36th Session of the Universal Periodic Review: Mongolia vom 3. Oktober 2019, sowie The LGBT Centre Report on the Human Rights Situation of the Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Intersex (LGBTI) People in Mongolia for the Session 119 of the UN Human Rights Committee (CCPR). 74Den Fallstudien lässt sich jedoch auch entnehmen, dass Polizei und Justiz mehrfach zum Schutz der Betroffenen - wenn auch nicht in dem aus Sicht der Betroffenen für erforderlich gehaltenen Umfang - tätig geworden sind. Soweit dort von Bedrohungen durch die ultranationalistische Gruppierung "Bosoo Khukh Mongol" im September 2019 berichtet wird, ist zudem hinzuzufügen, dass die mongolische Polizei nach den der Kammer vorliegenden Informationen den Vorfall als Hassverbrechen untersuchte und Anklage gegen den mongolischen Führer der Organisation erhob. Das LGBT-Zentrum habe sich von der ermutigenden öffentlichen Reaktion auf den Vorfall überrascht gezeigt. 75Vgl. Aljazeera vom 9. Oktober 2019, Charges in Mongolia LGBT attack hint at changing attitudes (abrufbar unter: https://www.aljazeera.com/news/2019/10/9/charges-in-mongolia-lgbt-attack-hint-at-changing-attitudes). 76Während Homosexualität in den ländlichen Gebieten der Mongolei weiterhin als gesellschaftliches Tabu gilt, 77vgl. USDOS, Mongolia 2020 Human Rights Report, S. 22; Neue Zürcher Zeitung vom 5. Februar 2019, Vielen Mongolen fällt der Umgang mit Schulen und Lesben noch schwer, 78organisiert sich die LGBT-Szene in der Hauptstadt Ulan Bator zunehmend. Bereits seit einigen Jahren ist dort die Nichtregierungsorganisation LGBT-Centre aktiv. Die erste Pride-Parade fand mit 15 Teilnehmern statt. Im Jahr 2019 nahmen bereits rund 250 Menschen teil. Zwischenzeitlich wurden fünf Bars für Homosexuelle eröffnet. 79Vgl. Aljazeera vom 9. Oktober 2019, Charges in Mongolia LGBT attack hint at changing attitudes (abrufbar unter: https://www.aljazeera.com/news/2019/10/9/charges-in-mongolia-lgbt-attack-hint-at-changing-attitudes). 80Insgesamt stellt sich die Situation für Homosexuelle in der Mongolei mithin weiterhin als angespannt dar. Die zuletzt konstatierten Verbesserungen lassen die Annahme, dass die Gefahr, auch in der Hauptstadt Ulan Bator Opfer von Verfolgungshandlungen zu werden, derart verdichtet ist, dass davon alle offen homosexuell lebenden Mongolen betroffen sind, gleichwohl nicht zu. 81Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin im Falle einer Rückkehr in die Mongolei ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht, sind vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht ersichtlich. Denn als solcher kommt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG nur die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Betracht. Eine entsprechende Gefahr ist auch vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen zum Flüchtlingsschutz nicht festzustellen. 82Auch liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor. 83Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Zu prüfen sind nur Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen („zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse). Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich weitgehend identisch mit dem des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. 84Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juni 2013 - 10 C 13.12 -, juris, Rn. 25, und vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, juris, Rn. 35 u. 36. 85Hiervon ausgehend begründen die Verbürgungen der EMRK im Fall der Klägerin kein Abschiebungsverbot. Insbesondere verstieße ihre Abschiebung in die Mongolei nicht gegen Art. 3 EMRK. Insoweit wird zunächst auf die vorstehenden Ausführungen zur Flüchtlingseigenschaft und zum subsidiären Schutzstatus Bezug genommen. 86Auch humanitäre Gründe führen nicht zu der Annahme, dass eine Abschiebung gegen Art. 3 EMRK verstieße. Die allgemeinen sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung verletzen Art. 3 EMRK grundsätzlich nur in ganz außergewöhnlichen Fällen und somit lediglich ausnahmsweise, wenn die humanitären Gründe gegen die Abschiebung zwingend sind. Dies ist nur anzunehmen, wenn die Abschiebung zu einer ernsthaften, schnellen und irreversiblen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Betroffenen führen würde, die ein schweres Leiden oder eine erhebliche Verringerung der Lebenserwartung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zur Folge hätte. 87Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 11. April 2018 - A 11 S 1729/17 -, juris, Rn. 113 ff. (insb. 122 u. 140), m. w. N. 88Dies ist nicht der Fall. Es erscheint der Kammer unter Berücksichtigung dieser Kriterien insbesondere nicht beachtlich wahrscheinlich, dass das Existenzminimum der Klägerin bei einer Rückkehr in die Mongolei nicht gesichert wäre. 89Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die humanitäre und vor allem wirtschaftliche Situation für Teile der mongolischen Bevölkerung schwierig ist. So lag die Arbeitslosenquote 2020 bei 6,6 %, bei Jugendlichen war sie mit fast 17 % erheblich höher. Experten gehen davon aus, dass sie tatsächlich wesentlich höher liegt. Mehr als 20 % der Bevölkerung der Mongolei leben unter der Armutsgrenze. Die Welternährungsorganisation der UN schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20 % der Bevölkerung unterernährt waren. 90Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei (Stand: 20. Oktober 2020), S. 28; siehe auch: Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), Länderbericht Mongolei: Sozialpolitik auf dem Prüfstand, S. 1. 91Fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung der Mongolei lebt in der Hauptstadt Ulaanbaatar. 60 % der dortigen Bevölkerung wohnen in den am Stadtrand gelegenen slumähnlichen Gher-Bezirken (Juchten-Bezirke). 92Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei (Stand: 20. Oktober 2020), S. 28; Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 1. Februar 2018 zu Mongolei: Situation alleinerziehender Frau, S. 1; KAS, Länderbericht Mongolei: Sozialpolitik auf dem Prüfstand, S. 2. 93Diese sind überdies im Zuge geplanter Modernisierungsmaßnahmen der Gefahr von Zwangsräumungen ausgesetzt. 94Vgl. Al, Mongolei 2017/18, S. 4. 95Anhaltspunkte dafür, dass das Existenzminimum größerer Teile der mongolischen Bevölkerung gefährdet ist, liegen der Kammer gleichwohl nicht vor. So liegt die Lebenserwartung in der Mongolei dieser Befunde zum Trotz bei 70 Jahren. 96Vgl. Congressional Research Service, Mongolia (Update December 2019), S. 1. 97Auch existiert ein staatliches Sozialversicherungssystem, wobei der Zugang zu den Leistungen oft schwierig ist. Das für Sozialleistungen vorgesehene Budget umfasst 2,7 % des BIP, was deutlich höher ist, als in anderen Schwellenländern. 98Vgl. Bertelsmann-Stiftung, BTI 2018 Country Report Mongolia, S. 21; KAS, Länderbericht Mongolei: Sozialpolitik auf dem Prüfstand, S. 3. 99Die Angaben dazu, welche Bevölkerungsgruppen unter welchen Bedingungen Sozialleistungen erhalten, variieren, was auch mit der hohen Zahl unterschiedlicher staatlicher Hilfsprogramme (mehr als 70) in Zusammenhang stehen dürfte. 100Vgl. nur BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei (Stand: 20. Oktober 2020), S. 31; Bertelsmann-Stiftung, BTI 2020 Country Report Mongolia, S. 22 und SFH, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 1. Februar 2018 zu Mongolei: Situation alleinerziehender Frau, S. 4. 101Die Klägerin kann zur Überzeugung der Kammer darauf verwiesen werden, ihren Lebensunterhalt durch die erneute Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Sie weist einen hohen Bildungsgrad auf und ist auch vor ihrer Ausreise unterschiedlichen Erwerbstätigkeiten nachgegangen, um auf diesem Wege ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Sie macht aktuell nicht geltend, daran krankheitsbedingt gehindert zu sein oder sich momentan überhaupt in ärztlicher Behandlung zu befinden. Die dem Verwaltungsvorgang zu entnehmenden fachärztlichen Atteste stammen aus dem Jahr 2019 und können daher keinen Aufschluss über eventuell fortdauernde psychische Erkrankungen der Klägerin geben. Zudem hat sie es auch im Bundesgebiet zuletzt vermocht, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch wenn die der Kammer vorliegenden Erkenntnismittel zur Lage von Homosexuellen in der Mongolei darauf hindeuten, dass diese Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Beschäftigung haben können, belegen sie nicht, dass ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung generell nicht möglich wäre. 102Zwar dürfte die Phase unmittelbar nach der Rückkehr in die Mongolei häufig mit Schwierigkeiten verbunden sein. Im Fall der Klägerin ist jedoch zu bedenken, dass sie nach ihren Angaben im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt weiterhin Kontakt zu ihrer Mutter und zu ihrer älteren Schwester hat. Wenn diese ihrer Homosexualität auch kritisch gegenüberstehen mögen, spricht gleichwohl nichts dafür, dass sie die Klägerin nicht wenigstens vorrübergehend unterstützen würden. Und selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, könnte sie anfänglichen Schwierigkeiten durch die im Falle einer freiwilligen Ausreise gezahlten Rückkehr- und Starthilfen im Rahmen des REAG/GARP- und des ERRIN-Programms sowie die weiteren Unterstützungsleistungen für Rückkehrer begegnen. 103Vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/countries/mongolia m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 28. August 2019 - 9 A 4590/18.A -, juris, Rn. 206. 104Es ist zulässig, die Klägerin auf die Inanspruchnahme dieser Leistungen zu verweisen. Wer eine geltend gemachte Gefährdung in seinem Heimatland oder in einem anderen Zielstaat der Abschiebung durch zumutbares eigenes Verhalten, wozu insbesondere die freiwillige Ausreise und Rückkehr in den Heimatstaat gehört, abwenden kann, bedarf keines Abschiebungsschutzes. 105Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38/96 -, juris, Rn. 27; OVG Hamburg, Urteil vom 27. Oktober 2021 - 4 Bf 106/20.A -, juris, Rn. 106; VGH München, Urteil vom 7. Juni 2021 - 13a B 21.30342 -, juris, Rn. 32; VGH Mannheim, Urteil vom 17. Dezember 2020 - A 11 S 2042/20 -, juris, Rn. 110; OVG Bautzen, Urteil vom 25. Oktober 2018 - 5 A 51/16.A -, juris, Rn. 52. 106Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht erfüllt. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Entsprechende Gefahren sind vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nicht ersichtlich. 107Die in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes ergangene Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG. Die Ausreisefrist von 30 Tagen entspricht der gesetzlichen Regelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. 108Auch das auf 30 Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot (Ziffer 6 des angefochtenen Bescheides) ist rechtmäßig. Es findet seine Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Die Ermessensentscheidung des Bundesamtes, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung anzuordnen, ist nach Maßgabe des sich aus § 114 Satz 1 VwGO ergebenden (eingeschränkten) Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden (vgl. § 11 Abs. 3 AufenthG). Das Bundesamt hat die Sperrfrist, der ständigen Praxis in vergleichbaren Fällen folgend, auf den mittleren Bereich des nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG geltenden Fünf-Jahres-Rahmens festgesetzt. 109Vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 7. September 2021 - 1 C 46.20 -, juris, Rn. 18. 110Die Annahme, die Klägerin verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigten seien, ist zutreffend. 111Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 00.00.0000 geborene klägerin ist mongolische staatsangehörige. sie reiste am 18. august 2016 in das bundesgebiet ein, und stellte am 5. september 2019 förmlich einen asylantrag. dabei bestätigte sie, eine schriftliche mongolische übersetzung des dokuments "wichtige mitteilung - belehrung für erstantragsteller über mitwirkungspflichten und - allgemeine verfahrenshinweise" erhalten zu haben. dort findet sich unter anderem der folgende hinweis: 3"wohnen sie in einer aufnahmeeinrichtung, müssen sie sich erkundigen, wann und wo die behördliche post verteilt wird. dies geschieht an einem werktag zu bestimmten uhrzeiten. sie erhalten dort ihre post von einem mitarbeiter der aufnahmeeinrichtung. holen sie die post dort zu diesem zeitpunkt nicht ab, bleibt sie drei tage lang für sie liegen. danach wird die post an die behörde zurückgesandt. die behörde wird dann so verfahren, als ob sie den brief erhalten hätten." 4im september reichte die klägerin eine vollmachtsurkunde bei dem bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) ein, der zufolge sie eine mitarbeiterin des l. g. zur vertretung in allen verwaltungsrechtlichen und sozialrechtlichen verwaltungsverfahren ermächtige. unter dem abschnitt "die vollmacht umfasst insbesondere die befugnis" wurde der unterpunkt "zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen" nicht angekreuzt. 5im rahmen der anhörung beim bundesamt am 10. oktober 2019 gab die klägerin als grund dafür, die mongolei im august 2016 verlassen zu haben, im wesentlichen an, bis zu ihrer ausreise habe sie in c, zuvor im haus ihrer eltern in der b gelebt. in der mongolei lebten noch ihrer eltern, ein älterer bruder und eine schwester sowie onkel und tanten. zu ihrer mutter und zu ihrer älteren schwester habe sie noch kontakt. sie habe einen bachelor als hebamme absolviert und von august 2014 bis september 2015 in einer frauenklinik als krankenschwester sowie zuvor in einem hotel gearbeitet. sie habe schon immer mit dem gedanken gespielt, die mongolei zu verlassen. sie sei homosexuell und habe deshalb sowohl ihre anstellung in dem hotel als auch diejenige im krankenhaus verloren, nachdem die dortigen kollegen von ihrer sexuellen orientierung erfahren hätten. im jahr 2012 sei sie aufgrund ihrer homosexualität von zwei männern geschlagen worden. sie habe versucht, selbstmord zu begehen. ihre homosexualität sei ihrer familie, ihren arbeitskollegen, ihren freunden und auch den kollegen aus dem hotel bekannt gewesen. ihre familie habe versucht, sie zu überreden, ihre homosexualität aufzugeben. ihr vater spreche nicht mehr mit ihr. ihre mutter habe sie beschimpft und geschlagen, ebenso ihr bruder als sie vorrübergehend bei ihm eingezogen sei. heute habe ihre mutter ihre sexuelle orientierung weder von herzen akzeptiert, noch sei sie von herzen dagegen. sie - die klägerin - habe als au-pair mädchen nach kanada gewollt, jedoch kein visum erhalten. sie habe dann bei einer freundin in korea gelebt, bevor sie schließlich mit einem visum als au-pair nach deutschland gekommen sei. 6mit bescheid des bundesamts vom 22. mai 2020 lehnte die beklagte den antrag der klägerin auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (1.), den antrag auf anerkennung als asylberechtigte (2.) und den antrag auf zuerkennung des subsidiären schutzstatus (3.) ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 des aufenthaltsgesetzes (aufenthg) nicht vorliegen (4.). sie forderte die klägerin auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen nach bekanntgabe der entscheidung zu verlassen und drohte ihr für den fall, dass sie die ausreisefrist nicht einhalte, die abschiebung in die mongolei an (5.). ferner ordnete sie ein einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg an und befristete es auf 30 monate ab dem tag der abschiebung (6.). 7das bundesamt sandte den bescheid am 27. mai 2020 an die durch die klägerin bevollmächtigte mitarbeiterin des l. g.. mit schreiben vom 2. juni 2020 bat dieser darum, den bescheid unmittelbar der klägerin zuzustellen. das bundesamt sandte den bescheid sodann an die zentrale unterbringungseinrichtung m. dem zugehörigen empfangsbekenntnis ist zu entnehmen, dass die sendung dort am 9. juni 2020 einging und am 22. juni 2020 an die klägerin übergeben wurde. 8am 30. juni 2020 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben, zu deren begründung sie im wesentlichen anführt, die mongolische gesellschaft akzeptiere homosexualität nicht. sie fürchte daher diskriminiert zu werden. dazu verweist sie auf berichte des mongolischen "lgbt centre", auf einen bericht der bundesgeschäftsstelle des lesben- und schwulenverbands vom 21. märz 2021 sowie hinsichtlich ihrer persönlichen situation auf einen zusammenfassenden bericht des h. vom 5. november 2020. 9die klägerin beantragt, 10die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheids des bundesamts vom 22. mai 2020 zu verpflichten, ihr die flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen, 11hilfsweise, 12die beklagte unter teilweise aufhebung des vorgenannten bescheides zu verpflichten, ihr den subsidiären schutzstatus zu zuerkennen, 13weiter hilfsweise, 14die beklagte unter teilweiser aufhebung des vorgenannten bescheids zu verpflichten, festzustellen, dass in ihrer person ein abschiebungsverbot gemäß § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg hinsichtlich der mongolei vorliegt. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie verweist auf die begründung des angegriffenen bescheids. 18das gericht hat die klägerin im rahmen der mündlichen verhandlung informatorisch zu ihrem verfolgungsschicksal und zu ihren persönlichen verhältnissen angehört. insoweit wird auf das entsprechende terminprotokoll verwiesen. hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs bezug genommen. 19 | 20über den rechtstreit konnte nach § 102 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) aufgrund der mündlichen verhandlung vom 1. dezember 2021 entschieden werden, obwohl die beklagte nicht erschienen ist. sie wurde form- und fristgerecht geladen; in der ladung wurde ferner auf die möglichkeit hingewiesen, dass eine entscheidung auch bei nichterscheinen eines beteiligten ergehen könne. 21die klage hat keinen erfolg. 22sie ist zulässig, insbesondere hat die klägerin die klagefrist nach § 74 abs. 1 des asylgesetzes (asylg) gewahrt. danach muss die klage gegen entscheidungen nach dem asylg innerhalb von zwei wochen nach zustellung der entscheidung erhoben werden. 23dies ist vorliegend geschehen. der streitgegenständliche bescheid wurde der klägerin ausweislich des empfangsbekenntnisses am 22. juni 2020 in der zentralen aufnahmeeinrichtung m. durch die bezirksregierung köln übergeben. durch die erhebung der vorliegenden klage am 30. juni 2020 hat sie die klagefrist gewahrt. 24der bescheid wurde der klägerin nicht zu einem früheren zeitpunkt zugestellt. der versuch am 27. mai 2020, den bescheid einer mitarbeiterin des l. g. als ihrer vertreterin zuzustellen, konnte bereits deshalb keine wirksame zustellung bewirken, da diese nach der zu den akten gereichten schriftlichen vollmacht vom 28. august 2019 gerade nicht als zustellungsempfängerin bevollmächtigt worden war. 25der bescheid galt auch nicht gemäß § 10 abs. 4 satz 4 hs 2 asylg bereits zu einem früheren zeitpunkt als zugestellt. nach § 10 abs. 4 asylg hat in einer aufnahmeeinrichtung diese zustellungen und formlose mitteilungen an die ausländer, die nach maßgabe des absatzes 2 zustellungen und formlose mitteilungen unter der anschrift der aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen müssen, vorzunehmen. postausgabe- und postverteilungszeiten sind für jeden werktag durch aushang bekannt zu machen. der ausländer hat sicherzustellen, dass ihm postausgänge in der aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. zustellungen und formlose mitteilungen sind mit der aushändigung an den ausländer bewirkt; im übrigen gelten sie am dritten tag nach übergabe an die aufnahmeeinrichtung als bewirkt. nach § 10 abs. 7 asylg ist der ausländer bei der antragstellung schriftlich und gegen empfangsbestätigung auf diese zustellungsvorschriften hinzuweisen. 26jedenfalls die letztgenannte voraussetzung ist nicht erfüllt. die in dem nach aktenlage einzig in betracht kommenden formular "wichtige mitteilung - belehrung für erstantragsteller über mitwirkungspflichten und - allgemeine verfahrenshinweise" enthaltenen hinweise sind im vorliegenden fall irreführend. dort wird zur postausgabe in einer aufnahmeeinrichtung insbesondere ausgeführt, dass nicht abgeholte post dort für drei tage für den adressanten bereitliege. danach werde sie an die behörde zurückgesandt. die behörde werde dann so verfahren, als ob der adressat den brief erhalten hätte. diese hinweise sind geeignet, die vorstellung hervorzurufen, es komme (nur) dann zu einer zustellungsfiktion, wenn die für den ausländer gedachte sendung an den absender zurückgesandt wird. ungeachtet der frage, ob dieser hinweis die geltende rechtslage zutreffend widergibt, entspricht er jedenfalls nicht der tatsächlichen handhabung im fall der klägerin, sodass eine zustellungsfiktion nicht eintritt. 27vgl. zu vergleichbaren fallgestaltungen: verwaltungsgericht (vg) frankfurt (oder), beschluss vom 8. februar 2017 - 2 l 762/16.a -, juris, rn. 7 f.; vg münchen, urteil vom 19. oktober 2006 - m 24 k 06.50665 -, juris, rn. 19 ff. 28denn dem von der klägerin unterzeichneten empfangsbekenntnis ist zu entnehmen, dass der bescheid am 9. juni 2020 in der zentralen aufnahmeeinrichtung m. einging, dass ihr der bescheid jedoch nach mehr als drei tagen, nämlich am 22. juni 2020, übergeben wurde. 29die klage ist jedoch unbegründet. der angegriffene bescheid des bundesamtes vom 22. mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1, abs. 5 vwgo. sie hat nach der sach- und rechtslage zum nach § 77 abs. 1 satz 1 asylg maßgeblichen zeitpunkt keinen anspruch auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft im sinne des § 3 abs. 1 asylg. zudem liegen keine gründe für die zuerkennung subsidiären schutzes nach § 4 asylg oder die feststellung nationaler abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder 7 aufenthg vor. 30die klägerin hat keinen anspruch auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 abs. 1, 3a bis 3e asylg. 31nach § 3 abs. 4 asylg wird einem ausländer, der flüchtling nach absatz 1 ist, die flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die voraussetzungen des § 60 abs. 8 satz 1 aufenthg oder das bundesamt hat nach § 60 abs. 8 satz 3 aufenthg von der anwendung des § 60 abs. 1 aufenthg abgesehen. 32nach § 3 abs. 1 asylg ist ein ausländer flüchtling im sinne der genfer flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will. die prüfung der verfolgung richtet sich im einzelnen nach den §§ 3a bis 3e asylg. 33gemäß § 3a abs. 1 asylg gelten handlungen als verfolgung, die auf grund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 emrk keine abweichung zulässig ist (nr. 1). hinzu treten nach nr. 2 solche handlungen, die in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher wie der in nr. 1 beschriebenen weise betroffen ist. in absatz 2 werden handlungen aufgezählt, die unter anderem als verfolgung in diesem sinne gelten können. 34die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn dem ausländer die genannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. eine beachtliche wahrscheinlichkeit in diesem sinne liegt vor, wenn sich die rückkehr in den heimatstaat aus der sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden menschen als unzumutbar erweist, weil bei abwägung aller in betracht kommenden umstände die für eine bevorstehende verfolgung streitenden tatsachen ein größeres gewicht besitzen als die dagegen sprechenden gesichtspunkte. 35vgl. oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, urteil vom 7. februar 2018 - 14 a 2390/16.a -, juris, rn. 25 ff., m. w. n. 36macht der antragsteller geltend, dass er bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften schaden erlitten hat bzw. von solcher verfolgung oder einem solchen schaden unmittelbar bedroht war, kann dies gemäß art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu ein ernsthafter hinweis darauf sein, dass seine furcht vor verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich gefahr läuft, ernsthaften schaden zu erleiden. diese beweiserleichterung in gestalt einer tatsächlichen vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn stichhaltige gründe dagegen sprechen, dass der antragsteller erneut von solcher verfolgung oder einem solchen schaden bedroht wird. diese beurteilung obliegt tatrichterlicher würdigung im rahmen freier beweiswürdigung. die bereits erlittener verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende verfolgung setzt eine gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der betroffene für seine person ohne weiteres mit dem jederzeitigen verfolgungseintritt aktuell rechnen muss. 37vgl. ovg nrw, urteil vom 18. mai 2018 - 1 a 2/18.a -, juris, rn. 63 f., m. w. n. 38unter berücksichtigung dieser kriterien ist das vorbringen der klägerin zu ihrem individuellen schicksal nicht geeignet, die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft zu tragen. 39die klägerin ist nicht vorverfolgt ausgereist. 40sie verwies im rahmen der mündlichen verhandlung darauf, die mongolei wegen ihrer arbeitslosigkeit verlassen zu haben. ihr arbeitgeber habe ihre anstellung als hebamme wegen ihrer homosexualität gekündigt. darin ist bereits keine verfolgungshandlung i. s. d. § 3a abs. 1 asylg zu sehen. ungeachtet der frage, ob die beeinträchtigung der ungehinderten beruflichen und wirtschaftlichen betätigung eine schwerwiegende verletzung eines grundlegenden menschenrechts i. s. d. § 3a abs. 1 nr. 1 asylg oder eine verletzung der menschenrechte darstellen kann, die im zusammenwirken mit weiteren maßnahmen einen menschen in ähnlich schwerwiegender weise betrifft (§ 3a abs. 1 nr. 2 asylg), wird sie nur in besonderen fällen als verfolgungshandlung anzusehen sein. dies ist nur anzunehmen, wenn sie nach intensität und schwere die menschenwürde verletzt und über das hinausgeht, was die bewohner des heimatstaates aufgrund des dort herrschenden systems allgemein hinzunehmen haben. 41vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 31. märz 1981 - 9 c 237.80 -, juris, rn. 12 (für art. 16a gg); vg freiburg, urteil vom 9. dezember 2020 - a 15 k 47788/17 -, juris, rn. 47; hailbronner, in: ders., ausländerrecht, § 3a asylg (stand: juni 2014), rn. 12. 42die beruflichen und wirtschaftlichen einschränkungen müssen existenziell sein, 43vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23.12 -, juris, rn. 36; treiber, in: gk-asylgesetz, § 3a asylg (stand: märz 2020), rn. 71, 76; ähnlich auch: easo, voraussetzungen für die zuerkennung internationalen schutzes (richtlinie 2011/95/eu), s. 36, 44bzw. eine ausweglose lage hervorrufen. 45vgl. vg berlin, beschluss vom 4. august 2016 - 6 l 389.16 a -, juris, rn. 20. 46daran fehlt es hier. es ist nicht erkennbar, dass die klägerin aufgrund der von ihr geschilderten diskriminierungen und des verlusts ihrer erwerbstätigkeit in eine ausweglose existentielle notlage geraten ist. ungeachtet aller sonstigen zweifelsfragen spricht jedenfalls nichts dafür, dass sie vor ihrer ausreise generell daran gehindert war, eine (wenn auch nicht ihren beruflichen qualifikationen und individuellen wünschen entsprechende) neue existenzsichernde tätigkeit aufzunehmen. dafür spricht auch, dass sie im rahmen der mündlichen verhandlung auf die frage, ob sie in ulan bator arbeiten könne, angab, sie werde wieder eine anstellung finden. selbst wenn ihre befürchtung, man werde ihr irgendwann erneut kündigen, auch die situation vor ihrer ausreise zutreffend beschreiben sollte, spricht dies doch dafür, dass auch vor ihrer ausreise eine existenzielle notlage nicht bestand. 47auch ihre angabe im rahmen der anhörung beim bundesamt, sie sei einmal von zwei männern wegen ihrer homosexualität geschlagen und beschimpft worden, begründet keine vorverfolgung. insoweit ist zu berücksichtigten, dass sich dieser vorfall bereits kurz vor ihrem abschluss im jahr 2012 ereignet haben soll und dass sie sich im anschluss noch einige jahre bis zu ihrer ausreise im jahr 2016 in der mongolei aufgehalten hatte, ohne vergleichbares erneut erlebt zu haben. insoweit ist ein hinreichender zusammenhang mit der jahre später wesentlich aufgrund des verlustes ihres arbeitsplatzes erfolgten ausreise nicht festzustellen. 48es ist auch nicht anzunehmen, dass die klägerin bei einer rückkehr in die mongolei ungeachtet ihrer individuellen erlebnisse aufgrund ihrer homosexualität verfolgungshandlungen ausgesetzt sein wird. 49die gefahr einer den anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft begründenden verfolgung kann sich auch aus gegen dritte gerichteten maßnahmen ergeben, wenn diese dritten wegen eines flüchtlingsschutzrelevanten merkmals verfolgt werden, das der betreffende mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach ort, zeit und wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren lage befindet (gefahr der gruppenverfolgung). die annahme einer alle gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten verfolgung setzt - abgesehen von den fällen eines (staatlichen) verfolgungsprogramms - grundsätzlich eine bestimmte "verfolgungsdichte" voraus. hierfür ist die gefahr einer so großen vielzahl von eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle übergriffe oder um eine vielzahl einzelner übergriffe handelt. die verfolgungshandlungen müssen vielmehr im verfolgungszeitraum und verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden gruppenangehörigen nicht nur die möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle gefahr eigener betroffenheit entsteht. bei der prüfung einer gruppenverfolgung sind die zahlenmäßigen grundlagen der gebotenen relationsbetrachtung zur verfolgungsdichte nicht mit quasi naturwissenschaftlicher genauigkeit festzustellen. es genügt, die ungefähre größenordnung der verfolgungsschläge zu ermitteln und sie in beziehung zur gesamtgruppe der von verfolgung betroffenen zu setzen. dabei darf bei unübersichtlicher tatsachenlage und nur bruchstückhaften informationen aus einem krisengebiet auch auf grundlage einer vielzahl vorliegender einzelinformationen eine zusammenfassende bewertung des ungefähren umfangs der asylerheblichen verfolgungsschläge und der größe der verfolgten gruppe vorgenommen werden, wobei gegebenenfalls auch eine dunkelziffer nicht bekannter übergriffe einzubeziehen ist. 50vgl. ovg nrw, urteile 17. august 2015 - 3 a 2496/07.a -, juris, rn. 54 ff., und vom 22. januar 2014 - 9 a 2564/10.a -, juris, rn. 41 ff., jeweils unter hinweis auf bverwg, urteile vom 5. juli 1994 - 9 c 158.94 -, juris, rn. 17 ff., und vom 21. april 2009 - 10 c 11.08 -, juris, rn. 13 ff. 51unter berücksichtigung dieser kriterien und der der kammer vorliegenden berichte und stellungnahmen zur lage homosexueller in der mongolei ist die für die annahme einer gruppenverfolgung notwendige dichte an verfolgungshandlungen i. s. d. § 3a asylg nicht festzustellen. 52vgl. im ergebnis ebenso: österreichisches bverwg, urteil vom 11. november 2016 - w119 2103944-1/8e -. 53dies gilt zunächst für der staat als möglichem verfolgungsakteur, vgl. § 3c nr. 1 asylg. 54homosexualität ist in der mongolei seit dem jahr 1961 nicht mehr strafbar. 55vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation mongolei (gesamtaktualisierung am 20. oktober 2020), s. 26; ilga world, state-sponsored homophobia. global legislation overview update (2020 updated edition), s. 102. 56die regierung ist zudem bemüht, die rechte von homosexuellen zu stärken. so trat am 1. juli 2017 das neue strafgesetzbuch in kraft. es verbietet diskriminierung u.a. aufgrund sexueller orientierung, genderidentität und geschlecht. vergehen können mit bis zu fünf jahren haft bestraft werden. 57vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation mongolei (gesamtaktualisierung am 25. september 2018), s. 24; ilga world, state-sponsored homophobia 2019 (13th edition), s. 133; ilga world, state-sponsored homophobia. global legislation overview update (2020 updated edition), s. 205. 58abschnitt 14.1(2.3) verschärft auch die strafen, wenn derartige handlungen von amtsträgern begangen werden. 59vgl. ilga world, state-sponsored homophobia. global legislation overview update (2020 updated edition), s. 226. 60in einem nächsten schritt soll das arbeitsgesetz angepasst und diskriminierungen verboten werden. 61vgl. neue zürcher zeitung vom 5. februar 2019, vielen mongolen fällt der umgang mit schwulen und lesben noch schwer (abrufbar unter: https://www.nzz.ch/international/schwule-und-lesben-schwierige-akzeptanz-fuer-lgbt-in-der-mongolei-ld.1456120); ilga world, state-sponsored homophobia. global legislation overview update (2020 updated edition), s. 226. 62zwar berichteten und berichten lgbt-organisationen weiterhin von machmissbrauch durch die polizei. 63vgl. lgbt centre, submission to the human rights council at the 36th session of the universal periodic review: mongolia vom 3. oktober 2019, sowie the lgbt centre report on the human rights situation of the lesbian, gay, bisexual, transgender and intersex (lgbti) people in mongolia for the session 119 of the un human rights committee (ccpr). 64andere weisen jedoch darauf hin, dass das bewusstsein der polizei für die missstände, denen die lgbti-gemeinschaft ausgesetzt ist, und ihre fähigkeit, auf die probleme von lgbti-personen zu reagieren, gestiegen sei. 65vgl. auch: usdos, mongolia 2020 human rights report, s. 22. 66polizisten seien in bezug auf hassverbrechen geschult worden. beobachter konstatieren verbesserungen insbesondere in der kriminal- und entwicklungsabteilung. 67vgl. aljazeera vom 9. oktober 2019, charges in mongolia lgbt attack hint at changing attitudes (abrufbar unter: https://www.aljazeera.com/news/2019/10/9/charges-in-mongolia-lgbt-attack-hint-at-changing-attitudes). 68ein gesetzentwurf aus dem jahr 2019, der der regierung eine stärkere kontrolle über die finanzierungsquellen zivilgesellschaftlicher organisationen, eine direkte überwachung ihrer aktivitäten und die befugnis einräumt, die arbeit derer zu unterbinden, die "gegen die öffentliche einheit" arbeiten, wird von menschenrechtsorganisationen kritisiert. 69vgl. ilga world, state-sponsored homophobia. global legislation overview update (2020 updated edition), s. 179; dies in bezug nehmend: lesben- und schwulenverband, situation von lsbti-personen in der mongolei (21. märz 2021), s. 6. 70die konkreten auswirkungen dieses gesetzes bzw. das vorgehen der regierung bleiben jedoch abzuwarten. 71die kammer konnte auch nicht zu der überzeugung gelangen, dass homosexuellen in der mongolei eine gruppenverfolgung durch nichtstaatliche akteure droht. 72dabei soll nicht verkannt werden, dass homosexuelle in der mongolei vielfach diskriminierungen und anfeindungen von seiten der mongolischen bevölkerung und insbesondere ihrer eigenen familienmitglieder ausgesetzt sind. 73vgl. dazu die fallstudien: lgbt centre, submission to the human rights council at the 36th session of the universal periodic review: mongolia vom 3. oktober 2019, sowie the lgbt centre report on the human rights situation of the lesbian, gay, bisexual, transgender and intersex (lgbti) people in mongolia for the session 119 of the un human rights committee (ccpr). 74den fallstudien lässt sich jedoch auch entnehmen, dass polizei und justiz mehrfach zum schutz der betroffenen - wenn auch nicht in dem aus sicht der betroffenen für erforderlich gehaltenen umfang - tätig geworden sind. soweit dort von bedrohungen durch die ultranationalistische gruppierung "bosoo khukh mongol" im september 2019 berichtet wird, ist zudem hinzuzufügen, dass die mongolische polizei nach den der kammer vorliegenden informationen den vorfall als hassverbrechen untersuchte und anklage gegen den mongolischen führer der organisation erhob. das lgbt-zentrum habe sich von der ermutigenden öffentlichen reaktion auf den vorfall überrascht gezeigt. 75vgl. aljazeera vom 9. oktober 2019, charges in mongolia lgbt attack hint at changing attitudes (abrufbar unter: https://www.aljazeera.com/news/2019/10/9/charges-in-mongolia-lgbt-attack-hint-at-changing-attitudes). 76während homosexualität in den ländlichen gebieten der mongolei weiterhin als gesellschaftliches tabu gilt, 77vgl. usdos, mongolia 2020 human rights report, s. 22; neue zürcher zeitung vom 5. februar 2019, vielen mongolen fällt der umgang mit schulen und lesben noch schwer, 78organisiert sich die lgbt-szene in der hauptstadt ulan bator zunehmend. bereits seit einigen jahren ist dort die nichtregierungsorganisation lgbt-centre aktiv. die erste pride-parade fand mit 15 teilnehmern statt. im jahr 2019 nahmen bereits rund 250 menschen teil. zwischenzeitlich wurden fünf bars für homosexuelle eröffnet. 79vgl. aljazeera vom 9. oktober 2019, charges in mongolia lgbt attack hint at changing attitudes (abrufbar unter: https://www.aljazeera.com/news/2019/10/9/charges-in-mongolia-lgbt-attack-hint-at-changing-attitudes). 80insgesamt stellt sich die situation für homosexuelle in der mongolei mithin weiterhin als angespannt dar. die zuletzt konstatierten verbesserungen lassen die annahme, dass die gefahr, auch in der hauptstadt ulan bator opfer von verfolgungshandlungen zu werden, derart verdichtet ist, dass davon alle offen homosexuell lebenden mongolen betroffen sind, gleichwohl nicht zu. 81anhaltspunkte dafür, dass der klägerin im falle einer rückkehr in die mongolei ein ernsthafter schaden im sinne des § 4 abs. 1 asylg droht, sind vor diesem hintergrund ebenfalls nicht ersichtlich. denn als solcher kommt nach § 4 abs. 1 satz 2 asylg nur die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe, folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts in betracht. eine entsprechende gefahr ist auch vor dem hintergrund der vorstehenden ausführungen zum flüchtlingsschutz nicht festzustellen. 82auch liegen keine abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder 7 aufenthg vor. 83nach § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der anwendung der emrk ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. zu prüfen sind nur abschiebungshindernisse, die in gefahren begründet liegen, welche dem ausländer im zielstaat der abschiebung drohen („zielstaatsbezogene" abschiebungshindernisse). soweit § 60 abs. 5 aufenthg die völkerrechtliche verpflichtung der bundesrepublik deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden maßnahmen die gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung zu berücksichtigen (art. 3 emrk), ist der sachliche regelungsbereich weitgehend identisch mit dem des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg und geht über diesen, soweit art. 3 emrk in rede steht, jedenfalls nicht hinaus. 84vgl. bverwg, urteile vom 13. juni 2013 - 10 c 13.12 -, juris, rn. 25, und vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, juris, rn. 35 u. 36. 85hiervon ausgehend begründen die verbürgungen der emrk im fall der klägerin kein abschiebungsverbot. insbesondere verstieße ihre abschiebung in die mongolei nicht gegen art. 3 emrk. insoweit wird zunächst auf die vorstehenden ausführungen zur flüchtlingseigenschaft und zum subsidiären schutzstatus bezug genommen. 86auch humanitäre gründe führen nicht zu der annahme, dass eine abschiebung gegen art. 3 emrk verstieße. die allgemeinen sozio-ökonomischen und humanitären verhältnisse im zielstaat der abschiebung verletzen art. 3 emrk grundsätzlich nur in ganz außergewöhnlichen fällen und somit lediglich ausnahmsweise, wenn die humanitären gründe gegen die abschiebung zwingend sind. dies ist nur anzunehmen, wenn die abschiebung zu einer ernsthaften, schnellen und irreversiblen verschlechterung des gesundheitszustandes des betroffenen führen würde, die ein schweres leiden oder eine erhebliche verringerung der lebenserwartung mit beachtlicher wahrscheinlichkeit zur folge hätte. 87vgl. vgh mannheim, urteil vom 11. april 2018 - a 11 s 1729/17 -, juris, rn. 113 ff. (insb. 122 u. 140), m. w. n. 88dies ist nicht der fall. es erscheint der kammer unter berücksichtigung dieser kriterien insbesondere nicht beachtlich wahrscheinlich, dass das existenzminimum der klägerin bei einer rückkehr in die mongolei nicht gesichert wäre. 89dabei verkennt die kammer nicht, dass die humanitäre und vor allem wirtschaftliche situation für teile der mongolischen bevölkerung schwierig ist. so lag die arbeitslosenquote 2020 bei 6,6 %, bei jugendlichen war sie mit fast 17 % erheblich höher. experten gehen davon aus, dass sie tatsächlich wesentlich höher liegt. mehr als 20 % der bevölkerung der mongolei leben unter der armutsgrenze. die welternährungsorganisation der un schätzte im jahr 2015, dass mehr als 20 % der bevölkerung unterernährt waren. 90vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei (stand: 20. oktober 2020), s. 28; siehe auch: konrad-adenauer-stiftung (kas), länderbericht mongolei: sozialpolitik auf dem prüfstand, s. 1. 91fast die hälfte der gesamtbevölkerung der mongolei lebt in der hauptstadt ulaanbaatar. 60 % der dortigen bevölkerung wohnen in den am stadtrand gelegenen slumähnlichen gher-bezirken (juchten-bezirke). 92vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei (stand: 20. oktober 2020), s. 28; schweizerische flüchtlingshilfe (sfh), schnellrecherche der sfh-länderanalyse vom 1. februar 2018 zu mongolei: situation alleinerziehender frau, s. 1; kas, länderbericht mongolei: sozialpolitik auf dem prüfstand, s. 2. 93diese sind überdies im zuge geplanter modernisierungsmaßnahmen der gefahr von zwangsräumungen ausgesetzt. 94vgl. al, mongolei 2017/18, s. 4. 95anhaltspunkte dafür, dass das existenzminimum größerer teile der mongolischen bevölkerung gefährdet ist, liegen der kammer gleichwohl nicht vor. so liegt die lebenserwartung in der mongolei dieser befunde zum trotz bei 70 jahren. 96vgl. congressional research service, mongolia (update december 2019), s. 1. 97auch existiert ein staatliches sozialversicherungssystem, wobei der zugang zu den leistungen oft schwierig ist. das für sozialleistungen vorgesehene budget umfasst 2,7 % des bip, was deutlich höher ist, als in anderen schwellenländern. 98vgl. bertelsmann-stiftung, bti 2018 country report mongolia, s. 21; kas, länderbericht mongolei: sozialpolitik auf dem prüfstand, s. 3. 99die angaben dazu, welche bevölkerungsgruppen unter welchen bedingungen sozialleistungen erhalten, variieren, was auch mit der hohen zahl unterschiedlicher staatlicher hilfsprogramme (mehr als 70) in zusammenhang stehen dürfte. 100vgl. nur bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation, mongolei (stand: 20. oktober 2020), s. 31; bertelsmann-stiftung, bti 2020 country report mongolia, s. 22 und sfh, schnellrecherche der sfh-länderanalyse vom 1. februar 2018 zu mongolei: situation alleinerziehender frau, s. 4. 101die klägerin kann zur überzeugung der kammer darauf verwiesen werden, ihren lebensunterhalt durch die erneute aufnahme einer erwerbstätigkeit sicherzustellen. sie weist einen hohen bildungsgrad auf und ist auch vor ihrer ausreise unterschiedlichen erwerbstätigkeiten nachgegangen, um auf diesem wege ihren lebensunterhalt sicherzustellen. sie macht aktuell nicht geltend, daran krankheitsbedingt gehindert zu sein oder sich momentan überhaupt in ärztlicher behandlung zu befinden. die dem verwaltungsvorgang zu entnehmenden fachärztlichen atteste stammen aus dem jahr 2019 und können daher keinen aufschluss über eventuell fortdauernde psychische erkrankungen der klägerin geben. zudem hat sie es auch im bundesgebiet zuletzt vermocht, eine erwerbstätigkeit aufzunehmen. auch wenn die der kammer vorliegenden erkenntnismittel zur lage von homosexuellen in der mongolei darauf hindeuten, dass diese schwierigkeiten bei der suche nach einer beschäftigung haben können, belegen sie nicht, dass ihnen die aufnahme einer beschäftigung generell nicht möglich wäre. 102zwar dürfte die phase unmittelbar nach der rückkehr in die mongolei häufig mit schwierigkeiten verbunden sein. im fall der klägerin ist jedoch zu bedenken, dass sie nach ihren angaben im rahmen der anhörung beim bundesamt weiterhin kontakt zu ihrer mutter und zu ihrer älteren schwester hat. wenn diese ihrer homosexualität auch kritisch gegenüberstehen mögen, spricht gleichwohl nichts dafür, dass sie die klägerin nicht wenigstens vorrübergehend unterstützen würden. und selbst wenn dies nicht der fall sein sollte, könnte sie anfänglichen schwierigkeiten durch die im falle einer freiwilligen ausreise gezahlten rückkehr- und starthilfen im rahmen des reag/garp- und des errin-programms sowie die weiteren unterstützungsleistungen für rückkehrer begegnen. 103vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/countries/mongolia m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 28. august 2019 - 9 a 4590/18.a -, juris, rn. 206. 104es ist zulässig, die klägerin auf die inanspruchnahme dieser leistungen zu verweisen. wer eine geltend gemachte gefährdung in seinem heimatland oder in einem anderen zielstaat der abschiebung durch zumutbares eigenes verhalten, wozu insbesondere die freiwillige ausreise und rückkehr in den heimatstaat gehört, abwenden kann, bedarf keines abschiebungsschutzes. 105vgl. bverwg, urteil vom 15. april 1997 - 9 c 38/96 -, juris, rn. 27; ovg hamburg, urteil vom 27. oktober 2021 - 4 bf 106/20.a -, juris, rn. 106; vgh münchen, urteil vom 7. juni 2021 - 13a b 21.30342 -, juris, rn. 32; vgh mannheim, urteil vom 17. dezember 2020 - a 11 s 2042/20 -, juris, rn. 110; ovg bautzen, urteil vom 25. oktober 2018 - 5 a 51/16.a -, juris, rn. 52. 106auch die voraussetzungen des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg sind nicht erfüllt. danach soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. entsprechende gefahren sind vor dem hintergrund der vorstehenden ausführungen nicht ersichtlich. 107die in dem angegriffenen bescheid des bundesamtes ergangene abschiebungsandrohung findet ihre rechtsgrundlage in § 34 abs. 1 satz 1 asylg i. v. m. § 59 aufenthg. die ausreisefrist von 30 tagen entspricht der gesetzlichen regelung in § 59 abs. 1 satz 1 aufenthg. 108auch das auf 30 monate befristete einreise- und aufenthaltsverbot (ziffer 6 des angefochtenen bescheides) ist rechtmäßig. es findet seine rechtsgrundlage in § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg. die ermessensentscheidung des bundesamtes, ein einreise- und aufenthaltsverbot für 30 monate ab dem tag der abschiebung anzuordnen, ist nach maßgabe des sich aus § 114 satz 1 vwgo ergebenden (eingeschränkten) prüfungsumfangs nicht zu beanstanden (vgl. § 11 abs. 3 aufenthg). das bundesamt hat die sperrfrist, der ständigen praxis in vergleichbaren fällen folgend, auf den mittleren bereich des nach § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg geltenden fünf-jahres-rahmens festgesetzt. 109vgl. dazu: bverwg, urteil vom 7. september 2021 - 1 c 46.20 -, juris, rn. 18. 110die annahme, die klägerin verfüge im bundesgebiet über keine wesentlichen bindungen, die im rahmen der ermessensprüfung zu berücksichtigten seien, ist zutreffend. 111die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo und § 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. |
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} | 6z K 2909/21 | 2022-01-11T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 9. April 2002 geborene Klägerin erwarb am 26. Juni 2020 in Nordrhein-Westfalen die Hochschulzugangsberechtigung mit einer Durchschnittsnote von 1,0. Zum Sommersemester 2021 bewarb sie sich bei der Beklagten um einen Studienplatz im Studiengang Humanmedizin. Ihr konnte zum Sommersemester der gewünschte Studienplatz an der Universität zu Köln zugewiesen werden. 3Allerdings absolvierte die Klägerin bereits seit dem 1. September 2020 ein „Freiwilliges soziales Jahr“ (FSJ). Daher erließ die Beklagte mit Datum vom 4. Februar 2021 einen Rückstellungsbescheid. Darin heißt es unter anderem. „Wenn Sie einen Dienst antreten bzw. bereits leisten, brauchen Sie hinsichtlich Ihres Studienplatzes zunächst nichts zu unternehmen. Nach Ende Ihres Dienstes haben Sie aufgrund dieses Bescheides Anspruch darauf, innerhalb der nächsten zwei Vergabeverfahren nach Dienstende, in denen dieser Studiengang angeboten wird, erneut ausgewählt zu werden.“ 4Am 7. Juni 2021 wandte die Klägerin sich per E-Mail an die Beklagte und fragte an, wie das Bewerbungsverfahren nach einer Rückstellung aussehe. Sie wolle nunmehr zum Wintersemester 2021/22 ihr Studium aufnehmen, könne aber nirgendwo Angaben zu Fristen finden, falls man sich überhaupt erneut bewerben müsse. 5Ebenfalls per E-Mail wies die Beklagte die Klägerin am 8. Juni 2021 darauf hin, dass auch für eine Vorwegzulassung nach einer Rückstellung erneut eine form- und fristgerechte Bewerbung erforderlich sei. Altabiturienten müssten sich bis spätestens zum 31. Mai 2021 online beworben haben. Es handle sich dabei um eine materiell rechtliche Ausschlussfrist, sodass sich die Klägerin nicht mehr für das Wintersemester 2021/22 bewerben könne. 6Mit Schreiben vom 18. Juni 2021 wandte sich der Prozessbevollmächtigte an die Beklagte und bemängelte einen fehlenden Hinweis in dem Rückstellungsbescheid vom 4. Februar 2021 auf die verkürzte Bewerbungsfrist für Altabiturienten. Damit habe die Beklagte ihre Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin, die wegen der Absolvierung des FSJ nunmehr auch noch Nachteile erleide, verletzt. Mit einem weiteren Schreiben vom 5. Juli 2021 stellte der Prozessvollmächte ausdrücklich einen Zulassungsantrag für die Klägerin und bat um einen rechtsmittelfähigen Bescheid. 7Mit Bescheid vom 14. Juli 2021 schloss die Beklagte den Zulassungsantrag der Klägerin vom Vergabeverfahren aus. Zur Begründung führte sie aus, der elektronische Zulassungsantrag sei nicht fristgerecht eingegangen. 8Am 19. Juli 2021 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, die Beklagte könne sich wegen falscher Angaben in dem Rückstellungsbescheid und Verletzung ihrer Fürsorgepflicht ihr gegenüber nicht auf das Fristversäumnis berufen. 9In dem Rückstellungsbescheid habe die Beklagte falsche Angaben gemacht. Die Beklagte habe ihr mit der Formulierung in dem Rückstellungsbescheid, es sei hinsichtlich ihres Studienplatzes zunächst nichts zu unternehmen, eine falsche Sicherheit vermittelt. Der Bescheid müsse ausgehend vom Empfängerhorizont ausgelegt werden. Sie sei eine unerfahrene junge Frau, die mit der Ableistung ihres FSJ einer sozialen Verpflichtung nachgekommen sei. In einer solchen Situation lese sie in dem Rückstellungsbescheid, dass sie nichts unternehmen müsse und nach Ableistung ihres Dienstes erneut ausgewählt werde. 10Zumindest habe für die Beklagte eine gesteigerte Fürsorgepflicht ihr gegenüber bestanden. Einer unerfahrenen jungen Frau gegenüber sei die Beklagte verpflichtet gewesen, in dem Rückstellungsbescheid sämtliche Hinweise zu erteilen, welche für eine spätere Zulassung erforderlich seien. Dass der Beklagten die Fristen bekannt seien, liege auf der Hand. Es sei für die Beklagte auch ein Leichtes, auf entsprechende Fristen hinzuweisen, das habe sie an anderer Stelle auch getan. 11Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 12die Beklagte unter Aufhebung des Ausschlussbescheides vom 14. Juli 2021 zu verpflichten, ihr einen Studienplatz für den Studiengang Humanmedizin für das Wintersemester 2021/22 an der Universität Köln zuzuweisen. 13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die Klage abzuweisen. 15Sie führt zur Begründung aus, bei der Bewerbungsfrist für sog. Altabiturienten handele es sich um eine Ausschlussfrist, die von ihr nicht individuell verlängert werden könne. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht möglich. Auch eine sog. Nachsichtgewährung komme nicht in Frage. Eine solche komme nur bei besonderen Einzelfallumständen in Betracht, wenn die Anwendung der Frist für den Betroffenen als eine außergewöhnliche, durch den Zweck der Frist nicht gebotene, unzumutbare Härte erscheine. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. 16Die Formulierung in dem Rückstellungsbescheid richte sich an Bewerber, die eine Zurückstellung wegen eines berücksichtigungsfähigen Dienstes beantragten und solle den Bewerbern verdeutlichen, dass der Dienst erst im Falle eines späteren Antrages auf Vorwegzulassung nachgewiesen werden müsse. 17Auf ihren Internetseiten werde erklärt, dass die Auswahl aufgrund eines früheren Zulassungsanspruches nicht automatisch erfolge, sondern eine erneute form- und fristgerechte Bewerbung erforderlich sei; auch die einzureichenden Bewerbungsunterlagen würden dort aufgeführt. Die Bewerbungsfristen seien ebenfalls auf ihren Internetseiten veröffentlicht. 18Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die von der Beklagten elektronisch übermittelten Bewerbungsunterlagen Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden. 21Die Klage ist unbegründet. 22Der Ausschlussbescheid der Beklagten vom 14. Juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. 23Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuweisung eines Studienplatzes im Studiengang Humanmedizin nach den zum Wintersemester 2021/2022 maßgeblichen Regeln. 24Studienplätze im Studiengang Humanmedizin werden in einem zentralen Vergabeverfahren nach den Regelungen des in allen Bundesländern ratifizierten, am 1. Dezember 2019 in Kraft getretenen Staatsvertrages über die Hochschulzulassung (Vergabe-Staatsvertrag) in Verbindung mit den in den einzelnen Ländern erlassenen, die Vorgaben des Staatsvertrages konkretisierenden Rechtsverordnungen vergeben. Diese Verordnungen müssen nach Art. 12 Abs. 2 des Vergabe-Staatsvertrages in den für die zentrale Vergabe wesentlichen Punkten übereinstimmen. Im Folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen Verordnungen der übrigen Länder – auf die Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (VergabeVO NRW) vom 13. November 2020 (GVBl. NRW 2020, S. 1060), geändert durch Verordnung vom 29. April 2021 (GVBl. NRW 2021, S. 566), Bezug genommen. 25Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 VergabeVO NRW ist vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, wer den Antrag nicht innerhalb der Frist nach § 6 Abs. 2 VergabeVO NRW in Verbindung mit § 6 Abs. 1 VergabeVO NRW formgerecht gestellt hat. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VergabeVO NRW muss ein Zulassungsantrag elektronisch über das Webportal der Stiftung bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist eingegangen sein. Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester 2021/2022 läuft gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VergabeVO NRW, wenn die Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. Januar 2021 erworben wurde, bis zum 31. Mai 2021. Diese Frist ist für die Klägerin als sogenannte Altabiturientin maßgeblich. Sie hat ihre Bewerbung für das Wintersemester 2021/2022 nicht innerhalb dieser Frist eingereicht. Die Bewerbung ging erst am 5. Juli 2021 bei der Beklagten ein. Sie genügt zudem nicht der vorgeschriebenen Form, weil sie nicht über das Webportal der Beklagten übermittelt wurde. 26Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Antragsfrist. Denn bei der oben genannten Frist handelt es sich um eine sogenannte Ausschlussfrist, bei der eine Verlängerung ebenso wenig möglich ist wie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dies ergibt sich aus § 32 Abs. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 2 VergabeVO NRW. § 32 Abs. 5 VwVfG bestimmt, dass die Wiedereinsetzung unzulässig ist, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist. § 6 Abs. 1 Satz 2 VergabeVO NRW ist eine solche Rechtsvorschrift und bestimmt durch den am Ende enthaltenen Klammerzusatz ausdrücklich, dass es sich bei den dort genannten Fristen um Ausschlussfristen handelt. 27Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2013 - 6z K 3970/12 - sowie Beschlüsse vom 13. Oktober 2014 - 6z L 1513/14 -, vom 18. September 2017 - 6z L 2812/17 -, juris und vom 3. September 2019 - 6z L 1286/19 -. 28Nach ständiger Rechtsprechung ist die Statuierung dieser Ausschlussfristen mit Blick auf die Besonderheiten der Studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei der Bearbeitung von mehreren zehntausend Zulassungsanträgen im Zentralen Verfahren führt praktisch jede nachträgliche Veränderung des Datenbestandes zu einer Verschiebung in den Auswahl- und Verteilungslisten. Das durchzuführende Auswahl- und Verteilungsverfahren kann erst in Gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die Auswahl und Verteilung erheblichen Daten aller Bewerber feststehen. Dazu gehört naturgemäß auch, wer aufgrund form- und fristgerechter Bewerbung überhaupt in das Zulassungsverfahren einzubeziehen ist. Das Interesse der Allgemeinheit und auch der Studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen Vergabe der Studienplätze rechtfertigt eine strikte Handhabung der den Studienbewerbern gesetzten Fristen. 29Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. September 2011 - 13 A 1090/11 - und vom 7. Dezember 2010 - 13 B 1481/10 -, juris; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2012 - 6z K 4229/12 - sowie Beschlüsse vom 1. Oktober 2015 - 6z L 1905/15 -, vom 13. Juni 2016 - 6z L 578/16 -, juris und vom 15. Juli 2021 - 6z L 848/21 -, juris. 30Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin sich im Ergebnis auch nicht auf die Rechtsprechung berufen, der zufolge auch bei Ausschlussfristen unter engen Voraussetzungen eine „Nachsichtgewährung“ in Betracht kommt. 31Vgl. dazu zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 24. April 2013 - 8 B 81.12 -, juris (Rn. 12), und Mattes, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, Kommentar, 2. Aufl. 2019, § 31 Rn. 28, jeweils mit weiteren Nachweisen. 32Eine solche Ausnahme kommt vor allem in Betracht, wenn eine Behörde durch ihr Fehlverhalten zu der Fristversäumung beigetragen hat; das Berufen auf den Fristablauf ist ihr dann nach Treu und Glauben verwehrt. Ein entsprechender Fall ist vorliegend nicht gegeben. Unzutreffende Angaben hinsichtlich einzuhaltender Bewerbungsfristen hat die Beklagte der Klägerin gegenüber nicht gemacht. Ein Fehlverhalten der Beklagten durch Unterlassen, da sie die Klägerin in dem Rückstellungsbescheid nicht auf die Erforderlichkeit einer erneuten Bewerbung und die für sie zum Wintersemester geltende kürzere Fristen für Altabiturienten hinweisen hat, vermag die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Eine entsprechende gesetzliche Hinweisverpflichtung der Beklagten bestand nicht. Eine entsprechende Verpflichtung folgt auch nicht - wie die Klägerin meint - aus ihrem jugendlichen Alter und der damit einhergehenden fehlenden Lebenserfahrung sowie der Tatsache, dass sie nur infolge der Ableistung eines der Allgemeinheit dienlichen Dienstes in die Situation ein Studienhalbjahr zu verlieren, geraten ist. 33Es darf zunächst von jedem Studienbewerber erwartet werden, dass er sich über Form und Frist einer Studienbewerbung informiert. 34Dass eine erneute Bewerbung bei der Beklagten erforderlich sein würde, war für die Klägerin zweifelsohne erkennbar. Denn dass knappe Studienplätze nicht über zwei Vergabeverfahren, nach einem der Beklagten nicht bekannten Datum des Dienstendes, für einen Studienbewerber frei gehalten werden können und deshalb eine Initiative des jeweiligen Studienbewerbers erforderlich ist, sich nach Ableistung seines Dienstes erneut um einen Studienplatz zu bewerben - der ihm für den vorbeschriebenen Zeitraum aufgrund vorheriger Zulassung garantiert ist -, liegt auf der Hand und war der Klägerin offenbar auch bewusst, die sich mit entsprechenden Nachfragen am 6. Juni 2021 per E-Mail an die Beklagte gewandt hat. Die in § 19 VergabeVO NRW geregelte Erforderlichkeit einer erneuten form- und fristgerechten Bewerbung nach Rückstellung lässt sich zudem den detaillierten und leicht verständlichen Hinweisen auf den Internetseiten der Beklagten entnehmen. Von einem Studienbewerber, zumal einem Studienbewerber, der sich bereits durch ein früheres Zulassungsverfahren schon intensiv mit dem Internetauftritt der Beklagten beschäftigt hat, kann erwartet werden, dass er sich diese - für seine weitere Ausbildung wichtigen - Informationen verschafft. Letztlich ergab sich die Erforderlichkeit einer erneuten Bewerbung inzidenter auch aus dem Rückstellungsbescheid, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass nach Ende des Dienstes aufgrund dieses Bescheides ein Anspruch darauf bestehe, innerhalb der nächsten zwei Vergabeverfahren nach Dienstende, in denen dieser Studiengang angeboten wird, erneut ausgewählt zu werden. 35Der Vorwurf der Klägerin, die Beklagte hätte sie individuell auf die verkürzten Bewerbungsfristen für Altabiturienten hinweisen müssen, geht fehl. Zum einen handelt es sich bei den Rückstellungsbescheiden um nicht individualisierte „Massenbescheide“, die auch gegenüber Studienbewerbern ergehen, die bereits bei ihrer erstmaligen Zulassung sog. Altabiturienten waren. Zum anderen betrifft die kürzere Bewerbungsfrist für Altabiturienten lediglich das Wintersemester und es war weder absehbar, zu welchem Semester sich die Klägerin erneut bewerben würde noch bestand Klarheit, ob die Bewerbungsfristen für die kommenden Wintersemester pandemiebedingt erneut nach hinten verschoben werden würden, wie zum Wintersemester 2020/2021. Im Übrigen lassen sich die jeweiligen Bewerbungsfristen, auch die abweichenden Bewerbungsfristen für Altabiturienten für das Wintersemester, regelmäßig sehr übersichtlich und auch für noch unerfahrene junge Menschen gut verständlich den Veröffentlichungen auf der Homepage der Beklagten, auf der auch die verschiedenen Begriffe ergänzend erläutert werden, entnehmen. 36Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte sei trotz Bereitstellung umfänglicher Informationen auf ihrer Homepage verpflichtet gewesen, die Klägerin mit dem Rückstellungsbescheid auf die Erforderlichkeit einer erneuten Bewerbung und eventuell geltende verkürzte Fristen für Altabiturientin hinzuweisen, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Allein der Umstand, dass die Klägerin vor ihrer erneuten Bewerbung um einen Studienplatz - wie zahlreiche andere Studienbewerber auch - anerkennenswerterweise einen Dienst abgeleistet hat und erst damit zu einer Altabiturientin geworden ist, vermag - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht dazu zu führen, dass ihr eine Fristversäumnis nicht entgegen gehalten werden darf. 37Fehlt es an einem fristgerecht gestellten Antrag im Bewerbungsverfahren zum Wintersemester 2021/2022, so kann die nachträglich eingereichte Bewerbung auch im gerichtlichen Verfahren nicht zu einer Beteiligung am Vergabeverfahren führen. Denn auch das Gericht darf sich über die aufgezeigte Ausschlussfrist nicht hinwegsetzen. Es bleibt der Klägerin aber selbstverständlich unbenommen, sich in künftigen Bewerbungsverfahren erneut fristgerecht um einen Studienplatz zu bewerben. 38Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. 40Rechtsmittelbelehrung: 41Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt. 42Belehrung für den Fall, dass die Zulassung der Berufung beantragt wird: 43Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Über den Antrag, der den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Gerichtsbescheides sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 44Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 451. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen, 462. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 473. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 484. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 495. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 50Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 51Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 52Belehrung für den Fall, dass mündliche Verhandlung beantragt wird: 53Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu stellen. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges Urteil. 54Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 9. april 2002 geborene klägerin erwarb am 26. juni 2020 in nordrhein-westfalen die hochschulzugangsberechtigung mit einer durchschnittsnote von 1,0. zum sommersemester 2021 bewarb sie sich bei der beklagten um einen studienplatz im studiengang humanmedizin. ihr konnte zum sommersemester der gewünschte studienplatz an der universität zu köln zugewiesen werden. 3allerdings absolvierte die klägerin bereits seit dem 1. september 2020 ein „freiwilliges soziales jahr“ (fsj). daher erließ die beklagte mit datum vom 4. februar 2021 einen rückstellungsbescheid. darin heißt es unter anderem. „wenn sie einen dienst antreten bzw. bereits leisten, brauchen sie hinsichtlich ihres studienplatzes zunächst nichts zu unternehmen. nach ende ihres dienstes haben sie aufgrund dieses bescheides anspruch darauf, innerhalb der nächsten zwei vergabeverfahren nach dienstende, in denen dieser studiengang angeboten wird, erneut ausgewählt zu werden.“ 4am 7. juni 2021 wandte die klägerin sich per e-mail an die beklagte und fragte an, wie das bewerbungsverfahren nach einer rückstellung aussehe. sie wolle nunmehr zum wintersemester 2021/22 ihr studium aufnehmen, könne aber nirgendwo angaben zu fristen finden, falls man sich überhaupt erneut bewerben müsse. 5ebenfalls per e-mail wies die beklagte die klägerin am 8. juni 2021 darauf hin, dass auch für eine vorwegzulassung nach einer rückstellung erneut eine form- und fristgerechte bewerbung erforderlich sei. altabiturienten müssten sich bis spätestens zum 31. mai 2021 online beworben haben. es handle sich dabei um eine materiell rechtliche ausschlussfrist, sodass sich die klägerin nicht mehr für das wintersemester 2021/22 bewerben könne. 6mit schreiben vom 18. juni 2021 wandte sich der prozessbevollmächtigte an die beklagte und bemängelte einen fehlenden hinweis in dem rückstellungsbescheid vom 4. februar 2021 auf die verkürzte bewerbungsfrist für altabiturienten. damit habe die beklagte ihre fürsorgepflicht gegenüber der klägerin, die wegen der absolvierung des fsj nunmehr auch noch nachteile erleide, verletzt. mit einem weiteren schreiben vom 5. juli 2021 stellte der prozessvollmächte ausdrücklich einen zulassungsantrag für die klägerin und bat um einen rechtsmittelfähigen bescheid. 7mit bescheid vom 14. juli 2021 schloss die beklagte den zulassungsantrag der klägerin vom vergabeverfahren aus. zur begründung führte sie aus, der elektronische zulassungsantrag sei nicht fristgerecht eingegangen. 8am 19. juli 2021 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben. zur begründung macht sie geltend, die beklagte könne sich wegen falscher angaben in dem rückstellungsbescheid und verletzung ihrer fürsorgepflicht ihr gegenüber nicht auf das fristversäumnis berufen. 9in dem rückstellungsbescheid habe die beklagte falsche angaben gemacht. die beklagte habe ihr mit der formulierung in dem rückstellungsbescheid, es sei hinsichtlich ihres studienplatzes zunächst nichts zu unternehmen, eine falsche sicherheit vermittelt. der bescheid müsse ausgehend vom empfängerhorizont ausgelegt werden. sie sei eine unerfahrene junge frau, die mit der ableistung ihres fsj einer sozialen verpflichtung nachgekommen sei. in einer solchen situation lese sie in dem rückstellungsbescheid, dass sie nichts unternehmen müsse und nach ableistung ihres dienstes erneut ausgewählt werde. 10zumindest habe für die beklagte eine gesteigerte fürsorgepflicht ihr gegenüber bestanden. einer unerfahrenen jungen frau gegenüber sei die beklagte verpflichtet gewesen, in dem rückstellungsbescheid sämtliche hinweise zu erteilen, welche für eine spätere zulassung erforderlich seien. dass der beklagten die fristen bekannt seien, liege auf der hand. es sei für die beklagte auch ein leichtes, auf entsprechende fristen hinzuweisen, das habe sie an anderer stelle auch getan. 11die klägerin beantragt schriftsätzlich, 12die beklagte unter aufhebung des ausschlussbescheides vom 14. juli 2021 zu verpflichten, ihr einen studienplatz für den studiengang humanmedizin für das wintersemester 2021/22 an der universität köln zuzuweisen. 13die beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die klage abzuweisen. 15sie führt zur begründung aus, bei der bewerbungsfrist für sog. altabiturienten handele es sich um eine ausschlussfrist, die von ihr nicht individuell verlängert werden könne. eine wiedereinsetzung in den vorigen stand sei nicht möglich. auch eine sog. nachsichtgewährung komme nicht in frage. eine solche komme nur bei besonderen einzelfallumständen in betracht, wenn die anwendung der frist für den betroffenen als eine außergewöhnliche, durch den zweck der frist nicht gebotene, unzumutbare härte erscheine. diese voraussetzungen seien nicht gegeben. 16die formulierung in dem rückstellungsbescheid richte sich an bewerber, die eine zurückstellung wegen eines berücksichtigungsfähigen dienstes beantragten und solle den bewerbern verdeutlichen, dass der dienst erst im falle eines späteren antrages auf vorwegzulassung nachgewiesen werden müsse. 17auf ihren internetseiten werde erklärt, dass die auswahl aufgrund eines früheren zulassungsanspruches nicht automatisch erfolge, sondern eine erneute form- und fristgerechte bewerbung erforderlich sei; auch die einzureichenden bewerbungsunterlagen würden dort aufgeführt. die bewerbungsfristen seien ebenfalls auf ihren internetseiten veröffentlicht. 18wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und die von der beklagten elektronisch übermittelten bewerbungsunterlagen bezug genommen. 19 | 20die kammer entscheidet über die klage gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, weil sie der auffassung ist, dass die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind dazu gehört worden. 21die klage ist unbegründet. 22der ausschlussbescheid der beklagten vom 14. juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. 23die klägerin hat keinen anspruch auf zuweisung eines studienplatzes im studiengang humanmedizin nach den zum wintersemester 2021/2022 maßgeblichen regeln. 24studienplätze im studiengang humanmedizin werden in einem zentralen vergabeverfahren nach den regelungen des in allen bundesländern ratifizierten, am 1. dezember 2019 in kraft getretenen staatsvertrages über die hochschulzulassung (vergabe-staatsvertrag) in verbindung mit den in den einzelnen ländern erlassenen, die vorgaben des staatsvertrages konkretisierenden rechtsverordnungen vergeben. diese verordnungen müssen nach art. 12 abs. 2 des vergabe-staatsvertrages in den für die zentrale vergabe wesentlichen punkten übereinstimmen. im folgenden wird – auch stellvertretend für die einschlägigen verordnungen der übrigen länder – auf die verordnung über die vergabe von studienplätzen in nordrhein-westfalen (vergabevo nrw) vom 13. november 2020 (gvbl. nrw 2020, s. 1060), geändert durch verordnung vom 29. april 2021 (gvbl. nrw 2021, s. 566), bezug genommen. 25nach § 7 abs. 3 nr. 3 vergabevo nrw ist vom vergabeverfahren ausgeschlossen, wer den antrag nicht innerhalb der frist nach § 6 abs. 2 vergabevo nrw in verbindung mit § 6 abs. 1 vergabevo nrw formgerecht gestellt hat. nach § 6 abs. 2 satz 1 vergabevo nrw muss ein zulassungsantrag elektronisch über das webportal der stiftung bis zum ablauf der bewerbungsfrist eingegangen sein. die bewerbungsfrist für das wintersemester 2021/2022 läuft gemäß § 6 abs. 1 satz 2 nr. 2 vergabevo nrw, wenn die hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. januar 2021 erworben wurde, bis zum 31. mai 2021. diese frist ist für die klägerin als sogenannte altabiturientin maßgeblich. sie hat ihre bewerbung für das wintersemester 2021/2022 nicht innerhalb dieser frist eingereicht. die bewerbung ging erst am 5. juli 2021 bei der beklagten ein. sie genügt zudem nicht der vorgeschriebenen form, weil sie nicht über das webportal der beklagten übermittelt wurde. 26die klägerin hat auch keinen anspruch auf wiedereinsetzung in den vorigen stand wegen unverschuldeter versäumung der antragsfrist. denn bei der oben genannten frist handelt es sich um eine sogenannte ausschlussfrist, bei der eine verlängerung ebenso wenig möglich ist wie eine wiedereinsetzung in den vorigen stand. dies ergibt sich aus § 32 abs. 5 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) in verbindung mit § 6 abs. 1 satz 2 vergabevo nrw. § 32 abs. 5 vwvfg bestimmt, dass die wiedereinsetzung unzulässig ist, wenn sich aus einer rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist. § 6 abs. 1 satz 2 vergabevo nrw ist eine solche rechtsvorschrift und bestimmt durch den am ende enthaltenen klammerzusatz ausdrücklich, dass es sich bei den dort genannten fristen um ausschlussfristen handelt. 27vgl. dazu vg gelsenkirchen, gerichtsbescheid vom 20. februar 2013 - 6z k 3970/12 - sowie beschlüsse vom 13. oktober 2014 - 6z l 1513/14 -, vom 18. september 2017 - 6z l 2812/17 -, juris und vom 3. september 2019 - 6z l 1286/19 -. 28nach ständiger rechtsprechung ist die statuierung dieser ausschlussfristen mit blick auf die besonderheiten der studienplatzvergabe sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen bedenken. bei der bearbeitung von mehreren zehntausend zulassungsanträgen im zentralen verfahren führt praktisch jede nachträgliche veränderung des datenbestandes zu einer verschiebung in den auswahl- und verteilungslisten. das durchzuführende auswahl- und verteilungsverfahren kann erst in gang gesetzt werden, wenn sämtliche für die auswahl und verteilung erheblichen daten aller bewerber feststehen. dazu gehört naturgemäß auch, wer aufgrund form- und fristgerechter bewerbung überhaupt in das zulassungsverfahren einzubeziehen ist. das interesse der allgemeinheit und auch der studienbewerber selbst an einer funktionierenden und rechtzeitigen vergabe der studienplätze rechtfertigt eine strikte handhabung der den studienbewerbern gesetzten fristen. 29vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 12. september 2011 - 13 a 1090/11 - und vom 7. dezember 2010 - 13 b 1481/10 -, juris; vg gelsenkirchen, gerichtsbescheid vom 13. dezember 2012 - 6z k 4229/12 - sowie beschlüsse vom 1. oktober 2015 - 6z l 1905/15 -, vom 13. juni 2016 - 6z l 578/16 -, juris und vom 15. juli 2021 - 6z l 848/21 -, juris. 30vor diesem hintergrund kann die klägerin sich im ergebnis auch nicht auf die rechtsprechung berufen, der zufolge auch bei ausschlussfristen unter engen voraussetzungen eine „nachsichtgewährung“ in betracht kommt. 31vgl. dazu zusammenfassend bverwg, beschluss vom 24. april 2013 - 8 b 81.12 -, juris (rn. 12), und mattes, in: mann/sennekamp/uechtritz, vwvfg, kommentar, 2. aufl. 2019, § 31 rn. 28, jeweils mit weiteren nachweisen. 32eine solche ausnahme kommt vor allem in betracht, wenn eine behörde durch ihr fehlverhalten zu der fristversäumung beigetragen hat; das berufen auf den fristablauf ist ihr dann nach treu und glauben verwehrt. ein entsprechender fall ist vorliegend nicht gegeben. unzutreffende angaben hinsichtlich einzuhaltender bewerbungsfristen hat die beklagte der klägerin gegenüber nicht gemacht. ein fehlverhalten der beklagten durch unterlassen, da sie die klägerin in dem rückstellungsbescheid nicht auf die erforderlichkeit einer erneuten bewerbung und die für sie zum wintersemester geltende kürzere fristen für altabiturienten hinweisen hat, vermag die kammer ebenfalls nicht zu erkennen. eine entsprechende gesetzliche hinweisverpflichtung der beklagten bestand nicht. eine entsprechende verpflichtung folgt auch nicht - wie die klägerin meint - aus ihrem jugendlichen alter und der damit einhergehenden fehlenden lebenserfahrung sowie der tatsache, dass sie nur infolge der ableistung eines der allgemeinheit dienlichen dienstes in die situation ein studienhalbjahr zu verlieren, geraten ist. 33es darf zunächst von jedem studienbewerber erwartet werden, dass er sich über form und frist einer studienbewerbung informiert. 34dass eine erneute bewerbung bei der beklagten erforderlich sein würde, war für die klägerin zweifelsohne erkennbar. denn dass knappe studienplätze nicht über zwei vergabeverfahren, nach einem der beklagten nicht bekannten datum des dienstendes, für einen studienbewerber frei gehalten werden können und deshalb eine initiative des jeweiligen studienbewerbers erforderlich ist, sich nach ableistung seines dienstes erneut um einen studienplatz zu bewerben - der ihm für den vorbeschriebenen zeitraum aufgrund vorheriger zulassung garantiert ist -, liegt auf der hand und war der klägerin offenbar auch bewusst, die sich mit entsprechenden nachfragen am 6. juni 2021 per e-mail an die beklagte gewandt hat. die in § 19 vergabevo nrw geregelte erforderlichkeit einer erneuten form- und fristgerechten bewerbung nach rückstellung lässt sich zudem den detaillierten und leicht verständlichen hinweisen auf den internetseiten der beklagten entnehmen. von einem studienbewerber, zumal einem studienbewerber, der sich bereits durch ein früheres zulassungsverfahren schon intensiv mit dem internetauftritt der beklagten beschäftigt hat, kann erwartet werden, dass er sich diese - für seine weitere ausbildung wichtigen - informationen verschafft. letztlich ergab sich die erforderlichkeit einer erneuten bewerbung inzidenter auch aus dem rückstellungsbescheid, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass nach ende des dienstes aufgrund dieses bescheides ein anspruch darauf bestehe, innerhalb der nächsten zwei vergabeverfahren nach dienstende, in denen dieser studiengang angeboten wird, erneut ausgewählt zu werden. 35der vorwurf der klägerin, die beklagte hätte sie individuell auf die verkürzten bewerbungsfristen für altabiturienten hinweisen müssen, geht fehl. zum einen handelt es sich bei den rückstellungsbescheiden um nicht individualisierte „massenbescheide“, die auch gegenüber studienbewerbern ergehen, die bereits bei ihrer erstmaligen zulassung sog. altabiturienten waren. zum anderen betrifft die kürzere bewerbungsfrist für altabiturienten lediglich das wintersemester und es war weder absehbar, zu welchem semester sich die klägerin erneut bewerben würde noch bestand klarheit, ob die bewerbungsfristen für die kommenden wintersemester pandemiebedingt erneut nach hinten verschoben werden würden, wie zum wintersemester 2020/2021. im übrigen lassen sich die jeweiligen bewerbungsfristen, auch die abweichenden bewerbungsfristen für altabiturienten für das wintersemester, regelmäßig sehr übersichtlich und auch für noch unerfahrene junge menschen gut verständlich den veröffentlichungen auf der homepage der beklagten, auf der auch die verschiedenen begriffe ergänzend erläutert werden, entnehmen. 36anhaltspunkte für die annahme, die beklagte sei trotz bereitstellung umfänglicher informationen auf ihrer homepage verpflichtet gewesen, die klägerin mit dem rückstellungsbescheid auf die erforderlichkeit einer erneuten bewerbung und eventuell geltende verkürzte fristen für altabiturientin hinzuweisen, vermag die kammer nicht zu erkennen. allein der umstand, dass die klägerin vor ihrer erneuten bewerbung um einen studienplatz - wie zahlreiche andere studienbewerber auch - anerkennenswerterweise einen dienst abgeleistet hat und erst damit zu einer altabiturientin geworden ist, vermag - entgegen der auffassung der klägerin - nicht dazu zu führen, dass ihr eine fristversäumnis nicht entgegen gehalten werden darf. 37fehlt es an einem fristgerecht gestellten antrag im bewerbungsverfahren zum wintersemester 2021/2022, so kann die nachträglich eingereichte bewerbung auch im gerichtlichen verfahren nicht zu einer beteiligung am vergabeverfahren führen. denn auch das gericht darf sich über die aufgezeigte ausschlussfrist nicht hinwegsetzen. es bleibt der klägerin aber selbstverständlich unbenommen, sich in künftigen bewerbungsverfahren erneut fristgerecht um einen studienplatz zu bewerben. 38die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 39die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. 40rechtsmittelbelehrung: 41gegen diesen gerichtsbescheid können die beteiligten die zulassung der berufung oder mündliche verhandlung beantragen; wird von beiden rechtsbehelfen gebrauch gemacht, findet mündliche verhandlung statt. 42belehrung für den fall, dass die zulassung der berufung beantragt wird: 43die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. über den antrag, der den angefochtenen gerichtsbescheid bezeichnen muss, entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des gerichtsbescheides sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 44die berufung ist nur zuzulassen, wenn 451. ernstliche zweifel an der richtigkeit des gerichtsbescheids bestehen, 462. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 473. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 484. der gerichtsbescheid von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 495. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 50auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 51im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 52belehrung für den fall, dass mündliche verhandlung beantragt wird: 53der antrag auf mündliche verhandlung ist bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, innerhalb eines monats nach zustellung des gerichtsbescheids schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle zu stellen. wird der antrag rechtzeitig gestellt, gilt der gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges urteil. 54auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. |
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} | 6 K 4669/19 | 2022-01-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke A.---------straße … und …(H. I. , G. 6, G2. … und …) in H1. . Auf den Grundstücken stehen zwei Wohngebäude auf. Auf dem überwiegenden Teil des G3. … und dem südlichen Teil des G3. … befindet sich eine Hoffläche. Das G4. … weist eine Grundfläche von etwa 1.004 m2 und das G4. … von etwa 543 m2 auf. 3Weitere Einzelheiten lassen sich dem nachfolgenden Kartenausschnitt entnehmen: 4An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 5Die Beklagte führte im September 2018 aufgrund von Beschwerden betreffend die Nutzung des Wohngebäudes A.---------straße … eine Ortsbesichtigung durch. Dabei stellte sie fest, dass auf der Hoffläche der G2. … und … 16 Fahrzeuge (überwiegend abgemeldete Kleintransporter), vier Motorroller und fünf Kompressoren abgestellt waren. Ein Bekannter des Klägers teilte mit, die Fahrzeuge gehörten dem Betrieb seiner Ehefrau und deutete auf sein T-Shirt mit der Aufschrift „U. X. “. 6Im Oktober 2018 hörte die Beklagte den Kläger zum beabsichtigten Erlass einer Ordnungsverfügung nebst Zwangsgeldandrohung wegen der Nutzung der Hoffläche als Lagerplatz an. Zur Begründung führte sie aus, die Nutzung erfolge ohne die erforderliche Baugenehmigung. Der Anhörung war eine Fotodokumentation der abgestellten Fahrzeuge beigefügt. In der dazu abgegebenen Stellungnahme wies der Kläger darauf hin, dass er Gesellschafter des Unternehmens X1. X2. V. sei und dieser ein vorübergehendes Abstellen nicht mehr benötigter Fahrzeuge erlaubt habe. Er beabsichtige, einen Bauantrag zu stellen und ab Oktober zwei Fahrzeuge pro Monat von der Hoffläche zu entfernen. 7Bei einer Ortsbesichtigung im November 2018 stellte die Beklagte fest, dass die Hoffläche weiterhin als Lagerfläche genutzt wurde. Mit Ordnungsverfügung vom November 2018 untersagte die Beklagte dem Unternehmen X1. X2. V. – nach vorheriger Anhörung – die Nutzung des Grundstücks als Fahrzeuglager. Die durch den Kläger für das Unternehmen X1. X2. V. erhobene Klage gegen diesen Bescheid war Gegenstand des durch Klagerücknahme beendeten Verfahrens mit dem Aktenzeichen 6 K 6629/18. Der Lebensgefährte der Geschäftsführerin des Unternehmens X1. X2. V. , Herr S. , teilte der Beklagten mit, die Fahrzeuge würden dem Kläger gehören. 8Im April 2019 hörte die Beklagte den Kläger erneut zum Erlass einer Ordnungsverfügung an und forderte ihn auf, Eigentumsnachweise für die Fahrzeuge vorzulegen. Der Kläger teilte mit, er sei Eigentümer der Fahrzeuge. Nachweise legte er nicht vor. Er beabsichtige nicht mehr, eine Baugenehmigung zu beantragen. Er habe eine Fläche in Essen angemietet, um die Fahrzeuge dort lagern zu können. Im Juni 2019 forderte die Beklagte den Kläger erneut dazu auf, Eigentumsnachweise für die Fahrzeuge vorzulegen und die Fahrzeuge zu entfernen. Bei Ortsbesichtigungen im Juli und September 2019 stellte die Beklagte fest, dass die Nutzung als Lagerfläche weiterhin nicht eingestellt worden war. 9Daraufhin gab die Beklagte dem Kläger mit Ordnungsverfügung vom 23. September 2019, zugestellt am 25. September 2019, auf, alle auf der Hoffläche der Grundstücke A.---------straße… und … in H1. (H. I. , G. …, G2. … und …) abgestellten, abgemeldeten Kraftfahrzeuge innerhalb von fünf Wochen nach Zustellung der Verfügung zu entfernen und anschließend das Grundstück nicht mehr zum Abstellen von Kraftfahrzeugen aller Art als Fahrzeuglager zu nutzen. Sie bezog sich auf die im Zuge der Ortsbesichtigungen getroffenen Feststellungen, wonach die Hoffläche als Lagerplatz für Kraftfahrzeuge genutzt worden sei und fügte dem Bescheid eine Fotodokumentation bei. Zudem ordnete sie die sofortige Vollziehung an und drohte dem Kläger für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- Euro an. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Nutzungsänderung sei formell illegal, weil der Kläger nicht im Besitz der erforderlichen bauaufsichtlichen Genehmigung sei. Der Kläger sei als Eigentümer der Grundstücke und – nach seinen Angaben – auch Eigentümer der abgestellten Kraftfahrzeuge Zustandsstörer. Zuvor sei das Unternehmen X1. X2. V. in der Annahme in Anspruch genommen worden, diese sei Eigentümerin der Kraftfahrzeuge. 10Am 22. Oktober 2019 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Zur Begründung führt er aus, die Anhörung sei unzureichend, weil darin nur das G4. … und nicht auch das G4. …benannt worden sei. Die Ordnungsverfügung sei unverhältnismäßig, weil er einen Plan zur Entfernung der Fahrzeuge vorgelegt und auch schon damit begonnen habe, diesen umzusetzen. Eine geringe Inanspruchnahme des Grundstücks als Lagerfläche sei nicht genehmigungspflichtig. Die im Bescheid enthaltene 5-Wochen-Frist zur Entfernung der Fahrzeuge führe zu einer übereilten Verschrottung und damit zu betriebs- und volkswirtschaftlichen Schäden. Da in der Nachbarschaft niemand wohne, beeinträchtige die Lagerung der Fahrzeuge niemanden. Zudem sei vielen Bürgern nicht bekannt, dass Fahrzeuglager genehmigungspflichtig seien. Die Hoffläche sei durch die Nutzung als Lagerfläche in einem besseren Zustand als zuvor. Die Verfügung, auch zukünftig Fahrzeuge „aller Art“ nicht auf dem Grundstück lagern zu dürfen, sei kaum zu gewährleisten und unüblich. 11Der Kläger beantragt, 12die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 23. September 2019 (Az. 63/1-04296-18-12) aufzuheben. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Sie bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Ordnungsverfügung. 16Mit Beschluss vom 28. November 2019 hat das Gericht den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt (6 L 1622/19). 17Bei einer Ortsbesichtigung am 7. Januar 2020 hat die Beklagte festgestellt, dass sämtliche stillgelegten Kraftfahrzeuge von der Hoffläche entfernt worden waren. Der Kläger hat hierzu auf Nachfrage des Gerichts erklärt, dass er auch nach der Entfernung der Fahrzeuge an seiner Klage festhält, um die zukünftige Nutzung der Grundstücke und Regressansprüche zu klären. 18Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angegriffene Ordnungsverfügung vom 23. September 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). 21Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Ordnungsverfügung ist § 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 82 Satz 2 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen 2018 (BauO NRW). 22In formeller Hinsicht begegnet die angegriffene Ordnungsverfügung keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere wurde der Kläger vor Erlass der Ordnungsverfügung – wie in § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) vorgeschrieben – angehört. Aus dem der Anhörung vorausgegangenen Verwaltungsverfahren, bei dem Gegenstand die Nutzung der gesamten Hoffläche der beiden G2. gewesen ist, dürfte für den Kläger vor allem auch erkennbar gewesen sein, dass sich der angekündigte Erlass der Nutzungsuntersagung auch auf das G4. … und nicht nur auf das ausdrücklich in dem Anhörungsschreiben genannte G4. …bezieht. Hierfür spricht auch die der Anhörung beigefügte Fotodokumentation. 23Die angegriffene Ordnungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 58 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW haben die Bauaufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Aufgabe, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. § 82 Satz 2 BauO NRW sieht insoweit vor, dass die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen kann, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften in diesem Sinne gehören unter anderem die §§ 60 ff. BauO NRW, denen zufolge bestimmte Vorhaben der Einholung einer Baugenehmigung bedürfen. Wird ein solches genehmigungsbedürftiges Vorhaben ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt, hat die Behörde ein Einschreiten zu erwägen. 24Die Voraussetzungen für ein solches Einschreiten liegen hier vor. Der Kläger nutzte die Grundstücke seinen eigenen Angaben zufolge, um in seinem Eigentum stehende Fahrzeuge abzustellen. Diese Nutzung ist formell illegal, da sie ohne die gemäß § 60 Abs. 1 BauO NRW erforderliche Baugenehmigung erfolgte. Nach § 60 Abs. 1 BauO NRW bedarf auch die Nutzungsänderung von bestehenden Anlagen – wie im vorliegenden Fall – einer Baugenehmigung, soweit in den §§ 61 bis 63, 78 und 79 BauO NRW nichts anderes bestimmt ist. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die erfolgte Umnutzung der bestehenden Hoffläche nicht ausnahmsweise gemäß § 61 ff. BauO NRW baugenehmigungsfrei ist. 25Insbesondere der Tatbestand des § 62 Abs. 1 Nr. 14 lit. c) BauO NRW, der nicht überdachte Stellplätze für PKW und Motorräder bis zu insgesamt 100 m² von der Baugenehmigungspflicht ausnimmt, ist nicht einschlägig. Gemäß § 2 Abs. 8 Satz 1 BauO NRW sind Stellplätze Flächen, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern außerhalb der öffentlichen Verkehrsfläche dienen. Mit „Abstellen“ im Sinne dieser Vorschrift ist allerdings nur das zeitlich begrenzte Abstellen im Sinne des verkehrsüblichen Parkens gemeint, nicht das dauerhafte Abstellen auf längere Zeit. 26Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 2011 – 2 B 1091/11 –, juris. 27Demnach fällt das Abstellen zum Zwecke der Zwischenlagerung von ganz überwiegend nicht mehr für den Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeugen nicht unter den Begriff des Abstellens und bei der von dem Kläger hierfür genutzten Fläche handelt es sich – unabhängig von deren Größe – nicht um einen Stellplatz im vorgenannten Sinne. 28Auch eine Freistellung von der Genehmigungspflicht nach § 62 Abs. 1 Nr. 14 lit. b) BauO NRW scheidet aus. Dieser sieht vor, dass Ausstellungsplätze, Abstellplätze und Lagerplätze bis zu 300 m² Fläche, außer in Wohngebieten und im Außenbereich, keiner Baugenehmigung bedürfen. Wer sich auf diese Genehmigungsfreiheit beruft und geltend macht, nur eine Teilfläche eines größeren Grundstücks, die kleiner als 300 m² ist, entsprechend zu nutzen, hat diese Fläche konkret zu bezeichnen. 29Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2009 – 10 B 617/09 – m.w.N., juris. 30Es spricht einiges dafür, dass der von dem Kläger als Lagerplatz genutzte Bereich eine Fläche von mehr als 300 m² einnimmt. Dies ergibt sich beim Abgreifen der von der Beklagten markierten Fläche auf dem Liegenschaftskatasterauszug. Dass die tatsächlich in Anspruch genommene Teilfläche auf den deutlich mehr als 300 m² großen Grundstücken kleiner ist, hat der Kläger nicht dargetan. 31Abgesehen davon spricht viel dafür, die genutzte Fläche dem umliegenden Wohngebiet zuzuordnen, sodass eine Befreiung von der Genehmigungspflicht generell ausscheidet. Unter den Begriff des Wohngebietes fallen nicht nur festgesetzte Wohngebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung, sondern alle Gebiete, die vorwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden. 32Vgl. hierzu BeckOK BauordnungsR NRW/Seeger, 9. Ed. Stand: 1.10.2021, BauO NRW 2018 § 62 Rn. 73; Boeddinghaus/Hahn/Schulte u.a., BauO NRW, Stand: 1. Oktober 2020, § 62 Rn. 112. 33Die Luftbilder, die von der Beklagten gefertigten Lichtbilder und im Internet abrufbare Karten (tim-online) sprechen dafür, dass die umliegenden Gebäude vorwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind. Sollte man dies aufgrund der weitläufigen, an die südliche Wand des Gebäudes A.---------straße … anschließenden unbebauten Fläche anders beurteilen, dürfte von einer Außenbereichsfläche auszugehen sein, auf der ein Lagerplatz auf einer Fläche von über 300 m2 ebenfalls nicht genehmigungsfrei wäre. 34Auch nach der Entfernung der Fahrzeuge besteht weiterhin die Gefahr einer formell rechtswidrigen Nutzungsänderung. Wie bei jeder Bauordnungsverfügung, die dem Rechtsgüterschutz als Mittel der Gefahrenabwehr zu dienen bestimmt ist, reicht schon die konkrete Möglichkeit des Schadenseintritts für ein ordnungsbehördliches Eingreifen aus. 35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Oktober 1997 – 7 B 2565/97 –, juris Rn. 3. 36Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat weder, wie von ihm selbst vorgeschlagen, ab Oktober 2018 zwei Fahrzeuge pro Monat von der Hoffläche entfernt noch hat er innerhalb der durch die angegriffene Ordnungsverfügung gesetzten fünfwöchigen Frist sämtliche Fahrzeuge entfernt. Ferner hat er durch seinen erklärten Wunsch, das Klageverfahren nach der Entfernung der Fahrzeuge fortzuführen, um die zukünftige Nutzbarkeit der Grundstücke zu klären, zum Ausdruck gebracht, an einer Nutzung der Grundstücke als Lagerplatz weiterhin interessiert zu sein. Er habe allerdings kein Interesse mehr daran, einen Bauantrag zu stellen. 37Ob die Nutzungsänderung materiell rechtmäßig, also genehmigungsfähig ist, spielt für das vorliegende Verfahren keine Rolle. Denn die Beklagte hat sich in ermessensfehlerfreier Weise auf die Prüfung der formellen Baurechtswidrigkeit beschränkt. Die Nutzungsuntersagung dient insbesondere dem Zweck, die Einhaltung der baurechtlichen Verfahrensvorschriften und somit die Ordnungsfunktion des Baurechts zu sichern. Die Prüfung, ob eine Nutzung in materieller Hinsicht gesetzeskonform und damit genehmigungsfähig ist, muss schon aus diesem Grund regelmäßig allein dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. Denn anderenfalls würde sich der die Nutzung ohne Baugenehmigung Aufnehmende in unzulässiger Weise über das Erfordernis der Baugenehmigungserteilung hinwegsetzen und sich so einen Vorteil verschaffen. 38Das Nutzungsverbot ist auch nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber hat durch das Erfordernis der Baugenehmigung dem öffentlichen Interesse an einer vor Aufnahme der Nutzung erfolgenden Überprüfung des Vorhabens den Vorrang vor dem Interesse des Bauherrn an der sofortigen Aufnahme einer genehmigungsbedürftigen Nutzung gegeben. Durch die Untersagung einer formell illegalen Nutzung wird lediglich dieser Wertung des Gesetzgebers Rechnung getragen, ohne dass dem Kläger für den Fall, dass sich in einem Genehmigungsverfahren die materielle Rechtmäßigkeit der Nutzung ergeben sollte, unbeabsichtigte Nachteile entstehen. Der Nachteil, der dadurch entsteht, dass das Genehmigungsverfahren abgewartet werden muss, ist durch die gesetzliche Regelung vorgegeben und regelmäßig in Kauf zu nehmen. 39Eine Nutzungsänderung ist allerdings ausnahmsweise dann unverhältnismäßig und kommt nicht in Betracht, wenn der entsprechende Bauantrag bereits gestellt und auch nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig ist und der Baugenehmigung keine sonstigen Hindernisse entgegenstehen. Denn dann könnte die Baugenehmigungsbehörde die Störung durch die formelle Illegalität sofort beseitigen, indem sie die fehlende Baugenehmigung erteilt. 40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Februar 2014 – 2 A 1181/13 –; VG H1. , Beschluss vom 17. August 2018 – 6 L 1403/18 –, jeweils juris. 41Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Von der Absicht, für die Umnutzung eine Baugenehmigung zu beantragen, hat der Kläger eigenen Angaben zufolge zwischenzeitlich wieder Abstand genommen. 42Sonstige Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung bestehen nicht. Insbesondere ist der Kläger in rechtmäßiger Weise zum Adressaten der Nutzungsuntersagung gemacht worden. Hierbei hat die Beklagte zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger Eigentümer der Grundstücke und der Fahrzeuge ist bzw. war. Der Kläger hat dies in seinen eigenen Stellungnahmen zum Ausdruck gebracht und zudem angegeben, dass er auch dazu befugt sei, die Fahrzeuge von den Grundstücken zu entfernen bzw. entfernen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2019 hat er unter anderem gegenüber der Beklagten erklärt, dass die Fahrzeuge, die er zwischenzeitlich den von ihm betriebenen Firmen zur Verfügung gestellt habe, nach wie vor ihm gehörten und diese mit den Firmen derzeit nichts mehr zu tun hätten. Auch im Rahmen des bereits im November 2018 gegen die X1. X2. V. eingeleiteten ordnungsbehördlichen Verfahrens (Az. 6 K 6629/18) hat deren Geschäftsführerin erklärt, dass sämtliche Fahrzeuge im Besitz und Eigentum des Klägers stünden. 43Die Beklagte war schließlich an dem Erlass der angegriffenen Ordnungsverfügung auch nicht deswegen gehindert, weil der Kläger meint, dass sich keine Nachbarn über die Nutzung beschweren würden, dass die Nutzung als Lagerplatz den Zustand der Hoffläche verbessere und dass vielen Bürgern die Genehmigungspflicht unbekannt sei. Diese Einwände sind für den Erlass der auf formelle Illegalität gestützten Nutzungsuntersagung irrelevant. Gleiches gilt, soweit der Kläger darauf verweist, dass er bereits im Oktober 2018 zugesagt habe, monatlich zwei Fahrzeuge von dem Grundstück zu entfernen, zumal der Kläger dem nicht nachgekommen ist. Die von der Beklagten in der Ordnungsverfügung gesetzte Frist von fünf Wochen für die Entfernung aller Fahrzeuge begegnet insoweit ebenfalls keinen Bedenken. Dafür spricht zudem, dass der Kläger nach seinen Angaben bereits vor der Zustellung der angegriffenen Ordnungsverfügung eine Fläche in Essen angemietet hatte, um die Fahrzeuge dorthin umzulagern. Schließlich begegnet es auch keinen Bedenken, dass dem Kläger in der angegriffenen Ordnungsverfügung aufgegeben wird, das Grundstück nach der Entfernung der Fahrzeuge nicht mehr zum Abstellen von Kraftfahrzeugen aller Art als Fahrzeuglager zu nutzen. Insbesondere ist dem Kläger danach ein zeitlich begrenztes Abstellen im Sinne eines verkehrsüblichen Parkens weiterhin erlaubt. 44Die Androhung des Zwangsgeldes findet ihre Grundlage in §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW und ist nach Lage der Dinge nicht zu beanstanden. 45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 46Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an dem geschätzten Jahresnutzwert. 47Rechtsmittelbelehrung: 48Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 491. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 502. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 513. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 524. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 535. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 54Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 55Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 56Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger ist eigentümer der grundstücke a.---------straße … und …(h. i. , g. 6, g2. … und …) in h1. . auf den grundstücken stehen zwei wohngebäude auf. auf dem überwiegenden teil des g3. … und dem südlichen teil des g3. … befindet sich eine hoffläche. das g4. … weist eine grundfläche von etwa 1.004 m2 und das g4. … von etwa 543 m2 auf. 3weitere einzelheiten lassen sich dem nachfolgenden kartenausschnitt entnehmen: 4an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 5die beklagte führte im september 2018 aufgrund von beschwerden betreffend die nutzung des wohngebäudes a.---------straße … eine ortsbesichtigung durch. dabei stellte sie fest, dass auf der hoffläche der g2. … und … 16 fahrzeuge (überwiegend abgemeldete kleintransporter), vier motorroller und fünf kompressoren abgestellt waren. ein bekannter des klägers teilte mit, die fahrzeuge gehörten dem betrieb seiner ehefrau und deutete auf sein t-shirt mit der aufschrift „u. x. “. 6im oktober 2018 hörte die beklagte den kläger zum beabsichtigten erlass einer ordnungsverfügung nebst zwangsgeldandrohung wegen der nutzung der hoffläche als lagerplatz an. zur begründung führte sie aus, die nutzung erfolge ohne die erforderliche baugenehmigung. der anhörung war eine fotodokumentation der abgestellten fahrzeuge beigefügt. in der dazu abgegebenen stellungnahme wies der kläger darauf hin, dass er gesellschafter des unternehmens x1. x2. v. sei und dieser ein vorübergehendes abstellen nicht mehr benötigter fahrzeuge erlaubt habe. er beabsichtige, einen bauantrag zu stellen und ab oktober zwei fahrzeuge pro monat von der hoffläche zu entfernen. 7bei einer ortsbesichtigung im november 2018 stellte die beklagte fest, dass die hoffläche weiterhin als lagerfläche genutzt wurde. mit ordnungsverfügung vom november 2018 untersagte die beklagte dem unternehmen x1. x2. v. – nach vorheriger anhörung – die nutzung des grundstücks als fahrzeuglager. die durch den kläger für das unternehmen x1. x2. v. erhobene klage gegen diesen bescheid war gegenstand des durch klagerücknahme beendeten verfahrens mit dem aktenzeichen 6 k 6629/18. der lebensgefährte der geschäftsführerin des unternehmens x1. x2. v. , herr s. , teilte der beklagten mit, die fahrzeuge würden dem kläger gehören. 8im april 2019 hörte die beklagte den kläger erneut zum erlass einer ordnungsverfügung an und forderte ihn auf, eigentumsnachweise für die fahrzeuge vorzulegen. der kläger teilte mit, er sei eigentümer der fahrzeuge. nachweise legte er nicht vor. er beabsichtige nicht mehr, eine baugenehmigung zu beantragen. er habe eine fläche in essen angemietet, um die fahrzeuge dort lagern zu können. im juni 2019 forderte die beklagte den kläger erneut dazu auf, eigentumsnachweise für die fahrzeuge vorzulegen und die fahrzeuge zu entfernen. bei ortsbesichtigungen im juli und september 2019 stellte die beklagte fest, dass die nutzung als lagerfläche weiterhin nicht eingestellt worden war. 9daraufhin gab die beklagte dem kläger mit ordnungsverfügung vom 23. september 2019, zugestellt am 25. september 2019, auf, alle auf der hoffläche der grundstücke a.---------straße… und … in h1. (h. i. , g. …, g2. … und …) abgestellten, abgemeldeten kraftfahrzeuge innerhalb von fünf wochen nach zustellung der verfügung zu entfernen und anschließend das grundstück nicht mehr zum abstellen von kraftfahrzeugen aller art als fahrzeuglager zu nutzen. sie bezog sich auf die im zuge der ortsbesichtigungen getroffenen feststellungen, wonach die hoffläche als lagerplatz für kraftfahrzeuge genutzt worden sei und fügte dem bescheid eine fotodokumentation bei. zudem ordnete sie die sofortige vollziehung an und drohte dem kläger für den fall der zuwiderhandlung ein zwangsgeld in höhe von 2.000,- euro an. zur begründung führte die beklagte im wesentlichen aus, die nutzungsänderung sei formell illegal, weil der kläger nicht im besitz der erforderlichen bauaufsichtlichen genehmigung sei. der kläger sei als eigentümer der grundstücke und – nach seinen angaben – auch eigentümer der abgestellten kraftfahrzeuge zustandsstörer. zuvor sei das unternehmen x1. x2. v. in der annahme in anspruch genommen worden, diese sei eigentümerin der kraftfahrzeuge. 10am 22. oktober 2019 hat der kläger die vorliegende klage erhoben und einen antrag auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung der klage gestellt. zur begründung führt er aus, die anhörung sei unzureichend, weil darin nur das g4. … und nicht auch das g4. …benannt worden sei. die ordnungsverfügung sei unverhältnismäßig, weil er einen plan zur entfernung der fahrzeuge vorgelegt und auch schon damit begonnen habe, diesen umzusetzen. eine geringe inanspruchnahme des grundstücks als lagerfläche sei nicht genehmigungspflichtig. die im bescheid enthaltene 5-wochen-frist zur entfernung der fahrzeuge führe zu einer übereilten verschrottung und damit zu betriebs- und volkswirtschaftlichen schäden. da in der nachbarschaft niemand wohne, beeinträchtige die lagerung der fahrzeuge niemanden. zudem sei vielen bürgern nicht bekannt, dass fahrzeuglager genehmigungspflichtig seien. die hoffläche sei durch die nutzung als lagerfläche in einem besseren zustand als zuvor. die verfügung, auch zukünftig fahrzeuge „aller art“ nicht auf dem grundstück lagern zu dürfen, sei kaum zu gewährleisten und unüblich. 11der kläger beantragt, 12die ordnungsverfügung der beklagten vom 23. september 2019 (az. 63/1-04296-18-12) aufzuheben. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15sie bezieht sich auf die begründung der angefochtenen ordnungsverfügung. 16mit beschluss vom 28. november 2019 hat das gericht den antrag des klägers auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung abgelehnt (6 l 1622/19). 17bei einer ortsbesichtigung am 7. januar 2020 hat die beklagte festgestellt, dass sämtliche stillgelegten kraftfahrzeuge von der hoffläche entfernt worden waren. der kläger hat hierzu auf nachfrage des gerichts erklärt, dass er auch nach der entfernung der fahrzeuge an seiner klage festhält, um die zukünftige nutzung der grundstücke und regressansprüche zu klären. 18wegen der sonstigen einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und die von der beklagten übersandten verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 19 | 20die klage ist zulässig, aber unbegründet. die angegriffene ordnungsverfügung vom 23. september 2019 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 vwgo). 21ermächtigungsgrundlage für den erlass der ordnungsverfügung ist § 58 abs. 2 satz 2 i.v.m. § 82 satz 2 bauordnung für das land nordrhein-westfalen 2018 (bauo nrw). 22in formeller hinsicht begegnet die angegriffene ordnungsverfügung keinen rechtlichen bedenken, insbesondere wurde der kläger vor erlass der ordnungsverfügung – wie in § 28 verwaltungsverfahrensgesetz nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) vorgeschrieben – angehört. aus dem der anhörung vorausgegangenen verwaltungsverfahren, bei dem gegenstand die nutzung der gesamten hoffläche der beiden g2. gewesen ist, dürfte für den kläger vor allem auch erkennbar gewesen sein, dass sich der angekündigte erlass der nutzungsuntersagung auch auf das g4. … und nicht nur auf das ausdrücklich in dem anhörungsschreiben genannte g4. …bezieht. hierfür spricht auch die der anhörung beigefügte fotodokumentation. 23die angegriffene ordnungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. nach § 58 abs. 2 satz 2 bauo nrw haben die bauaufsichtsbehörden im rahmen ihrer aufgabe, die einhaltung der öffentlich-rechtlichen vorschriften bei der errichtung, der änderung, der nutzungsänderung und beseitigung sowie bei der nutzung und instandhaltung von anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem ermessen die erforderlichen maßnahmen zu treffen. § 82 satz 2 bauo nrw sieht insoweit vor, dass die bauaufsichtsbehörde die nutzung untersagen kann, wenn anlagen im widerspruch zu öffentlich-rechtlichen vorschriften genutzt werden. zu den öffentlich-rechtlichen vorschriften in diesem sinne gehören unter anderem die §§ 60 ff. bauo nrw, denen zufolge bestimmte vorhaben der einholung einer baugenehmigung bedürfen. wird ein solches genehmigungsbedürftiges vorhaben ohne die erforderliche genehmigung durchgeführt, hat die behörde ein einschreiten zu erwägen. 24die voraussetzungen für ein solches einschreiten liegen hier vor. der kläger nutzte die grundstücke seinen eigenen angaben zufolge, um in seinem eigentum stehende fahrzeuge abzustellen. diese nutzung ist formell illegal, da sie ohne die gemäß § 60 abs. 1 bauo nrw erforderliche baugenehmigung erfolgte. nach § 60 abs. 1 bauo nrw bedarf auch die nutzungsänderung von bestehenden anlagen – wie im vorliegenden fall – einer baugenehmigung, soweit in den §§ 61 bis 63, 78 und 79 bauo nrw nichts anderes bestimmt ist. die beklagte ist zu recht davon ausgegangen, dass die erfolgte umnutzung der bestehenden hoffläche nicht ausnahmsweise gemäß § 61 ff. bauo nrw baugenehmigungsfrei ist. 25insbesondere der tatbestand des § 62 abs. 1 nr. 14 lit. c) bauo nrw, der nicht überdachte stellplätze für pkw und motorräder bis zu insgesamt 100 m² von der baugenehmigungspflicht ausnimmt, ist nicht einschlägig. gemäß § 2 abs. 8 satz 1 bauo nrw sind stellplätze flächen, die dem abstellen von kraftfahrzeugen und fahrrädern außerhalb der öffentlichen verkehrsfläche dienen. mit „abstellen“ im sinne dieser vorschrift ist allerdings nur das zeitlich begrenzte abstellen im sinne des verkehrsüblichen parkens gemeint, nicht das dauerhafte abstellen auf längere zeit. 26vgl. hierzu ovg nrw, beschluss vom 31. oktober 2011 – 2 b 1091/11 –, juris. 27demnach fällt das abstellen zum zwecke der zwischenlagerung von ganz überwiegend nicht mehr für den straßenverkehr zugelassenen fahrzeugen nicht unter den begriff des abstellens und bei der von dem kläger hierfür genutzten fläche handelt es sich – unabhängig von deren größe – nicht um einen stellplatz im vorgenannten sinne. 28auch eine freistellung von der genehmigungspflicht nach § 62 abs. 1 nr. 14 lit. b) bauo nrw scheidet aus. dieser sieht vor, dass ausstellungsplätze, abstellplätze und lagerplätze bis zu 300 m² fläche, außer in wohngebieten und im außenbereich, keiner baugenehmigung bedürfen. wer sich auf diese genehmigungsfreiheit beruft und geltend macht, nur eine teilfläche eines größeren grundstücks, die kleiner als 300 m² ist, entsprechend zu nutzen, hat diese fläche konkret zu bezeichnen. 29vgl. hierzu ovg nrw, beschluss vom 6. juli 2009 – 10 b 617/09 – m.w.n., juris. 30es spricht einiges dafür, dass der von dem kläger als lagerplatz genutzte bereich eine fläche von mehr als 300 m² einnimmt. dies ergibt sich beim abgreifen der von der beklagten markierten fläche auf dem liegenschaftskatasterauszug. dass die tatsächlich in anspruch genommene teilfläche auf den deutlich mehr als 300 m² großen grundstücken kleiner ist, hat der kläger nicht dargetan. 31abgesehen davon spricht viel dafür, die genutzte fläche dem umliegenden wohngebiet zuzuordnen, sodass eine befreiung von der genehmigungspflicht generell ausscheidet. unter den begriff des wohngebietes fallen nicht nur festgesetzte wohngebiete im sinne der baunutzungsverordnung, sondern alle gebiete, die vorwiegend zu wohnzwecken genutzt werden. 32vgl. hierzu beckok bauordnungsr nrw/seeger, 9. ed. stand: 1.10.2021, bauo nrw 2018 § 62 rn. 73; boeddinghaus/hahn/schulte u.a., bauo nrw, stand: 1. oktober 2020, § 62 rn. 112. 33die luftbilder, die von der beklagten gefertigten lichtbilder und im internet abrufbare karten (tim-online) sprechen dafür, dass die umliegenden gebäude vorwiegend der wohnnutzung zu dienen bestimmt sind. sollte man dies aufgrund der weitläufigen, an die südliche wand des gebäudes a.---------straße … anschließenden unbebauten fläche anders beurteilen, dürfte von einer außenbereichsfläche auszugehen sein, auf der ein lagerplatz auf einer fläche von über 300 m2 ebenfalls nicht genehmigungsfrei wäre. 34auch nach der entfernung der fahrzeuge besteht weiterhin die gefahr einer formell rechtswidrigen nutzungsänderung. wie bei jeder bauordnungsverfügung, die dem rechtsgüterschutz als mittel der gefahrenabwehr zu dienen bestimmt ist, reicht schon die konkrete möglichkeit des schadenseintritts für ein ordnungsbehördliches eingreifen aus. 35vgl. ovg nrw, beschluss vom 24. oktober 1997 – 7 b 2565/97 –, juris rn. 3. 36diese voraussetzungen liegen vor. der kläger hat weder, wie von ihm selbst vorgeschlagen, ab oktober 2018 zwei fahrzeuge pro monat von der hoffläche entfernt noch hat er innerhalb der durch die angegriffene ordnungsverfügung gesetzten fünfwöchigen frist sämtliche fahrzeuge entfernt. ferner hat er durch seinen erklärten wunsch, das klageverfahren nach der entfernung der fahrzeuge fortzuführen, um die zukünftige nutzbarkeit der grundstücke zu klären, zum ausdruck gebracht, an einer nutzung der grundstücke als lagerplatz weiterhin interessiert zu sein. er habe allerdings kein interesse mehr daran, einen bauantrag zu stellen. 37ob die nutzungsänderung materiell rechtmäßig, also genehmigungsfähig ist, spielt für das vorliegende verfahren keine rolle. denn die beklagte hat sich in ermessensfehlerfreier weise auf die prüfung der formellen baurechtswidrigkeit beschränkt. die nutzungsuntersagung dient insbesondere dem zweck, die einhaltung der baurechtlichen verfahrensvorschriften und somit die ordnungsfunktion des baurechts zu sichern. die prüfung, ob eine nutzung in materieller hinsicht gesetzeskonform und damit genehmigungsfähig ist, muss schon aus diesem grund regelmäßig allein dem baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. denn anderenfalls würde sich der die nutzung ohne baugenehmigung aufnehmende in unzulässiger weise über das erfordernis der baugenehmigungserteilung hinwegsetzen und sich so einen vorteil verschaffen. 38das nutzungsverbot ist auch nicht unverhältnismäßig. der gesetzgeber hat durch das erfordernis der baugenehmigung dem öffentlichen interesse an einer vor aufnahme der nutzung erfolgenden überprüfung des vorhabens den vorrang vor dem interesse des bauherrn an der sofortigen aufnahme einer genehmigungsbedürftigen nutzung gegeben. durch die untersagung einer formell illegalen nutzung wird lediglich dieser wertung des gesetzgebers rechnung getragen, ohne dass dem kläger für den fall, dass sich in einem genehmigungsverfahren die materielle rechtmäßigkeit der nutzung ergeben sollte, unbeabsichtigte nachteile entstehen. der nachteil, der dadurch entsteht, dass das genehmigungsverfahren abgewartet werden muss, ist durch die gesetzliche regelung vorgegeben und regelmäßig in kauf zu nehmen. 39eine nutzungsänderung ist allerdings ausnahmsweise dann unverhältnismäßig und kommt nicht in betracht, wenn der entsprechende bauantrag bereits gestellt und auch nach auffassung der baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig ist und der baugenehmigung keine sonstigen hindernisse entgegenstehen. denn dann könnte die baugenehmigungsbehörde die störung durch die formelle illegalität sofort beseitigen, indem sie die fehlende baugenehmigung erteilt. 40vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. februar 2014 – 2 a 1181/13 –; vg h1. , beschluss vom 17. august 2018 – 6 l 1403/18 –, jeweils juris. 41ein solcher ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. von der absicht, für die umnutzung eine baugenehmigung zu beantragen, hat der kläger eigenen angaben zufolge zwischenzeitlich wieder abstand genommen. 42sonstige bedenken gegen die rechtmäßigkeit der ordnungsverfügung bestehen nicht. insbesondere ist der kläger in rechtmäßiger weise zum adressaten der nutzungsuntersagung gemacht worden. hierbei hat die beklagte zu recht darauf abgestellt, dass der kläger eigentümer der grundstücke und der fahrzeuge ist bzw. war. der kläger hat dies in seinen eigenen stellungnahmen zum ausdruck gebracht und zudem angegeben, dass er auch dazu befugt sei, die fahrzeuge von den grundstücken zu entfernen bzw. entfernen zu lassen. mit schriftsatz vom 17. mai 2019 hat er unter anderem gegenüber der beklagten erklärt, dass die fahrzeuge, die er zwischenzeitlich den von ihm betriebenen firmen zur verfügung gestellt habe, nach wie vor ihm gehörten und diese mit den firmen derzeit nichts mehr zu tun hätten. auch im rahmen des bereits im november 2018 gegen die x1. x2. v. eingeleiteten ordnungsbehördlichen verfahrens (az. 6 k 6629/18) hat deren geschäftsführerin erklärt, dass sämtliche fahrzeuge im besitz und eigentum des klägers stünden. 43die beklagte war schließlich an dem erlass der angegriffenen ordnungsverfügung auch nicht deswegen gehindert, weil der kläger meint, dass sich keine nachbarn über die nutzung beschweren würden, dass die nutzung als lagerplatz den zustand der hoffläche verbessere und dass vielen bürgern die genehmigungspflicht unbekannt sei. diese einwände sind für den erlass der auf formelle illegalität gestützten nutzungsuntersagung irrelevant. gleiches gilt, soweit der kläger darauf verweist, dass er bereits im oktober 2018 zugesagt habe, monatlich zwei fahrzeuge von dem grundstück zu entfernen, zumal der kläger dem nicht nachgekommen ist. die von der beklagten in der ordnungsverfügung gesetzte frist von fünf wochen für die entfernung aller fahrzeuge begegnet insoweit ebenfalls keinen bedenken. dafür spricht zudem, dass der kläger nach seinen angaben bereits vor der zustellung der angegriffenen ordnungsverfügung eine fläche in essen angemietet hatte, um die fahrzeuge dorthin umzulagern. schließlich begegnet es auch keinen bedenken, dass dem kläger in der angegriffenen ordnungsverfügung aufgegeben wird, das grundstück nach der entfernung der fahrzeuge nicht mehr zum abstellen von kraftfahrzeugen aller art als fahrzeuglager zu nutzen. insbesondere ist dem kläger danach ein zeitlich begrenztes abstellen im sinne eines verkehrsüblichen parkens weiterhin erlaubt. 44die androhung des zwangsgeldes findet ihre grundlage in §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 verwaltungsvollstreckungsgesetz nrw und ist nach lage der dinge nicht zu beanstanden. 45die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 46die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 gkg und orientiert sich an dem geschätzten jahresnutzwert. 47rechtsmittelbelehrung: 48gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 491. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 502. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 513. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 524. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 535. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 54die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 55auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 56im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. |
343,074 | {
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} | 6 K 1403/21 | 2022-01-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind jeweils Miteigentümer und Bewohner von Eigentumswohnungen in dem von 2018 bis 2020 errichteten Gebäude T.----------weg … (H. I. , G. …, G1. …) in E. , und zwar einer Eigentumswohnung im ersten Obergeschoss (Eheleute G2. /C. -G2. ) und einer Eigentumswohnung im Souterrain (Eheleute H1. ). Das Gebäude ist in zweiter Reihe errichtet und erreicht an seiner Rückseite eine Bebauungstiefe von mehr als fünfzig Metern. Der Abstand zur rückwärtigen Grundstücksgrenze beträgt zwischen rund 13 und rund 15 Metern. Die Souterrain-Wohnung ist auf der Südwestseite mit einer großzügigen Terrasse, die Wohnung im ersten Obergeschoss mit einer großzügigen Dachterrasse ausgestattet. Hier bieten sich jeweils Ausblicke in die Ferne, weil das Gelände nach Südwesten hin stark abfällt. 3Die Kläger wenden sich gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen auf dem rückwärtig angrenzenden Grundstück B. S. 67 bis 73 (H. I. , G. 8, G1. 228). Dieses bis zu rund sechzig Meter tiefe Grundstück ist bislang unbebaut und weist ebenfalls ein starkes Gefälle auf. 4Beide Grundstücke befinden sich in einem überwiegend durch Wohnbebauung geprägten Gebiet nördlich des „Phoenixsees“. Ein Bebauungsplan existiert nicht. Der Flächennutzungsplan stellt „Wohnbaufläche“ dar. Die Flächen auf der Südseite des Steinkühlerwegs sind größtenteils in erster und zweiter Reihe bebaut; die Bebauung erreicht eine ähnliche Tiefe wie das Wohnhaus der Kläger. Die Grundstücke nördlich der Straße „B. S. “ sind überwiegend nur straßennah bebaut. Allerdings finden sich auf einzelnen Grundstücken auch (Haupt-) Gebäude in zweiter Reihe, so etwa auf dem Grundstück B. S. …, wo die rückwärtige Bebauung (Kfz-Werkstatt) eine Tiefe von mehr als 65 Metern erreicht. 5Weitere Einzelheiten der Umgebung zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt, auf dem allerdings auch das Grundstück der Kläger noch als unbebaut dargestellt ist: 6An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 7Unter dem 17. Dezember 2018 erteilte die Beklagte der Y. J. GmbH einen planungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Errichtung einer Mehrfamilienhausanlage mit Tiefgarage auf dem Grundstück B. S. … bis … . Der Bauvorbescheid ist Gegenstand des Klageverfahrens 6 K 1285/20. 8Unter Bezugnahme auf den vorgenannten Vorbescheid beantragte die Beigeladene am 6. April 2020 die Erteilung von (einzelnen) Baugenehmigungen für die vier Blöcke der geplanten Wohnanlage sowie für die Tiefgarage. Die zur Genehmigung gestellte Planung sieht die Errichtung eines großen Baukörpers entlang der Straße B. S. („Haus 1“) und eines kleineren Baukörpers in zweiter Reihe, in der Nähe des Nachbargebäudes B. S. … („Haus 2“) vor. Im hinteren Bereich des Baugrundstücks sollen zwei unmittelbar aneinander angrenzende Baukörper errichtet werden, nämlich im nordöstlichen Bereich des Grundstücks, rund drei Meter von der rückwärtigen Grenze entfernt, das „Haus 3“ und im nordwestlichen Bereich, entlang der Grenze zum Grundstück der Kläger und in einem Abstand von 5,92 m zu dieser Grenze, das „Haus 4“. Der zuletzt genannte, mit einem Flachdach versehene Baukörper verfügt oberhalb der Tiefgarage über ein Kellergeschoss sowie vier Geschosse mit Wohnungen. Aufgrund des stark hängigen Geländes erscheint das Gebäude allerdings aus Sicht des Grundstücks der Kläger im Wesentlichen dreigeschossig, während sich aus südwestlicher Sicht alle vier Wohngeschosse oberhalb der (künftigen) Geländeoberfläche befinden. Die vier Baukörper werden durch die Tiefgarage miteinander verbunden. 9B. 5. März 2021 erteilte die Beklagte die beantragten Baugenehmigungen. 10Die Kläger haben am 9. April 2021 die vorliegende Klage gegen die Baugenehmigung für „Haus 4“ erhoben. Parallele Klagen richten sich gegen die Baugenehmigungen für „Haus 2“ (6 K 1402/21) und „Haus 3“ (6 K 1404/21). 11Zur Begründung ihrer Klagen führen die Kläger (durch Bezugnahme auf ihren Vortrag in dem Verfahren 6 K 1285/20) aus: Die Baugenehmigungen verletzten das Gebot der Rücksichtnahme, da die Auswirkungen der genehmigten Baukörper für sie unzumutbar seien. Das Vorhaben habe eine erdrückende Wirkung auf ihre Eigentumswohnungen. Das Baugrundstück werde durch die geplante Bebauung praktisch vollständig ausgenutzt, insbesondere im rückwärtigen Bereich. Für eine derartige Bebauung gebe es in der Umgebung keine Vorbilder. Die zuvor aufgelockerte Hanglage werde auf ganzer Länge und in geringer Distanz zu ihren Wohnungen abgeriegelt; sie würden von mehreren Seiten eingekesselt. 12Die Kläger beantragen (schriftsätzlich), 13die Baugenehmigung der Beklagten vom 5. März 2021 zur Errichtung einer Wohnhausanlage mit Tiefgarage und öffentlich geförderten Wohnungen – Haus 4 auf dem Grundstück B. S. …, E. (Az.: 61/5-3-051216) aufzuheben. 14Die Beklagte und die Beigeladene haben sich nicht zur Sache geäußert und auch keine Anträge gestellt. 15Der Einzelrichter hat am 29. Oktober 2021 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen. 16Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (auch der Parallelverfahren) ergänzend Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Kammer entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im schriftlichen Verfahren, nachdem die Beteiligten im Anschluss an den Ortstermin auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben. 19Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 20Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 5. März 2021 ist hinsichtlich nachbarschützender Vorschriften rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. 21Ein Nachbar kann nur dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn diese gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verstößt und eine Befreiung von diesen Vorschriften nicht vorliegt oder unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Ob das Vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im Nachbarverfahren unerheblich. 22Gemessen an diesem Maßstab ist die angefochtene Baugenehmigung vom 5. März 2021 nicht zu beanstanden. 231. 24Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts ist nicht erkennbar. 25Insbesondere werden die Vorgaben des Abstandsflächenrechts durch das genehmigte Vorhaben eingehalten. Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Bauordnung (BauO) NRW 2018 sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Diese Abstandsflächen müssen nach § 6 Abs. 2 S. 1 BauO NRW 2018 auf dem Grundstück selbst, dürfen also nicht auf dem Nachbargrundstück liegen. Vorliegend sind diese Anforderungen gewahrt. Die auf dem Amtlichen Lageplan dargestellte Abstandsfläche T30 – nur diese vor der nordöstlichen Außenwand des „Hauses 4“ liegende Abstandsfläche ist für den vorliegenden Nachbarstreit relevant – entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Dabei ist gemäß § 6 Abs. 5 S. 1 BauO NRW 2018 auf der gesamten Länge der Außenwand von einem Abstandsmaß von 0,4 auszugehen, nachdem im Zuge der Bauordnungsnovelle zum 1. Januar 2019 das Regelabstandsmaß auf diesen Faktor reduziert worden ist. Die vor der genannten Außenwand liegende Abstandsfläche T30 hat unter Zugrundelegung dieses Abstandsmaßes eine Tiefe von (9,22 x 0,4 =) 3,688 m, wobei die mittlere geplante Geländehöhe (unter Außerachtlassung eines abgeböschten Lichtschachts im mittleren Bereich der Wand) zugrunde gelegt wird. Diese Abstandsfläche liegt vollständig auf dem Baugrundstück. Denn die genehmigte Außenwand hält im nordwestlichen Bereich einen Abstand von 5,92 m, in den übrigen Bereichen einen noch etwas größeren Abstand zur Grundstücksgrenze ein. 262. 27Auch ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts ist nicht festzustellen. 28Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Bauvorhaben, sofern ein Bebauungsplan nicht existiert, gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 Baugesetzbuch (BauGB) zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Es spricht einiges dafür, dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind. Insbesondere finden sich in der maßgeblichen Umgebung wohl Baukörper, die der streitgegenständlichen Bebauung hinsichtlich des Maßes (Höhe, Kubatur etc.) entsprechen, und auch für eine Bebauungstiefe von rund fünfzig Metern lassen sich in der Umgebung einschlägige Vorbilder ausmachen (etwa das eine noch größere Tiefe erreichende Gebäude B. S. ..). Letztlich brauchen diese Fragen aber nicht entschieden zu werden. Denn § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB entfaltet nur teilweise nachbarschützende Wirkung. Auf einen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB kann sich der Nachbar nur dann berufen, wenn mit diesem Verstoß zugleich eine Verletzung des in dem Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ enthaltenen Gebots der Rücksichtnahme einhergeht. 29Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2021 - 10 B 1891/20 -, juris (Rn. 4), mit weiteren Nachweisen. 30Das Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind. 31Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122 ff., vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 -, BVerwGE 98, 235 ff., und vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145 ff.; Uechtritz, Das baurechtliche Rücksichtnahmegebot: Konkretisierung durch Fallgruppenbildung, DVBl. 2016, 90 ff., mit weiteren Nachweisen. 32Gemessen an diesem Maßstab hält die Kammer das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht für im bauplanungsrechtlichen Sinne rücksichtslos. 33Orientierung bei der insoweit erforderlichen Wertung bietet zunächst das Abstandsflächenrecht, das gerade den Zweck verfolgt, die Interessen von Grundstücksnachbarn im Falle einer grenzständigen oder grenznahen Bebauung zum Ausgleich zu bringen. Zwar kann durch die (landesrechtlichen) Vorgaben des § 6 BauO NRW 2018 keine verbindliche und abschließende Konkretisierung des (bundesrechtlichen) Rücksichtnahmegebots herbeigeführt werden. Die Wahrung des Abstandsflächenrechts hat aber nach ständiger Rechtsprechung eine Indizwirkung: Sind die abstandsflächenrechtlichen Vorgaben eingehalten, so ist im Regelfall auch das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt. 34Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 1999 - 4 B 128.98 -, BauR 1999, 615 ff.; OVG NRW, Urteil vom 30. Mai 2017 - 2 A 130/16 -, juris (Rn. 43 ff.), und Beschluss vom 16. November 2020 - 2 B 1537/20 -, juris (Rn. 24 ff.), mit weiteren Nachweisen. 35Zwar hat das Oberverwaltungsgericht betont, dass gerade nach der Zurücknahme der abstandsflächenrechtlichen Anforderungen im Rahmen der Novellierung der nordrhein-westfälischen Bauordnung vom Dezember 2006 stets eine Betrachtung des Einzelfalls geboten sei, 36Beschluss vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, BauR 2009, 775; die Indizwirkung auch für das neuere Abstandflächenrecht bekräftigend hingegen OVG NRW, Urteil vom 30. Mai 2017 - 2 A 130/16 -, juris (Rn. 45), 37und dies dürfte umso mehr für die abermalige Reduzierung der Abstandsflächenvorgaben im Zuge der Novelle 2018 gelten. Auch eine Einzelfallbetrachtung führt indes vorliegend nicht zu einem von den Wertungen des Abstandsflächenrechts abweichenden Ergebnis. 38Die Kammer kann insbesondere nicht feststellen, dass das genehmigte Gebäude eine „erdrückende Wirkung“ auf das Haus oder das Grundstück der Kläger hat. Rücksichtslos erweist sich ein Bauvorhaben insoweit erst dann, wenn es ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe des "erdrückenden" Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls derart übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird. 39Vgl. nur OVG NRW, Urteile vom 19. Juli 2010 - 7 A 3199/08 -, juris, vom 18. Oktober 2011 - 10 A 26/09 -, juris, und vom 27. Mai 2019 - 10 A 1860/17 -, juris; Beschluss vom 14. Januar 2021 - 10 B 1891/20 -, juris (Rn. 10). 40Ein solcher, die Indizwirkung des Abstandsflächenrechts ausnahmsweise in Frage stellender Zustand wird vorliegend nicht erreicht. Zwar sehen die Kläger sich nach der Errichtung des Neubaus einer durchaus grenznahen, mehr als 37 m langen Bebauung gegenüber, die aus den „Häusern 3 und 4“ des Neubauvorhabens besteht. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die optische Massivität dieser Bebauung durch eine größere Zahl von Versprüngen deutlich reduziert wird. So tritt das „Haus 4“ – von Nordosten betrachtet – um mehrere Meter gegenüber dem „Haus 3“ zurück. Auch die nordöstlichen Außenwände der „Häuser 3 und 4“ selbst weisen mehrere vor- oder zurückspringende Teilabschnitte auf, welche die Wände gliedern und ihre optische Massivität reduzieren. „Haus 4“ ist überdies an seinem südöstlichen Ende um mehrere Meter niedriger. Durch diesen Höheneinschnitt wird die optische Trennung der beiden Baukörper betont und die Massivität der Bebauung weiter gebrochen. Bereits die vorgenannten Gestaltungselemente sind insgesamt geeignet, den Eindruck einer Abriegelung zu reduzieren. Entscheidend kommt indes hinzu, dass die negativen Auswirkungen der genehmigten Bebauung auf das Grundstück der Kläger durch die Topographie sehr deutlich gemindert werden. Während nämlich die Terrasse der Kläger H1. ausweislich der Genehmigungsunterlagen auf einer Höhe von mehr als 126 m über NHN liegt, befindet sich bereits das Gelände an der Grundstücksgrenze auf einer Höhe von rund 122 m über NHN. Nochmals tiefer, nämlich bei etwa 121 m über NHN liegt das Geländeniveau auf Höhe der in Rede stehenden nordöstlichen Außenwand des Neubaus. Deren Fuß liegt folglich etwa fünf Meter unter dem Terrassenniveau der Kläger H1. . Der obere Abschluss der Wand liegt mit 130,34 m über NHN lediglich gut vier Meter oberhalb dieses Terrassenniveaus. Liegt demnach der überwiegende Teil der gut neun Meter hohen Außenwand des Neubaus unterhalb der Wohnung der Kläger H1. , so kann eine erdrückende Wirkung in dem oben beschriebenen Sinne durch diese Außenwand nicht hervorgerufen werden. Noch günstiger sind die Höhenverhältnisse im Falle der Kläger G2. / G2. -C. , deren Obergeschosswohnung samt Dachterrasse auf einer Höhe von etwa 132 m über NHN liegt; der Neubau liegt also vollständig unterhalb ihrer Wohnung. Dass sich in Zukunft zwei relativ grenznahe mehrgeschossige Baukörper gegenüberstehen, ist im Übrigen auch darauf zurückzuführen, dass das Grundstück der Kläger ähnlich dicht und bis zu einer ähnlichen Tiefe bebaut worden ist, wie es auf dem Baugrundstück nun geschehen soll. Aus Sicht des Planungsrechts kann regelmäßig nicht gefordert werden, dass auf einem zur Bebauung anstehenden Grundstück größere Grenzabstände eingehalten werden, um einen Mangel an Freiflächen auf dem Nachbargrundstück zu kompensieren. 41Eine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Belichtung und Sonneneinstrahlung ist ebenfalls nicht zu erwarten. Das Gebot der Rücksichtnahme fordert nicht, dass alle Fenster eines Hauses oder alle Teile eines Gartens optimal durch Sonneneinstrahlung belichtet werden. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet muss vielmehr immer damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks oder von Wohnräumen kommt. 42Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, BauR 2009, 775, und vom 29. August 2011 - 2 B 940/11 -; Urteil vom 30. Mai 2017 - 2 A 130/16 -, juris (Rn. 57 ff.), mit weiteren Nachweisen. 43Vorliegend hält die Beeinträchtigung der Belichtung und Besonnung des klägerischen Grundstücks sich wegen der beschriebenen topographischen Verhältnisse in Grenzen. Von einer Rücksichtslosigkeit kann insoweit keine Rede sein. 44Für die Einblickmöglichkeiten aus den Fenstern des genehmigten Neubaus auf das Grundstück der Kläger gilt im Ergebnis dasselbe. Grundstückseigentümer in bebauten innerstädtischen Wohngebieten haben es grundsätzlich hinzunehmen, dass Grundstücke innerhalb des Rahmens baulich genutzt werden, den das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht vorgeben, und dass es dadurch auch zu Einsichtnahmemöglichkeiten kommt, die in bebauten Gebieten üblich sind. 45Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2018 - 7 B 918/18 -, juris. 46Auch unter diesem Aspekt kann der Neubau daher nicht als im planungsrechtlichen Sinne rücksichtslos betrachtet werden. 47Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots bewirkt schließlich auch nicht der Umstand, dass der bisherige Ausblick von den Terrassen der Kläger aufgrund des genehmigten Gebäudes nicht mehr ungehindert bestehen wird. Dass die Situation sich insoweit – insbesondere für die Kläger H1. – deutlich verschlechtern wird, steht außer Frage. Entsprechende vorhandene Sichtbeziehungen stellen sich jedoch im Wesentlichen als faktischer Lagevorteil dar. Auf den Fortbestand eines solchen Lagevorteils hat der Grundstückseigentümer regelmäßig keinen Rechtsanspruch. 48Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 -, NVwZ 1994, 686; OVG NRW, Urteil vom 27. Mai 2019 - 10 A 1860/17 -, juris (Rn. 58); VG Gelsenkirchen, Urteile vom 28. November 2017 - 6 K 3879/16 -, juris (Rn. 27) und vom 3. März 2020 - 6 K 2798/19 -, juris (Rn. 49). 493. 50Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt bzw. angekündigt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ihrerseits keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. 51Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 und 711 Zivilprozessordnung. 52Rechtsmittelbelehrung: 53Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 541. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 552. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 563. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 574. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 585. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 59Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 60Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 61Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die kläger mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese selbst trägt. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. den klägern wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die kläger sind jeweils miteigentümer und bewohner von eigentumswohnungen in dem von 2018 bis 2020 errichteten gebäude t.----------weg … (h. i. , g. …, g1. …) in e. , und zwar einer eigentumswohnung im ersten obergeschoss (eheleute g2. /c. -g2. ) und einer eigentumswohnung im souterrain (eheleute h1. ). das gebäude ist in zweiter reihe errichtet und erreicht an seiner rückseite eine bebauungstiefe von mehr als fünfzig metern. der abstand zur rückwärtigen grundstücksgrenze beträgt zwischen rund 13 und rund 15 metern. die souterrain-wohnung ist auf der südwestseite mit einer großzügigen terrasse, die wohnung im ersten obergeschoss mit einer großzügigen dachterrasse ausgestattet. hier bieten sich jeweils ausblicke in die ferne, weil das gelände nach südwesten hin stark abfällt. 3die kläger wenden sich gegen ein bauvorhaben der beigeladenen auf dem rückwärtig angrenzenden grundstück b. s. 67 bis 73 (h. i. , g. 8, g1. 228). dieses bis zu rund sechzig meter tiefe grundstück ist bislang unbebaut und weist ebenfalls ein starkes gefälle auf. 4beide grundstücke befinden sich in einem überwiegend durch wohnbebauung geprägten gebiet nördlich des „phoenixsees“. ein bebauungsplan existiert nicht. der flächennutzungsplan stellt „wohnbaufläche“ dar. die flächen auf der südseite des steinkühlerwegs sind größtenteils in erster und zweiter reihe bebaut; die bebauung erreicht eine ähnliche tiefe wie das wohnhaus der kläger. die grundstücke nördlich der straße „b. s. “ sind überwiegend nur straßennah bebaut. allerdings finden sich auf einzelnen grundstücken auch (haupt-) gebäude in zweiter reihe, so etwa auf dem grundstück b. s. …, wo die rückwärtige bebauung (kfz-werkstatt) eine tiefe von mehr als 65 metern erreicht. 5weitere einzelheiten der umgebung zeigt der nachfolgende kartenausschnitt, auf dem allerdings auch das grundstück der kläger noch als unbebaut dargestellt ist: 6an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 7unter dem 17. dezember 2018 erteilte die beklagte der y. j. gmbh einen planungsrechtlichen bauvorbescheid für die errichtung einer mehrfamilienhausanlage mit tiefgarage auf dem grundstück b. s. … bis … . der bauvorbescheid ist gegenstand des klageverfahrens 6 k 1285/20. 8unter bezugnahme auf den vorgenannten vorbescheid beantragte die beigeladene am 6. april 2020 die erteilung von (einzelnen) baugenehmigungen für die vier blöcke der geplanten wohnanlage sowie für die tiefgarage. die zur genehmigung gestellte planung sieht die errichtung eines großen baukörpers entlang der straße b. s. („haus 1“) und eines kleineren baukörpers in zweiter reihe, in der nähe des nachbargebäudes b. s. … („haus 2“) vor. im hinteren bereich des baugrundstücks sollen zwei unmittelbar aneinander angrenzende baukörper errichtet werden, nämlich im nordöstlichen bereich des grundstücks, rund drei meter von der rückwärtigen grenze entfernt, das „haus 3“ und im nordwestlichen bereich, entlang der grenze zum grundstück der kläger und in einem abstand von 5,92 m zu dieser grenze, das „haus 4“. der zuletzt genannte, mit einem flachdach versehene baukörper verfügt oberhalb der tiefgarage über ein kellergeschoss sowie vier geschosse mit wohnungen. aufgrund des stark hängigen geländes erscheint das gebäude allerdings aus sicht des grundstücks der kläger im wesentlichen dreigeschossig, während sich aus südwestlicher sicht alle vier wohngeschosse oberhalb der (künftigen) geländeoberfläche befinden. die vier baukörper werden durch die tiefgarage miteinander verbunden. 9b. 5. märz 2021 erteilte die beklagte die beantragten baugenehmigungen. 10die kläger haben am 9. april 2021 die vorliegende klage gegen die baugenehmigung für „haus 4“ erhoben. parallele klagen richten sich gegen die baugenehmigungen für „haus 2“ (6 k 1402/21) und „haus 3“ (6 k 1404/21). 11zur begründung ihrer klagen führen die kläger (durch bezugnahme auf ihren vortrag in dem verfahren 6 k 1285/20) aus: die baugenehmigungen verletzten das gebot der rücksichtnahme, da die auswirkungen der genehmigten baukörper für sie unzumutbar seien. das vorhaben habe eine erdrückende wirkung auf ihre eigentumswohnungen. das baugrundstück werde durch die geplante bebauung praktisch vollständig ausgenutzt, insbesondere im rückwärtigen bereich. für eine derartige bebauung gebe es in der umgebung keine vorbilder. die zuvor aufgelockerte hanglage werde auf ganzer länge und in geringer distanz zu ihren wohnungen abgeriegelt; sie würden von mehreren seiten eingekesselt. 12die kläger beantragen (schriftsätzlich), 13die baugenehmigung der beklagten vom 5. märz 2021 zur errichtung einer wohnhausanlage mit tiefgarage und öffentlich geförderten wohnungen – haus 4 auf dem grundstück b. s. …, e. (az.: 61/5-3-051216) aufzuheben. 14die beklagte und die beigeladene haben sich nicht zur sache geäußert und auch keine anträge gestellt. 15der einzelrichter hat am 29. oktober 2021 einen ortstermin durchgeführt. wegen der einzelheiten wird auf das terminsprotokoll bezug genommen. 16wegen der sonstigen einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge (auch der parallelverfahren) ergänzend bezug genommen. 17 | 18die kammer entscheidet gemäß § 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) im schriftlichen verfahren, nachdem die beteiligten im anschluss an den ortstermin auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet haben. 19die klage ist zulässig, aber unbegründet. 20die der beigeladenen erteilte baugenehmigung vom 5. märz 2021 ist hinsichtlich nachbarschützender vorschriften rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 s. 1 vwgo. 21ein nachbar kann nur dann erfolgreich gegen die einem dritten erteilte baugenehmigung vorgehen, wenn diese gegen nachbarschützende vorschriften des öffentlichen bauplanungs- oder bauordnungsrechts verstößt und eine befreiung von diesen vorschriften nicht vorliegt oder unter berücksichtigung nachbarlicher belange nicht hätte erteilt werden dürfen. ob das vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im nachbarverfahren unerheblich. 22gemessen an diesem maßstab ist die angefochtene baugenehmigung vom 5. märz 2021 nicht zu beanstanden. 231. 24ein verstoß gegen nachbarschützende vorschriften des bauordnungsrechts ist nicht erkennbar. 25insbesondere werden die vorgaben des abstandsflächenrechts durch das genehmigte vorhaben eingehalten. gemäß § 6 abs. 1 s. 1 bauordnung (bauo) nrw 2018 sind vor den außenwänden von gebäuden abstandsflächen von oberirdischen gebäuden freizuhalten. diese abstandsflächen müssen nach § 6 abs. 2 s. 1 bauo nrw 2018 auf dem grundstück selbst, dürfen also nicht auf dem nachbargrundstück liegen. vorliegend sind diese anforderungen gewahrt. die auf dem amtlichen lageplan dargestellte abstandsfläche t30 – nur diese vor der nordöstlichen außenwand des „hauses 4“ liegende abstandsfläche ist für den vorliegenden nachbarstreit relevant – entspricht den gesetzlichen vorgaben. dabei ist gemäß § 6 abs. 5 s. 1 bauo nrw 2018 auf der gesamten länge der außenwand von einem abstandsmaß von 0,4 auszugehen, nachdem im zuge der bauordnungsnovelle zum 1. januar 2019 das regelabstandsmaß auf diesen faktor reduziert worden ist. die vor der genannten außenwand liegende abstandsfläche t30 hat unter zugrundelegung dieses abstandsmaßes eine tiefe von (9,22 x 0,4 =) 3,688 m, wobei die mittlere geplante geländehöhe (unter außerachtlassung eines abgeböschten lichtschachts im mittleren bereich der wand) zugrunde gelegt wird. diese abstandsfläche liegt vollständig auf dem baugrundstück. denn die genehmigte außenwand hält im nordwestlichen bereich einen abstand von 5,92 m, in den übrigen bereichen einen noch etwas größeren abstand zur grundstücksgrenze ein. 262. 27auch ein verstoß gegen nachbarschützende vorschriften des bauplanungsrechts ist nicht festzustellen. 28innerhalb der im zusammenhang bebauten ortsteile ist ein bauvorhaben, sofern ein bebauungsplan nicht existiert, gemäß § 34 abs. 1 s. 1 baugesetzbuch (baugb) zulässig, wenn es sich nach art und maß der baulichen nutzung, der bauweise und der grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die eigenart der näheren umgebung einfügt und die erschließung gesichert ist. es spricht einiges dafür, dass diese voraussetzungen vorliegend erfüllt sind. insbesondere finden sich in der maßgeblichen umgebung wohl baukörper, die der streitgegenständlichen bebauung hinsichtlich des maßes (höhe, kubatur etc.) entsprechen, und auch für eine bebauungstiefe von rund fünfzig metern lassen sich in der umgebung einschlägige vorbilder ausmachen (etwa das eine noch größere tiefe erreichende gebäude b. s. ..). letztlich brauchen diese fragen aber nicht entschieden zu werden. denn § 34 abs. 1 s. 1 baugb entfaltet nur teilweise nachbarschützende wirkung. auf einen verstoß gegen § 34 abs. 1 s. 1 baugb kann sich der nachbar nur dann berufen, wenn mit diesem verstoß zugleich eine verletzung des in dem tatbestandsmerkmal des „einfügens“ enthaltenen gebots der rücksichtnahme einhergeht. 29vgl. nur ovg nrw, beschluss vom 14. januar 2021 - 10 b 1891/20 -, juris (rn. 4), mit weiteren nachweisen. 30das gebot der rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen verflechtungen der baulichen situation benachbarter grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen ausgleich schaffen, der einerseits dem bauherrn ermöglicht, was von seiner interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem nachbarn erspart, was an belästigungen und nachteilen für ihn unzumutbar ist. die beachtung des rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, nutzungen, die geeignet sind, spannungen und störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass konflikte möglichst vermieden werden. die sich daraus ergebenden anforderungen sind im einzelfall festzustellen, wobei die konkreten umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen interessen des bauherrn und des nachbarn in anwendung des maßstabes der planungsrechtlichen zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. dabei kann desto mehr an rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die stellung dessen ist, dem die rücksichtnahme im gegebenen zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das vorhaben verwirklichen will, desto weniger rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem bauvorhaben verfolgten interessen sind. 31vgl. nur bverwg, urteile vom 25. februar 1977 - 4 c 22.75 -, bverwge 52, 122 ff., vom 18. mai 1995 - 4 c 20.94 -, bverwge 98, 235 ff., und vom 29. november 2012 - 4 c 8.11 -, bverwge 145, 145 ff.; uechtritz, das baurechtliche rücksichtnahmegebot: konkretisierung durch fallgruppenbildung, dvbl. 2016, 90 ff., mit weiteren nachweisen. 32gemessen an diesem maßstab hält die kammer das streitgegenständliche bauvorhaben nicht für im bauplanungsrechtlichen sinne rücksichtslos. 33orientierung bei der insoweit erforderlichen wertung bietet zunächst das abstandsflächenrecht, das gerade den zweck verfolgt, die interessen von grundstücksnachbarn im falle einer grenzständigen oder grenznahen bebauung zum ausgleich zu bringen. zwar kann durch die (landesrechtlichen) vorgaben des § 6 bauo nrw 2018 keine verbindliche und abschließende konkretisierung des (bundesrechtlichen) rücksichtnahmegebots herbeigeführt werden. die wahrung des abstandsflächenrechts hat aber nach ständiger rechtsprechung eine indizwirkung: sind die abstandsflächenrechtlichen vorgaben eingehalten, so ist im regelfall auch das gebot der rücksichtnahme nicht verletzt. 34vgl. bverwg, urteil vom 11. januar 1999 - 4 b 128.98 -, baur 1999, 615 ff.; ovg nrw, urteil vom 30. mai 2017 - 2 a 130/16 -, juris (rn. 43 ff.), und beschluss vom 16. november 2020 - 2 b 1537/20 -, juris (rn. 24 ff.), mit weiteren nachweisen. 35zwar hat das oberverwaltungsgericht betont, dass gerade nach der zurücknahme der abstandsflächenrechtlichen anforderungen im rahmen der novellierung der nordrhein-westfälischen bauordnung vom dezember 2006 stets eine betrachtung des einzelfalls geboten sei, 36beschluss vom 9. februar 2009 - 10 b 1713/08 -, baur 2009, 775; die indizwirkung auch für das neuere abstandflächenrecht bekräftigend hingegen ovg nrw, urteil vom 30. mai 2017 - 2 a 130/16 -, juris (rn. 45), 37und dies dürfte umso mehr für die abermalige reduzierung der abstandsflächenvorgaben im zuge der novelle 2018 gelten. auch eine einzelfallbetrachtung führt indes vorliegend nicht zu einem von den wertungen des abstandsflächenrechts abweichenden ergebnis. 38die kammer kann insbesondere nicht feststellen, dass das genehmigte gebäude eine „erdrückende wirkung“ auf das haus oder das grundstück der kläger hat. rücksichtslos erweist sich ein bauvorhaben insoweit erst dann, wenn es ein benachbartes grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich "die luft nimmt", wenn für den nachbarn das gefühl des "eingemauertseins" entsteht oder wenn die größe des "erdrückenden" gebäudes aufgrund der besonderheiten des einzelfalls derart übermächtig ist, dass das "erdrückte" gebäude oder grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" gebäude dominierte fläche ohne eigene charakteristik wahrgenommen wird. 39vgl. nur ovg nrw, urteile vom 19. juli 2010 - 7 a 3199/08 -, juris, vom 18. oktober 2011 - 10 a 26/09 -, juris, und vom 27. mai 2019 - 10 a 1860/17 -, juris; beschluss vom 14. januar 2021 - 10 b 1891/20 -, juris (rn. 10). 40ein solcher, die indizwirkung des abstandsflächenrechts ausnahmsweise in frage stellender zustand wird vorliegend nicht erreicht. zwar sehen die kläger sich nach der errichtung des neubaus einer durchaus grenznahen, mehr als 37 m langen bebauung gegenüber, die aus den „häusern 3 und 4“ des neubauvorhabens besteht. zu berücksichtigen ist jedoch, dass die optische massivität dieser bebauung durch eine größere zahl von versprüngen deutlich reduziert wird. so tritt das „haus 4“ – von nordosten betrachtet – um mehrere meter gegenüber dem „haus 3“ zurück. auch die nordöstlichen außenwände der „häuser 3 und 4“ selbst weisen mehrere vor- oder zurückspringende teilabschnitte auf, welche die wände gliedern und ihre optische massivität reduzieren. „haus 4“ ist überdies an seinem südöstlichen ende um mehrere meter niedriger. durch diesen höheneinschnitt wird die optische trennung der beiden baukörper betont und die massivität der bebauung weiter gebrochen. bereits die vorgenannten gestaltungselemente sind insgesamt geeignet, den eindruck einer abriegelung zu reduzieren. entscheidend kommt indes hinzu, dass die negativen auswirkungen der genehmigten bebauung auf das grundstück der kläger durch die topographie sehr deutlich gemindert werden. während nämlich die terrasse der kläger h1. ausweislich der genehmigungsunterlagen auf einer höhe von mehr als 126 m über nhn liegt, befindet sich bereits das gelände an der grundstücksgrenze auf einer höhe von rund 122 m über nhn. nochmals tiefer, nämlich bei etwa 121 m über nhn liegt das geländeniveau auf höhe der in rede stehenden nordöstlichen außenwand des neubaus. deren fuß liegt folglich etwa fünf meter unter dem terrassenniveau der kläger h1. . der obere abschluss der wand liegt mit 130,34 m über nhn lediglich gut vier meter oberhalb dieses terrassenniveaus. liegt demnach der überwiegende teil der gut neun meter hohen außenwand des neubaus unterhalb der wohnung der kläger h1. , so kann eine erdrückende wirkung in dem oben beschriebenen sinne durch diese außenwand nicht hervorgerufen werden. noch günstiger sind die höhenverhältnisse im falle der kläger g2. / g2. -c. , deren obergeschosswohnung samt dachterrasse auf einer höhe von etwa 132 m über nhn liegt; der neubau liegt also vollständig unterhalb ihrer wohnung. dass sich in zukunft zwei relativ grenznahe mehrgeschossige baukörper gegenüberstehen, ist im übrigen auch darauf zurückzuführen, dass das grundstück der kläger ähnlich dicht und bis zu einer ähnlichen tiefe bebaut worden ist, wie es auf dem baugrundstück nun geschehen soll. aus sicht des planungsrechts kann regelmäßig nicht gefordert werden, dass auf einem zur bebauung anstehenden grundstück größere grenzabstände eingehalten werden, um einen mangel an freiflächen auf dem nachbargrundstück zu kompensieren. 41eine über das zumutbare maß hinausgehende beeinträchtigung der belichtung und sonneneinstrahlung ist ebenfalls nicht zu erwarten. das gebot der rücksichtnahme fordert nicht, dass alle fenster eines hauses oder alle teile eines gartens optimal durch sonneneinstrahlung belichtet werden. in einem bebauten innerstädtischen wohngebiet muss vielmehr immer damit gerechnet werden, dass nachbargrundstücke innerhalb des durch das bauplanungs- und das bauordnungsrecht vorgegebenen rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine bebauung zu einer verschattung des eigenen grundstücks oder von wohnräumen kommt. 42vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 9. februar 2009 - 10 b 1713/08 -, baur 2009, 775, und vom 29. august 2011 - 2 b 940/11 -; urteil vom 30. mai 2017 - 2 a 130/16 -, juris (rn. 57 ff.), mit weiteren nachweisen. 43vorliegend hält die beeinträchtigung der belichtung und besonnung des klägerischen grundstücks sich wegen der beschriebenen topographischen verhältnisse in grenzen. von einer rücksichtslosigkeit kann insoweit keine rede sein. 44für die einblickmöglichkeiten aus den fenstern des genehmigten neubaus auf das grundstück der kläger gilt im ergebnis dasselbe. grundstückseigentümer in bebauten innerstädtischen wohngebieten haben es grundsätzlich hinzunehmen, dass grundstücke innerhalb des rahmens baulich genutzt werden, den das bauplanungsrecht und das bauordnungsrecht vorgeben, und dass es dadurch auch zu einsichtnahmemöglichkeiten kommt, die in bebauten gebieten üblich sind. 45vgl. etwa ovg nrw, beschluss vom 11. september 2018 - 7 b 918/18 -, juris. 46auch unter diesem aspekt kann der neubau daher nicht als im planungsrechtlichen sinne rücksichtslos betrachtet werden. 47eine verletzung des rücksichtnahmegebots bewirkt schließlich auch nicht der umstand, dass der bisherige ausblick von den terrassen der kläger aufgrund des genehmigten gebäudes nicht mehr ungehindert bestehen wird. dass die situation sich insoweit – insbesondere für die kläger h1. – deutlich verschlechtern wird, steht außer frage. entsprechende vorhandene sichtbeziehungen stellen sich jedoch im wesentlichen als faktischer lagevorteil dar. auf den fortbestand eines solchen lagevorteils hat der grundstückseigentümer regelmäßig keinen rechtsanspruch. 48vgl. bverwg, urteil vom 28. oktober 1993 - 4 c 5.93 -, nvwz 1994, 686; ovg nrw, urteil vom 27. mai 2019 - 10 a 1860/17 -, juris (rn. 58); vg gelsenkirchen, urteile vom 28. november 2017 - 6 k 3879/16 -, juris (rn. 27) und vom 3. märz 2020 - 6 k 2798/19 -, juris (rn. 49). 493. 50die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 vwgo. es entspricht nicht der billigkeit, den klägern auch die außergerichtlichen kosten der beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen antrag gestellt bzw. angekündigt und sich damit gemäß § 154 abs. 3 vwgo ihrerseits keinem kostenrisiko ausgesetzt hat. 51die entscheidung über die vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 vwgo, 708 nr. 11 und 711 zivilprozessordnung. 52rechtsmittelbelehrung: 53gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 541. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 552. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 563. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 574. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 585. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 59die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 60auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 61im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. |
342,964 | {
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} | 115 O 199/20 | 2022-01-03T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 37.275,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger das vereinbarte Pflegetagegeld aus der bei der Beklagten bestehenden Pflegezusatzversicherung mit der Vertragsnummer K 0.000.000/0-00000 in Höhe von 175,00 € ab dem 01.09.2020 für die Dauer der Pflegebedürftigkeit von X1 zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 30.06.2020 erklärte Anfechtung der Pflegezusatzversicherung mit der Vertragsnummer K 0.000.000/0-00000 unwirksam ist und der Pflegezusatzversicherungsvertrag fortbesteht. 3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.385,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 4. Die weitergehende Klage sowie die Widerklage werden abgewiesen. 5. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Beklagte. 6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer privaten Pflegetagegeldversicherung sowie über Leistungen aus dieser Versicherung. 3Der Kläger unterhielt ab dem 04.07.2019 bei der Beklagten eine private Pflegetagegeldversicherung unter der Vertragsnummer KV 0.000.000/0-00000 (vgl. Versicherungsschein vom 05.07.2019, Anl. KJR 1). Vereinbart war der T (Pflegegeldtarif) mit den Tarifen QC E sowie QC 1. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Pflegetagegeldversicherung Teil I (AVB), Stand 01.10.2017, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Pflegetagegeldversicherung Teil II, Tarifstufe QC E und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Pflegetagegeldversicherung, Tarifstufen QC 1 – QC 5 sowie QCS 2 – QCS 4 zugrunde. Nach den AVB leistet die Beklagte im Falle der Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 SGB XI der versicherten Personen pro Tag die vereinbarte Tagesleistung in Höhe von 175,00 €. 4§ 3 Abs. 2 AVB lautet: 5„Besteht bei der P am Tag der Geburt für mindestens einen Elternteil eine Pflegetagegeldversicherung, ist die P verpflichtet, dessen neugeborenes Kind ab Vollendung der Geburt ohne Risikozuschläge zu versichern, wenn die Anmeldung zur Versicherung spätestens zwei Monate nach dem Tag der Geburt rückwirkend zum Tag der Geburt erfolgt. In diesem Fall besteht Versicherungsschutz auch für Geburtsschäden sowie angeborene Krankheiten und Gebrechen. Diese Verpflichtung besteht nur insoweit, als der beantragte Versicherungsschutz des Neugeborenen nicht höher und nicht umfassender als der des versicherten Elternteils ist.“ 6Ende Juni 2019 befand sich die Ehefrau des Klägers, X2, in der 23./24. Schwangerschaftswoche. Zu diesem Zeitpunkt ergab eine durchgeführte Pränataldiagnostik den Verdacht eines hypoplastischen Linksherzsyndroms. Die behandelnden Ärzte stellten dem Kläger und seiner Ehefrau daraufhin verschiedene Szenarien im Hinblick auf die Situation ihres ungeborenen Kindes vor. Danach bestünde die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs, der Todgeburt des Kindes bzw. eines zeitnahen Versterbens nach der Geburt oder der operativen Behandlung. Für den zuletzt genannten Fall nannten die Ärzte drei Behandlungsszenarien: Erstens die Implantation eines Spenderherzens in den ersten Tagen nach der Geburt, zweitens die sofortige medikamentöse Behandlung zur Vorbereitung einer sog. Norwood-OP innerhalb der ersten Lebenstage sowie anschließende weitere OPs oder drittens die Möglichkeit, dass das Kind nach einer dieser Operationen versterben werde. 7Am 28.06.2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten die streitgegenständliche Versicherung (Anl. KJR 2). Auf die (wohl) bekannten Ergebnisse der pränatalen Diagnostik wies der Kläger nicht hin. Die Beklagte stellte jedoch auch keine dahingehenden Nachfragen. Erst nunmehr hat die Beklagte in ihre Antragsformulare (vgl. Bl. 69ff. d.A.) folgende Frage aufgenommen: 8„Wurden bei einer derzeit bestehenden Schwangerschaft beim ungeborenen Kind, dessen Elternteil (Mutter oder Vater) Sie werden, im Rahmen einer Pränataldiagnostik Anhaltspunkte für Fehlbildungen oder Störungen festgestellt?“ 9Die Beklagte nahm den Antrag unter dem 05.07.2019 an (vgl. Anl. KJR 1). 10Mit E-Mail seines Versicherungsmaklers vom 22.10.2019 zeigte der Kläger der Beklagten die Geburt von X1 am 00.10.2019 an und bat um dessen Nachversicherung (Anl. KJR 4). Auf das bei X1 diagnostizierte hypoplastische Linksherzsyndrom wies der Kläger nicht hin. Gesundheitsfragen wurden von der Beklagten nicht gestellt. Die Beklagte kam dem nach und schickte dem Kläger mit Schreiben vom 04.11.2019 einen neuen Versicherungsschein. In diesem ist nunmehr auch X1 als versicherte Person genannt und für ihn besteht eine Pflegetagegeldversicherung in Höhe von 175,00 € pro Tag sowie eine Einmalleistung bei Eintritt des Pflegefalls in Höhe von 10.000,00 € (vgl. Versicherungsschein v. 04.11.2019, Anl. KJR 5). 11X1 kam mit schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Welt. Er litt an einem hypoplastischen Linksherzsyndrom mit Mitralstenose und Aortenatresie, persistierender Ductus arteriosus unter Prostaglandin E1-Therapie, persistierendem Foramen ovale sowie einem gebremsten Blutfluss über das Vorhofseptum. (vgl. Bericht des UKM v. 13.11.2019, Anl. KJR 7). Am 24.10.2019 erhielt X1 die erste notwendige sog. Norwood-OP, welche er überstand. 12Aufgrund der Erkrankung ist X1 pflegebedürftig. Bei ihm bestehen Schluckstörungen bei flüssiger Nahrung sowie psychische Beeinträchtigungen. Außerdem besteht eine künstliche Harnableitung sowie ein künstlicher Darmausgang. Aufgrund dieser Beeinträchtigungen wurde vom medizinischen Dienst der Privaten V bei X1 der Pflegegrad 4 ab Geburt festgestellt (vgl. Gutachten v. 12.12.2019, Anl. JKR 6). 13Die Beklagte erbrachte nach der Anzeige zunächst die vertraglich vereinbarten Leistungen. Insgesamt zahlte sie an den Kläger einen Betrag von 29.075,00 €. Im Februar 2020 stellte die Beklagte die Leistungen ein. Mit Schreiben vom 06.03.2020, dem ein Schreiben vom 18.02.2020 beigefügt war, forderte sie den Kläger auf, weitere Unterlagen und Befunde der pränatalen Diagnostik einzureichen (Anl. KJR 3). Mit Schreiben vom 10.03.2020 stellte die Beklagte die Leistungserbringung bis zum Zugang der Unterlagen zur pränatalen Diagnostik ein (Anl. KJR 14). Daraufhin beauftragte der Kläger seine jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Diese forderten mit Schreiben vom 08.04.2020 die Beklagte zur Zahlung des rückständigen Pflegetagegeldes auf (Anl. KJR 15). Mit Schreiben vom 28.02.2020 wies die Beklagte die Forderungen zurück (Anl. KJR 16). Auf ein weiteres Aufforderungsschreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 29.05.2020 (Anl. KJR 17) antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 30.06.2020 (Anl. KJR 18). Darin erklärte sie die rechtsvernichtende Einwendung des Rechtsmissbrauchs und die Anfechtung ihrer Willenserklärungen vom 05.07.2019 (Policierung des Antrags vom 01.07.2019) und vom 04.11.2019 (Policierung der Kindernachversicherung des Sohnes) wegen arglistiger Täuschung. Gleichzeitig forderte sie die von ihr gezahlten Leistungen in Höhe von 29.075,00 € abzüglich der vom Kläger gezahlten Beiträge in Höhe von 3.194,04 €, insgesamt also ein Betrag von 25.880,96 € vom Kläger zurück. 14Der medizinische Dienst der Privaten V hat in seiner Begutachtung am 12.08.2021 (vgl. Anl. KJR 30, Bl. 138ff. d.A.) festgestellt, dass für X1 seit dem 01.08.2021 der Pflegegrad 1 besteht. 15Mit seiner Klage macht der Kläger das rückständige Pflegetagegeld für den Zeitraum vom 01.02.2020 bis zum 31.08.2020, mithin für 213 Tage, sowie die Zahlung zukünftiger Pflegetagegelder geltend. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der Versicherungsvertrag fortbesteht. Darüber hinaus begehrt er die Rückzahlung der im Zeitraum vom 15.10.2019 bis zum 01.06.2021 für seinen Sohn eingezahlten Prämien in Höhe von insgesamt 831,70 € sowie die Freistellung von der Beitragsfreistellung ab dem 01.07.2021. 16Widerklagend begehrt die Beklagte die Rückzahlung der geleisteten Einmalzahlung sowie der Pflegetagegelder abzüglich der geleisteten Prämien. 17Die Rechtsschutzversicherung des Klägers hat die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bis auf die Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 €, welche der Kläger bezahlte, beglichen und ihre diesbezüglichen Ansprüche an den Kläger zur Geltendmachung abgetreten. 18Der Kläger behauptet, er habe im Mai 2019 im Zusammenhang mit dem Abschluss anderer Versicherungen Kontakt zu seinem Versicherungsmakler, der B GmbH & Co. KG aufgenommen. Dabei habe Herr C gesagt, dass man prüfen solle, ob das Risiko einer Pflegebedürftigkeit für das damals noch ungeborene Kind abgesichert werden könne. Herr C habe dazu aber keine definitive Aussage zu geben können, sodass er intern Rücksprache halten wolle und sich Herr F, der eigentliche Ansprechpartner des Klägers, zurückmelden werde. Bei dieser Rücksprache habe Herr F Herrn C mitgeteilt, dass es die Möglichkeit gäbe, eine Pflegetagegeldversicherung für ihn – den Kläger – abzuschließen und das Kind über eine Kindernachversicherung in den Versicherungsschutz einzubeziehen. Auf Anweisung von Herrn F habe Herr C über den Maklerservice nochmal konkret bei der Beklagten nachgefragt, ob bei einem Verdacht auf ein hypoplastisches Linksherzsyndrom eine Nachversicherung des Kindes möglich sei. Daraufhin sei ihm von der Sachbearbeiterin mitgeteilt worden, dass dies möglich sei und es sich um eine „Lücke“ handele, welche man durchaus ausnutzen könne. 19Der Kläger vertritt die Ansicht, es liege kein arglistige Täuschung vor. Es mangele bereits objektiv an einer Täuschung, da er, vertreten durch seinen Versicherungsmakler, telefonisch bei der Beklagten nachgefragt habe, ob die Diagnose seines ungeborenen Sohnes anzugeben sei. Es spreche gerade für seine Redlichkeit, dass er sich auf die telefonische Auskunft der Beklagten verlassen und nicht auf eine schriftliche Bestätigung bestanden habe. Er und sein Versicherungsmakler hätten auf die Richtigkeit der ihnen erteilten Auskunft vertraut. Die Erweiterung der Gesundheitsfragen im Antragsformular zeigten, dass die Beklagte erkannt habe, dass es sich um eine wiederkehrende und nicht um eine außergewöhnliche Thematik handele und es aus ihrer Sicht erforderlich sei, die Gesundheitsfragen des Versicherungsantrages zu erweitern. Jeder Versicherungsnehmer musste aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Nachversicherung – unstreitig – keine Gesundheitsfragen stellte, davon ausgehen, dass der Gesundheitszustand des nachzuversichernden Kindes offenbar keine Relevanz für den Versicherer hat. 20Außerdem habe die Beklagte in diesem Fall von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht, das zu versichernde Risiko vor Zustandekommen des Versicherungsvertrages umfassend zu prüfen, insbesondere in dem Fragen an den Versicherungsnehmer gestellt würden. Im Zuge der Nachversicherung habe die Beklagte hiervon ebenfalls – unstreitig – keinen Gebrauch macht. Für den Kläger sei deswegen auch nicht ersichtlich gewesen, dass die Ergebnisse der pränatalen Diagnostik Einfluss auf die Versicherung haben könnten. Er habe auch nicht ungefragt diese Information weitergeben müssen. Vielmehr könne er sich darauf verlassen, dass der Versicherer gefahrerhebliche Umstände von sich aus frage. In diesem Fall habe die Beklagte durch die Nachversicherung von Kindern ohne Gesundheitsrisiko außerdem das Risiko übernommen, auch Kinder zu versichern, die Vorerkrankungen haben oder bei denen die pränatale Diagnostik auf zukünftige Gesundheitsschäden hindeute. Nutze der Versicherer die ihm gesetzlich eingeräumte Fragemöglichkeit nicht oder jedenfalls nicht hinreichend, so sei dies nicht dem Versicherungsnehmer anzulasten. 21In subjektiver Hinsicht sei außerdem zu berücksichtigen, dass er sich explizit bei seinem Versicherungsmakler erkundigt habe, ob eine Nachversicherung für sein Kind auch in diesem Fall möglich sei. Er behauptet, er habe seinen Makler dazu gedrängt, bei der Beklagten entsprechend nachzufragen. Erst nachdem dieser erklärt habe, eine Nachversicherung sei möglich, habe er den Antrag gestellt. Ihm könne daher nicht unterstellt werden, sich arglistig Versicherungsschutz erschlichen zu haben. Vielmehr sei es ihm darum gegangen, den Antrag ordnungsgemäß zu stellen. 22Der Kläger ist der Ansicht, die Geltendmachung von Versicherungsleistungen sei nicht rechtsmissbräuchlich. Dies setze einen objektiven Verstoß und ein subjektives Verschulden des Klägers voraus, woran es jeweils fehle. Zum Zeitpunkt der Antrag-stellung habe eine erhebliche Unsicherheit bestanden, ob X1 überhaupt lebend zur Welt komme und ob er die ersten Tage überlebe. Auch habe die Möglichkeit bestanden, dass bei X1 keine erhebliche Beeinträchtigung verbleiben würde. Auch habe er das allgemeine Lebensrisiko, insbesondere das Todesfallrisiko seiner Mutter geteilt. Dementsprechend sei zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar gewesen, ob überhaupt eine Pflegebedürftigkeit seines Sohnes eintrete und auch in der Folge An-sprüche gegen die Beklagte bestünden. Das versicherte Risiko sei also gerade nicht „gewiss“ gewesen. 23Schließlich sei das Verhalten der Beklagten selbst rechtsmissbräuchlich. Sie habe die Anfechtung des Versicherungsvertrages erst erklärt, nachdem sie vorher mit ihrer Deckungszusage die Leistungspflicht bestätigt und die Erbringung der vertragsgemäßen Leistungen zugesagt hatte. Mit ihrer Deckungszusage habe sie einen Vertrauenstatbestand geschaffen, welcher sie verpflichtet, weiterhin vertragsgemäße Leistungen zu erbringen. Ein Rückgriff auf das Anfechtungsrecht sei ihr damit verwehrt. 24Die außerordentliche Schwierigkeit des Falls und dessen Umfang begründeten zudem eine 2,0 Gebühr für die anwaltliche Tätigkeit. 25Ursprünglich hat der Kläger mit seiner Klageschrift vom 23.09.2020 (Bl. 1ff. d. A.) beantragt, die Beklagte zu verurteilen, (1) an ihn 37.275,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; (2) an ihn das vereinbarte Pflegetagegeld aus der bei der Beklagten bestehenden Pflegezusatzversicherung mit der Vertragsnummer K 0.000.000/0-00000 in Höhe von 175,00 € ab dem 01.09.2020 für die Dauer der Pflegebedürftigkeit von X1 zu zahlen sowie (3) an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.385,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 06.04.2021 hat der Klage seine Klage erweitert und zudem beantragt, festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 30.06.2020 erklärte Anfechtung der Pflegezusatzversicherung mit der Vertragsnummer K 0.000.000/0-00000 unwirksam ist und der Pflegezusatzversicherungsvertrag fortbesteht. Nachdem die Beklagte auch für den Zeitraum vom 15.10.2019 bis zum 01.06.2021 die Prämien für X1 in Höhe von insgesamt 831,70 € weiterhin eingezogen hat, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.10.2021 (Bl. 132 ff. d. A.) seine Klage nochmals erweitert. 26Der Kläger beantragt nunmehr, 271. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 37.275,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 282. die Beklagte zu verurteilen, an ihn das vereinbarte Pflegetagegeld aus der bei der Beklagten bestehenden Pflegezusatzversicherung mit der Vertragsnummer K 0.000.000/0-00000 in Höhe von 175,00 € ab dem 01.09.2020 für die Dauer der Pflegebedürftigkeit von X1 zu zahlen; 293. festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 30.06.2020 erklärte Anfechtung der Pflegezusatzversicherung mit der Vertragsnummer K 0.000.000/0-00000 unwirksam ist und der Pflegezusatzversicherungsvertrag fortbesteht; 304. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 831,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 315. die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Beitragszahlungspflicht für die bei der Beklagten bestehenden Pflegezusatzversicherung mit der Vertragsnummer K 0.000.000/0-00000 ab dem 01.07.2021 für die Dauer der bedingungsgemäßen Pflegebedürftigkeit von X1 zu befreien; 326. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.385,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 33Die Beklagte beantragt, 34die Klage abzuweisen. 35Widerklagend beantragt sie, 36den Kläger zu verurteilen, an sie 25.880,96 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 37Der Kläger beantragt, 38die Widerklage abzuweisen. 39Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe den Vertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten. Folglich sei der Vertrag als von Anfang an nichtig zu betrachten, sodass dem Kläger keine Leistungen aus dem Vertrag zustünden und er zur Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen verpflichtet sei. Den Kläger treffe bei besonders wichtigen Umständen, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich ausschlaggebend sind, auch ungefragt eine Offenbarungspflicht. Vor diesem Hintergrund habe der Kläger X1s bereits bei Antragstellung bekannte Diagnose eines hypoplastischen Linksherzsyndroms angeben müssen, weil offensichtlich sei, dass eine derart erhebliche Erkrankung für die Annahmeentscheidung der Beklagten von erheblicher Bedeutung sei. Die schwere Erkrankung bringe eine deutlich erhöhte Gefahr des Eintritts einer Pflegebedürftigkeit mit sich. Dies sei auch dem Kläger bekannt gewesen. Vor diesem Hintergrund könne die fehlende Angabe des Klägers hierüber nur dahingehend gedeutet werden, dass er wusste, dass diese Information für die Entscheidung der Beklagten als Pflegetagegeldversicherer von erheblicher Bedeutung sei. Erschwerend komme in diesem Fall hinzu, dass der Kläger offensichtlich selbst Zweifel hatte, ob das Pflegerisiko seines Sohnes versicherbar sei. Unerheblich sei in dem Zusammenhang, dass die Beklagte nicht danach gefragt habe, weil sich die Arglistanfechtung allein nach den Regeln des BGB richte. Nach der Rechtsprechung bestünde bei außergewöhnlichen und besonders wesentlichen Informationen, die das Aufklärungsinteresse des Versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem Versicherungsnehmer ihre Mitteilungsbedürftigkeit auch ohne Auskunftsverlangen aufdrängen muss, eine spontane Offenbarungsobliegenheit. Die Beklagte behauptet, sie hätte, wenn sie von der Diagnose vor der Vertragsannahme erfahren hätte, weder den Antrag des Klägers noch den zur Nachversicherung angenommen. 40Ferner behauptet sie, das vom Kläger behauptete Gespräch zwischen seinem Makler und der Beklagten habe es nicht gegeben. 41Darüber hinaus habe der Kläger rechtsmissbräuchlich gehandelt. Der Kläger habe die Pflegetagegeldversicherung für sich zielgerichtet mit Blick auf die garantierte Kindernachversicherung abgeschlossen. Hierdurch bezwecke er einen hochwertigen Versicherungsschutz für seinen Sohn zulasten der Versichertengemeinschaft. Nach einem Grundgedanken des Versicherungsrechts seien nur unbekannte Risiken versicherbar. In diesem Fall sei dem Kläger jedoch nahezu sicher in Aussicht gestellt worden, dass sein Sohn pflegebedürftig werde. Die Versicherungsleistungen in Höhe der Einmalzahlung und weiteren jährlichen Leistungen in Höhe von 63.875,00 € stünden in keinem Verhältnis zu den monatlichen Beiträgen von 202,28 €. Auch sei – weil es sich hier um eine private Zusatzversicherung handele – die Position des Klägers, anders als bei der pflichtigen Kranken-und Pflegeversicherung, nicht schutzwürdig. 42Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Beitragsbefreiung, da dieser gem. Teil II B Nr. 2 AVB nur bei Pflegegrad 5 bestehe. 43Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 44Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F, C sowie L. Zudem hat es den Kläger zweimal persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Parteianhörung wird auf die Sitzungsprotokolle vom 06.05.2021 (Bl. 93ff. d.A.) und vom 22.11.2021 (Bl. 175ff. d.A.) Bezug genommen. 45Entscheidungsgründe: 46Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet, während die zulässige Widerklage unbegründet ist. 47I. 48Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet. 491. 50Dem Kläger steht der mit Antrag zu Ziff. 1) geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Pflegetagegeldes für seinen Sohn X1 für den Zeitraum vom 01.02.2020 bis zum 31.08.2020 in Höhe von insgesamt 37.275,00 € aus dem Versicherungsvertrag zu. Der streitgegenständliche Pflegetagegeldvertrag besteht weiterhin. Weder die Anfechtung der Beklagten noch der Einwand des Rechtsmissbrauchs greifen durch, während ein Versicherungsfall gegeben ist. 51Im Einzelnen: 52a) 53Trotz der von der Beklagten erklärten Anfechtung besteht der Versicherungsvertrag fort. Die Beklagte hat ihre auf den Abschluss des Versicherungsvertrages bzw. der Nachversicherung gerichtete Willenserklärung nicht mit Schreiben vom 30.06.2020 wirksam gem. § 22 VVG i.V.m. § 123 Abs. 1 BGB angefochten, mit der Folge, dass der Vertrag ex-tunc gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist. Denn es fehlt an einer arglistigen Täuschung des Klägers. 54§ 22 VVG eröffnet dem Versicherer das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und stellt klar, dass sich die Voraussetzungen, zeitlichen Grenzen, formalen Anforderungen und Rechtsfolgen – anders als bei einem Rücktritt vom Vertrag – nicht nach den §§ 19 – 21 VVG, sondern nach allgemeinen Grundsätzen bestimmen. Es bestehen im Hinblick auf die Täuschungsanfechtung keine versicherungsrechtlichen Besonderheiten (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, § 22 Rn. 1; Langheidt/Wandt/Müller-Frank, VVG, § 22 Rn. 1). 55Ein Anfechtungsrecht setzt danach voraus, dass der künftige Versicherungsnehmer dem Versicherer trotz Offenbarungspflicht einen (wesentlichen) Umstand arglistig verschwiegen hat, wobei zwischen Täuschung und der irrtumsbedingten Willenserklärung ein Kausalzusammenhang bestehen muss. Eine solche Pflicht besteht, wenn der Versicherer fragt, wobei er im Rahmen von § 22 VVG i.V.m. § 123 BGB sogar nicht zwingend in Textform gefragt haben muss. Verschweigt der Versicherungsnehmer auf entsprechende Frage einen anzeigepflichtigen und ihm bewussten Umstand, liegt grundsätzlich eine Falschbeantwortung der Gesundheitsfrage vor. Falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein rechtfertigen dabei aber nicht den Schluss auf eine arglistige Täuschung. Da es einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer Antragsfrage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken, nicht gibt, setzt die Annahme von Arglist in subjektiver Hinsicht zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28.02.2007, IV ZR 331/05). Im Grundsatz trägt der Versicherer die Beweislast für die objektive und subjektive Komponente einer arglistigen Täuschung. 56Nach diesen Grundsätzen fehlt es vorliegend bereits an dem objektiven Tatbestand einer Täuschung. Denn die in dem Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen hat der Kläger nicht falsch beantwortet. Die Beklagte macht dies auch nicht geltend. Während der Kläger bei Beantragung seiner eigenen Versicherung alle Fragen zu seiner Gesundheit zutreffend beantwortet hat, hat die Beklagte im Rahmen der Nachversicherung von X1 keine Gesundheitsfragen gestellt. Insbesondere wurde der Kläger im Rahmen des Abschlusses seiner Versicherung nicht nach etwaigen Krankheiten oder Störungen seines ungeborenen Kindes gefragt. 57Der Kläger hat seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten auch nicht verletzt, indem er die pränatale Diagnose eines hypoplastischen Linksherzsyndroms bei seinem Sohn X1 nicht von sich aus – ohne eine entsprechende Frage der Beklagten – mitgeteilt hat. 58Es ist umstritten, ob unter Geltung des novellierten Versicherungsvertragsgesetzes eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen kann, nach denen der Versicherer bei Antragstellung gar nicht gefragt hat. Das bloße Verschweigen kann nach allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts nur dann einen Täuschungsvorwurf rechtfertigen, wenn eine Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers bestand (Palandt/Ellenberger, BGB, § 123 Rn. 5 ff.). Diese ergab sich früher für gefahrerhebliche Umstände aus § 16 VVG a.F. Da nach § 19 Abs. 1 S. 1 VVG n.F. jedoch nur noch eine vorvertragliche Anzeigepflicht in Bezug auf solche gefahrerheblichen Umstände besteht, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, ist zweifelhaft, ob noch Raum für die Annahme einer weitergehenden Anzeigepflicht für ungefragte Umstände besteht. Mangels spezieller gesetzlicher Regelung müsste sich diese aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben. 59Die Kammer folgt zu dieser Frage (wie auch bereits mit Urteil der Kammer v. 21.06.2019 – 115 O 146/18, BeckRS 2019, 39051) der vom OLG Hamm im Hinweisbeschluss vom 27.02.2015 (20 U 26/15) vertretenen Auffassung, nach der eine spontane Anzeigepflicht jedenfalls nur dann in Betracht kommen kann, wenn es sich um die Mitteilung außergewöhnlicher und besonders grundlegender Informationen handelt, die das Aufklärungsinteresse des Versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem Versicherungsnehmer ihre Mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen musste. 60Über die Anzeigepflicht aus § 19 Abs. 1 S. 1 VVG hinaus kann sich aus Treu und Glauben eine Aufklärungspflicht in Bezug auf nicht oder nicht ordnungsgemäß in Textform erfragte Umstände ergeben. Dabei muss sich aber der Versicherungsnehmer grundsätzlich darauf verlassen können, dass der Versicherer die aus seiner Sicht gefahrerheblichen Umstände erfragt. Nach der gesetzlichen Wertung obliegt dem Versicherer die Mitteilung der Umstände, die er für gefahrerheblich ansieht. Wenn der Versicherer dies versäumt, kann es dem Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben angelastet werden, wenn er den Fragenkatalog als abschließend ansieht und nicht weitergehende Überlegungen dazu anstellt, was den Versicherer unter Umständen darüber hinaus interessieren könnte. Um die mit § 19 Abs. 1 VVG bezweckte Abschaffung der spontanen Anzeigepflicht nicht zu unterlaufen, bedarf es hierbei solcher Gefahrumstände, die so selten und fernliegend sind, dass dem Versicherer nicht vorzuwerfen ist, sie nicht abgefragt zu haben (vgl. Knappmann, VersR 2011, 724, 726; in diese Richtung – mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand – auch LG Dortmund, Urt. v. 24.02.2012, 2 O 144/11). 61Nach dieser Maßgabe ist hier nicht von einer Aufklärungspflicht in Bezug auf das hypoplastische Linksherzsyndrom von X1 auszugehen. Denn die Beklagte konnte schon nicht zur Überzeugung des Gerichts gem. § 286 Abs. 1 ZPO darlegen und beweisen, dass der Gesundheitszustand von X1 gefahrerheblich ist. 62Zur Überzeugung des Gerichts steht nicht fest, dass die Beklagte aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.1993 – IV ZR 135/92) ein Interesse daran hatte, über den Gesundheitszustand eines nachzuversichernden Kindes aufgeklärt zu werden. Denn die Beklagte sah in § 3 Abs. 2 AVB ausdrücklich die Möglichkeit einer Nachversicherung von neugeborenen Kindern – sogar ohne Risikozuschläge – vor. Darüber hinaus bezog sie sowohl Geburtsschäden als auch angeborene Krankheiten und Gebrechen ausdrücklich in den Versicherungsschutz mit ein. Die Beklagte brachte damit zum Ausdruck, dass neugeborene Kinder damit grundsätzlich nachversichert werden können, und zwar unabhängig von deren Gesundheitszustand. Die Möglichkeit, eine Gesundheitsprüfung durchzuführen und anschließend ggf. Risikozuschläge zu nehmen, schloss die Beklagte dagegen explizit für nachzuversichernde Kinder aus. Hinzu kommt, dass auch Geburtsschäden und angeborene Krankheiten und Gebrechen versichert sein sollten. Insofern hat die Beklagte eindeutig zu verstehen gegeben, dass alle neugeborenen Kinder, selbst wenn diese an noch so schweren angeborenen Erkrankungen leiden oder einen noch so schweren Geburtsschaden erleiden, ohne Risikozuschläge nachversichert werden können. Dass die Beklagte eine solche Möglichkeit der Nachversicherung ohne jegliche Gesundheitsprüfung, ohne Risikozuschläge sowie unter Einbezug von angeborenen Erkrankungen und Geburtsschäden in den Versicherungsschutz vorsieht, mag zwar ungewöhnlich und verwunderlich sein, kann aber jedenfalls nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen. Denn die Beklagte hat diese Versicherungsmöglichkeit bewusst geschaffen und es obliegt ihr, dem Versicherungsnehmer mitzuteilen, welche Umstände für sie gefahrerheblich sind. Das Risiko einer Fehleinschätzung trifft nach der Novellierung des § 19 Abs. 1 VVG nicht mehr den Versicherungsnehmer, sondern den Versicherer. 63Zudem gibt der Umstand, dass die Beklagte weder beim Abschluss der Versicherung des Klägers noch beim Antrag auf Nachversicherung von X1 Fragen zum Gesundheitszustand des Kindes stellte, dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer zu erkennen, dass etwaige Krankheiten des Kindes nicht von Bedeutung sind. Das Stellen entsprechender Fragen wäre – wie das neue Antragsformular zeigt – möglich und zumutbar gewesen, die Beklagte hat hierauf jedoch bewusst verzichtet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer durfte den bei Abschluss seiner Versicherung gestellten Fragenkatalog als abschließend betrachten und musste nach Treu und Glauben keine weitergehenden Überlegungen dazu anstellen, was den Versicherer unter Umständen darüber hinaus interessieren könnte, insbesondere ob er über das Ergebnis einer Pränataldiagnostik eines nachzuversichernden Kindes informiert werden wollte. Die Tatsache, dass die Beklagte ihre Gesundheitsfragen im Nachhinein um eine entsprechende Frage zum Gesundheitszustand eines ungeborenen Kindes erweitert hat und damit – mittlerweile – wohl von einer Gefahrerheblichkeit ausgeht, kann für den vorliegenden Fall keine Berücksichtigung finden. 64Eine nachvollziehbare und plausible Begründung, warum sich die Gefahrerheblichkeit dieser Umstände dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer entgegen der eindeutigen Regelung in § 3 Ans. 2 AVB und trotz (zweimaligen) Verzichts der Beklagten auf das Stellen von Gesundheitsfragen hinsichtlich eines ungeborenen Kindes aufgedrängt haben sollte, hat die Beklagte nicht abgegeben. 65b) 66Darüber hinaus steht der Geltendmachung der Leistungen auch nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. 67Soweit die Beklagten meint, der Kläger habe rechtsmissbräuchlich gehandelt, indem er die Pflegetagegeldversicherung für sich zielgerichtet mit Blick auf die garantierte Kindernachversicherung abgeschlossen und damit ein bekanntes Risiko versichert habe, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Denn vorliegend war der Eintritt des Versicherungsfalles bereits nicht gewiss. 68Nach dem allgemeinen Verständnis verspricht der Versicherer seine Leistung für den Fall eines ungewissen Ereignisses, wobei sich die Ungewissheit in den meisten Fällen auf den Eintritt des Versicherungsfalles bezieht (Langheid/Wandt/Looschelders VVG § 1 Rn. 30). Vorliegend war der Eintritt des Versicherungsfalles hinsichtlich X1 ungewiss, als der Kläger seine Pflegetagegeldversicherung abschloss. Denn zu diesem Zeitpunkt war nicht klar, ob X1 pflegebedürftig werden würde. Vielmehr bestand auch die Möglichkeit, dass X1 bereits nicht lebend zur Welt kommt oder er nach der Geburt oder im Rahmen einer OP verstirbt. Denn die behandelnden Ärzte hatten dem Kläger und seiner Ehefrau verschiedene Szenarien im Hinblick auf die Situation ihres ungeborenen Kindes vorgestellt. Danach bestünde die Möglichkeit, dass das Kind während der Schwangerschaft, bei oder kurz nach der Geburt verstirbt oder es nach der Geburt operativ behandelt wird. Für den zuletzt genannten Fall nannten die Ärzte drei Behandlungsszenarien: Erstens die Implantation eines Spenderherzens in den ersten Tagen nach der Geburt, zweitens die sofortige medikamentöse Behandlung zur Vorbereitung einer sog. Norwood-OP innerhalb der ersten Lebenstage sowie anschließende weitere OPs oder drittens die Möglichkeit, dass das Kind nach einer der Operationen versterben werde. Darüber hinaus war selbst im Falle, dass X1 überlebt, nicht gewiss, dass der Versicherungsfall eintritt. Denn es war nicht vorhersehbar, ob und an welchen gesundheitlichen Beeinträchtigungen er leiden und ob diese eine Pflegebedürftigkeit begründen würden. Der Eintritt der Pflegedürftigkeit war zwar durchaus denkbar, doch es war nur eine von vielen Möglichkeiten. 69Darüber hinaus vermag schon die Annahme der Beklagten, der Kläger habe seine Pflegetagegeldversicherung nur zielgerichtet mit Blick auf die garantierte Kindernachversicherung und deren hochwertigen Versicherungsschutz abgeschlossen, kein rechtsmissbräuchliches Verhalten zu begründen. Denn die Beklagte hat bewusst die Möglichkeit der Kindernachversicherung – ohne Gesundheitsprüfung und ohne Gesundheitszuschläge – geschaffen. Insofern kann einem Versicherungsnehmer nicht angelastet werden, dass er von dieser angebotenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Insbesondere kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Versicherungsleistungen in keinem Verhältnis zu den Beiträgen stehen. Denn sie muss sich insofern entgegen halten lassen, dass ihr allein die Kalkulation der Risiken obliegt. Die Versicherer können Risiken und Gefahren in ganz unterschiedlicher Weise kalkulieren und in dessen Folge unterschiedliche Prämien für unterschiedliche Versicherungen anbieten. (Schwintowski, VuR 2018, 220) Ob ein Versicherer ein Risiko abdecken will oder nicht, ist eine ihm allein vorbehaltene Frage, während kein Versicherungsnehmer die internen Kalkulationsgrundlagen der Versicherer kennt. (Schwintowski, a.a.O.) Vorliegend hatte die Beklagte sich dafür entschieden, nachzuversichernde Kinder ohne Risikozuschläge zu versichern. Auf die Möglichkeit der Durchführung einer Gesundheitsprüfung hat sie dabei bewusst verzichtet. Darüber hinaus hat sie sich dafür entschlossen, dass bei nachversicherten Kindern auch angeborene Krankheiten sowie Geburtsschäden vom Versicherungsschutz umfasst sein sollen. Diese von ihr ausdrücklich versicherten Risiken zu kalkulieren, obliegt allein ihrer Verantwortung. Der Kläger als Versicherungsnehmer kann insofern keine Kenntnis haben, wie die Risiken von der Beklagten kalkuliert werden. 70c) 71Es liegt ein Versicherungsfall gem. Teil I § 1 Abs. 2 AVB i.V.m. Teil II B.1.1. AVB (Tarifstufen QC 1 bis QC 5) vor. 72Es besteht ein Anspruch auf ein Pflegetagegeld in Höhe von 175,00 €. Im geltend gemachten Zeitraum ist X1 als versicherte Person im Sinne von Teil I § 1 Abs. 2 AVB pflegebedürftig. Denn der medizinische Dienst hat bei ihm ab Geburt die Pflegestufe 4 und ab dem 01.08.2021 die Pflegestufe 1 festgestellt. 732. 74Der Kläger hat auch einen Anspruch auf die mit Antrag zu Ziff. 2) geltend gemachte Zahlung des vereinbarten Pflegetagegeldes in Höhe von 175,00 € ab dem 01.09.2020 für die Dauer der Pflegebedürftigkeit von X1. Denn der Versicherungsvertrag besteht trotz der von der Beklagten Anfechtung fort (s.o unter I. 1. a)), die Geltendmachung der Versicherungsleistungen stellt sich nicht als rechtsmissbräuchlich dar (s.o unter I. 1. b)) und es liegt ein Versicherungsfall vor (s.o unter I. 1. c)). 753. 76Auch der Antrag zu Ziff. 3) ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 30.06.2020 erklärte Anfechtung der Pflegezusatzversicherung mit der Vertragsnummer K 0.000.000/0-00000 unwirksam ist und der Pflegezusatzversicherungsvertrag fortbesteht. Denn die Beklagte hat ihre auf den Abschluss des Versicherungsvertrages bzw. der Nachversicherung gerichtete Willenserklärung nicht wirksam gem. § 22 VVG i.V.m. § 123 Abs. 1 BGB angefochten, mit der Folge, dass der Vertrag ex-tunc gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist (s.o. unter I. 1. a)). 774. 78Der Kläger hat gem. §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB auch einen Anspruch auf Zahlung der mit Antrag zu Ziff. 6) geltend gemachten außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.385,94 €. 795. 80Der Anspruch auf die mit Antrag zu Ziff. 1) sowie zu Ziff. 6) begehrten Rechtshängigkeitszinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. 816. 82Der Antrag zu Ziff. 4) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der für X1 geleisteten Versicherungsprämien in Höhe von insgesamt 831,70 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Denn Rechtsgrund für das Behaltendürfen der gezahlten Prämien ist der streitgegenständliche Versicherungsvertrag. Der Kläger war trotz Eintritts eines Versicherungsfalles zur Zahlung der vereinbarten Beiträge für X1 verpflichtet. Denn nach Teil II B.2 AVB für die Tarifstufen QC 1 bis QC 5 werden die jeweils vereinbarten Tarifstufen für die versicherte Person nur beitragsfrei gestellt, wenn für diese Person Pflegetagegeld für Pflegegrad 5 gezahlt wird. Diese Voraussetzungen für eine Beitragsfreistellung sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die Beklagte hat für X1 zwar Pflegetagegeld gezahlt, aber zu keinem Zeitpunkt aufgrund des Bestehens von Pflegegrad 5. Vielmehr wurde bei X1 ab Geburt (lediglich) der Pflegegrad 4 festgestellt und ab dem 01.08.2021 besteht der Pflegegrad 1. 83Weitere in Betracht kommende Anspruchsgrundlagen sind nach Auffassung des Gerichts nicht ersichtlich. 847. 85Ferner ist auch der Antrag zu Ziff. 5 unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass er für die Dauer der bedingungsgemäßen Pflegebedürftigkeit von X1 von der Beitragszahlungspflicht für die bei der Beklagten bestehende Pflegezusatzversicherung ab dem 01.07.2021 befreit wird. Denn die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs gem. Teil II B.2 AVB für die Tarifstufen QC 1 bis QC 5 liegen nicht vor (s.o. unter I. 6.) Für X1 bestand zu keinem Zeitpunkt der erforderliche Pflegegrad 5. 868. 87Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf die mit Antrag zu Ziff. 4) geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen. 88II. 89Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet. 90Die Widerklage ist zulässig. 91Insbesondere ist das angerufene Gericht gem. § 33 ZPO auch zur Entscheidung über die Widerklage örtlich zuständig. Die danach erforderliche Konnexität folgt hier daraus, dass sowohl die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche als auch der im Rahmen der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf ein gemeinsames Rechtsverhältnis, nämlich den streitgegenständlichen Pflegetagegeldversicherungsvertrag zurückzuführen sind. 92Die Widerklage ist jedoch unbegründet. 93Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Versicherungsleistungen aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Denn Rechtsgrund für das Behaltendürfen der erhaltenen Einmalzahlung sowie der Pflegetagegelder ist der streitgegenständliche Versicherungsvertrag. Dieser wurde weder wirksam angefochten (s.o. unter I. 1 a)) noch steht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen (s.o. unter I. 1. b)). 94Weitere in Betracht kommende Anspruchsgrundlagen sind nach Auffassung des Gerichts nicht ersichtlich. 95Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen. 96III. 97Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da das Unterliegen des Klägers verhältnismäßig gering ist. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. 98Der Streitwert wird auf 331.004,48 EUR festgesetzt. | 1. die beklagte wird verurteilt, an den kläger einen betrag in höhe von 37.275,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. die beklagte wird verurteilt, an den kläger das vereinbarte pflegetagegeld aus der bei der beklagten bestehenden pflegezusatzversicherung mit der vertragsnummer k 0.000.000/0-00000 in höhe von 175,00 € ab dem 01.09.2020 für die dauer der pflegebedürftigkeit von x1 zu zahlen. 2. es wird festgestellt, dass die von der beklagten mit schreiben vom 30.06.2020 erklärte anfechtung der pflegezusatzversicherung mit der vertragsnummer k 0.000.000/0-00000 unwirksam ist und der pflegezusatzversicherungsvertrag fortbesteht. 3. die beklagte wird verurteilt, an den kläger außergerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 5.385,94 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 4. die weitergehende klage sowie die widerklage werden abgewiesen. 5. die kosten des rechtstreits trägt die beklagte. 6. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die parteien streiten um die wirksamkeit einer privaten pflegetagegeldversicherung sowie über leistungen aus dieser versicherung. 3der kläger unterhielt ab dem 04.07.2019 bei der beklagten eine private pflegetagegeldversicherung unter der vertragsnummer kv 0.000.000/0-00000 (vgl. versicherungsschein vom 05.07.2019, anl. kjr 1). vereinbart war der t (pflegegeldtarif) mit den tarifen qc e sowie qc 1. dem vertrag liegen die allgemeinen versicherungsbedingungen für die pflegetagegeldversicherung teil i (avb), stand 01.10.2017, die allgemeinen versicherungsbedingungen für die pflegetagegeldversicherung teil ii, tarifstufe qc e und die allgemeinen versicherungsbedingungen für die pflegetagegeldversicherung, tarifstufen qc 1 – qc 5 sowie qcs 2 – qcs 4 zugrunde. nach den avb leistet die beklagte im falle der pflegebedürftigkeit im sinne des § 14 sgb xi der versicherten personen pro tag die vereinbarte tagesleistung in höhe von 175,00 €. 4§ 3 abs. 2 avb lautet: 5„besteht bei der p am tag der geburt für mindestens einen elternteil eine pflegetagegeldversicherung, ist die p verpflichtet, dessen neugeborenes kind ab vollendung der geburt ohne risikozuschläge zu versichern, wenn die anmeldung zur versicherung spätestens zwei monate nach dem tag der geburt rückwirkend zum tag der geburt erfolgt. in diesem fall besteht versicherungsschutz auch für geburtsschäden sowie angeborene krankheiten und gebrechen. diese verpflichtung besteht nur insoweit, als der beantragte versicherungsschutz des neugeborenen nicht höher und nicht umfassender als der des versicherten elternteils ist.“ 6ende juni 2019 befand sich die ehefrau des klägers, x2, in der 23./24. schwangerschaftswoche. zu diesem zeitpunkt ergab eine durchgeführte pränataldiagnostik den verdacht eines hypoplastischen linksherzsyndroms. die behandelnden ärzte stellten dem kläger und seiner ehefrau daraufhin verschiedene szenarien im hinblick auf die situation ihres ungeborenen kindes vor. danach bestünde die möglichkeit des schwangerschaftsabbruchs, der todgeburt des kindes bzw. eines zeitnahen versterbens nach der geburt oder der operativen behandlung. für den zuletzt genannten fall nannten die ärzte drei behandlungsszenarien: erstens die implantation eines spenderherzens in den ersten tagen nach der geburt, zweitens die sofortige medikamentöse behandlung zur vorbereitung einer sog. norwood-op innerhalb der ersten lebenstage sowie anschließende weitere ops oder drittens die möglichkeit, dass das kind nach einer dieser operationen versterben werde. 7am 28.06.2019 beantragte der kläger bei der beklagten die streitgegenständliche versicherung (anl. kjr 2). auf die (wohl) bekannten ergebnisse der pränatalen diagnostik wies der kläger nicht hin. die beklagte stellte jedoch auch keine dahingehenden nachfragen. erst nunmehr hat die beklagte in ihre antragsformulare (vgl. bl. 69ff. d.a.) folgende frage aufgenommen: 8„wurden bei einer derzeit bestehenden schwangerschaft beim ungeborenen kind, dessen elternteil (mutter oder vater) sie werden, im rahmen einer pränataldiagnostik anhaltspunkte für fehlbildungen oder störungen festgestellt?“ 9die beklagte nahm den antrag unter dem 05.07.2019 an (vgl. anl. kjr 1). 10mit e-mail seines versicherungsmaklers vom 22.10.2019 zeigte der kläger der beklagten die geburt von x1 am 00.10.2019 an und bat um dessen nachversicherung (anl. kjr 4). auf das bei x1 diagnostizierte hypoplastische linksherzsyndrom wies der kläger nicht hin. gesundheitsfragen wurden von der beklagten nicht gestellt. die beklagte kam dem nach und schickte dem kläger mit schreiben vom 04.11.2019 einen neuen versicherungsschein. in diesem ist nunmehr auch x1 als versicherte person genannt und für ihn besteht eine pflegetagegeldversicherung in höhe von 175,00 € pro tag sowie eine einmalleistung bei eintritt des pflegefalls in höhe von 10.000,00 € (vgl. versicherungsschein v. 04.11.2019, anl. kjr 5). 11x1 kam mit schweren gesundheitlichen beeinträchtigungen zur welt. er litt an einem hypoplastischen linksherzsyndrom mit mitralstenose und aortenatresie, persistierender ductus arteriosus unter prostaglandin e1-therapie, persistierendem foramen ovale sowie einem gebremsten blutfluss über das vorhofseptum. (vgl. bericht des ukm v. 13.11.2019, anl. kjr 7). am 24.10.2019 erhielt x1 die erste notwendige sog. norwood-op, welche er überstand. 12aufgrund der erkrankung ist x1 pflegebedürftig. bei ihm bestehen schluckstörungen bei flüssiger nahrung sowie psychische beeinträchtigungen. außerdem besteht eine künstliche harnableitung sowie ein künstlicher darmausgang. aufgrund dieser beeinträchtigungen wurde vom medizinischen dienst der privaten v bei x1 der pflegegrad 4 ab geburt festgestellt (vgl. gutachten v. 12.12.2019, anl. jkr 6). 13die beklagte erbrachte nach der anzeige zunächst die vertraglich vereinbarten leistungen. insgesamt zahlte sie an den kläger einen betrag von 29.075,00 €. im februar 2020 stellte die beklagte die leistungen ein. mit schreiben vom 06.03.2020, dem ein schreiben vom 18.02.2020 beigefügt war, forderte sie den kläger auf, weitere unterlagen und befunde der pränatalen diagnostik einzureichen (anl. kjr 3). mit schreiben vom 10.03.2020 stellte die beklagte die leistungserbringung bis zum zugang der unterlagen zur pränatalen diagnostik ein (anl. kjr 14). daraufhin beauftragte der kläger seine jetzigen prozessbevollmächtigten mit der wahrnehmung seiner rechtlichen interessen. diese forderten mit schreiben vom 08.04.2020 die beklagte zur zahlung des rückständigen pflegetagegeldes auf (anl. kjr 15). mit schreiben vom 28.02.2020 wies die beklagte die forderungen zurück (anl. kjr 16). auf ein weiteres aufforderungsschreiben der bevollmächtigten des klägers vom 29.05.2020 (anl. kjr 17) antwortete die beklagte mit schreiben vom 30.06.2020 (anl. kjr 18). darin erklärte sie die rechtsvernichtende einwendung des rechtsmissbrauchs und die anfechtung ihrer willenserklärungen vom 05.07.2019 (policierung des antrags vom 01.07.2019) und vom 04.11.2019 (policierung der kindernachversicherung des sohnes) wegen arglistiger täuschung. gleichzeitig forderte sie die von ihr gezahlten leistungen in höhe von 29.075,00 € abzüglich der vom kläger gezahlten beiträge in höhe von 3.194,04 €, insgesamt also ein betrag von 25.880,96 € vom kläger zurück. 14der medizinische dienst der privaten v hat in seiner begutachtung am 12.08.2021 (vgl. anl. kjr 30, bl. 138ff. d.a.) festgestellt, dass für x1 seit dem 01.08.2021 der pflegegrad 1 besteht. 15mit seiner klage macht der kläger das rückständige pflegetagegeld für den zeitraum vom 01.02.2020 bis zum 31.08.2020, mithin für 213 tage, sowie die zahlung zukünftiger pflegetagegelder geltend. außerdem begehrt er die feststellung, dass der versicherungsvertrag fortbesteht. darüber hinaus begehrt er die rückzahlung der im zeitraum vom 15.10.2019 bis zum 01.06.2021 für seinen sohn eingezahlten prämien in höhe von insgesamt 831,70 € sowie die freistellung von der beitragsfreistellung ab dem 01.07.2021. 16widerklagend begehrt die beklagte die rückzahlung der geleisteten einmalzahlung sowie der pflegetagegelder abzüglich der geleisteten prämien. 17die rechtsschutzversicherung des klägers hat die vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten bis auf die selbstbeteiligung in höhe von 150,00 €, welche der kläger bezahlte, beglichen und ihre diesbezüglichen ansprüche an den kläger zur geltendmachung abgetreten. 18der kläger behauptet, er habe im mai 2019 im zusammenhang mit dem abschluss anderer versicherungen kontakt zu seinem versicherungsmakler, der b gmbh & co. kg aufgenommen. dabei habe herr c gesagt, dass man prüfen solle, ob das risiko einer pflegebedürftigkeit für das damals noch ungeborene kind abgesichert werden könne. herr c habe dazu aber keine definitive aussage zu geben können, sodass er intern rücksprache halten wolle und sich herr f, der eigentliche ansprechpartner des klägers, zurückmelden werde. bei dieser rücksprache habe herr f herrn c mitgeteilt, dass es die möglichkeit gäbe, eine pflegetagegeldversicherung für ihn – den kläger – abzuschließen und das kind über eine kindernachversicherung in den versicherungsschutz einzubeziehen. auf anweisung von herrn f habe herr c über den maklerservice nochmal konkret bei der beklagten nachgefragt, ob bei einem verdacht auf ein hypoplastisches linksherzsyndrom eine nachversicherung des kindes möglich sei. daraufhin sei ihm von der sachbearbeiterin mitgeteilt worden, dass dies möglich sei und es sich um eine „lücke“ handele, welche man durchaus ausnutzen könne. 19der kläger vertritt die ansicht, es liege kein arglistige täuschung vor. es mangele bereits objektiv an einer täuschung, da er, vertreten durch seinen versicherungsmakler, telefonisch bei der beklagten nachgefragt habe, ob die diagnose seines ungeborenen sohnes anzugeben sei. es spreche gerade für seine redlichkeit, dass er sich auf die telefonische auskunft der beklagten verlassen und nicht auf eine schriftliche bestätigung bestanden habe. er und sein versicherungsmakler hätten auf die richtigkeit der ihnen erteilten auskunft vertraut. die erweiterung der gesundheitsfragen im antragsformular zeigten, dass die beklagte erkannt habe, dass es sich um eine wiederkehrende und nicht um eine außergewöhnliche thematik handele und es aus ihrer sicht erforderlich sei, die gesundheitsfragen des versicherungsantrages zu erweitern. jeder versicherungsnehmer musste aufgrund der tatsache, dass die beklagte zum zeitpunkt der nachversicherung – unstreitig – keine gesundheitsfragen stellte, davon ausgehen, dass der gesundheitszustand des nachzuversichernden kindes offenbar keine relevanz für den versicherer hat. 20außerdem habe die beklagte in diesem fall von ihrer möglichkeit gebrauch gemacht, das zu versichernde risiko vor zustandekommen des versicherungsvertrages umfassend zu prüfen, insbesondere in dem fragen an den versicherungsnehmer gestellt würden. im zuge der nachversicherung habe die beklagte hiervon ebenfalls – unstreitig – keinen gebrauch macht. für den kläger sei deswegen auch nicht ersichtlich gewesen, dass die ergebnisse der pränatalen diagnostik einfluss auf die versicherung haben könnten. er habe auch nicht ungefragt diese information weitergeben müssen. vielmehr könne er sich darauf verlassen, dass der versicherer gefahrerhebliche umstände von sich aus frage. in diesem fall habe die beklagte durch die nachversicherung von kindern ohne gesundheitsrisiko außerdem das risiko übernommen, auch kinder zu versichern, die vorerkrankungen haben oder bei denen die pränatale diagnostik auf zukünftige gesundheitsschäden hindeute. nutze der versicherer die ihm gesetzlich eingeräumte fragemöglichkeit nicht oder jedenfalls nicht hinreichend, so sei dies nicht dem versicherungsnehmer anzulasten. 21in subjektiver hinsicht sei außerdem zu berücksichtigen, dass er sich explizit bei seinem versicherungsmakler erkundigt habe, ob eine nachversicherung für sein kind auch in diesem fall möglich sei. er behauptet, er habe seinen makler dazu gedrängt, bei der beklagten entsprechend nachzufragen. erst nachdem dieser erklärt habe, eine nachversicherung sei möglich, habe er den antrag gestellt. ihm könne daher nicht unterstellt werden, sich arglistig versicherungsschutz erschlichen zu haben. vielmehr sei es ihm darum gegangen, den antrag ordnungsgemäß zu stellen. 22der kläger ist der ansicht, die geltendmachung von versicherungsleistungen sei nicht rechtsmissbräuchlich. dies setze einen objektiven verstoß und ein subjektives verschulden des klägers voraus, woran es jeweils fehle. zum zeitpunkt der antrag-stellung habe eine erhebliche unsicherheit bestanden, ob x1 überhaupt lebend zur welt komme und ob er die ersten tage überlebe. auch habe die möglichkeit bestanden, dass bei x1 keine erhebliche beeinträchtigung verbleiben würde. auch habe er das allgemeine lebensrisiko, insbesondere das todesfallrisiko seiner mutter geteilt. dementsprechend sei zum damaligen zeitpunkt nicht absehbar gewesen, ob überhaupt eine pflegebedürftigkeit seines sohnes eintrete und auch in der folge an-sprüche gegen die beklagte bestünden. das versicherte risiko sei also gerade nicht „gewiss“ gewesen. 23schließlich sei das verhalten der beklagten selbst rechtsmissbräuchlich. sie habe die anfechtung des versicherungsvertrages erst erklärt, nachdem sie vorher mit ihrer deckungszusage die leistungspflicht bestätigt und die erbringung der vertragsgemäßen leistungen zugesagt hatte. mit ihrer deckungszusage habe sie einen vertrauenstatbestand geschaffen, welcher sie verpflichtet, weiterhin vertragsgemäße leistungen zu erbringen. ein rückgriff auf das anfechtungsrecht sei ihr damit verwehrt. 24die außerordentliche schwierigkeit des falls und dessen umfang begründeten zudem eine 2,0 gebühr für die anwaltliche tätigkeit. 25ursprünglich hat der kläger mit seiner klageschrift vom 23.09.2020 (bl. 1ff. d. a.) beantragt, die beklagte zu verurteilen, (1) an ihn 37.275,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen; (2) an ihn das vereinbarte pflegetagegeld aus der bei der beklagten bestehenden pflegezusatzversicherung mit der vertragsnummer k 0.000.000/0-00000 in höhe von 175,00 € ab dem 01.09.2020 für die dauer der pflegebedürftigkeit von x1 zu zahlen sowie (3) an ihn außergerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 5.385,94 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. mit schriftsatz vom 06.04.2021 hat der klage seine klage erweitert und zudem beantragt, festzustellen, dass die von der beklagten mit schreiben vom 30.06.2020 erklärte anfechtung der pflegezusatzversicherung mit der vertragsnummer k 0.000.000/0-00000 unwirksam ist und der pflegezusatzversicherungsvertrag fortbesteht. nachdem die beklagte auch für den zeitraum vom 15.10.2019 bis zum 01.06.2021 die prämien für x1 in höhe von insgesamt 831,70 € weiterhin eingezogen hat, hat der kläger mit schriftsatz vom 11.10.2021 (bl. 132 ff. d. a.) seine klage nochmals erweitert. 26der kläger beantragt nunmehr, 271. die beklagte zu verurteilen, an ihn einen betrag in höhe von 37.275,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen; 282. die beklagte zu verurteilen, an ihn das vereinbarte pflegetagegeld aus der bei der beklagten bestehenden pflegezusatzversicherung mit der vertragsnummer k 0.000.000/0-00000 in höhe von 175,00 € ab dem 01.09.2020 für die dauer der pflegebedürftigkeit von x1 zu zahlen; 293. festzustellen, dass die von der beklagten mit schreiben vom 30.06.2020 erklärte anfechtung der pflegezusatzversicherung mit der vertragsnummer k 0.000.000/0-00000 unwirksam ist und der pflegezusatzversicherungsvertrag fortbesteht; 304. die beklagte zu verurteilen, an ihn einen betrag in höhe von 831,70 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen; 315. die beklagte zu verurteilen, ihn von der beitragszahlungspflicht für die bei der beklagten bestehenden pflegezusatzversicherung mit der vertragsnummer k 0.000.000/0-00000 ab dem 01.07.2021 für die dauer der bedingungsgemäßen pflegebedürftigkeit von x1 zu befreien; 326. die beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 5.385,94 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 33die beklagte beantragt, 34die klage abzuweisen. 35widerklagend beantragt sie, 36den kläger zu verurteilen, an sie 25.880,96 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 37der kläger beantragt, 38die widerklage abzuweisen. 39die beklagte ist der ansicht, sie habe den vertrag wirksam wegen arglistiger täuschung angefochten. folglich sei der vertrag als von anfang an nichtig zu betrachten, sodass dem kläger keine leistungen aus dem vertrag zustünden und er zur rückzahlung der zu unrecht erhaltenen leistungen verpflichtet sei. den kläger treffe bei besonders wichtigen umständen, die für die willensbildung des anderen teils offensichtlich ausschlaggebend sind, auch ungefragt eine offenbarungspflicht. vor diesem hintergrund habe der kläger x1s bereits bei antragstellung bekannte diagnose eines hypoplastischen linksherzsyndroms angeben müssen, weil offensichtlich sei, dass eine derart erhebliche erkrankung für die annahmeentscheidung der beklagten von erheblicher bedeutung sei. die schwere erkrankung bringe eine deutlich erhöhte gefahr des eintritts einer pflegebedürftigkeit mit sich. dies sei auch dem kläger bekannt gewesen. vor diesem hintergrund könne die fehlende angabe des klägers hierüber nur dahingehend gedeutet werden, dass er wusste, dass diese information für die entscheidung der beklagten als pflegetagegeldversicherer von erheblicher bedeutung sei. erschwerend komme in diesem fall hinzu, dass der kläger offensichtlich selbst zweifel hatte, ob das pflegerisiko seines sohnes versicherbar sei. unerheblich sei in dem zusammenhang, dass die beklagte nicht danach gefragt habe, weil sich die arglistanfechtung allein nach den regeln des bgb richte. nach der rechtsprechung bestünde bei außergewöhnlichen und besonders wesentlichen informationen, die das aufklärungsinteresse des versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem versicherungsnehmer ihre mitteilungsbedürftigkeit auch ohne auskunftsverlangen aufdrängen muss, eine spontane offenbarungsobliegenheit. die beklagte behauptet, sie hätte, wenn sie von der diagnose vor der vertragsannahme erfahren hätte, weder den antrag des klägers noch den zur nachversicherung angenommen. 40ferner behauptet sie, das vom kläger behauptete gespräch zwischen seinem makler und der beklagten habe es nicht gegeben. 41darüber hinaus habe der kläger rechtsmissbräuchlich gehandelt. der kläger habe die pflegetagegeldversicherung für sich zielgerichtet mit blick auf die garantierte kindernachversicherung abgeschlossen. hierdurch bezwecke er einen hochwertigen versicherungsschutz für seinen sohn zulasten der versichertengemeinschaft. nach einem grundgedanken des versicherungsrechts seien nur unbekannte risiken versicherbar. in diesem fall sei dem kläger jedoch nahezu sicher in aussicht gestellt worden, dass sein sohn pflegebedürftig werde. die versicherungsleistungen in höhe der einmalzahlung und weiteren jährlichen leistungen in höhe von 63.875,00 € stünden in keinem verhältnis zu den monatlichen beiträgen von 202,28 €. auch sei – weil es sich hier um eine private zusatzversicherung handele – die position des klägers, anders als bei der pflichtigen kranken-und pflegeversicherung, nicht schutzwürdig. 42schließlich habe der kläger auch keinen anspruch auf beitragsbefreiung, da dieser gem. teil ii b nr. 2 avb nur bei pflegegrad 5 bestehe. 43wegen weiterer einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 44das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugen f, c sowie l. zudem hat es den kläger zweimal persönlich angehört. hinsichtlich des ergebnisses der beweisaufnahme und der parteianhörung wird auf die sitzungsprotokolle vom 06.05.2021 (bl. 93ff. d.a.) und vom 22.11.2021 (bl. 175ff. d.a.) bezug genommen. 45 | 46die zulässige klage ist im tenorierten umfang begründet und im übrigen unbegründet, während die zulässige widerklage unbegründet ist. 47i. 48die zulässige klage ist im tenorierten umfang begründet und im übrigen unbegründet. 491. 50dem kläger steht der mit antrag zu ziff. 1) geltend gemachte anspruch auf zahlung des pflegetagegeldes für seinen sohn x1 für den zeitraum vom 01.02.2020 bis zum 31.08.2020 in höhe von insgesamt 37.275,00 € aus dem versicherungsvertrag zu. der streitgegenständliche pflegetagegeldvertrag besteht weiterhin. weder die anfechtung der beklagten noch der einwand des rechtsmissbrauchs greifen durch, während ein versicherungsfall gegeben ist. 51im einzelnen: 52a) 53trotz der von der beklagten erklärten anfechtung besteht der versicherungsvertrag fort. die beklagte hat ihre auf den abschluss des versicherungsvertrages bzw. der nachversicherung gerichtete willenserklärung nicht mit schreiben vom 30.06.2020 wirksam gem. § 22 vvg i.v.m. § 123 abs. 1 bgb angefochten, mit der folge, dass der vertrag ex-tunc gem. § 142 abs. 1 bgb nichtig ist. denn es fehlt an einer arglistigen täuschung des klägers. 54§ 22 vvg eröffnet dem versicherer das recht zur anfechtung wegen arglistiger täuschung und stellt klar, dass sich die voraussetzungen, zeitlichen grenzen, formalen anforderungen und rechtsfolgen – anders als bei einem rücktritt vom vertrag – nicht nach den §§ 19 – 21 vvg, sondern nach allgemeinen grundsätzen bestimmen. es bestehen im hinblick auf die täuschungsanfechtung keine versicherungsrechtlichen besonderheiten (prölss/martin/armbrüster, vvg, § 22 rn. 1; langheidt/wandt/müller-frank, vvg, § 22 rn. 1). 55ein anfechtungsrecht setzt danach voraus, dass der künftige versicherungsnehmer dem versicherer trotz offenbarungspflicht einen (wesentlichen) umstand arglistig verschwiegen hat, wobei zwischen täuschung und der irrtumsbedingten willenserklärung ein kausalzusammenhang bestehen muss. eine solche pflicht besteht, wenn der versicherer fragt, wobei er im rahmen von § 22 vvg i.v.m. § 123 bgb sogar nicht zwingend in textform gefragt haben muss. verschweigt der versicherungsnehmer auf entsprechende frage einen anzeigepflichtigen und ihm bewussten umstand, liegt grundsätzlich eine falschbeantwortung der gesundheitsfrage vor. falsche angaben in einem versicherungsantrag allein rechtfertigen dabei aber nicht den schluss auf eine arglistige täuschung. da es einen allgemeinen erfahrungssatz des inhalts, dass eine bewusst unrichtige beantwortung einer antragsfrage immer und nur in der absicht erfolgt, auf den willen des versicherers einzuwirken, nicht gibt, setzt die annahme von arglist in subjektiver hinsicht zusätzlich voraus, dass der versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der versicherer seinen antrag bei kenntnis des wahren sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen konditionen annehmen werde (vgl. hierzu bgh, urteil vom 28.02.2007, iv zr 331/05). im grundsatz trägt der versicherer die beweislast für die objektive und subjektive komponente einer arglistigen täuschung. 56nach diesen grundsätzen fehlt es vorliegend bereits an dem objektiven tatbestand einer täuschung. denn die in dem antragsformular gestellten gesundheitsfragen hat der kläger nicht falsch beantwortet. die beklagte macht dies auch nicht geltend. während der kläger bei beantragung seiner eigenen versicherung alle fragen zu seiner gesundheit zutreffend beantwortet hat, hat die beklagte im rahmen der nachversicherung von x1 keine gesundheitsfragen gestellt. insbesondere wurde der kläger im rahmen des abschlusses seiner versicherung nicht nach etwaigen krankheiten oder störungen seines ungeborenen kindes gefragt. 57der kläger hat seine vorvertraglichen aufklärungspflichten auch nicht verletzt, indem er die pränatale diagnose eines hypoplastischen linksherzsyndroms bei seinem sohn x1 nicht von sich aus – ohne eine entsprechende frage der beklagten – mitgeteilt hat. 58es ist umstritten, ob unter geltung des novellierten versicherungsvertragsgesetzes eine arglistige täuschung im sinne des § 123 abs. 1 bgb auch in dem verschweigen von tatsachen bestehen kann, nach denen der versicherer bei antragstellung gar nicht gefragt hat. das bloße verschweigen kann nach allgemeinen grundsätzen des zivilrechts nur dann einen täuschungsvorwurf rechtfertigen, wenn eine aufklärungspflicht des versicherungsnehmers bestand (palandt/ellenberger, bgb, § 123 rn. 5 ff.). diese ergab sich früher für gefahrerhebliche umstände aus § 16 vvg a.f. da nach § 19 abs. 1 s. 1 vvg n.f. jedoch nur noch eine vorvertragliche anzeigepflicht in bezug auf solche gefahrerheblichen umstände besteht, nach denen der versicherer in textform gefragt hat, ist zweifelhaft, ob noch raum für die annahme einer weitergehenden anzeigepflicht für ungefragte umstände besteht. mangels spezieller gesetzlicher regelung müsste sich diese aus treu und glauben (§ 242 bgb) ergeben. 59die kammer folgt zu dieser frage (wie auch bereits mit urteil der kammer v. 21.06.2019 – 115 o 146/18, beckrs 2019, 39051) der vom olg hamm im hinweisbeschluss vom 27.02.2015 (20 u 26/15) vertretenen auffassung, nach der eine spontane anzeigepflicht jedenfalls nur dann in betracht kommen kann, wenn es sich um die mitteilung außergewöhnlicher und besonders grundlegender informationen handelt, die das aufklärungsinteresse des versicherers so grundlegend berühren, dass sich dem versicherungsnehmer ihre mitteilungsbedürftigkeit aufdrängen musste. 60über die anzeigepflicht aus § 19 abs. 1 s. 1 vvg hinaus kann sich aus treu und glauben eine aufklärungspflicht in bezug auf nicht oder nicht ordnungsgemäß in textform erfragte umstände ergeben. dabei muss sich aber der versicherungsnehmer grundsätzlich darauf verlassen können, dass der versicherer die aus seiner sicht gefahrerheblichen umstände erfragt. nach der gesetzlichen wertung obliegt dem versicherer die mitteilung der umstände, die er für gefahrerheblich ansieht. wenn der versicherer dies versäumt, kann es dem versicherungsnehmer grundsätzlich nicht als verstoß gegen treu und glauben angelastet werden, wenn er den fragenkatalog als abschließend ansieht und nicht weitergehende überlegungen dazu anstellt, was den versicherer unter umständen darüber hinaus interessieren könnte. um die mit § 19 abs. 1 vvg bezweckte abschaffung der spontanen anzeigepflicht nicht zu unterlaufen, bedarf es hierbei solcher gefahrumstände, die so selten und fernliegend sind, dass dem versicherer nicht vorzuwerfen ist, sie nicht abgefragt zu haben (vgl. knappmann, versr 2011, 724, 726; in diese richtung – mit weiteren nachweisen zum meinungsstand – auch lg dortmund, urt. v. 24.02.2012, 2 o 144/11). 61nach dieser maßgabe ist hier nicht von einer aufklärungspflicht in bezug auf das hypoplastische linksherzsyndrom von x1 auszugehen. denn die beklagte konnte schon nicht zur überzeugung des gerichts gem. § 286 abs. 1 zpo darlegen und beweisen, dass der gesundheitszustand von x1 gefahrerheblich ist. 62zur überzeugung des gerichts steht nicht fest, dass die beklagte aus der maßgeblichen sicht des durchschnittlichen versicherungsnehmers (vgl. bgh, urteil vom 23.06.1993 – iv zr 135/92) ein interesse daran hatte, über den gesundheitszustand eines nachzuversichernden kindes aufgeklärt zu werden. denn die beklagte sah in § 3 abs. 2 avb ausdrücklich die möglichkeit einer nachversicherung von neugeborenen kindern – sogar ohne risikozuschläge – vor. darüber hinaus bezog sie sowohl geburtsschäden als auch angeborene krankheiten und gebrechen ausdrücklich in den versicherungsschutz mit ein. die beklagte brachte damit zum ausdruck, dass neugeborene kinder damit grundsätzlich nachversichert werden können, und zwar unabhängig von deren gesundheitszustand. die möglichkeit, eine gesundheitsprüfung durchzuführen und anschließend ggf. risikozuschläge zu nehmen, schloss die beklagte dagegen explizit für nachzuversichernde kinder aus. hinzu kommt, dass auch geburtsschäden und angeborene krankheiten und gebrechen versichert sein sollten. insofern hat die beklagte eindeutig zu verstehen gegeben, dass alle neugeborenen kinder, selbst wenn diese an noch so schweren angeborenen erkrankungen leiden oder einen noch so schweren geburtsschaden erleiden, ohne risikozuschläge nachversichert werden können. dass die beklagte eine solche möglichkeit der nachversicherung ohne jegliche gesundheitsprüfung, ohne risikozuschläge sowie unter einbezug von angeborenen erkrankungen und geburtsschäden in den versicherungsschutz vorsieht, mag zwar ungewöhnlich und verwunderlich sein, kann aber jedenfalls nicht zu lasten des versicherungsnehmers gehen. denn die beklagte hat diese versicherungsmöglichkeit bewusst geschaffen und es obliegt ihr, dem versicherungsnehmer mitzuteilen, welche umstände für sie gefahrerheblich sind. das risiko einer fehleinschätzung trifft nach der novellierung des § 19 abs. 1 vvg nicht mehr den versicherungsnehmer, sondern den versicherer. 63zudem gibt der umstand, dass die beklagte weder beim abschluss der versicherung des klägers noch beim antrag auf nachversicherung von x1 fragen zum gesundheitszustand des kindes stellte, dem durchschnittlichen versicherungsnehmer zu erkennen, dass etwaige krankheiten des kindes nicht von bedeutung sind. das stellen entsprechender fragen wäre – wie das neue antragsformular zeigt – möglich und zumutbar gewesen, die beklagte hat hierauf jedoch bewusst verzichtet. der durchschnittliche versicherungsnehmer durfte den bei abschluss seiner versicherung gestellten fragenkatalog als abschließend betrachten und musste nach treu und glauben keine weitergehenden überlegungen dazu anstellen, was den versicherer unter umständen darüber hinaus interessieren könnte, insbesondere ob er über das ergebnis einer pränataldiagnostik eines nachzuversichernden kindes informiert werden wollte. die tatsache, dass die beklagte ihre gesundheitsfragen im nachhinein um eine entsprechende frage zum gesundheitszustand eines ungeborenen kindes erweitert hat und damit – mittlerweile – wohl von einer gefahrerheblichkeit ausgeht, kann für den vorliegenden fall keine berücksichtigung finden. 64eine nachvollziehbare und plausible begründung, warum sich die gefahrerheblichkeit dieser umstände dem durchschnittlichen versicherungsnehmer entgegen der eindeutigen regelung in § 3 ans. 2 avb und trotz (zweimaligen) verzichts der beklagten auf das stellen von gesundheitsfragen hinsichtlich eines ungeborenen kindes aufgedrängt haben sollte, hat die beklagte nicht abgegeben. 65b) 66darüber hinaus steht der geltendmachung der leistungen auch nicht der einwand des rechtsmissbrauchs entgegen. 67soweit die beklagten meint, der kläger habe rechtsmissbräuchlich gehandelt, indem er die pflegetagegeldversicherung für sich zielgerichtet mit blick auf die garantierte kindernachversicherung abgeschlossen und damit ein bekanntes risiko versichert habe, folgt die kammer dieser auffassung nicht. denn vorliegend war der eintritt des versicherungsfalles bereits nicht gewiss. 68nach dem allgemeinen verständnis verspricht der versicherer seine leistung für den fall eines ungewissen ereignisses, wobei sich die ungewissheit in den meisten fällen auf den eintritt des versicherungsfalles bezieht (langheid/wandt/looschelders vvg § 1 rn. 30). vorliegend war der eintritt des versicherungsfalles hinsichtlich x1 ungewiss, als der kläger seine pflegetagegeldversicherung abschloss. denn zu diesem zeitpunkt war nicht klar, ob x1 pflegebedürftig werden würde. vielmehr bestand auch die möglichkeit, dass x1 bereits nicht lebend zur welt kommt oder er nach der geburt oder im rahmen einer op verstirbt. denn die behandelnden ärzte hatten dem kläger und seiner ehefrau verschiedene szenarien im hinblick auf die situation ihres ungeborenen kindes vorgestellt. danach bestünde die möglichkeit, dass das kind während der schwangerschaft, bei oder kurz nach der geburt verstirbt oder es nach der geburt operativ behandelt wird. für den zuletzt genannten fall nannten die ärzte drei behandlungsszenarien: erstens die implantation eines spenderherzens in den ersten tagen nach der geburt, zweitens die sofortige medikamentöse behandlung zur vorbereitung einer sog. norwood-op innerhalb der ersten lebenstage sowie anschließende weitere ops oder drittens die möglichkeit, dass das kind nach einer der operationen versterben werde. darüber hinaus war selbst im falle, dass x1 überlebt, nicht gewiss, dass der versicherungsfall eintritt. denn es war nicht vorhersehbar, ob und an welchen gesundheitlichen beeinträchtigungen er leiden und ob diese eine pflegebedürftigkeit begründen würden. der eintritt der pflegedürftigkeit war zwar durchaus denkbar, doch es war nur eine von vielen möglichkeiten. 69darüber hinaus vermag schon die annahme der beklagten, der kläger habe seine pflegetagegeldversicherung nur zielgerichtet mit blick auf die garantierte kindernachversicherung und deren hochwertigen versicherungsschutz abgeschlossen, kein rechtsmissbräuchliches verhalten zu begründen. denn die beklagte hat bewusst die möglichkeit der kindernachversicherung – ohne gesundheitsprüfung und ohne gesundheitszuschläge – geschaffen. insofern kann einem versicherungsnehmer nicht angelastet werden, dass er von dieser angebotenen möglichkeit gebrauch gemacht hat. insbesondere kann sich die beklagte auch nicht darauf berufen, dass die versicherungsleistungen in keinem verhältnis zu den beiträgen stehen. denn sie muss sich insofern entgegen halten lassen, dass ihr allein die kalkulation der risiken obliegt. die versicherer können risiken und gefahren in ganz unterschiedlicher weise kalkulieren und in dessen folge unterschiedliche prämien für unterschiedliche versicherungen anbieten. (schwintowski, vur 2018, 220) ob ein versicherer ein risiko abdecken will oder nicht, ist eine ihm allein vorbehaltene frage, während kein versicherungsnehmer die internen kalkulationsgrundlagen der versicherer kennt. (schwintowski, a.a.o.) vorliegend hatte die beklagte sich dafür entschieden, nachzuversichernde kinder ohne risikozuschläge zu versichern. auf die möglichkeit der durchführung einer gesundheitsprüfung hat sie dabei bewusst verzichtet. darüber hinaus hat sie sich dafür entschlossen, dass bei nachversicherten kindern auch angeborene krankheiten sowie geburtsschäden vom versicherungsschutz umfasst sein sollen. diese von ihr ausdrücklich versicherten risiken zu kalkulieren, obliegt allein ihrer verantwortung. der kläger als versicherungsnehmer kann insofern keine kenntnis haben, wie die risiken von der beklagten kalkuliert werden. 70c) 71es liegt ein versicherungsfall gem. teil i § 1 abs. 2 avb i.v.m. teil ii b.1.1. avb (tarifstufen qc 1 bis qc 5) vor. 72es besteht ein anspruch auf ein pflegetagegeld in höhe von 175,00 €. im geltend gemachten zeitraum ist x1 als versicherte person im sinne von teil i § 1 abs. 2 avb pflegebedürftig. denn der medizinische dienst hat bei ihm ab geburt die pflegestufe 4 und ab dem 01.08.2021 die pflegestufe 1 festgestellt. 732. 74der kläger hat auch einen anspruch auf die mit antrag zu ziff. 2) geltend gemachte zahlung des vereinbarten pflegetagegeldes in höhe von 175,00 € ab dem 01.09.2020 für die dauer der pflegebedürftigkeit von x1. denn der versicherungsvertrag besteht trotz der von der beklagten anfechtung fort (s.o unter i. 1. a)), die geltendmachung der versicherungsleistungen stellt sich nicht als rechtsmissbräuchlich dar (s.o unter i. 1. b)) und es liegt ein versicherungsfall vor (s.o unter i. 1. c)). 753. 76auch der antrag zu ziff. 3) ist begründet. der kläger hat einen anspruch auf feststellung, dass die von der beklagten mit schreiben vom 30.06.2020 erklärte anfechtung der pflegezusatzversicherung mit der vertragsnummer k 0.000.000/0-00000 unwirksam ist und der pflegezusatzversicherungsvertrag fortbesteht. denn die beklagte hat ihre auf den abschluss des versicherungsvertrages bzw. der nachversicherung gerichtete willenserklärung nicht wirksam gem. § 22 vvg i.v.m. § 123 abs. 1 bgb angefochten, mit der folge, dass der vertrag ex-tunc gem. § 142 abs. 1 bgb nichtig ist (s.o. unter i. 1. a)). 774. 78der kläger hat gem. §§ 286 abs. 1, 288 abs. 1 bgb auch einen anspruch auf zahlung der mit antrag zu ziff. 6) geltend gemachten außergerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 5.385,94 €. 795. 80der anspruch auf die mit antrag zu ziff. 1) sowie zu ziff. 6) begehrten rechtshängigkeitszinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 abs. 1 s. 2 bgb. 816. 82der antrag zu ziff. 4) ist unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf rückzahlung der für x1 geleisteten versicherungsprämien in höhe von insgesamt 831,70 € aus § 812 abs. 1 s. 1 1. alt. bgb. denn rechtsgrund für das behaltendürfen der gezahlten prämien ist der streitgegenständliche versicherungsvertrag. der kläger war trotz eintritts eines versicherungsfalles zur zahlung der vereinbarten beiträge für x1 verpflichtet. denn nach teil ii b.2 avb für die tarifstufen qc 1 bis qc 5 werden die jeweils vereinbarten tarifstufen für die versicherte person nur beitragsfrei gestellt, wenn für diese person pflegetagegeld für pflegegrad 5 gezahlt wird. diese voraussetzungen für eine beitragsfreistellung sind vorliegend nicht erfüllt. denn die beklagte hat für x1 zwar pflegetagegeld gezahlt, aber zu keinem zeitpunkt aufgrund des bestehens von pflegegrad 5. vielmehr wurde bei x1 ab geburt (lediglich) der pflegegrad 4 festgestellt und ab dem 01.08.2021 besteht der pflegegrad 1. 83weitere in betracht kommende anspruchsgrundlagen sind nach auffassung des gerichts nicht ersichtlich. 847. 85ferner ist auch der antrag zu ziff. 5 unbegründet. der kläger hat keinen anspruch darauf, dass er für die dauer der bedingungsgemäßen pflegebedürftigkeit von x1 von der beitragszahlungspflicht für die bei der beklagten bestehende pflegezusatzversicherung ab dem 01.07.2021 befreit wird. denn die voraussetzungen eines solchen anspruchs gem. teil ii b.2 avb für die tarifstufen qc 1 bis qc 5 liegen nicht vor (s.o. unter i. 6.) für x1 bestand zu keinem zeitpunkt der erforderliche pflegegrad 5. 868. 87mangels hauptforderung besteht auch kein anspruch auf die mit antrag zu ziff. 4) geltend gemachten rechtshängigkeitszinsen. 88ii. 89die widerklage ist zulässig, aber unbegründet. 90die widerklage ist zulässig. 91insbesondere ist das angerufene gericht gem. § 33 zpo auch zur entscheidung über die widerklage örtlich zuständig. die danach erforderliche konnexität folgt hier daraus, dass sowohl die mit der klage geltend gemachten ansprüche als auch der im rahmen der widerklage geltend gemachte anspruch auf ein gemeinsames rechtsverhältnis, nämlich den streitgegenständlichen pflegetagegeldversicherungsvertrag zurückzuführen sind. 92die widerklage ist jedoch unbegründet. 93die beklagte hat gegen den kläger keinen anspruch auf rückzahlung der geleisteten versicherungsleistungen aus § 812 abs. 1 s. 1 1. alt. bgb. denn rechtsgrund für das behaltendürfen der erhaltenen einmalzahlung sowie der pflegetagegelder ist der streitgegenständliche versicherungsvertrag. dieser wurde weder wirksam angefochten (s.o. unter i. 1 a)) noch steht der einwand des rechtsmissbrauchs entgegen (s.o. unter i. 1. b)). 94weitere in betracht kommende anspruchsgrundlagen sind nach auffassung des gerichts nicht ersichtlich. 95mangels hauptforderung besteht auch kein anspruch auf die geltend gemachten rechtshängigkeitszinsen. 96iii. 97die kostenentscheidung folgt aus § 92 abs. 2 nr. 1 zpo, da das unterliegen des klägers verhältnismäßig gering ist. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 709 zpo. 98der streitwert wird auf 331.004,48 eur festgesetzt. |
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} | 9 K 6522/20 | 2021-12-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind Eigentümer des mit einem von ihnen allein bewohnten, eingeschossigen Einfamilienwohnhaus mit Einliegerwohnung und ausgebautem Dachgeschoss bebauten Grundstücks F.--------straße 00 in N. (G1 – im Folgenden: Vorhabengrundstück) in einem unbeplanten Wohngebiet. Das Wohnhaus liegt an der südöstlichen Straßenseite. Im rückwärtigen Gebäudeteil liegt im Erdgeschoss das Wohnzimmer mit großer Fensterfront nach Südosten. Zwischen der nordöstlichen Außenwand dieses Gebäudeteils und der nordöstlichen Grundstücksgrenze zum ebenfalls straßenseitig mit einem Wohnhaus bebauten Nachbargrundstück F.--------straße 71 (G2 – im Folgenden: Nachbargrundstück) errichteten die Kläger in den Jahren 1979/80 mit Baugenehmigung vom 12. November 1979 eine Garage. Nachdem sie von den Voreigentümern vor der südöstlichen Seite des rückwärtigen Gebäudeteils einen überdachten Terrassenbereich mit seitlichen Begrenzungen übernommen hatten, schlossen die Kläger diesen Bereich später ohne Baugenehmigung komplett zu einem Wintergarten; lediglich für den darin errichteten offenen Kamin wurde ihnen am 8. Januar 1988 eine Baugenehmigung erteilt. In der durch den Wintergarten und die Garage gebildeten Ecke steht eine etwa 19 m hohe Blut-Buche mit einer Kronenbreite von etwa 12 m und einem Stammumfang in 1 m Höhe von 2,64 m (im Folgenden: Buche). Der Bereich nordöstlich des Wintergartens ist bis auf entsprechende Aussparungen um den Stamm der Buche gepflastert und überdacht. Der nordwestliche Teil dieses Bereichs wird als durch die Garage befahrbares Carport genutzt, der südöstliche Teil normalerweise als Freisitz. Südöstlich des Wintergartens erstrecken sich eine Terrasse und anschließend der Garten. 3Unter dem 21. August 2020 – eingegangen bei der Beklagten am 25. August 2020 – beantragten die Kläger eine Ausnahmegenehmigung zur Entfernung der Buche und gaben zur Begründung an: Die Wurzeln des Baumes hätten die Pflastersteine erheblich hochgedrückt, sodass Stolperkanten entstanden seien, die ihnen im Alter von Mitte 70 mit Gleichgewichtsstörung und anderen Erkrankungen das Laufen zur Garage erschwerten, so dass es bereits zu Stürzen gekommen sei. Der Kläger zu 1. benötige zudem in naher Zukunft einen Rollator. 4Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Durchführung einer Ortsbesichtigung am 8. September 2020 mit Bescheid vom 5. Oktober 2020 ab und führte hierzu aus: Die Buche sei vital und gesund und stelle an ihrem Standort einen ortsbildprägenden und schützenswerten Baum dar. Zum Schutz des Baumes werde angeregt, die direkt um den Stamm herum liegenden Steine zu entfernen. Die im weiteren Abstand liegenden Steine könnten alsdann mit zumutbarem Aufwand aufgenommen und neu verlegt werden. 5Mit der hiergegen gerichteten Klage vom 2. November 2020 tragen die Kläger ergänzend vor: Die Buche habe ein Alter und eine Größe erreicht, für die der Standort nicht mehr angemessen und geeignet sei. Durch die Wurzeln der Buche sei die befestigte Fläche um den Baum so hoch angehoben, dass sie weder mit einer Schubkarre noch mit anderen Rollgeräten – einschließlich eines gegebenenfalls später notwendigen Rollators – befahren werden könne, worauf sie jedoch angewiesen seien, um von der Garage aus auf den hinteren Teil des Grundstücks zu gelangen. Im Übrigen bestehe für sie in ihrem fortgeschrittenen Alter dort eine erhebliche Sturzgefahr. Er – der Kläger zu 1. – sei bereits wiederholt gestürzt und sein gesundheitlicher Zustand wegen einer ständig ärztlich behandelten Blutkrankheit angegriffen. Außerdem werde die hinter dem Wintergarten liegende Terrasse bereits durch die Wurzeln der Buche am Übergang zum Wintergarten angehoben. Auch der Wintergarten selbst sei inzwischen angehoben und beschädigt. Letzteres gelte auch für die Überdachung des Carports. Jüngst seien auch Beschädigungen im Abwasserrohr des Wohnhauses durch den Wurzelwuchs der Buche aufgetreten. Durch die enorme Größe der Buche würden sowohl der Wintergarten als auch das Wohnhaus, die Terrasse sowie ein Großteil der Gartenfläche ab Frühjahr bis Herbst dauerhaft beschattet. Dies gelte auch für die Terrasse des Wohnhauses auf dem Nachbargrundstück. Gerade im Sommer könne der entsprechende Gartenbereich auf dem Vorhaben- wie auf dem Nachbargrundstück nicht genutzt werden. Dadurch sei es auch zu erheblichen Konflikten mit dem Nachbarn gekommen. Selbst die eigenen Wohnräume müssten auch bei hellem Sonnenschein künstlich beleuchtet werden. Des Weiteren gehe von der Buche insoweit eine unkontrollierbare und unzumutbare Gefahr für sie beim notwendigen Aufenthalt im Wintergarten, dem Garten, aber auch dem Wohnhaus aus, als nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre anderenorts insbesondere aufgrund des Klimawandels bei entsprechendem Sturm oder Blitzschlag das Herabstürzen tragender Äste bzw. die Entwurzelung der Buche zu befürchten sei. Mit entsprechenden Wetterereignissen und Unwettern sei jederzeit zu rechnen. Der daraus entstehenden Gefahr seien sie selbst in ihrem Haus – wie möglicherweise auch der Nachbar in seinem Haus – schutzlos ausgesetzt. Die Buche stelle sich auch keineswegs als vital dar. Ein Gutachten habe angesichts einer von ihrer Verbindung her nicht optimalen Vergabelung zweier Stämmlinge eine Kronensicherung vorgeschlagen, die aber auch nur zu einer Verbesserung der Verkehrssicherheit führe und Folgeschäden nicht ausschließe. Dass diese Kronensicherung eine Tonnage von 4 t aufweisen solle, zeige, mit welch ungeheuren und ungewöhnlichen Kräften selbst unabhängig von besonderen Witterungseinflüssen hier zu rechnen sei. Zudem hätten sie vor kurzem erfahren, dass die Buche in einer Stammgabelung im oberen Bereich Schäden aufweisen könnte, wodurch Feuchtigkeit in den Stamm eindringe und Fäulnis entstehe, was wiederum zum Absterben von Ästen und letztlich des Baumes selber führe. Ferner verursache die Buche durch klebrige Blüten, Laub, herabfallende Zweige und Vogelkot, die eine mehrmalige Reinigung der Dächer, Dachrinnen und Rohre wie auch der Terrasse erforderten, unzumutbare Verunreinigungen. Schließlich müssten sie insbesondere zum Schutz der Glasbedachung des Wintergartens und auch des Daches des Hauses regelmäßig Schnittarbeiten durchführen und Totholz entfernen, was das Engagement eines Baumkletterers erfordere. Die Kosten dieser Wartung und Pflege des Baumes beliefen sich jährlich auf mehrere 1000 Euro, die sie als Ruheständler auf Dauer nicht tragen könnten. Nach alledem seien sie in der Nutzung ihres Eigentums, des Hauses und insbesondere des Wintergartens und der Terrasse erheblich, ja enteignungsgleich eingeschränkt. Sie lebten in ständiger Angst und Sorge vor einer Verletzung, Tötung oder Eigentumsbeschädigung und fühlten sich entwürdigt. Ihr eigenes Schutzinteresse stehe über dem Baumschutz. Es könne nicht sein, dass sie von dem Baum nunmehr gewissermaßen verdrängt würden. Sie seien jedoch bereit, in zumutbarem Rahmen eine geeignete Ersatzpflanzung, auch auf städtischem Grundbesitz zu finanzieren. 6Zu den Einzelheiten des Zustands der Buche verweisen die Kläger auf ein von ihnen vorgelegtes Verkehrssicherheits-Gutachten des Ingenieur- und Sachverständigenbüros T GmbH aus N. vom 26. Februar 2021 (im Folgenden: Gutachten zur Verkehrssicherheit), das auf seinem Deckblatt eine Einteilung nach „Verkehrssicher“, „Verkehrssicher nach Maßnahme“ und „unverzüglich handeln“ enthält, wovon nur das Feld „verkehrssicher“ farblich unterlegt ist und zwar in Grün. In dem Gutachten zur Verkehrssicherheit wird unter anderem ausgeführt: Die Buche befinde sich von ihrer Entwicklung her in der Reifephase und weise eine Vitalität nach Roloff von 1,7 auf. Nach einer ersten Inaugenscheinnahme am 14. Oktober 2020 sei die Baumkrone am 26. Februar 2021 in kletternder Weise begutachtet worden. Abgesehen von der stellenweisen Anhebung der nahezu flächendeckend am Standort der Buche verlegten Pflastersteine mit entsprechenden Stolpergefahren schienen an einer Stelle der angrenzende Wintergarten und das Terrassenpflaster durch die Wurzeln leicht angehoben zu werden. In etwa 3 m Höhe grenze die Überdachung eines Carports an den Stamm an, deren Aussparung aktuell nicht mehr ausreichend sei. In der Krone sei Totholz mit einem Durchmesser von 1 bis 5 cm vorgefunden worden. Außerdem seien dort Astungs- und Schnittwunden vorhanden. An einer Astanbindung sammle sich Niederschlagswasser. An einigen wenigen Ästen mit einem Durchmesser von bis zu 5 cm seien geringfügige, vermutlich durch Spechtschläge hervorgerufene Rindenschäden erkennbar. Rund 2 m oberhalb der Dachfläche befinde sich eine Vergabelung von zwei Stämmlingen (Zwiesel), deren Verbindung nicht optimal stattgefunden habe. An dieser Stelle bestehe langfristig das Risiko eines Stämmlingsausbruchs. Aus Gründen der Verkehrssicherheit und zum Schutz der Glasbedachung sollte das vorhandene Totholz ab einem Durchmesser von 2 cm aus der Krone entnommen werden. Darüber hinaus sollte der Zwiesel durch eine dynamische Kronensicherung im Dreiecksverbund gesichert werden, der eine Tonnage von 4 t aufweisen und auf einer Höhe von zwei Dritteln über der zu sichernden Anbindung installiert werden solle. Um die Stolpergefahren im Wurzelbereich des Baumes zu vermindern, werde empfohlen, die hochgedrückten Pflastersteine aufzunehmen und die Baumscheibe stellenweise zu entsiegeln. Des Weiteren werde empfohlen, entsprechend dem Dickenwachstum des Stammes die Aussparung in der Überdachung zu vergrößern. 7Schließlich nehmen die Kläger Bezug auf ein Schreiben des Dipl.-Ing. X. I. vom 13. Oktober 2021, in dem unter anderem festgestellt wird: Nach Angaben der Kläger sei bei starken Regenfällen Wasser in die Kellerräume des Wohnhauses gelaufen und zwar hinter die Sauna, die an der Wand zur Garage eingebaut gewesen sei. Nach dem Ausbau der Sauna hätten die Kläger festgestellt, dass wohl ein im Erdreich verlegtes Regenentwässerungsrohr für den Schaden ursächlich gewesen sei. Die von den Klägern beauftragte Rohrreinigungsfirma habe bei einer Kamerafahrt festgestellt, dass die unterhalb des Garagenbodens liegende Leitung durch Wurzeln zerstört gewesen sei, die Stahlbetonbodenplatte der Garage daraufhin geöffnet und die Leitung freigelegt. Bei einer Ortsbesichtigung am 7. Oktober 2021 habe er festgestellt, dass im Erdreich in einer Tiefe von ca. 1,50 m Wurzeln mit einer Stärke von ca. 2 cm vorhanden seien, die eindeutig von der Buche stammten. 8Die Kläger beantragen, 9die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 5. Oktober 2020 zu verpflichten, ihnen eine Ausnahme oder Befreiung vom Verbot zur Entfernung der im Garten ihres Grundstücks in der F.--------straße 00 in N. (G1) aufstehenden Buche zu erteilen. 10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die Klage abzuweisen. 12Sie führt ergänzend aus: Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Fällung der Buche. Es liege weder ein Ausnahme- noch ein Befreiungstatbestand vor. Weder gehe von der Buche eine Gefahr aus noch seien unzumutbare Beeinträchtigungen ersichtlich. Die Buche befinde sich derzeit in einem verkehrssicheren Zustand. Der Umstand, dass bei starken Stürmen oder Unwettern auch ein gesunder Baum entwurzelt werden könne bzw. seine Äste brechen könnten, gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko, dessen Realisierung sich wenn überhaupt nur dadurch vermeiden ließe, dass in besiedelten Bereichen sämtliche größeren Bäume beseitigt würden. Auch eine unzumutbare Beeinträchtigung, die nur dann anzunehmen sei, wenn die von dem geschützten Baum ausgehenden Immissionen oder sonstigen Auswirkungen nach Art und Intensität die Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstücks erheblich beeinträchtigten, sei hier nicht ersichtlich, ergebe sich insbesondere nicht allein aus der Höhe des Baumes. Hohe Bäume neben einer Bebauung stellten auch keinen städtebaulichen Missstand dar, seien vielmehr durchaus üblich und städtebaulich unter Umständen sogar erwünscht. Das nah am Baum angehobene Pflaster könne, wie im Bescheid ausgeführt, entfernt und sonstiges Pflaster aufgenommen und neu verlegt werden, was den Klägern zumutbar sei. Eine Schädigung des Baumes sei bisher nicht festgestellt worden. Auch bestünden keine konkreten Anzeichen für eine Beschädigung der – im Übrigen baurechtlich nicht genehmigten – Anbauten. Des Weiteren stehe auch nicht fest, dass die Wurzeln der Buche ein unter der Garage liegendes, intaktes und somit dichtes Entwässerungsrohr zerstört hätten. Vielmehr sei anzunehmen, dass erst ein sanierungsbedürftiges Entwässerungsrohr und damit eine undichte Leitung das Einwachsen der Wurzel ermöglicht habe, da Wurzeln in der Regel nur in defekte Leitungen eindrängen. Eine unzumutbare Beeinträchtigung bestehe auch nicht im Hinblick auf eine Verschattung. Insoweit sei ein strenger Maßstab anzulegen. Erforderlich sei, dass ein Fenster so beschattet werde, dass dahinterliegende Wohnräume während des Tages nur mit künstlichem Licht genutzt werden könnten. Zu denken sei insbesondere an eine Situation, in der ein geschützter Baum unmittelbar vor einem Fenster stehe oder zumindest seine Äste ein Fenster verdeckten. Eine solche Verschattungswirkung habe im Rahmen der durchgeführten Ortsbesichtigung weder für das Vorhaben- noch für das Nachbargrundstück festgestellt werden können. Schließlich seien auch Befreiungsgründe nicht ersichtlich. Bei den von den Klägern geltend gemachten Auswirkungen der Buche handele es sich um typische Begleiterscheinungen eines Baumes, die nicht die für die Annahme einer offensichtlich nicht beabsichtigten Härte erforderliche Atypik begründen könnten. Sowohl die Entfernung von Totholz als auch die vom Gutachter vorgeschlagene Kronensicherung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit seien ohne Genehmigung zulässig. Diese Maßnahmen sowie die ebenfalls empfohlene Entnahme der Pflastersteine dienten dem Erhalt des gesunden Baumes. 13Das Gericht hat die Örtlichkeit am 28. Oktober 2021 in Augenschein genommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Ortstermins verwiesen. 14Im Ortstermin haben die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 18Die zulässige Klage ist unbegründet. 19Die Ablehnung einer Ausnahme wie auch (konkludent) einer Befreiung vom Verbot der Entfernung der auf dem Vorhabengrundstück aufstehenden Buche mit Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Denn die Kläger haben keinen Anspruch auf die Erteilung einer solchen Ausnahme oder Befreiung. 20Die Buche auf dem Vorhabengrundstück, die nach den im Ortstermin festgestellten und oben beschriebenen Örtlichkeiten innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils aufsteht und nach den Feststellungen im Gutachten zur Verkehrssicherheit in einer Höhe von 1 m über dem Erdboden einen Stammumfang von 2,64 m aufweist, fällt nach deren § 2 und § 3 Abs. 1 unter den Schutz der auf § 45 des früheren Gesetzes zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft (Landschaftsgesetz – LG) bzw. jetzigen § 49 des Gesetzes zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen (Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG NRW) gestützten Satzung der Beklagten zum Schutz des Baumbestandes der Stadt N. vom 4. November 1986, zuletzt geändert durch die 3. Satzung vom 22. Oktober 2002 (im Folgenden: BSchS MH). Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 BSchS MH ist es daher grundsätzlich verboten, die Buche zu entfernen. Der Tatbestand einer Ausnahme (1.) oder Befreiung (2.) nach § 6 Abs. 1 bzw. 2 BSchS MH ist nicht erfüllt. 211. Eine Ausnahme rechtfertigt sich – was allein in Betracht kommt – weder wegen einer von der Buche ausgehenden Gefahr (a) noch wegen einer mit ihr verbundenen unzumutbaren Verschattung (b). 22a) Nach § 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. c BSchS MH ist eine Ausnahme von den Verboten des § 4 BSchS MH zu genehmigen, wenn von dem geschützten Baum Gefahren ausgehen und die Gefahr nicht auf andere Weise mit zumutbarem Aufwand beseitigt werden können. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. 23Als Gefahren im Sinne der genannten Vorschrift sind sowohl Gefahren für Sachgüter als auch solche für Leib oder Leben von Personen anzusehen. Eine Gefahr setzt weiter voraus, dass der Eintritt eines Schadens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dabei sind an die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts in den hier in Rede stehenden Fällen jedoch nur geringe Anforderungen zu stellen. Auch reicht es für den nachweispflichtigen Antragsteller aus, wenn er zur Begründung seines Begehrens einen Sachverhalt darlegt, der nach den Regeln des Anscheinsbeweises den Schadenseintritt wahrscheinlich erscheinen lässt. Es reicht mithin aus, wenn der Antragsteller einen Tatbestand darlegt, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf den künftigen Eintritt eines Schadens hinweist, wobei der Antragsteller nur solche Tatsachen aufzuzeigen hat, die in seine Sphäre bzw. seinen Erkenntnisbereich fallen. Weitergehende Anforderungen an den Nachweis einer Gefahr sind nicht geboten, weil sie die betroffenen Eigentümer in unzumutbarer Weise belasten und dazu führen würden, dass die Regelungen der Baumschutzsatzung keinen gerechten Ausgleich zwischen den öffentlichen und privaten Belangen mehr gewährleisten. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Ob ein alter und bereits vorgeschädigter Baum etwa künftig bei Unwetter oder Stürmen umstürzen, auseinanderbrechen oder jedenfalls Äste von beachtlichem Gewicht verlieren und damit Gefahren für Personen oder Sachgüter verursachen wird, lässt sich aller Regel nicht mit an Sicherheit grenzender oder auch nur überwiegender Wahrscheinlichkeit prognostizieren. Würde dem betreffenden Baumeigentümer auferlegt, den exakten, jeden Zweifel ausschließenden Nachweis einer solchen Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu führen, um die Genehmigung zum Fällen oder zur sonstigen Behandlung des Baumes zu erhalten, würde das zu einer unvertretbaren, von ihm auch unter dem Aspekt der Sozialbindung seines Eigentums nicht mehr hinnehmbaren Belastung führen. Zum einen würde er mit einem unvertretbaren Risiko belastet, wenn er einen möglicherweise gefährlichen Baum nicht bereits beseitigen oder jedenfalls behandeln lassen könnte, sobald äußere Anzeichen auf eine mögliche Gefahrenlage hinweisen. Zum anderen wären bei einem über den Anschein hinausgehenden Wahrscheinlichkeitsnachweis in aller Regel Untersuchungen des Baumes durchzuführen, die erheblich kostenträchtig sind und damit den Eigentümer des Baumes über die gewöhnlichen Erhaltungs- und Pflegekosten des Baumes hinaus zusätzlich finanziell belasten. 24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. Oktober 1993 – 7 A 2021/92 –, juris, Rn. 105 ff. und Beschlüsse vom 4. Januar 2011 – 8 A 2003/09 –, juris, Rn. 4 ff., vom 30. Januar 2008 – 8 A 90/08 –, juris, Rn. 6 f. und vom 3. Februar 1997 – 7 A 3778/94 –, juris, Rn. 27 ff. 25Die Entscheidung, welche Maßnahmen einem Baumeigentümer zur Abwehr der danach von einem geschützten Baum tatsächlich ausgehenden Gefahren zumutbar sind, erfordern eine einzelfallbezogene Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen. In diese Abwägung sind auf der einen Seite insbesondere die Art der Gefahr und die mit einer Gefahrenbeseitigung verbundenen Belastungen des Eigentümers und auf der anderen Seite die für den Erhalt des Baumes an seinem konkreten Standort sprechenden Belange einzustellen. 26Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Januar 2011 – 8 A 2003/09 –, juris, Rn. 12 und vom 30. Januar 2008 – 8 A 90/08 –, juris, Rn. 18. 27Von diesen Grundsätzen ausgehend lässt sich weder in Bezug auf eine mögliche Entwurzelung bzw. einen Astbruch (aa) noch im Hinblick auf die durch die Anhebung der Pflastersteine im Wurzelbereich verursachten Stolperkanten (bb) oder die Besorgnis einer unmittelbaren Schädigung baulicher Anlagen oder Versorgungsleitungen durch die Wurzeln oder den Stamm (cc) eine Gefahr im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. c BSchS MH feststellen, die nicht auf andere Weise mit zumutbarem Aufwand beseitigt werden kann. 28aa) Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Buche oder einer ihrer größeren Äste auf dem Vorhabengrundstück in naher Zukunft mit einer Wahrscheinlichkeit, die über das allgemeine Risiko hoher Bäume hinausgeht, durch ein Unwetter, einen Sturm oder auf sonstige Weise entwurzelt bzw. abgebrochen wird, sind nicht ersichtlich. 29Die von den Klägern insoweit in den Vordergrund gestellten Ausführungen zu einer Gefahr, dass die Buche bei entsprechenden Unwettern entwurzelt bzw. stark beschädigt werden könnte und dadurch sie bei einem Aufenthalt im Garten, auf der Terrasse, im Wintergarten aber auch im Haus selbst oder aber ihre baulichen Anlagen auf dem Vorhabengrundstück schädigen könnte, deuten nicht nach allgemeiner Lebenserfahrung auf den künftigen Eintritt eines Schadens hin. Erst recht gilt dies für entsprechende Befürchtungen unabhängig von solchen Wetterereignissen. 30Anhaltspunkte für eine erhebliche Vorschädigung des Baumes, die die Annahme einer entsprechenden Gefahr nahelegen, sind nicht gegeben. Nach den sachkundigen Erläuterungen der Vertreter des Amtes der Beklagten für Umweltschutz bei ihrer Ortsbesichtigung am 8. September 2020 wie auch im Ortstermin des erkennenden Gerichts vom 28. Oktober 2021 stellt sich die Buche als gesund und vital dar. Auch aus dem von den Klägern in Bezug genommenen Gutachten zur Verkehrssicherheit ergibt sich insoweit nichts anderes. Das Gutachten stellt vielmehr selbst auf seinem Deckblatt durch Grünunterlegung die Verkehrssicherheit der Buche ausdrücklich fest. Dem entspricht es auch, dass im Gutachten die Vitalität des Baumes nach dem in der Fachwelt der Baumkontrolleure und Baumpfleger häufig verwendeten Bonitierungsschlüssel von ROLOFF, 31vgl. Das Baumzentrum, Das interaktive Baumposter, Kap. 4: Handreichung zur Einstufung der Vitalität von Bäumen, abrufbar unter: https://www.baumzentrum.de/images/content/_baumposter/kapitel04/BZ_Baumposter_Kapitel04-Einstufung-der-Vitalitaet-von-Baeumen.pdf, 32mit 1,7 und damit noch in der zweitbesten von insgesamt vier Vitalitätsstufen (Vs 0, 1, 2 und 3) mit insgesamt nur leichten Vitalitätsmängeln beurteilt und festgestellt wird, dass sich der Baum von seiner Entwicklung her noch in der Reifephase befinde. Auch aus den im Gutachten hinsichtlich der Krone angeführten verkehrssicherheitsrelevanten Merkmalen lässt sich keine gefahrenrelevante Vorschädigung ableiten. Dies liegt hinsichtlich der auch im Gutachten nicht näher konkretisierten Astungs- und Schnittwunden sowie hinsichtlich der an einigen wenigen Ästen mit einem Durchmesser von bis zu 5 cm festgestellten geringfügigen Rindenschäden, die vermutlich durch Spechtschläge hervorgerufen worden sind, auf der Hand. Soweit Totholz mit einem Durchmesser von 1 bis 5 cm festgestellt wird, ist den Klägern dessen im Gutachten aus Gründen der Verkehrssicherheit empfohlene Entnahme ohne weiteres zumutbar. Darüber hinaus hat der Gutachter zwar rund 2 m oberhalb der Dachfläche des Carports festgestellt, dass eine Vergabelung von zwei Stämmlingen (Zwiesel) nicht optimal stattgefunden hat. Auch dies stellt jedoch noch keine beachtliche Vorschädigung dar und lässt jedenfalls derzeit den Eintritt eines Schadens nicht hinreichend wahrscheinlich erscheinen. Dementsprechend geht auch der Gutachter ausdrücklich lediglich davon aus, dass an dieser Stelle langfristig (Hervorhebung durch das Gericht) das Risiko eines Stämmlingsausbruchs besteht, und empfiehlt vor diesem Hintergrund eine dynamische Kronensicherung im Dreiecksverbund. Die Ansammlung von Niederschlagswasser an einer Astanbindung (Wassertasche), die die Kläger ebenfalls konkret anführen, wird schließlich im Gutachten zur Verkehrssicherheit lediglich festgestellt, nicht aber als verkehrssicherheitsrelevantes Merkmal angeführt. 33Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Buche bei einem Unwetter, speziell auch durch einen Blitzeinschlag entwurzelt werden oder aber größere Äste verlieren könnte und es dadurch zu einem Folgeschaden auf dem Vorhabengrundstück kommen könnte. Allein der mit dem Klimawandel verbundene Anstieg der Zahl entsprechender Unwetterereignisse im gesamten Land rechtfertigt noch nicht die Annahme der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts gerade auf dem Grundstück der Kläger. Auch tritt die Buche zwar in ihrer Umgebung durchaus prägend in Erscheinung, sticht aber nicht derart hervor, dass sie als bevorzugtes Objekt für einen Blitzeinschlag anzusehen ist. Nach dem Eindruck im Ortstermin sind in der Umgebung des Vorhabengrundstücks vielmehr weitere Bäume vergleichbarer Höhe vorhanden. Es handelt sich daher insoweit lediglich um ein allgemeines Risiko, nicht aber um eine hinreichend konkrete Gefahr. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass – wie die Beklagte zu Recht hervorhebt – andernfalls alle höheren Bäume in besiedelten Gebieten gefällt werden dürften, obwohl gerade ihr Bestand durch die Baumschutzsatzungen gesichert werden soll, so dass diese weitgehend leerliefen. 34bb) Soweit die Kläger geltend machen, das durch die Anhebung der Pflastersteine im Wurzelbereich Stolperkanten entstanden seien, die ihnen den Durchgang von der Garage gerade auch mit Gartengeräten oder in Zukunft mit einem Rollator zum rückwärtigen Grundstücksteil erschweren, ist zunächst festzustellen, dass eine diesbezügliche Gefährdung nicht unmittelbar von der geschützten Buche ausgeht, sondern darauf beruht, dass die Kläger diesen Bereich entgegen den Empfehlungen im selbst vorgelegten Gutachten weiterhin gepflastert haben. Es ist gerade auch bei Fortbestand der Überdachung des Bereichs nicht ersichtlich, dass dieser nicht auch ohne Pflasterung so befestigt werden kann, dass ein gefahrloser Durchgang auch mit Gartengeräten oder aber später mit einem Rollator grundsätzlich jederzeit möglich ist. Darüber hinaus sind die Kläger insoweit darauf zu verweisen, dass sie diesen Bereich nach den Feststellungen im Ortstermin selbst auch noch unnötig verschmälert haben, indem sie vor der nordöstlichen Außenwand des Wintergartens eine Küchenzeile, einen Kühlschrank und zwei Tische aufgestellt haben. Ohne dieses Mobiliar ließe sich in diesem Bereich in ausreichendem Abstand zum Stamm der Buche eine Pflasterung verlegen bzw. erhalten, die eine noch komfortablere Passage ohne beachtliche Stolperkanten ermöglichen würde. Schließlich ist insoweit festzustellen, dass die Kläger nicht zwingend auf den Durchgang von der Garage über das Carport auf ihre Terrasse angewiesen sind, um den rückwärtigen Teil des Vorhabengrundstücks zu erreichen, da auch entlang der südwestlichen Außenwand ihres Hauses die Möglichkeit eines entsprechenden Durchgangs besteht. 35cc) Eine nicht anderweitig auf zumutbare Weise zu beseitigende Gefahr im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. c BSchS MH besteht schließlich auch nicht im Hinblick auf eine unmittelbare Schädigung baulicher Anlagen oder Versorgungsleitungen durch die Wurzeln oder den Stamm. Eine bereits eingetretene relevante Schädigung der baulichen Anlagen auf dem Vorhabengrundstück ist nicht ersichtlich. Die Kläger machen insoweit hinsichtlich der Wurzeln lediglich eine Anhebung des Wintergartens und der Terrasse geltend. Im Ortstermin vermochte das erkennende Gericht allenfalls eine minimale Anhebung des Terrassenbereichs erkennen. Dementsprechend stellt auch das Gutachten zur Verkehrssicherheit lediglich fest, dass an einer Stelle der angrenzende Wintergarten und das Terrassenpflaster durch die Wurzeln leicht angehoben zu werden scheinen. Diese minimalen Veränderungen genügen nicht zur Feststellung der Gefahr eines Schadens für ein durch die Baumschutzsatzung geschütztes Sachgut. Nichts anderes gilt hinsichtlich der ohne Genehmigung und Absprache mit der Beklagten in der Ecke zwischen Garage und Wintergarten errichteten und teils als Carport, teils als Freisitz genutzten Überdachung. Vielmehr sind die Kläger gehalten, die Aussparung für den Stamm der Buche auf eigene Kosten dessen Wachstum anzupassen und entsprechend zu vergrößern. Soweit die Kläger sich auf die Beschädigung eines Regenentwässerungsrohrs unterhalb der Garage durch die Wurzeln der Buche berufen, ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Gefahr einer entsprechenden Schädigung ihres Eigentums auf andere Weise mit zumutbarem Aufwand beseitigt werden kann, so dass dahinstehen kann, ob die Wurzeln das Rohr beschädigt haben oder aber – wie die Beklagte vermutet – die Wurzeln durch das bereits undichte und sanierungsbedürftige Rohr gewachsen sind. Es bestehen nämlich technische Möglichkeiten zur Abwehr solcher Baumauswirkungen, die in der Regel unter Abwägung mit dem ökologischen Wert des Baumes wirtschaftlich tragbar und zumutbar sind. 36Vgl. Günther, Baumschutzrecht, 1. Aufl., S. 49 f., Rn. 81 ff. 37Effektiver Baumschutz verlangt, dass die Grundstückseigentümer im Wurzelbereich geschützter Bäume die Kanalisation wurzelfest anlegen, was etwa mit modernen Plastikrohren technisch ohne Schwierigkeiten möglich ist. 38Vgl. Dreßler/Rabbe, Kommunales Baumschutzrecht, 2001, in: Praxis der Kommunalverwaltung, G10a Bund, S. 44. 39Hauptursache entsprechender Schäden ist typischerweise das Fehlen solcher wurzelfester Verbindungen zwischen den einzelnen Teilen des Rohrs. Unter diesen Umständen stellt sich das Rohr aus im Verantwortungsbereich des Eigentümers liegenden Gründen als unzureichend dar. In einer durch natürlichen und schutzwürdigen Baumbestand geprägten Wohngegend muss der Grundstückseigentümer mit Erscheinungen dieser Art rechnen und sich darauf durch die Installation eines entsprechend gesicherten und instand gehaltenen Leitungssystems einrichten. Ist das betreffende Rohr nicht auch im Übrigen etwa aufgrund seines bloßen Alters austauschbedürftig, bedarf es insoweit auch nicht zwingend einer kostspieligen Neuverlegung, sondern einer bloßen Ertüchtigung etwa in Form der Sicherung der Rohrverbindungen mit entsprechenden Dichtringen und/oder einer zusätzlichen Ummantelung. 40Vgl. OVG Berlin, Urteil vom 27. Januar 1978 – II B 75.76 –, juris, Rn. 22. 41Alternativ dazu hat der Vertreter des Amtes der Beklagten für Umweltschutz im Ortstermin dargelegt, dass neben der Neuverlegung wurzelfester Rohre insoweit grundsätzlich auch die Einführung von Inlays in die Rohre, die ein Eindringen der Wurzeln verhindern, in Betracht kommt. Entsprechende Maßnahmen sind den Klägern auch zumutbar. Denn die Buche ist an ihrem Standort ortsbildprägend und daher in besonderem Maße schützenswert. Diese Feststellung im Ablehnungsbescheid hat sich im Ortstermin bestätigt. Insbesondere tritt die Buche von der F.--------straße sowohl aus Nordosten als auch aus Südwesten gerade auch im Vergleich zu den umstehenden Bäumen von ihrem Äußeren her deutlich in Erscheinung (vgl. Lichtbilder 1-3). 42b) Die Erteilung einer Ausnahme vom Fällverbot rechtfertigt sich auch nicht aufgrund einer von der Buche ausgehenden Verschattungswirkung. Insoweit ist nach § 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f BSchS MH eine Ausnahme nur zu genehmigen, wenn die Bäume die Einwirkung von Licht und Sonne auf Fenster unzumutbar beeinträchtigen, wobei eine unzumutbare Beeinträchtigung vorliegt, wenn Fenster so beschattet werden, dass dahinterliegende Wohnräume während des Tages nur mit künstlichem Licht benutzt werden können. Eine derart weitgehende Verschattung von Fenstern der Wohnräume auf dem Vorhaben- und/oder dem Nachbargrundstück wird im Klageverfahren aber lediglich pauschal behauptet. Auffällig ist insoweit bereits, dass die Kläger eine solche Verschattung in ihrem Antrag bei der Beklagten selbst gar nicht geltend gemacht haben, obwohl diese Möglichkeit im Antragsformular ausdrücklich vorgesehen ist. Dementsprechend, haben die Kläger auch im Ortstermin auf die Frage, welcher Bereich ihres Grundstücks von der geltend gemachten Verschattung betroffen sei, ausschließlich den Bereich der Terrasse angeführt, die Wohnräume insoweit aber noch nicht einmal erwähnt und zwar weder im Hinblick auf das eigene noch hinsichtlich des Nachbargrundstücks. Dass tatsächlich auf dem Vorhabengrundstück durch die Buche keine beachtliche Verschattung hervorgerufen wird, ergibt sich bereits aus ihrem Standort an der nordöstlichen Grundstücksgrenze und der Ausrichtung der größeren Fensterflächen der Hauptwohnräume jedenfalls im Erdgeschoss nach Südosten bzw. Südwesten. Nichts anderes dürfte im Übrigen für das Nachbargrundstück gelten, auf dem die wesentliche Belichtung der Wohnräume des dort aufstehenden Wohnhauses durch die Fenster in der südöstlichen Außenwand erfolgen dürfte, die jedenfalls bis in den Nachmittag hinein vom Schatten der Buche kaum betroffen sein dürfte, während die Südwestwand dieses Hauses überhaupt nur über wenige Öffnungen verfügt, die durch die Buche verschattet werden könnten. Angesichts des beschriebenen Standorts der Buche und der Größe der rückwärtigen Außenbereiche auf dem Vorhaben- wie auf dem Nachbargrundstück, geht von der Buche auch insoweit jedenfalls keine unzumutbare Verschattung aus, so dass dahingestellt bleiben kann, ob eine solche Beeinträchtigung überhaupt eine Ausnahme nach § 6 Abs. 1 BSchS MH oder zumindest eine Befreiung nach § 6 Abs. 2 BSchS MH rechtfertigen könnte. Dass – wie in der Klagebegründung angedeutet – wegen einer von der Buche verursachten Verschattung gerade im Sommer der Garten auf beiden Grundstücken nicht genutzt werden könne, ist abwegig. 432. Schließlich sind (auch im Übrigen) die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 2 BSchS MH nicht erfüllt. Insbesondere liegt kein Fall des insoweit allein in Betracht kommenden Buchst. a) dieser Vorschrift vor, der gegeben ist, wenn das Fällverbot nach § 4 BSchS MH zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und eine Befreiung mit den öffentlichen Interessen vereinbar ist. 44Die in den Baumschutzsatzungen geregelten Befreiungstatbestände zielen nicht wie die abstrakten Ausnahmetatbestände darauf ab, dass die generellen Regelungen, insbesondere Verbote bereits bei bestimmten typisierten Sachverhalten entfallen können. Sie sind vielmehr das Einfallstor für ausschließlich einzelfallbezogene Betrachtungen atypischer Fälle. Die Beschränkung der Befreiung auf vom Regelfall abweichende atypische Fallgestaltungen hat zur Folge, dass eine Befreiung von vornherein nicht in Betracht kommt bei typischerweise von Bäumen ausgehenden Belastungen unterhalb der Gefahrenschwelle, wie etwa Schattenwirkungen, verstärkte Algenbildung auf Gehwegplatten, Laubfall, Samenflug sowie Beeinträchtigungen durch Wurzeln. Die Eigentümer der hiervon betroffenen Grundstücke haben daher den durch die vorgenannten typischen Auswirkungen verursachten erhöhten Reinigungs- und Vorsorgeaufwand regelmäßig selbst zu tragen. Im Hinblick darauf kommen Befreiungen unter dem Gesichtspunkt der nicht beabsichtigten Härte allenfalls dann in Betracht, wenn die genannten Beeinträchtigungen ein Ausmaß erreichen, mit dem bei einem innerörtlichen Baumbestand nicht typischerweise zu rechnen ist und dadurch die jeweilige Grundstücksnutzung unzumutbar eingeschränkt wird. 45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 1995 – 7 A 2646/92 –, S. 22 f. des Entscheidungsabdrucks und Beschluss vom 4. Januar 2011 – 8 A 2003/09 –, juris, Rn. 9. 46Bei den von den Klägern insoweit geltend gemachten Verunreinigungen durch klebrige Blüten, Laub, herabfallende Zweige und Vogelkot, insbesondere auf den Dächern und der Terrasse, in den Dachrinnen und den Rohren handelt es sich jedoch um solche typischen Auswirkungen von Bäumen. Nichts anderes gilt hinsichtlich der insbesondere zum Schutz der Glasbedachung des Wintergartens und auch des Daches des Hauses regelmäßig durchzuführenden Schnittarbeiten samt der Entfernung von Totholz, auch soweit dies das Engagement eines Baumkletterers erfordert. Dass dieser Reinigungs- und Vorsorgeaufwand ein Ausmaß erreicht, mit dem bei einem innerörtlichen Baumbestand nicht typischerweise zu rechnen ist, ist nicht ersichtlich. Die Behauptung in der Klagebegründung, dass hierdurch regelmäßig Kosten von mehreren 1000 Euro im Jahr verursacht würden, bleibt unsubstantiiert. Abgesehen davon erschiene auch ein vierstelliger Kostenaufwand angesichts der Höhe der übrigen laufenden Kosten für die Unterhaltung eines Wohnhauses in der Größe, wie es auf dem Vorhabengrundstück aufsteht, nicht ohne weiteres unzumutbar. Eine allgemein fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit haben die Kläger durch ihren bloßen Verweis darauf, dass sie im Ruhestand leben, nicht konkret dargelegt, so dass dahinstehen kann, ob die individuelle wirtschaftliche Situation überhaupt geeignet ist, eine nicht beabsichtigte Härte im Sinne des Befreiungstatbestandes zu begründen. 47Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 159 S. 2 VwGO. 48Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 der Zivilprozessordnung. 49Von der seitens der Kläger angeregten Zulassung der Berufung hat das Gericht abgesehen, weil die hierfür nach § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO allein in Betracht kommenden Gründe einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder einer Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 VwGO) nicht vorliegen. Insbesondere sind die maßgeblichen Ausnahme- und Befreiungstatbestände bereits Gegenstand zahlreicher obergerichtlicher Entscheidungen, an denen sich auch das erkennende Gericht orientiert und hiervon nicht abweicht. 50Rechtsmittelbelehrung: 51Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 52Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 53Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 54Die Berufung ist nur zuzulassen, 551. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 562. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 573. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 584. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 595. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 60Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 61Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 62Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 63Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 64Beschluss: 65Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 66Gründe: 67Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) erfolgt. Sie orientiert sich an Ziffer 29.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai / 1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen. 68Rechtsmittelbelehrung: 69Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 70Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 71Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 72Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 73Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 74War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens als gesamtschuldner. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung in gleicher höhe sicherheit leistet. 1 | 2die kläger sind eigentümer des mit einem von ihnen allein bewohnten, eingeschossigen einfamilienwohnhaus mit einliegerwohnung und ausgebautem dachgeschoss bebauten grundstücks f.--------straße 00 in n. (g1 – im folgenden: vorhabengrundstück) in einem unbeplanten wohngebiet. das wohnhaus liegt an der südöstlichen straßenseite. im rückwärtigen gebäudeteil liegt im erdgeschoss das wohnzimmer mit großer fensterfront nach südosten. zwischen der nordöstlichen außenwand dieses gebäudeteils und der nordöstlichen grundstücksgrenze zum ebenfalls straßenseitig mit einem wohnhaus bebauten nachbargrundstück f.--------straße 71 (g2 – im folgenden: nachbargrundstück) errichteten die kläger in den jahren 1979/80 mit baugenehmigung vom 12. november 1979 eine garage. nachdem sie von den voreigentümern vor der südöstlichen seite des rückwärtigen gebäudeteils einen überdachten terrassenbereich mit seitlichen begrenzungen übernommen hatten, schlossen die kläger diesen bereich später ohne baugenehmigung komplett zu einem wintergarten; lediglich für den darin errichteten offenen kamin wurde ihnen am 8. januar 1988 eine baugenehmigung erteilt. in der durch den wintergarten und die garage gebildeten ecke steht eine etwa 19 m hohe blut-buche mit einer kronenbreite von etwa 12 m und einem stammumfang in 1 m höhe von 2,64 m (im folgenden: buche). der bereich nordöstlich des wintergartens ist bis auf entsprechende aussparungen um den stamm der buche gepflastert und überdacht. der nordwestliche teil dieses bereichs wird als durch die garage befahrbares carport genutzt, der südöstliche teil normalerweise als freisitz. südöstlich des wintergartens erstrecken sich eine terrasse und anschließend der garten. 3unter dem 21. august 2020 – eingegangen bei der beklagten am 25. august 2020 – beantragten die kläger eine ausnahmegenehmigung zur entfernung der buche und gaben zur begründung an: die wurzeln des baumes hätten die pflastersteine erheblich hochgedrückt, sodass stolperkanten entstanden seien, die ihnen im alter von mitte 70 mit gleichgewichtsstörung und anderen erkrankungen das laufen zur garage erschwerten, so dass es bereits zu stürzen gekommen sei. der kläger zu 1. benötige zudem in naher zukunft einen rollator. 4diesen antrag lehnte die beklagte nach durchführung einer ortsbesichtigung am 8. september 2020 mit bescheid vom 5. oktober 2020 ab und führte hierzu aus: die buche sei vital und gesund und stelle an ihrem standort einen ortsbildprägenden und schützenswerten baum dar. zum schutz des baumes werde angeregt, die direkt um den stamm herum liegenden steine zu entfernen. die im weiteren abstand liegenden steine könnten alsdann mit zumutbarem aufwand aufgenommen und neu verlegt werden. 5mit der hiergegen gerichteten klage vom 2. november 2020 tragen die kläger ergänzend vor: die buche habe ein alter und eine größe erreicht, für die der standort nicht mehr angemessen und geeignet sei. durch die wurzeln der buche sei die befestigte fläche um den baum so hoch angehoben, dass sie weder mit einer schubkarre noch mit anderen rollgeräten – einschließlich eines gegebenenfalls später notwendigen rollators – befahren werden könne, worauf sie jedoch angewiesen seien, um von der garage aus auf den hinteren teil des grundstücks zu gelangen. im übrigen bestehe für sie in ihrem fortgeschrittenen alter dort eine erhebliche sturzgefahr. er – der kläger zu 1. – sei bereits wiederholt gestürzt und sein gesundheitlicher zustand wegen einer ständig ärztlich behandelten blutkrankheit angegriffen. außerdem werde die hinter dem wintergarten liegende terrasse bereits durch die wurzeln der buche am übergang zum wintergarten angehoben. auch der wintergarten selbst sei inzwischen angehoben und beschädigt. letzteres gelte auch für die überdachung des carports. jüngst seien auch beschädigungen im abwasserrohr des wohnhauses durch den wurzelwuchs der buche aufgetreten. durch die enorme größe der buche würden sowohl der wintergarten als auch das wohnhaus, die terrasse sowie ein großteil der gartenfläche ab frühjahr bis herbst dauerhaft beschattet. dies gelte auch für die terrasse des wohnhauses auf dem nachbargrundstück. gerade im sommer könne der entsprechende gartenbereich auf dem vorhaben- wie auf dem nachbargrundstück nicht genutzt werden. dadurch sei es auch zu erheblichen konflikten mit dem nachbarn gekommen. selbst die eigenen wohnräume müssten auch bei hellem sonnenschein künstlich beleuchtet werden. des weiteren gehe von der buche insoweit eine unkontrollierbare und unzumutbare gefahr für sie beim notwendigen aufenthalt im wintergarten, dem garten, aber auch dem wohnhaus aus, als nach den erfahrungen der vergangenen jahre anderenorts insbesondere aufgrund des klimawandels bei entsprechendem sturm oder blitzschlag das herabstürzen tragender äste bzw. die entwurzelung der buche zu befürchten sei. mit entsprechenden wetterereignissen und unwettern sei jederzeit zu rechnen. der daraus entstehenden gefahr seien sie selbst in ihrem haus – wie möglicherweise auch der nachbar in seinem haus – schutzlos ausgesetzt. die buche stelle sich auch keineswegs als vital dar. ein gutachten habe angesichts einer von ihrer verbindung her nicht optimalen vergabelung zweier stämmlinge eine kronensicherung vorgeschlagen, die aber auch nur zu einer verbesserung der verkehrssicherheit führe und folgeschäden nicht ausschließe. dass diese kronensicherung eine tonnage von 4 t aufweisen solle, zeige, mit welch ungeheuren und ungewöhnlichen kräften selbst unabhängig von besonderen witterungseinflüssen hier zu rechnen sei. zudem hätten sie vor kurzem erfahren, dass die buche in einer stammgabelung im oberen bereich schäden aufweisen könnte, wodurch feuchtigkeit in den stamm eindringe und fäulnis entstehe, was wiederum zum absterben von ästen und letztlich des baumes selber führe. ferner verursache die buche durch klebrige blüten, laub, herabfallende zweige und vogelkot, die eine mehrmalige reinigung der dächer, dachrinnen und rohre wie auch der terrasse erforderten, unzumutbare verunreinigungen. schließlich müssten sie insbesondere zum schutz der glasbedachung des wintergartens und auch des daches des hauses regelmäßig schnittarbeiten durchführen und totholz entfernen, was das engagement eines baumkletterers erfordere. die kosten dieser wartung und pflege des baumes beliefen sich jährlich auf mehrere 1000 euro, die sie als ruheständler auf dauer nicht tragen könnten. nach alledem seien sie in der nutzung ihres eigentums, des hauses und insbesondere des wintergartens und der terrasse erheblich, ja enteignungsgleich eingeschränkt. sie lebten in ständiger angst und sorge vor einer verletzung, tötung oder eigentumsbeschädigung und fühlten sich entwürdigt. ihr eigenes schutzinteresse stehe über dem baumschutz. es könne nicht sein, dass sie von dem baum nunmehr gewissermaßen verdrängt würden. sie seien jedoch bereit, in zumutbarem rahmen eine geeignete ersatzpflanzung, auch auf städtischem grundbesitz zu finanzieren. 6zu den einzelheiten des zustands der buche verweisen die kläger auf ein von ihnen vorgelegtes verkehrssicherheits-gutachten des ingenieur- und sachverständigenbüros t gmbh aus n. vom 26. februar 2021 (im folgenden: gutachten zur verkehrssicherheit), das auf seinem deckblatt eine einteilung nach „verkehrssicher“, „verkehrssicher nach maßnahme“ und „unverzüglich handeln“ enthält, wovon nur das feld „verkehrssicher“ farblich unterlegt ist und zwar in grün. in dem gutachten zur verkehrssicherheit wird unter anderem ausgeführt: die buche befinde sich von ihrer entwicklung her in der reifephase und weise eine vitalität nach roloff von 1,7 auf. nach einer ersten inaugenscheinnahme am 14. oktober 2020 sei die baumkrone am 26. februar 2021 in kletternder weise begutachtet worden. abgesehen von der stellenweisen anhebung der nahezu flächendeckend am standort der buche verlegten pflastersteine mit entsprechenden stolpergefahren schienen an einer stelle der angrenzende wintergarten und das terrassenpflaster durch die wurzeln leicht angehoben zu werden. in etwa 3 m höhe grenze die überdachung eines carports an den stamm an, deren aussparung aktuell nicht mehr ausreichend sei. in der krone sei totholz mit einem durchmesser von 1 bis 5 cm vorgefunden worden. außerdem seien dort astungs- und schnittwunden vorhanden. an einer astanbindung sammle sich niederschlagswasser. an einigen wenigen ästen mit einem durchmesser von bis zu 5 cm seien geringfügige, vermutlich durch spechtschläge hervorgerufene rindenschäden erkennbar. rund 2 m oberhalb der dachfläche befinde sich eine vergabelung von zwei stämmlingen (zwiesel), deren verbindung nicht optimal stattgefunden habe. an dieser stelle bestehe langfristig das risiko eines stämmlingsausbruchs. aus gründen der verkehrssicherheit und zum schutz der glasbedachung sollte das vorhandene totholz ab einem durchmesser von 2 cm aus der krone entnommen werden. darüber hinaus sollte der zwiesel durch eine dynamische kronensicherung im dreiecksverbund gesichert werden, der eine tonnage von 4 t aufweisen und auf einer höhe von zwei dritteln über der zu sichernden anbindung installiert werden solle. um die stolpergefahren im wurzelbereich des baumes zu vermindern, werde empfohlen, die hochgedrückten pflastersteine aufzunehmen und die baumscheibe stellenweise zu entsiegeln. des weiteren werde empfohlen, entsprechend dem dickenwachstum des stammes die aussparung in der überdachung zu vergrößern. 7schließlich nehmen die kläger bezug auf ein schreiben des dipl.-ing. x. i. vom 13. oktober 2021, in dem unter anderem festgestellt wird: nach angaben der kläger sei bei starken regenfällen wasser in die kellerräume des wohnhauses gelaufen und zwar hinter die sauna, die an der wand zur garage eingebaut gewesen sei. nach dem ausbau der sauna hätten die kläger festgestellt, dass wohl ein im erdreich verlegtes regenentwässerungsrohr für den schaden ursächlich gewesen sei. die von den klägern beauftragte rohrreinigungsfirma habe bei einer kamerafahrt festgestellt, dass die unterhalb des garagenbodens liegende leitung durch wurzeln zerstört gewesen sei, die stahlbetonbodenplatte der garage daraufhin geöffnet und die leitung freigelegt. bei einer ortsbesichtigung am 7. oktober 2021 habe er festgestellt, dass im erdreich in einer tiefe von ca. 1,50 m wurzeln mit einer stärke von ca. 2 cm vorhanden seien, die eindeutig von der buche stammten. 8die kläger beantragen, 9die beklagte unter aufhebung ihres ablehnungsbescheides vom 5. oktober 2020 zu verpflichten, ihnen eine ausnahme oder befreiung vom verbot zur entfernung der im garten ihres grundstücks in der f.--------straße 00 in n. (g1) aufstehenden buche zu erteilen. 10die beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die klage abzuweisen. 12sie führt ergänzend aus: die kläger hätten keinen anspruch auf fällung der buche. es liege weder ein ausnahme- noch ein befreiungstatbestand vor. weder gehe von der buche eine gefahr aus noch seien unzumutbare beeinträchtigungen ersichtlich. die buche befinde sich derzeit in einem verkehrssicheren zustand. der umstand, dass bei starken stürmen oder unwettern auch ein gesunder baum entwurzelt werden könne bzw. seine äste brechen könnten, gehöre zum allgemeinen lebensrisiko, dessen realisierung sich wenn überhaupt nur dadurch vermeiden ließe, dass in besiedelten bereichen sämtliche größeren bäume beseitigt würden. auch eine unzumutbare beeinträchtigung, die nur dann anzunehmen sei, wenn die von dem geschützten baum ausgehenden immissionen oder sonstigen auswirkungen nach art und intensität die nutzung bzw. nutzbarkeit des grundstücks erheblich beeinträchtigten, sei hier nicht ersichtlich, ergebe sich insbesondere nicht allein aus der höhe des baumes. hohe bäume neben einer bebauung stellten auch keinen städtebaulichen missstand dar, seien vielmehr durchaus üblich und städtebaulich unter umständen sogar erwünscht. das nah am baum angehobene pflaster könne, wie im bescheid ausgeführt, entfernt und sonstiges pflaster aufgenommen und neu verlegt werden, was den klägern zumutbar sei. eine schädigung des baumes sei bisher nicht festgestellt worden. auch bestünden keine konkreten anzeichen für eine beschädigung der – im übrigen baurechtlich nicht genehmigten – anbauten. des weiteren stehe auch nicht fest, dass die wurzeln der buche ein unter der garage liegendes, intaktes und somit dichtes entwässerungsrohr zerstört hätten. vielmehr sei anzunehmen, dass erst ein sanierungsbedürftiges entwässerungsrohr und damit eine undichte leitung das einwachsen der wurzel ermöglicht habe, da wurzeln in der regel nur in defekte leitungen eindrängen. eine unzumutbare beeinträchtigung bestehe auch nicht im hinblick auf eine verschattung. insoweit sei ein strenger maßstab anzulegen. erforderlich sei, dass ein fenster so beschattet werde, dass dahinterliegende wohnräume während des tages nur mit künstlichem licht genutzt werden könnten. zu denken sei insbesondere an eine situation, in der ein geschützter baum unmittelbar vor einem fenster stehe oder zumindest seine äste ein fenster verdeckten. eine solche verschattungswirkung habe im rahmen der durchgeführten ortsbesichtigung weder für das vorhaben- noch für das nachbargrundstück festgestellt werden können. schließlich seien auch befreiungsgründe nicht ersichtlich. bei den von den klägern geltend gemachten auswirkungen der buche handele es sich um typische begleiterscheinungen eines baumes, die nicht die für die annahme einer offensichtlich nicht beabsichtigten härte erforderliche atypik begründen könnten. sowohl die entfernung von totholz als auch die vom gutachter vorgeschlagene kronensicherung zur verbesserung der verkehrssicherheit seien ohne genehmigung zulässig. diese maßnahmen sowie die ebenfalls empfohlene entnahme der pflastersteine dienten dem erhalt des gesunden baumes. 13das gericht hat die örtlichkeit am 28. oktober 2021 in augenschein genommen. zum ergebnis der beweisaufnahme wird auf das protokoll des ortstermins verwiesen. 14im ortstermin haben die beteiligten übereinstimmend auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 16 | 17gemäß § 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) kann das gericht mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung entscheiden. 18die zulässige klage ist unbegründet. 19die ablehnung einer ausnahme wie auch (konkludent) einer befreiung vom verbot der entfernung der auf dem vorhabengrundstück aufstehenden buche mit bescheid der beklagten vom 5. oktober 2020 ist rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 5 s. 1 vwgo). denn die kläger haben keinen anspruch auf die erteilung einer solchen ausnahme oder befreiung. 20die buche auf dem vorhabengrundstück, die nach den im ortstermin festgestellten und oben beschriebenen örtlichkeiten innerhalb eines im zusammenhang bebauten ortsteils aufsteht und nach den feststellungen im gutachten zur verkehrssicherheit in einer höhe von 1 m über dem erdboden einen stammumfang von 2,64 m aufweist, fällt nach deren § 2 und § 3 abs. 1 unter den schutz der auf § 45 des früheren gesetzes zur sicherung des naturhaushalts und zur entwicklung der landschaft (landschaftsgesetz – lg) bzw. jetzigen § 49 des gesetzes zum schutz der natur in nordrhein-westfalen (landesnaturschutzgesetz – lnatschg nrw) gestützten satzung der beklagten zum schutz des baumbestandes der stadt n. vom 4. november 1986, zuletzt geändert durch die 3. satzung vom 22. oktober 2002 (im folgenden: bschs mh). gemäß § 4 abs. 1 s. 1 bschs mh ist es daher grundsätzlich verboten, die buche zu entfernen. der tatbestand einer ausnahme (1.) oder befreiung (2.) nach § 6 abs. 1 bzw. 2 bschs mh ist nicht erfüllt. 211. eine ausnahme rechtfertigt sich – was allein in betracht kommt – weder wegen einer von der buche ausgehenden gefahr (a) noch wegen einer mit ihr verbundenen unzumutbaren verschattung (b). 22a) nach § 6 abs. 1 s. 1 buchst. c bschs mh ist eine ausnahme von den verboten des § 4 bschs mh zu genehmigen, wenn von dem geschützten baum gefahren ausgehen und die gefahr nicht auf andere weise mit zumutbarem aufwand beseitigt werden können. diese voraussetzungen sind nicht erfüllt. 23als gefahren im sinne der genannten vorschrift sind sowohl gefahren für sachgüter als auch solche für leib oder leben von personen anzusehen. eine gefahr setzt weiter voraus, dass der eintritt eines schadens mit hinreichender wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. dabei sind an die hinreichende wahrscheinlichkeit des schadenseintritts in den hier in rede stehenden fällen jedoch nur geringe anforderungen zu stellen. auch reicht es für den nachweispflichtigen antragsteller aus, wenn er zur begründung seines begehrens einen sachverhalt darlegt, der nach den regeln des anscheinsbeweises den schadenseintritt wahrscheinlich erscheinen lässt. es reicht mithin aus, wenn der antragsteller einen tatbestand darlegt, der nach allgemeiner lebenserfahrung auf den künftigen eintritt eines schadens hinweist, wobei der antragsteller nur solche tatsachen aufzuzeigen hat, die in seine sphäre bzw. seinen erkenntnisbereich fallen. weitergehende anforderungen an den nachweis einer gefahr sind nicht geboten, weil sie die betroffenen eigentümer in unzumutbarer weise belasten und dazu führen würden, dass die regelungen der baumschutzsatzung keinen gerechten ausgleich zwischen den öffentlichen und privaten belangen mehr gewährleisten. dies ergibt sich aus folgenden erwägungen: ob ein alter und bereits vorgeschädigter baum etwa künftig bei unwetter oder stürmen umstürzen, auseinanderbrechen oder jedenfalls äste von beachtlichem gewicht verlieren und damit gefahren für personen oder sachgüter verursachen wird, lässt sich aller regel nicht mit an sicherheit grenzender oder auch nur überwiegender wahrscheinlichkeit prognostizieren. würde dem betreffenden baumeigentümer auferlegt, den exakten, jeden zweifel ausschließenden nachweis einer solchen wahrscheinlichkeit des schadenseintritts zu führen, um die genehmigung zum fällen oder zur sonstigen behandlung des baumes zu erhalten, würde das zu einer unvertretbaren, von ihm auch unter dem aspekt der sozialbindung seines eigentums nicht mehr hinnehmbaren belastung führen. zum einen würde er mit einem unvertretbaren risiko belastet, wenn er einen möglicherweise gefährlichen baum nicht bereits beseitigen oder jedenfalls behandeln lassen könnte, sobald äußere anzeichen auf eine mögliche gefahrenlage hinweisen. zum anderen wären bei einem über den anschein hinausgehenden wahrscheinlichkeitsnachweis in aller regel untersuchungen des baumes durchzuführen, die erheblich kostenträchtig sind und damit den eigentümer des baumes über die gewöhnlichen erhaltungs- und pflegekosten des baumes hinaus zusätzlich finanziell belasten. 24vgl. ovg nrw, urteil vom 8. oktober 1993 – 7 a 2021/92 –, juris, rn. 105 ff. und beschlüsse vom 4. januar 2011 – 8 a 2003/09 –, juris, rn. 4 ff., vom 30. januar 2008 – 8 a 90/08 –, juris, rn. 6 f. und vom 3. februar 1997 – 7 a 3778/94 –, juris, rn. 27 ff. 25die entscheidung, welche maßnahmen einem baumeigentümer zur abwehr der danach von einem geschützten baum tatsächlich ausgehenden gefahren zumutbar sind, erfordern eine einzelfallbezogene abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten interessen. in diese abwägung sind auf der einen seite insbesondere die art der gefahr und die mit einer gefahrenbeseitigung verbundenen belastungen des eigentümers und auf der anderen seite die für den erhalt des baumes an seinem konkreten standort sprechenden belange einzustellen. 26vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 4. januar 2011 – 8 a 2003/09 –, juris, rn. 12 und vom 30. januar 2008 – 8 a 90/08 –, juris, rn. 18. 27von diesen grundsätzen ausgehend lässt sich weder in bezug auf eine mögliche entwurzelung bzw. einen astbruch (aa) noch im hinblick auf die durch die anhebung der pflastersteine im wurzelbereich verursachten stolperkanten (bb) oder die besorgnis einer unmittelbaren schädigung baulicher anlagen oder versorgungsleitungen durch die wurzeln oder den stamm (cc) eine gefahr im sinne des § 6 abs. 1 s. 1 buchst. c bschs mh feststellen, die nicht auf andere weise mit zumutbarem aufwand beseitigt werden kann. 28aa) konkrete anhaltspunkte für die annahme, dass die buche oder einer ihrer größeren äste auf dem vorhabengrundstück in naher zukunft mit einer wahrscheinlichkeit, die über das allgemeine risiko hoher bäume hinausgeht, durch ein unwetter, einen sturm oder auf sonstige weise entwurzelt bzw. abgebrochen wird, sind nicht ersichtlich. 29die von den klägern insoweit in den vordergrund gestellten ausführungen zu einer gefahr, dass die buche bei entsprechenden unwettern entwurzelt bzw. stark beschädigt werden könnte und dadurch sie bei einem aufenthalt im garten, auf der terrasse, im wintergarten aber auch im haus selbst oder aber ihre baulichen anlagen auf dem vorhabengrundstück schädigen könnte, deuten nicht nach allgemeiner lebenserfahrung auf den künftigen eintritt eines schadens hin. erst recht gilt dies für entsprechende befürchtungen unabhängig von solchen wetterereignissen. 30anhaltspunkte für eine erhebliche vorschädigung des baumes, die die annahme einer entsprechenden gefahr nahelegen, sind nicht gegeben. nach den sachkundigen erläuterungen der vertreter des amtes der beklagten für umweltschutz bei ihrer ortsbesichtigung am 8. september 2020 wie auch im ortstermin des erkennenden gerichts vom 28. oktober 2021 stellt sich die buche als gesund und vital dar. auch aus dem von den klägern in bezug genommenen gutachten zur verkehrssicherheit ergibt sich insoweit nichts anderes. das gutachten stellt vielmehr selbst auf seinem deckblatt durch grünunterlegung die verkehrssicherheit der buche ausdrücklich fest. dem entspricht es auch, dass im gutachten die vitalität des baumes nach dem in der fachwelt der baumkontrolleure und baumpfleger häufig verwendeten bonitierungsschlüssel von roloff, 31vgl. das baumzentrum, das interaktive baumposter, kap. 4: handreichung zur einstufung der vitalität von bäumen, abrufbar unter: https://www.baumzentrum.de/images/content/_baumposter/kapitel04/bz_baumposter_kapitel04-einstufung-der-vitalitaet-von-baeumen.pdf, 32mit 1,7 und damit noch in der zweitbesten von insgesamt vier vitalitätsstufen (vs 0, 1, 2 und 3) mit insgesamt nur leichten vitalitätsmängeln beurteilt und festgestellt wird, dass sich der baum von seiner entwicklung her noch in der reifephase befinde. auch aus den im gutachten hinsichtlich der krone angeführten verkehrssicherheitsrelevanten merkmalen lässt sich keine gefahrenrelevante vorschädigung ableiten. dies liegt hinsichtlich der auch im gutachten nicht näher konkretisierten astungs- und schnittwunden sowie hinsichtlich der an einigen wenigen ästen mit einem durchmesser von bis zu 5 cm festgestellten geringfügigen rindenschäden, die vermutlich durch spechtschläge hervorgerufen worden sind, auf der hand. soweit totholz mit einem durchmesser von 1 bis 5 cm festgestellt wird, ist den klägern dessen im gutachten aus gründen der verkehrssicherheit empfohlene entnahme ohne weiteres zumutbar. darüber hinaus hat der gutachter zwar rund 2 m oberhalb der dachfläche des carports festgestellt, dass eine vergabelung von zwei stämmlingen (zwiesel) nicht optimal stattgefunden hat. auch dies stellt jedoch noch keine beachtliche vorschädigung dar und lässt jedenfalls derzeit den eintritt eines schadens nicht hinreichend wahrscheinlich erscheinen. dementsprechend geht auch der gutachter ausdrücklich lediglich davon aus, dass an dieser stelle langfristig (hervorhebung durch das gericht) das risiko eines stämmlingsausbruchs besteht, und empfiehlt vor diesem hintergrund eine dynamische kronensicherung im dreiecksverbund. die ansammlung von niederschlagswasser an einer astanbindung (wassertasche), die die kläger ebenfalls konkret anführen, wird schließlich im gutachten zur verkehrssicherheit lediglich festgestellt, nicht aber als verkehrssicherheitsrelevantes merkmal angeführt. 33vor diesem hintergrund ist es auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die buche bei einem unwetter, speziell auch durch einen blitzeinschlag entwurzelt werden oder aber größere äste verlieren könnte und es dadurch zu einem folgeschaden auf dem vorhabengrundstück kommen könnte. allein der mit dem klimawandel verbundene anstieg der zahl entsprechender unwetterereignisse im gesamten land rechtfertigt noch nicht die annahme der beachtlichen wahrscheinlichkeit eines schadenseintritts gerade auf dem grundstück der kläger. auch tritt die buche zwar in ihrer umgebung durchaus prägend in erscheinung, sticht aber nicht derart hervor, dass sie als bevorzugtes objekt für einen blitzeinschlag anzusehen ist. nach dem eindruck im ortstermin sind in der umgebung des vorhabengrundstücks vielmehr weitere bäume vergleichbarer höhe vorhanden. es handelt sich daher insoweit lediglich um ein allgemeines risiko, nicht aber um eine hinreichend konkrete gefahr. dies gilt insbesondere auch vor dem hintergrund, dass – wie die beklagte zu recht hervorhebt – andernfalls alle höheren bäume in besiedelten gebieten gefällt werden dürften, obwohl gerade ihr bestand durch die baumschutzsatzungen gesichert werden soll, so dass diese weitgehend leerliefen. 34bb) soweit die kläger geltend machen, das durch die anhebung der pflastersteine im wurzelbereich stolperkanten entstanden seien, die ihnen den durchgang von der garage gerade auch mit gartengeräten oder in zukunft mit einem rollator zum rückwärtigen grundstücksteil erschweren, ist zunächst festzustellen, dass eine diesbezügliche gefährdung nicht unmittelbar von der geschützten buche ausgeht, sondern darauf beruht, dass die kläger diesen bereich entgegen den empfehlungen im selbst vorgelegten gutachten weiterhin gepflastert haben. es ist gerade auch bei fortbestand der überdachung des bereichs nicht ersichtlich, dass dieser nicht auch ohne pflasterung so befestigt werden kann, dass ein gefahrloser durchgang auch mit gartengeräten oder aber später mit einem rollator grundsätzlich jederzeit möglich ist. darüber hinaus sind die kläger insoweit darauf zu verweisen, dass sie diesen bereich nach den feststellungen im ortstermin selbst auch noch unnötig verschmälert haben, indem sie vor der nordöstlichen außenwand des wintergartens eine küchenzeile, einen kühlschrank und zwei tische aufgestellt haben. ohne dieses mobiliar ließe sich in diesem bereich in ausreichendem abstand zum stamm der buche eine pflasterung verlegen bzw. erhalten, die eine noch komfortablere passage ohne beachtliche stolperkanten ermöglichen würde. schließlich ist insoweit festzustellen, dass die kläger nicht zwingend auf den durchgang von der garage über das carport auf ihre terrasse angewiesen sind, um den rückwärtigen teil des vorhabengrundstücks zu erreichen, da auch entlang der südwestlichen außenwand ihres hauses die möglichkeit eines entsprechenden durchgangs besteht. 35cc) eine nicht anderweitig auf zumutbare weise zu beseitigende gefahr im sinne des § 6 abs. 1 s. 1 buchst. c bschs mh besteht schließlich auch nicht im hinblick auf eine unmittelbare schädigung baulicher anlagen oder versorgungsleitungen durch die wurzeln oder den stamm. eine bereits eingetretene relevante schädigung der baulichen anlagen auf dem vorhabengrundstück ist nicht ersichtlich. die kläger machen insoweit hinsichtlich der wurzeln lediglich eine anhebung des wintergartens und der terrasse geltend. im ortstermin vermochte das erkennende gericht allenfalls eine minimale anhebung des terrassenbereichs erkennen. dementsprechend stellt auch das gutachten zur verkehrssicherheit lediglich fest, dass an einer stelle der angrenzende wintergarten und das terrassenpflaster durch die wurzeln leicht angehoben zu werden scheinen. diese minimalen veränderungen genügen nicht zur feststellung der gefahr eines schadens für ein durch die baumschutzsatzung geschütztes sachgut. nichts anderes gilt hinsichtlich der ohne genehmigung und absprache mit der beklagten in der ecke zwischen garage und wintergarten errichteten und teils als carport, teils als freisitz genutzten überdachung. vielmehr sind die kläger gehalten, die aussparung für den stamm der buche auf eigene kosten dessen wachstum anzupassen und entsprechend zu vergrößern. soweit die kläger sich auf die beschädigung eines regenentwässerungsrohrs unterhalb der garage durch die wurzeln der buche berufen, ist jedenfalls davon auszugehen, dass die gefahr einer entsprechenden schädigung ihres eigentums auf andere weise mit zumutbarem aufwand beseitigt werden kann, so dass dahinstehen kann, ob die wurzeln das rohr beschädigt haben oder aber – wie die beklagte vermutet – die wurzeln durch das bereits undichte und sanierungsbedürftige rohr gewachsen sind. es bestehen nämlich technische möglichkeiten zur abwehr solcher baumauswirkungen, die in der regel unter abwägung mit dem ökologischen wert des baumes wirtschaftlich tragbar und zumutbar sind. 36vgl. günther, baumschutzrecht, 1. aufl., s. 49 f., rn. 81 ff. 37effektiver baumschutz verlangt, dass die grundstückseigentümer im wurzelbereich geschützter bäume die kanalisation wurzelfest anlegen, was etwa mit modernen plastikrohren technisch ohne schwierigkeiten möglich ist. 38vgl. dreßler/rabbe, kommunales baumschutzrecht, 2001, in: praxis der kommunalverwaltung, g10a bund, s. 44. 39hauptursache entsprechender schäden ist typischerweise das fehlen solcher wurzelfester verbindungen zwischen den einzelnen teilen des rohrs. unter diesen umständen stellt sich das rohr aus im verantwortungsbereich des eigentümers liegenden gründen als unzureichend dar. in einer durch natürlichen und schutzwürdigen baumbestand geprägten wohngegend muss der grundstückseigentümer mit erscheinungen dieser art rechnen und sich darauf durch die installation eines entsprechend gesicherten und instand gehaltenen leitungssystems einrichten. ist das betreffende rohr nicht auch im übrigen etwa aufgrund seines bloßen alters austauschbedürftig, bedarf es insoweit auch nicht zwingend einer kostspieligen neuverlegung, sondern einer bloßen ertüchtigung etwa in form der sicherung der rohrverbindungen mit entsprechenden dichtringen und/oder einer zusätzlichen ummantelung. 40vgl. ovg berlin, urteil vom 27. januar 1978 – ii b 75.76 –, juris, rn. 22. 41alternativ dazu hat der vertreter des amtes der beklagten für umweltschutz im ortstermin dargelegt, dass neben der neuverlegung wurzelfester rohre insoweit grundsätzlich auch die einführung von inlays in die rohre, die ein eindringen der wurzeln verhindern, in betracht kommt. entsprechende maßnahmen sind den klägern auch zumutbar. denn die buche ist an ihrem standort ortsbildprägend und daher in besonderem maße schützenswert. diese feststellung im ablehnungsbescheid hat sich im ortstermin bestätigt. insbesondere tritt die buche von der f.--------straße sowohl aus nordosten als auch aus südwesten gerade auch im vergleich zu den umstehenden bäumen von ihrem äußeren her deutlich in erscheinung (vgl. lichtbilder 1-3). 42b) die erteilung einer ausnahme vom fällverbot rechtfertigt sich auch nicht aufgrund einer von der buche ausgehenden verschattungswirkung. insoweit ist nach § 6 abs. 1 s. 1 buchst. f bschs mh eine ausnahme nur zu genehmigen, wenn die bäume die einwirkung von licht und sonne auf fenster unzumutbar beeinträchtigen, wobei eine unzumutbare beeinträchtigung vorliegt, wenn fenster so beschattet werden, dass dahinterliegende wohnräume während des tages nur mit künstlichem licht benutzt werden können. eine derart weitgehende verschattung von fenstern der wohnräume auf dem vorhaben- und/oder dem nachbargrundstück wird im klageverfahren aber lediglich pauschal behauptet. auffällig ist insoweit bereits, dass die kläger eine solche verschattung in ihrem antrag bei der beklagten selbst gar nicht geltend gemacht haben, obwohl diese möglichkeit im antragsformular ausdrücklich vorgesehen ist. dementsprechend, haben die kläger auch im ortstermin auf die frage, welcher bereich ihres grundstücks von der geltend gemachten verschattung betroffen sei, ausschließlich den bereich der terrasse angeführt, die wohnräume insoweit aber noch nicht einmal erwähnt und zwar weder im hinblick auf das eigene noch hinsichtlich des nachbargrundstücks. dass tatsächlich auf dem vorhabengrundstück durch die buche keine beachtliche verschattung hervorgerufen wird, ergibt sich bereits aus ihrem standort an der nordöstlichen grundstücksgrenze und der ausrichtung der größeren fensterflächen der hauptwohnräume jedenfalls im erdgeschoss nach südosten bzw. südwesten. nichts anderes dürfte im übrigen für das nachbargrundstück gelten, auf dem die wesentliche belichtung der wohnräume des dort aufstehenden wohnhauses durch die fenster in der südöstlichen außenwand erfolgen dürfte, die jedenfalls bis in den nachmittag hinein vom schatten der buche kaum betroffen sein dürfte, während die südwestwand dieses hauses überhaupt nur über wenige öffnungen verfügt, die durch die buche verschattet werden könnten. angesichts des beschriebenen standorts der buche und der größe der rückwärtigen außenbereiche auf dem vorhaben- wie auf dem nachbargrundstück, geht von der buche auch insoweit jedenfalls keine unzumutbare verschattung aus, so dass dahingestellt bleiben kann, ob eine solche beeinträchtigung überhaupt eine ausnahme nach § 6 abs. 1 bschs mh oder zumindest eine befreiung nach § 6 abs. 2 bschs mh rechtfertigen könnte. dass – wie in der klagebegründung angedeutet – wegen einer von der buche verursachten verschattung gerade im sommer der garten auf beiden grundstücken nicht genutzt werden könne, ist abwegig. 432. schließlich sind (auch im übrigen) die voraussetzungen für eine befreiung nach § 6 abs. 2 bschs mh nicht erfüllt. insbesondere liegt kein fall des insoweit allein in betracht kommenden buchst. a) dieser vorschrift vor, der gegeben ist, wenn das fällverbot nach § 4 bschs mh zu einer nicht beabsichtigten härte führen würde und eine befreiung mit den öffentlichen interessen vereinbar ist. 44die in den baumschutzsatzungen geregelten befreiungstatbestände zielen nicht wie die abstrakten ausnahmetatbestände darauf ab, dass die generellen regelungen, insbesondere verbote bereits bei bestimmten typisierten sachverhalten entfallen können. sie sind vielmehr das einfallstor für ausschließlich einzelfallbezogene betrachtungen atypischer fälle. die beschränkung der befreiung auf vom regelfall abweichende atypische fallgestaltungen hat zur folge, dass eine befreiung von vornherein nicht in betracht kommt bei typischerweise von bäumen ausgehenden belastungen unterhalb der gefahrenschwelle, wie etwa schattenwirkungen, verstärkte algenbildung auf gehwegplatten, laubfall, samenflug sowie beeinträchtigungen durch wurzeln. die eigentümer der hiervon betroffenen grundstücke haben daher den durch die vorgenannten typischen auswirkungen verursachten erhöhten reinigungs- und vorsorgeaufwand regelmäßig selbst zu tragen. im hinblick darauf kommen befreiungen unter dem gesichtspunkt der nicht beabsichtigten härte allenfalls dann in betracht, wenn die genannten beeinträchtigungen ein ausmaß erreichen, mit dem bei einem innerörtlichen baumbestand nicht typischerweise zu rechnen ist und dadurch die jeweilige grundstücksnutzung unzumutbar eingeschränkt wird. 45vgl. ovg nrw, urteil vom 13. september 1995 – 7 a 2646/92 –, s. 22 f. des entscheidungsabdrucks und beschluss vom 4. januar 2011 – 8 a 2003/09 –, juris, rn. 9. 46bei den von den klägern insoweit geltend gemachten verunreinigungen durch klebrige blüten, laub, herabfallende zweige und vogelkot, insbesondere auf den dächern und der terrasse, in den dachrinnen und den rohren handelt es sich jedoch um solche typischen auswirkungen von bäumen. nichts anderes gilt hinsichtlich der insbesondere zum schutz der glasbedachung des wintergartens und auch des daches des hauses regelmäßig durchzuführenden schnittarbeiten samt der entfernung von totholz, auch soweit dies das engagement eines baumkletterers erfordert. dass dieser reinigungs- und vorsorgeaufwand ein ausmaß erreicht, mit dem bei einem innerörtlichen baumbestand nicht typischerweise zu rechnen ist, ist nicht ersichtlich. die behauptung in der klagebegründung, dass hierdurch regelmäßig kosten von mehreren 1000 euro im jahr verursacht würden, bleibt unsubstantiiert. abgesehen davon erschiene auch ein vierstelliger kostenaufwand angesichts der höhe der übrigen laufenden kosten für die unterhaltung eines wohnhauses in der größe, wie es auf dem vorhabengrundstück aufsteht, nicht ohne weiteres unzumutbar. eine allgemein fehlende wirtschaftliche leistungsfähigkeit haben die kläger durch ihren bloßen verweis darauf, dass sie im ruhestand leben, nicht konkret dargelegt, so dass dahinstehen kann, ob die individuelle wirtschaftliche situation überhaupt geeignet ist, eine nicht beabsichtigte härte im sinne des befreiungstatbestandes zu begründen. 47die kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 abs. 1, 159 s. 2 vwgo. 48die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 11, 709 s. 2, 711 der zivilprozessordnung. 49von der seitens der kläger angeregten zulassung der berufung hat das gericht abgesehen, weil die hierfür nach § 124a abs. 1 s. 1 vwgo allein in betracht kommenden gründe einer grundsätzlichen bedeutung der rechtssache oder einer divergenz (§ 124 abs. 2 nr. 3 bzw. 4 vwgo) nicht vorliegen. insbesondere sind die maßgeblichen ausnahme- und befreiungstatbestände bereits gegenstand zahlreicher obergerichtlicher entscheidungen, an denen sich auch das erkennende gericht orientiert und hiervon nicht abweicht. 50rechtsmittelbelehrung: 51gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 52auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 53innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 54die berufung ist nur zuzulassen, 551. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 562. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 573. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 584. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 595. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 60die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 61über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 62im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 63die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 64beschluss: 65der streitwert wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 66gründe: 67die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 und 2 des gerichtskostengesetzes (gkg) erfolgt. sie orientiert sich an ziffer 29.1 des streitwertkatalogs für die verwaltungsgerichtsbarkeit in der fassung der am 31. mai / 1. juni 2012 und am 18. juli 2013 beschlossenen änderungen. 68rechtsmittelbelehrung: 69gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 70auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 71die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 72die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 73die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 74war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 27 O 189/20 | 2021-12-23T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, a) die Flächen nebst Bahnbögen im F (Bahnbögen Nr. 8-42), so wie aus der anliegenden Anlage 5A (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich, b) die Flächen nebst Bahnbögen in der I straße in F1 L (Bahnbögen Nr. 1-26+28), so wie aus der anliegenden Anlage 5B (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich, c) die Flächen nebst Bahnbögen in der C-Straße in F1 L, (Bahnbögen Nr. 32+33, 25-45, 47-49), so wie aus der anliegenden Anlage 5C (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich, d) die Flächen nebst Bahnbögen in der I1straße in F1 L, (Bahnbögen Nr. 50-60), sowie aus der anliegenden Anlage 5D (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich, e) die Fläche in der Qgasse 00 in 00000 L, Gemarkung L, Flur 000, Flurstück 000, so wie aus der anliegenden Anlage 5E (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich nebst aufstehenden Gebäuden, vollständig zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. 2. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der Klägerin Auskunft zu erteilen, mit welchen natürlichen und/oder juristischen Personen ein Untermietverhältnis hinsichtlich der unter Ziffer 1.a) – 1.e) genannten Flächen und Räumlichkeiten besteht, welchen natürlichen und/oder juristischen Personen der Besitz an den zuvor genannten Flächen und Räumlichkeiten ganz oder teilweise überlassen wurde und wird unter Angabe, auf welche Flächen und /oder Teilflächen sowie Räumlichkeiten sich die Untermietverhältnisse und /oder Nutzungsüberlassungen an natürliche und/oder juristische Personen beziehen. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Die Widerklage wird abgewiesen. 5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 6. Das Urteil ist hinsichtlich des Räumungsausspruchs vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Insoweit darf die Beklagte die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 174.000 Euro, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in gleicher Höhe. Im Übrigen ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages, hinsichtlich des Ausspruchs zur Auskunft gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000 Euro. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Eigentümerin der im Tenor nebst Anlage näher bezeichneten Flächen, bei denen es sich im Wesentlichen um die „Bahnbögen“ an/unter einer aus dem Kölner Zentrum nach Westen verlaufenden Bahntrasse handelt. Die Beklagte nutzt diese Flächen teilweise selbst, teilweise überlässt sie Flächen Dritten zur eigenen Nutzung. 3Die Parteien schlossen unter dem 15.02./11.03.2008 über ein Gebäude Qgasse 00 in L einen Mietvertrag per 01.01.2008, der zunächst bis 31.12.2009 befristet war, gemäß § 2.1 des Vertrages aber mangels Kündigung nach Ablauf dieser Zeit als auf unbefristete Zeit geschlossen verlängert sein sollte. Im Einzelnen wird auf den diesbezüglichen Mietvertrag (Anlage K4, Bl. 62ff d.A.) Bezug genommen. 4Die Parteien schlossen ferner einen Vertrag unter dem 30.06./20.07.2009 über die im Tenor unter a) bis d) bezeichneten Flächen (Bahnbögen und Freiflächen). Dieser ist als „Pachtvertrag“ bezeichnet und verweist unter § 1 zur näheren räumlichen Bestimmung des Pachtgegenstandes auf Anlagen mit den Bezeichnungen Anlage 1A, 1B, 1C und 1D. Gemäß § 21.8 des Vertrages werden die Anlagen des Vertrages, die mit „Lagepläne“, „Übergabe-/Übernahmeprotokoll“, „Einzugsermächtigung“, „Nebenkosten“, „Bürgschaft“ und „Ordnungsbestimmungen“ bezeichnet werden, ausdrücklich zum Bestandteil des Vertrages erklärt. Wegen des weiteren Inhalts des diesbezüglichen Vertrages wird auf diesen (Anlage K1, Bl. 1ff d.A.) Bezug genommen. 5Betreffend die streitgegenständlichen Flächen und Räumlichkeiten existieren Lagepläne, die die Klägerin als Anlagen K5A bis K5E (bzw. Anlagen 5A bis 5E) vorgelegt hat und die unstreitig zutreffend die überlassenen Flächen wiedergeben. Diese enthalten jeweils Straßennamen und durch Umrandung klar hervorgehobene Flächen sowie teilweise ergänzende Angaben. Im Einzelnen wird auf diese Anlagen (Bl. 76-84 d.A.) Bezug genommen, die nebst Anlage K5E bzw. 5E jeweils in Kopie mit diesem Urteil fest verbunden sind. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese mit dem vorbezeichneten Vertrag fest verbunden waren. 6Die Parteien schlossen sodann zunächst unter dem 21.01.2011 eine erste Nachtragsvereinbarung zu dem vorgenannten Vertrag. Wegen des weiteren Inhalts des diesbezüglichen Vertragsnachtrages wird auf diesen (Anlage K2, Bl. 34ff d.A.) Bezug genommen. 7Unter dem 22.11./25.11.2011 schlossen die Parteien schließlich einen weiteren Vertrag, der als „Nachtrag Nr. 2 zum PACHTVERTRAG vom 30.06.2009/20.07.2009“ bezeichnet wurde (im Weiteren auch: „2. Nachtrag“). Dieser führt in seiner Präambel (1. Absatz, letzter Satz) aus „Dieser Nachtrag ersetzt alle bisherigen Regelungen und Vereinbarungen.“ Unter § 20 führt er nochmals in Fettdruck aus „Dieser Nachtrag ersetzt alle bisherigen Vereinbarungen.“ Unter § 1.1 ist der 2. Nachtrag zum Pachtgegenstand identisch mit dem obigen Vertrag vom 30.06./20.07.2009. Unstreitig waren mit dem 2. Nachtrag keine Lagepläne verbunden. Wegen des weiteren Inhalts des diesbezüglichen Vertrages und der Regelungen im Einzelnen wird auf diesen (Anlage K3, Bl. 37ff d.A.) Bezug genommen. 8Mit Anwaltsschreiben vom 08.01.2020 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis jeweils 31.01.2020 insbesondere auf, in Bezug auf Müllablagerungen verschiedener Bahnbögen diese in einen ordnungsgemäßen, sauberen und verkehrssicheren Zustand zu versetzen, Auskünfte zur Untervermietung zu erteilen und Nebenkosten- und Mietzahlungen in Höhe von 226.578,19 Euro zu erbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorbezeichnete Schreiben (Anlage K6, Bl. 86ff d.A.) Bezug genommen. 9Mit Schreiben vom 19.02.2020 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Kündigung sämtlicher Miet-/Pachtverträge außerordentlich und fristlos, setzte zur Rückgabe der Flächen eine Räumungsfrist bis 29.02.2020 und widersprach einer Fortsetzung des Mietverhältnisses. Hilfsweise erklärte die Klägerin die ordentliche Kündigung der Verträge zum 30.09.2020. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorbezeichnete Schreiben (Anlage K7, Bl. 91ff d.A.) Bezug genommen. 10Die Klägerin ist der Auffassung, die streitgegenständlichen Verträge seien ordentlich kündbar, da es für eine die ordentliche Kündigung ausschließende Befristung an der Einhaltung der erforderlichen Schriftform nach § 550 BGB fehle. Sie ist der Auffassung, die mit der Widerklage geltend gemachten Forderungen der Beklagten seien nicht gegeben. Hinsichtlich der Geltendmachung eines Teilbetrages aufgrund der Regelung des § 20.22 des 2. Nachtrags erhebt die Klägerin die Einrede der Verjährung. 11Die Klägerin hat ursprünglich unter Ziffer 2. beantragt, die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der Klägerin – über die nun noch geltend gemachte Auskunft wie unter Ziffer 2 unten wiedergegeben – Auskunft zu erteilen, welche natürlichen und/oder juristischen Personen sich in den vorgenannten Flächen und Räumlichkeiten befinden. Mit Schriftsatz vom 01.07.2021 (Bl. 407ff d.A.) hat sie ihren Klageantrag insoweit, wie nachfolgend unter Ziffer 2 wiedergegeben, auf die Auskunft im Übrigen beschränkt. Die Klägerin hat ferner ursprünglich neben den nachfolgend wiedergegebenen Anträgen unter einer Ziffer 4 beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der zu Ziffer 2. erteilten Auskunft an Eides Statt zu versichern. Im Termin am 31.08.2021 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, die Klage werde insoweit zurückgenommen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat darauf erklärt, der Teilklagerücknahme zuzustimmen. 12Die Klägerin beantragt, 131. die Beklagte zu verurteilen, 14a) die Flächen nebst Bahnbögen im F (Bahnbögen Nr. 8-42), so wie aus der Anlage K5a (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich, 15b) die Flächen nebst Bahnbögen in der I straße in F1 L (Bahnbögen Nr. 1-26+28), so wie aus der Anlage K5B (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich, 16c) die Flächen nebst Bahnbögen in der C-Straße in F1 L, (Bahnbögen Nr. 32+33, 25-45, 47-49), so wie aus der Anlage K5C (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich, 17d) die Flächen nebst Bahnbögen in der I1straße in F1 L, (Bahnbögen Nr. 50-60), sowie aus der Anlage K5D (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich, 18e) die Fläche in der Qgasse 00in 00000 L, Gemarkung L, Flur 000, Flurstück 000, so wie aus der Anlage K5E (dort rot umrandete Flächen) ersichtlich nebst aufstehenden Gebäuden, 19vollständig zu räumen und an die Klägerin herauszugeben; 202. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der Klägerin Auskunft zu erteilen, mit welchen natürlichen und/oder juristischen Personen ein Untermietverhältnis hinsichtlich der unter Ziffer 1.a) - 1.e) genannten Flächen und Räumlichkeiten besteht, welchen natürlichen und/oder juristischen Personen der Besitz an den zuvor genannten Flächen und Räumlichkeiten ganz oder teilweise überlassen wurde und wird unter Angabe, auf welche Flächen und /oder Teilflächen sowie Räumlichkeiten sich die Untermietverhältnisse und /oder Nutzungsüberlassungen an natürliche und/oder juristische Personen beziehen; 213. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die bestehenden Untermietverträge mit natürlichen und/oder juristischen Personen sowie sonstige vertraglichen Vereinbarungen mit natürlichen und/oder juristischen Personen zur Nutzungsüberlassung in Kopie vorzulegen. 22Die Beklagte beantragt, 23 die Klage abzuweisen. 24Die Beklagte beantragt widerklagend, 25festzustellen, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien auf Grund der Kündigungen der Klägerin vom 19.02.2020 und 31.03.2020 nicht beendet ist, sondern ungekündigt fortbesteht; 26die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin einen Betrag von 284.774,49 Euro zuzüglich 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszins seit Zustellung der Widerklage zu zahlen. 27Die Klägerin beantragt, 28die Widerklage abzuweisen. 29Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei hinsichtlich Anträge unter Ziffer 1. bereits unzulässig, weil sich sie zu unbestimmt seien. Soweit es an einer Nummerierung des jeweiligen Bahnbogens fehle, sei die zu räumende Fläche nicht bestimmbar. 30Die Beklagte meint in Bezug auf die streitgegenständlichen Verträge, diese seien rechtlich bereits nicht als Miet- oder Pachtvertrag zu qualifizieren, sondern als Vertrag sui generis in Form eines Projektentwicklungsvertrags; § 550 BGB sei insoweit nicht anwendbar. Die Beklagte ist ferner der Auffassung, die Räumung sei mit Rücksicht auf § 20.25 c. des 2. Nachtrags bei Vertragstreue des Untermieters ausgeschlossen. Die Beklagte behauptet ferner, die Lagepläne in der als Anlagen K5A bis K5D seien beim Abschluss des Ursprungsvertrages mit diesem fest verbunden worden. 31Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei ihr aufgrund unterschiedlicher Rechtsgründe noch zur Zahlung verpflichtet. Eine Verpflichtung zur Zahlung in Höhe von 400.000 Euro ergebe sich bereits aus § 20.22 des 2. Nachtrags; diese werde zu einem Teil von 284.774,49 Euro geltend gemacht. Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, die Klägerin schulde ihr für die Verlegung von Abwasserrohren im Bereich des Bahnhofs F1 Werklohn in Höhe von 149.124,49 Euro. Sie behauptet, die Klägerin habe sie mit den diesbezüglichen Arbeiten beauftragt. Für Rohrreinigungsarbeiten schulde die Klägerin ferner einen Betrag in Höhe von 22.343,19 Euro und für die kaufmännische und technische Hausverwaltung und Sicherheitsüberwachung der Bahnbögen aus Verzugsgesichtspunkten weitere 135.650 Euro. 32Die Klägerin hat mit nachgelassenem Schriftsatz vom 21.09.2021 (Bl. 448ff d.A.) ergänzend Stellung genommen. Die Beklagte hat mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.10.2021 (Bl. 540ff d.A.) weiter Stellung genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. 33Entscheidungsgründe: 34Die Klage ist überwiegend zulässig. Soweit sie zulässig ist, hat sie auch in der Sache Erfolg. Die Widerklage ist zulässig, jedoch unbegründet. 35I. 361. 37Die Klage ist hinsichtlich des Räumungsantrages zulässig. Die Anträge sind hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig. Insbesondere soweit die Beklagte der Auffassung ist, bei einer etwaigen mangelnden Kennzeichnung der einzelnen Bahnbögen sei eine hinreichende Bestimmbarkeit der Flächen und entsprechend eine Vollstreckbarkeit des Räumungsantrages nicht gegeben, trifft dies nicht zu. Der Räumungsantrag muss die herauszugebenden Räume so genau bezeichnen, dass ein Gerichtsvollzieher sie ohne weiteres lokalisieren kann (Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 16. Teil. 1. Abschnitt. Kapitel 3. Der Räumungsprozess Rn. 23, beck-online). Dies ist durch die Antragstellung unter Einbeziehung der in Bezug genommenen Anlagen, die mit dem Urteil verbunden sind, vorliegend möglich. Soweit hierbei die Klägerin die Anlagen schriftsätzlich mit K5A bis K5E bezeichnet, die Anlagen selbst aber die Bezeichnung 5A bis 5E (also jeweils ohne führendes „K“) enthalten, war der Antrag so zu verstehen und aus Klarstellungsgesichtspunkten so zu bescheiden, dass die Anlagen mit der Bezeichnung 5A bis 5E gemeint sind. Der Antrag selbst führt dabei die jeweilige nähere Lokalisierung der jeweiligen Fläche auf. Die dem Antrag beigefügten Anlagen erlauben auch eine konkrete Abgrenzung der jeweiligen Fläche gegenüber angrenzenden Flächen oder Grundstücken. 382. 39Die Klage hat mit dem Antrag zu 1. auch in der Sache Erfolg. 40Die Beklagte ist der Klägerin zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Flächen aus § 546 BGB verpflichtet. 41a) 42Die Beklagte ist zur Räumung der Flächen gemäß Anlagen K5A bis K5D verpflichtet. 43aa) 44Das vorliegende Vertragsverhältnis in Bezug auf Bahnbögen und Freiflächen ist – ungeachtet der Bezeichnung als Pachtvertrag bzw. 2. Nachtrag hierzu – als Mietvertrag mit verschiedenen Nebenvereinbarungen zu qualifizieren, auf den die §§ 535ff BGB anzuwenden sind. Die Einordnung als Pachtvertrag erfordert, dass die Miet- bzw. in diesem Falle Pachtsache Früchte im Sinne von § 99 BGB abzuwerfen geeignet ist, was bei der Überlassung insbesondere noch auszubauender Räumlichkeiten und Flächen nicht der Fall ist, diese ermöglichen stets nur die Fruchtziehung aus einem mit ihrer Hilfe geführten Betrieb (vgl. MüKoBGB/Harke, 8. Aufl. 2020, BGB § 581 Rn. 18). Soweit eine pachtvertragliche Qualifikation hier allein für den Fall in Betracht kommt, dass die überlassenen Räume und Flächen Gegenstand der Verpachtung eines ganzen Betriebs sind (MüKoBGB/Harke, 8. Aufl. 2020, BGB § 581 Rn. 18), ist eine solche Konstellation vorliegend unstreitig nicht gegeben. Die Bezeichnung des Vertrages, die ohnehin nur als Indiz dienen kann, begründet im Übrigen auch eine Einordnung als Pachtvertrag nach den §§ 581ff BGB nicht. 45Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Vertrag sei wiederum nicht als Mietvertrag zu qualifizieren, sondern als Vertrag sui generis in Gestalt eines Projektentwicklungsvertrages, auf den die mietrechtlichen Vorschriften keine Anwendung finden, trägt dies nicht. Der Vertrag hat ausdrücklich die Überlassung der dort bezeichneten Flächen und Gebäude zum Zwecke der „Vermietung an Handeltreibende, Gastronomen, Kleingewerbe, etc“ (§ 1 des 2. Nachtrags, Bl. 41 d.A.) zum Gegenstand. Soweit der Mietgegenstand aufgrund seines Zustands und aufgrund der Entwicklungsabsicht der Beklagten zunächst weitere Investitionen und bauliche Veränderungen erforderte, begründet dies eine abweichende rechtliche Qualifikation nicht. Ein gesetzlich vorgesehener Vertragstyp „Projektentwicklungsvertrag“, der die Unanwendbarkeit mietrechtlicher Vorschriften begründen könnte, existiert nicht. Die vertraglichen Regelungen des 2. Nachtrags sind schließlich auch nicht auf eine städtebauliche oder wirtschaftliche „Entwicklung“ der Bahnbögen im Sinne eines einvernehmlichen Vertragsziels ausgerichtet, sondern auf die dargestellte Überlassung zum Zwecke der Weitervermietung. Soweit einzelne Regelungen konkret weitere Investitionen zum Gegenstand haben – etwa soweit unter § 20.6 des 2. Nachtrags wegen der erheblichen Vorleistungen auf eine Mietsicherheit zunächst verzichtet wird oder die Klägerin gemäß § 20.22 und § 20.23 des 2. Nachtrags Sanierungs- und Baukostenzahlungen erbringen soll – begründet dies keine abweichende rechtliche Qualifikation, da es sich jeweils nur um einzelne Nebenvereinbarungen handelt, die für den verfolgten Vertragszweck insgesamt nicht von wesensrelevanter Bedeutung sind. Dieser besteht auch ausweislich der angegebenen Vertragslaufzeit in der längerfristigen Nutzungsüberlassung nach erfolgter Entwicklung durch die Beklagte. Auch soweit sich aus der Natur der Sache in Bezug auf den Mietgegenstand das Erfordernis besonderer Regelungen ergibt, begründet dies dementsprechend keine anderslautende rechtliche Qualifikation insgesamt, zumal selbst bei der Annahme eines „Projektentwicklungsvertrages“ als typengemischten Vertrages mit vorliegend praktisch ausschließlich mietrechtlichen Elementen die Vorschriften des Mietvertragsrechts auch anzuwenden wären. Insbesondere etwa würde der Schutzzweck des § 550 BGB jedenfalls seine Anwendung erfordern. 46bb) 47Die Klägerin hat das zwischen den Parteien begründete Mietverhältnis druch Schreiben vom 19.02.2020 jedenfalls zum 30.09.2020 wirksam ordentlich gekündigt. 48aaa) 49Das Mietverhältnis war gemäß § 542 Abs. 1 BGB ordentlich kündbar, denn eine - wirksame - Befristung des Mietverhältnisses gemäß § 542 Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Soweit der 2. Nachtrag (Anlage K3, Bl. 37ff), anknüpfend an den Vertrag vom 30.06./20.07.2009, unter § 2 die Regelung enthält, das Pachtverhältnis ende am 30.06.2044, ist diese Befristung nicht wirksam. 50Das vorliegende Mietverhältnis gilt gemäß § 550 S. 1 BGB als für unbestimmte Zeit geschlossen, denn das Schriftformerfordernis des § 550 S. 1 BGB ist nicht gewahrt. Gemäß § 550 S. 1 BGB gilt ein Mietvertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen, wenn er für längere Zeit als ein Jahr in nicht schriftlicher Form geschlossen wurde. Bei der Vorschrift des § 550 BGB handelt es sich um zwingendes Recht (BGH NJW 2017, 3772 Rn. 35, beck-online). Die Vorschrift will nicht nur sicherstellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes aufseiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Mietvertrag ersehen kann. Vielmehr dient sie ebenfalls dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (BGH a.a.O. m.w.N.). 51Zur Erfüllung der Anforderungen des § 550 S. 1 BGB bedarf es zunächst der hinreichend bestimmbaren Aufnahme aller wesentlichen Vereinbarungen der Parteien in eine Urkunde, wobei zu diesen wesentlichen Vereinbarungen auch der Mietgegenstand gehört (vgl. Blank/Börstinghaus/Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 550 Rn. 34). Dabei ist bei mehreren erstellten Exemplaren des Mietvertrages ausreichend, wenn nur eines von ihnen im Zeitpunkt der Unterzeichnung den an die Einhaltung der Schriftform zu stellenden Voraussetzungen genügt (BGH NZM 1999, 761, beck-online). Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser „verstreuten“ Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die allerdings in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss (NJW-RR 2021, 801 Rn. 13, beck-online). Während grundsätzlich die Mietsache als solche jedenfalls konkret bestimmbar sein muss (BGH NZM 2006, 104, beck-online), bedürfen Lagepläne lediglich dann nicht der Schriftform, wenn die Mietsache bereits durch den Vertrag selbst derart hinlänglich beschrieben ist, dass sich der Lageplan lediglich als Anschauungsobjekt oder Orientierungsbehelf darstellt (BGH NZM 2001, 43, beck-online). 52Eine Wahrung der Schriftform nach den dargelegten Maßstäben ist vorliegend in Bezug auf die einzelnen, die Mietflächen beschreibenden Lagepläne nicht gegeben. 53Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte es hinsichtlich der Lagepläne der Einhaltung der Schriftform, weil sie nicht lediglich ein bloßes Anschauungsobjekt ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungsinhalt bilden (so aber in BGH, Urteil vom 25.10.2000 – XII ZR 133/98, vorgelegt als Anlage B19, Bl. 429ff). Die vermieteten Flächen und Räumlichkeiten werden durch den Vertragstext selbst nur unzureichend beschrieben, nämlich als „Im F: Bahnbögen 8 – 42 + zugehöriger Freifläche (siehe Anlage 1A)“ und entsprechend für die weiteren Bahnbögen. Unter § 1.2 des 2. Nachtrags werden die Flächen ferner als „ca. 16.500 m² Bahnbogenflächen + ca. 8.000 m² Freiflächen“ beschrieben. Aus den als Anlagen K5A bis K5D vorgelegten Lageplänen, aus denen sich unstreitig die konkreten vermieteten Flächen und Räumlichkeiten ergeben, ist jedoch ersichtlich, dass es zur Bestimmung des konkreten Mietgegenstands des Rückgriffs auf die Pläne bedarf. Ein Fall, in dem sich der Umfang mitvermieteter Freiflächen unmittelbar und eindeutig aus den örtlichen Gegebenheiten ermitteln ließe, ist nicht erkennbar und hierzu ist auch nicht vorgetragen. Demgegenüber zeigen die vorbezeichneten Lagepläne abgesehen von den Bahnbögen selbst sowohl Gestaltungen, in denen keine Freifläche vorgesehen ist, so für Bahnbögen 38 bis 42 (Bl. 80 d.A.), als auch Gestaltungen mit weiteren Flächen, deren örtlicher Zuschnitt sich sonst nicht erschließt (Bl. 77-79 d.A.) oder Teilflächen der Bahnbögen, die als von der Vermietung ausgenommen zu verstehen sind, weil sie schraffiert und mit „DB-Technik“, „Durchgang“ (jeweils Lageplan I straße Bl. 82 d.A.) oder „Zugang DB“ (Anlage 5C, Bl. 83 d.A.) gekennzeichnet sind. Auch mit Blick auf des „Mietobjekt“ als solches kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass mit der Beschreibung unter § 1.1 sowie ergänzend § 1.2 des 2. Nachtrags eine hinreichende Bestimmung des Mietgegenstands gegeben wäre, aufgrund derer sich die Lagepläne lediglich noch als Anschauungsobjekt darstellen würden. 54Unstreitig waren mit dem 2. Nachtrag keine Lagepläne als Anlagen fest verbunden, auch ist nicht vorgetragen, welche konkreten Dokumente überhaupt als Lageplan eine Anlage zu dem 2. Nachtrag gebildet haben sollen. Auch eine hinreichende Bezugnahme nach den obigen Maßstäben ist, soweit man auf den Inhalt des 2. Nachtrags einerseits und die als Anlagen K5A bis K5D vorgelegten Lagepläne abstellt, nicht gegeben. Der Vertragstext unter § 1.1 des 2. Nachtrags verweist insoweit auf Anlagen 1A, 1B, 1C und 1D. Derart bezeichnete Lagepläne sind nicht gegeben. Auch soweit der 2. Nachtrag unter § 21.8 allgemein auf eine „Anlage 1 Lagepläne“ verweist, ist eine hinreichend konkrete Bezugnahme schließlich nicht gegeben. An der Bezeichnung „Anlage 1“ fehlt es auf den Lageplänen insoweit und der Begriff „Lageplan“ selbst stellt lediglich eine Beschreibung dar, die eine konkrete Bezugnahme nicht ermöglicht; ein Rückbezug ist ebenfalls nicht gegeben. 55Ungeachtet der Bezeichnung als „2. Nachtrag“ bestimmt sich dabei das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ausschließlich nach den dortigen Regelungen. Zwar wurde der Vertragstext gegenüber dem ursprünglichen Vertrag inhaltlich fortgeschrieben und teilweise geändert, ausweislich des 2. Nachtrags sollten mit diesem jedoch alle bisherigen Regelungen ausdrücklich aufgehoben werden. Dies ergibt sich bereits aus dem ersten Absatz der Präambel („Dieser Nachtrag ersetzt alle bisherigen Regelungen und Vereinbarungen“, Bl. 39 d.A.) und wird wiederholt durch die in Fettdruck wiedergegebene Regelung zu Beginn von § 20 (Besondere Vereinbarungen): „Dieser Nachtrag ersetzt alle bisherigen Vereinbarungen“ (Bl. 54 d.A.). Für die seitens der Beklagten vertretene Auffassung, der Bestand des Ursprungsvertrages einschließlich dortiger Anlagen sei hierdurch nicht tangiert, ist angesichts des Wortlauts einerseits und angesichts des Schutzzwecks von § 550 BGB andererseits kein Raum. Ein etwaiger Erwerber sollte aufgrund der zitierten Regelungen davon ausgehen dürfen, dass sich das Vertragsverhältnis allein aus dem 2. Nachtrag ergibt und sich nach ihm bestimmt. Soweit die Beklagte in Bezug auf den ursprünglich geschlossenen Vertrag vom 30.06./20.07.2009 behauptet, die der Klage als Anlagen K5A bis K5E beigefügten Lagepläne seien mit diesem ursprünglichen Vertragsdokument durch Heftklammern verbunden gewesen und zudem unterzeichnet gewesen, würde dies dem Schriftformerfordernis in Bezug auf den 2. Nachtrag auch nicht genügen. Denn vorliegend ist keine Bezugnahme gegeben, kraft derer der Ursprungsvertrag und der 2. Nachtrag zu einer gedanklichen Einheit verbunden werden (so in BGH NJW-RR 2021, 801 Rn. 18, beck-online), im Gegenteil wird der 2. Nachtrag gegenüber sämtlichen bisherigen Vereinbarungen gedanklich abgegrenzt und abgekoppelt. Auch soweit nach Auffassung der Beklagten entscheidend auf den körperlichen Bestand des Ursprungsvertrages abzustellen wäre, was mangels Herstellung der gedanklichen Einheit abzulehnen ist, hat sie auch nicht dargelegt, dass die zwischenzeitlich jedenfalls unstreitig zerstörte körperliche Verbindung zum Zeitpunkt des Abschlusses des 2. Nachtrags noch gegeben war. 56Die gesetzliche Regelung des § 550 S. 1 BGB ist auf das vorliegende Vertragsverhältnis auch anzuwenden, denn entgegen der Auffassung der Beklagten ist der vorliegende Vertrag nicht als Vertrag sui generis zu qualifizieren, auf den mietvertragliche Regelungen keine Anwendung fänden, sondern jedenfalls im Grundwesen als Mietvertrag. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Auch besteht nicht aufgrund der sonstigen Regelungen des Vertrages eine Grundlage für eine Nichtanwendung von § 550 S. 1 BGB. 57Die Kündigung des Mietverhältnisses ist auch nicht durch § 21.1 des 2. Nachtrags ausgeschlossen, wonach nämlich die Parteien sich jeweils verpflichten, auf Verlangen hin alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun und den Vertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform zu kündigen. Die Klausel ist unwirksam, weil sie mit dem Schutzzweck des zwingenden § 550 BGB nicht vereinbar ist. Schriftformheilungsklauseln hätten nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2017, 3772 Rn. 36, beck-online) zur Folge, der mit der Vorschrift jedenfalls auch beabsichtigte Übereilungsschutz ausgehöhlt und die wichtige Warnfunktion der Bestimmung weitgehend leerlaufen würde. Entsprechendes gilt auch für den vorliegenden ausdrücklichen Ausschluss des Kündigungsrechts, weil hierdurch gleichermaßen der Schutzzweck des § 550 S. 1 BGB unterlaufen würde. 58Der Anspruch der Klägerin auf Räumung ist auch nicht durch die vertragliche Regelung in § 20.25 c. des 2. Nachtrages ausgeschlossen. Soweit hiernach die Klägerin sich verpflichtet, einen etwaigen Untermieter der Beklagten auch nach Auflösung oder Wegfall des streitgegenständlichen Vertrages „solange in den von ihm gemieteten Flächen/Bahnbögen zu belassen, wie dieser seine Verpflichtungen aus dem Mietvertrag zur Pächterin erfüllt“ (§ 20.25 c. S. 3, Bl. 57 d.A.), begründet dies nicht einen generellen Ausschluss eines Räumungsrechts gegenüber der Beklagten. Ungeachtet der seitens der Parteien angestrebten rechtlichen Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse in diesem Fall hat die Beklagte aber auch nicht dargelegt, die diesbezüglichen tatsächlichen Voraussetzungen für einen solchen Räumungsausschluss wären auch nur für einzelne der streitgegenständlichen Flächen gegeben. 59bbb) 60Schließlich sind auch Umstände, aufgrund derer sich die Geltendmachung des Schriftformmangels ausnahmsweise als treuwidrig (§ 242 BGB) darstellen würde, nicht gegeben. 61Dabei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass sich jede Vertragspartei darauf berufen darf, die für einen Vertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten (BGH NJW 2014, 2102 Rn. 27, beck-online). Besondere Umstände ergeben sich vorliegend auch nicht daraus, dass die vorliegenden Räumlichkeiten nach dem Einwand der Beklagten gar nicht veräußerbar wären. Zwar kann grundsätzlich die Berufung auf den Schriftformmangel sich als unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn sich eine Vereinbarung etwa auf einen Erwerber nicht auswirken kann (Jauernig/Teichmann, 18. Aufl. 2021, BGB § 550 Rn. 9 mit Verweis auf BGHZ 65, 58), was gleichermaßen gelten würde für den Fall, dass es logisch keinen denkbaren Erwerber geben könnte. Zum Einen beschränkt sich der Schutzzweck der Norm auf den Erwerberschutz jedoch nicht, s.o. Zum Anderen ist bereits nicht zu erkennen, dass die streitgegenständlichen Räume und Flächen im Zweifel nebst Gleisanlagen nicht durch die Klägerin an einen Dritten veräußert werden könnten. Allein der Umstand, dass es sich hierbei um Flächen mit Gleisanlagen handelt, was eine Veräußerung zumindest anspruchsvoller erscheinen lässt, begründet eine Unveräußerlichkeit nicht. 62Soweit die Berufung auf einen Formmangel gegen § 242 BGB im Übrigen verstoßen kann, wenn die formunwirksame Vereinbarung auf Vorschlag des Kündigen und in dessen Interesse getroffen wurde (Blank/Börstinghaus/Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 550 Rn. 84), ist eine solche Fallkonstellation weder ersichtlich noch vorgetragen. Erforderlich wäre schließlich auch, dass die Rechtsfolge des Formverstoßes mit Treu und Glauben unvereinbar wäre und zudem die vorzeitige Beendigung des Vertrags zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führte (BGH NJW 2014, 2102 Rn. 27, beck-online). Kann dies in Fällen einer besonders schweren Treuepflichtverletzung oder im Falle der Existenzgefährdung gegeben sein, ist keine dieser Fallgruppen im Ergebnis gegeben. Eine besonders schwere Treuepflichtverletzung der Klägerin, die die Kündigung treuwidrig erscheinen ließe, ist nicht dargelegt. Auch eine Existenzgefährdung der Beklagten ergibt sich nicht hinreichend aus deren Vortrag. An die Bejahung eines solchen Ausnahmefalls sind zudem strenge Anforderungen zu stellen, allein der Umstand, dass eine Partei durch die gesetzliche Rechtsfolge hart getroffen wird, reicht hierbei nicht aus (Blank/Börstinghaus/Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 550 Rn. 86). Ungeachtet dessen, dass allein Investitionen in die Mietsache nicht ausreichen und die konkreten Investitionen der Beklagten nicht dargelegt sind, ist eine entsprechende ganz besondere Härte aus dem Vortrag der Beklagten nicht zu erkennen. 63ccc) 64Das Mietverhältnis wurde schließlich auch nicht gemäß § 545 BGB durch weiteren Gebrauch seitens der Beklagten fortgesetzt, denn die Klägerin hatte bereits mit dem Ausspruch der Kündigung diesbezüglich einen Widerspruch erklärt. Nachdem das Mietverhältnis aufgrund der ordentlichen Kündigung beendet wurde, bedarf es auch weiterer Ausführungen zur Frage der außerordentlichen Kündigung nicht. Die Kündigung war schließlich auch nach § 580a BGB zum 30.09.2020 fristgerecht. 65b) 66Die Beklagte ist auch zur Räumung der in Bezug auf das Grundstück Qgasse überlassenen Flächen gemäß Anlage K5E verpflichtet. 67Die Klägerin hat das diesbezügliche Mietverhältnis ebenfalls mit Schreiben vom 19.02.2020 zum 30.09.2020 ordentlich gekündigt. Die ordentliche Kündigung war insoweit auch gemäß § 542 BGB zulässig, denn es bestand ausweislich der vertraglichen Regelung unter § 2.1 des diesbezüglichen Mietvertrages vom 15.02./11.03.2008 (Anlage K4, Bl. 62ff d.A.) über den 31.12.2009 hinaus als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Eine anderweitige, vertragsbeendigende Erklärung haben die Parteien nicht dargelegt. Die Kündigungserklärung vom 19.02.2020 war insoweit auch hinreichend konkret, da sie sich in der Betreffzeile sowohl auf den konkreten Vertrag als auch auf das näher bezeichnete Grundstück ausdrücklich bezieht. Die obigen Ausführungen betreffend §§ 545, 580a BGB gelten entsprechend. 68II. 69Die Klage ist hinsichtlich des Auskunftsanspruchs in der zuletzt geltend gemachten Form begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft über bestehende Untermietverhältnisse und sonstige Nutzungsüberlassungen zu. Der Anspruch ergibt sich aus dem 2. Nachtrag in Verbindung mit § 242 BGB. Dem Vermieter steht gegen den Mieter ein aus dem Mietverhältnis abzuleitender Anspruch aus § 260 Abs. 1 BGB auf Auskunft darüber an wen dieser untervermietet hat bzw. wer aufgrund von Abreden mit diesem Nutzungsrechte geltend machen kann (OLG Köln Beschl. v. 18.8.2010 – 22 U 90/10, BeckRS 2012, 1160, beck-online, m.w.N.). Der Anspruch ist gerechtfertigt durch § 546 Abs. 2 BGB und dem Umstand, dass der Vermieter gegen den jeweiligen Besitzer einen gegen diesen gerichteten Räumungstitel benötigt. Bereits die aus dem beiderseitigen Vortrag ersichtlichen, nicht klar dargelegten Unternutzungsverhältnisse begründen unter Würdigung der Interessen der Parteien nach dem 2. Nachtrag einen entsprechenden Anspruch der Klägerin auf Auskunft jedenfalls hinsichtlich der konkreten Person dessen, dem die Nutzung überlassen wurde. Weitere Auskunft zur Ausgestaltung macht die Klägerin nicht geltend. Auch macht sie nach Teilklagerücknahme keine Auskunft (mehr) geltend in Bezug auf Personen, die sich lediglich in den Räumlichkeiten aufhalten, zumal zu diesen die Beklagte selbst nicht ohne weiteres zur Auskunft in der Lage wäre. Der Anspruch ist auch nicht erfüllt. Die Beklagte hat eine konkrete und aktuelle Erfüllung des Anspruchs über deren Behauptung hinaus nicht dargelegt. Das Gericht hat mit Hinweisbeschluss vom15.06.2021 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beklagte in Bezug auf die Erfüllung des Anspruchs darlegungs- und beweisbelastet ist, substantiierten Vortrag zur Vornahme konkreter Erfüllungshandlungen in Bezug auf die begehrte Auskunft hat die Beklagte hierauf jedoch nicht erbracht. 70III. 71Soweit die Klägerin die Vorlage von Untermietverträgen (in Kopie) geltend macht, ist die Klage unzulässig. 72Der Antrag ist unbestimmt und der Vollstreckung nicht fähig. Im Rahmen einer Vollstreckung wäre dem Vollstreckungsorgan eine Ermittlung der von der Vollstreckung umfassten Dokumente nicht möglich, da der Antrag sich nur allgemein auf etwaige bestehende Untermietverträge oder sonstige vertragliche Vereinbarungen über die Nutzungsüberlassung erstreckt, ohne sie zu konkretisieren. Der Mangel ist vorliegend auch nicht behebbar, nachdem der Klägerin die Spezifizierung ohne die verfolgte Auskunft nicht möglich ist. Die Klägerin hat den Anspruch auch nicht als noch zu konkretisierenden Antrag formuliert, wie sich zunächst aus der ursprünglichen Positionierung des Antrags unter Ziffer 3. vor dem ursprünglichen Antrag auf Verurteilung zur Versicherung der Auskunft an Eides statt (Ziffer 4., Klageschrift, Bl. 2 d.A.) ergibt. Auch der Erklärung der Rücknahme des letztgenannten Antrags ist zu entnehmen, dass der auf die Vorlage von Vertragskopien gerichtete Antrag nicht als zu konkretisierende letzte Stufe einer Stufenklage gemäß § 254 ZPO zu verstehen war, da die Teilklagerücknahme gerade auch eine abschließende Entscheidung ermöglichen sollte. 73IV. 74Die Feststellungswiderklage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Feststellungsantrag der Beklagten ist dabei entsprechend der ausdrücklichen Begründung der Widerklage (Bl. 119, S. 14 der Klageerwiderung und Widerklage) dahingehend zu verstehen, dass er sich auf das Fortbestehen des Mietverhältnisses richtet und nicht auf die Feststellung der Unwirksamkeit jeder einzelnen ausgesprochenen Kündigung. Die Widerklage hat insoweit keinen Erfolg, denn das Mietverhältnis ist durch Kündigung beendet. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. 75V. 76Die Widerklage ist auch hinsichtlich des Zahlungsantrages nicht begründet. 77Der Beklagten steht gegen die Klägerin kein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 284.774,49 Euro zu. 78Der Beklagten steht gegen die Klägerin jedenfalls kein durchsetzbarer Anspruch auf Zahlung in Höhe von 284.774,49 Euro aus § 20.22 des 2. Nachtrags vom 22./25.11.2011 zu, auf den sie sich nach dem Inhalt des Schriftsatzes vom 17.07.2021 (dort S. 6, Bl. 425 d.A.) hierzu vorrangig stützt. Soweit der Vertrag hier zwar eine Regelung enthält, wonach die Klägerin der Beklagten für Sanierungsarbeiten der Gleisentwässerung in F1 einen Betrag in Höhe von 400.000 Euro zur Verfügung stelle, würde dies dem Wortlaut nach grundsätzlich einen unmittelbaren Zahlungsanspruch der Beklagten begründen. Dieser ist jedoch verjährt. Die Klägerin hat sich insoweit auf eine Verjährung der Forderung berufen. Mangels besonderer gesetzlicher Regelung unterliegt der Anspruch der regelmäßigen Verjährung nach §§ 195, 199 BGB von drei Jahren zum Jahresende. Soweit die Parteien unter § 19 des 2. Nachtrags eine Verjährungsfrist von einem Jahr vereinbart haben, soweit das Gesetz keine längere Verjährungsfrist vorsieht, kommt diese Regelung wegen der längeren gesetzlichen Frist nicht zu tragen. Der Anspruch ist mit dem Abschluss des 2. Nachtrages am 25.11.2011 nach dem unbedingten Wortlaut der vertraglichen Regelung als fällig entstanden, mit dem auch die notwendige Kenntnis der Beklagten nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben war und verjährte demgemäß zum Ablauf des 31.12.2014. Verjährungshemmende oder -unterbrechende Umstände sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, sodass die (wider)klageweise Geltendmachung mit Schriftsatz vom 17.07.2021 jedenfalls erst nach Ablauf der Verjährungszeit erfolgte. Es kann im Ergebnis daher auch dahin stehen, ob der Anspruch aus § 20.22 des 2. Nachtrags identisch ist mit dem unter § 20.27 c. genannten Betrag in Höhe von ebenfalls 400.000 Euro. Sollten die Regelungen unter § 20.22 und § 20.27 c. jeweils denselben Zuschussbetrag in Höhe von 400.000 Euro betreffen, so wäre eine klageweise Geltendmachung der Zahlung jedenfalls dadurch ausgeschlossen, dass § 20.27 c. – insoweit – ausschließlich eine Verrechnung mit den dort näher bezeichneten Forderungen zulässig ist. 79Auch aus anderen Rechtsgründen steht der geltend gemachte Anspruch der Beklagten nicht zu. Auch soweit die Beklagte nämlich mit der Widerklage geltend gemachte Forderung gemäß Schriftsatz vom 17.07.2021 hilfsweise auf weitere Begründungen stützt, ist ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin jeweils nicht gegeben. 80Soweit die Beklagte gemäß Schriftsatz vom 03.05.2021 (dort Bl. 373) die Widerklageforderung zu einem Betrag in Höhe von 149.124,49 Euro auf eine Werklohnforderung aus § 631 BGB stützt, ist eine solche nicht schlüssig dargelegt. Die Beklagte hat eine Vereinbarung mit der Klägerin, wonach die Beklagte dieser gegen eine Vergütung einen bestimmten Erfolg schulde, nicht substantiiert dargelegt. Dies gilt insbesondere für eine etwaige Vergütungsabrede, kraft welcher sie berechtigt wäre, entsprechend den Einheits- und Pauschalpreisen der als vorläufiger Schlussrechnung vorgelegten Rechnung vom 08.05.2020 (Anlage B15, Bl. 387, 389 d.A.) Werklohn geltend zu machen. Soweit ein Zusammenhang mit der Regelung unter § 20.22 des 2. Nachtrags besteht, wonach die Klägerin für Sanierungsarbeiten der Gleisentwässerung zur Verfügung stellt, hat die Beklagte den Anspruch ebenfalls nicht dargelegt, da sie ausdrücklich Werklohn und keinen Aufwendungsersatz geltend macht, zumal auch nicht ersichtlich wäre, inwieweit der Betrag von 400.000 Euro mit einer Schlussrechnungssumme von lediglich 149.124,49 Euro in Einklang zu bringen sein sollte. Auf den Hinweis des Gerichts im Beschluss vom 15.06.2021 in Bezug auf die Geltendmachung von Werklohn hat die Beklagte nicht ergänzend vorgetragen. 81Soweit die Beklagte den mit der Widerklage geltend gemachten Betrag ferner auf Kosten von Rohrreinigungsarbeiten in Höhe von 22.343,19 Euro stützt, ist ein Zahlungsanspruch aus § 631 BGB ebenfalls nicht dargelegt. Eine konkrete Beauftragung, auf die es angesichts ihres Vortrages früherer aufeinander folgender Verträge angekommen wäre, trägt die Beklagte nicht vor, ebenso erklärt sich die Ermittlung des Forderungsbetrages nicht. Rechnungen hat die Beklagte insoweit nicht vorgelegt. 82Soweit schließlich die Beklagte ihre Widerklage (auch) auf Verzugsschäden in Form der Kosten kaufmännischer und technischer Hausverwaltung in Höhe von brutto 135.650 Euro stützt, ist ein Anspruch insbesondere aus §§ 280, 286 BGB nicht dargelegt. Es ist nicht dargelegt, mit welcher konkreten vertraglichen Pflicht sich die Klägerin in Verzug befunden hätte. Soweit die Beklagte einen Bruttobetrag geltend macht, erschließt sich dies bereits auch mit Blick auf die Geltendmachung als Schadensersatz gemäß Schriftsatz vom 03.05.2021 (dort S. 13, Bl. 376 d.A.) nicht. Ein konkreter Schadensbetrag ergibt sich hieraus nicht. Die Beklagte hat auch die Berechnung der Widerklageforderung insoweit nicht offengelegt oder die Umstände, aus der sie eine bestimmte Berechnung herleitet. Trotz Hinweises mit Beschluss vom 15.06.2021 hat die Klägerin auch die in Bezug genommene Anlage B17 nicht vorgelegt und auch zur konkreten Herleitung der Geltendmachung eigener Leistungen gegenüber der Klägerin nicht vorgetragen. 83VI. 84Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 21.09.2021 und der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 12.10.2021 begründeten eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht. Sie enthalten jeweils neuen entscheidungserheblichen Vortrag nicht. 85VII. 86Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 ZPO; das teilweise Unterliegen der Klägerin sowie die geringfügigen Teilklagerücknahmen stellen sich als mehrkostenneutral dar. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 7, 709 S. 1, S. 2, 711 ZPO. Die Höhe der Sicherheit in Bezug auf den Räumungsausspruch beruht auf der Höhe möglicher Schäden der Klägerin im Falle verzögerter Vollstreckung. Mangels geschuldeter Miete/Pacht war hier auf den Jahresbetrag allein der Betriebskosten abzustellen, die die Kammer den Anlagen K12, K14, K17 und K19-K21 entnommen, um 10% erhöht und gerundet hat. Bei der Sicherheitsleistung in Bezug auf die Auskunft waren der voraussichtliche Aufwand an Zeit und die Kosten der Erstellung der Auskunft zu schätzen (Musielak/Voit/Lackmann, 18. Aufl. 2021, ZPO § 709 Rn. 5). 87Streitwert: 866.411,32 Euro (Räumungsantrag: 211.615,32 Euro; Auskunftsantrag: 52.903,83 Euro; Kopienvorlage: 10.000 Euro; negative Feststellungswiderklage: kein Mehrwert ggü. Räumungsklage; Widerklage Sanierungskosten (soweit geltend gemacht): 284.774,49 Euro; Widerklage Werklohn: 149.124,49 Euro; Widerklage Rohrreinigung: 22.343,19 Euro; Widerklage Hausverwaltungskosten: 135.650 Euro; Forderungen der Zahlungswiderklage summiert gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 GKG, vgl. OLG Köln NJW-RR 2012, 615)) 88Rechtsbehelfsbelehrung: 89Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 90Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. | 1. die beklagte wird verurteilt, a) die flächen nebst bahnbögen im f (bahnbögen nr. 8-42), so wie aus der anliegenden anlage 5a (dort rot umrandete flächen) ersichtlich, b) die flächen nebst bahnbögen in der i straße in f1 l (bahnbögen nr. 1-26+28), so wie aus der anliegenden anlage 5b (dort rot umrandete flächen) ersichtlich, c) die flächen nebst bahnbögen in der c-straße in f1 l, (bahnbögen nr. 32+33, 25-45, 47-49), so wie aus der anliegenden anlage 5c (dort rot umrandete flächen) ersichtlich, d) die flächen nebst bahnbögen in der i1straße in f1 l, (bahnbögen nr. 50-60), sowie aus der anliegenden anlage 5d (dort rot umrandete flächen) ersichtlich, e) die fläche in der qgasse 00 in 00000 l, gemarkung l, flur 000, flurstück 000, so wie aus der anliegenden anlage 5e (dort rot umrandete flächen) ersichtlich nebst aufstehenden gebäuden, vollständig zu räumen und an die klägerin herauszugeben. 2. die beklagte wird verurteilt, gegenüber der klägerin auskunft zu erteilen, mit welchen natürlichen und/oder juristischen personen ein untermietverhältnis hinsichtlich der unter ziffer 1.a) – 1.e) genannten flächen und räumlichkeiten besteht, welchen natürlichen und/oder juristischen personen der besitz an den zuvor genannten flächen und räumlichkeiten ganz oder teilweise überlassen wurde und wird unter angabe, auf welche flächen und /oder teilflächen sowie räumlichkeiten sich die untermietverhältnisse und /oder nutzungsüberlassungen an natürliche und/oder juristische personen beziehen. 3. im übrigen wird die klage abgewiesen. 4. die widerklage wird abgewiesen. 5. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. 6. das urteil ist hinsichtlich des räumungsausspruchs vorläufig vollstreckbar ohne sicherheitsleistung. insoweit darf die beklagte die vollstreckung abwenden durch sicherheitsleistung in höhe von 174.000 euro, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit leistet in gleicher höhe. im übrigen ist das urteil vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages, hinsichtlich des ausspruchs zur auskunft gegen sicherheitsleistung in höhe von 1.000 euro. 1 | 2die klägerin ist eigentümerin der im tenor nebst anlage näher bezeichneten flächen, bei denen es sich im wesentlichen um die „bahnbögen“ an/unter einer aus dem kölner zentrum nach westen verlaufenden bahntrasse handelt. die beklagte nutzt diese flächen teilweise selbst, teilweise überlässt sie flächen dritten zur eigenen nutzung. 3die parteien schlossen unter dem 15.02./11.03.2008 über ein gebäude qgasse 00 in l einen mietvertrag per 01.01.2008, der zunächst bis 31.12.2009 befristet war, gemäß § 2.1 des vertrages aber mangels kündigung nach ablauf dieser zeit als auf unbefristete zeit geschlossen verlängert sein sollte. im einzelnen wird auf den diesbezüglichen mietvertrag (anlage k4, bl. 62ff d.a.) bezug genommen. 4die parteien schlossen ferner einen vertrag unter dem 30.06./20.07.2009 über die im tenor unter a) bis d) bezeichneten flächen (bahnbögen und freiflächen). dieser ist als „pachtvertrag“ bezeichnet und verweist unter § 1 zur näheren räumlichen bestimmung des pachtgegenstandes auf anlagen mit den bezeichnungen anlage 1a, 1b, 1c und 1d. gemäß § 21.8 des vertrages werden die anlagen des vertrages, die mit „lagepläne“, „übergabe-/übernahmeprotokoll“, „einzugsermächtigung“, „nebenkosten“, „bürgschaft“ und „ordnungsbestimmungen“ bezeichnet werden, ausdrücklich zum bestandteil des vertrages erklärt. wegen des weiteren inhalts des diesbezüglichen vertrages wird auf diesen (anlage k1, bl. 1ff d.a.) bezug genommen. 5betreffend die streitgegenständlichen flächen und räumlichkeiten existieren lagepläne, die die klägerin als anlagen k5a bis k5e (bzw. anlagen 5a bis 5e) vorgelegt hat und die unstreitig zutreffend die überlassenen flächen wiedergeben. diese enthalten jeweils straßennamen und durch umrandung klar hervorgehobene flächen sowie teilweise ergänzende angaben. im einzelnen wird auf diese anlagen (bl. 76-84 d.a.) bezug genommen, die nebst anlage k5e bzw. 5e jeweils in kopie mit diesem urteil fest verbunden sind. zwischen den parteien ist streitig, ob diese mit dem vorbezeichneten vertrag fest verbunden waren. 6die parteien schlossen sodann zunächst unter dem 21.01.2011 eine erste nachtragsvereinbarung zu dem vorgenannten vertrag. wegen des weiteren inhalts des diesbezüglichen vertragsnachtrages wird auf diesen (anlage k2, bl. 34ff d.a.) bezug genommen. 7unter dem 22.11./25.11.2011 schlossen die parteien schließlich einen weiteren vertrag, der als „nachtrag nr. 2 zum pachtvertrag vom 30.06.2009/20.07.2009“ bezeichnet wurde (im weiteren auch: „2. nachtrag“). dieser führt in seiner präambel (1. absatz, letzter satz) aus „dieser nachtrag ersetzt alle bisherigen regelungen und vereinbarungen.“ unter § 20 führt er nochmals in fettdruck aus „dieser nachtrag ersetzt alle bisherigen vereinbarungen.“ unter § 1.1 ist der 2. nachtrag zum pachtgegenstand identisch mit dem obigen vertrag vom 30.06./20.07.2009. unstreitig waren mit dem 2. nachtrag keine lagepläne verbunden. wegen des weiteren inhalts des diesbezüglichen vertrages und der regelungen im einzelnen wird auf diesen (anlage k3, bl. 37ff d.a.) bezug genommen. 8mit anwaltsschreiben vom 08.01.2020 forderte die klägerin die beklagte unter fristsetzung bis jeweils 31.01.2020 insbesondere auf, in bezug auf müllablagerungen verschiedener bahnbögen diese in einen ordnungsgemäßen, sauberen und verkehrssicheren zustand zu versetzen, auskünfte zur untervermietung zu erteilen und nebenkosten- und mietzahlungen in höhe von 226.578,19 euro zu erbringen. wegen der einzelheiten wird auf das vorbezeichnete schreiben (anlage k6, bl. 86ff d.a.) bezug genommen. 9mit schreiben vom 19.02.2020 erklärte die klägerin gegenüber der beklagten die kündigung sämtlicher miet-/pachtverträge außerordentlich und fristlos, setzte zur rückgabe der flächen eine räumungsfrist bis 29.02.2020 und widersprach einer fortsetzung des mietverhältnisses. hilfsweise erklärte die klägerin die ordentliche kündigung der verträge zum 30.09.2020. wegen der einzelheiten wird auf das vorbezeichnete schreiben (anlage k7, bl. 91ff d.a.) bezug genommen. 10die klägerin ist der auffassung, die streitgegenständlichen verträge seien ordentlich kündbar, da es für eine die ordentliche kündigung ausschließende befristung an der einhaltung der erforderlichen schriftform nach § 550 bgb fehle. sie ist der auffassung, die mit der widerklage geltend gemachten forderungen der beklagten seien nicht gegeben. hinsichtlich der geltendmachung eines teilbetrages aufgrund der regelung des § 20.22 des 2. nachtrags erhebt die klägerin die einrede der verjährung. 11die klägerin hat ursprünglich unter ziffer 2. beantragt, die beklagte zu verurteilen, gegenüber der klägerin – über die nun noch geltend gemachte auskunft wie unter ziffer 2 unten wiedergegeben – auskunft zu erteilen, welche natürlichen und/oder juristischen personen sich in den vorgenannten flächen und räumlichkeiten befinden. mit schriftsatz vom 01.07.2021 (bl. 407ff d.a.) hat sie ihren klageantrag insoweit, wie nachfolgend unter ziffer 2 wiedergegeben, auf die auskunft im übrigen beschränkt. die klägerin hat ferner ursprünglich neben den nachfolgend wiedergegebenen anträgen unter einer ziffer 4 beantragt, 1. die beklagte zu verurteilen, die richtigkeit der zu ziffer 2. erteilten auskunft an eides statt zu versichern. im termin am 31.08.2021 hat der prozessbevollmächtigte der klägerin erklärt, die klage werde insoweit zurückgenommen. der prozessbevollmächtigte der beklagten hat darauf erklärt, der teilklagerücknahme zuzustimmen. 12die klägerin beantragt, 131. die beklagte zu verurteilen, 14a) die flächen nebst bahnbögen im f (bahnbögen nr. 8-42), so wie aus der anlage k5a (dort rot umrandete flächen) ersichtlich, 15b) die flächen nebst bahnbögen in der i straße in f1 l (bahnbögen nr. 1-26+28), so wie aus der anlage k5b (dort rot umrandete flächen) ersichtlich, 16c) die flächen nebst bahnbögen in der c-straße in f1 l, (bahnbögen nr. 32+33, 25-45, 47-49), so wie aus der anlage k5c (dort rot umrandete flächen) ersichtlich, 17d) die flächen nebst bahnbögen in der i1straße in f1 l, (bahnbögen nr. 50-60), sowie aus der anlage k5d (dort rot umrandete flächen) ersichtlich, 18e) die fläche in der qgasse 00in 00000 l, gemarkung l, flur 000, flurstück 000, so wie aus der anlage k5e (dort rot umrandete flächen) ersichtlich nebst aufstehenden gebäuden, 19vollständig zu räumen und an die klägerin herauszugeben; 202. die beklagte zu verurteilen, gegenüber der klägerin auskunft zu erteilen, mit welchen natürlichen und/oder juristischen personen ein untermietverhältnis hinsichtlich der unter ziffer 1.a) - 1.e) genannten flächen und räumlichkeiten besteht, welchen natürlichen und/oder juristischen personen der besitz an den zuvor genannten flächen und räumlichkeiten ganz oder teilweise überlassen wurde und wird unter angabe, auf welche flächen und /oder teilflächen sowie räumlichkeiten sich die untermietverhältnisse und /oder nutzungsüberlassungen an natürliche und/oder juristische personen beziehen; 213. die beklagte zu verurteilen, der klägerin die bestehenden untermietverträge mit natürlichen und/oder juristischen personen sowie sonstige vertraglichen vereinbarungen mit natürlichen und/oder juristischen personen zur nutzungsüberlassung in kopie vorzulegen. 22die beklagte beantragt, 23 die klage abzuweisen. 24die beklagte beantragt widerklagend, 25festzustellen, dass das mietverhältnis zwischen den parteien auf grund der kündigungen der klägerin vom 19.02.2020 und 31.03.2020 nicht beendet ist, sondern ungekündigt fortbesteht; 26die klägerin zu verurteilen, an die beklagte und widerklägerin einen betrag von 284.774,49 euro zuzüglich 5 prozentpunkte über dem jeweiligen basiszins seit zustellung der widerklage zu zahlen. 27die klägerin beantragt, 28die widerklage abzuweisen. 29die beklagte ist der auffassung, die klage sei hinsichtlich anträge unter ziffer 1. bereits unzulässig, weil sich sie zu unbestimmt seien. soweit es an einer nummerierung des jeweiligen bahnbogens fehle, sei die zu räumende fläche nicht bestimmbar. 30die beklagte meint in bezug auf die streitgegenständlichen verträge, diese seien rechtlich bereits nicht als miet- oder pachtvertrag zu qualifizieren, sondern als vertrag sui generis in form eines projektentwicklungsvertrags; § 550 bgb sei insoweit nicht anwendbar. die beklagte ist ferner der auffassung, die räumung sei mit rücksicht auf § 20.25 c. des 2. nachtrags bei vertragstreue des untermieters ausgeschlossen. die beklagte behauptet ferner, die lagepläne in der als anlagen k5a bis k5d seien beim abschluss des ursprungsvertrages mit diesem fest verbunden worden. 31die beklagte ist der auffassung, die klägerin sei ihr aufgrund unterschiedlicher rechtsgründe noch zur zahlung verpflichtet. eine verpflichtung zur zahlung in höhe von 400.000 euro ergebe sich bereits aus § 20.22 des 2. nachtrags; diese werde zu einem teil von 284.774,49 euro geltend gemacht. im übrigen ist die beklagte der auffassung, die klägerin schulde ihr für die verlegung von abwasserrohren im bereich des bahnhofs f1 werklohn in höhe von 149.124,49 euro. sie behauptet, die klägerin habe sie mit den diesbezüglichen arbeiten beauftragt. für rohrreinigungsarbeiten schulde die klägerin ferner einen betrag in höhe von 22.343,19 euro und für die kaufmännische und technische hausverwaltung und sicherheitsüberwachung der bahnbögen aus verzugsgesichtspunkten weitere 135.650 euro. 32die klägerin hat mit nachgelassenem schriftsatz vom 21.09.2021 (bl. 448ff d.a.) ergänzend stellung genommen. die beklagte hat mit nicht nachgelassenem schriftsatz vom 12.10.2021 (bl. 540ff d.a.) weiter stellung genommen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen. 33 | 34die klage ist überwiegend zulässig. soweit sie zulässig ist, hat sie auch in der sache erfolg. die widerklage ist zulässig, jedoch unbegründet. 35i. 361. 37die klage ist hinsichtlich des räumungsantrages zulässig. die anträge sind hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig. insbesondere soweit die beklagte der auffassung ist, bei einer etwaigen mangelnden kennzeichnung der einzelnen bahnbögen sei eine hinreichende bestimmbarkeit der flächen und entsprechend eine vollstreckbarkeit des räumungsantrages nicht gegeben, trifft dies nicht zu. der räumungsantrag muss die herauszugebenden räume so genau bezeichnen, dass ein gerichtsvollzieher sie ohne weiteres lokalisieren kann (guhling/günter, gewerberaummiete, 16. teil. 1. abschnitt. kapitel 3. der räumungsprozess rn. 23, beck-online). dies ist durch die antragstellung unter einbeziehung der in bezug genommenen anlagen, die mit dem urteil verbunden sind, vorliegend möglich. soweit hierbei die klägerin die anlagen schriftsätzlich mit k5a bis k5e bezeichnet, die anlagen selbst aber die bezeichnung 5a bis 5e (also jeweils ohne führendes „k“) enthalten, war der antrag so zu verstehen und aus klarstellungsgesichtspunkten so zu bescheiden, dass die anlagen mit der bezeichnung 5a bis 5e gemeint sind. der antrag selbst führt dabei die jeweilige nähere lokalisierung der jeweiligen fläche auf. die dem antrag beigefügten anlagen erlauben auch eine konkrete abgrenzung der jeweiligen fläche gegenüber angrenzenden flächen oder grundstücken. 382. 39die klage hat mit dem antrag zu 1. auch in der sache erfolg. 40die beklagte ist der klägerin zur räumung und herausgabe der streitgegenständlichen flächen aus § 546 bgb verpflichtet. 41a) 42die beklagte ist zur räumung der flächen gemäß anlagen k5a bis k5d verpflichtet. 43aa) 44das vorliegende vertragsverhältnis in bezug auf bahnbögen und freiflächen ist – ungeachtet der bezeichnung als pachtvertrag bzw. 2. nachtrag hierzu – als mietvertrag mit verschiedenen nebenvereinbarungen zu qualifizieren, auf den die §§ 535ff bgb anzuwenden sind. die einordnung als pachtvertrag erfordert, dass die miet- bzw. in diesem falle pachtsache früchte im sinne von § 99 bgb abzuwerfen geeignet ist, was bei der überlassung insbesondere noch auszubauender räumlichkeiten und flächen nicht der fall ist, diese ermöglichen stets nur die fruchtziehung aus einem mit ihrer hilfe geführten betrieb (vgl. mükobgb/harke, 8. aufl. 2020, bgb § 581 rn. 18). soweit eine pachtvertragliche qualifikation hier allein für den fall in betracht kommt, dass die überlassenen räume und flächen gegenstand der verpachtung eines ganzen betriebs sind (mükobgb/harke, 8. aufl. 2020, bgb § 581 rn. 18), ist eine solche konstellation vorliegend unstreitig nicht gegeben. die bezeichnung des vertrages, die ohnehin nur als indiz dienen kann, begründet im übrigen auch eine einordnung als pachtvertrag nach den §§ 581ff bgb nicht. 45soweit die beklagte der auffassung ist, der vertrag sei wiederum nicht als mietvertrag zu qualifizieren, sondern als vertrag sui generis in gestalt eines projektentwicklungsvertrages, auf den die mietrechtlichen vorschriften keine anwendung finden, trägt dies nicht. der vertrag hat ausdrücklich die überlassung der dort bezeichneten flächen und gebäude zum zwecke der „vermietung an handeltreibende, gastronomen, kleingewerbe, etc“ (§ 1 des 2. nachtrags, bl. 41 d.a.) zum gegenstand. soweit der mietgegenstand aufgrund seines zustands und aufgrund der entwicklungsabsicht der beklagten zunächst weitere investitionen und bauliche veränderungen erforderte, begründet dies eine abweichende rechtliche qualifikation nicht. ein gesetzlich vorgesehener vertragstyp „projektentwicklungsvertrag“, der die unanwendbarkeit mietrechtlicher vorschriften begründen könnte, existiert nicht. die vertraglichen regelungen des 2. nachtrags sind schließlich auch nicht auf eine städtebauliche oder wirtschaftliche „entwicklung“ der bahnbögen im sinne eines einvernehmlichen vertragsziels ausgerichtet, sondern auf die dargestellte überlassung zum zwecke der weitervermietung. soweit einzelne regelungen konkret weitere investitionen zum gegenstand haben – etwa soweit unter § 20.6 des 2. nachtrags wegen der erheblichen vorleistungen auf eine mietsicherheit zunächst verzichtet wird oder die klägerin gemäß § 20.22 und § 20.23 des 2. nachtrags sanierungs- und baukostenzahlungen erbringen soll – begründet dies keine abweichende rechtliche qualifikation, da es sich jeweils nur um einzelne nebenvereinbarungen handelt, die für den verfolgten vertragszweck insgesamt nicht von wesensrelevanter bedeutung sind. dieser besteht auch ausweislich der angegebenen vertragslaufzeit in der längerfristigen nutzungsüberlassung nach erfolgter entwicklung durch die beklagte. auch soweit sich aus der natur der sache in bezug auf den mietgegenstand das erfordernis besonderer regelungen ergibt, begründet dies dementsprechend keine anderslautende rechtliche qualifikation insgesamt, zumal selbst bei der annahme eines „projektentwicklungsvertrages“ als typengemischten vertrages mit vorliegend praktisch ausschließlich mietrechtlichen elementen die vorschriften des mietvertragsrechts auch anzuwenden wären. insbesondere etwa würde der schutzzweck des § 550 bgb jedenfalls seine anwendung erfordern. 46bb) 47die klägerin hat das zwischen den parteien begründete mietverhältnis druch schreiben vom 19.02.2020 jedenfalls zum 30.09.2020 wirksam ordentlich gekündigt. 48aaa) 49das mietverhältnis war gemäß § 542 abs. 1 bgb ordentlich kündbar, denn eine - wirksame - befristung des mietverhältnisses gemäß § 542 abs. 2 bgb liegt nicht vor. soweit der 2. nachtrag (anlage k3, bl. 37ff), anknüpfend an den vertrag vom 30.06./20.07.2009, unter § 2 die regelung enthält, das pachtverhältnis ende am 30.06.2044, ist diese befristung nicht wirksam. 50das vorliegende mietverhältnis gilt gemäß § 550 s. 1 bgb als für unbestimmte zeit geschlossen, denn das schriftformerfordernis des § 550 s. 1 bgb ist nicht gewahrt. gemäß § 550 s. 1 bgb gilt ein mietvertrag als für unbestimmte zeit geschlossen, wenn er für längere zeit als ein jahr in nicht schriftlicher form geschlossen wurde. bei der vorschrift des § 550 bgb handelt es sich um zwingendes recht (bgh njw 2017, 3772 rn. 35, beck-online). die vorschrift will nicht nur sicherstellen, dass ein späterer grundstückserwerber, der kraft gesetzes aufseiten des vermieters in ein auf mehr als ein jahr abgeschlossenes mietverhältnis eintritt, dessen bedingungen aus dem schriftlichen mietvertrag ersehen kann. vielmehr dient sie ebenfalls dazu, die beweisbarkeit langfristiger abreden auch zwischen den ursprünglichen vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten eingehung langfristiger bindungen zu schützen (bgh a.a.o. m.w.n.). 51zur erfüllung der anforderungen des § 550 s. 1 bgb bedarf es zunächst der hinreichend bestimmbaren aufnahme aller wesentlichen vereinbarungen der parteien in eine urkunde, wobei zu diesen wesentlichen vereinbarungen auch der mietgegenstand gehört (vgl. blank/börstinghaus/blank/börstinghaus, 6. aufl. 2020, bgb § 550 rn. 34). dabei ist bei mehreren erstellten exemplaren des mietvertrages ausreichend, wenn nur eines von ihnen im zeitpunkt der unterzeichnung den an die einhaltung der schriftform zu stellenden voraussetzungen genügt (bgh nzm 1999, 761, beck-online). werden wesentliche vertragliche vereinbarungen nicht im mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in anlagen ausgelagert, so dass sich der gesamtinhalt der mietvertraglichen vereinbarung erst aus dem zusammenspiel dieser „verstreuten“ bedingungen ergibt, müssen die parteien zur wahrung der urkundeneinheit die zusammengehörigkeit dieser schriftstücke in geeigneter weise zweifelsfrei kenntlich machen. dazu bedarf es keiner körperlichen verbindung dieser schriftstücke. vielmehr genügt für die einheit der urkunde die bloße gedankliche verbindung, die allerdings in einer zweifelsfreien bezugnahme zum ausdruck kommen muss (njw-rr 2021, 801 rn. 13, beck-online). während grundsätzlich die mietsache als solche jedenfalls konkret bestimmbar sein muss (bgh nzm 2006, 104, beck-online), bedürfen lagepläne lediglich dann nicht der schriftform, wenn die mietsache bereits durch den vertrag selbst derart hinlänglich beschrieben ist, dass sich der lageplan lediglich als anschauungsobjekt oder orientierungsbehelf darstellt (bgh nzm 2001, 43, beck-online). 52eine wahrung der schriftform nach den dargelegten maßstäben ist vorliegend in bezug auf die einzelnen, die mietflächen beschreibenden lagepläne nicht gegeben. 53entgegen der auffassung der beklagten bedurfte es hinsichtlich der lagepläne der einhaltung der schriftform, weil sie nicht lediglich ein bloßes anschauungsobjekt ohne rechtsgeschäftlichen erklärungsinhalt bilden (so aber in bgh, urteil vom 25.10.2000 – xii zr 133/98, vorgelegt als anlage b19, bl. 429ff). die vermieteten flächen und räumlichkeiten werden durch den vertragstext selbst nur unzureichend beschrieben, nämlich als „im f: bahnbögen 8 – 42 + zugehöriger freifläche (siehe anlage 1a)“ und entsprechend für die weiteren bahnbögen. unter § 1.2 des 2. nachtrags werden die flächen ferner als „ca. 16.500 m² bahnbogenflächen + ca. 8.000 m² freiflächen“ beschrieben. aus den als anlagen k5a bis k5d vorgelegten lageplänen, aus denen sich unstreitig die konkreten vermieteten flächen und räumlichkeiten ergeben, ist jedoch ersichtlich, dass es zur bestimmung des konkreten mietgegenstands des rückgriffs auf die pläne bedarf. ein fall, in dem sich der umfang mitvermieteter freiflächen unmittelbar und eindeutig aus den örtlichen gegebenheiten ermitteln ließe, ist nicht erkennbar und hierzu ist auch nicht vorgetragen. demgegenüber zeigen die vorbezeichneten lagepläne abgesehen von den bahnbögen selbst sowohl gestaltungen, in denen keine freifläche vorgesehen ist, so für bahnbögen 38 bis 42 (bl. 80 d.a.), als auch gestaltungen mit weiteren flächen, deren örtlicher zuschnitt sich sonst nicht erschließt (bl. 77-79 d.a.) oder teilflächen der bahnbögen, die als von der vermietung ausgenommen zu verstehen sind, weil sie schraffiert und mit „db-technik“, „durchgang“ (jeweils lageplan i straße bl. 82 d.a.) oder „zugang db“ (anlage 5c, bl. 83 d.a.) gekennzeichnet sind. auch mit blick auf des „mietobjekt“ als solches kann im vorliegenden fall nicht davon ausgegangen werden, dass mit der beschreibung unter § 1.1 sowie ergänzend § 1.2 des 2. nachtrags eine hinreichende bestimmung des mietgegenstands gegeben wäre, aufgrund derer sich die lagepläne lediglich noch als anschauungsobjekt darstellen würden. 54unstreitig waren mit dem 2. nachtrag keine lagepläne als anlagen fest verbunden, auch ist nicht vorgetragen, welche konkreten dokumente überhaupt als lageplan eine anlage zu dem 2. nachtrag gebildet haben sollen. auch eine hinreichende bezugnahme nach den obigen maßstäben ist, soweit man auf den inhalt des 2. nachtrags einerseits und die als anlagen k5a bis k5d vorgelegten lagepläne abstellt, nicht gegeben. der vertragstext unter § 1.1 des 2. nachtrags verweist insoweit auf anlagen 1a, 1b, 1c und 1d. derart bezeichnete lagepläne sind nicht gegeben. auch soweit der 2. nachtrag unter § 21.8 allgemein auf eine „anlage 1 lagepläne“ verweist, ist eine hinreichend konkrete bezugnahme schließlich nicht gegeben. an der bezeichnung „anlage 1“ fehlt es auf den lageplänen insoweit und der begriff „lageplan“ selbst stellt lediglich eine beschreibung dar, die eine konkrete bezugnahme nicht ermöglicht; ein rückbezug ist ebenfalls nicht gegeben. 55ungeachtet der bezeichnung als „2. nachtrag“ bestimmt sich dabei das vertragsverhältnis zwischen den parteien ausschließlich nach den dortigen regelungen. zwar wurde der vertragstext gegenüber dem ursprünglichen vertrag inhaltlich fortgeschrieben und teilweise geändert, ausweislich des 2. nachtrags sollten mit diesem jedoch alle bisherigen regelungen ausdrücklich aufgehoben werden. dies ergibt sich bereits aus dem ersten absatz der präambel („dieser nachtrag ersetzt alle bisherigen regelungen und vereinbarungen“, bl. 39 d.a.) und wird wiederholt durch die in fettdruck wiedergegebene regelung zu beginn von § 20 (besondere vereinbarungen): „dieser nachtrag ersetzt alle bisherigen vereinbarungen“ (bl. 54 d.a.). für die seitens der beklagten vertretene auffassung, der bestand des ursprungsvertrages einschließlich dortiger anlagen sei hierdurch nicht tangiert, ist angesichts des wortlauts einerseits und angesichts des schutzzwecks von § 550 bgb andererseits kein raum. ein etwaiger erwerber sollte aufgrund der zitierten regelungen davon ausgehen dürfen, dass sich das vertragsverhältnis allein aus dem 2. nachtrag ergibt und sich nach ihm bestimmt. soweit die beklagte in bezug auf den ursprünglich geschlossenen vertrag vom 30.06./20.07.2009 behauptet, die der klage als anlagen k5a bis k5e beigefügten lagepläne seien mit diesem ursprünglichen vertragsdokument durch heftklammern verbunden gewesen und zudem unterzeichnet gewesen, würde dies dem schriftformerfordernis in bezug auf den 2. nachtrag auch nicht genügen. denn vorliegend ist keine bezugnahme gegeben, kraft derer der ursprungsvertrag und der 2. nachtrag zu einer gedanklichen einheit verbunden werden (so in bgh njw-rr 2021, 801 rn. 18, beck-online), im gegenteil wird der 2. nachtrag gegenüber sämtlichen bisherigen vereinbarungen gedanklich abgegrenzt und abgekoppelt. auch soweit nach auffassung der beklagten entscheidend auf den körperlichen bestand des ursprungsvertrages abzustellen wäre, was mangels herstellung der gedanklichen einheit abzulehnen ist, hat sie auch nicht dargelegt, dass die zwischenzeitlich jedenfalls unstreitig zerstörte körperliche verbindung zum zeitpunkt des abschlusses des 2. nachtrags noch gegeben war. 56die gesetzliche regelung des § 550 s. 1 bgb ist auf das vorliegende vertragsverhältnis auch anzuwenden, denn entgegen der auffassung der beklagten ist der vorliegende vertrag nicht als vertrag sui generis zu qualifizieren, auf den mietvertragliche regelungen keine anwendung fänden, sondern jedenfalls im grundwesen als mietvertrag. auf die obigen ausführungen wird bezug genommen. auch besteht nicht aufgrund der sonstigen regelungen des vertrages eine grundlage für eine nichtanwendung von § 550 s. 1 bgb. 57die kündigung des mietverhältnisses ist auch nicht durch § 21.1 des 2. nachtrags ausgeschlossen, wonach nämlich die parteien sich jeweils verpflichten, auf verlangen hin alle handlungen vorzunehmen und erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen schriftformerfordernis genüge zu tun und den vertrag nicht unter berufung auf die nichteinhaltung der gesetzlichen schriftform zu kündigen. die klausel ist unwirksam, weil sie mit dem schutzzweck des zwingenden § 550 bgb nicht vereinbar ist. schriftformheilungsklauseln hätten nach der rechtsprechung des bgh (njw 2017, 3772 rn. 36, beck-online) zur folge, der mit der vorschrift jedenfalls auch beabsichtigte übereilungsschutz ausgehöhlt und die wichtige warnfunktion der bestimmung weitgehend leerlaufen würde. entsprechendes gilt auch für den vorliegenden ausdrücklichen ausschluss des kündigungsrechts, weil hierdurch gleichermaßen der schutzzweck des § 550 s. 1 bgb unterlaufen würde. 58der anspruch der klägerin auf räumung ist auch nicht durch die vertragliche regelung in § 20.25 c. des 2. nachtrages ausgeschlossen. soweit hiernach die klägerin sich verpflichtet, einen etwaigen untermieter der beklagten auch nach auflösung oder wegfall des streitgegenständlichen vertrages „solange in den von ihm gemieteten flächen/bahnbögen zu belassen, wie dieser seine verpflichtungen aus dem mietvertrag zur pächterin erfüllt“ (§ 20.25 c. s. 3, bl. 57 d.a.), begründet dies nicht einen generellen ausschluss eines räumungsrechts gegenüber der beklagten. ungeachtet der seitens der parteien angestrebten rechtlichen ausgestaltung der nutzungsverhältnisse in diesem fall hat die beklagte aber auch nicht dargelegt, die diesbezüglichen tatsächlichen voraussetzungen für einen solchen räumungsausschluss wären auch nur für einzelne der streitgegenständlichen flächen gegeben. 59bbb) 60schließlich sind auch umstände, aufgrund derer sich die geltendmachung des schriftformmangels ausnahmsweise als treuwidrig (§ 242 bgb) darstellen würde, nicht gegeben. 61dabei ist im grundsatz davon auszugehen, dass sich jede vertragspartei darauf berufen darf, die für einen vertrag vorgeschriebene schriftform sei nicht eingehalten (bgh njw 2014, 2102 rn. 27, beck-online). besondere umstände ergeben sich vorliegend auch nicht daraus, dass die vorliegenden räumlichkeiten nach dem einwand der beklagten gar nicht veräußerbar wären. zwar kann grundsätzlich die berufung auf den schriftformmangel sich als unzulässige rechtsausübung darstellen, wenn sich eine vereinbarung etwa auf einen erwerber nicht auswirken kann (jauernig/teichmann, 18. aufl. 2021, bgb § 550 rn. 9 mit verweis auf bghz 65, 58), was gleichermaßen gelten würde für den fall, dass es logisch keinen denkbaren erwerber geben könnte. zum einen beschränkt sich der schutzzweck der norm auf den erwerberschutz jedoch nicht, s.o. zum anderen ist bereits nicht zu erkennen, dass die streitgegenständlichen räume und flächen im zweifel nebst gleisanlagen nicht durch die klägerin an einen dritten veräußert werden könnten. allein der umstand, dass es sich hierbei um flächen mit gleisanlagen handelt, was eine veräußerung zumindest anspruchsvoller erscheinen lässt, begründet eine unveräußerlichkeit nicht. 62soweit die berufung auf einen formmangel gegen § 242 bgb im übrigen verstoßen kann, wenn die formunwirksame vereinbarung auf vorschlag des kündigen und in dessen interesse getroffen wurde (blank/börstinghaus/blank/börstinghaus, 6. aufl. 2020, bgb § 550 rn. 84), ist eine solche fallkonstellation weder ersichtlich noch vorgetragen. erforderlich wäre schließlich auch, dass die rechtsfolge des formverstoßes mit treu und glauben unvereinbar wäre und zudem die vorzeitige beendigung des vertrags zu einem schlechthin untragbaren ergebnis führte (bgh njw 2014, 2102 rn. 27, beck-online). kann dies in fällen einer besonders schweren treuepflichtverletzung oder im falle der existenzgefährdung gegeben sein, ist keine dieser fallgruppen im ergebnis gegeben. eine besonders schwere treuepflichtverletzung der klägerin, die die kündigung treuwidrig erscheinen ließe, ist nicht dargelegt. auch eine existenzgefährdung der beklagten ergibt sich nicht hinreichend aus deren vortrag. an die bejahung eines solchen ausnahmefalls sind zudem strenge anforderungen zu stellen, allein der umstand, dass eine partei durch die gesetzliche rechtsfolge hart getroffen wird, reicht hierbei nicht aus (blank/börstinghaus/blank/börstinghaus, 6. aufl. 2020, bgb § 550 rn. 86). ungeachtet dessen, dass allein investitionen in die mietsache nicht ausreichen und die konkreten investitionen der beklagten nicht dargelegt sind, ist eine entsprechende ganz besondere härte aus dem vortrag der beklagten nicht zu erkennen. 63ccc) 64das mietverhältnis wurde schließlich auch nicht gemäß § 545 bgb durch weiteren gebrauch seitens der beklagten fortgesetzt, denn die klägerin hatte bereits mit dem ausspruch der kündigung diesbezüglich einen widerspruch erklärt. nachdem das mietverhältnis aufgrund der ordentlichen kündigung beendet wurde, bedarf es auch weiterer ausführungen zur frage der außerordentlichen kündigung nicht. die kündigung war schließlich auch nach § 580a bgb zum 30.09.2020 fristgerecht. 65b) 66die beklagte ist auch zur räumung der in bezug auf das grundstück qgasse überlassenen flächen gemäß anlage k5e verpflichtet. 67die klägerin hat das diesbezügliche mietverhältnis ebenfalls mit schreiben vom 19.02.2020 zum 30.09.2020 ordentlich gekündigt. die ordentliche kündigung war insoweit auch gemäß § 542 bgb zulässig, denn es bestand ausweislich der vertraglichen regelung unter § 2.1 des diesbezüglichen mietvertrages vom 15.02./11.03.2008 (anlage k4, bl. 62ff d.a.) über den 31.12.2009 hinaus als auf unbestimmte zeit abgeschlossen. eine anderweitige, vertragsbeendigende erklärung haben die parteien nicht dargelegt. die kündigungserklärung vom 19.02.2020 war insoweit auch hinreichend konkret, da sie sich in der betreffzeile sowohl auf den konkreten vertrag als auch auf das näher bezeichnete grundstück ausdrücklich bezieht. die obigen ausführungen betreffend §§ 545, 580a bgb gelten entsprechend. 68ii. 69die klage ist hinsichtlich des auskunftsanspruchs in der zuletzt geltend gemachten form begründet. der klägerin steht gegen die beklagte ein anspruch auf auskunft über bestehende untermietverhältnisse und sonstige nutzungsüberlassungen zu. der anspruch ergibt sich aus dem 2. nachtrag in verbindung mit § 242 bgb. dem vermieter steht gegen den mieter ein aus dem mietverhältnis abzuleitender anspruch aus § 260 abs. 1 bgb auf auskunft darüber an wen dieser untervermietet hat bzw. wer aufgrund von abreden mit diesem nutzungsrechte geltend machen kann (olg köln beschl. v. 18.8.2010 – 22 u 90/10, beckrs 2012, 1160, beck-online, m.w.n.). der anspruch ist gerechtfertigt durch § 546 abs. 2 bgb und dem umstand, dass der vermieter gegen den jeweiligen besitzer einen gegen diesen gerichteten räumungstitel benötigt. bereits die aus dem beiderseitigen vortrag ersichtlichen, nicht klar dargelegten unternutzungsverhältnisse begründen unter würdigung der interessen der parteien nach dem 2. nachtrag einen entsprechenden anspruch der klägerin auf auskunft jedenfalls hinsichtlich der konkreten person dessen, dem die nutzung überlassen wurde. weitere auskunft zur ausgestaltung macht die klägerin nicht geltend. auch macht sie nach teilklagerücknahme keine auskunft (mehr) geltend in bezug auf personen, die sich lediglich in den räumlichkeiten aufhalten, zumal zu diesen die beklagte selbst nicht ohne weiteres zur auskunft in der lage wäre. der anspruch ist auch nicht erfüllt. die beklagte hat eine konkrete und aktuelle erfüllung des anspruchs über deren behauptung hinaus nicht dargelegt. das gericht hat mit hinweisbeschluss vom15.06.2021 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die beklagte in bezug auf die erfüllung des anspruchs darlegungs- und beweisbelastet ist, substantiierten vortrag zur vornahme konkreter erfüllungshandlungen in bezug auf die begehrte auskunft hat die beklagte hierauf jedoch nicht erbracht. 70iii. 71soweit die klägerin die vorlage von untermietverträgen (in kopie) geltend macht, ist die klage unzulässig. 72der antrag ist unbestimmt und der vollstreckung nicht fähig. im rahmen einer vollstreckung wäre dem vollstreckungsorgan eine ermittlung der von der vollstreckung umfassten dokumente nicht möglich, da der antrag sich nur allgemein auf etwaige bestehende untermietverträge oder sonstige vertragliche vereinbarungen über die nutzungsüberlassung erstreckt, ohne sie zu konkretisieren. der mangel ist vorliegend auch nicht behebbar, nachdem der klägerin die spezifizierung ohne die verfolgte auskunft nicht möglich ist. die klägerin hat den anspruch auch nicht als noch zu konkretisierenden antrag formuliert, wie sich zunächst aus der ursprünglichen positionierung des antrags unter ziffer 3. vor dem ursprünglichen antrag auf verurteilung zur versicherung der auskunft an eides statt (ziffer 4., klageschrift, bl. 2 d.a.) ergibt. auch der erklärung der rücknahme des letztgenannten antrags ist zu entnehmen, dass der auf die vorlage von vertragskopien gerichtete antrag nicht als zu konkretisierende letzte stufe einer stufenklage gemäß § 254 zpo zu verstehen war, da die teilklagerücknahme gerade auch eine abschließende entscheidung ermöglichen sollte. 73iv. 74die feststellungswiderklage ist zulässig, jedoch unbegründet. der feststellungsantrag der beklagten ist dabei entsprechend der ausdrücklichen begründung der widerklage (bl. 119, s. 14 der klageerwiderung und widerklage) dahingehend zu verstehen, dass er sich auf das fortbestehen des mietverhältnisses richtet und nicht auf die feststellung der unwirksamkeit jeder einzelnen ausgesprochenen kündigung. die widerklage hat insoweit keinen erfolg, denn das mietverhältnis ist durch kündigung beendet. auf die obigen ausführungen wird bezug genommen. 75v. 76die widerklage ist auch hinsichtlich des zahlungsantrages nicht begründet. 77der beklagten steht gegen die klägerin kein anspruch auf zahlung eines betrages in höhe von 284.774,49 euro zu. 78der beklagten steht gegen die klägerin jedenfalls kein durchsetzbarer anspruch auf zahlung in höhe von 284.774,49 euro aus § 20.22 des 2. nachtrags vom 22./25.11.2011 zu, auf den sie sich nach dem inhalt des schriftsatzes vom 17.07.2021 (dort s. 6, bl. 425 d.a.) hierzu vorrangig stützt. soweit der vertrag hier zwar eine regelung enthält, wonach die klägerin der beklagten für sanierungsarbeiten der gleisentwässerung in f1 einen betrag in höhe von 400.000 euro zur verfügung stelle, würde dies dem wortlaut nach grundsätzlich einen unmittelbaren zahlungsanspruch der beklagten begründen. dieser ist jedoch verjährt. die klägerin hat sich insoweit auf eine verjährung der forderung berufen. mangels besonderer gesetzlicher regelung unterliegt der anspruch der regelmäßigen verjährung nach §§ 195, 199 bgb von drei jahren zum jahresende. soweit die parteien unter § 19 des 2. nachtrags eine verjährungsfrist von einem jahr vereinbart haben, soweit das gesetz keine längere verjährungsfrist vorsieht, kommt diese regelung wegen der längeren gesetzlichen frist nicht zu tragen. der anspruch ist mit dem abschluss des 2. nachtrages am 25.11.2011 nach dem unbedingten wortlaut der vertraglichen regelung als fällig entstanden, mit dem auch die notwendige kenntnis der beklagten nach § 199 abs. 1 nr. 2 bgb gegeben war und verjährte demgemäß zum ablauf des 31.12.2014. verjährungshemmende oder -unterbrechende umstände sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, sodass die (wider)klageweise geltendmachung mit schriftsatz vom 17.07.2021 jedenfalls erst nach ablauf der verjährungszeit erfolgte. es kann im ergebnis daher auch dahin stehen, ob der anspruch aus § 20.22 des 2. nachtrags identisch ist mit dem unter § 20.27 c. genannten betrag in höhe von ebenfalls 400.000 euro. sollten die regelungen unter § 20.22 und § 20.27 c. jeweils denselben zuschussbetrag in höhe von 400.000 euro betreffen, so wäre eine klageweise geltendmachung der zahlung jedenfalls dadurch ausgeschlossen, dass § 20.27 c. – insoweit – ausschließlich eine verrechnung mit den dort näher bezeichneten forderungen zulässig ist. 79auch aus anderen rechtsgründen steht der geltend gemachte anspruch der beklagten nicht zu. auch soweit die beklagte nämlich mit der widerklage geltend gemachte forderung gemäß schriftsatz vom 17.07.2021 hilfsweise auf weitere begründungen stützt, ist ein anspruch der beklagten gegen die klägerin jeweils nicht gegeben. 80soweit die beklagte gemäß schriftsatz vom 03.05.2021 (dort bl. 373) die widerklageforderung zu einem betrag in höhe von 149.124,49 euro auf eine werklohnforderung aus § 631 bgb stützt, ist eine solche nicht schlüssig dargelegt. die beklagte hat eine vereinbarung mit der klägerin, wonach die beklagte dieser gegen eine vergütung einen bestimmten erfolg schulde, nicht substantiiert dargelegt. dies gilt insbesondere für eine etwaige vergütungsabrede, kraft welcher sie berechtigt wäre, entsprechend den einheits- und pauschalpreisen der als vorläufiger schlussrechnung vorgelegten rechnung vom 08.05.2020 (anlage b15, bl. 387, 389 d.a.) werklohn geltend zu machen. soweit ein zusammenhang mit der regelung unter § 20.22 des 2. nachtrags besteht, wonach die klägerin für sanierungsarbeiten der gleisentwässerung zur verfügung stellt, hat die beklagte den anspruch ebenfalls nicht dargelegt, da sie ausdrücklich werklohn und keinen aufwendungsersatz geltend macht, zumal auch nicht ersichtlich wäre, inwieweit der betrag von 400.000 euro mit einer schlussrechnungssumme von lediglich 149.124,49 euro in einklang zu bringen sein sollte. auf den hinweis des gerichts im beschluss vom 15.06.2021 in bezug auf die geltendmachung von werklohn hat die beklagte nicht ergänzend vorgetragen. 81soweit die beklagte den mit der widerklage geltend gemachten betrag ferner auf kosten von rohrreinigungsarbeiten in höhe von 22.343,19 euro stützt, ist ein zahlungsanspruch aus § 631 bgb ebenfalls nicht dargelegt. eine konkrete beauftragung, auf die es angesichts ihres vortrages früherer aufeinander folgender verträge angekommen wäre, trägt die beklagte nicht vor, ebenso erklärt sich die ermittlung des forderungsbetrages nicht. rechnungen hat die beklagte insoweit nicht vorgelegt. 82soweit schließlich die beklagte ihre widerklage (auch) auf verzugsschäden in form der kosten kaufmännischer und technischer hausverwaltung in höhe von brutto 135.650 euro stützt, ist ein anspruch insbesondere aus §§ 280, 286 bgb nicht dargelegt. es ist nicht dargelegt, mit welcher konkreten vertraglichen pflicht sich die klägerin in verzug befunden hätte. soweit die beklagte einen bruttobetrag geltend macht, erschließt sich dies bereits auch mit blick auf die geltendmachung als schadensersatz gemäß schriftsatz vom 03.05.2021 (dort s. 13, bl. 376 d.a.) nicht. ein konkreter schadensbetrag ergibt sich hieraus nicht. die beklagte hat auch die berechnung der widerklageforderung insoweit nicht offengelegt oder die umstände, aus der sie eine bestimmte berechnung herleitet. trotz hinweises mit beschluss vom 15.06.2021 hat die klägerin auch die in bezug genommene anlage b17 nicht vorgelegt und auch zur konkreten herleitung der geltendmachung eigener leistungen gegenüber der klägerin nicht vorgetragen. 83vi. 84der nachgelassene schriftsatz der klägerin vom 21.09.2021 und der nicht nachgelassene schriftsatz der beklagten vom 12.10.2021 begründeten eine wiedereröffnung der mündlichen verhandlung nicht. sie enthalten jeweils neuen entscheidungserheblichen vortrag nicht. 85vii. 86die kostenentscheidung beruht auf §§ 92 abs. 2 nr. 1, 269 abs. 3 zpo; das teilweise unterliegen der klägerin sowie die geringfügigen teilklagerücknahmen stellen sich als mehrkostenneutral dar. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 7, 709 s. 1, s. 2, 711 zpo. die höhe der sicherheit in bezug auf den räumungsausspruch beruht auf der höhe möglicher schäden der klägerin im falle verzögerter vollstreckung. mangels geschuldeter miete/pacht war hier auf den jahresbetrag allein der betriebskosten abzustellen, die die kammer den anlagen k12, k14, k17 und k19-k21 entnommen, um 10% erhöht und gerundet hat. bei der sicherheitsleistung in bezug auf die auskunft waren der voraussichtliche aufwand an zeit und die kosten der erstellung der auskunft zu schätzen (musielak/voit/lackmann, 18. aufl. 2021, zpo § 709 rn. 5). 87streitwert: 866.411,32 euro (räumungsantrag: 211.615,32 euro; auskunftsantrag: 52.903,83 euro; kopienvorlage: 10.000 euro; negative feststellungswiderklage: kein mehrwert ggü. räumungsklage; widerklage sanierungskosten (soweit geltend gemacht): 284.774,49 euro; widerklage werklohn: 149.124,49 euro; widerklage rohrreinigung: 22.343,19 euro; widerklage hausverwaltungskosten: 135.650 euro; forderungen der zahlungswiderklage summiert gemäß § 45 abs. 1 s. 2 gkg, vgl. olg köln njw-rr 2012, 615)) 88rechtsbehelfsbelehrung: 89hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 90die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. |
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} | 4 K 2043/20 | 2021-12-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich der Klägerin zu 2. übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen – bezüglich der Klägerin zu 1. – wird die Klage abgewiesen. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerinnen wenden sich als Mitglieder des S. des Regierungsbezirks E. gegen die Übertragung der Entscheidung über eine Verfahrensfrage durch den beklagten Regionalrat auf den Planungsausschuss und eine dadurch bedingte Verkürzung ihrer organschaftlichen Mitwirkungsrechte im S4. . 3Der S1. beschloss am 27. Juni 2019 die Erarbeitung der 1. Änderung des Regionalplans E. (S3. ) für das gesamte Plangebiet des S2. gemäß § 6 Landesplanungsgesetz (LPlG NRW). 4Das Beteiligungsverfahren nach § 9 Raumordnungsgesetz (ROG) i.V.m. § 13 Abs. 1 LPlG NRW wurde im Zeitraum vom 26. Juli 2019 bis zum 30. September 2019 durchgeführt. Die eingegangenen Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten nach § 4 ROG wurden am 5. November 2019 gemäß § 19 Abs. 3 LPlG NRW erörtert. 5Da das durchgeführte Beteiligungsverfahren zu zahlreichen Änderungsvorschlägen führte, wurde eine zweite Offenlage des Regionalplans erforderlich. Zur Verfahrensbeschleunigung schlug die S5. den Mitgliedern des S2. auf einer Klausurtagung am 19./20. September 2019 vor, den Beschluss zur zweiten Offenlage im Rahmen einer Sondersitzung des Planungsausschusses herbeizuführen, da die nächste reguläre Sitzung des S2. erst am 12. Dezember 2019 stattfinde. 6Noch am 19. September 2019 beschloss der S1. gegen die Stimmen der Klägerinnen unter dem Tagungsordnungspunkt 5, über die 2. Offenlegung des S3. „Mehr Wohnbauland am Rhein“ durch den Planungsausschluss befinden zu lassen und nicht durch den S1. . 7In der Niederschrift der Klausurtagung (abrufbar unter https://www.brd.nrw.de/ regionalratssitzungen) heißt es: 8„Die Verwaltung gibt einen kurzen Überblick über den Verfahrensstand und die bisher eingegangenen Stellungnahmen. 9Für die weitere Bearbeitung im Verfahren werden zwei Zeitplanalternativen unterbreitet. 10Alternative 1: 1112erste Erörterung im November 2019 13Info an S1. Anfang November 2019 14zweite Beteiligung im Dezember 2019 15zweite Erörterung Anfang Februar 2020 16Aufstellungsbeschluss März 2020 17Alternative 2: 1819erste Erörterung im November 2019 20Regionalratsbeschluss im Dezember 2019 21zweite Beteiligung im neuen Jahr 22zweite Erörterung im März 2020 23Aufstellungsbeschluss Juni 2020“ 24Über die Zeitpläne und deren Auswirkungen wurde vielfältig diskutiert. Am Ende der Diskussion wurde Alternative 1 mit einer Sondersitzung des Planungsausschusses Anfang November ergänzt. 25Daraufhin wurde wie folgt abgestimmt: 261. Sondersitzung des Planungsausschusses: 27Zustimmung bei Gegenstimmen Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 28Beschluss im Juni: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dafür, alle anderen dagegen“. 29In der Sitzung des Planungsausschusses am 11. November 2019 wurde anschließend ein Beschluss gefasst, wonach die 2. Offenlage des Regionalplans entsprechend dem Vorschlag der Verwaltung erfolgte. 30Der Wortlaut des Beschlusses lautet: 31„Der Planungsausschuss fasst in seiner Sondersitzung am 11.11.2019 mehrheitlich bei zwei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen den folgenden Beschluss zur Tischvorlage vom 08.11.2019: Der Planungsausschuss erklärt sein Einverständnis, dass die 2. Offenlage gemäß dem Vorschlag der Verwaltung und unter Berücksichtigung der in der Sitzung vorgelegten gemeinsamen Stellungnahme der CDU-Fraktion, der SPD-Fraktion und der FDP/FW-Fraktion erfolgt.“ 32An dieser Sitzung nahm die Klägerin zu 1. beratend teil. Sie gehörte jedoch ebenso wie die Klägerin zu 2. dem Planungsausschuss formal nicht an. 33Die Klägerinnen haben das Vorgehen des Beklagten nach Aktenlage mit Schreiben vom 30. März 2020 vorprozessual gerügt. Der Beklagte machte hierzu mit Schreiben vom 9. April 2020 geltend, die Mitwirkungsrechte der Klägerinnen seien hinsichtlich der Entscheidung des Planungsausschusses vom 11. November 2019 über die 2. Offenlegung nicht verletzt. Das Landesplanungsgesetz sehe lediglich einen Erarbeitungs- und einen Aufstellungsbeschluss des S. vor. Der Erarbeitungsbeschluss sei ordnungsgemäß in dem dafür vorgesehenen Verfahren formalen Verfahren gefasst worden. Daneben könne der S1. weitere verfahrensmäßige Entscheidungen treffen. Solche seien jedoch weder zwingend erforderlich noch sei hierfür ein bestimmtes Verfahren vorgesehen. 34Die Klägerinnen haben am 16. April 2020 die vorliegende Klage erhoben. 35Sie machen geltend, die Delegation der Beschlussfassung über die 2. Offenlage des Regionalplans an den Planungsausschuss sei rechtswidrig. Sie verstoße gegen das in § 9 Abs. 1 LPlG NRW und § 9 Abs. 2 und 3 ROG vorgegebene Kompetenzgefüge. Aus § 9 Abs. 1 LPlG NRW ergebe sich, dass die verfahrensmäßigen Entscheidungen im Rahmen der Erarbeitung des Regionalplans durch den S1. zu treffen seien. Der S.1 sei auch die nach Landesrecht „zuständige Stelle“ i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 2 ROG, die über die Auslegung der Unterlagen zu entscheiden habe. Dies gelte gemäß § 9 Abs. 3 ROG auch bei einer Entscheidung über eine erneute Offenlage. Darüber hinaus könne der S1. zwar gemäß § 10 Abs. 5 LPlG NRW Kommissionen bilden, jedoch nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur zur Vorbereitung der Beschlussfassung. Damit fehle es an einer Norm, die den S1. zu einer Delegierung der ihm gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen ermächtige. Hierdurch seien die Klägerinnen auch in ihren subjektiv-organschaftlichen Rechten verletzt, da sie durch das Mehrheitsvotum des Rates von der weiteren Mitwirkung an der Beschlussfassung über die 2. Offenlage ausgeschlossen worden seien. Dem Planungsausschuss gehörten sie beide nicht an. 36Die Klägerin zu 2. hat auf die Mitteilung des Beklagten, dass sie dem am 18. Februar 2021 neu konstituierten S1. nicht mehr als stimmberechtigtes Mitglied angehört, den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen. 37Die Klägerin zu 1. beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 38festzustellen, dass der unter Tagesordnungspunkt 5 in der Sitzung vom 19. September 2019 gefasste Beschluss des Beklagten, den Beschluss zur zweiten Offenlage des Regionalplans in einer Sondersitzung des Planungsausschusses am 11. November 2019 herbeizuführen, rechtswidrig ist und die Klägerin zu 1. insoweit in ihren organschaftlichen Rechten verletzt ist. 39Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 40die Klage abzuweisen. 41Er trägt im Wesentlichen vor: Die Delegierung eines Beschlussrechts auf den Planungsausschuss habe nicht stattgefunden. Dies folge bereits daraus, dass es sich bei dem Votum der Regionalratsmitglieder in der Klausurtagung nicht um einen förmlichen Beschluss gehandelt habe, da die Tagung etwa in Ermangelung einer förmlichen Einberufung keine reguläre Sitzung des S2. dargestellt habe. Darüber hinaus könnten die Kommissionen i.S.d. § 10 Abs. 5 LPlG NRW – hier: Planungsausschuss – keine Beschlüsse fassen. Dieses Recht stehe ausschließlich dem S1. zu. Dementsprechend habe der Planungsausschuss am 11. November 2019 auch keinen Beschluss gefasst, sondern lediglich sein Einverständnis mit der 2. Offenlage erklärt. Die in der entsprechenden Tischvorlage einleitend verwendete Formulierung „Beschlussvorschlag“ sei insoweit missverständlich formuliert und werde künftig angepasst. Bei dem Einverständnis handele es sich jedoch nicht um einen gesetzlich zwingend vorgesehenen Verfahrensschritt. Der S1. habe sich gleichwohl zum Zwecke der Transparenz für die Befassung in einer öffentlichen Sitzung des Planungsausschusses entschieden. Zudem folge aus § 9 Abs. 2 Satz 1 ROG kein zwingendes Entscheidungsgebot des S. . Dort sei lediglich eine gesetzliche Verpflichtung zur Auslegung der Unterlagen geregelt. Sofern – wie hier – die S5. gemäß § 9 Abs. 1, § 19 Abs. 1 LPlG NRW das Erarbeitungsverfahren durchführe, habe folglich sie die Unterlagen auszulegen. Dies stehe nicht zur Disposition des S. oder der S5. , so dass es einer gesonderten Entscheidung überhaupt nicht bedürfe. Zwar stehe dem S1. die Befugnis zu, über die Auslage weiterer von ihm als zweckdienlich erachteter Unterlagen zu entscheiden. Hierzu dürfte indes auch die S5. befugt sein, da diese das Erarbeitungsverfahren durchführe. Das in § 9 Abs. 1 Satz 2 LPlG NRW normierte Weisungsrecht des S. ändere hieran nichts, solange der S1. von seinem Weisungsrecht keinen Gebrauch mache. Mithin sei kein Beschluss über die 2. Offenlage erforderlich gewesen, so dass auch eine Verletzung von Mitwirkungsrechten ausscheide. Im Übrigen fehle der Klage das Rechtsschutzbedürfnis, da der S1. am 25. Juni 2020 die Aufstellung der 1. Änderung des Regionalplans (S3. ) „Mehr Wohnbauland am Rhein“ beschlossen habe. 42Das Gericht hat mit Hinweisschreiben vom 4. November 2021 (Bl. 76 ff. GA) die Klagebefugnis bezweifelt, da die Verletzung organschaftlicher Rechte wohl nur von dem betroffenen Organ selbst geltend gemacht werden könne und eine mittelbare Rechtsbetroffenheit der Klägerinnen im Hinblick auf das Demokratie- bzw. Mehrheitsprinzip voraussichtlich keine andere Bewertung gebiete. 43Hierzu trug die Klägerin zu 1. ergänzend vor, dass es vorliegend nicht wie in den von der zitierten Rechtsprechung entschiedenen Fällen um eine Kompetenzanmaßung durch ein unzuständiges Organ (Planungsausschuss) gehe, sondern um eine rechtswidrige Kompetenzübertragung durch den S1. selbst. Dadurch sei die Klägerin zugleich in ihren organschaftlichen Mitwirkungsrechten als Ratsmitglied verletzt. Dies folge aus der Verpflichtung sämtlicher Organe und Organteile zur sog. Organtreue. Die Pflicht zur Organtreue wurzele in dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme und dem Grundsatz von Treu und Glauben. Hieraus folge das Verbot rechtsmissbräuchlichen Handelns und die Pflicht zur Rücksichtnahme. Die Klägerin sei in ihrem Recht auf Rücksichtnahme verletzt. Sie sei auf ein rechtstreues Verhalten der übrigen Mitglieder des S. angewiesen, wenn sie ihre Kompetenz zur Mitwirkung wahrnehmen wolle. 44Die Beteiligten haben sich am 29. November 2021 und am 2. Dezember 2021 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch den Berichterstatter einverstanden erklärt. 45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang ergänzend Bezug genommen. 46Entscheidungsgründe: 47Der Vorsitzende konnte über die Klage im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung als Berichterstatter entscheiden, §§ 87a Abs. 2, 101 Abs. 2 VwGO. 48Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich der Klägerin zu 2. für erledigt erklärt haben, war das Verfahren analog § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. 49Die Klage im Übrigen hat keinen Erfolg. Sie ist mangels Klagebefugnis der Klägerin zu 1. unzulässig. 50Eine auch für die Feststellungsklage entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis besteht in einem innerhalb eines Organs geführten (Intra-) Organstreitverfahren, wenn die Möglichkeit einer Verletzung von organschaftlichen Rechten durch das beanstandete Organhandeln gegeben ist. Dies setzt voraus, dass es sich bei der als verletzt gerügten Rechtsposition um ein durch das Innenrecht eingeräumtes, dem klagenden Organ oder Organteil zur eigenständigen Wahrnehmung zugewiesenes wehrfähiges subjektives Organrecht handelt. Geht es um die Verletzung organschaftlicher Mitwirkungsrechte durch einen Ratsbeschluss, setzt die Klagebefugnis dementsprechend im Ausgangspunkt voraus, dass dieser ein subjektives Organrecht des klagenden Organs oder Organteils nachteilig betrifft. 51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. September 2015 – 15 A 1961/13 – juris Rn. 42; VG E. , Beschluss vom 21. April 2020 – 1 L 678/20 –, juris Rn. 4. 52Demgegenüber bleibt eine Klage, die auf die Feststellung einer allein objektiv-rechtlichen Verletzung von Rechtsnormen gerichtet ist und nicht dem weiteren Erfordernis genügt, dass der Kläger durch rechtswidriges Organhandeln in einer ihm gesetzlich eingeräumten Rechtsposition als Organteil verletzt sein kann, auch im Gewand eines Organstreits eine unzulässige Popularklage. Sie ist dann ungeachtet der Schwere des Rechtsverstoßes abzuweisen. 53VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24. Februar 1992 – 1 S 2242/91 – juris Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 26. April 1989 – 15 A 2805/86 –, NVwZ 1989, 989, juris (Leits.). 54Nach diesen Grundsätzen ist eine Verletzung subjektiv-organschaftlicher (Mitwirkungs-) Rechte der Klägerin zu 1. durch die beanstandete Delegierung der Entscheidung über die zweite Offenlegung des Regionalplans (S3. ) „Mehr Wohnbauland am Rhein“ durch den S1. auf den Planungsausschuss und den damit einhergehenden Ausschluss der Klägerin von einer diesbezüglichen weiteren Mitwirkung im S1. nicht gegeben. 55Insofern mag offen bleiben, inwieweit und in welcher Form der S1. in seiner Klausurtagung am 19. September 2019 Entscheidungsbefugnisse an den Planungsausschuss delegiert hat. Wird unterstellt, dass nach den gesetzlichen Vorgaben von §§ 9 Abs. 2 und 3 ROG i.V.m. §§ 9, 19 LPlG NRW allein der S1. über die 2. Offenlage hätte befinden dürfen bzw. müssen, so lag in dem in der Sitzung vom 11. November 2019 erklärten „Einverständnis“ des Planungsausschusses mit der 2. Offenlage „gemäß dem Vorschlag der Verwaltung und unter Berücksichtigung der in der Sitzung vorgelegten gemeinsamen Stellungnahme der CDU-Fraktion, der SPD-Fraktion und der FDP/FW-Fraktion“ allenfalls eine Verletzung der Kompetenzen des S. . 56In der Rechtsprechung zum sog. Kommunalverfassungsstreit ist anerkannt, dass die (Kompetenz-)Rechte eines Organs nur dieses Organ selbst wahrnehmen und verteidigen kann. 57Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Dezember 1992 - 2 BvQ 14/91, 2 BvH 6/91 -; BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 1994 - 7 B 224/93 -, Urteil vom 27. Juni 2018 – 10 CN 1/17 –, juris Rn. 25 ff.; VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 26. März 2020 – 1 S 424/20 -, juris Rn. 50 m.w.N.; Bay. VGH, Beschluss vom 22. Dezember 1991 - 4 CE 91.3684 -; OVG NRW, Beschluss vom 17. März 1988 - 15 B 695/88 -; Beschluss vom 12. November 1992 -15 B 3965/92 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 1. September 1992 - 1 S 506/92 -; Urteil vom 9. März 2012 - 1 S 3326/11 -; OVG Saarland, Beschluss vom 30. September 1993 - 1 R 38/91 -; Sächs. OVG, Beschluss vom 3. Juli 1996 - 3 S 274/96 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18. Juli 2007 - 2 MB 14/07 -, allesamt juris; vgl. auch Wahl/Schütz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 100 m.w.N., wonach das einzelne Mitglied eines Kollegialorgans in Ermangelung einer § 64 BVerfGG entsprechenden Vorschrift nicht als Prozessstandschafter des Gesamtorgans klagen kann. 58Es würde dem Gehalt der organschaftlichen Rechte widersprechen, einem Organteil die Befugnis zuzubilligen, die Rechte des Organs gerichtlich geltend zu machen, dem es als Organteil angehört. Solche Innenrechte werden den Organen und Organteilen zugewiesen, damit sie diese eigenen Rechte in Abgrenzung zu den Rechten aller anderen Organe und Organteile wahrnehmen und in eigener Verantwortung entscheiden können, ob sie die ihnen zugewiesenen Rechtspositionen verteidigen. Mit diesem Zuweisungsgehalt wäre es nicht zu vereinbaren, wenn das Organ, in dessen Rechte möglicherweise durch ein anderes Organ eingegriffen wurde, damit rechnen müsste, dass seine Organteile gegen seinen Willen gerichtlichen Rechtsschutz zur Verteidigung seiner Rechte in Anspruch nehmen. 59Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2018 – 10 CN 1/17 –, juris Rn. 25 ff.; VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 26. März 2020 – 1 S 424/20 -, juris Rn. 50; 60Die daraus folgenden Reaktionsrechte in Gestalt von Abwehr-, Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen 61vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. November 1992 -15 B 3965/92 - 62können daher nur dem betroffenen Organ zustehen. 63Die mit einer Verletzung von Organkompetenzen zugleich einhergehende mittelbare Betroffenheit der Teilhabe- und Mitwirkungsrechte der Mitglieder des Organs führt nach gefestigter Rechtsprechung ebenfalls nicht zu einer Klagebefugnis des einzelnen Mitglieds. 64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. November 1992 – 15 B 3965/92 –, juris Rn. 11; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18. Juli 2007 – 2 MB 14/07 –, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 3. Juli 1996 – 3 S 274/96 –, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 1. September 1992 – 1 S 506/92 –, juris. 65Zwar mögen Eingriffe in die Rechte des unmittelbar von der Regelung betroffenen Organs oder Organteils die tatsächlichen Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung der Rechte nicht von dieser Regelung erfasster Organe oder Organteile verändern. Darin liegt aber kein normativer Eingriff in diese Rechte, sondern nur eine faktische nachteilige Auswirkung eines solchen Eingriffs in Rechte anderer. Den nur faktisch nachteilig "Drittbetroffenen" eine Klagebefugnis neben dem Organ oder Organteil zuzugestehen, das vom normativen Eingriff betroffen ist, würde dem Zuweisungsgehalt des von diesem Eingriff erfassten organschaftlichen Rechts widersprechen. 66Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2018 – 10 CN 1/17 –, juris Rn. 26 f. m.w.N. 67Ebenso wenig ist von den Mitwirkungsrechten ein gerichtlich durchsetzbarer Gesetzesvollziehungsanspruch, d.h. ein Anspruch auf eine in jeder Hinsicht formell und materiell rechtmäßige Handlungsweise des eigenen Kollegialorgans, nicht erfasst. 68Vgl. auch zum Hochschulorganisationsrecht VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23. November 1993 – 9 S 2983/91 –, juris Rn. 18 f. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18. Juli 2007 – 2 MB 14/07 –, juris Rn. 4; VG Arnsberg, Urteil vom 11. Mai 2007 – 12 K 3156/06 –, juris. 69Vielmehr hat es die Mehrheit des Kollegialorgans in der Hand, die Kompetenzüberschreitung zu sanktionieren, ohne dass der Minderheit eine Rechtsschutzmöglichkeit zusteht. Anderenfalls wäre es einem einzelnen Mitglied möglich, zum einen Rechte durchzusetzen, die nicht unmittelbar ihm zu dienen bestimmt sind, und zum anderen entgegen dem Willen der (gewählten) Mehrheit vorzugehen und damit zugleich deren organschaftliche Einzelrechte zu beschneiden. Darin läge ein erneuter Eingriff in die Zuständigkeit des betroffenen Organs und das dem Demokratiegedanken zugrunde liegende Mehrheitsprinzip. 70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. November 1992 -15 B 3965/92 -, juris Rn. 11; VG E. , Beschluss vom 21. April 2020 – 1 L 678/20 -, juris Rn. 8; VG Augsburg, Urteil vom 26. Juli 2013 - Au 7 K 12.1425 -, juris Rn. 30; Wahl/Schütz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 100. 71Die Organteile sind abhängig von einer entsprechenden Willensbildung der Mehrheit der Mitglieder des Kollegialorgans. Daher beschränkt sich die Möglichkeit des einzelnen Mitglieds darauf, kompetenzkonforme Beschlüsse des Kollegialorgans anzuregen. 72Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 24. Januar 2018 – 7 K 231/16.WI –, juris Rn. 48; OVG NRW, Urteil vom 29. April 1988 - 15 A 2207/85 -; Beschluss vom 25. Mai 2007 - 15 B 634/07 -, jeweils juris. 73Durchgreifende Gesichtspunkte, die gegen eine Übertragbarkeit dieser zum Kommunalverfassungsstreit entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall sprechen könnten, liegen nicht vor. 74Das einzelne Mitglied, das an der Wahrnehmung der Kompetenzen des S. als Organteil teilnimmt, ist gleichermaßen auf die Ausübung eigener Mitwirkungsrechte innerhalb des S. beschränkt und insoweit der Mehrheitsentscheidung unterworfen. Gelingt es ihm nicht, die Ratsmehrheit von der Notwendigkeit einer Entscheidung – hier: über die im Rahmen der erneuten Offenlage auszulegenden Unterlagen durch den S1. selbst – zu überzeugen, ist sein Initiativrecht durch das Mehrheitsprinzip beschränkt. Die der Klägerin zu 1. über §§ 6 ff. LPlG NRW und die nach § 10 Abs. 3 LPlG NRW erlassene Geschäftsordnung 75abrufbar unter https://www.brd.nrw.de/system/files/migrated_documents/media/document/2016-06/rr _geschaeftsordnung-regionalrat_duesseldorf.pdf 76vermittelten innerorganschaftlichen Mitgliedschaftsrechte, welche über Anhörungs-, Auskunfts-, Teilhabe- und Stimmrechte nicht hinausgehen und die der Klägerin allein eine wehrfähige Innenrechtsposition gegenüber dem beklagten S1. verleihen, sind durch eine etwaige objektive Rechtswidrigkeit der gefassten Mehrheitsentscheidung nicht verletzt. Von den Mitwirkungsrechten ist – wie dargelegt – ein gerichtlich durchsetzbarer Gesetzesvollziehungsanspruch nicht erfasst. 77Dass der vermeintliche Kompetenzverlust vorliegend nicht wie in den meisten von der Rechtsprechung entschiedenen Fallkonstellationen unfreiwillig, d.h. durch Kompetenzanmaßung eines außenstehenden Organs erfolgt ist, sondern auf ein Tätigwerden des beklagten S. selbst zurückgeht, ist entgegen der klägerischen Auffassung unerheblich. Die Freiwilligkeit oder Unfreiwilligkeit der Verschiebung einer dem Kollegialorgan zugewiesenen Entscheidungsbefugnis auf ein anderes Organ (hier: Planungsausschuss) hat auf die (intra)organschaftliche Kompetenzzuweisung innerhalb des Kollegialorgans, wie sie vorliegend durch die §§ 6 ff. LPlG NRW und die Geschäftsordnung des S. ausgestaltet ist, keinen Einfluss. Würde man demgegenüber die mit einer mehrheitlich beschlossenen Abgabe von Kompetenzen des Kollegialorgans zwangsläufig verbundene (mittelbare) Beeinträchtigung mitgliedschaftlicher Einzelrechte als wehrfähig ansehen, würde nicht nur die Mehrheitsentscheidung des Organs (hier: des beklagten S. ) sondern auch der gesetzliche Zuweisungsgehalt der intraorganschaftlichen Rechte unterlaufen. 78Ein weitergehender Minderheitenschutz erscheint auch nicht notwendig, wenn eine Mehrheit des betroffenen Organs es abgelehnt hat, eine Kompetenzverletzung anzugreifen oder eine Kompetenzwahrnehmung durch ein anderes Organ sogar – wie hier – ausdrücklich billigt. 79Vgl. VG Augsburg, Urteil vom 26. Juli 2013 - Au 7 K 12.1425 -, juris Rn. 33. 80Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 1. folgt eine Verletzung ihrer organschaftlichen Rechte auch nicht aus dem im Verhältnis der Organe und Organteile zueinander geltenden Grundsatz der Organtreue. Die Pflicht zur Organtreue wurzelt in dem verfassungsrechtlichen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sowie in dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben. Daraus folgt die Unzulässigkeit rechtsmissbräuchlichen Handelns. Ein Organ ist im innerorganschaftlichen Zusammenwirken zwingend auf (rechts-)treues Verhalten seiner Mitglieder angewiesen, um seine Kompetenzen wirkungsvoll im Interesse der Funktionserfüllung der Verwaltungseinheit, für die das Organ tätig wird, durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit wahrnehmen zu können. Organe und Organteile einer Gemeinde, soweit sie als solche tätig werden, handeln nicht auf der Grundlage eigener subjektiver Rechte, sondern nehmen im Interesse der Gemeinde übertragene Organrechte wahr. 81Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2021 – 15 A 2079/19 –, juris m.w.N, wonach der Grundsatz der Organtreue namentlich die Obliegenheit von Ratsmitgliedern begründet, rechtliche Bedenken gegen (erfolgte oder anstehende) Maßnahmen/Beschlussfassungen in der verfahrensrechtlich gebotenen Form rechtzeitig geltend zu machen. 82Ein Fall der Rücksichtslosigkeit oder Rechtsmissbräuchlichkeit ist vorliegend nicht gegeben. Er kann insbesondere nicht allein aus einer abweichenden Rechtsauffassung der Ratsmehrheit zur Entbehrlichkeit einer weiteren eigenen Beschlussfassung über eine verfahrensrechtliche Frage abgeleitet werden, denn dies liefe nach den vorstehenden Erwägungen auf einen Gesetzesvollziehungsanspruch hinaus. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn das in Rede stehende Vorgehen des Beklagten gerade von der Absicht bestimmt gewesen wäre, die Klägerin von einer weiteren Einflussnahme in der Sache auszuschließen, bedarf keiner Entscheidung, da für eine solche Fallgestaltung keine Anhaltspunkte vorliegen. 83Das Ergebnis erscheint auch im Übrigen nicht unbillig, zumal eine Rechtskontrolle von Raumordnungsplänen im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nachgelagert möglich ist. 84Vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 242 m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 26. August 2021 – 10 D 45/15.NE –, juris Rn. 81 (zur Inzidentkontrolle eines Regionalplans) . 85Ob zudem der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensmangel überhaupt gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 ROG beachtlich ist, erscheint fraglich, zumal die Klägerin zu 1. weder einen Beteiligungsmangel der Öffentlichkeit oder der in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen (§ 9 Abs. 1 ROG) noch dessen Erheblichkeit für die getroffene Planentscheidung gerügt hat. Dies kann jedoch in diesem Zusammenhang ebenso auf sich beruhen wie die Frage, ob es sich auf eine Rechtsbetroffenheit der Klägerin zu 1. auswirkt, dass sie an den nachfolgenden Beratungen des S. zum Aufstellungsbeschluss am 25. Juni 2020 teilnehmen konnte und damit an der Wahrnehmung ihrer Mitwirkungsrechte im Rahmen der materiellrechtlichen Ausformung des Regionalplans nicht gehindert war. 86Soweit sich daher der S1. in seiner Sitzung vom 19. September 2019 etwaiger Kompetenzen über raumordnungsrechtliche Verfahrensschritte wie die zweite Offenlegung des S3. „Mehr Wohnbauland am Rhein“ begeben hat, ist dieses Vorgehen selbst bei unterstellter objektiver Rechtswidrigkeit allenfalls durch den beklagten S1. zu korrigieren. Für die Klägerin zu 1. ist es jedoch nicht justiziabel. 87Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Klägerin zu 1. aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich der Klägerin zu 2. beruht sie auf § 161 Abs. 2 VwGO. Die demnach vorzunehmende Billigkeitsentscheidung fällt aus vorstehenden Gründen, die auf die Klägerin zu 2. gleichsam zutreffen, zu deren Lasten aus. Die Kostentragung erfolgt nach Kopfteilen, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. 88Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 89Rechtsmittelbelehrung: 90Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 91Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 92Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 93Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 94Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 95Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 96Beschluss: 97Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 98Gründe: 99Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 100Rechtsmittelbelehrung: 101Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 102Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 103Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 104Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 105Die Beschwerdeschrift soll möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 106War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | soweit die beteiligten den rechtsstreit bezüglich der klägerin zu 2. übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das verfahren eingestellt. im übrigen – bezüglich der klägerin zu 1. – wird die klage abgewiesen. die klägerinnen tragen die kosten des verfahrens je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerinnen können die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckungsfähigen betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die klägerinnen wenden sich als mitglieder des s. des regierungsbezirks e. gegen die übertragung der entscheidung über eine verfahrensfrage durch den beklagten regionalrat auf den planungsausschuss und eine dadurch bedingte verkürzung ihrer organschaftlichen mitwirkungsrechte im s4. . 3der s1. beschloss am 27. juni 2019 die erarbeitung der 1. änderung des regionalplans e. (s3. ) für das gesamte plangebiet des s2. gemäß § 6 landesplanungsgesetz (lplg nrw). 4das beteiligungsverfahren nach § 9 raumordnungsgesetz (rog) i.v.m. § 13 abs. 1 lplg nrw wurde im zeitraum vom 26. juli 2019 bis zum 30. september 2019 durchgeführt. die eingegangenen stellungnahmen der verfahrensbeteiligten nach § 4 rog wurden am 5. november 2019 gemäß § 19 abs. 3 lplg nrw erörtert. 5da das durchgeführte beteiligungsverfahren zu zahlreichen änderungsvorschlägen führte, wurde eine zweite offenlage des regionalplans erforderlich. zur verfahrensbeschleunigung schlug die s5. den mitgliedern des s2. auf einer klausurtagung am 19./20. september 2019 vor, den beschluss zur zweiten offenlage im rahmen einer sondersitzung des planungsausschusses herbeizuführen, da die nächste reguläre sitzung des s2. erst am 12. dezember 2019 stattfinde. 6noch am 19. september 2019 beschloss der s1. gegen die stimmen der klägerinnen unter dem tagungsordnungspunkt 5, über die 2. offenlegung des s3. „mehr wohnbauland am rhein“ durch den planungsausschluss befinden zu lassen und nicht durch den s1. . 7in der niederschrift der klausurtagung (abrufbar unter https://www.brd.nrw.de/ regionalratssitzungen) heißt es: 8„die verwaltung gibt einen kurzen überblick über den verfahrensstand und die bisher eingegangenen stellungnahmen. 9für die weitere bearbeitung im verfahren werden zwei zeitplanalternativen unterbreitet. 10alternative 1: 1112erste erörterung im november 2019 13info an s1. anfang november 2019 14zweite beteiligung im dezember 2019 15zweite erörterung anfang februar 2020 16aufstellungsbeschluss märz 2020 17alternative 2: 1819erste erörterung im november 2019 20regionalratsbeschluss im dezember 2019 21zweite beteiligung im neuen jahr 22zweite erörterung im märz 2020 23aufstellungsbeschluss juni 2020“ 24über die zeitpläne und deren auswirkungen wurde vielfältig diskutiert. am ende der diskussion wurde alternative 1 mit einer sondersitzung des planungsausschusses anfang november ergänzt. 25daraufhin wurde wie folgt abgestimmt: 261. sondersitzung des planungsausschusses: 27zustimmung bei gegenstimmen fraktion bündnis 90/die grünen 28beschluss im juni: fraktion bündnis 90/die grünen dafür, alle anderen dagegen“. 29in der sitzung des planungsausschusses am 11. november 2019 wurde anschließend ein beschluss gefasst, wonach die 2. offenlage des regionalplans entsprechend dem vorschlag der verwaltung erfolgte. 30der wortlaut des beschlusses lautet: 31„der planungsausschuss fasst in seiner sondersitzung am 11.11.2019 mehrheitlich bei zwei gegenstimmen der fraktion bündnis 90/ die grünen den folgenden beschluss zur tischvorlage vom 08.11.2019: der planungsausschuss erklärt sein einverständnis, dass die 2. offenlage gemäß dem vorschlag der verwaltung und unter berücksichtigung der in der sitzung vorgelegten gemeinsamen stellungnahme der cdu-fraktion, der spd-fraktion und der fdp/fw-fraktion erfolgt.“ 32an dieser sitzung nahm die klägerin zu 1. beratend teil. sie gehörte jedoch ebenso wie die klägerin zu 2. dem planungsausschuss formal nicht an. 33die klägerinnen haben das vorgehen des beklagten nach aktenlage mit schreiben vom 30. märz 2020 vorprozessual gerügt. der beklagte machte hierzu mit schreiben vom 9. april 2020 geltend, die mitwirkungsrechte der klägerinnen seien hinsichtlich der entscheidung des planungsausschusses vom 11. november 2019 über die 2. offenlegung nicht verletzt. das landesplanungsgesetz sehe lediglich einen erarbeitungs- und einen aufstellungsbeschluss des s. vor. der erarbeitungsbeschluss sei ordnungsgemäß in dem dafür vorgesehenen verfahren formalen verfahren gefasst worden. daneben könne der s1. weitere verfahrensmäßige entscheidungen treffen. solche seien jedoch weder zwingend erforderlich noch sei hierfür ein bestimmtes verfahren vorgesehen. 34die klägerinnen haben am 16. april 2020 die vorliegende klage erhoben. 35sie machen geltend, die delegation der beschlussfassung über die 2. offenlage des regionalplans an den planungsausschuss sei rechtswidrig. sie verstoße gegen das in § 9 abs. 1 lplg nrw und § 9 abs. 2 und 3 rog vorgegebene kompetenzgefüge. aus § 9 abs. 1 lplg nrw ergebe sich, dass die verfahrensmäßigen entscheidungen im rahmen der erarbeitung des regionalplans durch den s1. zu treffen seien. der s.1 sei auch die nach landesrecht „zuständige stelle“ i.s.d. § 9 abs. 2 satz 2 rog, die über die auslegung der unterlagen zu entscheiden habe. dies gelte gemäß § 9 abs. 3 rog auch bei einer entscheidung über eine erneute offenlage. darüber hinaus könne der s1. zwar gemäß § 10 abs. 5 lplg nrw kommissionen bilden, jedoch nach dem eindeutigen wortlaut der vorschrift nur zur vorbereitung der beschlussfassung. damit fehle es an einer norm, die den s1. zu einer delegierung der ihm gesetzlich zugewiesenen kompetenzen ermächtige. hierdurch seien die klägerinnen auch in ihren subjektiv-organschaftlichen rechten verletzt, da sie durch das mehrheitsvotum des rates von der weiteren mitwirkung an der beschlussfassung über die 2. offenlage ausgeschlossen worden seien. dem planungsausschuss gehörten sie beide nicht an. 36die klägerin zu 2. hat auf die mitteilung des beklagten, dass sie dem am 18. februar 2021 neu konstituierten s1. nicht mehr als stimmberechtigtes mitglied angehört, den rechtsstreit für erledigt erklärt. der beklagte hat sich der erledigungserklärung angeschlossen. 37die klägerin zu 1. beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 38festzustellen, dass der unter tagesordnungspunkt 5 in der sitzung vom 19. september 2019 gefasste beschluss des beklagten, den beschluss zur zweiten offenlage des regionalplans in einer sondersitzung des planungsausschusses am 11. november 2019 herbeizuführen, rechtswidrig ist und die klägerin zu 1. insoweit in ihren organschaftlichen rechten verletzt ist. 39der beklagte beantragt schriftsätzlich, 40die klage abzuweisen. 41er trägt im wesentlichen vor: die delegierung eines beschlussrechts auf den planungsausschuss habe nicht stattgefunden. dies folge bereits daraus, dass es sich bei dem votum der regionalratsmitglieder in der klausurtagung nicht um einen förmlichen beschluss gehandelt habe, da die tagung etwa in ermangelung einer förmlichen einberufung keine reguläre sitzung des s2. dargestellt habe. darüber hinaus könnten die kommissionen i.s.d. § 10 abs. 5 lplg nrw – hier: planungsausschuss – keine beschlüsse fassen. dieses recht stehe ausschließlich dem s1. zu. dementsprechend habe der planungsausschuss am 11. november 2019 auch keinen beschluss gefasst, sondern lediglich sein einverständnis mit der 2. offenlage erklärt. die in der entsprechenden tischvorlage einleitend verwendete formulierung „beschlussvorschlag“ sei insoweit missverständlich formuliert und werde künftig angepasst. bei dem einverständnis handele es sich jedoch nicht um einen gesetzlich zwingend vorgesehenen verfahrensschritt. der s1. habe sich gleichwohl zum zwecke der transparenz für die befassung in einer öffentlichen sitzung des planungsausschusses entschieden. zudem folge aus § 9 abs. 2 satz 1 rog kein zwingendes entscheidungsgebot des s. . dort sei lediglich eine gesetzliche verpflichtung zur auslegung der unterlagen geregelt. sofern – wie hier – die s5. gemäß § 9 abs. 1, § 19 abs. 1 lplg nrw das erarbeitungsverfahren durchführe, habe folglich sie die unterlagen auszulegen. dies stehe nicht zur disposition des s. oder der s5. , so dass es einer gesonderten entscheidung überhaupt nicht bedürfe. zwar stehe dem s1. die befugnis zu, über die auslage weiterer von ihm als zweckdienlich erachteter unterlagen zu entscheiden. hierzu dürfte indes auch die s5. befugt sein, da diese das erarbeitungsverfahren durchführe. das in § 9 abs. 1 satz 2 lplg nrw normierte weisungsrecht des s. ändere hieran nichts, solange der s1. von seinem weisungsrecht keinen gebrauch mache. mithin sei kein beschluss über die 2. offenlage erforderlich gewesen, so dass auch eine verletzung von mitwirkungsrechten ausscheide. im übrigen fehle der klage das rechtsschutzbedürfnis, da der s1. am 25. juni 2020 die aufstellung der 1. änderung des regionalplans (s3. ) „mehr wohnbauland am rhein“ beschlossen habe. 42das gericht hat mit hinweisschreiben vom 4. november 2021 (bl. 76 ff. ga) die klagebefugnis bezweifelt, da die verletzung organschaftlicher rechte wohl nur von dem betroffenen organ selbst geltend gemacht werden könne und eine mittelbare rechtsbetroffenheit der klägerinnen im hinblick auf das demokratie- bzw. mehrheitsprinzip voraussichtlich keine andere bewertung gebiete. 43hierzu trug die klägerin zu 1. ergänzend vor, dass es vorliegend nicht wie in den von der zitierten rechtsprechung entschiedenen fällen um eine kompetenzanmaßung durch ein unzuständiges organ (planungsausschuss) gehe, sondern um eine rechtswidrige kompetenzübertragung durch den s1. selbst. dadurch sei die klägerin zugleich in ihren organschaftlichen mitwirkungsrechten als ratsmitglied verletzt. dies folge aus der verpflichtung sämtlicher organe und organteile zur sog. organtreue. die pflicht zur organtreue wurzele in dem verfassungsrechtlichen gebot der rücksichtnahme und dem grundsatz von treu und glauben. hieraus folge das verbot rechtsmissbräuchlichen handelns und die pflicht zur rücksichtnahme. die klägerin sei in ihrem recht auf rücksichtnahme verletzt. sie sei auf ein rechtstreues verhalten der übrigen mitglieder des s. angewiesen, wenn sie ihre kompetenz zur mitwirkung wahrnehmen wolle. 44die beteiligten haben sich am 29. november 2021 und am 2. dezember 2021 mit einer entscheidung im schriftlichen verfahren durch den berichterstatter einverstanden erklärt. 45wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und den beigezogenen verwaltungsvorgang ergänzend bezug genommen. 46 | 47der vorsitzende konnte über die klage im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung als berichterstatter entscheiden, §§ 87a abs. 2, 101 abs. 2 vwgo. 48soweit die beteiligten den rechtsstreit bezüglich der klägerin zu 2. für erledigt erklärt haben, war das verfahren analog § 92 abs. 3 vwgo einzustellen. 49die klage im übrigen hat keinen erfolg. sie ist mangels klagebefugnis der klägerin zu 1. unzulässig. 50eine auch für die feststellungsklage entsprechend § 42 abs. 2 vwgo erforderliche klagebefugnis besteht in einem innerhalb eines organs geführten (intra-) organstreitverfahren, wenn die möglichkeit einer verletzung von organschaftlichen rechten durch das beanstandete organhandeln gegeben ist. dies setzt voraus, dass es sich bei der als verletzt gerügten rechtsposition um ein durch das innenrecht eingeräumtes, dem klagenden organ oder organteil zur eigenständigen wahrnehmung zugewiesenes wehrfähiges subjektives organrecht handelt. geht es um die verletzung organschaftlicher mitwirkungsrechte durch einen ratsbeschluss, setzt die klagebefugnis dementsprechend im ausgangspunkt voraus, dass dieser ein subjektives organrecht des klagenden organs oder organteils nachteilig betrifft. 51vgl. ovg nrw, urteil vom 15. september 2015 – 15 a 1961/13 – juris rn. 42; vg e. , beschluss vom 21. april 2020 – 1 l 678/20 –, juris rn. 4. 52demgegenüber bleibt eine klage, die auf die feststellung einer allein objektiv-rechtlichen verletzung von rechtsnormen gerichtet ist und nicht dem weiteren erfordernis genügt, dass der kläger durch rechtswidriges organhandeln in einer ihm gesetzlich eingeräumten rechtsposition als organteil verletzt sein kann, auch im gewand eines organstreits eine unzulässige popularklage. sie ist dann ungeachtet der schwere des rechtsverstoßes abzuweisen. 53vgh bad.-württ., urteil vom 24. februar 1992 – 1 s 2242/91 – juris rn. 13; ovg nrw, urteil vom 26. april 1989 – 15 a 2805/86 –, nvwz 1989, 989, juris (leits.). 54nach diesen grundsätzen ist eine verletzung subjektiv-organschaftlicher (mitwirkungs-) rechte der klägerin zu 1. durch die beanstandete delegierung der entscheidung über die zweite offenlegung des regionalplans (s3. ) „mehr wohnbauland am rhein“ durch den s1. auf den planungsausschuss und den damit einhergehenden ausschluss der klägerin von einer diesbezüglichen weiteren mitwirkung im s1. nicht gegeben. 55insofern mag offen bleiben, inwieweit und in welcher form der s1. in seiner klausurtagung am 19. september 2019 entscheidungsbefugnisse an den planungsausschuss delegiert hat. wird unterstellt, dass nach den gesetzlichen vorgaben von §§ 9 abs. 2 und 3 rog i.v.m. §§ 9, 19 lplg nrw allein der s1. über die 2. offenlage hätte befinden dürfen bzw. müssen, so lag in dem in der sitzung vom 11. november 2019 erklärten „einverständnis“ des planungsausschusses mit der 2. offenlage „gemäß dem vorschlag der verwaltung und unter berücksichtigung der in der sitzung vorgelegten gemeinsamen stellungnahme der cdu-fraktion, der spd-fraktion und der fdp/fw-fraktion“ allenfalls eine verletzung der kompetenzen des s. . 56in der rechtsprechung zum sog. kommunalverfassungsstreit ist anerkannt, dass die (kompetenz-)rechte eines organs nur dieses organ selbst wahrnehmen und verteidigen kann. 57vgl. bverfg, beschluss vom 22. dezember 1992 - 2 bvq 14/91, 2 bvh 6/91 -; bverwg, beschluss vom 7. januar 1994 - 7 b 224/93 -, urteil vom 27. juni 2018 – 10 cn 1/17 –, juris rn. 25 ff.; vgh bad.-württ, beschluss vom 26. märz 2020 – 1 s 424/20 -, juris rn. 50 m.w.n.; bay. vgh, beschluss vom 22. dezember 1991 - 4 ce 91.3684 -; ovg nrw, beschluss vom 17. märz 1988 - 15 b 695/88 -; beschluss vom 12. november 1992 -15 b 3965/92 -; vgh bad.-württ., beschluss vom 1. september 1992 - 1 s 506/92 -; urteil vom 9. märz 2012 - 1 s 3326/11 -; ovg saarland, beschluss vom 30. september 1993 - 1 r 38/91 -; sächs. ovg, beschluss vom 3. juli 1996 - 3 s 274/96 -; ovg schleswig-holstein, beschluss vom 18. juli 2007 - 2 mb 14/07 -, allesamt juris; vgl. auch wahl/schütz in: schoch/schneider/bier, vwgo, § 42 abs. 2 rn. 100 m.w.n., wonach das einzelne mitglied eines kollegialorgans in ermangelung einer § 64 bverfgg entsprechenden vorschrift nicht als prozessstandschafter des gesamtorgans klagen kann. 58es würde dem gehalt der organschaftlichen rechte widersprechen, einem organteil die befugnis zuzubilligen, die rechte des organs gerichtlich geltend zu machen, dem es als organteil angehört. solche innenrechte werden den organen und organteilen zugewiesen, damit sie diese eigenen rechte in abgrenzung zu den rechten aller anderen organe und organteile wahrnehmen und in eigener verantwortung entscheiden können, ob sie die ihnen zugewiesenen rechtspositionen verteidigen. mit diesem zuweisungsgehalt wäre es nicht zu vereinbaren, wenn das organ, in dessen rechte möglicherweise durch ein anderes organ eingegriffen wurde, damit rechnen müsste, dass seine organteile gegen seinen willen gerichtlichen rechtsschutz zur verteidigung seiner rechte in anspruch nehmen. 59vgl. bverwg, urteil vom 27. juni 2018 – 10 cn 1/17 –, juris rn. 25 ff.; vgh bad.-württ, beschluss vom 26. märz 2020 – 1 s 424/20 -, juris rn. 50; 60die daraus folgenden reaktionsrechte in gestalt von abwehr-, unterlassungs- oder beseitigungsansprüchen 61vgl. ovg nrw, beschluss vom 12. november 1992 -15 b 3965/92 - 62können daher nur dem betroffenen organ zustehen. 63die mit einer verletzung von organkompetenzen zugleich einhergehende mittelbare betroffenheit der teilhabe- und mitwirkungsrechte der mitglieder des organs führt nach gefestigter rechtsprechung ebenfalls nicht zu einer klagebefugnis des einzelnen mitglieds. 64vgl. ovg nrw, beschluss vom 12. november 1992 – 15 b 3965/92 –, juris rn. 11; ovg schleswig-holstein, beschluss vom 18. juli 2007 – 2 mb 14/07 –, juris; sächs. ovg, beschluss vom 3. juli 1996 – 3 s 274/96 –, juris; vgh bad.-württ., beschluss vom 1. september 1992 – 1 s 506/92 –, juris. 65zwar mögen eingriffe in die rechte des unmittelbar von der regelung betroffenen organs oder organteils die tatsächlichen rahmenbedingungen für die wahrnehmung der rechte nicht von dieser regelung erfasster organe oder organteile verändern. darin liegt aber kein normativer eingriff in diese rechte, sondern nur eine faktische nachteilige auswirkung eines solchen eingriffs in rechte anderer. den nur faktisch nachteilig "drittbetroffenen" eine klagebefugnis neben dem organ oder organteil zuzugestehen, das vom normativen eingriff betroffen ist, würde dem zuweisungsgehalt des von diesem eingriff erfassten organschaftlichen rechts widersprechen. 66vgl. bverwg, urteil vom 27. juni 2018 – 10 cn 1/17 –, juris rn. 26 f. m.w.n. 67ebenso wenig ist von den mitwirkungsrechten ein gerichtlich durchsetzbarer gesetzesvollziehungsanspruch, d.h. ein anspruch auf eine in jeder hinsicht formell und materiell rechtmäßige handlungsweise des eigenen kollegialorgans, nicht erfasst. 68vgl. auch zum hochschulorganisationsrecht vgh bad.-württ., urteil vom 23. november 1993 – 9 s 2983/91 –, juris rn. 18 f. ovg schleswig-holstein, beschluss vom 18. juli 2007 – 2 mb 14/07 –, juris rn. 4; vg arnsberg, urteil vom 11. mai 2007 – 12 k 3156/06 –, juris. 69vielmehr hat es die mehrheit des kollegialorgans in der hand, die kompetenzüberschreitung zu sanktionieren, ohne dass der minderheit eine rechtsschutzmöglichkeit zusteht. anderenfalls wäre es einem einzelnen mitglied möglich, zum einen rechte durchzusetzen, die nicht unmittelbar ihm zu dienen bestimmt sind, und zum anderen entgegen dem willen der (gewählten) mehrheit vorzugehen und damit zugleich deren organschaftliche einzelrechte zu beschneiden. darin läge ein erneuter eingriff in die zuständigkeit des betroffenen organs und das dem demokratiegedanken zugrunde liegende mehrheitsprinzip. 70vgl. ovg nrw, beschluss vom 12. november 1992 -15 b 3965/92 -, juris rn. 11; vg e. , beschluss vom 21. april 2020 – 1 l 678/20 -, juris rn. 8; vg augsburg, urteil vom 26. juli 2013 - au 7 k 12.1425 -, juris rn. 30; wahl/schütz in: schoch/schneider/bier, vwgo, § 42 abs. 2 rn. 100. 71die organteile sind abhängig von einer entsprechenden willensbildung der mehrheit der mitglieder des kollegialorgans. daher beschränkt sich die möglichkeit des einzelnen mitglieds darauf, kompetenzkonforme beschlüsse des kollegialorgans anzuregen. 72vgl. vg wiesbaden, urteil vom 24. januar 2018 – 7 k 231/16.wi –, juris rn. 48; ovg nrw, urteil vom 29. april 1988 - 15 a 2207/85 -; beschluss vom 25. mai 2007 - 15 b 634/07 -, jeweils juris. 73durchgreifende gesichtspunkte, die gegen eine übertragbarkeit dieser zum kommunalverfassungsstreit entwickelten grundsätze auf den vorliegenden fall sprechen könnten, liegen nicht vor. 74das einzelne mitglied, das an der wahrnehmung der kompetenzen des s. als organteil teilnimmt, ist gleichermaßen auf die ausübung eigener mitwirkungsrechte innerhalb des s. beschränkt und insoweit der mehrheitsentscheidung unterworfen. gelingt es ihm nicht, die ratsmehrheit von der notwendigkeit einer entscheidung – hier: über die im rahmen der erneuten offenlage auszulegenden unterlagen durch den s1. selbst – zu überzeugen, ist sein initiativrecht durch das mehrheitsprinzip beschränkt. die der klägerin zu 1. über §§ 6 ff. lplg nrw und die nach § 10 abs. 3 lplg nrw erlassene geschäftsordnung 75abrufbar unter https://www.brd.nrw.de/system/files/migrated_documents/media/document/2016-06/rr _geschaeftsordnung-regionalrat_duesseldorf.pdf 76vermittelten innerorganschaftlichen mitgliedschaftsrechte, welche über anhörungs-, auskunfts-, teilhabe- und stimmrechte nicht hinausgehen und die der klägerin allein eine wehrfähige innenrechtsposition gegenüber dem beklagten s1. verleihen, sind durch eine etwaige objektive rechtswidrigkeit der gefassten mehrheitsentscheidung nicht verletzt. von den mitwirkungsrechten ist – wie dargelegt – ein gerichtlich durchsetzbarer gesetzesvollziehungsanspruch nicht erfasst. 77dass der vermeintliche kompetenzverlust vorliegend nicht wie in den meisten von der rechtsprechung entschiedenen fallkonstellationen unfreiwillig, d.h. durch kompetenzanmaßung eines außenstehenden organs erfolgt ist, sondern auf ein tätigwerden des beklagten s. selbst zurückgeht, ist entgegen der klägerischen auffassung unerheblich. die freiwilligkeit oder unfreiwilligkeit der verschiebung einer dem kollegialorgan zugewiesenen entscheidungsbefugnis auf ein anderes organ (hier: planungsausschuss) hat auf die (intra)organschaftliche kompetenzzuweisung innerhalb des kollegialorgans, wie sie vorliegend durch die §§ 6 ff. lplg nrw und die geschäftsordnung des s. ausgestaltet ist, keinen einfluss. würde man demgegenüber die mit einer mehrheitlich beschlossenen abgabe von kompetenzen des kollegialorgans zwangsläufig verbundene (mittelbare) beeinträchtigung mitgliedschaftlicher einzelrechte als wehrfähig ansehen, würde nicht nur die mehrheitsentscheidung des organs (hier: des beklagten s. ) sondern auch der gesetzliche zuweisungsgehalt der intraorganschaftlichen rechte unterlaufen. 78ein weitergehender minderheitenschutz erscheint auch nicht notwendig, wenn eine mehrheit des betroffenen organs es abgelehnt hat, eine kompetenzverletzung anzugreifen oder eine kompetenzwahrnehmung durch ein anderes organ sogar – wie hier – ausdrücklich billigt. 79vgl. vg augsburg, urteil vom 26. juli 2013 - au 7 k 12.1425 -, juris rn. 33. 80entgegen der ansicht der klägerin zu 1. folgt eine verletzung ihrer organschaftlichen rechte auch nicht aus dem im verhältnis der organe und organteile zueinander geltenden grundsatz der organtreue. die pflicht zur organtreue wurzelt in dem verfassungsrechtlichen gebot der gegenseitigen rücksichtnahme sowie in dem auch im öffentlichen recht geltenden grundsatz von treu und glauben. daraus folgt die unzulässigkeit rechtsmissbräuchlichen handelns. ein organ ist im innerorganschaftlichen zusammenwirken zwingend auf (rechts-)treues verhalten seiner mitglieder angewiesen, um seine kompetenzen wirkungsvoll im interesse der funktionserfüllung der verwaltungseinheit, für die das organ tätig wird, durch eine vertrauensvolle zusammenarbeit wahrnehmen zu können. organe und organteile einer gemeinde, soweit sie als solche tätig werden, handeln nicht auf der grundlage eigener subjektiver rechte, sondern nehmen im interesse der gemeinde übertragene organrechte wahr. 81vgl. ovg nrw, urteil vom 12. mai 2021 – 15 a 2079/19 –, juris m.w.n, wonach der grundsatz der organtreue namentlich die obliegenheit von ratsmitgliedern begründet, rechtliche bedenken gegen (erfolgte oder anstehende) maßnahmen/beschlussfassungen in der verfahrensrechtlich gebotenen form rechtzeitig geltend zu machen. 82ein fall der rücksichtslosigkeit oder rechtsmissbräuchlichkeit ist vorliegend nicht gegeben. er kann insbesondere nicht allein aus einer abweichenden rechtsauffassung der ratsmehrheit zur entbehrlichkeit einer weiteren eigenen beschlussfassung über eine verfahrensrechtliche frage abgeleitet werden, denn dies liefe nach den vorstehenden erwägungen auf einen gesetzesvollziehungsanspruch hinaus. ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn das in rede stehende vorgehen des beklagten gerade von der absicht bestimmt gewesen wäre, die klägerin von einer weiteren einflussnahme in der sache auszuschließen, bedarf keiner entscheidung, da für eine solche fallgestaltung keine anhaltspunkte vorliegen. 83das ergebnis erscheint auch im übrigen nicht unbillig, zumal eine rechtskontrolle von raumordnungsplänen im rahmen eines normenkontrollverfahrens gemäß § 47 abs. 1 nr. 2 vwgo nachgelagert möglich ist. 84vgl. sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 47 rn. 242 m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 26. august 2021 – 10 d 45/15.ne –, juris rn. 81 (zur inzidentkontrolle eines regionalplans) . 85ob zudem der von der klägerin geltend gemachte verfahrensmangel überhaupt gemäß § 11 abs. 1 nr. 1 rog beachtlich ist, erscheint fraglich, zumal die klägerin zu 1. weder einen beteiligungsmangel der öffentlichkeit oder der in ihren belangen berührten öffentlichen stellen (§ 9 abs. 1 rog) noch dessen erheblichkeit für die getroffene planentscheidung gerügt hat. dies kann jedoch in diesem zusammenhang ebenso auf sich beruhen wie die frage, ob es sich auf eine rechtsbetroffenheit der klägerin zu 1. auswirkt, dass sie an den nachfolgenden beratungen des s. zum aufstellungsbeschluss am 25. juni 2020 teilnehmen konnte und damit an der wahrnehmung ihrer mitwirkungsrechte im rahmen der materiellrechtlichen ausformung des regionalplans nicht gehindert war. 86soweit sich daher der s1. in seiner sitzung vom 19. september 2019 etwaiger kompetenzen über raumordnungsrechtliche verfahrensschritte wie die zweite offenlegung des s3. „mehr wohnbauland am rhein“ begeben hat, ist dieses vorgehen selbst bei unterstellter objektiver rechtswidrigkeit allenfalls durch den beklagten s1. zu korrigieren. für die klägerin zu 1. ist es jedoch nicht justiziabel. 87die kostenentscheidung folgt hinsichtlich der klägerin zu 1. aus § 154 abs. 1 vwgo. hinsichtlich der klägerin zu 2. beruht sie auf § 161 abs. 2 vwgo. die demnach vorzunehmende billigkeitsentscheidung fällt aus vorstehenden gründen, die auf die klägerin zu 2. gleichsam zutreffen, zu deren lasten aus. die kostentragung erfolgt nach kopfteilen, § 159 satz 1 vwgo i.v.m. § 100 abs. 1 zpo. 88die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 89rechtsmittelbelehrung: 90gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 91auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 92die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 93die begründungsfrist kann auf einen vor ihrem ablauf gestellten antrag von dem vorsitzenden des senats verlängert werden. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). 94im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 95die berufungsschrift und die berufungsbegründungsschrift sollen möglichst einfach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 96beschluss: 97der streitwert wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 98gründe: 99die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 100rechtsmittelbelehrung: 101gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 102auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 103die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 104die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 105die beschwerdeschrift soll möglichst einfach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 106war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach 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Er wünschte, die Tätowierung grundsätzlich als Tribal bestehen zu lassen, allerdings sollten diese durch entsprechende Schattierungen einen 3D- Effekt erhalten und dadurch plastischer wirken. Die Parteien vereinbarten eine Bezahlung i.H.v. 300,00 € pro Sitzung. Der Kläger unterzeichnete ferner eine Einverständniserklärung. Der Kläger zahlte zudem die vereinbarte Anzahlung i.H.v. 600,00 €. 4In der zweiten Sitzung erstellte der Beklagte auf dem Oberarm einen flächigen „Malgrund“, die aufgetragene Farbe sollte nach drei Monaten Abheilung heller werden. 5Nach zwei Sitzungen sollte das geplante Cover-Up geändert werden in Gestalt von Engelsflügeln. Dies wurde ebenso nach zwei Sitzungen abgebrochen. 6Weil der Kläger weiterhin mit der Arbeit nicht zufrieden war, erklärte er die Zusammenarbeit für beendet. Am 18.09.2018 wurde der Beklagte angeschrieben und zur Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 600,00 € sowie zur Freistellung der erforderlichen Kosten der Mangelbeseitigung aufgefordert (Anlage K17). Am gleichen Tage erklärte der Kläger dem Beklagten persönlich den Rücktritt. 7Der Kläger suchte das I auf, um sich hinsichtlich einer Laserbehandlung zur Entfernung des Tattoos beraten zu lassen (Kostenvoranschlag von 27.10.2018, Anlage K14). Für die Untersuchung musste der Kläger 46,00 € aufwenden (Anlage K15). Alternativ suchte er die H Studios in Köln wegen einer Cover-Up-Lösung auf, wo man ihm das C Tattoo Studio in Wesseling empfahl. Gemäß Kostenvoranschlag vom 07.11.2018 wurden 25 Stunden à 150,00 €, also ein Gesamtbetrag von 3.750,00 € veranschlagt (Anlage K16). 8Mit Schreiben vom 17.12.2018 forderte der Kläger von dem Beklagten die Zahlung von 6.146,00 € bis zum 31.12.2018 (Anlage K18). Der Kläger begehrt die Rückzahlung der Anzahlung i.H.v. 600,00 €, die Kosten der Mängelbeseitigung i.H.v. 3.750,00 € (Quittungen, Anlagen K22 und K26), davon 275,00 € als Vorschuss, sowie die Beratungskosten für die Lasertherapie i.H.v. 46,00 €. Des Weiteren begehrt er Schmerzensgeld. 9Im Zeitraum zwischen Februar und Mai 2019 ließ der Kläger den behaupteten Mangel durch das CTattoo Studio in Wesseling zum Gesamtpreis von 3.175,00 € beseitigen. 10Der Kläger behauptet, bei der Beratung mit dem Beklagten habe er diesem eine entsprechende Vorlage mitgebracht (Anlage K2), welche die gewünschte Schattierung mit 3D-Effekt zeige. Der Kläger habe den Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Schattierungen nicht so dunkel werden dürfe, was aufgrund seiner eher dunkleren Hautfarbe problematisch sei. Bei der zweiten Sitzung habe der Beklagte nahezu den gesamten rechten Oberarm schwarz gestochen. Es seien dadurch nur einfarbige Flächen zu erkennen gewesen. Der Kläger behauptet überdies, die Tätowierung sei nicht fachgerecht ausgeführt worden. Insbesondere habe der Beklagte „freihändig“, also ohne eine Vorlage agiert. Richtig wäre es indes gewesen, die vorhandene Tätowierung des Klägers auf Transparentpapier zu kopieren, hier den gewünschten 3D- Effekt einzuzeichnen und diesen Entwurf zurück auf die Haut zu übertragen sowie anschließend zu stechen. Schließlich habe der Beklagte auch zu tief in die Hautschichten eingestochen. Darüber hinaus sei die Nacherfüllung durch Tätowierung der Engelsflügel fehlgeschlagen. Ferner habe er eine allergische Reaktion feststellen müssen. Die Ursache dieser Erkrankung sei darin zu sehen, dass der Beklagte nicht zugelassene Farben im Sinne der Tätowiermittel-Verordnung verwendet habe oder die erforderlichen Hygienemaßnahmen nicht eingehalten habe. Wegen der völlig missratenen Tätowierungen habe der Kläger ernsthafte psychische Probleme erlitten (Attest vom 12.11.2018, Anlage K13). Der Kläger ist der Ansicht, es sei ein Schmerzensgeld in Höhe von wenigstens 1.750,00 € angemessen. Zum Feststellungsantrag behauptet er, durch Stiche mit der Tätowiernadel in die tieferliegenden Hautschichten könnten Infektionen, Allergien und bleibende Hautschädigungen auftreten. Weitere Gesundheitsbeeinträchtigungen seien daher nicht ausgeschlossen. 11Der Kläger beantragt: 121. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.396,00 € sowie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird und eine Höhe von 1.750,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten Über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 600 € seit dem 1.1.2019 sowie weiteren Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 5.546,00 € seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren i.H.v. 650,34 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 13Zudem beantragt er nunmehr: 142. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem streitgegenständlichen Vertrag über Tätowierleistungen entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen Dritten übergegangen ist. 15Der Beklagte beantragt, 16 die Klage abzuweisen. 17Der Beklagte behauptet, im Rahmen des ersten Besuchs habe er auf den klägerischen Wunsch hin mitgeteilt, dass dies nicht einfach und langwierig sei und nur dann möglich sei, wenn die neue Überdeckung des alten Tattoos dunkler sei. Ferner sei es erforderlich, dass das neue Bild stärker strukturiert sei. Zudem habe er dem Kläger mitgeteilt, dass es dauere, bis der vorläufige Endzustand erreicht sei. Während des Tätowierens habe der Kläger die Arbeiten des Beklagten jeweils in Etappen verfolgt, sie genehmigt sowie kleine Änderungswünsche geäußert. Alle Arbeiten, die der Beklagte ausgeführt habe, hätten der Absprache zwischen den Parteien entsprochen. Ferner behauptet der Beklagte, die Anzahlung i.H.v. 600,00 € zurückgezahlt zu haben. Vor der ersten Sitzung habe der Beklagte den Kläger auf die Möglichkeit allergischer Reaktionen hingewiesen. 18Die Klage ist dem Beklagten am 26.03.2019 zugestellt worden. 19Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 14.10.2019 (Bl. 38 d.A.) sowie durch Einholung eines Ergänzungsgutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 19.08.2020 (Bl. 140 d.A.). Zudem hat das Gericht Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen S gemäß Beweisbeschluss vom 22.04.2021 (Bl. 209 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom 07.07.2020 (Bl. 94 ff. d.A.), auf das Ergänzungsgutachten vom 02.11.2020 (Bl. 152 ff. d.A.) sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 22.10.2021 (Bl. 249 ff. d.A.) verwiesen. 20Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 21Entscheidungsgründe: 22Die Klage hat keinen Erfolg. 23I. 24Der Klageantrag zu 1) ist zulässig. Insoweit wird insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 ZPO Genüge getan, weil die tatsächlichen schmerzensgeldrelevanten Umstände mitgeteilt sowie ein Mindestbetrag angegeben werden. 25Jedoch ist der Klageantrag zu 1) unbegründet. Die beantragten Zahlungen kann der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von dem Beklagten verlangen. 26Namentlich hat der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 4.396,00 €. Ein solcher Anspruch resultiert insbesondere nicht aus den §§ 346 Abs. 1, 323, 634 Nr. 3 Alt. 1, 636 BGB. Denn mangels Pflichtverletzung besteht schon kein Rücktrittsgrund. Die fehlende Pflichtverletzung steht auch vertraglichen Schadensersatzansprüchen entgegen. In Ermangelung einer deliktischen Handlung kommen auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen den Beklagten nicht in Betracht. 27Die bisher beklagtenseits erbrachte Leistung kann nicht als mangelhaft i.S.d. § 633 BGB bezeichnet werden. Die Tätowierung weist die zwischen den Parteien vereinbarte Beschaffenheit auf, § 633 Abs. 2 1 BGB. Vereinbart in dem vorgenannten Sinne ist eine im Vertrag festgelegte Beschaffenheit. Welche Beschaffenheit vereinbart worden ist, ergibt sich durch Auslegung des Vertrags als sinnvolles Ganzes. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften des Werks, die den danach vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Dieser bestimmt sich in der Regel nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch welche Funktion das vom Unternehmer herzustellende Werk auf der Grundlage der Vorgaben des Bestellers bei Vertragsschluss nach dem Willen der Parteien erfüllen soll (BGHZ 174, 110 = NJW 2008, 511 = NZBau 2008, 109 = NZM 2008, 94; Palandt/ Sprau § 633 Rn. 6.). Die Tätowierung sollte als „Cover-Up“ die bereits vorhandene Tätowierung umgestalten. 28Eine wesentliche Abweichung zu der Vorlage der Anlage K2 kann nicht festgestellt werden, da schon nicht mit hinreichender Überzeugung i.S.d. § 286 ZPO konstatiert werden kann, dass die Anlage K2 als Vorlage fungieren sollte. Nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO ist ein Beweis erst dann erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Beweisaufnahme und der sonstigen Wahrnehmungen in der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung derart überzeugt ist, dass alle vernünftigen Zweifel ausgeräumt sind, ohne sie gänzlich auszuschließen. § 286 ZPO verlangt demnach den sogenannten Vollbeweis und stellt mithin hohe Anforderungen an die richterliche Überzeugung. Mit einer nur überwiegenden Wahrscheinlichkeit darf der Richter sich im Regelfall nicht begnügen (vgl. MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 286 Rn. 35). Es ist zu berücksichtigen, dass der Gegensatz zwischen § 286 ZPO einerseits und § 287 ZPO (freie Überzeugung ohne Bezug auf die Wahrheit) sowie § 294 ZPO (Glaubhaftmachen) vom Gesetz gewollt ist und verdeutlicht, dass im Normalfall der Richter all das noch nicht seiner Entscheidung zugrunde legen darf, wofür nur eine gewisse Plausibilität oder eine überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 286 Rn. 36). Dieser hohe Überzeugungsgrad i.S.d. § 286 Abs. 1 ZPO ist vorliegend erreicht. 29Der Beklagte hat bei Vertragsschluss ausreichend darauf hingewiesen, dass die Vorlage aus Anlage K2 nicht eins-zu-eins umsetzbar ist und die neue Tätowierung nicht so aussehen würde. Der Zeuge S hat in nachvollziehbarer und glaubhafter Weise geschildert, dass es dem Vorgehen des Beklagten entspricht, bei „Cover-Ups“ die Kunden darauf hinzuweisen, dass eine Vorlage nie hundertprozentig umgesetzt werden kann. Auch in den Gesprächen mit dem Kläger hat der Beklagte diesem mitgeteilt, dass das Ergebnis nicht direkt perfekt aussehen wird, da es Zeit zum Überdecken braucht. Die Vorlage der Anlage K2 war somit allenfalls richtungsgebend. Die Aussage des Zeugen S ist insbesondere deswegen glaubhaft, weil er Erinnerungslücken auch ohne Nachfragen direkt kenntlich gemacht hat, indem er beispielsweise angibt, nicht genau zu wissen, ob es zwei, drei oder vier Sitzungen gab. Der Zeuge hat auch sofort offenbart, dass er nicht zu 100 % aufgepasst hat, als das erste Gespräch zwischen den Parteien stattgefunden hat. Aufgrund der Tatsache, dass der Laden klein ist, ist es aber nachvollziehbar, wenn der Zeuge S jedenfalls eine gute akustische Wahrnehmungsmöglichkeit hatte. Der Zeuge selbst hat auch angegeben, nicht hingeguckt zu haben, aber alles hören zu können. Darauf kommt es bei einem Gespräch maßgeblich an. Er hat demnach seine nur begrenzte Wahrnehmungsmöglichkeit direkt preisgegeben. Ferner hat er selbstständig das Geschehen ohne erkennbare Zielorientierung im Hinblick auf die Beweisfragen bekundet, und ist auch in der Lage gewesen, auf Nachfrage weitere Details zu geben, indem er auf die Frage bzgl. des ersten Gesprächs zunächst geschildert hat, dass er an dem Tag dort gearbeitet, aber nicht zu 100 % aufgepasst hat. 30Soweit es um die klägerischen Behauptungen bzgl. fachlicher Fehlleistungen geht, so vermag das Gericht solche aufgrund der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Der Kläger bleibt auch insoweit beweisfällig. Die Sachverständige konnte in beiden nachvollziehbaren Gutachten, in denen sie jeweils von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist, feststellen, dass eine Umsetzung der Vorlage der Anlage K2 auf der Haut des Klägers wegen des vorhandenen Ausgangsmotivs nicht umsetzbar ist. Die Anlage K2 hätten in keiner Weise Verwendung finden können, weil weder der 3D-Effekt noch das Tribal bei den gegebenen Voraussetzungen hätten umgesetzt werden können. Soweit es um den Flügel geht, so konnte die Sachverständige den realen Ist-Zustand der Farbintensität und Tiefenwirkung aufgrund des zur Verfügung stehenden Fotomaterials nicht beurteilen. Auch im Ergänzungsgutachten kommt die Sachverständige daher zu dem Ergebnis, dass die zur Verfügung gestellten Fotos wegen Überbelichtung zur weiteren Beurteilung nicht brauchbar sind. Schließlich konnte die Sachverständige feststellen, dass die verwendeten Farben der EU tätowieren Mittelverordnung entsprechen. Insoweit stützt sich die Sachverständige jedoch nur auf die Angaben des Beklagten. Ob Hygienemaßnahmen eingehalten wurden, konnte die Sachverständige ebenfalls nicht beurteilen. Anhaltspunkte dafür sind jedenfalls nicht ersichtlich. Die allergische Reaktion vermag insoweit nicht auszureichen. Hinsichtlich der verwendeten Farben sowie hinsichtlich der Hygienemaßnahmen erweist sich der Vortrag der Klägerseite allerdings auch als unsubstantiiert, da es keine greifbaren Anhaltspunkte gibt, die eine solche Behauptung zumindest als plausibel erscheinen lassen. 31Auch kann kein fachlicher Mangel darin gesehen werden, dass der Beklagte ohne Schablone, im sogenannten „Freestyle“ arbeitete (vgl. etwa LG Kassel, Hinweisbeschluss vom 13. 5. 2009 - 1 S 34/09; NJW-RR 2009, 1685, 1686). 32Überdies kann auch keine Aufklärungs- oder Hinweispflichtverletzung konstatiert werden. Der Unternehmer hat den Besteller auf alle Umstände hinzuweisen und über diese aufzuklären, die er nicht kennt, deren Kenntnis aber für dessen Willensbildung und Entschlüsse bezüglich des Werkes bedeutsam sind (Palandt/ Sprau, 80. Aufl. BGB, § 631 Rn. 17). Maßstab dieser vorgenannten Pflicht ist Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, wenn redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten werden darf, die für die Willensbildung offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (BGH NJW-RR 2016, 859, 860). Der Zeuge S hat glaubhaft geschildert, dass der Beklagte dem Kläger darauf hingewiesen hat, dass es gewisse Zeit zum Überdecken alter Tätowierungen brauche und dass es mehrerer Sitzungen bedarf, da besonders am Anfang das Ergebnis nicht zufriedenstellend ist. 33In der Folge scheitert auch ein Schmerzensgeldanspruch. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ist ein solcher gegeben. Eine Pflichtverletzung oder eine Körperverletzung sind nicht existent. Soweit es um die allergische Reaktion geht, so liegt jedenfalls ein Einverständnis in die Tätowierung und den damit einhergehenden Substanzeingriff in den Körper vor. 34II. 35Der Klageantrag zu 2) ist bereits teilweise unzulässig. Zwar war die Erweiterung der Klage durch den Klageantrag zu 2) jedenfalls gemäß § 267 ZPO zulässig, doch fehlt es am nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Dass in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, der Kläger in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren kann (st. Rspr., BGH, Urteile vom 4. Dezember 1986 - III ZR 205/85, NVwZ 1987, 733 mwN; vom 21. Februar 1991 - III ZR 204/89, VersR 1991, 788 f. mwN; Senat, Urteil vom 8. Juli 2003 - VI ZR 304/02, NJW 2003, 2827 unter II 1 mwN; BGH, Urteil vom 19. April 2016 – VI ZR 506/14 –, Rn. 6, juris), vermag an der Unzulässigkeit der Feststellungsklage nichts zu ändern. Denn bei dem Ersatz des immateriellen Schadens nach § 253 BGB handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch (BeckOK BGB/Spindler, 54. Ed. 1.5.2020, BGB § 253 Rn. 13, 53). Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgelds gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgelds auf Grund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbilds zu bemessen (vgl. BGHZ (GS) 18, 149 = NJW 1955, 1675; Senat, VersR 1961, 164 [165], u. NJW 2001, 3414 = VersR 2001, 876). Dabei steht die mit der Verletzung verbundene Lebensbeeinträchtigung im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigenden Umständen stets an der Spitze (BGH, Urteil vom 20. 1. 2004 - VI ZR 70/03). Die Feststellungsklage ist daher insoweit problematisch, als mit dem auf eine unbeschränkte Klage insgesamt zuzuerkennenden Schmerzensgeld nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten werden (vgl. Senat, VersR 1980, 975; VersR 1988, 929; VersR 1995, 471 [472]; NJW 2001, 3414 = VersR 2001, 876; BGH, VersR 1976, 440; BGH, Urteil vom 20. 1. 2004 - VI ZR 70/03). Es scheidet ergo eine Klage auf Feststellung der Ersatzverpflichtung für künftige immaterielle Schäden dann aus, wenn ausschließlich voraussehbare Schädigungsfolgen in Betracht standen, die von der Zubilligung des Schmerzensgelds umfasst wären (BGH, Urteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04; BGH, Beschluss vom 09. Januar 2007 – VI ZR 133/06 –, Rn. 13, juris). Eine Begrenzung des Anspruches auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Schadenentwicklung noch nicht abgeschlossen und nicht final überschaubar ist (vgl. MAH StraßenVerkehrsR, § 26 Die Ansprüche bei Schwerstverletzungen – Personengroßschäden, Rn. 375, 376, beck-online). Hierfür genügt es, dass eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht (vgl. BGH, NJW 2001, 1431). Diese Möglichkeit eines Schadenseintritts ist zu negieren, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. BGHZ 116, BGHZ Band 116 Seite 60 [ BGHZ Band 116 Seite 75] = NJW 1992, NJW Jahr 1992 Seite 560 = LM H. 7/1992 § 823 [Dc] BGB Nr. 181 m.w. Nachw.). 36Daran gemessen, erweist sich der klägerische Vortrag als unzureichend. Mit dem Klageantrag zu 1) macht der Kläger eine umfassende Schmerzensgeldforderung geltend. Hiervon umfasst sind alle Schadensfolgen, die entweder bereits eingetreten oder objektiv erkennbar sein sollen, deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen werden könne. Ein darüber hinaus gehendes Feststellungsinteresse hinsichtlich möglicher weiterer Schadenspositionen, die in der Zukunft noch eintreten können, ist indes nicht gegeben. Die Behauptung durch die Tätowierung könnten Infektionen, Allergien oder Hautschädigungen auftreten, genügt alleine nicht. Denn die nach der Tätowierung aufgetretenen Hautreaktionen waren temporär. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte für den Eintritt weiterer Schadensfolgen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die beklagtenseits erbrachten Tätowierleistungen bereits mehr als drei Jahre zurückliegen und zwischenzeitlich keine weiteren Probleme aufgetreten sind. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass ein Wiederauftreten etwaiger gesundheitlicher Probleme infolge der Tätowierleistungen noch zu befürchten wäre. Eine Gefahr der Krebserkrankung kann bereits aus der Eigenart der Tätowierung, als möglicherweise krebsauslösend, nicht geltend gemacht werden. 37Soweit es um weitere materielle Schäden geht, so ist die Feststellungsklage zulässig und scheitert nicht am Grundsatz der Subsidiarität zur Leistungsklage. Allerdings ist nach den obigen Ausführungen der Klageantrag zu 2) jedenfalls auch unbegründet. Begründet ist ein Feststellungsantrag, wenn die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff gegeben ist, der zu möglichen künftigen Schäden führen kann (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 – VI ZR 423/16 –, BGHZ 216, 149-174, Rn. 49; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 5. Aufl., § 256 Rn. 32). Dies ist vorliegend nicht der Fall. 38III. 39Die Nebenentscheidungen basieren auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO. 40Der Streitwert wird auf 7.146,00 EUR festgesetzt. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die parteien streiten um eine klägerseits behauptete defizitäre werkleistung des beklagten auf den körper des klägers. 3der kläger ließ sich ursprünglich auf den rechten oberarm ein sogenanntes „tribal“, einen pantherkopf und einzelne buchstaben tätowieren. der kläger suchte den beklagten im april 2018 in seinem tätowierstudio in brühl auf, um sich bezüglich eines cover-ups für die bestehende, oben genannte tätowierung beraten zu lassen. er wünschte, die tätowierung grundsätzlich als tribal bestehen zu lassen, allerdings sollten diese durch entsprechende schattierungen einen 3d- effekt erhalten und dadurch plastischer wirken. die parteien vereinbarten eine bezahlung i.h.v. 300,00 € pro sitzung. der kläger unterzeichnete ferner eine einverständniserklärung. der kläger zahlte zudem die vereinbarte anzahlung i.h.v. 600,00 €. 4in der zweiten sitzung erstellte der beklagte auf dem oberarm einen flächigen „malgrund“, die aufgetragene farbe sollte nach drei monaten abheilung heller werden. 5nach zwei sitzungen sollte das geplante cover-up geändert werden in gestalt von engelsflügeln. dies wurde ebenso nach zwei sitzungen abgebrochen. 6weil der kläger weiterhin mit der arbeit nicht zufrieden war, erklärte er die zusammenarbeit für beendet. am 18.09.2018 wurde der beklagte angeschrieben und zur rückzahlung der anzahlung i.h.v. 600,00 € sowie zur freistellung der erforderlichen kosten der mangelbeseitigung aufgefordert (anlage k17). am gleichen tage erklärte der kläger dem beklagten persönlich den rücktritt. 7der kläger suchte das i auf, um sich hinsichtlich einer laserbehandlung zur entfernung des tattoos beraten zu lassen (kostenvoranschlag von 27.10.2018, anlage k14). für die untersuchung musste der kläger 46,00 € aufwenden (anlage k15). alternativ suchte er die h studios in köln wegen einer cover-up-lösung auf, wo man ihm das c tattoo studio in wesseling empfahl. gemäß kostenvoranschlag vom 07.11.2018 wurden 25 stunden à 150,00 €, also ein gesamtbetrag von 3.750,00 € veranschlagt (anlage k16). 8mit schreiben vom 17.12.2018 forderte der kläger von dem beklagten die zahlung von 6.146,00 € bis zum 31.12.2018 (anlage k18). der kläger begehrt die rückzahlung der anzahlung i.h.v. 600,00 €, die kosten der mängelbeseitigung i.h.v. 3.750,00 € (quittungen, anlagen k22 und k26), davon 275,00 € als vorschuss, sowie die beratungskosten für die lasertherapie i.h.v. 46,00 €. des weiteren begehrt er schmerzensgeld. 9im zeitraum zwischen februar und mai 2019 ließ der kläger den behaupteten mangel durch das ctattoo studio in wesseling zum gesamtpreis von 3.175,00 € beseitigen. 10der kläger behauptet, bei der beratung mit dem beklagten habe er diesem eine entsprechende vorlage mitgebracht (anlage k2), welche die gewünschte schattierung mit 3d-effekt zeige. der kläger habe den beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die schattierungen nicht so dunkel werden dürfe, was aufgrund seiner eher dunkleren hautfarbe problematisch sei. bei der zweiten sitzung habe der beklagte nahezu den gesamten rechten oberarm schwarz gestochen. es seien dadurch nur einfarbige flächen zu erkennen gewesen. der kläger behauptet überdies, die tätowierung sei nicht fachgerecht ausgeführt worden. insbesondere habe der beklagte „freihändig“, also ohne eine vorlage agiert. richtig wäre es indes gewesen, die vorhandene tätowierung des klägers auf transparentpapier zu kopieren, hier den gewünschten 3d- effekt einzuzeichnen und diesen entwurf zurück auf die haut zu übertragen sowie anschließend zu stechen. schließlich habe der beklagte auch zu tief in die hautschichten eingestochen. darüber hinaus sei die nacherfüllung durch tätowierung der engelsflügel fehlgeschlagen. ferner habe er eine allergische reaktion feststellen müssen. die ursache dieser erkrankung sei darin zu sehen, dass der beklagte nicht zugelassene farben im sinne der tätowiermittel-verordnung verwendet habe oder die erforderlichen hygienemaßnahmen nicht eingehalten habe. wegen der völlig missratenen tätowierungen habe der kläger ernsthafte psychische probleme erlitten (attest vom 12.11.2018, anlage k13). der kläger ist der ansicht, es sei ein schmerzensgeld in höhe von wenigstens 1.750,00 € angemessen. zum feststellungsantrag behauptet er, durch stiche mit der tätowiernadel in die tieferliegenden hautschichten könnten infektionen, allergien und bleibende hautschädigungen auftreten. weitere gesundheitsbeeinträchtigungen seien daher nicht ausgeschlossen. 11der kläger beantragt: 121. der beklagte wird verurteilt, an den kläger 4.396,00 € sowie ein angemessenes schmerzensgeld, dessen höhe in das ermessen des gerichts gestellt wird und eine höhe von 1.750,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus 600 € seit dem 1.1.2019 sowie weiteren zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus 5.546,00 € seit rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche anwaltsgebühren i.h.v. 650,34 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 13zudem beantragt er nunmehr: 142. es wird festgestellt, dass der beklagte verpflichtet ist, dem kläger alle weiteren materiellen und immateriellen schäden zu ersetzen, die ihm aus dem streitgegenständlichen vertrag über tätowierleistungen entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit der anspruch nicht auf einen sozialversicherungsträger oder einen dritten übergegangen ist. 15der beklagte beantragt, 16 die klage abzuweisen. 17der beklagte behauptet, im rahmen des ersten besuchs habe er auf den klägerischen wunsch hin mitgeteilt, dass dies nicht einfach und langwierig sei und nur dann möglich sei, wenn die neue überdeckung des alten tattoos dunkler sei. ferner sei es erforderlich, dass das neue bild stärker strukturiert sei. zudem habe er dem kläger mitgeteilt, dass es dauere, bis der vorläufige endzustand erreicht sei. während des tätowierens habe der kläger die arbeiten des beklagten jeweils in etappen verfolgt, sie genehmigt sowie kleine änderungswünsche geäußert. alle arbeiten, die der beklagte ausgeführt habe, hätten der absprache zwischen den parteien entsprochen. ferner behauptet der beklagte, die anzahlung i.h.v. 600,00 € zurückgezahlt zu haben. vor der ersten sitzung habe der beklagte den kläger auf die möglichkeit allergischer reaktionen hingewiesen. 18die klage ist dem beklagten am 26.03.2019 zugestellt worden. 19das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens gemäß beweisbeschluss vom 14.10.2019 (bl. 38 d.a.) sowie durch einholung eines ergänzungsgutachtens gemäß beweisbeschluss vom 19.08.2020 (bl. 140 d.a.). zudem hat das gericht beweis erhoben durch die vernehmung des zeugen s gemäß beweisbeschluss vom 22.04.2021 (bl. 209 d.a.). wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das sachverständigengutachten vom 07.07.2020 (bl. 94 ff. d.a.), auf das ergänzungsgutachten vom 02.11.2020 (bl. 152 ff. d.a.) sowie auf das protokoll zur mündlichen verhandlung vom 22.10.2021 (bl. 249 ff. d.a.) verwiesen. 20hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 21 | 22die klage hat keinen erfolg. 23i. 24der klageantrag zu 1) ist zulässig. insoweit wird insbesondere dem bestimmtheitserfordernis des § 253 abs. 2 zpo genüge getan, weil die tatsächlichen schmerzensgeldrelevanten umstände mitgeteilt sowie ein mindestbetrag angegeben werden. 25jedoch ist der klageantrag zu 1) unbegründet. die beantragten zahlungen kann der kläger unter keinem rechtlichen gesichtspunkt von dem beklagten verlangen. 26namentlich hat der kläger gegen den beklagten keinen anspruch auf zahlung von 4.396,00 €. ein solcher anspruch resultiert insbesondere nicht aus den §§ 346 abs. 1, 323, 634 nr. 3 alt. 1, 636 bgb. denn mangels pflichtverletzung besteht schon kein rücktrittsgrund. die fehlende pflichtverletzung steht auch vertraglichen schadensersatzansprüchen entgegen. in ermangelung einer deliktischen handlung kommen auch ansprüche aus unerlaubter handlung gegen den beklagten nicht in betracht. 27die bisher beklagtenseits erbrachte leistung kann nicht als mangelhaft i.s.d. § 633 bgb bezeichnet werden. die tätowierung weist die zwischen den parteien vereinbarte beschaffenheit auf, § 633 abs. 2 1 bgb. vereinbart in dem vorgenannten sinne ist eine im vertrag festgelegte beschaffenheit. welche beschaffenheit vereinbart worden ist, ergibt sich durch auslegung des vertrags als sinnvolles ganzes. zur vereinbarten beschaffenheit gehören alle eigenschaften des werks, die den danach vertraglich geschuldeten erfolg herbeiführen sollen. dieser bestimmt sich in der regel nicht allein nach der zu seiner erreichung vereinbarten leistung oder ausführungsart, sondern auch welche funktion das vom unternehmer herzustellende werk auf der grundlage der vorgaben des bestellers bei vertragsschluss nach dem willen der parteien erfüllen soll (bghz 174, 110 = njw 2008, 511 = nzbau 2008, 109 = nzm 2008, 94; palandt/ sprau § 633 rn. 6.). die tätowierung sollte als „cover-up“ die bereits vorhandene tätowierung umgestalten. 28eine wesentliche abweichung zu der vorlage der anlage k2 kann nicht festgestellt werden, da schon nicht mit hinreichender überzeugung i.s.d. § 286 zpo konstatiert werden kann, dass die anlage k2 als vorlage fungieren sollte. nach § 286 abs. 1 s. 1 zpo ist ein beweis erst dann erbracht, wenn das gericht unter berücksichtigung des gesamten inhalts der beweisaufnahme und der sonstigen wahrnehmungen in der mündlichen verhandlung von der richtigkeit einer tatsachenbehauptung derart überzeugt ist, dass alle vernünftigen zweifel ausgeräumt sind, ohne sie gänzlich auszuschließen. § 286 zpo verlangt demnach den sogenannten vollbeweis und stellt mithin hohe anforderungen an die richterliche überzeugung. mit einer nur überwiegenden wahrscheinlichkeit darf der richter sich im regelfall nicht begnügen (vgl. mükozpo/prütting, 6. aufl. 2020, zpo § 286 rn. 35). es ist zu berücksichtigen, dass der gegensatz zwischen § 286 zpo einerseits und § 287 zpo (freie überzeugung ohne bezug auf die wahrheit) sowie § 294 zpo (glaubhaftmachen) vom gesetz gewollt ist und verdeutlicht, dass im normalfall der richter all das noch nicht seiner entscheidung zugrunde legen darf, wofür nur eine gewisse plausibilität oder eine überwiegende wahrscheinlichkeit spricht (vgl. mükozpo/prütting, 6. aufl. 2020, zpo § 286 rn. 36). dieser hohe überzeugungsgrad i.s.d. § 286 abs. 1 zpo ist vorliegend erreicht. 29der beklagte hat bei vertragsschluss ausreichend darauf hingewiesen, dass die vorlage aus anlage k2 nicht eins-zu-eins umsetzbar ist und die neue tätowierung nicht so aussehen würde. der zeuge s hat in nachvollziehbarer und glaubhafter weise geschildert, dass es dem vorgehen des beklagten entspricht, bei „cover-ups“ die kunden darauf hinzuweisen, dass eine vorlage nie hundertprozentig umgesetzt werden kann. auch in den gesprächen mit dem kläger hat der beklagte diesem mitgeteilt, dass das ergebnis nicht direkt perfekt aussehen wird, da es zeit zum überdecken braucht. die vorlage der anlage k2 war somit allenfalls richtungsgebend. die aussage des zeugen s ist insbesondere deswegen glaubhaft, weil er erinnerungslücken auch ohne nachfragen direkt kenntlich gemacht hat, indem er beispielsweise angibt, nicht genau zu wissen, ob es zwei, drei oder vier sitzungen gab. der zeuge hat auch sofort offenbart, dass er nicht zu 100 % aufgepasst hat, als das erste gespräch zwischen den parteien stattgefunden hat. aufgrund der tatsache, dass der laden klein ist, ist es aber nachvollziehbar, wenn der zeuge s jedenfalls eine gute akustische wahrnehmungsmöglichkeit hatte. der zeuge selbst hat auch angegeben, nicht hingeguckt zu haben, aber alles hören zu können. darauf kommt es bei einem gespräch maßgeblich an. er hat demnach seine nur begrenzte wahrnehmungsmöglichkeit direkt preisgegeben. ferner hat er selbstständig das geschehen ohne erkennbare zielorientierung im hinblick auf die beweisfragen bekundet, und ist auch in der lage gewesen, auf nachfrage weitere details zu geben, indem er auf die frage bzgl. des ersten gesprächs zunächst geschildert hat, dass er an dem tag dort gearbeitet, aber nicht zu 100 % aufgepasst hat. 30soweit es um die klägerischen behauptungen bzgl. fachlicher fehlleistungen geht, so vermag das gericht solche aufgrund der beweisaufnahme nicht festzustellen. der kläger bleibt auch insoweit beweisfällig. die sachverständige konnte in beiden nachvollziehbaren gutachten, in denen sie jeweils von zutreffenden anknüpfungstatsachen ausgegangen ist, feststellen, dass eine umsetzung der vorlage der anlage k2 auf der haut des klägers wegen des vorhandenen ausgangsmotivs nicht umsetzbar ist. die anlage k2 hätten in keiner weise verwendung finden können, weil weder der 3d-effekt noch das tribal bei den gegebenen voraussetzungen hätten umgesetzt werden können. soweit es um den flügel geht, so konnte die sachverständige den realen ist-zustand der farbintensität und tiefenwirkung aufgrund des zur verfügung stehenden fotomaterials nicht beurteilen. auch im ergänzungsgutachten kommt die sachverständige daher zu dem ergebnis, dass die zur verfügung gestellten fotos wegen überbelichtung zur weiteren beurteilung nicht brauchbar sind. schließlich konnte die sachverständige feststellen, dass die verwendeten farben der eu tätowieren mittelverordnung entsprechen. insoweit stützt sich die sachverständige jedoch nur auf die angaben des beklagten. ob hygienemaßnahmen eingehalten wurden, konnte die sachverständige ebenfalls nicht beurteilen. anhaltspunkte dafür sind jedenfalls nicht ersichtlich. die allergische reaktion vermag insoweit nicht auszureichen. hinsichtlich der verwendeten farben sowie hinsichtlich der hygienemaßnahmen erweist sich der vortrag der klägerseite allerdings auch als unsubstantiiert, da es keine greifbaren anhaltspunkte gibt, die eine solche behauptung zumindest als plausibel erscheinen lassen. 31auch kann kein fachlicher mangel darin gesehen werden, dass der beklagte ohne schablone, im sogenannten „freestyle“ arbeitete (vgl. etwa lg kassel, hinweisbeschluss vom 13. 5. 2009 - 1 s 34/09; njw-rr 2009, 1685, 1686). 32überdies kann auch keine aufklärungs- oder hinweispflichtverletzung konstatiert werden. der unternehmer hat den besteller auf alle umstände hinzuweisen und über diese aufzuklären, die er nicht kennt, deren kenntnis aber für dessen willensbildung und entschlüsse bezüglich des werkes bedeutsam sind (palandt/ sprau, 80. aufl. bgb, § 631 rn. 17). maßstab dieser vorgenannten pflicht ist treu und glauben unter berücksichtigung der verkehrsanschauung, wenn redlicherweise die mitteilung von tatsachen erwarten werden darf, die für die willensbildung offensichtlich von ausschlaggebender bedeutung sind (bgh njw-rr 2016, 859, 860). der zeuge s hat glaubhaft geschildert, dass der beklagte dem kläger darauf hingewiesen hat, dass es gewisse zeit zum überdecken alter tätowierungen brauche und dass es mehrerer sitzungen bedarf, da besonders am anfang das ergebnis nicht zufriedenstellend ist. 33in der folge scheitert auch ein schmerzensgeldanspruch. unter keinem rechtlichen gesichtspunkt ist ein solcher gegeben. eine pflichtverletzung oder eine körperverletzung sind nicht existent. soweit es um die allergische reaktion geht, so liegt jedenfalls ein einverständnis in die tätowierung und den damit einhergehenden substanzeingriff in den körper vor. 34ii. 35der klageantrag zu 2) ist bereits teilweise unzulässig. zwar war die erweiterung der klage durch den klageantrag zu 2) jedenfalls gemäß § 267 zpo zulässig, doch fehlt es am nach § 256 abs. 1 zpo erforderlichen feststellungsinteresse. dass in der rechtsprechung anerkannt ist, dass dann, wenn eine schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, der kläger in vollem umfang feststellung der ersatzpflicht begehren kann (st. rspr., bgh, urteile vom 4. dezember 1986 - iii zr 205/85, nvwz 1987, 733 mwn; vom 21. februar 1991 - iii zr 204/89, versr 1991, 788 f. mwn; senat, urteil vom 8. juli 2003 - vi zr 304/02, njw 2003, 2827 unter ii 1 mwn; bgh, urteil vom 19. april 2016 – vi zr 506/14 –, rn. 6, juris), vermag an der unzulässigkeit der feststellungsklage nichts zu ändern. denn bei dem ersatz des immateriellen schadens nach § 253 bgb handelt es sich um einen einheitlichen anspruch (beckok bgb/spindler, 54. ed. 1.5.2020, bgb § 253 rn. 13, 53). der grundsatz der einheitlichkeit des schmerzensgelds gebietet es, die höhe des dem geschädigten zustehenden schmerzensgelds auf grund einer ganzheitlichen betrachtung der den schadensfall prägenden umstände unter einbeziehung der absehbaren künftigen entwicklung des schadensbilds zu bemessen (vgl. bghz (gs) 18, 149 = njw 1955, 1675; senat, versr 1961, 164 [165], u. njw 2001, 3414 = versr 2001, 876). dabei steht die mit der verletzung verbundene lebensbeeinträchtigung im verhältnis zu den anderen zu berücksichtigenden umständen stets an der spitze (bgh, urteil vom 20. 1. 2004 - vi zr 70/03). die feststellungsklage ist daher insoweit problematisch, als mit dem auf eine unbeschränkte klage insgesamt zuzuerkennenden schmerzensgeld nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten verletzungsfolgen abgegolten werden (vgl. senat, versr 1980, 975; versr 1988, 929; versr 1995, 471 [472]; njw 2001, 3414 = versr 2001, 876; bgh, versr 1976, 440; bgh, urteil vom 20. 1. 2004 - vi zr 70/03). es scheidet ergo eine klage auf feststellung der ersatzverpflichtung für künftige immaterielle schäden dann aus, wenn ausschließlich voraussehbare schädigungsfolgen in betracht standen, die von der zubilligung des schmerzensgelds umfasst wären (bgh, urteil vom 14. februar 2006 - vi zr 322/04; bgh, beschluss vom 09. januar 2007 – vi zr 133/06 –, rn. 13, juris). eine begrenzung des anspruches auf den zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn die schadenentwicklung noch nicht abgeschlossen und nicht final überschaubar ist (vgl. mah straßenverkehrsr, § 26 die ansprüche bei schwerstverletzungen – personengroßschäden, rn. 375, 376, beck-online). hierfür genügt es, dass eine nicht eben entfernt liegende möglichkeit künftiger verwirklichung der schadensersatzpflicht durch auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer leiden besteht (vgl. bgh, njw 2001, 1431). diese möglichkeit eines schadenseintritts ist zu negieren, wenn aus der sicht des klägers bei verständiger würdigung kein grund besteht, mit dem eintritt eines derartigen schadens wenigstens zu rechnen (vgl. bghz 116, bghz band 116 seite 60 [ bghz band 116 seite 75] = njw 1992, njw jahr 1992 seite 560 = lm h. 7/1992 § 823 [dc] bgb nr. 181 m.w. nachw.). 36daran gemessen, erweist sich der klägerische vortrag als unzureichend. mit dem klageantrag zu 1) macht der kläger eine umfassende schmerzensgeldforderung geltend. hiervon umfasst sind alle schadensfolgen, die entweder bereits eingetreten oder objektiv erkennbar sein sollen, deren eintritt jedenfalls vorhergesehen werden könne. ein darüber hinaus gehendes feststellungsinteresse hinsichtlich möglicher weiterer schadenspositionen, die in der zukunft noch eintreten können, ist indes nicht gegeben. die behauptung durch die tätowierung könnten infektionen, allergien oder hautschädigungen auftreten, genügt alleine nicht. denn die nach der tätowierung aufgetretenen hautreaktionen waren temporär. es bestehen keinerlei anhaltspunkte für den eintritt weiterer schadensfolgen. dies gilt insbesondere vor dem hintergrund, dass die beklagtenseits erbrachten tätowierleistungen bereits mehr als drei jahre zurückliegen und zwischenzeitlich keine weiteren probleme aufgetreten sind. es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass ein wiederauftreten etwaiger gesundheitlicher probleme infolge der tätowierleistungen noch zu befürchten wäre. eine gefahr der krebserkrankung kann bereits aus der eigenart der tätowierung, als möglicherweise krebsauslösend, nicht geltend gemacht werden. 37soweit es um weitere materielle schäden geht, so ist die feststellungsklage zulässig und scheitert nicht am grundsatz der subsidiarität zur leistungsklage. allerdings ist nach den obigen ausführungen der klageantrag zu 2) jedenfalls auch unbegründet. begründet ist ein feststellungsantrag, wenn die sachlichen und rechtlichen voraussetzungen eines schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter eingriff gegeben ist, der zu möglichen künftigen schäden führen kann (bgh, urteil vom 17. oktober 2017 – vi zr 423/16 –, bghz 216, 149-174, rn. 49; mükozpo/becker-eberhard, 5. aufl., § 256 rn. 32). dies ist vorliegend nicht der fall. 38iii. 39die nebenentscheidungen basieren auf den §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 711 s. 1 und 2, 709 s. 2 zpo. 40der streitwert wird auf 7.146,00 eur festgesetzt. |
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} | 1 O 26/20 | 2021-12-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.1.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht die Rückzahlung von Bearbeitungsgebühren in Höhe von insgesamt 22.000,00 € (20.800,00 € und 1.200,00 €) geltend. 3Die Klägerin, die schon andere Windkraftanlagen gebaut hatte, erfragte im Frühjahr 2016 bei der Beklagten ein Angebot für die Finanzierung der Errichtung von drei Windkraftanlagen (im Folgenden: WKA) unter Vorlage eines Finanzierungskonzeptes. Darin waren die Kosten für eine Rückbaubürgschaft nicht berücksichtigt, worauf die Beklagte hinwies. Die Klägerin brachte mit E-Mail vom 26.2.2016 einen Kredit mit variablem Zinssatz und Swap ins Spiel. Die Beklagte machte der Klägerin mit Schreiben vom 23.03.2016 ein erstes Angebot über eine Finanzierungssumme von 13.220.000,00 € (Anlage B2), zuzüglich einer Umsatzsteuer-Vorfinanzierung und eines Avalkredites für eine Rückbaubürgschaft. Das Angebot enthält eine Liste der von der Beklagten verlangten Sicherheiten und Nachweise, das Verlangen, dass das Konto der Projektgesellschaft bei der Beklagten zu führen sei und die Aufforderung, mit Vertragsabschluss 660 Genossenschaftsanteile an der Beklagten zu je 100 € zu zeichnen. 4In dem Angebot heißt es auf Seite 1 im zweiten Absatz: 5„Bei Gesamtinvestitionen in Höhe von ca. 14.689.525,00 € können wir Ihnen Finanzierungsmittel i.H.v. 13.220.000,00 € anbieten. Als Anlage erhalten Sie unser unverbindliches Finanzierungskonzept. Die aufgeführten Finanzierungsbausteine können wir bei Bedarf gerne modifizieren.“ 6Weiter heißt es auf Seite 2 des Schreibens: 7„Bitte berücksichtigen Sie folgende Kosten: 8 Strukturierungsgebühr 66.000,00 EUR 9(fällig bei Auszahlung der Darlehen) zzgl. MwSt.“ 10Die Klägerin erklärte mit Datum vom 25.03.2016 über ihren Geschäftsführer C, dass sie das Finanzierungskonzept annehme (Anl. B3). Unter der Annahme findet sich folgender Passus: 11„Folgende Punkte sollten noch bei unserem persönlichen Treffen besprochen und dann in den Darlehensvertrag mit eingearbeitet werden: 12- genaue Finanzierungszusammensetzung, z.B. zusätzlich einen CAP. 13- die Anzahl der WKAs ist immer noch ungewiss, jedoch kommt eine Anlage sicher 14(…) 15- Strukturierungsgebühr i.V.m. GLS-Mitgliedschaftsanteile sollte besprochen werden. 16(…)“ 17Zur Absicherung eines variablen Zinssatzes verwies die Beklagte die Klägerin mit E-Mail vom 24.3.2016 auf ein Cap. 18Es fand sodann Ende März/Anfang April 2016 ein persönliches Gespräch zwischen den Geschäftsführern der Klägerin und dem Zeugen Q, Mitarbeiter der Beklagten, statt, in dem die sogenannte Strukturierungsgebühr angesprochen wurde, wobei die Einzelheiten streitig sind. Es folgten verschiedene weitere Abstimmungen. U.a. überließ die Beklagte der Klägerin einen Vordruck "Checkliste" über die beizubringenden Unterlagen. 19Es folgte ein zweites Schreiben der Beklagten vom 29.04.2016 (Anl. B4), das sich nur noch über die Finanzierung einer WKA verhielt. 20In diesem heißt es auf Seite 1 im zweiten Absatz: 21„Bei Gesamtinvestitionen in Höhe von ca. 5.350.000,00 € können wir Ihnen Finanzierungsmittel i.H.v. 5.000.000,00 € anbieten. Als Anlage erhalten Sie unser unverbindliches Finanzierungskonzept. Die aufgeführten Finanzierungsbausteine können wir bei Bedarf gerne modifizieren.“ 22Weiter wird eine gegenüber dem ersten Angebot zusätzlicher Avalkredit Kaufpreisbürgschaft eingefügt. Bei den verlangten Sicherheiten ist zusätzlich eine persönliche Bürgschaft der Gesellschafter über mind. 300.000 € aufgeführt. 23Auf Seite 2 heißt es nun: 24„Bitte berücksichtigen Sie folgende Kosten: 25 Strukturierungsgebühr 20.000,00 EUR 26(fällig bei Auszahlung der Darlehen) zzgl. MwSt.“ 27In dem letztlich finalen Finanzierungsangebot der Beklagten vom 11.08.2016 (Anl. B5) heißt es auf Seite 1 im zweiten Absatz: 28„Bei Gesamtinvestitionen in Höhe von ca. 5.500.000,00 € können wir Ihnen Finanzierungsmittel i.H.v. 5.500.000,00 € anbieten. Als Anlage erhalten Sie unser unverbindliches Finanzierungskonzept. Die aufgeführten Finanzierungsbausteine können wir bei Bedarf gerne modifizieren.“ 29Auf Seite 2 heißt es zur Strukturierungsgebühr: 30„Bitte berücksichtigen Sie folgende Kosten: 31 Strukturierungsgebühr 22.000,00 EUR 32(fällig bei Auszahlung der Darlehen) zzgl. MwSt.“ 33Aufgrund dieses Finanzierungsangebot kam es zum Abschluss zweier Darlehensverträge vom 21.10./13.11.2016 über 5.200.000 € mit einer Laufzeit von 180 Monaten und über 300.000 € mit einer Laufzeit von weniger als 10 Jahren. 34Beide Darlehensverträge enthielten unter Ziff. 4 folgende Regelungen: 35„Bearbeitungsgebühr 20.800,00 € (1200,00 €) 36die Bearbeitungsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer wird bei der ersten Valutierung fällig und dem Konto IBAN (…) belastet.“ 37Ein Zinssicherungsgeschäft wurde nicht abgeschlossen. 38Zur Abnahme der vereinbarten Darlehensvaluta durch die Klägerin kam es zunächst nicht, da diese die Baugenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für den geplanten Bau einer Anlage vom Typ W nicht erhielt. Zum 18.12.2016 erhielt die Klägerin jedoch eine Genehmigung für eine abweichende Windenergieanlage vom Typ T. Aufgrund dessen erfolgte eine Anpassung der Darlehensverträge und es kam zum Abschluss der Darlehensverträge vom 12.05.2017/20.05.2017, wobei die zuvor bereits festgehaltenen Darlehenskonditionen der im Jahre 2016 geschlossenen Darlehen (insbesondere Zinssatz, Strukturierungsgebühr/Bearbeitungsgebühr, Bereitstellungszinsen) übernommen wurden. Die Darlehenssumme lag nunmehr bei 4.350.000 € (4.100.000 € und 250.000 €). 39Die Darlehensverträge enthalten – wie bereits die vorherigen aus dem Jahre 2016 – unter Ziff. 4 folgende Regelungen: 40„Bearbeitungsgebühr 20.800,00 € (bzw. 1200,00 €) 41Die Bearbeitungsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer wird bei der ersten Valutierung fällig und dem Girokonto IBAN (…) belastet.“ 42Unter Ziff. 23 der in die Verträge einbezogenen AGB der Beklagten ist folgende Regelung enthalten: 43„Verjährung: Die Ansprüche aus dem Kreditvertrag verjähren nach Ablauf von fünf Jahren, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem diese Ansprüche fällig werden“. 44Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. 45Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage die Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts betreffend beider Darlehensverträge in Höhe von insgesamt 22.000 € geltend. 46Die Klägerin hat mit am 19.12.2019 beantragtem Mahnbescheid, welcher am 20.09.2019 erlassen und der Beklagten am 24.12.2019 zugestellt worden ist, eine Forderung in Höhe von insgesamt 22.000 € geltend gemacht. 47In dem Mahnbescheid war die Hauptforderung als 48„Ungerechtfertigte Bereicherung 491. Gem. Vertrag 8214422620/19102016 vom 13.11.2016 20.800,00 € 502. Gem. Vertrag 8214422621/19102016 vom 13.11.2016 1200,00 €“ 51bezeichnet. 52Am 07.01.2020 hat die Beklagte gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt. Am 14.01.2020 ist das Verfahren an das Landgericht Bochum abgegeben worden. Begründet wurde die Klage mit anwaltlichem Schriftsatz der Klägervertreter vom 19.02.2020. 53Die Klägerin behauptet, dass zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt zur Disposition gestanden habe, dass ein Bearbeitungsentgelt anfällt. Auch habe für die Klägerin keine Möglichkeit bestanden, über die Höhe des Entgelts mit der Beklagten zu verhandeln. Die Beklagte habe vielmehr einseitig die Höhe des anfallenden Finanzierungsentgelts bestimmt. Das Bearbeitungsentgelt habe ausschließlich zur Abdeckung der hauseigenen Kosten der Beklagten für die Bearbeitung der Darlehensanfrage der Klägerin gedient. In den Gesprächen zwischen den Parteien sei anderes auch nicht erörtert worden. Insbesondere sei die geschäftserfahrene Klägerin auf Unterstützung durch die Beklagte nicht angewiesen gewesen, habe diese nicht erbeten und auch nicht in Anspruch genommen. Über die Rückbaubürgschaft habe die Klägerin mit dem Grundstückseigentümer bereits vor Kontaktaufnahme zur Beklagten verhandelt. Gegenstand der Gespräche zwischen den Parteien sei allein die Struktur der Finanzierung, die Ausgestaltung und die Bestellung der Sicherheiten sowie die Konditionen hinsichtlich des Zinssatzes und der Tilgungsraten gewesen. Die von der Beklagten entfalteten Tätigkeiten hätten ausschließlich ihrem eigenen Interesse in Gestalt der Sicherung ihrer Ansprüche gedient. 54Die Klägerin beantragt, 55die Beklagte zu verurteilen, an sie 22.000,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2019 zu zahlen. 56Die Beklagte beantragt, 57 die Klage abzuweisen. 58Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe sich die Spezialkenntnisse der Beklagten bei der Entwicklung des Planvorhabens zunutze machen wollen. In dem persönlichen Gespräch mit dem Zeugen Q habe der Geschäftsführer der Klägerin, Herr C, die Strukturierungsgebühr angesprochen. Der Zeuge Q habe erklärt, dass die Beklagte bei der Entwicklung und Strukturierung des Planvorhabens sowie einer Projektfinanzierung der noch nicht genehmigten Anlage unterstützen könne, dass dies aber nur bei gesonderter Vergütung möglich sei. Herr C habe sich hiermit einverstanden erklärt. Dem Wunsch der Klägerin nach einer Reduzierung der Gebühr sei man nach interner Rücksprache nachgekommen. Die Beklagte habe gemeinsam mit der Klägerin die für das Vorhaben erforderlichen Voraussetzungen geprüft, entwickelt und das Planvorhaben zur Umsetzungsreife geführt. Dabei habe sie Zusatzleistungen erbracht, die einzig im Interesse der Klägerin erbracht worden seien, unter anderem habe sie die Klägerin bei Abschluss der Verträge mit den Grundstückseigentümern und Dritten, bei Abschluss von Zinssicherungsgeschäften, bei der Prüfung der an die Klägerin gestellten Rechnungen sowie bei der Ausarbeitung und Entwicklung des Finanzierungsplans unterstützt. Hätte die Beklagte diese Sonderleistungen nicht erbracht, hätte die Klägerin sie anderweitig einholen und vergüten müssen. Die Sonderleistungen durch die Beklagte hätten auch durch einen höheren Zinssatz abgedeckt werden können, was der Geschäftsführer der Klägerin, Herr C, ausdrücklich nicht gewünscht habe. 59Selbst wenn es sich bei der Regelung um eine AGB handele, unterliege diese aber dennoch nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Die Bearbeitungsgebühr stelle kein Entgelt für die bloße Bearbeitung des Darlehensantrags einschließlich der Vorbereitung des Vertragsabschlusses dar. Vielmehr sei sie ein Entgelt für die von ihr zusätzlich angebotene Sonderleistung für die Beratung bei der Projektentwicklung sowie der Strukturierung der Projektfinanzierung. 60Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 7.1.2022 behauptet die Beklagte erstmals, die Strukturierungsgebühr für die Verträge aus Mai 2017 sei erneut zwischen den Parteien verhandelt worden und habe sich wegen der Notwendigkeit erhöht, die Wirtschaftlichkeit des geänderten Projektes zu überprüfen und von der Durchführung der bereits abgeschlossenen Verträge abzusehen. Sie vertritt in diesem Schriftsatz die Auffassung, dass sie Sonderleistungen an die Klägerin erbracht habe, die jedenfalls nach ihren AGB zu vergüten seien. Andernfalls sei die Klägerin jedenfalls um diese Leistungen rechtsgrundlos bereichert und habe hierfür Wertersatz zu leisten. Mit einem entsprechenden Erstattungsanspruch erklärt die Beklagte in diesem Schriftsatz erstmals hilfsweise die Aufrechnung. 61Das Gericht hat Beweis erhoben zu dem Inhalt des Gespräches zwischen den Geschäftsführern der Klägerin und dem Zeugen Q durch Vernehmung des Zeugen und Anhörung der Geschäftsführer. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 30.9.2021 und 16.12.2021 Bezug genommen. 62Entscheidungsgründe: 63Die Klage ist bis auf einen geringen Teil der Zinsen begründet. 64I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 22.000 € aus § 812 Abs.1 Satz 1, 1. Alt. BGB. 65Die Beklagte hat den Betrag von 22.000 € durch Leistung der Klägerin erlangt. 66Hierfür bestand kein Rechtsgrund. 67Denn die Vereinbarung einer Bearbeitungsgebühr in den Verträgen vom Mai 2017, mit denen einvernehmlich die Verträge vom 13.11.2016 ersetzt worden sind, ist nach § 307 Abs.1 BGB unwirksam. 681. Bei den entsprechenden Vertragsklauseln handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB. 69Es handelt sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen. Dafür spricht bereits die äußere Form. Denn die Klauseln sind in allen vier zwischen den Parteien abgeschlossenen Verträgen in gleicher Weise von der Beklagten eingefügt worden. Sie entsprechen zudem inhaltlich (Anfall und Fälligkeit) den vorangegangenen Finanzierungsangeboten der Beklagten, in denen sie - abgesehen von der Höhe - in stets gleicher Weise enthalten waren. Unerheblich ist, ob bei Abschluss von Darlehensverträgen regelmäßig ein Bearbeitungsentgelt in Höhe festgelegter Prozentsätze verlangt oder das Entgelt im Einzelfall anhand der Daten des konkreten Darlehensvertrages nach bestimmten Vorgaben errechnet wird (BGH Urteil vom 17. April 2018, XI ZR 214/16). 70Die Klauseln wurden von der Beklagten gestellt, indem sie deren Vereinbarung verlangt und sie in den schriftlichen Verträgen vorgegeben hat. 712. Es liegt keine Ausnahme nach § 305 Abs.1 Satz 3 BGB vor, denn die Klauseln wurden nicht im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt. „Aushandeln“ bedeutet hierbei mehr als bloßes Verhandeln. Von einem „Aushandeln“ in diesem Sinne kann nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen AGB enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären (BGH, a.a.O.). In der Regel schlägt sich das Aushandeln in Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Auch wenn der Text unverändert bleibt, kann aber ausnahmsweise eine Individualvereinbarung vorliegen, wenn der andere Teil nach gründlicher Erörterung von der Sachgerechtigkeit der Regelung überzeugt wird und ihr zustimmt (BGH, Urteil vom 28.7.2015, XI ZR 434/14). Die allgemein geäußerte Bereitschaft, belastende Klauseln abzuändern, genügt nicht, ebenso wenig wie die Bereitschaft, die Bearbeitungsgebühr zu reduzieren (BGH Urteil vom 17. April 2018, XI ZR 214/16). Zu berücksichtigen sind alle Umstände des Einzelfalls, vor allem die intellektuellen Fähigkeiten und die berufliche Position der Verhandlungspartner sowie das Bestehen oder Fehlen eines wirtschaftlichen Machtgefälles (BGH, Urteil vom 28.7.2015, XI ZR 434/14). Diese Anforderungen gelten auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern (BGH Urteil vom 17. April 2018, XI ZR 214/16). 72Nach diesen Maßstäben kann ein Aushandeln nicht festgestellt werden. Zwar war die Klägerin in der Finanzierung größerer Projekte erfahren und hat die Relevanz der verlangten "Strukturierungsgebühr" erkannt und angesprochen. Dass diese - nicht nur der Höhe nach - von der Beklagten ernsthaft zur Disposition gestellt wurde, kann aber nicht festgestellt werden. Der Zeuge Q hat ausgesagt, dass möglicherweise darüber gesprochen worden sei, dass die Bearbeitungsgebühr entfalle, wenn mehr Genossenschaftsanteile gezeichnet würden. Dass er eine konkrete Bereitschaft der Beklagten zu einer solchen geänderten Gestaltung gegenüber der Klägerin geäußert hat, konnte er aber nicht sagen. Nach der Darstellung des Geschäftsführers der Klägerin C in seiner persönlichen Anhörung hat der Zeuge Q lediglich hinsichtlich der Höhe der Gebühr erklärt, intern noch Nachfrage zu halten, ob insoweit Verhandlungsbereitschaft bestehe. Dass der Anfall der Gebühr als solcher verhandelbar sei, ergibt sich danach nicht. Aber selbst die Höhe der Gebühr wurde nicht ausgehandelt im Sinne des § 305 Abs.1 Satz 3 BGB. Zwar hat die Beklagte vorübergehend gemessen am Kreditvolumen eine Reduzierung von 0,5% auf 0,4% angeboten, die sich in den Verträgen vom 13.11.2016 niedergeschlagen hat. Nach Reduzierung des Kreditvolumens hat die Beklagte aber an dem absoluten Betrag der Gebühr festgehalten, was ihre mangelnde Bereitschaft zu einem ernsthaften diesbezüglichen Nachgeben unterstreicht. Soweit die Beklagte hierzu im Schriftsatz vom 7.1.2022 behauptet hat, dass die letztlich vereinbarte Bearbeitungsgebühr erneut verhandelt worden sei, war dieses Vorbringen nicht zu berücksichtigen, da es erstmals nach der mündlichen Verhandlung in einem nicht nachgelassen Schriftsatz erfolgte. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war schon deshalb nicht veranlasst, da das Vorbringen mangels Substantiierung unerheblich wäre. Letztlich unterstreicht die im Schriftsatz vom 7.1.2022 aufgeführte Begründung für das Beibehalten der absoluten Höhe der Bearbeitungsgebühr, dass es der Beklagten darum ging, ihren erneuten Aufwand wegen der Vertragsänderung bezahlt zu erhalten. 73Dass die Klägerin von der Sachgerechtigkeit der Gebühr nach Erläuterung überzeugt gewesen wäre und diese deswegen akzeptiert hätte, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Die entsprechenden von der Beklagten behaupteten Erläuterungen zur Rechtfertigung der Gebühr sind von dem Zeugen Q nicht bestätigt worden. Konkrete besondere Hilfestellungen, die die Beklagte für die Klägerin bei der Verwirklichung des Projektes erbringen könnte, sind nach seiner Aussage nicht genannt worden. Dass die Klägerin einen diesbezüglichen Bedarf signalisiert hätte und etwa aus diesem Grund mit der Bearbeitungsgebühr zugunsten der erfahreneren Beklagten einverstanden gewesen wäre, hat der Zeuge Q ebenfalls nicht bekundet. Vielmehr stellte die Klägerin sich für ihn als zwar kleinere, aber branchenerfahrene Kundin dar. Die Geschäftsführer der Klägerin konnten sich erinnern, dass sie schon den Anfall der Strukturierungsgebühr an sich bei diesem Gespräch in Frage gestellt haben, also eben gerade kein grundsätzliches Einverständnis damit erklärt haben. 743. Bei den Klauseln handelt es sich um kontrollfähige Preisnebenabreden. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in AGB, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung, noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen (BGH Urteil vom 17. April 2018, XI ZR 214/16). 75Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie Preisabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Diese hat sich nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB, der auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr gilt, zulasten des Klauselverwenders. Außer Betracht bleiben solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (BGH, a.a.O.). 76Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei der Klausel um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. 77Die mit dem streitgegenständlichen Bearbeitungsentgelt bezahlten Leistungen werden in den beiden Darlehensverträgen nicht genannt. Nach der verwendeten Bezeichnung „Bearbeitungsentgelt“ handelt es sich um Entgelt für die Bearbeitung des Darlehensantrages einschließlich der Vorbereitung des Vertragsschlusses sowie für Verwaltungsaufwand der Beklagten bei Kreditbearbeitung und -auszahlung (vgl. BGH, a.a.O. und BGH, BeckRS 2017, 121112 jeweils für den Begriff „Bearbeitungsgebühr“). 78Soweit die Beklagte geltend macht, das Bearbeitungsentgelt sei für die zusätzliche Sonderleistung der Beratung bei der Projektentwicklung sowie der Entwicklung und Strukturierung der Projektfinanzierung gezahlt worden, enthält der Wortlaut der Klausel aus Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners keinen Anhaltspunkt hierfür (vgl. BGH, BeckRS 2017, 121112). 79Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Parteien übereinstimmend ein solches Verständnis hatten. 80Eine ausdrückliche Erläuterung, welche Leistungen die Beklagte im Interesse der Klägerin für die Strukturierungsgebühr erbringen wolle, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfolgt. Die Übergabe und Besprechung von Checklisten über die beizubringenden Unterlagen lässt die Bereitschaft zu solchen gesondert vergütungsfähigen Leistungen nicht erkennen. Sie entspricht der allgemeinen Übung bei jeder Finanzierung, insbesondere mit umfangreichen Sicherungen des Darlehensgebers. 81Der von der Beklagten angeführte Wunsch der Klägerin nach einer möglichst günstigen Finanzierung mit möglichst wenig Eigenkapital beinhaltet keinen Aspekt, der eine besondere, gesondert vergütungsfähige Leistung der Beklagten für die Klägerin begründete. Denn er stellt sich inhaltlich nur als eine Anfrage nach den möglichen Angeboten der Beklagten dar. Wenn die Beklagte daraufhin ein auf den Wunsch des Kunden so weit wie möglich angepasstes Finanzierungsmodell anbietet, handelt sie in erster Linie im eigenen Vermarktungsinteresse. Dass sie die Klägerin über Vor- und Nachteile aller verschiedenen möglichen Finanzierungsmodelle in einem Umfang beraten hätte, der einen gesonderten Beratungsvertrag und damit eine Haftung bei einer Falschberatung begründet hätte, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Gleiches gilt für das Erfragen von Konditionen eines Kreditsicherungsgeschäftes bei einem anderen Kreditinstitut. Dass es sich hierbei nicht um eine Beratungs- /Maklerleistung zugunsten der Klägerin handelte, zeigt sich schon daran, dass die Beklagte hier lediglich das Produkt eines Drittanbieters vorgestellt und keine Vergleichsangebote geprüft hat. 82Die Frage des Geschäftsführers der Klägerin nach einem Treuhandkonto bezog sich auf die unmittelbar davor unter demselben Spiegelstrich angeführte Frage nach der Verzinsung auf dem Rücklagenkonto und damit auf die von der Beklagten selbst als Sicherheit geforderte Liquiditätsreserve. Wieso die Beantwortung von Nachfragen nach von der Beklagten geforderten Sicherheiten eine Leistung zugunsten der Klägerin darstellen soll, erschließt sich nicht. 83Letztlich besteht das Finanzierungskonzept, soweit es um die Interessen der Klägerin geht, in zwei Annuitätendarlehen unterschiedlicher Höhe mit unterschiedlicher Laufzeit und Festzinssatz. Alle übrigen Konditionen dienen der Sicherung der Beklagten. 84Dass die Parteien allein den Hinweis des Zeugen Q auf die noch nicht berücksichtigte Rückbaubürgschaft als Grundlage für die Berechnung der Bearbeitungsgebühr angesehen hätten, ist bereits fernliegend. Dass eine solche Rückbaubürgschaft im Rahmen der Genehmigung gefordert wird und hierfür Kosten entstehen, war der Klägerin bekannt. Es ging insoweit allein darum, diese - überschaubaren - Kosten in die Finanzplanung einzustellen, was offenbar auch schon vor dem ersten Angebot der Beklagten, in dem bereits ein entsprechender Avalkredit enthalten ist, geschehen ist. 85Soweit der Zeuge Q der Klägerin in zwei Fällen ergänzende zivilrechtliche Vereinbarungen empfohlen hat, die nach seiner rechtlichen Einschätzung dazu dienen sollten, den dauerhaften Betrieb der WKA sicherzustellen, kann dahinstehen, ob diese Einschätzung zutreffend ist; denn zum einen lag auch dies angesichts der Besonderheiten der von der Beklagten verlangten Sicherung ihrer Ansprüche vorrangig in ihrem eigenen Sicherungsinteresse. Denn die Beklagte hat sich neben den banküblichen Sicherheiten (Sicherungsübereignungen, - abtretungen, Verpfändungen, Bürgschaften) auch die Einräumung einer eigenen Rechtsposition durch entsprechende Vormerkungen an den zu nutzenden Grundstücken und Eintrittsrechte in die für den Betrieb der Anlage relevanten Verträge verlangt, die es ihr im Sicherungsfall erlaubt hätte, die Anlage selber zu betreiben bzw. betreiben zu lassen. 86Zum anderen setzt die Einordnung der erhobenen Gebühr als Preisabrede voraus, dass die Parteien zumindest konkludent eine Einigung gefunden haben, dass diese eine Vergütung für vereinbarte Leistungen sein soll. Hierfür genügt es nicht, wenn die Beklagte von sich aus Vorschläge zu einer rechtlichen Gestaltung macht oder Nachfrage beim Energieversorger hält, wenn dies nicht zuvor besprochen oder zumindest allgemein eine entsprechende Aufgabe der Beklagten in die Vorstellung der Parteien aufgenommen wurde. Dies kann indes nicht festgestellt werden. 87Dass die Klägerin die Vorschläge zur Vertragsgestaltung umgesetzt hat, kann nicht als Einverständnis mit zusätzlichen Leistungen der Beklagten gewertet haben, da die Klägerin zur Erlangung des gewünschten Kredites die von der Beklagten geforderten Nachweise erbringen musste. 88Ebensowenig kann festgestellt werden, dass die von der Beklagten aufgeführte Rechnungsprüfung eine gesonderte Leistung der Beklagten war, die von den Parteien zur Grundlage der vereinbarten Bearbeitungsgebühr gemacht wurde. Denn die Rechnungen wurden von der Klägerin an die Beklagte zur Anweisung weitergereicht. Die Rechnungsprüfung lag damit im Verantwortungsbereich der Klägerin. Soweit die Beklagte meinte, die Freigaben der Klägerin nochmals kontrollieren zu wollen, stellte dies jedenfalls keine Leistung zugunsten der Klägerin dar, zumal ihr eine Prüfung auf inhaltliche Richtigkeit der Rechnungen ohnehin nicht möglich war. Vielmehr stellte die Beklagte damit im eigenen Interesse sicher, dass die Darlehensvaluta nur entsprechend dem Finanzierungsplan verwendet wurde. Dass die Parteien über eine Prüfung durch die Beklagte vor Abschluss des Kreditvertrages gesprochen hätten, wird bereits nicht behauptet. 894. Die damit als Preisnebenabrede einzuordnende Klausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand. 90Formularmäßige Klauseln über die Erhebung eines Bearbeitungsentgelts in Darlehensverträgen sind nach der Rechtsprechung des BGH nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts ist auch für die Bearbeitung eines Unternehmerdarlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar und benachteiligt den Darlehensnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BGH, a.a.O.). 91Etwas anderes ergibt sich nicht aus einem besonderen Aufwand der Beklagten bei der Kreditbearbeitungs, der ohnehin durch die von der Beklagten behaupteten besonderen Expertise jedenfalls zum Teil kompensiert worden ist. Nach dem oben gesagten ergab sich allenfalls ein geringer Nutzen für die Klägerin. 925. Soweit die Beklagte erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu Ziffer 12 Abs.4 ihrer AGB vorträgt und meint, es ergebe sich hieraus ein Vergütungsanspruch, gibt auch dieser Vortrag keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. 93Ein Rechtsgrund für die gezahlten Bearbeitungsgebühren ergibt sich aus Ziffer 12 Abs.4 der AGB der Beklagten nicht. Denn dieser betrifft nur die Höhe eines geschuldeten Entgelts, nicht dessen Vereinbarung. 94II. Schließlich ist die im Schriftsatz vom 7.1.2022 erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Hilfsaufrechnung unbeachtlich und bietet keinen Grund, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, da sie mangels Bestimmtheit schon unzulässig ist. 95III. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB ab dem 10.1.2020. Ein früherer Zinsbeginn ist nicht dargelegt. 96IV. Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Er unterliegt der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren nach § 195 BGB. Die Verjährung begann nach § 199 Abs.1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die nach § 199 ABs.1 Nr.2 BGB erforderlichen subjektiven Voraussetzungen vorlagen. Der Anspruch ist mit der Leistung des vereinbarten Bearbeitungsentgeltes entstanden. Dieses war nach den Vereinbarungen in den verschiedenen Darlehensverträgen mit der erstmaligen Teilauszahlung der Darlehensvaluta fällig. Da auf die Verträge aus dem Jahr 2016 keine Darlehensvaluta ausgezahlt wurde, ist davon auszugehen, dass das Bearbeitungsentgelt erst im Jahr 2017 nach Neuabschluss der Kreditverträge ausgezahlt wurde. Etwas anderes ist jedenfalls von der für den Beginn der Verjährungsfrist darlegungspflichtigen Beklagten nicht vorgetragen worden. Die mit dem Schluss des Jahres 2017 beginnende Verjährungsfrist ist durch die Zustellung der Klagebegründung am 11.3.2020 nach § 204 Abs.1 Nr.1 BGB rechtzeitig gehemmt worden. 97Aber auch wenn die Bearbeitungsgebühr schon im Jahr 2016 gezahlt worden sein sollte, ist der Anspruch der Klägerin nicht verjährt. Denn dann wäre die Verjährungsfrist bereits durch die Zustellung des Mahnbescheides nach § 204 Abs.1 Nr.3 BGB gehemmt worden. Denn in diesem Fall wäre die Bezeichnung der Forderung im Mahnbescheid unter Bezugnahme auf die Verträge vom 13.11.2016 zur Herbeiführung der Hemmungswirkung ausreichend gewesen, da die Bearbeitungsgebühr tatsächlich zunächst auf die später geänderten Verträge vom 13.11.2016 gezahlt worden wäre. 98V. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs.2 Nr.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO. 99Der Streitwert wird auf 22.000,00 EUR festgesetzt. 100Rechtsbehelfsbelehrung: 101Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bochum, Josef-Neuberger-Straße 1, 44787 Bochum, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 102Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 103Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 104Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. | die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 22.000 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 10.1.2020 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die beklagte. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin macht die rückzahlung von bearbeitungsgebühren in höhe von insgesamt 22.000,00 € (20.800,00 € und 1.200,00 €) geltend. 3die klägerin, die schon andere windkraftanlagen gebaut hatte, erfragte im frühjahr 2016 bei der beklagten ein angebot für die finanzierung der errichtung von drei windkraftanlagen (im folgenden: wka) unter vorlage eines finanzierungskonzeptes. darin waren die kosten für eine rückbaubürgschaft nicht berücksichtigt, worauf die beklagte hinwies. die klägerin brachte mit e-mail vom 26.2.2016 einen kredit mit variablem zinssatz und swap ins spiel. die beklagte machte der klägerin mit schreiben vom 23.03.2016 ein erstes angebot über eine finanzierungssumme von 13.220.000,00 € (anlage b2), zuzüglich einer umsatzsteuer-vorfinanzierung und eines avalkredites für eine rückbaubürgschaft. das angebot enthält eine liste der von der beklagten verlangten sicherheiten und nachweise, das verlangen, dass das konto der projektgesellschaft bei der beklagten zu führen sei und die aufforderung, mit vertragsabschluss 660 genossenschaftsanteile an der beklagten zu je 100 € zu zeichnen. 4in dem angebot heißt es auf seite 1 im zweiten absatz: 5„bei gesamtinvestitionen in höhe von ca. 14.689.525,00 € können wir ihnen finanzierungsmittel i.h.v. 13.220.000,00 € anbieten. als anlage erhalten sie unser unverbindliches finanzierungskonzept. die aufgeführten finanzierungsbausteine können wir bei bedarf gerne modifizieren.“ 6weiter heißt es auf seite 2 des schreibens: 7„bitte berücksichtigen sie folgende kosten: 8 strukturierungsgebühr 66.000,00 eur 9(fällig bei auszahlung der darlehen) zzgl. mwst.“ 10die klägerin erklärte mit datum vom 25.03.2016 über ihren geschäftsführer c, dass sie das finanzierungskonzept annehme (anl. b3). unter der annahme findet sich folgender passus: 11„folgende punkte sollten noch bei unserem persönlichen treffen besprochen und dann in den darlehensvertrag mit eingearbeitet werden: 12- genaue finanzierungszusammensetzung, z.b. zusätzlich einen cap. 13- die anzahl der wkas ist immer noch ungewiss, jedoch kommt eine anlage sicher 14(…) 15- strukturierungsgebühr i.v.m. gls-mitgliedschaftsanteile sollte besprochen werden. 16(…)“ 17zur absicherung eines variablen zinssatzes verwies die beklagte die klägerin mit e-mail vom 24.3.2016 auf ein cap. 18es fand sodann ende märz/anfang april 2016 ein persönliches gespräch zwischen den geschäftsführern der klägerin und dem zeugen q, mitarbeiter der beklagten, statt, in dem die sogenannte strukturierungsgebühr angesprochen wurde, wobei die einzelheiten streitig sind. es folgten verschiedene weitere abstimmungen. u.a. überließ die beklagte der klägerin einen vordruck "checkliste" über die beizubringenden unterlagen. 19es folgte ein zweites schreiben der beklagten vom 29.04.2016 (anl. b4), das sich nur noch über die finanzierung einer wka verhielt. 20in diesem heißt es auf seite 1 im zweiten absatz: 21„bei gesamtinvestitionen in höhe von ca. 5.350.000,00 € können wir ihnen finanzierungsmittel i.h.v. 5.000.000,00 € anbieten. als anlage erhalten sie unser unverbindliches finanzierungskonzept. die aufgeführten finanzierungsbausteine können wir bei bedarf gerne modifizieren.“ 22weiter wird eine gegenüber dem ersten angebot zusätzlicher avalkredit kaufpreisbürgschaft eingefügt. bei den verlangten sicherheiten ist zusätzlich eine persönliche bürgschaft der gesellschafter über mind. 300.000 € aufgeführt. 23auf seite 2 heißt es nun: 24„bitte berücksichtigen sie folgende kosten: 25 strukturierungsgebühr 20.000,00 eur 26(fällig bei auszahlung der darlehen) zzgl. mwst.“ 27in dem letztlich finalen finanzierungsangebot der beklagten vom 11.08.2016 (anl. b5) heißt es auf seite 1 im zweiten absatz: 28„bei gesamtinvestitionen in höhe von ca. 5.500.000,00 € können wir ihnen finanzierungsmittel i.h.v. 5.500.000,00 € anbieten. als anlage erhalten sie unser unverbindliches finanzierungskonzept. die aufgeführten finanzierungsbausteine können wir bei bedarf gerne modifizieren.“ 29auf seite 2 heißt es zur strukturierungsgebühr: 30„bitte berücksichtigen sie folgende kosten: 31 strukturierungsgebühr 22.000,00 eur 32(fällig bei auszahlung der darlehen) zzgl. mwst.“ 33aufgrund dieses finanzierungsangebot kam es zum abschluss zweier darlehensverträge vom 21.10./13.11.2016 über 5.200.000 € mit einer laufzeit von 180 monaten und über 300.000 € mit einer laufzeit von weniger als 10 jahren. 34beide darlehensverträge enthielten unter ziff. 4 folgende regelungen: 35„bearbeitungsgebühr 20.800,00 € (1200,00 €) 36die bearbeitungsgebühr zuzüglich umsatzsteuer wird bei der ersten valutierung fällig und dem konto iban (…) belastet.“ 37ein zinssicherungsgeschäft wurde nicht abgeschlossen. 38zur abnahme der vereinbarten darlehensvaluta durch die klägerin kam es zunächst nicht, da diese die baugenehmigung nach dem bundesimmissionsschutzgesetz für den geplanten bau einer anlage vom typ w nicht erhielt. zum 18.12.2016 erhielt die klägerin jedoch eine genehmigung für eine abweichende windenergieanlage vom typ t. aufgrund dessen erfolgte eine anpassung der darlehensverträge und es kam zum abschluss der darlehensverträge vom 12.05.2017/20.05.2017, wobei die zuvor bereits festgehaltenen darlehenskonditionen der im jahre 2016 geschlossenen darlehen (insbesondere zinssatz, strukturierungsgebühr/bearbeitungsgebühr, bereitstellungszinsen) übernommen wurden. die darlehenssumme lag nunmehr bei 4.350.000 € (4.100.000 € und 250.000 €). 39die darlehensverträge enthalten – wie bereits die vorherigen aus dem jahre 2016 – unter ziff. 4 folgende regelungen: 40„bearbeitungsgebühr 20.800,00 € (bzw. 1200,00 €) 41die bearbeitungsgebühr zuzüglich umsatzsteuer wird bei der ersten valutierung fällig und dem girokonto iban (…) belastet.“ 42unter ziff. 23 der in die verträge einbezogenen agb der beklagten ist folgende regelung enthalten: 43„verjährung: die ansprüche aus dem kreditvertrag verjähren nach ablauf von fünf jahren, beginnend mit dem ende des jahres, in dem diese ansprüche fällig werden“. 44die beklagte erhebt die einrede der verjährung. 45die klägerin macht mit der vorliegenden klage die rückzahlung des bearbeitungsentgelts betreffend beider darlehensverträge in höhe von insgesamt 22.000 € geltend. 46die klägerin hat mit am 19.12.2019 beantragtem mahnbescheid, welcher am 20.09.2019 erlassen und der beklagten am 24.12.2019 zugestellt worden ist, eine forderung in höhe von insgesamt 22.000 € geltend gemacht. 47in dem mahnbescheid war die hauptforderung als 48„ungerechtfertigte bereicherung 491. gem. vertrag 8214422620/19102016 vom 13.11.2016 20.800,00 € 502. gem. vertrag 8214422621/19102016 vom 13.11.2016 1200,00 €“ 51bezeichnet. 52am 07.01.2020 hat die beklagte gegen den mahnbescheid widerspruch eingelegt. am 14.01.2020 ist das verfahren an das landgericht bochum abgegeben worden. begründet wurde die klage mit anwaltlichem schriftsatz der klägervertreter vom 19.02.2020. 53die klägerin behauptet, dass zwischen den parteien zu keinem zeitpunkt zur disposition gestanden habe, dass ein bearbeitungsentgelt anfällt. auch habe für die klägerin keine möglichkeit bestanden, über die höhe des entgelts mit der beklagten zu verhandeln. die beklagte habe vielmehr einseitig die höhe des anfallenden finanzierungsentgelts bestimmt. das bearbeitungsentgelt habe ausschließlich zur abdeckung der hauseigenen kosten der beklagten für die bearbeitung der darlehensanfrage der klägerin gedient. in den gesprächen zwischen den parteien sei anderes auch nicht erörtert worden. insbesondere sei die geschäftserfahrene klägerin auf unterstützung durch die beklagte nicht angewiesen gewesen, habe diese nicht erbeten und auch nicht in anspruch genommen. über die rückbaubürgschaft habe die klägerin mit dem grundstückseigentümer bereits vor kontaktaufnahme zur beklagten verhandelt. gegenstand der gespräche zwischen den parteien sei allein die struktur der finanzierung, die ausgestaltung und die bestellung der sicherheiten sowie die konditionen hinsichtlich des zinssatzes und der tilgungsraten gewesen. die von der beklagten entfalteten tätigkeiten hätten ausschließlich ihrem eigenen interesse in gestalt der sicherung ihrer ansprüche gedient. 54die klägerin beantragt, 55die beklagte zu verurteilen, an sie 22.000,00 € zuzüglich zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 18.12.2019 zu zahlen. 56die beklagte beantragt, 57 die klage abzuweisen. 58die beklagte behauptet, die klägerin habe sich die spezialkenntnisse der beklagten bei der entwicklung des planvorhabens zunutze machen wollen. in dem persönlichen gespräch mit dem zeugen q habe der geschäftsführer der klägerin, herr c, die strukturierungsgebühr angesprochen. der zeuge q habe erklärt, dass die beklagte bei der entwicklung und strukturierung des planvorhabens sowie einer projektfinanzierung der noch nicht genehmigten anlage unterstützen könne, dass dies aber nur bei gesonderter vergütung möglich sei. herr c habe sich hiermit einverstanden erklärt. dem wunsch der klägerin nach einer reduzierung der gebühr sei man nach interner rücksprache nachgekommen. die beklagte habe gemeinsam mit der klägerin die für das vorhaben erforderlichen voraussetzungen geprüft, entwickelt und das planvorhaben zur umsetzungsreife geführt. dabei habe sie zusatzleistungen erbracht, die einzig im interesse der klägerin erbracht worden seien, unter anderem habe sie die klägerin bei abschluss der verträge mit den grundstückseigentümern und dritten, bei abschluss von zinssicherungsgeschäften, bei der prüfung der an die klägerin gestellten rechnungen sowie bei der ausarbeitung und entwicklung des finanzierungsplans unterstützt. hätte die beklagte diese sonderleistungen nicht erbracht, hätte die klägerin sie anderweitig einholen und vergüten müssen. die sonderleistungen durch die beklagte hätten auch durch einen höheren zinssatz abgedeckt werden können, was der geschäftsführer der klägerin, herr c, ausdrücklich nicht gewünscht habe. 59selbst wenn es sich bei der regelung um eine agb handele, unterliege diese aber dennoch nicht der inhaltskontrolle nach § 307 bgb. die bearbeitungsgebühr stelle kein entgelt für die bloße bearbeitung des darlehensantrags einschließlich der vorbereitung des vertragsabschlusses dar. vielmehr sei sie ein entgelt für die von ihr zusätzlich angebotene sonderleistung für die beratung bei der projektentwicklung sowie der strukturierung der projektfinanzierung. 60mit nicht nachgelassenem schriftsatz vom 7.1.2022 behauptet die beklagte erstmals, die strukturierungsgebühr für die verträge aus mai 2017 sei erneut zwischen den parteien verhandelt worden und habe sich wegen der notwendigkeit erhöht, die wirtschaftlichkeit des geänderten projektes zu überprüfen und von der durchführung der bereits abgeschlossenen verträge abzusehen. sie vertritt in diesem schriftsatz die auffassung, dass sie sonderleistungen an die klägerin erbracht habe, die jedenfalls nach ihren agb zu vergüten seien. andernfalls sei die klägerin jedenfalls um diese leistungen rechtsgrundlos bereichert und habe hierfür wertersatz zu leisten. mit einem entsprechenden erstattungsanspruch erklärt die beklagte in diesem schriftsatz erstmals hilfsweise die aufrechnung. 61das gericht hat beweis erhoben zu dem inhalt des gespräches zwischen den geschäftsführern der klägerin und dem zeugen q durch vernehmung des zeugen und anhörung der geschäftsführer. zum ergebnis der beweisaufnahme wird auf die protokolle der mündlichen verhandlungen vom 30.9.2021 und 16.12.2021 bezug genommen. 62 | 63die klage ist bis auf einen geringen teil der zinsen begründet. 64i. die klägerin hat gegen die beklagte einen anspruch auf zahlung von 22.000 € aus § 812 abs.1 satz 1, 1. alt. bgb. 65die beklagte hat den betrag von 22.000 € durch leistung der klägerin erlangt. 66hierfür bestand kein rechtsgrund. 67denn die vereinbarung einer bearbeitungsgebühr in den verträgen vom mai 2017, mit denen einvernehmlich die verträge vom 13.11.2016 ersetzt worden sind, ist nach § 307 abs.1 bgb unwirksam. 681. bei den entsprechenden vertragsklauseln handelt es sich um allgemeine geschäftsbedingungen im sinne des § 305 bgb. 69es handelt sich um für eine vielzahl von verträgen vorformulierte vertragsbedingungen. dafür spricht bereits die äußere form. denn die klauseln sind in allen vier zwischen den parteien abgeschlossenen verträgen in gleicher weise von der beklagten eingefügt worden. sie entsprechen zudem inhaltlich (anfall und fälligkeit) den vorangegangenen finanzierungsangeboten der beklagten, in denen sie - abgesehen von der höhe - in stets gleicher weise enthalten waren. unerheblich ist, ob bei abschluss von darlehensverträgen regelmäßig ein bearbeitungsentgelt in höhe festgelegter prozentsätze verlangt oder das entgelt im einzelfall anhand der daten des konkreten darlehensvertrages nach bestimmten vorgaben errechnet wird (bgh urteil vom 17. april 2018, xi zr 214/16). 70die klauseln wurden von der beklagten gestellt, indem sie deren vereinbarung verlangt und sie in den schriftlichen verträgen vorgegeben hat. 712. es liegt keine ausnahme nach § 305 abs.1 satz 3 bgb vor, denn die klauseln wurden nicht im einzelnen zwischen den parteien ausgehandelt. „aushandeln“ bedeutet hierbei mehr als bloßes verhandeln. von einem „aushandeln“ in diesem sinne kann nur dann gesprochen werden, wenn der verwender zunächst den in seinen agb enthaltenen gesetzesfremden kerngehalt, also die den wesentlichen inhalt der gesetzlichen regelung ändernden oder ergänzenden bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur disposition stellt und dem verhandlungspartner gestaltungsfreiheit zur wahrung eigener interessen einräumt mit zumindest der effektiven möglichkeit, die inhaltliche ausgestaltung der vertragsbedingungen zu beeinflussen. er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten änderung einzelner klauseln bereit erklären (bgh, a.a.o.). in der regel schlägt sich das aushandeln in änderungen des vorformulierten textes nieder. auch wenn der text unverändert bleibt, kann aber ausnahmsweise eine individualvereinbarung vorliegen, wenn der andere teil nach gründlicher erörterung von der sachgerechtigkeit der regelung überzeugt wird und ihr zustimmt (bgh, urteil vom 28.7.2015, xi zr 434/14). die allgemein geäußerte bereitschaft, belastende klauseln abzuändern, genügt nicht, ebenso wenig wie die bereitschaft, die bearbeitungsgebühr zu reduzieren (bgh urteil vom 17. april 2018, xi zr 214/16). zu berücksichtigen sind alle umstände des einzelfalls, vor allem die intellektuellen fähigkeiten und die berufliche position der verhandlungspartner sowie das bestehen oder fehlen eines wirtschaftlichen machtgefälles (bgh, urteil vom 28.7.2015, xi zr 434/14). diese anforderungen gelten auch im rechtsverkehr zwischen unternehmern (bgh urteil vom 17. april 2018, xi zr 214/16). 72nach diesen maßstäben kann ein aushandeln nicht festgestellt werden. zwar war die klägerin in der finanzierung größerer projekte erfahren und hat die relevanz der verlangten "strukturierungsgebühr" erkannt und angesprochen. dass diese - nicht nur der höhe nach - von der beklagten ernsthaft zur disposition gestellt wurde, kann aber nicht festgestellt werden. der zeuge q hat ausgesagt, dass möglicherweise darüber gesprochen worden sei, dass die bearbeitungsgebühr entfalle, wenn mehr genossenschaftsanteile gezeichnet würden. dass er eine konkrete bereitschaft der beklagten zu einer solchen geänderten gestaltung gegenüber der klägerin geäußert hat, konnte er aber nicht sagen. nach der darstellung des geschäftsführers der klägerin c in seiner persönlichen anhörung hat der zeuge q lediglich hinsichtlich der höhe der gebühr erklärt, intern noch nachfrage zu halten, ob insoweit verhandlungsbereitschaft bestehe. dass der anfall der gebühr als solcher verhandelbar sei, ergibt sich danach nicht. aber selbst die höhe der gebühr wurde nicht ausgehandelt im sinne des § 305 abs.1 satz 3 bgb. zwar hat die beklagte vorübergehend gemessen am kreditvolumen eine reduzierung von 0,5% auf 0,4% angeboten, die sich in den verträgen vom 13.11.2016 niedergeschlagen hat. nach reduzierung des kreditvolumens hat die beklagte aber an dem absoluten betrag der gebühr festgehalten, was ihre mangelnde bereitschaft zu einem ernsthaften diesbezüglichen nachgeben unterstreicht. soweit die beklagte hierzu im schriftsatz vom 7.1.2022 behauptet hat, dass die letztlich vereinbarte bearbeitungsgebühr erneut verhandelt worden sei, war dieses vorbringen nicht zu berücksichtigen, da es erstmals nach der mündlichen verhandlung in einem nicht nachgelassen schriftsatz erfolgte. eine wiedereröffnung der mündlichen verhandlung war schon deshalb nicht veranlasst, da das vorbringen mangels substantiierung unerheblich wäre. letztlich unterstreicht die im schriftsatz vom 7.1.2022 aufgeführte begründung für das beibehalten der absoluten höhe der bearbeitungsgebühr, dass es der beklagten darum ging, ihren erneuten aufwand wegen der vertragsänderung bezahlt zu erhalten. 73dass die klägerin von der sachgerechtigkeit der gebühr nach erläuterung überzeugt gewesen wäre und diese deswegen akzeptiert hätte, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. die entsprechenden von der beklagten behaupteten erläuterungen zur rechtfertigung der gebühr sind von dem zeugen q nicht bestätigt worden. konkrete besondere hilfestellungen, die die beklagte für die klägerin bei der verwirklichung des projektes erbringen könnte, sind nach seiner aussage nicht genannt worden. dass die klägerin einen diesbezüglichen bedarf signalisiert hätte und etwa aus diesem grund mit der bearbeitungsgebühr zugunsten der erfahreneren beklagten einverstanden gewesen wäre, hat der zeuge q ebenfalls nicht bekundet. vielmehr stellte die klägerin sich für ihn als zwar kleinere, aber branchenerfahrene kundin dar. die geschäftsführer der klägerin konnten sich erinnern, dass sie schon den anfall der strukturierungsgebühr an sich bei diesem gespräch in frage gestellt haben, also eben gerade kein grundsätzliches einverständnis damit erklärt haben. 743. bei den klauseln handelt es sich um kontrollfähige preisnebenabreden. § 307 abs. 3 s. 1 bgb beschränkt die inhaltskontrolle auf solche bestimmungen in agb, durch die von rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende regelungen vereinbart werden. hierunter fallen weder bestimmungen über den preis der vertraglichen hauptleistung, noch klauseln über das entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene sonderleistung. preisnebenabreden, die keine echte (gegen-)leistung zum gegenstand haben, sondern mit denen der klauselverwender allgemeine betriebskosten, aufwand für die erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener pflichten oder für sonstige tätigkeiten auf den kunden abwälzt, die der verwender im eigenen interesse erbringt, sind hingegen der inhaltskontrolle unterworfen (bgh urteil vom 17. april 2018, xi zr 214/16). 75ob eine klausel nach diesen grundsätzen eine kontrollfähige preisnebenabrede oder eine kontrollfreie preisabrede enthält, ist durch auslegung zu ermitteln. diese hat sich nach dem objektiven inhalt und typischen sinn der in rede stehenden klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr wortlaut von verständigen und redlichen vertragspartnern unter abwägung der interessen der regelmäßig beteiligten verkehrskreise verstanden wird. zweifel bei der auslegung gehen nach § 305c abs. 2 bgb, der auch im unternehmerischen geschäftsverkehr gilt, zulasten des klauselverwenders. außer betracht bleiben solche auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in betracht zu ziehen sind (bgh, a.a.o.). 76nach diesen maßstäben handelt es sich bei der klausel um eine kontrollfähige preisnebenabrede. 77die mit dem streitgegenständlichen bearbeitungsentgelt bezahlten leistungen werden in den beiden darlehensverträgen nicht genannt. nach der verwendeten bezeichnung „bearbeitungsentgelt“ handelt es sich um entgelt für die bearbeitung des darlehensantrages einschließlich der vorbereitung des vertragsschlusses sowie für verwaltungsaufwand der beklagten bei kreditbearbeitung und -auszahlung (vgl. bgh, a.a.o. und bgh, beckrs 2017, 121112 jeweils für den begriff „bearbeitungsgebühr“). 78soweit die beklagte geltend macht, das bearbeitungsentgelt sei für die zusätzliche sonderleistung der beratung bei der projektentwicklung sowie der entwicklung und strukturierung der projektfinanzierung gezahlt worden, enthält der wortlaut der klausel aus sicht eines verständigen und redlichen vertragspartners keinen anhaltspunkt hierfür (vgl. bgh, beckrs 2017, 121112). 79es kann auch nicht festgestellt werden, dass die parteien übereinstimmend ein solches verständnis hatten. 80eine ausdrückliche erläuterung, welche leistungen die beklagte im interesse der klägerin für die strukturierungsgebühr erbringen wolle, ist nach dem ergebnis der beweisaufnahme nicht erfolgt. die übergabe und besprechung von checklisten über die beizubringenden unterlagen lässt die bereitschaft zu solchen gesondert vergütungsfähigen leistungen nicht erkennen. sie entspricht der allgemeinen übung bei jeder finanzierung, insbesondere mit umfangreichen sicherungen des darlehensgebers. 81der von der beklagten angeführte wunsch der klägerin nach einer möglichst günstigen finanzierung mit möglichst wenig eigenkapital beinhaltet keinen aspekt, der eine besondere, gesondert vergütungsfähige leistung der beklagten für die klägerin begründete. denn er stellt sich inhaltlich nur als eine anfrage nach den möglichen angeboten der beklagten dar. wenn die beklagte daraufhin ein auf den wunsch des kunden so weit wie möglich angepasstes finanzierungsmodell anbietet, handelt sie in erster linie im eigenen vermarktungsinteresse. dass sie die klägerin über vor- und nachteile aller verschiedenen möglichen finanzierungsmodelle in einem umfang beraten hätte, der einen gesonderten beratungsvertrag und damit eine haftung bei einer falschberatung begründet hätte, ergibt sich aus dem vortrag der beklagten nicht. gleiches gilt für das erfragen von konditionen eines kreditsicherungsgeschäftes bei einem anderen kreditinstitut. dass es sich hierbei nicht um eine beratungs- /maklerleistung zugunsten der klägerin handelte, zeigt sich schon daran, dass die beklagte hier lediglich das produkt eines drittanbieters vorgestellt und keine vergleichsangebote geprüft hat. 82die frage des geschäftsführers der klägerin nach einem treuhandkonto bezog sich auf die unmittelbar davor unter demselben spiegelstrich angeführte frage nach der verzinsung auf dem rücklagenkonto und damit auf die von der beklagten selbst als sicherheit geforderte liquiditätsreserve. wieso die beantwortung von nachfragen nach von der beklagten geforderten sicherheiten eine leistung zugunsten der klägerin darstellen soll, erschließt sich nicht. 83letztlich besteht das finanzierungskonzept, soweit es um die interessen der klägerin geht, in zwei annuitätendarlehen unterschiedlicher höhe mit unterschiedlicher laufzeit und festzinssatz. alle übrigen konditionen dienen der sicherung der beklagten. 84dass die parteien allein den hinweis des zeugen q auf die noch nicht berücksichtigte rückbaubürgschaft als grundlage für die berechnung der bearbeitungsgebühr angesehen hätten, ist bereits fernliegend. dass eine solche rückbaubürgschaft im rahmen der genehmigung gefordert wird und hierfür kosten entstehen, war der klägerin bekannt. es ging insoweit allein darum, diese - überschaubaren - kosten in die finanzplanung einzustellen, was offenbar auch schon vor dem ersten angebot der beklagten, in dem bereits ein entsprechender avalkredit enthalten ist, geschehen ist. 85soweit der zeuge q der klägerin in zwei fällen ergänzende zivilrechtliche vereinbarungen empfohlen hat, die nach seiner rechtlichen einschätzung dazu dienen sollten, den dauerhaften betrieb der wka sicherzustellen, kann dahinstehen, ob diese einschätzung zutreffend ist; denn zum einen lag auch dies angesichts der besonderheiten der von der beklagten verlangten sicherung ihrer ansprüche vorrangig in ihrem eigenen sicherungsinteresse. denn die beklagte hat sich neben den banküblichen sicherheiten (sicherungsübereignungen, - abtretungen, verpfändungen, bürgschaften) auch die einräumung einer eigenen rechtsposition durch entsprechende vormerkungen an den zu nutzenden grundstücken und eintrittsrechte in die für den betrieb der anlage relevanten verträge verlangt, die es ihr im sicherungsfall erlaubt hätte, die anlage selber zu betreiben bzw. betreiben zu lassen. 86zum anderen setzt die einordnung der erhobenen gebühr als preisabrede voraus, dass die parteien zumindest konkludent eine einigung gefunden haben, dass diese eine vergütung für vereinbarte leistungen sein soll. hierfür genügt es nicht, wenn die beklagte von sich aus vorschläge zu einer rechtlichen gestaltung macht oder nachfrage beim energieversorger hält, wenn dies nicht zuvor besprochen oder zumindest allgemein eine entsprechende aufgabe der beklagten in die vorstellung der parteien aufgenommen wurde. dies kann indes nicht festgestellt werden. 87dass die klägerin die vorschläge zur vertragsgestaltung umgesetzt hat, kann nicht als einverständnis mit zusätzlichen leistungen der beklagten gewertet haben, da die klägerin zur erlangung des gewünschten kredites die von der beklagten geforderten nachweise erbringen musste. 88ebensowenig kann festgestellt werden, dass die von der beklagten aufgeführte rechnungsprüfung eine gesonderte leistung der beklagten war, die von den parteien zur grundlage der vereinbarten bearbeitungsgebühr gemacht wurde. denn die rechnungen wurden von der klägerin an die beklagte zur anweisung weitergereicht. die rechnungsprüfung lag damit im verantwortungsbereich der klägerin. soweit die beklagte meinte, die freigaben der klägerin nochmals kontrollieren zu wollen, stellte dies jedenfalls keine leistung zugunsten der klägerin dar, zumal ihr eine prüfung auf inhaltliche richtigkeit der rechnungen ohnehin nicht möglich war. vielmehr stellte die beklagte damit im eigenen interesse sicher, dass die darlehensvaluta nur entsprechend dem finanzierungsplan verwendet wurde. dass die parteien über eine prüfung durch die beklagte vor abschluss des kreditvertrages gesprochen hätten, wird bereits nicht behauptet. 894. die damit als preisnebenabrede einzuordnende klausel hält der inhaltskontrolle nicht stand. 90formularmäßige klauseln über die erhebung eines bearbeitungsentgelts in darlehensverträgen sind nach der rechtsprechung des bgh nach § 307 abs. 1 s. 1 bgb unwirksam. die erhebung eines laufzeitunabhängigen entgelts ist auch für die bearbeitung eines unternehmerdarlehens mit wesentlichen grundgedanken der gesetzlichen regelung unvereinbar und benachteiligt den darlehensnehmer entgegen den geboten von treu und glauben unangemessen (bgh, a.a.o.). 91etwas anderes ergibt sich nicht aus einem besonderen aufwand der beklagten bei der kreditbearbeitungs, der ohnehin durch die von der beklagten behaupteten besonderen expertise jedenfalls zum teil kompensiert worden ist. nach dem oben gesagten ergab sich allenfalls ein geringer nutzen für die klägerin. 925. soweit die beklagte erstmals nach schluss der mündlichen verhandlung zu ziffer 12 abs.4 ihrer agb vorträgt und meint, es ergebe sich hieraus ein vergütungsanspruch, gibt auch dieser vortrag keine veranlassung, die mündliche verhandlung wieder zu eröffnen. 93ein rechtsgrund für die gezahlten bearbeitungsgebühren ergibt sich aus ziffer 12 abs.4 der agb der beklagten nicht. denn dieser betrifft nur die höhe eines geschuldeten entgelts, nicht dessen vereinbarung. 94ii. schließlich ist die im schriftsatz vom 7.1.2022 erstmals nach schluss der mündlichen verhandlung erklärte hilfsaufrechnung unbeachtlich und bietet keinen grund, die mündliche verhandlung wieder zu eröffnen, da sie mangels bestimmtheit schon unzulässig ist. 95iii. der zinsanspruch folgt aus § 291 bgb ab dem 10.1.2020. ein früherer zinsbeginn ist nicht dargelegt. 96iv. der anspruch der klägerin ist nicht verjährt. er unterliegt der regelmäßigen verjährung von drei jahren nach § 195 bgb. die verjährung begann nach § 199 abs.1 bgb mit dem schluss des jahres, in dem der anspruch entstanden ist und die nach § 199 abs.1 nr.2 bgb erforderlichen subjektiven voraussetzungen vorlagen. der anspruch ist mit der leistung des vereinbarten bearbeitungsentgeltes entstanden. dieses war nach den vereinbarungen in den verschiedenen darlehensverträgen mit der erstmaligen teilauszahlung der darlehensvaluta fällig. da auf die verträge aus dem jahr 2016 keine darlehensvaluta ausgezahlt wurde, ist davon auszugehen, dass das bearbeitungsentgelt erst im jahr 2017 nach neuabschluss der kreditverträge ausgezahlt wurde. etwas anderes ist jedenfalls von der für den beginn der verjährungsfrist darlegungspflichtigen beklagten nicht vorgetragen worden. die mit dem schluss des jahres 2017 beginnende verjährungsfrist ist durch die zustellung der klagebegründung am 11.3.2020 nach § 204 abs.1 nr.1 bgb rechtzeitig gehemmt worden. 97aber auch wenn die bearbeitungsgebühr schon im jahr 2016 gezahlt worden sein sollte, ist der anspruch der klägerin nicht verjährt. denn dann wäre die verjährungsfrist bereits durch die zustellung des mahnbescheides nach § 204 abs.1 nr.3 bgb gehemmt worden. denn in diesem fall wäre die bezeichnung der forderung im mahnbescheid unter bezugnahme auf die verträge vom 13.11.2016 zur herbeiführung der hemmungswirkung ausreichend gewesen, da die bearbeitungsgebühr tatsächlich zunächst auf die später geänderten verträge vom 13.11.2016 gezahlt worden wäre. 98v. die kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 abs.2 nr.1 zpo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit aus § 709 zpo. 99der streitwert wird auf 22.000,00 eur festgesetzt. 100rechtsbehelfsbelehrung: 101gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das landgericht bochum statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das landgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem landgericht bochum, josef-neuberger-straße 1, 44787 bochum, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 102hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 103die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. auf die pflicht zur elektronischen einreichung durch professionelle einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das gesetz zum ausbau des elektronischen rechtsverkehrs mit den gerichten und zur änderung weiterer vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. 104weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. |
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Z um eine Mischung zwischen einem strategischen Verkäufer, einem Consultant für die Geschäftsleitung, einem Programm-Manager mit sehr viel technischem Wissen und einem System-Architekten zur Konzipierung von Lösungen handele. 4In der ESt-Erklärung für das Jahr 2013 machte der Kläger Aufwendungen i.H.v. 6.176 € für diverse Seminare steuerlich geltend, und zwar als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Er teilte hierzu mit, dass es sich „um finanzielle Aus- und Weiterbildung in verschiedenen Bereichen und begleitende persönliche Weiterentwicklung“ handele. Da ihm sein Arbeitgeber im Jahr 2013 gekündigt habe und es schwierig sei, mit 00 Jahren eine neue Stelle zu bekommen, habe er sich entschieden, Geld in weitere Fortbildungen zu stecken, um sich für einen beruflichen Wiedereinstieg optimal vorzubereiten. Da er aufgrund zweier abgeschlossener Studiengänge und vielzähliger früherer Fortbildungsmaßnahmen schon eine hohe Qualifikation besessen habe, sei eine weitere Fortbildung nur mit hochqualifizierten und entsprechend teuren Trainern realisierbar gewesen. 5Unter Hinweis darauf, dass ein eindeutiger Zusammenhang mit einem tatsächlich angestrebten Berufsziel nicht erkennbar sei, ließ der Beklagte die Seminarkosten im ESt-Bescheid 2013 vom 22.06.2015 unberücksichtigt. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 08.09.2015 als unbegründet zurückgewiesen. Klage wurde nicht erhoben. 6Die ESt-Erklärung für das Streitjahr 2014 gab der Kläger Ende 2015 ab. Am 16.09.2016 reichte er eine berichtigte Anlage G ein, in der erstmalig unter der Bezeichnung „Y“ ein Verlust i.H.v. -27.076 € erklärt wurde. Der Kläger erläuterte hierzu, dass er seit dem 00.00.0000 als selbständiger Berater und Partner der Firma Y agiere. Er gehe davon aus, mit einem Vorlauf von 5-7 Monaten erste Umsätze erwirtschaften zu können. Bei den Aufwendungen für die in 2014 besuchten Seminare handele es sich um vorweggenommene Betriebsausgaben für diese Tätigkeit. 7Geltend gemachten wurden Gebühren (21.746,19 €), Transportkosten (2.406,79 €), Hotelkosten (1.207,35 €) und Verpflegungsmehraufwand (1.714,80 €) für folgende Seminare: 89Der Kläger erwarb im Jahr 2013 während der Teilnahme an dem Seminar „The Millionaire Mind Intensive“ ein sog. „Quantum Leap Package“ (QLP) der Fa. „X“ für …(14.923 €). Das Paket umfasste die Module „Guerilla Business Intensive“, „Train the Trainer“, „Never work again“, „Freedom Trader Intensive“ und „Enlightened Warrior“. An diesen Seminaren nahm der Kläger im Jahr 2014 auch tatsächlich teil (W-Stadt ..., V-Stadt ... und ..., U-Stadt ..., T-Stadt (Städte im Ausland). Die Veranstaltung „Guerilla Business Intensive“ wurde im Internet mit dem Arbeitstitel „How to create wealth quickly in any business you chooce“ beworben; es werde u.a. gezeigt, wie man ein lebenslanges passives Einkommen generieren könne. Die Veranstaltung „Freedom Trade Intensive“ hat den Arbeitstitel „How to make, keep & grow your money in stock market“, d.h. es ging um den Handel mit Wertpapieren. Die Veranstaltung „Enlightened warrior“ wurde mit „How to access your true power und succeed in spite of anything“ überschrieben und bezweckte eine innere Stärkung („inner strenghtening“) . Die Veranstaltung „Train the Trainer“ hatte den Arbeitstitel „How to earn $20,000 a weekend teaching what you love“ und zielte darauf ab, die Fähigkeiten zu vermitteln, die ein erfolgreicher Redner/Trainer benötigt. In dem Modul „Never work again“ wurde unterrichtet, wie man Einkommen aus aktiver Tätigkeit durch passives Einkommen ersetzen kann. 1011Zudem besuchte der Kläger weitere Seminare des gleichen Veranstalters („Income Explosion“ in T-Stadt (Stadt im Ausland) / „Millionaire Mind Intensive“ in S-Stadt ... / „Language of Impact“ in R-Stadt (Stadt im Ausland) und er nahm an Online-Kursen teil („Success Resources Online Coaching“, „Success Resources UK Online Coaching Mac“). Bei der Veranstaltung „Income Explosion“ ging es um die Verkaufsebene einer Firma, u.a. um Motivation, Verkaufsstrategien und Marketing. Das Seminar „Millionaire Mind Intensive“ diente dazu, den Teilnehmern die Gründe aufzeigen, warum sie in ihrem Leben bisher finanziell nicht erfolgreich waren. 1213Seminar „Die Garantie für Ihren Wohlstand“, Q-Stadt ... : 14Das Seminar erläuterte den persönlichen Plan zu Wohlstand und finanzieller Freiheit. Es stellte „geheime Anlagestrategien“ dar, wie die fünf reichsten Menschengruppen investieren und sollte die sechs Grundregeln des Erfolgs für jeden Lebensbereich vermitteln. 1516Forex-Seminare der Fa. M. (T-Stadt (Stadt im Ausland) , P-Stadt ...): Es handelt sich um Schulungen zum Thema „Foreign Exchange Trading“ (Devisenhandel). 17An einigen der Seminare hat auch die unter der gleichen Anschrift wie der Kläger lebende Frau F teilgenommen. 18Mit Bescheid vom 18.11.2016 setzte der Beklagte die ESt für das Streitjahr 2014 ohne Berücksichtigung der Seminarkosten fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde– nach Erlass eines Änderungsbescheids vom 03.01.2017 – mit Einspruchsentscheidung vom 24.07.2017 als unbegründet zurückgewiesen. 19Der Kläger hat sodann Klage erhoben. Am 21.03.2018 ist aus nicht streitigen Gründen ein weiterer Änderungsbescheid ergangen. 20Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Anerkennung der Seminarkosten i.H.v. insgesamt 27.076 € als vorweggenommene Betriebsausgaben aus der selbständigen Beratungstätigkeit für die Fa. Y. Er begründet die Klage wie folgt: 21Sämtliche Aufwendungen hätten dazu gedient, es ihm zu ermöglichen, in seiner geplanten Tätigkeit als selbständiger Consultant erfolgreich tätig sein zu können. Seine Aufgabe als selbständiger Berater sei es, verschiedenste Firmen im IT-Bereich zu beraten und Geschäftspartner zu akquirieren. Hierzu benötige er auch strategische bzw. marketingtechnische Informationen, welche auf den Seminaren vermittelt worden seien. 22Dass die Veranstaltungen nicht aus Privatinteresse besucht worden seien, ergebe sich schon daraus, dass die Seminare aufgrund ihrer Länge (täglich von ca. 9:00 Uhr bis mindestens 21:00 Uhr) sehr anstrengend gewesen seien. Auch sei die Anwesenheit von Frau F kein Indiz für eine private Mitveranlassung, da Frau F ihn nicht „begleitet“ habe, sondern an den Seminaren selbst teilgenommen habe. Ebenso wenig lasse sich aus den Tagungsorten eine private Mitveranlassung ableiten; hätte er Urlaub machen wollen, wäre er z.B. wohl kaum im Winter nach W-Stadt (Stadt im Ausland) gereist. Zudem wäre jeder über einen Reiseveranstalter gebuchte Städteurlaub bedeutend günstiger gewesen. 23Vielmehr habe er die Seminare deshalb absolviert, weil sein Arbeitgeber ihm gekündigt habe, eine Neuanstellung zu einigermaßen vernünftigen Konditionen angesichts des fortgeschrittenen Alters kaum realistisch gewesen sei, ihm das Arbeitsamt nicht habe helfen können und er noch nicht in Ruhestand habe treten wollen. Deshalb habe er die Selbständigkeit gewählt. In den Seminaren sei es um ganz unterschiedliche Themen gegangen. Teilweise sei es um die Schulung des Umgangs mit potentiellen Kunden und Gesprächspartnern gegangen und teilweise sei fachliches Wissen vermittelt worden. Zu beachten sei auch, dass die Seminare auch dazu gedient hätten, um Kontakte zu potentiellen Geschäftspartnern zu knüpfen, was ihm auch gelungen sei. 24Die Seminare hätten zudem dazu gedient, unternehmerisch denkend in die Geschäftstätigkeit mit der Fa. Y zu treten. Als Berater müsse er immer auf den neuesten Stand sein, und zwar sowohl in fachlicher als auch in kaufmännischer Hinsicht. Weiter sei es von Bedeutung gewesen, den Umgang mit Führungskräften zu lernen, da er als Selbständiger mit der Geschäftsführung direkt Gespräche führe, während er als Angestellter mit anderen Angestellten seiner Ebene geredet habe. 25Nachrichtlich werde darauf hingewiesen, dass er – der Kläger – inzwischen nicht mehr für die Fa. Y tätig sei. Grund hierfür sei, dass die Fa. Y mit einem größeren Unternehmen fusioniert worden sei. 26Die Provisionsvereinbarung mit der Fa. Y wurde am 26.01.2017/02.02.2017 schriftlich abgeschlossen. Die erste Rechnung hat der Kläger schon am 17.11.2016 geschrieben; darin ist von einem Beginn der Tätigkeit am 01.11.2016 die Rede. 27Der Kläger beantragt, 28den ESt-Bescheid 2014 vom 21.03.2018 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. -27.076 € berücksichtigt werden. 29Der Beklagte beantragt, 30die Klage abzuweisen. 31Er ist der Auffassung, dass ein Zusammenhang zwischen den in 2014 getätigten Aufwendungen für Seminare und der in 2016 begonnenen Beratungstätigkeit nicht feststellbar sei. Ziel der Seminare sei es gewesen, durch neue Erkenntnisse über sich selbst einen anderen Umgang mit Geld und einen Zuwachs an Reichtum zu erzielen. Durch die Ausbildung sei zwar möglicherweise die Gesamtpersönlichkeit des Klägers gestärkt und weiterentwickelt worden. Ein Zuschnitt auf die spezifischen Bedürfnisse der ab dem Jahr 2016 ausgeübten Tätigkeit sei jedoch nicht ersichtlich. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass die Seminarleiter anerkannte Fachleute sein mögen. Ebenso wenig reiche es aus, dass auf den Seminaren Visitenkarten ausgetauscht worden seien; selbst wenn der eine oder andere Kontakt hergestellt worden sei, sage dies nichts über den Inhalt der Seminare aus. 32Zudem sei zu beachten, dass Geschäftsgegenstand der Fa. Y die Unterstützung der Kunden beim effizienteren und intelligenteren Betrieb ihrer IT-Infrastruktur sei, wobei auch auf die gesamte Palette gebrauchter Produkte der Fa. Z zurückgegriffen werde. Für die Tätigkeit als IT-Berater für die Fa. Y habe der Kläger mithin auf seine langjährigen Erfahrungen als früherer Arbeitnehmer der Fa. Z zurückgreifen können. 33Zudem sei zu beachten, dass die unter der gleichen Anschrift wie der Kläger lebende Frau F zusammen mit diesem zu den Seminaren gefahren sei. Eine private Mitveranlassung der überwiegend im Ausland stattgefundenen Seminare lasse sich nicht ausschließen. 34Mit gerichtlicher Verfügung vom 12.11.2019 wurde der Kläger aufgefordert, für jedes einzelne Seminar substantiiert darzulegen, was genau der Gegenstand der Veranstaltung war und inwiefern es sich hierbei um Fähigkeit und Kenntnisse handelte, die er für seine Tätigkeit für die Fa. Y konkret benötigte. Der Kläger verwies als Antwort lediglich auf die Zusammenfassung des Beklagten im Schreiben vom 05.04.2017. Der Inhalt der Seminare sei dort korrekt wiedergegeben. 35Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Steuerakten Bezug genommen. 36Entscheidungsgründe: 37I. Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO). 38II. Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 39Der ESt-Bescheid 2014 vom 21.03.2018, der gem. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die geltend gemachten Seminarkosten nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben abzugsfähig sind. 401. Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Ausgaben objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und – soweit sie auf einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen beruhen – subjektiv dazu bestimmt sind, dem Betrieb zu dienen (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 12.07.2017 – VI R 59/15, BStBl II 2018, 461 m.w.N.). 41Sind bereits vor der Betriebseröffnung Aufwendungen angefallen, so sind sie als vorab entstandene Betriebsausgaben abziehbar, wenn ein ausreichend bestimmter Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Voraussetzung für den Abzug ist, dass der Entschluss, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, bereits endgültig gefasst worden ist (BFH, Urteil vom 04.06.1991 – IX R 30/89, BStBl II 1991, 761). Bei dem Entschluss handelt sich um eine innere Tatsache, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden (vgl. BFH, Urteil vom 11.12.2012 - IX R 14/12 BStBl II 2013, 279). Dabei muss zumindest in Grundzügen auch erkennbar sein, welche Tätigkeit künftig ausgeübt werden soll. Der Wille, irgendeine beliebige Tätigkeit selbständig auszuüben und hieraus z.B. Einkünfte aus § 18 EStG zu erzielen, reicht nicht aus. Zudem ist Voraussetzung für den Abzug (vorab entstandener) Betriebsausgaben, dass deren betriebliche Veranlassung nachgewiesen werden kann. Lassen sich die Tatsachen, aus denen sich der betriebliche Zusammenhang der Aufwendungen ergibt, nicht feststellen, so geht das zu Lasten des Steuerpflichtigen. Denn er trägt für diese Tatsachen die objektive Beweislast (BFH, Urteil vom 15.04.1992 - III R 96/88, BStBl II 1992, 819). 422. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsgrundsätze handelt es sich bei den streitgegenständlichen Seminarkosten nicht um vorweggenommene Betriebsausgaben für die von dem Kläger im Jahr 2016 begonnene selbständige Beratungstätigkeit. Weder ist ersichtlich, dass sich der Kläger schon im Jahr 2014 endgültig entschlossen hatte, eine solche Tätigkeit künftig auszuüben (hierzu unter a), noch ist eine betriebliche Veranlassung erkennbar (hierzu unter b). 43a) Objektive Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, dass der Kläger schon in 2014 die feste Absicht hatte, eine Tätigkeit als selbständiger IT-Berater aufzunehmen, fehlen völlig. Insbesondere gibt es keinerlei Hinweise dafür, dass sich der Kläger schon in 2014 bemüht hat, Auftraggeber für eine solche Tätigkeit zu finden. Da der Kläger spätestens nach Beendigung der nichtselbständigen Tätigkeit Ende April 2014 zeitlich nicht mehr gebunden war und er aufgrund seines Ingenieurstudiums, aufgrund der „00jährigen IT-Karriere in Weltfirmen wie AA, AB, AC, AD und Z“ (Zitat aus der E-Mail des Klägers vom 11.05.2015 zur ESt 2013) und aufgrund der vielzähligen berufsbegleitenden Fortbildungen fachlich hochgradig qualifiziert war, wäre - bei tatsächlich bestehender Absicht, dieses Fachwissen nunmehr zur Erzielung von Einkünften aus § 18 EStG zu nutzen - zu erwarten gewesen, dass schon in 2014 mit der Suche nach entsprechenden Aufträgen/Auftraggebern begonnen worden wäre. Dies hat der Kläger jedoch offensichtlich nicht getan; jedenfalls fehlt hierzu jeglicher Vortrag. Im Umkehrschluss deutet das Fehlen jeglicher Aktivitäten, die auf die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit hinzielen, darauf hin, dass der Entschluss, diese Tätigkeit auszuüben, zum damaligen Zeitpunkt offensichtlich noch endgültig gefasst worden war. 44Auch der Umstand, dass der Kläger in dem im Jahr 2015 geführten Schriftwechsel zur Einkommensteuer 2013 an keiner Stelle darauf verwiesen hat, sich als IT-Berater selbständig machen zu wollen, spricht dagegen, dass er diese Absicht in den Jahren 2014 und 2015 schon hatte. Stattdessen hat er die in 2013 erklärten Seminarkosten, bei denen es sich z.T. um Anzahlungen für die in 2014 besuchten Seminare handelte, den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet und seine Begründung zur Abzugsfähigkeit der Kosten im Wesentlichen darauf gestützt, dass es aufgrund seines Alters schwer sei, eine neue Anstellung zu finden. So heißt es in der E-Mail vom 11.05.2015 z.B., dass er sich aufgrund der Problematik, in seinem Alter eine neue Stelle zu bekommen, entschlossen habe, Geld in weitere Fortbildung zu stecken, um den „beruflichen Wiedereinstieg“ vorzubereiten. In den E-Mails vom 02.07.2015 und 01.09.2015 wurde auf die „Arbeitslosigkeit“ (d.h. auf die unfreiwillige Nichterzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit) verwiesen. In der E-Mail vom 08.10.2015 bezeichnete sich der Kläger sogar ausdrücklich als „Arbeitssuchender“ und führte aus, dass es schwer sei, eine neue Anstellung zu finden, ihm das Arbeitsamt bei der Suche nicht helfen könne, er sich deshalb zu den Fortbildungen entschlossen habe und es sich hierbei um vorweggenommene Werbungskosten handele. Gemeint sein konnten nach dem Sachzusammenhang nur vorweggenommene Werbungskosten für eine neu aufzunehmende Tätigkeit als Arbeitnehmer. Versuche oder Pläne, sich (auch) als selbständiger IT-Berater zu betätigen, wurden nicht erwähnt. 45Ebenso wenig hat der Kläger in der am 30.12.2015 eingereichten ursprünglichen Version der ESt-Erklärung für das Streitjahr zu erkennen geben, dass er schon im Jahr 2014 die Absicht hatte, Einkünfte aus einer selbständig ausgeübten Beratungstätigkeit zu erzielen. Vielmehr wurde eine solche Tätigkeit erstmals in der am 16.09.2016 eingereichten korrigierten Anlage G erwähnt. Auch dies spricht dafür, dass der Wille, eine solche Tätigkeit auszuüben, erst in 2016 gefasst wurde und es sich schon aus diesem Grund bei den bereits zwei Jahre vorher angefallenen Seminarkosten nicht um vorweggenommene Betriebsausgaben für diese Tätigkeit handeln kann. 46b) Zudem ist ein hinreichender Zusammenhang zwischen den Inhalten der Seminare und der späteren Beratungstätigkeit nicht erkennbar. 47Aufwendungen, die den Beruf oder die Tätigkeit des Steuerpflichtigen fördern und gleichzeitig der Lebensführung dienen, sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar, wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt, private Gesichtspunkte also keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen (BFH, Urteil vom 06.03.1995 – VI R 76/94, BStBl II 1995, 393 m.w.N.). Aufwendungen für einen Lehrgang sind nur als Werbungskosten/Betriebsausgaben abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der ausgeübten beruflichen/betrieblichen Tätigkeit besteht. Ob der Steuerpflichtige Aufwendungen für einen Lehrgang aus beruflichen/betrieblichen Anlass erbringt oder es sich um Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG handelt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (BFH, Urteil vom 28.08.2008 – VI R 44/04, BStBl II 2009, 106). Für die Entscheidung, ob Aufwendungen für einen Lehrgang, der die Persönlichkeitsbildung zum Gegenstand hat, beruflich/betrieblich veranlasst sind, kommt es darauf an, ob der Lehrgang primär auf die spezifischen Bedürfnisse der vom Steuerpflichtigen ausgeübten Erwerbstätigkeit ausgerichtet ist. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind dabei Feststellungen zu den Lehrinhalten und ihrer konkreten Anwendung in der beruflichen/betrieblichen Tätigkeit, zum Ablauf des Lehrgangs sowie zu den teilnehmenden Personen als Indizien für die berufliche/betriebliche Veranlassung von besonderer Bedeutung (BFH, Urteile vom 28.08.2008 - VI R 35/05, BStBl II 2009, 108; vom 24.08.2001 - VI R 40/94, BFH/NV 2002, 182). 48Soweit der Kläger Kosten für die ...-Seminare geltend macht, scheidet ein Abzug als (vorweggenommene) Betriebsausgaben für die im Jahr 2016 aufgenommene IT-Beratungstätigkeit schon deshalb aus, weil diese Seminare den Handel mit Devisen und damit eine völlig andere Tätigkeit betrafen. Das Gleiche gilt für das Seminar „Freedom Trader Intensive“, in dem es um den Handel mit Wertpapieren ging. Auch bezüglich des Seminars „Never work again“, in dem es darum ging, Einkommen aus aktiver Tätigkeit durch passives Einkommen zu ersetzen, ist ein Zusammenhang mit der Aufnahme der aktiven Tätigkeit „IT-Beratung“ nicht einmal ansatzweise ersichtlich. Ebenso wenig lässt das Seminar „„Die Garantie für Ihren Wohlstand“, das „geheime Anlagestrategien“ und die „sechs Grundregeln des Erfolgs für jeden Lebensbereich“ vermittelte, von seinem Thema her einen hinreichenden Bezug zu einer selbständigen Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG - geschweige denn zu der konkreten Tätigkeit als IT-Berater - erkennen. 49Vielmehr handelte es sich bei den beiden zuletzt genannten Seminaren sowie - soweit aus den z.T. dürftigen Angaben zum Veranstaltungsinhalt ersichtlich - auch bei den sonstigen Seminaren im Wesentlichen um Veranstaltungen, die ausschließlich („Enlightened Warrior“) oder zumindest teilweise eine Veränderung der eigenen Ansichten und Einstellungen bezweckten. Es handelt sich damit dem Kern nach um Persönlichkeitsbildungsmaßnahmen. Deren privater Charakter ergibt sich im Streitfall schon aus der sehr allgemein angelegten Ausrichtung der Seminare. Denn diese waren nicht auf bestimmte Berufsgruppen oder in anderer Weise auf einen Teilnehmerkreis mit vergleichbaren Anforderungen und Aufgaben zugeschnitten, sondern richteten sich an alle Menschen, die die Techniken, Einstellungen und Fähigkeiten erlernen wollen, die nach Auffassung des Veranstalters erforderlich sind, um ohne große Anstrengung reich zu werden (z.B. „Millionaire Mind Intensive“, „Never work again“, „Die Garantie für Ihren Wohlstand“, „Train the Trainer“). Welche Berufsausbildung die Teilnehmer hatten, welche Tätigkeit sie gerade ausübten und welchen Beruf / welche Tätigkeit sie zukünftig auszuüben beabsichtigten, war - soweit ersichtlich - weder für die Anmeldung zu den Seminaren noch für die Art und Weise der Durchführung der Seminare von Bedeutung. Auch wenn einzelne Seminare (wie z.B. „Income Explosion“) betriebliche Aspekte wie z.B. Verkaufsstrategien behandelt haben mögen, konnten die Lehrinhalte angesichts des vollkommen offenen Teilnehmerkreises nicht auf spezifische betriebliche Bedürfnisse des Klägers zugeschnitten gewesen sein. Durch die fehlende Homogenität des Teilnehmerkreises tritt der allgemein persönlichkeitsbildende Inhalt der Ausbildung und damit die private Veranlassung in den Vordergrund. Der Umstand, dass die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dazu nützlich sein mögen, (irgendwelche) steuerpflichtigen Einkünfte zu erzielen, vermag einen hinreichenden beruflichen/betrieblichen Zusammenhang zu einer bestimmten Erwerbsquelle nicht zu begründen. Ebenso wenig ergibt sich die berufliche/betriebliche Veranlassung von Bildungsmaßnahmen aus der Länge der Kurse oder der Qualifikation der Vortragenden; entscheidend ist vielmehr deren Inhalt. 50Die hinreichende betriebliche Veranlassung lässt sich im Streitfall auch nicht daraus ableiten, dass der Kläger mit der Teilnahme an den Seminaren – wie er vorträgt – die Herstellung geschäftlicher Kontakte bezweckt haben mag. Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation, dass es im Streitfall nicht um den Besuch von Fachmessen oder Fachseminaren geht, bei denen die Anwesenheit potentieller Auftraggeber für die IT-Beratungstätigkeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, sondern um Veranstaltungen, bei denen es aufgrund der fehlenden Homogenität des Teilnehmerkreises als reiner Zufall anzusehen ist, wenn sich dort für die Beratungstätigkeit relevante geschäftliche Kontakte knüpfen lassen. 51Nicht zuletzt war im Streitfall zu beachten, dass weitgehend unklar geblieben ist, inwiefern die in den einzelnen Seminaren vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausübung der hier maßgeblichen Beratungstätigkeit überhaupt von Bedeutung sind bzw. waren. Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers gehen über allgemeine Behauptungen nicht hinaus. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger, der ausweislich der von ihm eingereichten Fortbildungsliste nicht nur in fachlicher Hinsicht hochgradig qualifiziert war, sondern auch bereits vielzählige Fortbildungen aus den Bereichen Kommunikation (z.B. „Managing and Understanding your Customer“, „Effective Sales Presentation“, „Non violent winning“, „Shapening an executing of counseling interview“, „Modular Sales Training“, „Management Rhetoric“ ‚“Advanced Communication Skills“, „Making the Deal“), Persönlichkeitsbildung (z.B. „Changing your Personal Preferences“, „Power Management Workshop“) und Führungskompetenz (z.B. „Leadership in Management and Sales Management“, „Head of Department management Training“) besucht hat, erst durch den Besuch der streitgegenständlichen Seminare die Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt haben soll, die er für die Ausübung der selbständigen Beratungstätigkeit benötigte. Was genau er in den im Jahr 2014 besuchten Seminaren zusätzlich gelernt hat und inwiefern diese Lerninhalte für die Beratungstätigkeit tatsächlich von Bedeutung waren, bleibt weitgehend offen. 52III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens 1 | 2streitig ist, ob kosten für diverse seminare als vorweggenommene betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. 3der im jahr 0000 geborene kläger ist diplom-ingenieur (fh). ausweislich seines lebenslaufs hat er zunächst eine lehre als elektriker gemacht, dann den studiengang electrical und electronic engineering mit schwerpunkt communications engineering absolviert und daran ein ergänzungsstudium im bereich „economy“ angeschlossen. zuletzt - bis zum 00.00.0000 - war er bei der z gmbh nichtselbständig beschäftigt. in den einkommensteuer(est)-erklärungen der jahre 2013 und 2014 trug der kläger unter „ausgeübter beruf“ „kundendienstleiter“ ein. er erläuterte, dass es sich bei der von ihm wahrgenommenen tätigkeit bei der fa. z um eine mischung zwischen einem strategischen verkäufer, einem consultant für die geschäftsleitung, einem programm-manager mit sehr viel technischem wissen und einem system-architekten zur konzipierung von lösungen handele. 4in der est-erklärung für das jahr 2013 machte der kläger aufwendungen i.h.v. 6.176 € für diverse seminare steuerlich geltend, und zwar als werbungskosten bei den einkünften aus nichtselbständiger arbeit. er teilte hierzu mit, dass es sich „um finanzielle aus- und weiterbildung in verschiedenen bereichen und begleitende persönliche weiterentwicklung“ handele. da ihm sein arbeitgeber im jahr 2013 gekündigt habe und es schwierig sei, mit 00 jahren eine neue stelle zu bekommen, habe er sich entschieden, geld in weitere fortbildungen zu stecken, um sich für einen beruflichen wiedereinstieg optimal vorzubereiten. da er aufgrund zweier abgeschlossener studiengänge und vielzähliger früherer fortbildungsmaßnahmen schon eine hohe qualifikation besessen habe, sei eine weitere fortbildung nur mit hochqualifizierten und entsprechend teuren trainern realisierbar gewesen. 5unter hinweis darauf, dass ein eindeutiger zusammenhang mit einem tatsächlich angestrebten berufsziel nicht erkennbar sei, ließ der beklagte die seminarkosten im est-bescheid 2013 vom 22.06.2015 unberücksichtigt. der hiergegen eingelegte einspruch wurde mit einspruchsentscheidung vom 08.09.2015 als unbegründet zurückgewiesen. klage wurde nicht erhoben. 6die est-erklärung für das streitjahr 2014 gab der kläger ende 2015 ab. am 16.09.2016 reichte er eine berichtigte anlage g ein, in der erstmalig unter der bezeichnung „y“ ein verlust i.h.v. -27.076 € erklärt wurde. der kläger erläuterte hierzu, dass er seit dem 00.00.0000 als selbständiger berater und partner der firma y agiere. er gehe davon aus, mit einem vorlauf von 5-7 monaten erste umsätze erwirtschaften zu können. bei den aufwendungen für die in 2014 besuchten seminare handele es sich um vorweggenommene betriebsausgaben für diese tätigkeit. 7geltend gemachten wurden gebühren (21.746,19 €), transportkosten (2.406,79 €), hotelkosten (1.207,35 €) und verpflegungsmehraufwand (1.714,80 €) für folgende seminare: 89der kläger erwarb im jahr 2013 während der teilnahme an dem seminar „the millionaire mind intensive“ ein sog. „quantum leap package“ (qlp) der fa. „x“ für …(14.923 €). das paket umfasste die module „guerilla business intensive“, „train the trainer“, „never work again“, „freedom trader intensive“ und „enlightened warrior“. an diesen seminaren nahm der kläger im jahr 2014 auch tatsächlich teil (w-stadt ..., v-stadt ... und ..., u-stadt ..., t-stadt (städte im ausland). die veranstaltung „guerilla business intensive“ wurde im internet mit dem arbeitstitel „how to create wealth quickly in any business you chooce“ beworben; es werde u.a. gezeigt, wie man ein lebenslanges passives einkommen generieren könne. die veranstaltung „freedom trade intensive“ hat den arbeitstitel „how to make, keep & grow your money in stock market“, d.h. es ging um den handel mit wertpapieren. die veranstaltung „enlightened warrior“ wurde mit „how to access your true power und succeed in spite of anything“ überschrieben und bezweckte eine innere stärkung („inner strenghtening“) . die veranstaltung „train the trainer“ hatte den arbeitstitel „how to earn $20,000 a weekend teaching what you love“ und zielte darauf ab, die fähigkeiten zu vermitteln, die ein erfolgreicher redner/trainer benötigt. in dem modul „never work again“ wurde unterrichtet, wie man einkommen aus aktiver tätigkeit durch passives einkommen ersetzen kann. 1011zudem besuchte der kläger weitere seminare des gleichen veranstalters („income explosion“ in t-stadt (stadt im ausland) / „millionaire mind intensive“ in s-stadt ... / „language of impact“ in r-stadt (stadt im ausland) und er nahm an online-kursen teil („success resources online coaching“, „success resources uk online coaching mac“). bei der veranstaltung „income explosion“ ging es um die verkaufsebene einer firma, u.a. um motivation, verkaufsstrategien und marketing. das seminar „millionaire mind intensive“ diente dazu, den teilnehmern die gründe aufzeigen, warum sie in ihrem leben bisher finanziell nicht erfolgreich waren. 1213seminar „die garantie für ihren wohlstand“, q-stadt ... : 14das seminar erläuterte den persönlichen plan zu wohlstand und finanzieller freiheit. es stellte „geheime anlagestrategien“ dar, wie die fünf reichsten menschengruppen investieren und sollte die sechs grundregeln des erfolgs für jeden lebensbereich vermitteln. 1516forex-seminare der fa. m. (t-stadt (stadt im ausland) , p-stadt ...): es handelt sich um schulungen zum thema „foreign exchange trading“ (devisenhandel). 17an einigen der seminare hat auch die unter der gleichen anschrift wie der kläger lebende frau f teilgenommen. 18mit bescheid vom 18.11.2016 setzte der beklagte die est für das streitjahr 2014 ohne berücksichtigung der seminarkosten fest. der hiergegen eingelegte einspruch wurde– nach erlass eines änderungsbescheids vom 03.01.2017 – mit einspruchsentscheidung vom 24.07.2017 als unbegründet zurückgewiesen. 19der kläger hat sodann klage erhoben. am 21.03.2018 ist aus nicht streitigen gründen ein weiterer änderungsbescheid ergangen. 20der kläger begehrt mit seiner klage die anerkennung der seminarkosten i.h.v. insgesamt 27.076 € als vorweggenommene betriebsausgaben aus der selbständigen beratungstätigkeit für die fa. y. er begründet die klage wie folgt: 21sämtliche aufwendungen hätten dazu gedient, es ihm zu ermöglichen, in seiner geplanten tätigkeit als selbständiger consultant erfolgreich tätig sein zu können. seine aufgabe als selbständiger berater sei es, verschiedenste firmen im it-bereich zu beraten und geschäftspartner zu akquirieren. hierzu benötige er auch strategische bzw. marketingtechnische informationen, welche auf den seminaren vermittelt worden seien. 22dass die veranstaltungen nicht aus privatinteresse besucht worden seien, ergebe sich schon daraus, dass die seminare aufgrund ihrer länge (täglich von ca. 9:00 uhr bis mindestens 21:00 uhr) sehr anstrengend gewesen seien. auch sei die anwesenheit von frau f kein indiz für eine private mitveranlassung, da frau f ihn nicht „begleitet“ habe, sondern an den seminaren selbst teilgenommen habe. ebenso wenig lasse sich aus den tagungsorten eine private mitveranlassung ableiten; hätte er urlaub machen wollen, wäre er z.b. wohl kaum im winter nach w-stadt (stadt im ausland) gereist. zudem wäre jeder über einen reiseveranstalter gebuchte städteurlaub bedeutend günstiger gewesen. 23vielmehr habe er die seminare deshalb absolviert, weil sein arbeitgeber ihm gekündigt habe, eine neuanstellung zu einigermaßen vernünftigen konditionen angesichts des fortgeschrittenen alters kaum realistisch gewesen sei, ihm das arbeitsamt nicht habe helfen können und er noch nicht in ruhestand habe treten wollen. deshalb habe er die selbständigkeit gewählt. in den seminaren sei es um ganz unterschiedliche themen gegangen. teilweise sei es um die schulung des umgangs mit potentiellen kunden und gesprächspartnern gegangen und teilweise sei fachliches wissen vermittelt worden. zu beachten sei auch, dass die seminare auch dazu gedient hätten, um kontakte zu potentiellen geschäftspartnern zu knüpfen, was ihm auch gelungen sei. 24die seminare hätten zudem dazu gedient, unternehmerisch denkend in die geschäftstätigkeit mit der fa. y zu treten. als berater müsse er immer auf den neuesten stand sein, und zwar sowohl in fachlicher als auch in kaufmännischer hinsicht. weiter sei es von bedeutung gewesen, den umgang mit führungskräften zu lernen, da er als selbständiger mit der geschäftsführung direkt gespräche führe, während er als angestellter mit anderen angestellten seiner ebene geredet habe. 25nachrichtlich werde darauf hingewiesen, dass er – der kläger – inzwischen nicht mehr für die fa. y tätig sei. grund hierfür sei, dass die fa. y mit einem größeren unternehmen fusioniert worden sei. 26die provisionsvereinbarung mit der fa. y wurde am 26.01.2017/02.02.2017 schriftlich abgeschlossen. die erste rechnung hat der kläger schon am 17.11.2016 geschrieben; darin ist von einem beginn der tätigkeit am 01.11.2016 die rede. 27der kläger beantragt, 28den est-bescheid 2014 vom 21.03.2018 dahingehend zu ändern, dass einkünfte aus selbständiger tätigkeit i.h.v. -27.076 € berücksichtigt werden. 29der beklagte beantragt, 30die klage abzuweisen. 31er ist der auffassung, dass ein zusammenhang zwischen den in 2014 getätigten aufwendungen für seminare und der in 2016 begonnenen beratungstätigkeit nicht feststellbar sei. ziel der seminare sei es gewesen, durch neue erkenntnisse über sich selbst einen anderen umgang mit geld und einen zuwachs an reichtum zu erzielen. durch die ausbildung sei zwar möglicherweise die gesamtpersönlichkeit des klägers gestärkt und weiterentwickelt worden. ein zuschnitt auf die spezifischen bedürfnisse der ab dem jahr 2016 ausgeübten tätigkeit sei jedoch nicht ersichtlich. daran ändere auch nichts der umstand, dass die seminarleiter anerkannte fachleute sein mögen. ebenso wenig reiche es aus, dass auf den seminaren visitenkarten ausgetauscht worden seien; selbst wenn der eine oder andere kontakt hergestellt worden sei, sage dies nichts über den inhalt der seminare aus. 32zudem sei zu beachten, dass geschäftsgegenstand der fa. y die unterstützung der kunden beim effizienteren und intelligenteren betrieb ihrer it-infrastruktur sei, wobei auch auf die gesamte palette gebrauchter produkte der fa. z zurückgegriffen werde. für die tätigkeit als it-berater für die fa. y habe der kläger mithin auf seine langjährigen erfahrungen als früherer arbeitnehmer der fa. z zurückgreifen können. 33zudem sei zu beachten, dass die unter der gleichen anschrift wie der kläger lebende frau f zusammen mit diesem zu den seminaren gefahren sei. eine private mitveranlassung der überwiegend im ausland stattgefundenen seminare lasse sich nicht ausschließen. 34mit gerichtlicher verfügung vom 12.11.2019 wurde der kläger aufgefordert, für jedes einzelne seminar substantiiert darzulegen, was genau der gegenstand der veranstaltung war und inwiefern es sich hierbei um fähigkeit und kenntnisse handelte, die er für seine tätigkeit für die fa. y konkret benötigte. der kläger verwies als antwort lediglich auf die zusammenfassung des beklagten im schreiben vom 05.04.2017. der inhalt der seminare sei dort korrekt wiedergegeben. 35hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf die schriftsätze der beteiligten und die steuerakten bezug genommen. 36 | 37i. die entscheidung ergeht mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung (§ 90 abs. 2 fgo). 38ii. die klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 39der est-bescheid 2014 vom 21.03.2018, der gem. § 68 satz 1 fgo gegenstand des klageverfahrens geworden ist, ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten. der beklagte ist zu recht davon ausgegangen, dass die geltend gemachten seminarkosten nicht als vorweggenommene betriebsausgaben abzugsfähig sind. 401. gemäß § 4 abs. 4 estg sind betriebsausgaben aufwendungen, die durch den betrieb veranlasst sind. eine solche veranlassung ist gegeben, wenn die ausgaben objektiv mit dem betrieb zusammenhängen und – soweit sie auf einer willensentscheidung des steuerpflichtigen beruhen – subjektiv dazu bestimmt sind, dem betrieb zu dienen (bundesfinanzhof -bfh-, urteil vom 12.07.2017 – vi r 59/15, bstbl ii 2018, 461 m.w.n.). 41sind bereits vor der betriebseröffnung aufwendungen angefallen, so sind sie als vorab entstandene betriebsausgaben abziehbar, wenn ein ausreichend bestimmter zusammenhang zwischen den aufwendungen und der einkunftsart besteht, in deren rahmen der abzug begehrt wird. voraussetzung für den abzug ist, dass der entschluss, einkünfte einer bestimmten einkunftsart zu erzielen, bereits endgültig gefasst worden ist (bfh, urteil vom 04.06.1991 – ix r 30/89, bstbl ii 1991, 761). bei dem entschluss handelt sich um eine innere tatsache, die wie alle sich in der vorstellung von menschen abspielenden vorgänge nur anhand äußerlicher merkmale beurteilt werden kann. aus objektiven umständen muss auf das vorliegen oder fehlen der absicht geschlossen werden (vgl. bfh, urteil vom 11.12.2012 - ix r 14/12 bstbl ii 2013, 279). dabei muss zumindest in grundzügen auch erkennbar sein, welche tätigkeit künftig ausgeübt werden soll. der wille, irgendeine beliebige tätigkeit selbständig auszuüben und hieraus z.b. einkünfte aus § 18 estg zu erzielen, reicht nicht aus. zudem ist voraussetzung für den abzug (vorab entstandener) betriebsausgaben, dass deren betriebliche veranlassung nachgewiesen werden kann. lassen sich die tatsachen, aus denen sich der betriebliche zusammenhang der aufwendungen ergibt, nicht feststellen, so geht das zu lasten des steuerpflichtigen. denn er trägt für diese tatsachen die objektive beweislast (bfh, urteil vom 15.04.1992 - iii r 96/88, bstbl ii 1992, 819). 422. unter berücksichtigung der vorgenannten rechtsgrundsätze handelt es sich bei den streitgegenständlichen seminarkosten nicht um vorweggenommene betriebsausgaben für die von dem kläger im jahr 2016 begonnene selbständige beratungstätigkeit. weder ist ersichtlich, dass sich der kläger schon im jahr 2014 endgültig entschlossen hatte, eine solche tätigkeit künftig auszuüben (hierzu unter a), noch ist eine betriebliche veranlassung erkennbar (hierzu unter b). 43a) objektive anhaltspunkte, die den schluss zulassen, dass der kläger schon in 2014 die feste absicht hatte, eine tätigkeit als selbständiger it-berater aufzunehmen, fehlen völlig. insbesondere gibt es keinerlei hinweise dafür, dass sich der kläger schon in 2014 bemüht hat, auftraggeber für eine solche tätigkeit zu finden. da der kläger spätestens nach beendigung der nichtselbständigen tätigkeit ende april 2014 zeitlich nicht mehr gebunden war und er aufgrund seines ingenieurstudiums, aufgrund der „00jährigen it-karriere in weltfirmen wie aa, ab, ac, ad und z“ (zitat aus der e-mail des klägers vom 11.05.2015 zur est 2013) und aufgrund der vielzähligen berufsbegleitenden fortbildungen fachlich hochgradig qualifiziert war, wäre - bei tatsächlich bestehender absicht, dieses fachwissen nunmehr zur erzielung von einkünften aus § 18 estg zu nutzen - zu erwarten gewesen, dass schon in 2014 mit der suche nach entsprechenden aufträgen/auftraggebern begonnen worden wäre. dies hat der kläger jedoch offensichtlich nicht getan; jedenfalls fehlt hierzu jeglicher vortrag. im umkehrschluss deutet das fehlen jeglicher aktivitäten, die auf die aufnahme der selbständigen tätigkeit hinzielen, darauf hin, dass der entschluss, diese tätigkeit auszuüben, zum damaligen zeitpunkt offensichtlich noch endgültig gefasst worden war. 44auch der umstand, dass der kläger in dem im jahr 2015 geführten schriftwechsel zur einkommensteuer 2013 an keiner stelle darauf verwiesen hat, sich als it-berater selbständig machen zu wollen, spricht dagegen, dass er diese absicht in den jahren 2014 und 2015 schon hatte. stattdessen hat er die in 2013 erklärten seminarkosten, bei denen es sich z.t. um anzahlungen für die in 2014 besuchten seminare handelte, den einkünften aus nichtselbständiger arbeit zugeordnet und seine begründung zur abzugsfähigkeit der kosten im wesentlichen darauf gestützt, dass es aufgrund seines alters schwer sei, eine neue anstellung zu finden. so heißt es in der e-mail vom 11.05.2015 z.b., dass er sich aufgrund der problematik, in seinem alter eine neue stelle zu bekommen, entschlossen habe, geld in weitere fortbildung zu stecken, um den „beruflichen wiedereinstieg“ vorzubereiten. in den e-mails vom 02.07.2015 und 01.09.2015 wurde auf die „arbeitslosigkeit“ (d.h. auf die unfreiwillige nichterzielung von einkünften aus nichtselbständiger arbeit) verwiesen. in der e-mail vom 08.10.2015 bezeichnete sich der kläger sogar ausdrücklich als „arbeitssuchender“ und führte aus, dass es schwer sei, eine neue anstellung zu finden, ihm das arbeitsamt bei der suche nicht helfen könne, er sich deshalb zu den fortbildungen entschlossen habe und es sich hierbei um vorweggenommene werbungskosten handele. gemeint sein konnten nach dem sachzusammenhang nur vorweggenommene werbungskosten für eine neu aufzunehmende tätigkeit als arbeitnehmer. versuche oder pläne, sich (auch) als selbständiger it-berater zu betätigen, wurden nicht erwähnt. 45ebenso wenig hat der kläger in der am 30.12.2015 eingereichten ursprünglichen version der est-erklärung für das streitjahr zu erkennen geben, dass er schon im jahr 2014 die absicht hatte, einkünfte aus einer selbständig ausgeübten beratungstätigkeit zu erzielen. vielmehr wurde eine solche tätigkeit erstmals in der am 16.09.2016 eingereichten korrigierten anlage g erwähnt. auch dies spricht dafür, dass der wille, eine solche tätigkeit auszuüben, erst in 2016 gefasst wurde und es sich schon aus diesem grund bei den bereits zwei jahre vorher angefallenen seminarkosten nicht um vorweggenommene betriebsausgaben für diese tätigkeit handeln kann. 46b) zudem ist ein hinreichender zusammenhang zwischen den inhalten der seminare und der späteren beratungstätigkeit nicht erkennbar. 47aufwendungen, die den beruf oder die tätigkeit des steuerpflichtigen fördern und gleichzeitig der lebensführung dienen, sind nach ständiger rechtsprechung des bfh nur dann als werbungskosten oder betriebsausgaben abziehbar, wenn die berufliche veranlassung bei weitem überwiegt, private gesichtspunkte also keine oder nur eine ganz untergeordnete rolle spielen (bfh, urteil vom 06.03.1995 – vi r 76/94, bstbl ii 1995, 393 m.w.n.). aufwendungen für einen lehrgang sind nur als werbungskosten/betriebsausgaben abziehbar, wenn ein konkreter zusammenhang mit der ausgeübten beruflichen/betrieblichen tätigkeit besteht. ob der steuerpflichtige aufwendungen für einen lehrgang aus beruflichen/betrieblichen anlass erbringt oder es sich um aufwendungen für die lebensführung im sinne des § 12 nr. 1 s. 2 estg handelt, ist anhand einer gesamtwürdigung aller umstände des einzelfalls zu entscheiden (bfh, urteil vom 28.08.2008 – vi r 44/04, bstbl ii 2009, 106). für die entscheidung, ob aufwendungen für einen lehrgang, der die persönlichkeitsbildung zum gegenstand hat, beruflich/betrieblich veranlasst sind, kommt es darauf an, ob der lehrgang primär auf die spezifischen bedürfnisse der vom steuerpflichtigen ausgeübten erwerbstätigkeit ausgerichtet ist. im rahmen der vorzunehmenden gesamtwürdigung sind dabei feststellungen zu den lehrinhalten und ihrer konkreten anwendung in der beruflichen/betrieblichen tätigkeit, zum ablauf des lehrgangs sowie zu den teilnehmenden personen als indizien für die berufliche/betriebliche veranlassung von besonderer bedeutung (bfh, urteile vom 28.08.2008 - vi r 35/05, bstbl ii 2009, 108; vom 24.08.2001 - vi r 40/94, bfh/nv 2002, 182). 48soweit der kläger kosten für die ...-seminare geltend macht, scheidet ein abzug als (vorweggenommene) betriebsausgaben für die im jahr 2016 aufgenommene it-beratungstätigkeit schon deshalb aus, weil diese seminare den handel mit devisen und damit eine völlig andere tätigkeit betrafen. das gleiche gilt für das seminar „freedom trader intensive“, in dem es um den handel mit wertpapieren ging. auch bezüglich des seminars „never work again“, in dem es darum ging, einkommen aus aktiver tätigkeit durch passives einkommen zu ersetzen, ist ein zusammenhang mit der aufnahme der aktiven tätigkeit „it-beratung“ nicht einmal ansatzweise ersichtlich. ebenso wenig lässt das seminar „„die garantie für ihren wohlstand“, das „geheime anlagestrategien“ und die „sechs grundregeln des erfolgs für jeden lebensbereich“ vermittelte, von seinem thema her einen hinreichenden bezug zu einer selbständigen tätigkeit i.s.d. § 18 estg - geschweige denn zu der konkreten tätigkeit als it-berater - erkennen. 49vielmehr handelte es sich bei den beiden zuletzt genannten seminaren sowie - soweit aus den z.t. dürftigen angaben zum veranstaltungsinhalt ersichtlich - auch bei den sonstigen seminaren im wesentlichen um veranstaltungen, die ausschließlich („enlightened warrior“) oder zumindest teilweise eine veränderung der eigenen ansichten und einstellungen bezweckten. es handelt sich damit dem kern nach um persönlichkeitsbildungsmaßnahmen. deren privater charakter ergibt sich im streitfall schon aus der sehr allgemein angelegten ausrichtung der seminare. denn diese waren nicht auf bestimmte berufsgruppen oder in anderer weise auf einen teilnehmerkreis mit vergleichbaren anforderungen und aufgaben zugeschnitten, sondern richteten sich an alle menschen, die die techniken, einstellungen und fähigkeiten erlernen wollen, die nach auffassung des veranstalters erforderlich sind, um ohne große anstrengung reich zu werden (z.b. „millionaire mind intensive“, „never work again“, „die garantie für ihren wohlstand“, „train the trainer“). welche berufsausbildung die teilnehmer hatten, welche tätigkeit sie gerade ausübten und welchen beruf / welche tätigkeit sie zukünftig auszuüben beabsichtigten, war - soweit ersichtlich - weder für die anmeldung zu den seminaren noch für die art und weise der durchführung der seminare von bedeutung. auch wenn einzelne seminare (wie z.b. „income explosion“) betriebliche aspekte wie z.b. verkaufsstrategien behandelt haben mögen, konnten die lehrinhalte angesichts des vollkommen offenen teilnehmerkreises nicht auf spezifische betriebliche bedürfnisse des klägers zugeschnitten gewesen sein. durch die fehlende homogenität des teilnehmerkreises tritt der allgemein persönlichkeitsbildende inhalt der ausbildung und damit die private veranlassung in den vordergrund. der umstand, dass die erworbenen kenntnisse und fähigkeiten dazu nützlich sein mögen, (irgendwelche) steuerpflichtigen einkünfte zu erzielen, vermag einen hinreichenden beruflichen/betrieblichen zusammenhang zu einer bestimmten erwerbsquelle nicht zu begründen. ebenso wenig ergibt sich die berufliche/betriebliche veranlassung von bildungsmaßnahmen aus der länge der kurse oder der qualifikation der vortragenden; entscheidend ist vielmehr deren inhalt. 50die hinreichende betriebliche veranlassung lässt sich im streitfall auch nicht daraus ableiten, dass der kläger mit der teilnahme an den seminaren – wie er vorträgt – die herstellung geschäftlicher kontakte bezweckt haben mag. der kläger übersieht bei seiner argumentation, dass es im streitfall nicht um den besuch von fachmessen oder fachseminaren geht, bei denen die anwesenheit potentieller auftraggeber für die it-beratungstätigkeit mit einer gewissen wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, sondern um veranstaltungen, bei denen es aufgrund der fehlenden homogenität des teilnehmerkreises als reiner zufall anzusehen ist, wenn sich dort für die beratungstätigkeit relevante geschäftliche kontakte knüpfen lassen. 51nicht zuletzt war im streitfall zu beachten, dass weitgehend unklar geblieben ist, inwiefern die in den einzelnen seminaren vermittelten kenntnisse und fähigkeiten für die ausübung der hier maßgeblichen beratungstätigkeit überhaupt von bedeutung sind bzw. waren. die diesbezüglichen ausführungen des klägers gehen über allgemeine behauptungen nicht hinaus. insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der kläger, der ausweislich der von ihm eingereichten fortbildungsliste nicht nur in fachlicher hinsicht hochgradig qualifiziert war, sondern auch bereits vielzählige fortbildungen aus den bereichen kommunikation (z.b. „managing and understanding your customer“, „effective sales presentation“, „non violent winning“, „shapening an executing of counseling interview“, „modular sales training“, „management rhetoric“ ‚“advanced communication skills“, „making the deal“), persönlichkeitsbildung (z.b. „changing your personal preferences“, „power management workshop“) und führungskompetenz (z.b. „leadership in management and sales management“, „head of department management training“) besucht hat, erst durch den besuch der streitgegenständlichen seminare die kenntnisse und fähigkeiten erlangt haben soll, die er für die ausübung der selbständigen beratungstätigkeit benötigte. was genau er in den im jahr 2014 besuchten seminaren zusätzlich gelernt hat und inwiefern diese lerninhalte für die beratungstätigkeit tatsächlich von bedeutung waren, bleibt weitgehend offen. 52iii. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. |
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} | 5 Ca 1495/21 | 2021-12-10T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.08.2021 mit deren Zugang beim Kläger zu 11.08.2021 beendet worden ist. 2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu den bisherigen Vertragsbedingungen als Arbeiter weiter zu beschäftigen. 3. Die Widerklage wird abgewiesen. 4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. 5. Der Streitwert wird auf 27.519,68 € festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und die Erstattung von Detektivkosten. 3Der 58-jährige Kläger ist verheiratet und noch einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.04.1992 war er als Arbeiter ursprünglich bei der Stadt A beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ging zum 01.01.2003 auf die Beklagte über. Sein Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt rund 3.000,00 €. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes im Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (TVöD-VKA) Anwendung. Nach den tarifvertraglichen Vorschriften ist das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich unkündbar. 4Seit 2006 wird der Kläger im Bereich Straßenreinigung eingesetzt. In diesem Bereich hält die Beklagte Fahrzeuge vor, die mit mehreren Mitarbeitern besetzt sind. Für jedes Fahrzeug gibt es wöchentliche Einsatzpläne, die die Reinigungstätigkeiten und die Orte, an denen zu reinigen ist, genau vorgeben. Die Arbeitsleistungen der Besatzung eines Fahrzeuges sind im vorgegebenen Reinigungsmittelrevier zu erbringen und mit Standortwechsel im Stadtgebiet verbunden. Der Reinigungsbedarf liegen im öffentlichen Verkehrsraum außerhalb des Betriebsgeländes der Beklagten. Der Kläger war keinem festen Fahrzeug zugeordnet, sondern wechselte regelmäßig die Reinigungsteams. 5Am 14.06.2021 meldete sich die Abteilungsleiterin der kommunalen Servicebetriebe B telefonisch beim Betriebsleiter der Beklagten und teilte mit, dass einer ihrer Disponenten am frühen Morgen einem Fahrzeug der Beklagten mit dem Kennzeichen C E 0000 im Stadtgebiet B gefolgt sei; der Disponent habe das Fahrzeug zum zweiten Mal in diesem Bereich gesehen. Nach Einsicht in den Einsatzplan ergab sich für die Beklagte der Verdacht, dass sich das Fahrzeug samt Besatzung unberechtigt während der Arbeitszeit im Reinigungsrevier einer anderen Stadt ohne dienstliche Veranlassung aufgehalten habe. Aus Anlass dieses Hinweises wurde am 18.06.2021 die Firma D Detektive GmbH Privat- und Wirtschaftsdetektei aus E von der Beklagten mit der Beobachtung des Fahrzeuges und der Fahrzeugbesatzung beauftragt, die am 25.06.2021 begann. 6Bis zum 05.07.2021 befand sich der Kläger im Urlaub. Anschließend wurde er auf dem Fahrzeug C E 0000 eingesetzt, auf dem er zuletzt im Februar 2021 gearbeitet hatte. 7Durch die beauftragten Detektive wurde unter anderem beobachtet, dass das Fahrzeug mit der Fahrzeugbesatzung am 07.07.2021 von 11:13 bis 11:28 Uhr die Arbeit unterbrochen hatte, um auf einem Parkplatz Pause zu machen. Anschließend wurde der Parkplatz eines Lebensmittelmarktes aufgesucht, von wo aus der Kläger bis 12:05 Uhr privaten Erledigungen in einem Imbiss/Kiosk nachging. Keiner dieser Orte war im Reinigungsplan des Fahrzeugs enthalten 8Am 09.07.2021 hielt sich das Fahrzeug mit vier Insassen, einschließlich des Klägers von 7:54 bis 8:25 Uhr auf einem Parkplatz auf, ohne dass Arbeitstätigkeit durchgeführt worden sind. Von 8:53 bis 9:42 Uhr hielt sich das Fahrzeug am Bahnhof A-Mitte auf, ohne Arbeitstätigkeit auszuführen. Von 9:54 bis 10:06 Uhr suchte die Besatzung einen Getränkemarkt auf. Anschließend begab sich das Fahrzeug zur Privatadresse eines Besatzungsmitglieds und fuhr anschließend zu einem weiteren Getränkemarkt. Um 10:32 Uhr fuhr das Fahrzeug zum Gelände des SV F in B. Die vier Besatzungsmitglieder hielten sich dort bis 12:52 Uhr auf der Terrasse des Vereinsheims am Tisch sitzend auf, wobei von diesen geknobelt wurde. Anschließend fuhr das Fahrzeug zum Betriebsgelände der Beklagten zurück. 9Am 14.07.2021 befand sich das Fahrzeug von 7:06 bis 7:27 Uhr auf dem Parkplatz eines Supermarktes, während der Kläger private Einkäufe erledigte. Von 10:10 bis 12:29 Uhr befand sich das Fahrzeug am Vereinsgelände des SV F in B, wo sich die Besatzung auf der Terrasse aufhielt. Anschließend fuhr das Fahrzeug zum Gewerbepark A-G, wo es bis 13:20 Uhr in einer Querstraße parkte, ohne dass die Besatzungsmitglieder Arbeitsleistung erbracht haben. 10Am 16.07.2021 hielt sich das Fahrzeug von 7:55 bis 9:34 Uhr in A-H auf, ohne dass die Besatzung Arbeitsleistung verrichtet hat. Von 12:35 bis 13:18 Uhr wurde das Fahrzeug auf einem Parkplatz gesichtet, wo die Besatzungsmitglieder mit einem Knobelbecher gewürfelt haben. 11Am 22.07.2021 wurde das Fahrzeug in der Zeit von 11:05 bis 12:24 Uhr am Gelände des SV F in B gesichtet, während sich die Besatzungsmitglieder, einschließlich des Klägers, auf der Terrasse des Vereinsheims aufhielten. Um 12:35 Uhr traf das Fahrzeug an der Privatanschrift eines Besatzungsmitgliedes ein, wo Gegenstände abgeliefert wurden. Anschließend begab sich das Fahrzeug auf einem Parkplatz, auf dem die Mitarbeiter von 12:44 bis 13:20 Uhr Pause machten. 12Nachdem die Besatzungsmitglieder des Fahrzeuges, einschließlich des Klägers, am Vormittag des 23.07.2021 zunächst diverse private Angelegenheiten erledigten, hielten sie sich von 9:45 bis 12:16 Uhr auf dem Vereinsgelände des SV F in B auf. Anschließend begaben sie sich auf einem Parkplatz in einem Gewerbegebiet in A, wo sie sich bis 13:24 Uhr aufhielten, ohne Arbeitsleistung zu erbringen. 13Am 26.07.2021 wurden die Besatzungsmitglieder des Fahrzeugs in der Zeit von 7:57 bis 13:27 Uhr wiederholt dabei beobachtet, wie sie privaten Angelegenheiten nachgingen. 14Am Vormittag des 29.07.2021 informierte der beauftragte Detektiv die Personalsachbearbeitung der Beklagten über das Ergebnis der Ermittlungen und übergab seinen Ermittlungsbericht. Der Vorstand der Beklagten wurde gegen Mittag über den Sachverhalt unterrichtet. 15Am 30.07.2021 wurde der Kläger von zwei Vertretern der Personalabteilung sowie dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu den Vorgängen angehört. Ein Vertreter des Personalrats war am Gespräch nicht beteiligt. Im Rahmen des Gespräches räumt der Kläger ein, nach B gefahren zu sein. Ferner gab er an, dass er gewusst habe, dass die Fahrten nach B nicht in Ordnung seien. 16Unter dem 31.07.2021 stellte die D Direktive GmbH der Beklagten für ihre Tätigkeiten einen Betrag i.H.v. 15.519,68 € brutto in Rechnung (Bl. 198 der Akte). 17Mit Schreiben vom 02.08.2021 (Bl. 135 der Akte) widerrief der Kläger seine Aussagen während der Anhörung. Neben der Unterschrift des Klägers trägt das Schreiben die Unterschrift des Personalratsvorsitzenden als „Zeuge der Abgabe des Schriftstückes“. 18Mit Schreiben vom 03.08.2021 (Bl. 136 ff. der Akte) wurde der Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers angehört. Mit Schreiben vom 09.08.2021 (Bl. 64 ff. der Akte) teilte der Personalrat mit, dass er die Kündigung für ungerechtfertigt halte. 19Mit Schreiben vom 10.08.2021 (Bl. 12 ff. der Akte), welches dem Kläger am 11.08.2021 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich fristlos. 20Mit seiner am 18.08.2021 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich der Klägern gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses und begehrt seine tatsächliche Weiterbeschäftigung. Im Wege der Widerklage macht die Beklagte gegenüber dem Kläger die Erstattung der Detektivkosten geltend. 21Der Kläger ist der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte stützte die Kündigung auf den Einsatzbericht der Detektei. Die Überwachung sei jedoch rechtlich unzulässig gewesen. Ferner behauptet er, zu keinem Zeitpunkt für die Planung und Durchführung der Fahrtrouten verantwortlich gewesen zu sein. Bei der Fahrzeugbesatzung sei auch keine Hierarchie vorhanden gewesen. Er habe also nicht die Möglichkeit gehabt, auf seine Arbeitskollegen einzuwirken. Er sei nur als Mitläufer zu bewerten, also eine Person, die bei etwas mitmache, ohne sich dabei besonders zu engagieren und die dabei nur eine passive bzw. untergeordnete Rolle spiele. 22Der Kläger beantragt, 23241. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 10.08.2021 nicht zum 11.08.2021 aufgelöst worden ist; 25262. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den im Arbeitsvertrag geregelten Arbeitsbedingungen weiterhin zu beschäftigen. 27Die Beklagte beantragt, 28die Klage abzuweisen. 29Widerklagend beantragt die Beklagte, 30den Kläger zu verurteilen, an sie 15.519,68 € nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2021 zu zahlen. 31Der Kläger beantragt, 32die Widerklage abzuweisen. 33Die Beklagte ist der Ansicht, die Kontrolle der Mitarbeiter durch eine Detektei sei zulässig gewesen. Aufgrund des Hinweises der Abteilungsleiterin der kommunalen Servicebetriebe B habe der Verdacht einer missbräuchlichen Fahrzeugbenutzung und eines Arbeitszeitbetrugs der Fahrzeugbesatzung bestanden. Die Auswertung des Fahrtenschreibers des Fahrzeuges allein habe die Fragestellung nicht klären können, da sich der konkrete Standort des Fahrzeugs aus dieser Aufzeichnung nicht ergebe. Des Weiteren handele es sich bei der Tätigkeit der Fahrzeugbesatzung um eine solche außerhalb ihres Betriebsgeländes, sodass eine anderweitige Überwachungsmöglichkeit schon tatsächlich nicht eröffnet gewesen sei. Die Ermittlungen seien auch datenschutzkonform gewesen. Die Kündigung sei auch durch das Fehlverhalten des Klägers gerechtfertigt. Durch sein Verhalten habe der Kläger das in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig und nicht wieder herstellbar beschädigt. Er verrichtet seine Tätigkeit notwendigerweise außerhalb der Dienststelle des Betriebsgeländes. Sie müsse ihm demzufolge eine Vertrauensvorschuss dahingehend leisten, dass die Arbeitsleistung – wie im Reinigungsplan konkretisiert – ordnungsgemäß erbracht werde. Eine Kontrollmöglichkeit bestehe allenfalls stichprobenartig. Selbst wenn der Kläger für sich eine gewisse Schlichtheit reklamiere, so war ihm doch klar, dass er sein Entgelt nicht für das ableisten von Arbeitspausen erhalte, sondern das von ihm die Erbringung einer Arbeitsleistung verlangt werde. Ihm sei aufgrund der bekannten Umstände klar gewesen, dass sein Verhalten falsch sei. Er habe nicht in einem Einzelfall einen schwerwiegenden Verstoß gegen seine arbeitsrechtlichen Pflichten begangen, sondern eine Vielzahl von Verstößen, was eine Systematik belege, die als erschwerender Umstand zu betrachten sei. 34Wegen des weiteren Vortrags wird auf die wechselseitigen, schriftsätzlichen ausführen der Parteien einschließlich der Anlagen Bezug genommen 35Entscheidungsgründe: 36Die Klage ist begründet. Die Widerklage demgegenüber unbegründet. 37A. 38Die Klage ist in vollem Umfang begründet. 39I. 40Die zulässige und rechtzeitig erhobene Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.08.2021 mit deren Zugang beim Kläger am 11.08.2021 beendet worden. Die Kündigung ist unwirksam da sie nicht durch einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt ist. Die Kündigung erweist sich als unverhältnismäßig, da der Beklagten aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der vorsätzlichen Pflichtverletzung des Klägers zumutbar ist. 411. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund deren dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisse selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, das heißt typischer Weise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (z.B. BAG, Urteil v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 67). 422. Das vom Kläger gezeigte Verhalten ist „an sich“ als außerordentlicher Kündigungsgrund geeignet. 43a) Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass der Arbeitszeitbetrug eines Arbeitnehmers an sich – unabhängig von seinem Umfang – einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Der Arbeitnehmer, der über den Umfang der von ihm geleisteten Arbeitszeit täuscht, verletzt die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis in schwerwiegender Weise. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Arbeitnehmer mit der Täuschung den Zweck verfolgt, in den Genuss einer ihm nicht zustehenden Vergütung zu gelangen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch an (z.B. BAG, Urteil vom 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 – EzA § 626 BGB 2002 Nr.67; Urteil vom 26.09.2013 – 2 AZR 682/12 – EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 93; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.12.2010 – 8 Sa 710/09 – juris). 44Der Kläger hat – gemeinsame seinen Arbeitskollegen – die Beklagte bewusst über die Erbringung von Arbeitsleistungen getäuscht, indem er vorgab, sich mit dem zugewiesenen Fahrzeug ins Reinigungsrevier zu begeben und Arbeitsleistungen zu erbringen, tatsächlich aber das Stadtgebiet verlassen hat, um privaten Verrichtungen nachzugehen. Dass es auch dem Kläger dabei darum ging, gegenüber der Beklagten den Eindruck zu erwecken, tatsächliche Arbeitsleistung zu erbringen, ergibt sich daraus, dass das Dienstfahrzeug nicht über den ganzen Tag hinweg an einer Stelle belassen wurde, sondern immer mal wieder bewegt wurde, sodass auf den Aufzeichnung des Fahrtenschreibers nicht ohne weiteres zu erkennen war, ob die Fahrten dienstlich veranlasst waren oder nicht. Dabei war sich der Kläger auch bewusst, eine Täuschungshandlung gegenüber der Beklagten zu begehen. Spätestens beim Überschreiten der Stadtgrenze drängte es sich auch dem Kläger auf, das seine Handlung nicht mehr der vertraglich geschuldeten Tätigkeiten entspricht. Dieses räumte er unstreitig im Rahmen seiner Anhörung am 30.07.2021 ein. 45Der Pflichtwidrigkeit des Handelns des Klägers steht nicht entgegen, dass er gemeinsam mit Arbeitskollegen gehandelt hat. Insoweit wird auch vom Kläger nicht behauptet, von den Arbeitskollegen zu diesem Handlungen genötigt oder gar von diesen nach B entführt worden zu sein. 46b) Zudem ist die beharrliche Weigerung des Arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Ein Arbeitnehmer verweigert die ihm zugewiesene Arbeit beharrlich, wenn er sie bewusst und nachdrücklich nicht leisten will (BAG, Urteil vom 28.06.2018 – 2 AZR 436/17 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 65; .Urteil vom 14.12.2017 – 2 AZR 86/17 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 64). 47Der Kläger hat bewusst – trotz ansprechender Arbeitsanweisungen und vorhandene Arbeitsbedarf – seine Arbeitsleistung nicht erbracht. Die insoweit erforderliche Nachhaltigkeit im Willen des Klägers ergibt sich daraus, dass er sich durch das Verlassen des Stadtgebietes eines (zufälligen) Zugriffs der Beklagten entzogen hat. 483. Der Beklagten ist es auch nicht verwehrt, zur Begründung der Vorwürfe sich auf die Erkenntnisse des beauftragten Detektives zu berufen. 49a) Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot wegen einer Verletzung des gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Partei (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 EMRK) kann sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts – etwa der § 138 Abs. 3, § 286, § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO – ergeben. Wegen der nach Art. 1 Abs. 3 GG gegebenen Bindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte und der Verpflichtung zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung hat das Gericht zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist (BAG, Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 597/16 – EzA § 32 BDSG Nr. 5; Urteil vom 20.10.2016 – 2 AZR 395/15 – EzA § 32 BDSG Nr. 4). Das Grundrecht schützt neben der Privat- und Intimsphäre und seiner speziellen Ausprägung als Recht am eigenen Bild auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (BAG, Urteil vom 20.10.2016 – 2 AZR 395/15 – a.a.O.). 50Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) bzw. innerhalb ihres Anwendungsbereichs die entsprechenden Regelungen der Bundesländer (z.B. DSG NRW) über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (§ 1 Abs. 1 BDSG). Sie regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich der Gesetze Eingriffe durch öffentliche oder nichtöffentliche Stellen i.S.d. § 1 Abs. 2 BDSG in diese Rechtspositionen zulässig sind. Sie ordnen für sich genommen jedoch nicht an, dass unter ihrer Missachtung gewonnene Erkenntnisse oder Beweismittel bei der Feststellung des Tatbestands im arbeitsgerichtlichen Verfahren vom Gericht nicht berücksichtigt werden dürften (BAG, Urteil vom 20.10.2016 – 2 AZR 395/15 – a.a.O.; Urteil vom 22.09.2016 – 2 AZR 848/15 – EzA § 32 BDSG Nr. 3). Ist allerdings die Datenverarbeitung gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer nach den Vorschriften der Datenschutzgesetze zulässig, liegt insoweit keine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild vor (BAG, Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 597/16 – a.a.O.). 51b) Bei der Observation des Klägers und seiner Kollegen durch einen Detektiv im Auftrag der Beklagten handelt es sich um Datenerhebung i.S.v. §§ 3, 18 DSG NRW, die nach § 5 DSG NRW die Beklagte unmittelbar binden. 52Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses u.a. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Durchführung gehört die Kontrolle, ob der Arbeitnehmer seinen Pflichten nachkommt, zur Beendigung im Sinne der Kündigungsvorbereitung die Aufdeckung einer Pflichtverletzung, die die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann (vgl. BAG, Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 597/16 – a.a.O.). Sofern nach § 18 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW zulässig erhobene Daten den Verdacht einer Pflichtverletzung begründen, dürfen sie für die Zwecke und unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW auch verarbeitet und genutzt werden (vgl. BAG a.a.O.). Der Arbeitgeber darf deshalb alle Daten speichern und verwenden, die er zur Erfüllung der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast in einem potentiellen Kündigungsschutzprozess benötigt (BAG, a.a.O.). 53In der Datenerhebung durch die Observation lag zugleich jedoch ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Betroffen ist sein von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschütztes informationelles Selbstbestimmungsrecht. Deshalb müssen weitere Aspekte hinzutreten, die ergeben, dass das Interesse an der Beweiserhebung trotz der Persönlichkeitsbeeinträchtigung schutzbedürftig ist (BAG, Urteil vom 27.03.2003 – 2 AZR 51/02 – EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 1). Der mit einer Datenerhebung verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers muss einer Abwägung der beiderseitigen Interessen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten (BAG, Urteil vom 17.11.2016 – 2 AZR 730/15 – a.a.O.). Dieser verlangt, dass der Eingriff geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Es dürfen keine anderen, zur Zielerreichung gleich wirksamen und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gewahrt, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe steht (BAG, Urteil vom 29.07.2019 – 2 AZR 597/16 – a.a.O.). Eine verdeckte Ermittlung „ins Blaue hinein“, ob ein Arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhält, ist unzulässig (BAG a.a.O). 54c) Gemessen an diesen Grundsätzen war die verdeckte Überwachung des Klägers und seiner Kollegen durch einen Detektiv im Auftrag der Beklagten zulässig. 55Aufgrund des Hinweises der Abteilungsleiterin der kommunalen Servicebetriebe B vom 14.06.2021 bestanden konkrete Verdachtsmomente, Beschäftigte der Beklagten könnten eine schwerwiegende Pflichtverletzung in Form eines Arbeitszeitbetruges bzw. einer beharrlichen Arbeitsverweigerung begehen. Eine dienstliche Veranlassung für eine Fahrt das Stadtgebiet B ist nicht erkennbar. 56Unerheblich ist, dass sich die Verdachtsmomente nicht gegen den Kläger persönlich richteten, der sich zu dem Zeitpunkt, als das Fahrzeug in B gesehen wurde, noch im Urlaub befand. Ausreichend ist, dass sich die Verdachtsmomente gegen eine abgrenzbare Personengruppe richtet (vgl. BAG, Urteil vom 29.07.2019 – 2 AZR 597/16 – a.a.O.), vorliegend die Besatzung des Fahrzeuges. 57Zur Klärung der Verdachtsmomente standen der Beklagten auch keine anderen Mittel zur Verfügung, als die verdeckte Überwachung des Fahrzeuges. Eine Auswertung des Fahrtenschreibers war insoweit nicht zielführend, als dass durch diesen der Aufenthaltsort des Fahrzeuges nicht aufgezeichnet wird. Wie oben dargelegt, haben es die Mitarbeiter zudem darauf angelegt, durch eine wiederholte Bewegung des Fahrzeuges den Eindruck zu erwecken, sie seien dienstlichen Tätigkeiten nachgegangen. 58Demgegenüber erfolgte der Eingriff in das informelle Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten nicht in deren besonders geschützten Privatsphäre. Das Fahrzeug wurde nicht außerhalb der Dienstzeiten, sondern während der Arbeitszeit im öffentlichen Raum beobachtet. Insofern musste der Kläger und seine Kollegen stets mit einer Beobachtung durch Dritte rechnen. 59Unter umfassender Abwägung all dieser Umstände steht der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Klägers durch die Überwachung nicht außer Verhältnis zum Zweck der Beweissicherung. 604. Trotz der schwerwiegenden Pflichtverletzung seitens des Klägers erweist sich die Kündigung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles jedoch als unverhältnismäßig. 61a) Bei der Prüfung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der – fiktiven – Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisse – zu erreichen (z. B. BAG, Urteil v. 13.12.2008 – 2 AZR 370/18 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 67; Urteil v. 23.08.2018 – 2 AZR 235/18 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 66; Urteil v. 29.06.2007 – 2 AZR 303/16 – EzA § 626 2002 Nr. 60). 62Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzt deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urteil v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 – a. a. O.; Urteil v. 29.06.2017 – 2 AZR 302/16 – a. a. O.; Urteil v. 20.11.2014 – 2 AZR 615/13 – EzA § 26 BGB 2002 Nr. 47). 63b) Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Kündigung ausnahmsweise als unverhältnismäßig. 64aa) Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des 58-jährigen Klägers ist nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren nach § 34 Abs. 2 TVöD-E ausgeschlossen. Die insoweit fiktive Kündigungsfrist beträgt nach § 34 Abs. 1 S. 2 TVöD-E sechs Monate zum Quartalsende und würde zum 31.03.2022 auslaufen. 65bb) Zugunsten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass das Verhalten des Klägers eine objektiv schwerwiegende, das Vertrauensverhältnis der Parteien erheblich belastende Pflichtverletzung darstellt. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass sie sich bei Mitarbeitern, die außerhalb des Betriebsgeländes tätig werden, darauf verlassen muss, dass sie die ihnen zugewiesene Tätigkeiten auch tatsächlich ausführen. Wie oben dargelegt, ist eine Kontrolle der Tätigkeiten nur eingeschränkt möglich und stets auch mit einem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten verbunden. Umso wichtiger ist das Vertrauen in die Beschäftigten, dass sie außerhalb des Betriebsgeländes ihren Tätigkeiten auch tatsächlich nachgehen. Dieses Vertrauen hat der Kläger vorsätzlich missbraucht. 66Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass durch die Pflichtverletzung des Klägers der Beklagten ein erheblicher Schaden entstanden ist. Unabhängig von den Ausgaben durch die Beauftragung der Detektei, die – wie noch auszuführen sein wird – dem Kläger wohl nicht angelastet werden können, ist der Beklagten allein dadurch ein Schaden entstanden, dass sie dem Beklagten Arbeitszeit vergütet hat, ohne die entsprechende Gegenleistung zu erhalten. 67Nicht unberücksichtigt bleiben kann ferner, wie sich die Reaktion der Beklagten auf das Fehlverhalten des Klägers auf die übrigen Beschäftigten im Betrieb auswirken wird. Auch insoweit handelt es sich um eine unmittelbare Folge des Fehlverhaltens. 68cc) Zugunsten des Klägers war neben dessen Alter und Unterhaltspflichten insbesondere dessen mehr als 28-jährige Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen, die auch nach dem Vortrag der Beklagten bislang keinen Anlass zur Beanstandung bot. Für die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist es von erheblicher Bedeutung, ob der Arbeitnehmer bereits geraume Zeit beschäftigt wurde, ohne vergleichbare Pflichtverletzungen begangen zu haben (BAG, Urteil v. 13.12.1984 – 2 AZR 454/13 – EzA § 626 BGB n.F. Nr. 94). Eine für lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung zweier Vertragspartner wird nicht notwendig durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört. Je länger eine Vertragsbeziehung ungestört bestanden hat, desto eher kann die Prognose gerechtfertigt sein, dass der dadurch erarbeitete Vorrat an Vertrauen durch einen erstmaligen Vorfall nicht vollständig aufgezehrt wird. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Befindlichkeit und Einschätzung des Arbeitgebers oder bestimmter für ihn handelnder Personen an. Entscheidend ist ein objektiver Maßstab. Maßgeblich ist nicht, ob der Arbeitgeber hinreichendes Vertrauen in den Arbeitnehmer tatsächlich noch hat. Maßgeblich ist, ob er dieses aus der Sicht eines objektiven Betrachters haben müsste. Im Arbeitsverhältnis geht es nicht um ein umfassendes wechselseitiges Vertrauen und moralische Qualitäten der jeweils anderen Vertragspartei. Es geht allein um die von einem objektiven Standpunkt zu beantwortende Frage, ob mit einer konkreten Erfüllung der Vertragspflichten zu rechnen ist (BAG, Urteil v. 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32). 69Die Kammer verkennt nicht, dass die Pflichtverletzungen des Klägers kein einmaliges isoliertes Ereignis waren, sondern sich über Wochen hin fortsetzten. Andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger, als er am 06.07.2021 auf dem Fahrzeug C E 0000 von der Beklagten eingesetzt wurde, in ein – im wahrsten Sinne des Wortes – bereits festgefahrenes System des Arbeitszeitbetrugs durch die Kollegen geraten ist. Auch nach dem Vortrag der Beklagten war der Kläger weder am Entwurf noch an der Etablierung dieses Systems beteiligt. Zwar ist dieser Umstand in keiner Weise geeignet, das Verhalten des Klägers zu entschuldigen, da dieser sich jederzeit der Situation hätte entziehen können. Es relativiert jedoch den in der Person des Klägers eingetretenen Vertrauensverlust, da nicht seine eigene kriminelle Energie seine Handlung bestimmte, sondern die unter den Arbeitskollegen eingetretene Gruppendynamik. 70In diesem Zusammenhang kann die durch den gesamten Prozessvortrag zutage getretene Persönlichkeitsstruktur des Klägers, von der sich die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst ein Bild machen konnte, nicht unberücksichtigt bleiben. Nicht zu Unrecht bezeichnet der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen als schlichtes Gemüt. Die letztlich unstreitigen Einlassung des Klägers im Rahmen der Anhörung am 30.07.2021 zeigen deutlich, dass dieser durchaus in der Lage ist, richtiges und falsches Verhalten im Arbeitsverhältnis zu unterscheiden. Es wird jedoch auch deutlich, dass diese Fähigkeit nicht die alleinige Leitschnur seines Verhaltens darstellt, sondern dieses wesentlich durch den Einfluss seiner Arbeitskollegen bestimmt wird. In der mündlichen Verhandlung räumte der Kläger auf Nachfragen des Gerichtes ein, dass das Schreiben vom 02.08.2021, mit dem er seine Äußerung in der Anhörung widerrufen hat, nicht auf seinem Wunsch verfasst, sondern vom Personalratsvorsitzenden initiiert wurde. Dieses Ereignis zeigt typischerweise die Beeinflussbarkeit des Klägers. Dass diese Beeinflussbarkeit nicht notwendigerweise weitere Pflichtverletzung in Zukunft erwarten lässt, zeigt die 28-jähriger beanstandungsfreie Zusammenarbeit der Parteien. Die Beeinflussbarkeit des Klägers spricht eher dafür, dass wenn ihm die Konsequenzen seiner Pflichtverletzung für den Bestand seines Arbeitsverhältnisses deutlich vor Augen geführt werden – was faktisch bereits durch dieses Kündigungsschutzverfahren geschehen sein dürfte – zukünftige Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis vermieden werden können. 71Unter Berücksichtigung all dieser Umstände geht die Kammer davon aus, dass der Kläger seinen über Jahrzehnte aufgebauten Vertrauensvorrat im Arbeitsverhältnis durch seine Pflichtverletzung zwar fast vollständig verspielt hat. Dennoch ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht notwendig, um zukünftige Pflichtverletzung des Klägers auszuschließen, da sein zukünftiges Verhalten auch durch eine Abmahnung positiv beeinflusst werden kann. 725. Die fristlose Kündigung kann auch nicht in eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist umgedeutet werden (§ 140 BGB). Unabhängig von der Beteiligungsrechten des Personalrats muss auch eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist durch einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt sein. Durch die Gewährung einer sozialen Auslauffrist werden die Anforderungen an den Kündigungsgrund nicht herabgesetzt. Bei Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers kommt eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist nur in hier nicht gegebenen Ausnahmefällen in Betracht (vgl. BAG, Urteil v. 13.05.2015 – 2 AZR 531/14 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 50). 73II. 74Steht mithin fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.08.2021 beendet worden ist, so hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus § 611 BGB. 75Nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts hat ein Arbeitnehmer einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Weiterbeschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen (grundlegend: BAG, Beschluss vom 27.02.1985 – GS 1/84 – EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9). Wird im Kündigungsschutzprozess erster Instanz die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt und solange das Urteil von der Rechtsmittelinstanz nicht aufgehoben wurde, kann allein die Ungewissheit über den Ausgang des weiteren Rechtsstreits ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers nicht begründen (BAG, Urteil vom 02.04.1987 – 2 AZR 418/86 – EzA § 611 BGB n.F. Nr. 108). 76B. 77Die Widerklage ist unbegründet. Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten i.H.v. 15.519,68 € aus §§ 280 Abs. 1, 619a BGB, der hier allein in Betracht kommenden Anspruchsgrunglage. 78Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2013 – 8 AZR 1026/12 – EzA § 280 BGB 2002 Nr. 6; Urteil vom 28.10.2010 – 8 AZR 547/09 – EzA § 280 BGB 2002 Nr. 5; Urteil vom 28.05.2009 – 8 AZR 226/08 – EzA § 91 ZPO 2002 Nr. 4) hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben. § 254 BGB verlangt von einem Geschädigten allerdings die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche hat, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (BAG, Urteil vom 26.09.2013 – 8 AZR 1026/12 – a.a.O.; Urteil vom 17.09.1998 – 8 AZR 5/97 – EzA § 249 BGB Nr.23). 79Wie oben dargelegt, bestand aufgrund der Mitteilung der kommunalen Servicebetriebe B vom 14.06.2021 ein konkreter Tatverdacht, der einen vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Arbeitgeber zur Beauftragung eines Detektiven veranlasst hätte. Zwischen den Parteien steht jedoch außer Streit, dass der Kläger in dem Zeitraum von Februar bis Anfang Juli 2021 nicht auf dem Fahrzeug eingesetzt war, dass in B gesehen wurde. Vor diesem Hintergrund ist auch nach dem Vortrag der Beklagten ausgeschlossen, dass ein Fehlverhalten des Klägers zu den Hinweisen aus B geführt hat. Infolgedessen waren die durch den Detektiv festgestellten Pflichtverletzungen des Klägers nicht kausal für dessen Beauftragung. Die ersten Pflichtverletzung wurden durch den Kläger auch nach dem Vortrag der Beklagten erst begangen, als der Detektiv bereits beauftragt war. Mangels haftungsbegründender Kausalität hat sich der Kläger deshalb gegenüber der Beklagten in Bezug auf die Detektivkosten nicht schadensersatzpflichtig gemacht. 80C. 81Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. 82Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 42 GKG, 3 ff. ZPO. RECHTSMITTELBELEHRUNG 83Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben. 84Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim 85Landesarbeitsgericht Hamm 86Marker Allee 94 8759071 Hamm 88Fax: 02381 891-283 89eingegangen sein. 90Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 91Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. 92Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen: 93941. Rechtsanwälte, 952. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, 963. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. 97Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 98* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. | 1. es wird festgestellt, dass das arbeitsverhältnis der parteien nicht durch die kündigung der beklagten vom 10.08.2021 mit deren zugang beim kläger zu 11.08.2021 beendet worden ist. 2. die beklagte wird verurteilt, den kläger bis zum rechtskräftigen abschluss des kündigungsrechtsstreits zu den bisherigen vertragsbedingungen als arbeiter weiter zu beschäftigen. 3. die widerklage wird abgewiesen. 4. die kosten des rechtsstreits trägt die beklagte. 5. der streitwert wird auf 27.519,68 € festgesetzt. 1 | 2die parteien streiten um die beendigung ihres arbeitsverhältnisses und die erstattung von detektivkosten. 3der 58-jährige kläger ist verheiratet und noch einem kind zum unterhalt verpflichtet. seit dem 01.04.1992 war er als arbeiter ursprünglich bei der stadt a beschäftigt. das arbeitsverhältnis ging zum 01.01.2003 auf die beklagte über. sein bruttomonatsentgelt betrug zuletzt rund 3.000,00 €. auf das arbeitsverhältnis finden die tarifverträge des öffentlichen dienstes im bereich der vereinigung kommunaler arbeitgeberverbände (tvöd-vka) anwendung. nach den tarifvertraglichen vorschriften ist das arbeitsverhältnis des klägers ordentlich unkündbar. 4seit 2006 wird der kläger im bereich straßenreinigung eingesetzt. in diesem bereich hält die beklagte fahrzeuge vor, die mit mehreren mitarbeitern besetzt sind. für jedes fahrzeug gibt es wöchentliche einsatzpläne, die die reinigungstätigkeiten und die orte, an denen zu reinigen ist, genau vorgeben. die arbeitsleistungen der besatzung eines fahrzeuges sind im vorgegebenen reinigungsmittelrevier zu erbringen und mit standortwechsel im stadtgebiet verbunden. der reinigungsbedarf liegen im öffentlichen verkehrsraum außerhalb des betriebsgeländes der beklagten. der kläger war keinem festen fahrzeug zugeordnet, sondern wechselte regelmäßig die reinigungsteams. 5am 14.06.2021 meldete sich die abteilungsleiterin der kommunalen servicebetriebe b telefonisch beim betriebsleiter der beklagten und teilte mit, dass einer ihrer disponenten am frühen morgen einem fahrzeug der beklagten mit dem kennzeichen c e 0000 im stadtgebiet b gefolgt sei; der disponent habe das fahrzeug zum zweiten mal in diesem bereich gesehen. nach einsicht in den einsatzplan ergab sich für die beklagte der verdacht, dass sich das fahrzeug samt besatzung unberechtigt während der arbeitszeit im reinigungsrevier einer anderen stadt ohne dienstliche veranlassung aufgehalten habe. aus anlass dieses hinweises wurde am 18.06.2021 die firma d detektive gmbh privat- und wirtschaftsdetektei aus e von der beklagten mit der beobachtung des fahrzeuges und der fahrzeugbesatzung beauftragt, die am 25.06.2021 begann. 6bis zum 05.07.2021 befand sich der kläger im urlaub. anschließend wurde er auf dem fahrzeug c e 0000 eingesetzt, auf dem er zuletzt im februar 2021 gearbeitet hatte. 7durch die beauftragten detektive wurde unter anderem beobachtet, dass das fahrzeug mit der fahrzeugbesatzung am 07.07.2021 von 11:13 bis 11:28 uhr die arbeit unterbrochen hatte, um auf einem parkplatz pause zu machen. anschließend wurde der parkplatz eines lebensmittelmarktes aufgesucht, von wo aus der kläger bis 12:05 uhr privaten erledigungen in einem imbiss/kiosk nachging. keiner dieser orte war im reinigungsplan des fahrzeugs enthalten 8am 09.07.2021 hielt sich das fahrzeug mit vier insassen, einschließlich des klägers von 7:54 bis 8:25 uhr auf einem parkplatz auf, ohne dass arbeitstätigkeit durchgeführt worden sind. von 8:53 bis 9:42 uhr hielt sich das fahrzeug am bahnhof a-mitte auf, ohne arbeitstätigkeit auszuführen. von 9:54 bis 10:06 uhr suchte die besatzung einen getränkemarkt auf. anschließend begab sich das fahrzeug zur privatadresse eines besatzungsmitglieds und fuhr anschließend zu einem weiteren getränkemarkt. um 10:32 uhr fuhr das fahrzeug zum gelände des sv f in b. die vier besatzungsmitglieder hielten sich dort bis 12:52 uhr auf der terrasse des vereinsheims am tisch sitzend auf, wobei von diesen geknobelt wurde. anschließend fuhr das fahrzeug zum betriebsgelände der beklagten zurück. 9am 14.07.2021 befand sich das fahrzeug von 7:06 bis 7:27 uhr auf dem parkplatz eines supermarktes, während der kläger private einkäufe erledigte. von 10:10 bis 12:29 uhr befand sich das fahrzeug am vereinsgelände des sv f in b, wo sich die besatzung auf der terrasse aufhielt. anschließend fuhr das fahrzeug zum gewerbepark a-g, wo es bis 13:20 uhr in einer querstraße parkte, ohne dass die besatzungsmitglieder arbeitsleistung erbracht haben. 10am 16.07.2021 hielt sich das fahrzeug von 7:55 bis 9:34 uhr in a-h auf, ohne dass die besatzung arbeitsleistung verrichtet hat. von 12:35 bis 13:18 uhr wurde das fahrzeug auf einem parkplatz gesichtet, wo die besatzungsmitglieder mit einem knobelbecher gewürfelt haben. 11am 22.07.2021 wurde das fahrzeug in der zeit von 11:05 bis 12:24 uhr am gelände des sv f in b gesichtet, während sich die besatzungsmitglieder, einschließlich des klägers, auf der terrasse des vereinsheims aufhielten. um 12:35 uhr traf das fahrzeug an der privatanschrift eines besatzungsmitgliedes ein, wo gegenstände abgeliefert wurden. anschließend begab sich das fahrzeug auf einem parkplatz, auf dem die mitarbeiter von 12:44 bis 13:20 uhr pause machten. 12nachdem die besatzungsmitglieder des fahrzeuges, einschließlich des klägers, am vormittag des 23.07.2021 zunächst diverse private angelegenheiten erledigten, hielten sie sich von 9:45 bis 12:16 uhr auf dem vereinsgelände des sv f in b auf. anschließend begaben sie sich auf einem parkplatz in einem gewerbegebiet in a, wo sie sich bis 13:24 uhr aufhielten, ohne arbeitsleistung zu erbringen. 13am 26.07.2021 wurden die besatzungsmitglieder des fahrzeugs in der zeit von 7:57 bis 13:27 uhr wiederholt dabei beobachtet, wie sie privaten angelegenheiten nachgingen. 14am vormittag des 29.07.2021 informierte der beauftragte detektiv die personalsachbearbeitung der beklagten über das ergebnis der ermittlungen und übergab seinen ermittlungsbericht. der vorstand der beklagten wurde gegen mittag über den sachverhalt unterrichtet. 15am 30.07.2021 wurde der kläger von zwei vertretern der personalabteilung sowie dem prozessbevollmächtigten der beklagten zu den vorgängen angehört. ein vertreter des personalrats war am gespräch nicht beteiligt. im rahmen des gespräches räumt der kläger ein, nach b gefahren zu sein. ferner gab er an, dass er gewusst habe, dass die fahrten nach b nicht in ordnung seien. 16unter dem 31.07.2021 stellte die d direktive gmbh der beklagten für ihre tätigkeiten einen betrag i.h.v. 15.519,68 € brutto in rechnung (bl. 198 der akte). 17mit schreiben vom 02.08.2021 (bl. 135 der akte) widerrief der kläger seine aussagen während der anhörung. neben der unterschrift des klägers trägt das schreiben die unterschrift des personalratsvorsitzenden als „zeuge der abgabe des schriftstückes“. 18mit schreiben vom 03.08.2021 (bl. 136 ff. der akte) wurde der personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen kündigung des arbeitsverhältnisses des klägers angehört. mit schreiben vom 09.08.2021 (bl. 64 ff. der akte) teilte der personalrat mit, dass er die kündigung für ungerechtfertigt halte. 19mit schreiben vom 10.08.2021 (bl. 12 ff. der akte), welches dem kläger am 11.08.2021 zuging, kündigte die beklagte das arbeitsverhältnis des klägers außerordentlich fristlos. 20mit seiner am 18.08.2021 bei gericht eingegangenen klage wendet sich der klägern gegen die beendigung seines arbeitsverhältnisses und begehrt seine tatsächliche weiterbeschäftigung. im wege der widerklage macht die beklagte gegenüber dem kläger die erstattung der detektivkosten geltend. 21der kläger ist der ansicht, die kündigung sei unwirksam. die beklagte stützte die kündigung auf den einsatzbericht der detektei. die überwachung sei jedoch rechtlich unzulässig gewesen. ferner behauptet er, zu keinem zeitpunkt für die planung und durchführung der fahrtrouten verantwortlich gewesen zu sein. bei der fahrzeugbesatzung sei auch keine hierarchie vorhanden gewesen. er habe also nicht die möglichkeit gehabt, auf seine arbeitskollegen einzuwirken. er sei nur als mitläufer zu bewerten, also eine person, die bei etwas mitmache, ohne sich dabei besonders zu engagieren und die dabei nur eine passive bzw. untergeordnete rolle spiele. 22der kläger beantragt, 23241. festzustellen, dass sein arbeitsverhältnis durch die schriftliche kündigung der beklagten vom 10.08.2021 nicht zum 11.08.2021 aufgelöst worden ist; 25262. die beklagte zu verurteilen, ihn zu den im arbeitsvertrag geregelten arbeitsbedingungen weiterhin zu beschäftigen. 27die beklagte beantragt, 28die klage abzuweisen. 29widerklagend beantragt die beklagte, 30den kläger zu verurteilen, an sie 15.519,68 € nebst fünf prozent zinsen über dem basiszinssatz seit dem 05.10.2021 zu zahlen. 31der kläger beantragt, 32die widerklage abzuweisen. 33die beklagte ist der ansicht, die kontrolle der mitarbeiter durch eine detektei sei zulässig gewesen. aufgrund des hinweises der abteilungsleiterin der kommunalen servicebetriebe b habe der verdacht einer missbräuchlichen fahrzeugbenutzung und eines arbeitszeitbetrugs der fahrzeugbesatzung bestanden. die auswertung des fahrtenschreibers des fahrzeuges allein habe die fragestellung nicht klären können, da sich der konkrete standort des fahrzeugs aus dieser aufzeichnung nicht ergebe. des weiteren handele es sich bei der tätigkeit der fahrzeugbesatzung um eine solche außerhalb ihres betriebsgeländes, sodass eine anderweitige überwachungsmöglichkeit schon tatsächlich nicht eröffnet gewesen sei. die ermittlungen seien auch datenschutzkonform gewesen. die kündigung sei auch durch das fehlverhalten des klägers gerechtfertigt. durch sein verhalten habe der kläger das in ihn gesetzte vertrauen nachhaltig und nicht wieder herstellbar beschädigt. er verrichtet seine tätigkeit notwendigerweise außerhalb der dienststelle des betriebsgeländes. sie müsse ihm demzufolge eine vertrauensvorschuss dahingehend leisten, dass die arbeitsleistung – wie im reinigungsplan konkretisiert – ordnungsgemäß erbracht werde. eine kontrollmöglichkeit bestehe allenfalls stichprobenartig. selbst wenn der kläger für sich eine gewisse schlichtheit reklamiere, so war ihm doch klar, dass er sein entgelt nicht für das ableisten von arbeitspausen erhalte, sondern das von ihm die erbringung einer arbeitsleistung verlangt werde. ihm sei aufgrund der bekannten umstände klar gewesen, dass sein verhalten falsch sei. er habe nicht in einem einzelfall einen schwerwiegenden verstoß gegen seine arbeitsrechtlichen pflichten begangen, sondern eine vielzahl von verstößen, was eine systematik belege, die als erschwerender umstand zu betrachten sei. 34wegen des weiteren vortrags wird auf die wechselseitigen, schriftsätzlichen ausführen der parteien einschließlich der anlagen bezug genommen 35 | 36die klage ist begründet. die widerklage demgegenüber unbegründet. 37a. 38die klage ist in vollem umfang begründet. 39i. 40die zulässige und rechtzeitig erhobene kündigungsschutzklage ist begründet. das arbeitsverhältnis der parteien ist nicht durch die außerordentliche kündigung der beklagten vom 10.08.2021 mit deren zugang beim kläger am 11.08.2021 beendet worden. die kündigung ist unwirksam da sie nicht durch einen wichtigen grund im sinne des § 626 abs. 1 bgb gerechtfertigt ist. die kündigung erweist sich als unverhältnismäßig, da der beklagten aufgrund der besonderen umstände des vorliegenden einzelfalles die fortsetzung des arbeitsverhältnisses trotz der vorsätzlichen pflichtverletzung des klägers zumutbar ist. 411. nach § 626 abs. 1 bgb kann das arbeitsverhältnis aus wichtigem grund ohne einhaltung einer kündigungsfrist gekündigt werden, wenn tatsachen vorliegen, aufgrund deren dem kündigenden unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalls und unter abwägung der interessen beider vertragsteile die fortsetzung des arbeitsverhältnisse selbst bis zum ablauf der kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. dafür ist zunächst zu prüfen, ob der sachverhalt ohne seine besonderen umstände „an sich“, das heißt typischer weise als wichtiger grund geeignet ist. alsdann bedarf es der weiteren prüfung, ob dem kündigenden die fortsetzung des arbeitsverhältnisses unter berücksichtigung der konkreten umstände des falles und unter abwägung der interessen beider vertragsteile – jedenfalls bis zum ablauf der (fiktiven) kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (z.b. bag, urteil v. 13.12.2018 – 2 azr 370/18 – eza § 626 bgb 2002 nr. 67). 422. das vom kläger gezeigte verhalten ist „an sich“ als außerordentlicher kündigungsgrund geeignet. 43a) es entspricht allgemeiner ansicht, dass der arbeitszeitbetrug eines arbeitnehmers an sich – unabhängig von seinem umfang – einen wichtigen kündigungsgrund im sinne des § 626 abs. 1 bgb darstellt. der arbeitnehmer, der über den umfang der von ihm geleisteten arbeitszeit täuscht, verletzt die pflichten aus dem arbeitsverhältnis in schwerwiegender weise. dies gilt insbesondere auch dann, wenn der arbeitnehmer mit der täuschung den zweck verfolgt, in den genuss einer ihm nicht zustehenden vergütung zu gelangen. dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche würdigung, sondern auf den mit der pflichtverletzung verbundenen schweren vertrauensbruch an (z.b. bag, urteil vom 13.12.2018 – 2 azr 370/18 – eza § 626 bgb 2002 nr.67; urteil vom 26.09.2013 – 2 azr 682/12 – eza § 4 kschg n.f. nr. 93; lag rheinland-pfalz, urteil vom 08.12.2010 – 8 sa 710/09 – juris). 44der kläger hat – gemeinsame seinen arbeitskollegen – die beklagte bewusst über die erbringung von arbeitsleistungen getäuscht, indem er vorgab, sich mit dem zugewiesenen fahrzeug ins reinigungsrevier zu begeben und arbeitsleistungen zu erbringen, tatsächlich aber das stadtgebiet verlassen hat, um privaten verrichtungen nachzugehen. dass es auch dem kläger dabei darum ging, gegenüber der beklagten den eindruck zu erwecken, tatsächliche arbeitsleistung zu erbringen, ergibt sich daraus, dass das dienstfahrzeug nicht über den ganzen tag hinweg an einer stelle belassen wurde, sondern immer mal wieder bewegt wurde, sodass auf den aufzeichnung des fahrtenschreibers nicht ohne weiteres zu erkennen war, ob die fahrten dienstlich veranlasst waren oder nicht. dabei war sich der kläger auch bewusst, eine täuschungshandlung gegenüber der beklagten zu begehen. spätestens beim überschreiten der stadtgrenze drängte es sich auch dem kläger auf, das seine handlung nicht mehr der vertraglich geschuldeten tätigkeiten entspricht. dieses räumte er unstreitig im rahmen seiner anhörung am 30.07.2021 ein. 45der pflichtwidrigkeit des handelns des klägers steht nicht entgegen, dass er gemeinsam mit arbeitskollegen gehandelt hat. insoweit wird auch vom kläger nicht behauptet, von den arbeitskollegen zu diesem handlungen genötigt oder gar von diesen nach b entführt worden zu sein. 46b) zudem ist die beharrliche weigerung des arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete arbeitsleistung zu erbringen, ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche fristlose kündigung zu rechtfertigen. ein arbeitnehmer verweigert die ihm zugewiesene arbeit beharrlich, wenn er sie bewusst und nachdrücklich nicht leisten will (bag, urteil vom 28.06.2018 – 2 azr 436/17 – eza § 626 bgb 2002 nr. 65; .urteil vom 14.12.2017 – 2 azr 86/17 – eza § 626 bgb 2002 nr. 64). 47der kläger hat bewusst – trotz ansprechender arbeitsanweisungen und vorhandene arbeitsbedarf – seine arbeitsleistung nicht erbracht. die insoweit erforderliche nachhaltigkeit im willen des klägers ergibt sich daraus, dass er sich durch das verlassen des stadtgebietes eines (zufälligen) zugriffs der beklagten entzogen hat. 483. der beklagten ist es auch nicht verwehrt, zur begründung der vorwürfe sich auf die erkenntnisse des beauftragten detektives zu berufen. 49a) ein sachvortrags- oder beweisverwertungsverbot wegen einer verletzung des gem. art. 2 abs. 1 i.v.m. art. 1 abs. 1 gg geschützten allgemeinen persönlichkeitsrechts einer partei (vgl. auch art. 8 abs. 1 emrk) kann sich im arbeitsgerichtlichen verfahren aus der notwendigkeit einer verfassungskonformen auslegung des prozessrechts – etwa der § 138 abs. 3, § 286, § 331 abs. 1 satz 1 zpo – ergeben. wegen der nach art. 1 abs. 3 gg gegebenen bindung an die insoweit maßgeblichen grundrechte und der verpflichtung zu einer rechtsstaatlichen verfahrensgestaltung hat das gericht zu prüfen, ob die verwertung von heimlich beschafften persönlichen daten und erkenntnissen, die sich aus diesen daten ergeben, mit dem allgemeinen persönlichkeitsrecht des betroffenen vereinbar ist (bag, urteil vom 29.06.2017 – 2 azr 597/16 – eza § 32 bdsg nr. 5; urteil vom 20.10.2016 – 2 azr 395/15 – eza § 32 bdsg nr. 4). das grundrecht schützt neben der privat- und intimsphäre und seiner speziellen ausprägung als recht am eigenen bild auch das recht auf informationelle selbstbestimmung, das die befugnis garantiert, selbst über die preisgabe und verwendung persönlicher daten zu befinden (bag, urteil vom 20.10.2016 – 2 azr 395/15 – a.a.o.). 50die bestimmungen des bundesdatenschutzgesetzes (bdsg) bzw. innerhalb ihres anwendungsbereichs die entsprechenden regelungen der bundesländer (z.b. dsg nrw) über die anforderungen an eine zulässige datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den schutz des rechts auf informationelle selbstbestimmung und am eigenen bild (§ 1 abs. 1 bdsg). sie regeln, in welchem umfang im anwendungsbereich der gesetze eingriffe durch öffentliche oder nichtöffentliche stellen i.s.d. § 1 abs. 2 bdsg in diese rechtspositionen zulässig sind. sie ordnen für sich genommen jedoch nicht an, dass unter ihrer missachtung gewonnene erkenntnisse oder beweismittel bei der feststellung des tatbestands im arbeitsgerichtlichen verfahren vom gericht nicht berücksichtigt werden dürften (bag, urteil vom 20.10.2016 – 2 azr 395/15 – a.a.o.; urteil vom 22.09.2016 – 2 azr 848/15 – eza § 32 bdsg nr. 3). ist allerdings die datenverarbeitung gegenüber dem betroffenen arbeitnehmer nach den vorschriften der datenschutzgesetze zulässig, liegt insoweit keine verletzung des rechts auf informationelle selbstbestimmung und am eigenen bild vor (bag, urteil vom 29.06.2017 – 2 azr 597/16 – a.a.o.). 51b) bei der observation des klägers und seiner kollegen durch einen detektiv im auftrag der beklagten handelt es sich um datenerhebung i.s.v. §§ 3, 18 dsg nrw, die nach § 5 dsg nrw die beklagte unmittelbar binden. 52nach § 18 abs. 1 satz 1 bdsg dürfen personenbezogene daten eines beschäftigten für zwecke des beschäftigungsverhältnisses u.a. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen durchführung oder beendigung erforderlich ist. zur durchführung gehört die kontrolle, ob der arbeitnehmer seinen pflichten nachkommt, zur beendigung im sinne der kündigungsvorbereitung die aufdeckung einer pflichtverletzung, die die kündigung des arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann (vgl. bag, urteil vom 29.06.2017 – 2 azr 597/16 – a.a.o.). sofern nach § 18 abs. 1 satz 1 dsg nrw zulässig erhobene daten den verdacht einer pflichtverletzung begründen, dürfen sie für die zwecke und unter den voraussetzungen des § 18 abs. 1 satz 1 dsg nrw auch verarbeitet und genutzt werden (vgl. bag a.a.o.). der arbeitgeber darf deshalb alle daten speichern und verwenden, die er zur erfüllung der ihm obliegenden darlegungs- und beweislast in einem potentiellen kündigungsschutzprozess benötigt (bag, a.a.o.). 53in der datenerhebung durch die observation lag zugleich jedoch ein eingriff in das allgemeine persönlichkeitsrecht des klägers. betroffen ist sein von art. 2 abs. 1 i.v.m. art. 1 abs. 1 gg geschütztes informationelles selbstbestimmungsrecht. deshalb müssen weitere aspekte hinzutreten, die ergeben, dass das interesse an der beweiserhebung trotz der persönlichkeitsbeeinträchtigung schutzbedürftig ist (bag, urteil vom 27.03.2003 – 2 azr 51/02 – eza § 611 bgb 2002 persönlichkeitsrecht nr. 1). der mit einer datenerhebung verbundene eingriff in das allgemeine persönlichkeitsrecht des arbeitnehmers muss einer abwägung der beiderseitigen interessen nach dem grundsatz der verhältnismäßigkeit standhalten (bag, urteil vom 17.11.2016 – 2 azr 730/15 – a.a.o.). dieser verlangt, dass der eingriff geeignet, erforderlich und unter berücksichtigung der gewährleisteten freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten zweck zu erreichen. es dürfen keine anderen, zur zielerreichung gleich wirksamen und das persönlichkeitsrecht der arbeitnehmer weniger einschränkenden mittel zur verfügung stehen. die verhältnismäßigkeit im engeren sinne ist gewahrt, wenn die schwere des eingriffs bei einer gesamtabwägung nicht außer verhältnis zu dem gewicht der ihn rechtfertigenden gründe steht (bag, urteil vom 29.07.2019 – 2 azr 597/16 – a.a.o.). eine verdeckte ermittlung „ins blaue hinein“, ob ein arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhält, ist unzulässig (bag a.a.o). 54c) gemessen an diesen grundsätzen war die verdeckte überwachung des klägers und seiner kollegen durch einen detektiv im auftrag der beklagten zulässig. 55aufgrund des hinweises der abteilungsleiterin der kommunalen servicebetriebe b vom 14.06.2021 bestanden konkrete verdachtsmomente, beschäftigte der beklagten könnten eine schwerwiegende pflichtverletzung in form eines arbeitszeitbetruges bzw. einer beharrlichen arbeitsverweigerung begehen. eine dienstliche veranlassung für eine fahrt das stadtgebiet b ist nicht erkennbar. 56unerheblich ist, dass sich die verdachtsmomente nicht gegen den kläger persönlich richteten, der sich zu dem zeitpunkt, als das fahrzeug in b gesehen wurde, noch im urlaub befand. ausreichend ist, dass sich die verdachtsmomente gegen eine abgrenzbare personengruppe richtet (vgl. bag, urteil vom 29.07.2019 – 2 azr 597/16 – a.a.o.), vorliegend die besatzung des fahrzeuges. 57zur klärung der verdachtsmomente standen der beklagten auch keine anderen mittel zur verfügung, als die verdeckte überwachung des fahrzeuges. eine auswertung des fahrtenschreibers war insoweit nicht zielführend, als dass durch diesen der aufenthaltsort des fahrzeuges nicht aufgezeichnet wird. wie oben dargelegt, haben es die mitarbeiter zudem darauf angelegt, durch eine wiederholte bewegung des fahrzeuges den eindruck zu erwecken, sie seien dienstlichen tätigkeiten nachgegangen. 58demgegenüber erfolgte der eingriff in das informelle selbstbestimmungsrecht der beschäftigten nicht in deren besonders geschützten privatsphäre. das fahrzeug wurde nicht außerhalb der dienstzeiten, sondern während der arbeitszeit im öffentlichen raum beobachtet. insofern musste der kläger und seine kollegen stets mit einer beobachtung durch dritte rechnen. 59unter umfassender abwägung all dieser umstände steht der eingriff in die persönlichkeitsrechte des klägers durch die überwachung nicht außer verhältnis zum zweck der beweissicherung. 604. trotz der schwerwiegenden pflichtverletzung seitens des klägers erweist sich die kündigung unter abwägung der widerstreitenden interessen aufgrund der besonderen umstände des vorliegenden einzelfalles jedoch als unverhältnismäßig. 61a) bei der prüfung im rahmen des § 626 abs. 1 bgb, ob dem arbeitgeber eine weiterbeschäftigung des arbeitnehmers trotz vorliegens einer erheblichen pflichtverletzung jedenfalls bis zum ablauf der – fiktiven – kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer gesamtwürdigung das interesse des arbeitgebers an der sofortigen beendigung des arbeitsverhältnisses gegen das interesse des arbeitnehmers an dessen fortbestand abzuwägen. dabei lassen sich die umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem arbeitgeber die weiterbeschäftigung zumindest bis zum ende der frist für eine ordentliche kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das gewicht und die auswirkungen einer pflichtverletzung, der grad des verschuldens des arbeitnehmers, eine mögliche wiederholungsgefahr sowie die dauer des arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier verlauf. eine außerordentliche kündigung kommt nur in betracht, wenn es keinen angemessenen weg gibt, das arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem arbeitgeber sämtliche milderen reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ gestaltungsmittel – etwa abmahnung, versetzung, ordentliche kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit der außerordentlichen kündigung verfolgten zweck – nicht die sanktion des pflichtwidrigen verhaltens, sondern die vermeidung des risikos künftiger störungen des arbeitsverhältnisse – zu erreichen (z. b. bag, urteil v. 13.12.2008 – 2 azr 370/18 – eza § 626 bgb 2002 nr. 67; urteil v. 23.08.2018 – 2 azr 235/18 – eza § 626 bgb 2002 nr. 66; urteil v. 29.06.2007 – 2 azr 303/16 – eza § 626 2002 nr. 60). 62beruht die vertragspflichtverletzung auf steuerbarem verhalten des arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges verhalten schon durch die androhung von folgen für den bestand des arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. ordentliche und außerordentliche kündigung wegen einer vertragspflichtverletzung setzt deshalb regelmäßig eine abmahnung voraus. einer solchen bedarf es nach maßgabe des verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine verhaltensänderung in zukunft auch nach einer abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige hinnahme dem arbeitgeber nach objektiven maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (bag, urteil v. 13.12.2018 – 2 azr 370/18 – a. a. o.; urteil v. 29.06.2017 – 2 azr 302/16 – a. a. o.; urteil v. 20.11.2014 – 2 azr 615/13 – eza § 26 bgb 2002 nr. 47). 63b) gemessen an diesen grundsätzen erweist sich die kündigung ausnahmsweise als unverhältnismäßig. 64aa) die ordentliche kündigung des arbeitsverhältnisses des 58-jährigen klägers ist nach einer beschäftigungszeit von mehr als 15 jahren nach § 34 abs. 2 tvöd-e ausgeschlossen. die insoweit fiktive kündigungsfrist beträgt nach § 34 abs. 1 s. 2 tvöd-e sechs monate zum quartalsende und würde zum 31.03.2022 auslaufen. 65bb) zugunsten der beklagten ist zu berücksichtigen, dass das verhalten des klägers eine objektiv schwerwiegende, das vertrauensverhältnis der parteien erheblich belastende pflichtverletzung darstellt. zu recht weist die beklagte darauf hin, dass sie sich bei mitarbeitern, die außerhalb des betriebsgeländes tätig werden, darauf verlassen muss, dass sie die ihnen zugewiesene tätigkeiten auch tatsächlich ausführen. wie oben dargelegt, ist eine kontrolle der tätigkeiten nur eingeschränkt möglich und stets auch mit einem eingriff in die persönlichkeitsrechte der beschäftigten verbunden. umso wichtiger ist das vertrauen in die beschäftigten, dass sie außerhalb des betriebsgeländes ihren tätigkeiten auch tatsächlich nachgehen. dieses vertrauen hat der kläger vorsätzlich missbraucht. 66ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass durch die pflichtverletzung des klägers der beklagten ein erheblicher schaden entstanden ist. unabhängig von den ausgaben durch die beauftragung der detektei, die – wie noch auszuführen sein wird – dem kläger wohl nicht angelastet werden können, ist der beklagten allein dadurch ein schaden entstanden, dass sie dem beklagten arbeitszeit vergütet hat, ohne die entsprechende gegenleistung zu erhalten. 67nicht unberücksichtigt bleiben kann ferner, wie sich die reaktion der beklagten auf das fehlverhalten des klägers auf die übrigen beschäftigten im betrieb auswirken wird. auch insoweit handelt es sich um eine unmittelbare folge des fehlverhaltens. 68cc) zugunsten des klägers war neben dessen alter und unterhaltspflichten insbesondere dessen mehr als 28-jährige betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen, die auch nach dem vortrag der beklagten bislang keinen anlass zur beanstandung bot. für die zumutbarkeit der weiterbeschäftigung ist es von erheblicher bedeutung, ob der arbeitnehmer bereits geraume zeit beschäftigt wurde, ohne vergleichbare pflichtverletzungen begangen zu haben (bag, urteil v. 13.12.1984 – 2 azr 454/13 – eza § 626 bgb n.f. nr. 94). eine für lange jahre ungestörte vertrauensbeziehung zweier vertragspartner wird nicht notwendig durch eine erstmalige vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört. je länger eine vertragsbeziehung ungestört bestanden hat, desto eher kann die prognose gerechtfertigt sein, dass der dadurch erarbeitete vorrat an vertrauen durch einen erstmaligen vorfall nicht vollständig aufgezehrt wird. dabei kommt es nicht auf die subjektive befindlichkeit und einschätzung des arbeitgebers oder bestimmter für ihn handelnder personen an. entscheidend ist ein objektiver maßstab. maßgeblich ist nicht, ob der arbeitgeber hinreichendes vertrauen in den arbeitnehmer tatsächlich noch hat. maßgeblich ist, ob er dieses aus der sicht eines objektiven betrachters haben müsste. im arbeitsverhältnis geht es nicht um ein umfassendes wechselseitiges vertrauen und moralische qualitäten der jeweils anderen vertragspartei. es geht allein um die von einem objektiven standpunkt zu beantwortende frage, ob mit einer konkreten erfüllung der vertragspflichten zu rechnen ist (bag, urteil v. 10.06.2010 – 2 azr 541/09 – eza § 626 bgb 2002 nr. 32). 69die kammer verkennt nicht, dass die pflichtverletzungen des klägers kein einmaliges isoliertes ereignis waren, sondern sich über wochen hin fortsetzten. andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, dass der kläger, als er am 06.07.2021 auf dem fahrzeug c e 0000 von der beklagten eingesetzt wurde, in ein – im wahrsten sinne des wortes – bereits festgefahrenes system des arbeitszeitbetrugs durch die kollegen geraten ist. auch nach dem vortrag der beklagten war der kläger weder am entwurf noch an der etablierung dieses systems beteiligt. zwar ist dieser umstand in keiner weise geeignet, das verhalten des klägers zu entschuldigen, da dieser sich jederzeit der situation hätte entziehen können. es relativiert jedoch den in der person des klägers eingetretenen vertrauensverlust, da nicht seine eigene kriminelle energie seine handlung bestimmte, sondern die unter den arbeitskollegen eingetretene gruppendynamik. 70in diesem zusammenhang kann die durch den gesamten prozessvortrag zutage getretene persönlichkeitsstruktur des klägers, von der sich die kammer im rahmen der mündlichen verhandlung selbst ein bild machen konnte, nicht unberücksichtigt bleiben. nicht zu unrecht bezeichnet der prozessbevollmächtigte des klägers diesen als schlichtes gemüt. die letztlich unstreitigen einlassung des klägers im rahmen der anhörung am 30.07.2021 zeigen deutlich, dass dieser durchaus in der lage ist, richtiges und falsches verhalten im arbeitsverhältnis zu unterscheiden. es wird jedoch auch deutlich, dass diese fähigkeit nicht die alleinige leitschnur seines verhaltens darstellt, sondern dieses wesentlich durch den einfluss seiner arbeitskollegen bestimmt wird. in der mündlichen verhandlung räumte der kläger auf nachfragen des gerichtes ein, dass das schreiben vom 02.08.2021, mit dem er seine äußerung in der anhörung widerrufen hat, nicht auf seinem wunsch verfasst, sondern vom personalratsvorsitzenden initiiert wurde. dieses ereignis zeigt typischerweise die beeinflussbarkeit des klägers. dass diese beeinflussbarkeit nicht notwendigerweise weitere pflichtverletzung in zukunft erwarten lässt, zeigt die 28-jähriger beanstandungsfreie zusammenarbeit der parteien. die beeinflussbarkeit des klägers spricht eher dafür, dass wenn ihm die konsequenzen seiner pflichtverletzung für den bestand seines arbeitsverhältnisses deutlich vor augen geführt werden – was faktisch bereits durch dieses kündigungsschutzverfahren geschehen sein dürfte – zukünftige pflichtverletzung im arbeitsverhältnis vermieden werden können. 71unter berücksichtigung all dieser umstände geht die kammer davon aus, dass der kläger seinen über jahrzehnte aufgebauten vertrauensvorrat im arbeitsverhältnis durch seine pflichtverletzung zwar fast vollständig verspielt hat. dennoch ist die beendigung des arbeitsverhältnisses nicht notwendig, um zukünftige pflichtverletzung des klägers auszuschließen, da sein zukünftiges verhalten auch durch eine abmahnung positiv beeinflusst werden kann. 725. die fristlose kündigung kann auch nicht in eine außerordentliche kündigung mit sozialer auslauffrist umgedeutet werden (§ 140 bgb). unabhängig von der beteiligungsrechten des personalrats muss auch eine außerordentliche kündigung mit sozialer auslauffrist durch einen wichtigen grund im sinne des § 626 abs. 1 bgb gerechtfertigt sein. durch die gewährung einer sozialen auslauffrist werden die anforderungen an den kündigungsgrund nicht herabgesetzt. bei gründen im verhalten des arbeitnehmers kommt eine außerordentliche kündigung mit notwendiger auslauffrist nur in hier nicht gegebenen ausnahmefällen in betracht (vgl. bag, urteil v. 13.05.2015 – 2 azr 531/14 – eza § 626 bgb 2002 nr. 50). 73ii. 74steht mithin fest, dass das arbeitsverhältnis der parteien nicht durch die kündigung der beklagten vom 10.08.2021 beendet worden ist, so hat der kläger gegen die beklagte einen anspruch auf tatsächliche weiterbeschäftigung zu den bisherigen vertragsbedingungen aus § 611 bgb. 75nach der rechtssprechung des bundesarbeitsgerichts hat ein arbeitnehmer einen arbeitsvertraglichen anspruch auf vertragsgemäße weiterbeschäftigung über den ablauf der kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen abschluss des kündigungsschutzprozesses, wenn die kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwürdige interessen des arbeitgebers einer solchen beschäftigung nicht entgegenstehen (grundlegend: bag, beschluss vom 27.02.1985 – gs 1/84 – eza § 611 bgb beschäftigungspflicht nr. 9). wird im kündigungsschutzprozess erster instanz die unwirksamkeit der kündigung festgestellt und solange das urteil von der rechtsmittelinstanz nicht aufgehoben wurde, kann allein die ungewissheit über den ausgang des weiteren rechtsstreits ein überwiegendes interesse des arbeitgebers nicht begründen (bag, urteil vom 02.04.1987 – 2 azr 418/86 – eza § 611 bgb n.f. nr. 108). 76b. 77die widerklage ist unbegründet. die beklagte hat gegen den kläger keinen anspruch auf erstattung der detektivkosten i.h.v. 15.519,68 € aus §§ 280 abs. 1, 619a bgb, der hier allein in betracht kommenden anspruchsgrunglage. 78nach der rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts (vgl. bag, urteil vom 26.09.2013 – 8 azr 1026/12 – eza § 280 bgb 2002 nr. 6; urteil vom 28.10.2010 – 8 azr 547/09 – eza § 280 bgb 2002 nr. 5; urteil vom 28.05.2009 – 8 azr 226/08 – eza § 91 zpo 2002 nr. 4) hat der arbeitnehmer wegen der verletzung arbeitsvertraglicher pflichten (§ 280 abs. 1 bgb) dem arbeitgeber die durch das tätigwerden eines detektivs entstandenen notwendigen kosten zu ersetzen, wenn der arbeitgeber aufgrund eines konkreten tatverdachts einem detektiv die überwachung des arbeitnehmers überträgt und der arbeitnehmer einer vorsätzlichen vertragspflichtverletzung überführt wird. insofern handelt es sich um keine vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden ereignissen als ständige betriebsausgabe vom arbeitgeber zu tragen sind. nach § 249 bgb erstreckt sich die schadensersatzpflicht auf alle aufwendungen des geschädigten, soweit diese nach den umständen des falles als notwendig anzusehen sind. dazu gehört auch die abwehr drohender nachteile, wenn sich insofern konkrete verdachtsmomente ergeben. § 254 bgb verlangt von einem geschädigten allerdings die rücksichtnahme auf das interesse des schädigers an der geringhaltung des schadens. daraus folgt, dass der arbeitgeber nur für die maßnahmen erstattungsansprüche hat, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender arbeitgeber nach den umständen des einzelfalles zur beseitigung der störung bzw. zur schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (bag, urteil vom 26.09.2013 – 8 azr 1026/12 – a.a.o.; urteil vom 17.09.1998 – 8 azr 5/97 – eza § 249 bgb nr.23). 79wie oben dargelegt, bestand aufgrund der mitteilung der kommunalen servicebetriebe b vom 14.06.2021 ein konkreter tatverdacht, der einen vernünftigen, wirtschaftlich denkenden arbeitgeber zur beauftragung eines detektiven veranlasst hätte. zwischen den parteien steht jedoch außer streit, dass der kläger in dem zeitraum von februar bis anfang juli 2021 nicht auf dem fahrzeug eingesetzt war, dass in b gesehen wurde. vor diesem hintergrund ist auch nach dem vortrag der beklagten ausgeschlossen, dass ein fehlverhalten des klägers zu den hinweisen aus b geführt hat. infolgedessen waren die durch den detektiv festgestellten pflichtverletzungen des klägers nicht kausal für dessen beauftragung. die ersten pflichtverletzung wurden durch den kläger auch nach dem vortrag der beklagten erst begangen, als der detektiv bereits beauftragt war. mangels haftungsbegründender kausalität hat sich der kläger deshalb gegenüber der beklagten in bezug auf die detektivkosten nicht schadensersatzpflichtig gemacht. 80c. 81die kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 zpo. 82die streitwertfestsetzung beruht auf § 61 abs. 1 arbgg i.v.m. §§ 42 gkg, 3 ff. zpo. rechtsmittelbelehrung 83gegen dieses urteil kann von der beklagten partei berufung eingelegt werden. für die klagende partei ist gegen dieses urteil kein rechtsmittel gegeben. 84die berufung muss innerhalb einer notfrist* von einem monat schriftlich oder in elektronischer form beim 85landesarbeitsgericht hamm 86marker allee 94 8759071 hamm 88fax: 02381 891-283 89eingegangen sein. 90die elektronische form wird durch ein elektronisches dokument gewahrt. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 46c arbgg nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (ervv) v. 24. november 2017 in der jeweils geltenden fassung eingereicht werden. nähere hinweise zum elektronischen rechtsverkehr finden sie auf der internetseite www.justiz.de. 91die notfrist beginnt mit der zustellung des in vollständiger form abgefassten urteils, spätestens mit ablauf von fünf monaten nach dessen verkündung. 92die berufungsschrift muss von einem bevollmächtigten unterzeichnet sein. als bevollmächtigte sind nur zugelassen: 93941. rechtsanwälte, 952. gewerkschaften und vereinigungen von arbeitgebern sowie zusammenschlüsse solcher verbände für ihre mitglieder oder für andere verbände oder zusammenschlüsse mit vergleichbarer ausrichtung und deren mitglieder, 963. juristische personen, deren anteile sämtlich im wirtschaftlichen eigentum einer der in nummer 2 bezeichneten organisationen stehen, wenn die juristische person ausschließlich die rechtsberatung und prozessvertretung dieser organisation und ihrer mitglieder oder anderer verbände oder zusammenschlüsse mit vergleichbarer ausrichtung und deren mitglieder entsprechend deren satzung durchführt, und wenn die organisation für die tätigkeit der bevollmächtigten haftet. 97eine partei, die als bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 98* eine notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. |
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} | 2 K 8698/19 | 2021-12-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 0.0.0000 geborene Kläger stand seit Oktober 1982 im Dienst des Beklagten und war zuletzt als Polizeioberkommissar im Polizeipräsidium E. eingesetzt. 3Seit dem 0.0.2016 war er durchgehend dienstunfähig erkrankt. Anlässlich dessen fand am 0.00.2016 ein Personalgespräch mit ihm statt. Der Kläger berichtete von körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen. Der Schichtdienst mache ihm zu schaffen, er leide an Schlafstörungen und Panikattacken. Es wurde vereinbart, dass er die Suche nach einem Therapeuten und die Einleitung einer Rehabilitationsmaßnahme vorantreibt. 4Seit dem 00.00.2016 befand sich der Kläger in psychotherapeutischer Behandlung bei dem Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. med. T. . 5Vom 00.0.2017 bis zum 0.0.2017 befand sich der Kläger in einer teilstationären Behandlung im LVR-Klinikum E. . 6Vom 00.0.2017 bis zum 0.0.2017 führte er eine stationäre psychosomatische Rehamaßnahme in der N. Klinik am Park in Bad P. durch. 7Mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 berichtete der behandelnde Arzt des Klägers, Herr Dr. med. T. , dass der Kläger derzeit arbeitsunfähig sei. Therapieziel sei die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit, wobei in der Gesamtbetrachtung Einschränkungen zu erwarten seien. Eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell sei sicherlich geboten. 8Am 14. März 2018 wurden in einem Bericht des polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums E. nach vorangegangener Untersuchung die folgenden Verwendungseinschränkungen für den Kläger festgehalten: kein Tragen einer Dienstwaffe, kein Führen von Dienst-Kfz, kein Kontakt zu Rechtsbrechern mit potentieller Gefahr von Widerstandshandlungen, kein Einsatz im Schichtdienst und keine Nachtdienste. Weiter heißt es, dass mit der Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit nicht zu rechnen sei. Die Erfolgsaussichten einer Wiedereingliederungsmaßnahme in den Innendienst seien derzeit nur schwer zu beurteilen, gegen den Versuch spreche aus polizeiärztlicher Sicht jedoch nichts. 9Am 00.0.2019 fand auf Anordnung des Beklagten eine polizeiamtsärztliche Untersuchung des Klägers bei dem polizeiärztlichen Dienst des Polizeipräsidiums B. statt. Der begutachtende Polizeiamtsarzt Dr. med. C. -C1. erstellte unter dem 2. Juli 2019 ein polizeiamtsärztliches Gutachten, welches mit dem Ergebnis der Polizeidienstunfähigkeit sowie der allgemeinen Dienstunfähigkeit schließt. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Im Fokus der der zur Dienstunfähigkeit führenden Problematik stünden die fachärztlich festgestellten psychischen Störungen. Der Kläger habe mehrfach eine stationäre Therapie wahrgenommen, zudem erfolge seit drei Jahren eine medikamentöse Therapie sowie wöchentlich ambulante Gesprächstherapie, all das habe nicht zu einer gravierenden Besserung des Krankheitsbildes geführt. Unter Berücksichtigung der langen Ausfallzeit und der weiterhin bestehenden gravierenden Symptome sei aus polizeiamtsärztlicher Sicht die Gefahr einer Retraumatisierung im Polizeivollzugsdienst massiv und somit die Rückkehr in den Polizeidienst nicht mehr verantwortbar. Aufgrund der weiterhin bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen sei der Kläger auch im allgemeinen Verwaltungsdienst überfordert. Es sei zu befürchten, dass es aufgrund konzentrativer und mnestischer Störungen immer wieder zu einer Dekompensation des psychischen Gesundheitszustandes bei dem Beamten kommen werde. Eine vollschichtige und verwertbare Vorgangsbearbeitung durch den Beamten sei krankheitsbedingt nicht mehr zu erwarten. Trotz seines bei der Untersuchung gewonnenen Eindrucks habe er den Kläger gebeten, die kommenden Wochen zu nutzen, ein Gespräch im Rahmen des „Betrieblichen Eingliederungsmanagements“ (BEM) zu führen und eine Wiedereingliederungsmaßnahme zu beginnen. Bis Mitte Mai 2019 hätte der Kläger jedoch weder ein BEM-Gespräch noch eine Wiedereingliederungsmaßnahme in Angriff genommen. Aus fachlicher Sicht sei zu befürchten, dass er krankheitsbedingt dazu nicht in der Lage sei. Seine fehlende Absprachefähigkeit sei an der Zusendung weiterer Schweigepflichtentbindungserklärungen zu erkennen, obwohl die Übersendung ärztlicher Unterlagen vereinbart gewesen und mehrfach hierzu aufgefordert worden sei. 10Mit Schreiben vom 00.0.2019 beantragte der Kläger beim Polizeipräsidium E- eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell. Er legte hierzu ein Schreiben seines behandelnden Arztes vom selben Tage vor. Dort heißt es auszugsweise: „Es ist nun eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell vorgesehen. Krankheitsbedingt ist eine Wiedereingliederung in den aktiven Polizeidienst nicht möglich, da die Eignung zum Führen einer Dienstwaffe nicht mehr gegeben ist. Die Tätigkeit sollte folgende Merkmale aufweisen: Innendienst ohne Publikumsverkehr, kein Schichtdienst, keine Tätigkeit an Wochenenden und Feiertagen. In Betracht kommen daher Tätigkeiten im Bereich der allgemeinen Polizeiverwaltung oder Asservatenkammer.“ Die Wiedereingliederung solle Ende September 2019 oder Anfang Oktober 2019 beginnen. Nach 31 Wochen solle eine vollschichtige Tätigkeit unter den genannten Einschränkungen möglich sein. 11Unter dem 0.0.2019 hörte der Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Feststellung seiner Polizeidienstunfähigkeit und seiner allgemeinen Dienstunfähigkeit sowie der vorzeitigen Zurruhesetzung an. Zur Begründung wird im Wesentlichen auf das Ergebnis des polizeiamtsärztlichen Gutachtens vom 0.0.2019 Bezug genommen. 12Am 00.0.2019 gab der den Kläger begutachtende Polizeiamtsarzt auf telefonische Nachfrage der Beklagtenseite an, dass er am Tag zuvor fünf Anrufe von dem Kläger erhalten habe und von ihm beschimpft worden sei. Es seien Sätze wie „Hallo U. , du Arschloch.“, „Du taugst nichts, bist unfähig.“, „Vollpfosten“ und „Du bedrohst meine Existenz.“ gefallen und er habe ihn gefragt, ob sich seine Frau von ihm scheiden lassen würde. 13Mit Schriftsatz vom 18. September 2019 nahm der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten zu dem Anhörungsschreiben Stellung. Unter Beifügung eines Wiedereingliederungsplanes, der eine Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit ab dem 0.0. 1920 (offensichtlich gemeint: 0.0. 2020) in Aussicht stellt und ein Schreiben seines behandelnden Arztes vom 18. September 2019, welches im Wesentlichen mit jenem vom 10. Juli 2019 übereinstimmt, beruft er sich auf das Fehlen der Voraussetzungen für eine vorzeitige Zurruhesetzung. Er bat um die Übersendung des Gutachtens sowie des zugehörigen behördlichen Auftrages, was mit E-Mail vom 23. September 2019 erfolgte. 14Mit Verfügung vom 00.00. 2019, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am Samstag, den 00.00. 2019, stellte das Polizeipräsidium E. die Polizeidienstunfähigkeit und die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers fest und versetzte ihn mit Ablauf des 00.00.2019 in den Ruhestand. Zur Begründung wurde unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers auf die Ausführungen im Anhörungsschreiben sowie auf das polizeiamtsärztliche Gutachten vom 0.0.2019 Bezug genommen. 15Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 12. Dezember 2019 Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, dass die Zurruhesetzungsverfügung nicht bereits am 00.00.2019 wirksam zugestellt worden sei, sondern erst zum nächsten Arbeitstag, dem 0.00.2019. Der Personalrat sei nicht hinreichend informiert und ein BEM-Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Zurruhesetzungsverfügung beruhe außerdem ausschließlich auf dem Gutachten des Polizeiamtsarztes, ohne dass die nachfolgenden Hinweise zur Wiedererlangung der Dienstfähigkeit des behandelnden Arztes des Klägers Berücksichtigung gefunden hätten. Außerdem sei die dem Gutachten tragend zugrundeliegende Annahme, der Kläger sei weder in der Lage, ein BEM-Verfahren durchzuführen noch eine Wiedereingliederungsmaßnahme einzuleiten, vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung widerlegt worden. Im Übrigen habe der Beklagte nicht überprüft ob der Kläger teildienstfähig sei und sei auch seiner Suchpflicht nicht nachgekommen. Jedenfalls sei dem von ihm zwischenzeitlich gestellten Antrag auf Reaktivierung stattzugeben. 16Der Kläger beantragt, 17den Bescheid des Polizeipräsidiums E. vom 00.00.2019 aufzuheben, 18hilfsweise, ihn unverzüglich zu reaktivieren und ihn als Polizeivollzugsbeamten, hilfsweise im allgemeinen Verwaltungsdienst zu beschäftigen. 19Der Beklagte beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Gründe der Zurruhesetzungserfügung. Ergänzend trägt er vor, dass dem Kläger am 17. Januar 2017 zum wiederholten Male ein BEM-Verfahren angeboten worden sei, zu welchem er am 2. Februar 2017 sein Einverständnis erklärt habe. In der Folgezeit sei er für die von ihm gewählte Kontaktperson jedoch weder per E-Mail noch telefonisch oder postalisch erreichbar gewesen, sodass das Verfahren am 24. Juli 2017 eingestellt worden sei. Zuletzt sei dem Kläger im März 2018 ein BEM-Verfahren angeboten und von ihm auch angenommen worden. Das Verfahren dauere noch an. 22Die Kammer hat der Berichterstatterin den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. Oktober 2021 zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen. 23In der mündlichen Verhandlung ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dr. med. C. -C1. . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Berichterstatterin war zur Entscheidung als Einzelrichterin berufen, weil ihr der Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. Oktober 2021 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 6 VwGO). 27Die Klage hat weder mit ihrem Haupt- (A.) noch mit ihrem Hilfsantrag (B.) Erfolg. 28A. Die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 00.00.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 291. Die streitgegenständliche Verfügung vom 00.00.2019 ist durch Zustellung am 00.00.2019 wirksam geworden. Dies erfolgte gemäß § 41 Abs. 5 VwVfG NRW, § 3 Abs. 2 Satz 1 LZG NRW i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 2, § 180 ZPO durch Einlegen des Bescheids in den Briefkasten der Kanzlei des Bevollmächtigten des Klägers. Ausweislich der zum Nachweis der Zustellung angefertigten Postzustellungsurkunde ist der Bescheid am Samstag, dem 00.00.2019, in den zu den Kanzleiräumen gehörenden Briefkasten eingelegt worden. Damit galt der Bescheid gemäß § 180 Satz 2 ZPO als zugestellt. Ob der Einwurf in den Briefkasten während der Geschäftszeiten der Kanzlei erfolgt, ist entgegen der Annahme des Klägers im Rahmen des § 180 ZPO keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustellung. 302. Die Zurruhesetzungsverfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde der Personalrat mit Schreiben vom 13. Oktober 2019 über die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers in Kenntnis gesetzt und um die nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 LPVG NRW erforderliche Zustimmung ersucht. Seine Zustimmung hat der Personalrat unter dem 15. Oktober 2019 erteilt. Ohne Belang ist es, dass der Kläger die dabei erfolgte Information des Personalrats für unzureichend hält. Insoweit genügt es regelmäßig, wenn der Personalrat in kurzer und knapper Form zutreffend über die beabsichtigte Maßnahme unterrichtet wird. 31Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 30. April 2013 - 2 B 10.12 -, juris, Rn. 8; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 11. April 2018 - 6 B 1628/17 -, juris, Rn. 6 ff., m. w. N. 32Diesen Anforderungen ist im Streitfall genügt worden. Im Übrigen begründet eine etwaige Verletzung des der Sphäre des Personalrates zuzuordnenden, von ihm selbst nicht geltend gemachten weitergehenden Informationsanspruchs nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des OVG NRW, der das erkennende Gericht folgt, nicht die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Maßnahme. 33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 2004 - 2 B 54.04 -, juris, Rn. 5, und Urteil vom 12. Oktober 1989 - 2 C 22.87 -, juris, Rn. 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Juli 2018 - 6 B 522/18 -, juris, Rn. 8 ff., vom 26. April 2018 - 6 B 68/18 -, juris, Rn. 7, vom 29. November 2017 - 6 A 1840/16 -, juris, Rn. 4. 34Nur eine irreführende oder auf Täuschung beruhende Unterrichtung des Personalrats führt - auch wenn dieser sich nicht auf Täuschung berufen sollte - zur Anfechtbarkeit der getroffenen Maßnahme. 35Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1989 - 2 C 22.87 -, juris, Rn. 24; OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2018 – 6 B 1628/17 –, juris, Rn. 10. 36Davon kann im Streitfall jedoch keine Rede sein. 37Die Gleichstellungsbeauftragte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und der Maßnahme am 9. Oktober 2019 zugestimmt (vgl. §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 2 Satz 1 LGG NRW). Ebenfalls wurde die Schwerbehindertenvertretung angehört. Auch ist der Kläger vor Erlass des angegriffenen Bescheides nach § 34 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW i.V.m. § 28 VwVfG NRW angehört worden. Ihm sind insbesondere mit E-Mail vom 23. September 2019 auf sein Verlangen der Gutachtenauftrag und das Gutachten übersandt worden. 38Ohne Erfolg rügt der Kläger die unterbliebene Durchführung eines BEM-Verfahrens. Zum einen steht die Zurruhesetzung eines dienstunfähigen Beamten bereits nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein BEM-Verfahren durchgeführt worden ist. Es ist weder Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens noch sonstige Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer vorzeitigen Zurruhesetzung im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung des Beamten nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind. 39Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22/13 -, NVwZ, 2014, 1319 - 1324; OVG NRW, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 6 B 1022/15 –, juris, Rn. 9. 40Dass der Beklagte abweichend von diesen Grundsätzen etwa wegen einer ständigen Verwaltungspraxis i.V.m. Art. 3 GG auf der Grundlage einer Dienstvereinbarung hierzu verpflichtet gewesen wäre, hat weder der Kläger substantiiert dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Zum anderen geht der Vortrag des Klägers zur fehlenden Durchführung eines BEM-Verfahrens aber auch deshalb ins Leere, weil ein solches stattgefunden hat. Der Beklagte verweist - vom Kläger in der Sache unbestritten - darauf, dass ihm bereits in den Jahren 2014 und 2015 jeweils ein BEM-Verfahren angeboten worden sei, was er abgelehnt habe. Schließlich sei mit seinem Einverständnis von Januar 2017 bis Juli 2017 ein BEM-Verfahren durchgeführt aber wegen seiner fehlenden Mitwirkung erfolglos beendet worden. Auch dies ist von dem Kläger nicht in Abrede gestellt worden. Soweit er dagegen einwendet, ihm sei die Sinnhaftigkeit eines solchen Verfahrens damals nicht bewusst gewesen, liegt dies in seinem Verantwortungsbereich. Soweit der Kläger einwendet, der Vortrag des Beklagten sei inkonsistent, da er einerseits vortrage, dass BEM-Verfahren stattgefunden hätten, aber andererseits angebe, er hätte keine Kenntnis von BEM-Verfahren, kann dies nicht nachvollzogen werden. Letztere Aussage hat der Beklagte nicht getroffen. Vielmehr hat er mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 darauf hingewiesen, dass im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit nicht auf die in einem BEM-Verfahren erlangten Informationen zurückgegriffen werde. 413. Die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. 42Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesund-heitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (sog. vermutete Dienstunfähigkeit). Die gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Be-amtStG landesrechtlich zu bestimmende Frist beträgt gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW im Land Nordrhein-Westfalen sechs Monate. 43Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Feststellung der nachgewiesenen wie auch der vermuteten Dienstunfähigkeit ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung, also hier der Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung vom 22. November 2019. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 – 2 C 7.97 ‑, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 ‑, juris. 45Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt polizeidienstunfähig (a.) und das beklagte Land hat eine Weiterverwendung innerhalb des Polizeivollzugsdienstes (b.) und einen Laufbahnwechsel (c.) ohne Rechtsfehler abgelehnt. 46a. Gemäß § 115 Abs. 1 LBG NRW ist ein Polizeivollzugsbeamter dienstunfähig, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er die volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit) […]. 47Diese Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung vor. Polizeidienstfähigkeit setzt voraus, dass ein Beamter zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist. 48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97/13 -, juris, Rn. 10, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2006 - 6 B 2086/06 -, juris, Rn. 5. 49Diesen Anforderungen wurde der Kläger zweifelsohne nicht mehr gerecht. Aufgrund seiner langjährig bestehenden psychischen Erkrankung ist er nach ärztlicher Einschätzung dauerhaft nicht mehr dazu in der Lage, den mit polizeidienstlichen Einsätzen verbundenen seelischen Belastungen standzuhalten, im Außendienst eingesetzt zu werden, unmittelbaren Zwang anzuwenden oder gar von der Dienstwaffe Gebrauch zu machen. Dies ergibt sich nicht nur schlüssig und nachvollziehbar aus dem polizeiamtsärztlichen Gutachten vom 2. Juli 2019, sondern auch aus der von dem Kläger selbst vorgelegten Bescheinigung seines behandelnden Arztes, Dr. med. T. vom 18. September 2019, wo es wörtlich heißt: „Krankheitsbedingt ist eine Wiedereingliederung in den aktiven Polizeidienst nicht möglich, da die Eignung zum Führen einer Dienstwaffe nicht mehr gegeben ist.“. 50b. Genügt der Beamte oder die Beamtin des Polizeivollzugsdienstes, wie hier der Kläger, nicht mehr den besonderen gesundheitlichen Anforderungen an eine uneingeschränkte Verwendungsfähigkeit im Polizeivollzugsdienst und ist er oder sie deshalb dauerhaft unfähig, ein statusrechtliches Amt in einer Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes wahrzunehmen, ermächtigt § 115 Abs. 1 2. Hs. LBG NRW den Dienstherrn auf der zweiten Stufe seiner Prüfung, polizeidienstunfähige, aber nicht allgemein dienstunfähige Polizeivollzugsbeamte oder -beamtinnen, sofern sie Lebenszeitbeamte sind, im Polizeidienst zu behalten und für Dienstposten im Polizeivollzugsdienst vorzusehen, auf denen die ansonsten für Polizeivollzugsbeamte und -beamtinnen erforderliche besondere gesundheitliche Belastbarkeit entbehrlich ist. Kann der Beamte oder die Beamtin nach § 115 Abs. 1 2. Hs. LBG NRW nur noch eingeschränkt im Polizeivollzugsdienst verwendet werden, hat er bzw. sie einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn über eine solche Verwendung. Diese Entscheidung muss eine Prognose darüber enthalten, dass der Beamte bzw. die Beamtin während seiner gesamten verbleibenden Dienstzeit auf derartigen Dienstposten verwendet werden kann. Einzubeziehen sind dabei die dienstlichen Gegebenheiten und Erfordernisse der jeweiligen Behörde, die einzelfallbezogene Einschätzung der Verwendungsbreite des Beamten bzw. der Beamtin im polizeilichen Innendienst, grundsätzliche Erwägungen personalwirtschaftlicher Art für den gesamten Polizeivollzugsdienst sowie die Anzahl der zur Verfügung stehenden vakanten Dienstposten, auf denen der Beamte bzw. die Beamtin während seiner bzw. ihrer verbleibenden Dienstzeit verwendet werden kann. Der Dienstherr darf in seine Prognose weitreichende organisatorische und personalpolitische Erwägungen einstellen. 51Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4/04 -, juris Rn. 11 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2016 - 6 A 2630/14 -, juris, Rn. 7 f., m.w.N.; Sächsisches OVG, Urteil vom 25. März 2014 - 2 A 16/13 -, juris, Rn. 20, m.w.N. 52Nach dieser Maßgabe hat der Beklagte in der Sache zu Recht angenommen, dass ein Dienstposten, der den Verwendungseinschränkungen des Klägers Rechnung trägt, weder im Polizeipräsidium E. noch bei anderen Polizeibehörden des Landes zur Verfügung steht. Dies ergibt sich aus den zahl- und weitreichenden Einschränkungen der allgemeinen Dienstfähigkeit des Klägers, die auch einer Verwendung auf einem sonstigen Innendienstposten entgegenstehen. Zu nennen sind hier insbesondere die polizeiamtsärztlich in dem Gutachten vom 2. Juli 2019 festgestellten und in der mündlichen Verhandlung seitens des sachverständigen Zeugen ergänzend erläuterten konzentrativen und mnestischen Störungen, die dem Kläger selbst eine einfache Vorgangsbearbeitung oder gar alltägliche organisatorische und koordinierende Tätigkeiten unmöglich machten. Hinzu trat die mangelnde Stressresilienz, die dazu führte, dass der Kläger dem Arbeiten in Großraumbüros, auf einen Dienstposten mit Publikumsverkehr oder deutlicher Lärmbelästigung, Bearbeitungsdruck durch vakante Stellen oder auch nur dem Umgang mit Kolleginnen und Kollegen nicht mehr gewachsen war. 53Das Gericht sieht sich nicht veranlasst, diese ärztliche Einschätzung in Zweifel zu ziehen. 54Die sachverständigen Feststellungen sind auf der Grundlage einer ausführlichen Auswertung sämtlicher dem Polizeiamtsarzt zur Verfügung gestellter Akten und fachärztlicher Berichte (S. 3 bis 10 des Gutachtens) und einer intensiven Befragung des Klägers zu seiner Biographie und seinen Lebensumständen (S. 10 bis 14 des Gutachtens) sowie weiterer telefonischer Kontakte zu dem Kläger getroffen worden. In der Befunddarstellung hat der Polizeiamtsarzt nachvollziehbar die beim Kläger während der Untersuchung zutage getretenen und von diesem selbst berichteten Auffälligkeiten beschrieben und zugeordnet (Konzentration und Gedächtnis zeigen im Gesprächsverlauf Beeinträchtigungen und Konzentrationsstörungen. Er wiederholt häufig bereits Gesagtes, als wenn er sich nicht daran erinnern könnte, es bereits mitgeteilt zu haben. Schwingungsfähigkeit und Antrieb vermindert, unruhig und angespannt, keine ausreichende Impulskontrolle, in Teilen der notwendigen telefonischen Kontaktaufnahme distanzlos, Einsicht- und Kritikfähigkeit gestört, unter Stress: Zittern der Hände, berichtet von Grübelzwang, Konzentrationsstörungen und Schlafstörung, Albträume, Schlaflosigkeit, schnelle Erschöpfung während des Tages, vgl. S. 15 bis 21 des Gutachtens). Die sich als Schlussfolgerung ergebenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers hat der sachverständige Zeuge im Rahmen des vorgenannten amtsärztlichen Gutachtens plausibel mit den fachärztlich gestellten Diagnosen (insbesondere: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Diagnose [ICD 10: F33.11]; Schwere depressive Episode [ICD-10: F32.2]; Z.n. posttraumatischer Belastungsstörung mit Restsymptomen [ICD-10: F43.1]) in Bezug gesetzt und die Untersuchungsergebnisse schlüssig und überzeugend eingeordnet. Dabei hat er ferner plausibel berücksichtigt, dass der Kläger aufgrund der für das Zurruhesetzungsverfahren maßgeblichen psychologischen Erkrankungen zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung bereits seit über drei Jahren keinen Dienst mehr verrichtet hat. Dies und der Umstand, dass in dieser Zeit zwei stationär durchgeführte Reha-Maßnahmen bzw. Krankenhausbehandlungen nicht zur Widerherstellung der Dienstfähigkeit führen konnten, fügen sich in das gezeichnete Bild der negativen Prognose hinsichtlich einer innerhalb des zeitlichen Rahmens zu erwartenden beachtlichen Genesung. 55Soweit der Kläger die Rechtmäßigkeit der dem polizeiamtsärztlichen Gutachten zugrunde liegenden Untersuchungsanordnung anzweifelt, ist dies rechtlich nicht von Relevanz, da das Untersuchungsergebnis unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung verwertbar ist. 56Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. März 2019 – 2 VR 5/18 –, juris, Rn. 34. 57Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, der sachverständige Zeuge hätte seine Einschätzung tragend auf den letztlich widerlegten Umstand gestützt, dass der Kläger krankheitsbedingt weder in der Lage ist, ein BEM-Gespräch zu führen noch die Initiative zur Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme zu ergreifen. Der sachverständige Zeuge hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass nicht allein die mangelnde Initiative hinsichtlich der Durchführung eines BEM- oder Wiedereingliederungsverfahrens tragend für seine ärztliche Einschätzung zur Leistungsfähigkeit des Klägers gewesen seien. Hingegen sei die Gesamtschau, in der viele weitere „weiche Kriterien“ eine Rolle gespielt hätten, maßgeblich gewesen (vgl. Seite 8 der Sitzungsniederschrift). Diese Erläuterung steht in Einklang mit den dem Gutachten auf Seite 24 zu entnehmenden Ausführungen, wo es heißt: „Aus fachlicher Sicht ist zu befürchten, dass Herr POK F. krankheitsbedingt weder in der Lage ist ein BEM Gespräch zu führen, noch die Initiative zur Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme zu ergreifen. Auch die Zusendung weiterer Schweigepflichtentbindungserklärungen muss als fehlende Absprachefähigkeit gewertet werden. Auch wenn diese nur als weiche Kriterien anzusehen sind, passen sie in das Gesamtbild der schweren nichtorganischen Erkrankung an der der Patient leidet.“. Es wird deutlich, dass der sachverständige Zeuge die fehlende Initiative des Klägers hinsichtlich der Durchführung eines BEM- oder Wiedereingliederungsverfahrens ebenso wie die wiederholte absprachewidrige Übersendung von Schweigepflichtentbindungserklärungen als anschauliche Beispiele zur Verdeutlichung der psychisch-neurologischen Einschränkungen des Klägers herausgegriffen und nicht als tragende Säule seiner Bewertung betrachtet hat. Dass auch der schließlich seitens des Klägers im Juli 2019 gestellte Wiedereingliederungsantrag und die Vorlage eines konkreten Wiedereingliederungsplanes im September 2019 nicht zu einer anderen als in dem Gutachten vom 2. Juli 2019 getroffenen Einschätzung führt, ist bereits in dem Gutachten angelegt (vgl. Seite 24 des Gutachtens: „… obgleich dieses Ansinnen aus meiner fachlichen Sicht spät kam.“). Hierzu fügt sich, dass der sachverständige Zeuge in der mündlichen Verhandlung konstatierte, dass diese scheinbaren Fortschritte in Anbetracht der telefonischen Distanzüberschreitungen des Klägers, die ebenfalls im September 2019 stattgefunden hätten, in den Hintergrund gedrängt würden und daher keinen Anhalt dafür böten, der Kläger hätte seine Leistungseinschränkungen überwunden. Außerdem wies er darauf hin, dass der Kläger nicht alleine dazu in der Lage gewesen sei, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, sondern er der Unterstützung des ihn behandelnden Arztes bedurft habe, der ihn im Juni 2019 angerufen und gefragt habe, wann mit der Wiedereingliederung begonnen werden könne (vgl. S. 4 der Sitzungsniederschrift). 58Auch hat der Kläger bis zum Erlass der streitgegenständlichen Zurruhesetzungsverfügung keine ärztlichen Unterlagen beigebracht, die geeignet wären, die polizeiamtsärztliche Einschätzung substantiell in Zweifel zu ziehen. Insbesondere lassen sich den von ihm im Juli 2019 und September 2019 vorgelegten Schreiben seines behandelnden Arztes keine tragfähigen Aussagen zu seinem Gesundheitszustand entnehmen. Soweit es dort heißt „Es ist nun eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell vorgesehen.“ und „Anschließend sollte eine vollschichtige Tätigkeit unter den genannten Einschränkungen möglich sein.“ bleibt offen, ob und wenn ja, auf welchen fachlichen Feststellungen zu einer eingetretenen positiven Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers diese Einschätzung beruht. 59c. Aufgrund der erheblichen Einschränkungen, denen der Kläger unterlag, und der von ihm selbst geschilderten Beschwerden war es auch nicht erforderlich, auf der dritten Stufe gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Die Suchpflicht entfällt nämlich, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind. 60Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. November 2015 - 6 A 1364/14 -, juris, m.w.N. 61So liegt der Fall hier. Die Feststellung des Beklagten, der Kläger sei auch allgemein dienstunfähig und verfüge über keinerlei beachtliches Restleistungsvermögen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies lässt sich bereits dem der Zurruhesetzungsverfügung zugrundeliegenden polizeiamtsärztlichen Gutachten entnehmen (vgl. dazu oben unter A. 3. b.). Der sachverständige Zuge stellte in der mündlichen Verhandlung ergänzend zusammenfassend fest, dass der Kläger einzig zu einer reinen Kopiertätigkeit in der Lage gewesen sei, aber mit allem, was mehr Konzentration, Absprachefähigkeit und Kommunikation vorausgesetzt hätte, überfordert gewesen wäre (vgl. S. 6 der Sitzungsniederschrift). Ein Dienstposten, der diesen und den weiteren (oben aufgezeigten) Leistungseinschränkungen des Klägers Rechnung trägt ist bei lebensnaher Betrachtung auch in der allgemeinen Verwaltung nicht vorhanden. Den dem polizeiamtsärztlichen Gutachten und in der mündlichen Verhandlung ergänzten Erläuterungen des Polizeiamtsarztes zu den nach ärztlicher Einschätzung zum Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung bestehenden erheblichen Leistungseinschränkungen ohne beachtliches Restleistungsvermögen ist der Kläger auch insoweit nicht substantiiert entgegengetreten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die unter Punkt A. 3. b. dargestellten Ausführungen Bezug genommen. 62Auch eine begrenzte Dienstfähigkeit i.S.v. § 27 BeamtStG kam in Anbetracht des fehlenden Restleistungsvermögens nicht in Betracht. 63B. Auch der auf die unverzügliche Reaktivierung des Klägers gerichtete Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg. Er ist jedenfalls unbegründet. 64Die Voraussetzungen des für das Reaktivierungsbegehren allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 29 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 35 LBG NRW liegen im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, 65vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 1 B 385/07 -, juris, Rn. 5; BayVGH, Beschluss vom 17. Januar 2014 - 3 ZB 11.179 -, juris, Rn. 4, 66nicht vor. Nach diesen Vorschriften ist dem auf erneute Berufung in das Beamtenverhältnis gerichteten Antrag eines Beamten oder einer Beamtin nach Wiederherstellung seiner bzw. ihrer Dienstfähigkeit zu entsprechen, falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. 67Die für eine Reaktivierung auf Antrag des Beamten oder der Beamtin erforderliche Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ist nur gegeben, wenn der Beamte bzw. die Beamtin den gesundheitlichen Anforderungen des ihm bzw. ihr zuletzt übertragenen Statusamtes wieder genügt. 68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2018 - 6 E 661/18 -, Seite 2 des amtlichen Entscheidungsabdrucks, n.v.; Urteil vom 4. November 2015 - 6 A 208/12 -, juris, Rn. 32, sowie Beschlüsse vom 24. September 2015 - 6 E 819/15 -, juris, Rn. 3, und vom 2. Mai 2011 - 6 A 2373/10 -, juris, Rn. 3 ff. 69Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Im Streitfall besteht - nach wie vor - kein tragfähiger Anhalt dafür, dass der Kläger, der zuletzt das Statusamt eines Polizeioberkommissars (Besoldungsgruppe A 10) bekleidet hat, den gesundheitlichen Anforderungen dieses Statusamtes wieder genügt. Das von dem Kläger vorgelegte Schreiben seines behandelnden Arztes vom 4. November 2021 enthält mit Formulierungen wie „Besserung des psychischen Gesamtbildes“ und „Verbesserung seiner kognitiven Fähigkeiten“ zum einen nur wenig greifbare Umschreibungen, auf deren Grundlage eine Bewertung seiner Leistungsfähigkeit und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen auf seine (Polizei-)Dienstfähigkeit nicht möglich sind. Zum anderen schließt der Bericht jedoch auch lediglich mit der Einschätzung, dass eine „Dienstfähigkeit im Verwaltungsdienst“ seit Sommer 2019 wieder gegeben sei. Eine positive Aussage zur Wiederherstellung auch der Polizeidienstfähigkeit lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen. Im Gegenteil ist im Lichte der vorangegangenen Äußerungen des behandelnden Arztes davon auszugehen, dass der Kläger aus seiner Sicht nach wie vor nicht den gesundheitlichen Anforderungen seines zuletzt innegehabten Statusamtes eines Polizeioberkommissars genügt. Hatte er dem Kläger doch mit Schreiben vom 00.0.2019 die Eignung zum Führen einer Dienstwaffe abgesprochen und eine Wiedereingliederung in den Polizeivollzugsdienst als nicht möglich erachtet. Ergänzend sei angemerkt, dass vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte bisher auch keine Veranlassung gesehen hat, ein amtsärztliches Gutachten zur Frage der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Klägers bezogen auf das Statusamt eines Polizeioberkommissars einzuholen. 70C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. 71Rechtsmittelbelehrung: 72Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 73Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 74Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 75Die Berufung ist nur zuzulassen, 761. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 772. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 783. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 794. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 805. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 81Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 82Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 83Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 84Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 85Beschluss: 86Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 65.000,- Euro festgesetzt. 87Gründe: 88Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG erfolgt. 89Rechtsmittelbelehrung: 90Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 91Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 92Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 93Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 94Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 95War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am 0.0.0000 geborene kläger stand seit oktober 1982 im dienst des beklagten und war zuletzt als polizeioberkommissar im polizeipräsidium e. eingesetzt. 3seit dem 0.0.2016 war er durchgehend dienstunfähig erkrankt. anlässlich dessen fand am 0.00.2016 ein personalgespräch mit ihm statt. der kläger berichtete von körperlichen und psychischen beeinträchtigungen. der schichtdienst mache ihm zu schaffen, er leide an schlafstörungen und panikattacken. es wurde vereinbart, dass er die suche nach einem therapeuten und die einleitung einer rehabilitationsmaßnahme vorantreibt. 4seit dem 00.00.2016 befand sich der kläger in psychotherapeutischer behandlung bei dem facharzt für psychiatrie, psychotherapie und neurologie dr. med. t. . 5vom 00.0.2017 bis zum 0.0.2017 befand sich der kläger in einer teilstationären behandlung im lvr-klinikum e. . 6vom 00.0.2017 bis zum 0.0.2017 führte er eine stationäre psychosomatische rehamaßnahme in der n. klinik am park in bad p. durch. 7mit schreiben vom 12. oktober 2017 berichtete der behandelnde arzt des klägers, herr dr. med. t. , dass der kläger derzeit arbeitsunfähig sei. therapieziel sei die wiederherstellung der dienstfähigkeit, wobei in der gesamtbetrachtung einschränkungen zu erwarten seien. eine stufenweise wiedereingliederung nach dem hamburger modell sei sicherlich geboten. 8am 14. märz 2018 wurden in einem bericht des polizeiärztlichen dienstes des polizeipräsidiums e. nach vorangegangener untersuchung die folgenden verwendungseinschränkungen für den kläger festgehalten: kein tragen einer dienstwaffe, kein führen von dienst-kfz, kein kontakt zu rechtsbrechern mit potentieller gefahr von widerstandshandlungen, kein einsatz im schichtdienst und keine nachtdienste. weiter heißt es, dass mit der wiederherstellung der vollen dienstfähigkeit nicht zu rechnen sei. die erfolgsaussichten einer wiedereingliederungsmaßnahme in den innendienst seien derzeit nur schwer zu beurteilen, gegen den versuch spreche aus polizeiärztlicher sicht jedoch nichts. 9am 00.0.2019 fand auf anordnung des beklagten eine polizeiamtsärztliche untersuchung des klägers bei dem polizeiärztlichen dienst des polizeipräsidiums b. statt. der begutachtende polizeiamtsarzt dr. med. c. -c1. erstellte unter dem 2. juli 2019 ein polizeiamtsärztliches gutachten, welches mit dem ergebnis der polizeidienstunfähigkeit sowie der allgemeinen dienstunfähigkeit schließt. zur begründung heißt es im wesentlichen: im fokus der der zur dienstunfähigkeit führenden problematik stünden die fachärztlich festgestellten psychischen störungen. der kläger habe mehrfach eine stationäre therapie wahrgenommen, zudem erfolge seit drei jahren eine medikamentöse therapie sowie wöchentlich ambulante gesprächstherapie, all das habe nicht zu einer gravierenden besserung des krankheitsbildes geführt. unter berücksichtigung der langen ausfallzeit und der weiterhin bestehenden gravierenden symptome sei aus polizeiamtsärztlicher sicht die gefahr einer retraumatisierung im polizeivollzugsdienst massiv und somit die rückkehr in den polizeidienst nicht mehr verantwortbar. aufgrund der weiterhin bestehenden psychischen gesundheitsstörungen sei der kläger auch im allgemeinen verwaltungsdienst überfordert. es sei zu befürchten, dass es aufgrund konzentrativer und mnestischer störungen immer wieder zu einer dekompensation des psychischen gesundheitszustandes bei dem beamten kommen werde. eine vollschichtige und verwertbare vorgangsbearbeitung durch den beamten sei krankheitsbedingt nicht mehr zu erwarten. trotz seines bei der untersuchung gewonnenen eindrucks habe er den kläger gebeten, die kommenden wochen zu nutzen, ein gespräch im rahmen des „betrieblichen eingliederungsmanagements“ (bem) zu führen und eine wiedereingliederungsmaßnahme zu beginnen. bis mitte mai 2019 hätte der kläger jedoch weder ein bem-gespräch noch eine wiedereingliederungsmaßnahme in angriff genommen. aus fachlicher sicht sei zu befürchten, dass er krankheitsbedingt dazu nicht in der lage sei. seine fehlende absprachefähigkeit sei an der zusendung weiterer schweigepflichtentbindungserklärungen zu erkennen, obwohl die übersendung ärztlicher unterlagen vereinbart gewesen und mehrfach hierzu aufgefordert worden sei. 10mit schreiben vom 00.0.2019 beantragte der kläger beim polizeipräsidium e- eine stufenweise wiedereingliederung nach dem hamburger modell. er legte hierzu ein schreiben seines behandelnden arztes vom selben tage vor. dort heißt es auszugsweise: „es ist nun eine stufenweise wiedereingliederung nach dem hamburger modell vorgesehen. krankheitsbedingt ist eine wiedereingliederung in den aktiven polizeidienst nicht möglich, da die eignung zum führen einer dienstwaffe nicht mehr gegeben ist. die tätigkeit sollte folgende merkmale aufweisen: innendienst ohne publikumsverkehr, kein schichtdienst, keine tätigkeit an wochenenden und feiertagen. in betracht kommen daher tätigkeiten im bereich der allgemeinen polizeiverwaltung oder asservatenkammer.“ die wiedereingliederung solle ende september 2019 oder anfang oktober 2019 beginnen. nach 31 wochen solle eine vollschichtige tätigkeit unter den genannten einschränkungen möglich sein. 11unter dem 0.0.2019 hörte der beklagte den kläger zu der beabsichtigten feststellung seiner polizeidienstunfähigkeit und seiner allgemeinen dienstunfähigkeit sowie der vorzeitigen zurruhesetzung an. zur begründung wird im wesentlichen auf das ergebnis des polizeiamtsärztlichen gutachtens vom 0.0.2019 bezug genommen. 12am 00.0.2019 gab der den kläger begutachtende polizeiamtsarzt auf telefonische nachfrage der beklagtenseite an, dass er am tag zuvor fünf anrufe von dem kläger erhalten habe und von ihm beschimpft worden sei. es seien sätze wie „hallo u. , du arschloch.“, „du taugst nichts, bist unfähig.“, „vollpfosten“ und „du bedrohst meine existenz.“ gefallen und er habe ihn gefragt, ob sich seine frau von ihm scheiden lassen würde. 13mit schriftsatz vom 18. september 2019 nahm der kläger über seinen prozessbevollmächtigten zu dem anhörungsschreiben stellung. unter beifügung eines wiedereingliederungsplanes, der eine wiederherstellung der vollen arbeitsfähigkeit ab dem 0.0. 1920 (offensichtlich gemeint: 0.0. 2020) in aussicht stellt und ein schreiben seines behandelnden arztes vom 18. september 2019, welches im wesentlichen mit jenem vom 10. juli 2019 übereinstimmt, beruft er sich auf das fehlen der voraussetzungen für eine vorzeitige zurruhesetzung. er bat um die übersendung des gutachtens sowie des zugehörigen behördlichen auftrages, was mit e-mail vom 23. september 2019 erfolgte. 14mit verfügung vom 00.00. 2019, dem prozessbevollmächtigten des klägers zugestellt am samstag, den 00.00. 2019, stellte das polizeipräsidium e. die polizeidienstunfähigkeit und die allgemeine dienstunfähigkeit des klägers fest und versetzte ihn mit ablauf des 00.00.2019 in den ruhestand. zur begründung wurde unter berücksichtigung des vorbringens des klägers auf die ausführungen im anhörungsschreiben sowie auf das polizeiamtsärztliche gutachten vom 0.0.2019 bezug genommen. 15gegen diesen bescheid hat der kläger am 12. dezember 2019 klage erhoben. zur begründung macht er geltend, dass die zurruhesetzungsverfügung nicht bereits am 00.00.2019 wirksam zugestellt worden sei, sondern erst zum nächsten arbeitstag, dem 0.00.2019. der personalrat sei nicht hinreichend informiert und ein bem-verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. die zurruhesetzungsverfügung beruhe außerdem ausschließlich auf dem gutachten des polizeiamtsarztes, ohne dass die nachfolgenden hinweise zur wiedererlangung der dienstfähigkeit des behandelnden arztes des klägers berücksichtigung gefunden hätten. außerdem sei die dem gutachten tragend zugrundeliegende annahme, der kläger sei weder in der lage, ein bem-verfahren durchzuführen noch eine wiedereingliederungsmaßnahme einzuleiten, vor erlass der zurruhesetzungsverfügung widerlegt worden. im übrigen habe der beklagte nicht überprüft ob der kläger teildienstfähig sei und sei auch seiner suchpflicht nicht nachgekommen. jedenfalls sei dem von ihm zwischenzeitlich gestellten antrag auf reaktivierung stattzugeben. 16der kläger beantragt, 17den bescheid des polizeipräsidiums e. vom 00.00.2019 aufzuheben, 18hilfsweise, ihn unverzüglich zu reaktivieren und ihn als polizeivollzugsbeamten, hilfsweise im allgemeinen verwaltungsdienst zu beschäftigen. 19der beklagte beantragt, 20die klage abzuweisen. 21zur begründung wiederholt und vertieft er die gründe der zurruhesetzungserfügung. ergänzend trägt er vor, dass dem kläger am 17. januar 2017 zum wiederholten male ein bem-verfahren angeboten worden sei, zu welchem er am 2. februar 2017 sein einverständnis erklärt habe. in der folgezeit sei er für die von ihm gewählte kontaktperson jedoch weder per e-mail noch telefonisch oder postalisch erreichbar gewesen, sodass das verfahren am 24. juli 2017 eingestellt worden sei. zuletzt sei dem kläger im märz 2018 ein bem-verfahren angeboten und von ihm auch angenommen worden. das verfahren dauere noch an. 22die kammer hat der berichterstatterin den rechtsstreit mit beschluss vom 26. oktober 2021 zur entscheidung als einzelrichterin übertragen. 23in der mündlichen verhandlung ist beweis erhoben worden durch vernehmung des sachverständigen zeugen dr. med. c. -c1. . wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die sitzungsniederschrift verwiesen. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie den der beigezogenen verwaltungsvorgänge und personalakten bezug genommen. 25 | 26die berichterstatterin war zur entscheidung als einzelrichterin berufen, weil ihr der rechtsstreit mit beschluss vom 26. oktober 2021 zur entscheidung übertragen worden ist (§ 6 vwgo). 27die klage hat weder mit ihrem haupt- (a.) noch mit ihrem hilfsantrag (b.) erfolg. 28a. die zulässige anfechtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 1 vwgo) ist unbegründet. der angegriffene bescheid vom 00.00.2019 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 291. die streitgegenständliche verfügung vom 00.00.2019 ist durch zustellung am 00.00.2019 wirksam geworden. dies erfolgte gemäß § 41 abs. 5 vwvfg nrw, § 3 abs. 2 satz 1 lzg nrw i.v.m. § 178 abs. 1 nr. 2, § 180 zpo durch einlegen des bescheids in den briefkasten der kanzlei des bevollmächtigten des klägers. ausweislich der zum nachweis der zustellung angefertigten postzustellungsurkunde ist der bescheid am samstag, dem 00.00.2019, in den zu den kanzleiräumen gehörenden briefkasten eingelegt worden. damit galt der bescheid gemäß § 180 satz 2 zpo als zugestellt. ob der einwurf in den briefkasten während der geschäftszeiten der kanzlei erfolgt, ist entgegen der annahme des klägers im rahmen des § 180 zpo keine voraussetzung für die wirksamkeit der zustellung. 302. die zurruhesetzungsverfügung ist formell rechtmäßig. insbesondere wurde der personalrat mit schreiben vom 13. oktober 2019 über die beabsichtigte zurruhesetzung des klägers in kenntnis gesetzt und um die nach § 72 abs. 1 satz 1 nr. 9 lpvg nrw erforderliche zustimmung ersucht. seine zustimmung hat der personalrat unter dem 15. oktober 2019 erteilt. ohne belang ist es, dass der kläger die dabei erfolgte information des personalrats für unzureichend hält. insoweit genügt es regelmäßig, wenn der personalrat in kurzer und knapper form zutreffend über die beabsichtigte maßnahme unterrichtet wird. 31vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), beschluss vom 30. april 2013 - 2 b 10.12 -, juris, rn. 8; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 11. april 2018 - 6 b 1628/17 -, juris, rn. 6 ff., m. w. n. 32diesen anforderungen ist im streitfall genügt worden. im übrigen begründet eine etwaige verletzung des der sphäre des personalrates zuzuordnenden, von ihm selbst nicht geltend gemachten weitergehenden informationsanspruchs nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts und des ovg nrw, der das erkennende gericht folgt, nicht die rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen maßnahme. 33vgl. bverwg, beschluss vom 19. august 2004 - 2 b 54.04 -, juris, rn. 5, und urteil vom 12. oktober 1989 - 2 c 22.87 -, juris, rn. 24; ovg nrw, beschlüsse vom 9. juli 2018 - 6 b 522/18 -, juris, rn. 8 ff., vom 26. april 2018 - 6 b 68/18 -, juris, rn. 7, vom 29. november 2017 - 6 a 1840/16 -, juris, rn. 4. 34nur eine irreführende oder auf täuschung beruhende unterrichtung des personalrats führt - auch wenn dieser sich nicht auf täuschung berufen sollte - zur anfechtbarkeit der getroffenen maßnahme. 35vgl. bverwg, urteil vom 12. oktober 1989 - 2 c 22.87 -, juris, rn. 24; ovg nrw, beschluss vom 11. april 2018 – 6 b 1628/17 –, juris, rn. 10. 36davon kann im streitfall jedoch keine rede sein. 37die gleichstellungsbeauftragte hat gelegenheit zur stellungnahme erhalten und der maßnahme am 9. oktober 2019 zugestimmt (vgl. §§ 17 abs. 1, 18 abs. 2 satz 1 lgg nrw). ebenfalls wurde die schwerbehindertenvertretung angehört. auch ist der kläger vor erlass des angegriffenen bescheides nach § 34 abs. 1 satz 2 lbg nrw i.v.m. § 28 vwvfg nrw angehört worden. ihm sind insbesondere mit e-mail vom 23. september 2019 auf sein verlangen der gutachtenauftrag und das gutachten übersandt worden. 38ohne erfolg rügt der kläger die unterbliebene durchführung eines bem-verfahrens. zum einen steht die zurruhesetzung eines dienstunfähigen beamten bereits nicht unter dem vorbehalt, dass zuvor ein bem-verfahren durchgeführt worden ist. es ist weder bestandteil des auf den erlass einer ruhestandsversetzung gerichteten verwaltungsverfahrens noch sonstige rechtmäßigkeitsvoraussetzung. liegen die tatbestandlichen voraussetzungen einer vorzeitigen zurruhesetzung im maßgeblichen entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die möglichkeiten der präventiven wiedereingliederung des beamten nach § 84 abs. 2 sgb ix versäumt worden sind. 39vgl. bverwg, urteil vom 5. juni 2014 - 2 c 22/13 -, nvwz, 2014, 1319 - 1324; ovg nrw, beschluss vom 15. dezember 2015 – 6 b 1022/15 –, juris, rn. 9. 40dass der beklagte abweichend von diesen grundsätzen etwa wegen einer ständigen verwaltungspraxis i.v.m. art. 3 gg auf der grundlage einer dienstvereinbarung hierzu verpflichtet gewesen wäre, hat weder der kläger substantiiert dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. zum anderen geht der vortrag des klägers zur fehlenden durchführung eines bem-verfahrens aber auch deshalb ins leere, weil ein solches stattgefunden hat. der beklagte verweist - vom kläger in der sache unbestritten - darauf, dass ihm bereits in den jahren 2014 und 2015 jeweils ein bem-verfahren angeboten worden sei, was er abgelehnt habe. schließlich sei mit seinem einverständnis von januar 2017 bis juli 2017 ein bem-verfahren durchgeführt aber wegen seiner fehlenden mitwirkung erfolglos beendet worden. auch dies ist von dem kläger nicht in abrede gestellt worden. soweit er dagegen einwendet, ihm sei die sinnhaftigkeit eines solchen verfahrens damals nicht bewusst gewesen, liegt dies in seinem verantwortungsbereich. soweit der kläger einwendet, der vortrag des beklagten sei inkonsistent, da er einerseits vortrage, dass bem-verfahren stattgefunden hätten, aber andererseits angebe, er hätte keine kenntnis von bem-verfahren, kann dies nicht nachvollzogen werden. letztere aussage hat der beklagte nicht getroffen. vielmehr hat er mit schriftsatz vom 15. dezember 2021 darauf hingewiesen, dass im rahmen eines verfahrens zur feststellung der polizeidienstunfähigkeit nicht auf die in einem bem-verfahren erlangten informationen zurückgegriffen werde. 413. die angefochtene zurruhesetzungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. 42nach § 26 abs. 1 satz 1 beamtstg sind beamtinnen und beamte auf lebenszeit in den ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen zustands oder aus gesund-heitlichen gründen zur erfüllung ihrer dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. als dienstunfähig kann gemäß § 26 abs. 1 satz 2 beamtstg auch angesehen werden, wer infolge erkrankung innerhalb eines zeitraums von sechs monaten mehr als drei monate keinen dienst getan hat und keine aussicht besteht, dass innerhalb einer frist, deren bestimmung dem landesrecht vorbehalten bleibt, die dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (sog. vermutete dienstunfähigkeit). die gemäß § 26 abs. 1 satz 2 be-amtstg landesrechtlich zu bestimmende frist beträgt gemäß § 33 abs. 1 satz 3 lbg nrw im land nordrhein-westfalen sechs monate. 43maßgeblicher beurteilungszeitpunkt für die feststellung der nachgewiesenen wie auch der vermuteten dienstunfähigkeit ist derjenige der letzten verwaltungsentscheidung, also hier der zeitpunkt der zurruhesetzungsverfügung vom 22. november 2019. 44vgl. bverwg, urteil vom 16. oktober 1997 – 2 c 7.97 ‑, juris; ovg nrw, urteil vom 17. september 2003 - 1 a 1069/01 ‑, juris. 45der kläger war zu diesem zeitpunkt polizeidienstunfähig (a.) und das beklagte land hat eine weiterverwendung innerhalb des polizeivollzugsdienstes (b.) und einen laufbahnwechsel (c.) ohne rechtsfehler abgelehnt. 46a. gemäß § 115 abs. 1 lbg nrw ist ein polizeivollzugsbeamter dienstunfähig, wenn er den besonderen gesundheitlichen anforderungen für den polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er die volle verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei jahren wiedererlangt (polizeidienstunfähigkeit) […]. 47diese voraussetzungen lagen im zeitpunkt des erlasses der zurruhesetzungsverfügung vor. polizeidienstfähigkeit setzt voraus, dass ein beamter zu jeder zeit, an jedem ort und in jeder seinem statusrechtlichen amt entsprechenden stellung einsetzbar ist. 48vgl. bverwg, beschluss vom 6. november 2014 - 2 b 97/13 -, juris, rn. 10, m.w.n.; ovg nrw, beschluss vom 13. november 2006 - 6 b 2086/06 -, juris, rn. 5. 49diesen anforderungen wurde der kläger zweifelsohne nicht mehr gerecht. aufgrund seiner langjährig bestehenden psychischen erkrankung ist er nach ärztlicher einschätzung dauerhaft nicht mehr dazu in der lage, den mit polizeidienstlichen einsätzen verbundenen seelischen belastungen standzuhalten, im außendienst eingesetzt zu werden, unmittelbaren zwang anzuwenden oder gar von der dienstwaffe gebrauch zu machen. dies ergibt sich nicht nur schlüssig und nachvollziehbar aus dem polizeiamtsärztlichen gutachten vom 2. juli 2019, sondern auch aus der von dem kläger selbst vorgelegten bescheinigung seines behandelnden arztes, dr. med. t. vom 18. september 2019, wo es wörtlich heißt: „krankheitsbedingt ist eine wiedereingliederung in den aktiven polizeidienst nicht möglich, da die eignung zum führen einer dienstwaffe nicht mehr gegeben ist.“. 50b. genügt der beamte oder die beamtin des polizeivollzugsdienstes, wie hier der kläger, nicht mehr den besonderen gesundheitlichen anforderungen an eine uneingeschränkte verwendungsfähigkeit im polizeivollzugsdienst und ist er oder sie deshalb dauerhaft unfähig, ein statusrechtliches amt in einer laufbahn des polizeivollzugsdienstes wahrzunehmen, ermächtigt § 115 abs. 1 2. hs. lbg nrw den dienstherrn auf der zweiten stufe seiner prüfung, polizeidienstunfähige, aber nicht allgemein dienstunfähige polizeivollzugsbeamte oder -beamtinnen, sofern sie lebenszeitbeamte sind, im polizeidienst zu behalten und für dienstposten im polizeivollzugsdienst vorzusehen, auf denen die ansonsten für polizeivollzugsbeamte und -beamtinnen erforderliche besondere gesundheitliche belastbarkeit entbehrlich ist. kann der beamte oder die beamtin nach § 115 abs. 1 2. hs. lbg nrw nur noch eingeschränkt im polizeivollzugsdienst verwendet werden, hat er bzw. sie einen anspruch auf ermessensfehlerfreie entscheidung des dienstherrn über eine solche verwendung. diese entscheidung muss eine prognose darüber enthalten, dass der beamte bzw. die beamtin während seiner gesamten verbleibenden dienstzeit auf derartigen dienstposten verwendet werden kann. einzubeziehen sind dabei die dienstlichen gegebenheiten und erfordernisse der jeweiligen behörde, die einzelfallbezogene einschätzung der verwendungsbreite des beamten bzw. der beamtin im polizeilichen innendienst, grundsätzliche erwägungen personalwirtschaftlicher art für den gesamten polizeivollzugsdienst sowie die anzahl der zur verfügung stehenden vakanten dienstposten, auf denen der beamte bzw. die beamtin während seiner bzw. ihrer verbleibenden dienstzeit verwendet werden kann. der dienstherr darf in seine prognose weitreichende organisatorische und personalpolitische erwägungen einstellen. 51vgl. bverwg, urteil vom 3. märz 2005 - 2 c 4/04 -, juris rn. 11 ff.; ovg nrw, beschluss vom 20. januar 2016 - 6 a 2630/14 -, juris, rn. 7 f., m.w.n.; sächsisches ovg, urteil vom 25. märz 2014 - 2 a 16/13 -, juris, rn. 20, m.w.n. 52nach dieser maßgabe hat der beklagte in der sache zu recht angenommen, dass ein dienstposten, der den verwendungseinschränkungen des klägers rechnung trägt, weder im polizeipräsidium e. noch bei anderen polizeibehörden des landes zur verfügung steht. dies ergibt sich aus den zahl- und weitreichenden einschränkungen der allgemeinen dienstfähigkeit des klägers, die auch einer verwendung auf einem sonstigen innendienstposten entgegenstehen. zu nennen sind hier insbesondere die polizeiamtsärztlich in dem gutachten vom 2. juli 2019 festgestellten und in der mündlichen verhandlung seitens des sachverständigen zeugen ergänzend erläuterten konzentrativen und mnestischen störungen, die dem kläger selbst eine einfache vorgangsbearbeitung oder gar alltägliche organisatorische und koordinierende tätigkeiten unmöglich machten. hinzu trat die mangelnde stressresilienz, die dazu führte, dass der kläger dem arbeiten in großraumbüros, auf einen dienstposten mit publikumsverkehr oder deutlicher lärmbelästigung, bearbeitungsdruck durch vakante stellen oder auch nur dem umgang mit kolleginnen und kollegen nicht mehr gewachsen war. 53das gericht sieht sich nicht veranlasst, diese ärztliche einschätzung in zweifel zu ziehen. 54die sachverständigen feststellungen sind auf der grundlage einer ausführlichen auswertung sämtlicher dem polizeiamtsarzt zur verfügung gestellter akten und fachärztlicher berichte (s. 3 bis 10 des gutachtens) und einer intensiven befragung des klägers zu seiner biographie und seinen lebensumständen (s. 10 bis 14 des gutachtens) sowie weiterer telefonischer kontakte zu dem kläger getroffen worden. in der befunddarstellung hat der polizeiamtsarzt nachvollziehbar die beim kläger während der untersuchung zutage getretenen und von diesem selbst berichteten auffälligkeiten beschrieben und zugeordnet (konzentration und gedächtnis zeigen im gesprächsverlauf beeinträchtigungen und konzentrationsstörungen. er wiederholt häufig bereits gesagtes, als wenn er sich nicht daran erinnern könnte, es bereits mitgeteilt zu haben. schwingungsfähigkeit und antrieb vermindert, unruhig und angespannt, keine ausreichende impulskontrolle, in teilen der notwendigen telefonischen kontaktaufnahme distanzlos, einsicht- und kritikfähigkeit gestört, unter stress: zittern der hände, berichtet von grübelzwang, konzentrationsstörungen und schlafstörung, albträume, schlaflosigkeit, schnelle erschöpfung während des tages, vgl. s. 15 bis 21 des gutachtens). die sich als schlussfolgerung ergebenden einschränkungen der leistungsfähigkeit des klägers hat der sachverständige zeuge im rahmen des vorgenannten amtsärztlichen gutachtens plausibel mit den fachärztlich gestellten diagnosen (insbesondere: rezidivierende depressive störung, gegenwärtig mittelgradige diagnose [icd 10: f33.11]; schwere depressive episode [icd-10: f32.2]; z.n. posttraumatischer belastungsstörung mit restsymptomen [icd-10: f43.1]) in bezug gesetzt und die untersuchungsergebnisse schlüssig und überzeugend eingeordnet. dabei hat er ferner plausibel berücksichtigt, dass der kläger aufgrund der für das zurruhesetzungsverfahren maßgeblichen psychologischen erkrankungen zum zeitpunkt der zurruhesetzung bereits seit über drei jahren keinen dienst mehr verrichtet hat. dies und der umstand, dass in dieser zeit zwei stationär durchgeführte reha-maßnahmen bzw. krankenhausbehandlungen nicht zur widerherstellung der dienstfähigkeit führen konnten, fügen sich in das gezeichnete bild der negativen prognose hinsichtlich einer innerhalb des zeitlichen rahmens zu erwartenden beachtlichen genesung. 55soweit der kläger die rechtmäßigkeit der dem polizeiamtsärztlichen gutachten zugrunde liegenden untersuchungsanordnung anzweifelt, ist dies rechtlich nicht von relevanz, da das untersuchungsergebnis unabhängig von der rechtmäßigkeit der untersuchungsaufforderung verwertbar ist. 56vgl. bverwg, beschluss vom 14. märz 2019 – 2 vr 5/18 –, juris, rn. 34. 57ohne erfolg bleibt der einwand des klägers, der sachverständige zeuge hätte seine einschätzung tragend auf den letztlich widerlegten umstand gestützt, dass der kläger krankheitsbedingt weder in der lage ist, ein bem-gespräch zu führen noch die initiative zur durchführung einer wiedereingliederungsmaßnahme zu ergreifen. der sachverständige zeuge hat in der mündlichen verhandlung erklärt, dass nicht allein die mangelnde initiative hinsichtlich der durchführung eines bem- oder wiedereingliederungsverfahrens tragend für seine ärztliche einschätzung zur leistungsfähigkeit des klägers gewesen seien. hingegen sei die gesamtschau, in der viele weitere „weiche kriterien“ eine rolle gespielt hätten, maßgeblich gewesen (vgl. seite 8 der sitzungsniederschrift). diese erläuterung steht in einklang mit den dem gutachten auf seite 24 zu entnehmenden ausführungen, wo es heißt: „aus fachlicher sicht ist zu befürchten, dass herr pok f. krankheitsbedingt weder in der lage ist ein bem gespräch zu führen, noch die initiative zur durchführung einer wiedereingliederungsmaßnahme zu ergreifen. auch die zusendung weiterer schweigepflichtentbindungserklärungen muss als fehlende absprachefähigkeit gewertet werden. auch wenn diese nur als weiche kriterien anzusehen sind, passen sie in das gesamtbild der schweren nichtorganischen erkrankung an der der patient leidet.“. es wird deutlich, dass der sachverständige zeuge die fehlende initiative des klägers hinsichtlich der durchführung eines bem- oder wiedereingliederungsverfahrens ebenso wie die wiederholte absprachewidrige übersendung von schweigepflichtentbindungserklärungen als anschauliche beispiele zur verdeutlichung der psychisch-neurologischen einschränkungen des klägers herausgegriffen und nicht als tragende säule seiner bewertung betrachtet hat. dass auch der schließlich seitens des klägers im juli 2019 gestellte wiedereingliederungsantrag und die vorlage eines konkreten wiedereingliederungsplanes im september 2019 nicht zu einer anderen als in dem gutachten vom 2. juli 2019 getroffenen einschätzung führt, ist bereits in dem gutachten angelegt (vgl. seite 24 des gutachtens: „… obgleich dieses ansinnen aus meiner fachlichen sicht spät kam.“). hierzu fügt sich, dass der sachverständige zeuge in der mündlichen verhandlung konstatierte, dass diese scheinbaren fortschritte in anbetracht der telefonischen distanzüberschreitungen des klägers, die ebenfalls im september 2019 stattgefunden hätten, in den hintergrund gedrängt würden und daher keinen anhalt dafür böten, der kläger hätte seine leistungseinschränkungen überwunden. außerdem wies er darauf hin, dass der kläger nicht alleine dazu in der lage gewesen sei, die erforderlichen maßnahmen zu ergreifen, sondern er der unterstützung des ihn behandelnden arztes bedurft habe, der ihn im juni 2019 angerufen und gefragt habe, wann mit der wiedereingliederung begonnen werden könne (vgl. s. 4 der sitzungsniederschrift). 58auch hat der kläger bis zum erlass der streitgegenständlichen zurruhesetzungsverfügung keine ärztlichen unterlagen beigebracht, die geeignet wären, die polizeiamtsärztliche einschätzung substantiell in zweifel zu ziehen. insbesondere lassen sich den von ihm im juli 2019 und september 2019 vorgelegten schreiben seines behandelnden arztes keine tragfähigen aussagen zu seinem gesundheitszustand entnehmen. soweit es dort heißt „es ist nun eine stufenweise wiedereingliederung nach dem hamburger modell vorgesehen.“ und „anschließend sollte eine vollschichtige tätigkeit unter den genannten einschränkungen möglich sein.“ bleibt offen, ob und wenn ja, auf welchen fachlichen feststellungen zu einer eingetretenen positiven veränderung des gesundheitszustandes des klägers diese einschätzung beruht. 59c. aufgrund der erheblichen einschränkungen, denen der kläger unterlag, und der von ihm selbst geschilderten beschwerden war es auch nicht erforderlich, auf der dritten stufe gemäß § 26 abs. 1 satz 3, abs. 2 und 3 beamtstg nach einer anderweitigen verwendung zu suchen. die suchpflicht entfällt nämlich, wenn feststeht, dass der beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei dienst mehr leisten kann oder erhebliche fehlzeiten zu erwarten sind. 60vgl. ovg nrw, urteil vom 4. november 2015 - 6 a 1364/14 -, juris, m.w.n. 61so liegt der fall hier. die feststellung des beklagten, der kläger sei auch allgemein dienstunfähig und verfüge über keinerlei beachtliches restleistungsvermögen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. dies lässt sich bereits dem der zurruhesetzungsverfügung zugrundeliegenden polizeiamtsärztlichen gutachten entnehmen (vgl. dazu oben unter a. 3. b.). der sachverständige zuge stellte in der mündlichen verhandlung ergänzend zusammenfassend fest, dass der kläger einzig zu einer reinen kopiertätigkeit in der lage gewesen sei, aber mit allem, was mehr konzentration, absprachefähigkeit und kommunikation vorausgesetzt hätte, überfordert gewesen wäre (vgl. s. 6 der sitzungsniederschrift). ein dienstposten, der diesen und den weiteren (oben aufgezeigten) leistungseinschränkungen des klägers rechnung trägt ist bei lebensnaher betrachtung auch in der allgemeinen verwaltung nicht vorhanden. den dem polizeiamtsärztlichen gutachten und in der mündlichen verhandlung ergänzten erläuterungen des polizeiamtsarztes zu den nach ärztlicher einschätzung zum zeitpunkt der zurruhesetzungsverfügung bestehenden erheblichen leistungseinschränkungen ohne beachtliches restleistungsvermögen ist der kläger auch insoweit nicht substantiiert entgegengetreten. zur vermeidung von wiederholungen wird im übrigen auf die unter punkt a. 3. b. dargestellten ausführungen bezug genommen. 62auch eine begrenzte dienstfähigkeit i.s.v. § 27 beamtstg kam in anbetracht des fehlenden restleistungsvermögens nicht in betracht. 63b. auch der auf die unverzügliche reaktivierung des klägers gerichtete hilfsantrag bleibt ohne erfolg. er ist jedenfalls unbegründet. 64die voraussetzungen des für das reaktivierungsbegehren allein als anspruchsgrundlage in betracht kommenden § 29 abs. 1 beamtstg in verbindung mit § 35 lbg nrw liegen im für die entscheidung maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung, 65vgl. ovg nrw, beschluss vom 7. mai 2007 - 1 b 385/07 -, juris, rn. 5; bayvgh, beschluss vom 17. januar 2014 - 3 zb 11.179 -, juris, rn. 4, 66nicht vor. nach diesen vorschriften ist dem auf erneute berufung in das beamtenverhältnis gerichteten antrag eines beamten oder einer beamtin nach wiederherstellung seiner bzw. ihrer dienstfähigkeit zu entsprechen, falls nicht zwingende dienstliche gründe entgegenstehen. 67die für eine reaktivierung auf antrag des beamten oder der beamtin erforderliche wiederherstellung der dienstfähigkeit ist nur gegeben, wenn der beamte bzw. die beamtin den gesundheitlichen anforderungen des ihm bzw. ihr zuletzt übertragenen statusamtes wieder genügt. 68vgl. ovg nrw, beschluss vom 3. september 2018 - 6 e 661/18 -, seite 2 des amtlichen entscheidungsabdrucks, n.v.; urteil vom 4. november 2015 - 6 a 208/12 -, juris, rn. 32, sowie beschlüsse vom 24. september 2015 - 6 e 819/15 -, juris, rn. 3, und vom 2. mai 2011 - 6 a 2373/10 -, juris, rn. 3 ff. 69diese voraussetzungen sind nicht erfüllt. im streitfall besteht - nach wie vor - kein tragfähiger anhalt dafür, dass der kläger, der zuletzt das statusamt eines polizeioberkommissars (besoldungsgruppe a 10) bekleidet hat, den gesundheitlichen anforderungen dieses statusamtes wieder genügt. das von dem kläger vorgelegte schreiben seines behandelnden arztes vom 4. november 2021 enthält mit formulierungen wie „besserung des psychischen gesamtbildes“ und „verbesserung seiner kognitiven fähigkeiten“ zum einen nur wenig greifbare umschreibungen, auf deren grundlage eine bewertung seiner leistungsfähigkeit und die daraus zu ziehenden schlussfolgerungen auf seine (polizei-)dienstfähigkeit nicht möglich sind. zum anderen schließt der bericht jedoch auch lediglich mit der einschätzung, dass eine „dienstfähigkeit im verwaltungsdienst“ seit sommer 2019 wieder gegeben sei. eine positive aussage zur wiederherstellung auch der polizeidienstfähigkeit lässt sich dem schreiben nicht entnehmen. im gegenteil ist im lichte der vorangegangenen äußerungen des behandelnden arztes davon auszugehen, dass der kläger aus seiner sicht nach wie vor nicht den gesundheitlichen anforderungen seines zuletzt innegehabten statusamtes eines polizeioberkommissars genügt. hatte er dem kläger doch mit schreiben vom 00.0.2019 die eignung zum führen einer dienstwaffe abgesprochen und eine wiedereingliederung in den polizeivollzugsdienst als nicht möglich erachtet. ergänzend sei angemerkt, dass vor diesem hintergrund nicht zu beanstanden ist, dass der beklagte bisher auch keine veranlassung gesehen hat, ein amtsärztliches gutachten zur frage der wiederherstellung der dienstfähigkeit des klägers bezogen auf das statusamt eines polizeioberkommissars einzuholen. 70c. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 711 zpo. 71rechtsmittelbelehrung: 72gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 73auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 74innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 75die berufung ist nur zuzulassen, 761. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 772. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 783. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 794. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 805. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 81die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 82über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 83im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 84die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 85beschluss: 86der streitwert wird auf die wertstufe bis 65.000,- euro festgesetzt. 87gründe: 88die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 6 satz 1 nr. 1, sätze 2 und 3 gkg erfolgt. 89rechtsmittelbelehrung: 90gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 91auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 92die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 93die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 94die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 95war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 18 K 3240/20 | 2021-12-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage gilt als zurückgenommen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist seit dem 5. Mai 2014 staatlich geprüfte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Im Rahmen ihrer Ausbildung schloss sie einen erziehungswissenschaftlichen, jedoch kein psychologischen Studiengang ab. Seit dem 30. Mai 2014 ist die Klägerin in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres tätig. 3Am 5. November 2019 stellte die Klägerin bei der Bezirksregierung einen Antrag auf Erteilung der Approbation als psychologische Psychotherapeutin. Sie berief sich in ihrem Antrag auf § 2 Abs. 1 und Abs. 2 des PsychThG in der damals geltenden Fassung und führte aus, dass ihr vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichheitssatzes als Bürgerin der Bundesrepublik Deutschland ebenso ein Recht auf die inhaltliche Überprüfung ihrer beruflichen Qualifikation zustehe, wie Bürgern aus dem (EU-)Ausland. 4Nach Übergang der internen Zuständigkeit lehnte die Bezirksregierung N. den Antrag der Klägerin durch Bescheid vom 20. Juli 2020, zugestellt am 23. Juli 2020, ab. Zur Begründung führte die Bezirksregierung aus, dass weder der von der Klägerin nachgewiesene Abschluss im Studiengang Erziehungswissenschaften noch die daran angeschlossene Ausbildung zur Kinder und Jugendlichenpsychotherapeutin die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 PsychThG erfüllten. Der Weg zu einer Gleichwertigkeitsprüfung nach § 2 Abs. 2 PsychThG sei nicht eröffnet, weil die Klägerin über keinen der in § 2 Abs. 2 PsychThG genannten Abschlüsse verfüge. 5Die Klägerin hat am 21. August 2020 Klage erhoben. In der Klageschrift hat sie Akteneinsicht beantragt und eine ausführliche Begründung mit gesondertem Schriftsatz nach erfolgter Akteneinsicht angekündigt. Mit Verfügung vom 24. August 2020 hat der Vorsitzende der erkennenden Kammer eine Frist zur Klagebegründung von vier Wochen nach Akteneinsicht gesetzt. Am 5. November 2020 ist der Klägerin durch Übersendung des Verwaltungsvorgangs Akteneinsicht gewährt worden. Unter dem 8. November 2020, bei Gericht eingegangen am 12. November 2020, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Verwaltungsakte nach vollzogener Einsichtnahme zurück gereicht. Mit Verfügungen vom 16. Dezember 2020 sowie 28. Januar 2021 wurde der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jeweils fruchtlos an die in der Klageschrift angekündigte Einreichung einer Klagebegründung erinnert. Mit Verfügung vom 29. März 2021, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am selben Tag, forderte der Berichterstatter der erkennenden Kammer den Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf, das Verfahren durch Einreichung einer Klagebegründung zu betreiben; auf die Einstellungsfiktion im Falle des Nichtbetreibens gemäß § 92 Abs. 2 VwGO wurde hingewiesen. Eine Klagebegründung ging schließlich ausweislich des technischen Prüfvermerks am 1. Juni 2021 um 00:00:02 Uhr ein. Mit Verfügung vom 1. Juni 2021 wies das Gericht die Klägerin darauf hin, dass diese Klagebegründung verfristet eingegangen und die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingetreten sein dürfte. 6Die Klägerin ist der Ansicht, dass es sich bei dem verspäteten Zugang um einen Fall höherer Gewalt handele: Es sei zu einer völlig atypischen langen Verarbeitungszeit des beA-Systems gekommen, mit dem der Prozessbevollmächtigte nicht habe rechnen müssen. Er habe sich im beA-System bereits um 23:55 Uhr eingeloggt und so sichergestellt, dass das System erreichbar sei und keine technische Störung vorliege. Die PDF-Datei der Klagebegründung sei in der Eingabemaske des beA-Systems um 23:58:25 Uhr fertiggestellt worden. Der eigentliche Sendevorgang sei spätestens um 23:58:50 oder 23:59:00 Uhr durch betätigen des „Senden“-Buttons ausgelöst worden. Der Übersendungsvorgang der 518 KB großen Datei habe sodann über 60 Sekunden gedauert. Nach der bisherigen Erfahrung des Prozessbevollmächtigten dauere dieser Übertragungsvorgang mit der von ihm verwendeten Hard- und Software sowie seines Internetanschlusses höchstens 10 Sekunden. Sowohl ein Anwendungs- als auch ein technischer Fehler seiner Hard- und Software seien für den fraglichen Übertragungsvorgang auszuschließen. In der Überschreitung der üblichen Übertragungsdauer um das wenigstens Fünffache sei nicht mehr eine normale Verzögerung zu sehen, die einzukalkulieren sei, sondern ein unabwendbarer Zufall. Dabei sei auf den subjektiven Erfahrungsschatz des Prozessbevollmächtigten abzustellen. Ein erheblicher Unterschied zum Versand beispielsweise mit der Post liege vorliegend darin, dass das beA-System in der Regel zu einem Zeitpunkt verwendet würde, an dem andere Übermittlungswege wie Post oder Fax nicht mehr gangbar seien. Im vorliegenden Fall habe nämlich der Anwender keine Möglichkeit, einer Beeinträchtigung vorzubeugen oder bei Feststellung einer Störung noch fristwahrend auf das System einzuwirken. Dem habe auch der Gesetzgeber mit dem § 55d VwGO Rechnung getragen, dessen Rechtsgedanke bereits vor seinem an die aktive Nutzungspflicht gekoppelten Inkrafttreten anwendbar sei und es erlaube, bei technischen Störungen Schriftsätze auch nach Ablauf einer Frist noch einzureichen. Der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte Sicherheitszuschlag von 20 Minuten bei dem Versand von Schriftsätzen per Fax diene dazu, es dem Versender zu ermöglichen, rechtzeitig vor Ablauf einer Frist eine Fehlermeldung zu erhalten, wenn der Sendevorgang scheitere. Die Frist stelle dann sicher, dass er rechtzeitig einen erneuten Sendevorgang einleiten könne. Vor dem Hintergrund dieses Zwecks sei es ausreichend gewesen, sich 5 Minuten vor Ablauf der Frist einzuloggen. 7In materiell-rechtlicher Hinsicht habe sie einen Anspruch auf Erteilung einer Approbation als psychologische Psychotherapeutin, hilfsweise darauf, dass der Beklagte eine Prüfung vornimmt, ob ihre Qualifikation gemäß den unter § 2 Abs. 2 PsyhThG formulierten Vorgaben unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit die Erteilung der begehrten Approbation rechtfertige. 8Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9das Verfahren fortzusetzen und 10den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Münster N. vom 20. Juli 2020 zu verpflichten, ihr die Approbation als psychologische Psychotherapeutin zu erteilen, 11hilfsweise, 12ihre Qualifikation einer Gleichwertigkeitsprüfung nach § 2 Abs. 2 PsychThG zu unterziehen, 13weiter hilfsweise, über ihren Antrag vom 5. November 2019 unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts erneut zu entscheiden. 14Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 15die Klage abzuweisen. 16Er hat sich zur Klage nicht geäußert. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Es ist vorliegend durch Urteil zu entscheiden, ob die Klage als zurückgenommen gilt, da die Klägerin die Wirksamkeit der Rücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bestreitet. 20Vgl. Peters/Axer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 92, Rn. 88. 21Die Entscheidung ergeht gemäß § 87a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2 VwGO durch den Berichterstatter und ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nachdem sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 16. August 2021 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 26. August 2021 hiermit einverstanden erklärt haben. 22Die Klage hat keinen Erfolg. 23Diese gilt als zurückgenommen. Die gesetzliche Fiktion des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingetreten (dazu I.), und der Klägerin ist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und das Verfahren aufgrund dessen nicht fortzuführen (dazu II.). 24I. Die Voraussetzungen von § 92 Abs. 2 VwGO sind vorliegend erfüllt. Nach dieser Norm gilt die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. 251. Es lag der für den Erlass einer Betreibensaufforderung gemäß § 92 Abs. 2 VwGO erforderliche Anlass vor. Ein solcher muss mit Blick auf den mit der Wirkung des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO verbundenen Eingriff in das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes über den Wortlaut der Norm des § 92 Abs. 2 VwGO hinaus gegeben sein. 26Vgl. BVerfG, stattgebende Kammerbeschlüsse vom 19. Mai 1993 – 2 BvR 1972/92 –, juris, Rn. 14; und vom 17. September 2012 – 1 BvR 2254/11 –, juris, Rn. 27 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 27. März 2019 – 6 A 155/18 –, juris, Rn. 7 ff. 27Ein solcher Anlass lag hier in Form der fehlenden Einreichung einer Klagebegründung vor. Zwar ist im Verwaltungsverfahren eine Klagebegründung nicht zwingend erforderlich, so dass ihr Fehlen allein noch keinen Anlass für eine Betreibensaufforderung bietet. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Klägerin – wie hier geschehen – selbst eine Klagebegründung ankündigt und das Gericht daraufhin eine Frist zur Klagebegründung setzt. 28Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1987 – 9 C 259.86 –, juris, Rn. 10 f.; sowie Urteil vom 15. Januar 1991 – 9 C 96.89 –, juris, Rn. 11. 29Die gerichtliche Frist zur Klagebegründung begann mit Abschluss der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gewährten Einsichtnahme in die Verwaltungsvorgänge des Beklagten am 12. November 2020 und endete am 10. Dezember 2020. Das Gericht hat die Klägerin im Anschluss zweimal – am 16. Dezember 2020 und am 21. Januar 2021 – an die fehlende Klagebegründung erinnert. Trotzdem reichte die Klägerin bis zum Tag der Betreibensaufforderung am 29. März 2021 keine Klagebegründung ein. 302. Die Betreibensaufforderung erfolgte auch formgerecht. Sie wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin förmlich zugestellt und enthielt eine Belehrung sowohl über die Folge des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO als auch des § 155 Abs. 2 VwGO. 313. Die Klägerin hat das Verfahren schließlich innerhalb der nächsten zwei Monate nach Zugang der Betreibensaufforderung nicht betrieben. Die Zwei-Monats-Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO endete gemäß § 57 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – da der 29. Mai 2021 ein Sonnabend war – mit Ablauf des Montags, dem 31. Mai 2021. Eine Klagebegründung der Klägerin in elektronischer Form ging ausweislich des Prüfvermerks auf dem insoweit maßgeblichen Eingangsserver des Gerichts jedoch erst am 1. Juni 2021 um 00:00:02 Uhr und damit nach Ablauf der zweimonatigen Frist des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO ein. 324. Eine Verlängerung der Frist des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO kam hier nicht in Betracht, da es sich bei dieser Zwei-Monats-Frist um eine solche handelt, die den sogenannten uneigentlichen gesetzlichen Fristen zuzurechnen ist, also denjenigen Zeitspannen, deren Ende einen äußersten Zeitpunkt festlegt, nach dem auch bei fehlendem Verschulden eine Beteiligtenhandlung endgültig nicht mehr oder nur noch unter ganz besonderen Voraussetzungen vorgenommen werden kann. 33Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. April 1985 – 9 C 7.85 –, juris, Rn. 15 (zu § 33 AsylVfG der damaligen Fassung), und vom 25. März 1999 – 3 B 147.98 –, juris, Rn. 7. 34II. Das Verfahren ist trotz des konkludent von der Klägerin mit Schriftsatz vom 16. Juni 2021 gestellten Antrags auch nicht fortzusetzen. Ihr ist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. 351. Dabei ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 VwGO bei der Frist des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO bereits grundsätzlich ausgeschlossen. § 92 Abs. 2 VwGO bezweckt, solche verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten, die wegen entstandener Zweifel an einem Fortbestand des Rechtsschutzinteresses fragwürdig geworden sind, in beschleunigender Weise einem endgültigen Abschluss zuzuführen. Dieser Zweck kann in dem beabsichtigten Umfang nur erreicht werden, wenn die einmal eingetretene Fiktion der Verfahrenserledigung grundsätzlich unabänderlich ist und nachträglich nicht mehr mit Erfolg in Frage gestellt werden kann. Dies gebietet es, die Zwei-Monats-Frist des § 92 Abs. 2 VwGO als strenge gesetzliche Frist in dem Sinne aufzufassen, dass nach ihrem Ablauf eine Ausräumung der aufgetretenen Rechtsschutzzweifel ohne die bei Versäumung gesetzlicher Fristen in der Regel gegebene Möglichkeit einer Wiedereinsetzung wegen fehlenden Verschuldens ausgeschlossen sein soll. Der Anspruch des Klägers auf effektiven Rechtsschutz kann demgegenüber keinen Vorrang beanspruchen. Er muss auf die bestehenden Zweifel an einem Fortbestand des Rechtsschutzinteresses, die Voraussetzung für den Erlass einer Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens sind, förmlich hingewiesen und es muss ihm Gelegenheit gegeben werden, die aufgetretenen Zweifel zu zerstreuen. Hierzu gewährt ihm das Gesetz eine beträchtliche Frist, die etwa über die Anfechtungs- und Rechtsmittelfristen der Verwaltungsgerichtsordnung erheblich hinausgeht. 36Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1985 – 9 C 7.85 –, juris, Rn. 14 (zu § 33 AsylVfG der damaligen Fassung); Clausing, in: Schoch/Schneider, VwGO, Loseblatt, Stand: 41. Ergänzungslieferung Juli 2021, § 92 Rn. 57. 372. Dies gilt allerdings entsprechend des Rechtsgedankens der §§ 58 Abs. 2, § 60 Abs. 3 VwGO nicht für Fälle, in denen die Betreibensfrist aufgrund höherer Gewalt versäumt wurde. Anders als die Zivilprozessordnung, die eine Wiedereinsetzung in uneigentliche gesetzliche Fristen völlig ausschließt (vgl. z.B. § 234 Abs. 3 ZPO), lässt die Verwaltungsgerichtsordnung bei Versäumung der von ihr geregelten uneigentlichen Fristen (vgl. §§ 58 Abs. 2, 60 Abs. 3 VwGO) eine Wiedereinsetzung im Falle höherer Gewalt zu. Das muss im Wege der Rechtsanalogie auch für die Zwei-Monats-Frist des § 92 Abs. 2 VwGO gelten. Dieser Vorschrift kann nicht entnommen werden, dass insoweit von den Grundsätzen der Verwaltungsgerichtsordnung abgewichen werden sollte. 38Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1985 – 9 C 7.85 –, juris, Rn. 15 (zu § 33 AsylVfG der damaligen Fassung), und Urteil vom 10. Dezember 2013 – 8 C 25.12 –, juris, Rn. 29 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 27. März 2019 – 6 A 155/18 –, juris, Rn. 21. 39Ein Fall höherer Gewalt liegt vor, wenn ein Ereignis eintritt, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falls vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe – also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung – zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte. 40Vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 16. Oktober 2007 – 2 BvR 51/05 –, juris, Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 23. April 1985 – 9 C 7.85 –, juris, Rn. 16 m.w.N. 41Bei der Konkretisierung der größten vernünftigerweise zu erwartenden Sorgfalt ist die Bedeutung der Fristwahrung für den Betroffenen in Rechnung zu stellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Sorgfaltsanforderungen umso höher sind, je weiter eine Frist ausgenutzt wird. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 8 C 25.12 –, juris, Rn. 31 m.w.N. 433. Dies zugrunde gelegt ist der Klägerin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil die Voraussetzungen für die Annahme höherer Gewalt vorliegend nicht erfüllt waren. 44Nach den oben dargestellten Maßgaben galten für die Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten hier hohe Sorgfaltsanforderungen, weil die rechtzeitige Einreichung einer Klagebegründung als die von der Klägerin im Rahmen der Betreibensaufforderung geforderte Verfahrenshandlung für sie erhebliche Bedeutung hatte. Bei Versäumung der Ausschlussfrist galt die auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der von der Klägerin begehrten Approbation als psychologische Psychotherapeutin gerichtete Klage gemäß der Regelung des § 92 Abs. 2 VwGO als zurückgenommen. Schon deshalb war von ihr und dem von ihr mandatierten Prozessbevollmächtigten bei größter Sorgfalt zu erwarten, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um die fristgerechte Einreichung einer Klagebegründung sicherzustellen. Wegen der Bedeutung der Fristwahrung und wegen des gesetzlichen Ausschlusses einer Wiedereinsetzung unter den Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 VwGO waren bei Anwendung größter Sorgfalt Vorkehrungen dagegen zu erwarten, dass Hindernisse, mit denen nach Lage der Dinge zu rechnen waren, die Fristwahrung vereitelten. 45Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 8 C 25.12 –, juris, Rn. 31 m.w.N. 46Dem ist das Verhalten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dessen Verhalten sie sich gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, nicht gerecht geworden. Denn wenn dieser den zur Fristwahrung erforderlichen Schriftsatz per besonderem Anwaltspostfach lediglich eine Minute und 10 Sekunden vor Ablauf der Frist – so sein eigenes anwaltlich versichertes Vorbringen – versendet, wahrt er nicht mehr die von ihm zu erwartende und zumutbare Sorgfalt. 47a) Bei der Nutzung der elektronischen Versendung von Schriftsätzen gemäß § 55a VwGO trägt das Risiko des Zugangs grundsätzlich der Absender. Dabei hat der Absender auch den Zeitbedarf zwischen der Absendung des elektronischen Dokuments und der Aufzeichnung auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung zu bedenken. Auch wenn Fristen grundsätzlich voll ausgeschöpft werden dürfen, sind übliche Verzögerungen einzukalkulieren. 48Vgl. Braun Binder, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 55a, Rn. 94 m.w.N. 49Demgemäß handelt ein Absender – wie vorliegend der Prozessbevollmächtigte der Klägerin – nur dann nach der größten vernünftigerweise von ihm zu erwartenden Sorgfalt, wenn er einen ausreichend großen zeitlichen Sicherheitszuschlag bis zum Fristablauf sicherstellt. Dieser Sicherheitszuschlag muss so bemessen sein, dass er möglichen Störungen des Übertragungsweges Rechnung trägt und ggf. auch Wiederholungen des Übertragungsversuches ermöglicht. 50b) Anders als es der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint, kommt es nicht darauf an, ob die Übertragungsstörung nach seinem eigenen subjektiven Erfahrungsschatz für ihn vorhersehbar war. Maßgeblich ist stattdessen vielmehr, ob er die Fristversäumung verhindert hätte, wenn er die von ihm zu erwartende und ihm zumutbare Sorgfalt an den Tag gelegt hätte. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: Dieses stellt nicht darauf ab, ob die konkrete Verzögerung für den Betroffenen vorhersehbar war, sondern darauf, ob Verzögerungen generell auszuschließen waren. 51Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 8 C 25.12 –, juris, Rn. 31. 52Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Begriff der höheren Gewalt enger ist als der Begriff des Verschuldens. Denn § 60 Abs. 3 VwGO fragt – in Abgrenzung zu § 60 Abs. 1 VwGO – gerade nicht nach dem Verschulden des Betroffenen. Dementsprechend lässt sich auch die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die zur Frage des Verschuldens beim Faxversand ergangen ist, nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. 53Die Sorgfaltspflichtverletzung lag hier darin, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Übertragungsvorgang zu spät initiiert hat. Dementsprechend gehen dessen Ausführungen fehl, soweit er darauf abzielt, dass es seinerseits weder zu technischen noch zu Anwendungsfehlern gekommen sei und dass für ihn die Verzögerung des Übertragungsvorgangs erst mit dessen Abschluss erkennbar gewesen sei. 54Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hätte die Fristüberschreitung verhindern können, wenn er einen größeren zeitlichen Sicherheitszuschlag eingeplant hätte. Ein solcher war von ihm – entsprechend seiner Lage, Bildung und Erfahrung – zu erwarten und ihm zumutbar. Denn eine Verzögerung elektronischer Datenübertragungen ist kein so ungewöhnliches Ereignis, dass nicht damit gerechnet werden muss. Auch bei einer in aller Regel reibungslos funktionierenden Übertragung über das Internet, die gewöhnlich nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt, kann es zu Störungen kommen, die außerhalb der Sphäre des Gerichts liegen. Eine Datenübertragung über das Internet verläuft in aller Regel nicht linear nur über das Netz eines Zugangsanbieters, sondern sucht für die in Pakete aufgeteilte Datei automatisiert einen Übertragungsweg über unterschiedlichste Netze und Server in aller Welt. Es liegt auf der Hand, dass es in seltenen Einzelfällen zu einer – im Vergleich zu anderen Zustellungswegen – kurzen Verzögerung der Datenübertragung an einem der verschiedenen Knotenpunkte kommen kann. Insbesondere sind auch kurzfristige Engpässe beim Internetzugangsanbieter des Senders möglich. Dies sollte jedenfalls einem – nach seinen eigenen Ausführungen – erfahrenen Internetnutzer wie dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannt sein. Dass bei diesem nach seinem Vorbringen eine derartig verzögerte Übertragung noch nicht vorgekommen sei, sondern die Übertragung nach seiner Erfahrung höchstens 10 Sekunden dauere, verändert den Sorgfaltsmaßstab nicht. Denn nur weil Verzögerungen in der Regel nicht auftreten, sind sie doch nicht ausgeschlossen oder völlig unvorhersehbar. Dies gilt ebenfalls für die Dauer der Verzögerung: Selbst wenn es hier, wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend macht, zu einer Überschreitung der üblichen Dauer um das fünf- bis achtfache gekommen sein mag, bewegt sich dies angesichts dessen, dass die Verzögerung maximal etwa eine Minute betragen hätte, noch in einem Rahmen, dem mit der zu erwartenden und zumutbaren Sorgfalt hätte begegnet werden können. Gerade wenn es um eine Betreibensfrist mit ihren einschneidenden Folgen geht, hätte es der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sicherstellen müssen, dass selbst selten auftretende und – wie hier – nicht übermäßig lange Verzögerungen nicht zur Fristüberschreitung führen. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 8 C 25.12 –, juris, Rn. 31. 56c) Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorträgt, die elektronische Übertragung per besonderem Anwaltspostfach werde typischerweise zu einem Zeitpunkt initialisiert, in dem der Wechsel auf einen anderen Übertragungsweg nicht mehr möglich sei, verringert dies ebenfalls nicht den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab. Vielmehr führt dieser Umstand zu einer Steigerung der Anforderungen: Wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weiß, dass er im Falle einer Verzögerung der Übertragung nicht mehr auf Alternativen ausweichen kann, obliegt es ihm erst Recht, einen ausreichenden zeitlichen Sicherheitszuschlag einzuplanen, um einen rechtzeitigen Eingang des Schriftsatzes sicherzustellen. 57d) An diesem Ergebnis vermag auch – anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint – der Rechtsgedanke des künftigen § 55d Satz 3 und Satz 4 VwGO nichts zu ändern. § 55d VwGO tritt am 1. Januar 2022 in Kraft. Dessen Satz 3 und Satz 4 besagen, dass in dem Fall, in dem eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, eine Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit wird dann bei der Ersatzeinreichung oder unmittelbar danach glaubhaft zu machen sein. Diese Regelungen flankieren die Pflicht des § 55d Satz 1 VwGO zur Übermittlung von Schriftsätzen als elektronisches Dokument. Unabhängig davon, dass diese Norm im vorliegenden Fall in zeitlicher Hinsicht noch gar keine Anwendung findet, lässt sich aus ihr auch nicht der allgemeine Rechtsgedanke herleiten, dass im Falle des Scheiterns einer elektronischen Zustellung Schriftsätze noch nach Fristablauf auf dem herkömmlichen Weg eingereicht werden können. Die Regelungen des Satz 3 und Satz 4 stellen vielmehr eine Ausnahme zu der Pflicht des Satz 1 dar. Wenn der Gesetzgeber die Beteiligten am Verfahren verpflichtet, Schriftsätze elektronisch einzureichen, muss er auch eine Möglichkeit zur Ersatzeinreichung vorsehen, wenn die elektronische Übertragung technisch ausnahmsweise nicht möglich ist. Sonst könnte es zur Benachteiligung von Verfahrensbeteiligten kommen. Im vorliegenden Fall bestand jedoch gerade keine Pflicht zur elektronischen Einreichung und mithin kein Bedürfnis für eine derartige Ausnahmeregelung. 58Darüber hinaus ermöglichen § 55d Satz 3 und Satz 4 VwGO nicht die fristwahrende Einreichung von Schriftsätzen nach Ablauf einer Frist. Der Wortlaut der Norm enthält keine entsprechende Regelung. 59Anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin offenbar meint, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zur entsprechenden Norm nichts anderes: Mit Blick auf die Wahrung von Ausschlussfristen wollte der Gesetzgeber lediglich sicherstellen, dass die technische Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung auch erst unverzüglich nach der Ersatzeinreichung – mithin nach Fristablauf – glaubhaft gemacht werden kann. 60Vgl. BT-Drs. 17/12634 S. 27 f. 61Der Schriftsatz selbst – ohne Glaubhaftmachung – ist aber nach Vorstellung des Gesetzgebers dennoch innerhalb der Frist einzureichen. 62Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. 63Rechtsmittelbelehrung: 64Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 651. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 662. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 673. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 684. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 695. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 70Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 71Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ‑ ‑ ERVV –) wird hingewiesen. 72Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 73Beschluss: 74Der Streitwert wird auf die Wertstufe von bis zu 35.000 Euro festgesetzt. 75Gründe: 76Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und orientiert sich an der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zum Streitwert in Verfahren betreffend die Erteilung und den Widerruf von Approbationen als psychologischer Psychotherapeut (vgl. Beschlüsse vom 5. Februar 2007 – 13 A 1714/04 –, und vom 20. März 2003 – 13 A 4805/01 –, jeweils juris). 77Rechtsmittelbelehrung: 78Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. 79Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft. | die klage gilt als zurückgenommen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin ist seit dem 5. mai 2014 staatlich geprüfte kinder- und jugendlichenpsychotherapeutin. im rahmen ihrer ausbildung schloss sie einen erziehungswissenschaftlichen, jedoch kein psychologischen studiengang ab. seit dem 30. mai 2014 ist die klägerin in der ambulanten psychotherapeutischen versorgung von kindern, jugendlichen und jungen erwachsenen bis zur vollendung des 21. lebensjahres tätig. 3am 5. november 2019 stellte die klägerin bei der bezirksregierung einen antrag auf erteilung der approbation als psychologische psychotherapeutin. sie berief sich in ihrem antrag auf § 2 abs. 1 und abs. 2 des psychthg in der damals geltenden fassung und führte aus, dass ihr vor dem hintergrund des allgemeinen gleichheitssatzes als bürgerin der bundesrepublik deutschland ebenso ein recht auf die inhaltliche überprüfung ihrer beruflichen qualifikation zustehe, wie bürgern aus dem (eu-)ausland. 4nach übergang der internen zuständigkeit lehnte die bezirksregierung n. den antrag der klägerin durch bescheid vom 20. juli 2020, zugestellt am 23. juli 2020, ab. zur begründung führte die bezirksregierung aus, dass weder der von der klägerin nachgewiesene abschluss im studiengang erziehungswissenschaften noch die daran angeschlossene ausbildung zur kinder und jugendlichenpsychotherapeutin die voraussetzungen des § 2 abs. 1 psychthg erfüllten. der weg zu einer gleichwertigkeitsprüfung nach § 2 abs. 2 psychthg sei nicht eröffnet, weil die klägerin über keinen der in § 2 abs. 2 psychthg genannten abschlüsse verfüge. 5die klägerin hat am 21. august 2020 klage erhoben. in der klageschrift hat sie akteneinsicht beantragt und eine ausführliche begründung mit gesondertem schriftsatz nach erfolgter akteneinsicht angekündigt. mit verfügung vom 24. august 2020 hat der vorsitzende der erkennenden kammer eine frist zur klagebegründung von vier wochen nach akteneinsicht gesetzt. am 5. november 2020 ist der klägerin durch übersendung des verwaltungsvorgangs akteneinsicht gewährt worden. unter dem 8. november 2020, bei gericht eingegangen am 12. november 2020, hat der prozessbevollmächtigte der klägerin die verwaltungsakte nach vollzogener einsichtnahme zurück gereicht. mit verfügungen vom 16. dezember 2020 sowie 28. januar 2021 wurde der prozessbevollmächtigte der klägerin jeweils fruchtlos an die in der klageschrift angekündigte einreichung einer klagebegründung erinnert. mit verfügung vom 29. märz 2021, dem prozessbevollmächtigten der klägerin zugestellt am selben tag, forderte der berichterstatter der erkennenden kammer den prozessbevollmächtigten der klägerin auf, das verfahren durch einreichung einer klagebegründung zu betreiben; auf die einstellungsfiktion im falle des nichtbetreibens gemäß § 92 abs. 2 vwgo wurde hingewiesen. eine klagebegründung ging schließlich ausweislich des technischen prüfvermerks am 1. juni 2021 um 00:00:02 uhr ein. mit verfügung vom 1. juni 2021 wies das gericht die klägerin darauf hin, dass diese klagebegründung verfristet eingegangen und die rücknahmefiktion des § 92 abs. 2 satz 1 vwgo eingetreten sein dürfte. 6die klägerin ist der ansicht, dass es sich bei dem verspäteten zugang um einen fall höherer gewalt handele: es sei zu einer völlig atypischen langen verarbeitungszeit des bea-systems gekommen, mit dem der prozessbevollmächtigte nicht habe rechnen müssen. er habe sich im bea-system bereits um 23:55 uhr eingeloggt und so sichergestellt, dass das system erreichbar sei und keine technische störung vorliege. die pdf-datei der klagebegründung sei in der eingabemaske des bea-systems um 23:58:25 uhr fertiggestellt worden. der eigentliche sendevorgang sei spätestens um 23:58:50 oder 23:59:00 uhr durch betätigen des „senden“-buttons ausgelöst worden. der übersendungsvorgang der 518 kb großen datei habe sodann über 60 sekunden gedauert. nach der bisherigen erfahrung des prozessbevollmächtigten dauere dieser übertragungsvorgang mit der von ihm verwendeten hard- und software sowie seines internetanschlusses höchstens 10 sekunden. sowohl ein anwendungs- als auch ein technischer fehler seiner hard- und software seien für den fraglichen übertragungsvorgang auszuschließen. in der überschreitung der üblichen übertragungsdauer um das wenigstens fünffache sei nicht mehr eine normale verzögerung zu sehen, die einzukalkulieren sei, sondern ein unabwendbarer zufall. dabei sei auf den subjektiven erfahrungsschatz des prozessbevollmächtigten abzustellen. ein erheblicher unterschied zum versand beispielsweise mit der post liege vorliegend darin, dass das bea-system in der regel zu einem zeitpunkt verwendet würde, an dem andere übermittlungswege wie post oder fax nicht mehr gangbar seien. im vorliegenden fall habe nämlich der anwender keine möglichkeit, einer beeinträchtigung vorzubeugen oder bei feststellung einer störung noch fristwahrend auf das system einzuwirken. dem habe auch der gesetzgeber mit dem § 55d vwgo rechnung getragen, dessen rechtsgedanke bereits vor seinem an die aktive nutzungspflicht gekoppelten inkrafttreten anwendbar sei und es erlaube, bei technischen störungen schriftsätze auch nach ablauf einer frist noch einzureichen. der in der rechtsprechung des bundesgerichtshofs entwickelte sicherheitszuschlag von 20 minuten bei dem versand von schriftsätzen per fax diene dazu, es dem versender zu ermöglichen, rechtzeitig vor ablauf einer frist eine fehlermeldung zu erhalten, wenn der sendevorgang scheitere. die frist stelle dann sicher, dass er rechtzeitig einen erneuten sendevorgang einleiten könne. vor dem hintergrund dieses zwecks sei es ausreichend gewesen, sich 5 minuten vor ablauf der frist einzuloggen. 7in materiell-rechtlicher hinsicht habe sie einen anspruch auf erteilung einer approbation als psychologische psychotherapeutin, hilfsweise darauf, dass der beklagte eine prüfung vornimmt, ob ihre qualifikation gemäß den unter § 2 abs. 2 psyhthg formulierten vorgaben unter dem gesichtspunkt der gleichwertigkeit die erteilung der begehrten approbation rechtfertige. 8die klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9das verfahren fortzusetzen und 10den beklagten unter aufhebung des bescheides der bezirksregierung münster n. vom 20. juli 2020 zu verpflichten, ihr die approbation als psychologische psychotherapeutin zu erteilen, 11hilfsweise, 12ihre qualifikation einer gleichwertigkeitsprüfung nach § 2 abs. 2 psychthg zu unterziehen, 13weiter hilfsweise, über ihren antrag vom 5. november 2019 unter beachtung der rechtsaufassung des gerichts erneut zu entscheiden. 14der beklagte beantragt schriftsätzlich, 15die klage abzuweisen. 16er hat sich zur klage nicht geäußert. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 18 | 19es ist vorliegend durch urteil zu entscheiden, ob die klage als zurückgenommen gilt, da die klägerin die wirksamkeit der rücknahmefiktion nach § 92 abs. 2 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) bestreitet. 20vgl. peters/axer, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 92, rn. 88. 21die entscheidung ergeht gemäß § 87a abs. 2 und 3, § 101 abs. 2 vwgo durch den berichterstatter und ohne durchführung einer mündlichen verhandlung, nachdem sich die klägerin mit schriftsatz vom 16. august 2021 und der beklagte mit schriftsatz vom 26. august 2021 hiermit einverstanden erklärt haben. 22die klage hat keinen erfolg. 23diese gilt als zurückgenommen. die gesetzliche fiktion des § 92 abs. 2 satz 1 vwgo ist eingetreten (dazu i.), und der klägerin ist keine wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren und das verfahren aufgrund dessen nicht fortzuführen (dazu ii.). 24i. die voraussetzungen von § 92 abs. 2 vwgo sind vorliegend erfüllt. nach dieser norm gilt die klage als zurückgenommen, wenn der kläger das verfahren trotz aufforderung des gerichts länger als zwei monate nicht betreibt. 251. es lag der für den erlass einer betreibensaufforderung gemäß § 92 abs. 2 vwgo erforderliche anlass vor. ein solcher muss mit blick auf den mit der wirkung des § 92 abs. 2 satz 1 vwgo verbundenen eingriff in das recht der klägerin auf rechtliches gehör gemäß art. 19 abs. 4 des grundgesetzes über den wortlaut der norm des § 92 abs. 2 vwgo hinaus gegeben sein. 26vgl. bverfg, stattgebende kammerbeschlüsse vom 19. mai 1993 – 2 bvr 1972/92 –, juris, rn. 14; und vom 17. september 2012 – 1 bvr 2254/11 –, juris, rn. 27 ff.; ovg nrw, beschluss vom 27. märz 2019 – 6 a 155/18 –, juris, rn. 7 ff. 27ein solcher anlass lag hier in form der fehlenden einreichung einer klagebegründung vor. zwar ist im verwaltungsverfahren eine klagebegründung nicht zwingend erforderlich, so dass ihr fehlen allein noch keinen anlass für eine betreibensaufforderung bietet. etwas anderes gilt jedoch, wenn die klägerin – wie hier geschehen – selbst eine klagebegründung ankündigt und das gericht daraufhin eine frist zur klagebegründung setzt. 28vgl. bverwg, urteil vom 13. januar 1987 – 9 c 259.86 –, juris, rn. 10 f.; sowie urteil vom 15. januar 1991 – 9 c 96.89 –, juris, rn. 11. 29die gerichtliche frist zur klagebegründung begann mit abschluss der dem prozessbevollmächtigten der klägerin gewährten einsichtnahme in die verwaltungsvorgänge des beklagten am 12. november 2020 und endete am 10. dezember 2020. das gericht hat die klägerin im anschluss zweimal – am 16. dezember 2020 und am 21. januar 2021 – an die fehlende klagebegründung erinnert. trotzdem reichte die klägerin bis zum tag der betreibensaufforderung am 29. märz 2021 keine klagebegründung ein. 302. die betreibensaufforderung erfolgte auch formgerecht. sie wurde dem prozessbevollmächtigten der klägerin förmlich zugestellt und enthielt eine belehrung sowohl über die folge des § 92 abs. 2 satz 1 vwgo als auch des § 155 abs. 2 vwgo. 313. die klägerin hat das verfahren schließlich innerhalb der nächsten zwei monate nach zugang der betreibensaufforderung nicht betrieben. die zwei-monats-frist nach § 92 abs. 2 satz 1 vwgo endete gemäß § 57 vwgo, § 222 abs. 1 und 2 der zivilprozessordnung (zpo), § 187 abs. 1, § 188 abs. 2 des bürgerlichen gesetzbuchs – da der 29. mai 2021 ein sonnabend war – mit ablauf des montags, dem 31. mai 2021. eine klagebegründung der klägerin in elektronischer form ging ausweislich des prüfvermerks auf dem insoweit maßgeblichen eingangsserver des gerichts jedoch erst am 1. juni 2021 um 00:00:02 uhr und damit nach ablauf der zweimonatigen frist des § 92 abs. 2 satz 1 vwgo ein. 324. eine verlängerung der frist des § 92 abs. 2 satz 1 vwgo kam hier nicht in betracht, da es sich bei dieser zwei-monats-frist um eine solche handelt, die den sogenannten uneigentlichen gesetzlichen fristen zuzurechnen ist, also denjenigen zeitspannen, deren ende einen äußersten zeitpunkt festlegt, nach dem auch bei fehlendem verschulden eine beteiligtenhandlung endgültig nicht mehr oder nur noch unter ganz besonderen voraussetzungen vorgenommen werden kann. 33vgl. bverwg, beschlüsse vom 23. april 1985 – 9 c 7.85 –, juris, rn. 15 (zu § 33 asylvfg der damaligen fassung), und vom 25. märz 1999 – 3 b 147.98 –, juris, rn. 7. 34ii. das verfahren ist trotz des konkludent von der klägerin mit schriftsatz vom 16. juni 2021 gestellten antrags auch nicht fortzusetzen. ihr ist keine wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren. 351. dabei ist eine wiedereinsetzung in den vorigen stand unter den voraussetzungen des § 60 abs. 1 vwgo bei der frist des § 92 abs. 2 satz 1 vwgo bereits grundsätzlich ausgeschlossen. § 92 abs. 2 vwgo bezweckt, solche verwaltungsgerichtlichen streitigkeiten, die wegen entstandener zweifel an einem fortbestand des rechtsschutzinteresses fragwürdig geworden sind, in beschleunigender weise einem endgültigen abschluss zuzuführen. dieser zweck kann in dem beabsichtigten umfang nur erreicht werden, wenn die einmal eingetretene fiktion der verfahrenserledigung grundsätzlich unabänderlich ist und nachträglich nicht mehr mit erfolg in frage gestellt werden kann. dies gebietet es, die zwei-monats-frist des § 92 abs. 2 vwgo als strenge gesetzliche frist in dem sinne aufzufassen, dass nach ihrem ablauf eine ausräumung der aufgetretenen rechtsschutzzweifel ohne die bei versäumung gesetzlicher fristen in der regel gegebene möglichkeit einer wiedereinsetzung wegen fehlenden verschuldens ausgeschlossen sein soll. der anspruch des klägers auf effektiven rechtsschutz kann demgegenüber keinen vorrang beanspruchen. er muss auf die bestehenden zweifel an einem fortbestand des rechtsschutzinteresses, die voraussetzung für den erlass einer aufforderung zum betreiben des verfahrens sind, förmlich hingewiesen und es muss ihm gelegenheit gegeben werden, die aufgetretenen zweifel zu zerstreuen. hierzu gewährt ihm das gesetz eine beträchtliche frist, die etwa über die anfechtungs- und rechtsmittelfristen der verwaltungsgerichtsordnung erheblich hinausgeht. 36vgl. bverwg, beschluss vom 23. april 1985 – 9 c 7.85 –, juris, rn. 14 (zu § 33 asylvfg der damaligen fassung); clausing, in: schoch/schneider, vwgo, loseblatt, stand: 41. ergänzungslieferung juli 2021, § 92 rn. 57. 372. dies gilt allerdings entsprechend des rechtsgedankens der §§ 58 abs. 2, § 60 abs. 3 vwgo nicht für fälle, in denen die betreibensfrist aufgrund höherer gewalt versäumt wurde. anders als die zivilprozessordnung, die eine wiedereinsetzung in uneigentliche gesetzliche fristen völlig ausschließt (vgl. z.b. § 234 abs. 3 zpo), lässt die verwaltungsgerichtsordnung bei versäumung der von ihr geregelten uneigentlichen fristen (vgl. §§ 58 abs. 2, 60 abs. 3 vwgo) eine wiedereinsetzung im falle höherer gewalt zu. das muss im wege der rechtsanalogie auch für die zwei-monats-frist des § 92 abs. 2 vwgo gelten. dieser vorschrift kann nicht entnommen werden, dass insoweit von den grundsätzen der verwaltungsgerichtsordnung abgewichen werden sollte. 38vgl. bverwg, beschluss vom 23. april 1985 – 9 c 7.85 –, juris, rn. 15 (zu § 33 asylvfg der damaligen fassung), und urteil vom 10. dezember 2013 – 8 c 25.12 –, juris, rn. 29 ff.; ovg nrw, beschluss vom 27. märz 2019 – 6 a 155/18 –, juris, rn. 21. 39ein fall höherer gewalt liegt vor, wenn ein ereignis eintritt, das unter den gegebenen umständen auch durch die größte nach den umständen des gegebenen falls vernünftigerweise von dem betroffenen unter anlegung subjektiver maßstäbe – also unter berücksichtigung seiner lage, erfahrung und bildung – zu erwartende und zumutbare sorgfalt nicht abgewendet werden konnte. 40vgl. bverfg, stattgebender kammerbeschluss vom 16. oktober 2007 – 2 bvr 51/05 –, juris, rn. 11; bverwg, urteil vom 23. april 1985 – 9 c 7.85 –, juris, rn. 16 m.w.n. 41bei der konkretisierung der größten vernünftigerweise zu erwartenden sorgfalt ist die bedeutung der fristwahrung für den betroffenen in rechnung zu stellen. außerdem ist zu berücksichtigen, dass die sorgfaltsanforderungen umso höher sind, je weiter eine frist ausgenutzt wird. 42vgl. bverwg, urteil vom 10. dezember 2013 – 8 c 25.12 –, juris, rn. 31 m.w.n. 433. dies zugrunde gelegt ist der klägerin keine wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, weil die voraussetzungen für die annahme höherer gewalt vorliegend nicht erfüllt waren. 44nach den oben dargestellten maßgaben galten für die klägerin und ihren prozessbevollmächtigten hier hohe sorgfaltsanforderungen, weil die rechtzeitige einreichung einer klagebegründung als die von der klägerin im rahmen der betreibensaufforderung geforderte verfahrenshandlung für sie erhebliche bedeutung hatte. bei versäumung der ausschlussfrist galt die auf verpflichtung des beklagten zur erteilung der von der klägerin begehrten approbation als psychologische psychotherapeutin gerichtete klage gemäß der regelung des § 92 abs. 2 vwgo als zurückgenommen. schon deshalb war von ihr und dem von ihr mandatierten prozessbevollmächtigten bei größter sorgfalt zu erwarten, alle zumutbaren anstrengungen zu unternehmen, um die fristgerechte einreichung einer klagebegründung sicherzustellen. wegen der bedeutung der fristwahrung und wegen des gesetzlichen ausschlusses einer wiedereinsetzung unter den voraussetzungen von § 60 abs. 1 vwgo waren bei anwendung größter sorgfalt vorkehrungen dagegen zu erwarten, dass hindernisse, mit denen nach lage der dinge zu rechnen waren, die fristwahrung vereitelten. 45vgl. bverwg, urteil vom 10. dezember 2013 – 8 c 25.12 –, juris, rn. 31 m.w.n. 46dem ist das verhalten des prozessbevollmächtigten der klägerin, dessen verhalten sie sich gemäß § 173 satz 1 vwgo i.v.m. § 85 abs. 2 zpo zurechnen lassen muss, nicht gerecht geworden. denn wenn dieser den zur fristwahrung erforderlichen schriftsatz per besonderem anwaltspostfach lediglich eine minute und 10 sekunden vor ablauf der frist – so sein eigenes anwaltlich versichertes vorbringen – versendet, wahrt er nicht mehr die von ihm zu erwartende und zumutbare sorgfalt. 47a) bei der nutzung der elektronischen versendung von schriftsätzen gemäß § 55a vwgo trägt das risiko des zugangs grundsätzlich der absender. dabei hat der absender auch den zeitbedarf zwischen der absendung des elektronischen dokuments und der aufzeichnung auf der für den empfang bestimmten einrichtung zu bedenken. auch wenn fristen grundsätzlich voll ausgeschöpft werden dürfen, sind übliche verzögerungen einzukalkulieren. 48vgl. braun binder, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 55a, rn. 94 m.w.n. 49demgemäß handelt ein absender – wie vorliegend der prozessbevollmächtigte der klägerin – nur dann nach der größten vernünftigerweise von ihm zu erwartenden sorgfalt, wenn er einen ausreichend großen zeitlichen sicherheitszuschlag bis zum fristablauf sicherstellt. dieser sicherheitszuschlag muss so bemessen sein, dass er möglichen störungen des übertragungsweges rechnung trägt und ggf. auch wiederholungen des übertragungsversuches ermöglicht. 50b) anders als es der prozessbevollmächtigte der klägerin meint, kommt es nicht darauf an, ob die übertragungsstörung nach seinem eigenen subjektiven erfahrungsschatz für ihn vorhersehbar war. maßgeblich ist stattdessen vielmehr, ob er die fristversäumung verhindert hätte, wenn er die von ihm zu erwartende und ihm zumutbare sorgfalt an den tag gelegt hätte. dies entspricht auch der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts: dieses stellt nicht darauf ab, ob die konkrete verzögerung für den betroffenen vorhersehbar war, sondern darauf, ob verzögerungen generell auszuschließen waren. 51vgl. bverwg, urteil vom 10. dezember 2013 – 8 c 25.12 –, juris, rn. 31. 52dies ist dem umstand geschuldet, dass der begriff der höheren gewalt enger ist als der begriff des verschuldens. denn § 60 abs. 3 vwgo fragt – in abgrenzung zu § 60 abs. 1 vwgo – gerade nicht nach dem verschulden des betroffenen. dementsprechend lässt sich auch die von dem prozessbevollmächtigten der klägerin angeführte rechtsprechung des bundesgerichtshofs, die zur frage des verschuldens beim faxversand ergangen ist, nicht auf den vorliegenden fall übertragen. 53die sorgfaltspflichtverletzung lag hier darin, dass der prozessbevollmächtigte der klägerin den übertragungsvorgang zu spät initiiert hat. dementsprechend gehen dessen ausführungen fehl, soweit er darauf abzielt, dass es seinerseits weder zu technischen noch zu anwendungsfehlern gekommen sei und dass für ihn die verzögerung des übertragungsvorgangs erst mit dessen abschluss erkennbar gewesen sei. 54der prozessbevollmächtigte der klägerin hätte die fristüberschreitung verhindern können, wenn er einen größeren zeitlichen sicherheitszuschlag eingeplant hätte. ein solcher war von ihm – entsprechend seiner lage, bildung und erfahrung – zu erwarten und ihm zumutbar. denn eine verzögerung elektronischer datenübertragungen ist kein so ungewöhnliches ereignis, dass nicht damit gerechnet werden muss. auch bei einer in aller regel reibungslos funktionierenden übertragung über das internet, die gewöhnlich nur wenige sekunden in anspruch nimmt, kann es zu störungen kommen, die außerhalb der sphäre des gerichts liegen. eine datenübertragung über das internet verläuft in aller regel nicht linear nur über das netz eines zugangsanbieters, sondern sucht für die in pakete aufgeteilte datei automatisiert einen übertragungsweg über unterschiedlichste netze und server in aller welt. es liegt auf der hand, dass es in seltenen einzelfällen zu einer – im vergleich zu anderen zustellungswegen – kurzen verzögerung der datenübertragung an einem der verschiedenen knotenpunkte kommen kann. insbesondere sind auch kurzfristige engpässe beim internetzugangsanbieter des senders möglich. dies sollte jedenfalls einem – nach seinen eigenen ausführungen – erfahrenen internetnutzer wie dem prozessbevollmächtigten der klägerin bekannt sein. dass bei diesem nach seinem vorbringen eine derartig verzögerte übertragung noch nicht vorgekommen sei, sondern die übertragung nach seiner erfahrung höchstens 10 sekunden dauere, verändert den sorgfaltsmaßstab nicht. denn nur weil verzögerungen in der regel nicht auftreten, sind sie doch nicht ausgeschlossen oder völlig unvorhersehbar. dies gilt ebenfalls für die dauer der verzögerung: selbst wenn es hier, wie der prozessbevollmächtigte der klägerin geltend macht, zu einer überschreitung der üblichen dauer um das fünf- bis achtfache gekommen sein mag, bewegt sich dies angesichts dessen, dass die verzögerung maximal etwa eine minute betragen hätte, noch in einem rahmen, dem mit der zu erwartenden und zumutbaren sorgfalt hätte begegnet werden können. gerade wenn es um eine betreibensfrist mit ihren einschneidenden folgen geht, hätte es der prozessbevollmächtigte der klägerin sicherstellen müssen, dass selbst selten auftretende und – wie hier – nicht übermäßig lange verzögerungen nicht zur fristüberschreitung führen. 55vgl. bverwg, urteil vom 10. dezember 2013 – 8 c 25.12 –, juris, rn. 31. 56c) soweit der prozessbevollmächtigte der klägerin vorträgt, die elektronische übertragung per besonderem anwaltspostfach werde typischerweise zu einem zeitpunkt initialisiert, in dem der wechsel auf einen anderen übertragungsweg nicht mehr möglich sei, verringert dies ebenfalls nicht den anzulegenden sorgfaltsmaßstab. vielmehr führt dieser umstand zu einer steigerung der anforderungen: wenn der prozessbevollmächtigte der klägerin weiß, dass er im falle einer verzögerung der übertragung nicht mehr auf alternativen ausweichen kann, obliegt es ihm erst recht, einen ausreichenden zeitlichen sicherheitszuschlag einzuplanen, um einen rechtzeitigen eingang des schriftsatzes sicherzustellen. 57d) an diesem ergebnis vermag auch – anders als der prozessbevollmächtigte der klägerin meint – der rechtsgedanke des künftigen § 55d satz 3 und satz 4 vwgo nichts zu ändern. § 55d vwgo tritt am 1. januar 2022 in kraft. dessen satz 3 und satz 4 besagen, dass in dem fall, in dem eine übermittlung aus technischen gründen vorübergehend nicht möglich ist, eine übermittlung nach den allgemeinen vorschriften zulässig ist. die vorübergehende unmöglichkeit wird dann bei der ersatzeinreichung oder unmittelbar danach glaubhaft zu machen sein. diese regelungen flankieren die pflicht des § 55d satz 1 vwgo zur übermittlung von schriftsätzen als elektronisches dokument. unabhängig davon, dass diese norm im vorliegenden fall in zeitlicher hinsicht noch gar keine anwendung findet, lässt sich aus ihr auch nicht der allgemeine rechtsgedanke herleiten, dass im falle des scheiterns einer elektronischen zustellung schriftsätze noch nach fristablauf auf dem herkömmlichen weg eingereicht werden können. die regelungen des satz 3 und satz 4 stellen vielmehr eine ausnahme zu der pflicht des satz 1 dar. wenn der gesetzgeber die beteiligten am verfahren verpflichtet, schriftsätze elektronisch einzureichen, muss er auch eine möglichkeit zur ersatzeinreichung vorsehen, wenn die elektronische übertragung technisch ausnahmsweise nicht möglich ist. sonst könnte es zur benachteiligung von verfahrensbeteiligten kommen. im vorliegenden fall bestand jedoch gerade keine pflicht zur elektronischen einreichung und mithin kein bedürfnis für eine derartige ausnahmeregelung. 58darüber hinaus ermöglichen § 55d satz 3 und satz 4 vwgo nicht die fristwahrende einreichung von schriftsätzen nach ablauf einer frist. der wortlaut der norm enthält keine entsprechende regelung. 59anders als der prozessbevollmächtigte der klägerin offenbar meint, ergibt sich auch aus der gesetzesbegründung zur entsprechenden norm nichts anderes: mit blick auf die wahrung von ausschlussfristen wollte der gesetzgeber lediglich sicherstellen, dass die technische unmöglichkeit der elektronischen einreichung auch erst unverzüglich nach der ersatzeinreichung – mithin nach fristablauf – glaubhaft gemacht werden kann. 60vgl. bt-drs. 17/12634 s. 27 f. 61der schriftsatz selbst – ohne glaubhaftmachung – ist aber nach vorstellung des gesetzgebers dennoch innerhalb der frist einzureichen. 62die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 2, § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11, § 711 zpo. 63rechtsmittelbelehrung: 64gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 651. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 662. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 673. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 684. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 695. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 70die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 71auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung ‑ ‑ ervv –) wird hingewiesen. 72im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 73beschluss: 74der streitwert wird auf die wertstufe von bis zu 35.000 euro festgesetzt. 75gründe: 76die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 des gerichtskostengesetzes und orientiert sich an der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen zum streitwert in verfahren betreffend die erteilung und den widerruf von approbationen als psychologischer psychotherapeut (vgl. beschlüsse vom 5. februar 2007 – 13 a 1714/04 –, und vom 20. märz 2003 – 13 a 4805/01 –, jeweils juris). 77rechtsmittelbelehrung: 78gegen diesen beschluss findet innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, beschwerde statt, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200 euro übersteigt. 79die beschwerde ist schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), beim verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen einzulegen. über sie entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, falls das beschließende gericht ihr nicht abhilft. |
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} | 9 K 1008/20 | 2021-12-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 13. April 1926 geborene, seit dem 25. November 2005 verwitwete und am 18. Januar 2021 verstorbene vormalige Klägerin befand sich ab dem 9. Mai 2019 zunächst in dem Altenpflegeheim N1. in L. sowie anschließend seit dem 23. Mai 2019 bis zu ihrem Tod in vollstationärer Pflege in der Pflegeeinrichtung Deutscher Orden - Q. Haus in L. . 3Am 8. Mai 2019 beantragte der von der vormaligen Klägerin bevollmächtigte Sohn Herr G. fernmündlich bei dem Beklagten die Gewährung von Sozialhilfe und Pflegewohngeld. 4Am 21. Mai 2019 beantragte die vormalige Klägerin bei dem Beklagten förmlich Leistungen nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) und fügte dem Grundantrag eine Vermögenserklärung über ihre Einkünfte und ihr Vermögen bei. 5Auf das Schreiben vom 5. Juni 2019, mit dem der Beklagte u.a. um Angabe der Verwendung von Bargeldabhebungen des Girokontos sowie des Sparkontos der vormaligen Klägerin in den Jahren 2009 bis 2019 gebeten hat, teilte der Sohn der vormaligen Klägerin mit E-Mail vom gleichen Tage mit, dass es zu den Geldabbuchungen vermutlich diverse Rechnungen oder Quittungen gebe, die er vor Ort suchen und dann zur Verfügung stellen werde. 6Am 11. Juni 2019 beantragte die vormalige Klägerin bei dem Beklagten förmlich die Bewilligung von Pflegewohngeld und fügte ihrem Antrag eine Einkommenserklärung bei. 7Unter dem 1. Juli 2019 übersandte der Sohn der vormaligen Klägerin eine Umsatzübersicht ihres Girokontos betreffend den Zeitraum vom 2. Mai bis zum 3. Juni 2019 sowie die Bankauskunft der Sparkasse I. - Filiale X. vom 13. Juni 2019 zu ihren Giro- und Sparkonten. 8Mit Schreiben vom 2. Oktober 2019 teilte der Beklagte dem Sohn der vormaligen Klägerin mit, dass in dem Zeitraum vom 16. November 2018 bis zum 28. März 2019 Bargeldauszahlungen vom Girokonto der vormaligen Klägerin in einer Gesamthöhe von 4.200,00 EUR sowie im Zeitraum vom 9. Dezember 2009 bis zum 27. Dezember 2017 Barabhebungen vom Sparkonto der vormaligen Klägerin in einer Gesamthöhe von 37.000,00 EUR festgestellt worden seien. Der Beklagte forderte den Sohn der vormaligen Klägerin auf, bis zum 25. Oktober 2019 Angaben zu den im Einzelnen benannten Auszahlungen und Abhebungen zu machen sowie Nachweise/Belege hierzu vorzulegen. Zugleich wies der Beklagte den Sohn darauf hin, dass für den Fall der Nichtbeantwortung der Anfrage innerhalb der genannten Frist der Antrag auf Hilfe zur Pflege in Einrichtungen nach dem SGB XII sowie der Antrag auf Pflegewohngeld wegen Unaufklärbarkeit der Vermögensverhältnisse abgelehnt werde. 9Mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 teilte der Sohn der vormaligen Klägerin dem Beklagten u.a. mit, dass er die Bargeldauszahlungen nicht abschließend beurteilen könne. Seine Mutter habe in den letzten Jahren einige Anschaffungen getätigt (Fernseher, Möbel, Elektrogeräte). Aufgrund ihrer fortschreitenden Demenz sei eine Befragung hierzu eher uninformativ. In ihrer Wohnung seien auch keine Belege hierzu gefunden worden. 10Mit Bescheid vom 7. November 2019 lehnte der Beklagte den Antrag der vormaligen Klägerin auf Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe zur Pflege in Einrichtungen nach dem SGB XII wegen ungeklärter Vermögensverhältnisse ab. 11Mit weiterem Bescheid vom 8. November 2019 lehnte der Beklagte auch die Bewilligung von Pflegewohngeld für die vormalige Klägerin ab. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor: Voraussetzung für die Erbringung von Pflegewohngeldleistungen sei, dass die antragstellende Person neben ihrem Einkommen auch ihr gesamtes verwertbares Vermögen einzusetzen habe. Dass ein Antragsteller zum Kreis der Leistungsberechtigten gehöre, habe dieser darzulegen. Der Nachteil des nicht erbrachten Beweises gehe zu Lasten des Antragstellers. Aufgrund der eingereichten Unterlagen seien Abhebungen vom Girokonto der vormaligen Klägerin in Höhe von 4.760,00 EUR sowie vom Sparkonto in Höhe von 39.431,81 EUR erfolgt. Hierzu seien keine entsprechenden Belege und Nachweise eingereicht worden. Der Verbleib des Gesamtbetrages von 44.191,81 EUR sei nicht geklärt. Zum Nachweis der Bedürftigkeit der vormaligen Klägerin sei eine genaue Aufschlüsselung des Geldverbleibs zu verlangen gewesen. Nur wenn im Einzelnen substantiiert und nachvollziehbar dargelegt worden wäre, dass und weshalb die Geldbeträge nicht mehr vorhanden gewesen seien, wäre die Bewilligung von Pflegewohngeld in Betracht gekommen. 12Mit Schreiben vom 27. November 2019 erhob der zwischenzeitlich von der vormaligen Klägerin bevollmächtigte Rechtsanwalt N2. Widerspruch sowohl gegen den Ablehnungsbescheid betreffend Sozialhilfe vom 7. November 2019 als auch gegen den Ablehnungsbescheid betreffend Pflegewohngeld vom 8. November 2019. Zur Begründung gab er an: Die Bescheide seien an den Sohn der vormaligen Klägerin gerichtet, obwohl dieser nicht Antragsteller der beantragten Leistungen sei. Eine Zustellung nebst Rechtsmittelbelehrung an den Sohn der vormaligen Klägerin entfalte daher keine Rechtswirkungen. Unbesehen dessen habe die vormalige Klägerin zwischenzeitlich Kenntnis der beiden Bescheide erhalten. Sie verfüge nicht über Vermögenswerte in einer Größenordnung von 40.000,00 EUR. Sie sei vielmehr überschuldet und verfüge über keine weiteren Geldwerte oder Vermögenswerte, die sie verwenden könnte. Das wesentliche Vermögen habe nach dem Verkauf der Wohnung aus den Guthaben ihres Girokontos sowie ihrer beiden Sparbücher bestanden. Sämtliche in Rede stehenden Bargeldabhebungen habe die vormalige Klägerin getätigt. Zum Beispiel habe sie im Jahr 2016 Einrichtungsgegenstände für ihre Wohnung im Wert von 8.000,00 EUR erworben und mit einem nicht unerheblichen Kostenaufwand ihre Wohnung renovieren lassen. Einige Zuwendungen wie Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke habe sie vornehmlich an ihre Enkel gemacht. Das Vorhandensein von erheblichen Barvermögen werde ihr einfach unterstellt. Im Übrigen seien die kleineren Geldabhebungen in den lange zurückliegenden Zeiträumen der Jahre 2009 bis 2014 und auch kleinere Abhebungen im Jahr 2018 ausgegeben worden, weil die geringe Rente für den Lebensunterhalt nie ausgereicht habe. Irgendwelche Nachweise für die Verwendung der Gelder könne sie nicht mehr auffinden. 13Mit Bescheid vom 19. Februar 2020, dem Rechtsanwalt N3. zugestellt am 21. Februar 2020, wies der Beklagte den Widerspruch betreffend den Antrag auf Bewilligung von Pflegewohngeld zurück. Zur Begründung gab er an: Die Zustellung des Bescheides an den Sohn der vormaligen Klägerin sei aufgrund der im Verfahren vorgelegten Vollmacht erfolgt. Damit sei der Bescheid ordnungsgemäß bekannt gegeben und auch wirksam geworden. Die vormalige Klägerin habe ihre Bedürftigkeit nicht nachgewiesen. Die Vermögensfreigrenze von 10.000,00 EUR sei aufgrund der Barabhebungen überschritten. Der Verbleib und die Verwendung der abgehobenen Geldbeträge seien auch nach Ausschöpfung sämtlicher der Behörde zur Verfügung stehender Erkenntnisquellen ungeklärt. Belege zu angeblich erfolgten Anschaffungen seien nicht vorgelegt worden. Auch Angaben zu den Personen, denen Teile der Gelder zugewandt worden seien sollen, seien nicht benannt worden. Das Nichtvorhandensein eigener Mittel sei ein negatives Tatbestandsmerkmal für den Anspruch auf Bewilligung von Pflegewohngeld. Der Hilfesuchende müsse beweisen, dass er den geltend gemachten Bedarf nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen sicherstellen könne. Die Nichtaufklärbarkeit des Verbleibs seinerzeit vorhandenen Vermögens gehe regelmäßig zu Lasten desjenigen, der das Bestehen des Anspruchs behaupte. Die vormalige Klägerin könne sich auch nicht auf einen unverschuldeten Beweisnotstand berufen. 14Mit weiterem Bescheid vom 19. Februar 2020 wies der Beklagte auch den Widerspruch betreffend die Hilfe zur Pflege in Einrichtungen und Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zurück. 15Am 13. März 2020 hat die vormalige Klägerin beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben, mit der sie ihren Anspruch auf Gewährung von Pflegewohngeld weiterverfolgt. 16Mit Beschluss vom 30. März 2020 - 21 K 1300/20 - hat das Verwaltungsgericht Köln nach Anhörung der Beteiligten sich für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das hiesige Gericht verwiesen. 17Zur Begründung ihrer Klage trägt der Prozessbevollmächtigte vor: Die vormalige Klägerin habe bis zum 9. Mai 2019 in ihrer Wohnung völlig selbstständig und selbstbestimmt gelebt. Ihr Sohn sei bis dahin weitgehend nicht für sie tätig geworden. Im Mai 2019 habe der Sohn der vormaligen Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Leistungen gestellt, weil seine Mutter aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen sei, die mit der Unterbringung und Versorgung in einer Pflegeeinrichtung einhergehenden Kosten zu tragen. Die Wohnung, in der die vormalige Klägerin gelebt habe, sei nach dem Tod ihres Ehemannes im Rahmen der Erbschaft zu einem Viertel auf ihren Sohn und zu Dreiviertel auf sie übergegangen. Mit Vertrag vom 20. Juli 2016 habe der Sohn die Anteile seiner Mutter zu einem Kaufpreis von 20.000,00 EUR übernommen. 18Nach § 19 Abs. 6 SGB XII dürfte der Anspruch auf Leistungen nach dem Tod der vormaligen Klägerin nunmehr der Pflegeeinrichtungen zustehen. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten beruhe auf Unterstellungen und Mutmaßungen. Der Beklagte gehe davon aus, dass die Angaben der vormaligen Klägerin zur Finanzierung der Wohnungsausstattung im Jahr 2016 unzutreffend seien. Die vormalige Klägerin habe, wie dargelegt worden sei, die entsprechenden Gegenstände alleine erworben. Die Argumentation des Beklagten greife nicht durch, da er sich offensichtlich auf reine Unterstellungen stütze. Entsprechendes gelte für die Argumentation hinsichtlich der Zuwendungen an Familienmitglieder und bedachte Personen. Die vormalige Klägerin habe keine Angaben hierzu mehr machen können. Ihr Sohn sei bei den Zuwendungen nicht zugegen gewesen, sodass es nachvollziehbar sei, dass hierzu keine entsprechenden weiteren Informationen erteilt werden könnten. Für die Familie der vormaligen Klägerin seien die Barabhebungen nicht dezidiert erklärbar. Die Erkrankung der vormaligen Klägerin führe nunmehr dazu, dass letztlich verschiedene Vermögensverfügungen nicht mehr nachzuvollziehen seien. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes befände sie sich in einem unverschuldeten Beweisnotstand. Dem sei dadurch Rechnung zu tragen, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen auch aus dem bloßen Vorbringen desjenigen gewonnen werden könnten, der den entsprechenden Anspruch geltend mache. 19Die Kläger beantragen - schriftsätzlich und sinngemäß -, 20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2020 zu verpflichten, der früheren Klägerin für die Zeit ab Antragstellung Pflegewohngeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen, 21Der Beklagte beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend trägt er vor: Konkrete Belege und schlüssige Nachweise seien im Hinblick auf die Bedürftigkeit der vormaligen Klägerin nicht erbracht worden. Es sei möglich, sowohl die Namen der Personen zu benennen, denen in zu benennender Höhe Geldzuwendungen zugekommen seien, als auch Rechnungszweitschriften bezüglich der angegebenen Anschaffungen zu erlangen. Solange jedoch nur ein rein substanzloser Vortrag erfolge und keinerlei Beweise erbracht würden, sei jede nur denkbare Art der Verwendung des Vermögens möglich. Die Darlegung- und materielle Beweislast trage die Person, die den Anspruch geltend mache. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen. 25Entscheidungsgründe: 26Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da sie in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO). 27Die Kammer ist trotz des Versterbens der früheren Klägerin nicht an einer Entscheidung im vorliegenden Verfahren gehindert, da infolge der Vertretung der verstorbenen Klägerin durch einen Prozessbevollmächtigten gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 246 Abs. 1 Halbsatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) keine Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 239 Abs. 1 ZPO eingetreten ist und es demnach keiner formalen Aufnahme des Prozesses durch die bisher unbekannten Rechtsnachfolger bedarf. 28Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, jedoch nicht begründet. 29Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Halbsatz 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. 30Insbesondere fehlt den unbekannten Erben der verstorbenen Klägerin, gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger, für die Verpflichtungsklage nicht die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. 31Der Anspruch auf Gewährung von Pflegewohngeld steht dem Heimbewohner nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Gesetz zur Weiterentwicklung des Landespflegerechtes und Sicherung einer unterstützenden Infrastruktur für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige (Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen - APG NRW) i.V.m. §§ 13 Abs. 1, 16 Abs. 1 und Abs. 4 der Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen und nach § 8a SGB XI (APG DVO NRW) selbst als subjektiv- öffentliches Recht zu. Dieser Anspruch, die Gewährung von Pflegewohngeld zur Finanzierung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen, die ansonsten dem Heimbewohner bzw. seinen Erben von der Pflegeeinrichtung in Rechnung gestellt werden, zu verlangen, ist als zwar nicht sozialhilferechtliche aber sozialrechtliche Position vererblich. 32Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 14. Dezember 2009 - 12 A 1814/09 -, juris, Rn. 32, und vom 9. Mai 2003 - 16 A 2789/02 -, juris, Rn. 6 ff.; Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2014 - 21 K 7069/13 -, juris, Rn. 13. 33Der Anspruch ist mit dem Tod des Berechtigten nicht erloschen. Die Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen gemäß § 21 Abs. 1 APG NRW i. V. m. § 59 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) mit dem Tod des Berechtigten nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Da die frühere Klägerin ihre Ansprüche auf Bewilligung von Pflegewohngeld in einem Verwaltungsverfahren geltend gemacht hat, das wegen der nach dem erfolglosen Widerspruchsverfahren erhobenen Klage noch nicht beendet ist, sind die Ansprüche auf Bewilligung von Pflegewohngeld für ihren Heimplatz mit ihrem Tod nicht erloschen, sondern von ihren Rechtsnachfolgern ererbt. 34Vgl. allgemein hierzu: OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2009 - 12 A 1814/09 -, juris, Rn. 34; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2014 - 21 K 7069/13 -, juris, Rn. 15. 35Aus § 19 Abs. 6 SGB XII folgt kein anderes Ergebnis. Hiernach steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Diese Norm ist hier nicht anwendbar. Bei § 19 Abs. 6 SGB XII handelt es sich nämlich um einen gesetzlichen Gläubigerwechsel (cessio legis), der vom Gesetzgeber speziell und beschränkt für das Sozialhilferecht als eine die §§ 56 ff. SGB I verdrängende Sonderregelung getroffen worden ist, weil dort eine Leistung für die Vergangenheit aus Gründen des Bedarfsdeckungsgrundsatzes in Gestalt des Individualisierungsgrundsatzes ausgeschlossen ist. Für andere Bereiche des Sozialgesetzbuches bleibt es bei den Grundregelungen der §§ 56 ff. SGB I, wonach fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tode des Berechtigten unter bestimmten Bedingungen auf Sonderrechtsnachfolger übergehen können (§ 56 Abs. 1 SGB I) und ansonsten - wie hier - gem. § 58 SGB I fällige Ansprüche auf Geldleistungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vererbt werden und nur nach Maßgabe des - vorliegend aus den vorstehenden Gründen nicht einschlägigen - § 59 SGB I erlöschen. 36Vgl. so allgemein: OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 12 A 2349/12 -, juris, Rn. 24; jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. (Stand. 30. Juli 2021), Coseriu/Filges, § 19 SGB XII, Rn. 70. 37Die Klage ist unbegründet. 38Die Kläger als Rechtsnachfolger der vormaligen Klägerin haben keinen Anspruch auf Bewilligung von Pflegewohngeld für den Pflegeplatz der früheren Klägerin für die Zeit ab Antragstellung am 24. Mai 2019 (für den Pflegeplatz Q1. Haus ab dem 23. Mai 2019) bzw. am 11. Juni 2019 (für den Pflegeplatz im Zeitraum vom 9. Mai 2019 bis zum 22. Mai 2019), sodass der Bescheid des Beklagten vom 8. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2020 rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Lediglich ergänzend ist, ohne dass es in der vorliegenden Verpflichtungssituation darauf ankäme, darauf hinzuweisen, dass der Ablehnungsbescheid sowie im Übrigen auch der Widerspruchsbescheid an die vormalige Klägerin als Inhaltsadressatin ergangen ist, da darin über den Antrag der vormaligen Klägerin auf Bewilligung von Pflegewohngeld entschieden worden ist. Der Sohn der vormaligen Klägerin ist dagegen aufgrund seiner im Sozialverwaltungsverfahren vorgelegten Vollmacht zu Recht gemäß § 21 Abs. 1 APG NRW i. V. m. §§ 37 Abs. 1 Satz 2, 13 Abs. 3 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) lediglich Bekanntgabeadressat des Ablehnungsbescheides vom 8. November 2019. 39Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Pflegewohngeld im Zeitraum ab Antragstellung ist § 14 Abs. 1 Satz 1 APG NRW. Hiernach wird Pflegewohngeld in vollstationären Dauerpflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen als Unterstützung der Personen (Anspruchsberechtigte) gewährt, die gemäß § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) pflegebedürftig und nach § 43 SGB XI oder im Rahmen einer privaten Pflegeversicherung anspruchsberechtigt sind und deren Einkommen und Vermögen unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens ihrer nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern oder der mit ihnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen zur Finanzierung der von ihnen ansonsten zu tragenden förderungsfähigen Aufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 APG NRW ganz oder teilweise nicht ausreicht. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 APG NRW wird Pflegewohngeld nicht gezahlt, wenn unter anderem durch Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens die Zahlung der Investitionskosten möglich ist. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 APG NRW erfolgt die Ermittlung des einzusetzenden monatlichen Einkommens und Vermögens entsprechend der Regelungen des Elften Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und dem §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach § 14 Abs. 3 Satz 3 APG NRW darf die Gewährung von Pflegewohngeld zudem nicht abhängig gemacht werden von dem Einsatz oder der Verwertung kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR beziehungsweise 15.000,00 EUR bei nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern sowie eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften. 40Nach diesen Vorschriften haben die Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegewohngeld für den hier nach § 16 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 der Verordnungzur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG DVO NRW) maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum ab Antragstellung, weil das Vermögen der früheren Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung und auch für den gesamten streitbefangenen Zeitraum mehr als 10.000,00 EUR betrug und damit die Vermögensschongrenze überschreitet. 41Das Überschreiten der hiermaßgeblichen Vermögensfreigrenze von 10.000,00 EUR ergibt sich unabhängig von der Frage, ob die Übertragung des Miteigentumsanteils der früheren Klägerin an dem Grundstück M. , N4. , an ihren Sohn voll- oder teilentgeltlich erfolgt ist und damit ein etwaiger Schenkungsrückforderungsanspruch als Teil des Vermögens der vormaligen Klägerin zu berücksichtigen wäre, bereits daraus, dass die frühere Klägerin zum einen ausweislich der vorgelegten Bankauskunft der Sparkasse I. - Filiale X. vom 13. Juli 2019 über ein Giro-/Sparkontovermögen in Höhe von insgesamt 7.405,40 EUR, 42- 3.128,51 EUR (Girokonto …….03), 43- 2.431,67 EUR (Sparkonto ……..19), 44- 1.845,22 EUR (Sparkonto ……..89), 45verfügte. Hinzu kommen zum anderen Bargeldabhebungen in zumindest folgender relevanter Höhe: 46- 3.000,00 EUR am 27. Februar 2019 (Girokonto …….03), 47- 1.000,00 EUR am 9. Dezember 2009 (Sparkonto ……..19), 48- 1.000,00 EUR am 8. Dezember 2011 (Sparkonto ……..19), 49- 1.000,00 EUR am 19. Dezember 2014 (Sparkonto ………..19), 50- 8.000,00 EUR am 24. März 2016 (Sparkonto …………19), 51- 4.000,00 EUR am 18. Oktober 2016 (Sparkonto ………..19), 52- 5.000,00 EUR am 23. Dezember 2016 (Sparkonto ………..19), 53- 5.000,00 EUR am 28. Februar 2017 (Sparkonto ………….19), 54- 5.000,00 EUR am 12. Juni 2017 (Sparkonto …….19) [Dieser Betrag fehlt in der Auflistung des Beklagten im Bescheid vom 8. November 2019 bzw. im Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2020], 55- 4.000,00 EUR am 27. Juli 2017 (Sparkonto ……..19), 56- 5.000,00 EUR am 24. Oktober 2017 (Sparkonto ………19), 57- 3.000,00 EUR am 27. Dezember 2017 (Sparkonto …………19), 58und damit in einer Gesamthöhe von 45.000,00 EUR, die im Zeitpunkt der jeweiligen Barabhebung als bloße Vermögensumschichtung weiterhin Bestandteil des Vermögens der früheren Klägerin geblieben sind. 59Nach der von dem Beklagten mit Schreiben vom 5. Juni 2019 und vom 2. Dezember 2019 erfolgten Amtsaufklärung in Bezug auf den Verbleib bzw. die Verwendung der bar abgehobenen Einzelbeträge sowie den hierauf bezogenen Angaben des die frühere Klägerin vertretenen Sohnes G. ist der Verbleib bzw. der Verbrauch der Barabhebungen von der vormaligen Klägerin nicht nachgewiesen. Das gesamte Vorbringen sowohl der früheren Klägerin als auch ihres Sohnes erschöpft sich in der bloßen Behauptung, dass die gesamten Barabhebungen verbraucht worden seien. Da die frühere Klägerin zudem keine Belege zu den Anschaffungen und Zuwendungen vorgelegt hat, ist der Verbrauch des Sparvermögens bisher nicht nachgewiesen und aufgeklärt. 60Lässt sich das nach § 14 Abs. 3 Satz 3 APG NRW anspruchsbegründende Merkmal des Nichtvorliegens von Geldwerten unterhalb des hier maßgebenden Freibetrags von bis zu 10.000,00 EUR nach Überzeugung des Gerichts nicht aufklären, ist eine Entscheidung nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast zu treffen, die der vormaligen Klägerin aufzuerlegen ist und zu ihrem Nachteil ergeht. 61In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allgemein geklärt, dass, sofern die besonderen Regelungen der im Einzelfall einschlägigen Normen nichts Gegenteiliges beinhalten, der allgemeine Rechtsgrundsatz greift, dass die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet, grundsätzlich zu ihren Lasten geht. 62Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 16. April 2009 - 8 B 86.08 -, juris, Rn. 6; Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 8.04 -, juris. Rn. 26; Urteil vom 29. Juni 1999 - 9 C 36.98 -, juris, Rn. 13; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 24. Aufl. 2018, § 108, Rn. 12-14; Eyermann, Kommentar zur VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86, Rn. 5, § 108, Rn. 50-52. 63In Anknüpfung hieran gilt auch in Rechtsstreitigkeiten, in denen - wie hier - um den bewohnerorientierten Aufwendungszuschuss für die Investitionskosten vollstationärer Pflegeeinrichtungen gestritten wird, dass die Darlegungs- und materielle Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegewohngeld an das Heim die Person trägt, für deren Heimplatz der Anspruch geltend gemacht wird. Daher obliegt es ihr, die anspruchsbegründenden Umstände substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Wenn das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht festgestellt werden kann, geht dies zu ihren Lasten. Die das Pflegewohngeld bewilligende Stelle darf den begehrten Investitionskostenzuschuss insoweit versagen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich nach den Angaben des Heimbewohners, den bekannten Umständen sowie dem Ergebnis einer mit vertretbarem Aufwand durchgeführten Sachaufklärung darstellen, begründete Zweifel daran auslösen, dass der Heimbewohner außer Stande war, die Investitionskosten seiner Heimunterbringung selbst zu tragen. 64Gehen somit im Pflegewohngeldrecht Unklarheiten hinsichtlich des Nichtvorhandenseins von Vermögen grundsätzlich zu Lasten des Heimbewohners, ist ein ab dem Tag seiner Heimaufnahme rechnerisch verbleibender Betrag auch dann als Vermögen zu berücksichtigen, wenn sein Verbleib ungeklärt ist. Dieser Ansatz folgt dem vorstehenden Grundprinzip, dass Unklarheiten hinsichtlich des Nichtvorhandenseins von Vermögen bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Pflegewohngeld zu Lasten des Anspruchstellers gehen. 65Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Juni 2016 - 12 A 1133/14 -, juris, Rn. 25, Beschlüsse vom 8. März 2016 - 12 A 201/15 -, juris, Rn. 3, vom 12. Juni 2014 - 12 A 169/13 -, juris, Rn. 5, vom 27. Januar 2014 - 12 B 1422/13-, juris, Rn. 10, vom 28. September 2012 - 12 A 2248/11 -, juris, Rn. 4, vom 17. November 2010 - 12 A 2648/09 -, juris, Rn. 4, und - 12 A 2146/10 -, juris, Rn. 2, und vom 26. Mai 2009 - 12 E 1498/08 -, juris, Rn. 13. 66Nichts anderes folgt aus dem Vorbringen der früheren Klägerin, sie könne aufgrund ihrer Demenzerkrankung zur Verwertung des Geldes keine Auskunft mehr geben. Für das Vorliegen einer solchen Erkrankung liegen bereits weder Anhaltspunkte vor noch hat die vormalige Klägerin dahingehende ärztliche Atteste vorgelegt. Eine gesetzliche Betreuung ist für sie nicht eingerichtet. Sie hat den Antrag als auch die Anlage „Vermögenserklärung zum Pflegewohngeldantrag“ vom 6. Juni 2019 sowie die weitere Anlage „Vermögen“ vom 16. Mai 2019 eigenhändig unterschrieben. Gleiches gilt auch in Bezug auf die dem Sozialverfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt N. am 19. November 2019 sowie dem Prozessbevollmächtigten am 4. März 2020 erteilten Vollmachten. Widersprüchlich ist dagegen, dass die frühere Klägerin einerseits sicheres Wissen darüber haben will, dass sämtliche Barabhebungen verbraucht worden seien sollen, andererseits aber keinerlei Kenntnis darüber mehr habe, wie diese Gelder verwendet worden seien. In diesem Zusammenhang erschließt sich auch nicht, warum die frühere Klägerin nach ihren eigenen Angaben bis zu ihrem Umzug in die Pflegeeinrichtung am 9. Mai 2019 völlig autark und selbstverantwortlich in ihrer Wohnung gelebt habe und sie insbesondere in den Jahren 2016 und 2017 in der Lage war, über ihre nahezu gesamten Ersparnisse zu verfügen, sie jedoch im Zeitpunkt der Antragstellung am 24. Mai 2019 bzw. 11. Juni 2019 aufgrund einer - nicht nachgewiesenen - dementiellen Symptomatik nicht mehr fähig gewesen sei, Angaben darüber zu machen, wer die Gelder abgehoben habe und zu welchem Zweck sie verwendet worden seien. 67Selbst wenn unabhängig davon zugunsten der vormaligen Klägerin unterstellt wird, dass ihr die Unmöglichkeit, den Verbleib ursprünglich vorhandener Vermögenswerte aufzuklären, nicht anzulasten ist, kommt es hierauf vorliegend nicht an. Denn ein solcher unverschuldeter Beweisnotstand zwingt nicht zu dem Schluss, es existiere kein verwertbares Vermögen mehr, sondern eröffnet im Rahmen der nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Würdigung der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen nur die Möglichkeit, von der Wahrheit substantiierter schlüssiger und plausibler Darlegungen im Sinne wohlwollender Beurteilung auszugehen. Die Beweisnot eines Beteiligten führt nicht dazu, dass an seine Behauptung ein geringerer Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen oder von einer deren Würdigung vorangehenden Sachaufklärung abzusehen ist. Auch bewirkt die Beweisnot weder eine Beweislastumkehr noch eine Verringerung des Beweismaßes. 68Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Juni 2016 - 12 A 1133/14 -, juris, Rn. 28; Beschluss vom 6. August 2015 - 12 A 1133/14 -, juris, Rn. 7, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 12 B 1422/13 -, juris, Rn. 15; vom 17. November 2010 - 12 A 2146/10 -, juris, Rn. 9. 69Nichts anderes ergibt sich aus dem von der früheren Klägerin angeführten Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 18. Januar 2010 - 6 K 1848/48 -. Denn in Übereinstimmung mit der vorstehend zitierten Rechtsprechung des OVG NRW geht das Verwaltungsgericht Münster (vgl. a.a.O., juris, Rn. 29) von keinen abweichenden rechtlichen Voraussetzungen aus und stellt dementsprechend ebenso auf die vorstehend ausgeführten rechtlichen Maßstäbe ab. 70Auf dieser Grundlage geht der Beklagte in dem angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2020 zutreffend davon aus, dass berechtigte Zweifel daran bestanden und nach wie vor bestehen, dass die frühere Klägerin gemessen an ihrem Vermögen außer Stande war, die Investitionskosten ihrer Heimunterbringung selbst zu zahlen. Die vormalige Klägerin hat insoweit den Verbleib des Vermögens nicht substantiiert, schlüssig und plausibel darlegen können. Sie hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass ihre Behauptung, dieses Geld sei insgesamt oder auch nur zu weiten Teilen für ihren eigenen Bedarf ausgegeben worden, zutrifft. 71Nach der allgemein gültigen Legaldefinition des § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine behauptete Tatsache dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Erforderlich und ausreichend ist, dass der Behörde bzw. dem Gericht vermittelt wird, dass das mit der Behauptung gezeichnete Bild von der Wirklichkeit, in Abgrenzung zu der mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für das Beweismaß der richterlichen Überzeugung von der Wahrheit, dieser Wirklichkeit überwiegend wahrscheinlich entspricht. Glaubhaftmachung bedeutet daher das Dartun einer guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel verbleiben können. 72Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. September 2012 - 12 A 2248/11 -, juris, Rn. 7; VG Arnsberg, Urteil vom 1. Februar 2016 - 9 K 1916/14 -, n.v., Seite 10 des Urteilsabdrucks. 73Nach diesem Maßstab ist gerade nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die vormalige Klägerin das Barvermögen - zumindest in einem Umfang, dass dadurch die Vermögensfreigrenze in Höhe von 10.000,00 EUR unterschritten worden wäre - verbraucht hat. Hierfür spricht in deutlichem Maße, dass über sämtliche erworbenen Einrichtungsgegenstände sowie über sämtliche nach eigenen Angaben mit nicht unerheblichem Kostenaufwand verbundenen Renovierungsarbeiten keinerlei Belege oder Rechnungen vorhanden sind bzw. eine erneute Beleg-/Rechnungsausstellung durch die betreffenden Unternehmen nicht möglich ist. Angesichts der hier in Rede stehenden Höhe der angeblich verbrauchten Geldbeträge ist dieser Befund deutlich lebensfremd. Insgesamt fehlt es an ausreichenden Angaben im Hinblick auf die Verwendung der bar abgehobenen Beträge in Höhe von insgesamt 45.000,00 EUR. Aus der Widerspruchs- und Klagebegründung ergibt sich insoweit lediglich, dass mit einem Teilbetrag von 8.000,00 EUR im Jahr 2016 Einrichtungsgegenstände (Couchgarnitur und weitere Wohnungseinrichtungsgegenstände) angeschafft worden sein sollen. Diese Angaben sind oberflächlich und werden nicht konkretisiert. Darüber hinaus fehlt es in Bezug auf die restlichen Gelder in Höhe von 37.000,00 EUR sowohl an einer betragsmäßigen als auch an einer in Bezug auf den Verwendungszweck inhaltlich schlüssigen und plausiblen Darlegung. Die bloße Behauptung, die Wohnung sei mit erheblichem Kostenaufwand renoviert worden, genügt dem bereits im Ansatz nicht. 74Zumindest ungewöhnlich bzw. nicht dargelegt ist schließlich, dass bzw. aus welchen besonderen Umständen sämtliche angebliche Anschaffungen, insbesondere diejenigen größeren Ausmaßes, bar bezahlt worden sind. 75Ebenso wenig ist substantiiert dargelegt worden, dass über etwaige kleinere Geldabhebung hinaus größere Beträge zur ergänzenden Deckung des Lebensunterhalts der vormaligen Klägerin verbraucht worden seien, weil nach ihren Angaben ihre geringe Rente für den Lebensunterhalt nie ausgereicht habe. Unter Berücksichtigung, dass der Ehemann der früheren Klägerin bereits am 25. November 2005 verstorben ist, wäre demzufolge zu erwarten gewesen, dass sie bereits in der Folgezeit zur Deckung eines ergänzenden Bedarfs sukzessive auf das Sparvermögen zugegriffen hätte. Dies lässt sich der Entwicklung insbesondere des Sparkontos ………19 ab dem Jahr 2005 jedoch nicht entnehmen. Zudem entfallen von den vorstehend aufgeführten Barabhebungen insgesamt 39.000,00 EUR allein auf die beiden Jahre 2016 und 2017. 76Soweit die vormalige Klägerin schließlich im Rahmen der Widerspruchsbegründung vorbringt, es habe auch einige Zuwendungen vornehmlich an ihre Enkel gegeben, bleibt bereits unklar, ob es sich hierbei um bloße Pflicht- und Anstandsschenkungen im Sinne des § 534 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) oder um der Rückforderung unterliegenden Schenkungen gemäß § 528 Abs. 1 BGB gehandelt hat. Auch liegen weder zu den einzelnen Beträgen noch zu den Personen der Beschenkten nachvollziehbare und plausible Angabe vor, auf deren Grundlage es als überwiegend wahrscheinlich zu erachten wäre, dass die Klägerin Gelder in einer bestimmten Höhe in diesem Sinne verwandt hat. 77Nach alledem lässt sich auch angesichts des Vorbringens der früheren Klägerin sowie ihres Sohnes mit nicht zu vernachlässigender Beachtlichkeit der Verdacht nicht ausschließen, dass mit den Barabhebungen Vermögenswerte verschleiert werden sollten. Für die Annahme, es sei davon auszugehen, dass die vormalige Klägerin die abgehobenen Beträge für die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen, für die Renovierung der Wohnung und für die eigene Lebensführung verbraucht habe, bieten die hierzu vorgetragenen Umstände auch nach wohlwollender Beurteilung nicht im Ansatz eine Grundlage, die geeignet wäre, von der Wahrheit dessen auszugehen. 78Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO. 79Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. 80Die Kammer sieht von einer Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO ab, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen. 81Rechtsmittelbelehrung: 82Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 83Die Berufung ist nur zuzulassen, 841. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 852. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 863. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 874. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 885. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 89Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Zulassungsantrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) einzureichen. 90Der Antrag auf Zulassung der Berufung und dessen Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen. 91Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen. 92N. | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 13. april 1926 geborene, seit dem 25. november 2005 verwitwete und am 18. januar 2021 verstorbene vormalige klägerin befand sich ab dem 9. mai 2019 zunächst in dem altenpflegeheim n1. in l. sowie anschließend seit dem 23. mai 2019 bis zu ihrem tod in vollstationärer pflege in der pflegeeinrichtung deutscher orden - q. haus in l. . 3am 8. mai 2019 beantragte der von der vormaligen klägerin bevollmächtigte sohn herr g. fernmündlich bei dem beklagten die gewährung von sozialhilfe und pflegewohngeld. 4am 21. mai 2019 beantragte die vormalige klägerin bei dem beklagten förmlich leistungen nach dem zwölften sozialgesetzbuch (sgb xii) und fügte dem grundantrag eine vermögenserklärung über ihre einkünfte und ihr vermögen bei. 5auf das schreiben vom 5. juni 2019, mit dem der beklagte u.a. um angabe der verwendung von bargeldabhebungen des girokontos sowie des sparkontos der vormaligen klägerin in den jahren 2009 bis 2019 gebeten hat, teilte der sohn der vormaligen klägerin mit e-mail vom gleichen tage mit, dass es zu den geldabbuchungen vermutlich diverse rechnungen oder quittungen gebe, die er vor ort suchen und dann zur verfügung stellen werde. 6am 11. juni 2019 beantragte die vormalige klägerin bei dem beklagten förmlich die bewilligung von pflegewohngeld und fügte ihrem antrag eine einkommenserklärung bei. 7unter dem 1. juli 2019 übersandte der sohn der vormaligen klägerin eine umsatzübersicht ihres girokontos betreffend den zeitraum vom 2. mai bis zum 3. juni 2019 sowie die bankauskunft der sparkasse i. - filiale x. vom 13. juni 2019 zu ihren giro- und sparkonten. 8mit schreiben vom 2. oktober 2019 teilte der beklagte dem sohn der vormaligen klägerin mit, dass in dem zeitraum vom 16. november 2018 bis zum 28. märz 2019 bargeldauszahlungen vom girokonto der vormaligen klägerin in einer gesamthöhe von 4.200,00 eur sowie im zeitraum vom 9. dezember 2009 bis zum 27. dezember 2017 barabhebungen vom sparkonto der vormaligen klägerin in einer gesamthöhe von 37.000,00 eur festgestellt worden seien. der beklagte forderte den sohn der vormaligen klägerin auf, bis zum 25. oktober 2019 angaben zu den im einzelnen benannten auszahlungen und abhebungen zu machen sowie nachweise/belege hierzu vorzulegen. zugleich wies der beklagte den sohn darauf hin, dass für den fall der nichtbeantwortung der anfrage innerhalb der genannten frist der antrag auf hilfe zur pflege in einrichtungen nach dem sgb xii sowie der antrag auf pflegewohngeld wegen unaufklärbarkeit der vermögensverhältnisse abgelehnt werde. 9mit schreiben vom 4. oktober 2019 teilte der sohn der vormaligen klägerin dem beklagten u.a. mit, dass er die bargeldauszahlungen nicht abschließend beurteilen könne. seine mutter habe in den letzten jahren einige anschaffungen getätigt (fernseher, möbel, elektrogeräte). aufgrund ihrer fortschreitenden demenz sei eine befragung hierzu eher uninformativ. in ihrer wohnung seien auch keine belege hierzu gefunden worden. 10mit bescheid vom 7. november 2019 lehnte der beklagte den antrag der vormaligen klägerin auf hilfe zum lebensunterhalt und hilfe zur pflege in einrichtungen nach dem sgb xii wegen ungeklärter vermögensverhältnisse ab. 11mit weiterem bescheid vom 8. november 2019 lehnte der beklagte auch die bewilligung von pflegewohngeld für die vormalige klägerin ab. zur begründung trug er im wesentlichen vor: voraussetzung für die erbringung von pflegewohngeldleistungen sei, dass die antragstellende person neben ihrem einkommen auch ihr gesamtes verwertbares vermögen einzusetzen habe. dass ein antragsteller zum kreis der leistungsberechtigten gehöre, habe dieser darzulegen. der nachteil des nicht erbrachten beweises gehe zu lasten des antragstellers. aufgrund der eingereichten unterlagen seien abhebungen vom girokonto der vormaligen klägerin in höhe von 4.760,00 eur sowie vom sparkonto in höhe von 39.431,81 eur erfolgt. hierzu seien keine entsprechenden belege und nachweise eingereicht worden. der verbleib des gesamtbetrages von 44.191,81 eur sei nicht geklärt. zum nachweis der bedürftigkeit der vormaligen klägerin sei eine genaue aufschlüsselung des geldverbleibs zu verlangen gewesen. nur wenn im einzelnen substantiiert und nachvollziehbar dargelegt worden wäre, dass und weshalb die geldbeträge nicht mehr vorhanden gewesen seien, wäre die bewilligung von pflegewohngeld in betracht gekommen. 12mit schreiben vom 27. november 2019 erhob der zwischenzeitlich von der vormaligen klägerin bevollmächtigte rechtsanwalt n2. widerspruch sowohl gegen den ablehnungsbescheid betreffend sozialhilfe vom 7. november 2019 als auch gegen den ablehnungsbescheid betreffend pflegewohngeld vom 8. november 2019. zur begründung gab er an: die bescheide seien an den sohn der vormaligen klägerin gerichtet, obwohl dieser nicht antragsteller der beantragten leistungen sei. eine zustellung nebst rechtsmittelbelehrung an den sohn der vormaligen klägerin entfalte daher keine rechtswirkungen. unbesehen dessen habe die vormalige klägerin zwischenzeitlich kenntnis der beiden bescheide erhalten. sie verfüge nicht über vermögenswerte in einer größenordnung von 40.000,00 eur. sie sei vielmehr überschuldet und verfüge über keine weiteren geldwerte oder vermögenswerte, die sie verwenden könnte. das wesentliche vermögen habe nach dem verkauf der wohnung aus den guthaben ihres girokontos sowie ihrer beiden sparbücher bestanden. sämtliche in rede stehenden bargeldabhebungen habe die vormalige klägerin getätigt. zum beispiel habe sie im jahr 2016 einrichtungsgegenstände für ihre wohnung im wert von 8.000,00 eur erworben und mit einem nicht unerheblichen kostenaufwand ihre wohnung renovieren lassen. einige zuwendungen wie geburtstags- und weihnachtsgeschenke habe sie vornehmlich an ihre enkel gemacht. das vorhandensein von erheblichen barvermögen werde ihr einfach unterstellt. im übrigen seien die kleineren geldabhebungen in den lange zurückliegenden zeiträumen der jahre 2009 bis 2014 und auch kleinere abhebungen im jahr 2018 ausgegeben worden, weil die geringe rente für den lebensunterhalt nie ausgereicht habe. irgendwelche nachweise für die verwendung der gelder könne sie nicht mehr auffinden. 13mit bescheid vom 19. februar 2020, dem rechtsanwalt n3. zugestellt am 21. februar 2020, wies der beklagte den widerspruch betreffend den antrag auf bewilligung von pflegewohngeld zurück. zur begründung gab er an: die zustellung des bescheides an den sohn der vormaligen klägerin sei aufgrund der im verfahren vorgelegten vollmacht erfolgt. damit sei der bescheid ordnungsgemäß bekannt gegeben und auch wirksam geworden. die vormalige klägerin habe ihre bedürftigkeit nicht nachgewiesen. die vermögensfreigrenze von 10.000,00 eur sei aufgrund der barabhebungen überschritten. der verbleib und die verwendung der abgehobenen geldbeträge seien auch nach ausschöpfung sämtlicher der behörde zur verfügung stehender erkenntnisquellen ungeklärt. belege zu angeblich erfolgten anschaffungen seien nicht vorgelegt worden. auch angaben zu den personen, denen teile der gelder zugewandt worden seien sollen, seien nicht benannt worden. das nichtvorhandensein eigener mittel sei ein negatives tatbestandsmerkmal für den anspruch auf bewilligung von pflegewohngeld. der hilfesuchende müsse beweisen, dass er den geltend gemachten bedarf nicht durch eigenes einkommen und vermögen sicherstellen könne. die nichtaufklärbarkeit des verbleibs seinerzeit vorhandenen vermögens gehe regelmäßig zu lasten desjenigen, der das bestehen des anspruchs behaupte. die vormalige klägerin könne sich auch nicht auf einen unverschuldeten beweisnotstand berufen. 14mit weiterem bescheid vom 19. februar 2020 wies der beklagte auch den widerspruch betreffend die hilfe zur pflege in einrichtungen und hilfe zum lebensunterhalt nach dem sgb xii zurück. 15am 13. märz 2020 hat die vormalige klägerin beim verwaltungsgericht köln klage erhoben, mit der sie ihren anspruch auf gewährung von pflegewohngeld weiterverfolgt. 16mit beschluss vom 30. märz 2020 - 21 k 1300/20 - hat das verwaltungsgericht köln nach anhörung der beteiligten sich für örtlich unzuständig erklärt und das verfahren an das hiesige gericht verwiesen. 17zur begründung ihrer klage trägt der prozessbevollmächtigte vor: die vormalige klägerin habe bis zum 9. mai 2019 in ihrer wohnung völlig selbstständig und selbstbestimmt gelebt. ihr sohn sei bis dahin weitgehend nicht für sie tätig geworden. im mai 2019 habe der sohn der vormaligen klägerin einen antrag auf gewährung von leistungen gestellt, weil seine mutter aufgrund ihrer wirtschaftlichen verhältnisse nicht in der lage gewesen sei, die mit der unterbringung und versorgung in einer pflegeeinrichtung einhergehenden kosten zu tragen. die wohnung, in der die vormalige klägerin gelebt habe, sei nach dem tod ihres ehemannes im rahmen der erbschaft zu einem viertel auf ihren sohn und zu dreiviertel auf sie übergegangen. mit vertrag vom 20. juli 2016 habe der sohn die anteile seiner mutter zu einem kaufpreis von 20.000,00 eur übernommen. 18nach § 19 abs. 6 sgb xii dürfte der anspruch auf leistungen nach dem tod der vormaligen klägerin nunmehr der pflegeeinrichtungen zustehen. der ablehnungsbescheid des beklagten beruhe auf unterstellungen und mutmaßungen. der beklagte gehe davon aus, dass die angaben der vormaligen klägerin zur finanzierung der wohnungsausstattung im jahr 2016 unzutreffend seien. die vormalige klägerin habe, wie dargelegt worden sei, die entsprechenden gegenstände alleine erworben. die argumentation des beklagten greife nicht durch, da er sich offensichtlich auf reine unterstellungen stütze. entsprechendes gelte für die argumentation hinsichtlich der zuwendungen an familienmitglieder und bedachte personen. die vormalige klägerin habe keine angaben hierzu mehr machen können. ihr sohn sei bei den zuwendungen nicht zugegen gewesen, sodass es nachvollziehbar sei, dass hierzu keine entsprechenden weiteren informationen erteilt werden könnten. für die familie der vormaligen klägerin seien die barabhebungen nicht dezidiert erklärbar. die erkrankung der vormaligen klägerin führe nunmehr dazu, dass letztlich verschiedene vermögensverfügungen nicht mehr nachzuvollziehen seien. aufgrund ihres gesundheitszustandes befände sie sich in einem unverschuldeten beweisnotstand. dem sei dadurch rechnung zu tragen, dass die für die entscheidung erheblichen tatsachen auch aus dem bloßen vorbringen desjenigen gewonnen werden könnten, der den entsprechenden anspruch geltend mache. 19die kläger beantragen - schriftsätzlich und sinngemäß -, 20den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 8. november 2019 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 19. februar 2020 zu verpflichten, der früheren klägerin für die zeit ab antragstellung pflegewohngeld in gesetzlicher höhe zu bewilligen, 21der beklagte beantragt, 22die klage abzuweisen. 23zur begründung nimmt er bezug auf die ausführungen in den angefochtenen bescheiden. ergänzend trägt er vor: konkrete belege und schlüssige nachweise seien im hinblick auf die bedürftigkeit der vormaligen klägerin nicht erbracht worden. es sei möglich, sowohl die namen der personen zu benennen, denen in zu benennender höhe geldzuwendungen zugekommen seien, als auch rechnungszweitschriften bezüglich der angegebenen anschaffungen zu erlangen. solange jedoch nur ein rein substanzloser vortrag erfolge und keinerlei beweise erbracht würden, sei jede nur denkbare art der verwendung des vermögens möglich. die darlegung- und materielle beweislast trage die person, die den anspruch geltend mache. 24wegen der weiteren einzelheiten des sachverhaltes und des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte und des verwaltungsvorgangs des beklagten verwiesen. 25 | 26das gericht konnte trotz ausbleibens der prozessbevollmächtigten der kläger in der mündlichen verhandlung verhandeln und entscheiden, da sie in der ladung auf diese möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 abs. 2 vwgo). 27die kammer ist trotz des versterbens der früheren klägerin nicht an einer entscheidung im vorliegenden verfahren gehindert, da infolge der vertretung der verstorbenen klägerin durch einen prozessbevollmächtigten gemäß § 173 vwgo i.v.m. § 246 abs. 1 halbsatz 1 der zivilprozessordnung (zpo) keine unterbrechung des verfahrens gemäß § 173 vwgo i.v.m. § 239 abs. 1 zpo eingetreten ist und es demnach keiner formalen aufnahme des prozesses durch die bisher unbekannten rechtsnachfolger bedarf. 28die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, jedoch nicht begründet. 29die klage ist als verpflichtungsklage gemäß § 42 abs. 1 halbsatz 2 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. 30insbesondere fehlt den unbekannten erben der verstorbenen klägerin, gesetzlich vertreten durch den nachlasspfleger, für die verpflichtungsklage nicht die erforderliche klagebefugnis gemäß § 42 abs. 2 vwgo. 31der anspruch auf gewährung von pflegewohngeld steht dem heimbewohner nach § 14 abs. 1 satz 1 des gesetz zur weiterentwicklung des landespflegerechtes und sicherung einer unterstützenden infrastruktur für ältere menschen, pflegebedürftige menschen und deren angehörige (alten- und pflegegesetz nordrhein-westfalen - apg nrw) i.v.m. §§ 13 abs. 1, 16 abs. 1 und abs. 4 der verordnung zur ausführung des alten- und pflegegesetzes nordrhein-westfalen und nach § 8a sgb xi (apg dvo nrw) selbst als subjektiv- öffentliches recht zu. dieser anspruch, die gewährung von pflegewohngeld zur finanzierung der betriebsnotwendigen investitionsaufwendungen, die ansonsten dem heimbewohner bzw. seinen erben von der pflegeeinrichtung in rechnung gestellt werden, zu verlangen, ist als zwar nicht sozialhilferechtliche aber sozialrechtliche position vererblich. 32vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteile vom 14. dezember 2009 - 12 a 1814/09 -, juris, rn. 32, und vom 9. mai 2003 - 16 a 2789/02 -, juris, rn. 6 ff.; verwaltungsgericht (vg) düsseldorf, urteil vom 7. november 2014 - 21 k 7069/13 -, juris, rn. 13. 33der anspruch ist mit dem tod des berechtigten nicht erloschen. die ansprüche auf geldleistungen erlöschen gemäß § 21 abs. 1 apg nrw i. v. m. § 59 satz 2 des ersten buches sozialgesetzbuch (sgb i) mit dem tod des berechtigten nur, wenn sie im zeitpunkt des todes weder festgestellt sind noch ein verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. da die frühere klägerin ihre ansprüche auf bewilligung von pflegewohngeld in einem verwaltungsverfahren geltend gemacht hat, das wegen der nach dem erfolglosen widerspruchsverfahren erhobenen klage noch nicht beendet ist, sind die ansprüche auf bewilligung von pflegewohngeld für ihren heimplatz mit ihrem tod nicht erloschen, sondern von ihren rechtsnachfolgern ererbt. 34vgl. allgemein hierzu: ovg nrw, urteil vom 14. dezember 2009 - 12 a 1814/09 -, juris, rn. 34; vg düsseldorf, urteil vom 7. november 2014 - 21 k 7069/13 -, juris, rn. 15. 35aus § 19 abs. 6 sgb xii folgt kein anderes ergebnis. hiernach steht der anspruch der berechtigten auf leistungen für einrichtungen oder auf pflegegeld, soweit die leistung den berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem tode demjenigen zu, der die leistung erbracht oder die pflege geleistet hat. diese norm ist hier nicht anwendbar. bei § 19 abs. 6 sgb xii handelt es sich nämlich um einen gesetzlichen gläubigerwechsel (cessio legis), der vom gesetzgeber speziell und beschränkt für das sozialhilferecht als eine die §§ 56 ff. sgb i verdrängende sonderregelung getroffen worden ist, weil dort eine leistung für die vergangenheit aus gründen des bedarfsdeckungsgrundsatzes in gestalt des individualisierungsgrundsatzes ausgeschlossen ist. für andere bereiche des sozialgesetzbuches bleibt es bei den grundregelungen der §§ 56 ff. sgb i, wonach fällige ansprüche auf laufende geldleistungen beim tode des berechtigten unter bestimmten bedingungen auf sonderrechtsnachfolger übergehen können (§ 56 abs. 1 sgb i) und ansonsten - wie hier - gem. § 58 sgb i fällige ansprüche auf geldleistungen nach den vorschriften des bürgerlichen gesetzbuches vererbt werden und nur nach maßgabe des - vorliegend aus den vorstehenden gründen nicht einschlägigen - § 59 sgb i erlöschen. 36vgl. so allgemein: ovg nrw, beschluss vom 30. januar 2013 - 12 a 2349/12 -, juris, rn. 24; jurispk-sgb xii, 3. aufl. (stand. 30. juli 2021), coseriu/filges, § 19 sgb xii, rn. 70. 37die klage ist unbegründet. 38die kläger als rechtsnachfolger der vormaligen klägerin haben keinen anspruch auf bewilligung von pflegewohngeld für den pflegeplatz der früheren klägerin für die zeit ab antragstellung am 24. mai 2019 (für den pflegeplatz q1. haus ab dem 23. mai 2019) bzw. am 11. juni 2019 (für den pflegeplatz im zeitraum vom 9. mai 2019 bis zum 22. mai 2019), sodass der bescheid des beklagten vom 8. november 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 19. februar 2020 rechtmäßig ist und die kläger nicht in ihren rechten verletzt (vgl. § 113 abs. 5 satz 1 vwgo). lediglich ergänzend ist, ohne dass es in der vorliegenden verpflichtungssituation darauf ankäme, darauf hinzuweisen, dass der ablehnungsbescheid sowie im übrigen auch der widerspruchsbescheid an die vormalige klägerin als inhaltsadressatin ergangen ist, da darin über den antrag der vormaligen klägerin auf bewilligung von pflegewohngeld entschieden worden ist. der sohn der vormaligen klägerin ist dagegen aufgrund seiner im sozialverwaltungsverfahren vorgelegten vollmacht zu recht gemäß § 21 abs. 1 apg nrw i. v. m. §§ 37 abs. 1 satz 2, 13 abs. 3 satz 1 des zehnten buches sozialgesetzbuch (sgb x) lediglich bekanntgabeadressat des ablehnungsbescheides vom 8. november 2019. 39anspruchsgrundlage für die gewährung von pflegewohngeld im zeitraum ab antragstellung ist § 14 abs. 1 satz 1 apg nrw. hiernach wird pflegewohngeld in vollstationären dauerpflegeeinrichtungen in nordrhein-westfalen als unterstützung der personen (anspruchsberechtigte) gewährt, die gemäß § 14 des elften buches sozialgesetzbuch (sgb xi) pflegebedürftig und nach § 43 sgb xi oder im rahmen einer privaten pflegeversicherung anspruchsberechtigt sind und deren einkommen und vermögen unter berücksichtigung des einkommens und vermögens ihrer nicht getrennt lebenden ehegattinnen, ehegatten, eingetragenen lebenspartnerinnen oder lebenspartnern oder der mit ihnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher gemeinschaft lebenden personen zur finanzierung der von ihnen ansonsten zu tragenden förderungsfähigen aufwendungen im sinne des § 10 abs. 1 apg nrw ganz oder teilweise nicht ausreicht. nach § 14 abs. 2 satz 1 apg nrw wird pflegewohngeld nicht gezahlt, wenn unter anderem durch einsatz eigenen einkommens und vermögens die zahlung der investitionskosten möglich ist. nach § 14 abs. 3 satz 1 apg nrw erfolgt die ermittlung des einzusetzenden monatlichen einkommens und vermögens entsprechend der regelungen des elften kapitels des zwölften buches sozialgesetzbuch (sgb xii) und dem §§ 25 bis 27j des bundesversorgungsgesetzes (bvg). nach § 14 abs. 3 satz 3 apg nrw darf die gewährung von pflegewohngeld zudem nicht abhängig gemacht werden von dem einsatz oder der verwertung kleinerer barbeträge und sonstiger geldwerte in höhe von bis zu 10.000,00 eur beziehungsweise 15.000,00 eur bei nicht getrennt lebenden ehegattinnen, ehegatten, eingetragenen lebenspartnerinnen oder lebenspartnern sowie eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen gemeinschaften. 40nach diesen vorschriften haben die kläger keinen anspruch auf zahlung von pflegewohngeld für den hier nach § 16 abs. 5 satz 1 und abs. 6 satz 1 der verordnungzur ausführung des alten- und pflegegesetzes nordrhein-westfalen (apg dvo nrw) maßgeblichen zwölfmonatszeitraum ab antragstellung, weil das vermögen der früheren klägerin im zeitpunkt der antragstellung und auch für den gesamten streitbefangenen zeitraum mehr als 10.000,00 eur betrug und damit die vermögensschongrenze überschreitet. 41das überschreiten der hiermaßgeblichen vermögensfreigrenze von 10.000,00 eur ergibt sich unabhängig von der frage, ob die übertragung des miteigentumsanteils der früheren klägerin an dem grundstück m. , n4. , an ihren sohn voll- oder teilentgeltlich erfolgt ist und damit ein etwaiger schenkungsrückforderungsanspruch als teil des vermögens der vormaligen klägerin zu berücksichtigen wäre, bereits daraus, dass die frühere klägerin zum einen ausweislich der vorgelegten bankauskunft der sparkasse i. - filiale x. vom 13. juli 2019 über ein giro-/sparkontovermögen in höhe von insgesamt 7.405,40 eur, 42- 3.128,51 eur (girokonto …….03), 43- 2.431,67 eur (sparkonto ……..19), 44- 1.845,22 eur (sparkonto ……..89), 45verfügte. hinzu kommen zum anderen bargeldabhebungen in zumindest folgender relevanter höhe: 46- 3.000,00 eur am 27. februar 2019 (girokonto …….03), 47- 1.000,00 eur am 9. dezember 2009 (sparkonto ……..19), 48- 1.000,00 eur am 8. dezember 2011 (sparkonto ……..19), 49- 1.000,00 eur am 19. dezember 2014 (sparkonto ………..19), 50- 8.000,00 eur am 24. märz 2016 (sparkonto …………19), 51- 4.000,00 eur am 18. oktober 2016 (sparkonto ………..19), 52- 5.000,00 eur am 23. dezember 2016 (sparkonto ………..19), 53- 5.000,00 eur am 28. februar 2017 (sparkonto ………….19), 54- 5.000,00 eur am 12. juni 2017 (sparkonto …….19) [dieser betrag fehlt in der auflistung des beklagten im bescheid vom 8. november 2019 bzw. im widerspruchsbescheid vom 19. februar 2020], 55- 4.000,00 eur am 27. juli 2017 (sparkonto ……..19), 56- 5.000,00 eur am 24. oktober 2017 (sparkonto ………19), 57- 3.000,00 eur am 27. dezember 2017 (sparkonto …………19), 58und damit in einer gesamthöhe von 45.000,00 eur, die im zeitpunkt der jeweiligen barabhebung als bloße vermögensumschichtung weiterhin bestandteil des vermögens der früheren klägerin geblieben sind. 59nach der von dem beklagten mit schreiben vom 5. juni 2019 und vom 2. dezember 2019 erfolgten amtsaufklärung in bezug auf den verbleib bzw. die verwendung der bar abgehobenen einzelbeträge sowie den hierauf bezogenen angaben des die frühere klägerin vertretenen sohnes g. ist der verbleib bzw. der verbrauch der barabhebungen von der vormaligen klägerin nicht nachgewiesen. das gesamte vorbringen sowohl der früheren klägerin als auch ihres sohnes erschöpft sich in der bloßen behauptung, dass die gesamten barabhebungen verbraucht worden seien. da die frühere klägerin zudem keine belege zu den anschaffungen und zuwendungen vorgelegt hat, ist der verbrauch des sparvermögens bisher nicht nachgewiesen und aufgeklärt. 60lässt sich das nach § 14 abs. 3 satz 3 apg nrw anspruchsbegründende merkmal des nichtvorliegens von geldwerten unterhalb des hier maßgebenden freibetrags von bis zu 10.000,00 eur nach überzeugung des gerichts nicht aufklären, ist eine entscheidung nach den grundsätzen der materiellen beweislast zu treffen, die der vormaligen klägerin aufzuerlegen ist und zu ihrem nachteil ergeht. 61in der höchstrichterlichen rechtsprechung ist allgemein geklärt, dass, sofern die besonderen regelungen der im einzelfall einschlägigen normen nichts gegenteiliges beinhalten, der allgemeine rechtsgrundsatz greift, dass die unerweislichkeit von tatsachen, aus denen eine partei ihr günstige rechtsfolgen herleitet, grundsätzlich zu ihren lasten geht. 62vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), beschluss vom 16. april 2009 - 8 b 86.08 -, juris, rn. 6; urteil vom 13. april 2005 - 10 c 8.04 -, juris. rn. 26; urteil vom 29. juni 1999 - 9 c 36.98 -, juris, rn. 13; kopp/schenke, kommentar zur vwgo, 24. aufl. 2018, § 108, rn. 12-14; eyermann, kommentar zur vwgo, 15. aufl. 2019, § 86, rn. 5, § 108, rn. 50-52. 63in anknüpfung hieran gilt auch in rechtsstreitigkeiten, in denen - wie hier - um den bewohnerorientierten aufwendungszuschuss für die investitionskosten vollstationärer pflegeeinrichtungen gestritten wird, dass die darlegungs- und materielle beweislast für das vorliegen der anspruchsbegründenden voraussetzungen für die gewährung von pflegewohngeld an das heim die person trägt, für deren heimplatz der anspruch geltend gemacht wird. daher obliegt es ihr, die anspruchsbegründenden umstände substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. wenn das vorliegen der anspruchsbegründenden voraussetzungen nicht festgestellt werden kann, geht dies zu ihren lasten. die das pflegewohngeld bewilligende stelle darf den begehrten investitionskostenzuschuss insoweit versagen, wenn die tatsächlichen verhältnisse, wie sie sich nach den angaben des heimbewohners, den bekannten umständen sowie dem ergebnis einer mit vertretbarem aufwand durchgeführten sachaufklärung darstellen, begründete zweifel daran auslösen, dass der heimbewohner außer stande war, die investitionskosten seiner heimunterbringung selbst zu tragen. 64gehen somit im pflegewohngeldrecht unklarheiten hinsichtlich des nichtvorhandenseins von vermögen grundsätzlich zu lasten des heimbewohners, ist ein ab dem tag seiner heimaufnahme rechnerisch verbleibender betrag auch dann als vermögen zu berücksichtigen, wenn sein verbleib ungeklärt ist. dieser ansatz folgt dem vorstehenden grundprinzip, dass unklarheiten hinsichtlich des nichtvorhandenseins von vermögen bei der geltendmachung eines anspruchs auf pflegewohngeld zu lasten des anspruchstellers gehen. 65vgl. ovg nrw, urteil vom 7. juni 2016 - 12 a 1133/14 -, juris, rn. 25, beschlüsse vom 8. märz 2016 - 12 a 201/15 -, juris, rn. 3, vom 12. juni 2014 - 12 a 169/13 -, juris, rn. 5, vom 27. januar 2014 - 12 b 1422/13-, juris, rn. 10, vom 28. september 2012 - 12 a 2248/11 -, juris, rn. 4, vom 17. november 2010 - 12 a 2648/09 -, juris, rn. 4, und - 12 a 2146/10 -, juris, rn. 2, und vom 26. mai 2009 - 12 e 1498/08 -, juris, rn. 13. 66nichts anderes folgt aus dem vorbringen der früheren klägerin, sie könne aufgrund ihrer demenzerkrankung zur verwertung des geldes keine auskunft mehr geben. für das vorliegen einer solchen erkrankung liegen bereits weder anhaltspunkte vor noch hat die vormalige klägerin dahingehende ärztliche atteste vorgelegt. eine gesetzliche betreuung ist für sie nicht eingerichtet. sie hat den antrag als auch die anlage „vermögenserklärung zum pflegewohngeldantrag“ vom 6. juni 2019 sowie die weitere anlage „vermögen“ vom 16. mai 2019 eigenhändig unterschrieben. gleiches gilt auch in bezug auf die dem sozialverfahrensbevollmächtigten rechtsanwalt n. am 19. november 2019 sowie dem prozessbevollmächtigten am 4. märz 2020 erteilten vollmachten. widersprüchlich ist dagegen, dass die frühere klägerin einerseits sicheres wissen darüber haben will, dass sämtliche barabhebungen verbraucht worden seien sollen, andererseits aber keinerlei kenntnis darüber mehr habe, wie diese gelder verwendet worden seien. in diesem zusammenhang erschließt sich auch nicht, warum die frühere klägerin nach ihren eigenen angaben bis zu ihrem umzug in die pflegeeinrichtung am 9. mai 2019 völlig autark und selbstverantwortlich in ihrer wohnung gelebt habe und sie insbesondere in den jahren 2016 und 2017 in der lage war, über ihre nahezu gesamten ersparnisse zu verfügen, sie jedoch im zeitpunkt der antragstellung am 24. mai 2019 bzw. 11. juni 2019 aufgrund einer - nicht nachgewiesenen - dementiellen symptomatik nicht mehr fähig gewesen sei, angaben darüber zu machen, wer die gelder abgehoben habe und zu welchem zweck sie verwendet worden seien. 67selbst wenn unabhängig davon zugunsten der vormaligen klägerin unterstellt wird, dass ihr die unmöglichkeit, den verbleib ursprünglich vorhandener vermögenswerte aufzuklären, nicht anzulasten ist, kommt es hierauf vorliegend nicht an. denn ein solcher unverschuldeter beweisnotstand zwingt nicht zu dem schluss, es existiere kein verwertbares vermögen mehr, sondern eröffnet im rahmen der nach § 108 abs. 1 satz 1 vwgo vorzunehmenden würdigung der für die entscheidung erheblichen tatsachen nur die möglichkeit, von der wahrheit substantiierter schlüssiger und plausibler darlegungen im sinne wohlwollender beurteilung auszugehen. die beweisnot eines beteiligten führt nicht dazu, dass an seine behauptung ein geringerer wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen oder von einer deren würdigung vorangehenden sachaufklärung abzusehen ist. auch bewirkt die beweisnot weder eine beweislastumkehr noch eine verringerung des beweismaßes. 68vgl. ovg nrw, urteil vom 7. juni 2016 - 12 a 1133/14 -, juris, rn. 28; beschluss vom 6. august 2015 - 12 a 1133/14 -, juris, rn. 7, beschluss vom 27. januar 2014 - 12 b 1422/13 -, juris, rn. 15; vom 17. november 2010 - 12 a 2146/10 -, juris, rn. 9. 69nichts anderes ergibt sich aus dem von der früheren klägerin angeführten urteil des verwaltungsgerichts münster vom 18. januar 2010 - 6 k 1848/48 -. denn in übereinstimmung mit der vorstehend zitierten rechtsprechung des ovg nrw geht das verwaltungsgericht münster (vgl. a.a.o., juris, rn. 29) von keinen abweichenden rechtlichen voraussetzungen aus und stellt dementsprechend ebenso auf die vorstehend ausgeführten rechtlichen maßstäbe ab. 70auf dieser grundlage geht der beklagte in dem angegriffenen widerspruchsbescheid vom 19. februar 2020 zutreffend davon aus, dass berechtigte zweifel daran bestanden und nach wie vor bestehen, dass die frühere klägerin gemessen an ihrem vermögen außer stande war, die investitionskosten ihrer heimunterbringung selbst zu zahlen. die vormalige klägerin hat insoweit den verbleib des vermögens nicht substantiiert, schlüssig und plausibel darlegen können. sie hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass ihre behauptung, dieses geld sei insgesamt oder auch nur zu weiten teilen für ihren eigenen bedarf ausgegeben worden, zutrifft. 71nach der allgemein gültigen legaldefinition des § 23 abs. 1 satz 2 sgb x ist eine behauptete tatsache dann glaubhaft gemacht, wenn ihr vorliegen nach dem ergebnis der ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. erforderlich und ausreichend ist, dass der behörde bzw. dem gericht vermittelt wird, dass das mit der behauptung gezeichnete bild von der wirklichkeit, in abgrenzung zu der mit an sicherheit grenzenden wahrscheinlichkeit für das beweismaß der richterlichen überzeugung von der wahrheit, dieser wirklichkeit überwiegend wahrscheinlich entspricht. glaubhaftmachung bedeutet daher das dartun einer guten möglichkeit, dass der vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse zweifel verbleiben können. 72vgl. ovg nrw, beschluss vom 28. september 2012 - 12 a 2248/11 -, juris, rn. 7; vg arnsberg, urteil vom 1. februar 2016 - 9 k 1916/14 -, n.v., seite 10 des urteilsabdrucks. 73nach diesem maßstab ist gerade nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die vormalige klägerin das barvermögen - zumindest in einem umfang, dass dadurch die vermögensfreigrenze in höhe von 10.000,00 eur unterschritten worden wäre - verbraucht hat. hierfür spricht in deutlichem maße, dass über sämtliche erworbenen einrichtungsgegenstände sowie über sämtliche nach eigenen angaben mit nicht unerheblichem kostenaufwand verbundenen renovierungsarbeiten keinerlei belege oder rechnungen vorhanden sind bzw. eine erneute beleg-/rechnungsausstellung durch die betreffenden unternehmen nicht möglich ist. angesichts der hier in rede stehenden höhe der angeblich verbrauchten geldbeträge ist dieser befund deutlich lebensfremd. insgesamt fehlt es an ausreichenden angaben im hinblick auf die verwendung der bar abgehobenen beträge in höhe von insgesamt 45.000,00 eur. aus der widerspruchs- und klagebegründung ergibt sich insoweit lediglich, dass mit einem teilbetrag von 8.000,00 eur im jahr 2016 einrichtungsgegenstände (couchgarnitur und weitere wohnungseinrichtungsgegenstände) angeschafft worden sein sollen. diese angaben sind oberflächlich und werden nicht konkretisiert. darüber hinaus fehlt es in bezug auf die restlichen gelder in höhe von 37.000,00 eur sowohl an einer betragsmäßigen als auch an einer in bezug auf den verwendungszweck inhaltlich schlüssigen und plausiblen darlegung. die bloße behauptung, die wohnung sei mit erheblichem kostenaufwand renoviert worden, genügt dem bereits im ansatz nicht. 74zumindest ungewöhnlich bzw. nicht dargelegt ist schließlich, dass bzw. aus welchen besonderen umständen sämtliche angebliche anschaffungen, insbesondere diejenigen größeren ausmaßes, bar bezahlt worden sind. 75ebenso wenig ist substantiiert dargelegt worden, dass über etwaige kleinere geldabhebung hinaus größere beträge zur ergänzenden deckung des lebensunterhalts der vormaligen klägerin verbraucht worden seien, weil nach ihren angaben ihre geringe rente für den lebensunterhalt nie ausgereicht habe. unter berücksichtigung, dass der ehemann der früheren klägerin bereits am 25. november 2005 verstorben ist, wäre demzufolge zu erwarten gewesen, dass sie bereits in der folgezeit zur deckung eines ergänzenden bedarfs sukzessive auf das sparvermögen zugegriffen hätte. dies lässt sich der entwicklung insbesondere des sparkontos ………19 ab dem jahr 2005 jedoch nicht entnehmen. zudem entfallen von den vorstehend aufgeführten barabhebungen insgesamt 39.000,00 eur allein auf die beiden jahre 2016 und 2017. 76soweit die vormalige klägerin schließlich im rahmen der widerspruchsbegründung vorbringt, es habe auch einige zuwendungen vornehmlich an ihre enkel gegeben, bleibt bereits unklar, ob es sich hierbei um bloße pflicht- und anstandsschenkungen im sinne des § 534 des bürgerlichen gesetzbuches (bgb) oder um der rückforderung unterliegenden schenkungen gemäß § 528 abs. 1 bgb gehandelt hat. auch liegen weder zu den einzelnen beträgen noch zu den personen der beschenkten nachvollziehbare und plausible angabe vor, auf deren grundlage es als überwiegend wahrscheinlich zu erachten wäre, dass die klägerin gelder in einer bestimmten höhe in diesem sinne verwandt hat. 77nach alledem lässt sich auch angesichts des vorbringens der früheren klägerin sowie ihres sohnes mit nicht zu vernachlässigender beachtlichkeit der verdacht nicht ausschließen, dass mit den barabhebungen vermögenswerte verschleiert werden sollten. für die annahme, es sei davon auszugehen, dass die vormalige klägerin die abgehobenen beträge für die anschaffung von einrichtungsgegenständen, für die renovierung der wohnung und für die eigene lebensführung verbraucht habe, bieten die hierzu vorgetragenen umstände auch nach wohlwollender beurteilung nicht im ansatz eine grundlage, die geeignet wäre, von der wahrheit dessen auszugehen. 78die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die gerichtskostenfreiheit des verfahrens ergibt sich aus § 188 satz 2 vwgo. 79die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711, 709 satz 2 zpo. 80die kammer sieht von einer zulassung der berufung gemäß § 124 a abs. 1 vwgo ab, weil die voraussetzungen des § 124 abs. 2 nr. 3 oder nr. 4 vwgo nicht vorliegen. 81rechtsmittelbelehrung: 82gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung beim verwaltungsgericht arnsberg (jägerstraße 1, 59821 arnsberg) antrag auf zulassung der berufung gestellt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 83die berufung ist nur zuzulassen, 841. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 852. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 863. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 874. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 885. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 89die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem zulassungsantrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster) einzureichen. 90der antrag auf zulassung der berufung und dessen begründung können in schriftlicher form oder auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) und der elektronischer-rechtsverkehr-verordnung (ervv) eingereicht werden. auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d vwgo und der ervv wird hingewiesen. 91vor dem oberverwaltungsgericht müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. als bevollmächtigte sind rechtsanwälte und rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, die die befähigung zum richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft gesetzes gleichgestellten personen zugelassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen vor dem oberverwaltungsgericht als bevollmächtigte zugelassen. 92n. |
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} | 5 A 2000/20 | 2021-12-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt vorliegend noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines gegen ihn im Zusammenhang mit einem Spiel der ersten Fußballbundesliga verhängten Aufenthaltsverbots für die Dortmunder Innenstadt. 3Mit Bescheid vom 17. April 2019 – den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am selben Tag zugestellt – verfügte das Polizeipräsidium Dortmund gegenüber dem Kläger nach vorheriger Anhörung anlässlich der Begegnung der ersten Fußballbundesliga Borussia Dortmund gegen Schalke 04 („Revierderby“) am 27. April 2019 um 15.30 Uhr für im Einzelnen bezeichnete Bereiche des Gebiets der Stadt Dortmund auf der Grundlage des § 34 Abs. 2 PolG NRW ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot für den Zeitraum von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr. Der Verfügung war eine Karte beigefügt, aus der sich der Geltungsbereich im Einzelnen ergab. Zugleich wurde dem Kläger im Falle einer Zuwiderhandlung gegen das Verbot ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro angedroht. Zur Begründung wurde unter Auflistung zahlreicher Vorfälle mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den fraglichen Fanlagern ausgeführt, die Spielbegegnung berge ein hohes Risiko, da das Verhältnis der Anhänger beider Mannschaften zueinander als feindschaftlich eingeschätzt werde. Das Revierderby sei für Anhänger beider Vereine von großem Interesse und habe auch emotional einen hohen Stellenwert in der Fanszene. Das Stadion werde mit 81.000 Besuchern ausverkauft sein. Es würden etwa 1.100 Ultras und ultranahe Personen der Dortmunder Anhängerschaft erwartet, unter denen sich voraussichtlich bis zu 520 Personen der Kategorie B (gewaltbereit) und 110 Personen der Kategorie C (gewaltsuchend) befinden würden. Außerdem seien im Stadionumfeld oder in nahegelegenen Gastronomiebetrieben möglicherweise bis zu 60 Personen mit bundesweit oder örtlich gültigem Stadionverbot aufhältig. Von den zu erwartenden 8.000 Schalker Fans seien etwa 600 der Ultra- oder ultranahen Szene zuzuordnen. Diese teilten sich in 430 Personen der Kategorie B und 130 Personen der Kategorie C auf. Zudem würden etwa zehn Personen aus der Schalker Fanszene erwartet, die mit einem Stadionverbot belegt seien. Jenseits dessen sei davon auszugehen, dass sich Anhänger des 1. FC Nürnberg und des FC Twente Enschede, die mit Schalke 04 sympathisierten, und Anhänger der Gruppierung „C. “, die mit der Dortmunder Fanszene befreundet sei, einfinden würden. 4Der Kläger sei als sog. „Capo“ der Führungsebene einer Ultragruppierung und damit der gewaltbereiten Dortmunder Fanszene zuzurechnen. Aufgrund des vom Kläger im Umfeld und im Zusammenhang mit Fußballspielen der Bundesliga gezeigten Verhaltens müsse damit gerechnet werden, dass er bewusst und geplant im Kontext dieser Begegnung Straftaten begehen bzw. zu ihrer Begehung beitragen werde. Sein Verhalten führe zu einer zusätzlichen Emotionalisierung in kritischen Situationen und so zu einer Gefährdung für Leib und Leben durch In-Gang-Setzen gruppendynamischer Prozesse, die große Menschenmengen erfassen könne. Angesichts der zu erwartenden Gewalt und der niedrigen Hemmschwelle zu ihrem Einsatz bestehe eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben. Hierbei seien auch unbeteiligte Passanten oder Fans sowie Einsatzkräfte der Polizei betroffen. 5Die Gefahrenprognose für den Kläger beruhe auf polizeilichen Erkenntnissen. Beispielsweise habe er am 27. Mai 2016 eine Polizeibeamtin beleidigt. Das eingeleitete Strafverfahren sei gegen Zahlung einer Geldbuße von 500 Euro eingestellt worden (Az:). Zu einer weiteren Beleidigung eines Polizeibeamten durch den Kläger durch mehrfaches Zeigen des Mittelfingers sei es am 8. April 2017 gekommen. Der Kläger sei deshalb zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt worden (Az:). Am 20. Mai 2017 sei der Kläger im Vorfeld des Bundesligaspiels Dortmund gegen Werder Bremen an einem Landfriedensbruch beteiligt gewesen, wobei er Beamte mit den Worten „Wichser“ und „Bastarde“ beleidigt und Widerstand geleistet habe. Er habe dabei etwa 300 Personen der Dortmunder Ultra-Szene zum Durchbrechen der Polizeikette aufgefordert bzw. aufgewiegelt. Im anschließenden Strafverfahren sei er wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden (Az:); weitere Straftaten hätten nicht nachgewiesen werden können. 6Dass der Kläger sich seit dem 20. Mai 2017 polizeilich unauffällig verhalten habe, rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Nach polizeilicher Erfahrung seien Wohlverhaltensphasen oft nicht von langer Dauer. Vielmehr zeige der Vorfall vom 20. Mai 2017, dass der Kläger, auch wenn er sich vordergründig rechtstreu verhalte, gleichwohl wieder Straftaten begehe. Da die Begegnung Borussia Dortmund gegen Schalke 04 emotional besonders aufgeladen sei und der Kläger „Capo“ einer Ultragruppierung sei, bestehe eine besonders hohe Gefahr, dass er Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit verletzen und Straftaten begehen bzw. dazu beitragen werde. 7Das verhängte Aufenthaltsverbot sei verhältnismäßig. Erfahrungen aus zurückliegenden Einsätzen hätten gezeigt, dass ein nur kurzfristig wirkender Platzverweis kein gleich wirksames Mittel sei. Die Dauer des Betretungsverbotes umfasse den Zeitraum, in dem sich Fans vor und nach dem Spiel im Stadionumfeld und im Innenstadtbereich aufhielten. 8Der Kläger hat gegen die Verfügung am 16. Mai 2019 Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die ihm vorgehaltenen Vorfälle vom 20. Mai 2017 hätten zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung geführt, sein strafrechtlich relevantes Verhalten sei allerdings nicht von Gewalttätigkeiten geprägt gewesen. Im Übrigen beeinflusse er aufgrund privater Umstände seit geraumer Zeit nicht mehr aktiv die Geschicke der Gruppierung „U. V. “. Er sei im November 2018 Vater geworden. Die Behauptung des Beklagten, er gehöre als „Capo“ der Führungsebene einer Ultragruppierung an, treffe nicht mehr zu. 9Der Kläger hat beantragt, 10festzustellen, dass das mit Bescheid des Polizeipräsidiums Dortmund vom 17. April 2019 gegen ihn ausgesprochene Betretungs- und Aufenthaltsverbot rechtswidrig gewesen ist. 11Der Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13In Ergänzung zu seinem Bescheid hat der Beklagte zur Gruppierung „U. V. “ vorgetragen, dass etwa 220 dieser Gruppierung angehörende Personen der Kategorie B und 30 der Kategorie C zuzurechnen seien. Darüber hinaus gebe es viele Sympathisanten, die aber nicht feste Mitglieder seien. Die Gruppe weise ultratypische Verhaltensweisen auf. Eine Dialogbereitschaft mit der Polizei sei nur stark eingeschränkt bis gar nicht vorhanden. Im Falle von Maßnahmen gegen Angehörige der Szene sei eine Lenkbarkeit der Gruppe auf kommunikativem Wege nur eingeschränkt möglich. Schlechte Stimmung in der Ultraszene könne in Gewalt umschlagen. Teile der Gruppierung „U. V. “ seien als vollwertige Mitglieder oder zumindest als Mitläufer der Dortmunder (Nachwuchs-) Hooliganszene anzusehen. Bei diesen Mitgliedern könne eine Bereitschaft zur Beteiligung an körperlichen Auseinandersetzungen festgestellt werden. Die Gruppe reise regelmäßig geschlossen auch gemeinsam mit den Gruppierungen „K. “ und „E1. “ in Zügen oder Reisebussen zu Auswärtsspielen. Die „K. “ wiesen in Teilen aggressives und provokantes Verhalten gegenüber Polizeibeamten auf, seien überhaupt nicht ansprechbar und lediglich in Einzelfällen lenkbar. Das Verhältnis zwischen den drei größten Fangruppierungen der Dortmunder Szene könne weitestgehend als homogen beschrieben werden. Basierend darauf könne die Gruppierung „U. V. “ als gewaltaffine Gruppierung innerhalb der Ultraszene qualifiziert werden. Nach aktuellen Erkenntnissen der szenekundigen Beamten habe sich der Kläger seit geraumer Zeit aus der aktiven Fanszene von Borussia Dortmund zurückgezogen. Er sei nur noch selten im Umfeld der Ultragruppierung „U. V. “ anzutreffen. Die Funktion als Wortführer bzw. „Capo“ werde von ihm seit mehreren Monaten nicht mehr ausgefüllt. Er sei zuletzt im Oktober 2017 sowie am 26. Oktober 2019 im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen kriminalpolizeilich bzw. im Umfeld von Mitgliedern von „U. V. “ in Erscheinung getreten. Seine Wohlverhaltensphase dauere an. Solange dies auch weiterhin der Fall sei, werde der Beklagte keine Maßnahmen gegen den Kläger mehr ergreifen, die allein auf sein bisheriges Verhalten gestützt seien. 14Mit auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2020 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Bescheides abgewiesen. Sie erweise sich als unzulässig, weil der Kläger kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes habe. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr, da der Beklagte dargelegt habe, dass er mit Blick auf die andauernde Wohlverhaltensperiode und das veränderte Engagement des Klägers allein aufgrund vergangener Vorfälle keine vergleichbaren Maßnahmen zu ergreifen gedenke. Dem Kläger stehe auch kein Rehabilitationsinteresse zu Seite. Ein solches sei aufgrund der Maßnahme, die nur an ihn selbst gerichtet gewesen sei, nicht erkennbar. Auch die Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne ergebe nichts anderes. Schließlich folge ein berechtigtes Interesse auch nicht aus dem Vorliegen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs. Einfache, sich tatsächlich nicht mehr auswirkende Grundrechtsbeeinträchtigungen bedürften vor der Garantie effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG keiner anderen Betrachtung. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz fordere eine Rechtmäßigkeitskontrolle des Eingriffs nur in Fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht mehr fortwirkender Grundrechtseingriffe, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen könne. Dies sei bei dem zeitlich auf nur wenige Stunden befristeten und räumlich auf Bereiche der Stadt Dortmund beschränkten Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht der Fall gewesen, zumal der Kläger weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren seine Absicht bekundet habe, den vom Verbot erfassten Bereich im fraglichen Zeitraum betreten zu wollen. 15Mit der von dem Senat in Bezug auf die Polizeiverfügung vom 17. April 2019 mit Beschluss vom 8. Oktober 2021 zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen erster Instanz und im Berufungszulassungsverfahren. Er habe aufgrund des durch das Aufenthalts- und Betretungsverbot verwirklichten tiefgreifenden Eingriffs in seine Grundrechte aus Art. 11 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG ein Feststellungsinteresse. Im Übrigen erweise sich die Klage mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schon deshalb als zulässig, weil es nach dieser für die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses keines schwerwiegenden Grundrechtseingriffs bedürfe; es genüge insoweit ein sich regelmäßig zeitnah erledigender Verwaltungsakt. 16Der Kläger beantragt, 17unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 5. Juni 2020 festzustellen, dass der Bescheid vom 17. April 2019 rechtswidrig gewesen ist. 18Der Beklagte beantragt, 19die Berufung zurückzuweisen. 20Er tritt der Berufung entgegen und bezieht sich insoweit auf sein bisheriges Vorbringen. Ihm hätten im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides keine Hinweise darauf vorgelegen, dass sich der Kläger – etwa aufgrund der Geburt seines Kindes – von seiner führenden Rolle als „Capo“ in der Ultragruppierung „U. V. “ zurückgezogen habe. 21In der mündlichen Verhandlung hat der Senat Polizeihauptkommissar K1. als szenekundigen Beamten des Polizeipräsidiums Dortmund informatorisch gehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird diesbezüglich Bezug genommen. 22Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen. Die Klage ist bereits unzulässig. 25Der Kläger hat kein berechtigtes Interesse analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des bereits vor Klageerhebung erledigten Verwaltungsakts. 26Vgl. zur analogen Anwendung der Vorschrift bei Erledigung vor Klageerhebung etwa grundlegend: BVerwG, Urteile vom 17. Oktober 1990– 1 C 12/88 –, juris, Rn. 19; Beschluss vom 27. Juni 1985 – 2 B 81/84 –, juris, Rn. 3; Urteil vom 1. Juli 1975 – I C 35.70 –, juris, Rn. 23. 27Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann dabei rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Rechtsschutzsuchenden in den genannten Bereichen zu verbessern. 28Vgl. hierzu nur: BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 39.12 –, juris, Rn. 19, m. w. N. 29Im Hinblick auf die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Fallgruppen ist ein Feststellungsinteresse des Klägers weder unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr noch zu seiner Rehabilitierung zu erkennen. Auch ist ein solches nicht wegen eines sich typischerweise rasch erledigenden Eingriffs in die Rechte des Klägers anzunehmen. Schließlich hat der Kläger auch kein Präjudizinteresse für einen Schadensersatzprozess dargelegt. 30Eine hinreichende Wiederholungsgefahr ist auch unter Zugrundelegung des klägerischen Vorbringens nicht erkennbar. Eine solche ist anzunehmen, wenn in absehbarer Zeit bei im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen mit dem Erlass eines gleichartigen Verwaltungsaktes zu rechnen ist. Die gerichtliche Entscheidung muss insoweit für die künftige behördliche Entscheidung von „richtungsweisender“ Bedeutung sein können. Für das Feststellungsinteresse ist demnach entscheidend, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen künftigen Verwaltungshandelns unter Anwendung der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften geklärt werden können. Dabei bedarf es keiner völligen Übereinstimmung des der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden und eines mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Falles, sondern die Wiederholungsgefahr ist schon dann zu bejahen, wenn sich nach den Umständen des künftigen Sachverhaltes die in Bezug auf den erledigten Fall kontroversen Rechtsfragen erneut stellen werden. Um dies annehmen zu können, müssen aber konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt einer vergleichbaren Belastung bei einem vergleichbaren und abzusehenden Sachverhalt gegeben sein. Ist dagegen – gleichsam im Umkehrschluss – ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden. 31Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2008 – 1 WB 11.07 –, juris, Rn. 21; Urteil vom 12. Oktober 2006 – 4 C 12.04 –, juris, Rn. 8; Beschlüsse vom 21. Oktober 1999 – 1 B 37.99 –, juris, Rn. 5, und vom 16. Oktober 1989 – 7 B 108/89 –, juris, Rn. 5; OVG NRW, Urteile vom 22. Juni 2021 – 5 A 1386/20 –, juris, Rn. 29, und vom 4. November 2016 – 15 A 2293/15 –, juris, Rn. 42; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 113 Rn. 271. 32Ein solcher Fall ist von dem Kläger nicht dargelegt worden. Vielmehr hat er selbst vorgetragen, aufgrund der Geburt seines Kindes im November 2018 habe er sich aus seiner Funktion als „Capo“ zurückgezogen. Zudem hat der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren erklärt, er werde mit Blick auf die Wohlverhaltensperiode des Klägers allein aufgrund vergangener Vorfälle keine weiteren vergleichbaren Maßnahmen gegen diesen ergreifen. Schon vor diesem Hintergrund erscheint der erneute Ausspruch eines Aufenthalts- und Betretungsverbotes bei im Wesentlichen vergleichbarem Sachverhalt als nicht wahrscheinlich. 33Aus dem klägerischen Vortrag ergibt sich auch kein rechtlich erhebliches Rehabilitationsinteresse hinsichtlich des Aufenthalts- und Betretungsverbotes. Eine solche rechtliche Erheblichkeit ist anzunehmen, wenn das Rehabilitationsinteresse bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls als schutzwürdig anzuerkennen ist. 34Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. November 2009 – 6 B 22.09 –, juris, Rn. 4, und vom 18. Juli 2000 – 1 WB 34.00 –, juris, Rn. 5. 35Voraussetzung hierfür ist, dass ein Verwaltungsakt außer seiner (erledigten) belastenden Wirkung zusätzlich einen persönlich stigmatisierenden, ehrenrührigen Inhalt besitzt, der dem Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld abträglich ist, und dieser Wirkung durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit noch wirksam begegnet werden könnte, sie also noch fortdauert. Dabei kann sich eine solche Beeinträchtigung auch aus der Begründung der streitigen Verwaltungsentscheidung oder den Umständen ihres Zustandekommens ergeben. Eine allein subjektiv empfundene Beeinträchtigung erfüllt diese Anforderungen nicht. 36Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 39.12 –, juris, Rn 24; Beschluss vom 18. Juli 2000 – 1 WB 34.00 –, juris, Rn. 5; Urteil vom 19. März 1992 – 5 C 44.87 –, juris, Rn. 9; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 273 f. 37Eine solche stigmatisierende Wirkung hat der Kläger nicht dargetan. 38Vgl. zur Maßgeblichkeit des Vortrags für die Umstände, aus denen sich das Festsetzungsinteresse ergeben soll: BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 1991 – 1 C 42/90 –, juris, Rn. 13, und vom 15. November 1990 – 3 C 49/87 –, juris, Rn. 25; Beschluss vom 4. März 1976 – I WB 54/74 –, BeckRS 2014, 57530; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 113 Rn. 267. 39Aus einem polizeilichen Platzverweis bzw. einem Aufenthaltsverbot als solchem ergibt sich eine stigmatisierende Wirkung gegenüber der Öffentlichkeit nicht generell. Das Polizeirecht sieht die Möglichkeit, eine Person zur Abwehr einer Gefahr von einem Ort zu verweisen auch dann vor, wenn von der Person selbst keine direkte Gefahr ausgeht; dies kann etwa der Fall sein, wenn sich ein Unbeteiligter im Wirkbereich einer Gefahrenquelle aufhält. Daneben setzt das Ordnungsrecht als Gefahrenabwehrrecht selbst bei der Annahme einer Störereigenschaft im Sinne der §§ 4 bis 6 PolG NRW keine Vorwerfbarkeit oder auch nur aktives Handeln voraus. Notwendig ist insoweit nur die objektiv zurechenbare Verursachung. 40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 1999– 1 B 36/99 –, juris, Rn. 10 f.; vgl. zur Verursachung als Voraussetzung der Störereigenschaft auch: VG Düsseldorf, Urteil vom 15. Januar 2010 – 23 K 4643/08 –, juris, Rn. 30. 41Die stigmatisierende Wirkung ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes oder den Umständen seines Erlasses. Dabei kommt einem Vorwurf eines bestimmten Verhaltens in aller Regel dann keine Außenwirkung zu, wenn dieser lediglich in dem Bescheid enthalten ist, der dem Betroffenen selbst zugeht. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 – 8 C 20/12 –, juris, Rn. 17. 43Letzteres war hier der Fall. Gibt darüber hinaus ein Betroffener die Information über eine polizeiliche Maßnahme selbstinitiiert an Dritte weiter, kann hieraus regelmäßig kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse folgen. Dieser kann sich eine rechtlich erhebliche Beeinträchtigung und in der Folge ein Rehabilitationsinteresse nicht durch eigenes Verhalten selbst schaffen. 44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Oktober 2019 – 5 A 2719/17 – juris, Rn. 29; vgl. zum fehlenden Rehabilitationsinteresse bei selbstinitiierter Bekanntmachung einer Tatsache im Internet: Sächs. LSG, Urteil vom 21. April 2016 – L 3 AS 7/15 –, juris, Rn. 44; vgl. indes zu einzelfallbezogenen Medienberichten: OVG Nds., Urteil vom 26. April 2018 – 11 LC 288/16 –, juris, Rn. 28. 45Der Kläger hat auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen einer sich regelmäßig zeitnah erledigenden Maßnahme. Ein solches, durch Art. 19 Abs. 4 GG geschütztes Feststellungsinteresse wird insbesondere in Fällen angenommen, in denen sich ein gewichtiger Grundrechtseingriff durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung eröffneten (Hauptsache-)Instanz nicht erlangen kann. 46Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Juli 2016– 1 BvR 1705/15 –, juris, Rn. 11, vom 13. Dezember 2005 – 2 BvR 447/05 –, juris, Rn. 54, und vom 5. Dezember 2001 – 2 BvR 527/99 u. a. –, juris, Rn. 36 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Oktober 2019 – 5 A 2719/17 –, juris, Rn. 34 ff. und vom 30. Januar 2018 – 5 A 557/16 –, juris, Rn. 21; Urteil vom 12. Dezember 2017 – 5 A 2428/15 –, juris, Rn. 22 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22. Juli 2004 – 1 S 2801/03 –, juris, Rn. 24. 47Ein entsprechend gewichtiger Grundrechtseingriff liegt hier nicht vor. Dies ist vornehmlich bei Grundrechtseingriffen anzunehmen, die schon das Grundgesetz – wie in den Fällen der Art. 13 Abs. 2 GG und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG – unter Richtervorbehalt gestellt hat. Daneben liegt ein solcher regelmäßig auch dann vor, wenn durch die Maßnahme in den Kernbereich von speziellen Grundrechten wie etwa der Versammlungsfreiheit eingegriffen wird. 48Vgl. hierzu nur: BVerfG, Beschlüsse vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 –, juris, Rn. 28 und 37, vom 5. Dezember 2001 – 2 BvR 527/99 u. a. –, juris, Rn. 36, m.w.N., und vom 30. April 1997 – 2 BvR 817/90 u.a. –, juris, Rn. 51; vgl. auch: OVG NRW, Urteil vom 27. September 2021 – 5 A 2807/19 –, juris, Rn. 54. 49Einen Eingriff in das Grundrecht auf Freizügigkeit des Klägers aus Art. 11 Abs. 1 GG begründet das hier auf wenige Stunden begrenzte Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht. Nach dieser Vorschrift genießen alle Deutschen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. Dies umfasst, soweit hier maßgeblich, das Recht, unbehindert durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen. 50Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 25. März 2008– 1 BvR 1548/02 –, juris, Rn. 25, m.w.N. 51Die Aufenthaltsfreiheit bedeutet dabei das Recht, an einem Ort vorübergehend oder längerfristig zu verweilen, ohne einen Wohnsitz zu begründen. Dabei ist in Abgrenzung zu der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG erfassten Bewegungsfreiheit sowie zur allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ein Ortswechsel von einiger Bedeutung und Dauer zu verstehen, dem nach den Gesichtspunkten der Alltäglichkeit, Persönlichkeitsrelevanz, Entfernung und Dauer eine gesteigerte, über die normale Bewegungsfreiheit hinausgehende Bedeutung zukommt. Der eigenständige Schrankenvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG, der Beschränkungen nur aus besonders gewichtigen Anlässen erlaubt, indiziert nämlich, dass Art. 11 Abs. 1 GG nur Verhaltensweisen erfasst, die sich als Fortbewegung im Sinne eines Ortswechsels qualifizieren lassen und dadurch eine über die insbesondere durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 bzw. Satz 1 GG geschützte körperliche Bewegungsfreiheit hinausgehende Bedeutung für die räumlich gebundene Gestaltung des alltäglichen Lebenskreises haben. 52Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. März 2008– 1 BvR 1548/02 –, juris, Rn. 25; Durner, in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Stand: Juli 2021, Art. 11 Rn. 77 f.; Pagenkopf, in: Sachs, Grundgesetz, 9. Auflage 2021, Art. 11 Rn. 16; Kunig, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz, 6. Auflage 2012, Art. 11 Rn. 13. 53Das Aufsuchen eines Ortes, um sich dort zur Freizeitgestaltung bzw. zu alltäglichen Verrichtungen aufzuhalten, um danach an seinen Wohnsitz zurückzukehren, ist hiervon indes nicht umfasst. 54Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. März 2008– 1 BvR 1548/02 –, juris, Rn. 26. 55Der in M. wohnhafte Kläger wendet sich gegen das anlässlich des „Revierderbys“ ausgesprochene Aufenthalts- und Betretungsverbot. Unabhängig davon, dass er weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren vorgetragen hat, dass er vorgehabt habe, das Spiel selbst im Stadion zu verfolgen oder sich sonst in dem fraglichen Bereich aufzuhalten, war er damit lediglich zeitlich begrenzt in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt. Dass dem Kläger subjektiv der Besuch des Fußballstadions anlässlich des „Revierderbys“ besonders wichtig erschienen haben mag, vermag hieran nichts zu ändern. 56Das zeitlich auf wenige Stunden befristete und räumlich auf einen (innerstädtischen) Bereich Dortmunds beschränkte Aufenthalts- und Betretungsverbot vom 17. April 2019 bedeutete auch im Übrigen, unabhängig von der Frage, ob eine solche Maßnahme auch auf § 34 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW hätte gestützt werden können, 57vgl. zum Begriff des Ortes in § 34 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW: OVG NRW, Urteil vom 27. September 2021 – 5 A 2807/19 –, juris, Rn. 69 ff., 58keine Beschränkung der zeitlich-räumlichen Bewegungsfreiheit des Klägers, die einen Eingriff in Art. 11 Abs. 1 GG bedeuten würde. 59Vgl. insoweit zur Eingriffstiefe eines Platzverweises: OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2003– 5 E 260/03 –, Seite 3 des Beschlussabdrucks; OVG Bremen, Urteil vom 8. Januar 2019 – 1 LB 252/18 – juris, Rn. 26 ff.; anders für ein fortlaufendes Aufenthaltsverbot an allen ungefähr 40 Heimspieltagen mehrerer Vereine während einer vollständigen Bundesligasaison: OVG Nds., Urteil vom 26. April 2018 – 11 LC 288/16 –, juris, Rn. 76. 60Der danach hier allein in Rede stehende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG ist nicht als hinreichend gewichtig in dem oben genannten Sinne zu qualifizieren. Zwar mag es Fälle geben, in denen auch einem Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit entsprechendes Gewicht zukommen kann. Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend anzunehmen sein könnte, liegen jedoch angesichts der zeitlichen und räumlichen Ausdehnung des Verbots nicht vor. 61Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht auf die vorgenannten Fälle gewichtiger Grundrechtseingriffe beschränkt, sondern der Auffassung ist, die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG verlange, dass der Betroffene jeden Eingriff in eine Rechtsposition in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen könne, wenn sich die kurzfristige Erledigung aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergebe, folgt der Senat dem jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht. 62In den Fällen, so das Bundesverwaltungsgericht, in denen sich das klägerische Anliegen in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsaktes erschöpfe, sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon sei bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Dies gelte unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziere ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gelte auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die – von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen – kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. 63Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2017– 7 B 1/16 –, juris, Rn. 25, sowie Urteil vom 16. Mai 2013 – 8 C 14.12 –, juris, Rn. 30 f.; vgl. auch (zur allgemeinen Feststellungsklage): Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 43 Rn. 101. 64Eine solche weite Auslegung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht geboten. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt nicht, dass jeder sich zeitnah erledigende Eingriff in Grundrechte, soweit er nicht als schwerwiegend in dem vorgenannten Sinne anzusehen ist, oder in sonstige Rechtspositionen zur Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses führt. 65Vgl. hierzu nur: BVerfG, Beschlüsse vom 6. Juli 2016 – 1 BvR 1705/15 –, juris, Rn. 11, und vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 –, juris, Rn. 28 und 38 (zu bloßen Modalitäten der Versammlungsdurchführung). 66Eine Ausweitung dieser Fallgruppe des besonderen Rechtsschutzinteresses im Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist vielmehr mit seiner prozessualen Funktion, eine Fortsetzungsfeststellungsklage nur in bestimmten Fällen zuzulassen, schwerlich vereinbar. Sie erweist sich nach der Auffassung des Senats auch nicht als notwendig, um Rechtsschutzlücken zu schließen. Zwar erledigen sich bestimmte Maßnahmen wie der polizeiliche Platzverweis regelmäßig vor Ergehen einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung; dass hiermit angesichts der umfänglichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung systemische Rechtsschutzlücken einhergehen, ist indes nicht erkennbar. 67Vgl. hierzu auch: OVG Bremen, Urteil vom 8. Januar 2019 – 1 LB 252/18 –. juris, Rn. 30; Bay. VGH, Beschluss vom 13. März 2017 – 10 ZB 16.965 –, juris, Rn. 10. 68Ein Präjudizinteresse des Klägers im Hinblick auf einen zu erwartenden Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess hat dieser nicht geltend gemacht. Insbesondere hat er auch keine Angaben zu einem ihm entstandenen Schaden gemacht. Im Übrigen setzt dies voraus, dass sich der Verwaltungsakt, auf den sich diese Feststellung beziehen soll, nach Klageerhebung erledigt hat. Dies findet seine Begründung darin, dass die durch das Verwaltungsstreitverfahren generierten Aufwände nicht nutzlos werden und die getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen für den weiteren Prozess nutzbar gemacht werden sollen. 69Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2016– 2 C 27/15 –, juris, Rn. 15, und vom 20. Juni 2013 – 8 C 17/12 –, juris, Rn. 26; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 113 Rn. 281. 70Solche gerichtlichen Feststellungen konnten vorliegend schon deshalb nicht vor Erledigung des Verwaltungsaktes getroffen werden, weil sich dieser mit Ablauf seiner Geltungsdauer am 27. April 2019, 20.00 Uhr, erledigt hatte. Die Klage ist bei dem erstinstanzlichen Gericht aber erst am 16. Mai 2019 erhoben worden. 71Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. 72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711, § 709 Satz 2 ZPO. 73Die Revision ist nach § 132 Abs. 1, 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der Rechtssache mit Blick auf die Frage der an das Fortsetzungsfeststellungsinteresse – insbesondere bezogen auf das Erfordernis eines schwerwiegenden Grundrechtseingriffs – zu stellenden Anforderungen grundsätzliche Bedeutung zukommt. | die berufung wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2der kläger begehrt vorliegend noch die feststellung der rechtswidrigkeit eines gegen ihn im zusammenhang mit einem spiel der ersten fußballbundesliga verhängten aufenthaltsverbots für die dortmunder innenstadt. 3mit bescheid vom 17. april 2019 – den verfahrensbevollmächtigten des klägers am selben tag zugestellt – verfügte das polizeipräsidium dortmund gegenüber dem kläger nach vorheriger anhörung anlässlich der begegnung der ersten fußballbundesliga borussia dortmund gegen schalke 04 („revierderby“) am 27. april 2019 um 15.30 uhr für im einzelnen bezeichnete bereiche des gebiets der stadt dortmund auf der grundlage des § 34 abs. 2 polg nrw ein betretungs- und aufenthaltsverbot für den zeitraum von 10.00 uhr bis 20.00 uhr. der verfügung war eine karte beigefügt, aus der sich der geltungsbereich im einzelnen ergab. zugleich wurde dem kläger im falle einer zuwiderhandlung gegen das verbot ein zwangsgeld in höhe von 500 euro angedroht. zur begründung wurde unter auflistung zahlreicher vorfälle mit gewalttätigen auseinandersetzungen zwischen den fraglichen fanlagern ausgeführt, die spielbegegnung berge ein hohes risiko, da das verhältnis der anhänger beider mannschaften zueinander als feindschaftlich eingeschätzt werde. das revierderby sei für anhänger beider vereine von großem interesse und habe auch emotional einen hohen stellenwert in der fanszene. das stadion werde mit 81.000 besuchern ausverkauft sein. es würden etwa 1.100 ultras und ultranahe personen der dortmunder anhängerschaft erwartet, unter denen sich voraussichtlich bis zu 520 personen der kategorie b (gewaltbereit) und 110 personen der kategorie c (gewaltsuchend) befinden würden. außerdem seien im stadionumfeld oder in nahegelegenen gastronomiebetrieben möglicherweise bis zu 60 personen mit bundesweit oder örtlich gültigem stadionverbot aufhältig. von den zu erwartenden 8.000 schalker fans seien etwa 600 der ultra- oder ultranahen szene zuzuordnen. diese teilten sich in 430 personen der kategorie b und 130 personen der kategorie c auf. zudem würden etwa zehn personen aus der schalker fanszene erwartet, die mit einem stadionverbot belegt seien. jenseits dessen sei davon auszugehen, dass sich anhänger des 1. fc nürnberg und des fc twente enschede, die mit schalke 04 sympathisierten, und anhänger der gruppierung „c. “, die mit der dortmunder fanszene befreundet sei, einfinden würden. 4der kläger sei als sog. „capo“ der führungsebene einer ultragruppierung und damit der gewaltbereiten dortmunder fanszene zuzurechnen. aufgrund des vom kläger im umfeld und im zusammenhang mit fußballspielen der bundesliga gezeigten verhaltens müsse damit gerechnet werden, dass er bewusst und geplant im kontext dieser begegnung straftaten begehen bzw. zu ihrer begehung beitragen werde. sein verhalten führe zu einer zusätzlichen emotionalisierung in kritischen situationen und so zu einer gefährdung für leib und leben durch in-gang-setzen gruppendynamischer prozesse, die große menschenmengen erfassen könne. angesichts der zu erwartenden gewalt und der niedrigen hemmschwelle zu ihrem einsatz bestehe eine erhebliche gefahr für leib und leben. hierbei seien auch unbeteiligte passanten oder fans sowie einsatzkräfte der polizei betroffen. 5die gefahrenprognose für den kläger beruhe auf polizeilichen erkenntnissen. beispielsweise habe er am 27. mai 2016 eine polizeibeamtin beleidigt. das eingeleitete strafverfahren sei gegen zahlung einer geldbuße von 500 euro eingestellt worden (az:). zu einer weiteren beleidigung eines polizeibeamten durch den kläger durch mehrfaches zeigen des mittelfingers sei es am 8. april 2017 gekommen. der kläger sei deshalb zu einer geldstrafe von 40 tagessätzen verurteilt worden (az:). am 20. mai 2017 sei der kläger im vorfeld des bundesligaspiels dortmund gegen werder bremen an einem landfriedensbruch beteiligt gewesen, wobei er beamte mit den worten „wichser“ und „bastarde“ beleidigt und widerstand geleistet habe. er habe dabei etwa 300 personen der dortmunder ultra-szene zum durchbrechen der polizeikette aufgefordert bzw. aufgewiegelt. im anschließenden strafverfahren sei er wegen beleidigung zu einer geldstrafe von 30 tagessätzen verurteilt worden (az:); weitere straftaten hätten nicht nachgewiesen werden können. 6dass der kläger sich seit dem 20. mai 2017 polizeilich unauffällig verhalten habe, rechtfertige keine abweichende beurteilung. nach polizeilicher erfahrung seien wohlverhaltensphasen oft nicht von langer dauer. vielmehr zeige der vorfall vom 20. mai 2017, dass der kläger, auch wenn er sich vordergründig rechtstreu verhalte, gleichwohl wieder straftaten begehe. da die begegnung borussia dortmund gegen schalke 04 emotional besonders aufgeladen sei und der kläger „capo“ einer ultragruppierung sei, bestehe eine besonders hohe gefahr, dass er schutzgüter der öffentlichen sicherheit verletzen und straftaten begehen bzw. dazu beitragen werde. 7das verhängte aufenthaltsverbot sei verhältnismäßig. erfahrungen aus zurückliegenden einsätzen hätten gezeigt, dass ein nur kurzfristig wirkender platzverweis kein gleich wirksames mittel sei. die dauer des betretungsverbotes umfasse den zeitraum, in dem sich fans vor und nach dem spiel im stadionumfeld und im innenstadtbereich aufhielten. 8der kläger hat gegen die verfügung am 16. mai 2019 klage erhoben. zu ihrer begründung hat er im wesentlichen vorgetragen, die ihm vorgehaltenen vorfälle vom 20. mai 2017 hätten zu einer geldstrafe wegen beleidigung geführt, sein strafrechtlich relevantes verhalten sei allerdings nicht von gewalttätigkeiten geprägt gewesen. im übrigen beeinflusse er aufgrund privater umstände seit geraumer zeit nicht mehr aktiv die geschicke der gruppierung „u. v. “. er sei im november 2018 vater geworden. die behauptung des beklagten, er gehöre als „capo“ der führungsebene einer ultragruppierung an, treffe nicht mehr zu. 9der kläger hat beantragt, 10festzustellen, dass das mit bescheid des polizeipräsidiums dortmund vom 17. april 2019 gegen ihn ausgesprochene betretungs- und aufenthaltsverbot rechtswidrig gewesen ist. 11der beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13in ergänzung zu seinem bescheid hat der beklagte zur gruppierung „u. v. “ vorgetragen, dass etwa 220 dieser gruppierung angehörende personen der kategorie b und 30 der kategorie c zuzurechnen seien. darüber hinaus gebe es viele sympathisanten, die aber nicht feste mitglieder seien. die gruppe weise ultratypische verhaltensweisen auf. eine dialogbereitschaft mit der polizei sei nur stark eingeschränkt bis gar nicht vorhanden. im falle von maßnahmen gegen angehörige der szene sei eine lenkbarkeit der gruppe auf kommunikativem wege nur eingeschränkt möglich. schlechte stimmung in der ultraszene könne in gewalt umschlagen. teile der gruppierung „u. v. “ seien als vollwertige mitglieder oder zumindest als mitläufer der dortmunder (nachwuchs-) hooliganszene anzusehen. bei diesen mitgliedern könne eine bereitschaft zur beteiligung an körperlichen auseinandersetzungen festgestellt werden. die gruppe reise regelmäßig geschlossen auch gemeinsam mit den gruppierungen „k. “ und „e1. “ in zügen oder reisebussen zu auswärtsspielen. die „k. “ wiesen in teilen aggressives und provokantes verhalten gegenüber polizeibeamten auf, seien überhaupt nicht ansprechbar und lediglich in einzelfällen lenkbar. das verhältnis zwischen den drei größten fangruppierungen der dortmunder szene könne weitestgehend als homogen beschrieben werden. basierend darauf könne die gruppierung „u. v. “ als gewaltaffine gruppierung innerhalb der ultraszene qualifiziert werden. nach aktuellen erkenntnissen der szenekundigen beamten habe sich der kläger seit geraumer zeit aus der aktiven fanszene von borussia dortmund zurückgezogen. er sei nur noch selten im umfeld der ultragruppierung „u. v. “ anzutreffen. die funktion als wortführer bzw. „capo“ werde von ihm seit mehreren monaten nicht mehr ausgefüllt. er sei zuletzt im oktober 2017 sowie am 26. oktober 2019 im zusammenhang mit fußballveranstaltungen kriminalpolizeilich bzw. im umfeld von mitgliedern von „u. v. “ in erscheinung getreten. seine wohlverhaltensphase dauere an. solange dies auch weiterhin der fall sei, werde der beklagte keine maßnahmen gegen den kläger mehr ergreifen, die allein auf sein bisheriges verhalten gestützt seien. 14mit auf die mündliche verhandlung vom 5. juni 2020 ergangenem urteil hat das verwaltungsgericht die klage hinsichtlich des hier streitgegenständlichen bescheides abgewiesen. sie erweise sich als unzulässig, weil der kläger kein berechtigtes interesse an der feststellung der rechtswidrigkeit des erledigten verwaltungsaktes habe. es bestehe keine wiederholungsgefahr, da der beklagte dargelegt habe, dass er mit blick auf die andauernde wohlverhaltensperiode und das veränderte engagement des klägers allein aufgrund vergangener vorfälle keine vergleichbaren maßnahmen zu ergreifen gedenke. dem kläger stehe auch kein rehabilitationsinteresse zu seite. ein solches sei aufgrund der maßnahme, die nur an ihn selbst gerichtet gewesen sei, nicht erkennbar. auch die einstufung als störer im polizeirechtlichen sinne ergebe nichts anderes. schließlich folge ein berechtigtes interesse auch nicht aus dem vorliegen eines tiefgreifenden grundrechtseingriffs. einfache, sich tatsächlich nicht mehr auswirkende grundrechtsbeeinträchtigungen bedürften vor der garantie effektiven rechtsschutzes aus art. 19 abs. 4 gg keiner anderen betrachtung. das grundrecht auf effektiven rechtsschutz fordere eine rechtmäßigkeitskontrolle des eingriffs nur in fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht mehr fortwirkender grundrechtseingriffe, wenn die direkte belastung durch den angegriffenen hoheitsakt sich nach dem typischen verfahrensablauf auf eine zeitspanne beschränke, in welcher der betroffene die gerichtliche entscheidung kaum erlangen könne. dies sei bei dem zeitlich auf nur wenige stunden befristeten und räumlich auf bereiche der stadt dortmund beschränkten aufenthalts- und betretungsverbot nicht der fall gewesen, zumal der kläger weder im verwaltungs- noch im klageverfahren seine absicht bekundet habe, den vom verbot erfassten bereich im fraglichen zeitraum betreten zu wollen. 15mit der von dem senat in bezug auf die polizeiverfügung vom 17. april 2019 mit beschluss vom 8. oktober 2021 zugelassenen berufung verfolgt der kläger sein klagebegehren weiter. zur begründung bezieht er sich auf sein vorbringen erster instanz und im berufungszulassungsverfahren. er habe aufgrund des durch das aufenthalts- und betretungsverbot verwirklichten tiefgreifenden eingriffs in seine grundrechte aus art. 11 abs. 1 gg, art. 2 abs. 1 gg ein feststellungsinteresse. im übrigen erweise sich die klage mit blick auf die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts schon deshalb als zulässig, weil es nach dieser für die annahme eines fortsetzungsfeststellungsinteresses keines schwerwiegenden grundrechtseingriffs bedürfe; es genüge insoweit ein sich regelmäßig zeitnah erledigender verwaltungsakt. 16der kläger beantragt, 17unter teilweiser abänderung des urteils des verwaltungsgerichts gelsenkirchen vom 5. juni 2020 festzustellen, dass der bescheid vom 17. april 2019 rechtswidrig gewesen ist. 18der beklagte beantragt, 19die berufung zurückzuweisen. 20er tritt der berufung entgegen und bezieht sich insoweit auf sein bisheriges vorbringen. ihm hätten im zeitpunkt des erlasses des streitgegenständlichen bescheides keine hinweise darauf vorgelegen, dass sich der kläger – etwa aufgrund der geburt seines kindes – von seiner führenden rolle als „capo“ in der ultragruppierung „u. v. “ zurückgezogen habe. 21in der mündlichen verhandlung hat der senat polizeihauptkommissar k1. als szenekundigen beamten des polizeipräsidiums dortmund informatorisch gehört. auf die sitzungsniederschrift wird diesbezüglich bezug genommen. 22im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs ergänzend bezug genommen. 23 | 24die berufung des klägers hat keinen erfolg. das verwaltungsgericht hat die klage, soweit sie noch gegenstand des berufungsverfahrens ist, zu recht abgewiesen. die klage ist bereits unzulässig. 25der kläger hat kein berechtigtes interesse analog § 113 abs. 1 satz 4 vwgo an der feststellung der rechtswidrigkeit des bereits vor klageerhebung erledigten verwaltungsakts. 26vgl. zur analogen anwendung der vorschrift bei erledigung vor klageerhebung etwa grundlegend: bverwg, urteile vom 17. oktober 1990– 1 c 12/88 –, juris, rn. 19; beschluss vom 27. juni 1985 – 2 b 81/84 –, juris, rn. 3; urteil vom 1. juli 1975 – i c 35.70 –, juris, rn. 23. 27das fortsetzungsfeststellungsinteresse kann dabei rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller natur sein. entscheidend ist, dass die gerichtliche entscheidung geeignet ist, die position des rechtsschutzsuchenden in den genannten bereichen zu verbessern. 28vgl. hierzu nur: bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 8 c 39.12 –, juris, rn. 19, m. w. n. 29im hinblick auf die von der rechtsprechung hierzu entwickelten fallgruppen ist ein feststellungsinteresse des klägers weder unter dem gesichtspunkt der wiederholungsgefahr noch zu seiner rehabilitierung zu erkennen. auch ist ein solches nicht wegen eines sich typischerweise rasch erledigenden eingriffs in die rechte des klägers anzunehmen. schließlich hat der kläger auch kein präjudizinteresse für einen schadensersatzprozess dargelegt. 30eine hinreichende wiederholungsgefahr ist auch unter zugrundelegung des klägerischen vorbringens nicht erkennbar. eine solche ist anzunehmen, wenn in absehbarer zeit bei im wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen verhältnissen mit dem erlass eines gleichartigen verwaltungsaktes zu rechnen ist. die gerichtliche entscheidung muss insoweit für die künftige behördliche entscheidung von „richtungsweisender“ bedeutung sein können. für das feststellungsinteresse ist demnach entscheidend, ob die rechtlichen und tatsächlichen voraussetzungen künftigen verwaltungshandelns unter anwendung der dafür maßgeblichen rechtsvorschriften geklärt werden können. dabei bedarf es keiner völligen übereinstimmung des der gerichtlichen entscheidung zugrundeliegenden und eines mit hinreichender sicherheit zu erwartenden falles, sondern die wiederholungsgefahr ist schon dann zu bejahen, wenn sich nach den umständen des künftigen sachverhaltes die in bezug auf den erledigten fall kontroversen rechtsfragen erneut stellen werden. um dies annehmen zu können, müssen aber konkrete anhaltspunkte für den eintritt einer vergleichbaren belastung bei einem vergleichbaren und abzusehenden sachverhalt gegeben sein. ist dagegen – gleichsam im umkehrschluss – ungewiss, ob in zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen verhältnisse eintreten wie im zeitpunkt des erlasses des erledigten verwaltungsaktes, kann das fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer wiederholungsgefahr hergeleitet werden. 31vgl. bverwg, beschluss vom 29. april 2008 – 1 wb 11.07 –, juris, rn. 21; urteil vom 12. oktober 2006 – 4 c 12.04 –, juris, rn. 8; beschlüsse vom 21. oktober 1999 – 1 b 37.99 –, juris, rn. 5, und vom 16. oktober 1989 – 7 b 108/89 –, juris, rn. 5; ovg nrw, urteile vom 22. juni 2021 – 5 a 1386/20 –, juris, rn. 29, und vom 4. november 2016 – 15 a 2293/15 –, juris, rn. 42; wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 113 rn. 271. 32ein solcher fall ist von dem kläger nicht dargelegt worden. vielmehr hat er selbst vorgetragen, aufgrund der geburt seines kindes im november 2018 habe er sich aus seiner funktion als „capo“ zurückgezogen. zudem hat der beklagte im erstinstanzlichen verfahren erklärt, er werde mit blick auf die wohlverhaltensperiode des klägers allein aufgrund vergangener vorfälle keine weiteren vergleichbaren maßnahmen gegen diesen ergreifen. schon vor diesem hintergrund erscheint der erneute ausspruch eines aufenthalts- und betretungsverbotes bei im wesentlichen vergleichbarem sachverhalt als nicht wahrscheinlich. 33aus dem klägerischen vortrag ergibt sich auch kein rechtlich erhebliches rehabilitationsinteresse hinsichtlich des aufenthalts- und betretungsverbotes. eine solche rechtliche erheblichkeit ist anzunehmen, wenn das rehabilitationsinteresse bei vernünftiger würdigung der verhältnisse des einzelfalls als schutzwürdig anzuerkennen ist. 34vgl. bverwg, beschlüsse vom 11. november 2009 – 6 b 22.09 –, juris, rn. 4, und vom 18. juli 2000 – 1 wb 34.00 –, juris, rn. 5. 35voraussetzung hierfür ist, dass ein verwaltungsakt außer seiner (erledigten) belastenden wirkung zusätzlich einen persönlich stigmatisierenden, ehrenrührigen inhalt besitzt, der dem ansehen des betroffenen in der öffentlichkeit oder im sozialen umfeld abträglich ist, und dieser wirkung durch eine gerichtliche feststellung der rechtswidrigkeit noch wirksam begegnet werden könnte, sie also noch fortdauert. dabei kann sich eine solche beeinträchtigung auch aus der begründung der streitigen verwaltungsentscheidung oder den umständen ihres zustandekommens ergeben. eine allein subjektiv empfundene beeinträchtigung erfüllt diese anforderungen nicht. 36vgl. bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 8 c 39.12 –, juris, rn 24; beschluss vom 18. juli 2000 – 1 wb 34.00 –, juris, rn. 5; urteil vom 19. märz 1992 – 5 c 44.87 –, juris, rn. 9; wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 113 rn. 273 f. 37eine solche stigmatisierende wirkung hat der kläger nicht dargetan. 38vgl. zur maßgeblichkeit des vortrags für die umstände, aus denen sich das festsetzungsinteresse ergeben soll: bverwg, urteile vom 17. dezember 1991 – 1 c 42/90 –, juris, rn. 13, und vom 15. november 1990 – 3 c 49/87 –, juris, rn. 25; beschluss vom 4. märz 1976 – i wb 54/74 –, beckrs 2014, 57530; wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 113 rn. 267. 39aus einem polizeilichen platzverweis bzw. einem aufenthaltsverbot als solchem ergibt sich eine stigmatisierende wirkung gegenüber der öffentlichkeit nicht generell. das polizeirecht sieht die möglichkeit, eine person zur abwehr einer gefahr von einem ort zu verweisen auch dann vor, wenn von der person selbst keine direkte gefahr ausgeht; dies kann etwa der fall sein, wenn sich ein unbeteiligter im wirkbereich einer gefahrenquelle aufhält. daneben setzt das ordnungsrecht als gefahrenabwehrrecht selbst bei der annahme einer störereigenschaft im sinne der §§ 4 bis 6 polg nrw keine vorwerfbarkeit oder auch nur aktives handeln voraus. notwendig ist insoweit nur die objektiv zurechenbare verursachung. 40vgl. bverwg, beschluss vom 30. april 1999– 1 b 36/99 –, juris, rn. 10 f.; vgl. zur verursachung als voraussetzung der störereigenschaft auch: vg düsseldorf, urteil vom 15. januar 2010 – 23 k 4643/08 –, juris, rn. 30. 41die stigmatisierende wirkung ergibt sich im übrigen auch nicht aus dem inhalt des verwaltungsaktes oder den umständen seines erlasses. dabei kommt einem vorwurf eines bestimmten verhaltens in aller regel dann keine außenwirkung zu, wenn dieser lediglich in dem bescheid enthalten ist, der dem betroffenen selbst zugeht. 42vgl. bverwg, urteil vom 16. mai 2013 – 8 c 20/12 –, juris, rn. 17. 43letzteres war hier der fall. gibt darüber hinaus ein betroffener die information über eine polizeiliche maßnahme selbstinitiiert an dritte weiter, kann hieraus regelmäßig kein fortsetzungsfeststellungsinteresse folgen. dieser kann sich eine rechtlich erhebliche beeinträchtigung und in der folge ein rehabilitationsinteresse nicht durch eigenes verhalten selbst schaffen. 44vgl. ovg nrw, beschluss vom 24. oktober 2019 – 5 a 2719/17 – juris, rn. 29; vgl. zum fehlenden rehabilitationsinteresse bei selbstinitiierter bekanntmachung einer tatsache im internet: sächs. lsg, urteil vom 21. april 2016 – l 3 as 7/15 –, juris, rn. 44; vgl. indes zu einzelfallbezogenen medienberichten: ovg nds., urteil vom 26. april 2018 – 11 lc 288/16 –, juris, rn. 28. 45der kläger hat auch kein fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen einer sich regelmäßig zeitnah erledigenden maßnahme. ein solches, durch art. 19 abs. 4 gg geschütztes feststellungsinteresse wird insbesondere in fällen angenommen, in denen sich ein gewichtiger grundrechtseingriff durch den angegriffenen hoheitsakt nach dem typischen verfahrensablauf auf eine zeitspanne beschränkt, in der der betroffene die gerichtliche entscheidung in der von der prozessordnung eröffneten (hauptsache-)instanz nicht erlangen kann. 46vgl. bverfg, beschlüsse vom 6. juli 2016– 1 bvr 1705/15 –, juris, rn. 11, vom 13. dezember 2005 – 2 bvr 447/05 –, juris, rn. 54, und vom 5. dezember 2001 – 2 bvr 527/99 u. a. –, juris, rn. 36 f.; ovg nrw, beschlüsse vom 24. oktober 2019 – 5 a 2719/17 –, juris, rn. 34 ff. und vom 30. januar 2018 – 5 a 557/16 –, juris, rn. 21; urteil vom 12. dezember 2017 – 5 a 2428/15 –, juris, rn. 22 f.; vgh bad.-württ., urteil vom 22. juli 2004 – 1 s 2801/03 –, juris, rn. 24. 47ein entsprechend gewichtiger grundrechtseingriff liegt hier nicht vor. dies ist vornehmlich bei grundrechtseingriffen anzunehmen, die schon das grundgesetz – wie in den fällen der art. 13 abs. 2 gg und art. 104 abs. 2 und 3 gg – unter richtervorbehalt gestellt hat. daneben liegt ein solcher regelmäßig auch dann vor, wenn durch die maßnahme in den kernbereich von speziellen grundrechten wie etwa der versammlungsfreiheit eingegriffen wird. 48vgl. hierzu nur: bverfg, beschlüsse vom 3. märz 2004 – 1 bvr 461/03 –, juris, rn. 28 und 37, vom 5. dezember 2001 – 2 bvr 527/99 u. a. –, juris, rn. 36, m.w.n., und vom 30. april 1997 – 2 bvr 817/90 u.a. –, juris, rn. 51; vgl. auch: ovg nrw, urteil vom 27. september 2021 – 5 a 2807/19 –, juris, rn. 54. 49einen eingriff in das grundrecht auf freizügigkeit des klägers aus art. 11 abs. 1 gg begründet das hier auf wenige stunden begrenzte aufenthalts- und betretungsverbot nicht. nach dieser vorschrift genießen alle deutschen freizügigkeit im ganzen bundesgebiet. dies umfasst, soweit hier maßgeblich, das recht, unbehindert durch die deutsche staatsgewalt an jedem ort innerhalb des bundesgebietes aufenthalt und wohnsitz zu nehmen. 50vgl. nur bverfg, beschluss vom 25. märz 2008– 1 bvr 1548/02 –, juris, rn. 25, m.w.n. 51die aufenthaltsfreiheit bedeutet dabei das recht, an einem ort vorübergehend oder längerfristig zu verweilen, ohne einen wohnsitz zu begründen. dabei ist in abgrenzung zu der durch art. 2 abs. 2 satz 2 gg erfassten bewegungsfreiheit sowie zur allgemeinen handlungsfreiheit aus art. 2 abs. 1 gg ein ortswechsel von einiger bedeutung und dauer zu verstehen, dem nach den gesichtspunkten der alltäglichkeit, persönlichkeitsrelevanz, entfernung und dauer eine gesteigerte, über die normale bewegungsfreiheit hinausgehende bedeutung zukommt. der eigenständige schrankenvorbehalt des art. 11 abs. 2 gg, der beschränkungen nur aus besonders gewichtigen anlässen erlaubt, indiziert nämlich, dass art. 11 abs. 1 gg nur verhaltensweisen erfasst, die sich als fortbewegung im sinne eines ortswechsels qualifizieren lassen und dadurch eine über die insbesondere durch art. 2 abs. 2 satz 2 bzw. satz 1 gg geschützte körperliche bewegungsfreiheit hinausgehende bedeutung für die räumlich gebundene gestaltung des alltäglichen lebenskreises haben. 52vgl. bverfg, beschluss vom 25. märz 2008– 1 bvr 1548/02 –, juris, rn. 25; durner, in: dürig/herzog/scholz, grundgesetz, stand: juli 2021, art. 11 rn. 77 f.; pagenkopf, in: sachs, grundgesetz, 9. auflage 2021, art. 11 rn. 16; kunig, in: v. münch/kunig, grundgesetz, 6. auflage 2012, art. 11 rn. 13. 53das aufsuchen eines ortes, um sich dort zur freizeitgestaltung bzw. zu alltäglichen verrichtungen aufzuhalten, um danach an seinen wohnsitz zurückzukehren, ist hiervon indes nicht umfasst. 54vgl. bverfg, beschluss vom 25. märz 2008– 1 bvr 1548/02 –, juris, rn. 26. 55der in m. wohnhafte kläger wendet sich gegen das anlässlich des „revierderbys“ ausgesprochene aufenthalts- und betretungsverbot. unabhängig davon, dass er weder im verwaltungs- noch im klageverfahren vorgetragen hat, dass er vorgehabt habe, das spiel selbst im stadion zu verfolgen oder sich sonst in dem fraglichen bereich aufzuhalten, war er damit lediglich zeitlich begrenzt in seiner freizeitgestaltung eingeschränkt. dass dem kläger subjektiv der besuch des fußballstadions anlässlich des „revierderbys“ besonders wichtig erschienen haben mag, vermag hieran nichts zu ändern. 56das zeitlich auf wenige stunden befristete und räumlich auf einen (innerstädtischen) bereich dortmunds beschränkte aufenthalts- und betretungsverbot vom 17. april 2019 bedeutete auch im übrigen, unabhängig von der frage, ob eine solche maßnahme auch auf § 34 abs. 1 satz 1 polg nrw hätte gestützt werden können, 57vgl. zum begriff des ortes in § 34 abs. 1 satz 1 polg nrw: ovg nrw, urteil vom 27. september 2021 – 5 a 2807/19 –, juris, rn. 69 ff., 58keine beschränkung der zeitlich-räumlichen bewegungsfreiheit des klägers, die einen eingriff in art. 11 abs. 1 gg bedeuten würde. 59vgl. insoweit zur eingriffstiefe eines platzverweises: ovg nrw, beschluss vom 13. mai 2003– 5 e 260/03 –, seite 3 des beschlussabdrucks; ovg bremen, urteil vom 8. januar 2019 – 1 lb 252/18 – juris, rn. 26 ff.; anders für ein fortlaufendes aufenthaltsverbot an allen ungefähr 40 heimspieltagen mehrerer vereine während einer vollständigen bundesligasaison: ovg nds., urteil vom 26. april 2018 – 11 lc 288/16 –, juris, rn. 76. 60der danach hier allein in rede stehende eingriff in die allgemeine handlungsfreiheit des art. 2 abs. 1 gg ist nicht als hinreichend gewichtig in dem oben genannten sinne zu qualifizieren. zwar mag es fälle geben, in denen auch einem eingriff in die allgemeine handlungsfreiheit entsprechendes gewicht zukommen kann. anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend anzunehmen sein könnte, liegen jedoch angesichts der zeitlichen und räumlichen ausdehnung des verbots nicht vor. 61soweit das bundesverwaltungsgericht in seiner neueren rechtsprechung die annahme eines fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht auf die vorgenannten fälle gewichtiger grundrechtseingriffe beschränkt, sondern der auffassung ist, die garantie effektiven rechtsschutzes nach art. 19 abs. 4 gg verlange, dass der betroffene jeden eingriff in eine rechtsposition in einem gerichtlichen hauptsacheverfahren überprüfen lassen könne, wenn sich die kurzfristige erledigung aus der eigenart des verwaltungsakts selbst ergebe, folgt der senat dem jedenfalls in dieser allgemeinheit nicht. 62in den fällen, so das bundesverwaltungsgericht, in denen sich das klägerische anliegen in der bloßen klärung der rechtmäßigkeit des erledigten verwaltungsaktes erschöpfe, sei ein fortsetzungsfeststellungsinteresse nach art. 19 abs. 4 gg zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer rechtsschutz gegen solche eingriffe zu erlangen wäre. davon sei bei maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die annahme eines fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner überprüfung im gerichtlichen hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. dies gelte unabhängig von der intensität des erledigten eingriffs und vom rang der rechte, die von ihm betroffen waren. die garantie effektiven rechtsschutzes nach art. 19 abs. 4 gg differenziere ebenfalls nicht nach diesen beiden kriterien. sie gelte auch für einfach-rechtliche rechtsverletzungen, die – von der allgemeinen handlungsfreiheit nach art. 2 abs. 1 gg abgesehen – kein grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende eingriffe in grundrechte und grundfreiheiten. 63vgl. bverwg, beschluss vom 16. januar 2017– 7 b 1/16 –, juris, rn. 25, sowie urteil vom 16. mai 2013 – 8 c 14.12 –, juris, rn. 30 f.; vgl. auch (zur allgemeinen feststellungsklage): sodan, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 43 rn. 101. 64eine solche weite auslegung des grundrechts auf effektiven rechtsschutz aus art. 19 abs. 4 gg ist nicht geboten. art. 19 abs. 4 gg verlangt nicht, dass jeder sich zeitnah erledigende eingriff in grundrechte, soweit er nicht als schwerwiegend in dem vorgenannten sinne anzusehen ist, oder in sonstige rechtspositionen zur annahme eines fortsetzungsfeststellungsinteresses führt. 65vgl. hierzu nur: bverfg, beschlüsse vom 6. juli 2016 – 1 bvr 1705/15 –, juris, rn. 11, und vom 3. märz 2004 – 1 bvr 461/03 –, juris, rn. 28 und 38 (zu bloßen modalitäten der versammlungsdurchführung). 66eine ausweitung dieser fallgruppe des besonderen rechtsschutzinteresses im anwendungsbereich des § 113 abs. 1 satz 4 vwgo ist vielmehr mit seiner prozessualen funktion, eine fortsetzungsfeststellungsklage nur in bestimmten fällen zuzulassen, schwerlich vereinbar. sie erweist sich nach der auffassung des senats auch nicht als notwendig, um rechtsschutzlücken zu schließen. zwar erledigen sich bestimmte maßnahmen wie der polizeiliche platzverweis regelmäßig vor ergehen einer gerichtlichen hauptsacheentscheidung; dass hiermit angesichts der umfänglichen verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung systemische rechtsschutzlücken einhergehen, ist indes nicht erkennbar. 67vgl. hierzu auch: ovg bremen, urteil vom 8. januar 2019 – 1 lb 252/18 –. juris, rn. 30; bay. vgh, beschluss vom 13. märz 2017 – 10 zb 16.965 –, juris, rn. 10. 68ein präjudizinteresse des klägers im hinblick auf einen zu erwartenden amtshaftungs- oder entschädigungsprozess hat dieser nicht geltend gemacht. insbesondere hat er auch keine angaben zu einem ihm entstandenen schaden gemacht. im übrigen setzt dies voraus, dass sich der verwaltungsakt, auf den sich diese feststellung beziehen soll, nach klageerhebung erledigt hat. dies findet seine begründung darin, dass die durch das verwaltungsstreitverfahren generierten aufwände nicht nutzlos werden und die getroffenen tatsächlichen und rechtlichen feststellungen für den weiteren prozess nutzbar gemacht werden sollen. 69vgl. bverwg, urteile vom 17. november 2016– 2 c 27/15 –, juris, rn. 15, und vom 20. juni 2013 – 8 c 17/12 –, juris, rn. 26; wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 113 rn. 281. 70solche gerichtlichen feststellungen konnten vorliegend schon deshalb nicht vor erledigung des verwaltungsaktes getroffen werden, weil sich dieser mit ablauf seiner geltungsdauer am 27. april 2019, 20.00 uhr, erledigt hatte. die klage ist bei dem erstinstanzlichen gericht aber erst am 16. mai 2019 erhoben worden. 71die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. 72die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, § 711, § 709 satz 2 zpo. 73die revision ist nach § 132 abs. 1, 2 nr. 1 vwgo zuzulassen, weil der rechtssache mit blick auf die frage der an das fortsetzungsfeststellungsinteresse – insbesondere bezogen auf das erfordernis eines schwerwiegenden grundrechtseingriffs – zu stellenden anforderungen grundsätzliche bedeutung zukommt. |
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} | 11 A 2110/20 | 2021-12-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 2. August 2019 verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern an den Standorten „T. Weg“, „C.-------straße “, „E.------straße “, „L.-----straße “, „U.--------straße “, „X.-------straße “, „M. Straße“ und „Am L1. “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich mit dem Sammeln von Altkleidern befasst. 3Mit Schreiben vom 3. Juni 2016 beantragte die Klägerin die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an insgesamt 20 Standorten im Gebiet der Beklagten (u. a. 2. „T. Weg“, 3. „C.-------straße “, 4. „E.------straße 2“, 7. „L.-----straße “, 8. „U.--------straße “, 9. „X.-------straße “, 12. „M. Straße“, 13. „Am L1. “) „für drei Jahre“. Die Standorte der Altkleidersammelcontainer sollten unmittelbar neben dort bereits aufgestellten Altglascontainern liegen. Die Container würden mindestens einmal pro Woche angefahren und geleert. Bei Bedarf könnten die Container auch kurzfristig geleert und Verschmutzungen oder Müll beseitigt werden. 4Mit Bescheid vom 8. Februar 2017 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Auf die dagegen erhobene Klage verpflichtete der Senat durch Urteil vom 13. Mai 2019 - 11 A 2057/17 - die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 8. Februar 2017, den Antrag der Klägerin auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern u. a. an den zuvor genannten Standorten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Dem lag im Wesentlichen die Erwägung zu Grunde, dass es für die Entscheidung einer Gemeinde, eine bestimmte Art der Sondernutzung in ihrem Gemeindegebiet generell nicht zuzulassen, eines Ratsbeschlusses bedurft hätte, der im entschiedenen Fall nicht vorgelegen habe. 5Der Rat der Beklagten beschloss in der Sitzung vom 5. Juli 2019 eine Änderung der Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen der Stadt O. (im Folgenden: Sondernutzungssatzung - SNS), mit der im Wesentlichen § 15 SNS n. F. eingefügt wurde: „Für das Aufstellen von Behältnissen zum Sammeln von Altkleidern, Schuhen und sonstigen Textilien (Altkleidersammelcontainer) auf öffentlichen Straßen im Sinne von § 1 dieser Satzung werden keine Erlaubnisse erteilt.“ 6Mit Bescheid vom 2. August 2019 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin erneut ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Sie übe ihr Ermessen dahingehend aus, dass sie für das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Straßenraum grundsätzlich keine Erlaubnis erteile. In der Ratssitzung vom 5. Juli 2019 sei ein entsprechender Beschluss gefasst und die Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen der Stadt O. - durch Ergänzung des § 15 - dementsprechend geändert worden. Gründe hierfür seien, dass Größe und Erscheinungsbild von dauerhaft aufgestellten Altkleidersammelcontainern das Orts- und Straßenbild auf negative Weise beeinträchtigten. Aufgrund der Vielzahl der bereits aufgestellten Altglas- und Altpapiersammelcontainer würde eine nicht mehr hinzunehmende Überfrachtung des öffentlichen Straßenraums eintreten. Erfahrungsgemäß bildeten sich an derartigen Standorten immer wieder wilde Müllkippen. Wenn an den Sammelstandorten mehrere Firmen ihre Behälter abstellten, lasse sich nicht mehr zweifelsfrei ermitteln, wer für die Beseitigung des dort abgelegten Mülls zuständig sei. Eine Reinigung der Standorte „aus einer Hand“ sei dann nicht möglich. Deswegen sei bei der Entscheidung des Rates im Rahmen der Gewichtung der - nicht hoch zu veranschlagenden - Belange der Altkleidersammelbehälteraufsteller und der städtischen Interessen zugunsten der Stadt zu entscheiden gewesen. Die objektive Gewichtung der Belange treffe auch auf die Klägerin zu. Es handele sich bei dem vorliegenden Fall zudem um einen Standardfall, für den das generelle Ermessen gerade ausgeübt worden sei. Für die Klägerin bestehe die Möglichkeit, Altkleider in Form von Haussammlungen zu sammeln und/oder mit Grundstückseigentümern Verträge über die Nutzung von privaten Flächen für die Aufstellung von Sammelbehältern abzuschließen. 7Am 2. September 2019 hat die Klägerin Klage erhoben, die sie auf acht Standorte begrenzt hat. Zur Begründung ihrer Klage hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Auch der erneute Ablehnungsbescheid sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Die Ablehnungsentscheidung leide an einem Ermessensnichtgebrauch. Die Beklagte stütze ihre Ablehnungsentscheidung auf § 15 der Sondernutzungssatzung, der die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zum Aufstellen von Altkleidersammelcontainern ohne Ausnahme ausschließe. § 15 der Sondernutzungssatzung sei keine ermessenslenkende Richtlinie. Es stehe nicht im Ermessen einer Gemeinde keinerlei Ermessen auszuüben. Die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im Vorhinein generell auszuschließen, stelle einen Verstoß gegen § 18 StrWG NRW dar, der - zumindest einen Rest an - Einzelfallermessen fordere. Auch nach § 19 Satz 1 StrWG NRW sei der Gemeinde eine abstrakt-generelle Regelung lediglich in Bezug auf die Ausübung der Sondernutzung gestattet, nicht aber eine Sondernutzungen von vornherein generell ausschließende Regelung. Dies sei schon für gleichlautende landesrechtliche Regelungen im sächsischen und thüringischen Straßenrecht so entschieden worden. Für die identische Regelungssystematik im StrWG NRW gebe es keinen Anlass für eine abweichende Bewertung. Ungeachtet dessen stelle die Beklagte selbst Altkleidercontainer im Stadtgebiet auf Fiskalflächen auf. Für das Straßenbild sei es aber unerheblich, ob - angeblich vermüllende - Altkleidercontainer auf gewidmetem Straßenland oder auf angrenzenden Fiskalflächen ständen. Einziger Grund für das Totalverbot aller Altkleidersammelcontainer sei daher der Schutz der eigenen Sammlung vor Konkurrenz. Damit instrumentalisiere die Beklagte das wettbewerbsneutrale Straßenrecht für die eigenen ökonomischen Ziele. Dies sei hochgradig ermessensfehlerhaft und von der Rechtsordnung nicht zu tolerieren. 8Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 2. August 2019 zu verpflichten, ihren Antrag vom 3. Juni 2016 bezüglich der Standorte „T. Weg“, „C.-------straße “, „E.------straße “, „L.-----straße “, „U.--------straße “, „X.-------straße “, „M. Straße“ und „Am L1. “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu bescheiden. 10Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags hat sie in Ergänzung des angefochtenen Bescheids im Wesentlichen ausgeführt: Sie habe ihr Ermessen erkannt und korrekt ausgeübt. Der behauptete Ermessensnichtgebrauch liege nicht vor. Der ablehnende Bescheid sei nicht allein auf § 15 der Sondernutzungssatzung gestützt, sondern auch auf den dahinterstehenden Ratsbeschluss vom 5. Juli 2019, mit dem - entsprechend der Entscheidung der OVG Münster vom 13. Mai 2019 - eine generelle Ermessensausübung erfolgt sei. Die vorhandenen Altkleidersammelcontainer im Stadtgebiet ständen ausschließlich auf Privatflächen. Diese Option stehe auch der Klägerin offen; diese habe die gleichen Möglichkeiten zur Altkleidersammlung wie die AWL und andere Firmen. 13Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 29. Juni 2020 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die erneute Bescheidung des Antrags der Klägerin sei unter Beachtung der Grenzen des Ermessens nach § 114 VwGO erfolgt. Die Beklagte habe ihr Ermessen gemäß § 18 StrWG NRW weder unterschritten noch aufgrund fehlerhafter Erwägungen ausgeübt. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ergebe sich aus § 18 StrWG nicht, dass in jedem Fall eine Möglichkeit zur Aufstellung von Altkleidercontainern im öffentlichen Raum bestehen müsse. Vielmehr dürfe der Straßenbaulastträger bestimmte Sondernutzungen generell ausschließen und damit dem nicht weiter rechtfertigungsbedürftigen Regelvorrang des Gemeingebrauchs Rechnung tragen. Die - nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts - für einen generalisierenden Ausschluss erforderliche Ratsentscheidung liege vor. Sie beruhe auf Erwägungen, die für eine Entscheidung nach § 18 StrWG NRW statthaft seien. Wenn der Rat der Beklagten neben der bisherigen Aufstellung von Altglas- und Altpapiercontainern keine weiteren Container zulassen wolle, um eine Überfrachtung des Straßenraums zu vermeiden, handele es sich um eine der gerichtlichen Kontrolle allenfalls beschränkt zugängliche Wertung im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Dass die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte hier offensichtlich fehlerhaft gewürdigt worden wären, lasse sich nicht feststellen. Das Satzungsrecht sei auch nicht in sich widersprüchlich. Das Aufstellen von Sammelcontainern auf Flächen im Eigentum der Stadt auch in geringer Entfernung zum Straßenraum liege außerhalb des Anwendungsbereichs der Sondernutzungssatzung. Die Beklagte habe in der angefochtenen Entscheidung in nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen atypischer Umstände abgelehnt. Es beständen keine tragfähigen Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Beklagte in Wahrheit das Ziel verfolge, die eigene Sammlung von Alttextilien vor Konkurrenz zu schützen. 14Ihre vom Senat zugelassene Berufung begründet die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend wie folgt: § 15 der Sondernutzungssatzung sei nichtig und könne folglich keine Rechtsgrundlage für den - demzufolge rechtswidrigen - Ablehnungsbescheid sein. Aus der Regelungssystematik der §§ 18, 19 StrWG NRW folge, dass eine Kommune nicht abstrakt-generell im Voraus eine bestimmte Art der Sondernutzung kategorisch ausschließen könne. Dies sei nicht nur für das sächsische und thüringische, sondern mittlerweile auch für das niedersächsische Straßenrecht so entschieden worden. Erforderlich sei eine einzelfallbezogene Ermessensausübung dahingehend, ob die Art der Sondernutzung an der beantragten Stelle erlaubnisfähig sei. Die Beklagte mache die Entscheidung indes zu einer gebundenen Entscheidung. Es sei nicht ersichtlich, dass und anhand welcher Kriterien die Beklagte das Vorliegen eines atypischen Fall geprüft habe. Eine solche Prüfung verbiete sich auch bereits wegen des klaren Wortlauts des § 15 der Sondernutzungssatzung, die ein Abweichen bei Vorliegen eines atypischen Falls nicht zulasse. Eine Öffnung des Verwaltungsermessens sei insofern nicht vorgesehen. Im Übrigen enthalte die Satzungsregelung schon keine tatbestandlichen Konkretisierungen, Fallgruppen oder Ähnliches zur Abgrenzung zwischen einem Normalfall und einem atypischen Fall. Zudem liege § 15 der Sondernutzungssatzung auch kein straßenrechtlich ermessensfehlerfreies Konzept zugrunde. Soweit die Beklagte vorgebe, mit der Satzungsregelung die Vermeidung einer Übermöblierung des Straßen- und Ortsbildes zu bezwecken, setze sie sich dazu in Widerspruch, wenn sie zugleich auf Fiskalflächen Altkleidersammelcontainer durch ihren öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufstellen lasse. Ausgehend davon, dass die Anzahl der dergestalt aufgestellten Altkleidersammelcontainer im Zeitraum von April 2019 bis Juni 2020 um 50 % gestiegen sei, sei der mit der Satzungsregelung angeblich verfolgte Zweck des Schutzes des Straßen- und Ortsbildes ersichtlich vorgeschoben. Das Motiv der Beklagten für § 15 der Sondernutzungssatzung sei vielmehr der Schutz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor konkurrierenden Sammlungen. Diese Motivlage offenbare sich insbesondere dadurch, dass die Beklagte mit Schreiben vom 13. Juli 2020 eine Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf Fiskalflächen durch die Klägerin generell abgelehnt habe. Die tatsächlich bezweckte Verschaffung von Marktvorteilen stelle einen straßenrechtlich ermessensfehlerhaften Erwägungsgrund dar. Im Übrigen sei das Konzept auch unter dem Gesichtspunkt der mangelhaften Tatsachenaufklärung ermessensfehlerhaft. Der „Gedanke der Übermöblierung des Straßen- und Ortsbildes“ erfordere es, die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort zu ermitteln und nachvollziehbar zu bewerten. Dies sei nicht geschehen. Auch das von der Rechtsprechung geforderte „konkrete Standortkonzept“, welches die städtebauliche Situation in den Blick nehme, liege nicht vor. Die Beklagte biete keinerlei städtebauliche Betrachtung. Bei dem gewählten Bezugsrahmen - „gesamtes Stadtgebiet“ - handele es sich schon nicht um einen Belang mit einem hinreichenden straßenrechtlichen Bezug. 15Die Klägerin beantragt, 16das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 2. August 2019 zu verpflichten, ihren Antrag vom 3. Juni 2016 auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern an den Standorten „T. Weg“, „C.-------straße “, „E.------straße “, „L.-----straße “, „U.--------straße “, „X.-------straße “, „M. Straße“ und „Am L1. “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden. 17Die Beklagte beantragt, 18die Berufung zurückzuweisen. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Berufung hat Erfolg. 22Die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den acht im Klageantrag benannten Standorten mit Bescheid vom 2. August 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). 23Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW. Danach bedarf die Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Die Sondernutzungserlaubnis wird auf Grund einer Ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW). 24I. Die von der Klägerin beabsichtigte Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an Standorten, die - dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig - im öffentlichen Straßenraum liegen, stellt eine Sondernutzung dar. 25Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2017 - 11 A 566/13 -, juris, Rn. 38 ff., m. w. N. 26II. Die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch den Bescheid vom 2. August 2019 ist ermessensfehlerhaft. 271. In dem zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil vom 13. Mai 2019 - 11 A 2057/17 -, juris, Rn. 39 ff., hatte der Senat ausgeführt: 28„Die Kommune darf ihr Ermessen zur Bewirkung einer gleichmäßigen Handhabung durch die Straßenbaubehörde auch generell ausüben, etwa durch den Erlass ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien). Hierdurch bewirkt sie eine Selbstbindung, die im Grundsatz von der gesetzlichen Ermessensermächtigung zugelassen wird. Die durch eine Verwaltungsvorschrift bewirkte Ermessensbindung der Behörde geht aber nicht so weit, dass wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. In atypischen Fällen, in denen die generelle Ermessensausübung die individuellen Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht (hinreichend) berücksichtigt, ist der Behörde ein Abweichen von den ermessenslenkenden Vorschriften möglich. 29Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. März 1996- 1 C 34.93 -, BVerwGE 100, 335 (340 f.) = juris, Rn. 22, und vom 18. September 1984 - 1 A 4.83 -, BVerwGE 70, 127 (142) = juris, Rn. 41, sowie Beschlüsse vom 22. Mai 2008 - 5 B 36.08 -, juris, Rn. 4, und vom 25. September 1998 - 5 B 24.98 -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2016 - 13 B 905/16 -, juris, Rn. 37; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier/Gerhardt, VwGO, Kommentar, Loseblatt-Sammlung (Stand: September 2018), § 114 Rn. 22; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 5. Auflage 2018, § 114 Rn. 86 ff., 93 ff., m. w. N. 30Dabei bedarf die Entscheidung über die Ausübung generellen Ermessens in der Regel eines vorherigen Ratsbeschlusses. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ist der Rat der Gemeinde für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Abgesehen von den in § 41 Abs. 1 Satz 2 GO NRW enumerativ aufgezählten Fällen kann der Rat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister übertragen (§ 41 Abs. 2 Satz 1 GO NRW). Geschäfte der laufenden Verwaltung gelten im Namen des Rats als auf den Bürgermeister übertragen, soweit nicht der Rat sich, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält (§ 41 Abs. 3 GO NRW). 31Bei den ‚Geschäften der laufenden Verwaltung‘ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach gefestigter Rechtsprechung fallen die nach Regelmäßigkeit und Häufigkeit üblichen Geschäfte darunter, deren Erledigung nach feststehenden Grundsätzen „auf eingefahrenen Gleisen“ erfolgt und die für die Gemeinde unter Berücksichtigung ihrer Größe und Finanzkraft weder wirtschaftlich noch grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung sind. 32Vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteile vom 15. Dezember 1969 - III A 1329/66 -, OVGE 25, 186 (193), und vom 4. April 2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625; Nds. OVG, Beschluss vom 31. Januar 2013 - 7 LA 160/11 -, juris, Rn. 6; vgl. auch Sundermann, Die Geschäfte der laufenden Verwaltung in den Gemeinden, DVP 2009, 48; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1. Dezember 2018, § 41 Rn. 38 f., jeweils m. w. N. 33Ausgehend hiervon zählt zwar u. a. die Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen regelmäßig zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. 34Vgl. etwa Sundermann, DVP 2009, 48; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1. Dezember 2018, § 41 Rn. 38.1. 35Der Erlass allgemeiner Richtlinien oder Anweisungen, die die Ermessenspraxis einer Gemeinde bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im öffentlichen Straßenraum bestimmen sollen, gehört jedoch regelmäßig nicht mehr zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. Eine solche Entscheidung ist vielmehr wegen des grundlegenden Charakters, den eine generelle Ermessensausübung mit Blick auf künftige Entscheidungen über entsprechende Erlaubnisanträge entwickelt, dem Gemeinderat vorbehalten, wenn nicht die zu regelnde Angelegenheit für die Gemeinde ausnahmsweise von untergeordneter Bedeutung ist. 36Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 31. Januar 2013 - 7 LA 160/11 -, juris, Rn. 6; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 6. Juli 2001 - 8 S 716/01 -, juris, Rn. 22, vom 1. August 1996 - 5 S 3300/95 -, juris, Rn. 22, vom 27. August 1990 - 14 S 2400/88 -, juris, Rn. 18, und vom 27. Februar 1987 - 5 S 2185/86 -, VBlBW 1987, 344 (346); VG Stuttgart, Urteil vom 19. September 2018 - 8 K 12220/17 -, juris, Rn. 30; VG Trier, Urteil vom 8. Dezember 2014 - 6 K 410/14.TR -, juris, Rn. 43; VG Braunschweig, Urteil vom 10. Februar 2009 ‑ 6 A 240/07 -, juris, Rn. 27; Frenzen, in: Dietlein/Heusch, BeckOK Kommunalrecht NRW, Stand: 1. Dezember 2018, § 41 Rn. 38.1; Sauthoff, Die Entwicklung des Straßenrechts seit 1998, NVwZ 2004, 674 (683); a. A. Schulze-Werner/Cordes, Die Zulassung zu Volksfesten und Märkten mittels ermessenslenkender Richtlinien und Beteiligung Dritter als Zuständigkeitsproblem,GewArch 2017, 61 (62 f.).“ 372. Ausgehend davon erweist sich die in dem angegriffenen Bescheid vom 2. August 2019 auf § 15 SNS n. F. gestützte versagende Entscheidung als ermessensfehlerhaft, weil der Rat der Beklagten - in Abweichung von der Rechtsprechung des Senats - keine ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften erlassen hat, sondern das bei der Bescheidung von Anträgen auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen nach § 18 Abs. 2 StrWG NRW eingeräumte Ermessen durch eine ortsrechtliche Regelung auf eine gebundene Entscheidung reduziert hat. 38Der angefochtene Bescheid verweist darauf, dass die generelle Ermessensausübung in der Ratssitzung vom 5. Juli 2019 beschlossen und die Sondernutzungssatzung demzufolge geändert worden sei. Damit rekurriert die Beklagte - wie insbesondere anhand der Tagesordnung des Rats der Stadt O. vom 5. Juli 2019 sowie der Beratungsunterlage zum TOP 31a: „7. Änderung der Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen der Stadt O. “ ersichtlich wird - ausschließlich auf die in dieser Ratssitzung beschlossene Änderung der Sondernutzungssatzung durch - im Wesentlichen - deren Ergänzung um die Regelung des § 15 SNS n. F., auf deren Inhalt auch der angefochtene Bescheid konkret Bezug nimmt. Denn abseits der beschlossenen Änderung der Sondernutzungssatzung sind in der Ratssitzung keine weiteren Beschlüsse betreffend Sondernutzungserlaubnisse für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern ergangen. 39Die Regelung in § 15 SNS n. F., dass keine Erlaubnisse für das Aufstellen von Behältnissen zum Sammeln von Altkleidern, Schuhen und sonstigen Textilien (Altkleidersammelcontainer) auf öffentlichen Straßen im Sinne des § 1 dieser Satzung erteilt werden, die auch nicht durch andere ermessensöffnende oder Ausnahmeregelungen in der Satzung modifiziert wird, reduziert als Rechtsnorm das nach § 18 Abs. 2 StrWG NRW eingeräumte Ermessen bei der Bescheidung von Anträgen auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf öffentlichen Straßen im Geltungsbereich der Satzung auf eine gebundene - nämlich versagende - Entscheidung. Denn eine sich ggf. auch an einer abstrakt-generellen Ermessensrichtlinie oder einer Gestaltungssatzung ausrichtende, 40vgl. dazu auch: OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2017 - 11 A 2115/14 -, NVwZ-RR 2017, 805 = juris, Rn. 8 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21. April 2021 - 5 S 1996/19 -, NVwZ-RR 2021, 1024 = juris, Rn. 59 ff., 41Ausübung von Ermessen bei der Entscheidung über einen konkreten Antrag ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Satzungsregelung gerade nicht mehr vorgesehen. 42Nach § 19 Satz 1 StrWG NRW steht der Gemeinde Satzungsautonomie für die Befreiung bestimmter Sondernutzungen von der Erlaubnispflicht sowie für die Regelung der Ausübung zu, nicht aber für das - hier in Rede stehende - ausnahmslose Verbot einer bestimmten Art von Sondernutzung oder jeglicher Sondernutzung. 43Vgl. zu einer entsprechenden Regelung im dortigen Landesrecht: Thür. OVG, Urteil vom 21. November 2000 - 2 N 163/97 -, GewArch 2002, 351 = juris, Rn. 49 ff. 44Ausgehend davon hat die gleichwohl beschlossene Satzungsregelung zur Folge, dass die Beklagte bei der ablehnenden Bescheidung des Antrags der Klägerin das nach § 18 Abs. 2 StrWG NRW eingeräumte - und durch Satzungsregelung gemäß § 19 Satz 1 StrWG NRW nicht ausnahmslos ausschließbare - Ermessen nicht ausüben konnte. 45Vor diesem Hintergrund ist es unbeachtlich, dass die Beklagte im angefochtenen Bescheid zusätzlich Erwägungen des Rats hinsichtlich der beschlossenen Änderung der Satzung als (vermeintliche) Ermessenserwägungen für die versagende Entscheidung angeführt hat, und auch im gerichtlichen Verfahren die Auffassung vertreten hat, dass der ablehnende Bescheid nicht allein auf § 15 der Sondernutzungssatzung gestützt worden sei, sondern auch auf den dahinterstehenden Ratsbeschluss vom 5. Juli 2019. 46Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 47Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO. 48Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | das angefochtene urteil wird geändert. die beklagte wird unter aufhebung des bescheids vom 2. august 2019 verpflichtet, den antrag der klägerin auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für das aufstellen von altkleidersammelcontainern an den standorten „t. weg“, „c.-------straße “, „e.------straße “, „l.-----straße “, „u.--------straße “, „x.-------straße “, „m. straße“ und „am l1. “ unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. die beklagte trägt die kosten des verfahrens beider rechtszüge. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die klägerin ist ein unternehmen, das sich mit dem sammeln von altkleidern befasst. 3mit schreiben vom 3. juni 2016 beantragte die klägerin die erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern an insgesamt 20 standorten im gebiet der beklagten (u. a. 2. „t. weg“, 3. „c.-------straße “, 4. „e.------straße 2“, 7. „l.-----straße “, 8. „u.--------straße “, 9. „x.-------straße “, 12. „m. straße“, 13. „am l1. “) „für drei jahre“. die standorte der altkleidersammelcontainer sollten unmittelbar neben dort bereits aufgestellten altglascontainern liegen. die container würden mindestens einmal pro woche angefahren und geleert. bei bedarf könnten die container auch kurzfristig geleert und verschmutzungen oder müll beseitigt werden. 4mit bescheid vom 8. februar 2017 lehnte die beklagte den antrag der klägerin ab. auf die dagegen erhobene klage verpflichtete der senat durch urteil vom 13. mai 2019 - 11 a 2057/17 - die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheids vom 8. februar 2017, den antrag der klägerin auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern u. a. an den zuvor genannten standorten unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. dem lag im wesentlichen die erwägung zu grunde, dass es für die entscheidung einer gemeinde, eine bestimmte art der sondernutzung in ihrem gemeindegebiet generell nicht zuzulassen, eines ratsbeschlusses bedurft hätte, der im entschiedenen fall nicht vorgelegen habe. 5der rat der beklagten beschloss in der sitzung vom 5. juli 2019 eine änderung der satzung über erlaubnisse und gebühren für sondernutzungen auf öffentlichen straßen der stadt o. (im folgenden: sondernutzungssatzung - sns), mit der im wesentlichen § 15 sns n. f. eingefügt wurde: „für das aufstellen von behältnissen zum sammeln von altkleidern, schuhen und sonstigen textilien (altkleidersammelcontainer) auf öffentlichen straßen im sinne von § 1 dieser satzung werden keine erlaubnisse erteilt.“ 6mit bescheid vom 2. august 2019 lehnte die beklagte den antrag der klägerin erneut ab. zur begründung führte sie im wesentlichen aus: sie übe ihr ermessen dahingehend aus, dass sie für das aufstellen von altkleidersammelcontainern im öffentlichen straßenraum grundsätzlich keine erlaubnis erteile. in der ratssitzung vom 5. juli 2019 sei ein entsprechender beschluss gefasst und die satzung über erlaubnisse und gebühren für sondernutzungen an öffentlichen straßen der stadt o. - durch ergänzung des § 15 - dementsprechend geändert worden. gründe hierfür seien, dass größe und erscheinungsbild von dauerhaft aufgestellten altkleidersammelcontainern das orts- und straßenbild auf negative weise beeinträchtigten. aufgrund der vielzahl der bereits aufgestellten altglas- und altpapiersammelcontainer würde eine nicht mehr hinzunehmende überfrachtung des öffentlichen straßenraums eintreten. erfahrungsgemäß bildeten sich an derartigen standorten immer wieder wilde müllkippen. wenn an den sammelstandorten mehrere firmen ihre behälter abstellten, lasse sich nicht mehr zweifelsfrei ermitteln, wer für die beseitigung des dort abgelegten mülls zuständig sei. eine reinigung der standorte „aus einer hand“ sei dann nicht möglich. deswegen sei bei der entscheidung des rates im rahmen der gewichtung der - nicht hoch zu veranschlagenden - belange der altkleidersammelbehälteraufsteller und der städtischen interessen zugunsten der stadt zu entscheiden gewesen. die objektive gewichtung der belange treffe auch auf die klägerin zu. es handele sich bei dem vorliegenden fall zudem um einen standardfall, für den das generelle ermessen gerade ausgeübt worden sei. für die klägerin bestehe die möglichkeit, altkleider in form von haussammlungen zu sammeln und/oder mit grundstückseigentümern verträge über die nutzung von privaten flächen für die aufstellung von sammelbehältern abzuschließen. 7am 2. september 2019 hat die klägerin klage erhoben, die sie auf acht standorte begrenzt hat. zur begründung ihrer klage hat sie im wesentlichen vorgetragen: auch der erneute ablehnungsbescheid sei rechtswidrig und verletze sie in ihren rechten. die ablehnungsentscheidung leide an einem ermessensnichtgebrauch. die beklagte stütze ihre ablehnungsentscheidung auf § 15 der sondernutzungssatzung, der die erteilung von sondernutzungserlaubnissen zum aufstellen von altkleidersammelcontainern ohne ausnahme ausschließe. § 15 der sondernutzungssatzung sei keine ermessenslenkende richtlinie. es stehe nicht im ermessen einer gemeinde keinerlei ermessen auszuüben. die erteilung von sondernutzungserlaubnissen im vorhinein generell auszuschließen, stelle einen verstoß gegen § 18 strwg nrw dar, der - zumindest einen rest an - einzelfallermessen fordere. auch nach § 19 satz 1 strwg nrw sei der gemeinde eine abstrakt-generelle regelung lediglich in bezug auf die ausübung der sondernutzung gestattet, nicht aber eine sondernutzungen von vornherein generell ausschließende regelung. dies sei schon für gleichlautende landesrechtliche regelungen im sächsischen und thüringischen straßenrecht so entschieden worden. für die identische regelungssystematik im strwg nrw gebe es keinen anlass für eine abweichende bewertung. ungeachtet dessen stelle die beklagte selbst altkleidercontainer im stadtgebiet auf fiskalflächen auf. für das straßenbild sei es aber unerheblich, ob - angeblich vermüllende - altkleidercontainer auf gewidmetem straßenland oder auf angrenzenden fiskalflächen ständen. einziger grund für das totalverbot aller altkleidersammelcontainer sei daher der schutz der eigenen sammlung vor konkurrenz. damit instrumentalisiere die beklagte das wettbewerbsneutrale straßenrecht für die eigenen ökonomischen ziele. dies sei hochgradig ermessensfehlerhaft und von der rechtsordnung nicht zu tolerieren. 8die klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 9die beklagte unter aufhebung des bescheids vom 2. august 2019 zu verpflichten, ihren antrag vom 3. juni 2016 bezüglich der standorte „t. weg“, „c.-------straße “, „e.------straße “, „l.-----straße “, „u.--------straße “, „x.-------straße “, „m. straße“ und „am l1. “ unter beachtung der rechtsauffassung des gerichtes erneut zu bescheiden. 10die beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 11die klage abzuweisen. 12zur begründung ihres klageabweisungsantrags hat sie in ergänzung des angefochtenen bescheids im wesentlichen ausgeführt: sie habe ihr ermessen erkannt und korrekt ausgeübt. der behauptete ermessensnichtgebrauch liege nicht vor. der ablehnende bescheid sei nicht allein auf § 15 der sondernutzungssatzung gestützt, sondern auch auf den dahinterstehenden ratsbeschluss vom 5. juli 2019, mit dem - entsprechend der entscheidung der ovg münster vom 13. mai 2019 - eine generelle ermessensausübung erfolgt sei. die vorhandenen altkleidersammelcontainer im stadtgebiet ständen ausschließlich auf privatflächen. diese option stehe auch der klägerin offen; diese habe die gleichen möglichkeiten zur altkleidersammlung wie die awl und andere firmen. 13das verwaltungsgericht hat durch urteil vom 29. juni 2020 die klage abgewiesen. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: die erneute bescheidung des antrags der klägerin sei unter beachtung der grenzen des ermessens nach § 114 vwgo erfolgt. die beklagte habe ihr ermessen gemäß § 18 strwg nrw weder unterschritten noch aufgrund fehlerhafter erwägungen ausgeübt. entgegen der rechtsauffassung der klägerin ergebe sich aus § 18 strwg nicht, dass in jedem fall eine möglichkeit zur aufstellung von altkleidercontainern im öffentlichen raum bestehen müsse. vielmehr dürfe der straßenbaulastträger bestimmte sondernutzungen generell ausschließen und damit dem nicht weiter rechtfertigungsbedürftigen regelvorrang des gemeingebrauchs rechnung tragen. die - nach der entscheidung des oberverwaltungsgerichts - für einen generalisierenden ausschluss erforderliche ratsentscheidung liege vor. sie beruhe auf erwägungen, die für eine entscheidung nach § 18 strwg nrw statthaft seien. wenn der rat der beklagten neben der bisherigen aufstellung von altglas- und altpapiercontainern keine weiteren container zulassen wolle, um eine überfrachtung des straßenraums zu vermeiden, handele es sich um eine der gerichtlichen kontrolle allenfalls beschränkt zugängliche wertung im rahmen des kommunalen selbstverwaltungsrechts. dass die zu berücksichtigenden gesichtspunkte hier offensichtlich fehlerhaft gewürdigt worden wären, lasse sich nicht feststellen. das satzungsrecht sei auch nicht in sich widersprüchlich. das aufstellen von sammelcontainern auf flächen im eigentum der stadt auch in geringer entfernung zum straßenraum liege außerhalb des anwendungsbereichs der sondernutzungssatzung. die beklagte habe in der angefochtenen entscheidung in nicht zu beanstandender weise das vorliegen atypischer umstände abgelehnt. es beständen keine tragfähigen anhaltspunkte für die annahme, dass die beklagte in wahrheit das ziel verfolge, die eigene sammlung von alttextilien vor konkurrenz zu schützen. 14ihre vom senat zugelassene berufung begründet die klägerin unter wiederholung und vertiefung ihres erstinstanzlichen vorbringens ergänzend wie folgt: § 15 der sondernutzungssatzung sei nichtig und könne folglich keine rechtsgrundlage für den - demzufolge rechtswidrigen - ablehnungsbescheid sein. aus der regelungssystematik der §§ 18, 19 strwg nrw folge, dass eine kommune nicht abstrakt-generell im voraus eine bestimmte art der sondernutzung kategorisch ausschließen könne. dies sei nicht nur für das sächsische und thüringische, sondern mittlerweile auch für das niedersächsische straßenrecht so entschieden worden. erforderlich sei eine einzelfallbezogene ermessensausübung dahingehend, ob die art der sondernutzung an der beantragten stelle erlaubnisfähig sei. die beklagte mache die entscheidung indes zu einer gebundenen entscheidung. es sei nicht ersichtlich, dass und anhand welcher kriterien die beklagte das vorliegen eines atypischen fall geprüft habe. eine solche prüfung verbiete sich auch bereits wegen des klaren wortlauts des § 15 der sondernutzungssatzung, die ein abweichen bei vorliegen eines atypischen falls nicht zulasse. eine öffnung des verwaltungsermessens sei insofern nicht vorgesehen. im übrigen enthalte die satzungsregelung schon keine tatbestandlichen konkretisierungen, fallgruppen oder ähnliches zur abgrenzung zwischen einem normalfall und einem atypischen fall. zudem liege § 15 der sondernutzungssatzung auch kein straßenrechtlich ermessensfehlerfreies konzept zugrunde. soweit die beklagte vorgebe, mit der satzungsregelung die vermeidung einer übermöblierung des straßen- und ortsbildes zu bezwecken, setze sie sich dazu in widerspruch, wenn sie zugleich auf fiskalflächen altkleidersammelcontainer durch ihren öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger aufstellen lasse. ausgehend davon, dass die anzahl der dergestalt aufgestellten altkleidersammelcontainer im zeitraum von april 2019 bis juni 2020 um 50 % gestiegen sei, sei der mit der satzungsregelung angeblich verfolgte zweck des schutzes des straßen- und ortsbildes ersichtlich vorgeschoben. das motiv der beklagten für § 15 der sondernutzungssatzung sei vielmehr der schutz des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers vor konkurrierenden sammlungen. diese motivlage offenbare sich insbesondere dadurch, dass die beklagte mit schreiben vom 13. juli 2020 eine aufstellung von altkleidersammelcontainern auf fiskalflächen durch die klägerin generell abgelehnt habe. die tatsächlich bezweckte verschaffung von marktvorteilen stelle einen straßenrechtlich ermessensfehlerhaften erwägungsgrund dar. im übrigen sei das konzept auch unter dem gesichtspunkt der mangelhaften tatsachenaufklärung ermessensfehlerhaft. der „gedanke der übermöblierung des straßen- und ortsbildes“ erfordere es, die tatsächlichen verhältnisse vor ort zu ermitteln und nachvollziehbar zu bewerten. dies sei nicht geschehen. auch das von der rechtsprechung geforderte „konkrete standortkonzept“, welches die städtebauliche situation in den blick nehme, liege nicht vor. die beklagte biete keinerlei städtebauliche betrachtung. bei dem gewählten bezugsrahmen - „gesamtes stadtgebiet“ - handele es sich schon nicht um einen belang mit einem hinreichenden straßenrechtlichen bezug. 15die klägerin beantragt, 16das angefochtene urteil zu ändern und die beklagte unter aufhebung des bescheids vom 2. august 2019 zu verpflichten, ihren antrag vom 3. juni 2016 auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für das aufstellen von altkleidersammelcontainern an den standorten „t. weg“, „c.-------straße “, „e.------straße “, „l.-----straße “, „u.--------straße “, „x.-------straße “, „m. straße“ und „am l1. “ unter beachtung der rechtsauffassung des gerichtes neu zu bescheiden. 17die beklagte beantragt, 18die berufung zurückzuweisen. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und den beigezogenen verwaltungsvorgang der beklagten bezug genommen. 20 | 21die zulässige berufung hat erfolg. 22die ablehnung des antrags der klägerin auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern an den acht im klageantrag benannten standorten mit bescheid vom 2. august 2019 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten. sie hat einen anspruch auf neubescheidung ihres antrags (§ 113 abs. 5 satz 2 vwgo). 23rechtsgrundlage für die erteilung von sondernutzungserlaubnissen ist § 18 abs. 1 satz 2 strwg nrw. danach bedarf die benutzung öffentlicher straßen über den gemeingebrauch hinaus (sondernutzung) der erlaubnis der straßenbaubehörde. die sondernutzungserlaubnis wird auf grund einer ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 abs. 2 strwg nrw). 24i. die von der klägerin beabsichtigte aufstellung von altkleidersammelcontainern an standorten, die - dies ist zwischen den beteiligten nicht streitig - im öffentlichen straßenraum liegen, stellt eine sondernutzung dar. 25vgl. hierzu ovg nrw, urteil vom 8. dezember 2017 - 11 a 566/13 -, juris, rn. 38 ff., m. w. n. 26ii. die ablehnung des antrags der klägerin durch den bescheid vom 2. august 2019 ist ermessensfehlerhaft. 271. in dem zwischen den beteiligten ergangenen urteil vom 13. mai 2019 - 11 a 2057/17 -, juris, rn. 39 ff., hatte der senat ausgeführt: 28„die kommune darf ihr ermessen zur bewirkung einer gleichmäßigen handhabung durch die straßenbaubehörde auch generell ausüben, etwa durch den erlass ermessenslenkender verwaltungsvorschriften (ermessensrichtlinien). hierdurch bewirkt sie eine selbstbindung, die im grundsatz von der gesetzlichen ermessensermächtigung zugelassen wird. die durch eine verwaltungsvorschrift bewirkte ermessensbindung der behörde geht aber nicht so weit, dass wesentlichen besonderheiten des einzelfalls nicht mehr rechnung getragen werden könnte. in atypischen fällen, in denen die generelle ermessensausübung die individuellen besonderheiten des konkreten einzelfalls nicht (hinreichend) berücksichtigt, ist der behörde ein abweichen von den ermessenslenkenden vorschriften möglich. 29vgl. bverwg, urteile vom 19. märz 1996- 1 c 34.93 -, bverwge 100, 335 (340 f.) = juris, rn. 22, und vom 18. september 1984 - 1 a 4.83 -, bverwge 70, 127 (142) = juris, rn. 41, sowie beschlüsse vom 22. mai 2008 - 5 b 36.08 -, juris, rn. 4, und vom 25. september 1998 - 5 b 24.98 -, juris, rn. 4; ovg nrw, beschluss vom 28. oktober 2016 - 13 b 905/16 -, juris, rn. 37; gerhardt, in: schoch/schneider/bier/gerhardt, vwgo, kommentar, loseblatt-sammlung (stand: september 2018), § 114 rn. 22; wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, kommentar, 5. auflage 2018, § 114 rn. 86 ff., 93 ff., m. w. n. 30dabei bedarf die entscheidung über die ausübung generellen ermessens in der regel eines vorherigen ratsbeschlusses. gemäß § 41 abs. 1 satz 1 go nrw ist der rat der gemeinde für alle angelegenheiten der gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses gesetz nichts anderes bestimmt. abgesehen von den in § 41 abs. 1 satz 2 go nrw enumerativ aufgezählten fällen kann der rat die entscheidung über bestimmte angelegenheiten auf ausschüsse oder den bürgermeister übertragen (§ 41 abs. 2 satz 1 go nrw). geschäfte der laufenden verwaltung gelten im namen des rats als auf den bürgermeister übertragen, soweit nicht der rat sich, einer bezirksvertretung oder einem ausschuss für einen bestimmten kreis von geschäften oder für einen einzelfall die entscheidung vorbehält (§ 41 abs. 3 go nrw). 31bei den ‚geschäften der laufenden verwaltung‘ handelt es sich um einen unbestimmten rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen überprüfung unterliegt. nach gefestigter rechtsprechung fallen die nach regelmäßigkeit und häufigkeit üblichen geschäfte darunter, deren erledigung nach feststehenden grundsätzen „auf eingefahrenen gleisen“ erfolgt und die für die gemeinde unter berücksichtigung ihrer größe und finanzkraft weder wirtschaftlich noch grundsätzlich von wesentlicher bedeutung sind. 32vgl. hierzu etwa ovg nrw, urteile vom 15. dezember 1969 - iii a 1329/66 -, ovge 25, 186 (193), und vom 4. april 2006 - 15 a 5081/05 -, nvwz-rr 2007, 625; nds. ovg, beschluss vom 31. januar 2013 - 7 la 160/11 -, juris, rn. 6; vgl. auch sundermann, die geschäfte der laufenden verwaltung in den gemeinden, dvp 2009, 48; frenzen, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nrw, stand: 1. dezember 2018, § 41 rn. 38 f., jeweils m. w. n. 33ausgehend hiervon zählt zwar u. a. die entscheidung über die erteilung von sondernutzungserlaubnissen regelmäßig zu den geschäften der laufenden verwaltung. 34vgl. etwa sundermann, dvp 2009, 48; frenzen, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nrw, stand: 1. dezember 2018, § 41 rn. 38.1. 35der erlass allgemeiner richtlinien oder anweisungen, die die ermessenspraxis einer gemeinde bei der erteilung von sondernutzungserlaubnissen im öffentlichen straßenraum bestimmen sollen, gehört jedoch regelmäßig nicht mehr zu den geschäften der laufenden verwaltung. eine solche entscheidung ist vielmehr wegen des grundlegenden charakters, den eine generelle ermessensausübung mit blick auf künftige entscheidungen über entsprechende erlaubnisanträge entwickelt, dem gemeinderat vorbehalten, wenn nicht die zu regelnde angelegenheit für die gemeinde ausnahmsweise von untergeordneter bedeutung ist. 36vgl. nds. ovg, beschluss vom 31. januar 2013 - 7 la 160/11 -, juris, rn. 6; vgh bad.-württ., urteile vom 6. juli 2001 - 8 s 716/01 -, juris, rn. 22, vom 1. august 1996 - 5 s 3300/95 -, juris, rn. 22, vom 27. august 1990 - 14 s 2400/88 -, juris, rn. 18, und vom 27. februar 1987 - 5 s 2185/86 -, vblbw 1987, 344 (346); vg stuttgart, urteil vom 19. september 2018 - 8 k 12220/17 -, juris, rn. 30; vg trier, urteil vom 8. dezember 2014 - 6 k 410/14.tr -, juris, rn. 43; vg braunschweig, urteil vom 10. februar 2009 ‑ 6 a 240/07 -, juris, rn. 27; frenzen, in: dietlein/heusch, beckok kommunalrecht nrw, stand: 1. dezember 2018, § 41 rn. 38.1; sauthoff, die entwicklung des straßenrechts seit 1998, nvwz 2004, 674 (683); a. a. schulze-werner/cordes, die zulassung zu volksfesten und märkten mittels ermessenslenkender richtlinien und beteiligung dritter als zuständigkeitsproblem,gewarch 2017, 61 (62 f.).“ 372. ausgehend davon erweist sich die in dem angegriffenen bescheid vom 2. august 2019 auf § 15 sns n. f. gestützte versagende entscheidung als ermessensfehlerhaft, weil der rat der beklagten - in abweichung von der rechtsprechung des senats - keine ermessenslenkenden verwaltungsvorschriften erlassen hat, sondern das bei der bescheidung von anträgen auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen nach § 18 abs. 2 strwg nrw eingeräumte ermessen durch eine ortsrechtliche regelung auf eine gebundene entscheidung reduziert hat. 38der angefochtene bescheid verweist darauf, dass die generelle ermessensausübung in der ratssitzung vom 5. juli 2019 beschlossen und die sondernutzungssatzung demzufolge geändert worden sei. damit rekurriert die beklagte - wie insbesondere anhand der tagesordnung des rats der stadt o. vom 5. juli 2019 sowie der beratungsunterlage zum top 31a: „7. änderung der satzung über erlaubnisse und gebühren für sondernutzungen auf öffentlichen straßen der stadt o. “ ersichtlich wird - ausschließlich auf die in dieser ratssitzung beschlossene änderung der sondernutzungssatzung durch - im wesentlichen - deren ergänzung um die regelung des § 15 sns n. f., auf deren inhalt auch der angefochtene bescheid konkret bezug nimmt. denn abseits der beschlossenen änderung der sondernutzungssatzung sind in der ratssitzung keine weiteren beschlüsse betreffend sondernutzungserlaubnisse für die aufstellung von altkleidersammelcontainern ergangen. 39die regelung in § 15 sns n. f., dass keine erlaubnisse für das aufstellen von behältnissen zum sammeln von altkleidern, schuhen und sonstigen textilien (altkleidersammelcontainer) auf öffentlichen straßen im sinne des § 1 dieser satzung erteilt werden, die auch nicht durch andere ermessensöffnende oder ausnahmeregelungen in der satzung modifiziert wird, reduziert als rechtsnorm das nach § 18 abs. 2 strwg nrw eingeräumte ermessen bei der bescheidung von anträgen auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern auf öffentlichen straßen im geltungsbereich der satzung auf eine gebundene - nämlich versagende - entscheidung. denn eine sich ggf. auch an einer abstrakt-generellen ermessensrichtlinie oder einer gestaltungssatzung ausrichtende, 40vgl. dazu auch: ovg nrw, beschluss vom 11. juli 2017 - 11 a 2115/14 -, nvwz-rr 2017, 805 = juris, rn. 8 ff.; vgh bad.-württ., urteil vom 21. april 2021 - 5 s 1996/19 -, nvwz-rr 2021, 1024 = juris, rn. 59 ff., 41ausübung von ermessen bei der entscheidung über einen konkreten antrag ist nach dem eindeutigen wortlaut der satzungsregelung gerade nicht mehr vorgesehen. 42nach § 19 satz 1 strwg nrw steht der gemeinde satzungsautonomie für die befreiung bestimmter sondernutzungen von der erlaubnispflicht sowie für die regelung der ausübung zu, nicht aber für das - hier in rede stehende - ausnahmslose verbot einer bestimmten art von sondernutzung oder jeglicher sondernutzung. 43vgl. zu einer entsprechenden regelung im dortigen landesrecht: thür. ovg, urteil vom 21. november 2000 - 2 n 163/97 -, gewarch 2002, 351 = juris, rn. 49 ff. 44ausgehend davon hat die gleichwohl beschlossene satzungsregelung zur folge, dass die beklagte bei der ablehnenden bescheidung des antrags der klägerin das nach § 18 abs. 2 strwg nrw eingeräumte - und durch satzungsregelung gemäß § 19 satz 1 strwg nrw nicht ausnahmslos ausschließbare - ermessen nicht ausüben konnte. 45vor diesem hintergrund ist es unbeachtlich, dass die beklagte im angefochtenen bescheid zusätzlich erwägungen des rats hinsichtlich der beschlossenen änderung der satzung als (vermeintliche) ermessenserwägungen für die versagende entscheidung angeführt hat, und auch im gerichtlichen verfahren die auffassung vertreten hat, dass der ablehnende bescheid nicht allein auf § 15 der sondernutzungssatzung gestützt worden sei, sondern auch auf den dahinterstehenden ratsbeschluss vom 5. juli 2019. 46die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 47der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 vwgo, 708 nr. 10, 709 satz 2, 711 zpo. 48die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. |
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} | 11 A 1958/20 | 2021-12-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern. 3Unter dem 19. April 1996 erteilte die Beklagte der Kolpingsfamilie C. die Erlaubnis, an sechs näher bezeichneten Altglascontainerstandorten (u. a. „C1. Straße im Stadtteil X. “) zusätzlich je einen Sammelbehälter für Altkleider aufzustellen. Die Erlaubnis könne jederzeit widerrufen werden. 4Mit Schreiben vom 5. Juli 2012 übersandte der DRK-Kreisverband C. e. V. (im Folgenden: DRK) der Beklagten unter dem Betreff „Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz - Anzeige/Genehmigung von Alttextilienstellplätzen in den Städten und Gemeinden des Kreises C. und der Bringsammlungen“ eine Auflistung von Containerstandorten in C. (u. a. „F. . X. “). Im Schreiben führte er u. a. aus, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes nun alle Sammlungen angezeigt und genehmigt werden müssten, dies sei beim Kreis C. bereits geschehen. Man gehe davon aus, dass sich der Kreis mit der Beklagten bezüglich der öffentlichen Stellplätze in Verbindung setze. Die Standorte der Altkleiderbehälter seien zum Teil schon vor langer Zeit mit den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten abgestimmt worden. Es werde um Unterstützung gebeten, indem u. a. die Stellplätze für die Sammelbehälter auch weiterhin genehmigt würden. Auf dem Schreiben wurde handschriftlich vermerkt: „tel. Rückmeldung an Frau [unleserlicher Name] gegeben -> caritative Sammlungen in städtischem Interesse! 19/07/12 [unleserliche Unterschrift]“. 5Die Beklagte übermittelte mit Schreiben vom 11. Juni 2014 den drei karitativen Aufstellern von Altkleidersammelcontainern im Stadtgebiet (u. a. dem DRK) anlässlich der Einführung einer kommunalen Sammlung zum 1. Januar 2015 eine Aufstellung zu den Standorten der künftig aufgestellten kommunalen Altkleidersammelcontainer. Zugleich teilte sie mit, dass die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an jedem Altglascontainerstandort angestrebt werde. Für die verbliebenen - hier nicht streitgegenständlichen - zwölf Standorte, die mit einem Altkleidercontainer ausgerüstet werden könnten, unterbreite sie einen Vorschlag zur Aufteilung an die drei karitativen Aufsteller. Die „Zuweisung“ erfolge zum 1. Januar 2015 „auf jederzeitigen Widerruf, also wie bisher“. 6Mit Schreiben vom 21. November 2014 bat die Beklagte das DRK wegen der am 17. und 18. Dezember 2014 erfolgenden stadtweiten Aufstellung kommunaler Container, bis zu diesem Termin die für das DRK „vorgesehenen“ - hier nicht streitgegenständlichen - Standorte zu „bestücken“ sowie einen Container vom Standort „X. , I. Straße“ abzuziehen. 7Mit Schreiben vom 6. April 2018 beantragte die Klägerin - ein Unternehmen, das sich mit dem Sammeln von Altkleidern befasst - die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an drei Standorten im Gebiet der Beklagten („I1. .“, „C2. .“ und „F1. .“), die sie in beigefügten Lichtbildern markierte. Unter dem im verwendeten Vordruck jeweils vorgesehenen Abschnitt „3. Dauer der Nutzung“ kreuzte sie die Möglichkeit „jährlich bis auf Widerruf (von - bis)“ an und trug in der daneben stehenden Zeile den Zeitraum 15. Mai 2018 bis 14. Mai 2019 ein. Die Container würden mindestens einmal pro Woche geleert und jeglicher Müll im Umkreis von 2 m binnen 24 Stunden fachgerecht entsorgt. Da u. a. dem Deutschen Roten Kreuz, den Kolping Werken und dem Kreis C. EGW Standorte erlaubt worden seien, begehre sie nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz gleichgestellt zu werden. 8Der Umwelt- und Planungsausschuss der Beklagten beschloss in der Sitzung vom 4. Juli 2018 ein „Sondernutzungskonzept für Textilcontainer (Stand: 06.06.2018)“ (im Folgenden: Sondernutzungskonzept - SNS). Ausgehend von den mit dem Sondernutzungskonzept verfolgten Zielen (§ 1) gibt dieses Kriterien hinsichtlich der Standortwahl für die Aufstellung von Textilcontainern auf öffentlichen Verkehrsflächen im Stadtgebiet der Beklagten vor (§ 2) und legt konkrete Standorte sowie die dort jeweils aufzustellende Anzahl von Textilcontainern fest (§§ 3, 4 i. V. m. dem anliegenden Verzeichnis). Zu den im Verzeichnis aufgeführten Standorten, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung jeweils bereits mit der vorgesehenen Anzahl an Textilcontainern von im Verzeichnis konkret benannten Aufstellern besetzt waren, gehören u. a. „C1. Straße, Parkplatz“ - Altkleidersammelcontainer Kolping, „F2.-------straße , ehem. Bauhof“ - Altkleidersammelcontainer DRK sowie „I. Straße, G. “ - Altkleidersammelcontainer DRK und kommunal. 9Mit Bescheid vom 9. Juli 2018 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Grundlage der Entscheidung und der zugrundeliegenden Ermessensausübung sei das in der Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses am 4. Juli 2018 verabschiedete „Sondernutzungskonzept für Textilcontainer“. Für die beantragten Standorte seien bereits Dritten mit Wirkung vom 1. Januar 2015 unbefristete Sondernutzungserlaubnisse erteilt worden. Deswegen bedürfte es eines Widerrufs der erteilten Erlaubnisse. Darauf bestehe kein subjektives Recht. § 18 Abs. 1 StrWG NRW vermittele keinen Drittschutz. Im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens könne sie einen solchen Widerruf auch nicht verfügen, da das Vertrauen der Erlaubnisinhaber höher wiege als das Interesse der Klägerin. Die beiden Standorte F2.-------straße und I. Straße seien zur Aufnahme der Glas- und Textilcontainer in der vorhandenen Größe ausreichend. Eine Erweiterung zur Aufnahme der Container der Klägerin mit den damit verbundenen Kosten sei nicht angezeigt. Gleiches gelte für den Standort C1. Straße. Dort spreche überdies die Inanspruchnahme eines weiteren öffentlichen Parkplatzes dagegen. 10Am 6. August 2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Sie habe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids. Sie müsse auch in Zukunft damit rechnen, dass die Beklagte die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen mit gleichlautender Begründung ablehnen werde. Der Bescheid sei ermessensfehlerhaft. Aus den Verwaltungsvorgängen der Beklagten ergebe sich, dass die Ablehnung des Antrags gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Die Beklagte habe mit Wirkung vom 1. Januar 2015 dem Kreis C. sowie drei karitativen Trägern unbefristete Sondernutzungserlaubnisse erteilt. Ausschließlich diese erhielten Sondernutzungserlaubnisse. Gewerbliche Anbieter - wie sie - seien faktisch von der Möglichkeit ausgeschlossen, eine Sondernutzungserlaubnis zu erhalten. Dafür gebe es keine sachliche Rechtfertigung. Im Rahmen eines „Verteilungsermessens“ müsse eine solche Möglichkeit bestehen, da andernfalls ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege. Es sei nicht dargelegt, dass die Stadt- ausgehend von der Berechnung im Sondernutzungskonzept - hinreichend mit Textilcontainern versorgt sei. In Ausnahmefällen sei das Aufstellen von zwei Textilcontainern zulässig. Den vorgelegten Lichtbildern lasse sich entnehmen, dass eine bauliche Erweiterung an den Standorten möglich sei. Ausgehend von der konkreten Verkehrssituation sei eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs neben den Glascontainern nicht ersichtlich. 11Die Klägerin hat beantragt, 12festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 2018 rechtswidrig und die Beklagte verpflichtet gewesen ist, die Anträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden 13Die Beklagte hat beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags hat sie in Ergänzung des angefochtenen Bescheids im Wesentlichen ausgeführt: Die Versagung der Sondernutzungserlaubnis für die beantragten Standorte sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Dem Grundsatz der Gleichbehandlung komme in den drei beantragten Fällen keine Relevanz zu. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass es nicht ermessensfehlerhaft sei, einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis mit der Begründung abzulehnen, dass für die beantragte Fläche bereits einem Dritten eine Sondernutzungserlaubnis erteilt worden sei. Für dieselbe öffentliche Fläche könne nur eine Sondernutzungserlaubnis vergeben werden. Die Standorte „F2.-------straße “ und „I. Straße“ seien bereits belegt. Für beide Standorte sei dem DRK eine unbefristete Sondernutzungserlaubnis auf Widerruf mündlich erteilt worden. Das Aufstellen eines weiteren Containers auf den jeweils zur Aufstellung vorgesehenen gepflasterten Flächen sei tatsächlich unmöglich. Bei dem Standort „C1. Straße“, für den bereits der Kolpingsfamilie C. unter dem 19. April 1996 eine Sondernutzungserlaubnis auf Widerruf erteilt worden sei, handele es sich um eine öffentliche Stellplatzanlage, auf der zwei Parkplätze der Entsorgungsstation vorbehalten seien. Diese Beschränkung diene der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie dazu, den Parkraumbedarf im Zentrum des Stadtteils X. sicherzustellen. Eine weitere Inanspruchnahme von Stellplätzen sei nicht angezeigt. Dies finde auch Niederschlag in den Ziffern 2.2 und 2.3 des „Sondernutzungskonzepts für Textilcontainer“. 16Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 25. Juni 2020 festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 2018 in Bezug auf die Ablehnung der Anträge auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung je eines Altkleiderbehälters an den Standorten „I. Straße“, „C1. Straße“ und „F2.-------straße “ rechtswidrig und die Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Anträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid ermessensfehlerhaft sei, weil er maßgeblich auf das vom Rat der Beklagten beschlossene „Sondernutzungskonzept für Textilcontainer“ vom 4. Juli 2018 gestützt sei, dessen - in § 1 des Sondernutzungskonzepts genannte - Ziele vorgeschoben seien. Aus der dem Konzept zugrunde liegenden Vorlage Nr. V 2018/159 gehe eindeutig hervor, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt straßenrechtliche Erwägungen angestellt habe, sondern allein den bestehenden Zustand habe festschreiben wollen, um die Zulassung gewerblicher Sammler zu vermeiden. Die Ermessensausübung erweise sich als fehlerhaft, weil - nach den Angaben eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung - gewerbliche Sammler von vornherein keine Chance auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung eines Textilcontainers an den in dem Sondernutzungskonzept genannten Standorten hätten. Dass die Klägerin kein subjektives Recht auf Widerruf einer einem Dritten erteilten Sondernutzungserlaubnis habe, ändere daran nichts. Denn mit einem Sondernutzungskonzept, das ausschließlich Standorte aufnehme, für die bereits unbefristete Sondernutzungserlaubnisse erteilt worden seien, hätten Dritte zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, hinsichtlich der Aufstellung eines Textilcontainers zum Zuge zu kommen. Eine mit straßenbezogenen Erwägungen sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung anderer - insbesondere gewerblicher - Sammler liege jedenfalls nicht vor. Der bloße Verweis auf das Vertrauen des Erlaubnisinhabers werde einer an straßenbezogenen Kriterien zu orientierenden Ermessensausübung nicht gerecht. Im Übrigen schließe § 4 des Sondernutzungskonzepts ausdrücklich die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen an anderen als den im Sondernutzungskonzept genannten Standorten aus, sodass - entgegen den Ausführungen des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung - nicht nachvollziehbar sei, weswegen die Beklagte von einem „dynamischen Konzept“ ausgehe, das eine Erweiterung stets erlaube. 17Ihre vom Senat zugelassene Berufung begründet die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt: Bei ihrer Entscheidung über den Sondernutzungsantrag habe sie nach Maßgabe ihres Sondernutzungskonzepts ermessensfehlerfrei darauf abgestellt, dass die antragsgegenständlichen drei Containerstandorte, die sich jeweils auf Flächen bestehender Entsorgungsstationen im Sinne des Sondernutzungskonzepts befänden, jeweils schon mit einem durch eine widerrufliche Sondernutzungserlaubnis straßenrechtlich zugelassenen Alttextilcontainer belegt und damit grundsätzlich auch im Sinne des Sondernutzungskonzepts ausgelastet gewesen seien. Ergänzend habe sie- ebenfalls im Einklang mit ihrem Sondernutzungskonzept - in ihr Ermessen eingestellt, dass gegen die Aufstellung zusätzlicher Alttextilcontainer an den betreffenden Entsorgungsstationen spreche, dass es aufgrund der bestehenden Auslastung der Standorte jeweils schon tatsächlich unmöglich gewesen sei, dort einen weiteren Abfallcontainer aufzustellen. Hierfür hätte es einer räumlichen Erweiterung bedurft, für die nichts ersichtlich gewesen sei, zumal die damit verbundenen Kosten nicht angezeigt gewesen seien und an einem der Standorte eine- die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigende und der Sicherstellung des Parkraumbedarfs im Zentrum des Stadtteils C. -X. entgegenstehende - Inanspruchnahme einer ganzen weiteren Parkplatzfläche erforderlich gewesen wäre. Aus dem StrWG NRW folge kein Rechtsanspruch für hinzutretende Nutzungsinteressenten, die erstmalig Alttextilcontainer in einer bestimmten Kommune aufstellen wollten, dabei auch tatsächlich „zum Zuge zu kommen“. Erst recht bestehe ein solcher Anspruch nicht hinsichtlich bereits belegter Standorte. Ein subjektives Recht auf den Widerruf von zugunsten Dritter erteilter Sondernutzungserlaubnisse bestehe nicht. 18Das Sondernutzungskonzept sei mit den Grundsätzen für eine behördliche Ermessensausübung bei der Bescheidung von Anträgen auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern vereinbar. Es solle aus straßenrechtlichen Gründen der nicht gewünschten künftigen Inanspruchnahme weiterer öffentlicher Verkehrsflächen durch Alttextilcontainer abseits der Entsorgungsstationen begegnen. Ausgehend von dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Straßenrechts und der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Prioritätsprinzips bei straßenrechtlichen Entscheidungen sei es - auch unter dem Gesichtspunkt eines Verteilungsermessens - nicht erforderlich, in einem den „status quo“ festschreibenden Sondernutzungskonzept zusätzliche, unter straßenrechtlichen Erwägungen unerwünschte Standorte zu berücksichtigen, um eine vermeintliche Schlechterstellung später hinzutretender Interessenten zu vermeiden. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sei insgesamt nicht ersichtlich. Die in § 1 des Sondernutzungskonzepts genannten Ziele, die auf straßenrechtlichen Erwägungen beruhten, seien nicht vorgeschoben. Gegenteiliges sei weder aus der Vorlage Nr. V 2018/159 abzuleiten, noch durch die Aussage ihres Verwaltungsmitarbeiters im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht belegt. Dieser sei kein „Sprachrohr“ des Planungsausschusses und habe lediglich sein Verständnis des Sondernutzungskonzepts sowie dessen Bedeutung für Sondernutzungsanträge erläutert. 19Eine Widmungsverfügung hinsichtlich des Parkplatzes, auf dem sich der beantragte Standort „C1. Straße“ befinde, habe sie ihren Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen können. Sie gehe daher davon aus, dass eine solche nicht existiere. Auch unter Berücksichtigung dieses Aspekts sei die Ablehnung des Antrags der Klägerin insoweit damit zu Recht erfolgt. 20Die Beteiligten haben den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit sich die Klage auf den Standort „C1. Straße“ bezogen hat. 21Die Beklagte beantragt daraufhin, 22das angefochtene Urteil - soweit es nicht wirkungslos ist - zu ändern und die Klage abzuweisen. 23Die Klägerin beantragt, 24die Berufung zurückzuweisen. 25Zur Begründung trägt sie in Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor: Offensichtlich sei im Nachgang zu dem Antrag der Klägerin - und ggf. weiterer Bewerber - ein Sondernutzungskonzept erstellt worden, um ihren Antrag negativ bescheiden zu können. Das Konzept verfolge das Ziel, den sog. Ist-Zustand einzufrieren. Gewerbliche Sammler sollten schlichtweg keinen Platz erhalten. Straßenbezogene Gründe dafür seien nicht ersichtlich. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwesende Mitarbeiter der Beklagten, der zudem das Sondernutzungskonzept verfasst und in der Ausschusssitzung vorgestellt habe, sei befugt und auch in der Lage gewesen, die Ermessensausübung im Termin konkret zu erläutern. Er habe ausdrücklich erklärt, dass die Klägerin keine Chance gehabt habe, einen der in der Anlage zum Sondernutzungskonzept aufgeführten Standorte zu erhalten, da diese belegt gewesen seien. Soweit der Mitarbeiter der Beklagten auf die Möglichkeit der Überprüfung der Eröffnung weiterer Versorgungsstationen verwiesen habe, sei eine solche nach dem Sondernutzungskonzept von der Einwohnerzahl abhängig. Das Sondernutzungskonzept verweise ausdrücklich darauf, dass die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für das Aufstellen von Textilcontainern außerhalb der im Verzeichnis aufgeführten Standorte ausgeschlossen sei. 26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. 27Entscheidungsgründe: 28A. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Standorts „C1. Straße“ übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO einzustellen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). 29B. Im Übrigen hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist auch begründet. 30I. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. 311. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Danach kann das Gericht die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts aussprechen, wenn sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. 32Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Vorschrift entsprechend anwendbar, wenn eine zulässige Verpflichtungsklage- auch in Gestalt einer Bescheidungsklage - unzulässig geworden ist, weil sich das mit ihr verfolgte Begehren erledigt hat. 33Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2017 - 6 C 1.16 -, BVerwGE 158, 301 ff. = juris, Rn. 28, m. w. N. 34Das mit der Klage verfolgte Begehren der Klägerin auf Neubescheidung ihres unter dem 6. April 2018 gestellten Antrags auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den Standorten „I. Straße“ und „F2.-------straße “ im Zeitraum vom 15. Mai 2018 bis zum 14. Mai 2019 hat sich nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. 352. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, ihren Antrag vom 6. April 2018 auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den Standorten „I. Straße“ und „F2.-------straße “ neu zu bescheiden. 36Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin in den genannten Bereichen zu verbessern. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. 37Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013- 8 C 14.12 -, Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 284 = juris, Rn. 20. 38Es ist typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses gegeben, kann aber auch aus anderen besonderen Umständen des Einzelfalls hergeleitet werden, sofern die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die klägerische Position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern. 39Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2019 - 6 B 154.18, 6 PKH 8.18 -, juris, Rn. 5, m. w. N. zur st. Rspr. des BVerwG. 40Ausgehend davon ist hier eine Wiederholungsgefahr anzunehmen. Es ist auch zukünftig damit zu rechnen, dass die Klägerin die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im Stadtgebiet der Beklagten beantragen und die Beklagte ihren Antrag mit gleichlautender Begründung ablehnen wird. 41II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. 42Der Klägerin hat ein Anspruch auf Neubescheidung ihres unter dem 6. April 2018 gestellten Antrags auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den Standorten „I. Straße“, und „F2.-------straße “ im Zeitpunkt unmittelbar vor dem Eintritt der Erledigung zugestanden (analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). 43Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW. Danach bedarf die Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Die Sondernutzungserlaubnis wird auf Grund einer Ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW). 441. Die von der Klägerin beantragte Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den Standorten „I. Straße“ und „F2.-------straße “, die - dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig - im öffentlichen Straßenraum liegen, stellt eine Sondernutzung dar. 45Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2017 - 11 A 566/13 -, juris, Rn. 38 f., m. w. N. 462. Die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch Bescheid vom 9. Juli 2018 erweist sich als ermessensfehlerhaft. 47a. Das der Behörde nach § 18 Abs. 2 StrWG NRW eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen, insbesondere des Gebots der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), auszuüben (§ 40 VwVfG NRW). Die gerichtliche Kontrolle der Ermessensentscheidung beschränkt sich auf die Einhaltung dieses rechtlichen Rahmens (§ 114 Satz 1 VwGO). Dabei sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig nachgeschobene Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO vom Gericht zu berücksichtigen. 48Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung setzt zunächst voraus, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt werden. Für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen. 49Vgl. hierzu OVG NRW, Urteile vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 -, NWVBl. 2021, 434 = juris, Rn. 56, und vom 7. April 2017 - 11 A 2068/14 -, NVwZ-RR 2017, 855 = juris, Rn. 48 ff., m. w. N. 50Entsprechend dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW hat sich die behördliche Ermessensausübung an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere zählen ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrunds und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbilds, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße (Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraums, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbilds und Ähnliches). 51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 2021- 11 A 390/19 -, NWVBl. 2021, 434 = juris, Rn. 58, und Beschlüsse vom 2. August 2006‑ 11 A 2642/04 -, NWVBl. 2007, 64 = juris, Rn. 21, und vom 1. Juli 2014 - 11 A 1081/12 -, NVwZ-RR 2014, 710 = juris, Rn. 8 ff., m. w. N. 52Ob die Sondernutzung durch einen Altkleidersammelcontainer eines gemeinnützigen oder gewerblichen Aufstellers geschieht, ist straßenrechtlich ohne Belang. Das Sondernutzungsrecht ist im Grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral. Straßenrechtlich zu beanstanden sind etwa rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale. So fehlt auch dem im Marktrecht entwickelten Grundsatz „bekannt und bewährt“ der straßenrechtliche Bezug. Die Zuverlässigkeit ist grundsätzlich ebenfalls ein subjektives Merkmal, das einen straßenrechtlichen Bezug nicht aufweist. Etwas anderes kann im Einzelfall ausnahmsweise dann gelten, wenn die Behörde die Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis etwa auf den straßenbezogenen Gesichtspunkt stützt, die Sicherheit des Straßenverkehrs sei im Falle der Erteilung der Erlaubnis an den betreffenden Antragsteller mit Blick auf dessen Verhalten nicht gewährleistet. Allerdings ist eine Berufung darauf in der Regel nur dann gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der betreffende Antragsteller sich nicht an etwaige mit der Sondernutzungserlaubnis verbundene Auflagen oder Bedingungen halten wird. 53Vgl. hierzu OVG NRW, Urteile vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 - , NWVBl. 2021, 434 = juris; Rn. 60, und vom 7. April 2017 - 11 A 2068/14 -, NVwZ-RR 2017, 855 = juris, Rn. 56 ff., m. w. N. 54Grundsätzlich ist es nicht ermessensfehlerhaft, Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen mit der Begründung abzulehnen, für die beantragte Fläche sei bereits einem Dritten eine Sondernutzungserlaubnis erteilt worden. Für dieselbe öffentliche Straßenfläche kann nur eine Sondernutzungserlaubnis vergeben werden. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 StrWG NRW darf diese Erlaubnis nur auf Zeit oder Widerruf erteilt werden. Ist der Zeitraum, für den die Sondernutzungserlaubnis an einen Dritten erteilt worden ist, noch nicht abgelaufen, ist es in aller Regel ermessensfehlerfrei, den Antrag mit Blick auf diesen Umstand abzulehnen. Ist für die beantragte Fläche bereits eine unbefristete Erlaubnis erteilt, bedürfte es eines Widerrufs der dem Dritten erteilten Erlaubnis. Ein subjektives Recht darauf, dass die einem Dritten erteilte Sondernutzungserlaubnis widerrufen wird, besteht aber grundsätzlich nicht. Denn § 18 Abs. 1 StrWG NRW vermittelt nach der Rechtsprechung des Senats keinen Drittschutz. 55Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 47, und vom 7. April 2017- 11 A 2068/14 -, NVwZ-RR 2017, 855 = juris, Rn. 62, m. w. N. 56Da Schutzzweck der Erlaubnis für die Sondernutzung an Straßengelände auch das öffentlich-rechtliche Bedürfnis sein kann, zeitlich und örtlich gegenläufige Interessen verschiedener Straßenbenutzer (Verteilungs- und Ausgleichsfunktion) auszugleichen, kann im Rahmen der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen beim Zusammentreffen solcher gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer bezogen auf dieselbe Straßenfläche auch ein entsprechender Interessensausgleich erforderlich werden. 57Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. August 1980 ‑ 7 B 155.79 -, NJW 1981, 472 = juris, Rn. 4, und vom 20. April 2010 - 3 B 80.09 -, juris, Rn. 7 f. 58b. Die Kommune darf ihr Ermessen zur Bewirkung einer gleichmäßigen Handhabung durch die Straßenbaubehörde auch generell ausüben, etwa durch den Erlass ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien). Hierdurch bewirkt sie eine Selbstbindung, die im Grundsatz von der gesetzlichen Ermessensermächtigung zugelassen wird. Die durch eine Verwaltungsvorschrift bewirkte Ermessensbindung der Behörde geht aber nicht so weit, dass wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. In atypischen Fällen, in denen die generelle Ermessensausübung die individuellen Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht (hinreichend) berücksichtigt, ist der Behörde ein Abweichen von den ermessenslenkenden Vorschriften möglich. 59Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. Mai 2021- 11 A 390/19 -, NWVBl. 2021, 434 = juris, Rn. 62, und vom 13. Mai 2019 - 11 A 2057/17 -, DVBl. 2019, 1217 ff. = juris, Rn. 39, m. w. N. 60c. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die von der Beklagten in dem Bescheid vom 9. Juli 2018 vorgenommene Ermessensausübung in Bezug auf die noch streitgegenständlichen Standorte fehlerhaft. 61(1) Zunächst ist nichts dagegen zu erinnern, dass die Beklagte in ihrem der angegriffenen Ermessensentscheidung zugrunde liegenden Sondernutzungskonzept die Standorte für Altkleidersammelcontainer im Stadtgebiet sowie die dort jeweils aufzustellende Anzahl von Altkleidersammelcontainern festgelegt hat. Die Festlegung beruht auf nachvollziehbaren Gründen. Die in § 2 SNS aufgeführten Kriterien für die Standortwahl („einwandfreier Straßenzustand, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger, Belange des Straßen- und Stadtbildes sowie Vermeidung der Übermöblierung des öffentlichen Straßenraums“) sowie die an diesen Kriterien anknüpfenden Maßgaben, dass die Aufstellung von Textilcontainern „nur im Rahmen einer Entsorgungsstation (= Kombination von Glas- und Textilcontainern) zulässig“ sei und jeder Standort einen oder ausnahmsweise zwei Container aufnehmen soll (§ 3 Sätze 1 und 3 SNS), lassen einen hinreichenden Bezug zur Straße erkennen. 62Es ist nichts dafür ersichtlich, dass bei der Festlegung der Standorte und der Anzahl von Altkleidersammelcontainern durch den Umwelt- und Planungsausschuss der Beklagten andere als die im Sondernutzungskonzept festgehaltenen Kriterien ausschlaggebend bzw. die angeführten Kriterien lediglich „vorgeschoben“ gewesen sein könnten. Insbesondere lassen weder die Angaben eines Mitarbeiters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch die von diesem Mitarbeiter formulierten Erläuterungen in der für die Beratung des Umwelt- und Planungsausschusses der Beklagten erstellten Vorlage Nr. V 2018/159 einen Rückschluss auf - vom Inhalt des Sondernutzungskonzepts abweichende - Erwägungen des Ausschusses bei der Beschlussfassung zu. 63(2) Ferner begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn eine auf - nicht zu beanstandenden - straßenrechtlichen Erwägungen beruhende Festlegung von Standorten für Altkleidersammelcontainer in einem Sondernutzungskonzept nur solche Standorte umfasst, für die zu diesem Zeitpunkt bereits eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis erteilt worden ist. Ausgehend von der Wettbewerbsneutralität des Straßenrechts ist es nicht erforderlich, dass ein Sondernutzungskonzept freie Standorte vorhält, um einen Marktzugang für „neue“ Antragsteller zu ermöglichen. 64Auch rechtfertigen derartige Nutzungsinteressen, die einer - auf Grundlage einer bereits erteilten befristeten bzw. widerruflichen Erlaubnis - ausgeübten Sondernutzung entgegenlaufen, nicht deren Widerruf sowie eine anschließende „Verteilung“ der Standorte etwa unter Zugrundelegung eines Ausgleichs- und Verteilungskonzepts. 65(3) Allerdings erweist sich die Entscheidung der Beklagten als ermessensfehlerhaft, soweit sie darauf abgestellt hat, dass für die im Sondernutzungskonzept vorgesehenen Standorte „F2.-------straße “ und „I. Straße“ bereits jeweils eine unbefristete widerrufliche Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung eines Altkleidersammelcontainers zugunsten des DRK erteilt worden sei und - ausgehend von der im Sondernutzungskonzept festgelegten maximalen Anzahl von Altkleidersammelcontainern für diese Standorte - deswegen keine weitere Erlaubnis an die Klägerin erteilt werden könne. 66Denn zur Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) steht nicht fest, ob und mit welchem Inhalt für die vorgenannten Standorte die von der Beklagten angeführten Sondernutzungserlaubnisse zugunsten des DRK erteilt worden sind. 67Soweit die Beklagte im gerichtlichen Verfahren vorträgt, dass die besagten Erlaubnisse mündlich erteilt worden seien und zwar hinsichtlich des Standorts „F2.-------straße “ in einem anlässlich eines Schreibens des DRK vom 5. Juli 2012 geführten Telefonat zwischen einem Mitarbeiter der Beklagten und dem DRK sowie hinsichtlich des Standorts „I. Straße“ in einem weiteren Telefonat, in dem eine Mitarbeiterin des DRK mündlich eine entsprechende Erlaubnis beantragt haben soll, ist zunächst mit Blick auf die auch für die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bestehende Formfreiheit (§ 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW) nichts dagegen zu erinnern, dass die Beklagte die entsprechenden Verwaltungsakte mündlich erlassen haben will, wenn auch eine schriftliche Erlaubniserteilung - wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt - regelmäßig vorzugswürdig sein dürfte. 68Allerdings muss auch eine mündlich erteilte Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung eines Altkleidersammelcontainers inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW) und zwar insbesondere sowohl hinsichtlich des konkreten Standorts im öffentlichen Straßenraum, auf den sich die Erlaubnis bezieht, als auch in Bezug auf die Dauer der erteilten Erlaubnis, also - ausgehend von § 18 Abs. 2 StrWG NRW - entweder auf einen konkreten Zeitraum befristet oder unbefristet aber auf Widerruf erteilt werden. 69Dies setzt voraus, dass der jeweilige Antragsteller die Behörde über Ort, zeitliche Dauer und Umfang seines beabsichtigten Vorhabens in Kenntnis setzt, damit die Behörde überhaupt prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vorliegen. 70Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Januar 2014 - 11 A 1986/13 -, juris, Rn. 7, sowie vom 5. August 2011 - 11 A 2136/10 -, juris, Rn. 12 ff. 71Ferner ist - ausgehend von dem Gebot der Aktenmäßigkeit der Verwaltung - die mündliche Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis in einer ihre inhaltliche Bestimmtheit wiederspiegelnden Weise, also insbesondere unter Angabe von Ort und Dauer, aktenkundig zu dokumentieren. 72Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält; dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. 73Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988- 1 B 153.87 -, NVwZ 1988, 621 = juris, Rn. 10, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1983 - 2 BvR 244/83, 2 BvR 310/83 -, NJW 1983, 2135 = juris, Rn. 2. 74Die Pflicht zur Aktenführung soll den Geschehensablauf wahrheitsgetreu und vollständig dokumentieren und dient damit in zweifacher Weise der Sicherung gesetzmäßigen Verwaltungshandelns. Die Dokumentation soll den Geschehensablauf so, wie er sich ereignet hat, in jeder Hinsicht nachprüfbar festhalten. Sie soll hierbei nicht lediglich den Interessen der Beteiligten oder der entscheidenden Behörde dienen, sondern auch die Grundlage für die kontinuierliche Wahrnehmung der Rechts- und Fachaufsicht und für die parlamentarische Kontrolle des Verwaltungshandelns bilden. Damit wirkt die Pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen Aktenführung zugleich auch präventiv insofern auf das Verwaltungshandeln ein, als sie die Motivation zu allseits rechtmäßigem Verwaltungshandeln stärkt und rechtswidriges Verwaltungshandeln erschwert. 75Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. März 1988- 1 B 153.87 -, NVwZ 1988, 621 = juris, Rn. 11. 76Auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG schließt ein, dass Verwaltungsvorgänge, welche die für das Verwaltungsverfahren und dessen Ergebnis maßgeblichen Sachverhalte und behördlichen Erwägungen dokumentieren, dem Gericht zur Verfügung stehen, soweit sie für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung und der geltend gemachten Rechtsverletzung von Bedeutung sein können. Denn zur Effektivität des Rechtsschutzes gegenüber der öffentlichen Gewalt gehört es u. a., dass das Gericht das Rechtsschutzbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüfen kann. Andernfalls wäre ihm die Gewährung eines umfassenden Rechtsschutzes unmöglich. Es müsste überall dort, wo keine anderen Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen, von den Darlegungen der Behörden ausgehen und könnte allenfalls prüfen, ob die Entscheidungen auf der Grundlage der als zutreffend zu unterstellenden Behauptungen rechtmäßig sind. 77Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999- 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 = juris, Rn. 65 ff. 78Ausgehend davon ist anhand der dem Senat vorgelegten Verwaltungsvorgänge weder nachvollziehbar, dass die von der Beklagten angeführten mündlichen Sondernutzungserlaubnisse zugunsten des DRK tatsächlich erteilt worden sind noch mit welchem Inhalt. 79Für den Standort „I. Straße“ behauptet die Beklagte schon nicht, dass die angebliche mündliche Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zugunsten des DRK aktenkundig geworden ist. 80Auch in Bezug auf den Standort „F2.-------straße “ ist der - von der Beklagten als Beleg angeführte - handschriftlich angebrachte Vermerk auf dem u. a. diesen Standort betreffenden Schreiben des DRK vom 5. Juli 2012 („tel. Rückmeldung an Frau [unleserlicher Name] gegeben -> caritative Sammlungen in städtischem Interesse! 19/07/12 [unleserliche Unterschrift]“) hinsichtlich der in Rede stehenden Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis unergiebig. Der Hinweis auf die Interessenlage der Stadt lässt jedenfalls keinen Rückschluss auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu. 81Dem von der Beklagten ferner in Bezug genommenen Schreiben vom 11. Juni 2014 an drei karitative Aufsteller von Altkleidersammelcontainern (u. a. das DRK), mit dem sie verschiedene weitere potentielle Standorte für Altkleidersammelcontainer im Stadtgebiet „angeboten“ und deren „Zuweisung“ zum 1. Januar 2015 „auf jederzeitigen Widerruf, also wie bisher“ in Aussicht gestellt hat, lässt sich ebenfalls nichts zu etwaigen zuvor erteilten Sondernutzungserlaubnissen betreffend die Standorte „I. Straße“ und „F2.-------straße “ entnehmen. 82Das in diesem Zusammenhang zudem angeführte Schreiben der Beklagten an das DRK vom 21. November 2014, mit dem sie darum gebeten hat, die für das DRK „vorgesehenen“ Standorte zu „bestücken“ sowie einen (von zwei vorhandenen) Containern vom Standort „X. , I. Straße“ „abzuziehen“, ist hinsichtlich der rechtlichen Grundlage für die Nutzung der öffentlichen Straße am Standort „I. Straße“ für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern durch das DRK unergiebig. Insbesondere ist dem Wortlaut des besagten Schreibens - anders als die Beklagte vertritt - nicht zu entnehmen, dass eine zuvor erteilte Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von zwei Altkleidersammelcontainern teilweise und zwar in Bezug auf einen Altkleidersammelcontainer widerrufen wird. 83Im Verhältnis zwischen der Beklagten als aktenführender Behörde und der Klägerin, der nicht aktenkundige Erlaubnisse eines „Mitbewerbers“ um den gleichen öffentlichen Straßengrund entgegengehalten werden, lässt sich der Inhalt dieser Erlaubnisse nach den oben dargestellten rechtsstaatlichen Grundsätzen auch nicht durch eine Einvernahme der Mitarbeiter der Beklagten und/oder des DRK zu dem vermeintlichen Inhalt der seinerzeit - vor über neun Jahren - geführten Telefongespräche ermitteln. 84Die daraus folgende Nichterweislichkeit der in der Sphäre der Beklagten liegenden Erlaubniserteilung, aus der diese im Verhältnis zur Klägerin eine ihr günstige Rechtsfolge ableiten will, geht zu ihren Lasten, mit der Konsequenz, dass sie ihrer Ermessensentscheidung eine unzutreffende Sachverhaltsannahme zu Grunde gelegt hat. 85C. Die einheitliche Kostenentscheidung zu den Kosten des Berufungsverfahrens sowie den gesamten Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtstreits, in die zur Vereinfachung und Klarstellung auch die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten im Übrigen einbezogen wird, beruht auf §§ 154 Abs. 2, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. 86Hinsichtlich des in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtstreits entspricht es der Billigkeit, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da diese durch die unzutreffende Angabe im streitgegenständlichen Bescheid, der Standort „C1. Straße“ liege auf einer öffentlichen Straße, insoweit das gerichtliche Verfahren verursacht hat. 87D. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO. 88Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | das verfahren wird eingestellt, soweit die beteiligten den rechtsstreit übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt haben. im übrigen wird die berufung zurückgewiesen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens beider rechtszüge. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten um die erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern. 3unter dem 19. april 1996 erteilte die beklagte der kolpingsfamilie c. die erlaubnis, an sechs näher bezeichneten altglascontainerstandorten (u. a. „c1. straße im stadtteil x. “) zusätzlich je einen sammelbehälter für altkleider aufzustellen. die erlaubnis könne jederzeit widerrufen werden. 4mit schreiben vom 5. juli 2012 übersandte der drk-kreisverband c. e. v. (im folgenden: drk) der beklagten unter dem betreff „das neue kreislaufwirtschaftsgesetz - anzeige/genehmigung von alttextilienstellplätzen in den städten und gemeinden des kreises c. und der bringsammlungen“ eine auflistung von containerstandorten in c. (u. a. „f. . x. “). im schreiben führte er u. a. aus, dass mit inkrafttreten des gesetzes nun alle sammlungen angezeigt und genehmigt werden müssten, dies sei beim kreis c. bereits geschehen. man gehe davon aus, dass sich der kreis mit der beklagten bezüglich der öffentlichen stellplätze in verbindung setze. die standorte der altkleiderbehälter seien zum teil schon vor langer zeit mit den zuständigen mitarbeitern der beklagten abgestimmt worden. es werde um unterstützung gebeten, indem u. a. die stellplätze für die sammelbehälter auch weiterhin genehmigt würden. auf dem schreiben wurde handschriftlich vermerkt: „tel. rückmeldung an frau [unleserlicher name] gegeben -> caritative sammlungen in städtischem interesse! 19/07/12 [unleserliche unterschrift]“. 5die beklagte übermittelte mit schreiben vom 11. juni 2014 den drei karitativen aufstellern von altkleidersammelcontainern im stadtgebiet (u. a. dem drk) anlässlich der einführung einer kommunalen sammlung zum 1. januar 2015 eine aufstellung zu den standorten der künftig aufgestellten kommunalen altkleidersammelcontainer. zugleich teilte sie mit, dass die aufstellung von altkleidersammelcontainern an jedem altglascontainerstandort angestrebt werde. für die verbliebenen - hier nicht streitgegenständlichen - zwölf standorte, die mit einem altkleidercontainer ausgerüstet werden könnten, unterbreite sie einen vorschlag zur aufteilung an die drei karitativen aufsteller. die „zuweisung“ erfolge zum 1. januar 2015 „auf jederzeitigen widerruf, also wie bisher“. 6mit schreiben vom 21. november 2014 bat die beklagte das drk wegen der am 17. und 18. dezember 2014 erfolgenden stadtweiten aufstellung kommunaler container, bis zu diesem termin die für das drk „vorgesehenen“ - hier nicht streitgegenständlichen - standorte zu „bestücken“ sowie einen container vom standort „x. , i. straße“ abzuziehen. 7mit schreiben vom 6. april 2018 beantragte die klägerin - ein unternehmen, das sich mit dem sammeln von altkleidern befasst - die erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern an drei standorten im gebiet der beklagten („i1. .“, „c2. .“ und „f1. .“), die sie in beigefügten lichtbildern markierte. unter dem im verwendeten vordruck jeweils vorgesehenen abschnitt „3. dauer der nutzung“ kreuzte sie die möglichkeit „jährlich bis auf widerruf (von - bis)“ an und trug in der daneben stehenden zeile den zeitraum 15. mai 2018 bis 14. mai 2019 ein. die container würden mindestens einmal pro woche geleert und jeglicher müll im umkreis von 2 m binnen 24 stunden fachgerecht entsorgt. da u. a. dem deutschen roten kreuz, den kolping werken und dem kreis c. egw standorte erlaubt worden seien, begehre sie nach dem gleichbehandlungsgrundsatz gleichgestellt zu werden. 8der umwelt- und planungsausschuss der beklagten beschloss in der sitzung vom 4. juli 2018 ein „sondernutzungskonzept für textilcontainer (stand: 06.06.2018)“ (im folgenden: sondernutzungskonzept - sns). ausgehend von den mit dem sondernutzungskonzept verfolgten zielen (§ 1) gibt dieses kriterien hinsichtlich der standortwahl für die aufstellung von textilcontainern auf öffentlichen verkehrsflächen im stadtgebiet der beklagten vor (§ 2) und legt konkrete standorte sowie die dort jeweils aufzustellende anzahl von textilcontainern fest (§§ 3, 4 i. v. m. dem anliegenden verzeichnis). zu den im verzeichnis aufgeführten standorten, die im zeitpunkt der beschlussfassung jeweils bereits mit der vorgesehenen anzahl an textilcontainern von im verzeichnis konkret benannten aufstellern besetzt waren, gehören u. a. „c1. straße, parkplatz“ - altkleidersammelcontainer kolping, „f2.-------straße , ehem. bauhof“ - altkleidersammelcontainer drk sowie „i. straße, g. “ - altkleidersammelcontainer drk und kommunal. 9mit bescheid vom 9. juli 2018 lehnte die beklagte den antrag der klägerin ab. zur begründung führte sie im wesentlichen aus: grundlage der entscheidung und der zugrundeliegenden ermessensausübung sei das in der sitzung des umwelt- und planungsausschusses am 4. juli 2018 verabschiedete „sondernutzungskonzept für textilcontainer“. für die beantragten standorte seien bereits dritten mit wirkung vom 1. januar 2015 unbefristete sondernutzungserlaubnisse erteilt worden. deswegen bedürfte es eines widerrufs der erteilten erlaubnisse. darauf bestehe kein subjektives recht. § 18 abs. 1 strwg nrw vermittele keinen drittschutz. im rahmen des ihr zustehenden ermessens könne sie einen solchen widerruf auch nicht verfügen, da das vertrauen der erlaubnisinhaber höher wiege als das interesse der klägerin. die beiden standorte f2.-------straße und i. straße seien zur aufnahme der glas- und textilcontainer in der vorhandenen größe ausreichend. eine erweiterung zur aufnahme der container der klägerin mit den damit verbundenen kosten sei nicht angezeigt. gleiches gelte für den standort c1. straße. dort spreche überdies die inanspruchnahme eines weiteren öffentlichen parkplatzes dagegen. 10am 6. august 2018 hat die klägerin klage erhoben. zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: sie habe unter dem gesichtspunkt der wiederholungsgefahr ein berechtigtes interesse an der feststellung der rechtswidrigkeit des angefochtenen bescheids. sie müsse auch in zukunft damit rechnen, dass die beklagte die erteilung von sondernutzungserlaubnissen mit gleichlautender begründung ablehnen werde. der bescheid sei ermessensfehlerhaft. aus den verwaltungsvorgängen der beklagten ergebe sich, dass die ablehnung des antrags gegen art. 3 abs. 1 gg verstoße. die beklagte habe mit wirkung vom 1. januar 2015 dem kreis c. sowie drei karitativen trägern unbefristete sondernutzungserlaubnisse erteilt. ausschließlich diese erhielten sondernutzungserlaubnisse. gewerbliche anbieter - wie sie - seien faktisch von der möglichkeit ausgeschlossen, eine sondernutzungserlaubnis zu erhalten. dafür gebe es keine sachliche rechtfertigung. im rahmen eines „verteilungsermessens“ müsse eine solche möglichkeit bestehen, da andernfalls ein verstoß gegen den gleichbehandlungsgrundsatz vorliege. es sei nicht dargelegt, dass die stadt- ausgehend von der berechnung im sondernutzungskonzept - hinreichend mit textilcontainern versorgt sei. in ausnahmefällen sei das aufstellen von zwei textilcontainern zulässig. den vorgelegten lichtbildern lasse sich entnehmen, dass eine bauliche erweiterung an den standorten möglich sei. ausgehend von der konkreten verkehrssituation sei eine beeinträchtigung der sicherheit und leichtigkeit des straßenverkehrs neben den glascontainern nicht ersichtlich. 11die klägerin hat beantragt, 12festzustellen, dass der bescheid der beklagten vom 9. juli 2018 rechtswidrig und die beklagte verpflichtet gewesen ist, die anträge unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden 13die beklagte hat beantragt, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung ihres klageabweisungsantrags hat sie in ergänzung des angefochtenen bescheids im wesentlichen ausgeführt: die versagung der sondernutzungserlaubnis für die beantragten standorte sei ermessensfehlerfrei erfolgt. dem grundsatz der gleichbehandlung komme in den drei beantragten fällen keine relevanz zu. in der rechtsprechung sei geklärt, dass es nicht ermessensfehlerhaft sei, einen antrag auf erteilung einer sondernutzungserlaubnis mit der begründung abzulehnen, dass für die beantragte fläche bereits einem dritten eine sondernutzungserlaubnis erteilt worden sei. für dieselbe öffentliche fläche könne nur eine sondernutzungserlaubnis vergeben werden. die standorte „f2.-------straße “ und „i. straße“ seien bereits belegt. für beide standorte sei dem drk eine unbefristete sondernutzungserlaubnis auf widerruf mündlich erteilt worden. das aufstellen eines weiteren containers auf den jeweils zur aufstellung vorgesehenen gepflasterten flächen sei tatsächlich unmöglich. bei dem standort „c1. straße“, für den bereits der kolpingsfamilie c. unter dem 19. april 1996 eine sondernutzungserlaubnis auf widerruf erteilt worden sei, handele es sich um eine öffentliche stellplatzanlage, auf der zwei parkplätze der entsorgungsstation vorbehalten seien. diese beschränkung diene der sicherheit und leichtigkeit des verkehrs sowie dazu, den parkraumbedarf im zentrum des stadtteils x. sicherzustellen. eine weitere inanspruchnahme von stellplätzen sei nicht angezeigt. dies finde auch niederschlag in den ziffern 2.2 und 2.3 des „sondernutzungskonzepts für textilcontainer“. 16das verwaltungsgericht hat durch urteil vom 25. juni 2020 festgestellt, dass der bescheid der beklagten vom 9. juli 2018 in bezug auf die ablehnung der anträge auf erteilung einer sondernutzungserlaubnis zur aufstellung je eines altkleiderbehälters an den standorten „i. straße“, „c1. straße“ und „f2.-------straße “ rechtswidrig und die beklagte verpflichtet gewesen sei, die anträge unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass der angefochtene bescheid ermessensfehlerhaft sei, weil er maßgeblich auf das vom rat der beklagten beschlossene „sondernutzungskonzept für textilcontainer“ vom 4. juli 2018 gestützt sei, dessen - in § 1 des sondernutzungskonzepts genannte - ziele vorgeschoben seien. aus der dem konzept zugrunde liegenden vorlage nr. v 2018/159 gehe eindeutig hervor, dass die beklagte zu keinem zeitpunkt straßenrechtliche erwägungen angestellt habe, sondern allein den bestehenden zustand habe festschreiben wollen, um die zulassung gewerblicher sammler zu vermeiden. die ermessensausübung erweise sich als fehlerhaft, weil - nach den angaben eines vertreters der beklagten in der mündlichen verhandlung - gewerbliche sammler von vornherein keine chance auf erteilung einer sondernutzungserlaubnis zur aufstellung eines textilcontainers an den in dem sondernutzungskonzept genannten standorten hätten. dass die klägerin kein subjektives recht auf widerruf einer einem dritten erteilten sondernutzungserlaubnis habe, ändere daran nichts. denn mit einem sondernutzungskonzept, das ausschließlich standorte aufnehme, für die bereits unbefristete sondernutzungserlaubnisse erteilt worden seien, hätten dritte zu keinem zeitpunkt die möglichkeit, hinsichtlich der aufstellung eines textilcontainers zum zuge zu kommen. eine mit straßenbezogenen erwägungen sachlich gerechtfertigte ungleichbehandlung anderer - insbesondere gewerblicher - sammler liege jedenfalls nicht vor. der bloße verweis auf das vertrauen des erlaubnisinhabers werde einer an straßenbezogenen kriterien zu orientierenden ermessensausübung nicht gerecht. im übrigen schließe § 4 des sondernutzungskonzepts ausdrücklich die erteilung von sondernutzungserlaubnissen an anderen als den im sondernutzungskonzept genannten standorten aus, sodass - entgegen den ausführungen des vertreters der beklagten in der mündlichen verhandlung - nicht nachvollziehbar sei, weswegen die beklagte von einem „dynamischen konzept“ ausgehe, das eine erweiterung stets erlaube. 17ihre vom senat zugelassene berufung begründet die beklagte unter wiederholung und vertiefung ihres erstinstanzlichen vorbringens wie folgt: bei ihrer entscheidung über den sondernutzungsantrag habe sie nach maßgabe ihres sondernutzungskonzepts ermessensfehlerfrei darauf abgestellt, dass die antragsgegenständlichen drei containerstandorte, die sich jeweils auf flächen bestehender entsorgungsstationen im sinne des sondernutzungskonzepts befänden, jeweils schon mit einem durch eine widerrufliche sondernutzungserlaubnis straßenrechtlich zugelassenen alttextilcontainer belegt und damit grundsätzlich auch im sinne des sondernutzungskonzepts ausgelastet gewesen seien. ergänzend habe sie- ebenfalls im einklang mit ihrem sondernutzungskonzept - in ihr ermessen eingestellt, dass gegen die aufstellung zusätzlicher alttextilcontainer an den betreffenden entsorgungsstationen spreche, dass es aufgrund der bestehenden auslastung der standorte jeweils schon tatsächlich unmöglich gewesen sei, dort einen weiteren abfallcontainer aufzustellen. hierfür hätte es einer räumlichen erweiterung bedurft, für die nichts ersichtlich gewesen sei, zumal die damit verbundenen kosten nicht angezeigt gewesen seien und an einem der standorte eine- die sicherheit und leichtigkeit des verkehrs beeinträchtigende und der sicherstellung des parkraumbedarfs im zentrum des stadtteils c. -x. entgegenstehende - inanspruchnahme einer ganzen weiteren parkplatzfläche erforderlich gewesen wäre. aus dem strwg nrw folge kein rechtsanspruch für hinzutretende nutzungsinteressenten, die erstmalig alttextilcontainer in einer bestimmten kommune aufstellen wollten, dabei auch tatsächlich „zum zuge zu kommen“. erst recht bestehe ein solcher anspruch nicht hinsichtlich bereits belegter standorte. ein subjektives recht auf den widerruf von zugunsten dritter erteilter sondernutzungserlaubnisse bestehe nicht. 18das sondernutzungskonzept sei mit den grundsätzen für eine behördliche ermessensausübung bei der bescheidung von anträgen auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern vereinbar. es solle aus straßenrechtlichen gründen der nicht gewünschten künftigen inanspruchnahme weiterer öffentlicher verkehrsflächen durch alttextilcontainer abseits der entsorgungsstationen begegnen. ausgehend von dem grundsatz der wettbewerbsneutralität des straßenrechts und der grundsätzlichen anwendbarkeit des prioritätsprinzips bei straßenrechtlichen entscheidungen sei es - auch unter dem gesichtspunkt eines verteilungsermessens - nicht erforderlich, in einem den „status quo“ festschreibenden sondernutzungskonzept zusätzliche, unter straßenrechtlichen erwägungen unerwünschte standorte zu berücksichtigen, um eine vermeintliche schlechterstellung später hinzutretender interessenten zu vermeiden. eine verletzung des gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß art. 3 abs. 1 gg sei insgesamt nicht ersichtlich. die in § 1 des sondernutzungskonzepts genannten ziele, die auf straßenrechtlichen erwägungen beruhten, seien nicht vorgeschoben. gegenteiliges sei weder aus der vorlage nr. v 2018/159 abzuleiten, noch durch die aussage ihres verwaltungsmitarbeiters im rahmen der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht belegt. dieser sei kein „sprachrohr“ des planungsausschusses und habe lediglich sein verständnis des sondernutzungskonzepts sowie dessen bedeutung für sondernutzungsanträge erläutert. 19eine widmungsverfügung hinsichtlich des parkplatzes, auf dem sich der beantragte standort „c1. straße“ befinde, habe sie ihren verwaltungsvorgängen nicht entnehmen können. sie gehe daher davon aus, dass eine solche nicht existiere. auch unter berücksichtigung dieses aspekts sei die ablehnung des antrags der klägerin insoweit damit zu recht erfolgt. 20die beteiligten haben den rechtsstreit in der mündlichen verhandlung vor dem senat übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt, soweit sich die klage auf den standort „c1. straße“ bezogen hat. 21die beklagte beantragt daraufhin, 22das angefochtene urteil - soweit es nicht wirkungslos ist - zu ändern und die klage abzuweisen. 23die klägerin beantragt, 24die berufung zurückzuweisen. 25zur begründung trägt sie in ergänzung ihres erstinstanzlichen vorbringens vor: offensichtlich sei im nachgang zu dem antrag der klägerin - und ggf. weiterer bewerber - ein sondernutzungskonzept erstellt worden, um ihren antrag negativ bescheiden zu können. das konzept verfolge das ziel, den sog. ist-zustand einzufrieren. gewerbliche sammler sollten schlichtweg keinen platz erhalten. straßenbezogene gründe dafür seien nicht ersichtlich. der in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht anwesende mitarbeiter der beklagten, der zudem das sondernutzungskonzept verfasst und in der ausschusssitzung vorgestellt habe, sei befugt und auch in der lage gewesen, die ermessensausübung im termin konkret zu erläutern. er habe ausdrücklich erklärt, dass die klägerin keine chance gehabt habe, einen der in der anlage zum sondernutzungskonzept aufgeführten standorte zu erhalten, da diese belegt gewesen seien. soweit der mitarbeiter der beklagten auf die möglichkeit der überprüfung der eröffnung weiterer versorgungsstationen verwiesen habe, sei eine solche nach dem sondernutzungskonzept von der einwohnerzahl abhängig. das sondernutzungskonzept verweise ausdrücklich darauf, dass die erteilung von sondernutzungserlaubnissen für das aufstellen von textilcontainern außerhalb der im verzeichnis aufgeführten standorte ausgeschlossen sei. 26wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte und den beigezogenen verwaltungsvorgang der beklagten bezug genommen. 27 | 28a. soweit die beteiligten den rechtsstreit hinsichtlich des standorts „c1. straße“ übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das verfahren in entsprechender anwendung des § 92 abs. 3 satz 1 i. v. m. § 125 abs. 1 satz 1 vwgo einzustellen. das urteil des verwaltungsgerichts ist insoweit wirkungslos (§ 173 satz 1 vwgo i. v. m. § 269 abs. 3 satz 1 zpo). 29b. im übrigen hat die berufung der beklagten keinen erfolg. die zulässige klage ist auch begründet. 30i. die fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft und auch im übrigen zulässig. 311. die fortsetzungsfeststellungsklage ist analog § 113 abs. 1 satz 4 vwgo statthaft. danach kann das gericht die rechtswidrigkeit eines verwaltungsakts aussprechen, wenn sich der verwaltungsakt nach klageerhebung erledigt und der kläger ein berechtigtes interesse an dieser feststellung hat. 32nach der ständigen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist die vorschrift entsprechend anwendbar, wenn eine zulässige verpflichtungsklage- auch in gestalt einer bescheidungsklage - unzulässig geworden ist, weil sich das mit ihr verfolgte begehren erledigt hat. 33vgl. bverwg, urteil vom 29. märz 2017 - 6 c 1.16 -, bverwge 158, 301 ff. = juris, rn. 28, m. w. n. 34das mit der klage verfolgte begehren der klägerin auf neubescheidung ihres unter dem 6. april 2018 gestellten antrags auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern an den standorten „i. straße“ und „f2.-------straße “ im zeitraum vom 15. mai 2018 bis zum 14. mai 2019 hat sich nach klageerhebung durch zeitablauf erledigt. 352. die klägerin hat auch ein berechtigtes interesse an der feststellung, dass die beklagte verpflichtet gewesen ist, ihren antrag vom 6. april 2018 auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern an den standorten „i. straße“ und „f2.-------straße “ neu zu bescheiden. 36ein solches interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller natur sein. entscheidend ist, dass die gerichtliche entscheidung geeignet ist, die position der klägerin in den genannten bereichen zu verbessern. als sachentscheidungsvoraussetzung muss das fortsetzungsfeststellungsinteresse im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung vorliegen. 37vgl. bverwg, urteil vom 16. mai 2013- 8 c 14.12 -, buchholz 11 art. 12 gg nr. 284 = juris, rn. 20. 38es ist typischerweise in den anerkannten fallgruppen der wiederholungsgefahr, des rehabilitationsinteresses sowie der absicht zum führen eines schadensersatzprozesses gegeben, kann aber auch aus anderen besonderen umständen des einzelfalls hergeleitet werden, sofern die gerichtliche entscheidung geeignet ist, die klägerische position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller hinsicht zu verbessern. 39vgl. etwa bverwg, beschluss vom 25. juni 2019 - 6 b 154.18, 6 pkh 8.18 -, juris, rn. 5, m. w. n. zur st. rspr. des bverwg. 40ausgehend davon ist hier eine wiederholungsgefahr anzunehmen. es ist auch zukünftig damit zu rechnen, dass die klägerin die erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern im stadtgebiet der beklagten beantragen und die beklagte ihren antrag mit gleichlautender begründung ablehnen wird. 41ii. die fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. 42der klägerin hat ein anspruch auf neubescheidung ihres unter dem 6. april 2018 gestellten antrags auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen für die aufstellung von altkleidersammelcontainern an den standorten „i. straße“, und „f2.-------straße “ im zeitpunkt unmittelbar vor dem eintritt der erledigung zugestanden (analog § 113 abs. 1 satz 4 vwgo). 43rechtsgrundlage für die erteilung von sondernutzungserlaubnissen ist § 18 abs. 1 satz 2 strwg nrw. danach bedarf die benutzung öffentlicher straßen über den gemeingebrauch hinaus (sondernutzung) der erlaubnis der straßenbaubehörde. die sondernutzungserlaubnis wird auf grund einer ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 abs. 2 strwg nrw). 441. die von der klägerin beantragte aufstellung von altkleidersammelcontainern an den standorten „i. straße“ und „f2.-------straße “, die - dies ist zwischen den beteiligten nicht streitig - im öffentlichen straßenraum liegen, stellt eine sondernutzung dar. 45vgl. hierzu ovg nrw, urteil vom 8. dezember 2017 - 11 a 566/13 -, juris, rn. 38 f., m. w. n. 462. die ablehnung des antrags der klägerin durch bescheid vom 9. juli 2018 erweist sich als ermessensfehlerhaft. 47a. das der behörde nach § 18 abs. 2 strwg nrw eingeräumte ermessen ist entsprechend dem zweck der vorschrift unter einhaltung der gesetzlichen grenzen, insbesondere des gebots der gleichbehandlung (art. 3 abs. 1 gg), auszuüben (§ 40 vwvfg nrw). die gerichtliche kontrolle der ermessensentscheidung beschränkt sich auf die einhaltung dieses rechtlichen rahmens (§ 114 satz 1 vwgo). dabei sind im verwaltungsgerichtlichen verfahren zulässig nachgeschobene ermessenserwägungen im sinne von § 114 satz 2 vwgo vom gericht zu berücksichtigen. 48eine ordnungsgemäße ermessensausübung setzt zunächst voraus, dass der der entscheidung zugrundeliegende sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird und alle wesentlichen umstände berücksichtigt werden. für die rechtmäßigkeit einer ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere gründe gestützten ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem ermessen der behörde nur alle gründe zusammen die entscheidung rechtfertigen sollen. 49vgl. hierzu ovg nrw, urteile vom 28. mai 2021 - 11 a 390/19 -, nwvbl. 2021, 434 = juris, rn. 56, und vom 7. april 2017 - 11 a 2068/14 -, nvwz-rr 2017, 855 = juris, rn. 48 ff., m. w. n. 50entsprechend dem zweck des § 18 abs. 2 strwg nrw hat sich die behördliche ermessensausübung an gründen zu orientieren, die einen sachlichen bezug zur straße haben. zu diesen gründen können insbesondere zählen ein einwandfreier straßenzustand (schutz des straßengrunds und des zubehörs), die sicherheit und leichtigkeit des verkehrs, der ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger interessen verschiedener straßenbenutzer und straßenanlieger (etwa schutz vor abgasen, lärm oder sonstigen störungen) oder belange des straßen- und stadtbilds, d. h. baugestalterische oder städtebauliche vorstellungen mit bezug zur straße (vermeidung einer „übermöblierung“ des öffentlichen straßenraums, schutz eines bestimmten straßen- oder platzbilds und ähnliches). 51vgl. ovg nrw, urteil vom 28. mai 2021- 11 a 390/19 -, nwvbl. 2021, 434 = juris, rn. 58, und beschlüsse vom 2. august 2006‑ 11 a 2642/04 -, nwvbl. 2007, 64 = juris, rn. 21, und vom 1. juli 2014 - 11 a 1081/12 -, nvwz-rr 2014, 710 = juris, rn. 8 ff., m. w. n. 52ob die sondernutzung durch einen altkleidersammelcontainer eines gemeinnützigen oder gewerblichen aufstellers geschieht, ist straßenrechtlich ohne belang. das sondernutzungsrecht ist im grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral. straßenrechtlich zu beanstanden sind etwa rein subjektive oder geschäftsbezogene merkmale. so fehlt auch dem im marktrecht entwickelten grundsatz „bekannt und bewährt“ der straßenrechtliche bezug. die zuverlässigkeit ist grundsätzlich ebenfalls ein subjektives merkmal, das einen straßenrechtlichen bezug nicht aufweist. etwas anderes kann im einzelfall ausnahmsweise dann gelten, wenn die behörde die ablehnung der erteilung einer sondernutzungserlaubnis etwa auf den straßenbezogenen gesichtspunkt stützt, die sicherheit des straßenverkehrs sei im falle der erteilung der erlaubnis an den betreffenden antragsteller mit blick auf dessen verhalten nicht gewährleistet. allerdings ist eine berufung darauf in der regel nur dann gerechtfertigt, wenn konkrete anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der betreffende antragsteller sich nicht an etwaige mit der sondernutzungserlaubnis verbundene auflagen oder bedingungen halten wird. 53vgl. hierzu ovg nrw, urteile vom 28. mai 2021 - 11 a 390/19 - , nwvbl. 2021, 434 = juris; rn. 60, und vom 7. april 2017 - 11 a 2068/14 -, nvwz-rr 2017, 855 = juris, rn. 56 ff., m. w. n. 54grundsätzlich ist es nicht ermessensfehlerhaft, anträge auf erteilung von sondernutzungserlaubnissen mit der begründung abzulehnen, für die beantragte fläche sei bereits einem dritten eine sondernutzungserlaubnis erteilt worden. für dieselbe öffentliche straßenfläche kann nur eine sondernutzungserlaubnis vergeben werden. nach § 18 abs. 2 satz 1 strwg nrw darf diese erlaubnis nur auf zeit oder widerruf erteilt werden. ist der zeitraum, für den die sondernutzungserlaubnis an einen dritten erteilt worden ist, noch nicht abgelaufen, ist es in aller regel ermessensfehlerfrei, den antrag mit blick auf diesen umstand abzulehnen. ist für die beantragte fläche bereits eine unbefristete erlaubnis erteilt, bedürfte es eines widerrufs der dem dritten erteilten erlaubnis. ein subjektives recht darauf, dass die einem dritten erteilte sondernutzungserlaubnis widerrufen wird, besteht aber grundsätzlich nicht. denn § 18 abs. 1 strwg nrw vermittelt nach der rechtsprechung des senats keinen drittschutz. 55vgl. ovg nrw, urteile vom 28. märz 2019 - 11 a 1166/16 -, juris, rn. 47, und vom 7. april 2017- 11 a 2068/14 -, nvwz-rr 2017, 855 = juris, rn. 62, m. w. n. 56da schutzzweck der erlaubnis für die sondernutzung an straßengelände auch das öffentlich-rechtliche bedürfnis sein kann, zeitlich und örtlich gegenläufige interessen verschiedener straßenbenutzer (verteilungs- und ausgleichsfunktion) auszugleichen, kann im rahmen der erteilung von sondernutzungserlaubnissen beim zusammentreffen solcher gegenläufiger interessen verschiedener straßenbenutzer bezogen auf dieselbe straßenfläche auch ein entsprechender interessensausgleich erforderlich werden. 57vgl. bverwg, beschlüsse vom 12. august 1980 ‑ 7 b 155.79 -, njw 1981, 472 = juris, rn. 4, und vom 20. april 2010 - 3 b 80.09 -, juris, rn. 7 f. 58b. die kommune darf ihr ermessen zur bewirkung einer gleichmäßigen handhabung durch die straßenbaubehörde auch generell ausüben, etwa durch den erlass ermessenslenkender verwaltungsvorschriften (ermessensrichtlinien). hierdurch bewirkt sie eine selbstbindung, die im grundsatz von der gesetzlichen ermessensermächtigung zugelassen wird. die durch eine verwaltungsvorschrift bewirkte ermessensbindung der behörde geht aber nicht so weit, dass wesentlichen besonderheiten des einzelfalls nicht mehr rechnung getragen werden könnte. in atypischen fällen, in denen die generelle ermessensausübung die individuellen besonderheiten des konkreten einzelfalls nicht (hinreichend) berücksichtigt, ist der behörde ein abweichen von den ermessenslenkenden vorschriften möglich. 59vgl. ovg nrw, urteile vom 28. mai 2021- 11 a 390/19 -, nwvbl. 2021, 434 = juris, rn. 62, und vom 13. mai 2019 - 11 a 2057/17 -, dvbl. 2019, 1217 ff. = juris, rn. 39, m. w. n. 60c. nach maßgabe dieser grundsätze ist die von der beklagten in dem bescheid vom 9. juli 2018 vorgenommene ermessensausübung in bezug auf die noch streitgegenständlichen standorte fehlerhaft. 61(1) zunächst ist nichts dagegen zu erinnern, dass die beklagte in ihrem der angegriffenen ermessensentscheidung zugrunde liegenden sondernutzungskonzept die standorte für altkleidersammelcontainer im stadtgebiet sowie die dort jeweils aufzustellende anzahl von altkleidersammelcontainern festgelegt hat. die festlegung beruht auf nachvollziehbaren gründen. die in § 2 sns aufgeführten kriterien für die standortwahl („einwandfreier straßenzustand, sicherheit und leichtigkeit des verkehrs, ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger interessen verschiedener straßenbenutzer und straßenanlieger, belange des straßen- und stadtbildes sowie vermeidung der übermöblierung des öffentlichen straßenraums“) sowie die an diesen kriterien anknüpfenden maßgaben, dass die aufstellung von textilcontainern „nur im rahmen einer entsorgungsstation (= kombination von glas- und textilcontainern) zulässig“ sei und jeder standort einen oder ausnahmsweise zwei container aufnehmen soll (§ 3 sätze 1 und 3 sns), lassen einen hinreichenden bezug zur straße erkennen. 62es ist nichts dafür ersichtlich, dass bei der festlegung der standorte und der anzahl von altkleidersammelcontainern durch den umwelt- und planungsausschuss der beklagten andere als die im sondernutzungskonzept festgehaltenen kriterien ausschlaggebend bzw. die angeführten kriterien lediglich „vorgeschoben“ gewesen sein könnten. insbesondere lassen weder die angaben eines mitarbeiters der beklagten in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht noch die von diesem mitarbeiter formulierten erläuterungen in der für die beratung des umwelt- und planungsausschusses der beklagten erstellten vorlage nr. v 2018/159 einen rückschluss auf - vom inhalt des sondernutzungskonzepts abweichende - erwägungen des ausschusses bei der beschlussfassung zu. 63(2) ferner begegnet es keinen rechtlichen bedenken, wenn eine auf - nicht zu beanstandenden - straßenrechtlichen erwägungen beruhende festlegung von standorten für altkleidersammelcontainer in einem sondernutzungskonzept nur solche standorte umfasst, für die zu diesem zeitpunkt bereits eine entsprechende sondernutzungserlaubnis erteilt worden ist. ausgehend von der wettbewerbsneutralität des straßenrechts ist es nicht erforderlich, dass ein sondernutzungskonzept freie standorte vorhält, um einen marktzugang für „neue“ antragsteller zu ermöglichen. 64auch rechtfertigen derartige nutzungsinteressen, die einer - auf grundlage einer bereits erteilten befristeten bzw. widerruflichen erlaubnis - ausgeübten sondernutzung entgegenlaufen, nicht deren widerruf sowie eine anschließende „verteilung“ der standorte etwa unter zugrundelegung eines ausgleichs- und verteilungskonzepts. 65(3) allerdings erweist sich die entscheidung der beklagten als ermessensfehlerhaft, soweit sie darauf abgestellt hat, dass für die im sondernutzungskonzept vorgesehenen standorte „f2.-------straße “ und „i. straße“ bereits jeweils eine unbefristete widerrufliche sondernutzungserlaubnis für die aufstellung eines altkleidersammelcontainers zugunsten des drk erteilt worden sei und - ausgehend von der im sondernutzungskonzept festgelegten maximalen anzahl von altkleidersammelcontainern für diese standorte - deswegen keine weitere erlaubnis an die klägerin erteilt werden könne. 66denn zur überzeugung des senats (§ 108 abs. 1 vwgo) steht nicht fest, ob und mit welchem inhalt für die vorgenannten standorte die von der beklagten angeführten sondernutzungserlaubnisse zugunsten des drk erteilt worden sind. 67soweit die beklagte im gerichtlichen verfahren vorträgt, dass die besagten erlaubnisse mündlich erteilt worden seien und zwar hinsichtlich des standorts „f2.-------straße “ in einem anlässlich eines schreibens des drk vom 5. juli 2012 geführten telefonat zwischen einem mitarbeiter der beklagten und dem drk sowie hinsichtlich des standorts „i. straße“ in einem weiteren telefonat, in dem eine mitarbeiterin des drk mündlich eine entsprechende erlaubnis beantragt haben soll, ist zunächst mit blick auf die auch für die erteilung einer straßenrechtlichen sondernutzungserlaubnis bestehende formfreiheit (§ 37 abs. 2 satz 1 vwvfg nrw) nichts dagegen zu erinnern, dass die beklagte die entsprechenden verwaltungsakte mündlich erlassen haben will, wenn auch eine schriftliche erlaubniserteilung - wie sich aus den nachfolgenden erwägungen ergibt - regelmäßig vorzugswürdig sein dürfte. 68allerdings muss auch eine mündlich erteilte sondernutzungserlaubnis für die aufstellung eines altkleidersammelcontainers inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 37 abs. 1 vwvfg nrw) und zwar insbesondere sowohl hinsichtlich des konkreten standorts im öffentlichen straßenraum, auf den sich die erlaubnis bezieht, als auch in bezug auf die dauer der erteilten erlaubnis, also - ausgehend von § 18 abs. 2 strwg nrw - entweder auf einen konkreten zeitraum befristet oder unbefristet aber auf widerruf erteilt werden. 69dies setzt voraus, dass der jeweilige antragsteller die behörde über ort, zeitliche dauer und umfang seines beabsichtigten vorhabens in kenntnis setzt, damit die behörde überhaupt prüfen kann, ob die voraussetzungen für die erteilung einer sondernutzungserlaubnis vorliegen. 70vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 27. januar 2014 - 11 a 1986/13 -, juris, rn. 7, sowie vom 5. august 2011 - 11 a 2136/10 -, juris, rn. 12 ff. 71ferner ist - ausgehend von dem gebot der aktenmäßigkeit der verwaltung - die mündliche erteilung einer sondernutzungserlaubnis in einer ihre inhaltliche bestimmtheit wiederspiegelnden weise, also insbesondere unter angabe von ort und dauer, aktenkundig zu dokumentieren. 72die den behörden nach dem grundgesetz obliegende vollziehung der gesetze ist nicht ohne eine dokumentation der einzelnen verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene geschehen sowie mögliche erkenntnisquellen für das künftig in frage kommende behördliche handeln enthält; dies macht die führung von akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen ausspruchs im gesetz bedürfte. 73vgl. bverwg, beschluss vom 16. märz 1988- 1 b 153.87 -, nvwz 1988, 621 = juris, rn. 10, unter hinweis auf bverfg, beschluss vom 6. juni 1983 - 2 bvr 244/83, 2 bvr 310/83 -, njw 1983, 2135 = juris, rn. 2. 74die pflicht zur aktenführung soll den geschehensablauf wahrheitsgetreu und vollständig dokumentieren und dient damit in zweifacher weise der sicherung gesetzmäßigen verwaltungshandelns. die dokumentation soll den geschehensablauf so, wie er sich ereignet hat, in jeder hinsicht nachprüfbar festhalten. sie soll hierbei nicht lediglich den interessen der beteiligten oder der entscheidenden behörde dienen, sondern auch die grundlage für die kontinuierliche wahrnehmung der rechts- und fachaufsicht und für die parlamentarische kontrolle des verwaltungshandelns bilden. damit wirkt die pflicht zur wahrheitsgetreuen und vollständigen aktenführung zugleich auch präventiv insofern auf das verwaltungshandeln ein, als sie die motivation zu allseits rechtmäßigem verwaltungshandeln stärkt und rechtswidriges verwaltungshandeln erschwert. 75vgl. bverwg, beschluss vom 16. märz 1988- 1 b 153.87 -, nvwz 1988, 621 = juris, rn. 11. 76auch die rechtsschutzgarantie des art. 19 abs. 4 gg schließt ein, dass verwaltungsvorgänge, welche die für das verwaltungsverfahren und dessen ergebnis maßgeblichen sachverhalte und behördlichen erwägungen dokumentieren, dem gericht zur verfügung stehen, soweit sie für die beurteilung der rechtmäßigkeit der behördlichen entscheidung und der geltend gemachten rechtsverletzung von bedeutung sein können. denn zur effektivität des rechtsschutzes gegenüber der öffentlichen gewalt gehört es u. a., dass das gericht das rechtsschutzbegehren in tatsächlicher und rechtlicher hinsicht prüfen kann. andernfalls wäre ihm die gewährung eines umfassenden rechtsschutzes unmöglich. es müsste überall dort, wo keine anderen erkenntnisquellen zur verfügung stehen, von den darlegungen der behörden ausgehen und könnte allenfalls prüfen, ob die entscheidungen auf der grundlage der als zutreffend zu unterstellenden behauptungen rechtmäßig sind. 77vgl. bverfg, beschluss vom 27. oktober 1999- 1 bvr 385/90 -, bverfge 101, 106 = juris, rn. 65 ff. 78ausgehend davon ist anhand der dem senat vorgelegten verwaltungsvorgänge weder nachvollziehbar, dass die von der beklagten angeführten mündlichen sondernutzungserlaubnisse zugunsten des drk tatsächlich erteilt worden sind noch mit welchem inhalt. 79für den standort „i. straße“ behauptet die beklagte schon nicht, dass die angebliche mündliche erteilung einer sondernutzungserlaubnis zugunsten des drk aktenkundig geworden ist. 80auch in bezug auf den standort „f2.-------straße “ ist der - von der beklagten als beleg angeführte - handschriftlich angebrachte vermerk auf dem u. a. diesen standort betreffenden schreiben des drk vom 5. juli 2012 („tel. rückmeldung an frau [unleserlicher name] gegeben -> caritative sammlungen in städtischem interesse! 19/07/12 [unleserliche unterschrift]“) hinsichtlich der in rede stehenden erteilung einer straßenrechtlichen sondernutzungserlaubnis unergiebig. der hinweis auf die interessenlage der stadt lässt jedenfalls keinen rückschluss auf die erteilung einer sondernutzungserlaubnis zu. 81dem von der beklagten ferner in bezug genommenen schreiben vom 11. juni 2014 an drei karitative aufsteller von altkleidersammelcontainern (u. a. das drk), mit dem sie verschiedene weitere potentielle standorte für altkleidersammelcontainer im stadtgebiet „angeboten“ und deren „zuweisung“ zum 1. januar 2015 „auf jederzeitigen widerruf, also wie bisher“ in aussicht gestellt hat, lässt sich ebenfalls nichts zu etwaigen zuvor erteilten sondernutzungserlaubnissen betreffend die standorte „i. straße“ und „f2.-------straße “ entnehmen. 82das in diesem zusammenhang zudem angeführte schreiben der beklagten an das drk vom 21. november 2014, mit dem sie darum gebeten hat, die für das drk „vorgesehenen“ standorte zu „bestücken“ sowie einen (von zwei vorhandenen) containern vom standort „x. , i. straße“ „abzuziehen“, ist hinsichtlich der rechtlichen grundlage für die nutzung der öffentlichen straße am standort „i. straße“ für die aufstellung von altkleidersammelcontainern durch das drk unergiebig. insbesondere ist dem wortlaut des besagten schreibens - anders als die beklagte vertritt - nicht zu entnehmen, dass eine zuvor erteilte sondernutzungserlaubnis für die aufstellung von zwei altkleidersammelcontainern teilweise und zwar in bezug auf einen altkleidersammelcontainer widerrufen wird. 83im verhältnis zwischen der beklagten als aktenführender behörde und der klägerin, der nicht aktenkundige erlaubnisse eines „mitbewerbers“ um den gleichen öffentlichen straßengrund entgegengehalten werden, lässt sich der inhalt dieser erlaubnisse nach den oben dargestellten rechtsstaatlichen grundsätzen auch nicht durch eine einvernahme der mitarbeiter der beklagten und/oder des drk zu dem vermeintlichen inhalt der seinerzeit - vor über neun jahren - geführten telefongespräche ermitteln. 84die daraus folgende nichterweislichkeit der in der sphäre der beklagten liegenden erlaubniserteilung, aus der diese im verhältnis zur klägerin eine ihr günstige rechtsfolge ableiten will, geht zu ihren lasten, mit der konsequenz, dass sie ihrer ermessensentscheidung eine unzutreffende sachverhaltsannahme zu grunde gelegt hat. 85c. die einheitliche kostenentscheidung zu den kosten des berufungsverfahrens sowie den gesamten kosten des in der hauptsache für erledigt erklärten teils des rechtstreits, in die zur vereinfachung und klarstellung auch die kostenentscheidung des verwaltungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen kosten im übrigen einbezogen wird, beruht auf §§ 154 abs. 2, 161 abs. 2 satz 1 vwgo. 86hinsichtlich des in der hauptsache für erledigt erklärten teils des rechtstreits entspricht es der billigkeit, der beklagten die kosten des verfahrens aufzuerlegen, da diese durch die unzutreffende angabe im streitgegenständlichen bescheid, der standort „c1. straße“ liege auf einer öffentlichen straße, insoweit das gerichtliche verfahren verursacht hat. 87d. der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 vwgo, 708 nr. 10, 709 satz 2, 711 zpo. 88die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. |
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} | 8 A 513/19 | 2021-11-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das ohne mündliche Verhandlung ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2019 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Betreten ihres Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 durch Mitarbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf sowie die dabei erfolgte Anfertigung von Lichtbildern rechtswidrig waren. 3Die Klägerin betreibt auf dem vorgenannten Anlagengrundstück ein Sonderabfall-Zwischenlager (Lagerung besonders überwachungsbedürftiger und nicht besonders überwachungsbedürftiger Abfälle inklusive Abfallschlämme). Die Anlage fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (im Folgenden: Industrieemissions-Richtlinie). Grundlage dieses Anlagenbetriebs ist die (der N. Entsorgungsgesellschaft mbH erteilte) immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 15. Dezember 2004, die in Teil 3 „Nebenbestimmungen und Hinweise“ Nr. 1.7 Folgendes regelt: „Die Betreiberin hat den Bediensteten der Bezirksregierung und den für die Überwachung der Anlage zuständigen Behörden jederzeit Zutritt zur Anlage sowie Einsicht in die Betriebsbücher zu gestatten und sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.“ 4Die Bezirksregierung führt im Rahmen der Anlagenüberwachung regelmäßig Vor-Ort-Besichtigungen durch. Dabei behält sie sich, gestützt auf den Erlass „Risikobasierte Planung und Durchführung von medienübergreifenden Umweltinspektionen“ (im Folgenden: Umweltinspektionserlass), 5- siehe hinsichtlich des Zeitpunkts der streitbefangenen Vor-Ort-Besichtigung den Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV NRW) in der Fassung vom 29. Mai 2015, nunmehr den Erlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MULNV NRW) in der Fassung vom 17. September 2021 - 6vor, den Anlagenbetreibern die konkreten Termine, auch wenn diese nicht durch einen konkreten Verdacht für das Vorliegen von Unregelmäßigkeiten veranlasst sind, nicht vorher mitzuteilen, wobei nach Ziffer 4.2 des Umweltinspektionserlasses die unangekündigten (Regel-)Inspektionen einen Anteil von ca. 25 % ausmachen sollen. 7Eine unangekündigte Vor-Ort-Besichtigung auf dem Anlagengrundstück der Klägerin erfolgte am 8. Mai 2015 durch zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung, Frau I. und Herrn T. . Der seinerzeit vor Ort anwesende Betriebsleiter, Herr X. , erklärte den Behördenmitarbeitern, dass die Klägerin mit der Begehung des Anlagengrundstücks bis zum Eintreffen eines Mitarbeiters aus der Genehmigungsabteilung in M. nicht einverstanden sei. Da die Behördenmitarbeiter dessen Eintreffen nicht abwarten wollten, führten sie die Anlagenbegehung selbstständig und ohne Begleitung eines Vertreters der Klägerin durch (vgl. den Vermerk über die Anlagenüberwachung am 8. Mai 2015). Hierbei wurden verschiedene Mängel der Anlage bzw. im Betriebsablauf festgestellt und entsprechende Lichtbilder gefertigt. Im Nachgang drohte die Bezirksregierung der Klägerin durch Bescheid vom 19. Mai 2015 die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 20.000,‑ Euro für den Fall an, dass diese „ab sofort der Ziffer 1.7 der Genehmigung vom 15.12.2004 […] nicht vollständig nachkommen“ sollte. Diesen Bescheid hob das Verwaltungsgericht Düsseldorf auf eine entsprechende Klage der Klägerin durch Gerichtsbescheid vom 21. April 2016 (3 K 3886/15) auf und stellte zugleich fest, dass die Anlagenbegehung am 8. Mai 2015 durch die Mitarbeiter der Bezirksregierung rechtswidrig gewesen sei; sie sei unverhältnismäßig gewesen, da sie zuvor nicht angemeldet worden sei. Nach Zulassung der Berufung gegen den vorgenannten Gerichtsbescheid durch den erkennenden Senat (8 A 999/16) nahm die Klägerin ihre Klage noch vor der anberaumten mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 22. Januar 2018 zurück, nachdem sich aus ihrer Sicht ‑ die zwischenzeitlich durchgeführten Vor-Ort-Kontrollen waren jeweils angekündigt worden - die Überwachungspraxis der Bezirksregierung so entwickelt habe, dass für sie zukünftig aller Voraussicht nach kein Anlass bestehen werde, das Betreten ihres Anlagengrundstücks zu verweigern. Nachdem der Beklagte der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen hatte, stellte der Senat das Verfahren ein und erklärte den Gerichtsbescheid vom 21. April 2016 durch Beschluss vom 13. Februar 2018 für wirkungslos. Schriftverkehr oder mündliche Absprachen darüber, wie bei Vor-Ort-Kontrollen der betreffenden Anlage zukünftig generell verfahren werden sollte, waren der Klagerücknahme nicht vorausgegangen. 8Am 10. Juli 2018 suchten erneut zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung, Herr T. und Herr B. , das Anlagengrundstück der Klägerin ohne vorherige Ankündigung auf. In dem hierzu angefertigten Vermerk führte Herr T. aus, dass die Vor-Ort-Besichtigung im Rahmen des IED‑Überwachungsprogramms erfolgt sei (Anm.: IED ist die Abkürzung für Industrial Emissions Directive; hierbei handelt es sich um die englischsprachige Bezeichnung der Industrieemissions-Richtlinie). Auf eine vorherige Ankündigung sei verzichtet worden, da nach dem „Überwachungserlass“ des MULNV NRW vom 16. Mai 2018 - gemeint ist ein Erlass des Ministeriums, der sich mit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf auseinandersetzt und die nachgeordneten Behörden auffordert, dieser nicht zu folgen (vgl. Beiakte 2, Blatt 1) - auch unangekündigte Überwachungen durchgeführt werden sollten und die letzten drei Überwachungen vorher bekannt gegeben worden seien. Dass eine Inspektion spätestens am 18. Juli 2018 hätte erfolgen müssen, sei der Klägerin wegen der Kenntnis des Datums der letzten Überwachung (18. Juli 2016) sowie des Überwachungsintervalls von zwei Jahren bekannt. Zu Beginn der Inspektion hätten sich die Behördenmitarbeiter bei dem Niederlassungsleiter, Herrn T. , angemeldet. Dieser habe auf die „üblichen Regelungen“ bei der Klägerin verwiesen, womit nach Ansicht des Vermerkverfassers die vorherige Anmeldung gemeint gewesen sei. Er habe daraufhin auf den vorgenannten „Erlass“ verwiesen und auf die Durchführung der Inspektion bestanden. Herr T. , der einen anderen Termin gehabt habe, habe seinen Vertreter, Herrn X. , gebeten, die Anlage mit den Behördenmitarbeitern zu begehen, was sodann geschehen sei. Zum Schluss der Anlagenbegehung habe der Geschäftsführer der Klägerin angerufen und mitteilen lassen, dass dem Vermerkverfasser Hausverbot erteilt werde. Da die Begehung zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen sei, sei auf den Erlass einer mündlichen Duldungsverfügung verzichtet und die Inspektion beendet worden. Während dieser Umweltinspektion wurden auch Lichtbilder gefertigt. 9Mit Schreiben vom 18. Juli 2018 an die Bezirksregierung rügte die Klägerin die am 10. Juli 2018 durchgeführte Inspektion, insbesondere den Umstand der unterbliebenen vorherigen Ankündigung. Dabei verwies sie u. a. darauf, dass Herr T. den Behördenmitarbeitern mitgeteilt habe, dass er weder mit der beabsichtigten Anlagenbegehung noch mit der Anfertigung von Lichtbildern einverstanden gewesen sei. Hierauf entgegnete die Bezirksregierung mit Schreiben vom 26. Juli 2018, auf der Grundlage des aus dem behördlichen Vermerk über die Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 ersichtlichen Sachverhalts ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Herr T. mit dem Betreten der Anlage oder mit dem Fotografieren nicht einverstanden gewesen sei. Er habe vielmehr seinen Vertreter gebeten, die Behördenmitarbeiter bei der Begehung zu begleiten und Fragen zu beantworten. Zudem habe Herr T. , nachdem der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Dr. T. M. , im Rahmen der am 3. März 2018 in einer anderen Anlage der Klägerin durchgeführten Umweltinspektion das Fotografieren akzeptiert habe, davon ausgehen dürfen, dass dies für alle weiteren Anlagen der Klägerin gelte. Mit Schreiben vom 6. September 2018 wies die Klägerin erneut darauf hin, dass Herr T. kein Einverständnis für das Betreten des Anlagengrundstücks erteilt habe. Er habe lediglich Herrn X. zur Begleitung der illegalen Anlagenbegehung abgestellt, nachdem Herr T. sich unter Verweis auf den neuen Erlass nicht habe aufhalten lassen. Zudem habe Herr T. Herrn T. ausdrücklich auf das Fotografierverbot hingewiesen, entsprechende Schilder seien unübersehbar in der Anlage ausgehängt. Von einem stillschweigenden Einvernehmen könne deshalb nicht ausgegangen werden. 10Am 13. August 2018 fand eine weitere Vor-Ort-Besichtigung der Anlage der Klägerin statt, die die Bezirksregierung als „2. Teil der Umweltinspektion“ bezeichnete. Auf Grundlage der Inspektionen vom 10. Juli und 13. August 2018 fertigte sie unter dem 12. Oktober 2018 einen Umweltinspektionsbericht an. Dieser hält als Ergebnis verschiedene als „geringfügig“ und als „erheblich“ deklarierte Mängel fest. Dieser zur Veröffentlichung im Internet bestimmte Umweltinspektionsbericht ist Gegenstand des beim Verwaltungsgericht Düsseldorf anhängigen Klageverfahrens (3 K 9484/18). Auf den zugleich gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gab das Verwaltungsgericht dem Beklagten durch Beschluss vom 8. Januar 2019 (3 L 3420/18) auf, den Umweltinspektionsbericht vom 12. Oktober 2018 nur mit (näher geregeltem) eingeschränktem Inhalt zu veröffentlichen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beklagten wies der Senat durch Beschluss vom 28. August 2020 (8 B 128/19) zurück. 11Die Klägerin hat am 22. Oktober 2018 Klage erhoben, mit der sie die Feststellung begehrt, dass das Betreten ihres Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 durch Mitarbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf sowie die dabei erfolgte Anfertigung von Lichtbildern rechtswidrig waren. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände des konkreten Einzelfalls sei die Bezirksregierung nicht berechtigt gewesen, das Anlagengrundstück unangemeldet und ohne Gestattung zu betreten. Im Regelfall sei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Ankündigung der Inspektion geboten, nicht zuletzt um dem Anlagenbetreiber zu ermöglichen, an der Inspektion mit verantwortlichen Personen aus der Geschäftsführung, Niederlassungs- oder Betriebsleitung teilnehmen zu können. Weder in dem Behördenvermerk über den Inspektionstermin noch aus dem Verwaltungsvorgang ergebe sich ein plausibler Grund für die nicht erfolgte Ankündigung. Darüber hinaus sei die Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 auch deswegen rechtswidrig gewesen, weil die Bezirksregierung eine schriftliche oder mündliche Verfügung, den Zutritt zu gestatten, nicht erlassen habe. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil der Niederlassungsleiter, Herr T. , das für das Betreten des Anlagengrundstücks notwendige Einverständnis nicht erteilt habe. Auf die Nebenbestimmung Nr. 1.7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 15. Dezember 2004 könne die Anlagenbegehung nicht gestützt werden, da diese lediglich deklaratorisch das wiederhole, was § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ohnehin bereits vorsehe. Unabhängig davon enthalte diese Nebenbestimmung lediglich eine Verpflichtung zur Gestattung, nicht jedoch die Gestattung selbst. Mangels Vorliegens einer gegenwärtigen Gefahr hätten auch die Voraussetzungen für einen Sofortvollzug nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW nicht vorgelegen. Die Anfertigung von Lichtbildern anlässlich des Inspektionstermins am 10. Juli 2018 sei ebenfalls rechtswidrig gewesen. Eine entsprechende Zustimmung sei den Behördenmitarbeitern nicht erteilt worden. Eine Ermächtigungsgrundlage, Lichtbilder ohne Zustimmung des Anlagenbetreibers anzufertigen, ergebe sich weder aus § 52 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 BImSchG noch aus §§ 24, 26 VwVfG NRW. Das Fotografieren von betrieblichen Einrichtungen der Betriebsstätte ohne Erlaubnis beeinträchtige das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht des Unternehmens. Zu berücksichtigen sei, dass die im Rahmen einer Umweltinspektion gegen den Willen des Anlagenbetreibers aufgenommenen Fotos Gegenstand der Überwachungsakte würden und damit grundsätzlich auf der Grundlage von Umweltinformationsansprüchen jedermann zur Einsicht zur Verfügung stünden. Es sei außerdem nicht auszuschließen, dass das nicht genehmigte Fotografieren der Überwachungsbehörde eine Einsichtnahme in Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ermögliche. 12Die Klägerin hat beantragt, 13festzustellen, dass das Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin durch Mitarbeiter der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 rechtswidrig gewesen ist, 14festzustellen, dass das Fotografieren am Betriebsstandort nach dem Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin durch Mitarbeiter der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 rechtswidrig gewesen ist. 15Der Beklagte hat beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die Begehung des Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 sei mit Zustimmung des Niederlassungsleiters erfolgt. Eine explizite Aussage, dass den Behördenmitarbeitern der Zutritt zum Gelände der Klägerin nicht gestattet werde, sei nicht getätigt worden. Anderenfalls wäre eine mündliche Ordnungsverfügung erlassen worden. Selbst wenn eine Zustimmung zur Anlagenbegehung nicht vorgelegen habe, sei die Durchführung der unangekündigten Überwachung gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zulässig gewesen. Das behördliche Zutrittsrecht hänge weder davon ab, ob konkrete Anhaltspunkte vorlägen, die ein behördliches Einschreiten notwendig machten, noch von einer vorgeschalteten Ankündigung. Sinn und Zweck der Überwachungspflicht nach § 52 BImSchG sei es, zu überprüfen, ob der Betreiber einer nach § 4 BImSchG genehmigten Anlage die erforderlichen gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt einhalte. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn eine unangekündigte Überwachung nur in konkreten Ausnamefällen und bei einem konkreten Verdacht durchgeführt werden dürfte. Auch das Anfertigen der Lichtbilder sei rechtmäßig erfolgt. Auf Nachfrage von Herrn T. habe der Vertreter des Niederlassungsleiters, Herr X. , das Fotografieren erlaubt. Außerdem habe der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Dr. T. M. , das Fotografieren bei einer Umweltinspektion im März 2018 an einem anderen Standort der Klägerin akzeptiert. Insofern hätten die Behördenmitarbeiter davon ausgehen dürfen, dass dieser mit den Fotografien einverstanden sei. Hinzu komme, dass in der Anfertigung der Fotodokumentation kein Eingriff in die Grundrechte der Klägerin liege. Selbst wenn man von einem Grundrechtseingriff ausginge, wäre dieser gerechtfertigt. Die Aufnahme der Lichtbilder als Abbild der Anlage sei allein im Rahmen der Überwachungstätigkeit zu Dokumentationszwecken erfolgt und vom weit auszulegenden Prüfungsrecht nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG umfasst. 18Durch das ohne mündliche Verhandlung ergangene Urteil vom 17. Januar 2019 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Bezirksregierung könne sich für das unangekündigte Betreten des Anlagengrundstücks nicht auf eine taugliche Ermächtigungsgrundlage berufen. Die Regelung des § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG schreibe der Behörde nicht stets eine vorherige Anmeldung oder stets die zwingende Anwesenheit des Anlagenbetreibers vor. Andererseits erlaube sie wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht generell unangekündigte Besichtigungen. Dies komme etwa dann in Betracht, wenn ansonsten die berechtigte Gefahr bestünde, dass der Zweck der Besichtigung vereitelt werden würde. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. Auch der Erlass, auf den sich die Vertreter der Bezirksregierung berufen hätten, sowie die Nebenbestimmung Nr. 1.7 der Anlagengenehmigung vom 15. Dezember 2004 seien keine tauglichen Ermächtigungsgrundlagen gewesen. Mangels vollziehbarer Grundverfügung gegenüber der Klägerin sei auch kein Fall des sog. gestreckten Verfahrens gemäß § 55 Abs. 1 VwVG NRW anzunehmen; die Voraussetzungen des sog. sofortigen Vollzugs nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW lägen mangels Eilbedürftigkeit nicht vor. Infolge dessen unterlägen auch die während der rechtswidrigen Anlagenbegehung gefertigten Fotos einem Verwertungsverbot. 19Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Die Behördenmitarbeiter hätten aufgrund des Verhaltens des Herrn T. davon ausgehen dürfen, dass dieser mit der Durchführung der Inspektion einverstanden sei. Zudem sei das Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin am 10. Juli 2018 von der Ermächtigungsgrundlage des § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gedeckt. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass der Gesetzgeber von einer Pflicht zur Duldung der Überwachungsmaßnahme ausgegangen sei. Eine Duldung beinhalte schon dem allgemeinen Sprachgebrauch nach gerade nicht das Einbezogenwerden in eine Entscheidung oder einen Überwachungsvorgang. Daher könne die Überwachungsmaßnahme zum einen nicht vom Willen des Anlagenbetreibers abhängen; zum anderen setze § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG auch nicht generell voraus, dass der Anlagenbetreiber auf die Überwachungsmaßnahme vorbereitet sei, diese also mit zeitlichem Vorlauf anzukündigen wäre. Eine andere Auslegung werde dem Sinn und Zweck der Überwachungsnorm nicht gerecht. Das Betretungsrecht solle der zuständigen Behörde eine wirksame Überwachungstätigkeit ermöglichen. Es diene der Informationsgewinnung und letztlich der Beurteilung, ob die zu überprüfende Anlage den rechtlichen Vorgaben entsprechend betrieben werde und die von ihr ausgehenden potentiellen Gefahren in einem zu akzeptierenden Ausmaß blieben. Die Ankündigung der Überwachung biete dem Anlagenbetreiber die Möglichkeit zur gezielten Vorbereitung des angekündigten Überwachungstermins. Die Erfahrungen langjähriger behördlicher Überwachungspraxis zeigten, dass eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Rechtsverstößen für die Überwachungsbehörde im Vorfeld einer Inspektion kaum erkennbar sei. Zudem habe eine neueste Auswertung von Umweltinspektionen bei Anlagen, die - wie diejenige der Klägerin - in den Anwendungsbereich der Industrieemissions-Richtlinie fielen, durch das MULNV NRW ergeben, dass bei unangekündigten Umweltinspektionen an solchen Anlagen verhältnismäßig mehr Mängel und zudem eine verhältnismäßig höhere Mängelschwere festgestellt würden als bei angekündigten Umweltinspektionen. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Bundes-Immissionsschutzgesetzes seien unangekündigte, anlasslose Kontrollen durch die Überwachungsbehörden die Regel und nicht die Ausnahme, so im Gewerbe-, Arzneimittel-, Gaststätten- und Lebensmittelrecht. Die unangekündigte Umweltinspektion am 10. Juli 2018 sei auch im Übrigen verhältnismäßig gewesen. Der Überwachungstermin habe der turnusmäßigen Überwachung der Anlage der Klägerin, die nach den entsprechenden Überwachungsplänen alle zwei Jahre zu überwachen sei, gedient. Die damit verbundene Belastung der Klägerin stehe nicht außer Verhältnis zum verfassungsrechtlichen Gewicht des mit der immissionsschutzrechtlichen Überwachung verfolgten Zwecks und den damit verbundenen Interessen der Allgemeinheit. Der Schutz von Leib und Leben genieße in der verfassungsrechtlichen Werteordnung einen besonders hohen Rang und sei höher anzusiedeln als der Schutz der Klägerin vor Störungen ihres Besitzes. Aufgrund der Qualität der Anlage als potentielle Gefahrenquelle könne vom Anlagenbetreiber auch verlangt werden, jederzeit eine befähigte Person zur Verfügung zu stellen, die über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Erklärung der Abläufe verfüge sowie über Spezialkenntnisse über den jeweiligen Betrieb. Eine unangekündigte Kontrolle der Anlage stelle somit für den Anlagenbetreiber aus betriebsorganisatorischen Gründen keine besondere Herausforderung dar. Die Anfertigung von Lichtbildern im Rahmen der Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Die Ermächtigung hierfür folge aus § 52 BlmSchG und sei Teil des weit auszulegenden Überwachungs- und Prüfungsrechts der Überwachungsbehörde. Die Anfertigung von Lichtbildern sei zwingend notwendig, um eine Überwachungstätigkeit zu gewährleisten. Zudem sei die Behörde in einem sich ggf. anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren verpflichtet, das Vorliegen rechtswidriger Zustände nachzuweisen. Hierfür dienten die Fotografien ebenfalls. 20Im Hinblick auf die derzeitige Gefährdung durch das Coronavirus seien die Kontrollen zuletzt stets zuvor angekündigt worden, weil den Anlagenbetreibern Gelegenheit zu einer angemessenen Vorbereitung, insbesondere mit Blick auf erforderliche Mindestabstände bei Gesprächen, gegeben werden solle. Grundsätzlich halte der Beklagte aber an der Auffassung fest, dass es in einem gewissen Umfang auch unvermutete Kontrollen geben müsse. 21Der Beklagte beantragt, 22das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2019 zu ändern und die Klage abzuweisen. 23Die Klägerin beantragt, 24die Berufung zurückzuweisen. 25Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Eine Einverständniserklärung mit der Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 habe Herr T. nicht abgegeben. Die Begleitung der Behördenvertreter durch den stellvertretenden Niederlassungsleiter, Herrn X. , sei lediglich aus Sicherheitsaspekten erfolgt. Damit sei das Betreten des Anlagengrundstücks nicht im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestattet gewesen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch heiße „gestatten“ so viel wie „einwilligen, dass jemand etwas tut oder lässt“, und damit ein Mehr in Richtung des Zutrittgewährens gegenüber dem bloßen Geschehenlassen. Zudem ermächtige § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG die zuständige Behörde jeweils (nur) zu verhältnismäßigen Maßnahmen. Das behördliche Betreten einer Betriebsstätte im Rahmen einer unangekündigten Überwachung stelle einen intensiveren (Grund-)Rechtseingriff dar als das Betreten bei einer angekündigten Überwachung. Werde der Überwachungstermin angekündigt, könne der Anlagenbetreiber seine Terminplanung mit entsprechendem Vorlauf von vornherein an den Eckdaten des beabsichtigten behördlichen Überwachungstermins ausrichten und damit einhergehende Betriebsbeeinträchtigungen mittels betriebsorganisatorischer Maßnahmen zumindest minimieren. Daher müsse der Überwachungstermin im Hinblick auf den Grundsatz der Erforderlichkeit angekündigt werden, soweit der Zweck des Zutritts- und Prüfungsrechts dadurch nicht vereitelt werde. Auch der Richtliniengeber der Industrieemissions-Richtlinie scheine in Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 von dem angekündigten Überwachungstermin als Regelfall auszugehen. Ferner sei zu beachten, dass der Anlagenbetreiber im Hinblick auf seine betriebliche Organisationshoheit grundsätzlich einen Anspruch darauf habe, diejenigen natürlichen Personen (insbesondere Geschäftsführer, bestimmte verantwortliche bzw. mit besonderer Fachkunde ausgestattete Mitarbeiter, wie Niederlassungsleiter, Betriebsleiter und/oder Umweltbeauftragte sowie externe Personen wie z. B. vom Anlagenbetreiber beauftragte externe Sachverständige oder Rechtsanwälte) zu bestimmen, die an einem konkreten behördlichen Überwachungstermin teilnehmen sollen. Dies sei dem Anlagenbetreiber jedoch nur dann möglich, wenn ihm der Überwachungstermin rechtzeitig vorher durch die Behörde angekündigt werde. Daher bedürfe jeder behördliche Verzicht auf die Ankündigung eines Überwachungstermins stets einer besonderen Rechtfertigung im Einzelfall. Ein sachlicher Grund für den Ankündigungsverzicht sei hier nicht gegeben und von der Bezirksregierung in ihren Verwaltungsvorgängen auch nicht dokumentiert. Darüber hinaus seien unangekündigte Vor-Ort-Besichtigungen im Vergleich zu angekündigten nicht besser geeignet, dem Überwachungszweck zu dienen. Bezüglich der vom Beklagten vorgelegten Auswertungen von Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in Nordrhein-Westfalen stehe bereits die Repräsentativität der Erhebung bzw. die Vergleichbarkeit der erhobenen Daten in Frage. Insbesondere sei nicht ersichtlich, welche Anlagen jeweils konkret betroffen gewesen und welche Mängel aus welchen Gründen angeblich jeweils festgestellt worden seien. Insoweit liege aber die Annahme nicht fern, dass die angeblich geringere „Mängelquote“ bei angekündigten behördlichen Überwachungen gerade auf Selbstkorrekturen der Anlagenbetreiber zurückzuführen seien, die diese anlässlich der behördlichen Ankündigung vornähmen. Soweit der Beklagte einen Vergleich zu dem Vollzug anderer Überwachungsbehörden anstelle, verkenne er, dass sowohl die Klägerin als auch das Verwaltungsgericht nicht davon ausgingen, das Bundes-Immissionsschutzgesetz lasse ausnahmslos nur angekündigte Überwachungstermine zu. Die Anfertigung von Lichtbildern bzw. das Erstellen einer Fotodokumentation sei ebenfalls ohne das Einverständnis der Klägerin erfolgt. Ein solches Einverständnis könne nicht aus dem Schweigen des stellvertretenden Niederlassungsleiters, Herrn X. , abgeleitet werden. Zudem habe der Niederlassungsleiter, Herr T. , die Mitarbeiter der Bezirksregierung ausdrücklich auf das (diesen bekannte) Fotografierverbot hingewiesen, ein Verbotsschild sei darüber hinaus auch unübersehbar in der Anlage ausgehängt. Auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für das Fotografieren von Zuständen auf dem Anlagengelände, das einen Grundrechtseingriff darstelle, könne sich der Beklagte ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Insbesondere stelle § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG keine solche dar, da dort das Erstellen von Fotodokumentationen nicht erwähnt sei. Selbst wenn man hiervon ausginge, habe es hier jedenfalls an der zur Überwindung des ausgesprochenen Fotografierverbots erforderlichen behördlichen Verfügung gefehlt. Der Anlagenbetreiber könne unproblematisch eigene Fotos anfertigen, worin notwendig kein Eingriff in seine Rechte zu sehen wäre. Die behördliche Dokumentation eines Kontrolltermins könne zudem schriftlich erfolgen, indem die Behörde während des Termins entsprechende Notizen fertige, womit ebenfalls kein Eingriff in Rechte des Anlagenbetreibers verbunden sei. In der Vergangenheit seien behördliche Umweltinspektionen auch unproblematisch ohne das begleitende Anfertigen von Fotos durch die Überwachungsbehörde ausgekommen. 26In der am 27. August 2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Rücknahme der Klage erklärt. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat mit Schriftsatz vom 7. September 2021 mitgeteilt, dass sie der Klagerücknahme nicht zustimme. Der Senat hat durch Beschluss vom 8. September 2021 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und den Beteiligten unter Berücksichtigung der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung rechtliche Hinweise erteilt. 27Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, ferner die beigezogenen Gerichtsakten 3 K 3886/15 VG Düsseldorf (8 A 999/16 OVG), 3 K 9484/18 VG Düsseldorf und 3 L 3420/18 VG Düsseldorf (8 B 128/19 OVG) verwiesen. 28Entscheidungsgründe: 29Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die nicht wirksam zurückgenommene (dazu I.) Klage der Klägerin hat weder mit dem ersten (dazu II.) noch mit dem zweiten Feststellungsantrag (dazu III.) Erfolg. 30I. Das gerichtliche Verfahren ist nicht durch die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 27. August 2021 erklärte Klagerücknahme beendet worden. Diese Prozesserklärung ist nicht wirksam geworden, da der Beklagte mit Schriftsatz vom 7. September 2021 erklärt hat, der Klagerücknahme nicht zuzustimmen (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Klagerücknahme in zweiter Instanz setzt stets die Einwilligung des Beklagten voraus, auch wenn das Verwaltungsgericht - wie hier - ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. 31Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 125 Rn. 30. 32Dementsprechend war die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. Beschluss vom 8. September 2021) und über die Berufung durch Urteil zu entscheiden. 33II. Der erste Feststellungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 341. Die mit dem ersten Klageantrag begehrte Feststellung, dass das Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin durch Mitarbeiter der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 rechtswidrig war, ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. 35a) Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Beteiligten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. 36Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 ‑ 8 C 19.09 -, juris Rn. 24, m. w. N. 37Das erste Feststellungsbegehren der Klägerin bezieht sich auf das am 10. Juli 2018 erfolgte Betreten ihres Anlagengrundstücks durch zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung. Hierbei handelt es sich um ein konkretes Rechtsverhältnis, auf das eine öffentlich-rechtliche Norm (§ 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG bzw. § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG) Anwendung findet. Es besteht auch eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Vor-Ort-Besichtigung, namentlich, ob es einer vorherigen Ankündigung des konkreten Termins bedurfte. 38Für die begehrte Feststellung besteht auch das gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse. Hinsichtlich der nicht erfolgten Ankündigung des konkreten Termins bzw. des - die Richtigkeit ihres Vortrags unterstellt - fehlenden Einverständnisses mit der Anlagenbegehung durch die Klägerin folgt das besondere Feststellungsinteresse aus der Wiederholungsgefahr, also der konkret absehbaren Möglichkeit, dass in naher Zukunft und unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleiche oder gleichartige Maßnahme des Beklagten zu erwarten ist, die die Klägerin beschwert. 39Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2021 ‑ 1 C 13.19 -, juris Rn. 16, m. w. N. 40Die Bezirksregierung ist gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1b BImSchG zur regelmäßigen Überwachung der Anlage der Klägerin verpflichtet. Hierzu gehören insbesondere Vor-Ort-Besichtigungen (vgl. § 52 Abs. 1b Satz 2 BImSchG). Diese hat die Bezirksregierung Düsseldorf in der Vergangenheit ohne vorherige Ankündigung durchgeführt und behält sich dies unter Verweis auf den Umweltinspektionserlass auch für die Zukunft vor. 41Das Feststellungsinteresse ist nicht deshalb ganz oder teilweise entfallen, weil die zurückliegenden Regelkontrollen nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten stets zuvor angekündigt worden waren. Denn der Umstand, dass die Mitarbeiter der Bezirksregierung derartige Kontrollen derzeit zuvor ankündigen, beruht nicht auf einer Änderung der Rechtsauffassung des Beklagten, sondern dient mit Blick auf die Corona-Pandemie der Reduzierung von Infektionsgefahren, weil dem Anlagenbetreiber so Gelegenheit gegeben werden soll, bei Besprechungen für die Einhaltung der nötigen Maßnahmen Sorge zu tragen. Die Änderung der Verwaltungspraxis ist daher nach gegenwärtigem Sachstand lediglich vorübergehender Natur. 42Darüber hinaus folgt das Feststellungsinteresse - auch bezüglich der übrigen Einzelfallumstände der am 10. Juli 2018 durchgeführten Anlagenbegehung - aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Das Betreten bzw. Besichtigen des Anlagengrundstücks erledigt sich mit Beendigung der Vor-Ort-Besichtigung und damit typischerweise derart kurzfristig, dass sie ohne die Annahme eines Feststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnte. 43Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 ‑ 8 C 14.12 -, juris Rn. 31 f., m. w. N. 44b) Die Klägerin ist auch in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO, 45vgl. zu diesem Erfordernis: BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 3 C 21.16 -, juris Rn. 21, 46klagebefugt, da nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass das Betreten des Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 rechtswidrig war und sie in ihren Grundrechten verletzte. 47c) Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht die in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO angeordnete Subsidiarität entgegen. Diese Vorschrift regelt das Verhältnis der Feststellungsklage zur Gestaltungs- oder Leistungsklage. Einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW in Form einer Duldungsverfügung hat die Bezirksregierung - wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - am 10. Juli 2018 weder ausdrücklich noch konkludent erlassen. Auch der bloße Hinweis in Teil 3 „Nebenbestimmungen und Hinweise“ Nr. 1.7 des Genehmigungsbescheides 15. Dezember 2004 auf die Pflichten des Anlagebetreibers nach § 52 Abs. 2 BImSchG stellt - wovon die Bezirksregierung inzwischen ebenfalls ausgeht - keine eigenständige Grundlage für eine zwangsweise Durchsetzung einer verweigerten Vor-Ort-Besichtigung dar, macht mithin den Erlass einer Duldungsverfügung vor Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln nicht entbehrlich. 482. Der erste Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil das Betreten ihres Anlagengrundstücks am 10. Juli 2018 durch zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung rechtmäßig war. 49Entsprechend dem Vorbringen der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der an diesem Tag erfolgten Anlagenbegehung an den Anforderungen des § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG gemessen. Da dessen Voraussetzungen vorlagen (dazu a)), kann dahinstehen, ob die Bezirksregierung Düsseldorf das Anlagengrundstück der Klägerin auch auf der Grundlage des § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG betreten durfte (dazu b)). 50a) Die am 10. Juli 2018 durchgeführte, der Klägerin zuvor nicht angekündigte Vor-Ort-Besichtigung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1b, Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG. 51aa) § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG begründet eine allgemeine Überwachungspflicht hinsichtlich der Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen. Anlagen, die - wie diejenige der Klägerin (vgl. Ziffer 5.5 des Anhangs I der Industrieemissions-Richtlinie: zeitweilige Lagerung von gefährlichen Abfällen mit einer Gesamtkapazität von über 50 t) - in den Anwendungsbereich der Industrieemissions-Richtlinie fallen, die in ihrem Art. 23 die Regelung und Durchführung von routinemäßigen sowie nicht routinemäßigen Umweltinspektionen vorschreibt, unterliegen gemäß § 52 Abs. 1b Satz 1 BImSchG der regelmäßigen Überwachung durch die zuständige Behörde, die hierfür Überwachungspläne und Überwachungsprogramme gemäß § 52a BImSchG aufstellt. Zu dieser regelmäßigen Überwachung gehören gemäß § 52 Abs. 1b Satz 2 BImSchG u. a. Vor-Ort-Besichtigungen. 52Zur effektiven Durchführung der (regelmäßigen) Überwachung verpflichtet § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG Eigentümer und Betreiber von Anlagen sowie die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen solche Anlagen betrieben werden, den Angehörigen der zuständigen Behörde und deren Beauftragten Zutritt zu den Grundstücken zu gestatten. Das hiermit korrespondierende behördliche Betretungsrecht beinhaltet nicht nur eine passive Pflicht, das Betreten zu dulden, sondern erfordert - im Sinne von „ermöglichen“ - unter Umständen auch aktive Mitwirkungshandlungen des Verpflichteten, etwa indem verschlossene Türen geöffnet oder andere dem Zugang entgegenstehende Hindernisse beseitigt werden. 53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2021 ‑ 8 B 165/21 -, juris 13 f.; Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 74; Lechelt, in: Führ, GK‑BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 46; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 63 (Stand der Kommentierung: Januar 2014); Feldhaus, in: ders., Bundesimmissionsschutzrecht, § 52 BImSchG Rn. 47 (Stand der Kommentierung: 1. November 2010). 54Neben der Begehung als solcher umfasst das Zutrittsrecht auch das Recht zur visuellen Wahrnehmung der für die Überwachungstätigkeit erforderlichen Informationen. § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG regelt damit eine allgemeine Betretungs- und Besichtigungsbefugnis der zuständigen Behörden. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 1999 ‑ 8 C 12.98 -, juris Rn. 39; OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2021 - 8 B 165/21 -, juris 15 f.; Mösbauer, NVwZ 1985, 457 (459); Lechelt, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 45; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 41; Feldhaus, in: ders., Bundesimmissionsschutzrecht, § 52 BImSchG Rn. 47 (Stand der Kommentierung: 1. November 2010); Schwertner, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 10 (Stand der Kommentierung: 1. Juli 2021). 56Dabei hängt das der Behörde vom Gesetzgeber eingeräumte Betretungs- und Besichtigungsrecht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von einem positiven Willensakt des Anlagenbetreibers im Sinne einer Entscheidung ab, die Kontrolle zu billigen oder mit ihr einverstanden zu sein. Die Gestattungspflicht zielt stattdessen (lediglich) auf ein tatsächliches Verhalten des Kontrollierten, die Kontrolle nicht zu verhindern bzw. ‑ soweit eine Mitwirkung beispielsweise durch Öffnen von Türen oder Behältern, durch Vorlage von Unterlagen oder nach § 52 Abs. 2 Satz 4 BImSchG durch Bereitstellung von Arbeitskräften etc. erforderlich ist - mitzuwirken. Eine Auslegung, nach der eine Kontrolle von einer ausdrücklichen bzw. konkludenten Zustimmung des Kontrollierten abhängig wäre, entspricht weder dem Sinn und Zweck der Regelung noch der damit verfolgten Intention des Gesetzgebers. § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG ist seit seiner Verkündung am 21. März 1974 (BGBl. I S. 721) unverändert geblieben und entspricht dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14. Februar 1973 (BT‑Drs. 7/179, S. 13; dort noch als § 44 BImSchG geführt). Der Gesetzesbegründung zufolge verpflichtet diese Vorschrift „die Eigentümer und Betreiber von Anlagen sowie die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen solche Anlagen betrieben werden, die nach diesem Gesetz erforderlichen Überwachungsmaßnahmen zu dulden und ggf. zu fördern. Zu diesem Zweck haben sie den Zutritt zu den Grundstücken und die Vornahme von Prüfungen zu gestatten, Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen sowie die erforderliche Hilfe zu leisten.“ (BT‑Drs. 7/179, S. 47). Der Gesetzgeber wollte den in § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG verwendeten Begriff der Gestattung damit nicht im Sinne einer Zustimmung verstanden wissen; vielmehr sollte mit dieser Vorschrift zuvörderst (lediglich) eine Duldungspflicht statuiert werden. 57Ein in diesem Sinne passives Hinnehmen des Betretens des Anlagengrundstücks schließt es nicht aus, dass der Pflichtige hiermit nicht einverstanden ist, sich aber in Kenntnis seiner Duldungspflicht entscheidet, an der Vor-Ort-Inspektion mitzuwirken. Erst dann, wenn der Pflichtige den Behördenmitarbeitern den Zutritt und die Besichtigung verweigert, indem er z. B. ein Hausverbot ausspricht, Tore oder Türen nicht öffnet oder den Zutritt anderweitig verwehrt, bedarf es eines die gesetzliche Duldungspflicht des § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG konkretisierenden Verwaltungsakts, der entweder unmittelbar auf die vorgenannte Vorschrift, die eine Befugnisnorm darstellt, 58vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 1999 ‑ 8 C 12.98 -, juris Rn. 39; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 59; Feldhaus, in: ders., Bundesimmissionsschutzrecht, § 52 BImSchG Rn. 16 (Stand der Kommentierung: 1. November 2010); Schwertner, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 27 (Stand der Kommentierung: 1. Juli 2021); Mösbauer, NVwZ 1985, 457 (459), 59oder auf § 52 Abs. 1 Satz 2 BImSchG gestützt werden kann, 60so Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 19 (Stand der Kommentierung: Januar 2014), wonach der Gesetzgeber mit § 52 Abs. 1 Satz 2 BImSchG klargestellt habe, dass § 52 Abs. 1 BImSchG nicht lediglich eine Aufgaben-, sondern auch eine Befugnisnorm sei; a. A. - mit Verweis auf das Gesetzgebungsverfahren - Lechelt, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 20, m. w. N.; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 5; Betensted/Grandjot/Waskow, ZUR 2013, 395 (402), 61und der im Wege des Verwaltungszwangs vollstreckt werden kann. 62Eine andere Auslegung des in § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG verwendeten Begriffs der Gestattung folgt nicht aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Industrieemissions-Richtlinie. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Betreiber den zuständigen Behörden jede notwendige Unterstützung dabei gewähren, etwaige Vor-Ort-Besichtigungen und Probenahmen durchzuführen und die zur Erfüllung ihrer Pflichten im Rahmen dieser Richtlinie erforderlichen Informationen zu sammeln. Die in Art. 23 der Industrieemissions-Richtlinie geregelten Vorgaben hat der nationale Gesetzgeber im Jahr 2013 (vgl. das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen vom 8. April 2013, BGBl. I S. 734) durch Ergänzungen des § 52 BImSchG sowie durch Einfügung des § 52a BImSchG umgesetzt (vgl. BT-Drs. 17/10486, S. 9 f., 23 f.). 63Zur Entstehungsgeschichte des § 52 BImSchG in seiner heutigen Fassung vgl. Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 5 ff. 64Eine Änderung oder Anpassung der in § 52 Abs. 2 BImSchG normierten Pflichten hielt der Gesetzeber auch mit Blick auf Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Industrieemissions-Richtlinie offenbar nicht für erforderlich. Eine Verpflichtung der zuständigen Behörde, den Termin der Vor-Ort-Besichtigung im Regelfall vorher anzukündigen, lässt sich der vorgenannten Vorgabe entgegen der Auffassung der Klägerin weder ausdrücklich noch sinngemäß entnehmen. Soweit es dort heißt: 65„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Betreiber den zuständigen Behörden jede notwendige Unterstützung dabei gewähren, etwaige Vor-Ort-Besichtigungen und Probenahmen durchzuführen und die zur Erfüllung ihrer Pflichten im Rahmen dieser Richtlinie erforderlichen Informationen zu sammeln“, 66folgen aus der Richtlinie keine über die gesetzliche Regelung in § 52 BImSchG hinausgehenden Anforderungen an die Art und Weise der Durchführung. Unionsrechtlich geboten ist danach die Regelung einer Mitwirkungspflicht des Anlagenbetreibers durch den nationalen Gesetzgeber, nicht aber die Regelung einer Pflicht der Behörde, die (routinemäßige) Kontrolle anzukündigen. Zwar wird es zutreffen, dass beispielsweise die Kontrolle von im Betrieb zu führenden Aufzeichnungen schneller und effektiver erfolgen kann, wenn die Umweltinspektion angekündigt worden ist. Es liegt aber mindestens ebenso auf der Hand, dass die nach Art. 23 Abs. 6 der Industrieemissions-Richtlinie bei jeder Vor-Ort-Besichtigung zu treffenden Feststellungen darüber, ob die Genehmigungsauflagen eingehalten werden, am ehesten realitätsgetreu sind, wenn sie auf einer vom Anlagenbetreiber nicht erwarteten Inspektion beruhen. Die Industrieemissions-Richtlinie dient der Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus (vgl. Erwägungsgrund 44) und nicht einer Entlastung der mit der Überwachung betrauten Behörden; dass die effektive Durchführung der Inspektionen einen hohen Personalaufwand erfordert, war dem Richtliniengeber bewusst (vgl. Erwägungsgrund 26). 67Weitere Voraussetzungen stellt § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG auf der Tatbestandsseite nicht auf. Insbesondere bedarf es bei der hier in Rede stehenden regelmäßigen (routinemäßigen) Überwachung keines Verdachts, dass rechtswidrige Zustände vorliegen. Die Regelung ist Ausfluss der gesetzgeberischen Entscheidung, unter das Immissionsschutzrecht fallende Anlagen aufgrund ihrer potentiellen Gefährlichkeit einem besonderen Überwachungsregime zu unterstellen, um Gefahren frühzeitig und umfassend erkennen zu können. 68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2015 ‑ 8 B 555/15 -, n. v., Seite 4 des Beschlussabdrucks, unter Verweis u. a. auf BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 7 C 22.91 -, juris Rn. 14; Hess. VGH, Urteil vom 17. März 1999 ‑ 5 UE 2898/96 -, juris Rn. 40; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 60 (Stand der Kommentierung: Januar 2014); Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 17. 69bb) Mangels näherer Bestimmung der Art und Weise sowie der Häufigkeit der Vor-Ort-Besichtigungen ist der Überwachungsbehörde insoweit ein Handlungsspielraum eingeräumt, den sie nach pflichtgemäßen Ermessen auszufüllen hat. 70Vgl. generell zur Durchführung der Überwachung nach § 52 BImSchG auch Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 17. 71Die für Verwaltungsakte geltenden Grundsätze (vgl. § 40 VwVfG NRW) finden insoweit auf sonstiges Verwaltungshandeln wie insbesondere Realakte entsprechende Anwendung. 72Vgl. Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 40 Rn. 11; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 47. 73Das gilt auch für die nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkte gerichtliche Überprüfung. 74Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 114 Rn. 50. 75Für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie wird das Ermessen der Überwachungsbehörde hinsichtlich des Überwachungsintervalls durch § 52a Abs. 3 und 4 BImSchG eingeschränkt. 76Einschränkungen des behördlichen Zutrittsrechts nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG können sich vor allem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, an dessen Anforderungen sich jedes staatliche Handeln auszurichten hat. Die Entscheidung der Überwachungsbehörde, die Durchführung einer Kontrolle im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen Anlagenüberwachung (Vor-Ort-Besichtigung nach § 52 Abs. 1b, Abs. 2 BImSchG) dem Betreiber einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie nicht vorher anzukündigen, ist im Regelfall verhältnismäßig und bedarf nach dem Sinn und Zweck der Kontrolle keiner einzelfallbezogenen und - mangels Anwendbarkeit des nur für schriftliche bzw. schriftlich bestätigte Verwaltungsakte geltenden § 39 Abs. 1 VwVfG NRW - auch keiner schriftlichen Begründung. 77Unangekündigte Kontrollen sind zur Erreichung ihres Zwecks nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich und in aller Regel verhältnismäßig. 78Der behördlichen Vor-Ort-Besichtigung kommt im Rahmen der (regelmäßigen) Anlagenüberwachung eine zentrale Bedeutung zu, weil Feststellungen, ob die Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der hierauf gestützten Verordnungen eingehalten werden (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG), vielfach nur bzw. erst durch eine Inaugenscheinnahme der Anlage bzw. des Anlagenbetriebs möglich sind. Auch die in § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ausdrücklich genannte Ermittlung von Emissionen und Immissionen erfordert regelmäßig das behördliche Betreten des Anlagengrundstücks. Demgemäß bildet die Vor-Ort-Besichtigung und damit einhergehend das behördliche Zutrittsrecht einen unverzichtbaren Bestandteil der behördlichen Überwachung bei der Erfüllung des mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz verfolgten Schutzzwecks (vgl. § 1 BImSchG). 79Gerade weil die Vor-Ort-Besichtigung (und die dabei gewonnenen Informationen) ihrer Natur nach nur eine Momentaufnahme darstellen kann, ist es unter dem Gesichtspunkt der Effektivität der behördlichen Überwachung von maßgeblicher Bedeutung, dass die Überwachungsbehörde solche Zustände auf dem Anlagengrundstück vorfindet, die den Anlagenzustand sowie die Betriebsverhältnisse möglichst realitätsnah abbilden. Hierfür sind unangekündigte Kontrollen durch die Überwachungsbehörde eine wesentliche Voraussetzung; angekündigte Kontrollen erweisen sich hingegen nicht als in gleicher Weise wirksam. Dies zeigt sich exemplarisch an der von der Bezirksregierung im Berufungsverfahren vorgelegten Auswertung (mit Stand vom 28. Oktober 2020) des MULNV NRW, wonach bei unangekündigten Umweltinspektionen an Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie verhältnismäßig mehr Mängel und zudem eine verhältnismäßig höhere Mängelschwere festgestellt wurden als bei angekündigten Umweltinspektionen. Dafür, dass diese Auswertung nicht repräsentativ ist, bestehen mit Blick auf die Anzahl der Vor-Ort-Besichtigungen (4.233 angekündigt, 620 unangekündigt) keine begründeten Anhaltspunkte; auch die Klägerin belässt es insoweit bei der nicht weiter begründeten Rüge der fehlenden Repräsentativität. Insofern ist auch der Hinweis der Bezirksregierung darauf, dass eine vorherige Ankündigung des Überwachungstermins dem Anlagenbetreiber die Möglichkeit zur gezielten Vorbereitung der Umweltinspektion biete, ohne weiteres nachvollziehbar. Demgemäß sind angekündigte Kontrollen grundsätzlich nicht in gleicher Weise geeignet, den Zweck der Anlagenüberwachung zu erreichen wie unangekündigte (unvermutete) Kontrollen. 80Es entspricht vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass mit einer unangekündigten Besichtigung die größtmögliche Effektivität einer Überwachungsmaßnahme zu erreichen ist, 81vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27. Januar 2004 - 9 S 1343/03 -, juris Rn. 4 ff., zum Betretungs- und Besichtigungsrecht nach § 64 Abs. 4 Nr. 1 AMG, 82wenn die vorherige Ankündigung einer - wie hier - ordnungsrechtlich veranlassten Kontrolle eines Geschäftsbetriebs nicht sogar regelmäßig als zweckwidrig angesehen werden muss. 83Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 1998 ‑ 1 B 5.98 -, juris Rn. 7, zu Kontrollen nach § 22 Abs. 2 GaststättenG. 84In Anbetracht der vorstehend beschriebenen Bedeutung der Vor-Ort-Besichtigung für die Anlagenüberwachung ist die Überwachungsbehörde auch dann nicht zu einer vorherigen Ankündigung verpflichtet, wenn der Zweck des Zutritts- und Prüfungsrechts dadurch nicht vereitelt wird. 85So aber VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Februar 2017 - 3 K 3004/15 -, juris Rn. 24 f.; Kenyeressy, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 52 Rn. 58; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 52 Rn. 46; Lechelt, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 45, jeweils m. w. N. 86Dagegen spricht nicht zuletzt, dass selbst bei einer zu einem konkreten Zweck geplanten Kontrolle stets auch die Gesamtanlage in den Blick genommen werden muss, d. h. dass die Mitarbeiter der Überwachungsbehörde augenfällige Verstöße gegen Genehmigungsauflagen und Rechtsvorschriften, die Sicherheits- oder Umweltgefahren verursachen können, zur Kenntnis nehmen und in dem zu erstellenden Bericht vermerken müssen. Dies zugrunde gelegt ist eine Begrenzung der Umweltinspektion auf einen bestimmten, vorher festgelegten Zweck allenfalls theoretischer Natur. 87Die Annahme einer regelmäßig bestehenden Verpflichtung, Routinekontrollen anzukündigen, hätte zur Folge, dass die Überwachungsbehörden nur in Fällen auf eine vorherige Ankündigung verzichten könnten, in denen ihnen hinreichend konkrete Anhaltspunkte auf einen nicht gesetzeskonformen Anlagenbetrieb bekannt werden (z. B. aufgrund von (Nachbar)Beschwerden oder anderweitiger Hinweise). Die Funktion der Überwachung (im Sinne einer Beobachtung und Informationsgewinnung) besteht aber gerade auch in der verdachtsunabhängigen, anlasslosen Kontrolle und setzt nicht das Vorliegen einer Gefahr (im polizeirechtlichen Sinne) voraus. Anderenfalls liefe die Möglichkeit zur Durchführung unvermuteter Kontrollen, die zu einer effektiven Anlagenüberwachung unerlässlich sind, und damit auch der vom Gesetzgeber mit § 52 BImSchG beabsichtigte Kontrollzweck weitgehend leer. Dies gilt in gleicher Weise für regelmäßige Kontrollen nach § 52 Abs. 1b BImSchG. 88Schutzwürdige Interessen des Anlagenbetreibers gebieten in der Regel ebenfalls keine Ankündigung anlassloser Kontrollen. Betriebliche oder sonstige Belange des Anlagenbetreibers werden durch nicht angekündigte Kontrollen objektiv nicht übermäßig (unverhältnismäßig i. e. S.) beeinträchtigt. Das gilt mit Blick auf alle hier in Betracht kommenden Grundrechtsgewährleistungen (etwa Art. 13, 14, 2 Abs. 1 GG). 89Zum - bei prinzipieller Einbeziehung von Geschäfts- und Betriebsräumen in den Schutzbereich des Art. 13 GG - geringeren Schutzbedürfnis derartiger Räume, weshalb behördliche Betretungsrechte für Routinekontrollen keinen Eingriff i. S. d. Art. 13 Abs. 3 GG darstellen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 1971 ‑ 1 BvR 280/66 -, juris Rn. 38 ff.; BVerwG, Urteil vom 5. November 1987 ‑ 3 C 52.85 -, juris Rn. 25 ff. 90Eine übermäßige, durch den Kontrollzweck nicht gerechtfertigte Störung der Betriebsabläufe kann im Einzelfall durch die konkrete Gestaltung der Art und Weise der Kontrolle ausreichend vermieden werden. Dazu gehört auch, dass sich die die Kontrolle durchführenden Behördenmitarbeiter zu Beginn der Inspektion bei der an dem betreffenden Tag vor Ort anwesenden, für den Betrieb der Anlage verantwortlichen, das Hausrecht ausübenden Person anmelden und die weiteren für den kontrollierten Betrieb maßgeblichen Sicherheitsvorschriften, z. B. das Anlegen von Schutzausrüstung, beachten. 91Vgl. zu Lebensmittelkontrollen nach § 41 Abs. 3 Nr. 1 LMBG (nunmehr: § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LFGB): BVerwG, Urteil vom 5. November 1987 ‑ 3 C 52.85 -, juris Rn. 31. 92Die Einhaltung der maßgeblichen Sicherheitsvorschriften kann von den mit der Überwachung betrauten, fachlich mit Anlagen der zu kontrollierenden Art vertrauten Mitarbeitern regelmäßig ohne weiteres erwartet werden. Dies vorausgeschickt kann die Notwendigkeit einer vorherigen Ankündigung von Vor-Ort-Inspektionen auch nicht mit der Erwägung begründet werden, dass Anlagen, die in den Anwendungsbereich der Industrieemissions-Richtlinie fallen, anders als sonstige (Gewerbe-)Betriebe ein hohes Gefährdungspotential und damit zugleich eine erhöhte Sensibilität gegenüber Störungen durch betriebsfremde Einflüsse aufweisen. 93Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung durch unangemeldete Kontrollen folgt schließlich nicht daraus, dass gemäß § 52a Abs. 5 BImSchG nach jeder Vor-Ort-Besichtigung einer Anlage ein Bericht mit den relevanten Feststellungen über die Einhaltung der Genehmigungsanforderungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und der Nebenbestimmungen nach § 12 BImSchG sowie mit Schlussfolgerungen, ob weitere Maßnahmen notwendig sind, erstellt wird (Satz 1) und dieser Bericht innerhalb von vier Monaten nach der Vor-Ort-Besichtigung der Öffentlichkeit nach den Vorschriften über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen ist (Satz 3). Zweck des Zugänglichmachens der Berichte ist die Information der Öffentlichkeit - also auch möglicher Kunden und Geschäftspartner - unter anderem darüber, ob das Unternehmen seinen Verpflichtungen aus dem Genehmigungsbescheid nachkommt. Der Inhalt des Berichts kann daher einen wettbewerbsrelevanten Eindruck über die Zuverlässigkeit des Unternehmens vermitteln. 94Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2020 - 8 B 1564/19 -, juris Rn. 12 und vom 30. Oktober 2014 - 8 B 721/14 -, juris Rn. 11. 95Sind die in dem Bericht vermerkten Beanstandungen berechtigt, muss der Anlagenbetreiber dies hinnehmen und zum Anlass nehmen, zukünftig jederzeit für einen genehmigungskonformen Zustand und Betrieb seiner Anlage Sorge zu tragen, der keinen Anlass zu Beanstandungen gibt. Sind die bei einer Vor-Ort-Kontrolle zunächst vermerkten Beanstandungen hingegen unberechtigt, bedarf es nicht - wie die Klägerin meint - zur effektiven Wahrnehmung ihrer Rechte einer Hinzuziehung von bestimmten Vorstandsmitgliedern, Sachverständigen und Rechtsanwälten schon bei der Umweltinspektion. Denn abgesehen von der offenkundig ohnehin bestehenden Verwaltungspraxis, bei der unangekündigten Kontrolle nicht zu klärende Fragen in einem mit den maßgeblichen Ansprechpartnern vereinbarten Folgetermin zu erörtern, werden die Inspektionsberichte vor ihrer Veröffentlichung im Internet zunächst dem Anlagenbetreiber übermittelt (vgl. § 52a Abs. 5 BImSchG), wodurch er Gelegenheit zur Stellungnahme und Ausräumung etwaiger Missverständnisse erhält. Zudem steht dem Anlagenbetreiber - wie sich nicht zuletzt am Beispiel der Klägerin zeigt (vgl. insoweit die Beschlüsse gleichen Rubrums des Verwaltungsgerichts vom 8. Januar 2019 ‑ 3 L 3420/18 - sowie nachgehend des erkennenden Senats vom 28. August 2020 ‑ 8 B 128/19 -) gegen die Veröffentlichung des Umweltinspektionsberichts effektiver Rechtsschutz zur Verfügung. 96Vgl. im Einzelnen zu den Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung des Umweltinspektionsberichts: OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2020 - 8 B 1564/19 -, juris Rn. 5 ff. 97cc) Ausgehend von diesen Maßstäben war die von zwei Behördenmitarbeitern der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 durchgeführte Vor-Ort-Besichtigung auf dem Anlagengrundstück der Klägerin rechtmäßig. 98aaa) Die Behördenmitarbeiter haben sich an den Vorgaben des zur Zeit der Kontrolle geltenden Umweltinspektionserlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 26. Juni 2015- V-1/V-7-1034 -) orientiert, der in Bezug auf die hier in Rede stehenden Routinekontrollen in Ziffer 4.2 ausführt: 99„Unangemeldete Kontrollen bergen zwar das Risiko, dass zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Besichtigung das Betriebsgelände bzw. bestimmte Anlagen nicht zugänglich oder aber verantwortliche bzw. auskunftsfähige Personen nicht vor Ort sind. Allerdings ermöglicht eine unangemeldete behördliche Inaugenscheinnahme des Betriebsgrundstücks und der Einrichtungen einen wirklichkeitsgetreuen Einblick in die Betriebsführung und den Anlagenzustand. Darauf deutet die merklich erhöhte Mängelquote bei den bisher unangemeldet durchgeführten Inspektionen hin. In den anlagenbezogenen Überwachungsprogrammen sollen die Umweltschutzbehörden daher anstreben, zumindest 25 % der jährlich durchgeführten Umweltinspektionen unangemeldet durchzuführen.“ 100Die so begründete und zumindest auch im behördlichen Interesse (Beschleunigung, schnelle Verfügbarkeit von Unterlagen und Anwesenheit kompetenter Ansprechpartner) liegende Verwaltungspraxis im Land Nordrhein-Westfalen, Kontrollen zumeist anzukündigen und (nur) mindestens 25 % der Kontrollen unangekündigt durchzuführen, begegnet nach den vorstehenden Ausführungen keinen durchgreifenden Bedenken. 101bbb) Die vor Ort anwesenden Behördenmitarbeiter haben sich am 10. Juli 2018 ordnungsgemäß beim Niederlassungsleiter angemeldet und darauf hingewiesen, zu welchem Zweck sie das Anlagengrundstück betreten/besichtigen möchten. 102Vgl. zum Recht des Verpflichteten, darüber zu entscheiden, wer die dem Publikumsverkehr nicht eröffneten Betriebs- und Geschäftsräume betreten darf, und zu erfahren, welche Personen zu welchem Zweck sich in diesen Räumen aufhalten (Informationsrecht), BVerwG, Urteil vom 5. November 1987 - 3 C 52.85 -, juris Rn. 22. 103ccc) Der zwischen den Beteiligten nicht einheitlich beantworteten Frage, ob der Niederlassungsleiter, Herr T. , den vor Ort anwesenden Behördenmitarbeitern das Einverständnis mit der Anlagenbegehung erteilt hatte bzw. ob diese berechtigterweise von einem Einverständnis durch die Klägerin ausgehen durften, brauchte der Senat nicht weiter nachzugehen. Zwischen den Beteiligten ist jedenfalls unstreitig, dass die Klägerin die Anlagenbegehung nach Hinweis auf die Rechts- bzw. Erlasslage - und im Übrigen auch in Kenntnis dessen, dass die Bezirksregierung den vorangegangenen Streitfall zum Anlass genommen hatte, ein Zwangsgeld anzudrohen - zunächst faktisch geduldet, an der Betriebsbegehung durch Begleitung der Behördenmitarbeiter mitgewirkt und diesen erst nach etwa 45 Minuten telefonisch ein Hausverbot erteilt hat. Diesem Hausverbot sind die Behördenmitarbeiter auch unstreitig umgehend nachgekommen, indem sie das Betriebsgelände verlassen haben. Auf ein eventuell nicht vorhandenes Einverständnis der Klägerin bzw. eine fehlende Billigung der Maßnahme kam es nach der vorstehenden Auslegung des Begriffs des Gestattens in § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG für die Rechtmäßigkeit der Anlagenbegehung nicht an. 104ddd) Die Vor-Ort-Besichtigung war auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie nicht zuvor angekündigt wurde. Dass die Bezirksregierung Düsseldorf entgegen den vorstehenden Ausführungen ausnahmsweise verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin von dem Termin vorab in Kenntnis zu setzen, kann auf der Grundlage ihres Vorbringens nicht festgestellt werden. 105Zwar wäre es hilfreich gewesen, wenn die Bezirksregierung die Klägerin nach der überraschenden Klagerücknahme in dem vorangegangenen Verfahren 8 A 999/16 darauf hingewiesen hätte, dass sie ihre Rechtsauffassung und ihre Verwaltungspraxis nicht geändert hatte. Die erneute Durchführung einer unangekündigten Kontrolle erwies sich aber auch nicht als treuwidrig, weil die Überwachungsbehörde der Klägerin keinen Anlass zu der Annahme gegeben hatte, dass die Verwaltungspraxis generell oder gar bezogen auf die Anlagen der Klägerin geändert worden sei. Allein daraus, dass mehrere Kontrollen angekündigt worden waren, konnte die Klägerin eine diesbezügliche Erwartung bei objektiver Betrachtung nicht ableiten. 106Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Rechtsposition der Klägerin ist nicht darin zu sehen, dass infolge der unterbliebenen Ankündigung eine Teilnahme derjenigen Personen nicht möglich war, die nicht (während der gesamten Anlagenbegehung) vor Ort waren und auch nicht kurzfristig anreisen konnten. Zwar dürfte die Klägerin aufgrund ihres Hausrechts grundsätzlich verlangen können, dass sich die Behördenmitarbeiter auf dem Anlagengrundstück nicht unbegleitet bewegen. Ein entsprechendes Verlangen wäre nicht ohne weiteres von dem behördlichen Zutrittsrecht gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG gedeckt. Das ist hier auch nicht geschehen; der Betriebsleiter war anwesend und hat die Behördenmitarbeiter begleitet. 107Aus ihrem Hausrecht bzw. ihrer betrieblichen Organisationshoheit folgt indes kein Anspruch der Klägerin darauf, dass ihr die Teilnahme von Personen ermöglicht wird, die an dem jeweiligen Termin nicht vor Ort sind und deren Anreise einen nicht lediglich geringen zeitlichen Aufwand erfordert. Die Anlagenbegehung und ‑besichtigung ist wesentlicher Bestandteil der behördlichen Anlagenüberwachung und damit als hoheitliche Maßnahme zu qualifizieren. Demgemäß obliegt es allein der Überwachungsbehörde, in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens darüber zu entscheiden, welche im Lager des Verpflichteten stehenden Personen ihr bei der Vor-Ort-Besichtigung unterstützend zur Seite stehen (müssen). Hiervon geht ersichtlich auch der Gesetzgeber aus, wenn er in § 52 Abs. 2 Satz 3 BImSchG den Betreiber von Anlagen, für die ein Immissionsschutzbeauftragter oder ein Störfallbeauftragter bestellt ist, verpflichtet, diesen auf Verlangen der zuständigen Behörde zu Überwachungsmaßnahmen nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG hinzuzuziehen. Dass unangekündigte Vor-Ort-Besichtigungen für die Überwachungsbehörde mit dem Risiko verbunden sind, bei ihrer Durchführung auf sich möglicherweise ergebende Fragen keine qualifizierten Antworten zu erhalten, weil eine mit dem entsprechenden, insbesondere technischen Sachverstand ausgestattete Person ortsabwesend ist und/oder wegen anderweitiger, im betrieblichen Interesse unaufschiebbarer Verpflichtungen an der Anlagenbegehung nicht teilnehmen kann, ändert an dem vorstehenden Befund nichts. In einem solchen Fall ist es der Überwachungsbehörde lediglich verwehrt, allein hieraus für den Anlagenbetreiber negative Schlussfolgerungen abzuleiten. 108Die Unverhältnismäßigkeit der unangekündigten Vor-Ort-Besichtigung folgt auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin, eine vorherige Ankündigung eröffne dem Anlagenbetreiber die Möglichkeit, die mit der Durchführung der Anlagenbegehung einhergehenden Betriebsbeeinträchtigungen mittels betriebsorganisatorischer Maßnahmen möglichst zu vermeiden bzw. diese zumindest abzumildern. Die Überwachungsbehörde ist bei der Durchführung der Überwachungsmaßnahme bereits aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, auf die berechtigten Belange des Anlagenbetreibers Rücksicht zu nehmen. Hieraus folgt, dass sich die betrieblichen Beeinträchtigungen, die mit der behördlichen Anlagenbegehung einhergehen, auf das aus dem Zweck der Maßnahme ergebende Mindestmaß zu beschränken haben. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der beiden Behördenmitarbeiter am 10. Juli 2018 diesen Rahmen verlassen hatte, hat die Klägerin nicht benannt. Sie drängen sich auch mit Blick auf die Dauer der Inspektion von etwa 45 Minuten sowie die Anzahl der vor Ort anwesenden Behördenmitarbeiter nicht auf. Es ist im Übrigen nicht geltend gemacht und nach Aktenlage auch auszuschließen, dass eine Unverhältnismäßigkeit der streitbefangenen Vor-Ort-Besichtigung aus einer überzogenen Häufigkeit der Inspektionen der betreffenden Anlage folgt. 109b) Ob das Betreten und Besichtigen des Anlagengrundstücks der Klägerin auch auf der Grundlage des § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG - das von der Klägerin betriebene Sonderabfall-Zwischenlager fällt jedenfalls gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 KrWG in den Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, so dass die Klägerin neben immissionsschutzrechtlichen Anforderungen auch abfallrechtliche Verpflichtungen treffen - erfolgen durfte, braucht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen nicht weiter vertieft zu werden. Diese Überwachungsvorschrift, die selbstständig neben § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG steht, 110vgl. Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 52 BImSchG Rn. 9 (Stand der Kommentierung: Januar 2014); Lechelt, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 52 Rn. 135, 111regelt ebenfalls das behördliche Betretungs- und Besichtigungsrecht der zuständigen Überwachungsbehörde. Im Hinblick auf die hier in Rede stehende Pflicht zur vorherigen Ankündigung der Vor-Ort-Besichtigung dürfte § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG, um auch überraschende Kontrollen zu ermöglichen, keine anderen Anforderungen aufstellen als § 52 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BImSchG. 112Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 5. September 2014 - OVG 11 N 118.12 -, juris Rn. 17; Beckmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 47 KrWG Rn. 66 (Stand der Kommentierung: April 2013). 113III. Der zweite Feststellungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 1141. Die mit dem zweiten Klageantrag begehrte Feststellung, dass das Fotografieren am Betriebsstandort nach dem Betreten des Anlagengrundstücks der Klägerin durch Mitarbeiter der Bezirksregierung am 10. Juli 2018 rechtswidrig war, ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insoweit gelten die unter II. 1. gemachten Ausführungen entsprechend. 1152. Der zweite Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil das Anfertigen von Lichtbildern zu Dokumentationszwecken während der Anlagenbegehung am 10. Juli 2018 rechtmäßig war. 116Dabei kann dahinstehen, ob - was wiederum zwischen den Beteiligten umstritten ist - die Lichtbilder im (konkludenten) Einverständnis der Klägerin angefertigt wurden. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, bedurfte die Anfertigung der Lichtbilder einer Ermächtigungsgrundlage (dazu a)), die hier vorliegt (dazu b)). Auch im Übrigen begegnet die Anfertigung der Lichtbilder im vorliegenden Einzelfall keinen Rechtmäßigkeitsbedenken (dazu c)). 117a) Die Anfertigung von Lichtbildern während einer Vor-Ort-Besichtigung durch die Überwachungsbehörde bedarf jedenfalls dann einer Ermächtigungsgrundlage, wenn sie gegen den Willen des Hausrechtsinhabers erfolgt. Insoweit liegt ein Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG vor. Im Interesse eines wirksamen Schutzes der Wohnung legt das Bundesverfassungsgericht diesen Begriff weit aus und zählt hierzu auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume einschließlich des umfriedeten Besitztums. Das Grundrecht gewährleistet den Schutz gegen Eingriffe in die Entscheidung des Hausrechtsinhabers über das Zutrittsrecht im Einzelnen und über die Zweckbestimmung des Aufenthalts. 118Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 1998 ‑ 1 BvF 1/91 -, juris Rn. 134, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 25. August 2004 - 6 C 26.03 -, juris Rn. 23. 119Auch eine Kommanditgesellschaft wie die Klägerin kann über Art. 19 Abs. 3 GG Trägerin des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG sein. 120Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1976 ‑ 2 BvR 294/76 -, juris Rn. 29, m. w. N. 121Daher kann offen bleiben, ob die Anfertigung der Lichtbilder darüber hinaus - wie die Klägerin meint - auch in ihr durch Art. 14 GG gewährleistetes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bzw. in ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit - insoweit übersieht die Klägerin allerdings, dass die Lichtbilder zu Dokumentationszwecken angefertigt wurden und nicht der Ausspähung dienen sollten - bzw. in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht eingriff. 122b) Für das Anfertigen der Lichtbilder steht eine taugliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass das Anfertigen der Lichtbilder bzw. das Erstellen einer Fotodokumentation - im Gegensatz etwa zu § 64 Abs. 4 Nr. 1 AMG - nicht ausdrücklich in § 52 Abs. 2 BImSchG aufgeführt ist. Die Befugnis der Überwachungsbehörde, im Rahmen der Vor-Ort-Besichtigung Lichtbilder anzufertigen, ist aber auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Wortlaut des § 52 BImSchG von dem Besichtigungsauftrag bzw. der Besichtigungsermächtigung gedeckt, wenn und soweit die Lichtbilder der Dokumentation der Kontrolle sowie der Plausibilisierung etwaiger Beanstandungen dienen. 123Vgl. zu diesem Erfordernis mit Blick auf die Veröffentlichung eines etwaigen Mängelberichts nach § 52a Abs. 5 BImSchG OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2020 - 8 B 128/19 -, n. v. Seite 4 f. des Beschlussabdrucks, und ‑ 8 B 1564/19 -, juris Rn. 5 ff. 124Lichtbilder sind dazu bestimmt und hierfür auch besonders geeignet, die während der Anlagenbesichtigung (im Sinne einer Inaugenscheinnahme) optisch wahrgenommenen tatsächlichen Verhältnisse bildlich - als ausgedrucktes bzw. digital gespeichertes Foto - festzuhalten. Der ihnen damit zukommende Dokumentationszweck erfüllt dabei zwei Funktionen: Zum einen dienen Lichtbilder der Überwachungsbehörde als Gedächtnisstütze bei der sich anschließenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage bezüglich der tatsächlichen Verhältnisse „vor Ort“. Zum anderen dienen sie der Beweissicherung für ein sich ggf. anschließendes (verwaltungs)gerichtliches Verfahren. 125Demgemäß bedarf die Anfertigung von Lichtbildern im Rahmen eines Überwachungstermins - analog dem behördlichen Betretungsrecht - auf Tatbestandsseite keiner Zustimmung durch den Anlagenbetreiber. 126c) Die Anfertigung der Lichtbilder während der Vor-Ort-Besichtigung am 10. Juli 2018 begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit. 127aa) Der von der Klägerin angesprochene Aushang, dass auf dem Anlagengrundstück ein Fotografierverbot gelte, richtete sich bei objektiver Auslegung generell an betriebsfremde Besucher. Ausgehend davon, dass bei früheren Anlagenbegehungen unstreitig auch bereits Fotos aufgenommen worden waren, war schon nicht davon auszugehen, dass sich das Fotografierverbot auch an Behördenmitarbeiter in Ausübung der Besichtigungsbefugnis nach § 52 Abs. 2 BImSchG richten sollte. Jedenfalls aber bedurfte es nach den vorstehenden Ausführungen nicht des ausdrücklichen Einverständnisses der Klägerin. Dass sich die vor Ort anwesenden Personen - hier der Niederlassungsleiter und der Betriebsleiter - der Anfertigung von Fotos in einer Weise entgegengestellt hätten, die den Erlass einer Ordnungsverfügung nebst Zwangsmittelandrohung erforderlich gemacht hätten, ist dem insoweit von den Beteiligten unstreitig vorgetragenen Sachverhalt nicht zu entnehmen. 128bb) Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann ebenfalls nicht festgestellt werden. 129Die Anfertigung von Lichtbildern ist geeignet, um eine rechtssichere Dokumentation des Anlagenzustandes zu gewährleisten. Bedenken gegen die Erforderlichkeit dieser Maßnahme bestehen nicht. Eine rein schriftliche Dokumentation des Kontrolltermins ist nicht gleich geeignet, den genannten Zweck der Beweissicherung zu erreichen. Lichtbilder können unbeteiligten Dritten, namentlich den in einem gerichtlichen Verfahren zur Entscheidung berufenen Spruchkörpern, die vor Ort vorgefundenen Zustände im Regelfall besser vermitteln als eine schriftliche Dokumentation, die typischerweise den Detailreichtum eines (Farb)Lichtbildes nicht vollständig erfassen (können) wird. Die von der Klägerin ferner angesprochene Anfertigung eigener Lichtbilder stellt - abgesehen davon, dass sich dem Senat der sich aus einer solchen Vorgehensweise ergebende tatsächliche oder rechtliche Vorteil für die Klägerin nicht erschließt - ebenfalls kein gleich geeignetes Mittel dar. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es allein der Überwachungsbehörde und nicht dem Anlagenbetreiber obliegt, darüber zu entscheiden, welche Zustände sie auf dem Anlagengrundstück zur Beweissicherung mittels Lichtbildern festhält. Daher erscheint es wenig praktikabel, wenn die Behördenvertreter die Mitarbeiter der Klägerin für die Anfertigung jedes einzelnen Lichtbildes ersuchen müssten; dies gilt in besonderem Maße, wenn es genauer Vorgaben bedarf, was genau und aus welchem Winkel es aufgenommen werden soll. Neben einer Verzögerung der Durchführung der Kontrolle birgt eine solche Vorgehensweise zudem ersichtlich ein gewisses Konfliktpotential für den Fall, dass die Anfertigung der Lichtbilder nicht in einer nach Auffassung der Überwachungsbehörde hinreichenden Art und Weise erfolgt. 130Die Anfertigung der Lichtbilder am 10. Juli 2018 war auch angemessen. Der damit verbundene Eingriff in die Rechtsposition der Klägerin erweist sich hinsichtlich seiner Intensität und Qualität als gering. Denn durch die angefertigten Lichtbilder werden lediglich diejenigen Zustände und Verhältnisse fotografisch festgehalten, die die vor Ort anwesenden Behördenmitarbeiter visuell ohnehin wahrgenommen haben. Daher kommt der rechtssicheren Dokumentation der tatsächlichen Vor-Ort-Verhältnisse, die im Übrigen auch im wohlverstandenen Rechtsschutzinteresse der Klägerin ist, eine höhere Bedeutung zu. Etwas anderes folgt nicht aus dem Hinweis der Klägerin, behördliche Umweltinspektionen seien in der Vergangenheit ohne das begleitende Anfertigen von Lichtbildern durch die Überwachungsbehörde ausgekommen. Allein aus dem Umstand, dass die Überwachungsbehörden von den ihnen durch das Gesetz eröffneten Befugnissen in der Vergangenheit nicht in einer Weise Gebrauch gemacht haben, wie dies offenbar gegenwärtig erfolgt, lassen sich keine Anhaltspunkte gegen die Angemessenheit einer behördlichen Maßnahme ableiten. Vielmehr dürfte die von der Klägerin angesprochene Entwicklung der Überwachungspraxis auch darauf zurückzuführen sein, dass die nach jeder Vor-Ort-Besichtigung zu erstellenden und der Öffentlichkeit zugänglich zu machenden Umweltinspektionsberichte vermehrt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wurden bzw. werden, weshalb die in diesen Verfahren zur Plausibilisierung etwaiger Beanstandungen verpflichteten Überwachungsbehörden vermehrt von ihrer Befugnis, Lichtbilder anzufertigen, Gebrauch machen. 131Es kann hier dahin stehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei Vor-Ort-Besichtigungen auch Fotos von Personen angefertigt werden dürften. Denn das ist hier ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Fotodokumentation nicht geschehen. 132Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot folgt auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin, dass die angefertigten Lichtbilder Gegenstand der Überwachungsakte würden, grundsätzlich auf der Grundlage von Umweltinformationsansprüchen jedermann zur Einsicht zur Verfügung stünden und eine Einsichtnahme in Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ermöglichten. Das von der Klägerin damit angesprochene Geheimhaltungsinteresse wird in ausreichender Weise durch das Umweltinformationsgesetz des Bundes (UIG) bzw. dasjenige des Landes Nordrhein-Westfalen (UIG NRW) geschützt. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 UIG ist der Antrag auf Zugänglichmachung einer Umweltinformation abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden (Nr. 1) oder durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen (Nr. 3), es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 UIG sind die Betroffenen vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UIG geschützten Informationen anzuhören. Im Anwendungsbereich des UIG NRW gilt derselbe einfachgesetzliche Schutzmechanismus, weil § 9 Abs. 1 UIG über § 2 Satz 3 UIG NRW Anwendung findet. Abgesehen davon hat die Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die am 10. Juli 2018 angefertigten Lichtbilder Darstellungen enthalten, die als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zu qualifizieren sind. 133Vgl. zur Auslegung dieser Begriffe: BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 64 f., m. w. N. 134Entsprechendes würde gelten, wenn - was aber hier nicht der Fall ist - auf den Fotos auch die Gesichter von Personen zu sehen wären. 135Die Kostenentscheidung folgt für beide Instanzen aus § 154 Abs. 1 VwGO. 136Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 137Die Revision wird mit Blick auf die Fragen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen regelmäßige Umweltinspektionen nach § 52 BImSchG vorher anzukündigen sind und ob diese Rechtsgrundlage auch eine Befugnis zur Anfertigung von Fotos umfasst, wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). 138Rechtsmittelbelehrung 139Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu. 140Die Revision ist bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich eingelegt wird. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 141Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich einzureichen. 142Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ‑‑ ERVV –) wird hingewiesen. 143Im Revisionsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Revision. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). 144Dr. Kleinschnittger Dr. Rolfsen Dr. Lier 145Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter folgender 146B e s c h l u s s : 147Der Streitwert wird - nach Anhörung der Beteiligten und zugleich unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung - für beide Instanzen auf 10.000,- Euro festgesetzt. 148G r ü n d e : 149Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 und Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Dabei bemisst der Senat das Interesse der Klägerin an den beiden Feststellungsanträgen unter Berücksichtigung der Nr. 1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 mit jeweils 5.000,- Euro. 150Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). | auf die berufung des beklagten wird das ohne mündliche verhandlung ergangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 17. januar 2019 geändert. die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2die klägerin begehrt die feststellung, dass das betreten ihres anlagengrundstücks am 10. juli 2018 durch mitarbeiter der bezirksregierung düsseldorf sowie die dabei erfolgte anfertigung von lichtbildern rechtswidrig waren. 3die klägerin betreibt auf dem vorgenannten anlagengrundstück ein sonderabfall-zwischenlager (lagerung besonders überwachungsbedürftiger und nicht besonders überwachungsbedürftiger abfälle inklusive abfallschlämme). die anlage fällt in den anwendungsbereich der richtlinie 2010/75/eu des europäischen parlaments und des rates vom 24. november 2010 über industrieemissionen (im folgenden: industrieemissions-richtlinie). grundlage dieses anlagenbetriebs ist die (der n. entsorgungsgesellschaft mbh erteilte) immissionsschutzrechtliche genehmigung vom 15. dezember 2004, die in teil 3 „nebenbestimmungen und hinweise“ nr. 1.7 folgendes regelt: „die betreiberin hat den bediensteten der bezirksregierung und den für die überwachung der anlage zuständigen behörden jederzeit zutritt zur anlage sowie einsicht in die betriebsbücher zu gestatten und sie bei der erfüllung ihrer aufgaben zu unterstützen.“ 4die bezirksregierung führt im rahmen der anlagenüberwachung regelmäßig vor-ort-besichtigungen durch. dabei behält sie sich, gestützt auf den erlass „risikobasierte planung und durchführung von medienübergreifenden umweltinspektionen“ (im folgenden: umweltinspektionserlass), 5- siehe hinsichtlich des zeitpunkts der streitbefangenen vor-ort-besichtigung den erlass des ministeriums für klimaschutz, umwelt, landwirtschaft, natur- und verbraucherschutz des landes nordrhein-westfalen (mkulnv nrw) in der fassung vom 29. mai 2015, nunmehr den erlass des ministeriums für umwelt, landwirtschaft, natur- und verbraucherschutz des landes nordrhein-westfalen (mulnv nrw) in der fassung vom 17. september 2021 - 6vor, den anlagenbetreibern die konkreten termine, auch wenn diese nicht durch einen konkreten verdacht für das vorliegen von unregelmäßigkeiten veranlasst sind, nicht vorher mitzuteilen, wobei nach ziffer 4.2 des umweltinspektionserlasses die unangekündigten (regel-)inspektionen einen anteil von ca. 25 % ausmachen sollen. 7eine unangekündigte vor-ort-besichtigung auf dem anlagengrundstück der klägerin erfolgte am 8. mai 2015 durch zwei mitarbeiter der bezirksregierung, frau i. und herrn t. . der seinerzeit vor ort anwesende betriebsleiter, herr x. , erklärte den behördenmitarbeitern, dass die klägerin mit der begehung des anlagengrundstücks bis zum eintreffen eines mitarbeiters aus der genehmigungsabteilung in m. nicht einverstanden sei. da die behördenmitarbeiter dessen eintreffen nicht abwarten wollten, führten sie die anlagenbegehung selbstständig und ohne begleitung eines vertreters der klägerin durch (vgl. den vermerk über die anlagenüberwachung am 8. mai 2015). hierbei wurden verschiedene mängel der anlage bzw. im betriebsablauf festgestellt und entsprechende lichtbilder gefertigt. im nachgang drohte die bezirksregierung der klägerin durch bescheid vom 19. mai 2015 die festsetzung eines zwangsgeldes in höhe von 20.000,‑ euro für den fall an, dass diese „ab sofort der ziffer 1.7 der genehmigung vom 15.12.2004 […] nicht vollständig nachkommen“ sollte. diesen bescheid hob das verwaltungsgericht düsseldorf auf eine entsprechende klage der klägerin durch gerichtsbescheid vom 21. april 2016 (3 k 3886/15) auf und stellte zugleich fest, dass die anlagenbegehung am 8. mai 2015 durch die mitarbeiter der bezirksregierung rechtswidrig gewesen sei; sie sei unverhältnismäßig gewesen, da sie zuvor nicht angemeldet worden sei. nach zulassung der berufung gegen den vorgenannten gerichtsbescheid durch den erkennenden senat (8 a 999/16) nahm die klägerin ihre klage noch vor der anberaumten mündlichen verhandlung mit schriftsatz vom 22. januar 2018 zurück, nachdem sich aus ihrer sicht ‑ die zwischenzeitlich durchgeführten vor-ort-kontrollen waren jeweils angekündigt worden - die überwachungspraxis der bezirksregierung so entwickelt habe, dass für sie zukünftig aller voraussicht nach kein anlass bestehen werde, das betreten ihres anlagengrundstücks zu verweigern. nachdem der beklagte der klagerücknahme nicht innerhalb von zwei wochen nach zustellung des die rücknahme enthaltenden schriftsatzes widersprochen hatte, stellte der senat das verfahren ein und erklärte den gerichtsbescheid vom 21. april 2016 durch beschluss vom 13. februar 2018 für wirkungslos. schriftverkehr oder mündliche absprachen darüber, wie bei vor-ort-kontrollen der betreffenden anlage zukünftig generell verfahren werden sollte, waren der klagerücknahme nicht vorausgegangen. 8am 10. juli 2018 suchten erneut zwei mitarbeiter der bezirksregierung, herr t. und herr b. , das anlagengrundstück der klägerin ohne vorherige ankündigung auf. in dem hierzu angefertigten vermerk führte herr t. aus, dass die vor-ort-besichtigung im rahmen des ied‑überwachungsprogramms erfolgt sei (anm.: ied ist die abkürzung für industrial emissions directive; hierbei handelt es sich um die englischsprachige bezeichnung der industrieemissions-richtlinie). auf eine vorherige ankündigung sei verzichtet worden, da nach dem „überwachungserlass“ des mulnv nrw vom 16. mai 2018 - gemeint ist ein erlass des ministeriums, der sich mit der rechtsauffassung des verwaltungsgerichts düsseldorf auseinandersetzt und die nachgeordneten behörden auffordert, dieser nicht zu folgen (vgl. beiakte 2, blatt 1) - auch unangekündigte überwachungen durchgeführt werden sollten und die letzten drei überwachungen vorher bekannt gegeben worden seien. dass eine inspektion spätestens am 18. juli 2018 hätte erfolgen müssen, sei der klägerin wegen der kenntnis des datums der letzten überwachung (18. juli 2016) sowie des überwachungsintervalls von zwei jahren bekannt. zu beginn der inspektion hätten sich die behördenmitarbeiter bei dem niederlassungsleiter, herrn t. , angemeldet. dieser habe auf die „üblichen regelungen“ bei der klägerin verwiesen, womit nach ansicht des vermerkverfassers die vorherige anmeldung gemeint gewesen sei. er habe daraufhin auf den vorgenannten „erlass“ verwiesen und auf die durchführung der inspektion bestanden. herr t. , der einen anderen termin gehabt habe, habe seinen vertreter, herrn x. , gebeten, die anlage mit den behördenmitarbeitern zu begehen, was sodann geschehen sei. zum schluss der anlagenbegehung habe der geschäftsführer der klägerin angerufen und mitteilen lassen, dass dem vermerkverfasser hausverbot erteilt werde. da die begehung zu diesem zeitpunkt abgeschlossen gewesen sei, sei auf den erlass einer mündlichen duldungsverfügung verzichtet und die inspektion beendet worden. während dieser umweltinspektion wurden auch lichtbilder gefertigt. 9mit schreiben vom 18. juli 2018 an die bezirksregierung rügte die klägerin die am 10. juli 2018 durchgeführte inspektion, insbesondere den umstand der unterbliebenen vorherigen ankündigung. dabei verwies sie u. a. darauf, dass herr t. den behördenmitarbeitern mitgeteilt habe, dass er weder mit der beabsichtigten anlagenbegehung noch mit der anfertigung von lichtbildern einverstanden gewesen sei. hierauf entgegnete die bezirksregierung mit schreiben vom 26. juli 2018, auf der grundlage des aus dem behördlichen vermerk über die anlagenbegehung am 10. juli 2018 ersichtlichen sachverhalts ergäben sich keine anhaltspunkte dafür, dass herr t. mit dem betreten der anlage oder mit dem fotografieren nicht einverstanden gewesen sei. er habe vielmehr seinen vertreter gebeten, die behördenmitarbeiter bei der begehung zu begleiten und fragen zu beantworten. zudem habe herr t. , nachdem der geschäftsführer der klägerin, herr dr. t. m. , im rahmen der am 3. märz 2018 in einer anderen anlage der klägerin durchgeführten umweltinspektion das fotografieren akzeptiert habe, davon ausgehen dürfen, dass dies für alle weiteren anlagen der klägerin gelte. mit schreiben vom 6. september 2018 wies die klägerin erneut darauf hin, dass herr t. kein einverständnis für das betreten des anlagengrundstücks erteilt habe. er habe lediglich herrn x. zur begleitung der illegalen anlagenbegehung abgestellt, nachdem herr t. sich unter verweis auf den neuen erlass nicht habe aufhalten lassen. zudem habe herr t. herrn t. ausdrücklich auf das fotografierverbot hingewiesen, entsprechende schilder seien unübersehbar in der anlage ausgehängt. von einem stillschweigenden einvernehmen könne deshalb nicht ausgegangen werden. 10am 13. august 2018 fand eine weitere vor-ort-besichtigung der anlage der klägerin statt, die die bezirksregierung als „2. teil der umweltinspektion“ bezeichnete. auf grundlage der inspektionen vom 10. juli und 13. august 2018 fertigte sie unter dem 12. oktober 2018 einen umweltinspektionsbericht an. dieser hält als ergebnis verschiedene als „geringfügig“ und als „erheblich“ deklarierte mängel fest. dieser zur veröffentlichung im internet bestimmte umweltinspektionsbericht ist gegenstand des beim verwaltungsgericht düsseldorf anhängigen klageverfahrens (3 k 9484/18). auf den zugleich gestellten antrag der klägerin auf gewährung einstweiligen rechtsschutzes gab das verwaltungsgericht dem beklagten durch beschluss vom 8. januar 2019 (3 l 3420/18) auf, den umweltinspektionsbericht vom 12. oktober 2018 nur mit (näher geregeltem) eingeschränktem inhalt zu veröffentlichen. die dagegen gerichtete beschwerde des beklagten wies der senat durch beschluss vom 28. august 2020 (8 b 128/19) zurück. 11die klägerin hat am 22. oktober 2018 klage erhoben, mit der sie die feststellung begehrt, dass das betreten ihres anlagengrundstücks am 10. juli 2018 durch mitarbeiter der bezirksregierung düsseldorf sowie die dabei erfolgte anfertigung von lichtbildern rechtswidrig waren. zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: unter berücksichtigung der maßgeblichen umstände des konkreten einzelfalls sei die bezirksregierung nicht berechtigt gewesen, das anlagengrundstück unangemeldet und ohne gestattung zu betreten. im regelfall sei aus gründen der verhältnismäßigkeit eine ankündigung der inspektion geboten, nicht zuletzt um dem anlagenbetreiber zu ermöglichen, an der inspektion mit verantwortlichen personen aus der geschäftsführung, niederlassungs- oder betriebsleitung teilnehmen zu können. weder in dem behördenvermerk über den inspektionstermin noch aus dem verwaltungsvorgang ergebe sich ein plausibler grund für die nicht erfolgte ankündigung. darüber hinaus sei die anlagenbegehung am 10. juli 2018 auch deswegen rechtswidrig gewesen, weil die bezirksregierung eine schriftliche oder mündliche verfügung, den zutritt zu gestatten, nicht erlassen habe. dies wäre aber erforderlich gewesen, weil der niederlassungsleiter, herr t. , das für das betreten des anlagengrundstücks notwendige einverständnis nicht erteilt habe. auf die nebenbestimmung nr. 1.7 der immissionsschutzrechtlichen genehmigung vom 15. dezember 2004 könne die anlagenbegehung nicht gestützt werden, da diese lediglich deklaratorisch das wiederhole, was § 52 abs. 2 satz 1 bimschg ohnehin bereits vorsehe. unabhängig davon enthalte diese nebenbestimmung lediglich eine verpflichtung zur gestattung, nicht jedoch die gestattung selbst. mangels vorliegens einer gegenwärtigen gefahr hätten auch die voraussetzungen für einen sofortvollzug nach § 55 abs. 2 vwvg nrw nicht vorgelegen. die anfertigung von lichtbildern anlässlich des inspektionstermins am 10. juli 2018 sei ebenfalls rechtswidrig gewesen. eine entsprechende zustimmung sei den behördenmitarbeitern nicht erteilt worden. eine ermächtigungsgrundlage, lichtbilder ohne zustimmung des anlagenbetreibers anzufertigen, ergebe sich weder aus § 52 abs. 1 bzw. abs. 2 satz 1 bimschg noch aus §§ 24, 26 vwvfg nrw. das fotografieren von betrieblichen einrichtungen der betriebsstätte ohne erlaubnis beeinträchtige das grundrechtlich geschützte persönlichkeitsrecht des unternehmens. zu berücksichtigen sei, dass die im rahmen einer umweltinspektion gegen den willen des anlagenbetreibers aufgenommenen fotos gegenstand der überwachungsakte würden und damit grundsätzlich auf der grundlage von umweltinformationsansprüchen jedermann zur einsicht zur verfügung stünden. es sei außerdem nicht auszuschließen, dass das nicht genehmigte fotografieren der überwachungsbehörde eine einsichtnahme in betriebs- und geschäftsgeheimnisse ermögliche. 12die klägerin hat beantragt, 13festzustellen, dass das betreten des anlagengrundstücks der klägerin durch mitarbeiter der bezirksregierung am 10. juli 2018 rechtswidrig gewesen ist, 14festzustellen, dass das fotografieren am betriebsstandort nach dem betreten des anlagengrundstücks der klägerin durch mitarbeiter der bezirksregierung am 10. juli 2018 rechtswidrig gewesen ist. 15der beklagte hat beantragt, 16die klage abzuweisen. 17zur begründung hat er im wesentlichen vorgetragen: die begehung des anlagengrundstücks am 10. juli 2018 sei mit zustimmung des niederlassungsleiters erfolgt. eine explizite aussage, dass den behördenmitarbeitern der zutritt zum gelände der klägerin nicht gestattet werde, sei nicht getätigt worden. anderenfalls wäre eine mündliche ordnungsverfügung erlassen worden. selbst wenn eine zustimmung zur anlagenbegehung nicht vorgelegen habe, sei die durchführung der unangekündigten überwachung gemäß § 52 abs. 2 satz 1 bimschg zulässig gewesen. das behördliche zutrittsrecht hänge weder davon ab, ob konkrete anhaltspunkte vorlägen, die ein behördliches einschreiten notwendig machten, noch von einer vorgeschalteten ankündigung. sinn und zweck der überwachungspflicht nach § 52 bimschg sei es, zu überprüfen, ob der betreiber einer nach § 4 bimschg genehmigten anlage die erforderlichen gesetzlichen vorgaben zum schutz der menschlichen gesundheit und der umwelt einhalte. diesem zweck liefe es zuwider, wenn eine unangekündigte überwachung nur in konkreten ausnamefällen und bei einem konkreten verdacht durchgeführt werden dürfte. auch das anfertigen der lichtbilder sei rechtmäßig erfolgt. auf nachfrage von herrn t. habe der vertreter des niederlassungsleiters, herr x. , das fotografieren erlaubt. außerdem habe der geschäftsführer der klägerin, herr dr. t. m. , das fotografieren bei einer umweltinspektion im märz 2018 an einem anderen standort der klägerin akzeptiert. insofern hätten die behördenmitarbeiter davon ausgehen dürfen, dass dieser mit den fotografien einverstanden sei. hinzu komme, dass in der anfertigung der fotodokumentation kein eingriff in die grundrechte der klägerin liege. selbst wenn man von einem grundrechtseingriff ausginge, wäre dieser gerechtfertigt. die aufnahme der lichtbilder als abbild der anlage sei allein im rahmen der überwachungstätigkeit zu dokumentationszwecken erfolgt und vom weit auszulegenden prüfungsrecht nach § 52 abs. 2 satz 1 bimschg umfasst. 18durch das ohne mündliche verhandlung ergangene urteil vom 17. januar 2019 hat das verwaltungsgericht der klage stattgegeben und zur begründung im wesentlichen ausgeführt: die bezirksregierung könne sich für das unangekündigte betreten des anlagengrundstücks nicht auf eine taugliche ermächtigungsgrundlage berufen. die regelung des § 52 abs. 2 satz 1 bimschg schreibe der behörde nicht stets eine vorherige anmeldung oder stets die zwingende anwesenheit des anlagenbetreibers vor. andererseits erlaube sie wegen des grundsatzes der verhältnismäßigkeit nicht generell unangekündigte besichtigungen. dies komme etwa dann in betracht, wenn ansonsten die berechtigte gefahr bestünde, dass der zweck der besichtigung vereitelt werden würde. dies sei hier jedoch nicht der fall gewesen. auch der erlass, auf den sich die vertreter der bezirksregierung berufen hätten, sowie die nebenbestimmung nr. 1.7 der anlagengenehmigung vom 15. dezember 2004 seien keine tauglichen ermächtigungsgrundlagen gewesen. mangels vollziehbarer grundverfügung gegenüber der klägerin sei auch kein fall des sog. gestreckten verfahrens gemäß § 55 abs. 1 vwvg nrw anzunehmen; die voraussetzungen des sog. sofortigen vollzugs nach § 55 abs. 2 vwvg nrw lägen mangels eilbedürftigkeit nicht vor. infolge dessen unterlägen auch die während der rechtswidrigen anlagenbegehung gefertigten fotos einem verwertungsverbot. 19zur begründung der vom senat zugelassenen berufung trägt der beklagte im wesentlichen vor: die behördenmitarbeiter hätten aufgrund des verhaltens des herrn t. davon ausgehen dürfen, dass dieser mit der durchführung der inspektion einverstanden sei. zudem sei das betreten des anlagengrundstücks der klägerin am 10. juli 2018 von der ermächtigungsgrundlage des § 52 abs. 2 satz 1 bimschg gedeckt. aus der gesetzesbegründung ergebe sich, dass der gesetzgeber von einer pflicht zur duldung der überwachungsmaßnahme ausgegangen sei. eine duldung beinhalte schon dem allgemeinen sprachgebrauch nach gerade nicht das einbezogenwerden in eine entscheidung oder einen überwachungsvorgang. daher könne die überwachungsmaßnahme zum einen nicht vom willen des anlagenbetreibers abhängen; zum anderen setze § 52 abs. 2 satz 1 bimschg auch nicht generell voraus, dass der anlagenbetreiber auf die überwachungsmaßnahme vorbereitet sei, diese also mit zeitlichem vorlauf anzukündigen wäre. eine andere auslegung werde dem sinn und zweck der überwachungsnorm nicht gerecht. das betretungsrecht solle der zuständigen behörde eine wirksame überwachungstätigkeit ermöglichen. es diene der informationsgewinnung und letztlich der beurteilung, ob die zu überprüfende anlage den rechtlichen vorgaben entsprechend betrieben werde und die von ihr ausgehenden potentiellen gefahren in einem zu akzeptierenden ausmaß blieben. die ankündigung der überwachung biete dem anlagenbetreiber die möglichkeit zur gezielten vorbereitung des angekündigten überwachungstermins. die erfahrungen langjähriger behördlicher überwachungspraxis zeigten, dass eine erhöhte wahrscheinlichkeit von rechtsverstößen für die überwachungsbehörde im vorfeld einer inspektion kaum erkennbar sei. zudem habe eine neueste auswertung von umweltinspektionen bei anlagen, die - wie diejenige der klägerin - in den anwendungsbereich der industrieemissions-richtlinie fielen, durch das mulnv nrw ergeben, dass bei unangekündigten umweltinspektionen an solchen anlagen verhältnismäßig mehr mängel und zudem eine verhältnismäßig höhere mängelschwere festgestellt würden als bei angekündigten umweltinspektionen. auch außerhalb des anwendungsbereichs des bundes-immissionsschutzgesetzes seien unangekündigte, anlasslose kontrollen durch die überwachungsbehörden die regel und nicht die ausnahme, so im gewerbe-, arzneimittel-, gaststätten- und lebensmittelrecht. die unangekündigte umweltinspektion am 10. juli 2018 sei auch im übrigen verhältnismäßig gewesen. der überwachungstermin habe der turnusmäßigen überwachung der anlage der klägerin, die nach den entsprechenden überwachungsplänen alle zwei jahre zu überwachen sei, gedient. die damit verbundene belastung der klägerin stehe nicht außer verhältnis zum verfassungsrechtlichen gewicht des mit der immissionsschutzrechtlichen überwachung verfolgten zwecks und den damit verbundenen interessen der allgemeinheit. der schutz von leib und leben genieße in der verfassungsrechtlichen werteordnung einen besonders hohen rang und sei höher anzusiedeln als der schutz der klägerin vor störungen ihres besitzes. aufgrund der qualität der anlage als potentielle gefahrenquelle könne vom anlagenbetreiber auch verlangt werden, jederzeit eine befähigte person zur verfügung zu stellen, die über die erforderlichen fachkenntnisse zur erklärung der abläufe verfüge sowie über spezialkenntnisse über den jeweiligen betrieb. eine unangekündigte kontrolle der anlage stelle somit für den anlagenbetreiber aus betriebsorganisatorischen gründen keine besondere herausforderung dar. die anfertigung von lichtbildern im rahmen der anlagenbegehung am 10. juli 2018 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt. die ermächtigung hierfür folge aus § 52 blmschg und sei teil des weit auszulegenden überwachungs- und prüfungsrechts der überwachungsbehörde. die anfertigung von lichtbildern sei zwingend notwendig, um eine überwachungstätigkeit zu gewährleisten. zudem sei die behörde in einem sich ggf. anschließenden verwaltungsgerichtlichen verfahren verpflichtet, das vorliegen rechtswidriger zustände nachzuweisen. hierfür dienten die fotografien ebenfalls. 20im hinblick auf die derzeitige gefährdung durch das coronavirus seien die kontrollen zuletzt stets zuvor angekündigt worden, weil den anlagenbetreibern gelegenheit zu einer angemessenen vorbereitung, insbesondere mit blick auf erforderliche mindestabstände bei gesprächen, gegeben werden solle. grundsätzlich halte der beklagte aber an der auffassung fest, dass es in einem gewissen umfang auch unvermutete kontrollen geben müsse. 21der beklagte beantragt, 22das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 17. januar 2019 zu ändern und die klage abzuweisen. 23die klägerin beantragt, 24die berufung zurückzuweisen. 25zur begründung macht sie im wesentlichen geltend: eine einverständniserklärung mit der anlagenbegehung am 10. juli 2018 habe herr t. nicht abgegeben. die begleitung der behördenvertreter durch den stellvertretenden niederlassungsleiter, herrn x. , sei lediglich aus sicherheitsaspekten erfolgt. damit sei das betreten des anlagengrundstücks nicht im sinne des § 52 abs. 2 satz 1 bimschg gestattet gewesen. nach dem allgemeinen sprachgebrauch heiße „gestatten“ so viel wie „einwilligen, dass jemand etwas tut oder lässt“, und damit ein mehr in richtung des zutrittgewährens gegenüber dem bloßen geschehenlassen. zudem ermächtige § 52 abs. 2 satz 1 bimschg die zuständige behörde jeweils (nur) zu verhältnismäßigen maßnahmen. das behördliche betreten einer betriebsstätte im rahmen einer unangekündigten überwachung stelle einen intensiveren (grund-)rechtseingriff dar als das betreten bei einer angekündigten überwachung. werde der überwachungstermin angekündigt, könne der anlagenbetreiber seine terminplanung mit entsprechendem vorlauf von vornherein an den eckdaten des beabsichtigten behördlichen überwachungstermins ausrichten und damit einhergehende betriebsbeeinträchtigungen mittels betriebsorganisatorischer maßnahmen zumindest minimieren. daher müsse der überwachungstermin im hinblick auf den grundsatz der erforderlichkeit angekündigt werden, soweit der zweck des zutritts- und prüfungsrechts dadurch nicht vereitelt werde. auch der richtliniengeber der industrieemissions-richtlinie scheine in art. 23 abs. 1 unterabs. 2 von dem angekündigten überwachungstermin als regelfall auszugehen. ferner sei zu beachten, dass der anlagenbetreiber im hinblick auf seine betriebliche organisationshoheit grundsätzlich einen anspruch darauf habe, diejenigen natürlichen personen (insbesondere geschäftsführer, bestimmte verantwortliche bzw. mit besonderer fachkunde ausgestattete mitarbeiter, wie niederlassungsleiter, betriebsleiter und/oder umweltbeauftragte sowie externe personen wie z. b. vom anlagenbetreiber beauftragte externe sachverständige oder rechtsanwälte) zu bestimmen, die an einem konkreten behördlichen überwachungstermin teilnehmen sollen. dies sei dem anlagenbetreiber jedoch nur dann möglich, wenn ihm der überwachungstermin rechtzeitig vorher durch die behörde angekündigt werde. daher bedürfe jeder behördliche verzicht auf die ankündigung eines überwachungstermins stets einer besonderen rechtfertigung im einzelfall. ein sachlicher grund für den ankündigungsverzicht sei hier nicht gegeben und von der bezirksregierung in ihren verwaltungsvorgängen auch nicht dokumentiert. darüber hinaus seien unangekündigte vor-ort-besichtigungen im vergleich zu angekündigten nicht besser geeignet, dem überwachungszweck zu dienen. bezüglich der vom beklagten vorgelegten auswertungen von anlagen nach der industrieemissions-richtlinie in nordrhein-westfalen stehe bereits die repräsentativität der erhebung bzw. die vergleichbarkeit der erhobenen daten in frage. insbesondere sei nicht ersichtlich, welche anlagen jeweils konkret betroffen gewesen und welche mängel aus welchen gründen angeblich jeweils festgestellt worden seien. insoweit liege aber die annahme nicht fern, dass die angeblich geringere „mängelquote“ bei angekündigten behördlichen überwachungen gerade auf selbstkorrekturen der anlagenbetreiber zurückzuführen seien, die diese anlässlich der behördlichen ankündigung vornähmen. soweit der beklagte einen vergleich zu dem vollzug anderer überwachungsbehörden anstelle, verkenne er, dass sowohl die klägerin als auch das verwaltungsgericht nicht davon ausgingen, das bundes-immissionsschutzgesetz lasse ausnahmslos nur angekündigte überwachungstermine zu. die anfertigung von lichtbildern bzw. das erstellen einer fotodokumentation sei ebenfalls ohne das einverständnis der klägerin erfolgt. ein solches einverständnis könne nicht aus dem schweigen des stellvertretenden niederlassungsleiters, herrn x. , abgeleitet werden. zudem habe der niederlassungsleiter, herr t. , die mitarbeiter der bezirksregierung ausdrücklich auf das (diesen bekannte) fotografierverbot hingewiesen, ein verbotsschild sei darüber hinaus auch unübersehbar in der anlage ausgehängt. auf eine gesetzliche ermächtigungsgrundlage für das fotografieren von zuständen auf dem anlagengelände, das einen grundrechtseingriff darstelle, könne sich der beklagte ebenfalls nicht mit erfolg berufen. insbesondere stelle § 52 abs. 2 satz 1 bimschg keine solche dar, da dort das erstellen von fotodokumentationen nicht erwähnt sei. selbst wenn man hiervon ausginge, habe es hier jedenfalls an der zur überwindung des ausgesprochenen fotografierverbots erforderlichen behördlichen verfügung gefehlt. der anlagenbetreiber könne unproblematisch eigene fotos anfertigen, worin notwendig kein eingriff in seine rechte zu sehen wäre. die behördliche dokumentation eines kontrolltermins könne zudem schriftlich erfolgen, indem die behörde während des termins entsprechende notizen fertige, womit ebenfalls kein eingriff in rechte des anlagenbetreibers verbunden sei. in der vergangenheit seien behördliche umweltinspektionen auch unproblematisch ohne das begleitende anfertigen von fotos durch die überwachungsbehörde ausgekommen. 26in der am 27. august 2021 durchgeführten mündlichen verhandlung hat die klägerin die rücknahme der klage erklärt. die bezirksregierung düsseldorf hat mit schriftsatz vom 7. september 2021 mitgeteilt, dass sie der klagerücknahme nicht zustimme. der senat hat durch beschluss vom 8. september 2021 die mündliche verhandlung wiedereröffnet und den beteiligten unter berücksichtigung der erörterung der sach- und rechtslage in der mündlichen verhandlung rechtliche hinweise erteilt. 27hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte dieses verfahrens sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten, ferner die beigezogenen gerichtsakten 3 k 3886/15 vg düsseldorf (8 a 999/16 ovg), 3 k 9484/18 vg düsseldorf und 3 l 3420/18 vg düsseldorf (8 b 128/19 ovg) verwiesen. 28 | 29die zulässige berufung des beklagten ist begründet. das verwaltungsgericht hat der klage zu unrecht stattgegeben. die nicht wirksam zurückgenommene (dazu i.) klage der klägerin hat weder mit dem ersten (dazu ii.) noch mit dem zweiten feststellungsantrag (dazu iii.) erfolg. 30i. das gerichtliche verfahren ist nicht durch die von der klägerin in der mündlichen verhandlung am 27. august 2021 erklärte klagerücknahme beendet worden. diese prozesserklärung ist nicht wirksam geworden, da der beklagte mit schriftsatz vom 7. september 2021 erklärt hat, der klagerücknahme nicht zuzustimmen (§ 125 abs. 1 satz 1 i. v. m. § 92 abs. 1 satz 2 vwgo). die klagerücknahme in zweiter instanz setzt stets die einwilligung des beklagten voraus, auch wenn das verwaltungsgericht - wie hier - ohne mündliche verhandlung entschieden hat. 31vgl. seibert, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 125 rn. 30. 32dementsprechend war die mündliche verhandlung wiederzueröffnen (vgl. beschluss vom 8. september 2021) und über die berufung durch urteil zu entscheiden. 33ii. der erste feststellungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 341. die mit dem ersten klageantrag begehrte feststellung, dass das betreten des anlagengrundstücks der klägerin durch mitarbeiter der bezirksregierung am 10. juli 2018 rechtswidrig war, ist als feststellungsklage gemäß § 43 abs. 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. 35a) gemäß § 43 abs. 1 vwgo kann die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses oder der nichtigkeit eines verwaltungsakts begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat. unter einem feststellungsfähigen rechtsverhältnis sind die rechtlichen beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen norm für das verhältnis von (natürlichen oder juristischen) personen untereinander oder einer person zu einer sache ergeben. unabhängig von der frage der konkretisierung des rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den beteiligten dieses rechtsverhältnisses ein meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine seite berühmt, ein bestimmtes tun oder unterlassen der anderen seite verlangen zu können. es müssen sich also aus dieser rechtsbeziehung heraus bestimmte rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die anwendung von bestimmten normen auf den konkreten sachverhalt voraussetzt. daran fehlt es, wenn nur abstrakte rechtsfragen wie die gültigkeit einer norm zur entscheidung gestellt werden. auch bloße vorfragen oder unselbstständige elemente eines rechtsverhältnisses können nicht gegenstand einer feststellungsklage sein. 36vgl. bverwg, urteil vom 28. januar 2010 ‑ 8 c 19.09 -, juris rn. 24, m. w. n. 37das erste feststellungsbegehren der klägerin bezieht sich auf das am 10. juli 2018 erfolgte betreten ihres anlagengrundstücks durch zwei mitarbeiter der bezirksregierung. hierbei handelt es sich um ein konkretes rechtsverhältnis, auf das eine öffentlich-rechtliche norm (§ 52 abs. 2 satz 1 bimschg bzw. § 47 abs. 3 satz 2 krwg) anwendung findet. es besteht auch eine meinungsverschiedenheit zwischen den beteiligten über die rechtmäßigkeit der vor-ort-besichtigung, namentlich, ob es einer vorherigen ankündigung des konkreten termins bedurfte. 38für die begehrte feststellung besteht auch das gemäß § 43 abs. 1 vwgo erforderliche feststellungsinteresse. hinsichtlich der nicht erfolgten ankündigung des konkreten termins bzw. des - die richtigkeit ihres vortrags unterstellt - fehlenden einverständnisses mit der anlagenbegehung durch die klägerin folgt das besondere feststellungsinteresse aus der wiederholungsgefahr, also der konkret absehbaren möglichkeit, dass in naher zukunft und unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen umständen eine gleiche oder gleichartige maßnahme des beklagten zu erwarten ist, die die klägerin beschwert. 39vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2021 ‑ 1 c 13.19 -, juris rn. 16, m. w. n. 40die bezirksregierung ist gemäß § 52 abs. 1 satz 1, abs. 1b bimschg zur regelmäßigen überwachung der anlage der klägerin verpflichtet. hierzu gehören insbesondere vor-ort-besichtigungen (vgl. § 52 abs. 1b satz 2 bimschg). diese hat die bezirksregierung düsseldorf in der vergangenheit ohne vorherige ankündigung durchgeführt und behält sich dies unter verweis auf den umweltinspektionserlass auch für die zukunft vor. 41das feststellungsinteresse ist nicht deshalb ganz oder teilweise entfallen, weil die zurückliegenden regelkontrollen nach den übereinstimmenden angaben der beteiligten stets zuvor angekündigt worden waren. denn der umstand, dass die mitarbeiter der bezirksregierung derartige kontrollen derzeit zuvor ankündigen, beruht nicht auf einer änderung der rechtsauffassung des beklagten, sondern dient mit blick auf die corona-pandemie der reduzierung von infektionsgefahren, weil dem anlagenbetreiber so gelegenheit gegeben werden soll, bei besprechungen für die einhaltung der nötigen maßnahmen sorge zu tragen. die änderung der verwaltungspraxis ist daher nach gegenwärtigem sachstand lediglich vorübergehender natur. 42darüber hinaus folgt das feststellungsinteresse - auch bezüglich der übrigen einzelfallumstände der am 10. juli 2018 durchgeführten anlagenbegehung - aus dem gebot des effektiven rechtsschutzes gemäß art. 19 abs. 4 gg. das betreten bzw. besichtigen des anlagengrundstücks erledigt sich mit beendigung der vor-ort-besichtigung und damit typischerweise derart kurzfristig, dass sie ohne die annahme eines feststellungsinteresses regelmäßig keiner überprüfung im gerichtlichen hauptsacheverfahren zugeführt werden könnte. 43vgl. bverwg, urteil vom 16. mai 2013 ‑ 8 c 14.12 -, juris rn. 31 f., m. w. n. 44b) die klägerin ist auch in entsprechender anwendung des § 42 abs. 2 vwgo, 45vgl. zu diesem erfordernis: bverwg, urteil vom 5. juli 2018 - 3 c 21.16 -, juris rn. 21, 46klagebefugt, da nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass das betreten des anlagengrundstücks am 10. juli 2018 rechtswidrig war und sie in ihren grundrechten verletzte. 47c) der zulässigkeit der feststellungsklage steht auch nicht die in § 43 abs. 2 satz 1 vwgo angeordnete subsidiarität entgegen. diese vorschrift regelt das verhältnis der feststellungsklage zur gestaltungs- oder leistungsklage. einen verwaltungsakt im sinne des § 35 satz 1 vwvfg nrw in form einer duldungsverfügung hat die bezirksregierung - wovon die beteiligten übereinstimmend ausgehen - am 10. juli 2018 weder ausdrücklich noch konkludent erlassen. auch der bloße hinweis in teil 3 „nebenbestimmungen und hinweise“ nr. 1.7 des genehmigungsbescheides 15. dezember 2004 auf die pflichten des anlagebetreibers nach § 52 abs. 2 bimschg stellt - wovon die bezirksregierung inzwischen ebenfalls ausgeht - keine eigenständige grundlage für eine zwangsweise durchsetzung einer verweigerten vor-ort-besichtigung dar, macht mithin den erlass einer duldungsverfügung vor androhung und festsetzung von zwangsmitteln nicht entbehrlich. 482. der erste feststellungsantrag ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch auf die begehrte feststellung, weil das betreten ihres anlagengrundstücks am 10. juli 2018 durch zwei mitarbeiter der bezirksregierung rechtmäßig war. 49entsprechend dem vorbringen der beteiligten hat das verwaltungsgericht die rechtmäßigkeit der an diesem tag erfolgten anlagenbegehung an den anforderungen des § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg gemessen. da dessen voraussetzungen vorlagen (dazu a)), kann dahinstehen, ob die bezirksregierung düsseldorf das anlagengrundstück der klägerin auch auf der grundlage des § 47 abs. 3 satz 2 krwg betreten durfte (dazu b)). 50a) die am 10. juli 2018 durchgeführte, der klägerin zuvor nicht angekündigte vor-ort-besichtigung findet ihre rechtsgrundlage in §§ 52 abs. 1 satz 1, abs. 1b, abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg. 51aa) § 52 abs. 1 satz 1 bimschg begründet eine allgemeine überwachungspflicht hinsichtlich der durchführung des bundes-immissionsschutzgesetzes und der auf dieses gesetz gestützten rechtsverordnungen. anlagen, die - wie diejenige der klägerin (vgl. ziffer 5.5 des anhangs i der industrieemissions-richtlinie: zeitweilige lagerung von gefährlichen abfällen mit einer gesamtkapazität von über 50 t) - in den anwendungsbereich der industrieemissions-richtlinie fallen, die in ihrem art. 23 die regelung und durchführung von routinemäßigen sowie nicht routinemäßigen umweltinspektionen vorschreibt, unterliegen gemäß § 52 abs. 1b satz 1 bimschg der regelmäßigen überwachung durch die zuständige behörde, die hierfür überwachungspläne und überwachungsprogramme gemäß § 52a bimschg aufstellt. zu dieser regelmäßigen überwachung gehören gemäß § 52 abs. 1b satz 2 bimschg u. a. vor-ort-besichtigungen. 52zur effektiven durchführung der (regelmäßigen) überwachung verpflichtet § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg eigentümer und betreiber von anlagen sowie die eigentümer und besitzer von grundstücken, auf denen solche anlagen betrieben werden, den angehörigen der zuständigen behörde und deren beauftragten zutritt zu den grundstücken zu gestatten. das hiermit korrespondierende behördliche betretungsrecht beinhaltet nicht nur eine passive pflicht, das betreten zu dulden, sondern erfordert - im sinne von „ermöglichen“ - unter umständen auch aktive mitwirkungshandlungen des verpflichteten, etwa indem verschlossene türen geöffnet oder andere dem zugang entgegenstehende hindernisse beseitigt werden. 53vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. juni 2021 ‑ 8 b 165/21 -, juris 13 f.; kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 74; lechelt, in: führ, gk‑bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 46; hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 52 bimschg rn. 63 (stand der kommentierung: januar 2014); feldhaus, in: ders., bundesimmissionsschutzrecht, § 52 bimschg rn. 47 (stand der kommentierung: 1. november 2010). 54neben der begehung als solcher umfasst das zutrittsrecht auch das recht zur visuellen wahrnehmung der für die überwachungstätigkeit erforderlichen informationen. § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg regelt damit eine allgemeine betretungs- und besichtigungsbefugnis der zuständigen behörden. 55vgl. bverwg, urteil vom 25. august 1999 ‑ 8 c 12.98 -, juris rn. 39; ovg nrw, beschluss vom 4. juni 2021 - 8 b 165/21 -, juris 15 f.; mösbauer, nvwz 1985, 457 (459); lechelt, in: führ, gk-bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 45; jarass, bimschg, 13. aufl. 2020, § 52 rn. 41; feldhaus, in: ders., bundesimmissionsschutzrecht, § 52 bimschg rn. 47 (stand der kommentierung: 1. november 2010); schwertner, in: giesberts/reinhardt, beckok umweltrecht, § 52 bimschg rn. 10 (stand der kommentierung: 1. juli 2021). 56dabei hängt das der behörde vom gesetzgeber eingeräumte betretungs- und besichtigungsrecht entgegen der auffassung der klägerin nicht von einem positiven willensakt des anlagenbetreibers im sinne einer entscheidung ab, die kontrolle zu billigen oder mit ihr einverstanden zu sein. die gestattungspflicht zielt stattdessen (lediglich) auf ein tatsächliches verhalten des kontrollierten, die kontrolle nicht zu verhindern bzw. ‑ soweit eine mitwirkung beispielsweise durch öffnen von türen oder behältern, durch vorlage von unterlagen oder nach § 52 abs. 2 satz 4 bimschg durch bereitstellung von arbeitskräften etc. erforderlich ist - mitzuwirken. eine auslegung, nach der eine kontrolle von einer ausdrücklichen bzw. konkludenten zustimmung des kontrollierten abhängig wäre, entspricht weder dem sinn und zweck der regelung noch der damit verfolgten intention des gesetzgebers. § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg ist seit seiner verkündung am 21. märz 1974 (bgbl. i s. 721) unverändert geblieben und entspricht dem gesetzentwurf der bundesregierung vom 14. februar 1973 (bt‑drs. 7/179, s. 13; dort noch als § 44 bimschg geführt). der gesetzesbegründung zufolge verpflichtet diese vorschrift „die eigentümer und betreiber von anlagen sowie die eigentümer und besitzer von grundstücken, auf denen solche anlagen betrieben werden, die nach diesem gesetz erforderlichen überwachungsmaßnahmen zu dulden und ggf. zu fördern. zu diesem zweck haben sie den zutritt zu den grundstücken und die vornahme von prüfungen zu gestatten, auskünfte zu erteilen, unterlagen vorzulegen sowie die erforderliche hilfe zu leisten.“ (bt‑drs. 7/179, s. 47). der gesetzgeber wollte den in § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg verwendeten begriff der gestattung damit nicht im sinne einer zustimmung verstanden wissen; vielmehr sollte mit dieser vorschrift zuvörderst (lediglich) eine duldungspflicht statuiert werden. 57ein in diesem sinne passives hinnehmen des betretens des anlagengrundstücks schließt es nicht aus, dass der pflichtige hiermit nicht einverstanden ist, sich aber in kenntnis seiner duldungspflicht entscheidet, an der vor-ort-inspektion mitzuwirken. erst dann, wenn der pflichtige den behördenmitarbeitern den zutritt und die besichtigung verweigert, indem er z. b. ein hausverbot ausspricht, tore oder türen nicht öffnet oder den zutritt anderweitig verwehrt, bedarf es eines die gesetzliche duldungspflicht des § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg konkretisierenden verwaltungsakts, der entweder unmittelbar auf die vorgenannte vorschrift, die eine befugnisnorm darstellt, 58vgl. bverwg, urteil vom 25. august 1999 ‑ 8 c 12.98 -, juris rn. 39; jarass, bimschg, 13. aufl. 2020, § 52 rn. 59; feldhaus, in: ders., bundesimmissionsschutzrecht, § 52 bimschg rn. 16 (stand der kommentierung: 1. november 2010); schwertner, in: giesberts/reinhardt, beckok umweltrecht, § 52 bimschg rn. 27 (stand der kommentierung: 1. juli 2021); mösbauer, nvwz 1985, 457 (459), 59oder auf § 52 abs. 1 satz 2 bimschg gestützt werden kann, 60so hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 52 bimschg rn. 19 (stand der kommentierung: januar 2014), wonach der gesetzgeber mit § 52 abs. 1 satz 2 bimschg klargestellt habe, dass § 52 abs. 1 bimschg nicht lediglich eine aufgaben-, sondern auch eine befugnisnorm sei; a. a. - mit verweis auf das gesetzgebungsverfahren - lechelt, in: führ, gk-bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 20, m. w. n.; jarass, bimschg, 13. aufl. 2020, § 52 rn. 5; betensted/grandjot/waskow, zur 2013, 395 (402), 61und der im wege des verwaltungszwangs vollstreckt werden kann. 62eine andere auslegung des in § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg verwendeten begriffs der gestattung folgt nicht aus art. 23 abs. 1 unterabs. 2 der industrieemissions-richtlinie. danach stellen die mitgliedstaaten sicher, dass die betreiber den zuständigen behörden jede notwendige unterstützung dabei gewähren, etwaige vor-ort-besichtigungen und probenahmen durchzuführen und die zur erfüllung ihrer pflichten im rahmen dieser richtlinie erforderlichen informationen zu sammeln. die in art. 23 der industrieemissions-richtlinie geregelten vorgaben hat der nationale gesetzgeber im jahr 2013 (vgl. das gesetz zur umsetzung der richtlinie über industrieemissionen vom 8. april 2013, bgbl. i s. 734) durch ergänzungen des § 52 bimschg sowie durch einfügung des § 52a bimschg umgesetzt (vgl. bt-drs. 17/10486, s. 9 f., 23 f.). 63zur entstehungsgeschichte des § 52 bimschg in seiner heutigen fassung vgl. kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 5 ff. 64eine änderung oder anpassung der in § 52 abs. 2 bimschg normierten pflichten hielt der gesetzeber auch mit blick auf art. 23 abs. 1 unterabs. 2 der industrieemissions-richtlinie offenbar nicht für erforderlich. eine verpflichtung der zuständigen behörde, den termin der vor-ort-besichtigung im regelfall vorher anzukündigen, lässt sich der vorgenannten vorgabe entgegen der auffassung der klägerin weder ausdrücklich noch sinngemäß entnehmen. soweit es dort heißt: 65„die mitgliedstaaten stellen sicher, dass die betreiber den zuständigen behörden jede notwendige unterstützung dabei gewähren, etwaige vor-ort-besichtigungen und probenahmen durchzuführen und die zur erfüllung ihrer pflichten im rahmen dieser richtlinie erforderlichen informationen zu sammeln“, 66folgen aus der richtlinie keine über die gesetzliche regelung in § 52 bimschg hinausgehenden anforderungen an die art und weise der durchführung. unionsrechtlich geboten ist danach die regelung einer mitwirkungspflicht des anlagenbetreibers durch den nationalen gesetzgeber, nicht aber die regelung einer pflicht der behörde, die (routinemäßige) kontrolle anzukündigen. zwar wird es zutreffen, dass beispielsweise die kontrolle von im betrieb zu führenden aufzeichnungen schneller und effektiver erfolgen kann, wenn die umweltinspektion angekündigt worden ist. es liegt aber mindestens ebenso auf der hand, dass die nach art. 23 abs. 6 der industrieemissions-richtlinie bei jeder vor-ort-besichtigung zu treffenden feststellungen darüber, ob die genehmigungsauflagen eingehalten werden, am ehesten realitätsgetreu sind, wenn sie auf einer vom anlagenbetreiber nicht erwarteten inspektion beruhen. die industrieemissions-richtlinie dient der sicherstellung eines hohen umweltschutzniveaus (vgl. erwägungsgrund 44) und nicht einer entlastung der mit der überwachung betrauten behörden; dass die effektive durchführung der inspektionen einen hohen personalaufwand erfordert, war dem richtliniengeber bewusst (vgl. erwägungsgrund 26). 67weitere voraussetzungen stellt § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg auf der tatbestandsseite nicht auf. insbesondere bedarf es bei der hier in rede stehenden regelmäßigen (routinemäßigen) überwachung keines verdachts, dass rechtswidrige zustände vorliegen. die regelung ist ausfluss der gesetzgeberischen entscheidung, unter das immissionsschutzrecht fallende anlagen aufgrund ihrer potentiellen gefährlichkeit einem besonderen überwachungsregime zu unterstellen, um gefahren frühzeitig und umfassend erkennen zu können. 68vgl. ovg nrw, beschluss vom 10. juni 2015 ‑ 8 b 555/15 -, n. v., seite 4 des beschlussabdrucks, unter verweis u. a. auf bverwg, urteil vom 28. januar 1992 - 7 c 22.91 -, juris rn. 14; hess. vgh, urteil vom 17. märz 1999 ‑ 5 ue 2898/96 -, juris rn. 40; hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 52 bimschg rn. 60 (stand der kommentierung: januar 2014); kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 17. 69bb) mangels näherer bestimmung der art und weise sowie der häufigkeit der vor-ort-besichtigungen ist der überwachungsbehörde insoweit ein handlungsspielraum eingeräumt, den sie nach pflichtgemäßen ermessen auszufüllen hat. 70vgl. generell zur durchführung der überwachung nach § 52 bimschg auch kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 17. 71die für verwaltungsakte geltenden grundsätze (vgl. § 40 vwvfg nrw) finden insoweit auf sonstiges verwaltungshandeln wie insbesondere realakte entsprechende anwendung. 72vgl. schönenbroicher, in: mann/sennekamp/uechtritz, vwvfg, 2. aufl. 2019, § 40 rn. 11; sachs, in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. auflage 2018, § 40 rn. 47. 73das gilt auch für die nach maßgabe von § 114 satz 1 vwgo eingeschränkte gerichtliche überprüfung. 74vgl. wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 114 rn. 50. 75für anlagen nach der industrieemissions-richtlinie wird das ermessen der überwachungsbehörde hinsichtlich des überwachungsintervalls durch § 52a abs. 3 und 4 bimschg eingeschränkt. 76einschränkungen des behördlichen zutrittsrechts nach § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg können sich vor allem aus dem grundsatz der verhältnismäßigkeit ergeben, an dessen anforderungen sich jedes staatliche handeln auszurichten hat. die entscheidung der überwachungsbehörde, die durchführung einer kontrolle im rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen anlagenüberwachung (vor-ort-besichtigung nach § 52 abs. 1b, abs. 2 bimschg) dem betreiber einer anlage nach der industrieemissions-richtlinie nicht vorher anzukündigen, ist im regelfall verhältnismäßig und bedarf nach dem sinn und zweck der kontrolle keiner einzelfallbezogenen und - mangels anwendbarkeit des nur für schriftliche bzw. schriftlich bestätigte verwaltungsakte geltenden § 39 abs. 1 vwvfg nrw - auch keiner schriftlichen begründung. 77unangekündigte kontrollen sind zur erreichung ihres zwecks nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich und in aller regel verhältnismäßig. 78der behördlichen vor-ort-besichtigung kommt im rahmen der (regelmäßigen) anlagenüberwachung eine zentrale bedeutung zu, weil feststellungen, ob die anforderungen des bundes-immissionsschutzgesetzes und der hierauf gestützten verordnungen eingehalten werden (vgl. § 52 abs. 1 satz 1 bimschg), vielfach nur bzw. erst durch eine inaugenscheinnahme der anlage bzw. des anlagenbetriebs möglich sind. auch die in § 52 abs. 2 satz 1 bimschg ausdrücklich genannte ermittlung von emissionen und immissionen erfordert regelmäßig das behördliche betreten des anlagengrundstücks. demgemäß bildet die vor-ort-besichtigung und damit einhergehend das behördliche zutrittsrecht einen unverzichtbaren bestandteil der behördlichen überwachung bei der erfüllung des mit dem bundes-immissionsschutzgesetz verfolgten schutzzwecks (vgl. § 1 bimschg). 79gerade weil die vor-ort-besichtigung (und die dabei gewonnenen informationen) ihrer natur nach nur eine momentaufnahme darstellen kann, ist es unter dem gesichtspunkt der effektivität der behördlichen überwachung von maßgeblicher bedeutung, dass die überwachungsbehörde solche zustände auf dem anlagengrundstück vorfindet, die den anlagenzustand sowie die betriebsverhältnisse möglichst realitätsnah abbilden. hierfür sind unangekündigte kontrollen durch die überwachungsbehörde eine wesentliche voraussetzung; angekündigte kontrollen erweisen sich hingegen nicht als in gleicher weise wirksam. dies zeigt sich exemplarisch an der von der bezirksregierung im berufungsverfahren vorgelegten auswertung (mit stand vom 28. oktober 2020) des mulnv nrw, wonach bei unangekündigten umweltinspektionen an anlagen nach der industrieemissions-richtlinie verhältnismäßig mehr mängel und zudem eine verhältnismäßig höhere mängelschwere festgestellt wurden als bei angekündigten umweltinspektionen. dafür, dass diese auswertung nicht repräsentativ ist, bestehen mit blick auf die anzahl der vor-ort-besichtigungen (4.233 angekündigt, 620 unangekündigt) keine begründeten anhaltspunkte; auch die klägerin belässt es insoweit bei der nicht weiter begründeten rüge der fehlenden repräsentativität. insofern ist auch der hinweis der bezirksregierung darauf, dass eine vorherige ankündigung des überwachungstermins dem anlagenbetreiber die möglichkeit zur gezielten vorbereitung der umweltinspektion biete, ohne weiteres nachvollziehbar. demgemäß sind angekündigte kontrollen grundsätzlich nicht in gleicher weise geeignet, den zweck der anlagenüberwachung zu erreichen wie unangekündigte (unvermutete) kontrollen. 80es entspricht vielmehr der allgemeinen lebenserfahrung, dass mit einer unangekündigten besichtigung die größtmögliche effektivität einer überwachungsmaßnahme zu erreichen ist, 81vgl. vgh bad.-württ., beschluss vom 27. januar 2004 - 9 s 1343/03 -, juris rn. 4 ff., zum betretungs- und besichtigungsrecht nach § 64 abs. 4 nr. 1 amg, 82wenn die vorherige ankündigung einer - wie hier - ordnungsrechtlich veranlassten kontrolle eines geschäftsbetriebs nicht sogar regelmäßig als zweckwidrig angesehen werden muss. 83vgl. bverwg, beschluss vom 28. januar 1998 ‑ 1 b 5.98 -, juris rn. 7, zu kontrollen nach § 22 abs. 2 gaststätteng. 84in anbetracht der vorstehend beschriebenen bedeutung der vor-ort-besichtigung für die anlagenüberwachung ist die überwachungsbehörde auch dann nicht zu einer vorherigen ankündigung verpflichtet, wenn der zweck des zutritts- und prüfungsrechts dadurch nicht vereitelt wird. 85so aber vg düsseldorf, urteil vom 21. februar 2017 - 3 k 3004/15 -, juris rn. 24 f.; kenyeressy, in: appel/ohms/saurer, bimschg, 2021, § 52 rn. 58; jarass, bimschg, 13. aufl. 2020, § 52 rn. 46; lechelt, in: führ, gk-bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 45, jeweils m. w. n. 86dagegen spricht nicht zuletzt, dass selbst bei einer zu einem konkreten zweck geplanten kontrolle stets auch die gesamtanlage in den blick genommen werden muss, d. h. dass die mitarbeiter der überwachungsbehörde augenfällige verstöße gegen genehmigungsauflagen und rechtsvorschriften, die sicherheits- oder umweltgefahren verursachen können, zur kenntnis nehmen und in dem zu erstellenden bericht vermerken müssen. dies zugrunde gelegt ist eine begrenzung der umweltinspektion auf einen bestimmten, vorher festgelegten zweck allenfalls theoretischer natur. 87die annahme einer regelmäßig bestehenden verpflichtung, routinekontrollen anzukündigen, hätte zur folge, dass die überwachungsbehörden nur in fällen auf eine vorherige ankündigung verzichten könnten, in denen ihnen hinreichend konkrete anhaltspunkte auf einen nicht gesetzeskonformen anlagenbetrieb bekannt werden (z. b. aufgrund von (nachbar)beschwerden oder anderweitiger hinweise). die funktion der überwachung (im sinne einer beobachtung und informationsgewinnung) besteht aber gerade auch in der verdachtsunabhängigen, anlasslosen kontrolle und setzt nicht das vorliegen einer gefahr (im polizeirechtlichen sinne) voraus. anderenfalls liefe die möglichkeit zur durchführung unvermuteter kontrollen, die zu einer effektiven anlagenüberwachung unerlässlich sind, und damit auch der vom gesetzgeber mit § 52 bimschg beabsichtigte kontrollzweck weitgehend leer. dies gilt in gleicher weise für regelmäßige kontrollen nach § 52 abs. 1b bimschg. 88schutzwürdige interessen des anlagenbetreibers gebieten in der regel ebenfalls keine ankündigung anlassloser kontrollen. betriebliche oder sonstige belange des anlagenbetreibers werden durch nicht angekündigte kontrollen objektiv nicht übermäßig (unverhältnismäßig i. e. s.) beeinträchtigt. das gilt mit blick auf alle hier in betracht kommenden grundrechtsgewährleistungen (etwa art. 13, 14, 2 abs. 1 gg). 89zum - bei prinzipieller einbeziehung von geschäfts- und betriebsräumen in den schutzbereich des art. 13 gg - geringeren schutzbedürfnis derartiger räume, weshalb behördliche betretungsrechte für routinekontrollen keinen eingriff i. s. d. art. 13 abs. 3 gg darstellen, vgl. bverfg, beschluss vom 13. oktober 1971 ‑ 1 bvr 280/66 -, juris rn. 38 ff.; bverwg, urteil vom 5. november 1987 ‑ 3 c 52.85 -, juris rn. 25 ff. 90eine übermäßige, durch den kontrollzweck nicht gerechtfertigte störung der betriebsabläufe kann im einzelfall durch die konkrete gestaltung der art und weise der kontrolle ausreichend vermieden werden. dazu gehört auch, dass sich die die kontrolle durchführenden behördenmitarbeiter zu beginn der inspektion bei der an dem betreffenden tag vor ort anwesenden, für den betrieb der anlage verantwortlichen, das hausrecht ausübenden person anmelden und die weiteren für den kontrollierten betrieb maßgeblichen sicherheitsvorschriften, z. b. das anlegen von schutzausrüstung, beachten. 91vgl. zu lebensmittelkontrollen nach § 41 abs. 3 nr. 1 lmbg (nunmehr: § 42 abs. 2 satz 1 nr. 1 lfgb): bverwg, urteil vom 5. november 1987 ‑ 3 c 52.85 -, juris rn. 31. 92die einhaltung der maßgeblichen sicherheitsvorschriften kann von den mit der überwachung betrauten, fachlich mit anlagen der zu kontrollierenden art vertrauten mitarbeitern regelmäßig ohne weiteres erwartet werden. dies vorausgeschickt kann die notwendigkeit einer vorherigen ankündigung von vor-ort-inspektionen auch nicht mit der erwägung begründet werden, dass anlagen, die in den anwendungsbereich der industrieemissions-richtlinie fallen, anders als sonstige (gewerbe-)betriebe ein hohes gefährdungspotential und damit zugleich eine erhöhte sensibilität gegenüber störungen durch betriebsfremde einflüsse aufweisen. 93eine unverhältnismäßige beeinträchtigung durch unangemeldete kontrollen folgt schließlich nicht daraus, dass gemäß § 52a abs. 5 bimschg nach jeder vor-ort-besichtigung einer anlage ein bericht mit den relevanten feststellungen über die einhaltung der genehmigungsanforderungen nach § 6 abs. 1 nr. 1 bimschg und der nebenbestimmungen nach § 12 bimschg sowie mit schlussfolgerungen, ob weitere maßnahmen notwendig sind, erstellt wird (satz 1) und dieser bericht innerhalb von vier monaten nach der vor-ort-besichtigung der öffentlichkeit nach den vorschriften über den zugang zu umweltinformationen zugänglich zu machen ist (satz 3). zweck des zugänglichmachens der berichte ist die information der öffentlichkeit - also auch möglicher kunden und geschäftspartner - unter anderem darüber, ob das unternehmen seinen verpflichtungen aus dem genehmigungsbescheid nachkommt. der inhalt des berichts kann daher einen wettbewerbsrelevanten eindruck über die zuverlässigkeit des unternehmens vermitteln. 94vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 28. august 2020 - 8 b 1564/19 -, juris rn. 12 und vom 30. oktober 2014 - 8 b 721/14 -, juris rn. 11. 95sind die in dem bericht vermerkten beanstandungen berechtigt, muss der anlagenbetreiber dies hinnehmen und zum anlass nehmen, zukünftig jederzeit für einen genehmigungskonformen zustand und betrieb seiner anlage sorge zu tragen, der keinen anlass zu beanstandungen gibt. sind die bei einer vor-ort-kontrolle zunächst vermerkten beanstandungen hingegen unberechtigt, bedarf es nicht - wie die klägerin meint - zur effektiven wahrnehmung ihrer rechte einer hinzuziehung von bestimmten vorstandsmitgliedern, sachverständigen und rechtsanwälten schon bei der umweltinspektion. denn abgesehen von der offenkundig ohnehin bestehenden verwaltungspraxis, bei der unangekündigten kontrolle nicht zu klärende fragen in einem mit den maßgeblichen ansprechpartnern vereinbarten folgetermin zu erörtern, werden die inspektionsberichte vor ihrer veröffentlichung im internet zunächst dem anlagenbetreiber übermittelt (vgl. § 52a abs. 5 bimschg), wodurch er gelegenheit zur stellungnahme und ausräumung etwaiger missverständnisse erhält. zudem steht dem anlagenbetreiber - wie sich nicht zuletzt am beispiel der klägerin zeigt (vgl. insoweit die beschlüsse gleichen rubrums des verwaltungsgerichts vom 8. januar 2019 ‑ 3 l 3420/18 - sowie nachgehend des erkennenden senats vom 28. august 2020 ‑ 8 b 128/19 -) gegen die veröffentlichung des umweltinspektionsberichts effektiver rechtsschutz zur verfügung. 96vgl. im einzelnen zu den voraussetzungen für die rechtmäßigkeit der veröffentlichung des umweltinspektionsberichts: ovg nrw, beschluss vom 28. august 2020 - 8 b 1564/19 -, juris rn. 5 ff. 97cc) ausgehend von diesen maßstäben war die von zwei behördenmitarbeitern der bezirksregierung am 10. juli 2018 durchgeführte vor-ort-besichtigung auf dem anlagengrundstück der klägerin rechtmäßig. 98aaa) die behördenmitarbeiter haben sich an den vorgaben des zur zeit der kontrolle geltenden umweltinspektionserlasses des ministeriums für klimaschutz, umwelt, landwirtschaft, natur- und verbraucherschutz vom 26. juni 2015- v-1/v-7-1034 -) orientiert, der in bezug auf die hier in rede stehenden routinekontrollen in ziffer 4.2 ausführt: 99„unangemeldete kontrollen bergen zwar das risiko, dass zum zeitpunkt der vor-ort-besichtigung das betriebsgelände bzw. bestimmte anlagen nicht zugänglich oder aber verantwortliche bzw. auskunftsfähige personen nicht vor ort sind. allerdings ermöglicht eine unangemeldete behördliche inaugenscheinnahme des betriebsgrundstücks und der einrichtungen einen wirklichkeitsgetreuen einblick in die betriebsführung und den anlagenzustand. darauf deutet die merklich erhöhte mängelquote bei den bisher unangemeldet durchgeführten inspektionen hin. in den anlagenbezogenen überwachungsprogrammen sollen die umweltschutzbehörden daher anstreben, zumindest 25 % der jährlich durchgeführten umweltinspektionen unangemeldet durchzuführen.“ 100die so begründete und zumindest auch im behördlichen interesse (beschleunigung, schnelle verfügbarkeit von unterlagen und anwesenheit kompetenter ansprechpartner) liegende verwaltungspraxis im land nordrhein-westfalen, kontrollen zumeist anzukündigen und (nur) mindestens 25 % der kontrollen unangekündigt durchzuführen, begegnet nach den vorstehenden ausführungen keinen durchgreifenden bedenken. 101bbb) die vor ort anwesenden behördenmitarbeiter haben sich am 10. juli 2018 ordnungsgemäß beim niederlassungsleiter angemeldet und darauf hingewiesen, zu welchem zweck sie das anlagengrundstück betreten/besichtigen möchten. 102vgl. zum recht des verpflichteten, darüber zu entscheiden, wer die dem publikumsverkehr nicht eröffneten betriebs- und geschäftsräume betreten darf, und zu erfahren, welche personen zu welchem zweck sich in diesen räumen aufhalten (informationsrecht), bverwg, urteil vom 5. november 1987 - 3 c 52.85 -, juris rn. 22. 103ccc) der zwischen den beteiligten nicht einheitlich beantworteten frage, ob der niederlassungsleiter, herr t. , den vor ort anwesenden behördenmitarbeitern das einverständnis mit der anlagenbegehung erteilt hatte bzw. ob diese berechtigterweise von einem einverständnis durch die klägerin ausgehen durften, brauchte der senat nicht weiter nachzugehen. zwischen den beteiligten ist jedenfalls unstreitig, dass die klägerin die anlagenbegehung nach hinweis auf die rechts- bzw. erlasslage - und im übrigen auch in kenntnis dessen, dass die bezirksregierung den vorangegangenen streitfall zum anlass genommen hatte, ein zwangsgeld anzudrohen - zunächst faktisch geduldet, an der betriebsbegehung durch begleitung der behördenmitarbeiter mitgewirkt und diesen erst nach etwa 45 minuten telefonisch ein hausverbot erteilt hat. diesem hausverbot sind die behördenmitarbeiter auch unstreitig umgehend nachgekommen, indem sie das betriebsgelände verlassen haben. auf ein eventuell nicht vorhandenes einverständnis der klägerin bzw. eine fehlende billigung der maßnahme kam es nach der vorstehenden auslegung des begriffs des gestattens in § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg für die rechtmäßigkeit der anlagenbegehung nicht an. 104ddd) die vor-ort-besichtigung war auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie nicht zuvor angekündigt wurde. dass die bezirksregierung düsseldorf entgegen den vorstehenden ausführungen ausnahmsweise verpflichtet gewesen wäre, die klägerin von dem termin vorab in kenntnis zu setzen, kann auf der grundlage ihres vorbringens nicht festgestellt werden. 105zwar wäre es hilfreich gewesen, wenn die bezirksregierung die klägerin nach der überraschenden klagerücknahme in dem vorangegangenen verfahren 8 a 999/16 darauf hingewiesen hätte, dass sie ihre rechtsauffassung und ihre verwaltungspraxis nicht geändert hatte. die erneute durchführung einer unangekündigten kontrolle erwies sich aber auch nicht als treuwidrig, weil die überwachungsbehörde der klägerin keinen anlass zu der annahme gegeben hatte, dass die verwaltungspraxis generell oder gar bezogen auf die anlagen der klägerin geändert worden sei. allein daraus, dass mehrere kontrollen angekündigt worden waren, konnte die klägerin eine diesbezügliche erwartung bei objektiver betrachtung nicht ableiten. 106eine unzumutbare beeinträchtigung der rechtsposition der klägerin ist nicht darin zu sehen, dass infolge der unterbliebenen ankündigung eine teilnahme derjenigen personen nicht möglich war, die nicht (während der gesamten anlagenbegehung) vor ort waren und auch nicht kurzfristig anreisen konnten. zwar dürfte die klägerin aufgrund ihres hausrechts grundsätzlich verlangen können, dass sich die behördenmitarbeiter auf dem anlagengrundstück nicht unbegleitet bewegen. ein entsprechendes verlangen wäre nicht ohne weiteres von dem behördlichen zutrittsrecht gemäß § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg gedeckt. das ist hier auch nicht geschehen; der betriebsleiter war anwesend und hat die behördenmitarbeiter begleitet. 107aus ihrem hausrecht bzw. ihrer betrieblichen organisationshoheit folgt indes kein anspruch der klägerin darauf, dass ihr die teilnahme von personen ermöglicht wird, die an dem jeweiligen termin nicht vor ort sind und deren anreise einen nicht lediglich geringen zeitlichen aufwand erfordert. die anlagenbegehung und ‑besichtigung ist wesentlicher bestandteil der behördlichen anlagenüberwachung und damit als hoheitliche maßnahme zu qualifizieren. demgemäß obliegt es allein der überwachungsbehörde, in ausübung ihres pflichtgemäßen ermessens darüber zu entscheiden, welche im lager des verpflichteten stehenden personen ihr bei der vor-ort-besichtigung unterstützend zur seite stehen (müssen). hiervon geht ersichtlich auch der gesetzgeber aus, wenn er in § 52 abs. 2 satz 3 bimschg den betreiber von anlagen, für die ein immissionsschutzbeauftragter oder ein störfallbeauftragter bestellt ist, verpflichtet, diesen auf verlangen der zuständigen behörde zu überwachungsmaßnahmen nach § 52 abs. 2 satz 1 bimschg hinzuzuziehen. dass unangekündigte vor-ort-besichtigungen für die überwachungsbehörde mit dem risiko verbunden sind, bei ihrer durchführung auf sich möglicherweise ergebende fragen keine qualifizierten antworten zu erhalten, weil eine mit dem entsprechenden, insbesondere technischen sachverstand ausgestattete person ortsabwesend ist und/oder wegen anderweitiger, im betrieblichen interesse unaufschiebbarer verpflichtungen an der anlagenbegehung nicht teilnehmen kann, ändert an dem vorstehenden befund nichts. in einem solchen fall ist es der überwachungsbehörde lediglich verwehrt, allein hieraus für den anlagenbetreiber negative schlussfolgerungen abzuleiten. 108die unverhältnismäßigkeit der unangekündigten vor-ort-besichtigung folgt auch nicht aus dem hinweis der klägerin, eine vorherige ankündigung eröffne dem anlagenbetreiber die möglichkeit, die mit der durchführung der anlagenbegehung einhergehenden betriebsbeeinträchtigungen mittels betriebsorganisatorischer maßnahmen möglichst zu vermeiden bzw. diese zumindest abzumildern. die überwachungsbehörde ist bei der durchführung der überwachungsmaßnahme bereits aus gründen der verhältnismäßigkeit verpflichtet, auf die berechtigten belange des anlagenbetreibers rücksicht zu nehmen. hieraus folgt, dass sich die betrieblichen beeinträchtigungen, die mit der behördlichen anlagenbegehung einhergehen, auf das aus dem zweck der maßnahme ergebende mindestmaß zu beschränken haben. konkrete anhaltspunkte dafür, dass das verhalten der beiden behördenmitarbeiter am 10. juli 2018 diesen rahmen verlassen hatte, hat die klägerin nicht benannt. sie drängen sich auch mit blick auf die dauer der inspektion von etwa 45 minuten sowie die anzahl der vor ort anwesenden behördenmitarbeiter nicht auf. es ist im übrigen nicht geltend gemacht und nach aktenlage auch auszuschließen, dass eine unverhältnismäßigkeit der streitbefangenen vor-ort-besichtigung aus einer überzogenen häufigkeit der inspektionen der betreffenden anlage folgt. 109b) ob das betreten und besichtigen des anlagengrundstücks der klägerin auch auf der grundlage des § 47 abs. 3 satz 2 krwg - das von der klägerin betriebene sonderabfall-zwischenlager fällt jedenfalls gemäß § 2 abs. 1 nr. 4 krwg in den geltungsbereich des kreislaufwirtschaftsgesetzes, so dass die klägerin neben immissionsschutzrechtlichen anforderungen auch abfallrechtliche verpflichtungen treffen - erfolgen durfte, braucht in anbetracht der vorstehenden erwägungen nicht weiter vertieft zu werden. diese überwachungsvorschrift, die selbstständig neben § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg steht, 110vgl. hansmann/röckinghausen, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 52 bimschg rn. 9 (stand der kommentierung: januar 2014); lechelt, in: führ, gk-bimschg, 2. aufl. 2019, § 52 rn. 135, 111regelt ebenfalls das behördliche betretungs- und besichtigungsrecht der zuständigen überwachungsbehörde. im hinblick auf die hier in rede stehende pflicht zur vorherigen ankündigung der vor-ort-besichtigung dürfte § 47 abs. 3 satz 2 krwg, um auch überraschende kontrollen zu ermöglichen, keine anderen anforderungen aufstellen als § 52 abs. 2 satz 1 var. 1 bimschg. 112vgl. ovg berlin-bbg., beschluss vom 5. september 2014 - ovg 11 n 118.12 -, juris rn. 17; beckmann, in: landmann/rohmer, umweltrecht, § 47 krwg rn. 66 (stand der kommentierung: april 2013). 113iii. der zweite feststellungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 1141. die mit dem zweiten klageantrag begehrte feststellung, dass das fotografieren am betriebsstandort nach dem betreten des anlagengrundstücks der klägerin durch mitarbeiter der bezirksregierung am 10. juli 2018 rechtswidrig war, ist als feststellungsklage gemäß § 43 abs. 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. insoweit gelten die unter ii. 1. gemachten ausführungen entsprechend. 1152. der zweite feststellungsantrag ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch auf die begehrte feststellung, weil das anfertigen von lichtbildern zu dokumentationszwecken während der anlagenbegehung am 10. juli 2018 rechtmäßig war. 116dabei kann dahinstehen, ob - was wiederum zwischen den beteiligten umstritten ist - die lichtbilder im (konkludenten) einverständnis der klägerin angefertigt wurden. sollte dies nicht der fall gewesen sein, bedurfte die anfertigung der lichtbilder einer ermächtigungsgrundlage (dazu a)), die hier vorliegt (dazu b)). auch im übrigen begegnet die anfertigung der lichtbilder im vorliegenden einzelfall keinen rechtmäßigkeitsbedenken (dazu c)). 117a) die anfertigung von lichtbildern während einer vor-ort-besichtigung durch die überwachungsbehörde bedarf jedenfalls dann einer ermächtigungsgrundlage, wenn sie gegen den willen des hausrechtsinhabers erfolgt. insoweit liegt ein eingriff in das grundrecht auf unverletzlichkeit der wohnung gemäß art. 13 abs. 1 gg vor. im interesse eines wirksamen schutzes der wohnung legt das bundesverfassungsgericht diesen begriff weit aus und zählt hierzu auch arbeits-, betriebs- und geschäftsräume einschließlich des umfriedeten besitztums. das grundrecht gewährleistet den schutz gegen eingriffe in die entscheidung des hausrechtsinhabers über das zutrittsrecht im einzelnen und über die zweckbestimmung des aufenthalts. 118vgl. bverfg, beschluss vom 17. februar 1998 ‑ 1 bvf 1/91 -, juris rn. 134, m. w. n.; bverwg, urteil vom 25. august 2004 - 6 c 26.03 -, juris rn. 23. 119auch eine kommanditgesellschaft wie die klägerin kann über art. 19 abs. 3 gg trägerin des grundrechts aus art. 13 abs. 1 gg sein. 120vgl. bverfg, beschluss vom 26. mai 1976 ‑ 2 bvr 294/76 -, juris rn. 29, m. w. n. 121daher kann offen bleiben, ob die anfertigung der lichtbilder darüber hinaus - wie die klägerin meint - auch in ihr durch art. 14 gg gewährleistetes recht am eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb bzw. in ihre durch art. 2 abs. 1 gg geschützte wirtschaftliche betätigungsfreiheit - insoweit übersieht die klägerin allerdings, dass die lichtbilder zu dokumentationszwecken angefertigt wurden und nicht der ausspähung dienen sollten - bzw. in ihr allgemeines persönlichkeitsrecht eingriff. 122b) für das anfertigen der lichtbilder steht eine taugliche ermächtigungsgrundlage zur verfügung. zwar weist die klägerin zutreffend darauf hin, dass das anfertigen der lichtbilder bzw. das erstellen einer fotodokumentation - im gegensatz etwa zu § 64 abs. 4 nr. 1 amg - nicht ausdrücklich in § 52 abs. 2 bimschg aufgeführt ist. die befugnis der überwachungsbehörde, im rahmen der vor-ort-besichtigung lichtbilder anzufertigen, ist aber auch ohne ausdrückliche erwähnung im wortlaut des § 52 bimschg von dem besichtigungsauftrag bzw. der besichtigungsermächtigung gedeckt, wenn und soweit die lichtbilder der dokumentation der kontrolle sowie der plausibilisierung etwaiger beanstandungen dienen. 123vgl. zu diesem erfordernis mit blick auf die veröffentlichung eines etwaigen mängelberichts nach § 52a abs. 5 bimschg ovg nrw, beschlüsse vom 28. august 2020 - 8 b 128/19 -, n. v. seite 4 f. des beschlussabdrucks, und ‑ 8 b 1564/19 -, juris rn. 5 ff. 124lichtbilder sind dazu bestimmt und hierfür auch besonders geeignet, die während der anlagenbesichtigung (im sinne einer inaugenscheinnahme) optisch wahrgenommenen tatsächlichen verhältnisse bildlich - als ausgedrucktes bzw. digital gespeichertes foto - festzuhalten. der ihnen damit zukommende dokumentationszweck erfüllt dabei zwei funktionen: zum einen dienen lichtbilder der überwachungsbehörde als gedächtnisstütze bei der sich anschließenden beurteilung der sach- und rechtslage bezüglich der tatsächlichen verhältnisse „vor ort“. zum anderen dienen sie der beweissicherung für ein sich ggf. anschließendes (verwaltungs)gerichtliches verfahren. 125demgemäß bedarf die anfertigung von lichtbildern im rahmen eines überwachungstermins - analog dem behördlichen betretungsrecht - auf tatbestandsseite keiner zustimmung durch den anlagenbetreiber. 126c) die anfertigung der lichtbilder während der vor-ort-besichtigung am 10. juli 2018 begegnet auch im übrigen keinen bedenken hinsichtlich ihrer rechtmäßigkeit. 127aa) der von der klägerin angesprochene aushang, dass auf dem anlagengrundstück ein fotografierverbot gelte, richtete sich bei objektiver auslegung generell an betriebsfremde besucher. ausgehend davon, dass bei früheren anlagenbegehungen unstreitig auch bereits fotos aufgenommen worden waren, war schon nicht davon auszugehen, dass sich das fotografierverbot auch an behördenmitarbeiter in ausübung der besichtigungsbefugnis nach § 52 abs. 2 bimschg richten sollte. jedenfalls aber bedurfte es nach den vorstehenden ausführungen nicht des ausdrücklichen einverständnisses der klägerin. dass sich die vor ort anwesenden personen - hier der niederlassungsleiter und der betriebsleiter - der anfertigung von fotos in einer weise entgegengestellt hätten, die den erlass einer ordnungsverfügung nebst zwangsmittelandrohung erforderlich gemacht hätten, ist dem insoweit von den beteiligten unstreitig vorgetragenen sachverhalt nicht zu entnehmen. 128bb) ein verstoß gegen den grundsatz der verhältnismäßigkeit kann ebenfalls nicht festgestellt werden. 129die anfertigung von lichtbildern ist geeignet, um eine rechtssichere dokumentation des anlagenzustandes zu gewährleisten. bedenken gegen die erforderlichkeit dieser maßnahme bestehen nicht. eine rein schriftliche dokumentation des kontrolltermins ist nicht gleich geeignet, den genannten zweck der beweissicherung zu erreichen. lichtbilder können unbeteiligten dritten, namentlich den in einem gerichtlichen verfahren zur entscheidung berufenen spruchkörpern, die vor ort vorgefundenen zustände im regelfall besser vermitteln als eine schriftliche dokumentation, die typischerweise den detailreichtum eines (farb)lichtbildes nicht vollständig erfassen (können) wird. die von der klägerin ferner angesprochene anfertigung eigener lichtbilder stellt - abgesehen davon, dass sich dem senat der sich aus einer solchen vorgehensweise ergebende tatsächliche oder rechtliche vorteil für die klägerin nicht erschließt - ebenfalls kein gleich geeignetes mittel dar. insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es allein der überwachungsbehörde und nicht dem anlagenbetreiber obliegt, darüber zu entscheiden, welche zustände sie auf dem anlagengrundstück zur beweissicherung mittels lichtbildern festhält. daher erscheint es wenig praktikabel, wenn die behördenvertreter die mitarbeiter der klägerin für die anfertigung jedes einzelnen lichtbildes ersuchen müssten; dies gilt in besonderem maße, wenn es genauer vorgaben bedarf, was genau und aus welchem winkel es aufgenommen werden soll. neben einer verzögerung der durchführung der kontrolle birgt eine solche vorgehensweise zudem ersichtlich ein gewisses konfliktpotential für den fall, dass die anfertigung der lichtbilder nicht in einer nach auffassung der überwachungsbehörde hinreichenden art und weise erfolgt. 130die anfertigung der lichtbilder am 10. juli 2018 war auch angemessen. der damit verbundene eingriff in die rechtsposition der klägerin erweist sich hinsichtlich seiner intensität und qualität als gering. denn durch die angefertigten lichtbilder werden lediglich diejenigen zustände und verhältnisse fotografisch festgehalten, die die vor ort anwesenden behördenmitarbeiter visuell ohnehin wahrgenommen haben. daher kommt der rechtssicheren dokumentation der tatsächlichen vor-ort-verhältnisse, die im übrigen auch im wohlverstandenen rechtsschutzinteresse der klägerin ist, eine höhere bedeutung zu. etwas anderes folgt nicht aus dem hinweis der klägerin, behördliche umweltinspektionen seien in der vergangenheit ohne das begleitende anfertigen von lichtbildern durch die überwachungsbehörde ausgekommen. allein aus dem umstand, dass die überwachungsbehörden von den ihnen durch das gesetz eröffneten befugnissen in der vergangenheit nicht in einer weise gebrauch gemacht haben, wie dies offenbar gegenwärtig erfolgt, lassen sich keine anhaltspunkte gegen die angemessenheit einer behördlichen maßnahme ableiten. vielmehr dürfte die von der klägerin angesprochene entwicklung der überwachungspraxis auch darauf zurückzuführen sein, dass die nach jeder vor-ort-besichtigung zu erstellenden und der öffentlichkeit zugänglich zu machenden umweltinspektionsberichte vermehrt zur gerichtlichen überprüfung gestellt wurden bzw. werden, weshalb die in diesen verfahren zur plausibilisierung etwaiger beanstandungen verpflichteten überwachungsbehörden vermehrt von ihrer befugnis, lichtbilder anzufertigen, gebrauch machen. 131es kann hier dahin stehen, ob und ggf. unter welchen voraussetzungen bei vor-ort-besichtigungen auch fotos von personen angefertigt werden dürften. denn das ist hier ausweislich der in der verwaltungsakte enthaltenen fotodokumentation nicht geschehen. 132ein verstoß gegen das übermaßverbot folgt auch nicht aus dem hinweis der klägerin, dass die angefertigten lichtbilder gegenstand der überwachungsakte würden, grundsätzlich auf der grundlage von umweltinformationsansprüchen jedermann zur einsicht zur verfügung stünden und eine einsichtnahme in betriebs- und geschäftsgeheimnisse ermöglichten. das von der klägerin damit angesprochene geheimhaltungsinteresse wird in ausreichender weise durch das umweltinformationsgesetz des bundes (uig) bzw. dasjenige des landes nordrhein-westfalen (uig nrw) geschützt. gemäß § 9 abs. 1 satz 1 uig ist der antrag auf zugänglichmachung einer umweltinformation abzulehnen, soweit durch das bekanntgeben der informationen personenbezogene daten offenbart und dadurch interessen der betroffenen erheblich beeinträchtigt würden (nr. 1) oder durch das bekanntgeben betriebs- oder geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die informationen dem steuergeheimnis oder dem statistikgeheimnis unterliegen (nr. 3), es sei denn, die betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche interesse an der bekanntgabe überwiegt. nach § 9 abs. 1 satz 3 uig sind die betroffenen vor der entscheidung über die offenbarung der durch § 9 abs. 1 satz 1 nr. 1 bis 3 uig geschützten informationen anzuhören. im anwendungsbereich des uig nrw gilt derselbe einfachgesetzliche schutzmechanismus, weil § 9 abs. 1 uig über § 2 satz 3 uig nrw anwendung findet. abgesehen davon hat die klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die am 10. juli 2018 angefertigten lichtbilder darstellungen enthalten, die als betriebs- oder geschäftsgeheimnisse zu qualifizieren sind. 133vgl. zur auslegung dieser begriffe: bverwg, urteil vom 23. februar 2017 - 7 c 31.15 -, juris rn. 64 f., m. w. n. 134entsprechendes würde gelten, wenn - was aber hier nicht der fall ist - auf den fotos auch die gesichter von personen zu sehen wären. 135die kostenentscheidung folgt für beide instanzen aus § 154 abs. 1 vwgo. 136die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 137die revision wird mit blick auf die fragen, ob bzw. unter welchen voraussetzungen regelmäßige umweltinspektionen nach § 52 bimschg vorher anzukündigen sind und ob diese rechtsgrundlage auch eine befugnis zur anfertigung von fotos umfasst, wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassen (§ 132 abs. 2 nr. 1 vwgo). 138rechtsmittelbelehrung 139gegen das urteil steht den beteiligten die revision an das bundesverwaltungsgericht zu. 140die revision ist bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, innerhalb eines monats nach zustellung dieses urteils schriftlich einzulegen. die revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die revision innerhalb der frist bei dem bundesverwaltungsgericht, simsonplatz 1, 04107 leipzig, schriftlich eingelegt wird. die revision muss das angefochtene urteil bezeichnen. 141die revision ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung dieses urteils zu begründen. die begründung ist bei dem bundesverwaltungsgericht, simsonplatz 1, 04107 leipzig, schriftlich einzureichen. 142auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung ‑‑ ervv –) wird hingewiesen. 143im revisionsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die einlegung der revision. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). 144dr. kleinschnittger dr. rolfsen dr. lier 145ferner ergeht ohne mitwirkung der ehrenamtlichen richter folgender 146b e s c h l u s s : 147der streitwert wird - nach anhörung der beteiligten und zugleich unter abänderung der erstinstanzlichen streitwertfestsetzung - für beide instanzen auf 10.000,- euro festgesetzt. 148g r ü n d e : 149die streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 47, 52 abs. 1 und abs. 2, 63 abs. 2 satz 1 und abs. 3 satz 1 nr. 2 gkg. dabei bemisst der senat das interesse der klägerin an den beiden feststellungsanträgen unter berücksichtigung der nr. 1.3 des streitwertkatalogs für die verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 mit jeweils 5.000,- euro. 150dieser beschluss ist unanfechtbar (§ 68 abs. 1 satz 5 i. v. m. § 66 abs. 3 satz 3 gkg). |
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"name": "Verwaltungsgericht Arnsberg",
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} | 9 K 3572/19 | 2021-11-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Pflegewohngeld und die darauf beruhende Rückforderung gewährter Pflegewohngeldleistungen. 3Für die am 1. Juni 1943 geborene Klägerin bestellte das Amtsgericht M. mit Beschluss vom 22. April 2016 - 11 XVII 119/16 H - ihren Prozessbevollmächtigten als Berufsbetreuer zu ihrem Betreuer. Von der Bestellung sind unter anderem die Aufgabenkreise Befugnis zum Empfang von Post, Behördenangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten und Wohnungsangelegenheiten umfasst. 4Im Anschluss an eine ab dem 23. Februar 2016 erfolgte stationäre Behandlung in der LWL-Klinik X. befindet sich die Klägerin seit dem 4. Mai 2016 in dem AWO Erich-Wandel-Seniorenzentrum in M. . 5Unter dem 12. Oktober 2016 beantragte der Betreuer der Klägerin erstmals die Bewilligung von Pflegewohngeld bei dem Beklagten. In der dem Antrag beigefügten Vermögenserklärung ist unter Ziffer 12. die Abfrage nach dem Vorliegen von Lebensversicherungen mit Nein angekreuzt. 6Mit Bescheid vom 23. November 2016 lehnte der Beklagte die Gewährung von Pflegewohngeld mit der Begründung ab, dass der Klägerin bisher keine Pflegestufe zuerkannt worden sei. 7Am 14. März 2017 beantragte die Klägerin erneut bei dem Beklagten die Gewährung von Pflegewohngeld, nachdem ihr ab dem 1. Januar 2017 der Pflegegrad 2 zuerkannt worden ist. 8Mit Bescheiden vom 28. März 2017, vom 28. Juni 2017, vom 28. Juli 2017 und vom 28. August 2017 gewährte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 Pflegewohngeld in Höhe von monatlich 414,62 EUR. 9Mit Bescheid vom 28. November 2017 änderte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 die Bewilligung von Pflegewohngeld unter Berücksichtigung der geminderten, gesondert berechenbaren Aufwendungen und setzte das Pflegewohngeld auf monatlich 364,43 EUR fest. 10Mit Bescheiden vom 28. Dezember 2017 und vom 28. Februar 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018 Pflegewohngeld in Höhe von monatlich 364,43 EUR. 11Mit Bescheid vom 28. Mai 2018 gewährte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2018 bis zum 31. Mai 2019 Pflegewohngeld in Höhe von monatlich 364,43 EUR. 12Anlässlich der im Juni 2017 sowie im Juli 2018 von der Klägerin erhaltenen Auszahlungen aus Beteiligungen der Dreiländer Beteiligung Objekt (DLF) behielt der Beklagte ab Juni 2018 bis November 2018 die monatliche Zahlung des Pflegewohngeldes zwecks Anrechnung der Beteiligungseinkünfte ein. 13Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 teilte der Betreuer der Klägerin dem Beklagten mit, dass die Klägerin am 28. November 2018 von der B. Lebensversicherung AG einen Betrag i.H.v. 2.196,95 EUR erhalten habe. 14Auf die entsprechende Aufforderung des Beklagten, die bisher unbekannte und bisher nicht in der Vermögenserklärung angegebene Lebensversicherung nachzuweisen, teilte der Betreuer mit Schreiben vom 20. Februar 2019 mit, dass die B. Lebensversicherung AG aus der zum 1. Oktober 2018 abgelaufenen Kapitallebensversicherung (Nr. 02721333) 2.196,95 EUR am 28. November 2018 auf das Konto der Klägerin überwiesen habe. Ein weiterer Betrag in Höhe von 6.890,98 EUR aus der ebenfalls am 1. Oktober 2018 abgelaufenen Lebensversicherung (Nr. 12721333) sei direkt an das Pflegeheim der Klägerin überwiesen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei ihm nicht bekannt gewesen, dass eine Lebensversicherung bestehe. Das Schreiben der Versicherung habe er von der Tochter der Klägerin erhalten. 15Auf die entsprechende Anforderung des Beklagten mit Schreiben vom 27. Februar 2019 übersandte die B. Lebensversicherung AG am 7. März 2019 Unterlagen betreffend die zum 1. Oktober 1987 abgeschlossene Lebensversicherung Nr. 02721333 mit einer garantierten Versicherungssumme in Höhe von 1.312,00 DM/671,00 EUR bzw. die durch Herabsetzung der beitragspflichtigen Versicherungssumme für den ausscheidenden Teil gebildete beitragsfreie Lebensversicherung Nr. 122721333 mit einer garantierten Versicherungssumme in Höhe von 9.230,00 DM/4.720,00 EUR. Beide Versicherungen liefen vertragsgemäß am 1. Oktober 2018 ab. Bezugsberechtigt im Erlebensfall ist die Klägerin als Versicherungsnehmerin; bezugsberechtigt im Todesfall ist die Tochter - I. - der Klägerin. 16Mit Schreiben vom 27. März 2019 hörte der Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Aufhebung der Bewilligungsbescheide aufgrund des Bekanntwerdens der beiden Lebensversicherungen an. 17Der Betreuer der Klägerin nahm hierzu mit Schreiben vom 3. April 2019 Stellung und führte aus, dass ihm die Lebensversicherungen der Klägerin nicht bekannt gewesen seien. Sowohl die Klägerin als auch ihre Tochter hätten ihn nicht davon in Kenntnis gesetzt. Auch der Anfangssaldo des Bankkontos habe zu Beginn der Betreuung keine Beiträge zur Versicherung ausgewiesen. 18Mit Bescheid vom 5. April 2019 nahm der Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 28. März 2017, 28. Juni 2017, 28. Juli 2017, 28. August 2017, 28. November 2017, 28. Dezember 2017, 28. Februar 2018 und 28. Mai 2018 für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Mai 2017 bis zum 30. November 2018 zurück und forderte für diese Zeiträume die gewährten Pflegewohngeldleistungen zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Im Rahmen der Vermögensüberprüfung habe sich ergeben, dass das Vermögen der Klägerin in den genannten Zeiträumen die maßgebliche Vermögensfreigrenze von 10.000,00 EUR überschreite. Als Vermögen seien zum einen die Zahlungen aus den Beteiligungen der DLF sowie zum anderen die jeweiligen Rückkaufswerte der beiden Lebensversicherungen anzusetzen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, da leistungserhebliche Angaben zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht worden seien. Eine gründliche Recherchearbeit zu Beginn der Betreuung hätte die Existenz der Lebensversicherungen ergeben. Zudem seien der Klägerin als auch ihrer Tochter die Lebensversicherungen bekannt gewesen. Unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin seien im Rahmen der Abwägung mit dem öffentlichen Interesse keine Aspekte ersichtlich, von der Ermächtigung zur Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide keinen Gebrauch zu machen. 19Gegen diesen Bescheid erhob der Betreuer der Klägerin am 1. Mai 2019 Widerspruch und führte zur Begründung aus: Die Auszahlungen aus der Beteiligung der DLF seien zur sofortigen Zahlung von Verbindlichkeiten aus der Heimunterbringung der Klägerin verwandt worden, sodass kein frei verfügbares Vermögen vorgelegen habe. Die dritte Auszahlung sei dem Beklagten zuvor angezeigt und nachfolgend ebenfalls zur Begleichung von Verbindlichkeiten aus der Heimunterbringung verwandt worden. Das Bestehen der Lebensversicherung sei ihm unbekannt gewesen. Da die Klägerin an einer fortschreitenden Demenz leide, habe man eine Kenntnis von ihr insoweit nicht erwarten können. Die Klägerin treffe insoweit nicht der Vorwurf eines grob fahrlässigen Handelns. Eine Kenntnis ihrerseits von der Versicherung sei Voraussetzung dafür, dass von ihm als gesetzlicher Betreuer eine Kenntnis und eine Mitteilung an den Beklagten zu verlangen gewesen wäre. Der Hausstand der Klägerin sei durch die mit ihr zuvor im selben Haus lebende Tochter aufgelöst worden. Hierbei habe weder die Klägerin noch er Kenntnis von Unterlagen erhalten, die auf das Bestehen der Versicherung hätten deuten können. Er sei von der Klägerin nicht über weiteres Vermögen informiert worden. Die Klägerin und die ihm vorgelegten Unterlagen seien die einzig mögliche Erkenntnisquelle für ihn als Vertreter gewesen, sodass auch ihm keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Die von ihm zum Vermögen der Klägerin gemachten Angaben seien stets wahrheitsgemäß im Rahmen des ihm Bekannten erfolgt. 20Mit Widerspruchsbescheid vom 16. August 2019 half der Beklagte betreffend den Leistungsmonat Mai 2017 dem Widerspruch ab und reduzierte den Rückforderungsbetrag auf 5.102,02 EUR. Im Übrigen wies er den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Weder die Klägerin noch ihr Betreuer seien ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen. Das Bestehen der Lebensversicherungen sei im Pflegewohngeldantrag nicht angegeben worden. Der Betreuer habe sich zuzurechnen, dass die Klägerin ihm unter Umständen nicht ihr vollständiges Vermögen angegeben habe. Der Klägerin könne dagegen angesichts der vorliegenden Unterlagen sowie auch unter Berücksichtigung einer möglicherweise zwischenzeitlich fortgeschrittenen Demenz nicht geglaubt werden, dass sie von den Lebensversicherungen nicht gewusst habe. So habe die Klägerin vor Beginn ihrer Betreuung bei der Stadt M. Grundsicherungsleistungen beantragt und dort umfänglich Auskunft zu ihren Vermögensverhältnissen abgeben können. Die Existenz der Lebensversicherungen, für die sie jährlich Mitteilungen und teilweise auch noch Beiträge gezahlt haben müsse, sei von ihr schon seinerzeit vollständig verschwiegen worden. Zudem müsse auch die Tochter der Klägerin Kenntnis von den Lebensversicherungen gehabt haben, da sie in den Versicherungsunterlagen als Bezugsberechtigte im Todesfall der Klägerin vermerkt sei. Insbesondere aufgrund der jährlich ergangenen Information der Versicherungsgesellschaft und der offensichtlich noch jährlich gezahlten Beiträge sei es lebensfremd, anzunehmen, dass weder die Klägerin noch ihre Tochter, die zudem auch den Hausstand der Klägerin aufgelöst habe, etwas von der Existenz der Lebensversicherung gewusst hätten und auch die Recherchen des Betreuers zu Beginn der Betreuung keinerlei Hinweise auf diese Lebensversicherung geliefert haben sollen. Der Betreuer der Klägerin müsse sich zudem zurechnen lassen, dass die Klägerin ihm offenbar unvollständige bzw. unrichtige Angaben zu ihrem Vermögen gemacht habe, sofern er nicht selbst durch hinreichende Recherche zu Beginn der Betreuung Hinweise zu diesen Lebensversicherungen hätte finden können. Angesichts der fehlenden Bedürftigkeit der Klägerin überwiege im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens das öffentliche Interesse an einer sparsamen und zweckgerichteten Verwendung der von der Allgemeinheit aufgebrachten Mittel zur Finanzierung des Pflegewohngeldes gegenüber dem Interesse der Klägerin bzw. ihres Betreuers daran, die rechtswidrig erlangten Pflegewohngeldleistungen behalten zu dürfen. 21Am 9. Oktober 2019 hat der Betreuer der Klägerin Klage erhoben, mit der er sich sowohl gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid betreffend Pflegewohngeld vom 5. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2019 als auch gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid betreffend die Gewährung von Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 8. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2019 wendet. 22Mit Beschluss vom 21. Oktober 2019 hat das Gericht die das Pflegewohngeld und die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII betreffenden Verfahren getrennt und das unter dem Gerichtsaktenzeichen 9 K 3672/19 geführte Verfahren betreffend die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII mit weiterem Beschluss vom 22. Oktober 2019 an das den Rechtsweg betreffend zuständige Sozialgericht Dortmund verwiesen, das dort unter dem Gerichtsaktenzeichen S 62 SO 658/19 geführt wird. 23Zur Begründung der Klage trägt der Betreuer vor: Die Klägerin sei aufgrund ihrer Erkrankung im Zeitpunkt der Beantragung von staatlichen Unterstützungsleistungen nicht in der Lage gewesen, Auskünfte über ihr Vermögen zu geben, und könne für die Richtigkeit der von ihr gemachten Angaben nicht haftbar gemacht werden. Die Klägerin habe ihm als ihr Betreuer trotz Nachfrage keine Angaben zu ihrem Vermögen machen können. Über die Tochter der Klägerin habe lediglich die Beteiligung in Erfahrung gebracht werden können, nicht jedoch das Bestehen einer Lebensversicherung. Er habe sowohl die Klägerin als auch ihre Tochter zu dem Vermögen der Klägerin am 9. Juni 2016 sowie vor der Unterzeichnung des Antrags bei der Beklagten noch einmal ausdrücklich befragt. Außerdem seien vor der Räumung der damaligen Wohnung der Klägerin im Jahr 2016 durch die Tochter alle dort noch verbliebenen Unterlagen durchgesehen worden, ohne dass ein Hinweis auf die Lebensversicherungen der Klägerin zu finden gewesen wäre. Die Tochter der Klägerin habe die Wohnung bereits ab Februar 2016 geräumt und den zur Wohnung gehörenden Briefkasten der Klägerin zunächst zugeklebt und sodann abgenommen. Andere Erkenntnismöglichkeiten hätten ihm nicht zur Verfügung gestanden. Er habe nur solches Vermögen angeben können, das ihm unter normalen Umständen erkennbar gewesen sei, sodass er nicht fahrlässig und schon gar nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Im Rahmen der Betreuung sei ihm eine eigene Sichtung der Unterlagen der Klägerin nicht zuzumuten gewesen und er habe sich darauf verlassen dürfen, dass die Auskünfte der Tochter richtig und die ihm überlassenen Unterlagen vollständig gewesen seien. Er habe davon ausgehen müssen, dass in der Wohnung der Klägerin keine Unterlagen zu der Versicherung gewesen seien oder diese so gut versteckt gewesen seien, dass die Tochter der Klägerin und folglich erst recht er selbst diese nicht habe finden können. Eine Suche „ins Blaue hinein“ sei von ihm im Rahmen seines Aufgabenkreises nicht zu erwarten gewesen. Das Gesetz sehe nur ein sehr beschränktes Zeitkontingent für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers vor. Das Vorhandensein der Lebensversicherungen sei ihm als Betreuer erst mit dem Schreiben der Versicherungsgesellschaft vom 28. November 2018 angezeigt worden. Der Klägerin sei aufgrund ihrer schweren Hirnschädigung kein Vorwurf zu machen, der eine nachträgliche Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung rechtfertigen könne. Die Klägerin als einzig ihm zur Verfügung stehende Erkenntnisquelle habe ihn nicht auf das Vorhandensein der Versicherungen hingewiesen und ihn somit zu einer unvollständigen Erklärung zu ihrem Vermögen gezwungen, die dieser nur nach besten Wissen habe abgeben können. Dass die Versicherungsgesellschaft die Klägerin jährlich angeschrieben habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Derartige Mitteilungen seien weder bei der Klägerin selbst noch bei der Wohnbereichsaufsicht der Pflegeeinrichtungen hinterlegt gewesen. Selbst wenn die Versicherungsgesellschaft Bestandsmeldungen oder sonstigen Schriftverkehr in der Zeit bis Ende Oktober 2018 an die Klägerin gesandt habe, seien diese nicht in seinen Kenntnisnahmebereich gelangt. Die von der Lebensversicherungsgesellschaft ab dem 11. Oktober 2016 ausgefertigten Schreiben hätten die Klägerin angesichts ihres Umzuges in das Pflegewohnheim nicht mehr erreichen können und müssen. Darüber hinaus sei die Klägerin auch aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen, den Inhalt zu verstehen und ihm als Betreuer darüber Auskunft zu geben. 24Die Klägerin beantragt, 25den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2019 aufzuheben. 26Der Beklagte beantragt, 27die Klage abzuweisen. 28Er bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass unter Berücksichtigung der fachpsychiatrischen Gutachten davon ausgegangen werden könne, dass die Klägerin sich ihres Handelns bereits seit dem Jahr 2015 nicht mehr bewusst gewesen sei und insoweit lediglich unter Beteiligung der Tochter und der späteren Mitwirkung des Betreuers die sozialhilferechtlichen Anträge gestellt habe. Es könne jedoch nicht abschließend beurteilt werden, ob möglicherweise ein Verschulden Dritter anzunehmen sei, das letztendlich zu der rechtswidrigen Bewilligung von Sozialleistungen geführt habe. 29Mit Verfügung vom 15. Oktober 2021 sowie ergänzend vom 15. November 2021 hat das Gericht die B. Lebensversicherung AG um schriftliche Auskunft zu den Jahresmitteilungen der Lebensversicherungen sowie zu sonstigem Schriftverkehr der Klägerin ersucht. Auf den Inhalt der hierauf ergangenen Antwortschreiben der B. Lebensversicherung AG vom 2. und 16. November 2021 wird Bezug genommen. 30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen. 31Entscheidungsgründe: 32Die Klage hat keinen Erfolg. 33Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. 34Der Bescheid des Beklagten vom 5. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2019, mit dem er die den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2018 betreffenden Bescheide über die Bewilligung von Pflegewohngeld aufhebt und die für den genannten Zeitraum erbrachten Leistungen zurückfordert, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 35Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist im Hinblick auf die darin verfügte Aufhebung der Bewilligungsbescheide § 21 Abs. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Landespflegerechtes und Sicherung einer unterstützenden Infrastruktur für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige (Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen - APG NRW -) i.V.m. § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). 36Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nach näherer Maßgabe der Absätze 2 bis 4 aufgehoben werden, soweit er rechtswidrig ist. 37Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Bewilligung von Pflegewohngeld für den Pflegeplatz der Klägerin war für den Leistungszeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2018 bei Erlass der Bescheide rechtswidrig. 38Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 APG NRW wird Pflegewohngeld in vollstationären Dauerpflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen als Unterstützung der Personen (Anspruchsberechtigte) gewährt, die gemäß § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) pflegebedürftig und nach § 43 SGB XI oder im Rahmen einer privaten Pflegeversicherung anspruchsberechtigt sind und deren Einkommen und Vermögen unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens ihrer nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern oder der mit ihnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen zur Finanzierung der von ihnen ansonsten zu tragenden förderungsfähigen Aufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 APG NRW ganz oder teilweise nicht ausreicht. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 APG NRW wird Pflegewohngeld nicht gezahlt, wenn unter anderem durch Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens die Zahlung der Investitionskosten möglich ist. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 APG NRW erfolgt die Ermittlung des einzusetzenden monatlichen Einkommens und Vermögens entsprechend der Regelungen des Elften Kapitels SGB XII und dem §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach § 14 Abs. 3 Satz 3 APG NRW darf die Gewährung von Pflegewohngeld zudem nicht abhängig gemacht werden von dem Einsatz oder der Verwertung kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR beziehungsweise 15.000,00 EUR bei nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern sowie eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften. 39Nach diesen Vorschriften hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegewohngeld für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2018, weil das Vermögen der Klägerin in diesem Zeitraum mehr als 10.000,00 EUR betrug und damit die Vermögensschongrenze überschritt. Bestandteil des Vermögens der Klägerin in diesem Zeitraum waren u.a. die beiden Lebensversicherungen der B. Lebensversicherung AG (Nr. 02721333 und 127213339), die als reine Kapitallebensversicherungen nicht zum geschützten Vermögen nach § 90 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X gehören. Unter Ansatz auch dieses Vermögens überschritt - wie sich aus der dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 16. August 2019 beigefügten Anlage im Einzelnen ergibt - das Gesamtvermögen der Klägerin in dem Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2018 die für sie maßgebende Vermögensschongrenze i.H.v. 10.000,00 EUR. Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Pflegewohngeld war demnach für den genannten Zeitraum ausgeschlossen. 40Dem steht nicht entgegen, dass im Falle rechtzeitiger Mitteilung der Klägerin über das Vorhandensein der beiden Lebensversicherungen die Bewilligung von Pflegewohngeld ausgeblieben, die Klägerin die Investitionskosten aus ihrem eigenen Vermögen hätte begleichen müssen und es dadurch zu einem zeitnahen Unterschreiten der Vermögensschongrenze gekommen wäre. 41Vgl. so das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in dem Beschluss über die Prozesskostenhilfe im vorliegenden Verfahren vom 1. März 2021 - 12 E 233/21 -, Seite 3 des Beschlussabdrucks. 42Denn ein fiktiver Vermögensverbrauch erfolgt - wie bei der Prüfung der Gewährung von Sozialleistungen - im Falle der Rücknahme und Erstattung zu Unrecht bezogener Sozialleistungen nicht, da für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Bewilligung ausschließlich maßgebend ist, ob im betreffenden Bewilligungszeitraum verwertbares Vermögen vorhanden war. Vorhandenes Vermögen ist so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden und nicht tatsächlich verbraucht worden ist. 43Vgl. so zur Sozialhilfe/zum Pflegewohngeld: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Dezember 1997 - 5 C 7.96 -, juris, Rn. 33 - 37, unter Aufgabe seines dem entgegenstehenden Urteils vom 20. Oktober 1981 - 5 C 16/80 -, juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteile vom 19. November 1993 - 8 A 278/92 -, juris, Rn. 61 ff., und vom 6. Februar 1996 - 8 A 3537/93 -, n.v., Seite 20 f.; Verwaltungsgericht (VG) Münster, Urteile vom 1. April 2003 - 5 K 2781/99 -, juris, Rn. 37, und vom 9. Mai 2006 - 5 K 137/04 -, juris, Rn. 41; so auch im Falle zu Unrecht bezogene ALG II-Leistungen: Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 25. April 2018 - B 14 AS 15/17 R -, juris, Rn. 20; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Urteile vom 9. Januar 2020 - L 7 AS 498/19 -, juris, Rn. 48, und vom 23. Januar 2020 - L 6 AS 611/16 -, juris, Rn. 115; Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 50 SGB X (Stand: 25. Februar 2020), Rn. 85.2. 44Die Berücksichtigung eines fiktiven Verbrauchs von Vermögen führt zu einer nicht zu rechtfertigenden Verletzung des im Sozialrecht geltenden Nachranggrundsatzes (vgl. § 9 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I), § 2 Abs. 1 SGB XII. Soweit und solange der Leistungsantragsteller mittels seines verfügbaren und verwertbaren Vermögens in der Lage ist, die durch seinen Pflegeplatz monatlich entstehenden förderfähigen Investitionskosten selbst zu tragen, bedarf es nicht des Einsatzes staatlicher Sozialleistungen nach dem APG NRW, da Vermögen, soweit und solange es trotz Verwertbarkeit (noch) nicht verwertet wurde, zur Bedarfsdeckung des Antragstellers zur Verfügung steht und damit der Leistungsgewährung entgegensteht, auch wenn deshalb bereits früher Leistungen abgelehnt worden sind oder es nicht dem Bedarf für den gesamten Zeitraum deckt. 45Vgl. BSG, Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 20/11 -, juris, Rn. 14 f., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 5 C 7.96 -, juris. 46Damit wird zugleich sichergestellt, dass wegen Überschreitens der Vermögensfreigrenze im Falle der Rücknahme der Bewilligung von Pflegewohngeld nichts anderes gilt als im Falle der Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von Pflegewohngeld. Denn verfügt der Antragsteller im Zeitpunkt seiner Antragstellung über (vollständig angegebenes) Vermögen oberhalb der Vermögensfreigrenze, ist er auf dessen Verwertung zu verweisen und sein Antrag abzulehnen. Dies gilt so lange, wie der Antragsteller vom Einsatz seines verwertbaren Vermögens Abstand nimmt, und zwar auch dann, wenn zugleich die monatlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Pflegeeinrichtung nicht erfüllt werden. Eine Verrechnung findet insoweit nicht statt, da der Antragsteller die Pflegekosten in Höhe der Investitionskosten unabhängig von seinen Verbindlichkeiten mit seinem positiven Vermögen begleichen kann. Ist dem Antragsteller dagegen Pflegewohngeld zu Unrecht bewilligt worden, weil er unvollständige Angaben über sein Vermögen gemacht hat und nach seinen Vermögensverhältnissen tatsächlich in der Lage war, diesen Kostenanteil selbst zu tragen, würde er begünstigt, wenn ihm ein fiktiver Verbrauch zugestanden wird. 47Wäre das Vorhandensein der beiden Lebensversicherung dem Beklagten bei Antragstellung bekannt gemacht worden, so wäre nämlich im vorliegenden Fall der Antrag der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum abgelehnt worden, und zwar so lange die Klägerin auf eine Verwertung ihres die Freigrenze überschreitenden Vermögens verzichtet hätte bzw. bis durch Verwertung dieses Vermögensteils die Vermögensfreigrenze unterschritten worden wäre. Durch die rechtswidrige Bewilligung des Beklagten sind zwar die Investitionskosten des Pflegeplatzes der Klägerin beglichen worden. Aufgrund der Aufhebung der Bewilligungsbescheide tritt jedoch nunmehr an die Stelle der ansonsten aufgelaufenen Investitionskosten der Rückforderungsanspruch des Beklagten als wirtschaftliches Äquivalent. Durch die Berücksichtigung eines fiktiven Verbrauchs wird die zwingende Gleichbehandlung der Fallgestaltungen konterkariert. Eine damit für die Klägerin einhergehende und auf der Nichtangabe von verwertbaren Vermögen beruhende Begünstigung ist nicht zu rechtfertigen. 48Auch die die Rücknahme grundsätzlich einschränkenden Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X liegen hier vor. 49Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Bei den Pflegewohngeldbewilligungsbescheiden des Beklagten vom 28. März 2017, 28. Juni 2017, 28. Juli 2017, 28. August 2017, 28. November 2017, 28. Dezember 2017, 28. Februar 2018 und vom 28. Mai 2018 handelt es sich um begünstigende Verwaltungsakte, da sie Geldleistungen gewähren. Die Klägerin ist auch „Begünstigte" im Sinne der Rücknahmevorschriften, da ihr der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss gemäß § 14 APG NRW gewährt worden ist. 50Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist in diesen Fällen das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn - wie hier - der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht hat. 51Der Vertrauensschutz der Klägerin ist allerdings gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Hierunter fällt auch das sogenannte beredte Schweigen, d. h. wenn der Begünstigte Angaben weglässt, die er insbesondere unter Verwendung entsprechender Formulare zu machen verpflichtet gewesen wäre und ihm damit eine Pflicht zur Mitteilung der betreffenden Tatsachen oblag. Von der Bedeutung der unterlassenen Mitteilung muss der Begünstigte, wie sich aus dem Vergleich zur Nr. 3 der Vorschrift ergibt, keine positive Kenntnis gehabt haben. 52Vgl. BSG, Urteile vom 9. April 1987 - 5b RJ 36/86 -, juris, Rn. 14, und vom 1. Juni 2006 - B 7a AL 76/05 R - juris, Rn. 23; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht 6. Auflage 2019, § 48 SGB X, Rn. 28, m.w.N.; von Koppenfels-Spies, Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch X, 3. Auflage 2020, § 45 SGB X, Rn. 17. 53Dies ist hier hinsichtlich der Angaben in den Vermögenserklärungen vom 11. Oktober 2016 und vom 7. Mai 2018 der Fall. Diese Erklärungen enthalten objektiv unvollständige Angaben zum Vermögen der Klägerin, da die in dem jeweiligen Formular unter Ziffer 12. aufgeführte Abfrage etwaiger Lebensversicherungen von dem Betreuer der Klägerin ausdrücklich verneint worden ist, obwohl die Klägerin bereits seit dem 1. Oktober 1987 bzw. 28. August 1992 Versicherungsnehmerin der beiden Lebensversicherungen Nr. 02721333 und 127213339 bei der B. Lebensversicherung AG war. 54Die Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Klägerin waren damit in wesentlicher Beziehung unrichtig. Denn es ist offensichtlich, dass eine geldwerte Forderung die Entscheidung über die Bewilligung von Pflegewohngeld maßgeblich beeinflusst. 55Die Verwaltungsakte über die Bewilligung von Pflegewohngeld beruhten auch auf diesen unvollständigen Angaben. Die (rechtswidrige) Bewilligung des Beklagten für den besagten Zeitraum erfolgte nur deshalb, weil über das Vermögen der Klägerin im Hinblick auf das Vorliegen der beiden Lebensversicherungen unvollständige Angaben gemacht worden sind und der Beklagte bei Kenntnis dieser weiteren Vermögenswerte die Bewilligung von Pflegewohngeld für den besagten Zeitraum wegen offensichtlichen Überschreitens der Vermögensschongrenze abgelehnt hätte. 56Bereits die Klägerin hat in eigener Person zumindest grob fahrlässig gehandelt, indem sie es unterließ, ihren gesetzlichen Betreuer, der in ihrem Namen den Pflegewohngeldantrag gestellt hat, von dem Bestehen der beiden Lebensversicherungen in Kenntnis zu setzen. Jedenfalls aber liegt ein grob fahrlässiges Handeln des gesetzlichen Betreuers der Klägerin vor, das ihr zuzurechnen ist. 57Grobe Fahrlässigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des begünstigenden Verwaltungsaktes ist nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Es müssen einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sein. Das ist der Fall, wenn nicht beachtet wurde, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Dabei ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles abzustellen. 58Vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 88/99 R -, juris. Rn. 21, 24 f., und Beschluss vom 13. März 2019 - B 8 SO 85/18 B -, juris, Rn. 6 m.w.N.; Hessisches Landessozialgericht (LSG Hessen), Urteil vom 17. Januar 2012 - L 2 R 524/10 -, juris, Rn. 47; Hauck/Noftz, SGB, 04/18, § 45 SGB X, Rn. 71 ff. 59Im Falle der fehlerhaften bzw. unvollständigen Angaben muss der Begünstigte nach seinen individuellen Umständen in der Lage gewesen sein, die Fehlerhaftigkeit der gemachten Angaben zu erkennen. Ihm muss also ohne weitere Überlegung klar gewesen sein, dass er dem betreffenden Umstand mitteilen musste. Eine schwere seelische Erkrankung oder fehlende intellektuelle Fähigkeiten sind als besondere Umstände im Rahmen der Beurteilung der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sowie des Einsichtsvermögens des Beteiligten zu würdigen. 60Vgl. LSG Berlin, Urteil vom 24. Juli 2003 - L 8 RA 46/98 -, juris, Rn. 26; BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 77/09 R -, juris, Rn. 32 f. 61Nach diesen Maßstäben liegt ein zumindest grob fahrlässiges Handeln der Klägerin in Bezug auf die Nichtangabe der Lebensversicherungen vor. Zwar hat das Amtsgericht M. mit Beschluss vom 22. April 2016 - 11 XVII 119/16 H - für die Klägerin eine u.a. die Aufgabenkreise der Befugnis zum Empfang von Post, Behördenangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten und Wohnungsangelegenheiten umfassende Betreuung eingerichtet, und leidet die Klägerin ausweislich der gutachterlichen Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI vom 17. März 2016 sowie vom 9. Juni 2016 und der Bescheinigung der LWL-Klinik X. zur Notwendigkeit der Heimversorgung vom 11. April 2016 an einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome sowie einer kognitiven Störung im Rahmen eines beginnenden amnestischen Syndroms (Korsakow-Syndrom). 62Jedoch ergibt sich weder aus den ärztlichen Bescheinigungen Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in Bezug auf ihre kognitiven Fähigkeiten in einem Maße eingeschränkt war, dass ihr unter Berücksichtigung der gesamten Umstände die Erinnerung und Mitteilung der beiden Lebensversicherungen nicht mehr möglich war, noch hat das Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet. 63In der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 17. März 2016 ist der Klägerin eine Pflegestufe nicht zuerkannt worden, da ein ausreichender Hilfebedarf in der Grundpflege festgestellt werden konnte. Gleiches gilt für die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 9. Juni 2016. Darin - Seite 5 - wird im Hinblick auf die kognitiven Fähigkeiten der Klägerin ausgeführt, dass sie Fragen zu ihrer persönlichen Situation beantworten konnte und in der Lage war, ihren Namen, ihr Geburtsdatum und ihr Alter zu benennen. Das gesprochene Wort verstand sie und war in der Lage, Aufforderungen sachgerecht und zügig umzusetzen. Ihre Wohnanschrift, den Namen ihrer Hausärztin, das aktuelle Datum nebst Wochentag konnte die Klägerin benennen. Die im Weiteren als auffällig gekennzeichnete Gedächtnisleistung wird damit begründet, dass die Klägerin Störungen der höheren Hirnfunktionen aufweist, die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben, und unfähig ist, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren. 64In der Bescheinigung zur Notwendigkeit der Heimversorgung der LWL-Klinik X. vom 21. April 2016 wird der Klägerin eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome mit begleitenden, kognitiven Störungen im Rahmen eines beginnenden amnestischen Syndroms (Korsakow-Syndrom) infolge eines Alkoholmissbrauchs attestiert. Zur Begründung der Notwendigkeit der Heimversorgung wird auf die klinisch im Vordergrund stehenden massiven Kurzzeitgedächtnisdefizite sowie die Tendenz der Klägerin zum Konfabulieren bzw. zu Stimmungsschwankungen verwiesen. Die Klägerin ist aufgrund ihrer kognitiven Defizite auf Orientierungshilfe im Alltag und Beaufsichtigung der häuslichen Versorgung angewiesen. 65In der dem Betreuungsverfahren bei dem Amtsgericht M. zugrunde liegenden fachpsychiatrischen gutachterlichen Stellungnahme des LWL-Klinik X. vom 19. März 2016 konnte bei der Klägerin eine leichte kognitive Einschränkung festgestellt werden. Diese bestand in einer leichten Störung der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses und der Konzentration. Als maßgebliche Gründe dafür, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten sorgfältig, pünktlich, strukturiert und zu ihrem eigenen Wohl zu besorgen, werden deutliche Störungen der Konzentration und der Aufmerksamkeit genannt. Aus diesen benannten Gründen bedarf die Klägerin der Hilfe eines gesetzlichen Betreuers. Aus der fachpsychiatrischen gutachterlichen Stellungnahme ergibt sich dagegen nicht, dass die kognitiven Fähigkeiten, insbesondere das Langzeitgedächtnis der Klägerin, derart krankheitsbedingt beeinträchtigt sind, dass sie im Zeitpunkt der Begutachtung am 7. März 2016 keine Angaben zu den beiden Lebensversicherungen machen konnte. So war die Klägerin in der Lage, im Rahmen ihrer psychiatrischen Untersuchung Angaben zu ihrer allgemeinen und wirtschaftlichen Lebenssituation zu machen. Sie konnte sowohl ihren beruflichen Werdegang als ausgebildete Industriekauffrau und selbstständige Unternehmerin wiedergeben als auch konkret die Höhe ihrer Rente, ihren Krankenversicherungsstatus, den Kontostand sowie ihren Schuldenstand benennen. 66In dem Entlassungsbericht der LWL-Klinik X. vom 4. Mai 2016 konnten aus der testpsychologischen Diagnostik keine Hinweise auf eine kognitive Störung festgestellt werden. Auffällig waren lediglich massive Einschränkungen der Konzentration und des Kurzzeitgedächtnisses, die bis zum Ende der Behandlung bestehen blieben. 67Im Übrigen ergibt sich nichts dem Entgegenstehendes aus dem ärztlichen Befundbericht des Dr. med. C. vom 23. April 2021 an das Sozialgericht Dortmund zum dortigen Klageverfahren S 62 SO 658/19. Der behandelnde Arzt berichtet von einer zu beobachtenden stetigen Zunahme einer dementiellen Entwicklung der Klägerin bei zunehmender Abnahme ihrer Orientierungsfähigkeit und wiederholter Verhaltensauffälligkeiten mit erheblichen Unruhezuständen, ausgeprägtem ungezielten Laufdrang sowie affektiven Störungen mit ausgeprägter Stimmungsindifferenz, Antriebsarmut und Veränderung des Sprachflusses. Soweit er im Anschluss daran ausführt, dass rückblickend anzuzweifeln sei, ob die Patientin im Jahr 2016 noch in der Lage gewesen sei, umfassend und wahrheitsgemäß Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu machen, stellt er gerade nicht fest, dass die Klägerin im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Beantragung von Pflegewohngeld am 11. Oktober 2016 sowie anschließend erneut am 6. März 2017 nach ihren kognitiven Fähigkeiten nicht mehr in der Lage war, Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen. Darüber hinaus ist die Frage, ob die Klägerin geistig fähig war, umfassend und wahrheitsgemäß Angaben über ihre wirtschaftliche Verhältnisse zu machen, nicht maßgebend. Allein entscheidend ist, ob die Klägerin in der Lage war, anzugeben, dass sie zwei Lebensversicherungen hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich diesbezüglich nicht um einen einmaligen und flüchtigen Sachverhalt handelt, sondern um einen solchen, der seit dem 1. Oktober 1987 und folglich seit erheblicher Zeit bestand und ausweislich der Auskunft der B. Lebensversicherung AG jährlich - zumindest bis zum Jahr 2015 - wiederkehrend in Form der Jahresmitteilungen der Klägerin zur Kenntnis gelangt ist. 68Im Übrigen hat das Betreuungsgericht für keinen der Aufgabenkreise der Betreuung einen Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angeordnet. Die Klägerin war folglich in ihrer Handlungsfähigkeit gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB X unbeschränkt und gerade nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 der Norm durch einen Einwilligungsvorbehalt beschränkt. Ein im Nachgang an die eingerichtete Betreuung angeordneter Einwilligungsvorbehalt ist weder vom Betreuungsgericht erklärt worden noch vom Betreuer herbeigeführt worden. Letzteres hätte sich jedoch dann aufgedrängt, wenn nach seinem Vorbringen davon ausgegangen werden musste, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung gänzlich nicht mehr in der Lage war, ihre Angelegenheiten in Bezug auf die Beantragung von Sozialleistungen eigenständig zu regeln bzw. lediglich über das Bestehen der Lebensversicherungen Auskunft zu geben. 69Darüber hinaus war die Klägerin durchaus in der Lage im Jahr 2015 - und damit in einem aussagekräftigen zeitlichen Zusammenhang zur Beantragung von Pflegewohngeld im vorliegenden Verfahren - bei der Stadt M. Grundsicherungsleistungen zu beantragen und im dortigen Verwaltungsverfahren mitzuwirken. So hat sich die Klägerin persönlich am 21. Mai 2015 fernmündlich bei der Stadt M. über die Möglichkeit der Beantragung von Grundsicherungen erkundigt. Am 11. Juni 2015 sprach die Klägerin persönlich bei der Stadt M. zwecks Vorlage der für den Antrag auf Bewilligung von Grundsicherungen notwendigen Unterlagen vor. Dem folgte am 18. Juni 2015 eine weitere persönliche Vorsprache der Klägerin, bei der sie ihre Vermögensverhältnisse umfänglich dargestellt hat. Die von der Stadt M. hierzu gefertigten Angaben im Vermerk vom 18. Juni 2015 lassen ohne weiteres erkennen, dass die Klägerin in der Lage war, konkrete, vollständige und in sich schlüssige Angaben zu ihren Vermögens- und Lebensverhältnissen, insbesondere zu den (erheblichen) Verlusten des durch den früheren Steuerberater L. investierten Erlöses aus dem im Jahr 2000 erfolgten Hausverkaufs, zu den Geldanlagen (DLF-Beteiligungen) sowie zu ihren Wohnverhältnissen zu machen. Am 9. Juli 2015 stellte die Klägerin bei der Stadt M. einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherung und sprach - in Begleitung ihrer Tochter - erneut dort vor, um weitere Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen zu machen und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Einweisung nach dem PsychKG in der LWL-Klinik X. für die Zeit vom 23. Februar 2016 bis zum 4. Mai 2016 sowie aufgrund der bei ihr diagnostizierten Erkrankungen im Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung von Pflegewohngeld am 6. März 2017 als auch der erstmaligen Beantragung von Hilfe zur Pflege vom 29. April 2016 in ihren intellektuellen Fähigkeiten derart eingeschränkt war, dass sie keinerlei grundlegende Angaben zu ihren Lebens- und Vermögensverhältnissen machen konnte, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht. In der Widerspruchsbegründung vom 28. April 2019 wird insoweit noch ausgeführt, dass der Klägerin das Bestehen der Lebensversicherungen unbekannt gewesen sei und man von ihr aufgrund der fortschreitenden Demenz eine dahingehende Kenntnis nicht erwarten könne. 70Selbst wenn aber der Klägerin ein zumindest grob fahrlässiges Handeln aufgrund ihrer Erkrankungen nicht vorgeworfen werden könnte, liegt die Klageabweisung selbstständig tragend jedenfalls ein grob fahrlässiges Handeln ihres Betreuers als ihr gesetzlicher Vertreter vor. In der Klagebegründung vom 9. Oktober 2019 führt dieser aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, Auskünfte über ihr Vermögen zu geben, und sie trotz seiner Nachfrage keine Angaben zu ihrem Vermögen habe machen können. Vor diesem - hier insoweit als wahr unterstellten - Hintergrund stellt es sich als grob fahrlässig dar, wenn er, wie in der Widerspruchsbegründung vom 28. April 2019 angegeben, seine im Rahmen der Antragstellung gemachten unvollständigen Angaben damit begründet, dass er von der Klägerin nicht über weiteres Vermögen informiert worden sei bzw. wie in der Klagebegründung vom 9. Oktober 2019 ausgeführt über die Tochter der Klägerin lediglich die bereits bekannten Vermögensbestandteile in Erfahrung gebracht habe. Vielmehr wäre der Betreuer verpflichtet gewesen, sich selbst einen Einblick in die Vermögensverhältnisse der Klägerin zu verschaffen. Hierzu hätte insbesondere gehört, sich die persönlichen Unterlagen der Klägerin zu verschaffen und zu sichten. 71Vgl. allgemein zum Erfordernis der Sichtung der Vermögensverhältnisse eines Hilfeempfängers durch den Betreuer: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 7. Dezember 2005 - 12 B 03.3099 -, juris, Rn. 13; zum Erfordernis der eigenständigen Erfüllung von Mitteilungspflichten des Betreuers: BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 12 B 05.1086 -, juris, Rn. 31. 72Insoweit stellt der Betreuer unzureichend lediglich darauf ab, ihm könne keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, da die Klägerin und die ihm vorgelegten Unterlagen die einzig möglichen Erkenntnisquellen für ihn gewesen seien. Wenn die Klägerin im Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung von Pflegewohngeld - als wahr unterstellt - vollständig außerstande gewesen war, zu ihren Vermögensverhältnissen Angaben zu machen, muss dem Betreuer, der sogar Berufsbetreuer und Rechtsanwalt ist, in einer die grobe Fahrlässigkeit begründenden Weise vor Augen gestanden haben, dass die Beantragung von Pflegewohngeld allein auf der Grundlage der von der am Verfahren nicht beteiligten Tochter der Klägerin I. gemachten Angaben unzureichend ist und ihn nicht von der allein ihm obliegenden Verpflichtung zur eigenständigen Ermittlung und Klärung der Vermögensverhältnisse der Klägerin entlasten kann. Der Betreuer der Klägerin war an der eigenständigen Sichtung der Unterlagen zum Zwecke der Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin weder tatsächlich noch rechtlich gehindert. 73Soweit sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dahingehend einlässt, dass er sich darauf habe verlassen dürfen, dass die Auskünfte der Tochter richtig und die ihm überlassenen Unterlagen vollständig gewesen seien, ergibt sich daraus augenscheinlich, dass der Prozessbevollmächtigte und Betreuer der Klägerin bei der Ermittlung der in dem Pflegewohngeldantrag zugrundegelegten Angaben selbst überhaupt nicht tätig geworden ist, sondern seine Tätigkeit als Betreuer auf die bloße Auswertung der ihm vorgelegten Unterlagen beschränkt hat. Die damit einhergehende ungeprüfte Übernahme stellt eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar, da der Betreuer ohne eigenständige Überprüfung den der Beantragung zugrundegelegten Sachverhalt nicht geprüft hat. 74Ohne rechtliche Relevanz ist der Einwand des Prozessbevollmächtigten, dass im Rahmen der Betreuung eine eigene Sichtung der Unterlagen der Klägerin nicht zumutbar gewesen sei und das Gesetz nur ein sehr beschränktes Zeitkontingent für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers vorsehe. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Diese Mitwirkungspflicht trifft den Betreuer, da er als gesetzlicher Vertreter für die Klägerin handelt und diese in seinem Aufgabenkreis der Regelung der Vermögensverwaltung vertritt. Insoweit stellt das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten auch keinen die Mitwirkung begrenzenden wichtigen Grund im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dar. 75Selbst wenn im Übrigen ein Betreuer Mitwirkungspflichten auf eine andere Person delegieren kann, obliegt ihm die Verpflichtung, die tatsächliche Durchführung durch diese zu kontrollieren. 76Vgl. BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 12 B 05.1086 -, juris, Rn. 31. 77Auch dieser Verpflichtung ist der Prozessbevollmächtigte und Betreuer der Klägerin nicht nachgekommen. Aus seiner Klagebegründung ergibt sich weder, dass er die von der Tochter der Klägerin gemachten Angaben und vorgelegten Unterlagen auf ihre Vollständigkeit hin überprüft hat, noch durch welche konkreten Maßnahmen er dies sichergestellt hat. Das bloße Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben und Unterlagen hindert nicht die Annahme grob fahrlässigen Handelns. Dies gilt nicht nur deshalb, weil die Tochter der Klägerin nicht Beteiligte des Verwaltungsverfahrens ist (vgl. § 12 Abs. 1 SGB I) und daher insoweit für ihre Mitwirkung im Verhältnis zu dem Betreuer der Klägerin nicht einstandspflichtig ist, sondern auch deshalb, weil die Verpflichtung zur eigenständigen Überprüfung der tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch den Betreuer dem Interesse der Klägerin zu dienen bestimmt ist. Erst dadurch wird gewährleistet, dass etwaige Interessenkonflikte und Unzulänglichkeiten bei der Ermittlung und Erfassung des Vermögens der Klägerin ausgeschlossen werden. Insoweit konnte der Prozessbevollmächtigte und Betreuer der Klägerin auch nicht im Ansatz erklären, welche Umstände dafür verantwortlich gewesen sein sollen, dass Unterlagen zu den Lebensversicherungen in der Wohnung der Klägerin nicht aufgefunden worden seien. Bedenken an dieser schlichten Behauptung werden dadurch begründet, dass die Klägerin in ihrem Sozialhilfeverfahren sowie auch in ihren Pflegewohngeldverfahren Unterlagen zu ihren Vermögensverhältnissen vorlegen konnte und ohne verbleibende Zweifel des Gerichts davon auszugehen ist, dass die B. Lebensversicherung AG zumindest bis zum Jahr 2015 der Klägerin aufgrund gesetzlicher Verpflichtung nach § 155 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) jährlich über beide Lebensversicherungen Mitteilungen erteilt hat. Die bloße, nicht überzeugende und lebensfremde Annahme des Prozessbevollmächtigten und Betreuers der Klägerin, dass er davon habe ausgehen müssen, dass in der Wohnung der Klägerin keine Unterlagen zu den Versicherungen gewesen seien oder diese so gut versteckt gewesen seien, dass weder die Tochter der Klägerin noch er diese habe auffinden können, verkennt, dass die ihm obliegende Pflicht gerade dazu gedient hat, dies festzustellen. 78Das sich in seinem Aufgabenkreis haltende grob fahrlässige Verhalten des Betreuers ist der Klägerin zuzurechnen. 79Grundsätzlich können Angaben Dritter dem Begünstigten - hier der Klägerin - zugerechnet werden, soweit der Dritte - wie hier der Betreuer der Klägerin - als Vertreter mit der fehlerhaften Angabe selbst pflichtwidrig gehandelt und dadurch in eigener Person die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt. 80Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juli 2009 - 12 A 2190/08 -, juris, Rn. 24, und Beschluss vom 6. Februar 2014 - 12 A 2734/13 -, juris. 81Grundlage und Rechtfertigung der Zurechnung ist, das die Vertretungswirkung insoweit die eigene Handlungsmöglichkeit und damit auch die Anknüpfung an eigenes Verhalten und eigene Kenntnis des Vertretenen vollständig ersetzt. Dementsprechend muss sich ein Antragsteller die Kenntnis oder das Kennenmüssen und Verfahrenshandlungen seines Betreuers als gesetzlicher Vertreter gemäß § 1902 BGB analog §§ 164 Abs. 1 Satz 1, 166 Abs. 1 278 BGB wie eigene Kenntnis und eigenes Handeln zurechnen lassen. 82Vgl. BSG, Urteile vom 22. Oktober 1968 - 9 RV 418/65 -, juris, Rn. 15, und vom 13. Dezember 1984 - 9a RV 40/83 -, juris, Rn. 24; Sozialgericht (SG) Karlsruhe, Urteil vom 27. August 2009 - S 1 SO 182/09 -, juris, Rn. 22; SG Aachen, Urteil vom 28. September 2010 - S 20 SO 40/10 -, juris, Rn. 17; von Koppenfels-Spies, Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch X, 3. Auflage 2020, § 45 SGB X, Rn. 18.; BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Meßling/Udsching, 59. Edition, Stand: 1. Dezember 2020, § 45 SGB X, Rn. 22; Hauck/Noftz, SGB, 04/18, § 45 SGB X, Rn. 79 ff.; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 45 SGB X, Stand: 14. Januar 2021, Rn. 97; Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 45, Rn. 71. 83Der Beklagte hat seine nach § 45 Abs. 1 SGB X gebotene Ermessensentscheidung ordnungsgemäß ausgeübt und begründet. In einem Falle, wie dem vorliegenden, in dem die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt sind, ist eine Rücknahme im Regelfall nicht ermessensfehlerhaft. Ein Absehen von der Rücknahme wird nur bei Vorliegen besonderer - hier aber weder vorgetragener noch sonst wie ersichtlicher - Umstände in Betracht kommen. 84Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. März 2006 - 12 A 3710/03 -, juris, Rn. 33, Beschluss vom 13. März 2007 - 12 A 2018/05 -, juris, Rn. 13. 85Der Rücknahme der Bewilligungsbescheide steht auch nicht entgegen, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 45 Abs. 3 SGB X grundsätzlich nur binnen einer bestimmten Frist nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden kann. Nach dem hier einschlägigen § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind, vorliegend also nach Nr. 2 der (Bewilligungs-) Bescheid auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlichen Beziehungen unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die vom Beklagten zurückgenommenen Bewilligungsbescheide sind Dauerverwaltungsakte, da sie sich nicht in einer einmaligen Begünstigung erschöpfen, sondern ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründen. Diese begünstigenden Verwaltungsakte sind aus den vorstehend ausgeführten Gründen rechtswidrig und beruhen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf Angaben, die die Klägerin bzw. ihr Betreuer zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unvollständig gemacht haben. Die folglich einschlägige Zehnjahresfrist gemäß § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X ist vorliegend ganz offensichtlich eingehalten. 86Der Beklagte hat schließlich auch die Jahresfrist für eine rückwirkende Rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte eingehalten. Nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X muss die Behörde dann, wenn der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X zurückgenommen wird, dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Das ist hier der Fall. Der Beklagte erlangte erstmals durch das bei ihm am 12. Februar 2019 eingegangene Schreiben des Betreuers der Klägerin vom 11. Februar 2019 Kenntnis davon, dass diese Versicherungsnehmerin einer Kapitallebensversicherung ist. Die vollständigen Unterlagen zu beiden Lebensversicherungen der Klägerin reichte ihr Betreuer mit Schreiben vom 20. Februar 2019 bei dem Beklagten ein. Soweit der hier streitgegenständliche Rücknahmebescheid vom 5. April 2019 datiert, wurde die Jahresfrist unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine Bearbeitungs- oder Entscheidungsfrist handelt, ganz offensichtlich eingehalten. 87Die zwingende Rückforderung des zu Unrecht erhaltenen Pflegewohngeldes folgt aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Sie genügt den formellen Voraussetzungen gemäß § 50 Abs. 3 SGB X und ist auch im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht zu beanstanden. Der im Widerspruchsbescheid vom 16. August 2019 abgeänderte Rückforderungsbetrag von 5.102,02 EUR ist rechnerisch zutreffend ermittelt. In dieser Höhe hatte der Beklagte der Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 31. Mai 2018 und damit für insgesamt 14 Monate Pflegewohngeld gewährt. Bei einem monatlichen Pflegewohngeldbetrag von 364,43 EUR entspricht dies dem vom Beklagten zurückgeforderten Betrag, gegen den die Klägerin keine Einwendungen erhoben hat. 88Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO. 89Die Berufung wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dies ergibt sich aus der im Beschluss des OVG NRW vom 1. März 2021 über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das vorliegende Klageverfahren enthaltene Rechtsauffassung, dass im Falle der Aufhebung und Rückforderung bewilligter Leistungen nach dem APG NRW ein fiktiver Verbrauch von Vermögen zu berücksichtigen sei. 90Rechtsmittelbelehrung: 91Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 92Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. 93Die Berufung und deren Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen. 94Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen. 95O. N. L. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. die berufung wird zugelassen. 1 | 2die klägerin wendet sich gegen die aufhebung der bewilligung von pflegewohngeld und die darauf beruhende rückforderung gewährter pflegewohngeldleistungen. 3für die am 1. juni 1943 geborene klägerin bestellte das amtsgericht m. mit beschluss vom 22. april 2016 - 11 xvii 119/16 h - ihren prozessbevollmächtigten als berufsbetreuer zu ihrem betreuer. von der bestellung sind unter anderem die aufgabenkreise befugnis zum empfang von post, behördenangelegenheiten, vermögensangelegenheiten und wohnungsangelegenheiten umfasst. 4im anschluss an eine ab dem 23. februar 2016 erfolgte stationäre behandlung in der lwl-klinik x. befindet sich die klägerin seit dem 4. mai 2016 in dem awo erich-wandel-seniorenzentrum in m. . 5unter dem 12. oktober 2016 beantragte der betreuer der klägerin erstmals die bewilligung von pflegewohngeld bei dem beklagten. in der dem antrag beigefügten vermögenserklärung ist unter ziffer 12. die abfrage nach dem vorliegen von lebensversicherungen mit nein angekreuzt. 6mit bescheid vom 23. november 2016 lehnte der beklagte die gewährung von pflegewohngeld mit der begründung ab, dass der klägerin bisher keine pflegestufe zuerkannt worden sei. 7am 14. märz 2017 beantragte die klägerin erneut bei dem beklagten die gewährung von pflegewohngeld, nachdem ihr ab dem 1. januar 2017 der pflegegrad 2 zuerkannt worden ist. 8mit bescheiden vom 28. märz 2017, vom 28. juni 2017, vom 28. juli 2017 und vom 28. august 2017 gewährte der beklagte der klägerin für den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 31. dezember 2017 pflegewohngeld in höhe von monatlich 414,62 eur. 9mit bescheid vom 28. november 2017 änderte der beklagte für den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 31. dezember 2017 die bewilligung von pflegewohngeld unter berücksichtigung der geminderten, gesondert berechenbaren aufwendungen und setzte das pflegewohngeld auf monatlich 364,43 eur fest. 10mit bescheiden vom 28. dezember 2017 und vom 28. februar 2018 bewilligte der beklagte der klägerin für den zeitraum vom 1. januar 2018 bis zum 31. dezember 2018 pflegewohngeld in höhe von monatlich 364,43 eur. 11mit bescheid vom 28. mai 2018 gewährte der beklagte der klägerin für die zeit vom 1. juni 2018 bis zum 31. mai 2019 pflegewohngeld in höhe von monatlich 364,43 eur. 12anlässlich der im juni 2017 sowie im juli 2018 von der klägerin erhaltenen auszahlungen aus beteiligungen der dreiländer beteiligung objekt (dlf) behielt der beklagte ab juni 2018 bis november 2018 die monatliche zahlung des pflegewohngeldes zwecks anrechnung der beteiligungseinkünfte ein. 13mit schreiben vom 11. februar 2019 teilte der betreuer der klägerin dem beklagten mit, dass die klägerin am 28. november 2018 von der b. lebensversicherung ag einen betrag i.h.v. 2.196,95 eur erhalten habe. 14auf die entsprechende aufforderung des beklagten, die bisher unbekannte und bisher nicht in der vermögenserklärung angegebene lebensversicherung nachzuweisen, teilte der betreuer mit schreiben vom 20. februar 2019 mit, dass die b. lebensversicherung ag aus der zum 1. oktober 2018 abgelaufenen kapitallebensversicherung (nr. 02721333) 2.196,95 eur am 28. november 2018 auf das konto der klägerin überwiesen habe. ein weiterer betrag in höhe von 6.890,98 eur aus der ebenfalls am 1. oktober 2018 abgelaufenen lebensversicherung (nr. 12721333) sei direkt an das pflegeheim der klägerin überwiesen worden. bis zu diesem zeitpunkt sei ihm nicht bekannt gewesen, dass eine lebensversicherung bestehe. das schreiben der versicherung habe er von der tochter der klägerin erhalten. 15auf die entsprechende anforderung des beklagten mit schreiben vom 27. februar 2019 übersandte die b. lebensversicherung ag am 7. märz 2019 unterlagen betreffend die zum 1. oktober 1987 abgeschlossene lebensversicherung nr. 02721333 mit einer garantierten versicherungssumme in höhe von 1.312,00 dm/671,00 eur bzw. die durch herabsetzung der beitragspflichtigen versicherungssumme für den ausscheidenden teil gebildete beitragsfreie lebensversicherung nr. 122721333 mit einer garantierten versicherungssumme in höhe von 9.230,00 dm/4.720,00 eur. beide versicherungen liefen vertragsgemäß am 1. oktober 2018 ab. bezugsberechtigt im erlebensfall ist die klägerin als versicherungsnehmerin; bezugsberechtigt im todesfall ist die tochter - i. - der klägerin. 16mit schreiben vom 27. märz 2019 hörte der beklagte die klägerin zu der beabsichtigten aufhebung der bewilligungsbescheide aufgrund des bekanntwerdens der beiden lebensversicherungen an. 17der betreuer der klägerin nahm hierzu mit schreiben vom 3. april 2019 stellung und führte aus, dass ihm die lebensversicherungen der klägerin nicht bekannt gewesen seien. sowohl die klägerin als auch ihre tochter hätten ihn nicht davon in kenntnis gesetzt. auch der anfangssaldo des bankkontos habe zu beginn der betreuung keine beiträge zur versicherung ausgewiesen. 18mit bescheid vom 5. april 2019 nahm der beklagte die bewilligungsbescheide vom 28. märz 2017, 28. juni 2017, 28. juli 2017, 28. august 2017, 28. november 2017, 28. dezember 2017, 28. februar 2018 und 28. mai 2018 für den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. mai 2017 bis zum 30. november 2018 zurück und forderte für diese zeiträume die gewährten pflegewohngeldleistungen zurück. zur begründung führte er im wesentlichen aus: im rahmen der vermögensüberprüfung habe sich ergeben, dass das vermögen der klägerin in den genannten zeiträumen die maßgebliche vermögensfreigrenze von 10.000,00 eur überschreite. als vermögen seien zum einen die zahlungen aus den beteiligungen der dlf sowie zum anderen die jeweiligen rückkaufswerte der beiden lebensversicherungen anzusetzen. auf vertrauensschutz könne sich die klägerin nicht berufen, da leistungserhebliche angaben zumindest grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht worden seien. eine gründliche recherchearbeit zu beginn der betreuung hätte die existenz der lebensversicherungen ergeben. zudem seien der klägerin als auch ihrer tochter die lebensversicherungen bekannt gewesen. unter berücksichtigung der interessen der klägerin seien im rahmen der abwägung mit dem öffentlichen interesse keine aspekte ersichtlich, von der ermächtigung zur rücknahme der rechtswidrigen bescheide keinen gebrauch zu machen. 19gegen diesen bescheid erhob der betreuer der klägerin am 1. mai 2019 widerspruch und führte zur begründung aus: die auszahlungen aus der beteiligung der dlf seien zur sofortigen zahlung von verbindlichkeiten aus der heimunterbringung der klägerin verwandt worden, sodass kein frei verfügbares vermögen vorgelegen habe. die dritte auszahlung sei dem beklagten zuvor angezeigt und nachfolgend ebenfalls zur begleichung von verbindlichkeiten aus der heimunterbringung verwandt worden. das bestehen der lebensversicherung sei ihm unbekannt gewesen. da die klägerin an einer fortschreitenden demenz leide, habe man eine kenntnis von ihr insoweit nicht erwarten können. die klägerin treffe insoweit nicht der vorwurf eines grob fahrlässigen handelns. eine kenntnis ihrerseits von der versicherung sei voraussetzung dafür, dass von ihm als gesetzlicher betreuer eine kenntnis und eine mitteilung an den beklagten zu verlangen gewesen wäre. der hausstand der klägerin sei durch die mit ihr zuvor im selben haus lebende tochter aufgelöst worden. hierbei habe weder die klägerin noch er kenntnis von unterlagen erhalten, die auf das bestehen der versicherung hätten deuten können. er sei von der klägerin nicht über weiteres vermögen informiert worden. die klägerin und die ihm vorgelegten unterlagen seien die einzig mögliche erkenntnisquelle für ihn als vertreter gewesen, sodass auch ihm keine fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. die von ihm zum vermögen der klägerin gemachten angaben seien stets wahrheitsgemäß im rahmen des ihm bekannten erfolgt. 20mit widerspruchsbescheid vom 16. august 2019 half der beklagte betreffend den leistungsmonat mai 2017 dem widerspruch ab und reduzierte den rückforderungsbetrag auf 5.102,02 eur. im übrigen wies er den widerspruch als unbegründet zurück. zur begründung führte er im wesentlichen aus: weder die klägerin noch ihr betreuer seien ihrer mitwirkungspflicht nachgekommen. das bestehen der lebensversicherungen sei im pflegewohngeldantrag nicht angegeben worden. der betreuer habe sich zuzurechnen, dass die klägerin ihm unter umständen nicht ihr vollständiges vermögen angegeben habe. der klägerin könne dagegen angesichts der vorliegenden unterlagen sowie auch unter berücksichtigung einer möglicherweise zwischenzeitlich fortgeschrittenen demenz nicht geglaubt werden, dass sie von den lebensversicherungen nicht gewusst habe. so habe die klägerin vor beginn ihrer betreuung bei der stadt m. grundsicherungsleistungen beantragt und dort umfänglich auskunft zu ihren vermögensverhältnissen abgeben können. die existenz der lebensversicherungen, für die sie jährlich mitteilungen und teilweise auch noch beiträge gezahlt haben müsse, sei von ihr schon seinerzeit vollständig verschwiegen worden. zudem müsse auch die tochter der klägerin kenntnis von den lebensversicherungen gehabt haben, da sie in den versicherungsunterlagen als bezugsberechtigte im todesfall der klägerin vermerkt sei. insbesondere aufgrund der jährlich ergangenen information der versicherungsgesellschaft und der offensichtlich noch jährlich gezahlten beiträge sei es lebensfremd, anzunehmen, dass weder die klägerin noch ihre tochter, die zudem auch den hausstand der klägerin aufgelöst habe, etwas von der existenz der lebensversicherung gewusst hätten und auch die recherchen des betreuers zu beginn der betreuung keinerlei hinweise auf diese lebensversicherung geliefert haben sollen. der betreuer der klägerin müsse sich zudem zurechnen lassen, dass die klägerin ihm offenbar unvollständige bzw. unrichtige angaben zu ihrem vermögen gemacht habe, sofern er nicht selbst durch hinreichende recherche zu beginn der betreuung hinweise zu diesen lebensversicherungen hätte finden können. angesichts der fehlenden bedürftigkeit der klägerin überwiege im rahmen des pflichtgemäßen ermessens das öffentliche interesse an einer sparsamen und zweckgerichteten verwendung der von der allgemeinheit aufgebrachten mittel zur finanzierung des pflegewohngeldes gegenüber dem interesse der klägerin bzw. ihres betreuers daran, die rechtswidrig erlangten pflegewohngeldleistungen behalten zu dürfen. 21am 9. oktober 2019 hat der betreuer der klägerin klage erhoben, mit der er sich sowohl gegen den rücknahme- und rückforderungsbescheid betreffend pflegewohngeld vom 5. april 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 16. august 2019 als auch gegen den rücknahme- und rückforderungsbescheid betreffend die gewährung von hilfe zur pflege nach dem zwölften buch sozialgesetzbuch (sgb xii) vom 8. april 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. august 2019 wendet. 22mit beschluss vom 21. oktober 2019 hat das gericht die das pflegewohngeld und die hilfe zur pflege nach dem sgb xii betreffenden verfahren getrennt und das unter dem gerichtsaktenzeichen 9 k 3672/19 geführte verfahren betreffend die hilfe zur pflege nach dem sgb xii mit weiterem beschluss vom 22. oktober 2019 an das den rechtsweg betreffend zuständige sozialgericht dortmund verwiesen, das dort unter dem gerichtsaktenzeichen s 62 so 658/19 geführt wird. 23zur begründung der klage trägt der betreuer vor: die klägerin sei aufgrund ihrer erkrankung im zeitpunkt der beantragung von staatlichen unterstützungsleistungen nicht in der lage gewesen, auskünfte über ihr vermögen zu geben, und könne für die richtigkeit der von ihr gemachten angaben nicht haftbar gemacht werden. die klägerin habe ihm als ihr betreuer trotz nachfrage keine angaben zu ihrem vermögen machen können. über die tochter der klägerin habe lediglich die beteiligung in erfahrung gebracht werden können, nicht jedoch das bestehen einer lebensversicherung. er habe sowohl die klägerin als auch ihre tochter zu dem vermögen der klägerin am 9. juni 2016 sowie vor der unterzeichnung des antrags bei der beklagten noch einmal ausdrücklich befragt. außerdem seien vor der räumung der damaligen wohnung der klägerin im jahr 2016 durch die tochter alle dort noch verbliebenen unterlagen durchgesehen worden, ohne dass ein hinweis auf die lebensversicherungen der klägerin zu finden gewesen wäre. die tochter der klägerin habe die wohnung bereits ab februar 2016 geräumt und den zur wohnung gehörenden briefkasten der klägerin zunächst zugeklebt und sodann abgenommen. andere erkenntnismöglichkeiten hätten ihm nicht zur verfügung gestanden. er habe nur solches vermögen angeben können, das ihm unter normalen umständen erkennbar gewesen sei, sodass er nicht fahrlässig und schon gar nicht grob fahrlässig gehandelt habe. im rahmen der betreuung sei ihm eine eigene sichtung der unterlagen der klägerin nicht zuzumuten gewesen und er habe sich darauf verlassen dürfen, dass die auskünfte der tochter richtig und die ihm überlassenen unterlagen vollständig gewesen seien. er habe davon ausgehen müssen, dass in der wohnung der klägerin keine unterlagen zu der versicherung gewesen seien oder diese so gut versteckt gewesen seien, dass die tochter der klägerin und folglich erst recht er selbst diese nicht habe finden können. eine suche „ins blaue hinein“ sei von ihm im rahmen seines aufgabenkreises nicht zu erwarten gewesen. das gesetz sehe nur ein sehr beschränktes zeitkontingent für die tätigkeit eines gesetzlichen betreuers vor. das vorhandensein der lebensversicherungen sei ihm als betreuer erst mit dem schreiben der versicherungsgesellschaft vom 28. november 2018 angezeigt worden. der klägerin sei aufgrund ihrer schweren hirnschädigung kein vorwurf zu machen, der eine nachträgliche aufhebung der bewilligung und die rückforderung rechtfertigen könne. die klägerin als einzig ihm zur verfügung stehende erkenntnisquelle habe ihn nicht auf das vorhandensein der versicherungen hingewiesen und ihn somit zu einer unvollständigen erklärung zu ihrem vermögen gezwungen, die dieser nur nach besten wissen habe abgeben können. dass die versicherungsgesellschaft die klägerin jährlich angeschrieben habe, werde mit nichtwissen bestritten. derartige mitteilungen seien weder bei der klägerin selbst noch bei der wohnbereichsaufsicht der pflegeeinrichtungen hinterlegt gewesen. selbst wenn die versicherungsgesellschaft bestandsmeldungen oder sonstigen schriftverkehr in der zeit bis ende oktober 2018 an die klägerin gesandt habe, seien diese nicht in seinen kenntnisnahmebereich gelangt. die von der lebensversicherungsgesellschaft ab dem 11. oktober 2016 ausgefertigten schreiben hätten die klägerin angesichts ihres umzuges in das pflegewohnheim nicht mehr erreichen können und müssen. darüber hinaus sei die klägerin auch aus gesundheitlichen gründen nicht mehr in der lage gewesen, den inhalt zu verstehen und ihm als betreuer darüber auskunft zu geben. 24die klägerin beantragt, 25den bescheid der beklagten vom 5. april 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 16. august 2019 aufzuheben. 26der beklagte beantragt, 27die klage abzuweisen. 28er bezieht sich zur begründung auf die angefochtene entscheidung. ergänzend trägt er vor, dass unter berücksichtigung der fachpsychiatrischen gutachten davon ausgegangen werden könne, dass die klägerin sich ihres handelns bereits seit dem jahr 2015 nicht mehr bewusst gewesen sei und insoweit lediglich unter beteiligung der tochter und der späteren mitwirkung des betreuers die sozialhilferechtlichen anträge gestellt habe. es könne jedoch nicht abschließend beurteilt werden, ob möglicherweise ein verschulden dritter anzunehmen sei, das letztendlich zu der rechtswidrigen bewilligung von sozialleistungen geführt habe. 29mit verfügung vom 15. oktober 2021 sowie ergänzend vom 15. november 2021 hat das gericht die b. lebensversicherung ag um schriftliche auskunft zu den jahresmitteilungen der lebensversicherungen sowie zu sonstigem schriftverkehr der klägerin ersucht. auf den inhalt der hierauf ergangenen antwortschreiben der b. lebensversicherung ag vom 2. und 16. november 2021 wird bezug genommen. 30wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten verwiesen. 31 | 32die klage hat keinen erfolg. 33die klage ist als anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) statthaft und auch im übrigen zulässig, in der sache jedoch unbegründet. 34der bescheid des beklagten vom 5. april 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 16. august 2019, mit dem er die den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 30. november 2018 betreffenden bescheide über die bewilligung von pflegewohngeld aufhebt und die für den genannten zeitraum erbrachten leistungen zurückfordert, ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 35rechtsgrundlage des angefochtenen bescheides ist im hinblick auf die darin verfügte aufhebung der bewilligungsbescheide § 21 abs. 1 des gesetzes zur weiterentwicklung des landespflegerechtes und sicherung einer unterstützenden infrastruktur für ältere menschen, pflegebedürftige menschen und deren angehörige (alten- und pflegegesetz nordrhein-westfalen - apg nrw -) i.v.m. § 45 des zehnten buches sozialgesetzbuch (sgb x). 36nach § 45 abs. 1 sgb x darf ein begünstigender verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nach näherer maßgabe der absätze 2 bis 4 aufgehoben werden, soweit er rechtswidrig ist. 37diese voraussetzungen liegen hier vor. die bewilligung von pflegewohngeld für den pflegeplatz der klägerin war für den leistungszeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 30. november 2018 bei erlass der bescheide rechtswidrig. 38gemäß § 14 abs. 1 satz 1 apg nrw wird pflegewohngeld in vollstationären dauerpflegeeinrichtungen in nordrhein-westfalen als unterstützung der personen (anspruchsberechtigte) gewährt, die gemäß § 14 des elften buches sozialgesetzbuch (sgb xi) pflegebedürftig und nach § 43 sgb xi oder im rahmen einer privaten pflegeversicherung anspruchsberechtigt sind und deren einkommen und vermögen unter berücksichtigung des einkommens und vermögens ihrer nicht getrennt lebenden ehegattinnen, ehegatten, eingetragenen lebenspartnerinnen oder lebenspartnern oder der mit ihnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher gemeinschaft lebenden personen zur finanzierung der von ihnen ansonsten zu tragenden förderungsfähigen aufwendungen im sinne des § 10 abs. 1 apg nrw ganz oder teilweise nicht ausreicht. nach § 14 abs. 2 satz 1 apg nrw wird pflegewohngeld nicht gezahlt, wenn unter anderem durch einsatz eigenen einkommens und vermögens die zahlung der investitionskosten möglich ist. nach § 14 abs. 3 satz 1 apg nrw erfolgt die ermittlung des einzusetzenden monatlichen einkommens und vermögens entsprechend der regelungen des elften kapitels sgb xii und dem §§ 25 bis 27j des bundesversorgungsgesetzes (bvg). nach § 14 abs. 3 satz 3 apg nrw darf die gewährung von pflegewohngeld zudem nicht abhängig gemacht werden von dem einsatz oder der verwertung kleinerer barbeträge und sonstiger geldwerte in höhe von bis zu 10.000,00 eur beziehungsweise 15.000,00 eur bei nicht getrennt lebenden ehegattinnen, ehegatten, eingetragenen lebenspartnerinnen oder lebenspartnern sowie eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen gemeinschaften. 39nach diesen vorschriften hat die klägerin keinen anspruch auf zahlung von pflegewohngeld für den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 30. november 2018, weil das vermögen der klägerin in diesem zeitraum mehr als 10.000,00 eur betrug und damit die vermögensschongrenze überschritt. bestandteil des vermögens der klägerin in diesem zeitraum waren u.a. die beiden lebensversicherungen der b. lebensversicherung ag (nr. 02721333 und 127213339), die als reine kapitallebensversicherungen nicht zum geschützten vermögen nach § 90 abs. 2 satz 1 nr. 2 sgb x gehören. unter ansatz auch dieses vermögens überschritt - wie sich aus der dem angefochtenen widerspruchsbescheid vom 16. august 2019 beigefügten anlage im einzelnen ergibt - das gesamtvermögen der klägerin in dem zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 30. november 2018 die für sie maßgebende vermögensschongrenze i.h.v. 10.000,00 eur. der anspruch der klägerin auf gewährung von pflegewohngeld war demnach für den genannten zeitraum ausgeschlossen. 40dem steht nicht entgegen, dass im falle rechtzeitiger mitteilung der klägerin über das vorhandensein der beiden lebensversicherungen die bewilligung von pflegewohngeld ausgeblieben, die klägerin die investitionskosten aus ihrem eigenen vermögen hätte begleichen müssen und es dadurch zu einem zeitnahen unterschreiten der vermögensschongrenze gekommen wäre. 41vgl. so das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) in dem beschluss über die prozesskostenhilfe im vorliegenden verfahren vom 1. märz 2021 - 12 e 233/21 -, seite 3 des beschlussabdrucks. 42denn ein fiktiver vermögensverbrauch erfolgt - wie bei der prüfung der gewährung von sozialleistungen - im falle der rücknahme und erstattung zu unrecht bezogener sozialleistungen nicht, da für die beurteilung der rechtswidrigkeit der bewilligung ausschließlich maßgebend ist, ob im betreffenden bewilligungszeitraum verwertbares vermögen vorhanden war. vorhandenes vermögen ist so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden und nicht tatsächlich verbraucht worden ist. 43vgl. so zur sozialhilfe/zum pflegewohngeld: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 19. dezember 1997 - 5 c 7.96 -, juris, rn. 33 - 37, unter aufgabe seines dem entgegenstehenden urteils vom 20. oktober 1981 - 5 c 16/80 -, juris, rn. 16; ovg nrw, urteile vom 19. november 1993 - 8 a 278/92 -, juris, rn. 61 ff., und vom 6. februar 1996 - 8 a 3537/93 -, n.v., seite 20 f.; verwaltungsgericht (vg) münster, urteile vom 1. april 2003 - 5 k 2781/99 -, juris, rn. 37, und vom 9. mai 2006 - 5 k 137/04 -, juris, rn. 41; so auch im falle zu unrecht bezogene alg ii-leistungen: bundessozialgericht (bsg) urteil vom 25. april 2018 - b 14 as 15/17 r -, juris, rn. 20; landessozialgericht für das land nordrhein-westfalen (lsg nrw), urteile vom 9. januar 2020 - l 7 as 498/19 -, juris, rn. 48, und vom 23. januar 2020 - l 6 as 611/16 -, juris, rn. 115; baumeister in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl., § 50 sgb x (stand: 25. februar 2020), rn. 85.2. 44die berücksichtigung eines fiktiven verbrauchs von vermögen führt zu einer nicht zu rechtfertigenden verletzung des im sozialrecht geltenden nachranggrundsatzes (vgl. § 9 des ersten buches sozialgesetzbuch (sgb i), § 2 abs. 1 sgb xii. soweit und solange der leistungsantragsteller mittels seines verfügbaren und verwertbaren vermögens in der lage ist, die durch seinen pflegeplatz monatlich entstehenden förderfähigen investitionskosten selbst zu tragen, bedarf es nicht des einsatzes staatlicher sozialleistungen nach dem apg nrw, da vermögen, soweit und solange es trotz verwertbarkeit (noch) nicht verwertet wurde, zur bedarfsdeckung des antragstellers zur verfügung steht und damit der leistungsgewährung entgegensteht, auch wenn deshalb bereits früher leistungen abgelehnt worden sind oder es nicht dem bedarf für den gesamten zeitraum deckt. 45vgl. bsg, urteil vom 20. september 2012 - b 8 so 20/11 -, juris, rn. 14 f., unter bezugnahme auf bverwg, urteil vom 19. dezember 1997 - 5 c 7.96 -, juris. 46damit wird zugleich sichergestellt, dass wegen überschreitens der vermögensfreigrenze im falle der rücknahme der bewilligung von pflegewohngeld nichts anderes gilt als im falle der ablehnung eines antrags auf bewilligung von pflegewohngeld. denn verfügt der antragsteller im zeitpunkt seiner antragstellung über (vollständig angegebenes) vermögen oberhalb der vermögensfreigrenze, ist er auf dessen verwertung zu verweisen und sein antrag abzulehnen. dies gilt so lange, wie der antragsteller vom einsatz seines verwertbaren vermögens abstand nimmt, und zwar auch dann, wenn zugleich die monatlichen zahlungsverpflichtungen gegenüber der pflegeeinrichtung nicht erfüllt werden. eine verrechnung findet insoweit nicht statt, da der antragsteller die pflegekosten in höhe der investitionskosten unabhängig von seinen verbindlichkeiten mit seinem positiven vermögen begleichen kann. ist dem antragsteller dagegen pflegewohngeld zu unrecht bewilligt worden, weil er unvollständige angaben über sein vermögen gemacht hat und nach seinen vermögensverhältnissen tatsächlich in der lage war, diesen kostenanteil selbst zu tragen, würde er begünstigt, wenn ihm ein fiktiver verbrauch zugestanden wird. 47wäre das vorhandensein der beiden lebensversicherung dem beklagten bei antragstellung bekannt gemacht worden, so wäre nämlich im vorliegenden fall der antrag der klägerin für den streitgegenständlichen zeitraum abgelehnt worden, und zwar so lange die klägerin auf eine verwertung ihres die freigrenze überschreitenden vermögens verzichtet hätte bzw. bis durch verwertung dieses vermögensteils die vermögensfreigrenze unterschritten worden wäre. durch die rechtswidrige bewilligung des beklagten sind zwar die investitionskosten des pflegeplatzes der klägerin beglichen worden. aufgrund der aufhebung der bewilligungsbescheide tritt jedoch nunmehr an die stelle der ansonsten aufgelaufenen investitionskosten der rückforderungsanspruch des beklagten als wirtschaftliches äquivalent. durch die berücksichtigung eines fiktiven verbrauchs wird die zwingende gleichbehandlung der fallgestaltungen konterkariert. eine damit für die klägerin einhergehende und auf der nichtangabe von verwertbaren vermögen beruhende begünstigung ist nicht zu rechtfertigen. 48auch die die rücknahme grundsätzlich einschränkenden voraussetzungen nach § 45 abs. 2 bis 4 sgb x liegen hier vor. 49nach § 45 abs. 2 satz 1 sgb x darf ein rechtswidriger begünstigender verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist. bei den pflegewohngeldbewilligungsbescheiden des beklagten vom 28. märz 2017, 28. juni 2017, 28. juli 2017, 28. august 2017, 28. november 2017, 28. dezember 2017, 28. februar 2018 und vom 28. mai 2018 handelt es sich um begünstigende verwaltungsakte, da sie geldleistungen gewähren. die klägerin ist auch „begünstigte" im sinne der rücknahmevorschriften, da ihr der bewohnerbezogene aufwendungszuschuss gemäß § 14 apg nrw gewährt worden ist. 50nach § 45 abs. 2 satz 2 sgb x ist in diesen fällen das vertrauen in der regel schutzwürdig, wenn - wie hier - der begünstigte erbrachte leistungen verbraucht hat. 51der vertrauensschutz der klägerin ist allerdings gemäß § 45 abs. 2 satz 3 sgb x ausgeschlossen. nach § 45 abs. 2 satz 3 nr. 2 sgb x kann sich der begünstigte auf vertrauen nicht berufen, soweit der verwaltungsakt auf angaben beruht, die der begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. hierunter fällt auch das sogenannte beredte schweigen, d. h. wenn der begünstigte angaben weglässt, die er insbesondere unter verwendung entsprechender formulare zu machen verpflichtet gewesen wäre und ihm damit eine pflicht zur mitteilung der betreffenden tatsachen oblag. von der bedeutung der unterlassenen mitteilung muss der begünstigte, wie sich aus dem vergleich zur nr. 3 der vorschrift ergibt, keine positive kenntnis gehabt haben. 52vgl. bsg, urteile vom 9. april 1987 - 5b rj 36/86 -, juris, rn. 14, und vom 1. juni 2006 - b 7a al 76/05 r - juris, rn. 23; knickrehm/kreikebohm/waltermann, kommentar zum sozialrecht 6. auflage 2019, § 48 sgb x, rn. 28, m.w.n.; von koppenfels-spies, wenner, kommentar zum sozialgesetzbuch x, 3. auflage 2020, § 45 sgb x, rn. 17. 53dies ist hier hinsichtlich der angaben in den vermögenserklärungen vom 11. oktober 2016 und vom 7. mai 2018 der fall. diese erklärungen enthalten objektiv unvollständige angaben zum vermögen der klägerin, da die in dem jeweiligen formular unter ziffer 12. aufgeführte abfrage etwaiger lebensversicherungen von dem betreuer der klägerin ausdrücklich verneint worden ist, obwohl die klägerin bereits seit dem 1. oktober 1987 bzw. 28. august 1992 versicherungsnehmerin der beiden lebensversicherungen nr. 02721333 und 127213339 bei der b. lebensversicherung ag war. 54die angaben zu den vermögensverhältnissen der klägerin waren damit in wesentlicher beziehung unrichtig. denn es ist offensichtlich, dass eine geldwerte forderung die entscheidung über die bewilligung von pflegewohngeld maßgeblich beeinflusst. 55die verwaltungsakte über die bewilligung von pflegewohngeld beruhten auch auf diesen unvollständigen angaben. die (rechtswidrige) bewilligung des beklagten für den besagten zeitraum erfolgte nur deshalb, weil über das vermögen der klägerin im hinblick auf das vorliegen der beiden lebensversicherungen unvollständige angaben gemacht worden sind und der beklagte bei kenntnis dieser weiteren vermögenswerte die bewilligung von pflegewohngeld für den besagten zeitraum wegen offensichtlichen überschreitens der vermögensschongrenze abgelehnt hätte. 56bereits die klägerin hat in eigener person zumindest grob fahrlässig gehandelt, indem sie es unterließ, ihren gesetzlichen betreuer, der in ihrem namen den pflegewohngeldantrag gestellt hat, von dem bestehen der beiden lebensversicherungen in kenntnis zu setzen. jedenfalls aber liegt ein grob fahrlässiges handeln des gesetzlichen betreuers der klägerin vor, das ihr zuzurechnen ist. 57grobe fahrlässigkeit im maßgeblichen zeitpunkt der bekanntgabe des begünstigenden verwaltungsaktes ist nach der legaldefinition in § 45 abs. 2 satz 3 nr. 3 sgb x gegeben, wenn der begünstigte die erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt hat. dabei ist ein subjektiver sorgfaltsmaßstab anzulegen. es müssen einfachste, ganz naheliegende überlegungen nicht angestellt worden sein. das ist der fall, wenn nicht beachtet wurde, was im gegebenen fall jedem einleuchten musste. dabei ist auf die persönliche urteils- und kritikfähigkeit, das einsichtsvermögen und verhalten des betroffenen sowie die besonderen umstände des falles abzustellen. 58vgl. bsg, urteil vom 27. juli 2000 - b 7 al 88/99 r -, juris. rn. 21, 24 f., und beschluss vom 13. märz 2019 - b 8 so 85/18 b -, juris, rn. 6 m.w.n.; hessisches landessozialgericht (lsg hessen), urteil vom 17. januar 2012 - l 2 r 524/10 -, juris, rn. 47; hauck/noftz, sgb, 04/18, § 45 sgb x, rn. 71 ff. 59im falle der fehlerhaften bzw. unvollständigen angaben muss der begünstigte nach seinen individuellen umständen in der lage gewesen sein, die fehlerhaftigkeit der gemachten angaben zu erkennen. ihm muss also ohne weitere überlegung klar gewesen sein, dass er dem betreffenden umstand mitteilen musste. eine schwere seelische erkrankung oder fehlende intellektuelle fähigkeiten sind als besondere umstände im rahmen der beurteilung der persönlichen urteils- und kritikfähigkeit sowie des einsichtsvermögens des beteiligten zu würdigen. 60vgl. lsg berlin, urteil vom 24. juli 2003 - l 8 ra 46/98 -, juris, rn. 26; bsg, urteil vom 1. juli 2010 - b 13 r 77/09 r -, juris, rn. 32 f. 61nach diesen maßstäben liegt ein zumindest grob fahrlässiges handeln der klägerin in bezug auf die nichtangabe der lebensversicherungen vor. zwar hat das amtsgericht m. mit beschluss vom 22. april 2016 - 11 xvii 119/16 h - für die klägerin eine u.a. die aufgabenkreise der befugnis zum empfang von post, behördenangelegenheiten, vermögensangelegenheiten und wohnungsangelegenheiten umfassende betreuung eingerichtet, und leidet die klägerin ausweislich der gutachterlichen stellungnahmen des medizinischen dienstes der krankenversicherung (mdk) zur feststellung der pflegebedürftigkeit nach dem sgb xi vom 17. märz 2016 sowie vom 9. juni 2016 und der bescheinigung der lwl-klinik x. zur notwendigkeit der heimversorgung vom 11. april 2016 an einer schweren depressiven episode ohne psychotische symptome sowie einer kognitiven störung im rahmen eines beginnenden amnestischen syndroms (korsakow-syndrom). 62jedoch ergibt sich weder aus den ärztlichen bescheinigungen anhaltspunkte dafür, dass die klägerin in bezug auf ihre kognitiven fähigkeiten in einem maße eingeschränkt war, dass ihr unter berücksichtigung der gesamten umstände die erinnerung und mitteilung der beiden lebensversicherungen nicht mehr möglich war, noch hat das betreuungsgericht einen einwilligungsvorbehalt angeordnet. 63in der gutachterlichen stellungnahme des mdk vom 17. märz 2016 ist der klägerin eine pflegestufe nicht zuerkannt worden, da ein ausreichender hilfebedarf in der grundpflege festgestellt werden konnte. gleiches gilt für die ergänzende gutachterliche stellungnahme vom 9. juni 2016. darin - seite 5 - wird im hinblick auf die kognitiven fähigkeiten der klägerin ausgeführt, dass sie fragen zu ihrer persönlichen situation beantworten konnte und in der lage war, ihren namen, ihr geburtsdatum und ihr alter zu benennen. das gesprochene wort verstand sie und war in der lage, aufforderungen sachgerecht und zügig umzusetzen. ihre wohnanschrift, den namen ihrer hausärztin, das aktuelle datum nebst wochentag konnte die klägerin benennen. die im weiteren als auffällig gekennzeichnete gedächtnisleistung wird damit begründet, dass die klägerin störungen der höheren hirnfunktionen aufweist, die zu problemen bei der bewältigung von sozialen alltagsleistungen geführt haben, und unfähig ist, eigenständig den tagesablauf zu planen und zu strukturieren. 64in der bescheinigung zur notwendigkeit der heimversorgung der lwl-klinik x. vom 21. april 2016 wird der klägerin eine schwere depressive episode ohne psychotische symptome mit begleitenden, kognitiven störungen im rahmen eines beginnenden amnestischen syndroms (korsakow-syndrom) infolge eines alkoholmissbrauchs attestiert. zur begründung der notwendigkeit der heimversorgung wird auf die klinisch im vordergrund stehenden massiven kurzzeitgedächtnisdefizite sowie die tendenz der klägerin zum konfabulieren bzw. zu stimmungsschwankungen verwiesen. die klägerin ist aufgrund ihrer kognitiven defizite auf orientierungshilfe im alltag und beaufsichtigung der häuslichen versorgung angewiesen. 65in der dem betreuungsverfahren bei dem amtsgericht m. zugrunde liegenden fachpsychiatrischen gutachterlichen stellungnahme des lwl-klinik x. vom 19. märz 2016 konnte bei der klägerin eine leichte kognitive einschränkung festgestellt werden. diese bestand in einer leichten störung der aufmerksamkeit, des gedächtnisses und der konzentration. als maßgebliche gründe dafür, dass die klägerin nicht in der lage ist, ihre angelegenheiten sorgfältig, pünktlich, strukturiert und zu ihrem eigenen wohl zu besorgen, werden deutliche störungen der konzentration und der aufmerksamkeit genannt. aus diesen benannten gründen bedarf die klägerin der hilfe eines gesetzlichen betreuers. aus der fachpsychiatrischen gutachterlichen stellungnahme ergibt sich dagegen nicht, dass die kognitiven fähigkeiten, insbesondere das langzeitgedächtnis der klägerin, derart krankheitsbedingt beeinträchtigt sind, dass sie im zeitpunkt der begutachtung am 7. märz 2016 keine angaben zu den beiden lebensversicherungen machen konnte. so war die klägerin in der lage, im rahmen ihrer psychiatrischen untersuchung angaben zu ihrer allgemeinen und wirtschaftlichen lebenssituation zu machen. sie konnte sowohl ihren beruflichen werdegang als ausgebildete industriekauffrau und selbstständige unternehmerin wiedergeben als auch konkret die höhe ihrer rente, ihren krankenversicherungsstatus, den kontostand sowie ihren schuldenstand benennen. 66in dem entlassungsbericht der lwl-klinik x. vom 4. mai 2016 konnten aus der testpsychologischen diagnostik keine hinweise auf eine kognitive störung festgestellt werden. auffällig waren lediglich massive einschränkungen der konzentration und des kurzzeitgedächtnisses, die bis zum ende der behandlung bestehen blieben. 67im übrigen ergibt sich nichts dem entgegenstehendes aus dem ärztlichen befundbericht des dr. med. c. vom 23. april 2021 an das sozialgericht dortmund zum dortigen klageverfahren s 62 so 658/19. der behandelnde arzt berichtet von einer zu beobachtenden stetigen zunahme einer dementiellen entwicklung der klägerin bei zunehmender abnahme ihrer orientierungsfähigkeit und wiederholter verhaltensauffälligkeiten mit erheblichen unruhezuständen, ausgeprägtem ungezielten laufdrang sowie affektiven störungen mit ausgeprägter stimmungsindifferenz, antriebsarmut und veränderung des sprachflusses. soweit er im anschluss daran ausführt, dass rückblickend anzuzweifeln sei, ob die patientin im jahr 2016 noch in der lage gewesen sei, umfassend und wahrheitsgemäß angaben über ihre wirtschaftlichen verhältnisse zu machen, stellt er gerade nicht fest, dass die klägerin im zeitpunkt ihrer erstmaligen beantragung von pflegewohngeld am 11. oktober 2016 sowie anschließend erneut am 6. märz 2017 nach ihren kognitiven fähigkeiten nicht mehr in der lage war, angaben zu ihren einkommens- und vermögensverhältnissen zu machen. darüber hinaus ist die frage, ob die klägerin geistig fähig war, umfassend und wahrheitsgemäß angaben über ihre wirtschaftliche verhältnisse zu machen, nicht maßgebend. allein entscheidend ist, ob die klägerin in der lage war, anzugeben, dass sie zwei lebensversicherungen hat. hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich diesbezüglich nicht um einen einmaligen und flüchtigen sachverhalt handelt, sondern um einen solchen, der seit dem 1. oktober 1987 und folglich seit erheblicher zeit bestand und ausweislich der auskunft der b. lebensversicherung ag jährlich - zumindest bis zum jahr 2015 - wiederkehrend in form der jahresmitteilungen der klägerin zur kenntnis gelangt ist. 68im übrigen hat das betreuungsgericht für keinen der aufgabenkreise der betreuung einen einwilligungsvorbehalt nach § 1903 abs. 1 satz 1 des bürgerlichen gesetzbuches (bgb) angeordnet. die klägerin war folglich in ihrer handlungsfähigkeit gemäß § 11 abs. 1 nr. 1 sgb x unbeschränkt und gerade nicht nach maßgabe des absatzes 2 der norm durch einen einwilligungsvorbehalt beschränkt. ein im nachgang an die eingerichtete betreuung angeordneter einwilligungsvorbehalt ist weder vom betreuungsgericht erklärt worden noch vom betreuer herbeigeführt worden. letzteres hätte sich jedoch dann aufgedrängt, wenn nach seinem vorbringen davon ausgegangen werden musste, dass die klägerin im zeitpunkt der antragstellung gänzlich nicht mehr in der lage war, ihre angelegenheiten in bezug auf die beantragung von sozialleistungen eigenständig zu regeln bzw. lediglich über das bestehen der lebensversicherungen auskunft zu geben. 69darüber hinaus war die klägerin durchaus in der lage im jahr 2015 - und damit in einem aussagekräftigen zeitlichen zusammenhang zur beantragung von pflegewohngeld im vorliegenden verfahren - bei der stadt m. grundsicherungsleistungen zu beantragen und im dortigen verwaltungsverfahren mitzuwirken. so hat sich die klägerin persönlich am 21. mai 2015 fernmündlich bei der stadt m. über die möglichkeit der beantragung von grundsicherungen erkundigt. am 11. juni 2015 sprach die klägerin persönlich bei der stadt m. zwecks vorlage der für den antrag auf bewilligung von grundsicherungen notwendigen unterlagen vor. dem folgte am 18. juni 2015 eine weitere persönliche vorsprache der klägerin, bei der sie ihre vermögensverhältnisse umfänglich dargestellt hat. die von der stadt m. hierzu gefertigten angaben im vermerk vom 18. juni 2015 lassen ohne weiteres erkennen, dass die klägerin in der lage war, konkrete, vollständige und in sich schlüssige angaben zu ihren vermögens- und lebensverhältnissen, insbesondere zu den (erheblichen) verlusten des durch den früheren steuerberater l. investierten erlöses aus dem im jahr 2000 erfolgten hausverkaufs, zu den geldanlagen (dlf-beteiligungen) sowie zu ihren wohnverhältnissen zu machen. am 9. juli 2015 stellte die klägerin bei der stadt m. einen antrag auf gewährung von grundsicherung und sprach - in begleitung ihrer tochter - erneut dort vor, um weitere angaben zu ihren vermögensverhältnissen zu machen und entsprechende unterlagen vorzulegen. dass die klägerin auch unter berücksichtigung ihrer einweisung nach dem psychkg in der lwl-klinik x. für die zeit vom 23. februar 2016 bis zum 4. mai 2016 sowie aufgrund der bei ihr diagnostizierten erkrankungen im zeitpunkt der erstmaligen beantragung von pflegewohngeld am 6. märz 2017 als auch der erstmaligen beantragung von hilfe zur pflege vom 29. april 2016 in ihren intellektuellen fähigkeiten derart eingeschränkt war, dass sie keinerlei grundlegende angaben zu ihren lebens- und vermögensverhältnissen machen konnte, ergibt sich aus den vorgelegten unterlagen nicht. in der widerspruchsbegründung vom 28. april 2019 wird insoweit noch ausgeführt, dass der klägerin das bestehen der lebensversicherungen unbekannt gewesen sei und man von ihr aufgrund der fortschreitenden demenz eine dahingehende kenntnis nicht erwarten könne. 70selbst wenn aber der klägerin ein zumindest grob fahrlässiges handeln aufgrund ihrer erkrankungen nicht vorgeworfen werden könnte, liegt die klageabweisung selbstständig tragend jedenfalls ein grob fahrlässiges handeln ihres betreuers als ihr gesetzlicher vertreter vor. in der klagebegründung vom 9. oktober 2019 führt dieser aus, dass die klägerin aufgrund ihrer erkrankung nicht in der lage gewesen sei, auskünfte über ihr vermögen zu geben, und sie trotz seiner nachfrage keine angaben zu ihrem vermögen habe machen können. vor diesem - hier insoweit als wahr unterstellten - hintergrund stellt es sich als grob fahrlässig dar, wenn er, wie in der widerspruchsbegründung vom 28. april 2019 angegeben, seine im rahmen der antragstellung gemachten unvollständigen angaben damit begründet, dass er von der klägerin nicht über weiteres vermögen informiert worden sei bzw. wie in der klagebegründung vom 9. oktober 2019 ausgeführt über die tochter der klägerin lediglich die bereits bekannten vermögensbestandteile in erfahrung gebracht habe. vielmehr wäre der betreuer verpflichtet gewesen, sich selbst einen einblick in die vermögensverhältnisse der klägerin zu verschaffen. hierzu hätte insbesondere gehört, sich die persönlichen unterlagen der klägerin zu verschaffen und zu sichten. 71vgl. allgemein zum erfordernis der sichtung der vermögensverhältnisse eines hilfeempfängers durch den betreuer: bayerischer verwaltungsgerichtshof (bayvgh), urteil vom 7. dezember 2005 - 12 b 03.3099 -, juris, rn. 13; zum erfordernis der eigenständigen erfüllung von mitteilungspflichten des betreuers: bayvgh, urteil vom 19. juli 2006 - 12 b 05.1086 -, juris, rn. 31. 72insoweit stellt der betreuer unzureichend lediglich darauf ab, ihm könne keine fahrlässigkeit vorgeworfen werden, da die klägerin und die ihm vorgelegten unterlagen die einzig möglichen erkenntnisquellen für ihn gewesen seien. wenn die klägerin im zeitpunkt der erstmaligen beantragung von pflegewohngeld - als wahr unterstellt - vollständig außerstande gewesen war, zu ihren vermögensverhältnissen angaben zu machen, muss dem betreuer, der sogar berufsbetreuer und rechtsanwalt ist, in einer die grobe fahrlässigkeit begründenden weise vor augen gestanden haben, dass die beantragung von pflegewohngeld allein auf der grundlage der von der am verfahren nicht beteiligten tochter der klägerin i. gemachten angaben unzureichend ist und ihn nicht von der allein ihm obliegenden verpflichtung zur eigenständigen ermittlung und klärung der vermögensverhältnisse der klägerin entlasten kann. der betreuer der klägerin war an der eigenständigen sichtung der unterlagen zum zwecke der ermittlung der einkommens- und vermögensverhältnisse der klägerin weder tatsächlich noch rechtlich gehindert. 73soweit sich der prozessbevollmächtigte der klägerin dahingehend einlässt, dass er sich darauf habe verlassen dürfen, dass die auskünfte der tochter richtig und die ihm überlassenen unterlagen vollständig gewesen seien, ergibt sich daraus augenscheinlich, dass der prozessbevollmächtigte und betreuer der klägerin bei der ermittlung der in dem pflegewohngeldantrag zugrundegelegten angaben selbst überhaupt nicht tätig geworden ist, sondern seine tätigkeit als betreuer auf die bloße auswertung der ihm vorgelegten unterlagen beschränkt hat. die damit einhergehende ungeprüfte übernahme stellt eine grob fahrlässige pflichtverletzung dar, da der betreuer ohne eigenständige überprüfung den der beantragung zugrundegelegten sachverhalt nicht geprüft hat. 74ohne rechtliche relevanz ist der einwand des prozessbevollmächtigten, dass im rahmen der betreuung eine eigene sichtung der unterlagen der klägerin nicht zumutbar gewesen sei und das gesetz nur ein sehr beschränktes zeitkontingent für die tätigkeit eines gesetzlichen betreuers vorsehe. nach § 60 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb i hat, wer sozialleistungen beantragt oder erhält, alle tatsachen anzugeben, die für die leistung erheblich sind. diese mitwirkungspflicht trifft den betreuer, da er als gesetzlicher vertreter für die klägerin handelt und diese in seinem aufgabenkreis der regelung der vermögensverwaltung vertritt. insoweit stellt das vorbringen des prozessbevollmächtigten auch keinen die mitwirkung begrenzenden wichtigen grund im sinne des § 65 abs. 1 nr. 2 sgb i dar. 75selbst wenn im übrigen ein betreuer mitwirkungspflichten auf eine andere person delegieren kann, obliegt ihm die verpflichtung, die tatsächliche durchführung durch diese zu kontrollieren. 76vgl. bayvgh, urteil vom 19. juli 2006 - 12 b 05.1086 -, juris, rn. 31. 77auch dieser verpflichtung ist der prozessbevollmächtigte und betreuer der klägerin nicht nachgekommen. aus seiner klagebegründung ergibt sich weder, dass er die von der tochter der klägerin gemachten angaben und vorgelegten unterlagen auf ihre vollständigkeit hin überprüft hat, noch durch welche konkreten maßnahmen er dies sichergestellt hat. das bloße vertrauen auf die vollständigkeit und richtigkeit der angaben und unterlagen hindert nicht die annahme grob fahrlässigen handelns. dies gilt nicht nur deshalb, weil die tochter der klägerin nicht beteiligte des verwaltungsverfahrens ist (vgl. § 12 abs. 1 sgb i) und daher insoweit für ihre mitwirkung im verhältnis zu dem betreuer der klägerin nicht einstandspflichtig ist, sondern auch deshalb, weil die verpflichtung zur eigenständigen überprüfung der tatsächlichen einkommens- und vermögensverhältnisse durch den betreuer dem interesse der klägerin zu dienen bestimmt ist. erst dadurch wird gewährleistet, dass etwaige interessenkonflikte und unzulänglichkeiten bei der ermittlung und erfassung des vermögens der klägerin ausgeschlossen werden. insoweit konnte der prozessbevollmächtigte und betreuer der klägerin auch nicht im ansatz erklären, welche umstände dafür verantwortlich gewesen sein sollen, dass unterlagen zu den lebensversicherungen in der wohnung der klägerin nicht aufgefunden worden seien. bedenken an dieser schlichten behauptung werden dadurch begründet, dass die klägerin in ihrem sozialhilfeverfahren sowie auch in ihren pflegewohngeldverfahren unterlagen zu ihren vermögensverhältnissen vorlegen konnte und ohne verbleibende zweifel des gerichts davon auszugehen ist, dass die b. lebensversicherung ag zumindest bis zum jahr 2015 der klägerin aufgrund gesetzlicher verpflichtung nach § 155 abs. 1 des versicherungsvertragsgesetzes (vvg) jährlich über beide lebensversicherungen mitteilungen erteilt hat. die bloße, nicht überzeugende und lebensfremde annahme des prozessbevollmächtigten und betreuers der klägerin, dass er davon habe ausgehen müssen, dass in der wohnung der klägerin keine unterlagen zu den versicherungen gewesen seien oder diese so gut versteckt gewesen seien, dass weder die tochter der klägerin noch er diese habe auffinden können, verkennt, dass die ihm obliegende pflicht gerade dazu gedient hat, dies festzustellen. 78das sich in seinem aufgabenkreis haltende grob fahrlässige verhalten des betreuers ist der klägerin zuzurechnen. 79grundsätzlich können angaben dritter dem begünstigten - hier der klägerin - zugerechnet werden, soweit der dritte - wie hier der betreuer der klägerin - als vertreter mit der fehlerhaften angabe selbst pflichtwidrig gehandelt und dadurch in eigener person die voraussetzungen des § 45 abs. 2 satz 3 nr. 2 sgb x erfüllt. 80vgl. ovg nrw, urteil vom 15. juli 2009 - 12 a 2190/08 -, juris, rn. 24, und beschluss vom 6. februar 2014 - 12 a 2734/13 -, juris. 81grundlage und rechtfertigung der zurechnung ist, das die vertretungswirkung insoweit die eigene handlungsmöglichkeit und damit auch die anknüpfung an eigenes verhalten und eigene kenntnis des vertretenen vollständig ersetzt. dementsprechend muss sich ein antragsteller die kenntnis oder das kennenmüssen und verfahrenshandlungen seines betreuers als gesetzlicher vertreter gemäß § 1902 bgb analog §§ 164 abs. 1 satz 1, 166 abs. 1 278 bgb wie eigene kenntnis und eigenes handeln zurechnen lassen. 82vgl. bsg, urteile vom 22. oktober 1968 - 9 rv 418/65 -, juris, rn. 15, und vom 13. dezember 1984 - 9a rv 40/83 -, juris, rn. 24; sozialgericht (sg) karlsruhe, urteil vom 27. august 2009 - s 1 so 182/09 -, juris, rn. 22; sg aachen, urteil vom 28. september 2010 - s 20 so 40/10 -, juris, rn. 17; von koppenfels-spies, wenner, kommentar zum sozialgesetzbuch x, 3. auflage 2020, § 45 sgb x, rn. 18.; beckok sozialrecht, rolfs/giesen/kreikebohm/meßling/udsching, 59. edition, stand: 1. dezember 2020, § 45 sgb x, rn. 22; hauck/noftz, sgb, 04/18, § 45 sgb x, rn. 79 ff.; padé in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl., § 45 sgb x, stand: 14. januar 2021, rn. 97; schütze, sgb x, 9. auflage 2020, § 45, rn. 71. 83der beklagte hat seine nach § 45 abs. 1 sgb x gebotene ermessensentscheidung ordnungsgemäß ausgeübt und begründet. in einem falle, wie dem vorliegenden, in dem die voraussetzungen des § 45 abs. 2 satz 3 nr. 2 sgb x erfüllt sind, ist eine rücknahme im regelfall nicht ermessensfehlerhaft. ein absehen von der rücknahme wird nur bei vorliegen besonderer - hier aber weder vorgetragener noch sonst wie ersichtlicher - umstände in betracht kommen. 84vgl. ovg nrw, urteil vom 22. märz 2006 - 12 a 3710/03 -, juris, rn. 33, beschluss vom 13. märz 2007 - 12 a 2018/05 -, juris, rn. 13. 85der rücknahme der bewilligungsbescheide steht auch nicht entgegen, dass ein rechtswidriger begünstigender verwaltungsakt mit dauerwirkung nach § 45 abs. 3 sgb x grundsätzlich nur binnen einer bestimmten frist nach seiner bekanntgabe zurückgenommen werden kann. nach dem hier einschlägigen § 45 abs. 3 satz 3 nr. 1 sgb x kann ein rechtswidriger begünstigender verwaltungsakt mit dauerwirkung bis zum ablauf von zehn jahren nach seiner bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die voraussetzungen des abs. 2 satz 3 nr. 2 oder 3 gegeben sind, vorliegend also nach nr. 2 der (bewilligungs-) bescheid auf angaben beruht, die der begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlichen beziehungen unrichtig oder unvollständig gemacht hat. diese voraussetzungen liegen hier vor. die vom beklagten zurückgenommenen bewilligungsbescheide sind dauerverwaltungsakte, da sie sich nicht in einer einmaligen begünstigung erschöpfen, sondern ein auf dauer berechnetes und in seinem bestand vom verwaltungsakt abhängiges rechtsverhältnis begründen. diese begünstigenden verwaltungsakte sind aus den vorstehend ausgeführten gründen rechtswidrig und beruhen gemäß § 45 abs. 2 satz 3 nr. 2 sgb x auf angaben, die die klägerin bzw. ihr betreuer zumindest grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unvollständig gemacht haben. die folglich einschlägige zehnjahresfrist gemäß § 45 abs. 3 satz 3 nr. 1 sgb x ist vorliegend ganz offensichtlich eingehalten. 86der beklagte hat schließlich auch die jahresfrist für eine rückwirkende rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden verwaltungsakte eingehalten. nach § 45 abs. 4 satz 2 sgb x muss die behörde dann, wenn der verwaltungsakt mit wirkung für die vergangenheit nach § 45 abs. 2 satz 3 sgb x zurückgenommen wird, dies innerhalb eines jahres seit kenntnis der tatsachen tun, welche die rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden verwaltungsaktes für die vergangenheit rechtfertigen. das ist hier der fall. der beklagte erlangte erstmals durch das bei ihm am 12. februar 2019 eingegangene schreiben des betreuers der klägerin vom 11. februar 2019 kenntnis davon, dass diese versicherungsnehmerin einer kapitallebensversicherung ist. die vollständigen unterlagen zu beiden lebensversicherungen der klägerin reichte ihr betreuer mit schreiben vom 20. februar 2019 bei dem beklagten ein. soweit der hier streitgegenständliche rücknahmebescheid vom 5. april 2019 datiert, wurde die jahresfrist unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine bearbeitungs- oder entscheidungsfrist handelt, ganz offensichtlich eingehalten. 87die zwingende rückforderung des zu unrecht erhaltenen pflegewohngeldes folgt aus § 50 abs. 1 satz 1 sgb x. sie genügt den formellen voraussetzungen gemäß § 50 abs. 3 sgb x und ist auch im hinblick auf die tatbestandlichen voraussetzungen nicht zu beanstanden. der im widerspruchsbescheid vom 16. august 2019 abgeänderte rückforderungsbetrag von 5.102,02 eur ist rechnerisch zutreffend ermittelt. in dieser höhe hatte der beklagte der klägerin in der zeit vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 31. mai 2018 und damit für insgesamt 14 monate pflegewohngeld gewährt. bei einem monatlichen pflegewohngeldbetrag von 364,43 eur entspricht dies dem vom beklagten zurückgeforderten betrag, gegen den die klägerin keine einwendungen erhoben hat. 88die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 satz 2 vwgo. 89die berufung wird zugelassen, da die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat (§§ 124a abs. 1 satz 1 i.v.m. § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo). dies ergibt sich aus der im beschluss des ovg nrw vom 1. märz 2021 über den antrag auf bewilligung von prozesskostenhilfe für das vorliegende klageverfahren enthaltene rechtsauffassung, dass im falle der aufhebung und rückforderung bewilligter leistungen nach dem apg nrw ein fiktiver verbrauch von vermögen zu berücksichtigen sei. 90rechtsmittelbelehrung: 91gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung bei dem verwaltungsgericht arnsberg (jägerstraße 1, 59821 arnsberg) berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 92die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster) einzureichen. die begründung muss einen bestimmten antrag sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe) enthalten. 93die berufung und deren begründung können in schriftlicher form oder auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) und der elektronischer-rechtsverkehr-verordnung (ervv) eingereicht werden. auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d vwgo und der ervv wird hingewiesen. 94vor dem oberverwaltungsgericht müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. als bevollmächtigte sind rechtsanwälte und rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, die die befähigung zum richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft gesetzes gleichgestellten personen zugelassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen vor dem oberverwaltungsgericht als bevollmächtigte 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342,428 | {
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} | 5 O 140/21 | 2021-11-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.760,-- € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 326,31 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 54 % und die Beklagte zu 46 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in eben dieser Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger bestellte am 12.08.2020 über die Website der Beklagten eine neue A zu einem Preis in Höhe von 15.990,-- €. Zur Finanzierung der Uhr beantragte der Kläger den Abschluss eines Darlehensvertrages mit der B AG, der am 13.08.2020 angenommen wurde. Mit E-Mail vom gleichen Tag bestätigte die Beklagte dem Kläger den Kauf der Uhr. 3Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten lauteten auszugsweise: 4„2.2.1 Die Annahme durch C erfolgt durch ausdrückliche Annahmeerklärung gegenüber dem Kunden per E-Mail bis spätestens zum Ablauf des dritten auf den Tag des Angebotes folgenden Werktags, oder durch Zusendung der Ware. C ist berechtigt, Vertragsangebote ohne Angabe von Gründen abzulehnen. 52.2.2 C behält sich zudem das Recht vor, vom Vertrag zurückzutreten, wenn die Ware ohne schuldhaftes Zutun von C von einem sorgfältig ausgewählten und zuverlässigen Zulieferer nicht vorrätig ist (Vorbehalt der Selbstbelieferung). In einem solchen Fall verpflichtet sich C dazu, den Kunden unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit der Ware zu informieren und ggf. geleistete Zahlungen unverzüglich zurückzuerstatten.“ 6Mit Email vom 24.08.2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich die Lieferzeit aufgrund der Corona-Situation und der Marktlage verschieben würde. Unter dem 18.09.2020 wurde der Kläger informiert, dass der Hersteller das bestellte Modell aus seinem Sortiment genommen und eingestellt habe. Die Beklagte bemühe sich jedoch, die Uhr zu dem mit dem Kläger vereinbarten Preis zu beschaffen. Am 22.09.2020 teilte die Beklagte dann mit, dass sie die Bestellung des Klägers stornieren müsse. Am selben Tag bot sie die Uhr auf ihrer Website zum Preis von 21.990,-- € an. 7Der Kläger bestellte die gleiche Uhr am 01.10.2020 erneut über die Website der Beklagten zum Preis von 21.990,-- €, die dann auch geliefert wurde. Am gleichen Tag forderte er die Beklagte zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe der Differenzsumme von 6.030,-- € auf. 8Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2010 ließ der Kläger die Beklagte erneut zur Zahlung auffordern und forderte zugleich Erstattung der ihm hierfür entstandenen Rechtsanwaltskosten. 9Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei nach ihren Geschäftsbedingungen nicht zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt gewesen, da die Uhr nach wie vor lieferbar gewesen sei. 10Der Kläger beantragt, 111. 12die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.030,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen; 132. 14die Beklagte zu verurteilen; an ihn einen Betrag in Höhe von 633,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie behauptet, alles ihr Mögliche getan zu haben, um die vom Kläger gewünschte Uhr zum vereinbarten Preis bei den von ihr regelmäßig ausgewählten Lieferanten zu erhalten, die diese aber zur Überraschung der Beklagten allesamt nicht mehr vorrätig gehabt hätten. Die von dem Kläger zum Preis von 15.990,-- € bestellte Uhr sei vor Eingang der Finanzierungsbestätigung von einem anderen Kunden gekauft worden. 18Jedenfalls müsse sich der Kläger einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorhalten lassen, denn die gleiche Uhr sei im fraglichen Zeitraum im Internet zu Preisen zwischen 18.750,-- € und 19.900,-- € angeboten worden. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 211. 22Der Klageantrag zu 1. ist im erkannten Umfang begründet. 23a. Der Kläger hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten aus dem Deckungsgeschäft gemäß §§ 280 Abs. 1 u. 3, 281 Abs. 1 u. 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 03. Juli 2013 – VIII ZR 169/12 –, BGHZ 197, 357-366, Rn. 13). 24aa. Die Beklagte hat pflichtwidrig die fällige Leistung nicht erbracht, § 281 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie war gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB zur Lieferung verpflichtet. Das Zustandekommen des Kaufvertrages ist zwischen den Parteien unstreitig. 25Die Beklagte war nicht aufgrund der Rücktrittserklärung vom 22.09.2020 gemäß § 346 Abs. 1 BGB von der Leistung befreit. Mangels Rücktrittsrechts der Beklagten ist die Rücktrittserklärung unwirksam. Die Beklagte kann sich nicht auf Ziffer 2.2.2 Ihrer AGB berufen. Ob diese Klausel wirksam ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls war die Ware nicht „nicht vorrätig". Am Tag der Rücktrittserklärung, dem 22.09.2020, bot die Beklagte eine A auf ihrer Website an, wenn auch zu einem höheren Preis. Sowohl die Corona-Situation als auch der Umstand, dass die Uhr angeblich nicht mehr herstellt wurde, waren tatsächlich letztlich ohne Belang. Dass die Uhr unter Umständen für die Beklagte teurer zu beschaffen war, ist unerheblich, da die Klausel darauf nicht abstellt - allein die mangelnde Vorrätigkeit ist Rücktrittsgrund. Etwaige Zweifel bei der Auslegung der Klausel gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. 26Bei der bestellten Uhr handelte es sich auch nicht um eine Stückschuld mit der Folge, dass die Beklagte die Lieferung wegen Unmöglichkeit verweigern konnte. Dabei konnte dahinstehen, ob sie sich nicht ohnehin dadurch schadenersatzpflichtig gemacht hat, dass ein anderer Kunde die bereits vom Kläger bestellte Uhr zwischenzeitlich noch über die Website kaufen konnte. 27Der anderslautende Vortrag der Beklagten ist unerheblich. Der Kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er die Uhr als "Ungetragen - New" bestellt hatte. Da sich der Kauf auch nicht auf ein – nach Seriennummer – bestimmtes Exemplar bezog, handelte es sich um eine Gattungsschuld. Die Behauptung der Beklagten, es habe sich um eine gebrauchte Uhr gehandelt, ist unsubstantiiert, zumal ihr weiterer Vortrag, sie habe sich bei ihren Lieferanten darum bemüht, ersichtlich sinnlos wäre, hätte sich der Kauf von vorne herein auf eine ganz bestimmte gebrauchte Uhr bezogen. 28Zudem kommt ein Rücktritt nach § 313 Abs. 3 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht. Ein vereinbarter Festpreis bleibt auch bei unerwarteten Kostenerhöhungen grundsätzlich bindend (Palandt/Grüneberg, BGB, § 313 Rn. 31). Es liegt auch kein Ausnahmefall vor. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn sich Umstände außerhalb des Einfluss- und Risikobereichs des Schuldners verändern (Palandt/Grüneberg, BGB, § 313 Rn. 32). Die Beschaffung der Ware ist jedoch das alleinige Risiko der Beklagten. Im Übrigen hätte sie durch entsprechende Maßnahmen vor Vertragsschluss sicherstellen können, dass ihr die Uhr tatsächlich zu einem für sie profitablen Preis geliefert wird, insbesondere durch eine entsprechende Reservierung, damit nicht – wie hier behauptet – ein anderer Kunde die Uhr zwischenzeitlich erwirbt. 29Im Übrigen durfte die Beklagte nicht wegen § 275 Abs. 2 BGB die Leistung verweigern. § 313 BGB ist lex specialis (Palandt/Grüneberg, BGB, § 313 Rn. 32, § 275 Rn. 29). 30cc. Schließlich hat die Beklagte die Pflichtverletzung auch zu vertreten, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Für eine Exkulpation hat sie nichts Erhebliches vorgetragen. Eine Nachfristsetzung war wegen der ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung von Seiten der Beklagten entbehrlich, § 281 Abs. 2 Alt. 1 BGB. Ausreichend ist eine Rücktrittserklärung, wenn sie keinen Zweifel daran lässt, dass der Schuldner nicht mehr zur Leistung bereit ist (Palandt/Grüneberg, BGB, § 281 Rn. 14). Die Beklagte hatte die Bestellung am 22.09.2020 unmissverständlich storniert. 31b. Der Anspruch besteht jedoch nicht in voller Höhe. 32aa. Nach der Differenzmethode kann der Geschädigte Ersatz für die Mehrkosten eines gleichwertigen Deckungsgeschäftes verlangen, dessen Vornahme er nicht verzögern darf und dabei die erforderliche Sorgfalt anwenden muss (Palandt/Grüneberg, BGB, § 281 Rn. 27). Der Kläger hat bei der Beklagten die gleiche Uhr kurz nach Stornierung seiner Bestellung am 23.09.2020 bestellt. 33Der Schaden beläuft sich auf 21.990,00 € - 15.990,00 € = 6.000,00 €, sodass die Klage in Höhe von 30,00 € unbegründet ist. 34bb. Der Kläger hat außerdem gegen die ihn gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB treffende Schadensminderungspflicht verstoßen. Dies ist dann der Fall, wenn der Geschädigte die Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergreifen würde (Palandt/Grünberg, BGB, § 254 Rn. 36). Dabei kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er das Deckungsgeschäft unmittelbar nach der Stornierung vorgenommen hat. Zu einem möglichst frühen Deckungsgeschäft war er nämlich angehalten (BGH, Urteil vom 17.01.1997 - V ZR 285/95). 35Dem Kläger hätte es aber oblegen, von mehreren möglichen Deckungsgeschäften bei Vergleichbarkeit der Angebote und Gleichwertigkeit der Uhren das günstigste zu wählen. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat diesbezüglich vier günstigere Alternativangebote aufgelistet. 36Dass und warum er sich hierauf nicht verweisen lassen muss, hat der Kläger nicht substantiiert dargetan. Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 13.07.2021, dem die Angebote nicht beigefügt waren, hat der Kläger lediglich allgemein erwidert, welche Voraussetzungen für eine Vergleichbarkeit seiner Ansicht nach erfüllt sein müssten. Nachdem die Beklagte die entsprechenden Anlagen nachgereicht hatte, ist keine weitere Stellungnahme seitens des Klägers mehr erfolgt. Dem Anlagenkonvolut B 2 lässt sich indes entnehmen, dass die Uhren überwiegend von deutschen Händlern und mit Echtheitsgarantie sowie Originalpapieren angeboten wurden. Das gilt insbesondere für das Angebot zum Preis von 18.750,-- €, welches der Kläger folglich aus Schadensminderungsgesichtspunkten hätte annehmen müssen. 37Sein Anspruch beläuft sich damit lediglich auf 18.750,-- € ./. 15.990,-- € = 2.760,-- €. 382. 39Auf dieser Basis ist der Klageantrag zu 2. ebenfalls teilweise begründet. 40Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die Ersatzpflicht des Schädigers erstreckt sich gemäß § 249 BGB auf die Kosten einer erforderlichen und zweckmäßigen Rechtsverfolgung, ohne dass es auf die Frage des Verzugs nach § 286 BGB ankäme (Palandt/Grüneberg, BGB, § 249 Rn. 56 f.). Dem Anspruch ist der Streitwert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, Urteil vom 07.11.2007 - VIII ZR 341/06). 41Berechtigt ist eine Forderung in Höhe von 2.760,00 €, sodass auf Basis einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr + 20,00 € Post- und Telekommunikationspauschale + 16 % Umsatzsteuer 326,31 € ersatzfähig sind. 423. 43Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. 444. 45Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. 46Streitwert: 6.030,-- € | die beklagte wird verurteilt, an den kläger 2.760,-- € sowie vorgerichtliche anwaltskosten in höhe von 326,31 €, jeweils nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen der kläger zu 54 % und die beklagte zu 46 %. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den kläger jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. der kläger darf die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in eben dieser höhe leistet. 1 | 2der kläger bestellte am 12.08.2020 über die website der beklagten eine neue a zu einem preis in höhe von 15.990,-- €. zur finanzierung der uhr beantragte der kläger den abschluss eines darlehensvertrages mit der b ag, der am 13.08.2020 angenommen wurde. mit e-mail vom gleichen tag bestätigte die beklagte dem kläger den kauf der uhr. 3die allgemeinen geschäftsbedingungen der beklagten lauteten auszugsweise: 4„2.2.1 die annahme durch c erfolgt durch ausdrückliche annahmeerklärung gegenüber dem kunden per e-mail bis spätestens zum ablauf des dritten auf den tag des angebotes folgenden werktags, oder durch zusendung der ware. c ist berechtigt, vertragsangebote ohne angabe von gründen abzulehnen. 52.2.2 c behält sich zudem das recht vor, vom vertrag zurückzutreten, wenn die ware ohne schuldhaftes zutun von c von einem sorgfältig ausgewählten und zuverlässigen zulieferer nicht vorrätig ist (vorbehalt der selbstbelieferung). in einem solchen fall verpflichtet sich c dazu, den kunden unverzüglich über die nichtverfügbarkeit der ware zu informieren und ggf. geleistete zahlungen unverzüglich zurückzuerstatten.“ 6mit email vom 24.08.2020 teilte die beklagte dem kläger mit, dass sich die lieferzeit aufgrund der corona-situation und der marktlage verschieben würde. unter dem 18.09.2020 wurde der kläger informiert, dass der hersteller das bestellte modell aus seinem sortiment genommen und eingestellt habe. die beklagte bemühe sich jedoch, die uhr zu dem mit dem kläger vereinbarten preis zu beschaffen. am 22.09.2020 teilte die beklagte dann mit, dass sie die bestellung des klägers stornieren müsse. am selben tag bot sie die uhr auf ihrer website zum preis von 21.990,-- € an. 7der kläger bestellte die gleiche uhr am 01.10.2020 erneut über die website der beklagten zum preis von 21.990,-- €, die dann auch geliefert wurde. am gleichen tag forderte er die beklagte zur zahlung von schadenersatz in höhe der differenzsumme von 6.030,-- € auf. 8mit schreiben seiner prozessbevollmächtigten vom 30.10.2010 ließ der kläger die beklagte erneut zur zahlung auffordern und forderte zugleich erstattung der ihm hierfür entstandenen rechtsanwaltskosten. 9der kläger ist der ansicht, die beklagte sei nach ihren geschäftsbedingungen nicht zum rücktritt vom vertrag berechtigt gewesen, da die uhr nach wie vor lieferbar gewesen sei. 10der kläger beantragt, 111. 12die beklagte zu verurteilen, an ihn 6.030,00 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen; 132. 14die beklagte zu verurteilen; an ihn einen betrag in höhe von 633,94 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie behauptet, alles ihr mögliche getan zu haben, um die vom kläger gewünschte uhr zum vereinbarten preis bei den von ihr regelmäßig ausgewählten lieferanten zu erhalten, die diese aber zur überraschung der beklagten allesamt nicht mehr vorrätig gehabt hätten. die von dem kläger zum preis von 15.990,-- € bestellte uhr sei vor eingang der finanzierungsbestätigung von einem anderen kunden gekauft worden. 18jedenfalls müsse sich der kläger einen verstoß gegen die schadensminderungspflicht vorhalten lassen, denn die gleiche uhr sei im fraglichen zeitraum im internet zu preisen zwischen 18.750,-- € und 19.900,-- € angeboten worden. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 20 | 211. 22der klageantrag zu 1. ist im erkannten umfang begründet. 23a. der kläger hat gegen die beklagte dem grunde nach einen anspruch auf erstattung der mehrkosten aus dem deckungsgeschäft gemäß §§ 280 abs. 1 u. 3, 281 abs. 1 u. 2 bgb (vgl. bgh, urteil vom 03. juli 2013 – viii zr 169/12 –, bghz 197, 357-366, rn. 13). 24aa. die beklagte hat pflichtwidrig die fällige leistung nicht erbracht, § 281 abs. 1 s. 1 bgb. sie war gemäß § 433 abs. 1 s. 1 bgb zur lieferung verpflichtet. das zustandekommen des kaufvertrages ist zwischen den parteien unstreitig. 25die beklagte war nicht aufgrund der rücktrittserklärung vom 22.09.2020 gemäß § 346 abs. 1 bgb von der leistung befreit. mangels rücktrittsrechts der beklagten ist die rücktrittserklärung unwirksam. die beklagte kann sich nicht auf ziffer 2.2.2 ihrer agb berufen. ob diese klausel wirksam ist, kann dahinstehen. denn jedenfalls war die ware nicht „nicht vorrätig". am tag der rücktrittserklärung, dem 22.09.2020, bot die beklagte eine a auf ihrer website an, wenn auch zu einem höheren preis. sowohl die corona-situation als auch der umstand, dass die uhr angeblich nicht mehr herstellt wurde, waren tatsächlich letztlich ohne belang. dass die uhr unter umständen für die beklagte teurer zu beschaffen war, ist unerheblich, da die klausel darauf nicht abstellt - allein die mangelnde vorrätigkeit ist rücktrittsgrund. etwaige zweifel bei der auslegung der klausel gehen nach § 305c abs. 2 bgb zu lasten des verwenders. 26bei der bestellten uhr handelte es sich auch nicht um eine stückschuld mit der folge, dass die beklagte die lieferung wegen unmöglichkeit verweigern konnte. dabei konnte dahinstehen, ob sie sich nicht ohnehin dadurch schadenersatzpflichtig gemacht hat, dass ein anderer kunde die bereits vom kläger bestellte uhr zwischenzeitlich noch über die website kaufen konnte. 27der anderslautende vortrag der beklagten ist unerheblich. der kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er die uhr als "ungetragen - new" bestellt hatte. da sich der kauf auch nicht auf ein – nach seriennummer – bestimmtes exemplar bezog, handelte es sich um eine gattungsschuld. die behauptung der beklagten, es habe sich um eine gebrauchte uhr gehandelt, ist unsubstantiiert, zumal ihr weiterer vortrag, sie habe sich bei ihren lieferanten darum bemüht, ersichtlich sinnlos wäre, hätte sich der kauf von vorne herein auf eine ganz bestimmte gebrauchte uhr bezogen. 28zudem kommt ein rücktritt nach § 313 abs. 3 bgb wegen störung der geschäftsgrundlage nicht in betracht. ein vereinbarter festpreis bleibt auch bei unerwarteten kostenerhöhungen grundsätzlich bindend (palandt/grüneberg, bgb, § 313 rn. 31). es liegt auch kein ausnahmefall vor. ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn sich umstände außerhalb des einfluss- und risikobereichs des schuldners verändern (palandt/grüneberg, bgb, § 313 rn. 32). die beschaffung der ware ist jedoch das alleinige risiko der beklagten. im übrigen hätte sie durch entsprechende maßnahmen vor vertragsschluss sicherstellen können, dass ihr die uhr tatsächlich zu einem für sie profitablen preis geliefert wird, insbesondere durch eine entsprechende reservierung, damit nicht – wie hier behauptet – ein anderer kunde die uhr zwischenzeitlich erwirbt. 29im übrigen durfte die beklagte nicht wegen § 275 abs. 2 bgb die leistung verweigern. § 313 bgb ist lex specialis (palandt/grüneberg, bgb, § 313 rn. 32, § 275 rn. 29). 30cc. schließlich hat die beklagte die pflichtverletzung auch zu vertreten, § 280 abs. 1 s. 2 bgb. für eine exkulpation hat sie nichts erhebliches vorgetragen. eine nachfristsetzung war wegen der ernsthaften und endgültigen leistungsverweigerung von seiten der beklagten entbehrlich, § 281 abs. 2 alt. 1 bgb. ausreichend ist eine rücktrittserklärung, wenn sie keinen zweifel daran lässt, dass der schuldner nicht mehr zur leistung bereit ist (palandt/grüneberg, bgb, § 281 rn. 14). die beklagte hatte die bestellung am 22.09.2020 unmissverständlich storniert. 31b. der anspruch besteht jedoch nicht in voller höhe. 32aa. nach der differenzmethode kann der geschädigte ersatz für die mehrkosten eines gleichwertigen deckungsgeschäftes verlangen, dessen vornahme er nicht verzögern darf und dabei die erforderliche sorgfalt anwenden muss (palandt/grüneberg, bgb, § 281 rn. 27). der kläger hat bei der beklagten die gleiche uhr kurz nach stornierung seiner bestellung am 23.09.2020 bestellt. 33der schaden beläuft sich auf 21.990,00 € - 15.990,00 € = 6.000,00 €, sodass die klage in höhe von 30,00 € unbegründet ist. 34bb. der kläger hat außerdem gegen die ihn gemäß § 254 abs. 2 s. 1 bgb treffende schadensminderungspflicht verstoßen. dies ist dann der fall, wenn der geschädigte die maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger mensch zur schadensminderung ergreifen würde (palandt/grünberg, bgb, § 254 rn. 36). dabei kann dem kläger nicht vorgeworfen werden, dass er das deckungsgeschäft unmittelbar nach der stornierung vorgenommen hat. zu einem möglichst frühen deckungsgeschäft war er nämlich angehalten (bgh, urteil vom 17.01.1997 - v zr 285/95). 35dem kläger hätte es aber oblegen, von mehreren möglichen deckungsgeschäften bei vergleichbarkeit der angebote und gleichwertigkeit der uhren das günstigste zu wählen. die darlegungs- und beweisbelastete beklagte hat diesbezüglich vier günstigere alternativangebote aufgelistet. 36dass und warum er sich hierauf nicht verweisen lassen muss, hat der kläger nicht substantiiert dargetan. auf den schriftsatz der beklagten vom 13.07.2021, dem die angebote nicht beigefügt waren, hat der kläger lediglich allgemein erwidert, welche voraussetzungen für eine vergleichbarkeit seiner ansicht nach erfüllt sein müssten. nachdem die beklagte die entsprechenden anlagen nachgereicht hatte, ist keine weitere stellungnahme seitens des klägers mehr erfolgt. dem anlagenkonvolut b 2 lässt sich indes entnehmen, dass die uhren überwiegend von deutschen händlern und mit echtheitsgarantie sowie originalpapieren angeboten wurden. das gilt insbesondere für das angebot zum preis von 18.750,-- €, welches der kläger folglich aus schadensminderungsgesichtspunkten hätte annehmen müssen. 37sein anspruch beläuft sich damit lediglich auf 18.750,-- € ./. 15.990,-- € = 2.760,-- €. 382. 39auf dieser basis ist der klageantrag zu 2. ebenfalls teilweise begründet. 40der kläger hat gegen die beklagte einen anspruch auf erstattung vorgerichtlicher anwaltskosten. die ersatzpflicht des schädigers erstreckt sich gemäß § 249 bgb auf die kosten einer erforderlichen und zweckmäßigen rechtsverfolgung, ohne dass es auf die frage des verzugs nach § 286 bgb ankäme (palandt/grüneberg, bgb, § 249 rn. 56 f.). dem anspruch ist der streitwert zugrunde zu legen, der der berechtigten schadensersatzforderung entspricht (bgh, urteil vom 07.11.2007 - viii zr 341/06). 41berechtigt ist eine forderung in höhe von 2.760,00 €, sodass auf basis einer 1,3-fachen geschäftsgebühr + 20,00 € post- und telekommunikationspauschale + 16 % umsatzsteuer 326,31 € ersatzfähig sind. 423. 43der zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 abs. 1, 288 abs. 1 bgb. 444. 45die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1, 708 nr. 11, 709, 711 zpo. 46streitwert: 6.030,-- € |
342,118 | {
"id": 834,
"jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit",
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"name": "Sozialgericht Duisburg",
"state": 12
} | S 49 AS 1815/19 | 2021-11-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 04.07.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Ersatzanspruches nach § 34 Zweites Buch Sozialgesetzbuch [SGB II] über 21.530,16 €. 3Der am 1965 geborene Kläger ist seit seiner Kindheit schwerhörig (80 %). Er trägt beidseitig ein Hörgerät und wird bei Arztbesuchen und Behördengängen durch seine Schwester, Frau, sowie seinen Schwager, Herrn, unterstützt. Teilweise erhielt er auch weitere Unterstützung durch seinen Bruder. Der Kläger hatte in Vergangenheit einen Riestervertrag über 10.899,23 € bei der Alten Leipziger (Vers.Nr.: 7) gehabt. Der Vertrag war 2007 abgeschlossen worden. 4Der Kläger hatte in der Vergangenheit von dem Beklagten Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten bezogen. Insbesondere hatte der Kläger auch im Zeitraum vom 01.06.2016 bis zum 31.05.2018 Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten bezogen, die ihm mit Bescheiden vom 14.12.2015, vom 12.12.2016 und 18.12.2017 gewährt worden waren. Dabei sind über die zwei Jahre Leistungen in Höhe von 21.530,16 € gewährt und ausgezahlt worden. 5Im Frühjahr 2016 erfolgte ein Gespräch von Frau und Herrn bei einer Fachanwältin für Sozialrecht, Frau Rechtsanwältin. Die Inhalte des Gespräches sind zwischen den Beteiligten umstritten. 6Mit einem von dem Kläger unterschriebenem Schreiben vom 02.05.2016 kündigte dieser gegenüber seiner Versicherung den Riestervertrag und bat um Auszahlung auf ein Konto bei der Sparda West (DE0). Hierbei handelte es sich um das Konto der Nichte des Klägers, Frau. Frau ist die Tochter der Eheleute . Gegenüber dem Kläger verpflichtete sich seine Nichte am 01.06.2016, in einem als „Privater Darlehnsvertrag“ überschriebenen Dokument, zur Rückzahlung eines zinslosen Darlehens in Höhe von 10.000,00 € mit Kleinbeträgen, welche monatlich 200,00 € nicht überschreiten dürften. Die Auszahlung der 10.899,23 € erfolgte am 02.06.2016 auf das angegebene Konto der Nichte des Klägers. Diese verwandte den Betrag in der Folgezeit zum Erwerb ihrer Eigentumswohnung. 7Am 20.06.2017 übersandte der Kläger die Auszahlungsnachweise seiner Versicherung an den Beklagten. Auf eine Mitwirkungsaufforderung des Beklagten vom 05.07.2017 reichte der Kläger am 18.07.2017 weitere Versicherungsunterlagen ein. Mit Schreiben vom 13.11.2017 forderte der Beklagte den Kläger auf, weiter zu dem Versicherungsvertrag aufzuklären, welcher infolge eines Datenabgleiches mit der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen aufgefallen sei. Der Kläger teilte daraufhin am 06.12.2017 mit, er habe 10.000,00 € als Darlehen seiner Nichte zugewandt. Die übrigen Mittel habe er sich von seiner Nichte auszahlen lassen und in bar zurückerhalten. 8Mit Schreiben vom 22.05.2018 hörte der Beklagte den Kläger zu einer Ersatzpflicht von 21.530,16 € nach § 34 SGB II wegen der Veranlassung der Auszahlung an die Nichte an. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Anhörungsschreibens verwiesen. Mit Schreiben vom 14.06.2018 teilte der Kläger daraufhin mit, vor der Kündigung des Riestervertrages sei der Rat einer Rechtsanwältin in der „Kanzlei“ eingeholt worden. Diese habe mitgeteilt, dass der Beklagte nicht „an das Geld gehen könne“, da es sich um Schonvermögen handeln würde. Außerdem seien Teile des Darlehens zurückgezahlt worden. Die Beträge seien aber zum Teil für Anschaffungen verwandt worden. 9Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 04.07.2018 erfolgte seitens des Beklagten die Feststellung und Geltendmachung eines Ersatzanspruches gegenüber dem Kläger. Es werde festgestellt, dass der Kläger zum Ersatz der Geldleistungen in Höhe von 21.530,16 € verpflichtet sei, welche im Zeitraum vom 01.06.2016 bis zum 31.05.2018 erbracht worden sind. Die Ersatzpflicht beruhe auf § 34 Abs. 1 SGB II. Mit den Leistungsbescheiden vom 14.12.2015, vom 12.12.2016 und vom 18.12.2017 habe der Beklagte in diesem Zeitraum Leistungen erbracht. Aufgrund der Angaben im Antrag sei die Hilfebedürftigkeit festgestellt worden. Die Hilfebedürftigkeit sei aber durch den Kläger herbeigeführt worden, indem der Kläger seiner Nichte die Versicherungsleistungen habe zukommen lassen. Der Kläger habe den Auszahlungsbetrag aus der Riesterrente nicht zur Vermeidung seiner Hilfebedürftigkeit eingesetzt, sodass der Beklagte in diesem Zeitraum hätte Leistungen erbringen müssen. Hätte der Kläger den Auszahlungsbetrag entsprechend für seinen Lebensunterhalt eingesetzt, wäre er nicht hilfebedürftig gewesen. Er habe zumindest grob fahrlässig gehandelt. Das Vorbringen des Klägers führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Gemäß § 12 Abs. 2 SGB II entfalle der Schutz des privilegierten Vermögens bei vorzeitiger Kündigung des Altersvorsorgevertrages. 10Am 07.08.2018 erhob der Kläger Widerspruch. Die Voraussetzungen des § 34 SGB II seien nicht erfüllt. Ihm könne insbesondere kein Verschuldensvorwurf gemacht werden. 11Mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2019 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe seine eigene Hilfebedürftigkeit zumindest grob fahrlässig in sozialwidriger Weise herbeigeführt, weshalb er zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet sei. Er habe durch die Veranlassung der Auszahlung an seine Nichte die eigene Hilfebedürftigkeit verursacht. Obwohl er hätte wissen müssen, dass er hierdurch seine Hilfebedürftigkeit kausal aufrechterhalte, habe er den Rückkaufswert auf das Konto seiner Nichte ausgezahlt. Ein wichtiger Grund für dieses Verhalten sei nicht erkennbar. Es sei Sozialwidrigkeit gegeben. Der Kläger könne sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass er seinen Familienangehörigen geglaubt habe. Es hätte dem Kläger einleuchten müssen, dass er sich bei einer solchen Summe von über 10.000,00 € nicht quasi blind auf Dritte (Schwager, Schwester, Bruder) verlassen könne. Dies gelte umso mehr, wenn der Betrag hier der Tochter seiner Schwester und seines Schwagers zugutekommen sollte. Allein diese Personen hätten an der entsprechenden Mittelverwendung ein gesteigertes Interesse gehabt, so dass ein grober Sorgfaltsvorwurf vorliege, wenn er sich blind deren Handlungen unterwerfe bzw. Aussagen befolge, die angeblich und nicht in seiner Anwesenheit in einer Kanzlei gefallen seien. Dies müsse er sich entgegenhalten lassen. 12Mit Schriftsatz vom 25.04.2019, der am 29.04.2019 bei dem Sozialgericht Duisburg eingegangen ist, hat der Kläger vor dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben. 13Der Kläger trägt vor, dass das Guthaben der Riesterrente (noch) geschützt gewesen sei. Streitig sei, inwiefern dies auch bei Auflösung des Vertrages und Auszahlung noch der Fall gewesen wäre. Dies könne hier aber dahingestellt bleiben, da dem Kläger kein Vorwurf i.S.d. § 34 Abs. 1 SGB II gemacht werden könne. Es sei bereits fraglich, ob sein Verhalten objektiv sozialwidrig sei. Jedenfalls könne dem Kläger kein subjektiver Verschuldensvorwurf gemacht werden, welcher in seiner Person liegen würde. Es gelte ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab. Die Eheleute seien auf die Idee gekommen, den Ansparbetrag aus der Riesterrente des Klägers dazu zu verwenden, ihrer eigenen Tochter den Erwerb einer Eigentumswohnung zu erleichtern, da diese dann weniger Kapital zur Finanzierung aufnehmen musste. Da der Schwager alle behördlichen Angelegenheiten für ihn zuverlässig regle, habe der Kläger – im Vertrauen darauf, dass alles seine Richtigkeit habe – die Vertragsauflösung unterschrieben. Die Zeugin und der Bruder des Klägers, Herr, hätten sich bei Frau Rechtsanwältin, die Fachanwältin für Sozialrecht ist, vorab erkundigt, ob „gefahrlos“ in der Weise über das Geld verfügt werden könne. Sie hätten dann die Auskunft erhalten, dass es sich bei dem Betrag um Schonvermögen handeln würde. Infolge dieser Auskunft sei das Geld dann auf das Konto der Nichte des Klägers ausgezahlt worden. Allein im Vertrauen darauf, dass die Zeugen immer alles für den Kläger zutreffend geregelt hätten, habe dieser die Riesterrente gekündigt. Aufgrund der Auskunft einer Fachanwältin hätte davon ausgegangen werden dürfen, dass eine freie Verfügbarkeit gegeben gewesen sei. Mehr hätte weder von dem Kläger noch von seinen Familienmitgliedern getan werden können. Dem Kläger könne kein individueller Verschuldensvorwurf gemacht werden. Soweit in der Begründung des Widerspruchsbescheides darauf hingewiesen werde, dass er den Familienmitgliedern nicht habe blind vertrauen dürfen, werde noch einmal darauf hingewiesen, dass diese sich seit Jahren zuverlässig um die Bedürfnisse des Klägers gekümmert hätten. Sonst nehme der Beklagte dieses Kümmern auch in Anspruch. Der Kläger habe auch kein Verhältnis zu Geld. Ihm sei bewusst, dass 10.000,00 € mehr als 1.000,00 € seien, aber er könne mit den Größenordnungen nichts anfangen. Die Angehörigen hätten zudem Informationen eingeholt, auf die sie hätten vertrauen dürfen. Ihnen könne nicht mehr abverlangt werden, als eine Fachanwältin für Sozialrecht aufzusuchen und deren Urteil zu vertrauen. Es hätte auch nichts an den Umständen geändert, wenn der Kläger selbst an diesem Gespräch teilgenommen hätte. Er hätte Probleme mit der Verständigung gehabt. Er könne allenfalls einfache Fragen selbst beantworten. Mit bestimmten Begriffen sei er überfordert. Das Ehepaar sei nach dem Gespräch mit der Zeugin davon ausgegangen, dass eine Mitteilung gegenüber dem Beklagten nicht mehr habe erfolgen müssen. 14Der Kläger beantragt mit Schriftsatz vom 25.04.2019, 15den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 04.07.2018 in Form des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 aufzuheben. 16Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 04.06.2019, 17die Klage abzuweisen. 18Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid. 19Mit gerichtlicher Verfügung vom 26.03.2020 hat das Gericht die Klägerseite aufgefordert, ärztliche Atteste zu etwaigen Intelligenzminderungen des Klägers zu übersenden. Entsprechende Atteste sind nicht übersandt worden. Mit Schriftsatz vom 27.04.2020 teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers allerdings mit, dass lediglich bei einer Aufforderung des Gerichtes eine entsprechende Begutachtung des Klägers durch Ärzte eingeleitet werden würde. Der Kläger sei zu einem solchen Gutachten bereit. 20Im gerichtlichen Erörterungstermin vom 11.06.2021 haben die Beteiligten gegenüber dem Gericht ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG] jeweils ausdrücklich erklärt. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren. 22Entscheidungsgründe: 23Die statthafte isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) ist zulässig und begründet. 24I. Das Gericht kann vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben innerhalb des gerichtlichen Erörterungstermins vom 11.06.2021 jeweils ausdrücklich ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt. Die entsprechende Einverständniserklärung kann dabei - als Prozesshandlung - auch in einem gerichtlichen Sitzungstermin unmittelbar gegenüber dem Gericht wirksam erklärt werden (BSG, Urt. v. 21.12.1961 – 9 RV 298/60, juris, Rn. 19; Bergner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 124 SGG, Rn. 54; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., 2020, § 124 SGG, Rn. 3a). Das Einverständnis der Beteiligten ist vor Entscheidung ohne mündliche Verhandlung weder widerrufen worden (BSG, Beschl. v. 16.02.2007 – B 6 KA 60/06 B, juris, Rn. 10; BSG, Beschl. v. 14.10.2005 – B 11a AL 45/05 B, juris, Rn. 7) noch ist – etwa durch weitere Sachverhaltsermittlungen – eine wesentliche Änderung der Prozesslage eingetreten (vgl. hierzu: BSG, Beschl. v. 16.02.2007 – B 6 KA 60/06 B, juris, Rn. 10 m.w.N.; BSG, Urt. v. 22.09.1977 – 10 RV 79/76, juris, Rn. 14 ff. m.w.N.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., 2020, § 124 SGG, Rn. 3f m.w.N.). 25II. Die Klage ist in Form der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. 26Für das Begehren des Klägers ist die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG statthaft (so im Zusammenhang mit § 34 SGB II u.a. auch: BSG, Urt. v. 29.08.2019 – B 14 AS 49/18 R, juris, Rn. 8 m.w.N.; BSG, Urt. v. 03.09.2020 – B 14 AS 43/19 R, juris, Rn. 8; Silbermann, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 34 SGB II, Rn. 65; vgl. auch zu § 34a SGB II: BSG, Urt. v. 12.05.2021 – B 4 AS 66/20 R, juris, Rn. 15). Der Kläger begehrt in dem Verfahren die gerichtliche Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2018 in Form des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2019, mit welchem der Beklagte ihm gegenüber Ersatzpflichten in einer Gesamthöhe von 21.530,16 € feststellt und geltend macht. Dem Klagebegehren des Klägers, Beseitigung der belastenden Feststellung und Ersatzpflicht, kann bereits mit der entsprechenden Aufhebung der entsprechenden Bescheidung des Beklagten durch das Gericht vollumfänglich entsprochen werden. 27Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 25.04.2019 demgegenüber eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Alt. 2 SGG auf gerichtliche Verpflichtung der Behörde zur Aufhebung geltend gemacht hat, ist der entsprechende dem Wortlaut seines Klageantrages nicht maßgeblich, auch wenn der Kläger hierbei anwaltlich vertreten ist. Denn das Gericht ist nach § 123 SGG nicht an die Fassung des Antrages gebunden, sondern an das erkennbare Klagebegehren, welches insbesondere bei unvertretenen Klägern nach dem sog. Prinzip der Meistbegünstigung auszulegen ist (vgl. zur Meistbegünstigung: BSG, Urt. v. 27.09.2011 – B 4 AS 160/10 R, juris, Rn. 14 m.w.N.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 123 SGG, Rn. 3; Haupt, in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 123 SGG [Entscheidung ohne Bindung an Anträge], Rn. 10 m.w.N. – „Im Zweifel begehrt der unvertretene Kläger (bereits angesichts Art. 19 Abs. 4 GG und §§ 2 Abs. 2, 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) ungeachtet des Wortlauts seines Antrags dasjenige, was ihm den größten Nutzen bringen kann. Die Auslegung der Anträge muss sich danach richten, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen.“). Auch bei anwaltlich vertretenen Klägern ist regelmäßig das maßgebliche Klagebegehren erst durch Auslegung des Klageantrages zu ermitteln, wenn nicht etwa ausdrücklich auf eine bestimmte Auslegung des Klageantrages bestanden wird (in diesem Sinne auch: BSG, Beschl. v. 09.01.2019 – B 13 R 25/18 B, juris, Rn. 10 m.w.N. - „Rechtsprechung und Literatur gehen zwar davon aus, dass ein von einem Rechtsanwalt formulierter Antrag in der Regel das Gewollte zutreffend wiedergibt […]. Andererseits schließt nicht allein der Umstand der anwaltlichen Vertretung eine an § 133 BGB orientierte Auslegung des Begehrens aus […], zumindest dann, wenn die gewählte Formulierung - wie hier - nicht eindeutig ist […].“). Insofern ist hier davon auszugehen, dass die Klägerseite erst recht die unmittelbare Abänderung der behördlichen Entscheidung durch das Gericht im Wege einer Gestaltungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG begehrt, welche den Kläger belastet; auch wenn sie scheinbar rechtsirrig davon ausgeht, dass im Erfolgsfall nur eine gerichtliche Verpflichtung der Beklagten zur entsprechenden behördlichen Korrektur der Bescheidung ausgesprochen werden könnte. Denn die Klägerseite scheint diesbezüglich lediglich einer fehlerhaften Rechtsvorstellung bezüglich der tatsächlich weiterreichenden Entscheidungskompetenzen des Gerichtes zu unterliegen. 28III. Die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG) ist begründet. Der Kläger ist durch den belastenden Bescheid des Beklagten vom 04.07.2018 in Form des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 beschwert i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG, da dieser rechtswidrig ist. 29Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten kann die behördliche Entscheidung rechtlich nicht auf § 34 Abs. 1 SGB II gestützt werden. Ob das im Rahmen notwendige Eigenverschulden des Klägers hier überhaupt vorliegt (1.), kann das Gericht im Ergebnis dahingestellt lassen. Denn das fragliche Verhalten des Klägers ist bereits tatbestandlich von § 34 Abs. 1 SGB II in seiner hier maßgeblichen Fassung vom 13.05.2011 nicht erfasst (2.). 301. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 SGB II ist derjenige zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet, der nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat. Infolge einer Gesetzesänderung wurde der Tatbestand der Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 mit § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II n.F. zum 01.08.2016 auch auf Verhaltensweisen ausgeweitet, mit denen die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde (BGBl. I 2016, S. 1824; vgl. zu den Hintergründen der Gesetzesänderung: BT-Drs. 18/8041, S. 45; BT-Drs. 18/8909, S. 32). Allgemein sind nach § 34 Abs. 1 S. 3 SGB II - auch - Sachleistungen in Geld zu ersetzen, selbst wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden; wobei allerdings § 40 Abs. 6 S. 2 SGB II zur Schuldbefreiung durch Rückgabe eines nicht in Anspruch genommenen Gutscheines entsprechend gilt. Der Ersatzanspruch umfasst nach § 34 Abs. 1 S. 5 SGB II auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist nach § 34 Abs. 1 S. 6 SGB II allerdings abzusehen, soweit dies eine Härte bedeuten würde. § 34 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II enthalten weitere Sonderregelungen über die Rechtsnachfolge des Erben und die Verjährung des Ersatzanspruches. 31Existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II sind zwar unabhängig von dem Grund zu gewähren, aus dem – auch selbst verschuldete - Hilfebedürftigkeit besteht (BSG, Urt. v. 02.11.2012 – B 4 AS 39/12 R, juris, Rn. 18 f.; BSG, Urt. v. 16.04.2013 – B 14 AS 55/12 R, Rn. 18 m.w.N.; einschränkend demgegenüber wohl im Zusammenhang mit der Erbringung einer Erstausstattung: BSG, Urt. v. 20.08.2009 – B 14 AS 45/08 R, juris, Rn. 15 - „Eine "Verwirkung" des Anspruchs auf Erstausstattung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Hilfebedürftiger entsprechend den Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB II nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit ohne wichtigen Grund selbst herbeigeführt hat.“). § 34 Abs. 1 SGB II ermöglicht aber eine nachträgliche Durchsetzung des sog. Nachranggrundsatzes staatlicher Leistungen, in dem ausnahmsweise aber eine Ersatzpflicht des Leistungsberechtigten für die erbrachten Leistungen begründet wird (Silbermann, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 34 SGB II, Rn. 1 f.). Im Bemühen eine (unzulässige) Ausweitung des Anwendungsbereiches dieser Ausnahmevorschrift zu vermeiden, beschränkt sich die Ersatzpflicht des Leistungsberechtigten nach § 34 SGB II auf sog. sozialwidrige Verhaltensweisen (BSG, Urt. v. 29.08.2019 – B 14 AS 49/18 R, juris, Rn. 26 m.w.N.; BSG, Urt. v. 02.11.2012 – B 4 AS 39/12 R, juris, Rn. 19; Merten, in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Meßling/Udsching, 62. Edition, Stand: 01.09.2021, § 34 SGB II, Rn. 4 f.; Silbermann, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 34 SGB II, Rn. 25 ff.; so bereits zu § 92a Bundessozialhilfegesetz [BSHG] a.F.: BVerwG, Urt. v. 10.04.2003 – 5 C 4/02, juris, Rn. 16 m.w.N.). Teilweise wird die Prüfung der Sozialwidrigkeit auch mit der Prüfung des Fehlens eines wichtigen Grundes inhaltlich zu einer einstufigen Prüfung verknüpft (Grote-Seifert, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 34, Rn. 31; Fügemann, in: Hauck/Noftz SGB II, § 34 Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten, Rn. 30, 34 ff.), während mehrheitlich in Rechtsprechung und Literatur von einer zweistufigen Prüfung ausgegangen wird (statt vieler nur: BSG, Urt. v. 16.04.2013 – B 14 AS 55/12 R, juris, Rn. 18 m.w.N.; Silbermann, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 34 SGB II, Rn. 26 m.w.N.). 32§ 34 Abs. 1 SGB II begründet einen „deliktsähnlichen“ (BSG, Urt. v. 29.08.2019 – B 14 AS 49/18 R, juris, Rn. 25 m.w.N.; Grote-Seifert, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 34, Rn. 23), sekundären Ersatzanspruch des Grundsicherungsträgers zum Ausgleich in Geld gegenüber dem volljährigen Leistungsberechtigten für schuldhaft, sozialwidrig und grundlos herbeigeführte oder fortgesetzte Primärleistungen nach dem SGB II, die ihrerseits rechtmäßig durch die Behörde zunächst zu erbringen waren (ausführlich zur Notwendigkeit gerade einer rechtmäßigen Gewährung der Primärleistungen etwa: Bayerisches LSG, Urt. v. 19.11.2019 – L 16 AS 782/16, juris, Rn. 30 ff.; Merten, in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Meßling/Udsching, 62. Edition, Stand: 01.09.2021, § 34 SGB II, Rn. 8). Eine inhaltlich vergleichbare Parallelregelung enthält § 103 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XII] (vgl. zu den Unterschieden in der jeweiligen Gesetzesentwicklung, -fassung und Rechtsauslegung etwa: Simon in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl, § 103 SGB XII, Rn. 14 ff. m.w.N.). Mit §§ 92 ff. bzw. § 92a BSHG a.F. bestand bereits vor Inkrafttreten dieser Vorschriften eine entsprechende Vorgängerregelung. 33Dass ein Eigenverschulden des Leistungsberechtigten die Ersatzpflicht des § 34 Abs. 1 SGB II ist unbestritten. 34In Rechtsprechung und Literatur bislang wenig behandelt ist indes die Frage, inwiefern auch Fremdverschulden eines Dritten eine Ersatzpflicht des Leistungsberechtigten nach § 34 SGB II begründen kann und unter welchen Voraussetzungen diesem ein Fremdverschulden zuzurechnen ist (bspw. nach § 38 SGB II oder analog § 166 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB], § 278 BGB oder § 831 BGB). Im Zusammenhang mit der Parallelvorschrift des § 103 SGB XII wird eine Zurechnung von Fremdverschulden eines Dritten gegenüber dem Sozialhilfeempfänger überwiegend abgelehnt, da die Voraussetzungen keiner Zurechnungsnorm erfüllt seien (etwa: BSG, Urt. v. 03.07.2020 – B 8 SO 2/19 R; Simon in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 103 SGB XII, Rn. 33 – „Fraglich kann sein, inwieweit das Verhalten eines Dritten – also nicht das Verhalten der Person, deren Anspruchsberechtigung auf Sozialhilfe durch das umstrittene Verhalten herbeigeführt worden ist – Grundlage für einen Anspruch des Sozialhilfeträgers sein kann. […]. In derartigen Konstellationen kann sich zum einen die Frage stellen, ob ein Verhalten eines Betreuers oder sonst eines gesetzlichen Vertreters dem Vertretenen im Zusammenhang mit § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auf Grundlage von § 278 Satz 1 BGB zurechenbar ist. Die Anwendung des § 278 BGB setzt allerdings ein bestehendes Schuldverhältnis oder eine entsprechende Sonderverbindung voraus. § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII als „quasi-deliktischer“ Anspruch […] dürfte jedoch gerade die Konsequenz daraus sein, dass es eine hinreichend klar definierte Sonderverbindung als Grundlage für Ersatzansprüche ansonsten nicht gibt. Eine Verschuldenszurechnung auf Grundlage von § 278 BGB erscheint damit nicht nahe liegend. Die Betrachtung verlagert sich damit auf die Frage, ob die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der Person des gesetzlichen Vertreters selbst erfüllt sind, insbesondere, ob ein sozialwidriges Verhalten des gesetzlichen Vertreters festgestellt werden kann.“). Das Bundessozialgericht hat auch im Zusammenhang mit § 34 SGB II entsprechend ausgeführt: 35„Schuldhaftes Verhalten des Vertreters einer Bedarfsgemeinschaft (§ 38 SGB II) löst einen Ersatzanspruch gegenüber dem Vertretenen nicht ohne Weiteres aus; im Anwendungsbereich des § 34 Abs 1 SGB II aF, der als quasi-deliktischer Anspruch ausgestaltet ist (vgl bereits BVerwG vom 23.9.1999 - 5 C 22/99 - BVerwGE 109, 331 = juris RdNr 12 mwN), genügt - wie im Anwendungsbereich des § 823 BGB bei natürlichen Personen - unerlaubtes Handeln des Vertreters für die Haftung des Vertretenen nicht. Eine § 831 BGB entsprechende Norm ist im SGB II nicht erkennbar.“ 36(BSG, Urt. v. 16.04.2013 – B 14 AS 55/12 R, juris, Rn. 25) 37Diese Auslegung des Bundessozialgerichts hat in der Literatur, sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung, Zustimmung erfahren (etwa: Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 34, Rn. 23; Silbermann, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 34 SGB II, Rn. 34 – „Eine Zurechnung fremden Verschuldens (etwa des Vertreters der Bedarfsgemeinschaft oder des gesetzlichen Vertreters) scheidet aufgrund des quasi-deliktischen Charakters des Ersatzanspruchs nach § 34 aus, da es im SGB II an einer diesbezüglichen Zurechnungsnorm fehlt und die Regelungen der §§ 278, 831 BGB nicht entsprechend anwendbar sind […].“; Kellner, Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende, NZS 2020, 455, 456 - „Bei den Ersatzansprüchen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB XII wie auch nach § 34 SGB II scheidet indes eine Zurechnung von fremdem Verhalten aus. Insbesondere findet § 278 BGB, der eine Zurechnung fremden Verschuldens innerhalb von Schuldverhältnissen vorsieht, keine entsprechende Anwendung. Die sozialrechtlichen Ersatzansprüche sind dogmatisch dem zivilen Deliktsrecht angenähert; im Deliktsrecht wird aber grundsätzlich nur für eigenes Verschulden gehaftet. Auch § 38 SGB II begründet lediglich die Vermutung einer Bevollmächtigung und keine darüber hinausgehende Verantwortlichkeit für Handlungen anderer Personen. Der Nachteil, der für die Grundsicherungsträger durch die fehlende Zurechnung entsteht, wird durch die persönliche Haftung des gesetzlichen Vertreters nach § 34 Abs. 1 SGB II kompensiert, sofern dieser mit dem Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft lebt.“). 38Auch die Kammer schließt sich diesem Auslegungsergebnis zu § 34 SGB II vollumfänglich an. Eine Ersatzpflicht des Leistungsberechtigten nach § 34 SGB II kommt nur bei Eigenverschulden in Betracht. Die Zurechnung von Fremdverschulden eines Dritten ist demgegenüber bei § 34 SGB II von vorneherein ausgeschlossen. Sofern den Leistungsberechtigten daher im Zusammenhang mit dem Handeln des Dritten nicht auch ein eigenes Verschulden trifft (bspw. durch konkrete Anweisungen zum entsprechenden Ausfüllen von Anträgen durch den Dritten oder unzureichende Eigenkontrolle des Handelns des Dritten), kann er nicht zum Ersatz der daraus resultierenden Leistungen verpflichtet werden. Dieses Auslegungsergebnis zu § 34 SGB II wird durch Wortlaut, Systematik, Historie sowie Sinn und Zweck des § 34 SGB II gestützt: 39- Bereits der Wortlaut des § 34 Abs. 1 SGB II spricht davon, dass gerade derjenige Leistungsberechtigte ersatzpflichtig wird, der schuldhaft die rechtmäßige Leistungsgewährung an sich selbst oder Personen herbeigeführt hat, die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft leben. Eine Ersatzpflicht des Leistungsberechtigten auch für das schuldhafte Handeln eines Dritten ist nicht ersichtlich. 40- Systematisch ist eine eigene Ersatzpflicht des Dritten vielmehr unter den Voraussetzungen des § 34a SGB II für rechtswidrige Leistungsgewährungen gesondert geregelt. Dass daneben auch eine eigene Ersatzpflicht des Leistungsberechtigten in § 34 Abs. 1 SGB II für rechtmäßige Leistungsgewährungen bei schuldhaften Verhalten Dritter gegeben sein sollte, erscheint wenig stimmig. Darüber fehlen im Zusammenhang des § 34 SGB II gerade Sonderregelungen wie § 166 BGB, § 278 BGB oder § 831 BGB, unter denen ausnahmsweise eine eigene Verantwortlichkeit für das schuldhafte Handeln Dritter (als Vertreter, Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfe) begründet werden kann. 41- Innerhalb der Gesetzgebungsunterlagen zu § 34 SGB II finden sich keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber hiermit auch eine Zurechnung von Fremdverschulden hätte regeln wollen. Die dort aufgeführten Anwendungsfälle der Vorschrift betreffen übereinstimmend nur die Situation eines Eigenverschuldens des Leistungsberechtigten (BT-Drs. 18/8041, S. 45 – Verweigerung eines Steuerklassenwechsels oder Ablehnung oder Aufgabe einer nicht bedarfsmindernden Beschäftigung). 42- Schließlich kommt eine Zurechnung von Fremdverschulden auch nach dem Sinn und Zweck des § 34 SGB II nicht in Betracht, da es sich nach allgemeiner Ansicht um einen deliktsähnlichen Ersatzanspruch handelt. Bereits rechtshistorisch betrachtet stellte die deliktische Haftung für das Verhalten anderer Personen regelmäßig den begründungsbedürftigen Ausnahmefall dar (allgemein: Staudinger/Bernau (2018) BGB § 831, Rn. 1 m.w.N.). Eine Zurechnung von Fremdverschulden eines Dritten ist dem Deliktsrecht der §§ 823 ff. BGB wesensfremd, das eine Haftung für Eigenverschulden begründet. Auch der heutige § 831 BGB begründet keine Zurechnung von Fremdverschulden des Verrichtungsgehilfen, sondern begründet vielmehr die Vermutung von Eigenverschulden des Geschäftsherrn für die Verletzung eigener Auswahl-, Einsatz und Beobachtungspflichten, an welche die eigene deliktische Haftung des Geschäftsherrn anknüpft (Wilhelmi, in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 831 BGB, Rn. 1 - „§ 831 begründet gem dem Verschuldensprinzip eine Haftung des Geschäftsherrn für eigenes Verschulden, wenn an seiner Stelle ein Verrichtungsgehilfe tätig geworden ist und den Schaden widerrechtl verursacht hat. Er folgt hiermit einer individualistischen Konzeption: Eine Einstandspflicht für das Verhalten anderer soll sich ggü jedermann nicht schon daraus ergeben, dass der Geschäftsherr die Vorteile der Arbeitsteilung nutzt. Darin liegt zugleich der wesentliche Unterschied zur Haftung für Erfüllungsgehilfen nach § 278, die auf der Wertung beruht, dass in einem bestehenden Schuldverhältnis der Schuldner selbst immer der Träger aller für dieses Verhältnis relevanten Pflichten ist.“). Es erscheint daher nicht überzeugend, warum der Gesetzgeber gerade im Rahmen des § 34 SGB II von diesem Wesenszug jeder deliktischen Haftung abgewichen wäre, ohne dies auch nur näher zu begründen. 432. Aufgrund der Notwendigkeit eines Eigenverschuldens gerade des Ersatzpflichtigen ist es unerheblich, was die anderen Familienangehörigen in Abwesenheit des Klägers mit der Fachanwältin für Sozialrecht besprochen haben. Insbesondere kommt auch keine Zurechnung analog § 278 BGB in Betracht. Eine etwaige Ersatzpflicht und ein etwaiges Eigenverschulden des Klägers kann allenfalls durch späteres eigenes Handeln des Klägers begründet werden, welches dieser – etwa im Vertrauen auf die Richtigkeit der ihm übermittelten Informationen – (nicht) vorgenommen hat. Zwar ergeben sich auch nach dem persönlichen Eindruck des Kammervorsitzenden aus dem Erörterungstermin vom 11.06.2021 tatsächliche Ansatzpunkte dafür, dass der Kläger möglicherweise unter einer erheblichen Intelligenzminderung leidet, welche ggf. auch seine eigene Verschuldensfähigkeit herabsetzt oder zumindest die persönlichen Erkenntnismöglichkeiten im Sinne des maßgeblichen subjektiven Fahrlässigkeitsbegriffes mitbestimmt. 44Diesen Fragestellungen brauchte das Gericht hier allerdings tatsächlich nicht weiter nachzugehen. Denn selbst wenn den Kläger hier ein mögliches Eigenverschulden im Zusammenhang mit dem vorliegenden Sachverhalt treffen sollte, wäre hier keine Ersatzpflicht des Klägers über § 34 Abs. 1 SGB II in seiner maßgeblichen Fassung zu begründen. 45a) Jedes schuldhafte Eigenverhalten des Klägers, welches überhaupt eine Ersatzpflicht nach § 34 SGB II begründen könnte, liegt zeitlich vor dem 01.08.2016. Dies gilt unabhängig davon, ob für die nach § 34 SGB II notwendige Kausalität zwischen Leistungsgewährung und einem schuldhaftem, sozialwidrigen Verhalten des Klägers ohne wichtigen Grund auf ein ungeprüftes Vertrauen auf die Mitteilung der Ergebnisse des Anwaltsgespräches durch seine Familienangehörigen im Frühjahr 2016, die Veranlassung der Auflösung des Versicherungsvertrages am 02.05.2016, den Abschluss des Darlehensvertrag mit seiner Nichte am 01.06.2016 oder die tatsächliche Auszahlung der Versicherungsleistungen auf das Konto seiner Nichte am 02.06.2016 abgestellt werden sollte. 46Kein späteres Verhalten des Klägers kann noch ursächlich für die weiteren Leistungsgewährungen geworden sein, da das Geld ab diesem Zeitpunkt für den Kläger nicht mehr alternativ zur Deckung seines Lebensunterhaltes hätte verwandt werden können. 47b) Alle möglichen Handlungen des Klägers vor dem 01.08.2016, an welche eine Ersatzpflicht nach § 34 SGB II ggf. inhaltlich anknüpfen könnte, können nicht als eine „Herbeiführung“ der eigenen Leistungsberechtigung des Klägers i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 SGB II angesehen werden. 48Denn der Kläger stand bereits vor dem Frühjahr 2016 vollumfänglich im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Mit einer anderweitigen Verwendung der Geldmittel aus der Versicherung hätte er daher allenfalls die Fortführung seines laufenden Leistungsbezuges nach SGB II zukünftig ausgeschlossen oder dem Umfang nach verringern können. Keinesfalls ist der Kläger aber erst durch dieses Verhalten erstmalig anspruchsberechtigt nach dem SGB II geworden. Dies scheint auch der Beklagte im Wesentlichen so zu beurteilen, wenn er in der Begründung des Widerspruchsbescheides davon spricht, dass der Kläger durch sein Verhalten seine Hilfebedürftigkeit kausal aufrechterhalten habe. 49Dass das bloße Aufrechterhalten einer Hilfebedürftigkeit - als Unterlassen einer Möglichkeit den Leistungsberechtigung zu beenden oder zu verringern - tatbestandlich gerade nicht als „Herbeiführen“ i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 SGB II anzusehen ist, ist inzwischen durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts höchstrichterlich geklärt. Das Gericht verweist zur weiteren Begründung auf die folgenden Ausführungen, die es sich vollumfänglich zu eigen macht: 50„Die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II hat danach nur der iS des § 34 Abs 1 Satz 1 SGB II aF herbeigeführt, der diese Voraussetzungen geschaffen bzw sie bewirkt hat. Wer diese Leistungsvoraussetzungen bereits erfüllt und deren Vorliegen nicht beseitigt, führt die Voraussetzungen nicht erst herbei, sondern erhält sie aufrecht. Das Aufrechterhalten der Leistungsvoraussetzungen wird vom Begriff des Herbeiführens der Leistungsvoraussetzungen nicht umfasst (wie hier: Fügemann in Hauck/Noftz, K § 34 RdNr 30, Stand Juni 2014; Grote-Seifert in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 34 RdNr 21; Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 34 RdNr 21; Schnitzler in Harich, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten" RdNr 10; aA Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 34 SGB II RdNr 11, Stand Juni 2009). Dagegen, das Herbeiführen der Voraussetzungen für die Gewährung von SGB II-Leistungen iS des § 34 Abs 1 Satz 1 SGB II aF weiter als vorstehend beschrieben zu verstehen, sprechen nicht nur der allgemeine Sprachgebrauch und der besondere Gebrauch in der Rechtssprache. Für das wortlautnahe Verständnis des Herbeiführens als "etwas bewirken" spricht vielmehr auch, dass es sich bei dem Ersatzanspruch um eine eng auszulegende Ausnahme vom Grundsatz handelt, dass der Anspruch auf existenzsichernde Leistungen unabhängig von der Ursache der Hilfebedürftigkeit und einem Verschulden besteht (vgl BSG Urteil vom 2.11.2012 - B 4 AS 39/12 R - BSGE 112, 135 = SozR 4-4200 § 34 Nr 1, RdNr 17 ff; vgl auch BSG Urteil vom 16.4.2013 - B 14 AS 55/12 R - SozR 4-4200 § 34 Nr 2 RdNr 18).“ 51(BSG, Urt. v. 08.02.2017 – B 14 AS 3/16 R, juris, Rn. 24 f.; vgl. auch: Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 34, Rn. 25 f. m.w.N. - „An der notwendigen Kausalität fehlte es demgegenüber nach der bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung der Norm, wenn das Verhalten die Hilfebedürftigkeit nicht herbeigeführt, sondern allenfalls aufrechterhalten hatte. Dementsprechend konnte auch die Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsangebots oder ein begonnenes und sogleich wieder beendetet Arbeitsverhältnis bei laufendem Hilfebezug durch einen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten oder dessen fehlende Mitwirkung im Rentenverfahren zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente30 mangels des erforderlichen Kausalzusammenhangs keinen Ersatzanspruch auslösen. Das Bundessozialgericht hat die Auffassung bestätigt und sich der Auffassung angeschlossen, dass ein „Herbeiführen“ in § 34 SGB II i.d.F. v. 13.05.2011 das „Aufrechterhalten der Leistungsvoraussetzungen“ für die Gewährung von Leistungen nicht erfasst.“) 52c) Nach Ansicht der Kammer kann ein Ersatzanspruch des Beklagten auch nicht auf die Neufassung des § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II n.F. gestützt werden, mit welcher – in Reaktion auf die beschriebene restriktive Auslegung des „Herbeiführens“ nach § 34 Abs. 1 S. 1 SGB II – erstmalig der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 SGB II auch auf Verhaltensweisen des Leistungsberechtigten ausgedehnt worden ist, durch welche die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Die entsprechende Neuregelung des § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II n.F. findet keine Anwendung auf Sachverhalte, bei denen das fragliche Anknüpfungsverhalten eines Leistungsberechtigten bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung zum 01.08.2016 liegt (BGBl. I 2016, S. 1824). 53Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass im Rahmen einer isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist (vgl. allgemein etwa: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage 2020, Rn. 33 m.w.N.; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 54 SGG, Rn. 49 m.w.N.). Dieser Zeitpunkt liegt hier mit dem Widerspruchsbescheid vom 02.04.2019 zeitlich nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II n.F. Diese prozessuale Faustformel unterliegt aber den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts, so dass auch bei einer isolierten Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG ein anderer Zeitpunkt für die Beurteilung von Sach- und Rechtslage materiell rechtlich gefordert sein kann (allgemeine Ansicht; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage 2020, Rn. 33 m.w.N.; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 54 SGG, Rn. 48 ff. m.w.N.; zuletzt etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.02.2021 – L 7 AS 1525/19, juris, Rn. 35 i.a.Z.; ausführlich m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur: Grötschel, Der (sozialrechtliche) Herstellungsanspruch, S. 687 ff. m.w.N.). Im Zusammenhang mit § 34 Abs. 1 SGB II erscheint materiell-rechtlich die Anknüpfung an die Sach- und Rechtslage geboten, welche gerade zum Zeitpunkt der Handlung gegolten hat, durch die eine spätere Entschädigungspflicht nach § 34 SGB II kausal begründet werden soll. Denn der Leistungsberechtigte kann sein früheres Verhalten nicht mehr nachträglich an spätere Rechtsänderungen anpassen bzw. korrigieren. Es ist ihm daher auch nicht mehr möglich, nachträglich das Eintreten der Ersatzpflicht durch - nun - normkonformes Verhalten noch zu verhindern. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich damit um einen Lebenssachverhalt, welcher mit der (Nicht-) Vornahme eines bestimmten Verhaltens im fraglichen Zeitpunkt bereits vollständig abgeschlossen ist. Allein die rechtliche Bewertung dieses früheren Verhaltens wird nachträglich durch die Neuregelung verändert. Wenn damit eine belastende Verschärfung in der nachträglichen Neubewertung des Verhaltens erfolgt, liegt darin eine unzulässige echte Rückwirkung des Gesetzes für einen Sachverhalt, welcher bereits vollumfänglich in der Vergangenheit abgeschlossen worden ist (vgl. hierzu allgemein: BVerfG, Beschl. v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13, juris, Rn. 43 f., 51 f.; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, 95. EL Juli 2021, GG Art. 20, Rn. 76, 80 ff. m.w.N. – „Eine echte Rückwirkung, die grundsätzlich unzulässig ist, liegt dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Wird dagegen auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte bzw. Rechtsbeziehungen für die Zukunft eingewirkt, so handelt es sich lediglich um eine unechte Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig ist.“). Schon zur Vermeidung eines verfassungsrechtlich unzulässigen Auslegungsergebnisses erscheint es daher geboten, im Zusammenhang mit § 34 SGB II auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, die gerade zum Zeitpunkt des fraglichen Verhaltens des Leistungsberechtigten galt. 54Sofern das Bundessozialgericht zu einer früheren Neuregelung des § 34 SGB II zum 01.04.2011 (BGBl. I 2011, S. 850) scheinbar die Auffassung vertreten hat, dass die damalige Neuregelung des § 34 SGB II auch an Lebenssachverhalte angeknüpft werden könne, die zum 01.04.2011 bereits abgeschlossen waren (BSG, Urt. v. 08.02.2017 – B 14 AS 3/16 R, juris, Rn. 13), lassen sich die dortigen Erwägungen nach Auffassung der Kammer nicht in gleicher Weise noch auf die Neuregelung des § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II n.F. zum 01.08.2016 übertragen. Zum einen betont bereits das Bundessozialgericht selbst, dass sich die damalige Neureglung zum 01.04.2011 zwar sprachlich von der bisherigen Regelung über die Ersatzpflicht unterschied; inhaltlich aber bereits zuvor in vergleichbarer Weise schon nach alter Rechtslage bestand. § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II n.F. schafft demgegenüber erstmals zum 01.08.2016 eine nachträgliche Ersatzpflicht für Verhaltensweisen eines Leistungsberechtigten, die nach Auffassung des Bundessozialgerichts bisher gerade nicht dem Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 S. 1 SGB II unterfielen. Mit der Neuregelung des § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II wird daher der Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich ausgedehnt. Zum anderen gilt für den zeitlichen Anwendungsbereich der Neuregelung des maßgeblichen sog. Rechtsvereinfachungsgesetzes, mit welchem u.a. § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II n.F. eingeführt worden ist, nicht die Übergangsvorschrift des § 77 SGB II, auf welche das Bundessozialgericht seinerzeit abgestellt hatte, sondern § 80 SGB II. Aus § 80 SGB II ist indes nicht ersichtlich, dass den Neuregelungen des Rechtsvereinfachungsgesetzes allgemein eine Rückwirkung für die Vergangenheit zukommen sollte. Es bleibt mangels anderweitiger Bestimmungen daher auch für § 34 Abs. 1 S. 2 SGB II n.F. bei dem allgemeinen Grundsatz, dass diese Neuregelung erst ab ihrem Inkrafttreten auch Rechtswirkungen begründet (Pieper, in: BeckOK Grundgesetz, Epping/Hillgruber, 48. Edition, Stand: 15.08.2021, Art. 82 GG, Rn. 23; Wolf, in: Hömig/Wolff, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 12. Auflage 2018, Art. 82 GG, Rn. 10 m.w.N.), welche mangels ausdrücklicher anderweitiger Bestimmungen des Gesetzgebers nur in die Zukunft hinein wirken (Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, 95. EL Juli 2021, GG Art. 20, Rn. 71 m.w.N.). Dies war für die Regelungen des Rechtsvereinfachungsgesetzes erst ab dem 01.08.2016 der Fall (Grote-Seifert, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 80, Rn. 6). 55VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. 56Rechtsmittelbelehrung: 57Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. 58Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim 59Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen 60schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. 61Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem 62Sozialgericht Duisburg, Mülheimer Straße 54, 47057 Duisburg 63schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. 64Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. 65Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und 66- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder 67- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird. 68Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden. 69Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 70Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Duisburg schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. 71Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. 72Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat. | der bescheid des beklagten vom 04.07.2018 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 wird aufgehoben. der beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen kosten des klägers. 1 | 2die beteiligten streiten über das bestehen eines ersatzanspruches nach § 34 zweites buch sozialgesetzbuch [sgb ii] über 21.530,16 €. 3der am 1965 geborene kläger ist seit seiner kindheit schwerhörig (80 %). er trägt beidseitig ein hörgerät und wird bei arztbesuchen und behördengängen durch seine schwester, frau, sowie seinen schwager, herrn, unterstützt. teilweise erhielt er auch weitere unterstützung durch seinen bruder. der kläger hatte in vergangenheit einen riestervertrag über 10.899,23 € bei der alten leipziger (vers.nr.: 7) gehabt. der vertrag war 2007 abgeschlossen worden. 4der kläger hatte in der vergangenheit von dem beklagten leistungen nach dem sgb ii von dem beklagten bezogen. insbesondere hatte der kläger auch im zeitraum vom 01.06.2016 bis zum 31.05.2018 leistungen nach dem sgb ii von dem beklagten bezogen, die ihm mit bescheiden vom 14.12.2015, vom 12.12.2016 und 18.12.2017 gewährt worden waren. dabei sind über die zwei jahre leistungen in höhe von 21.530,16 € gewährt und ausgezahlt worden. 5im frühjahr 2016 erfolgte ein gespräch von frau und herrn bei einer fachanwältin für sozialrecht, frau rechtsanwältin. die inhalte des gespräches sind zwischen den beteiligten umstritten. 6mit einem von dem kläger unterschriebenem schreiben vom 02.05.2016 kündigte dieser gegenüber seiner versicherung den riestervertrag und bat um auszahlung auf ein konto bei der sparda west (de0). hierbei handelte es sich um das konto der nichte des klägers, frau. frau ist die tochter der eheleute . gegenüber dem kläger verpflichtete sich seine nichte am 01.06.2016, in einem als „privater darlehnsvertrag“ überschriebenen dokument, zur rückzahlung eines zinslosen darlehens in höhe von 10.000,00 € mit kleinbeträgen, welche monatlich 200,00 € nicht überschreiten dürften. die auszahlung der 10.899,23 € erfolgte am 02.06.2016 auf das angegebene konto der nichte des klägers. diese verwandte den betrag in der folgezeit zum erwerb ihrer eigentumswohnung. 7am 20.06.2017 übersandte der kläger die auszahlungsnachweise seiner versicherung an den beklagten. auf eine mitwirkungsaufforderung des beklagten vom 05.07.2017 reichte der kläger am 18.07.2017 weitere versicherungsunterlagen ein. mit schreiben vom 13.11.2017 forderte der beklagte den kläger auf, weiter zu dem versicherungsvertrag aufzuklären, welcher infolge eines datenabgleiches mit der zentralen zulagenstelle für altersvermögen aufgefallen sei. der kläger teilte daraufhin am 06.12.2017 mit, er habe 10.000,00 € als darlehen seiner nichte zugewandt. die übrigen mittel habe er sich von seiner nichte auszahlen lassen und in bar zurückerhalten. 8mit schreiben vom 22.05.2018 hörte der beklagte den kläger zu einer ersatzpflicht von 21.530,16 € nach § 34 sgb ii wegen der veranlassung der auszahlung an die nichte an. im übrigen wird auf den inhalt des anhörungsschreibens verwiesen. mit schreiben vom 14.06.2018 teilte der kläger daraufhin mit, vor der kündigung des riestervertrages sei der rat einer rechtsanwältin in der „kanzlei“ eingeholt worden. diese habe mitgeteilt, dass der beklagte nicht „an das geld gehen könne“, da es sich um schonvermögen handeln würde. außerdem seien teile des darlehens zurückgezahlt worden. die beträge seien aber zum teil für anschaffungen verwandt worden. 9mit dem hier angefochtenen bescheid vom 04.07.2018 erfolgte seitens des beklagten die feststellung und geltendmachung eines ersatzanspruches gegenüber dem kläger. es werde festgestellt, dass der kläger zum ersatz der geldleistungen in höhe von 21.530,16 € verpflichtet sei, welche im zeitraum vom 01.06.2016 bis zum 31.05.2018 erbracht worden sind. die ersatzpflicht beruhe auf § 34 abs. 1 sgb ii. mit den leistungsbescheiden vom 14.12.2015, vom 12.12.2016 und vom 18.12.2017 habe der beklagte in diesem zeitraum leistungen erbracht. aufgrund der angaben im antrag sei die hilfebedürftigkeit festgestellt worden. die hilfebedürftigkeit sei aber durch den kläger herbeigeführt worden, indem der kläger seiner nichte die versicherungsleistungen habe zukommen lassen. der kläger habe den auszahlungsbetrag aus der riesterrente nicht zur vermeidung seiner hilfebedürftigkeit eingesetzt, sodass der beklagte in diesem zeitraum hätte leistungen erbringen müssen. hätte der kläger den auszahlungsbetrag entsprechend für seinen lebensunterhalt eingesetzt, wäre er nicht hilfebedürftig gewesen. er habe zumindest grob fahrlässig gehandelt. das vorbringen des klägers führe nicht zu einem anderen ergebnis. gemäß § 12 abs. 2 sgb ii entfalle der schutz des privilegierten vermögens bei vorzeitiger kündigung des altersvorsorgevertrages. 10am 07.08.2018 erhob der kläger widerspruch. die voraussetzungen des § 34 sgb ii seien nicht erfüllt. ihm könne insbesondere kein verschuldensvorwurf gemacht werden. 11mit widerspruchsbescheid vom 02.04.2019 wies der beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. der kläger habe seine eigene hilfebedürftigkeit zumindest grob fahrlässig in sozialwidriger weise herbeigeführt, weshalb er zum ersatz der deswegen gezahlten leistungen verpflichtet sei. er habe durch die veranlassung der auszahlung an seine nichte die eigene hilfebedürftigkeit verursacht. obwohl er hätte wissen müssen, dass er hierdurch seine hilfebedürftigkeit kausal aufrechterhalte, habe er den rückkaufswert auf das konto seiner nichte ausgezahlt. ein wichtiger grund für dieses verhalten sei nicht erkennbar. es sei sozialwidrigkeit gegeben. der kläger könne sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass er seinen familienangehörigen geglaubt habe. es hätte dem kläger einleuchten müssen, dass er sich bei einer solchen summe von über 10.000,00 € nicht quasi blind auf dritte (schwager, schwester, bruder) verlassen könne. dies gelte umso mehr, wenn der betrag hier der tochter seiner schwester und seines schwagers zugutekommen sollte. allein diese personen hätten an der entsprechenden mittelverwendung ein gesteigertes interesse gehabt, so dass ein grober sorgfaltsvorwurf vorliege, wenn er sich blind deren handlungen unterwerfe bzw. aussagen befolge, die angeblich und nicht in seiner anwesenheit in einer kanzlei gefallen seien. dies müsse er sich entgegenhalten lassen. 12mit schriftsatz vom 25.04.2019, der am 29.04.2019 bei dem sozialgericht duisburg eingegangen ist, hat der kläger vor dem sozialgericht duisburg klage erhoben. 13der kläger trägt vor, dass das guthaben der riesterrente (noch) geschützt gewesen sei. streitig sei, inwiefern dies auch bei auflösung des vertrages und auszahlung noch der fall gewesen wäre. dies könne hier aber dahingestellt bleiben, da dem kläger kein vorwurf i.s.d. § 34 abs. 1 sgb ii gemacht werden könne. es sei bereits fraglich, ob sein verhalten objektiv sozialwidrig sei. jedenfalls könne dem kläger kein subjektiver verschuldensvorwurf gemacht werden, welcher in seiner person liegen würde. es gelte ein subjektiver sorgfaltsmaßstab. die eheleute seien auf die idee gekommen, den ansparbetrag aus der riesterrente des klägers dazu zu verwenden, ihrer eigenen tochter den erwerb einer eigentumswohnung zu erleichtern, da diese dann weniger kapital zur finanzierung aufnehmen musste. da der schwager alle behördlichen angelegenheiten für ihn zuverlässig regle, habe der kläger – im vertrauen darauf, dass alles seine richtigkeit habe – die vertragsauflösung unterschrieben. die zeugin und der bruder des klägers, herr, hätten sich bei frau rechtsanwältin, die fachanwältin für sozialrecht ist, vorab erkundigt, ob „gefahrlos“ in der weise über das geld verfügt werden könne. sie hätten dann die auskunft erhalten, dass es sich bei dem betrag um schonvermögen handeln würde. infolge dieser auskunft sei das geld dann auf das konto der nichte des klägers ausgezahlt worden. allein im vertrauen darauf, dass die zeugen immer alles für den kläger zutreffend geregelt hätten, habe dieser die riesterrente gekündigt. aufgrund der auskunft einer fachanwältin hätte davon ausgegangen werden dürfen, dass eine freie verfügbarkeit gegeben gewesen sei. mehr hätte weder von dem kläger noch von seinen familienmitgliedern getan werden können. dem kläger könne kein individueller verschuldensvorwurf gemacht werden. soweit in der begründung des widerspruchsbescheides darauf hingewiesen werde, dass er den familienmitgliedern nicht habe blind vertrauen dürfen, werde noch einmal darauf hingewiesen, dass diese sich seit jahren zuverlässig um die bedürfnisse des klägers gekümmert hätten. sonst nehme der beklagte dieses kümmern auch in anspruch. der kläger habe auch kein verhältnis zu geld. ihm sei bewusst, dass 10.000,00 € mehr als 1.000,00 € seien, aber er könne mit den größenordnungen nichts anfangen. die angehörigen hätten zudem informationen eingeholt, auf die sie hätten vertrauen dürfen. ihnen könne nicht mehr abverlangt werden, als eine fachanwältin für sozialrecht aufzusuchen und deren urteil zu vertrauen. es hätte auch nichts an den umständen geändert, wenn der kläger selbst an diesem gespräch teilgenommen hätte. er hätte probleme mit der verständigung gehabt. er könne allenfalls einfache fragen selbst beantworten. mit bestimmten begriffen sei er überfordert. das ehepaar sei nach dem gespräch mit der zeugin davon ausgegangen, dass eine mitteilung gegenüber dem beklagten nicht mehr habe erfolgen müssen. 14der kläger beantragt mit schriftsatz vom 25.04.2019, 15den beklagten zu verpflichten, den bescheid vom 04.07.2018 in form des widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 aufzuheben. 16der beklagte beantragt mit schriftsatz vom 04.06.2019, 17die klage abzuweisen. 18der beklagte verweist auf seine ausführungen im widerspruchsbescheid. 19mit gerichtlicher verfügung vom 26.03.2020 hat das gericht die klägerseite aufgefordert, ärztliche atteste zu etwaigen intelligenzminderungen des klägers zu übersenden. entsprechende atteste sind nicht übersandt worden. mit schriftsatz vom 27.04.2020 teilte die prozessbevollmächtigte des klägers allerdings mit, dass lediglich bei einer aufforderung des gerichtes eine entsprechende begutachtung des klägers durch ärzte eingeleitet werden würde. der kläger sei zu einem solchen gutachten bereit. 20im gerichtlichen erörterungstermin vom 11.06.2021 haben die beteiligten gegenüber dem gericht ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung nach § 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz [sgg] jeweils ausdrücklich erklärt. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und die leistungsakte des beklagten bezug genommen, die gegenstand der entscheidung waren. 22 | 23die statthafte isolierte anfechtungsklage (§ 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg) ist zulässig und begründet. 24i. das gericht kann vorliegend ohne mündliche verhandlung entscheiden. die beteiligten haben innerhalb des gerichtlichen erörterungstermins vom 11.06.2021 jeweils ausdrücklich ihr einverständnis zur entscheidung ohne mündliche verhandlung nach § 124 abs. 2 sgg erklärt. die entsprechende einverständniserklärung kann dabei - als prozesshandlung - auch in einem gerichtlichen sitzungstermin unmittelbar gegenüber dem gericht wirksam erklärt werden (bsg, urt. v. 21.12.1961 – 9 rv 298/60, juris, rn. 19; bergner in: schlegel/voelzke, jurispk-sgg, 1. aufl., § 124 sgg, rn. 54; keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl., 2020, § 124 sgg, rn. 3a). das einverständnis der beteiligten ist vor entscheidung ohne mündliche verhandlung weder widerrufen worden (bsg, beschl. v. 16.02.2007 – b 6 ka 60/06 b, juris, rn. 10; bsg, beschl. v. 14.10.2005 – b 11a al 45/05 b, juris, rn. 7) noch ist – etwa durch weitere sachverhaltsermittlungen – eine wesentliche änderung der prozesslage eingetreten (vgl. hierzu: bsg, beschl. v. 16.02.2007 – b 6 ka 60/06 b, juris, rn. 10 m.w.n.; bsg, urt. v. 22.09.1977 – 10 rv 79/76, juris, rn. 14 ff. m.w.n.; keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl., 2020, § 124 sgg, rn. 3f m.w.n.). 25ii. die klage ist in form der isolierten anfechtungsklage (§ 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg) statthaft und auch im übrigen zulässig. 26für das begehren des klägers ist die isolierte anfechtungsklage nach § 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg statthaft (so im zusammenhang mit § 34 sgb ii u.a. auch: bsg, urt. v. 29.08.2019 – b 14 as 49/18 r, juris, rn. 8 m.w.n.; bsg, urt. v. 03.09.2020 – b 14 as 43/19 r, juris, rn. 8; silbermann, in: eicher/luik/harich, sgb ii, 5. auflage 2021, § 34 sgb ii, rn. 65; vgl. auch zu § 34a sgb ii: bsg, urt. v. 12.05.2021 – b 4 as 66/20 r, juris, rn. 15). der kläger begehrt in dem verfahren die gerichtliche aufhebung des bescheides vom 04.07.2018 in form des widerspruchsbescheides vom 02.04.2019, mit welchem der beklagte ihm gegenüber ersatzpflichten in einer gesamthöhe von 21.530,16 € feststellt und geltend macht. dem klagebegehren des klägers, beseitigung der belastenden feststellung und ersatzpflicht, kann bereits mit der entsprechenden aufhebung der entsprechenden bescheidung des beklagten durch das gericht vollumfänglich entsprochen werden. 27soweit der kläger mit schriftsatz vom 25.04.2019 demgegenüber eine kombinierte anfechtungs- und verpflichtungsklage nach § 54 abs. 1 s. 1 alt. 1, alt. 2 sgg auf gerichtliche verpflichtung der behörde zur aufhebung geltend gemacht hat, ist der entsprechende dem wortlaut seines klageantrages nicht maßgeblich, auch wenn der kläger hierbei anwaltlich vertreten ist. denn das gericht ist nach § 123 sgg nicht an die fassung des antrages gebunden, sondern an das erkennbare klagebegehren, welches insbesondere bei unvertretenen klägern nach dem sog. prinzip der meistbegünstigung auszulegen ist (vgl. zur meistbegünstigung: bsg, urt. v. 27.09.2011 – b 4 as 160/10 r, juris, rn. 14 m.w.n.; keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. auflage 2020, § 123 sgg, rn. 3; haupt, in: fichte/jüttner, sgg, 3. aufl. 2020, § 123 sgg [entscheidung ohne bindung an anträge], rn. 10 m.w.n. – „im zweifel begehrt der unvertretene kläger (bereits angesichts art. 19 abs. 4 gg und §§ 2 abs. 2, 17 abs. 1 nr. 1 sgb i) ungeachtet des wortlauts seines antrags dasjenige, was ihm den größten nutzen bringen kann. die auslegung der anträge muss sich danach richten, was als leistung möglich ist, wenn jeder verständige antragsteller mutmaßlich seinen antrag bei entsprechender beratung angepasst hätte und keine gründe zur annahme eines abweichenden verhaltens vorliegen.“). auch bei anwaltlich vertretenen klägern ist regelmäßig das maßgebliche klagebegehren erst durch auslegung des klageantrages zu ermitteln, wenn nicht etwa ausdrücklich auf eine bestimmte auslegung des klageantrages bestanden wird (in diesem sinne auch: bsg, beschl. v. 09.01.2019 – b 13 r 25/18 b, juris, rn. 10 m.w.n. - „rechtsprechung und literatur gehen zwar davon aus, dass ein von einem rechtsanwalt formulierter antrag in der regel das gewollte zutreffend wiedergibt […]. andererseits schließt nicht allein der umstand der anwaltlichen vertretung eine an § 133 bgb orientierte auslegung des begehrens aus […], zumindest dann, wenn die gewählte formulierung - wie hier - nicht eindeutig ist […].“). insofern ist hier davon auszugehen, dass die klägerseite erst recht die unmittelbare abänderung der behördlichen entscheidung durch das gericht im wege einer gestaltungsklage nach § 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg begehrt, welche den kläger belastet; auch wenn sie scheinbar rechtsirrig davon ausgeht, dass im erfolgsfall nur eine gerichtliche verpflichtung der beklagten zur entsprechenden behördlichen korrektur der bescheidung ausgesprochen werden könnte. denn die klägerseite scheint diesbezüglich lediglich einer fehlerhaften rechtsvorstellung bezüglich der tatsächlich weiterreichenden entscheidungskompetenzen des gerichtes zu unterliegen. 28iii. die isolierte anfechtungsklage (§ 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg) ist begründet. der kläger ist durch den belastenden bescheid des beklagten vom 04.07.2018 in form des widerspruchsbescheides vom 02.04.2019 beschwert i.s.d. § 54 abs. 2 sgg, da dieser rechtswidrig ist. 29entgegen der rechtsauffassung des beklagten kann die behördliche entscheidung rechtlich nicht auf § 34 abs. 1 sgb ii gestützt werden. ob das im rahmen notwendige eigenverschulden des klägers hier überhaupt vorliegt (1.), kann das gericht im ergebnis dahingestellt lassen. denn das fragliche verhalten des klägers ist bereits tatbestandlich von § 34 abs. 1 sgb ii in seiner hier maßgeblichen fassung vom 13.05.2011 nicht erfasst (2.). 301. nach § 34 abs. 1 s. 1 sgb ii ist derjenige zum ersatz der deswegen erbrachten geld- und sachleistungen verpflichtet, der nach vollendung des 18. lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die voraussetzungen für die gewährung von leistungen nach diesem buch an sich oder an personen, die mit ihr oder ihm in einer bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen grund herbeigeführt hat. infolge einer gesetzesänderung wurde der tatbestand der herbeiführung im sinne des satzes 1 mit § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii n.f. zum 01.08.2016 auch auf verhaltensweisen ausgeweitet, mit denen die hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde (bgbl. i 2016, s. 1824; vgl. zu den hintergründen der gesetzesänderung: bt-drs. 18/8041, s. 45; bt-drs. 18/8909, s. 32). allgemein sind nach § 34 abs. 1 s. 3 sgb ii - auch - sachleistungen in geld zu ersetzen, selbst wenn sie in form eines gutscheins erbracht wurden; wobei allerdings § 40 abs. 6 s. 2 sgb ii zur schuldbefreiung durch rückgabe eines nicht in anspruch genommenen gutscheines entsprechend gilt. der ersatzanspruch umfasst nach § 34 abs. 1 s. 5 sgb ii auch die geleisteten beiträge zur sozialversicherung. von der geltendmachung eines ersatzanspruchs ist nach § 34 abs. 1 s. 6 sgb ii allerdings abzusehen, soweit dies eine härte bedeuten würde. § 34 abs. 2 und abs. 3 sgb ii enthalten weitere sonderregelungen über die rechtsnachfolge des erben und die verjährung des ersatzanspruches. 31existenzsichernde leistungen nach dem sgb ii sind zwar unabhängig von dem grund zu gewähren, aus dem – auch selbst verschuldete - hilfebedürftigkeit besteht (bsg, urt. v. 02.11.2012 – b 4 as 39/12 r, juris, rn. 18 f.; bsg, urt. v. 16.04.2013 – b 14 as 55/12 r, rn. 18 m.w.n.; einschränkend demgegenüber wohl im zusammenhang mit der erbringung einer erstausstattung: bsg, urt. v. 20.08.2009 – b 14 as 45/08 r, juris, rn. 15 - „eine "verwirkung" des anspruchs auf erstausstattung kommt nur dann in betracht, wenn ein hilfebedürftiger entsprechend den voraussetzungen des § 34 abs 1 sgb ii nach vollendung des 18. lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die voraussetzungen für seine hilfebedürftigkeit ohne wichtigen grund selbst herbeigeführt hat.“). § 34 abs. 1 sgb ii ermöglicht aber eine nachträgliche durchsetzung des sog. nachranggrundsatzes staatlicher leistungen, in dem ausnahmsweise aber eine ersatzpflicht des leistungsberechtigten für die erbrachten leistungen begründet wird (silbermann, in: eicher/luik/harich, sgb ii, 5. auflage 2021, § 34 sgb ii, rn. 1 f.). im bemühen eine (unzulässige) ausweitung des anwendungsbereiches dieser ausnahmevorschrift zu vermeiden, beschränkt sich die ersatzpflicht des leistungsberechtigten nach § 34 sgb ii auf sog. sozialwidrige verhaltensweisen (bsg, urt. v. 29.08.2019 – b 14 as 49/18 r, juris, rn. 26 m.w.n.; bsg, urt. v. 02.11.2012 – b 4 as 39/12 r, juris, rn. 19; merten, in: beckok sozialrecht, rolfs/giesen/kreikebohm/meßling/udsching, 62. edition, stand: 01.09.2021, § 34 sgb ii, rn. 4 f.; silbermann, in: eicher/luik/harich, sgb ii, 5. auflage 2021, § 34 sgb ii, rn. 25 ff.; so bereits zu § 92a bundessozialhilfegesetz [bshg] a.f.: bverwg, urt. v. 10.04.2003 – 5 c 4/02, juris, rn. 16 m.w.n.). teilweise wird die prüfung der sozialwidrigkeit auch mit der prüfung des fehlens eines wichtigen grundes inhaltlich zu einer einstufigen prüfung verknüpft (grote-seifert, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 34, rn. 31; fügemann, in: hauck/noftz sgb ii, § 34 ersatzansprüche bei sozialwidrigem verhalten, rn. 30, 34 ff.), während mehrheitlich in rechtsprechung und literatur von einer zweistufigen prüfung ausgegangen wird (statt vieler nur: bsg, urt. v. 16.04.2013 – b 14 as 55/12 r, juris, rn. 18 m.w.n.; silbermann, in: eicher/luik/harich, sgb ii, 5. auflage 2021, § 34 sgb ii, rn. 26 m.w.n.). 32§ 34 abs. 1 sgb ii begründet einen „deliktsähnlichen“ (bsg, urt. v. 29.08.2019 – b 14 as 49/18 r, juris, rn. 25 m.w.n.; grote-seifert, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 34, rn. 23), sekundären ersatzanspruch des grundsicherungsträgers zum ausgleich in geld gegenüber dem volljährigen leistungsberechtigten für schuldhaft, sozialwidrig und grundlos herbeigeführte oder fortgesetzte primärleistungen nach dem sgb ii, die ihrerseits rechtmäßig durch die behörde zunächst zu erbringen waren (ausführlich zur notwendigkeit gerade einer rechtmäßigen gewährung der primärleistungen etwa: bayerisches lsg, urt. v. 19.11.2019 – l 16 as 782/16, juris, rn. 30 ff.; merten, in: beckok sozialrecht, rolfs/giesen/kreikebohm/meßling/udsching, 62. edition, stand: 01.09.2021, § 34 sgb ii, rn. 8). eine inhaltlich vergleichbare parallelregelung enthält § 103 zwölftes buch sozialgesetzbuch [sgb xii] (vgl. zu den unterschieden in der jeweiligen gesetzesentwicklung, -fassung und rechtsauslegung etwa: simon in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb xii, 2. aufl, § 103 sgb xii, rn. 14 ff. m.w.n.). mit §§ 92 ff. bzw. § 92a bshg a.f. bestand bereits vor inkrafttreten dieser vorschriften eine entsprechende vorgängerregelung. 33dass ein eigenverschulden des leistungsberechtigten die ersatzpflicht des § 34 abs. 1 sgb ii ist unbestritten. 34in rechtsprechung und literatur bislang wenig behandelt ist indes die frage, inwiefern auch fremdverschulden eines dritten eine ersatzpflicht des leistungsberechtigten nach § 34 sgb ii begründen kann und unter welchen voraussetzungen diesem ein fremdverschulden zuzurechnen ist (bspw. nach § 38 sgb ii oder analog § 166 bürgerliches gesetzbuch [bgb], § 278 bgb oder § 831 bgb). im zusammenhang mit der parallelvorschrift des § 103 sgb xii wird eine zurechnung von fremdverschulden eines dritten gegenüber dem sozialhilfeempfänger überwiegend abgelehnt, da die voraussetzungen keiner zurechnungsnorm erfüllt seien (etwa: bsg, urt. v. 03.07.2020 – b 8 so 2/19 r; simon in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb xii, 3. aufl., § 103 sgb xii, rn. 33 – „fraglich kann sein, inwieweit das verhalten eines dritten – also nicht das verhalten der person, deren anspruchsberechtigung auf sozialhilfe durch das umstrittene verhalten herbeigeführt worden ist – grundlage für einen anspruch des sozialhilfeträgers sein kann. […]. in derartigen konstellationen kann sich zum einen die frage stellen, ob ein verhalten eines betreuers oder sonst eines gesetzlichen vertreters dem vertretenen im zusammenhang mit § 103 abs. 1 satz 1 sgb xii auf grundlage von § 278 satz 1 bgb zurechenbar ist. die anwendung des § 278 bgb setzt allerdings ein bestehendes schuldverhältnis oder eine entsprechende sonderverbindung voraus. § 103 abs. 1 satz 1 sgb xii als „quasi-deliktischer“ anspruch […] dürfte jedoch gerade die konsequenz daraus sein, dass es eine hinreichend klar definierte sonderverbindung als grundlage für ersatzansprüche ansonsten nicht gibt. eine verschuldenszurechnung auf grundlage von § 278 bgb erscheint damit nicht nahe liegend. die betrachtung verlagert sich damit auf die frage, ob die voraussetzungen des § 103 abs. 1 satz 1 sgb xii in der person des gesetzlichen vertreters selbst erfüllt sind, insbesondere, ob ein sozialwidriges verhalten des gesetzlichen vertreters festgestellt werden kann.“). das bundessozialgericht hat auch im zusammenhang mit § 34 sgb ii entsprechend ausgeführt: 35„schuldhaftes verhalten des vertreters einer bedarfsgemeinschaft (§ 38 sgb ii) löst einen ersatzanspruch gegenüber dem vertretenen nicht ohne weiteres aus; im anwendungsbereich des § 34 abs 1 sgb ii af, der als quasi-deliktischer anspruch ausgestaltet ist (vgl bereits bverwg vom 23.9.1999 - 5 c 22/99 - bverwge 109, 331 = juris rdnr 12 mwn), genügt - wie im anwendungsbereich des § 823 bgb bei natürlichen personen - unerlaubtes handeln des vertreters für die haftung des vertretenen nicht. eine § 831 bgb entsprechende norm ist im sgb ii nicht erkennbar.“ 36(bsg, urt. v. 16.04.2013 – b 14 as 55/12 r, juris, rn. 25) 37diese auslegung des bundessozialgerichts hat in der literatur, sowohl im ergebnis als auch in der begründung, zustimmung erfahren (etwa: grote-seifert in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 34, rn. 23; silbermann, in: eicher/luik/harich, sgb ii, 5. auflage 2021, § 34 sgb ii, rn. 34 – „eine zurechnung fremden verschuldens (etwa des vertreters der bedarfsgemeinschaft oder des gesetzlichen vertreters) scheidet aufgrund des quasi-deliktischen charakters des ersatzanspruchs nach § 34 aus, da es im sgb ii an einer diesbezüglichen zurechnungsnorm fehlt und die regelungen der §§ 278, 831 bgb nicht entsprechend anwendbar sind […].“; kellner, ersatzansprüche bei sozialwidrigem verhalten im recht der grundsicherung für arbeitsuchende, nzs 2020, 455, 456 - „bei den ersatzansprüchen nach § 103 abs. 1 satz 1 sgb xii wie auch nach § 34 sgb ii scheidet indes eine zurechnung von fremdem verhalten aus. insbesondere findet § 278 bgb, der eine zurechnung fremden verschuldens innerhalb von schuldverhältnissen vorsieht, keine entsprechende anwendung. die sozialrechtlichen ersatzansprüche sind dogmatisch dem zivilen deliktsrecht angenähert; im deliktsrecht wird aber grundsätzlich nur für eigenes verschulden gehaftet. auch § 38 sgb ii begründet lediglich die vermutung einer bevollmächtigung und keine darüber hinausgehende verantwortlichkeit für handlungen anderer personen. der nachteil, der für die grundsicherungsträger durch die fehlende zurechnung entsteht, wird durch die persönliche haftung des gesetzlichen vertreters nach § 34 abs. 1 sgb ii kompensiert, sofern dieser mit dem leistungsberechtigten in einer bedarfsgemeinschaft lebt.“). 38auch die kammer schließt sich diesem auslegungsergebnis zu § 34 sgb ii vollumfänglich an. eine ersatzpflicht des leistungsberechtigten nach § 34 sgb ii kommt nur bei eigenverschulden in betracht. die zurechnung von fremdverschulden eines dritten ist demgegenüber bei § 34 sgb ii von vorneherein ausgeschlossen. sofern den leistungsberechtigten daher im zusammenhang mit dem handeln des dritten nicht auch ein eigenes verschulden trifft (bspw. durch konkrete anweisungen zum entsprechenden ausfüllen von anträgen durch den dritten oder unzureichende eigenkontrolle des handelns des dritten), kann er nicht zum ersatz der daraus resultierenden leistungen verpflichtet werden. dieses auslegungsergebnis zu § 34 sgb ii wird durch wortlaut, systematik, historie sowie sinn und zweck des § 34 sgb ii gestützt: 39- bereits der wortlaut des § 34 abs. 1 sgb ii spricht davon, dass gerade derjenige leistungsberechtigte ersatzpflichtig wird, der schuldhaft die rechtmäßige leistungsgewährung an sich selbst oder personen herbeigeführt hat, die mit ihm in bedarfsgemeinschaft leben. eine ersatzpflicht des leistungsberechtigten auch für das schuldhafte handeln eines dritten ist nicht ersichtlich. 40- systematisch ist eine eigene ersatzpflicht des dritten vielmehr unter den voraussetzungen des § 34a sgb ii für rechtswidrige leistungsgewährungen gesondert geregelt. dass daneben auch eine eigene ersatzpflicht des leistungsberechtigten in § 34 abs. 1 sgb ii für rechtmäßige leistungsgewährungen bei schuldhaften verhalten dritter gegeben sein sollte, erscheint wenig stimmig. darüber fehlen im zusammenhang des § 34 sgb ii gerade sonderregelungen wie § 166 bgb, § 278 bgb oder § 831 bgb, unter denen ausnahmsweise eine eigene verantwortlichkeit für das schuldhafte handeln dritter (als vertreter, erfüllungs- oder verrichtungsgehilfe) begründet werden kann. 41- innerhalb der gesetzgebungsunterlagen zu § 34 sgb ii finden sich keine hinweise darauf, dass der gesetzgeber hiermit auch eine zurechnung von fremdverschulden hätte regeln wollen. die dort aufgeführten anwendungsfälle der vorschrift betreffen übereinstimmend nur die situation eines eigenverschuldens des leistungsberechtigten (bt-drs. 18/8041, s. 45 – verweigerung eines steuerklassenwechsels oder ablehnung oder aufgabe einer nicht bedarfsmindernden beschäftigung). 42- schließlich kommt eine zurechnung von fremdverschulden auch nach dem sinn und zweck des § 34 sgb ii nicht in betracht, da es sich nach allgemeiner ansicht um einen deliktsähnlichen ersatzanspruch handelt. bereits rechtshistorisch betrachtet stellte die deliktische haftung für das verhalten anderer personen regelmäßig den begründungsbedürftigen ausnahmefall dar (allgemein: staudinger/bernau (2018) bgb § 831, rn. 1 m.w.n.). eine zurechnung von fremdverschulden eines dritten ist dem deliktsrecht der §§ 823 ff. bgb wesensfremd, das eine haftung für eigenverschulden begründet. auch der heutige § 831 bgb begründet keine zurechnung von fremdverschulden des verrichtungsgehilfen, sondern begründet vielmehr die vermutung von eigenverschulden des geschäftsherrn für die verletzung eigener auswahl-, einsatz und beobachtungspflichten, an welche die eigene deliktische haftung des geschäftsherrn anknüpft (wilhelmi, in: erman, bgb, 16. aufl. 2020, § 831 bgb, rn. 1 - „§ 831 begründet gem dem verschuldensprinzip eine haftung des geschäftsherrn für eigenes verschulden, wenn an seiner stelle ein verrichtungsgehilfe tätig geworden ist und den schaden widerrechtl verursacht hat. er folgt hiermit einer individualistischen konzeption: eine einstandspflicht für das verhalten anderer soll sich ggü jedermann nicht schon daraus ergeben, dass der geschäftsherr die vorteile der arbeitsteilung nutzt. darin liegt zugleich der wesentliche unterschied zur haftung für erfüllungsgehilfen nach § 278, die auf der wertung beruht, dass in einem bestehenden schuldverhältnis der schuldner selbst immer der träger aller für dieses verhältnis relevanten pflichten ist.“). es erscheint daher nicht überzeugend, warum der gesetzgeber gerade im rahmen des § 34 sgb ii von diesem wesenszug jeder deliktischen haftung abgewichen wäre, ohne dies auch nur näher zu begründen. 432. aufgrund der notwendigkeit eines eigenverschuldens gerade des ersatzpflichtigen ist es unerheblich, was die anderen familienangehörigen in abwesenheit des klägers mit der fachanwältin für sozialrecht besprochen haben. insbesondere kommt auch keine zurechnung analog § 278 bgb in betracht. eine etwaige ersatzpflicht und ein etwaiges eigenverschulden des klägers kann allenfalls durch späteres eigenes handeln des klägers begründet werden, welches dieser – etwa im vertrauen auf die richtigkeit der ihm übermittelten informationen – (nicht) vorgenommen hat. zwar ergeben sich auch nach dem persönlichen eindruck des kammervorsitzenden aus dem erörterungstermin vom 11.06.2021 tatsächliche ansatzpunkte dafür, dass der kläger möglicherweise unter einer erheblichen intelligenzminderung leidet, welche ggf. auch seine eigene verschuldensfähigkeit herabsetzt oder zumindest die persönlichen erkenntnismöglichkeiten im sinne des maßgeblichen subjektiven fahrlässigkeitsbegriffes mitbestimmt. 44diesen fragestellungen brauchte das gericht hier allerdings tatsächlich nicht weiter nachzugehen. denn selbst wenn den kläger hier ein mögliches eigenverschulden im zusammenhang mit dem vorliegenden sachverhalt treffen sollte, wäre hier keine ersatzpflicht des klägers über § 34 abs. 1 sgb ii in seiner maßgeblichen fassung zu begründen. 45a) jedes schuldhafte eigenverhalten des klägers, welches überhaupt eine ersatzpflicht nach § 34 sgb ii begründen könnte, liegt zeitlich vor dem 01.08.2016. dies gilt unabhängig davon, ob für die nach § 34 sgb ii notwendige kausalität zwischen leistungsgewährung und einem schuldhaftem, sozialwidrigen verhalten des klägers ohne wichtigen grund auf ein ungeprüftes vertrauen auf die mitteilung der ergebnisse des anwaltsgespräches durch seine familienangehörigen im frühjahr 2016, die veranlassung der auflösung des versicherungsvertrages am 02.05.2016, den abschluss des darlehensvertrag mit seiner nichte am 01.06.2016 oder die tatsächliche auszahlung der versicherungsleistungen auf das konto seiner nichte am 02.06.2016 abgestellt werden sollte. 46kein späteres verhalten des klägers kann noch ursächlich für die weiteren leistungsgewährungen geworden sein, da das geld ab diesem zeitpunkt für den kläger nicht mehr alternativ zur deckung seines lebensunterhaltes hätte verwandt werden können. 47b) alle möglichen handlungen des klägers vor dem 01.08.2016, an welche eine ersatzpflicht nach § 34 sgb ii ggf. inhaltlich anknüpfen könnte, können nicht als eine „herbeiführung“ der eigenen leistungsberechtigung des klägers i.s.d. § 34 abs. 1 s. 1 sgb ii angesehen werden. 48denn der kläger stand bereits vor dem frühjahr 2016 vollumfänglich im leistungsbezug bei dem beklagten. mit einer anderweitigen verwendung der geldmittel aus der versicherung hätte er daher allenfalls die fortführung seines laufenden leistungsbezuges nach sgb ii zukünftig ausgeschlossen oder dem umfang nach verringern können. keinesfalls ist der kläger aber erst durch dieses verhalten erstmalig anspruchsberechtigt nach dem sgb ii geworden. dies scheint auch der beklagte im wesentlichen so zu beurteilen, wenn er in der begründung des widerspruchsbescheides davon spricht, dass der kläger durch sein verhalten seine hilfebedürftigkeit kausal aufrechterhalten habe. 49dass das bloße aufrechterhalten einer hilfebedürftigkeit - als unterlassen einer möglichkeit den leistungsberechtigung zu beenden oder zu verringern - tatbestandlich gerade nicht als „herbeiführen“ i.s.d. § 34 abs. 1 s. 1 sgb ii anzusehen ist, ist inzwischen durch die rechtsprechung des bundessozialgerichts höchstrichterlich geklärt. das gericht verweist zur weiteren begründung auf die folgenden ausführungen, die es sich vollumfänglich zu eigen macht: 50„die voraussetzungen für die gewährung von leistungen nach dem sgb ii hat danach nur der is des § 34 abs 1 satz 1 sgb ii af herbeigeführt, der diese voraussetzungen geschaffen bzw sie bewirkt hat. wer diese leistungsvoraussetzungen bereits erfüllt und deren vorliegen nicht beseitigt, führt die voraussetzungen nicht erst herbei, sondern erhält sie aufrecht. das aufrechterhalten der leistungsvoraussetzungen wird vom begriff des herbeiführens der leistungsvoraussetzungen nicht umfasst (wie hier: fügemann in hauck/noftz, k § 34 rdnr 30, stand juni 2014; grote-seifert in jurispk-sgb ii, 4. aufl 2015, § 34 rdnr 21; link in eicher, sgb ii, 3. aufl 2013, § 34 rdnr 21; schnitzler in harich, handbuch der grundsicherung für arbeitsuchende, 2014, stichwort "ersatzansprüche bei sozialwidrigem verhalten" rdnr 10; aa hänlein in gagel, sgb ii/sgb iii, § 34 sgb ii rdnr 11, stand juni 2009). dagegen, das herbeiführen der voraussetzungen für die gewährung von sgb ii-leistungen is des § 34 abs 1 satz 1 sgb ii af weiter als vorstehend beschrieben zu verstehen, sprechen nicht nur der allgemeine sprachgebrauch und der besondere gebrauch in der rechtssprache. für das wortlautnahe verständnis des herbeiführens als "etwas bewirken" spricht vielmehr auch, dass es sich bei dem ersatzanspruch um eine eng auszulegende ausnahme vom grundsatz handelt, dass der anspruch auf existenzsichernde leistungen unabhängig von der ursache der hilfebedürftigkeit und einem verschulden besteht (vgl bsg urteil vom 2.11.2012 - b 4 as 39/12 r - bsge 112, 135 = sozr 4-4200 § 34 nr 1, rdnr 17 ff; vgl auch bsg urteil vom 16.4.2013 - b 14 as 55/12 r - sozr 4-4200 § 34 nr 2 rdnr 18).“ 51(bsg, urt. v. 08.02.2017 – b 14 as 3/16 r, juris, rn. 24 f.; vgl. auch: grote-seifert in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 34, rn. 25 f. m.w.n. - „an der notwendigen kausalität fehlte es demgegenüber nach der bis zum 31.07.2016 geltenden fassung der norm, wenn das verhalten die hilfebedürftigkeit nicht herbeigeführt, sondern allenfalls aufrechterhalten hatte. dementsprechend konnte auch die ablehnung eines zumutbaren arbeitsangebots oder ein begonnenes und sogleich wieder beendetet arbeitsverhältnis bei laufendem hilfebezug durch einen erwerbsfähigen leistungsberechtigten oder dessen fehlende mitwirkung im rentenverfahren zur beantragung einer vorzeitigen altersrente30 mangels des erforderlichen kausalzusammenhangs keinen ersatzanspruch auslösen. das bundessozialgericht hat die auffassung bestätigt und sich der auffassung angeschlossen, dass ein „herbeiführen“ in § 34 sgb ii i.d.f. v. 13.05.2011 das „aufrechterhalten der leistungsvoraussetzungen“ für die gewährung von leistungen nicht erfasst.“) 52c) nach ansicht der kammer kann ein ersatzanspruch des beklagten auch nicht auf die neufassung des § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii n.f. gestützt werden, mit welcher – in reaktion auf die beschriebene restriktive auslegung des „herbeiführens“ nach § 34 abs. 1 s. 1 sgb ii – erstmalig der anwendungsbereich des § 34 abs. 1 sgb ii auch auf verhaltensweisen des leistungsberechtigten ausgedehnt worden ist, durch welche die hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. die entsprechende neuregelung des § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii n.f. findet keine anwendung auf sachverhalte, bei denen das fragliche anknüpfungsverhalten eines leistungsberechtigten bereits vor inkrafttreten der neuregelung zum 01.08.2016 liegt (bgbl. i 2016, s. 1824). 53die kammer verkennt in diesem zusammenhang nicht, dass im rahmen einer isolierten anfechtungsklage nach § 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg regelmäßig auf die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der letzten behördenentscheidung abzustellen ist (vgl. allgemein etwa: keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sozialgerichtsgesetz, 13. auflage 2020, rn. 33 m.w.n.; söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgg, 1. aufl., § 54 sgg, rn. 49 m.w.n.). dieser zeitpunkt liegt hier mit dem widerspruchsbescheid vom 02.04.2019 zeitlich nach inkrafttreten der neuregelung des § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii n.f. diese prozessuale faustformel unterliegt aber den besonderheiten des anzuwendenden materiellen rechts, so dass auch bei einer isolierten anfechtungsklage nach § 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg ein anderer zeitpunkt für die beurteilung von sach- und rechtslage materiell rechtlich gefordert sein kann (allgemeine ansicht; keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sozialgerichtsgesetz, 13. auflage 2020, rn. 33 m.w.n.; söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgg, 1. aufl., § 54 sgg, rn. 48 ff. m.w.n.; zuletzt etwa: lsg nordrhein-westfalen, urt. v. 18.02.2021 – l 7 as 1525/19, juris, rn. 35 i.a.z.; ausführlich m.w.n. aus rechtsprechung und literatur: grötschel, der (sozialrechtliche) herstellungsanspruch, s. 687 ff. m.w.n.). im zusammenhang mit § 34 abs. 1 sgb ii erscheint materiell-rechtlich die anknüpfung an die sach- und rechtslage geboten, welche gerade zum zeitpunkt der handlung gegolten hat, durch die eine spätere entschädigungspflicht nach § 34 sgb ii kausal begründet werden soll. denn der leistungsberechtigte kann sein früheres verhalten nicht mehr nachträglich an spätere rechtsänderungen anpassen bzw. korrigieren. es ist ihm daher auch nicht mehr möglich, nachträglich das eintreten der ersatzpflicht durch - nun - normkonformes verhalten noch zu verhindern. nach auffassung der kammer handelt es sich damit um einen lebenssachverhalt, welcher mit der (nicht-) vornahme eines bestimmten verhaltens im fraglichen zeitpunkt bereits vollständig abgeschlossen ist. allein die rechtliche bewertung dieses früheren verhaltens wird nachträglich durch die neuregelung verändert. wenn damit eine belastende verschärfung in der nachträglichen neubewertung des verhaltens erfolgt, liegt darin eine unzulässige echte rückwirkung des gesetzes für einen sachverhalt, welcher bereits vollumfänglich in der vergangenheit abgeschlossen worden ist (vgl. hierzu allgemein: bverfg, beschl. v. 16.12.2015 – 2 bvr 1958/13, juris, rn. 43 f., 51 f.; grzeszick, in: dürig/herzog/scholz, 95. el juli 2021, gg art. 20, rn. 76, 80 ff. m.w.n. – „eine echte rückwirkung, die grundsätzlich unzulässig ist, liegt dann vor, wenn ein gesetz nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der vergangenheit angehörende tatbestände eingreift. wird dagegen auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene sachverhalte bzw. rechtsbeziehungen für die zukunft eingewirkt, so handelt es sich lediglich um eine unechte rückwirkung, die grundsätzlich zulässig ist.“). schon zur vermeidung eines verfassungsrechtlich unzulässigen auslegungsergebnisses erscheint es daher geboten, im zusammenhang mit § 34 sgb ii auf die sach- und rechtslage abzustellen, die gerade zum zeitpunkt des fraglichen verhaltens des leistungsberechtigten galt. 54sofern das bundessozialgericht zu einer früheren neuregelung des § 34 sgb ii zum 01.04.2011 (bgbl. i 2011, s. 850) scheinbar die auffassung vertreten hat, dass die damalige neuregelung des § 34 sgb ii auch an lebenssachverhalte angeknüpft werden könne, die zum 01.04.2011 bereits abgeschlossen waren (bsg, urt. v. 08.02.2017 – b 14 as 3/16 r, juris, rn. 13), lassen sich die dortigen erwägungen nach auffassung der kammer nicht in gleicher weise noch auf die neuregelung des § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii n.f. zum 01.08.2016 übertragen. zum einen betont bereits das bundessozialgericht selbst, dass sich die damalige neureglung zum 01.04.2011 zwar sprachlich von der bisherigen regelung über die ersatzpflicht unterschied; inhaltlich aber bereits zuvor in vergleichbarer weise schon nach alter rechtslage bestand. § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii n.f. schafft demgegenüber erstmals zum 01.08.2016 eine nachträgliche ersatzpflicht für verhaltensweisen eines leistungsberechtigten, die nach auffassung des bundessozialgerichts bisher gerade nicht dem anwendungsbereich des § 34 abs. 1 s. 1 sgb ii unterfielen. mit der neuregelung des § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii wird daher der anwendungsbereich der vorschrift erheblich ausgedehnt. zum anderen gilt für den zeitlichen anwendungsbereich der neuregelung des maßgeblichen sog. rechtsvereinfachungsgesetzes, mit welchem u.a. § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii n.f. eingeführt worden ist, nicht die übergangsvorschrift des § 77 sgb ii, auf welche das bundessozialgericht seinerzeit abgestellt hatte, sondern § 80 sgb ii. aus § 80 sgb ii ist indes nicht ersichtlich, dass den neuregelungen des rechtsvereinfachungsgesetzes allgemein eine rückwirkung für die vergangenheit zukommen sollte. es bleibt mangels anderweitiger bestimmungen daher auch für § 34 abs. 1 s. 2 sgb ii n.f. bei dem allgemeinen grundsatz, dass diese neuregelung erst ab ihrem inkrafttreten auch rechtswirkungen begründet (pieper, in: beckok grundgesetz, epping/hillgruber, 48. edition, stand: 15.08.2021, art. 82 gg, rn. 23; wolf, in: hömig/wolff, grundgesetz für die bundesrepublik deutschland, 12. auflage 2018, art. 82 gg, rn. 10 m.w.n.), welche mangels ausdrücklicher anderweitiger bestimmungen des gesetzgebers nur in die zukunft hinein wirken (grzeszick, in: dürig/herzog/scholz, 95. el juli 2021, gg art. 20, rn. 71 m.w.n.). dies war für die regelungen des rechtsvereinfachungsgesetzes erst ab dem 01.08.2016 der fall (grote-seifert, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 80, rn. 6). 55vi. die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und trägt dem ausgang des verfahrens rechnung. 56rechtsmittelbelehrung: 57dieses urteil kann mit der berufung angefochten werden. 58die berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils beim 59landessozialgericht nordrhein-westfalen, zweigertstraße 54, 45130 essen 60schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. 61die berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die berufung innerhalb der frist bei dem 62sozialgericht duisburg, mülheimer straße 54, 47057 duisburg 63schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle eingelegt wird. 64die berufungsschrift muss bis zum ablauf der frist bei einem der vorgenannten gerichte eingegangen sein. sie soll das angefochtene urteil bezeichnen, einen bestimmten antrag enthalten und die zur begründung dienenden tatsachen und beweismittel angeben. 65die elektronische form wird durch übermittlung eines elektronischen dokuments gewahrt, das für die bearbeitung durch das gericht geeignet ist und 66- von der verantwortenden person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das elektronische gerichts- und verwaltungspostfach (egvp) eingereicht wird oder 67- von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gem. § 65a abs. 4 sozialgerichtsgesetz (sgg) eingereicht wird. 68weitere voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen signatur, ergeben sich aus der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung - ervv) in der jeweils gültigen fassung. über das justizportal des bundes und der länder (www.justiz.de) können nähere informationen abgerufen werden. 69zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem beteiligten auf seinen antrag für das verfahren vor dem landessozialgericht unter bestimmten voraussetzungen prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 70gegen das urteil steht den beteiligten die revision zum bundessozialgericht unter übergehung der berufungsinstanz zu, wenn der gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem sozialgericht auf antrag durch beschluss zugelassen wird. der antrag auf zulassung der revision ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils bei dem sozialgericht duisburg schriftlich zu stellen. die zustimmung des gegners ist dem antrag beizufügen. 71lehnt das sozialgericht den antrag auf zulassung der revision durch beschluss ab, so beginnt mit der zustellung dieser entscheidung der lauf der berufungsfrist von neuem, sofern der antrag auf zulassung der revision in der gesetzlichen form und frist gestellt und die zustimmungserklärung des gegners beigefügt war. 72die einlegung der revision und die zustimmung des gegners gelten als verzicht auf die berufung, wenn das sozialgericht die revision zugelassen hat. |
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} | 6 K 2887/19 | 2021-11-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Es wird festgestellt, dass die am 00.00.0000 durch das Jugendamt des Beklagten erfolgte Inobhutnahme des am 00.00.0000 geborenen Kindes K. B1. W1. rechtswidrig war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Klägerin zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist die Mutter des am 00.00.0000 geborenen K. B1. W1. . Vater des Kindes ist der am 00.00.0000 geborene C1. C2. . Die nicht miteinander verheirateten Eltern trennten sich im G. . Der Junge lebte nach der Trennung im Haushalt der Klägerin. Die Eltern übten gemeinsam das Sorgerecht aus. Insbesondere hinsichtlich des Umgangsrechts des Vaters gab es gerichtliche Auseinandersetzungen beim Amtsgericht Detmold - nachfolgend: Familiengericht - (00 F 00/18, 00 F 00/18, 00 F 00/18, 00 F 00/18, 00 F 00/19, 00 F 00/19, 00 F 00/19, 00 F 00/19, 00 F 00/19, 00 F 00/19), die überwiegend von der Klägerin initiiert wurden. 3Unter dem 00.00.0000 vereinbarten die Eltern im Verfahren 00 F 00/18 Besuchskontakte mit Übernachtungen beim Vater durch Abholen des Kindes an jedem zweiten Freitag bei der L. M1. und Verbringen dorthin am nächsten Montagmorgen. 4Am 00.00.0000 und 00.00.0000 traf die in P. praktizierende Kinderärztin E. . T1. nach Vorstellungen des Jungen durch die Klägerin folgende Feststellungen: „… Anus hochrot in kreisrunder Form um den Anus herum, keine Verletzungszeichen. …“ und „Schmerzen am Po, hatte bis Montag Kontakt mit dem Vater … Analring deutlich gerötet, kreisrund, ca. 3 - 4 mm, nach lateral von rot in lila übergehend …“. Nach Aktenlage suchte die Klägerin diese Ärztin mit K. B1. auch in der Folgezeit mehrfach auf und konsultierte zudem zwei Beratungsstellen im Hinblick auf einen potentiellen sexuellen Missbrauch des Kindes durch seinen Vater. 5Unter dem 00.00.0000 regte die Kinderklinik des T2. . W2. -L1. Q. nach einem stationären Aufenthalt des Kindes vom 00. bis 00.00.0000 beim Familiengericht an, wegen des dringenden Verdachts auf eine akute Kindeswohlgefährdung durch sexuellen Missbrauch in wahrscheinlich mehreren Fällen die Umgangskontakte von K. B1. und seinem Vater bis zum Abschluss der Verdachtsabklärung auszusetzen und die Gesundheitsfürsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen einer einstweiligen Anordnung auf die Klägerin zu übertragen. Es wurde unter anderem ausgeführt, dass die körperliche Untersuchung des Jungen mit Sicherung möglicher Spuren wegen dessen panikartiger Reaktionen auf Ärztinnen in Sedierung stattgefunden habe. 6Dies nahm das Familiengericht zum Anlass, ein Verfahren nach § 1666 BGB einzuleiten (00 F 00/19). 7Mit Schreiben vom 00.00.0000 äußerte sich das Jugendamt des Beklagten (nachfolgend: Jugendamt) gegenüber dem Familiengericht in ähnlicher Weise. Das Jugendamt hatte sich zuvor am 00.00.0000 an die E1. Kriminalpolizei gewandt. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft E2. nach Maßgabe des § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (00 Js 00/19). 8Am 00.00.0000 stellte die Klägerin beim Familiengericht im Rahmen des laufenden Verfahrens 00 F 00/19 einen Antrag auf Maßnahmen nach § 1666 BGB im Sinne eines Kontakt- und Näherungsverbots gegen den Kindesvater. Sie gab - wie bereits gegenüber der Q1. Kinderklinik - als Verhaltensauffälligkeiten von K. B1. , die sie etwa seit 00.00.0000 bemerkt habe, unter anderem das Einnässen nach Umgangskontakten mit dem Vater bis zu sieben Mal täglich an, ferner eine ausgeprägte Nachtangst, ein anklammerndes Verhalten in Bezug auf sie, Ängste, Jammern und Sprechen in „Babysprache“, Wutanfälle, das Sprechen von bösen Drachen und dunklen Gestalten an seinem Bett, eine starke motorische Unruhe, einen entzündeten, roten und schmerzenden Po nach Besuchskontakten mit dem Vater, mit dem das Kind Geheimnisse habe, und Bauchschmerzen. Zudem benannte die Klägerin Aussagen, die das Kind ihr gegenüber in der Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 getätigt habe. Unter anderem hieß es im Zusammenhang mit einem extrem geröteten Po „Das war der Drache, der hat sein Horn in meinen Popo getan.“, „Papa macht immer Popoklatsche mit mir und ich will das nicht.“ und im Zusammenhang mit der klägerischen Darstellung, dass sich der Junge abends an seinen Genitalbereich fasse, reibe und knete, „Ich mache ihn größer, weil ich schon ein großer Junge bin.“. Diesen Beschreibungen trat der Vater des Kindes mit Ausnahme des Einnässens, das seit der Trennung der Eltern aufgetreten sei, entgegen. Geheimnisse habe er mit seinem Sohn nur hinsichtlich Süßigkeiten und Fernsehen. 9Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - entschied das Familiengericht, dass das Umgangsrecht des Kindesvaters vorläufig ausgeschlossen werde, weil Anhaltspunkte für eine akute Gefährdung des Kindeswohls bei einem Aufenthalt des Kindes beim Vater bestünden. Diese Anordnung wurde bis zum 00.00.0000 befristet. 10Unter dem 00.00.0000 nahm die für K. B1. vom Familiengericht bestellte Verfahrensbeiständin T3. Stellung. Sie führte im Ergebnis aus, dass sie einen begleiteten Umgang mit dem Vater, auf den sich das Kind nach Aussage seiner Erzieherinnen freue, als mit dem Kindeswohl vereinbar einschätze. 11Unter dem 00.00.0000 einigten sich die Eltern im familiengerichtlichen Verfahren 00 F 00/19 auf einen zweimal wöchentlich vom Jugendamt begleiteten Umgang des Kindes mit seinem Vater. 12Nach Aktenlage stellte die Klägerin das Kind im 00.00.0000 erneut wegen einer perianalen Rötung im T2. . W2. -Krankenhaus Q. vor. 13Aufgrund eines entsprechenden familiengerichtlichen Beweisbeschlusses vom 00.00.0000 im Verfahren 00 F 00/19 erstattete der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Diplom-Sozialpädagoge W3. vom N. J1. für forensische Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters unter dem Datum „ 00.00.0000“ ein 150 Seiten umfassendes Gutachten zur Beweisfrage, ob sorgerechtliche Maßnahmen zum Wohle des Kindes erforderlich seien. Der Gutachter würdigte dabei auch Vorkommnisse in den Folgemonaten und kam zu dem Ergebnis, dass der Kindesvater in vollem Umfang beziehungs- und erziehungsfähig sei, während bei der ausgesprochen verschlossenen Klägerin insoweit erhebliche Einschränkungen vorhanden seien. Es sei fraglich/möglich, dass bei ihr das Münchhausen-by-proxy-Syndrom vorliege. Darauf gebe es durchaus Warnhinweise. Das Einnässen des Kindes habe eindeutig mit dem Loyalitätskonflikt zwischen den Eltern zu tun. Es gehe der Klägerin hauptsächlich darum, den Jungen in intensivster Form an sich zu binden. Nach Besuchskontakten mit dem Vater stelle sie K. B1. der Kinderärztin vor, um neuerliche somatische Erkrankungen finden zu lassen, damit der Umgang mit dem Vater verhindert werde bzw. allenfalls nur begleitet stattfinde. Bei ihr liege eine deutliche Bindungsintoleranz vor. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind dürfte dem Vater zu übertragen sein. Der Lebensmittelpunkt des Jungen sollte nun zwingend wechseln. Die vielzähligen, teilweise wöchentlichen Arztbesuche mit dem Ziel der Untersuchung des Anus des Kindes erschienen eher kindeswohlfeindlich als -dienlich zu sein; die kinderärztliche Dokumentation habe in vielen Fällen ein unauffälliges Gesamtbild ergeben. Es sei schon über Monate zu einer erheblichen Kindeswohlbeeinträchtigung gekommen. Die Klägerin sei zwingend angehalten, sich einer intensiven psychotherapeutischen Behandlung zu stellen. Ihr sollte - unter gewissen Bedingungen - ein Besuchsrecht an jedem zweiten Wochenende eingeräumt werden. 14Dieses Gutachten, das beim Familiengericht am 00.00.0000 eintraf, wurde den Kindeseltern, dem Jugendamt und der Verfahrensbeiständin mit gerichtlicher Verfügung vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - mit der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen zugeleitet. Unter dem 00.00.0000 bestimmte das Familiengericht in dieser Sache einen Verhandlungstermin auf den 00.00.0000. 15Am 00.00.0000 traf das Gutachten beim Jugendamt und bei der Klägerin ein. Daraufhin nahm das Jugendamt K. B1. am selben Tag in der L. M1. in Obhut und brachte ihn beim Kindesvater unter. Die Klägerin widersprach der Inobhutnahme am 00.00.0000 mündlich und am nächsten Tag schriftlich. 16In seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 00.00.0000 führte das Jugendamt aus, dass diese Maßnahme aufgrund des Vorliegens fundierter gewichtiger Anhaltspunkte für eine akute Kindeswohlgefährdung erfolgt sei. Das Kind sei bis zur gerichtlichen Klärung bei seinem Vater untergebracht. 17Mit Schreiben vom selben Tag, das vorab per Fax übermittelt wurde (Eingang 18:03 Uhr), machte das Jugendamt dem Familiengericht im Verfahren 00 F 00/19 eine entsprechende Mitteilung und ergänzte, dass für die Inobhutnahme vor allem das Gutachten ausschlaggebend gewesen sei. Das bei der Klägerin vorliegende Münchhausen-by-proxy-Syndrom stelle eine akute Kindeswohlgefährdung dar, da die Symptome des Kindes mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von ihr gefördert oder hervorgebracht worden seien. Sie habe der Unterbringung beim Kindesvater nicht zugestimmt. 18Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - entschied das Familiengericht, dass der Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 00.00.0000 - der vom Verfahren 00 F 00/19 abgetrennt worden war - zurückgewiesen werde. Hinsichtlich der begehrten Herausgabe des Kindes mangele es an einem alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrecht der Klägerin. Auch für den hilfsweise gestellten Antrag auf Einräumung eines angemessenen Umgangsrechts fehle ein Eilbedürfnis. 19Mit seiner fachpsychologischen Stellungnahme vom 00.00.0000 führte der von der Klägerin beauftragte Diplom-Psychologe Prof. E. . U. zusammengefasst aus, dass das Gutachten des Herrn W3. an gravierenden Mängeln leide und kaum verwertbar sei. 20Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/18 - setzte das Familiengericht ein Ordnungsgeld gegen die Klägerin fest, weil sie den Umgang des Kindesvaters nicht gewährte. 21Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - übertrug das Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind auf Antrag des Vaters vom 00.00.0000 an diesen. Im Übrigen wurde die gemeinsame elterliche Sorge beibehalten. 22Mit Beschluss vom 00.00.0000- 00 F 00/19 - billigte das Familiengericht den Umgangsvergleich der Beteiligten vom 00.00.0000. Unter anderem wurde die Vereinbarung getroffen, dass K. B1. die Wochenenden jeder ungeraden Kalenderwoche bei der Klägerin verbringe. 23Am 00.00.0000 erließ das Familiengericht im Verfahren 00 F 00/19 einen Beschluss, dass unter Hinweis auf die Entscheidung im Verfahren 00 F 00/19 von Maßnahmen nach § 1666 BGB abgesehen werde. Auf die daraufhin von der Klägerin erhobene Beschwerde entschied das Oberlandesgericht I1. mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 UF 00/20 -, dass die Beschwerde der Klägerin verworfen werde. 24Am 00.00.0000 erklärte die Klägerin telefonisch gegenüber dem Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages, dass die Symptome bei ihrem Sohn bis heute wiederkehrend aufträten. Dieser wandte sich daraufhin am nächsten Tag an das zuständige Ministerium, das sich mit dem Beklagten in Verbindung setzte. 25Mit Bericht des Kinderarztes E. . G1. vom Klinikum M2. E2. vom 00.00.0000 wurden nach einer vom Jugendamt veranlassten Untersuchung des Jungen am 00.00.0000 als Diagnosen „Rezidivierende perianale Dermatitiden“ und „Zum Ausschluss sex. Übergriff“ benannt. Es gebe keine sonstigen Auffälligkeiten, insbesondere keine Rhagaden, alte Narben oder sonstigen trophischen Veränderungen. Der Verdacht einer Streptokokken-Dermatitis habe sich in Q. nicht erhärten lassen. Die Konsultation der ärztlichen Beratungsstelle in C3. sei sinnvoll. Tatsächlich bestehe ein starker anamnestischer Hinweis auf einen sexuellen Missbrauch des Kindes. Eine gewisse Observation der Gesamtsituation sei durchaus sinnvoll. 26Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 UF 00/19 - wies das Oberlandesgericht I. die von der Klägerin gegen den Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - erhobene Beschwerde zurück und übertrug dem Vater zusätzlich die Gesundheitsfürsorge für das Kind. In der Entscheidung wurde unter anderem dargelegt, dass der Vater als geeignet zur Pflege und Erziehung des Kindes anzusehen sei. Es seien keine greifbaren Anhaltspunkte für einen sexuellen Missbrauch des Kindes ersichtlich. Die perianale Entzündung im 00.00.0000 sei auf Streptokokken und die Entzündung im 00.00.0000 auf Staphylokokken zurückzuführen. Es gebe bislang keine Erkenntnisse zu den Ursachen der geringgradigen Rötung und der festgestellten Rhagaden am 00.00.0000. Anhaltspunkte für eine anhaltende Entzündung gebe es nicht. Auch die vom Jugendamt ohne Wissen des Vaters arrangierte Untersuchung des Kindes am 00.00.0000 in der Kinderklinik M2. habe keine Auffälligkeiten ergeben. Zudem sei eine (diskrete) Rötung des Anus von der Kinderärztin auch in der umgangsfreien Zeit am 00.00.0000 festgestellt worden. Das Kind habe sich bei seinem Vater gut entwickelt. Nach dem Kindergartenbericht aus 00.00.0000 sei ein Einnässen dort nicht mehr beobachtet worden. Die Klägerin sei grundsätzlich erziehungsgeeignet. Etwas anderes lasse sich auch dem Gutachten des Sachverständigen W3. nicht entnehmen. Insbesondere gehe der Senat nicht davon aus, dass sie an einem Münchhausen-by-proxy-Syndrom leide. Der Vorrang des Vaters ergebe sich unter anderem wegen seiner besseren Bindungstoleranz. Das Kind habe zu beiden Elternteilen eine enge Bindung. Der Einholung weiterer Gutachten bedürfe es nicht. Die dagegen von der Klägerin erhobene Anhörungsrüge und Gegenvorstellung wurden mit Beschluss vom 00.00.0000 zurückgewiesen. 27Zur Begründung ihrer beim erkennenden Gericht am 00.00.0000 erhobenen Klage trägt die Klägerin Folgendes vor: 28Die Inobhutnahme ihres Kindes vom 00.00.0000 sei rechtswidrig erfolgt. Ihr Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus Gründen der Rehabilitierung nach einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff. Die Herangehensweise des Gutachters W3. , der bei ihr ungefragt ein Münchhausen-by-proxy-Syndrom festgestellt habe, sei völlig inakzeptabel und unwissenschaftlich. Sie beziehe sich dazu maßgeblich auf das Privatgutachten des Prof. E. . U. vom 00.00.0000. Sie habe ein Recht auf die Feststellung, dass es sich dabei um eine Fehldiagnose handele, und nehme Bezug auf den Bericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie M3. vom 00.00.0000. Das Familiengericht habe das im Verfahren 00 F 00/19 selbst eingeholte Gutachten im Gegensatz zum Jugendamt nicht verwertet und auch keinen Anlass für Eilmaßnahmen gesehen. Auch das Oberlandesgericht I. gehe davon aus, dass sie nicht an einem Münchhausen-by-proxy-Syndrom leide. Die schweren qualitativen Mängel des Sachverständigengutachtens seien auch für das Jugendamt, das sich bei der Inobhutnahme darauf gestützt und unter anderem hinsichtlich ihrer befürchteten Reaktion auf das Gutachten reine Mutmaßungen angestellt habe, unschwer zu erkennen gewesen. Die internen Veranlassungsgründe für die Inobhutnahme stimmten nicht mit den gegenüber dem Familiengericht angegebenen Gründen überein. Ungeachtet dessen lasse sich dem Gutachten eine akute Kindeswohlgefährdung, die ein sofortiges Handeln des Jugendamtes erfordert hätte, nicht entnehmen, zumal der Sachverständige unbegleitete Besuchswochenenden mit ihr vorgeschlagen habe. Zudem habe seitens des Jugendamtes vor der Inobhutnahme keine sozialpädagogische Krisenintervention stattgefunden. Es habe gegen zahlreiche Vorschriften - unter anderem §§ 8a, 50 SGB VIII - sowie gegen die eigenen Handlungsleitlinien in Fällen einer Kindeswohlgefährdung verstoßen. Das Jugendamt habe Gespräche mit ihr abgelehnt, obwohl sie zu einer Zusammenarbeit grundsätzlich bereit sei. Auch erbetene Hilfeplangespräche hätten nicht stattgefunden. Die Maßnahme sei zudem unverhältnismäßig. Ferner habe das Jugendamt vor der Inobhutnahme keine familiengerichtliche Entscheidung beantragt, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. Eine Klärung im bereits anhängigen familiengerichtlichen Verfahren hätte abgewartet werden müssen, zumal noch Fristen zur Stellungnahme zum Gutachten gelaufen seien. Das Jugendamt habe ohne eine Ermächtigungsgrundlage - § 42 SGB VIII sei nicht einschlägig - gehandelt und amtsanmaßend eine gerichtliche Entscheidung nach § 1671 BGB ersetzt. Die Entscheidung des Jugendamtes zur Inobhutnahme sei unmittelbar nach Erhalt des 150-seitigen Gutachtens des Herrn W3. am 00.00.0000 zur Mittagszeit gefallen, sodass es das Gutachten offenbar nicht vollständig gelesen habe. Die nötige Abklärung durch qualifizierte Fachkräfte habe nicht stattgefunden. Das in diesem Fall nicht neutral eingestellte Jugendamt habe offenbar dem Kindesvater einen Vorteil verschaffen wollen, denn anders sei die Beendigung der Inobhutnahme am Folgetag - gemeint: am selben Tag - nicht zu erklären. Die Maßnahme sei auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil das Jugendamt ursprünglich sogar eine Strafanzeige gegen den Kindesvater erstattet habe und von einer sicheren Bindung des Kindes an sie - die Klägerin - ausgegangen sei. Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Inobhutnahme verweise sie auch auf ihren an das Oberlandesgericht I. (00-00 UF 00/19) gerichteten Schriftsatz vom 00.00.0000 zur Begründung ihrer Anhörungsrüge. Ihr Versuch, in der Vergangenheit eine Klärung der ärztlich dokumentierten Entzündungen und der Aussagen ihres Jungen herbeizuführen, sei daran gescheitert, dass sich der Kindesvater zwei Mal geweigert habe, mit ihr eine Beratungsstelle aufzusuchen. Sie habe lediglich einmal am 00.00.0000 einen Umgang des Kindes mit seinem Vater verweigert, weil der ausschließlich von sachkundigen Dritten aufgeworfene Missbrauchsverdacht noch im Raum gestanden habe und sie kurzfristig überrumpelt worden sei. Der Vorwurf, sie sei bindungsintolerant, sei falsch, was durch die unerschütterte Beziehung des Kindes zu seinem Vater belegt werde. Sie habe lediglich jeweils zwei Ärzte und Beratungsstellen konsultiert und ihren Sohn nicht wöchentlich zu einer ärztlichen Untersuchung vorgestellt. Nach den Feststellungen einer Erzieherin von 00.00.0000 habe K. B1. nach der Unterbringung bei seinem Vater wieder vermehrt eingenässt. Die Sichtweise des Kindesvaters, dass K. B1. keine Auffälligkeiten zeige und sich seit der Herausnahme gut entwickelt habe, stehe im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen der C4. B2. C5. gegen W4. und N1. von L2. e.V. vom 00.00.0000 nach zwölf Diagnostikterminen. Die Angst vor einem Drachen in Verbindung mit Schmerzen am Anus sei nach wie vor ein Belastungsthema für den Jungen. Seine Rückkehr in ihren Haushalt entspreche dem Kindeswohl. Wie eine Akteneinsicht bei der Behörde ergeben habe, habe das Jugendamt dem erkennenden Gericht keine vollständigen Verwaltungsvorgänge, die ihr Kind und sie selbst beträfen, überreicht. 29Ferner sei im Zusammenhang mit der Inobhutnahme gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen worden. Insoweit verweise sie auf die Stellungnahme des Sachverständigen H. für Datenschutz vom 00.00.0000. 30Auch die kindeswohlgefährdende Vorstellung ihres Sohns am 00.00.0000in der Klinik E2. durch das Jugendamt während eines laufenden familiengerichtlichen Beschwerdeverfahrens sei ungekündigt und unter Anmaßung von richterlichen Kompetenzen erfolgt. Dies sei gezielt manipulativ geschehen, sodass das Ergebnis quasi vorprogrammiert gewesen sei. Auch insoweit habe sich der Beklagte kindeswohlschädlich verhalten. 31Ebenso wenig hätten die Voraussetzungen für die kindeswohlgefährdende Einleitung und Fortführung des Verfahrens nach § 8a SGB VIII durch das Jugendamt im 00.00.0000 vorgelegen. Es verwundere sie - die Klägerin -, dass der Anlass für dieses Verfahren laut Jugendamt ein Schriftsatz gewesen sein solle, den sie dem Oberlandesgericht I. unter anderem mit Tatsachenvortrag übermittelt habe. 32Die Klägerin hat ursprünglich in ihrer Klageschrift beantragt, 33festzustellen, dass die Inobhutnahme des Kindes der Klägerin K. B1. W1. , geb. am 00.00.0000, vom 00.00.0000 rechtswidrig ist, und die Beklagte dazu zu verpflichten, das Kind umgehend an die Kindesmutter herauszugeben. 34Mit Schriftsatz vom 00.00.0000 hat die Klägerin zudem beantragt, 35festzustellen, dass aus dem Sachverständigengutachten K1. W3. vom 00.00.0000, der Kindesmutter kenntlich gemacht am 00.00.0000, nicht hergeleitet werden kann, dass die Kindesmutter am Münchhausen-by-proxy-Syndrom erkrankt ist und es sich somit um eine Falschdiagnose des Sachverständigen W3. handelt, 36Am 00.00.0000 hat die Klägerin mit der Formulierung „Erweitere ich meinen Antrag…“ beantragt 37die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung in dem hier angefochtenen Verwaltungsakt gemäß Artikel 79 DSGVO. 38Mit Schriftsatz vom 00.00.0000 hat die Klägerin mit dem Zusatz „… wird der Klageantrag … neu gefasst …“ beantragt, 391. festzustellen, dass die am 00.00.0000 durch das Jugendamt des Beklagten erfolgte „Inobhutnahme“ des am 00.00.0000 geborenen Kindes K. B1. W1. rechtswidrig war und sie in ihren Rechten verletzte, 40und im Wege der Klageerweiterung beantragt, 412. festzustellen, dass die Vorstellung des am 00.00.0000 geborenen Kindes K. B1. W1. am 00.00.0000 bei der Kinderklinik M2. durch das Jugendamt des Beklagten rechtswidrig war, 423. festzustellen, dass das beim Jugendamt des Beklagten laufende, im 00.00.0000 nach § 8a SGB VIII eingeleitete Verfahren betreffend K. B1. W1. , geboren am 00.00.0000, rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. 43In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, sie verfolge lediglich die mit Schriftsatz vom 00.00.0000 angekündigten Anträge weiter. Sie beantragt nunmehr, 441. festzustellen, dass die am 00.00.0000 durch das Jugendamt des Beklagten erfolgte Inobhutnahme des am 00.00.0000 geborenen Kindes K1. B1. W1. rechtswidrig war, 452. festzustellen, dass die veranlasste Vorstellung des am 00.00.0000 geborenen Kindes K. B1. W1. am 00.00.0000 bei der Kinderklinik M2. durch das Jugendamt des Beklagten rechtswidrig war, und 463. festzustellen, dass das beim Jugendamt des Beklagten laufende im T4. 0000 nach § 8a SGB VIII eingeleitete Verfahren betreffend K. B1. W1. , geb. am 00.00.0000, rechtswidrig war. 47Der Beklagte beantragt, 48die Klage abzuweisen. 49Nach seiner Auffassung sei die Fortsetzungsfeststellungsklage mangels eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses bereits unzulässig. Unabhängig davon habe im Zeitpunkt der Inobhutnahme eine dringende Gefährdung des Kindeswohls bestanden. Anhaltspunkte für eine Nichteignung des Gutachters W3. , mit dem das Familiengericht bislang gute Erfahrungen gemacht habe, hätten nicht vorgelegen. Aufgrund der vom Gutachter diagnostizierten Erkrankung der Klägerin und festgestellten Erziehungsunfähigkeit sowie der von ihr gezeigten Verhaltensweisen sei zu befürchten gewesen, dass sie nach Kenntnis des Gutachtens überkompensieren und das Kind weiter schädigen würde. Die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes habe sich am 00.00.0000 nach Erhalt des Gutachtens umgehend mit zwei weiteren Fachkräften zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos beraten. Sie seien gemeinsam zu dem Ergebnis gelangt, dass allein die Feststellungen des Sachverständigen ausgereicht hätten, um K. B1. in Obhut zu nehmen und zum Kindesvater zu bringen. Die von der Klägerin immer wieder gegen den Kindesvater erhobenen Anschuldigungen seien nicht durch Tatsachen belegt. Ihr Verhalten, den Anus ihres Kindes zum Nachweis der von ihr behaupteten sexuellen Übergriffe des Kindesvaters fast wöchentlich ärztlich untersuchen zu lassen, sei kindeswohlgefährdend. Dies habe zu panischen Reaktionen des Kindes auf Arztbesuche geführt, sodass eine Untersuchung im Krankenhaus nur nach einer Sedierung habe erfolgen können. Hinzu komme, dass die Klägerin seit der Trennung vom Kindesvater immer wieder versucht habe, dessen Umgangskontakte mit dem Kind z. B. aus dem Grund zu unterbinden, dass sich der Junge bei einem Besuch beim Vater mit einer nicht der Witterung entsprechenden Kopfbedeckung im Freien aufgehalten habe. Das Oberlandesgericht I. habe der Klägerin zusätzlich zum Aufenthaltsbestimmungsrecht auch die Gesundheitssorge für das Kind entzogen. Ihr Sohn habe sich seit der Unterbringung bei seinem Vater positiv entwickelt. Das Jugendamt sei in dem Fall nie voreingenommen gewesen. Eine sozialpädagogische Krisenintervention vor der Inobhutnahme oder das Abwarten auf die Klärung durch das Familiengericht, das am 00.00.0000 darüber informiert worden sei, sei nicht nötig gewesen. Die Klägerin allein habe durch ihr Verhalten Veranlassung für die Erstattung der Strafanzeige gegeben. Das Privatgutachten des Prof. E. . U. vom 00.00.0000 sei ungeachtet der Frage seiner Richtigkeit schon deshalb unbeachtlich, weil es im maßgeblichen Zeitpunkt der Inobhutnahme nicht vorgelegen habe. Gleiches gelte für den Bericht der B2. C5. gegen W4. und N1. von L2. e.V. vom 00.00.0000, der im Übrigen eine Reihe von - näher benannten - Unstimmigkeiten und Unklarheiten aufweise. 50Die Vorstellung des Kindes in der Kinderklinik M2. am 00.00.0000 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Nachdem das Jugendamt Kenntnis von der Petition der Klägerin und deren Inhalt erlangt habe, habe es umgehend ein Verfahren nach § 8a SGB VIII zur Überprüfung einer Kindeswohlgefährdung eingeleitet, den Arzttermin vereinbart und den Kindesvater am 00.00.0000 telefonisch gebeten, den Termin mit K. B1. wahrzunehmen. Da der Arzt keine Verletzungen/Entzündungen im Analbereich des Kindes habe feststellen können, sei das Verfahren beendet worden. Die Klageerweiterung sei im Hinblick darauf, dass das Jugendamt dem von der Klägerin selbst erhobenen Verdacht nachgegangen sei, nicht verständlich. 51Ebenso sei im 00.00.0000 rechtmäßig ein Verfahren nach § 8a SGB VIII eingeleitet worden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin beim Oberlandesgericht I. vorgetragen habe, es komme seit dem Wechsel ihres Kindes in den väterlichen Haushalt weiterhin zu Auffälligkeiten des Jungen und Entzündungen am After, und Lichtbilder vom Analbereich ihres Kindes vorgelegt habe. Den Gesprächstermin beim Jugendamt am 00.00.0000 habe sie nicht wahrgenommen. Um eine Kindeswohlgefährdung durch das ständige Fotografieren abzuwenden, habe eine Schutzvereinbarung abgeschlossen werden sollen. Diese sei von der Klägerin nicht unterschrieben worden. Wegen ihrer schriftlichen Erklärung, dass sie zukünftig keine Fotos mehr von ihrem Jungen anfertigen werde, sei das Verfahren beendet gewesen. Dass das Jugendamt im Rahmen der Gefährdungseinschätzung angesichts der schweren Anschuldigungen zunächst Gespräche mit den Mitarbeitern der L. geführt habe, entspreche der üblichen Vorgehensweise. Der Kindesvater sei vor der Klägerin informiert worden, weil er das Jugendamt wegen der von der Klägerin gegen ihn erhobenen massiven Vorwürfe um eine Klärung gebeten habe. 52Mit Beschluss vom 00.00.0000 hat die Kammer das Verfahren hinsichtlich der von der Klägerin begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung im angegriffenen Verwaltungsakt abgetrennt und an die dafür zuständige 00. Kammer abgegeben. Aufgrund der klägerischen Mitteilung vom 00.00.0000, dass es sich bei den gerügten Datenschutzverstößen nicht um einen eigenständigen Klageantrag, sondern lediglich um ein Element der Klagebegründung handele, ist das Verfahren (00 K 00/21) als auf sonstige Weise erledigt eingestuft worden. 53Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens (bis zur mündlichen Verhandlung 548 Seiten), der beigezogenen Akten des Familiengerichts zum Verfahren 00 F 00/19 (zwei Bände mit insgesamt 503 Seiten) sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (zwei Bände mit insgesamt 273 Seiten) verwiesen. 54Entscheidungsgründe: 55Das Verfahren war einzustellen, soweit die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der mit Klageerhebung am 00.00.0000 zunächst auch beantragten Verpflichtung des Beklagten, das Kind umgehend an sie herauszugeben, sinngemäß zurückgenommen hat. Gleiches gilt für die von der Klägerin in der Sitzung entsprechend erklärte Rücknahme ihres auf die Feststellung gerichteten Klageantrags vom 00.00.0000, dass der Sachverständige W3. bei ihr fälschlicherweise das Münchhausen-by-proxy-Syndrom diagnostiziert habe (§ 92 Abs. 3 VwGO). 56Soweit die Klage noch anhängig ist, hat sie nur teilweise Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass die am 00.00.0000 erfolgte Inobhutnahme des Kindes K. B1. durch das Jugendamt rechtswidrig war (1.). Im Übrigen war die Klage hinsichtlich der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit von anderweitigem Verwaltungshandeln des Jugendamtes - Veranlassung der Vorstellung des Kindes beim Klinikum M2. E2. am 00.00.0000 (2.) und Durchführung eines im 00.00.0000 eingeleiteten Verfahrens nach § 8a SGB VIII (3.) - abzuweisen. 571. Soweit die Klägerin ihren in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag zu 1. weiter aufrechterhalten hat, geht das Gericht zu ihren Gunsten davon aus, dass es sich bei der mit Schriftsatz vom 00.00.0000 formulierten und von ihr als maßgeblich erklärten Neufassung ihres ursprünglichen Antrags nicht um eine objektive Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO, sondern lediglich um die Klarstellung des von Anfang an Gewollten handelt. Namentlich nimmt die Kammer an, dass die Klägerin, die nach dem Wortlaut ihrer Klageschrift vom 00.00.0000 zunächst die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer noch andauernden Inobhutnahme („rechtswidrig ist“) beantragt hat, von vornherein die Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit der Herausgabe des Kindes an den sorgeberechtigten Vater nach § 42 Abs. 4 Nr. 1 SGB VIII bereits am 00.00.0000 beendeten Inobhutnahme („rechtswidrig war“) begehrt hat. Denn nach dem sog. Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung ist im Zweifelsfall anzunehmen, dass das Rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist. Dass die Klägerin schon im Zeitpunkt der Klageerhebung anwaltlich vertreten war, ist unbeachtlich, weil der vorbezeichnete Grundsatz auch bei von rechtskundigen Prozessvertretern abgegebenen Prozesserklärungen zur Anwendung kommt. 58So grundlegend in ständiger Rechtsprechung BFH, u.a. Urteile vom 19. April 2007 - IV R 28/05 -, juris Rn. 18 f., und vom 25. Juni 2014 - I R 29/13 -, juris Rn. 12, jeweils m. w. N.; siehe zum obigen Grundsatz ferner BayLSG, Beschluss vom 23. September 2020 - L 11 SF 263/20 AB -, juris Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 4 B 813/18 -, juris Rn. 19 ff. 59Die so verstandene Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig - a) - und begründet - b) -. 60a) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist für - wie hier - vorprozessual erledigte Verwaltungsakte analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 6 C 7/98 -, juris Rn. 20 ff., und Urteil vom 25. Juli 2007 - 6 C 39/06 -, juris Rn. 23. 62Sie ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse gegeben. 63Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht in den Fällen, in denen sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. 64Ein berechtigtes ideelles Interesse in Form einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. Die Schwelle wird erst mit dem konkreten personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten. 65Vgl. jeweils im Zusammenhang mit einer glücksspiel-rechtlichen Untersagung BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 -, juris Rn. 24, und vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris Rn. 25; im Zusammenhang mit einer Inobhutnahme unter Bezugnahme auf diese Entscheidungen OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2015 - 12 A 1787/15 -, juris Rn. 11. 66Nach der jüngeren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen kann ein Rehabilitationsinteresse nicht offensichtlich ausgeschlossen werden, wenn die Inobhutnahme von L2. - jedenfalls wenn sie mit der Herausnahme der Kinder aus öffentlichen Einrichtungen (Kindergarten, Schule) einhergeht - eine gewisse Außenwirkung hat und dem Ansehen des oder der Sorgeberechtigten in der Öffentlichkeit und im sozialen Umfeld nicht zuträglich ist. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dürfte in Fällen dieser Art jedenfalls in Bezug auf den mit einer Inobhutnahme einhergehenden erheblichen Grundrechtseingriff in das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Elternrecht nicht ohne weiteres zu verneinen sein. 67Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2019 - 12 E 805/18 -, juris Rn. 6, und Beschluss vom 24. August 2020 - 12 E 123/19 -, juris Rn. 9; demgegenüber kritisch im Falle eines kurzen Zeitraums zwischen Inobhutnahme und deren Erledigung in nur vier Stunden Hess. VGH, Urteil vom 8. September 2020 - 10 A 82/19 -, juris Rn. 33. 68Daran gemessen ist hier ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin zu bejahen. Zwar ist eine Stigmatisierung ihrer Person, die zudem noch fortbestehen muss, zweifelhaft. Denn die Inobhutnahme von K. B1. wurde am 00.00.0000 durch das Jugendamt intern in der L. M1. abgewickelt und der Junge sodann - nach relativ kurzer Zeit - seinem sorgeberechtigten Vater übergeben. Laut dem Vermerk einer Erzieherin vom 00.00.0000 saß diese mit der Klägerin in einem anderen Raum der Kindestagesstätte und eröffnete ihr die Maßnahme; die Gesprächsatmosphäre war demnach ruhig, sodass die Inobhutnahme kaum bzw. kein Aufsehen erregt haben dürfte. Die Abholung des Kindes von der L. durch seinen Vater war zudem nichts Ungewöhnliches, weil bereits dessen Umgangskontakte mit K. B1. auf diese Weise bewerkstelligt wurden. Der Klägerin wurde vom Jugendamt auch kein schuldhaft-kriminelles Verhalten vorgeworfen, sondern auf einem angenommenen Münchhausen-by-proxy-Syndrom beruhende und somit krankheitsbedingte Verhaltensweisen. Dass sich die vom Jugendamt unterstellte Diagnose in der Öffentlichkeit verbreitete, ist jedenfalls in erster Linie auf die Klägerin selbst zurückzuführen, weil sie sich nicht nur an zahlreiche Personen und Institutionen wie unter anderem Ärzte, Gerichte und Beratungsstellen - die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind -, sondern auch an die Presse und das Fernsehen wandte. Jedoch nimmt die Kammer im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu Gunsten der Klägerin das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf den tiefgreifenden Eingriff in ihr durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschütztes Elternrecht an. 69b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Die Inobhutnahme des Kindes K. B1. durch das Jugendamt vom 00.00.0000 war rechtswidrig und hat die Klägerin in ihren Rechten verletzt. 70Nach § 8a Abs. 2, § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhut-nahme erfordert und, sofern - wie im vorliegenden Fall - ein Personensorgeberechtigter widerspricht, eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. Die genannten Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht sämtlich erfüllt. 71Eine Gefahr im kinder- und jugendhilferechtlichen Sinn liegt - wie im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht - dann vor, wenn im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung im Rahmen der prognostischen ex-ante-Betrachtung bei ungehinderten Ablauf des zu erwartenden Geschehens der Eintritt des Schadens hinreichend wahrscheinlich ist. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit verlangt einerseits nicht Gewissheit, dass der Schaden eintreten wird. Andererseits genügt die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts grundsätzlich nicht zur Annahme einer Gefahr. Dabei ist allerdings zu beachten, dass hinsichtlich des Grades der Wahrscheinlichkeit insbesondere mit Blick auf das betroffene Schutzgut differenziert werden muss: Je größer und folgen-schwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, umso geringer sind die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit zu stellen sind. Wo es um den Schutz besonders hochwertiger Schutzgüter geht, kann deshalb auch schon eine entfernte Möglichkeit eines Schadens die begründete Befürchtung seines Eintritts auslösen. Von letzterem ist im Jugendhilferecht regelmäßig auszugehen. 72Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Dezember 2017 - 12 B 1553/17 -, juris Rn. 11, vom 7. November 2007 - 12 A 635/06 -, juris Rn. 9, und vom 27. Februar 2007 - 12 B 72/07 -, juris Rn. 30 ff., jeweils m. w. N. 73Eine Gefahr für das Kindeswohl liegt vor, wenn eine Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraus-sehen lässt; typische Anwendungsfälle sind Kindesmisshandlung, sexuelle Gewalt und W4. . 74Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2019 - 12 B 448/19 -, juris Rn. 17, vom 20. Dezember 2016 - 12 B 1262/16 -, juris Rn. 17, und vom 8. November 2006 - 12 B 2077/06 -, juris Rn. 10, m. w. N. 75Der Umstand, dass die Inobhutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII das Vorliegen einer "dringenden" Gefahr voraussetzt, begründet für den anzuwendenden Gefahrenbegriff keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen. Eine "dringende Gefahr" besteht zwar nicht schon bei einer "bevorstehenden" oder "drohenden" Gefahr, aber auch nicht erst bei einer "unmittelbar bevorstehenden Gefahr". 76Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2019 - 12 B 448/19 -, juris Rn. 19, und vom 7. November 2007 - 12 A 635/06 -, juris Rn. 13, m. w. N. 77Die Annahme einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl muss jedoch durch konkrete Tatsachen gerechtfertigt sein, wobei das Jugendamt im Rahmen des Möglichen zu prüfen hat, ob die Hinweise, die auf eine solche Gefahr schließen lassen, zutreffend sind. 78Vgl. BayVGH, Beschluss vom 9. Januar 2017 - 12 CS 16.2181 -, juris Rn. 12; Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018 (Stand: 15. Dezember 2020), § 42 Rn. 79. 79Daran gemessen lag hier im maßgeblichen Zeitpunkt der Inobhutnahme am 00.00.0000 keine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes K. B1. vor. 80Das Jugendamt stützte sich, wie sich aus seinem Schreiben an das Familiengericht vom 00.00.0000 ergibt, bei der Inobhutnahme des Jungen maßgeblich auf das vom Familiengericht im Verfahren 00 F 00/19 eingeholte Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Diplom-Sozialpädagoge W3. vom N. J1. für forensische Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters, das das Datum „ 00.00.0000“ trägt und dem Jugendamt am 00.00.0000 vorlag. Das Jugendamt ging davon aus, dass der Gutachter bei der Klägerin das sog. Münchhausen-by-proxy-Syndrom festgestellt habe, weil diese ihr Kind überobligatorisch häufig Ärzten zum Zwecke der Untersuchung von Rötungen seines Analbereichs vorgestellt habe. Dieses Syndrom geht mit dem Erfinden, Übersteigern oder tatsächlichen Verursachen von Krankheiten oder Symptomen bei Dritten, mehrheitlich L2. einher, meist um anschließend eine medizinische Behandlung zu verlangen und/oder um selbst die Rolle eines scheinbar liebe- und aufopferungsvollen Pflegenden zu übernehmen. Dabei handelt es sich um eine subtile Form der Kindesmisshandlung, die bis zum Tod des Opfers führen kann. Die Täter - 90 bis 95 % sind Frauen - sind meistens die leiblichen Mütter. 81Vgl. „Artifizielle Störungen: Rätselhaft und gefährlich“ von September 2010, https://www.aerzteblatt.de. 82Ferner nahm das Jugendamt an - was ebenfalls aus seinem Schreiben an das Familiengericht vom 00.00.0000 hervorgeht -, dass die Symptome bei dem Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Klägerin selbst gefördert oder hervorgebracht worden seien. Zudem wurde befürchtet, dass die Klägerin nach Sichtung des Gutachtens des Herrn W3. überreagieren und das Kind weiter schädigen könnte. Hinzu kommt, dass nach den Darlegungen des Jugendamtes in der mündlichen Verhandlung auch die Vorgeschichte in die Entscheidung eingeflossen sei. Demnach sei der Klägerin daran gelegen gewesen, den Umgang des Kindesvaters mit dem Jungen zu verhindern. Die Situation habe sich im Laufe der Zeit zugespitzt. Außerdem hätten die behandelnden Ärzte der Kinderklinik des T2. . W2. -L1. Q. telefonisch erklärt, dass ihre ursprüngliche Einschätzung zu einem sexuellen Missbrauch des Kindes im Wesentlichen auf den Angaben der Klägerin beruht habe; beim zweiten stationären Aufenthalt des Jungen habe sich ein Arzt im Rahmen eines Telefonats zu einem etwaigen sexuellen Missbrauch deutlich kritischer geäußert. Die von der Klägerin erwähnten Äußerungen ihres Kindes, die auf einen solchen Missbrauch hingedeutet hätten, seien nie gegenüber Dritten wie z. B. den Erzieherinnen gefallen; auch die körperlichen Symptome des Jungen seien nur bei der Klägerin aufgetreten. Des Weiteren sei der Kontakt des Kindes mit seinem Vater, dessen Strafverfahren am 00.00.0000 abgeschlossen gewesen sei, vom Jugendamt als herzlich und deutlich unproblematischer wahrgenommen worden, beispielsweise was das Verzehren von süßen Nahrungsmitteln anbelange. In der Gesamtschau habe das Jugendamt daher nach Erhalt des Gutachtens ein schnelles Einschreiten noch am selben Tag für geboten gehalten. 83Diese Annahmen des Jugendamtes vermögen die Inobhutnahme des Kindes K. B1. indes nicht zu tragen. Dabei kann offen bleiben, ob das letztlich den Ausschlag für diese Maßnahme gebende Gutachten des Herrn W3. - wie der von der Klägerin beauftragte Diplom-Psychologe Prof. E. . U. in seiner fachpsychologischen Stellungnahme vom 00.00.0000 im Einzelnen monierte - tatsächlich an schwerwiegenden Mängeln leidet und deshalb kaum bzw. nicht zu verwerten ist. Denn nach Ansicht des Gerichts lässt sich jedenfalls diesem Gutachten eine gesicherte Diagnose eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms bei der Klägerin nicht entnehmen, wenngleich zu Gunsten des Jugendamtes zu konzedieren ist, dass das Gutachten mitunter die wünschenswerte Klarheit vermissen lässt. Der Sachverständige äußerte lediglich einen Verdacht, indem er ausführte, dass das Vorliegen eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms bei der Klägerin, deren Erziehungsfähigkeit und Bindungstoleranz - im Gegensatz zum Kindesvater - in erheblicher Weise eingeschränkt sei, „fraglich“ bzw. „möglich“ sei (S. 128 f.) bzw. dass für dieses Syndrom „durchaus“ „Warnhinweise“ zu erkennen seien (S. 138). Diese Sichtweise der Kammer deckt sich mit der Auffassung des Oberlandesgerichts I. im Beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 UF 00/19 -, mit dem die Beschwerde der Klägerin gegen die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind auf dessen Vater (Beschluss des Familiengerichts vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 -) zurückgewiesen und dem Vater überdies die Gesundheitsfürsorge für K. B1. zur alleinigen Ausübung übertragen wurde. Der Senat gelangte nach Auswertung des Gutachtens zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nicht an einem Münchhausen-by-proxy-Syndrom leide und auch grundsätzlich erziehungsgeeignet sei. Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin eingeholten - sehr knapp gehaltenen Stellungnahmen - der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie M3. vom 00.00.0000 und der Diplom-Psychologin S2. vom 00.00.0000 aussagekräftig sind, wonach bei der Klägerin keine behandlungsbedürftige psychische Krankheit, sondern lediglich eine Belastungsreaktion wegen der erfolgten Inobhutnahme ihres Kindes vorliege. 84Ebenso wenig geht aus dem vom Jugendamt als maßgeblich eingestuften Gutachten des Herrn W3. deutlich hervor, dass eine akute Kindeswohlgefährdung und ein sofortiger Handlungsbedarf für eine Herausnahme des Jungen aus dem mütterlichen Haushalt bestanden. Zwar heißt es gegen Ende des Gutachtens (Seite 145), dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind dem Vater zu übertragen sein „dürfte“ und der Lebensmittelpunkt des Jungen nun „zwingend“ wechseln sollte. Zugleich sprach sich der Gutachter aber - unter gewissen Bedingungen - für Besuchskontakte des Kindes mit der Klägerin an jedem zweiten Wochenende aus. Dass die auf Veranlassung der Klägerin nach Aktenlage seit F1. 0000 relativ oft durchgeführten ärztlichen Untersuchungen des lediglich vereinzelt geröteten Anus ihres seinerzeit etwa vierjährigen Kindes, die teilweise nur unter Sedierung erfolgen konnten, nicht uneingeschränkt dem Kindeswohl dienten, liegt - wie bereits das Oberlandesgericht I. darlegte - auf der Hand. Davon ging auch der Gutachter W3. aus („… erscheint sicherlich eher kindeswohlfeindlich als kindeswohldienlich zu sein …“, S. 146, „ausgesprochen kindeswohlschädlich“, „erhebliche Kindeswohlbeeinträchtigung“, S. 147). Jedoch lässt sich ein Umkehrschluss, dass die relativ häufigen Inspektionen des Analbereichs eine dringende Gefahr für das Kindeswohl im Sinne des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII begründeten, daraus nicht ohne weiteres ziehen. Daher kann es auch auf sich beruhen, ob der Vortrag der Klägerin zutreffend ist, dass ihr zu dieser Vorgehensweise von Fachleuten und Kinderärzten geraten worden sei. Die Auffassung der Kammer wird auch dadurch gestützt, dass die für das Verfahren 00 F 00/19 zuständige und mit dem Fall auch aus den anderen zahlreichen familiengerichtlichen Verfahren vertraute S. am Amtsgericht nach Eingang des Gutachtens am 00.00.0000 keine Veranlassung für sofortige Maßnahmen im Hinblick auf das Wohl von K. B1. sah. Denn sie erließ keine einstweilige Anordnung, gab den Beteiligten der Sache mit Verfügung vom 00.00.0000 Gelegenheit zur Stellungnahme mit einer Fristsetzung von zwei Wochen und beraumte unter dem 00.00.0000 einen Verhandlungstermin für den 00.00.0000 an. Auch in der Folgezeit zog die S. am Amtsgericht aus dem Gutachten des Herrn W3. keine für die Klägerin nachteiligen Schlüsse. 85Im Hinblick auf die Vermutung des Jugendamtes, dass die Klägerin die Symptome am Anusbereich ihres Kindes selbst verursacht habe, ergeben sich aus den Akten ebenfalls keine zureichenden Anhaltspunkte. Gleiches gilt für die Besorgnis des Jugendamtes, dass die Klägerin auf die im Gutachten des Herrn W3. getroffenen Feststellungen ihre Person betreffend im Hinblick auf das Wohl des Kindes eskalierend reagieren und dieses (weiter) schädigen könnte. Denn es gibt insbesondere keine Anzeichen von körperlichen Misshandlungen des Kindes durch die Klägerin in der Vergangenheit; vielmehr wird ihr Verhältnis zu ihrem Sohn ausnahmslos - auch vom Jugendamt sowie vom Gutachter W3. - als innig beschrieben. 86Auf die weiteren von der Klägerin thematisierten Gesichtspunkte kommt es nicht mehr an, weil der Streitgegenstand in diesem Verfahren bezüglich des Klageantrags zu 1. lediglich die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme ihres Kindes nach § 42 SGB VIII ist. Dies gilt insbesondere in Bezug auf ihre regelmäßig, auch gegenwärtig noch wiederholten Andeutungen, der Kindesvater missbrauche den Jungen sexuell - was übrigens nach Aktenlage noch nicht einmal ärztlicherseits festgestellt wurde -, sowie in Bezug auf die Ursache der in der Vergangenheit von Ärzten festgestellten Rötungen des Anus ihres Kindes. Die Frage, bei welchem Elternteil K. B1. besser aufgehoben ist, unterliegt nicht der verwaltungsgerichtlichen Prüfungskompetenz. 87Zudem mangelt es vorliegend an der weiteren Voraussetzung § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) SGB VIII, dass vor der Inobhutnahme eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte. Diese Tatbestandsalternative ist zu prüfen, weil die Klägerin als einer der sorgeberechtigten Elternteile der Inobhutnahme ihres Sohnes am 00. und 00.00.0000 widersprach. 88Die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) SGB VIII verdeutlicht, dass die Inob-hutnahme gegenüber familiengerichtlichen Entscheidungen nachrangig ist und des-halb grundsätzlich nur in besonders gelagerten akuten Gefährdungssituationen in Betracht kommt. 89Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. März 2017 - OVG 6 S 8.17 -, juris Rn. 7. 90Die Kompetenz des Jugendamtes nach § 42 SGB VIII ist nach der gesetzlichen Konzeption in Abs. 3 der Vorschrift, die entweder eine unverzügliche familiengerichtliche Entscheidung (Satz 2 bis 4) oder ein unverzügliches Verfahren zur Gewährung von Hilfen (Satz 5, §§ 36 ff. SGB VIII) verlangt, eine enge Notkompetenz bzw. eine Befugnis in Eil- und Notfällen. 91Vgl. VG Schwerin, Urteil vom 3. Juni 2015 - 6 A 719/12 -, juris Rn. 36; Trenczeck, in: Münder u.a., Frankf. Komm. SGB VIII 8. Auflage 2019, § 42 Rn. 1. 92Wenn möglich soll gemäß § 8a Abs. 2 Satz 1 und § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) SGB VIII das in erster Linie zum Eingriff in die elterliche Sorge berufene Familiengericht tätig werden. Nur wenn dies ausgeschlossen ist und seine Entscheidung wegen der Dringlichkeit der Gefahr nicht abgewartet werden kann (§ 8a Abs. 2 Satz 2 SGB VIII), darf das Jugendamt entscheiden und tätig werden. 93Eine familiengerichtliche Entscheidung kann i. S. v. § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nicht schon dann rechtzeitig, 94vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2015 - 12 E 717/15 -, n. v., 95eingeholt werden, wenn das Familiengericht vor der Inobhutnahme noch hätte angerufen werden können, sondern erst dann, wenn eine familiengerichtliche Entscheidung, und sei es eine einstweilige Anordnung, zur Begegnung der Kindeswohlgefährdung rechtzeitig hätte erwirkt werden können. 96Vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. März 2016 - 6 S 60.15 -, juris Rn. 4. 97Dies zugrunde gelegt stand § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) SGB VIII einer rechtmäßigen Inobhutnahme von K. B1. ebenfalls entgegen. Selbst wenn eine dringende Gefahr für das Kindeswohl vorgelegen hätte, wäre eine familiengerichtliche Entscheidung rechtzeitig vor der Maßnahme zu erreichen gewesen. Nach Aktenlage setzte das Jugendamt das Familiengericht erst am Abend des 00.00.0000 schriftlich von der bereits erfolgten Inobhutnahme in Kenntnis. Soweit eine Jugendamtsmitarbeiterin in der mündlichen Verhandlung erstmalig geltend gemacht hat, sie habe an diesem Tag vor der Durchführung der Inobhutnahme mit der ihr unter anderem aus dem laufenden Verfahren 00 F 00/19 bekannten S. am Amtsgericht telefoniert und ihr von der beabsichtigten Maßnahme berichtet, folgt daraus keine andere Bewertung. Denn die Mitarbeiterin hat den genauen Gesprächsablauf nicht mehr rekonstruieren können. Nach ihrer Erinnerung habe die S. damals sinngemäß geäußert, dass das Jugendamt gemäß seiner Einschätzung handeln solle; ob auch über den vorrangigen Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Familiengericht gesprochen worden sei, wisse sie - die Jugendamtsmitarbeiterin - nicht mehr. 982. Die Klage bleibt ohne Erfolg, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die vom Jugendamt veranlasste Vorstellung des Kindes bei der Kinderklinik M2. am 00.00.0000 rechtswidrig gewesen sei. Diesen Antrag hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 00.00.0000 im Wege einer Klageerweiterung in das Verfahren eingeführt und ihn darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung umformuliert. Ungeachtet der Frage, ob hierfür die Voraussetzungen des § 91 VwGO erfüllt sind, hat die Klägerin jedenfalls keinen Anspruch auf die beantragte Feststellung. Dabei kommt mangels Verwaltungsaktsqualität (§ 35 Satz 1 VwVfG NRW) des von der Klägerin gerügten Verwaltungshandelns nur die allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO in Betracht. 99Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. 100Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der vom Beklagten initiierten Vorstellung des Jungen zum Zwecke seiner ärztlichen Untersuchung im Klinikum M2. E2. um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis in diesem Sinne handelt. Ein solches setzt voraus, dass sich Rechtsbeziehungen - hier zwischen einer juristischen Person und einer natürlichen Person - verdichtet haben. Die bloße Pflicht für eine Behörde, Gesetze zu befolgen und sie nicht zu übertreten, bildet für sich allein kein Rechtsverhältnis. 101Vgl. Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 43 Rn. 7 und 10. 102Die Bedenken der Kammer resultieren daraus, dass das Jugendamt lediglich den Termin mit dem Klinikum M2. E2. vereinbart hatte und sodann den die Gesundheitssorge für den Jungen ausübenden Kindesvater kurzfristig bat, den Arzttermin mit K. B1. wahrzunehmen - was der Vater hätte ablehnen können -, und die Klägerin in diese Aktion nicht involviert war. Dass die Klägerin dieses erkennbar der Amtsermittlung des Jugendamtes dienende Vorgehen im Klagewege rügt, ist nicht nachvollziehbar. Denn sie machte am Vortag der ärztlichen Untersuchung beim Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages geltend, dass die Symptome bei ihrem Sohn weiterhin wiederkehrend aufträten und das Jugendamt diese Sache in der Vergangenheit nicht angemessen behandelt habe. Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin ein Rechtsverhältnis im obigen Sinne unterstellt wird, mangelt es jedenfalls an einem Feststellungsinteresse. Denn ein berechtigtes Interesse bei - wie hier - bereits der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnissen ist grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn das Rechtsverhältnis über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart entfaltet, insbesondere bei fortdauernden Rechtsbeeinträchtigungen und bei Wiederholungsgefahr. 103Vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 43 Rn. 25; Sodan, in: Sodan/Ziekow, 5. Auflage 2018, § 43 Rn. 18. 104Dafür sieht die Kammer hier auch unter Würdigung des klägerischen Vorbringens keine Anhaltspunkte. 1053. Zumindest aus dem Grund des fehlenden Feststellungsinteresses bleibt auch dem weiteren Feststellungsantrag der Klägerin, der ebenso am 00.00.0000 klageerweiternd gestellt und in der mündlichen Verhandlung neugefasst worden ist, der Erfolg versagt. Das vom Jugendamt im 00.00.0000 aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin den Analbereich ihres Sohns unstreitig fotografiert hatte, nach § 8a SGB VIII eingeleitete Verfahren war mit der Abgabe ihrer Erklärung, dies zukünftig zu unterlassen, beendet. Dass von dem - etwaigen - der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnis noch Wirkungen ausgehen, ist nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht mit Substanz vorgetragen worden. 106Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit fußt auf § 188 Satz 2 Halbsatz 1, Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. | soweit die klage zurückgenommen worden ist, wird das verfahren eingestellt. es wird festgestellt, dass die am 00.00.0000 durch das jugendamt des beklagten erfolgte inobhutnahme des am 00.00.0000 geborenen kindes k. b1. w1. rechtswidrig war. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens trägt die klägerin zu 4/5 und der beklagte zu 1/5. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung des jeweiligen vollstreckungsgläubigers durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die am 00.00.0000 geborene klägerin ist die mutter des am 00.00.0000 geborenen k. b1. w1. . vater des kindes ist der am 00.00.0000 geborene c1. c2. . die nicht miteinander verheirateten eltern trennten sich im g. . der junge lebte nach der trennung im haushalt der klägerin. die eltern übten gemeinsam das sorgerecht aus. insbesondere hinsichtlich des umgangsrechts des vaters gab es gerichtliche auseinandersetzungen beim amtsgericht detmold - nachfolgend: familiengericht - (00 f 00/18, 00 f 00/18, 00 f 00/18, 00 f 00/18, 00 f 00/19, 00 f 00/19, 00 f 00/19, 00 f 00/19, 00 f 00/19, 00 f 00/19), die überwiegend von der klägerin initiiert wurden. 3unter dem 00.00.0000 vereinbarten die eltern im verfahren 00 f 00/18 besuchskontakte mit übernachtungen beim vater durch abholen des kindes an jedem zweiten freitag bei der l. m1. und verbringen dorthin am nächsten montagmorgen. 4am 00.00.0000 und 00.00.0000 traf die in p. praktizierende kinderärztin e. . t1. nach vorstellungen des jungen durch die klägerin folgende feststellungen: „… anus hochrot in kreisrunder form um den anus herum, keine verletzungszeichen. …“ und „schmerzen am po, hatte bis montag kontakt mit dem vater … analring deutlich gerötet, kreisrund, ca. 3 - 4 mm, nach lateral von rot in lila übergehend …“. nach aktenlage suchte die klägerin diese ärztin mit k. b1. auch in der folgezeit mehrfach auf und konsultierte zudem zwei beratungsstellen im hinblick auf einen potentiellen sexuellen missbrauch des kindes durch seinen vater. 5unter dem 00.00.0000 regte die kinderklinik des t2. . w2. -l1. q. nach einem stationären aufenthalt des kindes vom 00. bis 00.00.0000 beim familiengericht an, wegen des dringenden verdachts auf eine akute kindeswohlgefährdung durch sexuellen missbrauch in wahrscheinlich mehreren fällen die umgangskontakte von k. b1. und seinem vater bis zum abschluss der verdachtsabklärung auszusetzen und die gesundheitsfürsorge und das aufenthaltsbestimmungsrecht im rahmen einer einstweiligen anordnung auf die klägerin zu übertragen. es wurde unter anderem ausgeführt, dass die körperliche untersuchung des jungen mit sicherung möglicher spuren wegen dessen panikartiger reaktionen auf ärztinnen in sedierung stattgefunden habe. 6dies nahm das familiengericht zum anlass, ein verfahren nach § 1666 bgb einzuleiten (00 f 00/19). 7mit schreiben vom 00.00.0000 äußerte sich das jugendamt des beklagten (nachfolgend: jugendamt) gegenüber dem familiengericht in ähnlicher weise. das jugendamt hatte sich zuvor am 00.00.0000 an die e1. kriminalpolizei gewandt. das daraufhin eingeleitete ermittlungsverfahren wurde von der staatsanwaltschaft e2. nach maßgabe des § 170 abs. 2 stpo eingestellt (00 js 00/19). 8am 00.00.0000 stellte die klägerin beim familiengericht im rahmen des laufenden verfahrens 00 f 00/19 einen antrag auf maßnahmen nach § 1666 bgb im sinne eines kontakt- und näherungsverbots gegen den kindesvater. sie gab - wie bereits gegenüber der q1. kinderklinik - als verhaltensauffälligkeiten von k. b1. , die sie etwa seit 00.00.0000 bemerkt habe, unter anderem das einnässen nach umgangskontakten mit dem vater bis zu sieben mal täglich an, ferner eine ausgeprägte nachtangst, ein anklammerndes verhalten in bezug auf sie, ängste, jammern und sprechen in „babysprache“, wutanfälle, das sprechen von bösen drachen und dunklen gestalten an seinem bett, eine starke motorische unruhe, einen entzündeten, roten und schmerzenden po nach besuchskontakten mit dem vater, mit dem das kind geheimnisse habe, und bauchschmerzen. zudem benannte die klägerin aussagen, die das kind ihr gegenüber in der zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 getätigt habe. unter anderem hieß es im zusammenhang mit einem extrem geröteten po „das war der drache, der hat sein horn in meinen popo getan.“, „papa macht immer popoklatsche mit mir und ich will das nicht.“ und im zusammenhang mit der klägerischen darstellung, dass sich der junge abends an seinen genitalbereich fasse, reibe und knete, „ich mache ihn größer, weil ich schon ein großer junge bin.“. diesen beschreibungen trat der vater des kindes mit ausnahme des einnässens, das seit der trennung der eltern aufgetreten sei, entgegen. geheimnisse habe er mit seinem sohn nur hinsichtlich süßigkeiten und fernsehen. 9mit beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - entschied das familiengericht, dass das umgangsrecht des kindesvaters vorläufig ausgeschlossen werde, weil anhaltspunkte für eine akute gefährdung des kindeswohls bei einem aufenthalt des kindes beim vater bestünden. diese anordnung wurde bis zum 00.00.0000 befristet. 10unter dem 00.00.0000 nahm die für k. b1. vom familiengericht bestellte verfahrensbeiständin t3. stellung. sie führte im ergebnis aus, dass sie einen begleiteten umgang mit dem vater, auf den sich das kind nach aussage seiner erzieherinnen freue, als mit dem kindeswohl vereinbar einschätze. 11unter dem 00.00.0000 einigten sich die eltern im familiengerichtlichen verfahren 00 f 00/19 auf einen zweimal wöchentlich vom jugendamt begleiteten umgang des kindes mit seinem vater. 12nach aktenlage stellte die klägerin das kind im 00.00.0000 erneut wegen einer perianalen rötung im t2. . w2. -krankenhaus q. vor. 13aufgrund eines entsprechenden familiengerichtlichen beweisbeschlusses vom 00.00.0000 im verfahren 00 f 00/19 erstattete der facharzt für kinder- und jugendpsychiatrie, psychotherapie und diplom-sozialpädagoge w3. vom n. j1. für forensische psychiatrie des kindes- und jugendalters unter dem datum „ 00.00.0000“ ein 150 seiten umfassendes gutachten zur beweisfrage, ob sorgerechtliche maßnahmen zum wohle des kindes erforderlich seien. der gutachter würdigte dabei auch vorkommnisse in den folgemonaten und kam zu dem ergebnis, dass der kindesvater in vollem umfang beziehungs- und erziehungsfähig sei, während bei der ausgesprochen verschlossenen klägerin insoweit erhebliche einschränkungen vorhanden seien. es sei fraglich/möglich, dass bei ihr das münchhausen-by-proxy-syndrom vorliege. darauf gebe es durchaus warnhinweise. das einnässen des kindes habe eindeutig mit dem loyalitätskonflikt zwischen den eltern zu tun. es gehe der klägerin hauptsächlich darum, den jungen in intensivster form an sich zu binden. nach besuchskontakten mit dem vater stelle sie k. b1. der kinderärztin vor, um neuerliche somatische erkrankungen finden zu lassen, damit der umgang mit dem vater verhindert werde bzw. allenfalls nur begleitet stattfinde. bei ihr liege eine deutliche bindungsintoleranz vor. das aufenthaltsbestimmungsrecht für das kind dürfte dem vater zu übertragen sein. der lebensmittelpunkt des jungen sollte nun zwingend wechseln. die vielzähligen, teilweise wöchentlichen arztbesuche mit dem ziel der untersuchung des anus des kindes erschienen eher kindeswohlfeindlich als -dienlich zu sein; die kinderärztliche dokumentation habe in vielen fällen ein unauffälliges gesamtbild ergeben. es sei schon über monate zu einer erheblichen kindeswohlbeeinträchtigung gekommen. die klägerin sei zwingend angehalten, sich einer intensiven psychotherapeutischen behandlung zu stellen. ihr sollte - unter gewissen bedingungen - ein besuchsrecht an jedem zweiten wochenende eingeräumt werden. 14dieses gutachten, das beim familiengericht am 00.00.0000 eintraf, wurde den kindeseltern, dem jugendamt und der verfahrensbeiständin mit gerichtlicher verfügung vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - mit der gelegenheit zur stellungnahme binnen zwei wochen zugeleitet. unter dem 00.00.0000 bestimmte das familiengericht in dieser sache einen verhandlungstermin auf den 00.00.0000. 15am 00.00.0000 traf das gutachten beim jugendamt und bei der klägerin ein. daraufhin nahm das jugendamt k. b1. am selben tag in der l. m1. in obhut und brachte ihn beim kindesvater unter. die klägerin widersprach der inobhutnahme am 00.00.0000 mündlich und am nächsten tag schriftlich. 16in seinem an die klägerin gerichteten schreiben vom 00.00.0000 führte das jugendamt aus, dass diese maßnahme aufgrund des vorliegens fundierter gewichtiger anhaltspunkte für eine akute kindeswohlgefährdung erfolgt sei. das kind sei bis zur gerichtlichen klärung bei seinem vater untergebracht. 17mit schreiben vom selben tag, das vorab per fax übermittelt wurde (eingang 18:03 uhr), machte das jugendamt dem familiengericht im verfahren 00 f 00/19 eine entsprechende mitteilung und ergänzte, dass für die inobhutnahme vor allem das gutachten ausschlaggebend gewesen sei. das bei der klägerin vorliegende münchhausen-by-proxy-syndrom stelle eine akute kindeswohlgefährdung dar, da die symptome des kindes mit sehr hoher wahrscheinlichkeit von ihr gefördert oder hervorgebracht worden seien. sie habe der unterbringung beim kindesvater nicht zugestimmt. 18mit beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - entschied das familiengericht, dass der antrag der klägerin auf erlass einer einstweiligen anordnung vom 00.00.0000 - der vom verfahren 00 f 00/19 abgetrennt worden war - zurückgewiesen werde. hinsichtlich der begehrten herausgabe des kindes mangele es an einem alleinigen aufenthaltsbestimmungsrecht der klägerin. auch für den hilfsweise gestellten antrag auf einräumung eines angemessenen umgangsrechts fehle ein eilbedürfnis. 19mit seiner fachpsychologischen stellungnahme vom 00.00.0000 führte der von der klägerin beauftragte diplom-psychologe prof. e. . u. zusammengefasst aus, dass das gutachten des herrn w3. an gravierenden mängeln leide und kaum verwertbar sei. 20mit beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/18 - setzte das familiengericht ein ordnungsgeld gegen die klägerin fest, weil sie den umgang des kindesvaters nicht gewährte. 21mit beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - übertrug das familiengericht das aufenthaltsbestimmungsrecht für das kind auf antrag des vaters vom 00.00.0000 an diesen. im übrigen wurde die gemeinsame elterliche sorge beibehalten. 22mit beschluss vom 00.00.0000- 00 f 00/19 - billigte das familiengericht den umgangsvergleich der beteiligten vom 00.00.0000. unter anderem wurde die vereinbarung getroffen, dass k. b1. die wochenenden jeder ungeraden kalenderwoche bei der klägerin verbringe. 23am 00.00.0000 erließ das familiengericht im verfahren 00 f 00/19 einen beschluss, dass unter hinweis auf die entscheidung im verfahren 00 f 00/19 von maßnahmen nach § 1666 bgb abgesehen werde. auf die daraufhin von der klägerin erhobene beschwerde entschied das oberlandesgericht i1. mit beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 uf 00/20 -, dass die beschwerde der klägerin verworfen werde. 24am 00.00.0000 erklärte die klägerin telefonisch gegenüber dem petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen landtages, dass die symptome bei ihrem sohn bis heute wiederkehrend aufträten. dieser wandte sich daraufhin am nächsten tag an das zuständige ministerium, das sich mit dem beklagten in verbindung setzte. 25mit bericht des kinderarztes e. . g1. vom klinikum m2. e2. vom 00.00.0000 wurden nach einer vom jugendamt veranlassten untersuchung des jungen am 00.00.0000 als diagnosen „rezidivierende perianale dermatitiden“ und „zum ausschluss sex. übergriff“ benannt. es gebe keine sonstigen auffälligkeiten, insbesondere keine rhagaden, alte narben oder sonstigen trophischen veränderungen. der verdacht einer streptokokken-dermatitis habe sich in q. nicht erhärten lassen. die konsultation der ärztlichen beratungsstelle in c3. sei sinnvoll. tatsächlich bestehe ein starker anamnestischer hinweis auf einen sexuellen missbrauch des kindes. eine gewisse observation der gesamtsituation sei durchaus sinnvoll. 26mit beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 uf 00/19 - wies das oberlandesgericht i. die von der klägerin gegen den beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - erhobene beschwerde zurück und übertrug dem vater zusätzlich die gesundheitsfürsorge für das kind. in der entscheidung wurde unter anderem dargelegt, dass der vater als geeignet zur pflege und erziehung des kindes anzusehen sei. es seien keine greifbaren anhaltspunkte für einen sexuellen missbrauch des kindes ersichtlich. die perianale entzündung im 00.00.0000 sei auf streptokokken und die entzündung im 00.00.0000 auf staphylokokken zurückzuführen. es gebe bislang keine erkenntnisse zu den ursachen der geringgradigen rötung und der festgestellten rhagaden am 00.00.0000. anhaltspunkte für eine anhaltende entzündung gebe es nicht. auch die vom jugendamt ohne wissen des vaters arrangierte untersuchung des kindes am 00.00.0000 in der kinderklinik m2. habe keine auffälligkeiten ergeben. zudem sei eine (diskrete) rötung des anus von der kinderärztin auch in der umgangsfreien zeit am 00.00.0000 festgestellt worden. das kind habe sich bei seinem vater gut entwickelt. nach dem kindergartenbericht aus 00.00.0000 sei ein einnässen dort nicht mehr beobachtet worden. die klägerin sei grundsätzlich erziehungsgeeignet. etwas anderes lasse sich auch dem gutachten des sachverständigen w3. nicht entnehmen. insbesondere gehe der senat nicht davon aus, dass sie an einem münchhausen-by-proxy-syndrom leide. der vorrang des vaters ergebe sich unter anderem wegen seiner besseren bindungstoleranz. das kind habe zu beiden elternteilen eine enge bindung. der einholung weiterer gutachten bedürfe es nicht. die dagegen von der klägerin erhobene anhörungsrüge und gegenvorstellung wurden mit beschluss vom 00.00.0000 zurückgewiesen. 27zur begründung ihrer beim erkennenden gericht am 00.00.0000 erhobenen klage trägt die klägerin folgendes vor: 28die inobhutnahme ihres kindes vom 00.00.0000 sei rechtswidrig erfolgt. ihr fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus gründen der rehabilitierung nach einem tiefgreifenden grundrechtseingriff. die herangehensweise des gutachters w3. , der bei ihr ungefragt ein münchhausen-by-proxy-syndrom festgestellt habe, sei völlig inakzeptabel und unwissenschaftlich. sie beziehe sich dazu maßgeblich auf das privatgutachten des prof. e. . u. vom 00.00.0000. sie habe ein recht auf die feststellung, dass es sich dabei um eine fehldiagnose handele, und nehme bezug auf den bericht der fachärztin für neurologie und psychiatrie, psychosomatische medizin und psychotherapie m3. vom 00.00.0000. das familiengericht habe das im verfahren 00 f 00/19 selbst eingeholte gutachten im gegensatz zum jugendamt nicht verwertet und auch keinen anlass für eilmaßnahmen gesehen. auch das oberlandesgericht i. gehe davon aus, dass sie nicht an einem münchhausen-by-proxy-syndrom leide. die schweren qualitativen mängel des sachverständigengutachtens seien auch für das jugendamt, das sich bei der inobhutnahme darauf gestützt und unter anderem hinsichtlich ihrer befürchteten reaktion auf das gutachten reine mutmaßungen angestellt habe, unschwer zu erkennen gewesen. die internen veranlassungsgründe für die inobhutnahme stimmten nicht mit den gegenüber dem familiengericht angegebenen gründen überein. ungeachtet dessen lasse sich dem gutachten eine akute kindeswohlgefährdung, die ein sofortiges handeln des jugendamtes erfordert hätte, nicht entnehmen, zumal der sachverständige unbegleitete besuchswochenenden mit ihr vorgeschlagen habe. zudem habe seitens des jugendamtes vor der inobhutnahme keine sozialpädagogische krisenintervention stattgefunden. es habe gegen zahlreiche vorschriften - unter anderem §§ 8a, 50 sgb viii - sowie gegen die eigenen handlungsleitlinien in fällen einer kindeswohlgefährdung verstoßen. das jugendamt habe gespräche mit ihr abgelehnt, obwohl sie zu einer zusammenarbeit grundsätzlich bereit sei. auch erbetene hilfeplangespräche hätten nicht stattgefunden. die maßnahme sei zudem unverhältnismäßig. ferner habe das jugendamt vor der inobhutnahme keine familiengerichtliche entscheidung beantragt, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. eine klärung im bereits anhängigen familiengerichtlichen verfahren hätte abgewartet werden müssen, zumal noch fristen zur stellungnahme zum gutachten gelaufen seien. das jugendamt habe ohne eine ermächtigungsgrundlage - § 42 sgb viii sei nicht einschlägig - gehandelt und amtsanmaßend eine gerichtliche entscheidung nach § 1671 bgb ersetzt. die entscheidung des jugendamtes zur inobhutnahme sei unmittelbar nach erhalt des 150-seitigen gutachtens des herrn w3. am 00.00.0000 zur mittagszeit gefallen, sodass es das gutachten offenbar nicht vollständig gelesen habe. die nötige abklärung durch qualifizierte fachkräfte habe nicht stattgefunden. das in diesem fall nicht neutral eingestellte jugendamt habe offenbar dem kindesvater einen vorteil verschaffen wollen, denn anders sei die beendigung der inobhutnahme am folgetag - gemeint: am selben tag - nicht zu erklären. die maßnahme sei auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil das jugendamt ursprünglich sogar eine strafanzeige gegen den kindesvater erstattet habe und von einer sicheren bindung des kindes an sie - die klägerin - ausgegangen sei. hinsichtlich der rechtswidrigkeit der inobhutnahme verweise sie auch auf ihren an das oberlandesgericht i. (00-00 uf 00/19) gerichteten schriftsatz vom 00.00.0000 zur begründung ihrer anhörungsrüge. ihr versuch, in der vergangenheit eine klärung der ärztlich dokumentierten entzündungen und der aussagen ihres jungen herbeizuführen, sei daran gescheitert, dass sich der kindesvater zwei mal geweigert habe, mit ihr eine beratungsstelle aufzusuchen. sie habe lediglich einmal am 00.00.0000 einen umgang des kindes mit seinem vater verweigert, weil der ausschließlich von sachkundigen dritten aufgeworfene missbrauchsverdacht noch im raum gestanden habe und sie kurzfristig überrumpelt worden sei. der vorwurf, sie sei bindungsintolerant, sei falsch, was durch die unerschütterte beziehung des kindes zu seinem vater belegt werde. sie habe lediglich jeweils zwei ärzte und beratungsstellen konsultiert und ihren sohn nicht wöchentlich zu einer ärztlichen untersuchung vorgestellt. nach den feststellungen einer erzieherin von 00.00.0000 habe k. b1. nach der unterbringung bei seinem vater wieder vermehrt eingenässt. die sichtweise des kindesvaters, dass k. b1. keine auffälligkeiten zeige und sich seit der herausnahme gut entwickelt habe, stehe im widerspruch zu den getroffenen feststellungen der c4. b2. c5. gegen w4. und n1. von l2. e.v. vom 00.00.0000 nach zwölf diagnostikterminen. die angst vor einem drachen in verbindung mit schmerzen am anus sei nach wie vor ein belastungsthema für den jungen. seine rückkehr in ihren haushalt entspreche dem kindeswohl. wie eine akteneinsicht bei der behörde ergeben habe, habe das jugendamt dem erkennenden gericht keine vollständigen verwaltungsvorgänge, die ihr kind und sie selbst beträfen, überreicht. 29ferner sei im zusammenhang mit der inobhutnahme gegen datenschutzbestimmungen verstoßen worden. insoweit verweise sie auf die stellungnahme des sachverständigen h. für datenschutz vom 00.00.0000. 30auch die kindeswohlgefährdende vorstellung ihres sohns am 00.00.0000in der klinik e2. durch das jugendamt während eines laufenden familiengerichtlichen beschwerdeverfahrens sei ungekündigt und unter anmaßung von richterlichen kompetenzen erfolgt. dies sei gezielt manipulativ geschehen, sodass das ergebnis quasi vorprogrammiert gewesen sei. auch insoweit habe sich der beklagte kindeswohlschädlich verhalten. 31ebenso wenig hätten die voraussetzungen für die kindeswohlgefährdende einleitung und fortführung des verfahrens nach § 8a sgb viii durch das jugendamt im 00.00.0000 vorgelegen. es verwundere sie - die klägerin -, dass der anlass für dieses verfahren laut jugendamt ein schriftsatz gewesen sein solle, den sie dem oberlandesgericht i. unter anderem mit tatsachenvortrag übermittelt habe. 32die klägerin hat ursprünglich in ihrer klageschrift beantragt, 33festzustellen, dass die inobhutnahme des kindes der klägerin k. b1. w1. , geb. am 00.00.0000, vom 00.00.0000 rechtswidrig ist, und die beklagte dazu zu verpflichten, das kind umgehend an die kindesmutter herauszugeben. 34mit schriftsatz vom 00.00.0000 hat die klägerin zudem beantragt, 35festzustellen, dass aus dem sachverständigengutachten k1. w3. vom 00.00.0000, der kindesmutter kenntlich gemacht am 00.00.0000, nicht hergeleitet werden kann, dass die kindesmutter am münchhausen-by-proxy-syndrom erkrankt ist und es sich somit um eine falschdiagnose des sachverständigen w3. handelt, 36am 00.00.0000 hat die klägerin mit der formulierung „erweitere ich meinen antrag…“ beantragt 37die feststellung der rechtswidrigkeit der datenverarbeitung in dem hier angefochtenen verwaltungsakt gemäß artikel 79 dsgvo. 38mit schriftsatz vom 00.00.0000 hat die klägerin mit dem zusatz „… wird der klageantrag … neu gefasst …“ beantragt, 391. festzustellen, dass die am 00.00.0000 durch das jugendamt des beklagten erfolgte „inobhutnahme“ des am 00.00.0000 geborenen kindes k. b1. w1. rechtswidrig war und sie in ihren rechten verletzte, 40und im wege der klageerweiterung beantragt, 412. festzustellen, dass die vorstellung des am 00.00.0000 geborenen kindes k. b1. w1. am 00.00.0000 bei der kinderklinik m2. durch das jugendamt des beklagten rechtswidrig war, 423. festzustellen, dass das beim jugendamt des beklagten laufende, im 00.00.0000 nach § 8a sgb viii eingeleitete verfahren betreffend k. b1. w1. , geboren am 00.00.0000, rechtswidrig ist und die klägerin in ihren rechten verletzt. 43in der mündlichen verhandlung hat die klägerin erklärt, sie verfolge lediglich die mit schriftsatz vom 00.00.0000 angekündigten anträge weiter. sie beantragt nunmehr, 441. festzustellen, dass die am 00.00.0000 durch das jugendamt des beklagten erfolgte inobhutnahme des am 00.00.0000 geborenen kindes k1. b1. w1. rechtswidrig war, 452. festzustellen, dass die veranlasste vorstellung des am 00.00.0000 geborenen kindes k. b1. w1. am 00.00.0000 bei der kinderklinik m2. durch das jugendamt des beklagten rechtswidrig war, und 463. festzustellen, dass das beim jugendamt des beklagten laufende im t4. 0000 nach § 8a sgb viii eingeleitete verfahren betreffend k. b1. w1. , geb. am 00.00.0000, rechtswidrig war. 47der beklagte beantragt, 48die klage abzuweisen. 49nach seiner auffassung sei die fortsetzungsfeststellungsklage mangels eines fortsetzungsfeststellungsinteresses bereits unzulässig. unabhängig davon habe im zeitpunkt der inobhutnahme eine dringende gefährdung des kindeswohls bestanden. anhaltspunkte für eine nichteignung des gutachters w3. , mit dem das familiengericht bislang gute erfahrungen gemacht habe, hätten nicht vorgelegen. aufgrund der vom gutachter diagnostizierten erkrankung der klägerin und festgestellten erziehungsunfähigkeit sowie der von ihr gezeigten verhaltensweisen sei zu befürchten gewesen, dass sie nach kenntnis des gutachtens überkompensieren und das kind weiter schädigen würde. die zuständige mitarbeiterin des jugendamtes habe sich am 00.00.0000 nach erhalt des gutachtens umgehend mit zwei weiteren fachkräften zur einschätzung des gefährdungsrisikos beraten. sie seien gemeinsam zu dem ergebnis gelangt, dass allein die feststellungen des sachverständigen ausgereicht hätten, um k. b1. in obhut zu nehmen und zum kindesvater zu bringen. die von der klägerin immer wieder gegen den kindesvater erhobenen anschuldigungen seien nicht durch tatsachen belegt. ihr verhalten, den anus ihres kindes zum nachweis der von ihr behaupteten sexuellen übergriffe des kindesvaters fast wöchentlich ärztlich untersuchen zu lassen, sei kindeswohlgefährdend. dies habe zu panischen reaktionen des kindes auf arztbesuche geführt, sodass eine untersuchung im krankenhaus nur nach einer sedierung habe erfolgen können. hinzu komme, dass die klägerin seit der trennung vom kindesvater immer wieder versucht habe, dessen umgangskontakte mit dem kind z. b. aus dem grund zu unterbinden, dass sich der junge bei einem besuch beim vater mit einer nicht der witterung entsprechenden kopfbedeckung im freien aufgehalten habe. das oberlandesgericht i. habe der klägerin zusätzlich zum aufenthaltsbestimmungsrecht auch die gesundheitssorge für das kind entzogen. ihr sohn habe sich seit der unterbringung bei seinem vater positiv entwickelt. das jugendamt sei in dem fall nie voreingenommen gewesen. eine sozialpädagogische krisenintervention vor der inobhutnahme oder das abwarten auf die klärung durch das familiengericht, das am 00.00.0000 darüber informiert worden sei, sei nicht nötig gewesen. die klägerin allein habe durch ihr verhalten veranlassung für die erstattung der strafanzeige gegeben. das privatgutachten des prof. e. . u. vom 00.00.0000 sei ungeachtet der frage seiner richtigkeit schon deshalb unbeachtlich, weil es im maßgeblichen zeitpunkt der inobhutnahme nicht vorgelegen habe. gleiches gelte für den bericht der b2. c5. gegen w4. und n1. von l2. e.v. vom 00.00.0000, der im übrigen eine reihe von - näher benannten - unstimmigkeiten und unklarheiten aufweise. 50die vorstellung des kindes in der kinderklinik m2. am 00.00.0000 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt. nachdem das jugendamt kenntnis von der petition der klägerin und deren inhalt erlangt habe, habe es umgehend ein verfahren nach § 8a sgb viii zur überprüfung einer kindeswohlgefährdung eingeleitet, den arzttermin vereinbart und den kindesvater am 00.00.0000 telefonisch gebeten, den termin mit k. b1. wahrzunehmen. da der arzt keine verletzungen/entzündungen im analbereich des kindes habe feststellen können, sei das verfahren beendet worden. die klageerweiterung sei im hinblick darauf, dass das jugendamt dem von der klägerin selbst erhobenen verdacht nachgegangen sei, nicht verständlich. 51ebenso sei im 00.00.0000 rechtmäßig ein verfahren nach § 8a sgb viii eingeleitet worden. dies sei darauf zurückzuführen, dass die klägerin beim oberlandesgericht i. vorgetragen habe, es komme seit dem wechsel ihres kindes in den väterlichen haushalt weiterhin zu auffälligkeiten des jungen und entzündungen am after, und lichtbilder vom analbereich ihres kindes vorgelegt habe. den gesprächstermin beim jugendamt am 00.00.0000 habe sie nicht wahrgenommen. um eine kindeswohlgefährdung durch das ständige fotografieren abzuwenden, habe eine schutzvereinbarung abgeschlossen werden sollen. diese sei von der klägerin nicht unterschrieben worden. wegen ihrer schriftlichen erklärung, dass sie zukünftig keine fotos mehr von ihrem jungen anfertigen werde, sei das verfahren beendet gewesen. dass das jugendamt im rahmen der gefährdungseinschätzung angesichts der schweren anschuldigungen zunächst gespräche mit den mitarbeitern der l. geführt habe, entspreche der üblichen vorgehensweise. der kindesvater sei vor der klägerin informiert worden, weil er das jugendamt wegen der von der klägerin gegen ihn erhobenen massiven vorwürfe um eine klärung gebeten habe. 52mit beschluss vom 00.00.0000 hat die kammer das verfahren hinsichtlich der von der klägerin begehrten feststellung der rechtswidrigkeit der datenverarbeitung im angegriffenen verwaltungsakt abgetrennt und an die dafür zuständige 00. kammer abgegeben. aufgrund der klägerischen mitteilung vom 00.00.0000, dass es sich bei den gerügten datenschutzverstößen nicht um einen eigenständigen klageantrag, sondern lediglich um ein element der klagebegründung handele, ist das verfahren (00 k 00/21) als auf sonstige weise erledigt eingestuft worden. 53wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte dieses verfahrens (bis zur mündlichen verhandlung 548 seiten), der beigezogenen akten des familiengerichts zum verfahren 00 f 00/19 (zwei bände mit insgesamt 503 seiten) sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten (zwei bände mit insgesamt 273 seiten) verwiesen. 54 | 55das verfahren war einzustellen, soweit die klägerin die klage in der mündlichen verhandlung hinsichtlich der mit klageerhebung am 00.00.0000 zunächst auch beantragten verpflichtung des beklagten, das kind umgehend an sie herauszugeben, sinngemäß zurückgenommen hat. gleiches gilt für die von der klägerin in der sitzung entsprechend erklärte rücknahme ihres auf die feststellung gerichteten klageantrags vom 00.00.0000, dass der sachverständige w3. bei ihr fälschlicherweise das münchhausen-by-proxy-syndrom diagnostiziert habe (§ 92 abs. 3 vwgo). 56soweit die klage noch anhängig ist, hat sie nur teilweise erfolg. die klägerin hat einen anspruch auf die feststellung, dass die am 00.00.0000 erfolgte inobhutnahme des kindes k. b1. durch das jugendamt rechtswidrig war (1.). im übrigen war die klage hinsichtlich der begehrten feststellung der rechtswidrigkeit von anderweitigem verwaltungshandeln des jugendamtes - veranlassung der vorstellung des kindes beim klinikum m2. e2. am 00.00.0000 (2.) und durchführung eines im 00.00.0000 eingeleiteten verfahrens nach § 8a sgb viii (3.) - abzuweisen. 571. soweit die klägerin ihren in der mündlichen verhandlung gestellten klageantrag zu 1. weiter aufrechterhalten hat, geht das gericht zu ihren gunsten davon aus, dass es sich bei der mit schriftsatz vom 00.00.0000 formulierten und von ihr als maßgeblich erklärten neufassung ihres ursprünglichen antrags nicht um eine objektive klageänderung im sinne des § 91 vwgo, sondern lediglich um die klarstellung des von anfang an gewollten handelt. namentlich nimmt die kammer an, dass die klägerin, die nach dem wortlaut ihrer klageschrift vom 00.00.0000 zunächst die feststellung der rechtswidrigkeit einer noch andauernden inobhutnahme („rechtswidrig ist“) beantragt hat, von vornherein die feststellung der rechtswidrigkeit der mit der herausgabe des kindes an den sorgeberechtigten vater nach § 42 abs. 4 nr. 1 sgb viii bereits am 00.00.0000 beendeten inobhutnahme („rechtswidrig war“) begehrt hat. denn nach dem sog. grundsatz der rechtsschutzgewährenden auslegung ist im zweifelsfall anzunehmen, dass das rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist. dass die klägerin schon im zeitpunkt der klageerhebung anwaltlich vertreten war, ist unbeachtlich, weil der vorbezeichnete grundsatz auch bei von rechtskundigen prozessvertretern abgegebenen prozesserklärungen zur anwendung kommt. 58so grundlegend in ständiger rechtsprechung bfh, u.a. urteile vom 19. april 2007 - iv r 28/05 -, juris rn. 18 f., und vom 25. juni 2014 - i r 29/13 -, juris rn. 12, jeweils m. w. n.; siehe zum obigen grundsatz ferner baylsg, beschluss vom 23. september 2020 - l 11 sf 263/20 ab -, juris rn. 12; ovg nrw, beschluss vom 28. februar 2020 - 4 b 813/18 -, juris rn. 19 ff. 59die so verstandene klage ist als fortsetzungsfeststellungsklage zulässig - a) - und begründet - b) -. 60a) die fortsetzungsfeststellungsklage ist für - wie hier - vorprozessual erledigte verwaltungsakte analog § 113 abs. 1 satz 4 vwgo statthaft. 61vgl. bverwg, urteil vom 14. juli 1999 - 6 c 7/98 -, juris rn. 20 ff., und urteil vom 25. juli 2007 - 6 c 39/06 -, juris rn. 23. 62sie ist auch im übrigen zulässig; insbesondere ist ein fortsetzungsfeststellungsinteresse gegeben. 63nach § 113 abs. 1 satz 4 vwgo spricht das gericht in den fällen, in denen sich der verwaltungsakt vorher durch zurücknahme oder anders erledigt hat, auf antrag durch urteil aus, dass der verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an dieser feststellung hat. 64ein berechtigtes ideelles interesse in form einer rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen maßnahme eine stigmatisierung des betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein ansehen in der öffentlichkeit oder im sozialen umfeld herabzusetzen. diese stigmatisierung muss außenwirkung erlangt haben und noch in der gegenwart andauern. die schwelle wird erst mit dem konkreten personenbezogenen vorwurf eines schuldhaft-kriminellen verhaltens überschritten. 65vgl. jeweils im zusammenhang mit einer glücksspiel-rechtlichen untersagung bverwg, urteile vom 20. juni 2013 - 8 c 39.12 -, juris rn. 24, und vom 16. mai 2013 - 8 c 14.12 -, juris rn. 25; im zusammenhang mit einer inobhutnahme unter bezugnahme auf diese entscheidungen ovg nrw, beschluss vom 23. september 2015 - 12 a 1787/15 -, juris rn. 11. 66nach der jüngeren rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen kann ein rehabilitationsinteresse nicht offensichtlich ausgeschlossen werden, wenn die inobhutnahme von l2. - jedenfalls wenn sie mit der herausnahme der kinder aus öffentlichen einrichtungen (kindergarten, schule) einhergeht - eine gewisse außenwirkung hat und dem ansehen des oder der sorgeberechtigten in der öffentlichkeit und im sozialen umfeld nicht zuträglich ist. ein fortsetzungsfeststellungsinteresse dürfte in fällen dieser art jedenfalls in bezug auf den mit einer inobhutnahme einhergehenden erheblichen grundrechtseingriff in das durch art. 6 abs. 2 satz 1 gg geschützte elternrecht nicht ohne weiteres zu verneinen sein. 67vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. märz 2019 - 12 e 805/18 -, juris rn. 6, und beschluss vom 24. august 2020 - 12 e 123/19 -, juris rn. 9; demgegenüber kritisch im falle eines kurzen zeitraums zwischen inobhutnahme und deren erledigung in nur vier stunden hess. vgh, urteil vom 8. september 2020 - 10 a 82/19 -, juris rn. 33. 68daran gemessen ist hier ein fortsetzungsfeststellungsinteresse der klägerin zu bejahen. zwar ist eine stigmatisierung ihrer person, die zudem noch fortbestehen muss, zweifelhaft. denn die inobhutnahme von k. b1. wurde am 00.00.0000 durch das jugendamt intern in der l. m1. abgewickelt und der junge sodann - nach relativ kurzer zeit - seinem sorgeberechtigten vater übergeben. laut dem vermerk einer erzieherin vom 00.00.0000 saß diese mit der klägerin in einem anderen raum der kindestagesstätte und eröffnete ihr die maßnahme; die gesprächsatmosphäre war demnach ruhig, sodass die inobhutnahme kaum bzw. kein aufsehen erregt haben dürfte. die abholung des kindes von der l. durch seinen vater war zudem nichts ungewöhnliches, weil bereits dessen umgangskontakte mit k. b1. auf diese weise bewerkstelligt wurden. der klägerin wurde vom jugendamt auch kein schuldhaft-kriminelles verhalten vorgeworfen, sondern auf einem angenommenen münchhausen-by-proxy-syndrom beruhende und somit krankheitsbedingte verhaltensweisen. dass sich die vom jugendamt unterstellte diagnose in der öffentlichkeit verbreitete, ist jedenfalls in erster linie auf die klägerin selbst zurückzuführen, weil sie sich nicht nur an zahlreiche personen und institutionen wie unter anderem ärzte, gerichte und beratungsstellen - die zur verschwiegenheit verpflichtet sind -, sondern auch an die presse und das fernsehen wandte. jedoch nimmt die kammer im hinblick auf die jüngere rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen zu gunsten der klägerin das fortsetzungsfeststellungsinteresse im hinblick auf den tiefgreifenden eingriff in ihr durch art. 6 abs. 2 satz 1 gg geschütztes elternrecht an. 69b) die fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. die inobhutnahme des kindes k. b1. durch das jugendamt vom 00.00.0000 war rechtswidrig und hat die klägerin in ihren rechten verletzt. 70nach § 8a abs. 2, § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii ist das jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein kind oder einen jugendlichen in seine obhut zu nehmen, wenn eine dringende gefahr für das wohl des kindes oder des jugendlichen die inobhut-nahme erfordert und, sofern - wie im vorliegenden fall - ein personensorgeberechtigter widerspricht, eine familiengerichtliche entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. die genannten voraussetzungen waren im vorliegenden fall nicht sämtlich erfüllt. 71eine gefahr im kinder- und jugendhilferechtlichen sinn liegt - wie im allgemeinen gefahrenabwehrrecht - dann vor, wenn im zeitpunkt der behördlichen entscheidung im rahmen der prognostischen ex-ante-betrachtung bei ungehinderten ablauf des zu erwartenden geschehens der eintritt des schadens hinreichend wahrscheinlich ist. die hinreichende wahrscheinlichkeit verlangt einerseits nicht gewissheit, dass der schaden eintreten wird. andererseits genügt die bloße möglichkeit eines schadenseintritts grundsätzlich nicht zur annahme einer gefahr. dabei ist allerdings zu beachten, dass hinsichtlich des grades der wahrscheinlichkeit insbesondere mit blick auf das betroffene schutzgut differenziert werden muss: je größer und folgen-schwerer der möglicherweise eintretende schaden ist, umso geringer sind die anforderungen, die an die wahrscheinlichkeit zu stellen sind. wo es um den schutz besonders hochwertiger schutzgüter geht, kann deshalb auch schon eine entfernte möglichkeit eines schadens die begründete befürchtung seines eintritts auslösen. von letzterem ist im jugendhilferecht regelmäßig auszugehen. 72vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 22. dezember 2017 - 12 b 1553/17 -, juris rn. 11, vom 7. november 2007 - 12 a 635/06 -, juris rn. 9, und vom 27. februar 2007 - 12 b 72/07 -, juris rn. 30 ff., jeweils m. w. n. 73eine gefahr für das kindeswohl liegt vor, wenn eine gefahr für die kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer fortdauer eine erhebliche schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen wohls des kindes mit ziemlicher sicherheit voraus-sehen lässt; typische anwendungsfälle sind kindesmisshandlung, sexuelle gewalt und w4. . 74vgl. dazu ovg nrw, beschlüsse vom 31. oktober 2019 - 12 b 448/19 -, juris rn. 17, vom 20. dezember 2016 - 12 b 1262/16 -, juris rn. 17, und vom 8. november 2006 - 12 b 2077/06 -, juris rn. 10, m. w. n. 75der umstand, dass die inobhutnahme nach § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii das vorliegen einer "dringenden" gefahr voraussetzt, begründet für den anzuwendenden gefahrenbegriff keine wesentlichen inhaltlichen änderungen. eine "dringende gefahr" besteht zwar nicht schon bei einer "bevorstehenden" oder "drohenden" gefahr, aber auch nicht erst bei einer "unmittelbar bevorstehenden gefahr". 76vgl. dazu ovg nrw, beschlüsse vom 31. oktober 2019 - 12 b 448/19 -, juris rn. 19, und vom 7. november 2007 - 12 a 635/06 -, juris rn. 13, m. w. n. 77die annahme einer dringenden gefahr für das kindeswohl muss jedoch durch konkrete tatsachen gerechtfertigt sein, wobei das jugendamt im rahmen des möglichen zu prüfen hat, ob die hinweise, die auf eine solche gefahr schließen lassen, zutreffend sind. 78vgl. bayvgh, beschluss vom 9. januar 2017 - 12 cs 16.2181 -, juris rn. 12; kirchhoff, in: jurispk-sgb viii, 2. aufl. 2018 (stand: 15. dezember 2020), § 42 rn. 79. 79daran gemessen lag hier im maßgeblichen zeitpunkt der inobhutnahme am 00.00.0000 keine dringende gefahr für das wohl des kindes k. b1. vor. 80das jugendamt stützte sich, wie sich aus seinem schreiben an das familiengericht vom 00.00.0000 ergibt, bei der inobhutnahme des jungen maßgeblich auf das vom familiengericht im verfahren 00 f 00/19 eingeholte gutachten des facharztes für kinder- und jugendpsychiatrie, psychotherapie und diplom-sozialpädagoge w3. vom n. j1. für forensische psychiatrie des kindes- und jugendalters, das das datum „ 00.00.0000“ trägt und dem jugendamt am 00.00.0000 vorlag. das jugendamt ging davon aus, dass der gutachter bei der klägerin das sog. münchhausen-by-proxy-syndrom festgestellt habe, weil diese ihr kind überobligatorisch häufig ärzten zum zwecke der untersuchung von rötungen seines analbereichs vorgestellt habe. dieses syndrom geht mit dem erfinden, übersteigern oder tatsächlichen verursachen von krankheiten oder symptomen bei dritten, mehrheitlich l2. einher, meist um anschließend eine medizinische behandlung zu verlangen und/oder um selbst die rolle eines scheinbar liebe- und aufopferungsvollen pflegenden zu übernehmen. dabei handelt es sich um eine subtile form der kindesmisshandlung, die bis zum tod des opfers führen kann. die täter - 90 bis 95 % sind frauen - sind meistens die leiblichen mütter. 81vgl. „artifizielle störungen: rätselhaft und gefährlich“ von september 2010, https://www.aerzteblatt.de. 82ferner nahm das jugendamt an - was ebenfalls aus seinem schreiben an das familiengericht vom 00.00.0000 hervorgeht -, dass die symptome bei dem kind mit hoher wahrscheinlichkeit von der klägerin selbst gefördert oder hervorgebracht worden seien. zudem wurde befürchtet, dass die klägerin nach sichtung des gutachtens des herrn w3. überreagieren und das kind weiter schädigen könnte. hinzu kommt, dass nach den darlegungen des jugendamtes in der mündlichen verhandlung auch die vorgeschichte in die entscheidung eingeflossen sei. demnach sei der klägerin daran gelegen gewesen, den umgang des kindesvaters mit dem jungen zu verhindern. die situation habe sich im laufe der zeit zugespitzt. außerdem hätten die behandelnden ärzte der kinderklinik des t2. . w2. -l1. q. telefonisch erklärt, dass ihre ursprüngliche einschätzung zu einem sexuellen missbrauch des kindes im wesentlichen auf den angaben der klägerin beruht habe; beim zweiten stationären aufenthalt des jungen habe sich ein arzt im rahmen eines telefonats zu einem etwaigen sexuellen missbrauch deutlich kritischer geäußert. die von der klägerin erwähnten äußerungen ihres kindes, die auf einen solchen missbrauch hingedeutet hätten, seien nie gegenüber dritten wie z. b. den erzieherinnen gefallen; auch die körperlichen symptome des jungen seien nur bei der klägerin aufgetreten. des weiteren sei der kontakt des kindes mit seinem vater, dessen strafverfahren am 00.00.0000 abgeschlossen gewesen sei, vom jugendamt als herzlich und deutlich unproblematischer wahrgenommen worden, beispielsweise was das verzehren von süßen nahrungsmitteln anbelange. in der gesamtschau habe das jugendamt daher nach erhalt des gutachtens ein schnelles einschreiten noch am selben tag für geboten gehalten. 83diese annahmen des jugendamtes vermögen die inobhutnahme des kindes k. b1. indes nicht zu tragen. dabei kann offen bleiben, ob das letztlich den ausschlag für diese maßnahme gebende gutachten des herrn w3. - wie der von der klägerin beauftragte diplom-psychologe prof. e. . u. in seiner fachpsychologischen stellungnahme vom 00.00.0000 im einzelnen monierte - tatsächlich an schwerwiegenden mängeln leidet und deshalb kaum bzw. nicht zu verwerten ist. denn nach ansicht des gerichts lässt sich jedenfalls diesem gutachten eine gesicherte diagnose eines münchhausen-by-proxy-syndroms bei der klägerin nicht entnehmen, wenngleich zu gunsten des jugendamtes zu konzedieren ist, dass das gutachten mitunter die wünschenswerte klarheit vermissen lässt. der sachverständige äußerte lediglich einen verdacht, indem er ausführte, dass das vorliegen eines münchhausen-by-proxy-syndroms bei der klägerin, deren erziehungsfähigkeit und bindungstoleranz - im gegensatz zum kindesvater - in erheblicher weise eingeschränkt sei, „fraglich“ bzw. „möglich“ sei (s. 128 f.) bzw. dass für dieses syndrom „durchaus“ „warnhinweise“ zu erkennen seien (s. 138). diese sichtweise der kammer deckt sich mit der auffassung des oberlandesgerichts i. im beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 uf 00/19 -, mit dem die beschwerde der klägerin gegen die übertragung des aufenthaltsbestimmungsrechts für das kind auf dessen vater (beschluss des familiengerichts vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 -) zurückgewiesen und dem vater überdies die gesundheitsfürsorge für k. b1. zur alleinigen ausübung übertragen wurde. der senat gelangte nach auswertung des gutachtens zu dem ergebnis, dass die klägerin nicht an einem münchhausen-by-proxy-syndrom leide und auch grundsätzlich erziehungsgeeignet sei. deshalb kann auch dahingestellt bleiben, ob die von der klägerin eingeholten - sehr knapp gehaltenen stellungnahmen - der fachärztin für neurologie und psychiatrie, psychosomatische medizin und psychotherapie m3. vom 00.00.0000 und der diplom-psychologin s2. vom 00.00.0000 aussagekräftig sind, wonach bei der klägerin keine behandlungsbedürftige psychische krankheit, sondern lediglich eine belastungsreaktion wegen der erfolgten inobhutnahme ihres kindes vorliege. 84ebenso wenig geht aus dem vom jugendamt als maßgeblich eingestuften gutachten des herrn w3. deutlich hervor, dass eine akute kindeswohlgefährdung und ein sofortiger handlungsbedarf für eine herausnahme des jungen aus dem mütterlichen haushalt bestanden. zwar heißt es gegen ende des gutachtens (seite 145), dass das aufenthaltsbestimmungsrecht für das kind dem vater zu übertragen sein „dürfte“ und der lebensmittelpunkt des jungen nun „zwingend“ wechseln sollte. zugleich sprach sich der gutachter aber - unter gewissen bedingungen - für besuchskontakte des kindes mit der klägerin an jedem zweiten wochenende aus. dass die auf veranlassung der klägerin nach aktenlage seit f1. 0000 relativ oft durchgeführten ärztlichen untersuchungen des lediglich vereinzelt geröteten anus ihres seinerzeit etwa vierjährigen kindes, die teilweise nur unter sedierung erfolgen konnten, nicht uneingeschränkt dem kindeswohl dienten, liegt - wie bereits das oberlandesgericht i. darlegte - auf der hand. davon ging auch der gutachter w3. aus („… erscheint sicherlich eher kindeswohlfeindlich als kindeswohldienlich zu sein …“, s. 146, „ausgesprochen kindeswohlschädlich“, „erhebliche kindeswohlbeeinträchtigung“, s. 147). jedoch lässt sich ein umkehrschluss, dass die relativ häufigen inspektionen des analbereichs eine dringende gefahr für das kindeswohl im sinne des § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii begründeten, daraus nicht ohne weiteres ziehen. daher kann es auch auf sich beruhen, ob der vortrag der klägerin zutreffend ist, dass ihr zu dieser vorgehensweise von fachleuten und kinderärzten geraten worden sei. die auffassung der kammer wird auch dadurch gestützt, dass die für das verfahren 00 f 00/19 zuständige und mit dem fall auch aus den anderen zahlreichen familiengerichtlichen verfahren vertraute s. am amtsgericht nach eingang des gutachtens am 00.00.0000 keine veranlassung für sofortige maßnahmen im hinblick auf das wohl von k. b1. sah. denn sie erließ keine einstweilige anordnung, gab den beteiligten der sache mit verfügung vom 00.00.0000 gelegenheit zur stellungnahme mit einer fristsetzung von zwei wochen und beraumte unter dem 00.00.0000 einen verhandlungstermin für den 00.00.0000 an. auch in der folgezeit zog die s. am amtsgericht aus dem gutachten des herrn w3. keine für die klägerin nachteiligen schlüsse. 85im hinblick auf die vermutung des jugendamtes, dass die klägerin die symptome am anusbereich ihres kindes selbst verursacht habe, ergeben sich aus den akten ebenfalls keine zureichenden anhaltspunkte. gleiches gilt für die besorgnis des jugendamtes, dass die klägerin auf die im gutachten des herrn w3. getroffenen feststellungen ihre person betreffend im hinblick auf das wohl des kindes eskalierend reagieren und dieses (weiter) schädigen könnte. denn es gibt insbesondere keine anzeichen von körperlichen misshandlungen des kindes durch die klägerin in der vergangenheit; vielmehr wird ihr verhältnis zu ihrem sohn ausnahmslos - auch vom jugendamt sowie vom gutachter w3. - als innig beschrieben. 86auf die weiteren von der klägerin thematisierten gesichtspunkte kommt es nicht mehr an, weil der streitgegenstand in diesem verfahren bezüglich des klageantrags zu 1. lediglich die überprüfung der rechtmäßigkeit der inobhutnahme ihres kindes nach § 42 sgb viii ist. dies gilt insbesondere in bezug auf ihre regelmäßig, auch gegenwärtig noch wiederholten andeutungen, der kindesvater missbrauche den jungen sexuell - was übrigens nach aktenlage noch nicht einmal ärztlicherseits festgestellt wurde -, sowie in bezug auf die ursache der in der vergangenheit von ärzten festgestellten rötungen des anus ihres kindes. die frage, bei welchem elternteil k. b1. besser aufgehoben ist, unterliegt nicht der verwaltungsgerichtlichen prüfungskompetenz. 87zudem mangelt es vorliegend an der weiteren voraussetzung § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 b) sgb viii, dass vor der inobhutnahme eine familiengerichtliche entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte. diese tatbestandsalternative ist zu prüfen, weil die klägerin als einer der sorgeberechtigten elternteile der inobhutnahme ihres sohnes am 00. und 00.00.0000 widersprach. 88die vorschrift des § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 b) sgb viii verdeutlicht, dass die inob-hutnahme gegenüber familiengerichtlichen entscheidungen nachrangig ist und des-halb grundsätzlich nur in besonders gelagerten akuten gefährdungssituationen in betracht kommt. 89vgl. ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 28. märz 2017 - ovg 6 s 8.17 -, juris rn. 7. 90die kompetenz des jugendamtes nach § 42 sgb viii ist nach der gesetzlichen konzeption in abs. 3 der vorschrift, die entweder eine unverzügliche familiengerichtliche entscheidung (satz 2 bis 4) oder ein unverzügliches verfahren zur gewährung von hilfen (satz 5, §§ 36 ff. sgb viii) verlangt, eine enge notkompetenz bzw. eine befugnis in eil- und notfällen. 91vgl. vg schwerin, urteil vom 3. juni 2015 - 6 a 719/12 -, juris rn. 36; trenczeck, in: münder u.a., frankf. komm. sgb viii 8. auflage 2019, § 42 rn. 1. 92wenn möglich soll gemäß § 8a abs. 2 satz 1 und § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 b) sgb viii das in erster linie zum eingriff in die elterliche sorge berufene familiengericht tätig werden. nur wenn dies ausgeschlossen ist und seine entscheidung wegen der dringlichkeit der gefahr nicht abgewartet werden kann (§ 8a abs. 2 satz 2 sgb viii), darf das jugendamt entscheiden und tätig werden. 93eine familiengerichtliche entscheidung kann i. s. v. § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii nicht schon dann rechtzeitig, 94vgl. ovg nrw, beschluss vom 21. dezember 2015 - 12 e 717/15 -, n. v., 95eingeholt werden, wenn das familiengericht vor der inobhutnahme noch hätte angerufen werden können, sondern erst dann, wenn eine familiengerichtliche entscheidung, und sei es eine einstweilige anordnung, zur begegnung der kindeswohlgefährdung rechtzeitig hätte erwirkt werden können. 96vgl. dazu ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 4. märz 2016 - 6 s 60.15 -, juris rn. 4. 97dies zugrunde gelegt stand § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 b) sgb viii einer rechtmäßigen inobhutnahme von k. b1. ebenfalls entgegen. selbst wenn eine dringende gefahr für das kindeswohl vorgelegen hätte, wäre eine familiengerichtliche entscheidung rechtzeitig vor der maßnahme zu erreichen gewesen. nach aktenlage setzte das jugendamt das familiengericht erst am abend des 00.00.0000 schriftlich von der bereits erfolgten inobhutnahme in kenntnis. soweit eine jugendamtsmitarbeiterin in der mündlichen verhandlung erstmalig geltend gemacht hat, sie habe an diesem tag vor der durchführung der inobhutnahme mit der ihr unter anderem aus dem laufenden verfahren 00 f 00/19 bekannten s. am amtsgericht telefoniert und ihr von der beabsichtigten maßnahme berichtet, folgt daraus keine andere bewertung. denn die mitarbeiterin hat den genauen gesprächsablauf nicht mehr rekonstruieren können. nach ihrer erinnerung habe die s. damals sinngemäß geäußert, dass das jugendamt gemäß seiner einschätzung handeln solle; ob auch über den vorrangigen erlass einer einstweiligen anordnung durch das familiengericht gesprochen worden sei, wisse sie - die jugendamtsmitarbeiterin - nicht mehr. 982. die klage bleibt ohne erfolg, soweit die klägerin die feststellung begehrt, dass die vom jugendamt veranlasste vorstellung des kindes bei der kinderklinik m2. am 00.00.0000 rechtswidrig gewesen sei. diesen antrag hat die klägerin mit schriftsatz vom 00.00.0000 im wege einer klageerweiterung in das verfahren eingeführt und ihn darüber hinaus in der mündlichen verhandlung umformuliert. ungeachtet der frage, ob hierfür die voraussetzungen des § 91 vwgo erfüllt sind, hat die klägerin jedenfalls keinen anspruch auf die beantragte feststellung. dabei kommt mangels verwaltungsaktsqualität (§ 35 satz 1 vwvfg nrw) des von der klägerin gerügten verwaltungshandelns nur die allgemeine feststellungsklage nach § 43 vwgo in betracht. 99nach § 43 abs. 1 vwgo kann durch klage die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat. 100es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der vom beklagten initiierten vorstellung des jungen zum zwecke seiner ärztlichen untersuchung im klinikum m2. e2. um ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis in diesem sinne handelt. ein solches setzt voraus, dass sich rechtsbeziehungen - hier zwischen einer juristischen person und einer natürlichen person - verdichtet haben. die bloße pflicht für eine behörde, gesetze zu befolgen und sie nicht zu übertreten, bildet für sich allein kein rechtsverhältnis. 101vgl. sodan, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 43 rn. 7 und 10. 102die bedenken der kammer resultieren daraus, dass das jugendamt lediglich den termin mit dem klinikum m2. e2. vereinbart hatte und sodann den die gesundheitssorge für den jungen ausübenden kindesvater kurzfristig bat, den arzttermin mit k. b1. wahrzunehmen - was der vater hätte ablehnen können -, und die klägerin in diese aktion nicht involviert war. dass die klägerin dieses erkennbar der amtsermittlung des jugendamtes dienende vorgehen im klagewege rügt, ist nicht nachvollziehbar. denn sie machte am vortag der ärztlichen untersuchung beim petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen landtages geltend, dass die symptome bei ihrem sohn weiterhin wiederkehrend aufträten und das jugendamt diese sache in der vergangenheit nicht angemessen behandelt habe. selbst wenn zu gunsten der klägerin ein rechtsverhältnis im obigen sinne unterstellt wird, mangelt es jedenfalls an einem feststellungsinteresse. denn ein berechtigtes interesse bei - wie hier - bereits der vergangenheit angehörenden rechtsverhältnissen ist grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn das rechtsverhältnis über seine beendigung hinaus anhaltende wirkung in der gegenwart entfaltet, insbesondere bei fortdauernden rechtsbeeinträchtigungen und bei wiederholungsgefahr. 103vgl. dazu kopp/schenke, vwgo, 27. auflage 2021, § 43 rn. 25; sodan, in: sodan/ziekow, 5. auflage 2018, § 43 rn. 18. 104dafür sieht die kammer hier auch unter würdigung des klägerischen vorbringens keine anhaltspunkte. 1053. zumindest aus dem grund des fehlenden feststellungsinteresses bleibt auch dem weiteren feststellungsantrag der klägerin, der ebenso am 00.00.0000 klageerweiternd gestellt und in der mündlichen verhandlung neugefasst worden ist, der erfolg versagt. das vom jugendamt im 00.00.0000 aufgrund der tatsache, dass die klägerin den analbereich ihres sohns unstreitig fotografiert hatte, nach § 8a sgb viii eingeleitete verfahren war mit der abgabe ihrer erklärung, dies zukünftig zu unterlassen, beendet. dass von dem - etwaigen - der vergangenheit angehörenden rechtsverhältnis noch wirkungen ausgehen, ist nicht ersichtlich und auch von der klägerin nicht mit substanz vorgetragen worden. 106die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo. die gerichtskostenfreiheit fußt auf § 188 satz 2 halbsatz 1, satz 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo, § 708 nr. 11, § 711 zpo. |
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} | 26 K 17814/17 | 2021-11-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des durch das Urteil weiter zu treibenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit zu den Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung). 3Der am 00. B. 1952 geborene Kläger ist Versorgungsbeamter des beklagten Landes. Er war im Jahr 2012 an einem Prostatakarzinom erkrankt, infolgedessen ihm der Samenleiter und die Prostata entfernt wurden. Seine am 00. G. 1986 geborene Ehefrau ist ebenfalls Beamtin des beklagten Landes. Sie leidet an einer chronischen Endometriose. Die Eheleute können auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen und unterzogen sich deshalb im Jahre 2017 und 2018 künstlichen Befruchtungen im Rahmen einer sogenannten Kinderwunschbehandlung. 4Mit Antrag vom 2. Juli 2017 begehrte der Kläger unter anderem Beihilfe zu den im Zusammenhang mit der Sterilitätsbehandlung im Zeitraum vom 00. G. bis 00. N. 2017 entstandenen Aufwendungen in Höhe von insgesamt 5.224,87 €. Das beklagte Land lehnte mit Bescheid vom 7. Juli 2017 die Gewährung von Beihilfe zu diesen Aufwendungen (Beleg-Nummern 8, 9, 10, 11 und 14) mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BVO NRW i.V.m. den Verwaltungsvorschriften zu § 8 BVO NRW lägen nicht vor. 5Den hiergegen mit Schreiben vom 27. Juli 2017 erhobenen Widerspruch, den der Kläger damit begründete, die auf sein Alter gestützte Ablehnung von Beihilfe diskriminiere ihn in unzulässiger Weise und verletze seine Ehefrau in der Freiheit der Partnerwahl, wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2017 zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe die in § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW festgelegte Altersgrenze von 50 Jahren überschritten. Es stützt sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der gleichlautenden Altersgrenze in den Regelungen der gesetzlichen Krankenkasse, wonach diese verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Die unterschiedliche Behandlung von Paaren, bei denen der Mann zum Zeitpunkt der Kinderwunschbehandlung noch nicht 50 Jahre alt sei und solchen, bei denen der Mann diese Altersgrenze bereits überschritten habe, sei sachlich gerechtfertigt. Die für den Bereich der gesetzlich Krankenversicherten geltende Regelung des § 27 a SGB V betreffe nicht den Kernbereich der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern begründe einen eigenständigen Versicherungsfall. Der Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung knüpfe nicht an den regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand des versicherten Ehegatten, sondern an die Unfruchtbarkeit des Ehepaares an, wobei die Ursachen hierfür unerheblich seien. Ein Leistungsanspruch bestehe auch dann, wenn keiner der Eheleute nachweisbar krank sei und die Unfruchtbarkeit des Paares medizinisch nicht erklärt werden könne. In diesem Bereich habe der Gesetzgeber grundsätzlich die Freiheit, selbst die Voraussetzungen der Gewährung dieser Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung näher zu bestimmen. Vorausgesetzt werde allein, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Herbeiführung der gewünschten Schwangerschaft erforderlich und nach ärztlicher Einschätzung erfolgversprechend seien. Der Gesetzgeber habe die Ehe einer Frau mit einem zur Zeit der Befruchtung höchstens 50-jährigen Mann als besonders geeignet ansehen dürfen, die mit den erstrebten medizinischen Maßnahmen verbundenen Belastungen und Risiken, wie etwa das bei der ICSI-Methode erhöhte Risiko einer Fehlbildung des Kindes, gemeinsam zu bewältigen. Zweck der oberen Altersgrenze für Männer sei nach der Gesetzesbegründung insbesondere die Wahrung des Kindeswohls. Damit sei das Wohlbefinden des Kindes in körperlicher, geistiger und seelischer Hinsicht gemeint. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative auch die gewöhnliche Lebenserwartung der Eheleute einbeziehen und typisierend davon ausgehen können, dass mit der 50-Jahres-Grenze jedenfalls bis zum regelmäßigen Abschluss der Schul- und Berufsausbildung des Kindes die Ehe als eine Lebensbasis für das Kind bestehe, die den Kindeswohlbelangen besser Rechnung trüge, als die Erziehung und Versorgung nur durch einen, nämlich den überlebenden Ehegatten. Der Gesetzgeber sei bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergebe. Der Dienstherr sei im Rahmen seiner Fürsorgepflicht nicht gehindert, Elemente der gesetzlichen Krankenversicherung in der Weise in das Beihilferechts zu übertragen, dass er eine weitgehend § 27a SGB V entsprechende Regelung in die Beihilfeverordnung übernommen habe. Der Beklagte führte weiter aus, der Verordnungsgeber habe ebenso wie der Gesetzgeber des § 27a SGB V medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung der Schwangerschaft grundsätzlich nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern mit der Bestimmung des § 8 Abs. 4 BVO NRW die Vorschriften der BVO über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall um Bestimmungen ergänzt, die in einem Grenzbereich zwischen Krankheit und solchen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen anzusiedeln seien, deren Beseitigung oder Besserung durch Leistungen der Beihilfe nicht von vornherein veranlasst sei. 6Am 6. November 2017 erhob der Kläger die vorliegende Klage. 7Mit einem weiteren Antrag vom 15. Mai 2018 beantragte der Kläger unter anderem Beihilfe zu weiteren im Zeitraum vom 3. August 2017 bis 5. Februar 2018 entstandenen Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in Höhe von insgesamt 8.150,19 €. Das LBV lehnte mit Bescheid vom 30. Mai 2018 die Gewährung von Beihilfe zu diesen Aufwendungen (Beleg-Nummern 3, 5, 14 und 18) ab. Den hiergegen am 8. Juni 2018 eingegangenen Widerspruch wies das LBV mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2018 zurück und begründete diesen mit den gleichen Ausführungen wie den Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2017. Es führte ergänzend aus, es liege auch kein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip vor, da das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe nicht zur verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation des Beamten gehöre. Auch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergebe sich keine Verpflichtung, zu den Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung Beihilfen zu gewähren. Zwar dürfe der Beamte nicht mit Aufwendungen belastet werden, die für ihn unabwendbar seien und denen er sich nicht entziehen könne. Dazu gehörten jedoch nicht Umstände, die sich auf die übrige Lebensführung und -planung auswirkten, auch wenn sie körperliche oder organische Ursachen hätten. Der Dienstherr habe medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft einer entsprechend anzuwendenden Regelung unterwerfen dürfen, bei deren Erlass der Gesetzgeber dies nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen habe, sondern nur den für Krankheiten geltenden Regelungen des SGB V unterstellt und insoweit einen eigenständigen Versicherungsfall geschaffen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liege es im Rahmen der grundsätzlichen Freiheit des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für körperliche und seelische Beeinträchtigungen näher zu bestimmen. In Bezug auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bestehe keine staatliche Verpflichtung, die Entstehung einer Familie durch Leistungen zu fördern. Der Begriff der Krankheit könne durch Auslegung nicht dahingehend erweitert werden, dass er auch den Wunsch nach einer erfolgreichen Familienplanung mit der Folge erfasse, dass für alle damit verbundenen Maßnahmen Leistungen zu gewähren seien. Die künstliche Befruchtung beseitige weder einen regelwidrigen körperlichen Zustand noch lindere sie ihn, sondern umgehe ihn mithilfe medizinischer Technik, ohne auf dessen Heilung zu zielen. Auch wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG das nicht fordere, könne der Dienstherr in Bezug auf die Beihilfe Beamte und Richter insoweit mit den gesetzlich Krankenversicherten gleich behandeln. 8Am 19. Juli 2018 erweiterte der Kläger seine Klage. 9Zur Begründung seines Klagebegehrens trägt er vor: Nach seiner Auffassung bestehe ein Beihilfeanspruch zu den entstandenen Aufwendungen, weil die Höchstaltersgrenze von 50 Jahren in § 8 Abs. 4 S. 3 BVO gegen Verfassungsrecht verstoße. Die Regelung sei nicht durch eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung gedeckt. Die Wesentlichkeitstheorie, nach welcher alle wesentlichen Entscheidungen vom Parlament selbst in einem Gesetz zu treffen seien, sei nicht beachtet worden. Zwar sei das Finanzministerium nach dem Landesbeamtengesetz NRW zur Regelung durch Rechtsverordnung ermächtigt und dürfe Regelungen hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs von Beihilfeleistungen treffen, es dürfe aber keine Altershöchstgrenze festlegen. Bei der künstlichen Befruchtung handele es sich, wie der BGH – IV ZR 323/18 – bezüglich der Leistungsverpflichtung einer privaten Krankenversicherung entschieden habe, um die medizinisch notwendige Behandlung einer Krankheit. Das sei beihilferechtlich nicht anders zu sehen. Die Altersgrenzenregelung führe zu einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem und verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ehepaare, bei denen der Mann das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, hätten Anspruch auf Beihilfe, Ehepaare, bei denen der Mann das 50. Lebensjahr vollendet habe, aber nicht. Dabei blieben Risikofaktoren wie tödliche Krankheiten, Rauchen oder Trinken sowie Gendefekte, die zu Schädigungen und Missbildung beim Kind führten, bei Ehepaaren außer Betracht, bei denen der Mann das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Ehepaare, bei denen diese Risikofaktoren nicht vorlägen, der gesunde Ehemann aber über 50 sei, hätten hingegen keinen Anspruch. Die Unterscheidung lediglich nach dem Alter sei willkürlich und nicht gerechtfertigt. Das Alter sei von den Betroffenen nicht beeinflussbar. Sie könnten der Ungleichbehandlung nicht ausweichen. Diese sei auch unverhältnismäßig. Es gebe keinen legitimen Zweck für die Regelung der Altersgrenze. Zwar halte das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 24. Mai 2007 (B 1 KR 10/06 R) die Altersgrenze für Männer für verfassungsgemäß. Es gebe jedoch anders als bei der Altersgrenze für die Ehefrau kein medizinisches Argument für die Altersgrenze beim Mann. Die Erfolgsaussicht für eine künstliche Befruchtung bei einem Mann ab 50 Jahren nehme weder vergleichbar mit der Frau ab noch erhöhe sich die Gefahr von Fehlbildungen beim Kind mit ansteigendem Alter des Mannes signifikant. Der grundsätzlich legitime Zweck des Schutzes des Kindeswohls dürfe nicht durch die Beihilfeverordnung verfolgt werden, diese regele nur die Fürsorgepflicht des Dienstherrn und die Alimentation, also ausschließlich das Wohl der Beamten. Das Kindeswohl sei im Übrigen nicht abhängig von der Altersgrenze des Mannes. Jedenfalls müsse diese angehoben werden, da die Lebenserwartung für einen 50-jährigen Mann gestiegen sei. Zudem habe sich das Familienbild in Deutschland in den letzten Jahren verändert, der Ehemann sei nicht mehr der Hauptverdiener, der Begriff der Familie sei heute viel weiter, eine zweite Ehe mit weiteren Kindern sei heute nichts Besonderes mehr, viele Männer seien bei der Geburt ihrer Kinder bereits jenseits der 50. Der Tod eines Elternteils bedeute nicht, dass das Kind nur mit dem überlebenden Elternteil den Ausbildungsabschluss erlebe, da ein überlebender Ehepartner einen neuen Lebensgefährten finden könne. 10Der Kläger beantragt, 11den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheides vom 7. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2017 und unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheides vom 30. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2018 zu verpflichten, ihm antragsgemäß Beihilfe zu den Aufwendungen für die Kinderwunschbehandlung zu gewähren. 12Das beklagte Land beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung bezieht der Beklagte sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. 15Die Ehefrau des Klägers hat zu den ihr entstandenen Aufwendungen im Rahmen der Kinderwunschbehandlung Beihilfe beantragt, deren Gewährung die Bezirksregierung E. als Beihilfestelle ablehnte. Die hiergegen von der Ehefrau des Klägers erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 17. Februar 2020 - 10 K 17003/17 - abgewiesen. Hiergegen ist ein Antrag auf Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen anhängig. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des LBV ergänzend Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. 19Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S.1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen für die durchgeführten medizinischen Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung (Beleg-Nummern 8, 9, 10, 11 und 14 des Beihilfeantrages vom 2. Juli 2017 und Beleg-Nummern 3, 5, 14 und 18 des Beihilfeantrages vom 15. Mai 2018). 20Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung ist § 8 Abs. 4 der Verordnung über Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfenverordnung NRW – BVO) vom 5. November 2009 in der Fassung vom 16. Dezember 2016 für die im Jahr 2017 entstandenen Aufwendungen und in der Fassung vom 15. Dezember 2017 für die im Jahr 2018 entstandenen Aufwendungen des Klägers. 21Danach sind Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) unter den in § 8 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 4 BVO bestimmten Voraussetzungen beihilfefähig. Daneben ist nach § 8 Abs. 4 S. 4 BVO weitere Voraussetzung, dass die Ehegatten das 25. Lebensjahr, die Ehefrau noch nicht das 40. Lebensjahr und der Ehemann noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben. § 8 Abs. 4 S. 5 BVO regelt zudem, dass die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 27a Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erlassenen Richtlinien zur Künstlichen Befruchtung in der jeweils geltenden Fassung entsprechend gelten. 22Vorliegend scheitert ein Beihilfeanspruch an der Überschreitung der Höchstaltersgrenze des § 8 Abs. 4 S. 4 BVO in der Person des Klägers. Dieser hatte zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung am 13. März 2017 das 64. Lebensjahr und zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung am 5. Februar 2018 das 65. Lebensjahr bereits vollendet und damit die Höchstaltersgrenze um 14 bzw. 15 Jahre überschritten. 23Die die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung einschränkende Regelung der Höchstaltersgrenze des Ehemannes in § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO ist mit höherrangigem Recht vereinbar. 24Entgegen der Auffassung des Klägers findet die Vorschrift des § 8 Abs. 4 BVO NRW eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in § 75 Landesbeamtengesetz NRW (LBG) vom 14. Juni 2016. In § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG ist geregelt, dass Beihilfeberechtigte zu der Höhe nach angemessenen Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen, deren Wirksamkeit und therapeutischer Nutzen nachgewiesen sind, bei nicht rechtswidrigem Schwangerschaftsabbruch, bei nicht rechtswidriger Sterilisation „sowie in Ausnahmefällen zur Empfängnisverhütung und bei künstlicher Befruchtung“ Beihilfen erhalten. Gemäß § 75 Abs. 8 S. 1 LBG regelt dazu das Finanzministerium das Nähere durch Rechtsverordnung. 25§ 8 Abs. 4 BVO mit den darin enthaltenen Beschränkungen der Beihilfefähigkeit regelt die grundsätzlich durch § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG vorgesehene Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für die Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung, ohne den durch § 75 Abs. 8 S. 1 LBG vorgegebenen Regelungsrahmen zu verlassen. 26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 – 1 A 916/11 –, juris, Rn. 5. 27Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu unter Bezugnahme auf die Vorgängerregelung des § 75 LBG (n.F.) ausgeführt: 28„Denn anders als etwa bei der Linderung von Krankheiten sieht § 77 Abs. 3, vierter Spiegelstrich LBG NRW die Erstattung von Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen bei künstlicher Befruchtung nur "in Ausnahmefällen" vor. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgeht, dass solche Maßnahmen nicht ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Erst durch eine positive Regelung in der Beihilfeverordnung kann der konkrete Beihilfeanspruch abschließend entstehen. Deswegen kommt es insoweit auch nicht auf den die Befugnisse des Verordnungsgebers begrenzenden § 77 Abs. 8 Satz 2 LBG NRW an. Durch diese Vorschrift wird der genauere Umfang der Ermächtigung des Verordnungsgebers, ansonsten nicht weiter beschränkte Leistungspflichten gegenüber Beihilfeberechtigten - etwa bei Maßnahmen zur Linderung einer Erkrankung - zu begrenzen, geregelt. Die Ermächtigung des Verordnungsgebers zur Beschränkung von Beihilfeansprüchen wird hierdurch auf bestimmte Tatbestände begrenzt. Aus der Regelung des § 77 Abs. 3, vierter Spiegelstrich LBG NRW, welche Leistungen ohnehin nur im Ausnahmefall vorsieht, folgt demgegenüber, dass eine nähere Ausgestaltung dieses Ausnahmefalls und seiner Voraussetzungen erst durch den Verordnungsgeber vorgenommen werden muss, damit ein Anspruch abschließend entstehen kann. Die danach vom Verordnungsgeber ausgestaltete Eingrenzung der Maßnahmen auf verheiratete Paare - wie im Übrigen auch die weitere Einengung der Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen durch § 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BVO NRW - vollzieht bzw. konkretisiert die bereits gesetzgeberisch vorgesehene Begrenzung auf den Ausnahmefall und ist (…) mit höherrangigem Recht im Übrigen zu vereinbaren.“ 29In Anwendung dieser Maßstäbe gilt dies auch für die hier streitgegenständliche Regelung einer Höchstaltersgrenze von 50 Jahren für Männer, die eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen. Entgegen der Auffassung des Klägers, die streitgegenständliche Regelung sei eine wesentliche Einschränkung des Anspruchs auf Beihilfe, für den keine formell gesetzliche Grundlage existiere, handelt es sich bei der Regelung der Höchstaltersgrenze für Männer um die konkrete Ausgestaltung der gesetzgeberisch vorgesehenen Begrenzung auf den Ausnahmefall eines Beihilfeanspruchs im Falle einer künstlichen Befruchtung. 30Der Verordnungsgeber hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, den er vorliegend nicht überschritten hat. 31Vgl. in Bezug auf die Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 BVO: OVG NRW, Urteil vom 12. November 2007 – 1 A 2537/06 –, juris, Rn. 65 ff. 32Auch der Umstand, dass § 8 Abs. 4 BVO NRW der Vorschrift des § 27 a des Sozialgesetzbuches (SGB) Fünftes Buch (V) nachgebildet ist, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zwar bestehen zwischen den Systemen der Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung Strukturunterschiede, die eine Übernahme von Strukturelementen aus dem einen in das andere System nicht ohne weiteres erlauben. Aus diesem Grund könnte es etwa rechtlich angreifbar sein, wenn Leistungsausschlüsse mittels bloßer Verweisung auf Rechtsnormen außerhalb des Beihilfenrechts erfolgen. Der Dienstherr ist aber keineswegs gehindert, - im Übrigen mit der Fürsorgepflicht vereinbare - Elemente etwa der gesetzlichen Krankenversicherung in der Weise in das Beihilfenrecht zu übertragen, dass er in der Beihilfenverordnung selbst gleichartige Regelungen trifft. Diesen Anforderungen wird § 8 Abs. 4 BVO NRW gerecht. Er tritt zunächst als selbständige Vorschrift neben die Bestimmungen, welche die Beihilfegewährung in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen regeln (vgl. die Aufzählung in § 1 Abs. 1 BVO). Der Verordnungsgeber gibt hiermit zu erkennen, dass er – ebenso wie der Gesetzgeber des § 27 a SGB V – medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung der Schwangerschaft grundsätzlich nicht als Behandlung einer Krankheit ansieht, sondern mit der Bestimmung des § 8 Abs. 4 BVO NRW die Vorschriften der BVO NRW über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall um Bestimmungen ergänzt, die in einem Grenzbereich zwischen Krankheit und solchen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen anzusiedeln sind, deren Beseitigung oder Besserung durch Leistungen der Beihilfe nicht von vornherein veranlasst ist. 33VG Düsseldorf, Urteil vom 15. März 2011 – 2 K 2516/10 –, juris Rn.33 ff. m.w.N. 34Dass der Gesetzgeber medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern diese Maßnahmen im Rahmen einer speziellen Regelung nur den Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit gleichgestellt hat, folgt aus der expliziten und gesonderten Aufführung von medizinisch notwendigen Maßnahmen „bei künstlicher Befruchtung“ in § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG NRW, während Maßnahmen „zur Vorbeugung und Linderung von Erkrankungen oder Behinderungen, zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Besserung des Gesundheitszustandes (einschließlich Rehabilitation)“ gesondert in § 75 Abs. 3 Nr. 1 LBG NRW aufgeführt sind. 35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 – 1 A 916/11 –, juris Rn. 13 ff. m.w.N. 36Diese gesetzgeberische Differenzierung ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden. 37Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 5/03 –, juris, Rn. 35 38Die Regelung der Altersgrenze in § 8 Abs. 4 BVO ist auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. 39Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. 40Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 5/03 –, juris Rn. 31 m.w.N. 41Die Altersgrenze für Männer in § 8 Abs. 4 S. 3 BVO verletzt diese Anforderungen nicht. Zwar werden bei Überschreitung dieser Altersgrenze grundsätzlich beihilfeberechtigte Eheleute von der Gewährung von Beihilfe zu einer medizinischen Maßnahme nach § 8 Abs. 4 BVO ausgeschlossen, auch wenn im Übrigen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Beihilfegewährung (§ 8 Abs. 4 BVO NRW) gegeben sind und sie werden im Verhältnis zu Paaren, bei denen der Ehemann zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung noch nicht 50 Jahre alt ist, dadurch benachteiligt. Dabei ist allerdings schon fraglich, ob es sich hier um einen Gleichheitsverstoß handelt, denn in bezug auf das Alter bzw. die Alterspanne bei Männern, in der die Beihilfe gewährt oder nicht gewährt wird, besteht ja gerade ein Unterschied. 42Ein Gleichheitsverstoß ist aber in einem Gebiet wie im Beihilferecht, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. 43Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 40.09 –, juris, Rn. 11 m.w.N. ;OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 – 1 A 916/11 –, juris, Rn. 52 f. 44Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts 45BSG, Urteil vom 24. Mai 2007 – B 1 KR 10/06 R –, juris 46zu der gleichlautenden Regelung einer Altersgrenze für Männer in § 27 a SGB V ist diese unterschiedliche Behandlung jedoch sachlich gerechtfertigt, da das Gewicht der Ungleichbehandlung beschränkt ist und die Sachgründe des Gesetzgebers, hierbei zwecks Ausgabenbegrenzung eine Altersgrenze für Männer mit der Vollendung des 50. Lebensjahres einzuführen, ein hinreichendes, die Grenzziehung rechtfertigendes Gewicht haben. Der Normgeber hat die Grenzen seines Einschätzungsermessens, bei dem ihm eine typisierende Betrachtung erlaubt ist, nicht überschritten. Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. 47Vgl. BSG, Urteil vom 24. Mai 2007 – B 1 KR 10/06 R – , juris, Rn. 11,13 m.w.N. 48Das Bundessozialgericht hat hierzu weiter ausgeführt: 49„Der Gesetzgeber durfte die Ehe einer Frau mit einem zur Zeit der Befruchtung höchstens 50-Jährigen als besonders geeignet ansehen, die mit den erstrebten medizinischen Maßnahmen verbundenen Belastungen und Risiken - etwa bei der hier in Frage stehenden ICSI-Methode auch das erhöhte Risiko einer Fehlbildung des Kindes betreffend - gemeinsam zu bewältigen. Zweck der oberen Altersgrenze für Männer in § 27a Abs 3 Satz 1 SGB V ist nach der Gesetzesbegründung insbesondere, das Kindeswohl zu wahren (vgl Entwurf der Fraktionen der SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S 83, zu Nr 14 Buchst b) . Das Kindeswohl ist ein unbestimmter Begriff, der durch die Rechtsprechung eine Konkretisierung gefunden hat ( BVerfGE 68, 176, 188; 75, 201, 218; DVBl 2006, 179 = NJW 2006, 827; BGH, NJW 2005, 1781 ). Er meint das Wohlbefinden eines Kindes in körperlicher, geistiger und seelischer Hinsicht ( vgl im Ergebnis Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, 1983, S 176 ff ). Das Kindeswohl findet seine Ausprägung zB in Art 6 Abs 2 GG ( BVerfGE 24, 119, 144; FamRZ 2002, 535 ), ist Ausdruck der Garantie der Würde des Kindes in Art 1 Abs 1 GG sowie seiner Grundrechte und hat damit ebenso wie der allgemeine Gleichheitssatz Verfassungsrang ( stRspr des BVerfG, zuletzt BVerfG - Kammer - NJW 2005, 1765 = FamRZ 2005, 783 ). 50Das BVerfG hat bereits entschieden, dass es mit dem GG vereinbar ist, dass § 27a Abs 1 Nr 3 SGB V die Leistung medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) durch die GKV - auch in Würdigung des Kindeswohls - auf Personen beschränkt, die miteinander verheiratet sind (vgl BVerfG, NJW 2007, 1343 Leitsatz 1) . Es hält sich danach im Rahmen sachlicher Erwägungen, die auf Dauer angelegte Ehe als besonders geeignet dafür anzusehen, die mit der künstlichen Befruchtung einhergehenden Risiken gemeinsam zu tragen. Das Risiko einer Fehlbildung liegt bei einer ICSI-Maßnahme bei 8,6 % der Lebendgeburten und damit über dem Durchschnitt (vgl BVerfG, Urteil vom 28.2.2007, aaO, RdNr 14, unter Hinweis auf Felberbaum/Küpker/Diedrich, DÄ 2004, A 95 ff, A 100). 51Im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative konnte der Gesetzgeber auch die gewöhnliche Lebenserwartung der Eheleute einbeziehen und typisierend davon ausgehen, dass mit der 50-Jahres-Grenze jedenfalls bis zum regelmäßigen Abschluss der Schul- und Berufsausbildung des Kindes die Ehe als eine Lebensbasis für das Kind besteht, die den Kindeswohlbelangen besser Rechnung trägt, als die Erziehung und Versorgung nur durch einen (überlebenden) Ehegatten. Nach der Sterbetafel 2002/2004 des Statistischen Bundesamtes (vgl http://www.destatis.de/download/d/bevoe/sterbet04.xls ) liegt die durchschnittliche Lebenserwartung 50-jähriger Männer bei 28,32 Jahren. Sie sinkt mit jedem weiteren vollendeten Lebensjahr um rund 0,75 Jahre (9 Monate) bis auf zB 17 Jahre bei 64-Jährigen ab. 52Der Gesetzgeber hat sich unter Berücksichtigung dieser statistischen Lebenserwartung der Eltern und des typischerweise in Betracht kommenden Abschlusses der Schul- und Berufsausbildung des Kindes einer Typisierung bedient, die er in ähnlicher Weise auch in anderen Leistungsbereichen unbeanstandet verwendet, etwa bei der Altersgrenze für Kinder in der Familienversicherung in der GKV (§ 10 Abs 2 Nr 3 SGB V: Vollendung des 25. Lebensjahres), für die (Halb)-Waisenrente (§ 48 Abs 4 Nr 2 SGB VI: Vollendung des 27. Lebensjahres ) , im Einkommensteuerrecht (§ 32; § 63 EStG: bisher Vollendung des 27., seit 1.1.2007 des 25. Lebensjahres; vgl dazu BVerfGE 112, 164 = SozR 4-7410 § 32 Nr 1) oder im Kindergeldrecht (§ 2 Abs 2 Nr 2 BKGG: bisher Vollendung des 27., seit 1.1.2007 des 25. Lebensjahres) .“ 53Dem schließt sich das erkennende Gericht an. 54Ebenso: 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, Urteil vom 17. Februar 2020 – 10 K 17003/17 –, juris. 55Der Verordnungsgeber hat mit seiner Entscheidung, staatliche Leistungen in Form der Beihilfe nur bis zu einer bestimmten Altersgrenze des Ehemanns zu gewähren, nachvollziehbare sozialpolitische Erwägungen zugrunde gelegt. Es besteht auch kein Anlass, die Übernahme dieser sachgerechten Erwägungen in das Beihilferecht in Zweifel zu ziehen. 56Vgl. BayVGH, Beschluss vom 19. September 2006 – 14 ZB 06.1844 –, juris 57Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mannes hat sich zwar im Vergleich zu der in der Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde gelegten Sterbetafel 2002/2004 des Statistischen Bundesamtes erhöht, sie liegt jedoch mit 30,34 Jahren bei einem 50-jährigen Mann nicht signifikant über dem vom Bundessozialgericht zugrunde gelegten Wert von 28,32 Jahren. Das gilt auch für die Lebenserwartung des Klägers im Zeitpunkt des Entstehens der geltend gemachten Aufwendungen. Nach der aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes hat ein 64-jähriger Mann mit 18,66 Jahren ebenfalls eine nicht signifikant über der vom Bundessozialgericht zugrunde gelegten Lebenserwartung von 17 Jahren, ein 65-jähriger Mann hat eine Lebenserwartung von 17,92 Jahren. 58vgl.https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=tabelleErgebnis&selectionname=12621-0001&sachmerkmal=GES&sachschluessel=GESM#abreadcrumb 59Der Einwand des Klägers, die Altersgrenze müsse zumindest an die gestiegene Lebenserwartung eines 50-jährigen Mannes angepasst werden, würde – unabhängig davon, ob eine solche Verpflichtung des Verordnungsgebers überhaupt begründet werden könnte – für den Fall des Klägers jedenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Denn selbst wegen der inzwischen um ca. zwei Jahre gestiegenen Lebenserwartung 50-jähriger Männer, die Altersgrenze entsprechend angepasst worden wäre, hätte der Kläger mit einem Alter von 64 bzw. 65 Jahren im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen die Altershöchstgrenze immer noch deutlich überschritten. 60Dem Kläger ist zuzugeben, dass es bis zu einem gewissen Grad individuelle Unterschiede in der Lebenserwartung gibt, etwa wegen des Lebensstils, wegen Vorerkrankungen und anderer Umstände, die dazu führen können, dass die Lebenserwartung eines unter 50-jährigen Mannes niedriger ist als die eines über 50-jährigen Mannes. Jedoch ist es unter dem Aspekt der Einfachheit und Praktikabilität des Beihilferechts geboten, eine für alle verbindliche und deshalb notwendigerweise pauschalierende Regelung zu treffen. Die Beihilfestellen wären überfordert, wenn sie – sofern dies überhaupt möglich ist – jeweils im Einzelfall die Lebenserwartung durch ein Sachverständigengutachten zu prüfen hätten. Eine allgemeine Altersgrenze ist deshalb vor dem oben Gesagten sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden. 61Vgl. in Bezug auf die Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 BVO zum weiten Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers: OVG NRW, Urteil vom 12. November 2007 – 1 A 2537/06 –, juris, Rn. 65 ff.; vgl. in Bezug auf die in § 8 Abs. 4 S. 4 geregelte Altersgrenze der Frau (Vollendung des 40. Lebensjahres) VG Aachen, Urteil vom 7. September 2012 – 7 K 102/11 –, juris, Rn. 25. 62Ein Verstoß gegen den Alimentationsgrundsatz liegt nicht vor, da das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe nicht zur verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation des Beamten gehört. 63BayVGH, Urteil vom 29. März 2010 – 14 B 08.3188 – juris, Rn. 20. 64Auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist nicht verletzt, denn diese umfasst nicht den Bereich der Lebens- und Familienplanung, dementsprechend kann auch keine staatliche Pflicht bestehen, durch medizinische Maßnahmen wie eine künstliche Befruchtung die Entstehung einer Familie zu fördern. 65BayVGH, a.a.O., Rn. 19. 66Der Bereich der Lebens- und Familienplanung wird von der Fürsorgepflicht nicht erfasst. 67Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 40/09 –, juris, Rn. 10 ff.; BayVGH, a.a.O., Rn. 17ff. 68Ebenso wenig liegt eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG vor, da der staatlichen Pflicht zum Schutz von Ehe und Familie kein Anspruch entnommen werden kann, die Entstehung einer Familie durch Übernahme der Aufwendungen für künstliche Befruchtungen zu fördern. 69Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27. Februar 2009 – 1 BvR 2982/07 –, juris und Urteil vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 5/03 –, juris, Rn 40 zu § 27a SGB V 70Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, dass seine Ehefrau seiner Auffassung nach durch die streitgegenständliche Altersgrenze in ihrer Partnerwahl beschränkt und damit Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sei, macht er keine eigene Rechtsverletzung geltend. 71Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 73Rechtsmittelbelehrung: 74Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 75Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 76Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 77Die Berufung ist nur zuzulassen, 781. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 792. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 803. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 814. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 825. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 83Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 84Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 85Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 86Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 87Beschluss: 88 Der Streitwert wird auf 9.362,-- Euro festgesetzt. 89Gründe: 90Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 S. 1 GKG erfolgt. 91Rechtsmittelbelehrung: 92Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 93Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 94Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 95Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 96Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 97War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und 98die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des durch das urteil weiter zu treibenden betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in derselben höhe leistet. 1 | 2die beteiligten streiten über die beihilfefähigkeit zu den aufwendungen für medizinische maßnahmen zur herbeiführung einer schwangerschaft (künstliche befruchtung). 3der am 00. b. 1952 geborene kläger ist versorgungsbeamter des beklagten landes. er war im jahr 2012 an einem prostatakarzinom erkrankt, infolgedessen ihm der samenleiter und die prostata entfernt wurden. seine am 00. g. 1986 geborene ehefrau ist ebenfalls beamtin des beklagten landes. sie leidet an einer chronischen endometriose. die eheleute können auf natürlichem wege keine kinder bekommen und unterzogen sich deshalb im jahre 2017 und 2018 künstlichen befruchtungen im rahmen einer sogenannten kinderwunschbehandlung. 4mit antrag vom 2. juli 2017 begehrte der kläger unter anderem beihilfe zu den im zusammenhang mit der sterilitätsbehandlung im zeitraum vom 00. g. bis 00. n. 2017 entstandenen aufwendungen in höhe von insgesamt 5.224,87 €. das beklagte land lehnte mit bescheid vom 7. juli 2017 die gewährung von beihilfe zu diesen aufwendungen (beleg-nummern 8, 9, 10, 11 und 14) mit der begründung ab, die voraussetzungen des § 8 abs. 4 bvo nrw i.v.m. den verwaltungsvorschriften zu § 8 bvo nrw lägen nicht vor. 5den hiergegen mit schreiben vom 27. juli 2017 erhobenen widerspruch, den der kläger damit begründete, die auf sein alter gestützte ablehnung von beihilfe diskriminiere ihn in unzulässiger weise und verletze seine ehefrau in der freiheit der partnerwahl, wies das landesamt für besoldung und versorgung (lbv) mit widerspruchsbescheid vom 4. oktober 2017 zurück und führte zur begründung aus, der kläger habe die in § 8 abs. 4 satz 4 bvo nrw festgelegte altersgrenze von 50 jahren überschritten. es stützt sich auf die rechtsprechung des bundessozialgerichts zu der gleichlautenden altersgrenze in den regelungen der gesetzlichen krankenkasse, wonach diese verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. die unterschiedliche behandlung von paaren, bei denen der mann zum zeitpunkt der kinderwunschbehandlung noch nicht 50 jahre alt sei und solchen, bei denen der mann diese altersgrenze bereits überschritten habe, sei sachlich gerechtfertigt. die für den bereich der gesetzlich krankenversicherten geltende regelung des § 27 a sgb v betreffe nicht den kernbereich der leistungen der gesetzlichen krankenversicherung, sondern begründe einen eigenständigen versicherungsfall. der anspruch auf maßnahmen der künstlichen befruchtung knüpfe nicht an den regelwidrigen körper- oder geisteszustand des versicherten ehegatten, sondern an die unfruchtbarkeit des ehepaares an, wobei die ursachen hierfür unerheblich seien. ein leistungsanspruch bestehe auch dann, wenn keiner der eheleute nachweisbar krank sei und die unfruchtbarkeit des paares medizinisch nicht erklärt werden könne. in diesem bereich habe der gesetzgeber grundsätzlich die freiheit, selbst die voraussetzungen der gewährung dieser leistungen der gesetzlichen krankenversicherung näher zu bestimmen. vorausgesetzt werde allein, dass die vorgesehenen maßnahmen zur herbeiführung der gewünschten schwangerschaft erforderlich und nach ärztlicher einschätzung erfolgversprechend seien. der gesetzgeber habe die ehe einer frau mit einem zur zeit der befruchtung höchstens 50-jährigen mann als besonders geeignet ansehen dürfen, die mit den erstrebten medizinischen maßnahmen verbundenen belastungen und risiken, wie etwa das bei der icsi-methode erhöhte risiko einer fehlbildung des kindes, gemeinsam zu bewältigen. zweck der oberen altersgrenze für männer sei nach der gesetzesbegründung insbesondere die wahrung des kindeswohls. damit sei das wohlbefinden des kindes in körperlicher, geistiger und seelischer hinsicht gemeint. der gesetzgeber habe im rahmen seiner einschätzungsprärogative auch die gewöhnliche lebenserwartung der eheleute einbeziehen und typisierend davon ausgehen können, dass mit der 50-jahres-grenze jedenfalls bis zum regelmäßigen abschluss der schul- und berufsausbildung des kindes die ehe als eine lebensbasis für das kind bestehe, die den kindeswohlbelangen besser rechnung trüge, als die erziehung und versorgung nur durch einen, nämlich den überlebenden ehegatten. der gesetzgeber sei bei der ordnung von massenerscheinungen berechtigt, die vielzahl der einzelfälle in einem gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden erfahrungen die regelungsbedürftigen sachverhalte zutreffend wiedergebe. der dienstherr sei im rahmen seiner fürsorgepflicht nicht gehindert, elemente der gesetzlichen krankenversicherung in der weise in das beihilferechts zu übertragen, dass er eine weitgehend § 27a sgb v entsprechende regelung in die beihilfeverordnung übernommen habe. der beklagte führte weiter aus, der verordnungsgeber habe ebenso wie der gesetzgeber des § 27a sgb v medizinische maßnahmen zur herbeiführung der schwangerschaft grundsätzlich nicht als behandlung einer krankheit angesehen, sondern mit der bestimmung des § 8 abs. 4 bvo nrw die vorschriften der bvo über die beihilfefähigkeit von aufwendungen im krankheitsfall um bestimmungen ergänzt, die in einem grenzbereich zwischen krankheit und solchen körperlichen und seelischen beeinträchtigungen anzusiedeln seien, deren beseitigung oder besserung durch leistungen der beihilfe nicht von vornherein veranlasst sei. 6am 6. november 2017 erhob der kläger die vorliegende klage. 7mit einem weiteren antrag vom 15. mai 2018 beantragte der kläger unter anderem beihilfe zu weiteren im zeitraum vom 3. august 2017 bis 5. februar 2018 entstandenen aufwendungen für medizinische maßnahmen zur herbeiführung einer schwangerschaft in höhe von insgesamt 8.150,19 €. das lbv lehnte mit bescheid vom 30. mai 2018 die gewährung von beihilfe zu diesen aufwendungen (beleg-nummern 3, 5, 14 und 18) ab. den hiergegen am 8. juni 2018 eingegangenen widerspruch wies das lbv mit widerspruchsbescheid vom 25. juni 2018 zurück und begründete diesen mit den gleichen ausführungen wie den widerspruchsbescheid vom 4. oktober 2017. es führte ergänzend aus, es liege auch kein verstoß gegen das alimentationsprinzip vor, da das gegenwärtig praktizierte system der beihilfe nicht zur verfassungsrechtlich geschuldeten alimentation des beamten gehöre. auch aus der fürsorgepflicht des dienstherrn ergebe sich keine verpflichtung, zu den aufwendungen für eine künstliche befruchtung beihilfen zu gewähren. zwar dürfe der beamte nicht mit aufwendungen belastet werden, die für ihn unabwendbar seien und denen er sich nicht entziehen könne. dazu gehörten jedoch nicht umstände, die sich auf die übrige lebensführung und -planung auswirkten, auch wenn sie körperliche oder organische ursachen hätten. der dienstherr habe medizinische maßnahmen zur herbeiführung einer schwangerschaft einer entsprechend anzuwendenden regelung unterwerfen dürfen, bei deren erlass der gesetzgeber dies nicht als behandlung einer krankheit angesehen habe, sondern nur den für krankheiten geltenden regelungen des sgb v unterstellt und insoweit einen eigenständigen versicherungsfall geschaffen habe. nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts liege es im rahmen der grundsätzlichen freiheit des gesetzgebers, die voraussetzungen für die gewährung von leistungen der gesetzlichen krankenversicherung für körperliche und seelische beeinträchtigungen näher zu bestimmen. in bezug auf maßnahmen der künstlichen befruchtung bestehe keine staatliche verpflichtung, die entstehung einer familie durch leistungen zu fördern. der begriff der krankheit könne durch auslegung nicht dahingehend erweitert werden, dass er auch den wunsch nach einer erfolgreichen familienplanung mit der folge erfasse, dass für alle damit verbundenen maßnahmen leistungen zu gewähren seien. die künstliche befruchtung beseitige weder einen regelwidrigen körperlichen zustand noch lindere sie ihn, sondern umgehe ihn mithilfe medizinischer technik, ohne auf dessen heilung zu zielen. auch wenn der gleichbehandlungsgrundsatz des art. 3 abs. 1 gg das nicht fordere, könne der dienstherr in bezug auf die beihilfe beamte und richter insoweit mit den gesetzlich krankenversicherten gleich behandeln. 8am 19. juli 2018 erweiterte der kläger seine klage. 9zur begründung seines klagebegehrens trägt er vor: nach seiner auffassung bestehe ein beihilfeanspruch zu den entstandenen aufwendungen, weil die höchstaltersgrenze von 50 jahren in § 8 abs. 4 s. 3 bvo gegen verfassungsrecht verstoße. die regelung sei nicht durch eine ausreichende gesetzliche ermächtigung gedeckt. die wesentlichkeitstheorie, nach welcher alle wesentlichen entscheidungen vom parlament selbst in einem gesetz zu treffen seien, sei nicht beachtet worden. zwar sei das finanzministerium nach dem landesbeamtengesetz nrw zur regelung durch rechtsverordnung ermächtigt und dürfe regelungen hinsichtlich des inhalts und des umfangs von beihilfeleistungen treffen, es dürfe aber keine altershöchstgrenze festlegen. bei der künstlichen befruchtung handele es sich, wie der bgh – iv zr 323/18 – bezüglich der leistungsverpflichtung einer privaten krankenversicherung entschieden habe, um die medizinisch notwendige behandlung einer krankheit. das sei beihilferechtlich nicht anders zu sehen. die altersgrenzenregelung führe zu einer ungleichbehandlung von wesentlich gleichem und verstoße gegen art. 3 abs. 1 gg. ehepaare, bei denen der mann das 50. lebensjahr noch nicht vollendet habe, hätten anspruch auf beihilfe, ehepaare, bei denen der mann das 50. lebensjahr vollendet habe, aber nicht. dabei blieben risikofaktoren wie tödliche krankheiten, rauchen oder trinken sowie gendefekte, die zu schädigungen und missbildung beim kind führten, bei ehepaaren außer betracht, bei denen der mann das 50. lebensjahr noch nicht vollendet habe. ehepaare, bei denen diese risikofaktoren nicht vorlägen, der gesunde ehemann aber über 50 sei, hätten hingegen keinen anspruch. die unterscheidung lediglich nach dem alter sei willkürlich und nicht gerechtfertigt. das alter sei von den betroffenen nicht beeinflussbar. sie könnten der ungleichbehandlung nicht ausweichen. diese sei auch unverhältnismäßig. es gebe keinen legitimen zweck für die regelung der altersgrenze. zwar halte das bundessozialgericht in seinem urteil vom 24. mai 2007 (b 1 kr 10/06 r) die altersgrenze für männer für verfassungsgemäß. es gebe jedoch anders als bei der altersgrenze für die ehefrau kein medizinisches argument für die altersgrenze beim mann. die erfolgsaussicht für eine künstliche befruchtung bei einem mann ab 50 jahren nehme weder vergleichbar mit der frau ab noch erhöhe sich die gefahr von fehlbildungen beim kind mit ansteigendem alter des mannes signifikant. der grundsätzlich legitime zweck des schutzes des kindeswohls dürfe nicht durch die beihilfeverordnung verfolgt werden, diese regele nur die fürsorgepflicht des dienstherrn und die alimentation, also ausschließlich das wohl der beamten. das kindeswohl sei im übrigen nicht abhängig von der altersgrenze des mannes. jedenfalls müsse diese angehoben werden, da die lebenserwartung für einen 50-jährigen mann gestiegen sei. zudem habe sich das familienbild in deutschland in den letzten jahren verändert, der ehemann sei nicht mehr der hauptverdiener, der begriff der familie sei heute viel weiter, eine zweite ehe mit weiteren kindern sei heute nichts besonderes mehr, viele männer seien bei der geburt ihrer kinder bereits jenseits der 50. der tod eines elternteils bedeute nicht, dass das kind nur mit dem überlebenden elternteil den ausbildungsabschluss erlebe, da ein überlebender ehepartner einen neuen lebensgefährten finden könne. 10der kläger beantragt, 11den beklagten unter teilweiser aufhebung des beihilfebescheides vom 7. juli 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 4. oktober 2017 und unter teilweiser aufhebung des beihilfebescheides vom 30. mai 2018 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 25. juni 2018 zu verpflichten, ihm antragsgemäß beihilfe zu den aufwendungen für die kinderwunschbehandlung zu gewähren. 12das beklagte land beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung bezieht der beklagte sich auf die ausführungen in den angefochtenen bescheiden. 15die ehefrau des klägers hat zu den ihr entstandenen aufwendungen im rahmen der kinderwunschbehandlung beihilfe beantragt, deren gewährung die bezirksregierung e. als beihilfestelle ablehnte. die hiergegen von der ehefrau des klägers erhobene klage hat das verwaltungsgericht düsseldorf mit urteil vom 17. februar 2020 - 10 k 17003/17 - abgewiesen. hiergegen ist ein antrag auf zulassung der berufung bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen anhängig. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des lbv ergänzend bezug genommen. 17 | 18die klage ist als verpflichtungsklage zulässig. sie ist jedoch nicht begründet. 19die streitgegenständlichen bescheide sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 s.1 vwgo). der kläger hat keinen anspruch auf gewährung von beihilfe zu den geltend gemachten aufwendungen für die durchgeführten medizinischen maßnahmen zur künstlichen befruchtung (beleg-nummern 8, 9, 10, 11 und 14 des beihilfeantrages vom 2. juli 2017 und beleg-nummern 3, 5, 14 und 18 des beihilfeantrages vom 15. mai 2018). 20anspruchsgrundlage für die gewährung von beihilfe zu aufwendungen für eine künstliche befruchtung ist § 8 abs. 4 der verordnung über beihilfen in geburts-, krankheits-, pflege- und todesfällen (beihilfenverordnung nrw – bvo) vom 5. november 2009 in der fassung vom 16. dezember 2016 für die im jahr 2017 entstandenen aufwendungen und in der fassung vom 15. dezember 2017 für die im jahr 2018 entstandenen aufwendungen des klägers. 21danach sind aufwendungen für medizinische maßnahmen zur herbeiführung einer schwangerschaft (künstliche befruchtung) unter den in § 8 abs. 4 s. 1 nr. 1 bis 4 bvo bestimmten voraussetzungen beihilfefähig. daneben ist nach § 8 abs. 4 s. 4 bvo weitere voraussetzung, dass die ehegatten das 25. lebensjahr, die ehefrau noch nicht das 40. lebensjahr und der ehemann noch nicht das 50. lebensjahr vollendet haben. § 8 abs. 4 s. 5 bvo regelt zudem, dass die vom gemeinsamen bundesausschuss nach § 27a abs. 4 des fünften buches sozialgesetzbuch erlassenen richtlinien zur künstlichen befruchtung in der jeweils geltenden fassung entsprechend gelten. 22vorliegend scheitert ein beihilfeanspruch an der überschreitung der höchstaltersgrenze des § 8 abs. 4 s. 4 bvo in der person des klägers. dieser hatte zum zeitpunkt der künstlichen befruchtung am 13. märz 2017 das 64. lebensjahr und zum zeitpunkt der künstlichen befruchtung am 5. februar 2018 das 65. lebensjahr bereits vollendet und damit die höchstaltersgrenze um 14 bzw. 15 jahre überschritten. 23die die beihilfefähigkeit von aufwendungen für eine künstliche befruchtung einschränkende regelung der höchstaltersgrenze des ehemannes in § 8 abs. 4 satz 4 bvo ist mit höherrangigem recht vereinbar. 24entgegen der auffassung des klägers findet die vorschrift des § 8 abs. 4 bvo nrw eine ausreichende ermächtigungsgrundlage in § 75 landesbeamtengesetz nrw (lbg) vom 14. juni 2016. in § 75 abs. 3 nr. 4 lbg ist geregelt, dass beihilfeberechtigte zu der höhe nach angemessenen aufwendungen für medizinisch notwendige maßnahmen, deren wirksamkeit und therapeutischer nutzen nachgewiesen sind, bei nicht rechtswidrigem schwangerschaftsabbruch, bei nicht rechtswidriger sterilisation „sowie in ausnahmefällen zur empfängnisverhütung und bei künstlicher befruchtung“ beihilfen erhalten. gemäß § 75 abs. 8 s. 1 lbg regelt dazu das finanzministerium das nähere durch rechtsverordnung. 25§ 8 abs. 4 bvo mit den darin enthaltenen beschränkungen der beihilfefähigkeit regelt die grundsätzlich durch § 75 abs. 3 nr. 4 lbg vorgesehene möglichkeit der erstattungsfähigkeit von aufwendungen für die herbeiführung einer künstlichen befruchtung, ohne den durch § 75 abs. 8 s. 1 lbg vorgegebenen regelungsrahmen zu verlassen. 26vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. august 2012 – 1 a 916/11 –, juris, rn. 5. 27das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen hat hierzu unter bezugnahme auf die vorgängerregelung des § 75 lbg (n.f.) ausgeführt: 28„denn anders als etwa bei der linderung von krankheiten sieht § 77 abs. 3, vierter spiegelstrich lbg nrw die erstattung von aufwendungen für medizinisch notwendige maßnahmen bei künstlicher befruchtung nur "in ausnahmefällen" vor. das bedeutet, dass der gesetzgeber grundsätzlich davon ausgeht, dass solche maßnahmen nicht ohne weiteres erstattungsfähig sind. erst durch eine positive regelung in der beihilfeverordnung kann der konkrete beihilfeanspruch abschließend entstehen. deswegen kommt es insoweit auch nicht auf den die befugnisse des verordnungsgebers begrenzenden § 77 abs. 8 satz 2 lbg nrw an. durch diese vorschrift wird der genauere umfang der ermächtigung des verordnungsgebers, ansonsten nicht weiter beschränkte leistungspflichten gegenüber beihilfeberechtigten - etwa bei maßnahmen zur linderung einer erkrankung - zu begrenzen, geregelt. die ermächtigung des verordnungsgebers zur beschränkung von beihilfeansprüchen wird hierdurch auf bestimmte tatbestände begrenzt. aus der regelung des § 77 abs. 3, vierter spiegelstrich lbg nrw, welche leistungen ohnehin nur im ausnahmefall vorsieht, folgt demgegenüber, dass eine nähere ausgestaltung dieses ausnahmefalls und seiner voraussetzungen erst durch den verordnungsgeber vorgenommen werden muss, damit ein anspruch abschließend entstehen kann. die danach vom verordnungsgeber ausgestaltete eingrenzung der maßnahmen auf verheiratete paare - wie im übrigen auch die weitere einengung der voraussetzungen für die beihilfefähigkeit der aufwendungen durch § 8 abs. 4 satz 1 nr. 1 bis 4 bvo nrw - vollzieht bzw. konkretisiert die bereits gesetzgeberisch vorgesehene begrenzung auf den ausnahmefall und ist (…) mit höherrangigem recht im übrigen zu vereinbaren.“ 29in anwendung dieser maßstäbe gilt dies auch für die hier streitgegenständliche regelung einer höchstaltersgrenze von 50 jahren für männer, die eine künstliche befruchtung vornehmen lassen. entgegen der auffassung des klägers, die streitgegenständliche regelung sei eine wesentliche einschränkung des anspruchs auf beihilfe, für den keine formell gesetzliche grundlage existiere, handelt es sich bei der regelung der höchstaltersgrenze für männer um die konkrete ausgestaltung der gesetzgeberisch vorgesehenen begrenzung auf den ausnahmefall eines beihilfeanspruchs im falle einer künstlichen befruchtung. 30der verordnungsgeber hat dabei einen weiten gestaltungsspielraum, den er vorliegend nicht überschritten hat. 31vgl. in bezug auf die vorgängerregelung des § 8 abs. 4 bvo: ovg nrw, urteil vom 12. november 2007 – 1 a 2537/06 –, juris, rn. 65 ff. 32auch der umstand, dass § 8 abs. 4 bvo nrw der vorschrift des § 27 a des sozialgesetzbuches (sgb) fünftes buch (v) nachgebildet ist, begegnet keinen rechtlichen bedenken. zwar bestehen zwischen den systemen der beihilfe und der gesetzlichen krankenversicherung strukturunterschiede, die eine übernahme von strukturelementen aus dem einen in das andere system nicht ohne weiteres erlauben. aus diesem grund könnte es etwa rechtlich angreifbar sein, wenn leistungsausschlüsse mittels bloßer verweisung auf rechtsnormen außerhalb des beihilfenrechts erfolgen. der dienstherr ist aber keineswegs gehindert, - im übrigen mit der fürsorgepflicht vereinbare - elemente etwa der gesetzlichen krankenversicherung in der weise in das beihilfenrecht zu übertragen, dass er in der beihilfenverordnung selbst gleichartige regelungen trifft. diesen anforderungen wird § 8 abs. 4 bvo nrw gerecht. er tritt zunächst als selbständige vorschrift neben die bestimmungen, welche die beihilfegewährung in krankheits-, geburts-, pflege- und todesfällen regeln (vgl. die aufzählung in § 1 abs. 1 bvo). der verordnungsgeber gibt hiermit zu erkennen, dass er – ebenso wie der gesetzgeber des § 27 a sgb v – medizinische maßnahmen zur herbeiführung der schwangerschaft grundsätzlich nicht als behandlung einer krankheit ansieht, sondern mit der bestimmung des § 8 abs. 4 bvo nrw die vorschriften der bvo nrw über die beihilfefähigkeit von aufwendungen im krankheitsfall um bestimmungen ergänzt, die in einem grenzbereich zwischen krankheit und solchen körperlichen und seelischen beeinträchtigungen anzusiedeln sind, deren beseitigung oder besserung durch leistungen der beihilfe nicht von vornherein veranlasst ist. 33vg düsseldorf, urteil vom 15. märz 2011 – 2 k 2516/10 –, juris rn.33 ff. m.w.n. 34dass der gesetzgeber medizinische maßnahmen zur herbeiführung einer schwangerschaft nicht als behandlung einer krankheit angesehen, sondern diese maßnahmen im rahmen einer speziellen regelung nur den maßnahmen zur behandlung einer krankheit gleichgestellt hat, folgt aus der expliziten und gesonderten aufführung von medizinisch notwendigen maßnahmen „bei künstlicher befruchtung“ in § 75 abs. 3 nr. 4 lbg nrw, während maßnahmen „zur vorbeugung und linderung von erkrankungen oder behinderungen, zur erhaltung und wiederherstellung der gesundheit und besserung des gesundheitszustandes (einschließlich rehabilitation)“ gesondert in § 75 abs. 3 nr. 1 lbg nrw aufgeführt sind. 35vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. august 2012 – 1 a 916/11 –, juris rn. 13 ff. m.w.n. 36diese gesetzgeberische differenzierung ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden. 37vgl. bverfg, urteil vom 28. februar 2007 – 1 bvl 5/03 –, juris, rn. 35 38die regelung der altersgrenze in § 8 abs. 4 bvo ist auch im übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. sie verstößt entgegen der auffassung des klägers nicht gegen den gleichheitsgrundsatz des art. 3 abs. 1 gg. 39der allgemeine gleichheitssatz gebietet, alle menschen vor dem gesetz gleich zu behandeln. damit ist dem gesetzgeber allerdings nicht jede differenzierung verwehrt. er verletzt das grundrecht nur, wenn eine gruppe von normadressaten anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden gruppen keine unterschiede von solcher art und von solchem gewicht bestehen, dass sie die ungleiche behandlung rechtfertigen. 40vgl. bverfg, urteil vom 28. februar 2007 – 1 bvl 5/03 –, juris rn. 31 m.w.n. 41die altersgrenze für männer in § 8 abs. 4 s. 3 bvo verletzt diese anforderungen nicht. zwar werden bei überschreitung dieser altersgrenze grundsätzlich beihilfeberechtigte eheleute von der gewährung von beihilfe zu einer medizinischen maßnahme nach § 8 abs. 4 bvo ausgeschlossen, auch wenn im übrigen die tatbestandlichen voraussetzungen der beihilfegewährung (§ 8 abs. 4 bvo nrw) gegeben sind und sie werden im verhältnis zu paaren, bei denen der ehemann zum zeitpunkt der künstlichen befruchtung noch nicht 50 jahre alt ist, dadurch benachteiligt. dabei ist allerdings schon fraglich, ob es sich hier um einen gleichheitsverstoß handelt, denn in bezug auf das alter bzw. die alterspanne bei männern, in der die beihilfe gewährt oder nicht gewährt wird, besteht ja gerade ein unterschied. 42ein gleichheitsverstoß ist aber in einem gebiet wie im beihilferecht, in dem der normgeber über ein weites ermessen verfügt, jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn sich im hinblick auf die eigenart des geregelten sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender grund für die regelung schlechthin nicht finden lässt, die regelung also willkürlich erscheint. 43vgl. bverwg, urteil vom 24. februar 2011 – 2 c 40.09 –, juris, rn. 11 m.w.n. ;ovg nrw, beschluss vom 29. august 2012 – 1 a 916/11 –, juris, rn. 52 f. 44nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts 45bsg, urteil vom 24. mai 2007 – b 1 kr 10/06 r –, juris 46zu der gleichlautenden regelung einer altersgrenze für männer in § 27 a sgb v ist diese unterschiedliche behandlung jedoch sachlich gerechtfertigt, da das gewicht der ungleichbehandlung beschränkt ist und die sachgründe des gesetzgebers, hierbei zwecks ausgabenbegrenzung eine altersgrenze für männer mit der vollendung des 50. lebensjahres einzuführen, ein hinreichendes, die grenzziehung rechtfertigendes gewicht haben. der normgeber hat die grenzen seines einschätzungsermessens, bei dem ihm eine typisierende betrachtung erlaubt ist, nicht überschritten. jede gesetzliche regelung muss verallgemeinern. bei der ordnung von massenerscheinungen ist der gesetzgeber berechtigt, die vielzahl der einzelfälle in dem gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden erfahrungen die regelbedürftigen sachverhalte zutreffend wiedergibt. auf dieser grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen härten gegen den allgemeinen gleichheitssatz zu verstoßen. 47vgl. bsg, urteil vom 24. mai 2007 – b 1 kr 10/06 r – , juris, rn. 11,13 m.w.n. 48das bundessozialgericht hat hierzu weiter ausgeführt: 49„der gesetzgeber durfte die ehe einer frau mit einem zur zeit der befruchtung höchstens 50-jährigen als besonders geeignet ansehen, die mit den erstrebten medizinischen maßnahmen verbundenen belastungen und risiken - etwa bei der hier in frage stehenden icsi-methode auch das erhöhte risiko einer fehlbildung des kindes betreffend - gemeinsam zu bewältigen. zweck der oberen altersgrenze für männer in § 27a abs 3 satz 1 sgb v ist nach der gesetzesbegründung insbesondere, das kindeswohl zu wahren (vgl entwurf der fraktionen der spd, cdu/csu und bündnis 90/die grünen eines gmg, bt-drucks 15/1525 s 83, zu nr 14 buchst b) . das kindeswohl ist ein unbestimmter begriff, der durch die rechtsprechung eine konkretisierung gefunden hat ( bverfge 68, 176, 188; 75, 201, 218; dvbl 2006, 179 = njw 2006, 827; bgh, njw 2005, 1781 ). er meint das wohlbefinden eines kindes in körperlicher, geistiger und seelischer hinsicht ( vgl im ergebnis coester, das kindeswohl als rechtsbegriff, 1983, s 176 ff ). das kindeswohl findet seine ausprägung zb in art 6 abs 2 gg ( bverfge 24, 119, 144; famrz 2002, 535 ), ist ausdruck der garantie der würde des kindes in art 1 abs 1 gg sowie seiner grundrechte und hat damit ebenso wie der allgemeine gleichheitssatz verfassungsrang ( strspr des bverfg, zuletzt bverfg - kammer - njw 2005, 1765 = famrz 2005, 783 ). 50das bverfg hat bereits entschieden, dass es mit dem gg vereinbar ist, dass § 27a abs 1 nr 3 sgb v die leistung medizinischer maßnahmen zur herbeiführung einer schwangerschaft (künstliche befruchtung) durch die gkv - auch in würdigung des kindeswohls - auf personen beschränkt, die miteinander verheiratet sind (vgl bverfg, njw 2007, 1343 leitsatz 1) . es hält sich danach im rahmen sachlicher erwägungen, die auf dauer angelegte ehe als besonders geeignet dafür anzusehen, die mit der künstlichen befruchtung einhergehenden risiken gemeinsam zu tragen. das risiko einer fehlbildung liegt bei einer icsi-maßnahme bei 8,6 % der lebendgeburten und damit über dem durchschnitt (vgl bverfg, urteil vom 28.2.2007, aao, rdnr 14, unter hinweis auf felberbaum/küpker/diedrich, dä 2004, a 95 ff, a 100). 51im rahmen seiner einschätzungsprärogative konnte der gesetzgeber auch die gewöhnliche lebenserwartung der eheleute einbeziehen und typisierend davon ausgehen, dass mit der 50-jahres-grenze jedenfalls bis zum regelmäßigen abschluss der schul- und berufsausbildung des kindes die ehe als eine lebensbasis für das kind besteht, die den kindeswohlbelangen besser rechnung trägt, als die erziehung und versorgung nur durch einen (überlebenden) ehegatten. nach der sterbetafel 2002/2004 des statistischen bundesamtes (vgl http://www.destatis.de/download/d/bevoe/sterbet04.xls ) liegt die durchschnittliche lebenserwartung 50-jähriger männer bei 28,32 jahren. sie sinkt mit jedem weiteren vollendeten lebensjahr um rund 0,75 jahre (9 monate) bis auf zb 17 jahre bei 64-jährigen ab. 52der gesetzgeber hat sich unter berücksichtigung dieser statistischen lebenserwartung der eltern und des typischerweise in betracht kommenden abschlusses der schul- und berufsausbildung des kindes einer typisierung bedient, die er in ähnlicher weise auch in anderen leistungsbereichen unbeanstandet verwendet, etwa bei der altersgrenze für kinder in der familienversicherung in der gkv (§ 10 abs 2 nr 3 sgb v: vollendung des 25. lebensjahres), für die (halb)-waisenrente (§ 48 abs 4 nr 2 sgb vi: vollendung des 27. lebensjahres ) , im einkommensteuerrecht (§ 32; § 63 estg: bisher vollendung des 27., seit 1.1.2007 des 25. lebensjahres; vgl dazu bverfge 112, 164 = sozr 4-7410 § 32 nr 1) oder im kindergeldrecht (§ 2 abs 2 nr 2 bkgg: bisher vollendung des 27., seit 1.1.2007 des 25. lebensjahres) .“ 53dem schließt sich das erkennende gericht an. 54ebenso: 10. kammer des verwaltungsgerichts düsseldorf, urteil vom 17. februar 2020 – 10 k 17003/17 –, juris. 55der verordnungsgeber hat mit seiner entscheidung, staatliche leistungen in form der beihilfe nur bis zu einer bestimmten altersgrenze des ehemanns zu gewähren, nachvollziehbare sozialpolitische erwägungen zugrunde gelegt. es besteht auch kein anlass, die übernahme dieser sachgerechten erwägungen in das beihilferecht in zweifel zu ziehen. 56vgl. bayvgh, beschluss vom 19. september 2006 – 14 zb 06.1844 –, juris 57die durchschnittliche lebenserwartung eines mannes hat sich zwar im vergleich zu der in der entscheidung des bundessozialgerichts zugrunde gelegten sterbetafel 2002/2004 des statistischen bundesamtes erhöht, sie liegt jedoch mit 30,34 jahren bei einem 50-jährigen mann nicht signifikant über dem vom bundessozialgericht zugrunde gelegten wert von 28,32 jahren. das gilt auch für die lebenserwartung des klägers im zeitpunkt des entstehens der geltend gemachten aufwendungen. nach der aktuellen sterbetafel des statistischen bundesamtes hat ein 64-jähriger mann mit 18,66 jahren ebenfalls eine nicht signifikant über der vom bundessozialgericht zugrunde gelegten lebenserwartung von 17 jahren, ein 65-jähriger mann hat eine lebenserwartung von 17,92 jahren. 58vgl.https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=tabelleergebnis&selectionname=12621-0001&sachmerkmal=ges&sachschluessel=gesm#abreadcrumb 59der einwand des klägers, die altersgrenze müsse zumindest an die gestiegene lebenserwartung eines 50-jährigen mannes angepasst werden, würde – unabhängig davon, ob eine solche verpflichtung des verordnungsgebers überhaupt begründet werden könnte – für den fall des klägers jedenfalls nicht zu einer anderen beurteilung führen. denn selbst wegen der inzwischen um ca. zwei jahre gestiegenen lebenserwartung 50-jähriger männer, die altersgrenze entsprechend angepasst worden wäre, hätte der kläger mit einem alter von 64 bzw. 65 jahren im zeitpunkt des entstehens der aufwendungen die altershöchstgrenze immer noch deutlich überschritten. 60dem kläger ist zuzugeben, dass es bis zu einem gewissen grad individuelle unterschiede in der lebenserwartung gibt, etwa wegen des lebensstils, wegen vorerkrankungen und anderer umstände, die dazu führen können, dass die lebenserwartung eines unter 50-jährigen mannes niedriger ist als die eines über 50-jährigen mannes. jedoch ist es unter dem aspekt der einfachheit und praktikabilität des beihilferechts geboten, eine für alle verbindliche und deshalb notwendigerweise pauschalierende regelung zu treffen. die beihilfestellen wären überfordert, wenn sie – sofern dies überhaupt möglich ist – jeweils im einzelfall die lebenserwartung durch ein sachverständigengutachten zu prüfen hätten. eine allgemeine altersgrenze ist deshalb vor dem oben gesagten sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden. 61vgl. in bezug auf die vorgängerregelung des § 8 abs. 4 bvo zum weiten gestaltungsspielraum des verordnungsgebers: ovg nrw, urteil vom 12. november 2007 – 1 a 2537/06 –, juris, rn. 65 ff.; vgl. in bezug auf die in § 8 abs. 4 s. 4 geregelte altersgrenze der frau (vollendung des 40. lebensjahres) vg aachen, urteil vom 7. september 2012 – 7 k 102/11 –, juris, rn. 25. 62ein verstoß gegen den alimentationsgrundsatz liegt nicht vor, da das gegenwärtig praktizierte system der beihilfe nicht zur verfassungsrechtlich geschuldeten alimentation des beamten gehört. 63bayvgh, urteil vom 29. märz 2010 – 14 b 08.3188 – juris, rn. 20. 64auch die fürsorgepflicht des dienstherrn ist nicht verletzt, denn diese umfasst nicht den bereich der lebens- und familienplanung, dementsprechend kann auch keine staatliche pflicht bestehen, durch medizinische maßnahmen wie eine künstliche befruchtung die entstehung einer familie zu fördern. 65bayvgh, a.a.o., rn. 19. 66der bereich der lebens- und familienplanung wird von der fürsorgepflicht nicht erfasst. 67vgl. bverwg, urteil vom 24. februar 2011 – 2 c 40/09 –, juris, rn. 10 ff.; bayvgh, a.a.o., rn. 17ff. 68ebenso wenig liegt eine verletzung von art. 6 abs. 1, art. 2 abs. 1 und art. 1 abs. 1 gg vor, da der staatlichen pflicht zum schutz von ehe und familie kein anspruch entnommen werden kann, die entstehung einer familie durch übernahme der aufwendungen für künstliche befruchtungen zu fördern. 69vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 27. februar 2009 – 1 bvr 2982/07 –, juris und urteil vom 28. februar 2007 – 1 bvl 5/03 –, juris, rn 40 zu § 27a sgb v 70soweit der kläger die ansicht vertritt, dass seine ehefrau seiner auffassung nach durch die streitgegenständliche altersgrenze in ihrer partnerwahl beschränkt und damit art. 2 abs. 1 gg verletzt sei, macht er keine eigene rechtsverletzung geltend. 71die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 72die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 73rechtsmittelbelehrung: 74gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 75der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 76innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 77die berufung ist nur zuzulassen, 781. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 792. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 803. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 814. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 825. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 83die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 84über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 85im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 86die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 87beschluss: 88 der streitwert wird auf 9.362,-- euro festgesetzt. 89gründe: 90die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 s. 1 gkg erfolgt. 91rechtsmittelbelehrung: 92gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 93die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 94die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 95die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 96die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 97war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und 98die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 5 K 3992/21 | 2021-11-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid vom 12. Mai 2021 wird insoweit aufgehoben, als darin für den Unterabschnitt Gewässer ein Beitrag von mehr als 69,71 Euro festgesetzt worden ist; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Miteigentümer der Grundbesitzung mit der postalischen Bezeichnung Haus F. , C.---weg 00 in S. (Gemarkung F. , Flur 0, Flurstücke 000 und 000). 3Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 12. Mai 2021 zog der beklagte Deichverband den Kläger unter anderem zu dem hier allein streitigen Gewässerbeitrag für das Jahr 2021 in Höhe von insgesamt 69,82 Euro heran. 4Bemessungsgrundlage waren dabei Flächen im Umfang von 18.193 m², die mit dem Faktor 1 gewertet wurden, Flächen im Umfang von 1.258 m², die mit dem Faktor 10 höher gewertet wurden, sowie Flächen im Umfang von 1.153 m², die mit dem Faktor 5 höher gewertet wurden. Die Summe der derart faktorierten Flächen in Quadratmetern, die sich auf 3,6538 ha beläuft, wurde mit einem Beitragssatz für den Unterabschnitt Gewässer von 19,11 Euro je Hektar vervielfältigt. 5Nach der im Bescheid als Anlage nachrichtlich beigefügten Flächenübersicht waren Flächen im Umfang von 18.193 m² nach Maßgabe der Nutzungsart „Grünland“ bzw. „Gehölz“ mit dem Faktor 1, Flächen im Umfang von 1.153 m² nach Maßgabe der Nutzungsart „Grünanlage“ mit dem Faktor 5 und Flächen im Umfang von 1.258 m² nach Maßgabe der Nutzungsart „Gebäude- und Freifläche Wohnen“, „Weg Fahrweg“ bzw. „Verkehrsbegleitfläche Straße“ mit dem Faktor 10 veranlagt worden. 6Im Laufe des Klageverfahrens hat der beklagte Verband zur Erläuterung des Beitragssatzes mitgeteilt, dass im Unterabschnitt Gewässer im Haushaltsjahr 2021 nur (umlagefähiger) Aufwand der Gewässerunterhaltung veranschlagt worden sei; Maßnahmen im Bereich Gewässerausbau seien demgegenüber nicht angefallen. 7Am 9. Juni 2021 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid bezüglich der Festsetzungen für den Unterabschnitt Gewässer erhoben. 8Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gehölzfläche nicht – wie in der Flächenübersicht angegeben – 362 m² umfasse, sondern ca. 765 m² groß sei. Ihm sei auch nicht klar, wo der mit 17 m² ausgewiesene Fahrweg liegen solle; es gebe nur eine Ausfahrt. Der Beklagte greife bezüglich der Qualifizierung der Flächen auf die Flächenausweisungen im Liegenschaftskataster zurück. Das Katasteramt habe ihn aber darüber informiert, dass die Flächenausweisungen im Kataster für die Beitragsveranlagung „nicht praxisnah“ genug seien. Von dem Kreis X. , der Katasterbehörde, habe er i.Ü. eine Mitteilung über die Fortführung des Liegenschaftskatasters vom 8. September 2009 mit den Angaben über die „tatsächliche Nutzung“ des Flurstücks 000 erhalten; die dortigen Angaben seien aber nie in den Beitragsbescheiden erfasst worden. In den Jahren 2001-2017 seien die Flächenangaben in den Beitragsbescheiden auch immer gleich geblieben. Nach den von ihm im Laufe des Klageverfahrens telefonisch bei dem Katasteramt eingeholten Informationen gebe es auch (geringfügige) Abweichungen zwischen dem Datenbestand, der dem Bescheid zugrunde gelegt worden sei, und dem aktuellen Datenstand der Katasterbehörde. Dementsprechend sei nicht nur der Beitragsbescheid für 2021, sondern seien auch die Beitragsbescheide für die Jahre 2018 - 2020 fehlerhaft. Für ihn sei es trotz der Auskunft des Katasteramtes weiterhin nicht möglich, der Flächenübersicht für das Flurstück 000 zu folgen, so dass die Veranlagung für ihn nicht kontrollierbar sei. 9Auf entsprechende gerichtliche Anfrage hat das Kataster- und Vermessungsamt des Kreises L. für die von der Veranlagung betroffenen Grundstücksflächen Nutzungsart und Flächengrößen zum Stichtag 1. Januar 2021 mitgeteilt. Danach wichen die Eintragungen im Liegenschaftskataster von den von dem Beklagten der Veranlagung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen (vgl. dazu Anlage zum Beitragsbescheid) nur insoweit ab, als das Kataster für das Grundstück Gemarkung F. , Flur 0, Flurstücke 000 folgende Flächenausweisungen ausweist: 10- für die als Grünland/Landwirtschaft erfasste Fläche: 7.201 m² (Kataster) statt 7.197 m² (Bescheid), 11- für die als Grünanlage/Sport-, Freizeit- und Erholungsfläche erfasste Fläche: 1.157 m² (Kataster) statt 1.153 m² (Bescheid) und 12- für die als Straßenverkehr/Verkehrsbegleitfläche Straße erfasste Fläche: 3 m² (Kataster) statt 11 m² (Bescheid). 13Die im Bescheid zugrunde gelegten Flächen entsprachen ausweislich der durch das Katasteramt vorgelegten Auszüge aus dem Liegenschaftskataster dem Katasterstand zum 1. Juli 2020. 14Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 15den Bescheid vom 12. Mai 2021 insoweit aufzuheben, als darin für den Unterabschnitt Gewässer ein Beitrag für das Jahr 2021 in Höhe von 69,82 Euro festgesetzt worden ist. 16Der Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Zur Begründung hat der Beklagte folgendes ausgeführt: 19Der für die Beitragserhebung im Unterabschnitt Gewässer gewählte Flächenmaßstab entspreche der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts etwa aus seinem Urteil vom 30. Juni 2006 – 6 C 3.06 –. 20Die für die Beitragserhebung im Unterabschnitt Gewässer erforderlichen Daten über die Flurstücke, die Nutzungsarten und die Angaben zu den Versiegelungen würden den ALKIS-Daten der Katasterämter entnommen. Bei einem Verbandsgebiet in einer Größe von etwa 230 km² stünde eine individuelle Einschätzung der Nutzungsarten (durch den Verband selbst) in keinem „gesunden“ Verhältnis. 21Aus der dem angefochtenen Bescheid beigefügten Übersicht über die herangezogenen Flächen sei im Übrigen klar ersichtlich, welches Flurstück in welcher Größe und mit welcher Nutzungsart belegt und veranlagt worden sei. Die dort ausgewiesenen Nutzungsarten der einzelnen Flurstücke stimmten mit der vom zuständigen Katasteramt des Kreises L. festgesetzten Nutzungsart überein. Diese Daten würden vom Verband jährlich bei dem Katasteramt abgefordert. In diesem Zusammenhang sei folgendes zu berücksichtigen: 22Die Verbandsbeiträge würden bei (ca.) 24.000 Mitglieder erhoben. Die Vorbereitung der Beitragsveranlagung beinhalte eine Prüfung von ca. 100.000 Flurstücksdaten und etwa 35.000 Einheitswerten und Grundsteuermessbeträgen. Die für die Erhebung notwendigen Daten, d.h. die Katasterdaten, die Einheitswertdaten und Eigentümerdaten, die bei verschiedenen Behörden einzuholen seien, würden manuell durch die Beschäftigten des Beklagten aktualisiert. Die arbeitsintensive Eingabe dieser Änderungen sei nur mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf zur Beitragsveranlagung realisierbar. Der Veranlagung des Klägers seien die Daten zugrunde gelegt worden, die dem Beklagten im Zeitpunkt der Aktualisierung vorgelegen hätten. Die klägerseits angesprochenen Änderungen würden bei der Beitragsveranlagung für das Jahr 2022 berücksichtigt werden. 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Der Einzelrichter, dem die Kammer das Verfahren nach § 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen hat, konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO entscheiden, obwohl der Kläger im Termin ausgeblieben ist, weil er bei der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. 26Die zulässige Klage ist unbegründet. 27Der Bescheid vom 12. Mai 2021, der vom Kläger ohnehin nur insoweit angefochten worden ist, als es um die Erhebung des Verbandsbeitrages für das Jahr 2021 im Unterabschnitt Gewässer für die dinglichen Verbandsmitglieder wie den Kläger geht, ist nur in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe rechtlich zu beanstanden; im Übrigen ist er rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). 28Die Heranziehung des Klägers zu den Beiträgen zu dem beklagten Deichverband im Unterabschnitt Gewässer für das Jahr 2021 findet ihre Rechtsgrundlage in den Regelungen in § 28 Wasserverbandsgesetz (WVG) in Verbindung mit §§ 42 ff. der Satzung des Deichverbandes vom 01.01.2007 in der aktuell geltenden Fassung der 8. Änderung vom 6. Dezember 2016 (DVS) und den vom Erbentag am 19. April 2021 für das Jahr 2021 festgelegten Veranlagungsregeln (VR). 29Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Deichverbandssatzung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. 30Durchgreifende Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Satzung oder die Veranlagungsregeln bestehen ebenfalls nicht. 31Die Satzung enthält die Mindestbestimmungen nach § 6 Abs. 2 WVG. 32Nach § 28 Abs. 1 WVG sind die Verbandsmitglieder bzw. – soweit dies nach den Satzungsregeln über die Beitragserhebung vorgesehen ist auch – die Nutznießer im Sinne des § 28 Abs. 3 WVG verpflichtet, dem Verband Beiträge (Verbandsbeiträge) zu leisten, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dabei besteht diese Beitragspflicht nur insoweit, als die Verbandsmitglieder (oder Nutznießer) einen Vorteil haben oder der Verband für sie ihnen obliegende Leistungen erbringt oder von ihnen ausgehenden nachteiligen Wirkungen begegnet (§ 28 Abs. 4 WVG). Unter diesen Voraussetzungen bemisst sich der Beitrag der Verbandsmitglieder bzw. der Nutznießer nach dem Vorteil, den sie von der Aufgabe des Verbandes haben, sowie den Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende Leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen; für die Festlegung des Beitragsmaßstabes reicht eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus (§ 30 Abs. 1 S. 2 WVG). Nach § 30 Abs. 2, 2. Alt. WVG ist es auch zulässig, einen abweichenden Beitragsmaßstab festzulegen. 33Unter Beachtung dieses gesetzlichen Rahmens sind die Grundsätze für die Beitragsbemessung in der Satzung des Verbandes festzulegen (§ 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG). 34In Ausfüllung dieser gesetzlichen Vorgaben ist in der Verbandssatzung zur Beitragsbemessung für den hier in Rede stehenden Veranlagungsfall (Beiträge für den Unterabschnitt Gewässer) im Wesentlichen folgendes geregelt, wobei die Regeln für den „Beitragsanteil“ Gewässerunterhaltung vorliegend keine Rolle spielen, weil nach den Angaben des beklagten Verbandes, an denen zu zweifeln kein Anlass besteht, im hier maßgeblichen Haushalts-/Veranlagungsjahr 2021 bei der Beitragsberechnung kein Aufwand für die Gewässerunterhaltung veranschlagt worden ist : 35[§ 43 Abs. 1 S. 1 und 2 DVS:] „Die Beitragslast verteilt sich auf die beitragspflichtigen Mitglieder im Verhältnis der Vorteile, die sie von der Durchführung der Aufgaben des Verbandes haben, sowie der Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende Leistungen zu erbringen oder um den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen. Vorteile sind auch die Erleichterungen einer Pflicht des Mitgliedes und die Möglichkeit, Maßnahmen des Verbandes zweckmäßig und wirtschaftlich auszunutzen (Vorteilsprinzip).“ 36[(§ 43 Abs. 1 S. 3 DVS:] „Auf der Grundlage dieses Vorteilsprinzips verteilt sich die Beitragslast wie folgt: 37… 382. Maßnahmen an Gewässern: 39a) Gewässerausbau bzw. Rückführung in einen naturnahen Zustand, 40b) Gewässerunterhaltung, 41im Verhältnis des Umfangs der Erschwerung, der Fläche und der Nutzung der Grundstücke.“ 42[§ 43 Abs. 5 DVS:] „Die Einzelheiten werden in den vom Erbentag zu beschließenden Veranlagungsregeln festgelegt. Die Veranlagungsregeln werden veröffentlicht.“ 43[§ 45 DVS:] 44„Beiträge für Gewässerbaumaßnahmen 45(1) Die Beiträge für Gewässerausbau, Rückführung in einen naturnahen Zustand und den allgemeinen Ausgleich der Wasserführung ergeben sich aus den Kosten aller Maßnahmen, die über die im LWG geregelte Gewässerunterhaltung hinausgehen. 46(2) Die nach Absatz 1 ermittelten Aufwendungen sind im Verhältnis der Fläche und der Nutzung der Grundstücke einheitlich auf alle Einzugsgebiete der zu unterhaltenden Gewässer zu verteilen. Die bebauten und befestigten Flächen sind dabei höher zu bewerten. § 43 Absatz 5 der Satzung gilt entsprechend.“ 47[§ 46 DVS:] 48„Beiträge für die Gewässerunterhaltung 49(1) Der Beitragsbedarf für die Gewässerunterhaltung wird einheitlich für alle Einzugsgebiete der zu unterhaltenden Gewässer nach dem Umfang der Erschwerung vorab ermittelt und umgelegt auf: 50a) die Mitglieder, die die Unterhaltung über die bloße Beteiligung am natürlichen Abflussvorgang hinaus erschweren (Erschwerer), 51b) die dinglichen Mitglieder aller Einzugsgebiete der zu unterhaltenden Gewässer, im Verhältnis ihrer jeweiligen Flächen. 52(2) Der einzelne Erschwerer wird nach dem Umfang des Erschwernisses belastet. § 92 Absatz 1 Satz 3 LWG findet keine Anwendung. Der Umfang des Erschwernisses bestimmt sich 53a) über das direkte Einleiten von Wasser und Abwasser in Gewässer nach dem Produkt aus Wassermenge und Verschmutzungsgrad. Die Wassermenge abgerundet auf volle 1.000 cbm ist dem die Abwassereinleitung zulassenden Bescheid zu entnehmen. Liegt ein solcher Bescheid nicht vor und wird die Einleitungsmenge nicht nachgewiesen, wird sie vom Verband geschätzt. Der Verschmutzungsgrad wird durch Beiwerte ausgedrückt, 54b) für Anlagen in und am Gewässer, durch die die Gewässerunterhaltung erschwert wird, nach Anzahl, Lage und Länge der Anlagen. 55(3) Die nach Abzug des Beitragsaufkommens der Erschwerer verbleibenden Aufwendungen verteilen sich auf die dinglichen Mitglieder gemäß Absatz 1 Buchstabe b. Die bebauten und befestigten Flächen sind dabei höher zu bewerten. § 43 Absatz 5 der Satzung gilt entsprechend.“ 56Durchgreifende Bedenken gegen diese Satzungsregelungen, d.h. die für den Beitragsbereich des Unterabschnitts Gewässer gewählten Grundsätze der Beitragsbemessung, die zur Verteilung der – nach Abzug der Erschwereranteile verbleibenden – Beitragslasten einen sog. qualifizierten – d.h. hier nach Maßgabe von Bebauung/Befestigung bzw. sonstiger Nutzung differenzierenden – Flächenmaßstab vorgeben, bestehen nicht. 57Für die Festlegung des Beitragsmaßstabs eröffnen die §§ 28, 30 WVG dem Satzungsgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Da die Umlage von Verbandslasten auf Verbandsmitglieder keinen Entgeltcharakter hat und daher nicht des Nachweises eines äquivalenten Vorteils für die Umlagepflichtigen bedarf, ist dieser Spielraum im Wesentlichen nur durch das Willkürverbot begrenzt. Der Beitragsmaßstab darf nicht sachwidrig und für das Wirken des Verbandes völlig unpassend sein. 58Vgl. zum Vorstehenden: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 30. August 2006 – 6 C 6/06 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 12 f.; diese Entscheidung betraf einen Deichverband und seine Beitragsforderung wegen Hochwasserschutzes; siehe des Näheren auch: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. Juni 2005 – 10 B 72/04 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 11. 59Der hier in Rede stehende qualifizierte Flächenmaßstab entspricht diesen, weitgehender Pauschalierung Raum gebenden Anforderungen. 60Der für den hier streitgegenständlichen Beitragsbereich „Unterabschnitt Gewässer“ gewählte sog. modifizierte Flächenmaßstab, 61nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wäre jedenfalls für einen Gewässerunterhaltungsbeitrag sogar ein reiner, „einfacher“ Flächenmaßstab - ohne Stufung nach Qualität und Ertrag des Bodens - mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vereinbar: vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23. Mai 1973 – IV C 21.70 –, veröffentlicht unter anderem juris, siehe dort insbesondere Rn. 11 ff., 62berücksichtigt nämlich, dass der mit den – zu den Beitragslasten führenden – Verbandstätigkeiten verbundene „Vorteil“ im Sinne des § 30 WVG mit Blick auf den Gewässerbeitrag darin besteht, dass die Gewässerunterhaltung durch den Verband dem ordnungsgemäßen Erhalt des Wasserabflusses über das Gewässer, d.h. dem Erhalt bzw. der Verbesserung der sog. Vorflut (vgl. § 39 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 WHG, und/oder der Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers im Sinne des § 39 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 WHG dient, 63vgl. zur rechtlichen Unbedenklichkeit des ökologisch erweiterten Unterhaltungsbegriffs insbesondere auch im Wasserverbandsrecht: Bundesverwaltungsgericht: Urteil vom 29. April 2020 – 7 C 29/18 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 25 ff., 64und der „Vorteil“ der Maßnahmen im wasserverbandsrechtlichen Sinne umso größer ist, je größer und je stärker versiegelt – und damit umso beschleunigt abflusswirksamer – die betroffenen Grundstücksflächen sind. 65Denn dem wasserverbandsrechtlichen Vorteilsbegriff liegt das weite Verständnis zugrunde, das in § 8 WVG Ausdruck findet. Als „Vorteil“ sind danach nicht nur die Maßnahmen der Gewässerunterhaltung anzusehen, die für die Abgabenpflichtigen im Einzelfall einen greifbaren wirtschaftlichen Nutzen mit sich bringen können (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 WVG). Es reicht vielmehr aus, wenn von deren Grundstücken „nachteilige Auswirkungen“ auf die zu unterhaltenden Gewässer ausgehen oder zu erwarten sind (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 WVG). Als Nachteil zurechenbar ist in diesem Sachzusammenhang jeder Beitrag zum Wasserzufluss; denn in der Summe macht dieser Wasserzufluss die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen erforderlich, die der Erhaltung des Gewässers zur Sicherung eines (ordnungsgemäßen) Wasserabflusses dienen (vgl. § 39 Abs. 1 WHG). 66Vgl. in diesem Sinne: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 C 1/07 –, veröffentlicht in juris, siehe dort insbesondere Rn. 34. 67Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass „jedes Grundstück … schon allein infolge seiner Lage im Einzugsgebiet den Zulauf von Wasser verursacht und damit die Gewässerunterhaltung erschwert“. 68Vgl. so Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 C 1/07 –, veröffentlicht in juris, siehe dort Rn. 34 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 3. Juli 1992 – 7 B 149.91 – Buchholz 445.4 § 29 WHG Nr. 3 S. 2 m.w.N, veröffentlicht aber auch in juris. 69Die Unterhaltungstätigkeit des Verbandes ist mit anderen Worten für die im Einzugsgebiet der vom Verband unterhaltenden Gewässer liegenden Grundstücke – der Verbandsmitglieder oder gegebenenfalls der Nutznießer im Sinne von § 23 Abs. 3 WVG – im wasserverbandsbeitragsrechtlichen Sinne des § 28 Abs. 4 WVG „vorteilhaft“, weil der Verband mit seiner Unterhaltungstätigkeit von diesen Grundstücken (durch den von dort ausgehenden Wasserabfluss) ursächlich ausgehenden nachteiligen Einwirkungen auf das Gewässer begegnet. 70Dass die hier streitgegenständliche Grundbesitzung nicht im seitlichen Einzugsbereich eines der Gewässer läge, für dessen Unterhaltung bzw. Ausbau der Beklagte im Sinne seiner Verbandssatzung zuständig ist, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. 71Auch die vom Erbentag des beklagten Verbandes gemäß §§ 15 Nr. 2, 43 Abs. 5, 45 Abs. 2 S. 3, 46 Abs. 3 S. 3 DVS beschlossenen „Veranlagungsregeln des Deichverbandes Bislich-Landesgrenze vom 19. April 2021“ (VR), die die Grundsätze der Veranlagung aus der Verbandssatzung zum Zwecke der Berechnung der Beitragssätze näher spezifizieren, begegnen weder formell-rechtlich noch inhaltlich, d.h. materiell-rechtlich durchgreifenden Bedenken. 72Für den streitgegenständlichen Beitragsbereich „Unterabschnitt Gewässer“ ist in den Veranlagungsregeln im Wesentlichen folgendes geregelt: 73Gemäß „Vorspruch“ Nr. 3 zu den Veranlagungsregeln wird für den Gewässerausbau und die Gewässerunterhaltung des Deichverbandes gemäß der §§ 45 und 46 der Verbandssatzung einheitlich für alle Einzugsgebiete der zu unterhaltenden Gewässer ein Gewässerunterhaltungsbeitrag erhoben. 74Insonderheit ist für diesen Beitragsbereich folgendes bestimmt: 75„3.1 Verteilung der Beitragslast 76Der Beitragsbedarf für den Unterabschnitt Gewässer wird einheitlich für alle Einzugsgebiete der zu unterhaltenden Gewässer nach dem Umfang der Erschwerung vorab ermittelt und auf die Mitglieder, die die Unterhaltung über die bloße Beteiligung am natürlichen Abflussvorgang hinaus erschweren (Erschwerer) [,] und auf die dinglichen Mitglieder aller Einzugsgebiete der zu unterhaltenden Gewässer, im Verhältnis ihrer jeweiligen Flächen. [!; fehlt: „, verteilt“ – s. Folgesatz] 77Die nach Abzug des Beitragsaufkommens der Erschwerer verbleibenden Aufwendungen verteilen sich auf die dinglichen Mitglieder aller Einzugsgebiete der zu unterhaltenden Gewässer im Verhältnis ihrer Flächen im Verbandsgebiet. 78Die bebauten und befestigten Flächen werden in Abhängigkeit ihrer Nutzungsart (Einordnung durch die zuständigen Katasterämter) dabei höher bewertet als unbebaute und unbefestigte und erhalten einen Faktor (=F). (Einzelheiten regelt Anlage 2). 79Alle bebauten und befestigten Flächen, die im Kataster als bebaut und befestigt zu erkennen sind, insbesondere als GF (Gebäude- und Freiflächen) bezeichnet werden bzw. vom Verband als bebaut und befestigt ermittelt werden, sowie befestigte Sonderflächen (z.B. Verkehrsflächen und Friedhöfe, Sportplätze etc.) sind im Verhältnis 10:1 oder 5:1 höher zu bewerten. 803.1.1 land- und forstwirtschaftliche Flächen sowie nicht fließende Gewässer (nutzbare Wasserflächen): 81Die land- und forstwirtschaftlichen Flächen sowie die nicht fließenden Gewässer (nutzbare Wasserflächen) werden mit dem Faktor 1 belegt. 823.1.2 bebaute und befestigte Flächen: 83Die bebauten und befestigten Flächen, die im amtlichen Kataster als bebaut und befestigt zu erkennen sind, insbesondere als GF (Gebäude und Freifläche) bezeichnet werden, werden entsprechend ihrer Nutzung mit einem Faktor 10 belegt. Verkehrsflächen werden mit dem Faktor 10 belegt. 843.1.3 Sonderflächen 85Z. B. Sportplätze, Parkanlagen (Erholungsfläche), Friedhöfe, Kinderspielplätze und vergleichbare Anlagen oder Einrichtungen werden mit dem Faktor 5 belegt.“ 86In der Anl. 2 zu den Veranlagungsregeln sind in einer tabellarischen Übersicht nach Maßgabe der flächenbezogene Nutzungsarten und ihrer Begriffsbestimmungen im Liegenschaftskataster die Faktoren 1, 5 und 10 im Einzelnen zugeordnet. 87Unter Nr. 3.4.1 VR sind die für den vorliegenden Veranlagungsfall einschlägigen Beitragssätze für das Einzugsgebiet wie folgt festgesetzt: 88„a) für land- und forstwirtschaftliche Flächen sowie nicht fließende Gewässer (nutzbare Wasserflächen) [,] die mit dem Faktor 1 anzusetzen sind [,] sowie alle übrigen Flächen, ausgenommen die unter Buchst. b) und c) genannten Grundstücksflächen wird der Beitragssatz festgesetzt auf: 19,11 Euro/ha 89b) für Flächen (bebaut und befestigt) und Verkehrsflächen [,] die mit dem Faktor 10 anzusetzen sind, wird der Beitragssatz festgesetzt auf: 191,10 Euro/ha 90c) für Sonderflächen (Sportplätze, Parkanlagen, Friedhöfe, Kinderspielplätze und vergleichbare Anlagen und Einrichtungen), die mit dem Faktor 5 anzusetzen sind, wird der Beitragssatz festgesetzt auf: 95,55 Euro/ha 91Die Bestimmungen der VR über die Beitragsverteilung für die Beitragsgruppe Gewässerbeitrag sind rechtlich nicht zu beanstanden. 92Dies gilt insbesondere insoweit, als die – im Kataster als solche erkennbaren – bebauten und befestigten (versiegelten) Flächen im Sinne der Nr. 3.1.2 VR in Verbindung mit der Anlage 2 im Verhältnis 10:1 sowie die – im Kataster als solche erkennbaren – befestigten „Sonderflächen im Sinne der Nr. 3.1.3 VR in Verbindung mit der Anlage 2“ im Verhältnis 5:1 höher zu bewerten sind als die übrigen (unbefestigten) Flächen. 93Im Hinblick darauf, dass die hier in Rede stehenden verbandlichen Maßnahmen im Wesentlichen dem Erhalt bzw. der Verbesserung der Vorflut dienen und die 9495a. üblicherweise in erheblichem Umfang versiegelten bebauten und befestigten Flächen, 96b. üblicherweise in weniger starkem Umfang versiegelten bebauten/befestigten Sonderflächen 97und 9899c. die unbebauten Flächen 100in je unterschiedlichem Maße abflusswirksam sind und damit – insbesondere bezüglich der Abflussgeschwindigkeit und der damit verbundenen Intensität bei Spitzenabflüssen – in unterschiedlicher Weise auf das betroffene Gewässer und seine Aufnahmefähigkeit als Vorflut einwirken, ist die unterschiedliche Bewertung der Flächen zu einer „vorteilsgerechten“ Beitragsverteilung dem Grunde nach nicht zu beanstanden. 101Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der beklagte Verband die für die Beitragsbemessung erheblichen Angaben zur Qualität der Flächen („bebaut und/oder befestigt“, „Sonderflächen“, unbefestigt), nach seinen Veranlagungsregeln regelmäßig nur den Angaben über die Nutzungsart im Liegenschaftskataster entnimmt. 102Die in den Veranlagungsregeln damit getroffene grobe Pauschalierung ist vor dem Hintergrund nicht als sachwidrig oder völlig unpassend für das Wirken des Verbandes zu bewerten, dass Wasserverbänden – wie bereits oben dargelegt – bei der Bildung der Maßstäbe für die Verteilung der Beitragslasten mit Blick darauf, dass Wasserverbandsbeiträge keinen Entgeltcharakter haben und daher nicht des Nachweises eines äquivalenten Vorteils für die Umlagepflichtigen bedürfen, ein weiter Gestaltungsspielraum bis zur Willkürgrenze zusteht und mit Blick auf die üblicherweise geringe Verwaltungskraft von Wasserverbänden bei der Wahl des Verteilungsmaßstabes auch eine stark pauschalierende Betrachtungsweise zulässig ist. Daher ist es aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht zu beanstanden, dass der beklagte Verband zur Ermittlung der höher zu bewertenden bebauten/befestigten Flächen auf die einschlägig vorhandenen Eintragungen zu den Nutzungsarten im Liegenschaftskataster zurückgreift. 103In diesem Sinne jedenfalls für Gewässerunterhaltungsbeiträge wohl auch: Cosack in Reinhard/Hasche, Kommentar zum Wasserverbandsgesetz, zu § 30 Rn. 94 f.; vgl. in diesem Sinne auch: OVG NRW, Urteil vom 7. Juni 2005 – 20 A 3419/03 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 70. 104Dies gilt umso mehr, als es nach den Veranlagungsregeln für den Bereich des Gewässerbeitrags auf die ausweislich des Katasters bebauten und befestigten (versiegelten) bzw. unbefestigten Flächen eines Grundstücks ankommt. Gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 „Gesetz über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster“ des Landes Nordrhein Westfalen (VermKatG NRW) werden im Liegenschaftskataster u.a. Angaben zur tatsächlichen Nutzung geführt, wozu nach § 8 Abs. 4 „Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster“ (DVO) die aufgrund örtlicher Feststellungen und anderer Erhebungsverfahren ermittelten Gegebenheiten der Erdoberfläche, d.h. insbesondere die Nutzungsart, die Beschaffenheit oder Bebauung einer Liegenschaft gehören; gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 DVO ist dabei das Liegenschaftskataster regelmäßig oder anlassbezogen zu seiner Aktualisierung – insbesondere auch bezüglich der Nutzungsarten – fortzuführen. 105Damit haben es die betroffenen Beitragspflichtigen selbst in der Hand, durch entsprechende Hinweise auf eine anlassbezogene Fortführung/Aktualisierung des Liegenschaftskatasters im Sinne des § 8 Abs. 7 der „Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster“ (DVO) bezüglich der im Kataster genannten Nutzungsart/Beschaffenheit der Liegenschaft hinzuwirken, falls die diesbezüglichen Angaben im Kataster nicht zutreffen sollten; auch dies spricht dagegen, dass die mit der Anknüpfung an die Grundstücksdaten im Liegenschaftskataster verbundene Pauschalisierung der Erhebung in vorliegendem Zusammenhang zu insgesamt willkürlich-unerträglichen Ergebnissen führte. 106Auf die in der Örtlichkeit vorfindliche tatsächliche Nutzung kommt es damit aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität (regelmäßig) nicht an, es sei denn, bebaute und befestigte Flächen werden im Sinne der Nr. 3.1 Abs. 2 VR vom Verband (über die als solche im Kataster zu erkennenden Flächen hinaus) als bebaut und befestigt ermittelt; ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. 107Soweit der Kläger geltend gemacht hat, dass es für ihn trotz der Auskunft des Katasteramtes weiterhin nicht möglich sei, der Flächenübersicht für das Flurstück 000 zu folgen und damit die Veranlagung zu kontrollieren, ist dies für die Rechtmäßigkeit der Veranlagung unerheblich, weil es nach dem gewählten, rechtlich nicht zu beanstandenden Beitragsmaßstab nicht auf die die in der Örtlichkeit vorfindliche tatsächliche Nutzung, sondern auf die im Kataster erfasste ankommt; abgesehen davon: sollte er die Richtigkeit der dort erfassten Daten bezweifeln, müsste er sich an das Katasteramt wenden, um die im Kataster erfassten Grundstücksdaten prüfend abzugleichen, und für den Fall einer ev. Unrichtigkeit der Katasterdaten deren Berichtigung dort anstreben. 108Das Gericht sieht auch angesichts des weiten Pauschalierungsspielraums, den ein Wasserverband bei der Wahl eines Beitragsmaßstabes genießt, keinen Anlass, die Höhe des Aufschlages für die – im Kataster als solche erkennbaren – bebauten und befestigten Flächen im Sinne von Nr. 3.1.2 VR i.V.m. Anl. 2 zu den VR im Maßstab von 10:1, 109so hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) für den Bereich der Gewässerunterhaltung einen Faktor von 10:1 als innerhalb der der Bewertung durch den Verband vorgegebenen Grenzen liegend angesehen: vgl. Urteil vom 7. Juni 2005 – 20 A 3419/03 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere Rn. 70, 110bzw. für die – im Kataster als solche erkennbaren – versiegelten „Sonderflächen“ im Sinne von Nr. 3.1.3 VR i.V.m. Anl. 2 zu den VR im Maßstab von 5:1 für sachwidrig zu halten. Die getroffene Differenzierung ist nicht völlig ungeeignet, die unterschiedlichen „Vorteilssituationen“ im wasserverbandsrechtlichen Sinne, die mit den verschiedenen Nutzungen verbunden sind, abzubilden. Der Beklagte durfte nämlich im Rahmen der zulässigen Pauschalierung durchaus davon ausgehen, dass im Kataster als bebaute und befestigte ausgewiesene Flächen im Sinne von Nr. 3.1.2 VR i.V.m. Anl. 2 zu den VR, zu denen insbesondere mit Gebäuden bzw. Straßen versehene Grundstücke zählen, üblicherweise intensiver, d. h. in weiterem Umfang oder mit anderen Worten zu größeren Anteilen versiegelt sind, als die versiegelten „Sonderflächen“ im Sinne von Nr. 3.1.3 VR i.V.m. Anl. 2 zur VR, zu denen insbesondere üblicherweise wenig intensiv versiegelte Flächen wie Sportplätze, Parkanlagen, Friedhöfe und Kinderspielplätze gehören. 111Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anwendung der mithin wirksamen Satzungs- und Veranlagungsregeln auf den vorliegenden Veranlagungsfall durch die Beklagte bestehen im Ergebnis lediglich insoweit, als – ausweislich der durch das Gericht im Laufe des Verfahrens eingeholten Auskunft des Katasteramtes des Kreises L. – das Kataster zum 1. Januar 2021 für das Grundstück Gemarkung F. , Flur 0, Flurstücke 000 die folgenden (von der Veranlagung abweichenden) Flächenausweisungen ausweist: 112- für die als Grünland/Landwirtschaft erfasste Fläche: 7.201 m² (Kataster) statt 7.197 m² (Bescheid), 113- für die als Grünanlage/Sport-, Freizeit- und Erholungsfläche genutzte Fläche: 1.157 m² (Kataster) statt 1.153 m² (Bescheid) und 114- für die als Straßenverkehr/Verkehrsbegleitfläche Straße genutzte Fläche: 3 m² (Kataster) statt 11 m² (Bescheid). 115Die im Bescheid der Veranlagung zugrunde gelegten Flächen entsprachen ausweislich der durch das Katasteramt vorgelegten Auszüge aus dem Liegenschaftskataster dem Katasterstand zum 1. Juli 2020 und haben sich aber im Übrigen bis zum 1. Januar 2021 nicht geändert. 116Die Rechtmäßigkeit der Veranlagung zu dem kalenderjährlich erhobenen Beitrag richtet sich hier mit Blick auf den für die Bemessung des Gewässerunterhaltungsbeitrags maßgeblichen qualifizierten Flächenmaßstab – mangels einschlägiger anderweitiger konkreter Regelungen durch die zuständigen Verbandsorgane in Verbandssatzung oder Veranlagungsregeln – allerdings im (Veranlagungs-)Einzelfall nach dem „Katasterstand“ zu Beginn des Beitragsjahres (maßgeblicher Bemessungszeitpunkt – das ist hier der 1. Januar 2021). 117Der 1. Januar des Beitragsjahres ist der im Veranlagungseinzelfall maßgebliche Bemessungszeitpunkt, weil zu diesem Zeitpunkt der haushalts-/kalenderjährlich anfallende Beitrag dem Grunde nach entsteht (vgl. zum Kalenderjahr als Haushaltsjahr: § 32 Abs. 1 S. 3 DVS). Für die Entstehung des Beitrags zum 1.1. eines jeden Haushalts-/ Kalenderjahres spricht die Jährlichkeit des Beitragsintervalls; diese Jährlichkeit ergibt sich aus dem haushalts-/kalenderjährlichen Anfall des Beitrages sowie aus den Regelungen in § 42 Abs. 3 DVS über den Beginn der Beitragspflicht eines neuen Mitglieds am 1. Januar und das Ende der Beitragspflicht bei einem (unterjährigen) Eigentumswechsel erst zum Jahresablauf. 118Dahinstehen kann, ob für den Fall, dass die Beschlussfassung über die Veranlagungsregeln des Beitragsjahres gemäß § 15 Nr. 2 DVS – wie hier – erst nach dem 1. Januar des Veranlagungsjahres erfolgt, maßgeblicher Bemessungszeitpunkt sogar erst der Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Veranlagungsregeln – als möglicher Zeitpunkt der Beitragsentstehung der Höhe nach – ist. Dies änderte hier im Ergebnis nichts, denn in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beitragssätze des Jahres 2021 am 19. April 2021 haben sich die maßgeblichen Katasterdaten der veranlagten Grundbesitzung nicht mehr geändert, wie sich aus einem Vergleich der von der Katasterbehörde für den 1. Januar 2021 angegebenen Daten mit den klägerseits mit Schriftsatz 27. August 2021 als aktuell angegebenen Daten ergibt. 119Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte nach seinen Satzungs- bzw. Veranlagungsregeln bei der Veranlagung im Einzelfall der Ermittlung der maßgeblichen Bemessungsflächen einen anderen Zeitpunkt als den der Entstehung des Beitrages zum 1. Januar des Beitragsjahres zugrunde legen dürfte, d. h. insbesondere – wie hier geschehen – die Veranlagung im Einzelfall nach Katasterdaten bemessen dürfte, die zu irgendeinem im Vorjahr liegenden Zeitpunkt abgefragt wurden, aber bei Entstehung des Beitrags nicht mehr galten, bestehen nicht. Dafür gibt die Satzung nichts her. Eine denkbare – und mit Blick auf den weiten verbandlichen Gestaltungsspielraum bei der Gestaltung der Bemessungsregeln i.V.m. den verwaltungspraktischen Gründe, die der Beklagte zur Rechtfertigung seiner entsprechenden, aktuellen Verwaltungspraxis angeführt hat, rechtlich grundsätzlich wohl unbedenkliche und zur rechtlichen Abstützung der aktuellen Verwaltungspraxis vom Verband durch Änderung der Satzung bzw. der Veranlagung möglicherweise anzustrebende – Regelung, nach der der Beklagte bei der Veranlagung im Einzelfall (regelmäßig auch) von dem „Katasterstand“ für das betroffene Grundstück ausgehen darf/soll/muss, der sich bei einer Katasterabfrage im Vorjahr ergeben hat, hat der beklagte Verband gerade nicht getroffen. Eine entsprechende Regelung in Satzung und/oder Veranlagungsregel wäre aber rechtlich erforderlich. Da ansonsten mangels einer entsprechenden Regelung unbestimmt bliebe, auf Katasterdaten welchen Alters der Beklagte bei der Bemessung des Beitrags im Einzelfall zurückgreifen dürfte, kommt ein anderer maßgeblicher Bemessungszeitpunkt als der der Entstehung des Beitrags nicht in Betracht. Dementsprechend ist nach den bestehenden Satzungs- und Veranlagungsregeln auf den Katasterstand für das betroffene Grundstück zum 1. Januar des Beitragsjahres abzustellen. 120Die beklagtenseits angesprochenen Gründe der Verwaltungspraktikabilität, die nach Auffassung des Beklagten für einen Rückgriff auf einen älteren, im Laufe des Vorjahres vor Beginn des Beitragszeitraums und der Beitragskalkulation abgefragten Datenstand sprechen, dürften es ihrerseits zwar grundsätzlich rechtfertigen, dass die Beklagte bei der Kalkulation des Beitragssatzes, die ohnehin auf Prognosen beruht, auf hinreichend aktuelle Daten des Vorjahres zurückgreifen darf. Bloße verwaltungstechnische Praktikabilitätserwägungen vermögen aber ohne eine entsprechende Basis in den von dem zuständigen Verbandsorgan zu beschließenden Bestimmungen zur Beitragsveranlagung in Satzung und/oder Veranlagungsregeln (vgl. dazu insbesondere § 15 Nr. 2 i.V.m. § 43 Abs. 5 DVS) nicht die (Einzelfall-)Veranlagung von Mitgliedern im Beitragsjahr nach Maßgabe von Katastereingaben bzgl. Grundstücksflächen und -nutzungen zu rechtfertigen, die keine Geltung für das Beitragsjahr mehr haben. 121Bei Zugrundelegung der einschlägigen Daten, die sich ausweislich der durch das Gericht im Laufe des Verfahrens eingeholten Auskunft des Katasteramtes des Kreises L. im hier maßgeblichen Bemessungszeitpunkt des 1. Januar 2021 – aber ebenso auch im eventuell maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Veranlagungsregeln und dort insbesondere die Beitragssätze am 15. April 2021 – aus dem Kataster ergaben, waren für diesen Zeitpunkt für die veranlagungsgegenständlichen Grundstücke Gemarkung F. , Flur 0, Flurstücke 000 und 000 folgende Flächengrößen und Nutzungsarten erfasst: 122a. für das Grundstück Flur 000:Fläche insgesamt: 10.634 m² (wie gemäß Bescheid veranlagt); diese Fläche unterfällt ausweislich des Katasterauszugs insgesamt der Nutzungsart „Grünland“ = Nr. 620 im Sinne der Schlüsselnummer im Liegenschaftskataster und der Anlage 2 zu den Veranlagungsregeln); diese Fläche ist nach Nr. 3.1 VR in Verbindung mit Anlage 2 der VR bei der Beitragsbemessung mit dem Faktor 1 zu bewerten; ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid sind diese Flächen bei der Veranlagung auch nur mit dem Faktor 1 berücksichtigt worden; 123b. für das Grundstück Flur 000:Fläche insgesamt: 9.970 m²; diese Fläche gliedert sich ausweislich des Katasterauszugs nach den betroffenen Nutzungsarten wie folgt:aa. 7.201 m² (statt 7.197 m² gemäß Bescheid): „Grünland“ = Nr. 620 im Sinne der Schlüsselnummer im Liegenschaftskataster und der Anlage 2 zu den Veranlagungsregeln; derartige Flächen sind nach Nr. 3.1 VR in Verbindung mit Anlage 2 der VR bei der Beitragsbemessung mit dem Faktor 1 zu bewerten; ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid ist die hier in Rede stehende Fläche bei der Veranlagung mit dem Faktor 1 berücksichtigt worden;bb. 362 m² (wie gemäß Bescheid veranlagt): „Gehölz“ = Nr. 740 im Sinne der Schlüsselnummer im Liegenschaftskataster und der Anlage 2 zu den Veranlagungsregeln; derartige Flächen sind nach Nr. 3.1 VR in Verbindung mit Anlage 2 der VR bei der Beitragsbemessung mit dem Faktor 1 zu bewerten; ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid ist die hier in Rede stehende Fläche bei der Veranlagung auch mit dem Faktor 1 berücksichtigt worden;cc. 1.157 m² (statt 1.153 m² gemäß Bescheid): „Grünanlage“ bzw. „Grünfläche“ = Nr. 420 im Sinne der Schlüsselnummer im Liegenschaftskataster bzw. der Anlage 2 zu den Veranlagungsregeln; derartige Flächen sind nach Nr. 3.1 VR in Verbindung mit Anlage 2 der VR bei der Beitragsbemessung mit dem Faktor 5 zu bewerten; ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid ist die hier in Rede stehende Fläche bei der Veranlagung mit dem Faktor 5 berücksichtigt worden;dd. 17 m² (wie gemäß Bescheid veranlagt): „Fahrweg“ bzw. „Weg Fahrweg“ = Nr. 521 im Sinne der Schlüsselnummer im Liegenschaftskataster bzw. der Anlage 2 zu den Veranlagungsregeln; derartige Flächen sind nach Nr. 3.1 VR in Verbindung mit Anlage 2 der VR bei der Beitragsbemessung mit dem Faktor 10 zu bewerten; ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid ist die hier in Rede stehende Fläche bei der Veranlagung auch mit dem Faktor 10 berücksichtigt worden;ee. 3 m² (statt 11 m² gemäß Bescheid): „Verkehrsbegleitfläche Straße“ = Nr. 591 im Sinne der Schlüsselnummer im Liegenschaftskataster und der Anlage 2 zu den Veranlagungsregeln; derartige Flächen sind nach Nr. 3.1 VR in Verbindung mit Anlage 2 der VR bei der Beitragsbemessung mit dem Faktor 10 zu bewerten; ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid ist die hier in Rede stehende Fläche bei der Veranlagung mit dem Faktor 10 berücksichtigt worden;ff. 1.230 m² (wie gemäß Bescheid veranlagt): „Gebäude- und Freifläche Wohnen“= Nr. 130 im Sinne der Schlüsselnummer im Liegenschaftskataster und der Anlage 2 zu den Veranlagungsregeln; derartige Flächen sind nach Nr. 3.1 VR in Verbindung mit Anlage 2 der VR bei der Beitragsbemessung mit dem Faktor 10 zu bewerten; ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid ist die hier in Rede stehende Fläche bei der Veranlagung auch mit dem Faktor 10 berücksichtigt worden. 124Mithin hat der Beklagte Flächen nach ihrer Größe in folgendem Umfang fehlerhaft veranlagt: 125aaa. die mit dem Faktor 1 belegte o.g. Fläche b.aa. hat er mit nur 7.197 m² statt mit 7.201 m² bemessen und die Veranlagung damit insoweit im gewichteten Umfang von [7.201 m² – 7.197 m² = 4 m² x 1 (Faktor 1) =] 4 m² zu gering bemessen; 126bbb. die mit dem Faktor 5 belegte o.g. Fläche b.cc. hat er mit nur 1.153 m² statt mit 1.157 m² m² bemessen und die Veranlagung damit insoweit im gewichteten Umfang von [1.157 m² – 1.153 m² = 4 m² x 5 (Faktor 5) =] 20 m² zu gering bemessen; 127ccc. die mit dem Faktor 10 belegte o.g. Fläche b.ee. hat er mit 11 m² statt mit 3 m² bemessen und die Veranlagung damit insoweit im gewichteten Umfang von [11 m² - 3 m² = 8 m² x 10 (Faktor 10) =] 80 m² zu hoch bemessen. 128Die übrigen der Veranlagung zugrunde gelegten Bemessungsansätze sind weder nach zugrunde gelegter Flächengröße noch nach Nutzungsart und zugehöriger Faktorisierung zu beanstanden. 129Die Berechnung des Beitrages für den Bereich „Unterabschnitt Gewässer“ hat der Beklagte in dem Bescheid zudem zwar nicht so vorgenommen/dargestellt, wie es die Veranlagungsregeln und die unter Nr. 3.4.1 VR für die drei „Beitragsgruppen“ im Sinne der Nr. 3.1.1, 3.1.2 und 3.1.3 getrennt VR festgesetzten Beitragssätze an sich vorsehen. Er hat nämlich nicht den festgesetzten Gebührensatz 130- nach Nr. 3.4.1 lit. a) von 19,11 Euro/ha für die (nicht bebauten und befestigten) Flächen im Sinne der Nr. 3.1.1 VR, 131- nach Nr. 3.4.1 lit. b) von 191,10 Euro/ha für die (bebauten und befestigten) Flächen im Sinne der Nr. 3.1.2 VR 132bzw. 133- nach Nr. 3.4.1 lit. c) von 95,55 Euro/ha für die (Sonder-)Flächen im Sinne von Nr. 3.1.3 VR 134vervielfältigt mit den für die jeweiligen Flächentypen festzustellenden (einfachen) Flächen der Grundbesitzung des Klägers. 135Vielmehr hat der Beklagte bei seiner Berechnung der Beitragshöhe die durch die klägerische Grundbesitzung „realisierten“ Flächen im Sinne der Nr. 3.1.3 VR bzw. der Nr. 3.1.2 VR „fünffacht“ bzw. „zehnfacht“ und die sich daraus ergebende Flächensumme jeweils mit dem „einfachen“ Beitragssatz von 19,11 Euro/ha vervielfacht statt auf die „einfachen“ Flächen im Sinne der Nr. 3.1.3 VR bzw. der Nr. 3.1.2 VR den – gegenüber dem „einfachen“ Beitragssatz für die Flächen im Sinne der Nr. 3.1.1 VR – „fünffachen“ bzw. „zehnfachen“ Beitragssatz anzuwenden, wie es die Veranlagungsregeln vorsehen. 136Diese Vorgehensweise ist aber im Ergebnis unschädlich, weil das rechnerische Veranlagungsergebnis beider mathematischer Wege/Operationen gleich bleibt. 137Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass die angefochtene Veranlagung des Klägers zu dem Beitrag „Unterabschnitt Gewässer“ aufgrund der oben aufgezeigten fehlerhaften Flächenbemessung in dem angefochtenen Bescheid nur insoweit überhöht und damit rechtswidrig ist, als sie über den Betrag von 69,71 Euro hinausgeht. Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem nach der Satzung gerechtfertigten Beitrag und dem veranlagten Beitrag in Höhe von 69,82, den der Beklagte um lediglich 0,11 Euro überhöht festgesetzt hat. Dieser überhöht veranlagte Beitrag ergibt sich gemäß folgender Berechnung: 13880 m² (zu hohe, gewichtete Flächenbemessung – siehe oben ccc.) – 24 m² (Summe der zu geringen, gewichteten Flächenbemessung – siehe oben aaa und bbb.) = 56 m² = 0,0056 ha (Summe der insgesamt zu hohen, gewichteten Flächenbemessung in Hektar); 1390,0056 ha (Summe der insgesamt zu hohen, gewichteten Flächenbemessung in Hektar) x 19,11 Euro/ha (einfacher Beitragssatz; mathematisch anwendbar im Hinblick auf die nach Faktoren gewichtete Flächenbemessung) = 0,11 Euro. 140Da nach den Vorgaben in den Veranlagungsregeln über die „Hebung der Beiträge“ (vgl. VR a.E.) Beitragspflichtiger derjenige ist, der am 01.01. des Haushaltsjahres – das ist hier das Jahr 2021 – Eigentümer des Grundstücks mit dem vom Finanzamt festgesetzten Einheitswert ist, und für den Fall, dass das Grundstück mehreren Personen zugerechnet ist, diese Gesamtschuldner sind, ist auch nicht zweifelhaft, dass der Kläger als Miteigentümer der veranlagten Grundstücke – und Mitglied des Verbandes – von dem Beklagten zu Recht als Beitragsschuldner veranlagt worden ist. 141Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO (Geringfügigkeit des Unterliegens des Beklagten); die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 142Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO). 143Rechtsmittelbelehrung: (2018) 144Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 145Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 146Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 147Die Berufung ist nur zuzulassen, 1481. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1492. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1503. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1514. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1525. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 153Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 154Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 155Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). 156Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 157Beschluss: 158Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 69,82 Euro festgesetzt. 159Gründe: 160Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt nach § 52 Abs. 3 GKG. 161Rechtsmittelbelehrung: 162Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 163Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 164Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 165Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 166Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 167War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | der bescheid vom 12. mai 2021 wird insoweit aufgehoben, als darin für den unterabschnitt gewässer ein beitrag von mehr als 69,71 euro festgesetzt worden ist; im übrigen wird die klage abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch leistung einer sicherheit oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger ist miteigentümer der grundbesitzung mit der postalischen bezeichnung haus f. , c.---weg 00 in s. (gemarkung f. , flur 0, flurstücke 000 und 000). 3mit dem hier angefochtenen bescheid vom 12. mai 2021 zog der beklagte deichverband den kläger unter anderem zu dem hier allein streitigen gewässerbeitrag für das jahr 2021 in höhe von insgesamt 69,82 euro heran. 4bemessungsgrundlage waren dabei flächen im umfang von 18.193 m², die mit dem faktor 1 gewertet wurden, flächen im umfang von 1.258 m², die mit dem faktor 10 höher gewertet wurden, sowie flächen im umfang von 1.153 m², die mit dem faktor 5 höher gewertet wurden. die summe der derart faktorierten flächen in quadratmetern, die sich auf 3,6538 ha beläuft, wurde mit einem beitragssatz für den unterabschnitt gewässer von 19,11 euro je hektar vervielfältigt. 5nach der im bescheid als anlage nachrichtlich beigefügten flächenübersicht waren flächen im umfang von 18.193 m² nach maßgabe der nutzungsart „grünland“ bzw. „gehölz“ mit dem faktor 1, flächen im umfang von 1.153 m² nach maßgabe der nutzungsart „grünanlage“ mit dem faktor 5 und flächen im umfang von 1.258 m² nach maßgabe der nutzungsart „gebäude- und freifläche wohnen“, „weg fahrweg“ bzw. „verkehrsbegleitfläche straße“ mit dem faktor 10 veranlagt worden. 6im laufe des klageverfahrens hat der beklagte verband zur erläuterung des beitragssatzes mitgeteilt, dass im unterabschnitt gewässer im haushaltsjahr 2021 nur (umlagefähiger) aufwand der gewässerunterhaltung veranschlagt worden sei; maßnahmen im bereich gewässerausbau seien demgegenüber nicht angefallen. 7am 9. juni 2021 hat der kläger klage gegen den bescheid bezüglich der festsetzungen für den unterabschnitt gewässer erhoben. 8zur begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, dass die gehölzfläche nicht – wie in der flächenübersicht angegeben – 362 m² umfasse, sondern ca. 765 m² groß sei. ihm sei auch nicht klar, wo der mit 17 m² ausgewiesene fahrweg liegen solle; es gebe nur eine ausfahrt. der beklagte greife bezüglich der qualifizierung der flächen auf die flächenausweisungen im liegenschaftskataster zurück. das katasteramt habe ihn aber darüber informiert, dass die flächenausweisungen im kataster für die beitragsveranlagung „nicht praxisnah“ genug seien. von dem kreis x. , der katasterbehörde, habe er i.ü. eine mitteilung über die fortführung des liegenschaftskatasters vom 8. september 2009 mit den angaben über die „tatsächliche nutzung“ des flurstücks 000 erhalten; die dortigen angaben seien aber nie in den beitragsbescheiden erfasst worden. in den jahren 2001-2017 seien die flächenangaben in den beitragsbescheiden auch immer gleich geblieben. nach den von ihm im laufe des klageverfahrens telefonisch bei dem katasteramt eingeholten informationen gebe es auch (geringfügige) abweichungen zwischen dem datenbestand, der dem bescheid zugrunde gelegt worden sei, und dem aktuellen datenstand der katasterbehörde. dementsprechend sei nicht nur der beitragsbescheid für 2021, sondern seien auch die beitragsbescheide für die jahre 2018 - 2020 fehlerhaft. für ihn sei es trotz der auskunft des katasteramtes weiterhin nicht möglich, der flächenübersicht für das flurstück 000 zu folgen, so dass die veranlagung für ihn nicht kontrollierbar sei. 9auf entsprechende gerichtliche anfrage hat das kataster- und vermessungsamt des kreises l. für die von der veranlagung betroffenen grundstücksflächen nutzungsart und flächengrößen zum stichtag 1. januar 2021 mitgeteilt. danach wichen die eintragungen im liegenschaftskataster von den von dem beklagten der veranlagung zugrunde gelegten bemessungsgrundlagen (vgl. dazu anlage zum beitragsbescheid) nur insoweit ab, als das kataster für das grundstück gemarkung f. , flur 0, flurstücke 000 folgende flächenausweisungen ausweist: 10- für die als grünland/landwirtschaft erfasste fläche: 7.201 m² (kataster) statt 7.197 m² (bescheid), 11- für die als grünanlage/sport-, freizeit- und erholungsfläche erfasste fläche: 1.157 m² (kataster) statt 1.153 m² (bescheid) und 12- für die als straßenverkehr/verkehrsbegleitfläche straße erfasste fläche: 3 m² (kataster) statt 11 m² (bescheid). 13die im bescheid zugrunde gelegten flächen entsprachen ausweislich der durch das katasteramt vorgelegten auszüge aus dem liegenschaftskataster dem katasterstand zum 1. juli 2020. 14der kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 15den bescheid vom 12. mai 2021 insoweit aufzuheben, als darin für den unterabschnitt gewässer ein beitrag für das jahr 2021 in höhe von 69,82 euro festgesetzt worden ist. 16der beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18zur begründung hat der beklagte folgendes ausgeführt: 19der für die beitragserhebung im unterabschnitt gewässer gewählte flächenmaßstab entspreche der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts etwa aus seinem urteil vom 30. juni 2006 – 6 c 3.06 –. 20die für die beitragserhebung im unterabschnitt gewässer erforderlichen daten über die flurstücke, die nutzungsarten und die angaben zu den versiegelungen würden den alkis-daten der katasterämter entnommen. bei einem verbandsgebiet in einer größe von etwa 230 km² stünde eine individuelle einschätzung der nutzungsarten (durch den verband selbst) in keinem „gesunden“ verhältnis. 21aus der dem angefochtenen bescheid beigefügten übersicht über die herangezogenen flächen sei im übrigen klar ersichtlich, welches flurstück in welcher größe und mit welcher nutzungsart belegt und veranlagt worden sei. die dort ausgewiesenen nutzungsarten der einzelnen flurstücke stimmten mit der vom zuständigen katasteramt des kreises l. festgesetzten nutzungsart überein. diese daten würden vom verband jährlich bei dem katasteramt abgefordert. in diesem zusammenhang sei folgendes zu berücksichtigen: 22die verbandsbeiträge würden bei (ca.) 24.000 mitglieder erhoben. die vorbereitung der beitragsveranlagung beinhalte eine prüfung von ca. 100.000 flurstücksdaten und etwa 35.000 einheitswerten und grundsteuermessbeträgen. die für die erhebung notwendigen daten, d.h. die katasterdaten, die einheitswertdaten und eigentümerdaten, die bei verschiedenen behörden einzuholen seien, würden manuell durch die beschäftigten des beklagten aktualisiert. die arbeitsintensive eingabe dieser änderungen sei nur mit einem gewissen zeitlichen vorlauf zur beitragsveranlagung realisierbar. der veranlagung des klägers seien die daten zugrunde gelegt worden, die dem beklagten im zeitpunkt der aktualisierung vorgelegen hätten. die klägerseits angesprochenen änderungen würden bei der beitragsveranlagung für das jahr 2022 berücksichtigt werden. 23wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 24 | 25der einzelrichter, dem die kammer das verfahren nach § 6 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zur entscheidung übertragen hat, konnte gemäß § 102 abs. 2 vwgo entscheiden, obwohl der kläger im termin ausgeblieben ist, weil er bei der ladung darauf hingewiesen worden ist, dass beim ausbleiben eines beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. 26die zulässige klage ist unbegründet. 27der bescheid vom 12. mai 2021, der vom kläger ohnehin nur insoweit angefochten worden ist, als es um die erhebung des verbandsbeitrages für das jahr 2021 im unterabschnitt gewässer für die dinglichen verbandsmitglieder wie den kläger geht, ist nur in der aus dem tenor ersichtlichen höhe rechtlich zu beanstanden; im übrigen ist er rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 s. 1 vwgo). 28die heranziehung des klägers zu den beiträgen zu dem beklagten deichverband im unterabschnitt gewässer für das jahr 2021 findet ihre rechtsgrundlage in den regelungen in § 28 wasserverbandsgesetz (wvg) in verbindung mit §§ 42 ff. der satzung des deichverbandes vom 01.01.2007 in der aktuell geltenden fassung der 8. änderung vom 6. dezember 2016 (dvs) und den vom erbentag am 19. april 2021 für das jahr 2021 festgelegten veranlagungsregeln (vr). 29bedenken gegen die formelle rechtmäßigkeit der deichverbandssatzung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. 30durchgreifende bedenken gegen die materielle rechtmäßigkeit der satzung oder die veranlagungsregeln bestehen ebenfalls nicht. 31die satzung enthält die mindestbestimmungen nach § 6 abs. 2 wvg. 32nach § 28 abs. 1 wvg sind die verbandsmitglieder bzw. – soweit dies nach den satzungsregeln über die beitragserhebung vorgesehen ist auch – die nutznießer im sinne des § 28 abs. 3 wvg verpflichtet, dem verband beiträge (verbandsbeiträge) zu leisten, soweit dies zur erfüllung seiner aufgaben erforderlich ist. dabei besteht diese beitragspflicht nur insoweit, als die verbandsmitglieder (oder nutznießer) einen vorteil haben oder der verband für sie ihnen obliegende leistungen erbringt oder von ihnen ausgehenden nachteiligen wirkungen begegnet (§ 28 abs. 4 wvg). unter diesen voraussetzungen bemisst sich der beitrag der verbandsmitglieder bzw. der nutznießer nach dem vorteil, den sie von der aufgabe des verbandes haben, sowie den kosten, die der verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen einwirkungen zu begegnen; für die festlegung des beitragsmaßstabes reicht eine annähernde ermittlung der vorteile und kosten aus (§ 30 abs. 1 s. 2 wvg). nach § 30 abs. 2, 2. alt. wvg ist es auch zulässig, einen abweichenden beitragsmaßstab festzulegen. 33unter beachtung dieses gesetzlichen rahmens sind die grundsätze für die beitragsbemessung in der satzung des verbandes festzulegen (§ 6 abs. 2 nr. 6 wvg). 34in ausfüllung dieser gesetzlichen vorgaben ist in der verbandssatzung zur beitragsbemessung für den hier in rede stehenden veranlagungsfall (beiträge für den unterabschnitt gewässer) im wesentlichen folgendes geregelt, wobei die regeln für den „beitragsanteil“ gewässerunterhaltung vorliegend keine rolle spielen, weil nach den angaben des beklagten verbandes, an denen zu zweifeln kein anlass besteht, im hier maßgeblichen haushalts-/veranlagungsjahr 2021 bei der beitragsberechnung kein aufwand für die gewässerunterhaltung veranschlagt worden ist : 35[§ 43 abs. 1 s. 1 und 2 dvs:] „die beitragslast verteilt sich auf die beitragspflichtigen mitglieder im verhältnis der vorteile, die sie von der durchführung der aufgaben des verbandes haben, sowie der kosten, die der verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende leistungen zu erbringen oder um den von ihnen ausgehenden nachteiligen einwirkungen zu begegnen. vorteile sind auch die erleichterungen einer pflicht des mitgliedes und die möglichkeit, maßnahmen des verbandes zweckmäßig und wirtschaftlich auszunutzen (vorteilsprinzip).“ 36[(§ 43 abs. 1 s. 3 dvs:] „auf der grundlage dieses vorteilsprinzips verteilt sich die beitragslast wie folgt: 37… 382. maßnahmen an gewässern: 39a) gewässerausbau bzw. rückführung in einen naturnahen zustand, 40b) gewässerunterhaltung, 41im verhältnis des umfangs der erschwerung, der fläche und der nutzung der grundstücke.“ 42[§ 43 abs. 5 dvs:] „die einzelheiten werden in den vom erbentag zu beschließenden veranlagungsregeln festgelegt. die veranlagungsregeln werden veröffentlicht.“ 43[§ 45 dvs:] 44„beiträge für gewässerbaumaßnahmen 45(1) die beiträge für gewässerausbau, rückführung in einen naturnahen zustand und den allgemeinen ausgleich der wasserführung ergeben sich aus den kosten aller maßnahmen, die über die im lwg geregelte gewässerunterhaltung hinausgehen. 46(2) die nach absatz 1 ermittelten aufwendungen sind im verhältnis der fläche und der nutzung der grundstücke einheitlich auf alle einzugsgebiete der zu unterhaltenden gewässer zu verteilen. die bebauten und befestigten flächen sind dabei höher zu bewerten. § 43 absatz 5 der satzung gilt entsprechend.“ 47[§ 46 dvs:] 48„beiträge für die gewässerunterhaltung 49(1) der beitragsbedarf für die gewässerunterhaltung wird einheitlich für alle einzugsgebiete der zu unterhaltenden gewässer nach dem umfang der erschwerung vorab ermittelt und umgelegt auf: 50a) die mitglieder, die die unterhaltung über die bloße beteiligung am natürlichen abflussvorgang hinaus erschweren (erschwerer), 51b) die dinglichen mitglieder aller einzugsgebiete der zu unterhaltenden gewässer, im verhältnis ihrer jeweiligen flächen. 52(2) der einzelne erschwerer wird nach dem umfang des erschwernisses belastet. § 92 absatz 1 satz 3 lwg findet keine anwendung. der umfang des erschwernisses bestimmt sich 53a) über das direkte einleiten von wasser und abwasser in gewässer nach dem produkt aus wassermenge und verschmutzungsgrad. die wassermenge abgerundet auf volle 1.000 cbm ist dem die abwassereinleitung zulassenden bescheid zu entnehmen. liegt ein solcher bescheid nicht vor und wird die einleitungsmenge nicht nachgewiesen, wird sie vom verband geschätzt. der verschmutzungsgrad wird durch beiwerte ausgedrückt, 54b) für anlagen in und am gewässer, durch die die gewässerunterhaltung erschwert wird, nach anzahl, lage und länge der anlagen. 55(3) die nach abzug des beitragsaufkommens der erschwerer verbleibenden aufwendungen verteilen sich auf die dinglichen mitglieder gemäß absatz 1 buchstabe b. die bebauten und befestigten flächen sind dabei höher zu bewerten. § 43 absatz 5 der satzung gilt entsprechend.“ 56durchgreifende bedenken gegen diese satzungsregelungen, d.h. die für den beitragsbereich des unterabschnitts gewässer gewählten grundsätze der beitragsbemessung, die zur verteilung der – nach abzug der erschwereranteile verbleibenden – beitragslasten einen sog. qualifizierten – d.h. hier nach maßgabe von bebauung/befestigung bzw. sonstiger nutzung differenzierenden – flächenmaßstab vorgeben, bestehen nicht. 57für die festlegung des beitragsmaßstabs eröffnen die §§ 28, 30 wvg dem satzungsgeber einen weiten gestaltungsspielraum. da die umlage von verbandslasten auf verbandsmitglieder keinen entgeltcharakter hat und daher nicht des nachweises eines äquivalenten vorteils für die umlagepflichtigen bedarf, ist dieser spielraum im wesentlichen nur durch das willkürverbot begrenzt. der beitragsmaßstab darf nicht sachwidrig und für das wirken des verbandes völlig unpassend sein. 58vgl. zum vorstehenden: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 30. august 2006 – 6 c 6/06 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 12 f.; diese entscheidung betraf einen deichverband und seine beitragsforderung wegen hochwasserschutzes; siehe des näheren auch: bundesverwaltungsgericht, beschluss vom 27. juni 2005 – 10 b 72/04 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 11. 59der hier in rede stehende qualifizierte flächenmaßstab entspricht diesen, weitgehender pauschalierung raum gebenden anforderungen. 60der für den hier streitgegenständlichen beitragsbereich „unterabschnitt gewässer“ gewählte sog. modifizierte flächenmaßstab, 61nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts wäre jedenfalls für einen gewässerunterhaltungsbeitrag sogar ein reiner, „einfacher“ flächenmaßstab - ohne stufung nach qualität und ertrag des bodens - mit art. 3 abs. 1 grundgesetz (gg) vereinbar: vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 23. mai 1973 – iv c 21.70 –, veröffentlicht unter anderem juris, siehe dort insbesondere rn. 11 ff., 62berücksichtigt nämlich, dass der mit den – zu den beitragslasten führenden – verbandstätigkeiten verbundene „vorteil“ im sinne des § 30 wvg mit blick auf den gewässerbeitrag darin besteht, dass die gewässerunterhaltung durch den verband dem ordnungsgemäßen erhalt des wasserabflusses über das gewässer, d.h. dem erhalt bzw. der verbesserung der sog. vorflut (vgl. § 39 abs. 1 s. 2 nr. 2 whg, und/oder der erhaltung und förderung der ökologischen funktionsfähigkeit des gewässers im sinne des § 39 abs. 1 s. 2 nr. 4 whg dient, 63vgl. zur rechtlichen unbedenklichkeit des ökologisch erweiterten unterhaltungsbegriffs insbesondere auch im wasserverbandsrecht: bundesverwaltungsgericht: urteil vom 29. april 2020 – 7 c 29/18 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 25 ff., 64und der „vorteil“ der maßnahmen im wasserverbandsrechtlichen sinne umso größer ist, je größer und je stärker versiegelt – und damit umso beschleunigt abflusswirksamer – die betroffenen grundstücksflächen sind. 65denn dem wasserverbandsrechtlichen vorteilsbegriff liegt das weite verständnis zugrunde, das in § 8 wvg ausdruck findet. als „vorteil“ sind danach nicht nur die maßnahmen der gewässerunterhaltung anzusehen, die für die abgabenpflichtigen im einzelfall einen greifbaren wirtschaftlichen nutzen mit sich bringen können (vgl. § 8 abs. 1 nr. 1 und abs. 2 wvg). es reicht vielmehr aus, wenn von deren grundstücken „nachteilige auswirkungen“ auf die zu unterhaltenden gewässer ausgehen oder zu erwarten sind (vgl. § 8 abs. 1 nr. 2 wvg). als nachteil zurechenbar ist in diesem sachzusammenhang jeder beitrag zum wasserzufluss; denn in der summe macht dieser wasserzufluss die wasserwirtschaftlichen maßnahmen erforderlich, die der erhaltung des gewässers zur sicherung eines (ordnungsgemäßen) wasserabflusses dienen (vgl. § 39 abs. 1 whg). 66vgl. in diesem sinne: bundesverwaltungsgericht, urteil vom 11. juli 2007 – 9 c 1/07 –, veröffentlicht in juris, siehe dort insbesondere rn. 34. 67dementsprechend ist in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass „jedes grundstück … schon allein infolge seiner lage im einzugsgebiet den zulauf von wasser verursacht und damit die gewässerunterhaltung erschwert“. 68vgl. so bundesverwaltungsgericht, urteil vom 11. juli 2007 – 9 c 1/07 –, veröffentlicht in juris, siehe dort rn. 34 unter bezugnahme auf den beschluss vom 3. juli 1992 – 7 b 149.91 – buchholz 445.4 § 29 whg nr. 3 s. 2 m.w.n, veröffentlicht aber auch in juris. 69die unterhaltungstätigkeit des verbandes ist mit anderen worten für die im einzugsgebiet der vom verband unterhaltenden gewässer liegenden grundstücke – der verbandsmitglieder oder gegebenenfalls der nutznießer im sinne von § 23 abs. 3 wvg – im wasserverbandsbeitragsrechtlichen sinne des § 28 abs. 4 wvg „vorteilhaft“, weil der verband mit seiner unterhaltungstätigkeit von diesen grundstücken (durch den von dort ausgehenden wasserabfluss) ursächlich ausgehenden nachteiligen einwirkungen auf das gewässer begegnet. 70dass die hier streitgegenständliche grundbesitzung nicht im seitlichen einzugsbereich eines der gewässer läge, für dessen unterhaltung bzw. ausbau der beklagte im sinne seiner verbandssatzung zuständig ist, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. 71auch die vom erbentag des beklagten verbandes gemäß §§ 15 nr. 2, 43 abs. 5, 45 abs. 2 s. 3, 46 abs. 3 s. 3 dvs beschlossenen „veranlagungsregeln des deichverbandes bislich-landesgrenze vom 19. april 2021“ (vr), die die grundsätze der veranlagung aus der verbandssatzung zum zwecke der berechnung der beitragssätze näher spezifizieren, begegnen weder formell-rechtlich noch inhaltlich, d.h. materiell-rechtlich durchgreifenden bedenken. 72für den streitgegenständlichen beitragsbereich „unterabschnitt gewässer“ ist in den veranlagungsregeln im wesentlichen folgendes geregelt: 73gemäß „vorspruch“ nr. 3 zu den veranlagungsregeln wird für den gewässerausbau und die gewässerunterhaltung des deichverbandes gemäß der §§ 45 und 46 der verbandssatzung einheitlich für alle einzugsgebiete der zu unterhaltenden gewässer ein gewässerunterhaltungsbeitrag erhoben. 74insonderheit ist für diesen beitragsbereich folgendes bestimmt: 75„3.1 verteilung der beitragslast 76der beitragsbedarf für den unterabschnitt gewässer wird einheitlich für alle einzugsgebiete der zu unterhaltenden gewässer nach dem umfang der erschwerung vorab ermittelt und auf die mitglieder, die die unterhaltung über die bloße beteiligung am natürlichen abflussvorgang hinaus erschweren (erschwerer) [,] und auf die dinglichen mitglieder aller einzugsgebiete der zu unterhaltenden gewässer, im verhältnis ihrer jeweiligen flächen. [!; fehlt: „, verteilt“ – s. folgesatz] 77die nach abzug des beitragsaufkommens der erschwerer verbleibenden aufwendungen verteilen sich auf die dinglichen mitglieder aller einzugsgebiete der zu unterhaltenden gewässer im verhältnis ihrer flächen im verbandsgebiet. 78die bebauten und befestigten flächen werden in abhängigkeit ihrer nutzungsart (einordnung durch die zuständigen katasterämter) dabei höher bewertet als unbebaute und unbefestigte und erhalten einen faktor (=f). (einzelheiten regelt anlage 2). 79alle bebauten und befestigten flächen, die im kataster als bebaut und befestigt zu erkennen sind, insbesondere als gf (gebäude- und freiflächen) bezeichnet werden bzw. vom verband als bebaut und befestigt ermittelt werden, sowie befestigte sonderflächen (z.b. verkehrsflächen und friedhöfe, sportplätze etc.) sind im verhältnis 10:1 oder 5:1 höher zu bewerten. 803.1.1 land- und forstwirtschaftliche flächen sowie nicht fließende gewässer (nutzbare wasserflächen): 81die land- und forstwirtschaftlichen flächen sowie die nicht fließenden gewässer (nutzbare wasserflächen) werden mit dem faktor 1 belegt. 823.1.2 bebaute und befestigte flächen: 83die bebauten und befestigten flächen, die im amtlichen kataster als bebaut und befestigt zu erkennen sind, insbesondere als gf (gebäude und freifläche) bezeichnet werden, werden entsprechend ihrer nutzung mit einem faktor 10 belegt. verkehrsflächen werden mit dem faktor 10 belegt. 843.1.3 sonderflächen 85z. b. sportplätze, parkanlagen (erholungsfläche), friedhöfe, kinderspielplätze und vergleichbare anlagen oder einrichtungen werden mit dem faktor 5 belegt.“ 86in der anl. 2 zu den veranlagungsregeln sind in einer tabellarischen übersicht nach maßgabe der flächenbezogene nutzungsarten und ihrer begriffsbestimmungen im liegenschaftskataster die faktoren 1, 5 und 10 im einzelnen zugeordnet. 87unter nr. 3.4.1 vr sind die für den vorliegenden veranlagungsfall einschlägigen beitragssätze für das einzugsgebiet wie folgt festgesetzt: 88„a) für land- und forstwirtschaftliche flächen sowie nicht fließende gewässer (nutzbare wasserflächen) [,] die mit dem faktor 1 anzusetzen sind [,] sowie alle übrigen flächen, ausgenommen die unter buchst. b) und c) genannten grundstücksflächen wird der beitragssatz festgesetzt auf: 19,11 euro/ha 89b) für flächen (bebaut und befestigt) und verkehrsflächen [,] die mit dem faktor 10 anzusetzen sind, wird der beitragssatz festgesetzt auf: 191,10 euro/ha 90c) für sonderflächen (sportplätze, parkanlagen, friedhöfe, kinderspielplätze und vergleichbare anlagen und einrichtungen), die mit dem faktor 5 anzusetzen sind, wird der beitragssatz festgesetzt auf: 95,55 euro/ha 91die bestimmungen der vr über die beitragsverteilung für die beitragsgruppe gewässerbeitrag sind rechtlich nicht zu beanstanden. 92dies gilt insbesondere insoweit, als die – im kataster als solche erkennbaren – bebauten und befestigten (versiegelten) flächen im sinne der nr. 3.1.2 vr in verbindung mit der anlage 2 im verhältnis 10:1 sowie die – im kataster als solche erkennbaren – befestigten „sonderflächen im sinne der nr. 3.1.3 vr in verbindung mit der anlage 2“ im verhältnis 5:1 höher zu bewerten sind als die übrigen (unbefestigten) flächen. 93im hinblick darauf, dass die hier in rede stehenden verbandlichen maßnahmen im wesentlichen dem erhalt bzw. der verbesserung der vorflut dienen und die 9495a. üblicherweise in erheblichem umfang versiegelten bebauten und befestigten flächen, 96b. üblicherweise in weniger starkem umfang versiegelten bebauten/befestigten sonderflächen 97und 9899c. die unbebauten flächen 100in je unterschiedlichem maße abflusswirksam sind und damit – insbesondere bezüglich der abflussgeschwindigkeit und der damit verbundenen intensität bei spitzenabflüssen – in unterschiedlicher weise auf das betroffene gewässer und seine aufnahmefähigkeit als vorflut einwirken, ist die unterschiedliche bewertung der flächen zu einer „vorteilsgerechten“ beitragsverteilung dem grunde nach nicht zu beanstanden. 101es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der beklagte verband die für die beitragsbemessung erheblichen angaben zur qualität der flächen („bebaut und/oder befestigt“, „sonderflächen“, unbefestigt), nach seinen veranlagungsregeln regelmäßig nur den angaben über die nutzungsart im liegenschaftskataster entnimmt. 102die in den veranlagungsregeln damit getroffene grobe pauschalierung ist vor dem hintergrund nicht als sachwidrig oder völlig unpassend für das wirken des verbandes zu bewerten, dass wasserverbänden – wie bereits oben dargelegt – bei der bildung der maßstäbe für die verteilung der beitragslasten mit blick darauf, dass wasserverbandsbeiträge keinen entgeltcharakter haben und daher nicht des nachweises eines äquivalenten vorteils für die umlagepflichtigen bedürfen, ein weiter gestaltungsspielraum bis zur willkürgrenze zusteht und mit blick auf die üblicherweise geringe verwaltungskraft von wasserverbänden bei der wahl des verteilungsmaßstabes auch eine stark pauschalierende betrachtungsweise zulässig ist. daher ist es aus gründen der verwaltungspraktikabilität nicht zu beanstanden, dass der beklagte verband zur ermittlung der höher zu bewertenden bebauten/befestigten flächen auf die einschlägig vorhandenen eintragungen zu den nutzungsarten im liegenschaftskataster zurückgreift. 103in diesem sinne jedenfalls für gewässerunterhaltungsbeiträge wohl auch: cosack in reinhard/hasche, kommentar zum wasserverbandsgesetz, zu § 30 rn. 94 f.; vgl. in diesem sinne auch: ovg nrw, urteil vom 7. juni 2005 – 20 a 3419/03 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 70. 104dies gilt umso mehr, als es nach den veranlagungsregeln für den bereich des gewässerbeitrags auf die ausweislich des katasters bebauten und befestigten (versiegelten) bzw. unbefestigten flächen eines grundstücks ankommt. gemäß § 11 abs. 1 s. 2 „gesetz über die landesvermessung und das liegenschaftskataster“ des landes nordrhein westfalen (vermkatg nrw) werden im liegenschaftskataster u.a. angaben zur tatsächlichen nutzung geführt, wozu nach § 8 abs. 4 „verordnung zur durchführung des gesetzes über die landesvermessung und das liegenschaftskataster“ (dvo) die aufgrund örtlicher feststellungen und anderer erhebungsverfahren ermittelten gegebenheiten der erdoberfläche, d.h. insbesondere die nutzungsart, die beschaffenheit oder bebauung einer liegenschaft gehören; gemäß § 8 abs. 7 s. 1 dvo ist dabei das liegenschaftskataster regelmäßig oder anlassbezogen zu seiner aktualisierung – insbesondere auch bezüglich der nutzungsarten – fortzuführen. 105damit haben es die betroffenen beitragspflichtigen selbst in der hand, durch entsprechende hinweise auf eine anlassbezogene fortführung/aktualisierung des liegenschaftskatasters im sinne des § 8 abs. 7 der „verordnung zur durchführung des gesetzes über die landesvermessung und das liegenschaftskataster“ (dvo) bezüglich der im kataster genannten nutzungsart/beschaffenheit der liegenschaft hinzuwirken, falls die diesbezüglichen angaben im kataster nicht zutreffen sollten; auch dies spricht dagegen, dass die mit der anknüpfung an die grundstücksdaten im liegenschaftskataster verbundene pauschalisierung der erhebung in vorliegendem zusammenhang zu insgesamt willkürlich-unerträglichen ergebnissen führte. 106auf die in der örtlichkeit vorfindliche tatsächliche nutzung kommt es damit aus gründen der verwaltungspraktikabilität (regelmäßig) nicht an, es sei denn, bebaute und befestigte flächen werden im sinne der nr. 3.1 abs. 2 vr vom verband (über die als solche im kataster zu erkennenden flächen hinaus) als bebaut und befestigt ermittelt; ein solcher ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. 107soweit der kläger geltend gemacht hat, dass es für ihn trotz der auskunft des katasteramtes weiterhin nicht möglich sei, der flächenübersicht für das flurstück 000 zu folgen und damit die veranlagung zu kontrollieren, ist dies für die rechtmäßigkeit der veranlagung unerheblich, weil es nach dem gewählten, rechtlich nicht zu beanstandenden beitragsmaßstab nicht auf die die in der örtlichkeit vorfindliche tatsächliche nutzung, sondern auf die im kataster erfasste ankommt; abgesehen davon: sollte er die richtigkeit der dort erfassten daten bezweifeln, müsste er sich an das katasteramt wenden, um die im kataster erfassten grundstücksdaten prüfend abzugleichen, und für den fall einer ev. unrichtigkeit der katasterdaten deren berichtigung dort anstreben. 108das gericht sieht auch angesichts des weiten pauschalierungsspielraums, den ein wasserverband bei der wahl eines beitragsmaßstabes genießt, keinen anlass, die höhe des aufschlages für die – im kataster als solche erkennbaren – bebauten und befestigten flächen im sinne von nr. 3.1.2 vr i.v.m. anl. 2 zu den vr im maßstab von 10:1, 109so hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) für den bereich der gewässerunterhaltung einen faktor von 10:1 als innerhalb der der bewertung durch den verband vorgegebenen grenzen liegend angesehen: vgl. urteil vom 7. juni 2005 – 20 a 3419/03 –, veröffentlicht unter anderem in juris, siehe dort insbesondere rn. 70, 110bzw. für die – im kataster als solche erkennbaren – versiegelten „sonderflächen“ im sinne von nr. 3.1.3 vr i.v.m. anl. 2 zu den vr im maßstab von 5:1 für sachwidrig zu halten. die getroffene differenzierung ist nicht völlig ungeeignet, die unterschiedlichen „vorteilssituationen“ im wasserverbandsrechtlichen sinne, die mit den verschiedenen nutzungen verbunden sind, abzubilden. der beklagte durfte nämlich im rahmen der zulässigen pauschalierung durchaus davon ausgehen, dass im kataster als bebaute und befestigte ausgewiesene flächen im sinne von nr. 3.1.2 vr i.v.m. anl. 2 zu den vr, zu denen insbesondere mit gebäuden bzw. straßen versehene grundstücke zählen, üblicherweise intensiver, d. h. in weiterem umfang oder mit anderen worten zu größeren anteilen versiegelt sind, als die versiegelten „sonderflächen“ im sinne von nr. 3.1.3 vr i.v.m. anl. 2 zur vr, zu denen insbesondere üblicherweise wenig intensiv versiegelte flächen wie sportplätze, parkanlagen, friedhöfe und kinderspielplätze gehören. 111bedenken gegen die rechtmäßigkeit der anwendung der mithin wirksamen satzungs- und veranlagungsregeln auf den vorliegenden veranlagungsfall durch die beklagte bestehen im ergebnis lediglich insoweit, als – ausweislich der durch das gericht im laufe des verfahrens eingeholten auskunft des katasteramtes des kreises l. – das kataster zum 1. januar 2021 für das grundstück gemarkung f. , flur 0, flurstücke 000 die folgenden (von der veranlagung abweichenden) flächenausweisungen ausweist: 112- für die als grünland/landwirtschaft erfasste fläche: 7.201 m² (kataster) statt 7.197 m² (bescheid), 113- für die als grünanlage/sport-, freizeit- und erholungsfläche genutzte fläche: 1.157 m² (kataster) statt 1.153 m² (bescheid) und 114- für die als straßenverkehr/verkehrsbegleitfläche straße genutzte fläche: 3 m² (kataster) statt 11 m² (bescheid). 115die im bescheid der veranlagung zugrunde gelegten flächen entsprachen ausweislich der durch das katasteramt vorgelegten auszüge aus dem liegenschaftskataster dem katasterstand zum 1. juli 2020 und haben sich aber im übrigen bis zum 1. januar 2021 nicht geändert. 116die rechtmäßigkeit der veranlagung zu dem kalenderjährlich erhobenen beitrag richtet sich hier mit blick auf den für die bemessung des gewässerunterhaltungsbeitrags maßgeblichen qualifizierten flächenmaßstab – mangels einschlägiger anderweitiger konkreter regelungen durch die zuständigen verbandsorgane in verbandssatzung oder veranlagungsregeln – allerdings im (veranlagungs-)einzelfall nach dem „katasterstand“ zu beginn des beitragsjahres (maßgeblicher bemessungszeitpunkt – das ist hier der 1. januar 2021). 117der 1. januar des beitragsjahres ist der im veranlagungseinzelfall maßgebliche bemessungszeitpunkt, weil zu diesem zeitpunkt der haushalts-/kalenderjährlich anfallende beitrag dem grunde nach entsteht (vgl. zum kalenderjahr als haushaltsjahr: § 32 abs. 1 s. 3 dvs). für die entstehung des beitrags zum 1.1. eines jeden haushalts-/ kalenderjahres spricht die jährlichkeit des beitragsintervalls; diese jährlichkeit ergibt sich aus dem haushalts-/kalenderjährlichen anfall des beitrages sowie aus den regelungen in § 42 abs. 3 dvs über den beginn der beitragspflicht eines neuen mitglieds am 1. januar und das ende der beitragspflicht bei einem (unterjährigen) eigentumswechsel erst zum jahresablauf. 118dahinstehen kann, ob für den fall, dass die beschlussfassung über die veranlagungsregeln des beitragsjahres gemäß § 15 nr. 2 dvs – wie hier – erst nach dem 1. januar des veranlagungsjahres erfolgt, maßgeblicher bemessungszeitpunkt sogar erst der zeitpunkt der beschlussfassung über die veranlagungsregeln – als möglicher zeitpunkt der beitragsentstehung der höhe nach – ist. dies änderte hier im ergebnis nichts, denn in der zeit vom 1. januar 2021 bis zum zeitpunkt der beschlussfassung über die beitragssätze des jahres 2021 am 19. april 2021 haben sich die maßgeblichen katasterdaten der veranlagten grundbesitzung nicht mehr geändert, wie sich aus einem vergleich der von der katasterbehörde für den 1. januar 2021 angegebenen daten mit den klägerseits mit schriftsatz 27. august 2021 als aktuell angegebenen daten ergibt. 119anhaltspunkte dafür, dass der beklagte nach seinen satzungs- bzw. veranlagungsregeln bei der veranlagung im einzelfall der ermittlung der maßgeblichen bemessungsflächen einen anderen zeitpunkt als den der entstehung des beitrages zum 1. januar des beitragsjahres zugrunde legen dürfte, d. h. insbesondere – wie hier geschehen – die veranlagung im einzelfall nach katasterdaten bemessen dürfte, die zu irgendeinem im vorjahr liegenden zeitpunkt abgefragt wurden, aber bei entstehung des beitrags nicht mehr galten, bestehen nicht. dafür gibt die satzung nichts her. eine denkbare – und mit blick auf den weiten verbandlichen gestaltungsspielraum bei der gestaltung der bemessungsregeln i.v.m. den verwaltungspraktischen gründe, die der beklagte zur rechtfertigung seiner entsprechenden, aktuellen verwaltungspraxis angeführt hat, rechtlich grundsätzlich wohl unbedenkliche und zur rechtlichen abstützung der aktuellen verwaltungspraxis vom verband durch änderung der satzung bzw. der veranlagung möglicherweise anzustrebende – regelung, nach der der beklagte bei der veranlagung im einzelfall (regelmäßig auch) von dem „katasterstand“ für das betroffene grundstück ausgehen darf/soll/muss, der sich bei einer katasterabfrage im vorjahr ergeben hat, hat der beklagte verband gerade nicht getroffen. eine entsprechende regelung in satzung und/oder veranlagungsregel wäre aber rechtlich erforderlich. da ansonsten mangels einer entsprechenden regelung unbestimmt bliebe, auf katasterdaten welchen alters der beklagte bei der bemessung des beitrags im einzelfall zurückgreifen dürfte, kommt ein anderer maßgeblicher bemessungszeitpunkt als der der entstehung des beitrags nicht in betracht. dementsprechend ist nach den bestehenden satzungs- und veranlagungsregeln auf den katasterstand für das betroffene grundstück zum 1. januar des beitragsjahres abzustellen. 120die beklagtenseits angesprochenen gründe der verwaltungspraktikabilität, die nach auffassung des beklagten für einen rückgriff auf einen älteren, im laufe des vorjahres vor beginn des beitragszeitraums und der beitragskalkulation abgefragten datenstand sprechen, dürften es ihrerseits zwar grundsätzlich rechtfertigen, dass die beklagte bei der kalkulation des beitragssatzes, die ohnehin auf prognosen beruht, auf hinreichend aktuelle daten des vorjahres zurückgreifen darf. bloße verwaltungstechnische praktikabilitätserwägungen vermögen aber ohne eine entsprechende basis in den von dem zuständigen verbandsorgan zu beschließenden bestimmungen zur beitragsveranlagung in satzung und/oder veranlagungsregeln (vgl. dazu insbesondere § 15 nr. 2 i.v.m. § 43 abs. 5 dvs) nicht die (einzelfall-)veranlagung von mitgliedern im beitragsjahr nach maßgabe von katastereingaben bzgl. grundstücksflächen und -nutzungen zu rechtfertigen, die keine geltung für das beitragsjahr mehr haben. 121bei zugrundelegung der einschlägigen daten, die sich ausweislich der durch das gericht im laufe des verfahrens eingeholten auskunft des katasteramtes des kreises l. im hier maßgeblichen bemessungszeitpunkt des 1. januar 2021 – aber ebenso auch im eventuell maßgeblichen zeitpunkt der beschlussfassung über die veranlagungsregeln und dort insbesondere die beitragssätze am 15. april 2021 – aus dem kataster ergaben, waren für diesen zeitpunkt für die veranlagungsgegenständlichen grundstücke gemarkung f. , flur 0, flurstücke 000 und 000 folgende flächengrößen und nutzungsarten erfasst: 122a. für das grundstück flur 000:fläche insgesamt: 10.634 m² (wie gemäß bescheid veranlagt); diese fläche unterfällt ausweislich des katasterauszugs insgesamt der nutzungsart „grünland“ = nr. 620 im sinne der schlüsselnummer im liegenschaftskataster und der anlage 2 zu den veranlagungsregeln); diese fläche ist nach nr. 3.1 vr in verbindung mit anlage 2 der vr bei der beitragsbemessung mit dem faktor 1 zu bewerten; ausweislich der anlage zu dem angefochtenen bescheid sind diese flächen bei der veranlagung auch nur mit dem faktor 1 berücksichtigt worden; 123b. für das grundstück flur 000:fläche insgesamt: 9.970 m²; diese fläche gliedert sich ausweislich des katasterauszugs nach den betroffenen nutzungsarten wie folgt:aa. 7.201 m² (statt 7.197 m² gemäß bescheid): „grünland“ = nr. 620 im sinne der schlüsselnummer im liegenschaftskataster und der anlage 2 zu den veranlagungsregeln; derartige flächen sind nach nr. 3.1 vr in verbindung mit anlage 2 der vr bei der beitragsbemessung mit dem faktor 1 zu bewerten; ausweislich der anlage zu dem angefochtenen bescheid ist die hier in rede stehende fläche bei der veranlagung mit dem faktor 1 berücksichtigt worden;bb. 362 m² (wie gemäß bescheid veranlagt): „gehölz“ = nr. 740 im sinne der schlüsselnummer im liegenschaftskataster und der anlage 2 zu den veranlagungsregeln; derartige flächen sind nach nr. 3.1 vr in verbindung mit anlage 2 der vr bei der beitragsbemessung mit dem faktor 1 zu bewerten; ausweislich der anlage zu dem angefochtenen bescheid ist die hier in rede stehende fläche bei der veranlagung auch mit dem faktor 1 berücksichtigt worden;cc. 1.157 m² (statt 1.153 m² gemäß bescheid): „grünanlage“ bzw. „grünfläche“ = nr. 420 im sinne der schlüsselnummer im liegenschaftskataster bzw. der anlage 2 zu den veranlagungsregeln; derartige flächen sind nach nr. 3.1 vr in verbindung mit anlage 2 der vr bei der beitragsbemessung mit dem faktor 5 zu bewerten; ausweislich der anlage zu dem angefochtenen bescheid ist die hier in rede stehende fläche bei der veranlagung mit dem faktor 5 berücksichtigt worden;dd. 17 m² (wie gemäß bescheid veranlagt): „fahrweg“ bzw. „weg fahrweg“ = nr. 521 im sinne der schlüsselnummer im liegenschaftskataster bzw. der anlage 2 zu den veranlagungsregeln; derartige flächen sind nach nr. 3.1 vr in verbindung mit anlage 2 der vr bei der beitragsbemessung mit dem faktor 10 zu bewerten; ausweislich der anlage zu dem angefochtenen bescheid ist die hier in rede stehende fläche bei der veranlagung auch mit dem faktor 10 berücksichtigt worden;ee. 3 m² (statt 11 m² gemäß bescheid): „verkehrsbegleitfläche straße“ = nr. 591 im sinne der schlüsselnummer im liegenschaftskataster und der anlage 2 zu den veranlagungsregeln; derartige flächen sind nach nr. 3.1 vr in verbindung mit anlage 2 der vr bei der beitragsbemessung mit dem faktor 10 zu bewerten; ausweislich der anlage zu dem angefochtenen bescheid ist die hier in rede stehende fläche bei der veranlagung mit dem faktor 10 berücksichtigt worden;ff. 1.230 m² (wie gemäß bescheid veranlagt): „gebäude- und freifläche wohnen“= nr. 130 im sinne der schlüsselnummer im liegenschaftskataster und der anlage 2 zu den veranlagungsregeln; derartige flächen sind nach nr. 3.1 vr in verbindung mit anlage 2 der vr bei der beitragsbemessung mit dem faktor 10 zu bewerten; ausweislich der anlage zu dem angefochtenen bescheid ist die hier in rede stehende fläche bei der veranlagung auch mit dem faktor 10 berücksichtigt worden. 124mithin hat der beklagte flächen nach ihrer größe in folgendem umfang fehlerhaft veranlagt: 125aaa. die mit dem faktor 1 belegte o.g. fläche b.aa. hat er mit nur 7.197 m² statt mit 7.201 m² bemessen und die veranlagung damit insoweit im gewichteten umfang von [7.201 m² – 7.197 m² = 4 m² x 1 (faktor 1) =] 4 m² zu gering bemessen; 126bbb. die mit dem faktor 5 belegte o.g. fläche b.cc. hat er mit nur 1.153 m² statt mit 1.157 m² m² bemessen und die veranlagung damit insoweit im gewichteten umfang von [1.157 m² – 1.153 m² = 4 m² x 5 (faktor 5) =] 20 m² zu gering bemessen; 127ccc. die mit dem faktor 10 belegte o.g. fläche b.ee. hat er mit 11 m² statt mit 3 m² bemessen und die veranlagung damit insoweit im gewichteten umfang von [11 m² - 3 m² = 8 m² x 10 (faktor 10) =] 80 m² zu hoch bemessen. 128die übrigen der veranlagung zugrunde gelegten bemessungsansätze sind weder nach zugrunde gelegter flächengröße noch nach nutzungsart und zugehöriger faktorisierung zu beanstanden. 129die berechnung des beitrages für den bereich „unterabschnitt gewässer“ hat der beklagte in dem bescheid zudem zwar nicht so vorgenommen/dargestellt, wie es die veranlagungsregeln und die unter nr. 3.4.1 vr für die drei „beitragsgruppen“ im sinne der nr. 3.1.1, 3.1.2 und 3.1.3 getrennt vr festgesetzten beitragssätze an sich vorsehen. er hat nämlich nicht den festgesetzten gebührensatz 130- nach nr. 3.4.1 lit. a) von 19,11 euro/ha für die (nicht bebauten und befestigten) flächen im sinne der nr. 3.1.1 vr, 131- nach nr. 3.4.1 lit. b) von 191,10 euro/ha für die (bebauten und befestigten) flächen im sinne der nr. 3.1.2 vr 132bzw. 133- nach nr. 3.4.1 lit. c) von 95,55 euro/ha für die (sonder-)flächen im sinne von nr. 3.1.3 vr 134vervielfältigt mit den für die jeweiligen flächentypen festzustellenden (einfachen) flächen der grundbesitzung des klägers. 135vielmehr hat der beklagte bei seiner berechnung der beitragshöhe die durch die klägerische grundbesitzung „realisierten“ flächen im sinne der nr. 3.1.3 vr bzw. der nr. 3.1.2 vr „fünffacht“ bzw. „zehnfacht“ und die sich daraus ergebende flächensumme jeweils mit dem „einfachen“ beitragssatz von 19,11 euro/ha vervielfacht statt auf die „einfachen“ flächen im sinne der nr. 3.1.3 vr bzw. der nr. 3.1.2 vr den – gegenüber dem „einfachen“ beitragssatz für die flächen im sinne der nr. 3.1.1 vr – „fünffachen“ bzw. „zehnfachen“ beitragssatz anzuwenden, wie es die veranlagungsregeln vorsehen. 136diese vorgehensweise ist aber im ergebnis unschädlich, weil das rechnerische veranlagungsergebnis beider mathematischer wege/operationen gleich bleibt. 137vor diesem hintergrund ergibt sich, dass die angefochtene veranlagung des klägers zu dem beitrag „unterabschnitt gewässer“ aufgrund der oben aufgezeigten fehlerhaften flächenbemessung in dem angefochtenen bescheid nur insoweit überhöht und damit rechtswidrig ist, als sie über den betrag von 69,71 euro hinausgeht. dieser betrag ergibt sich aus der differenz zwischen dem nach der satzung gerechtfertigten beitrag und dem veranlagten beitrag in höhe von 69,82, den der beklagte um lediglich 0,11 euro überhöht festgesetzt hat. dieser überhöht veranlagte beitrag ergibt sich gemäß folgender berechnung: 13880 m² (zu hohe, gewichtete flächenbemessung – siehe oben ccc.) – 24 m² (summe der zu geringen, gewichteten flächenbemessung – siehe oben aaa und bbb.) = 56 m² = 0,0056 ha (summe der insgesamt zu hohen, gewichteten flächenbemessung in hektar); 1390,0056 ha (summe der insgesamt zu hohen, gewichteten flächenbemessung in hektar) x 19,11 euro/ha (einfacher beitragssatz; mathematisch anwendbar im hinblick auf die nach faktoren gewichtete flächenbemessung) = 0,11 euro. 140da nach den vorgaben in den veranlagungsregeln über die „hebung der beiträge“ (vgl. vr a.e.) beitragspflichtiger derjenige ist, der am 01.01. des haushaltsjahres – das ist hier das jahr 2021 – eigentümer des grundstücks mit dem vom finanzamt festgesetzten einheitswert ist, und für den fall, dass das grundstück mehreren personen zugerechnet ist, diese gesamtschuldner sind, ist auch nicht zweifelhaft, dass der kläger als miteigentümer der veranlagten grundstücke – und mitglied des verbandes – von dem beklagten zu recht als beitragsschuldner veranlagt worden ist. 141die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 s. 3 vwgo (geringfügigkeit des unterliegens des beklagten); die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 142die berufung war nicht zuzulassen, weil die gründe des § 124 abs. 2 nr. 3 oder 4 vwgo nicht vorliegen (§ 124 a abs. 1 vwgo). 143rechtsmittelbelehrung: (2018) 144gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 145der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 146innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 147die berufung ist nur zuzulassen, 1481. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1492. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1503. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1514. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1525. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 153die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 154über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 155im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). 156die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 157beschluss: 158der wert des streitgegenstandes wird auf 69,82 euro festgesetzt. 159gründe: 160die festsetzung des streitwertes erfolgt nach § 52 abs. 3 gkg. 161rechtsmittelbelehrung: 162gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 163die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 164die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 165die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 166die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 167war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 6 A 2718/19 | 2021-11-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger leitete zuletzt als Städtischer Verwaltungsdirektor, Besoldungsgruppe A 15, die Abteilung Wirtschaftsförderung (Fachbereich 70) der Beklagten. Von Januar 2007 bis Juni 2012 war er darüber hinaus in genehmigter Nebentätigkeit als Prokurist bei der Grundstücks-Marketing-Gesellschaft der Stadt W. mbH (GMG) beschäftigt und erhielt hierfür eine monatliche Vergütung in Höhe von 400,00 Euro. 3Mit Bescheid vom 16. Juli 2012 wurde der Kläger (rückwirkend) zum 1. Juli 2012 mit der Hälfte seiner regelmäßigen Wochenarbeitszeit der GMG zugewiesen, um als deren Geschäftsführer tätig zu werden. Das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 15 zahlte die Beklagte an den Kläger in voller Höhe weiter. Die GMG verpflichtete sich vertraglich gegenüber der Beklagten, an diese 50 % der Bezüge des Klägers und Versorgungsausgleichszahlungen zu leisten. 4Unter dem 13. September 2012 schlossen der Kläger und „die GMG“, vertreten durch H. O. als Vorsitzender des Beirates und G. X. als stellvertretender Vorsitzender des Beirates, einen Vertrag. Nach dessen Ziffer 3 erhielt der Kläger monatlich eine Vergütung in Höhe von 1.250,00 Euro brutto. Unter dem 14. April 2014 wurde dieser Vertrag geändert und nunmehr für die Zeit ab Mai 2014 – im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers als Hauptgeschäftsführer – eine monatliche Vergütung in Höhe von 3.000,00 Euro brutto zuzüglich einer variablen ergebnisorientierten Vergütung (Tantieme) in Höhe von 5 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses der Gesellschaft, fällig mit Feststellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft durch die Gesellschafterversammlung, erstmals für das Geschäftsjahr 2013, vereinbart. Auf Grundlage dieser Regelungen erhielt der Kläger bis Ende März 2016 96.500,00 Euro Festgehalt, 50.515,41 Euro Tantieme für das Jahr 2013 sowie 79.630,00 Euro Tantieme für das Jahr 2014, mithin insgesamt einen Betrag in Höhe von 226.645,41 Euro. 5Ab August 2014 fanden zwischen den Beteiligten Gespräche über die Möglichkeit statt, dem Kläger die durch die GMG gezahlte Vergütung zu belassen. Am 29. Februar 2016 beschloss der Rat der Beklagten die Ablehnung einer sog. Behaltensentscheidung im Sinne von § 9a Abs. 2 Satz 2 ÜBesG NRW. Mit Bescheid vom 21. März 2016 verfügte die Beklagte gegenüber dem Kläger ab dem 1. April 2016 die Anrechnung der durch die GMG geleisteten Bruttovergütung in Höhe von 3.000,00 Euro monatlich auf die Beamtenbesoldung nach § 9a Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW. 6Nach vorausgegangener Anhörung erließ die Beklagte unter dem 22. Juli 2016 den streitgegenständlichen Bescheid. In Ziffer 1 stellte sie die Verpflichtung des Klägers fest, die in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis Ende Februar 2016 als Geschäftsführer der GMG erhaltene Vergütung in Höhe von insgesamt 216.155,41 Euro an die Beklagte abzuführen. Unter Ziffer 2 des Bescheides forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung des Gesamtbetrages in Höhe von 216.155,41 Euro innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides auf eines ihrer angegebenen Konten auf. 7Die Beklagte stützte den mit „Abführung von Nebeneinkünften“ überschriebenen Bescheid auf § 58 LBG NRW. Die Tätigkeit bei der GMG gehöre seit der Zuweisung zu dem dienstlichen Hauptamt des Klägers; sie sei nicht als Nebentätigkeit im Sinne der Nebentätigkeitsverordnung zu qualifizieren. Eine Kürzung der Besoldung sei nicht erfolgt; der Kläger sei vielmehr sowohl für die Tätigkeit bei der Beklagten als auch für die Tätigkeit bei der GMG in vollem Umfang alimentiert worden. Daraus habe sich hinsichtlich der von der GMG gezahlten Vergütungen gemäß § 58 LBG NRW eine Abführungs- und auch eine Meldepflicht ergeben, der der Kläger nicht nachgekommen sei. Eine Anrechnung nach § 9a Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW habe deshalb nicht stattgefunden. Eine „Behaltensentscheidung“ durch die oberste Dienstbehörde nach § 9a Abs. 2 Satz 2 ÜBesG NRW sei nicht getroffen worden. Als zwingende Rechtsfolge sei die von der GMG gezahlte Geschäftsführervergütung an den Dienstherrn abzuführen. Unter „Rechtsbehelfsbelehrung“ heißt es in dem Bescheid, es könne gegen ihn innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch erhoben werden. 8Der Kläger hat am 5. August 2016 Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid erhoben und zu dessen Begründung unter anderem ausgeführt, der Bescheid sei rechtswidrig, weil allen Beteiligten von Anfang an bewusst gewesen sei, dass er die ihm von der GMG gewährte Vergütung behalten sollte. Die Zuweisung sei auch im Interesse der Beklagten erfolgt. Die Voraussetzungen des § 58 LBG NRW lägen nicht vor. Außerdem stelle die Vorschrift des § 12 Abs. 2 LBesG NRW eine Spezialregelung bzgl. der Anrechnung bei Zuweisung dar. Die Beklagte hat über den Widerspruch nicht entschieden. 9Am 21. Juni 2017 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, § 58 LBG NRW sei als Ermächtigungsgrundlage nicht einschlägig. Die Tätigkeit bei der GMG sei nicht „wie eine Nebenbeschäftigung“ gewesen, sondern nach der Zuweisung Hauptamt. Bezogen auf die Vergütung im Rahmen von Zuweisungen sei § 12 Abs. 2 LBesG NRW – vormals § 9a ÜBesG NRW – einschlägig. Danach sei das Einkommen zu verrechnen gewesen. „Zuzahlungen“ der privatisierten Einrichtung an den Beamten führten zu einer Kürzung der Dienstbezüge um den gleichen Betrag. Wenn die Leistungen der Einrichtung die Dienstbezüge überstiegen, verbleibe dem Beamten der (übersteigende) Rest. Tatsächlich sei es zu einer Verrechnung dadurch gekommen, dass die GMG an die Beklagte 50 % der Bezüge und sonstigen Personalkosten gezahlt habe. Er habe von der Beklagten im Ergebnis nur die Hälfte seiner Bezüge bekommen, da die Bezüge im Umfang der Zuweisung durch die GMG unmittelbar an die Beklagte erstattet worden seien. Unabhängig davon sei jedenfalls über die Anrechnung ein förmlicher Bescheid zu erteilen, der nach allgemeinen Grundsätzen anfechtbar sei. Darüber hinaus stünden die Grundsätze aus Treu und Glauben und die Fürsorgepflicht dem Anspruch entgegen. Es sei stets Konsens gewesen, dass es sich um eine Vergütung handele, die über die beamtenrechtliche Vergütung hinausgehe und die er behalten dürfe. 10Der Kläger hat beantragt, 11den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt W. vom 22. Juli 2016 aufzuheben. 12Die Beklagte hat beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zu Begründung hat sie vorgetragen: Nach der Zuweisung habe der Kläger im Rahmen der Zuweisung sein Hauptamt ausgeführt. § 58 LBG NRW sehe weder eine Verrechnung mit der Besoldung noch eine Verrechnung mit den Zahlungen Dritter an den Dienstherrn vor. Die Geschäftsführervergütung sei in voller Höhe – entsprechend der zum Nebentätigkeitsrecht ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „brutto“ – abzuführen. Ungeachtet der Frage, ob im Rahmen des § 58 LBG NRW überhaupt eine Billigkeitsentscheidung anzustellen sei, habe der Rat jedenfalls keine Zustimmung für ein vollständiges oder teilweises Absehen von der Abführung erteilt. Dem Anspruch sei weder die Einrede der Verwirkung noch der Grundsatz von Treu und Glauben oder ihre, der Beklagten, Fürsorgepflicht entgegen zu halten. Hierauf könne sich der Kläger nicht berufen, weil er seine besondere Stellung als Führungskraft innerhalb der Stadtverwaltung und als Geschäftsführer der GMG genutzt habe, um das beamtenrechtliche Verbot der Doppelalimentation zu umgehen. Der Kläger genieße keinen Vertrauensschutz, da ihm in seiner Eigenschaft als Beamter bekannt hätte sein müssen, dass er über seine Besoldung hinaus keine Vergütungen hätte annehmen dürfen. Die Forderung entfalte auch keine unmittelbar existenzbedrohende Wirkung für ihn. 15Durch Urteil vom 24. Mai 2019 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Bescheid vom 22. Juli 2016 aufgehoben. Dieser sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Die Voraussetzungen des § 58 LBG NRW lägen nicht vor. Die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der GMG gehöre nicht zu den Aufgaben seines Hauptamtes als Städtischer Verwaltungsdirektor bei der Beklagten, sondern sei ihm vielmehr als eigenes Hauptamt übertragen worden. Dieser Fall von zwei übertragenen Hauptämtern sei von § 58 LBG NRW nicht umfasst. Eine andere Ermächtigungsgrundlage für die festgestellte Pflicht zur Abführung der Vergütung sei nicht ersichtlich. Ungeachtet dessen werde § 58 LBG NRW von der spezielleren Vorschrift des § 12 Abs. 2 LBesG NRW bzw. der Vorgängerregelung in § 9a Abs. 2 ÜBesG NRW zum Umgang mit der Vergütung aus einer zugewiesenen Tätigkeit verdrängt. Der gesetzgeberische Zweck der möglichen Besserstellung durch das Absehen von einer Anrechnung in besonderen Fällen nach § 12 Abs. 2 Satz 2 LBesG NRW würde unterlaufen, wenn § 58 LBG NRW im Fall der Zuweisung neben § 12 Abs. 2 LBesG NRW Anwendung fände. Darüber hinaus führte eine parallele Anwendung im Fall der Zuweisung dazu, dass die Vergütung, die der Beamte für diese Tätigkeit erhält, gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW auf die Besoldung angerechnet würde, es also zu einer Kürzung der Besoldung käme, die Vergütung aber gleichzeitig über § 58 LBG NRW vollständig an den Dienstherrn abgeführt werden müsse. Dieses widersinnige Ergebnis könne nicht richtig sein. Auch die Unterschiede im Fall von Abwicklungsfehlern blieben unberücksichtigt, würde § 58 LBG NRW nicht von § 12 Abs. 2 LBesG NRW verdrängt. Im Fall der Auszahlung der vollen Besoldung trotz (nachträglicher) Anrechnungsentscheidung könne der Dienstherr die zu viel gezahlten Bezüge nach § 15 Abs. 2 LBesG NRW zurückfordern. Im Rahmen dieser Rückforderungsentscheidung könne sich der betroffene Beamte unter Umständen auf Entreicherung berufen und der Dienstherr habe eine Billigkeitsentscheidung zu treffen. Demgegenüber regele § 58 LBG NRW eine unumstößliche gesetzliche Pflicht zur Abführung der Vergütung, die dem Dienstherrn keinerlei Ermessensspielraum belasse. 16Die Beklagte hat gegen das ihr am 5. Juni 2019 zugestellte Urteil am 5. Juli 2019 die Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am 5. August 2019 begründet. Der Senat hat mit Beschluss vom 8. Juli 2020 diesem Antrag wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Sache entsprochen. Die Beklagte hat die zugelassene Berufung nach antragsgemäßer Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2020 begründet. Im Wesentlichen wiederholt sie dabei ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend führt sie aus, der Kläger habe mit seinen Tätigkeiten als Geschäftsführer für die GMG dienstliche Aufgaben, die durch die Zuweisung seinem Hauptamt zuzurechnen seien, wie eine Nebenbeschäftigung im Sinne des § 58 LBG NRW ausgeübt. Sollte stattdessen § 15 Abs. 2 LBesG NRW wegen zu viel gezahlter Bezüge als Anspruchsgrundlage in Betracht kommen, wäre ein Austausch der Rechtsgrundlage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig. Der Austausch der Begründung treffe nicht den Wesenskern des Bescheides. Der Rat als oberste Dienstbehörde des Klägers habe in seiner Beratung über die Rückforderung bzw. den Verzicht hierauf von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Dem Kläger habe im Rahmen der erfolgten Anhörung die Möglichkeit zugestanden, alle für die Abwägung erforderlichen Informationen vorzutragen. 17Die Beklagte beantragt, 18das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. 19Der Kläger beantragt, 20die Berufung zurückzuweisen. 21Ergänzend zu seinen bereits erstinstanzlich ausgeführten Erwägungen weist er darauf hin, einem Austausch der Anspruchsnorm stehe entgegen, dass es sich bei § 58 LBG NRW – anders als bei § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 12 Abs. 2 LBesG NRW – um eine gebundene Entscheidung handele. Es sei unerheblich, ob und inwieweit der Rat im Vorfeld beteiligt worden sei. Die Entscheidung hinsichtlich der Rückforderung betreffe nicht nur das „ob“ eben dieser, sondern auch, in welcher Höhe sie tatsächlich erfolgen soll. Derartige Erwägungen enthalte der streitgegenständliche Bescheid nicht. 22Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, dass über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtskate und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Der Senat entscheidet über die Berufung der Beklagten im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. 26I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Sie ist zulässig (1.) und begründet (2.). 271. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO) ist zulässig. Es kann dahinstehen, ob ein Vorverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LBG NRW durchzuführen war. Dies wäre dann der Fall, wenn es sich bei der Einforderung der für die Tätigkeit bei der GMG erhaltenen Vergütung gestützt auf § 58 LBG NRW um eine Maßnahme in einer besoldungsrechtlichen Angelegenheit handelte. Das Verwaltungsgericht dürfte dies zu Recht verneint haben, da § 58 LBG NRW keine besoldungsrechtliche Norm ist. Aber auch, wenn man eine Maßnahme in einer besoldungsrechtlichen Angelegenheit annähme, wäre die Klage jedenfalls als Untätigkeitsklage gemäß § 75 Satz 1 VwGO zulässig. Denn der Kläger hat vorliegend am 5. August 2016 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO Widerspruch erhoben, den die Beklagte nicht beschieden hat. 28Die Klage vom 21. Juni 2017 ist auch fristgerecht erhoben worden. Denn nachdem die Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung ihres Bescheides vom 22. Juli 2016 gegebenenfalls fehlerhaft auf den Widerspruch als Rechtsbehelf hingewiesen hatte, konnte der Kläger gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Bescheides Klage erheben. 292. Die Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 30Die mit dem angefochtenen Bescheid festgestellte Abführungspflicht und die zusätzlich tenorierte Zahlungsaufforderung für die vom Kläger erhaltenen Vergütungen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der GMG lassen sich weder auf § 58 LBG NRW (a.) noch auf § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW (b.) stützen. 31a. § 58 LBG NRW begründet für den Kläger – ungeachtet weiterer Fragen – keine Abführungs- bzw. Zahlungspflicht. Danach hat ein Beamter, der eine Tätigkeit, die zu seinen dienstlichen Aufgaben (Hauptamt, Nebenamt) gehört, wie eine Nebenbeschäftigung gegen Vergütung ausübt, die Vergütung an den Dienstherrn abzuführen. 32Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist hier nicht eröffnet. Die Anrechnung von Vergütungen aus einer gemäß § 20 BeamtStG zugewiesenen Tätigkeit richtet sich vielmehr nach der speziellen Bestimmung des § 12 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW bzw. hier nach der inhaltlich entsprechenden Vorgängerregelung des § 9a Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW, wonach dann, wenn Beamtinnen, Beamte, Richterinnen oder Richter aus einer Verwendung nach § 20 des Beamtenstatusgesetzes bzw. § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes anderweitig Bezüge erhalten, diese auf die Besoldung angerechnet werden; die Rückforderung insoweit gegebenenfalls überzahlter Bezüge richtet sich nach § 15 LBesG NRW. § 58 LBG NRW wird insoweit verdrängt. 33Vgl. Schrapper/Günther, Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen, 3. Auflage 2021, § 58 Rn. 1; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 - 2 C 7.19 -, ZBR 2021, 131 = juris Rn. 10 f. zum spezialgesetzlichen Charakter des § 12 Abs. 7 DBGrG. 34Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW bzw. des § 9a Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW sind im Streitfall erfüllt, denn die hier vorgenommene Zuweisung an eine privatrechtlich organisierte Einrichtung der öffentlichen Hand stellt eine Verwendung nach § 20 BeamtStG bzw. § 123a BRRG dar. § 12 Abs. 2 LBesG NRW bzw. § 9a Abs. 2 ÜBesG NRW erfassen mithin genau die hier gegebene Fallgestaltung, normieren aber für die aus der Zuweisung erlangte Vergütung eine andere Rechtsfolge als § 58 LBG NRW: Während nach § 58 LBG NRW die anderweitige Vergütung (in jedem Fall) abzuführen ist, werden nach § 12 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW bzw. § 9a ÜBesG NRW die aus der zugewiesenen Tätigkeit erhaltenen Bezüge angerechnet. Insoweit ergibt sich ein Unterschied, wenn letztere die Besoldung übersteigen, denn dann verbleibt dem Beamten 35- im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für beide Geschlechter - 36der höhere, über die Besoldung hinausgehende Betrag. 37Vgl. auch Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW, Erlass vom 18. Juli 2019 - 301-42.07.02-3-4171/19 -, S. 7. 38Überdies bestimmt § 12 Abs. 2 Satz 2 LBesG NRW, dass in besonderen Fällen die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem für Finanzen zuständigen Ministerium und dem für Inneres zuständigen Ministerium oder – soweit von einer bestehenden Delegationsmöglichkeit Gebrauch gemacht wurde – mit der von ihnen bestimmten Stelle von der Anrechnung ganz oder teilweise absehen kann. Eine im Wesentlichen gleichsinnige Regelung traf zuvor die bis zum 30. Juli 2016 geltende Vorschrift des § 9a Abs. 2 Satz 2 ÜBesG NRW, wonach für die Absehensentscheidung das Einvernehmen des für das Besoldungsrecht zuständigen Ministeriums erforderlich war. Die danach gegebene Möglichkeit des Absehens von der Anrechnung eröffnet im öffentlichen Interesse eine größere Flexibilität in der Rechtsfolge als § 58 LBG NRW, der dergleichen nicht vorsieht. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei Zuweisungen im Sinne des § 20 BeamtStG – zumindest in Einzelfällen – ein legitimes öffentliches Interesse an einer Doppelbesoldung bestehen kann. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 LBesG NRW ermöglichen, über eine dem Beamten entgegenkommende Gestaltung der Einkünfteanrechnung einen Anreiz zu schaffen, die im Rahmen der Zuweisung angetragene Tätigkeit zu übernehmen. 39Vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 78. Update 12/18, § 9a BBesG Rn. 42 ff. 40Zudem liegt im Fall einer Zuweisung nach § 20 BeamtStG eine formale aktenkundige Organisationsentscheidung vor, was die Gefahr missbräuchlicher Gestaltungen verringert. 41Vgl. Schrapper/Günther, Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen, a. a. O. 42Die Option, von einer Anrechnung abzusehen, würde, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei Anwendung des § 58 LBG NRW auch auf Fälle der Zuweisung nach § 20 BeamtStG unterlaufen. Auf die diesbezüglichen Darlegungen im angegriffenen Urteil, auch zur größeren Flexibilität im Rahmen der Rückforderung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW, wird ergänzend verwiesen. Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Beklagte selbst vom Eingreifen des § 9a Abs. 2 ÜBesG NRW in der vorliegenden Konstellation ausgegangen ist, indem sie den Rat mit der – nur in Anwendung des § 9a Abs. 2 ÜBesG NRW zu stellenden – Frage befasst hat, ob von einer Anrechnung der Vergütung des Klägers aus der Tätigkeit bei der GMG (teilweise) abgesehen werden kann. Nachdem der Rat diese Entscheidung nicht getroffen hat, hat die Beklagte allerdings nicht gestützt auf § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW die Rückzahlung des nach § 9a Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW anzurechnenden Betrages gefordert, sondern die Abführung der Vergütung gemäß § 58 LBG NRW verfügt. 43Die zur vorrangigen Anwendung des § 12 Abs. 2 LBesG NRW bzw. § 9a Abs. 2 ÜBesG NRW führende Zuweisung hat überdies zur Folge, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 58 LBG NRW nicht gegeben sind. Letztere Norm trägt dem Umstand Rechnung, dass der Beamte für die Ausübung seines Amtes bereits durch seine gesetzlich festgesetzte Besoldung angemessen alimentiert wird, und stellt sicher, dass der Beamte für die Wahrnehmung der Aufgaben seines Dienstpostens nicht dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehenes Entgelt erhält, dass Teile seines Pflichtenkreises unter Umgehung der strikten Gesetzesbindung des Besoldungsrechts als Nebenbeschäftigung behandelt werden. 44Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 ‑ 2 C 12.09 -, NWVBl. 2011, 380 = juris Rn. 17. 45Aus der systematischen Verortung des § 58 LBG NRW im Abschnitt über das Nebentätigkeitsrecht und der amtlichen Überschrift „Dienstaufgabe als Nebentätigkeit“ lässt sich folgern, dass solche Fälle vom Anwendungsbereich der Norm erfasst sein sollen, in denen die Vergütung auf Zusatztätigkeiten beruht, die neben dem Haupt- oder Nebenamt als „Scheinnebentätigkeiten“ ausgeübt werden. 46Vgl. Schrapper/Günther, Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen, a. a. O. 47Umfasst werden von § 58 LBG NRW grundsätzlich nur die Konstellationen, in denen die Beteiligten – bewusst oder unbewusst entgegen der Rechtslage – von einer Nebenbeschäftigung ausgehen. 48Vgl. Schmiemann, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht – Kommentar, 31. UPD Juli 2021, § 58, 3. Abführungspflicht, Rn. 4 ff.; Schrapper/ Günther, Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen, a. a. O. Rn. 2. 49Die Gesetzesformulierung „wie eine Nebenbeschäftigung“ bringt zum Ausdruck, dass sofern – wie von § 58 LBG NRW vorausgesetzt – eine Tätigkeit ausgeübt wird, die zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten gehört, begrifflich schon keine Nebenbeschäftigung vorliegt, die stets nur zusätzlich zur geschuldeten Dienstausübung „neben“ dem Dienst ausgeübt werden kann. 50Von einer solchen Sachlage ist im Fall der Tätigkeit des Klägers für die GMG angesichts der formalen Zuweisung und des Umfangs indes nicht auszugehen. Da mit der Zuweisung die bei der aufnehmenden Einrichtung wahrzunehmenden Aufgaben grundsätzlich zu Dienstpflichten werden, 51vgl. Wurzel/Schraml/Gaß, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, 4. Auflage 2021, I. Beamte in kommunalen Unternehmen, Rn. 20; siehe auch BT-Drs. 16/4027, Seite 26 mit dem Hinweis, das Rechtsinstitut der Zuweisung ermögliche es, bei fortbestehenden Rechten und Pflichten der Beamtinnen und Beamten auch mit den Mitteln des Disziplinarrechts auf eine ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten auch im Zuweisungsverhältnis hinzuwirken, 52gehörte die Geschäftsführertätigkeit des Klägers bei der GMG zu seinen dienstlichen Aufgaben. Offen bleiben kann, ob – wie das Verwaltungsgericht meint – dem Kläger ein zweites Hauptamt übertragen wurde, oder, wofür Vieles spricht, mit der Zuweisung analog der (teilweisen) Abordnung (lediglich) eine Funktionsänderung bzw. -erweiterung seines bisherigen Hauptamts einherging. Jedenfalls wurde diese Tätigkeit nicht „wie eine Nebenbeschäftigung“ im Sinne des § 58 LBG NRW ausgeübt. Denn die Beteiligten hatten gerade von der bisherigen Organisation der Aufgabenwahrnehmung in Form einer Nebenbeschäftigung ausdrücklich Abstand genommen und die formale Personalentscheidung der Zuweisung getroffen. Dementsprechend erfolgte auch keine Anzeige bzw. Genehmigung der „Nebentätigkeit“. 53b. Der Senat kann offenlassen, ob und inwieweit der Beklagten ein Rückzahlungsanspruch gegen den Kläger nach § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW in Verbindung mit § 9a Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW bzw. § 12 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW zusteht. Denn (auch) auf diese Bestimmungen können die mit dem angegriffenen Bescheid getroffene Feststellung und die verfügte Zahlungsaufforderung nicht gestützt werden. 54Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 LBesG NRW kann von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden. 55Bei der Billigkeitsentscheidung handelt es sich um eine Entscheidung, die im Zusammenhang mit der Rückforderung überzahlter Bezüge (oder vergleichbarer Leistungen) stets erforderlich ist und die nicht stillschweigend getroffen werden kann. Da sie den materiellen Bestand des Rückforderungsanspruchs betrifft und gegebenenfalls diesen Anspruch modifiziert, ist sie zudem – zumindest im Grundsatz – vor der Rückforderung zu treffen. Das Fehlen bzw. die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung hat die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW zur Folge. 56Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2012 - 2 C 15.10 -, NVwZ-RR 2012, 930 = juris Rn. 29 und ‑ 2 C 4.11 -, juris Rn. 23 (jeweils zu § 12 Abs. 2 BBesG); OVG NRW, Urteil vom 2. Mai 2013 - 1 A 2045/11 -, IÖD 2013, 204 = juris Rn. 61. 57Die Billigkeitsentscheidung kann darin bestehen, dass von der Rückforderung insgesamt oder teilweise endgültig abgesehen wird, oder dass die Rückzahlung ganz oder teilweise erst zu einem späteren Zeitpunkt (Stundung) und/oder in Teilbeträgen (Ratenzahlung) erfolgen soll. 58Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 15.10 -, a. a. O. Rn. 29. 59Aufgabe der Billigkeitsentscheidung ist es, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebliche Rolle spielen. Sie soll der besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern sowie Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sein und sich als sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung auswirken; sie ist deshalb vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Lage des Beamten in dem Zeitraum, für den die Überzahlung geleistet worden ist, sondern auf dessen Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an. 60Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 - 2 C 7.19 -, a. a. O. Rn. 31. 61Eine solche Billigkeitsentscheidung hat die Beklagte vor Erlass des angegriffenen Bescheides nicht getroffen. Sie ging vielmehr – unter Heranziehung der Norm des § 58 LBG NRW – von einer zwingenden Zahlungsverpflichtung des Klägers als Rechtsfolge der getroffenen Entscheidung über das „Nichtbehaltendürfen“ der Vergütung aus. Die von dem Rat der Beklagten im durchgeführten Verwaltungsverfahren getroffene Entscheidung über das Behaltendürfen der Vergütung im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 LBesG NRW bzw. § 9a Abs. 2 Satz 2 ÜBesG NRW kann schon im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Voraussetzungen und ihren dargestellten unterschiedlichen Inhalt nicht gleichgesetzt werden mit einer Billigkeitsentscheidung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 3 LBesG NRW. 62Für die Beklagte hätte überdies – unter Heranziehung der Anspruchsgrundlage aus § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW – Anlass bestanden und dürfte zukünftig Anlass bestehen, zumindest ein teilweises Absehen von der Rückforderung im Wege der Billigkeitsentscheidung zu erwägen. Aus Gründen der Billigkeit ist in der Regel von der Rückforderung jedenfalls teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. 63Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2020 - 2 C 7.19 -, a. a. O. Rn. 32. 64Jedenfalls von einem erheblichen Verantwortungsanteil dürfte hier auszugehen sein. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs wurden spätestens seit August 2014 Gespräche zwischen den Beteiligten geführt, wie mit der zusätzlichen Vergütung durch die GMG beamtenrechtlich zu verfahren sei. Es war zunächst (politischer) Konsens, dem Kläger die Vergütung zu belassen. Dass die Entscheidung hierüber erst mit großem zeitlichem Abstand zur Zuweisung getroffen wurde, lag dabei weit überwiegend im Verantwortungsbereich der Beklagten. Dies erweist sich auch unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn als problematisch. Wäre die Entscheidung über die (Nicht-)Anrechnung früher getroffen worden, wäre es zu einer Überzahlung – zumindest im streitgegenständlichen Umfang – nicht gekommen. 65Ein Nachholen der bislang fehlenden Billigkeitsentscheidung im laufenden Berufungsverfahren durch die Beklagte scheidet aus, da es sich nicht nur um ein Ergänzen von Ermessenserwägungen, sondern um ein erstmaliges Ausüben des nach § 15 Abs. 2 Satz 3 LBesG NRW eröffneten Ermessens handeln würde, was sich unter Beachtung der Grenzen des Nachschiebens von Gründen nach § 114 Satz 2 VwGO als unzulässiges Vorgehen darstellt. 66Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 15.10 -, a. a. O. Rn. 31; OVG NRW, Urteil vom 2. August 2001 - 1 A 3262/99 -, DVBl 2002, 790 = juris Rn. 80. 67Im Übrigen ist die Billigkeitsentscheidung auch nicht nachgeholt worden. 68II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 69Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO. 70Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und § 127 BRRG nicht vorliegen. | die berufung wird zurückgewiesen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens in beiden instanzen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der kläger leitete zuletzt als städtischer verwaltungsdirektor, besoldungsgruppe a 15, die abteilung wirtschaftsförderung (fachbereich 70) der beklagten. von januar 2007 bis juni 2012 war er darüber hinaus in genehmigter nebentätigkeit als prokurist bei der grundstücks-marketing-gesellschaft der stadt w. mbh (gmg) beschäftigt und erhielt hierfür eine monatliche vergütung in höhe von 400,00 euro. 3mit bescheid vom 16. juli 2012 wurde der kläger (rückwirkend) zum 1. juli 2012 mit der hälfte seiner regelmäßigen wochenarbeitszeit der gmg zugewiesen, um als deren geschäftsführer tätig zu werden. das grundgehalt nach der besoldungsgruppe a 15 zahlte die beklagte an den kläger in voller höhe weiter. die gmg verpflichtete sich vertraglich gegenüber der beklagten, an diese 50 % der bezüge des klägers und versorgungsausgleichszahlungen zu leisten. 4unter dem 13. september 2012 schlossen der kläger und „die gmg“, vertreten durch h. o. als vorsitzender des beirates und g. x. als stellvertretender vorsitzender des beirates, einen vertrag. nach dessen ziffer 3 erhielt der kläger monatlich eine vergütung in höhe von 1.250,00 euro brutto. unter dem 14. april 2014 wurde dieser vertrag geändert und nunmehr für die zeit ab mai 2014 – im hinblick auf die tätigkeit des klägers als hauptgeschäftsführer – eine monatliche vergütung in höhe von 3.000,00 euro brutto zuzüglich einer variablen ergebnisorientierten vergütung (tantieme) in höhe von 5 % des handelsrechtlichen jahresüberschusses der gesellschaft, fällig mit feststellung des jahresabschlusses der gesellschaft durch die gesellschafterversammlung, erstmals für das geschäftsjahr 2013, vereinbart. auf grundlage dieser regelungen erhielt der kläger bis ende märz 2016 96.500,00 euro festgehalt, 50.515,41 euro tantieme für das jahr 2013 sowie 79.630,00 euro tantieme für das jahr 2014, mithin insgesamt einen betrag in höhe von 226.645,41 euro. 5ab august 2014 fanden zwischen den beteiligten gespräche über die möglichkeit statt, dem kläger die durch die gmg gezahlte vergütung zu belassen. am 29. februar 2016 beschloss der rat der beklagten die ablehnung einer sog. behaltensentscheidung im sinne von § 9a abs. 2 satz 2 übesg nrw. mit bescheid vom 21. märz 2016 verfügte die beklagte gegenüber dem kläger ab dem 1. april 2016 die anrechnung der durch die gmg geleisteten bruttovergütung in höhe von 3.000,00 euro monatlich auf die beamtenbesoldung nach § 9a abs. 2 satz 1 übesg nrw. 6nach vorausgegangener anhörung erließ die beklagte unter dem 22. juli 2016 den streitgegenständlichen bescheid. in ziffer 1 stellte sie die verpflichtung des klägers fest, die in der zeit vom 1. januar 2013 bis ende februar 2016 als geschäftsführer der gmg erhaltene vergütung in höhe von insgesamt 216.155,41 euro an die beklagte abzuführen. unter ziffer 2 des bescheides forderte die beklagte den kläger zur zahlung des gesamtbetrages in höhe von 216.155,41 euro innerhalb eines monats nach zustellung des bescheides auf eines ihrer angegebenen konten auf. 7die beklagte stützte den mit „abführung von nebeneinkünften“ überschriebenen bescheid auf § 58 lbg nrw. die tätigkeit bei der gmg gehöre seit der zuweisung zu dem dienstlichen hauptamt des klägers; sie sei nicht als nebentätigkeit im sinne der nebentätigkeitsverordnung zu qualifizieren. eine kürzung der besoldung sei nicht erfolgt; der kläger sei vielmehr sowohl für die tätigkeit bei der beklagten als auch für die tätigkeit bei der gmg in vollem umfang alimentiert worden. daraus habe sich hinsichtlich der von der gmg gezahlten vergütungen gemäß § 58 lbg nrw eine abführungs- und auch eine meldepflicht ergeben, der der kläger nicht nachgekommen sei. eine anrechnung nach § 9a abs. 2 satz 1 übesg nrw habe deshalb nicht stattgefunden. eine „behaltensentscheidung“ durch die oberste dienstbehörde nach § 9a abs. 2 satz 2 übesg nrw sei nicht getroffen worden. als zwingende rechtsfolge sei die von der gmg gezahlte geschäftsführervergütung an den dienstherrn abzuführen. unter „rechtsbehelfsbelehrung“ heißt es in dem bescheid, es könne gegen ihn innerhalb eines monats nach zustellung widerspruch erhoben werden. 8der kläger hat am 5. august 2016 widerspruch gegen den vorgenannten bescheid erhoben und zu dessen begründung unter anderem ausgeführt, der bescheid sei rechtswidrig, weil allen beteiligten von anfang an bewusst gewesen sei, dass er die ihm von der gmg gewährte vergütung behalten sollte. die zuweisung sei auch im interesse der beklagten erfolgt. die voraussetzungen des § 58 lbg nrw lägen nicht vor. außerdem stelle die vorschrift des § 12 abs. 2 lbesg nrw eine spezialregelung bzgl. der anrechnung bei zuweisung dar. die beklagte hat über den widerspruch nicht entschieden. 9am 21. juni 2017 hat der kläger die vorliegende klage erhoben. zur begründung hat er im wesentlichen geltend gemacht, § 58 lbg nrw sei als ermächtigungsgrundlage nicht einschlägig. die tätigkeit bei der gmg sei nicht „wie eine nebenbeschäftigung“ gewesen, sondern nach der zuweisung hauptamt. bezogen auf die vergütung im rahmen von zuweisungen sei § 12 abs. 2 lbesg nrw – vormals § 9a übesg nrw – einschlägig. danach sei das einkommen zu verrechnen gewesen. „zuzahlungen“ der privatisierten einrichtung an den beamten führten zu einer kürzung der dienstbezüge um den gleichen betrag. wenn die leistungen der einrichtung die dienstbezüge überstiegen, verbleibe dem beamten der (übersteigende) rest. tatsächlich sei es zu einer verrechnung dadurch gekommen, dass die gmg an die beklagte 50 % der bezüge und sonstigen personalkosten gezahlt habe. er habe von der beklagten im ergebnis nur die hälfte seiner bezüge bekommen, da die bezüge im umfang der zuweisung durch die gmg unmittelbar an die beklagte erstattet worden seien. unabhängig davon sei jedenfalls über die anrechnung ein förmlicher bescheid zu erteilen, der nach allgemeinen grundsätzen anfechtbar sei. darüber hinaus stünden die grundsätze aus treu und glauben und die fürsorgepflicht dem anspruch entgegen. es sei stets konsens gewesen, dass es sich um eine vergütung handele, die über die beamtenrechtliche vergütung hinausgehe und die er behalten dürfe. 10der kläger hat beantragt, 11den bescheid der bürgermeisterin der stadt w. vom 22. juli 2016 aufzuheben. 12die beklagte hat beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zu begründung hat sie vorgetragen: nach der zuweisung habe der kläger im rahmen der zuweisung sein hauptamt ausgeführt. § 58 lbg nrw sehe weder eine verrechnung mit der besoldung noch eine verrechnung mit den zahlungen dritter an den dienstherrn vor. die geschäftsführervergütung sei in voller höhe – entsprechend der zum nebentätigkeitsrecht ergangenen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts „brutto“ – abzuführen. ungeachtet der frage, ob im rahmen des § 58 lbg nrw überhaupt eine billigkeitsentscheidung anzustellen sei, habe der rat jedenfalls keine zustimmung für ein vollständiges oder teilweises absehen von der abführung erteilt. dem anspruch sei weder die einrede der verwirkung noch der grundsatz von treu und glauben oder ihre, der beklagten, fürsorgepflicht entgegen zu halten. hierauf könne sich der kläger nicht berufen, weil er seine besondere stellung als führungskraft innerhalb der stadtverwaltung und als geschäftsführer der gmg genutzt habe, um das beamtenrechtliche verbot der doppelalimentation zu umgehen. der kläger genieße keinen vertrauensschutz, da ihm in seiner eigenschaft als beamter bekannt hätte sein müssen, dass er über seine besoldung hinaus keine vergütungen hätte annehmen dürfen. die forderung entfalte auch keine unmittelbar existenzbedrohende wirkung für ihn. 15durch urteil vom 24. mai 2019 hat das verwaltungsgericht der klage stattgegeben und den bescheid vom 22. juli 2016 aufgehoben. dieser sei rechtswidrig und verletze den kläger in seinen rechten. die voraussetzungen des § 58 lbg nrw lägen nicht vor. die tätigkeit des klägers als geschäftsführer der gmg gehöre nicht zu den aufgaben seines hauptamtes als städtischer verwaltungsdirektor bei der beklagten, sondern sei ihm vielmehr als eigenes hauptamt übertragen worden. dieser fall von zwei übertragenen hauptämtern sei von § 58 lbg nrw nicht umfasst. eine andere ermächtigungsgrundlage für die festgestellte pflicht zur abführung der vergütung sei nicht ersichtlich. ungeachtet dessen werde § 58 lbg nrw von der spezielleren vorschrift des § 12 abs. 2 lbesg nrw bzw. der vorgängerregelung in § 9a abs. 2 übesg nrw zum umgang mit der vergütung aus einer zugewiesenen tätigkeit verdrängt. der gesetzgeberische zweck der möglichen besserstellung durch das absehen von einer anrechnung in besonderen fällen nach § 12 abs. 2 satz 2 lbesg nrw würde unterlaufen, wenn § 58 lbg nrw im fall der zuweisung neben § 12 abs. 2 lbesg nrw anwendung fände. darüber hinaus führte eine parallele anwendung im fall der zuweisung dazu, dass die vergütung, die der beamte für diese tätigkeit erhält, gemäß § 12 abs. 2 satz 1 lbesg nrw auf die besoldung angerechnet würde, es also zu einer kürzung der besoldung käme, die vergütung aber gleichzeitig über § 58 lbg nrw vollständig an den dienstherrn abgeführt werden müsse. dieses widersinnige ergebnis könne nicht richtig sein. auch die unterschiede im fall von abwicklungsfehlern blieben unberücksichtigt, würde § 58 lbg nrw nicht von § 12 abs. 2 lbesg nrw verdrängt. im fall der auszahlung der vollen besoldung trotz (nachträglicher) anrechnungsentscheidung könne der dienstherr die zu viel gezahlten bezüge nach § 15 abs. 2 lbesg nrw zurückfordern. im rahmen dieser rückforderungsentscheidung könne sich der betroffene beamte unter umständen auf entreicherung berufen und der dienstherr habe eine billigkeitsentscheidung zu treffen. demgegenüber regele § 58 lbg nrw eine unumstößliche gesetzliche pflicht zur abführung der vergütung, die dem dienstherrn keinerlei ermessensspielraum belasse. 16die beklagte hat gegen das ihr am 5. juni 2019 zugestellte urteil am 5. juli 2019 die zulassung der berufung beantragt und diesen antrag am 5. august 2019 begründet. der senat hat mit beschluss vom 8. juli 2020 diesem antrag wegen besonderer rechtlicher schwierigkeiten der sache entsprochen. die beklagte hat die zugelassene berufung nach antragsgemäßer fristverlängerung mit schriftsatz vom 5. oktober 2020 begründet. im wesentlichen wiederholt sie dabei ihre erstinstanzlichen ausführungen. ergänzend führt sie aus, der kläger habe mit seinen tätigkeiten als geschäftsführer für die gmg dienstliche aufgaben, die durch die zuweisung seinem hauptamt zuzurechnen seien, wie eine nebenbeschäftigung im sinne des § 58 lbg nrw ausgeübt. sollte stattdessen § 15 abs. 2 lbesg nrw wegen zu viel gezahlter bezüge als anspruchsgrundlage in betracht kommen, wäre ein austausch der rechtsgrundlage im verwaltungsgerichtlichen verfahren zulässig. der austausch der begründung treffe nicht den wesenskern des bescheides. der rat als oberste dienstbehörde des klägers habe in seiner beratung über die rückforderung bzw. den verzicht hierauf von seinem ermessen gebrauch gemacht. dem kläger habe im rahmen der erfolgten anhörung die möglichkeit zugestanden, alle für die abwägung erforderlichen informationen vorzutragen. 17die beklagte beantragt, 18das angefochtene urteil zu ändern und die klage abzuweisen. 19der kläger beantragt, 20die berufung zurückzuweisen. 21ergänzend zu seinen bereits erstinstanzlich ausgeführten erwägungen weist er darauf hin, einem austausch der anspruchsnorm stehe entgegen, dass es sich bei § 58 lbg nrw – anders als bei § 15 abs. 2 in verbindung mit § 12 abs. 2 lbesg nrw – um eine gebundene entscheidung handele. es sei unerheblich, ob und inwieweit der rat im vorfeld beteiligt worden sei. die entscheidung hinsichtlich der rückforderung betreffe nicht nur das „ob“ eben dieser, sondern auch, in welcher höhe sie tatsächlich erfolgen soll. derartige erwägungen enthalte der streitgegenständliche bescheid nicht. 22die beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, dass über die berufung ohne mündliche verhandlung entschieden wird. 23wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtskate und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 24 | 25der senat entscheidet über die berufung der beklagten im einverständnis der beteiligten gemäß § 125 abs. 1 satz 1 vwgo in verbindung mit § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung. 26i. die zulässige berufung ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat der klage zu recht stattgegeben. sie ist zulässig (1.) und begründet (2.). 271. die anfechtungsklage (§ 42 abs. 1, 1. var. vwgo) ist zulässig. es kann dahinstehen, ob ein vorverfahren gemäß § 68 abs. 1 satz 2 vwgo in verbindung mit § 103 abs. 1 sätze 1 und 2 lbg nrw durchzuführen war. dies wäre dann der fall, wenn es sich bei der einforderung der für die tätigkeit bei der gmg erhaltenen vergütung gestützt auf § 58 lbg nrw um eine maßnahme in einer besoldungsrechtlichen angelegenheit handelte. das verwaltungsgericht dürfte dies zu recht verneint haben, da § 58 lbg nrw keine besoldungsrechtliche norm ist. aber auch, wenn man eine maßnahme in einer besoldungsrechtlichen angelegenheit annähme, wäre die klage jedenfalls als untätigkeitsklage gemäß § 75 satz 1 vwgo zulässig. denn der kläger hat vorliegend am 5. august 2016 und damit innerhalb der monatsfrist des § 70 abs. 1 satz 1 vwgo widerspruch erhoben, den die beklagte nicht beschieden hat. 28die klage vom 21. juni 2017 ist auch fristgerecht erhoben worden. denn nachdem die beklagte in der rechtsbehelfsbelehrung ihres bescheides vom 22. juli 2016 gegebenenfalls fehlerhaft auf den widerspruch als rechtsbehelf hingewiesen hatte, konnte der kläger gemäß § 58 abs. 2 satz 1 vwgo innerhalb eines jahres seit zustellung des bescheides klage erheben. 292. die klage ist begründet. der bescheid der beklagten vom 22. juli 2016 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 30die mit dem angefochtenen bescheid festgestellte abführungspflicht und die zusätzlich tenorierte zahlungsaufforderung für die vom kläger erhaltenen vergütungen seiner tätigkeit als geschäftsführer bei der gmg lassen sich weder auf § 58 lbg nrw (a.) noch auf § 15 abs. 2 satz 1 lbesg nrw (b.) stützen. 31a. § 58 lbg nrw begründet für den kläger – ungeachtet weiterer fragen – keine abführungs- bzw. zahlungspflicht. danach hat ein beamter, der eine tätigkeit, die zu seinen dienstlichen aufgaben (hauptamt, nebenamt) gehört, wie eine nebenbeschäftigung gegen vergütung ausübt, die vergütung an den dienstherrn abzuführen. 32der anwendungsbereich der vorschrift ist hier nicht eröffnet. die anrechnung von vergütungen aus einer gemäß § 20 beamtstg zugewiesenen tätigkeit richtet sich vielmehr nach der speziellen bestimmung des § 12 abs. 2 satz 1 lbesg nrw bzw. hier nach der inhaltlich entsprechenden vorgängerregelung des § 9a abs. 2 satz 1 übesg nrw, wonach dann, wenn beamtinnen, beamte, richterinnen oder richter aus einer verwendung nach § 20 des beamtenstatusgesetzes bzw. § 123a des beamtenrechtsrahmengesetzes anderweitig bezüge erhalten, diese auf die besoldung angerechnet werden; die rückforderung insoweit gegebenenfalls überzahlter bezüge richtet sich nach § 15 lbesg nrw. § 58 lbg nrw wird insoweit verdrängt. 33vgl. schrapper/günther, landesbeamtengesetz nordrhein-westfalen, 3. auflage 2021, § 58 rn. 1; vgl. auch bverwg, urteil vom 16. juli 2020 - 2 c 7.19 -, zbr 2021, 131 = juris rn. 10 f. zum spezialgesetzlichen charakter des § 12 abs. 7 dbgrg. 34die tatbestandlichen voraussetzungen des § 12 abs. 2 satz 1 lbesg nrw bzw. des § 9a abs. 2 satz 1 übesg nrw sind im streitfall erfüllt, denn die hier vorgenommene zuweisung an eine privatrechtlich organisierte einrichtung der öffentlichen hand stellt eine verwendung nach § 20 beamtstg bzw. § 123a brrg dar. § 12 abs. 2 lbesg nrw bzw. § 9a abs. 2 übesg nrw erfassen mithin genau die hier gegebene fallgestaltung, normieren aber für die aus der zuweisung erlangte vergütung eine andere rechtsfolge als § 58 lbg nrw: während nach § 58 lbg nrw die anderweitige vergütung (in jedem fall) abzuführen ist, werden nach § 12 abs. 2 satz 1 lbesg nrw bzw. § 9a übesg nrw die aus der zugewiesenen tätigkeit erhaltenen bezüge angerechnet. insoweit ergibt sich ein unterschied, wenn letztere die besoldung übersteigen, denn dann verbleibt dem beamten 35- im folgenden wird aus gründen der besseren lesbarkeit auf die gleichzeitige verwendung der männlichen und weiblichen sprachform verzichtet und gilt die männliche sprachform für beide geschlechter - 36der höhere, über die besoldung hinausgehende betrag. 37vgl. auch ministerium für heimat, kommunales, bau und gleichstellung des landes nrw, erlass vom 18. juli 2019 - 301-42.07.02-3-4171/19 -, s. 7. 38überdies bestimmt § 12 abs. 2 satz 2 lbesg nrw, dass in besonderen fällen die oberste dienstbehörde im einvernehmen mit dem für finanzen zuständigen ministerium und dem für inneres zuständigen ministerium oder – soweit von einer bestehenden delegationsmöglichkeit gebrauch gemacht wurde – mit der von ihnen bestimmten stelle von der anrechnung ganz oder teilweise absehen kann. eine im wesentlichen gleichsinnige regelung traf zuvor die bis zum 30. juli 2016 geltende vorschrift des § 9a abs. 2 satz 2 übesg nrw, wonach für die absehensentscheidung das einvernehmen des für das besoldungsrecht zuständigen ministeriums erforderlich war. die danach gegebene möglichkeit des absehens von der anrechnung eröffnet im öffentlichen interesse eine größere flexibilität in der rechtsfolge als § 58 lbg nrw, der dergleichen nicht vorsieht. dem liegt die erwägung zugrunde, dass bei zuweisungen im sinne des § 20 beamtstg – zumindest in einzelfällen – ein legitimes öffentliches interesse an einer doppelbesoldung bestehen kann. der gesetzgeber wollte mit der regelung in § 12 abs. 2 satz 2 lbesg nrw ermöglichen, über eine dem beamten entgegenkommende gestaltung der einkünfteanrechnung einen anreiz zu schaffen, die im rahmen der zuweisung angetragene tätigkeit zu übernehmen. 39vgl. schwegmann/summer, besoldungsrecht des bundes und der länder, 78. update 12/18, § 9a bbesg rn. 42 ff. 40zudem liegt im fall einer zuweisung nach § 20 beamtstg eine formale aktenkundige organisationsentscheidung vor, was die gefahr missbräuchlicher gestaltungen verringert. 41vgl. schrapper/günther, landesbeamtengesetz nordrhein-westfalen, a. a. o. 42die option, von einer anrechnung abzusehen, würde, wie bereits das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei anwendung des § 58 lbg nrw auch auf fälle der zuweisung nach § 20 beamtstg unterlaufen. auf die diesbezüglichen darlegungen im angegriffenen urteil, auch zur größeren flexibilität im rahmen der rückforderung nach § 15 abs. 2 satz 1 lbesg nrw, wird ergänzend verwiesen. ebenfalls zu recht hat das verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die beklagte selbst vom eingreifen des § 9a abs. 2 übesg nrw in der vorliegenden konstellation ausgegangen ist, indem sie den rat mit der – nur in anwendung des § 9a abs. 2 übesg nrw zu stellenden – frage befasst hat, ob von einer anrechnung der vergütung des klägers aus der tätigkeit bei der gmg (teilweise) abgesehen werden kann. nachdem der rat diese entscheidung nicht getroffen hat, hat die beklagte allerdings nicht gestützt auf § 15 abs. 2 satz 1 lbesg nrw die rückzahlung des nach § 9a abs. 2 satz 1 übesg nrw anzurechnenden betrages gefordert, sondern die abführung der vergütung gemäß § 58 lbg nrw verfügt. 43die zur vorrangigen anwendung des § 12 abs. 2 lbesg nrw bzw. § 9a abs. 2 übesg nrw führende zuweisung hat überdies zur folge, dass die tatbestandsvoraussetzungen des § 58 lbg nrw nicht gegeben sind. letztere norm trägt dem umstand rechnung, dass der beamte für die ausübung seines amtes bereits durch seine gesetzlich festgesetzte besoldung angemessen alimentiert wird, und stellt sicher, dass der beamte für die wahrnehmung der aufgaben seines dienstpostens nicht dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehenes entgelt erhält, dass teile seines pflichtenkreises unter umgehung der strikten gesetzesbindung des besoldungsrechts als nebenbeschäftigung behandelt werden. 44vgl. auch bverwg, urteil vom 31. märz 2011 ‑ 2 c 12.09 -, nwvbl. 2011, 380 = juris rn. 17. 45aus der systematischen verortung des § 58 lbg nrw im abschnitt über das nebentätigkeitsrecht und der amtlichen überschrift „dienstaufgabe als nebentätigkeit“ lässt sich folgern, dass solche fälle vom anwendungsbereich der norm erfasst sein sollen, in denen die vergütung auf zusatztätigkeiten beruht, die neben dem haupt- oder nebenamt als „scheinnebentätigkeiten“ ausgeübt werden. 46vgl. schrapper/günther, landesbeamtengesetz nordrhein-westfalen, a. a. o. 47umfasst werden von § 58 lbg nrw grundsätzlich nur die konstellationen, in denen die beteiligten – bewusst oder unbewusst entgegen der rechtslage – von einer nebenbeschäftigung ausgehen. 48vgl. schmiemann, in: schütz/maiwald, beamtenrecht – kommentar, 31. upd juli 2021, § 58, 3. abführungspflicht, rn. 4 ff.; schrapper/ günther, landesbeamtengesetz nordrhein-westfalen, a. a. o. rn. 2. 49die gesetzesformulierung „wie eine nebenbeschäftigung“ bringt zum ausdruck, dass sofern – wie von § 58 lbg nrw vorausgesetzt – eine tätigkeit ausgeübt wird, die zu den dienstlichen aufgaben des beamten gehört, begrifflich schon keine nebenbeschäftigung vorliegt, die stets nur zusätzlich zur geschuldeten dienstausübung „neben“ dem dienst ausgeübt werden kann. 50von einer solchen sachlage ist im fall der tätigkeit des klägers für die gmg angesichts der formalen zuweisung und des umfangs indes nicht auszugehen. da mit der zuweisung die bei der aufnehmenden einrichtung wahrzunehmenden aufgaben grundsätzlich zu dienstpflichten werden, 51vgl. wurzel/schraml/gaß, rechtspraxis der kommunalen unternehmen, 4. auflage 2021, i. beamte in kommunalen unternehmen, rn. 20; siehe auch bt-drs. 16/4027, seite 26 mit dem hinweis, das rechtsinstitut der zuweisung ermögliche es, bei fortbestehenden rechten und pflichten der beamtinnen und beamten auch mit den mitteln des disziplinarrechts auf eine ordnungsgemäße erfüllung der pflichten auch im zuweisungsverhältnis hinzuwirken, 52gehörte die geschäftsführertätigkeit des klägers bei der gmg zu seinen dienstlichen aufgaben. offen bleiben kann, ob – wie das verwaltungsgericht meint – dem kläger ein zweites hauptamt übertragen wurde, oder, wofür vieles spricht, mit der zuweisung analog der (teilweisen) abordnung (lediglich) eine funktionsänderung bzw. -erweiterung seines bisherigen hauptamts einherging. jedenfalls wurde diese tätigkeit nicht „wie eine nebenbeschäftigung“ im sinne des § 58 lbg nrw ausgeübt. denn die beteiligten hatten gerade von der bisherigen organisation der aufgabenwahrnehmung in form einer nebenbeschäftigung ausdrücklich abstand genommen und die formale personalentscheidung der zuweisung getroffen. dementsprechend erfolgte auch keine anzeige bzw. genehmigung der „nebentätigkeit“. 53b. der senat kann offenlassen, ob und inwieweit der beklagten ein rückzahlungsanspruch gegen den kläger nach § 15 abs. 2 satz 1 lbesg nrw in verbindung mit § 9a abs. 2 satz 1 übesg nrw bzw. § 12 abs. 2 satz 1 lbesg nrw zusteht. denn (auch) auf diese bestimmungen können die mit dem angegriffenen bescheid getroffene feststellung und die verfügte zahlungsaufforderung nicht gestützt werden. 54nach § 15 abs. 2 satz 1 lbesg nrw regelt sich die rückforderung zu viel gezahlter bezüge nach den vorschriften des bürgerlichen gesetzbuchs über die herausgabe einer ungerechtfertigten bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. gemäß § 15 abs. 2 satz 3 lbesg nrw kann von der rückforderung aus billigkeitsgründen mit zustimmung der obersten dienstbehörde oder der von ihr bestimmten stelle ganz oder teilweise abgesehen werden. 55bei der billigkeitsentscheidung handelt es sich um eine entscheidung, die im zusammenhang mit der rückforderung überzahlter bezüge (oder vergleichbarer leistungen) stets erforderlich ist und die nicht stillschweigend getroffen werden kann. da sie den materiellen bestand des rückforderungsanspruchs betrifft und gegebenenfalls diesen anspruch modifiziert, ist sie zudem – zumindest im grundsatz – vor der rückforderung zu treffen. das fehlen bzw. die rechtsfehlerhaftigkeit einer billigkeitsentscheidung hat die rechtswidrigkeit der rückforderungsentscheidung nach § 15 abs. 2 satz 1 lbesg nrw zur folge. 56vgl. bverwg, urteile vom 26. april 2012 - 2 c 15.10 -, nvwz-rr 2012, 930 = juris rn. 29 und ‑ 2 c 4.11 -, juris rn. 23 (jeweils zu § 12 abs. 2 bbesg); ovg nrw, urteil vom 2. mai 2013 - 1 a 2045/11 -, iöd 2013, 204 = juris rn. 61. 57die billigkeitsentscheidung kann darin bestehen, dass von der rückforderung insgesamt oder teilweise endgültig abgesehen wird, oder dass die rückzahlung ganz oder teilweise erst zu einem späteren zeitpunkt (stundung) und/oder in teilbeträgen (ratenzahlung) erfolgen soll. 58vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2012 - 2 c 15.10 -, a. a. o. rn. 29. 59aufgabe der billigkeitsentscheidung ist es, eine allen umständen des einzelfalles gerecht werdende, für die behörde zumutbare und für den bereicherten tragbare lösung zu ermöglichen, bei der auch alter, leistungsfähigkeit und sonstige lebensverhältnisse des herausgabepflichtigen eine maßgebliche rolle spielen. sie soll der besonderen lage des einzelfalles rechnung tragen, die formale strenge des besoldungs- und versorgungsrechts auflockern sowie ausdruck des auch im öffentlichen recht geltenden grundsatzes von treu und glauben sein und sich als sinnvolle ergänzung des ohnehin von dem gleichen grundsatz geprägten rechts der ungerechtfertigten bereicherung auswirken; sie ist deshalb vor allem in fällen der verschärften haftung von bedeutung. im rahmen der billigkeitsentscheidung ist jedoch nicht die gesamte rechtsbeziehung, aus welcher der bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem gesichtspunkt von treu und glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete rückforderungsbegehren und vor allem auf die modalitäten der rückabwicklung und ihre auswirkungen auf die lebensumstände des bereicherungsschuldners abzustellen. dabei kommt es nicht entscheidend auf die lage des beamten in dem zeitraum, für den die überzahlung geleistet worden ist, sondern auf dessen lage im zeitpunkt der rückabwicklung an. 60vgl. bverwg, urteil vom 16. juli 2020 - 2 c 7.19 -, a. a. o. rn. 31. 61eine solche billigkeitsentscheidung hat die beklagte vor erlass des angegriffenen bescheides nicht getroffen. sie ging vielmehr – unter heranziehung der norm des § 58 lbg nrw – von einer zwingenden zahlungsverpflichtung des klägers als rechtsfolge der getroffenen entscheidung über das „nichtbehaltendürfen“ der vergütung aus. die von dem rat der beklagten im durchgeführten verwaltungsverfahren getroffene entscheidung über das behaltendürfen der vergütung im sinne des § 12 abs. 2 satz 2 lbesg nrw bzw. § 9a abs. 2 satz 2 übesg nrw kann schon im hinblick auf ihre unterschiedlichen voraussetzungen und ihren dargestellten unterschiedlichen inhalt nicht gleichgesetzt werden mit einer billigkeitsentscheidung im sinne des § 15 abs. 2 satz 3 lbesg nrw. 62für die beklagte hätte überdies – unter heranziehung der anspruchsgrundlage aus § 15 abs. 2 satz 1 lbesg nrw – anlass bestanden und dürfte zukünftig anlass bestehen, zumindest ein teilweises absehen von der rückforderung im wege der billigkeitsentscheidung zu erwägen. aus gründen der billigkeit ist in der regel von der rückforderung jedenfalls teilweise abzusehen, wenn der grund für die überzahlung in der überwiegenden behördlichen verantwortung liegt. 63vgl. bverwg, urteil vom 16. juli 2020 - 2 c 7.19 -, a. a. o. rn. 32. 64jedenfalls von einem erheblichen verantwortungsanteil dürfte hier auszugehen sein. ausweislich des verwaltungsvorgangs wurden spätestens seit august 2014 gespräche zwischen den beteiligten geführt, wie mit der zusätzlichen vergütung durch die gmg beamtenrechtlich zu verfahren sei. es war zunächst (politischer) konsens, dem kläger die vergütung zu belassen. dass die entscheidung hierüber erst mit großem zeitlichem abstand zur zuweisung getroffen wurde, lag dabei weit überwiegend im verantwortungsbereich der beklagten. dies erweist sich auch unter dem gesichtspunkt der fürsorgepflicht des dienstherrn als problematisch. wäre die entscheidung über die (nicht-)anrechnung früher getroffen worden, wäre es zu einer überzahlung – zumindest im streitgegenständlichen umfang – nicht gekommen. 65ein nachholen der bislang fehlenden billigkeitsentscheidung im laufenden berufungsverfahren durch die beklagte scheidet aus, da es sich nicht nur um ein ergänzen von ermessenserwägungen, sondern um ein erstmaliges ausüben des nach § 15 abs. 2 satz 3 lbesg nrw eröffneten ermessens handeln würde, was sich unter beachtung der grenzen des nachschiebens von gründen nach § 114 satz 2 vwgo als unzulässiges vorgehen darstellt. 66vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2012 - 2 c 15.10 -, a. a. o. rn. 31; ovg nrw, urteil vom 2. august 2001 - 1 a 3262/99 -, dvbl 2002, 790 = juris rn. 80. 67im übrigen ist die billigkeitsentscheidung auch nicht nachgeholt worden. 68ii. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 2 vwgo. 69die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 10 und § 711 zpo. 70die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo und § 127 brrg nicht vorliegen. |
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} | 6 A 2717/19 | 2021-11-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass für die Erstellung der neuen dienstlichen Beurteilung der Klägerin die Rechtsauffassung des erkennenden Senats maßgeblich ist. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin steht als Polizeivollzugsbeamtin im Dienst des beklagten Landes und bekleidet seit dem 29. Januar 2014 ein nach der Besoldungsgruppe A 10 LBesO A bewertetes Amt einer Kriminaloberkommissarin. Die Klägerin, die Mutter von zwei Kindern ist, wechselte mehrfach zwischen einer Teil- und Vollzeitbeschäftigung. 3Unter dem 2. Mai 2016 erstellte EKHK U. über sie für den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis zum 30. April 2016 wegen Erstbeurteilerwechsels einen Beurteilungsbeitrag für die Regelbeurteilung betreffend den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis zum 31. Mai 2017. Er bewertete fünf Einzelmerkmale mit jeweils „übertrifft die Anforderungen" (vier Punkte) - darunter das Merkmal „Soziale Kompetenz“ - und zwei Einzelmerkmale mit „entspricht voll den Anforderungen" (drei Punkte). Unter III. 1. wurde zu dem Punkt „Besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten“ unter anderem vermerkt, die Klägerin sei in ihrer Freizeitgestaltung zum Wohle der Dienststelle immer sehr flexibel und übernehme regelmäßig Freiwilligendienste auch am Wochenende. Sie verfüge über eine besonders hohe soziale Kompetenz. Mit Datum vom 12. Mai 2016 gab der damalige Leiter der Kriminalinspektion 1, KD L. , eine abweichende Stellungnahme mit dem Inhalt ab, die Beurteilung sei ohne Betrachtung der gesamten Vergleichsgruppe erstellt worden. Bei Betrachtung der gesamten Vergleichsgruppe erscheine eine Punktzahl von 26 Punkten zu hoch gegriffen und eine Punktzahl von 24 angemessen. Der Behördenleiter, PP X. , fügte dem Beurteilungsbeitrag bei seiner Unterzeichnung am 18. Mai 2016 den - offenbar formularmäßig vorgefertigten - Hinweis bei, dass dieser ohne Betrachtung der gesamten Vergleichsgruppe erstellt worden sei und die Ergebnisse der Regelbeurteilung daher von den Ergebnissen des Beurteilungsbeitrags abweichen könnten. 4In seinem Beurteilungsvorschlag bewertete der Erstbeurteiler, KHK C. , fünf Einzelmerkmale mit drei Punkten und zwei Merkmale („Arbeitsweise“ und „Soziale Kompetenz“) mit vier Punkten. Im Gesamturteil kam er zu dem Ergebnis, die Leistung und Befähigung der Klägerin „entspricht voll den Anforderungen“ (= drei Punkte, Gesamtpunktzahl 23). Unter III. 1. enthält auch der Beurteilungsvorschlag die Ausführung, die Klägerin verfüge über eine besonders hohe soziale Kompetenz. 5Der Vorgesetzte des Erstbeurteilers und Leiter der Kriminalinspektion 1, LKD K. , gab unter dem 6. Juli 2017 eine abweichende Stellungnahme zum Beurteilungsvorschlag des KHK C. des Inhalts ab, dass die Leistungsbewertung bzgl. des Einzelmerkmals „Soziale Kompetenz“ gegenüber dem Vorschlag des Erstbeurteilers von vier auf drei Punkte (Gesamtpunktzahl von 22) abzuändern sei. Diese vorgeschlagene Änderung erfolge unter Anlegung eines strengen Maßstabes und dessen einheitlicher Anwendung auf der Ebene der Direktion. Die Leistungen seien im Quervergleich bezogen auf die Vergleichsgruppe der Direktion zu bewerten, was das abweichende Votum rechtfertige. Dem schloss sich der Endbeurteiler, PP X. , mit der Begründung an, dass in Anbetracht der gesamten Vergleichsgruppe die Leistungen der Klägerin anders zu bewerten seien. 6Unter „I. Tätigkeitsgebiet und Aufgaben im Beurteilungszeitraum“ ist die Funktion der Klägerin als Sachbearbeiterin im Polizeipräsidium, Direktion Kriminalität, Kriminalinspektion 1, Kriminalkommissariat 14, angegeben. Weiterhin wurde für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis zum 31. Dezember 2016 jeweils vermerkt, ob die Aufgaben in Teil- oder Vollzeit wahrgenommen wurden. 7Die Klägerin hat am 20. November 2017 Klage gegen ihre dienstliche Beurteilung erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, ihre Herababstufung allein im Merkmal „Soziale Kompetenz“ sei mit dem Hinweis auf den Quervergleich nicht schlüssig. Vielmehr sei in der Beurteilung unter Ziffer III. 1. ihre besonders hohe soziale Kompetenz hervorgehoben worden. Darüber hinaus weiche die dienstliche Beurteilung in nicht nachvollziehbarer Weise deutlich von dem Beurteilungsbeitrag ab, der fast zwei Drittel des Beurteilungszeitraums umfasse. Schließlich fehle die Darstellung, dass sie seit dem 1. Januar 2017 wieder in Vollzeit ihren Dienst versehe. 8Die Klägerin hat beantragt, 9das beklagte Land zu verurteilen, ihre für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juni 2014 bis zum 31. Mai 2017 erstellte dienstliche Beurteilung aufzuheben und sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich zu beurteilen. 10Das beklagte Land hat keinen Antrag gestellt. 11Nachdem das Verwaltungsgericht auf seine Kammerrechtsprechung hingewiesen hatte, wonach die dienstliche Beurteilung bereits deshalb rechtswidrig sei, weil bei der Bildung der Gesamtnote alle beurteilten Einzelmerkmale gleichgewichtet worden seien und es an landes- und laufbahnweiten einheitlichen Maßstäben für die Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Bildung des Gesamturteils mangele, hat das beklagte Land im Klageverfahren vorgetragen: Die Gleichgewichtung der Einzelmerkmale stehe im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Soweit sich einzelne Behörden nicht an diese Praxis gehalten haben sollten, führe das nicht zur Rechtswidrigkeit des Vorgehens aller anderen Behörden. Die abweichende Bewertung des Merkmals „Soziale Kompetenz“ durch den Endbeurteiler sei zulässigerweise mit dem vorgenommenen Quervergleich mit der Vergleichsgruppe begründet worden. 12Durch Urteil vom 3. Juni 2019 hat das Verwaltungsgericht der Klage aus den Gründen des zuvor erteilten Hinweises stattgegeben und die Berufung zugelassen. 13Das beklagte Land hat gegen das ihm am 13. Juni 2019 zugestellte Urteil am 1. Juli 2019 Berufung eingelegt. Mit am 22. Juli 2019 eingegangenem Schriftsatz vom 19. Juli 2019 hat es die Berufung begründet und hierzu zunächst im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt. Darüber hinaus hat das beklagte Land mit Blick auf die Absenkung der Bewertung des Merkmals „Soziale Kompetenz“ von vier auf drei Punkte eine Stellungnahme des LKD K. , datierend vom 10. Dezember 2019 und überschrieben mit „Telefonat KHK L1. /LKD K. vom 5. Dezember 2019“, zu den Akten gereicht, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten ergänzend verwiesen wird. Danach habe sich die Klägerin im Vergleich zu den anderen Polizeivollzugsbeamten in der Vergleichsgruppe aller Polizeivollzugsbeamten A 10 der Direktion Kriminalität in einem normalen zu erwartenden Maße für Dienste gemeldet. Im Quervergleich aller Polizeivollzugsbeamten A 10 der Vergleichsgruppe habe er - im Gegensatz zum Erstbeurteiler - ein den Anforderungen entsprechendes und kein diese übertreffendes Verhalten festgestellt. Auch habe er in ihrem Umgang mit den Kollegen oder Vorgesetzten kein Verhalten feststellen können, das eine die Anforderungen übertreffende Beurteilung rechtfertige. Der Erstbeurteiler habe kein entsprechendes Verhalten gegenüber dem Bürger darstellen können. Das normale, nicht zu kritisierende Verhalten sei mit dem dafür vorgesehenen Wert „entspricht voll den Anforderungen“ beurteilt worden. 14Das beklagte Land verweist im Hinblick auf den Beurteilungsbeitrag darauf, dass der Erstbeurteiler unabhängig und nicht an Weisungen gebunden sei. Der Beurteilungsbeitrag werde ohne Hinzuziehung der Vergleichsgruppe erstellt. Unabhängig davon seien vor der Erstellung des Beurteilungsvorschlags Gespräche der Vorgesetzten mit den Erstbeurteilern mit dem Ziel der Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe zulässig und sinnvoll. Im Rahmen der Beurteilung könne es daher zu Abweichungen im Hinblick auf die nunmehr in den Blick genommene Vergleichsgruppe kommen. 15Der Einwand, es fehle an der Darstellung, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2017 wieder in Vollzeit arbeite, treffe nicht zu. In der dienstlichen Beurteilung sei die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin auf Seite 2 unter Ziffer I. eindeutig erkennbar. Die Zeitfenster, die nicht aufgeführt seien, umfassten eine Vollzeitbeschäftigung. 16Die von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren monierte Vergleichsgruppenbildung aus Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamten des Polizeipräsidiums Düsseldorf stehe im Einklang mit den BRL Q. und dem Leistungsgrundsatz. Diese Zusammensetzung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass eine ausschließlich aus Verwaltungsbeamten bestehende Vergleichsgruppe (hier: A 10 LBesO A NRW) lediglich aus sechs Personen bestanden und somit die erforderliche Mindestgröße von 30, die in der BRL Q. unter Ziffer 8.2.1 geregelt werde, nicht erreicht hätte. Die Vergleichsgruppenbildung sei nach Ziffer 8.2.1 Abs. 1 Spiegelstrich 2 BRL Q. zulässig, da die Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamten nach dem Stellenplan in Konkurrenz zueinander stünden. Die Vergleichsgruppenbildung sei auch mit § 8 Abs. 2 Satz 2 LVO NRW vereinbar. Sowohl an Polizeivollzugs- als auch an Verwaltungsbeamte würden im Wesentlichen gleiche Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gestellt. Dies müsse bereits deshalb erfolgen, weil die Beförderungsstellen durch das Ministerium des Innern nicht getrennt für Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte zur Verfügung gestellt würden und somit ansonsten nicht rechtmäßig vergeben werden könnten. Auch bei einer Beurteilung unter Zugrundelegung eines Vergleichs getrennt nach den beiden Laufbahnen seien keine anderen Beurteilungsergebnisse zu erwarten. Da Bezugspunkt der dienstlichen Beurteilung das Statusamt und nicht der konkrete Dienstposten sei, sei irrelevant, dass Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte regelmäßig eine andere Tätigkeit ausübten. Dem Dienstherrn stehe bei der Bewertung der Homogenität einer Vergleichsgruppe ein Beurteilungsspielraum zu. Es gelte eine nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. 17Auf die Aufklärungsverfügung des Senats vom 19. Februar 2021 hat das beklagte Land mitgeteilt, in dem streitgegenständlichen Beurteilungszeitraum seien insgesamt 610 Beamte in der Vergleichsgruppe A 10 gewesen, davon 602 Polizeivollzugsbeamte und 8 Verwaltungsbeamte. Zwischen ihnen bestehe monatlich in der Beförderungsauswahl eine Konkurrenzsituation, da sie gemeinsam in einem Stellenplan geführt würden und ein gemeinsames Beförderungsranking bestehe. Bei der Zuweisung der sogenannten Bandbreitenstellen von A 9 bis A 11 durch das Innenministerium werde nicht zwischen den Laufbahnen unterschieden. Im Rahmen der Bestenauslese würden die Beamten deshalb auch ohne Unterscheidung zwischen dem Polizeivollzugs- und dem Verwaltungsdienst zur Beförderung ausgewählt. Bei Stellenausschreibungen sei die Wahrscheinlichkeit einer Konkurrenzsituation gering, da diese mehrheitlich laufbahnbezogen erfolgten. Eine Konkurrenzsituation könne nur in der Direktion Zentrale Aufgaben zustande kommen. Die Auswertung aller Stellenbesetzungsverfahren seit 2015 habe ergeben, dass es innerhalb der letzten sechs Jahre sechs Ausschreibungen (hauptsächlich für die Stelle als Gleichstellungsbeauftragte) gegeben habe, bei denen die formalen Voraussetzungen sowohl die Bewerbung von Verwaltungsbeamten als auch von Polizeivollzugsbeamten zugelassen hätten. Im gegenständlichen Beurteilungszeitraum hätten zwei Verwaltungsbeamte eine Beurteilung im quotierten Bereich (einmal vier Punkte und einmal fünf Punkte) erhalten. Bei den Polizeivollzugsbeamten hätten 188 Beamte eine Beurteilung im quotierten Bereich erhalten, darunter 134mal die Gesamtnote vier Punkte und 54mal die Gesamtnote fünf Punkte. 18Das beklagte Land beantragt, 19das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. 20Die Klägerin beantragt, 21die Berufung zurückzuweisen. 22Sie verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und vertieft im Übrigen die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung für das stattgebende Urteil. 23Des Weiteren beruft sie sich darauf, dass auch nach der Stellungnahme des LKD K. nicht plausibel sei, warum sie im Merkmal „Soziale Kompetenz“ von vier auf drei Punkte abgestuft worden sei. Es werde bestritten, dass LKD K. mit dem Erstbeurteiler gesprochen habe. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass sie sich lediglich in einem normalen zu erwartenden Maße in die Sonderdienste eingebracht habe. LKD K. habe zu ihr keine Arbeitskontakte gehabt, so dass er eigene Feststellungen zum Umgang mit den Kollegen oder Vorgesetzten nicht habe treffen können. 24Auch die Abweichung vom Beurteilungsbeitrag sei weiterhin nicht plausibel begründet. Dieser decke einen weit überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraums ab. Er sei bereits durch KD L. einem Quervergleich unterzogen worden. Dessen Stellungnahme sei nicht plausibel, weil dort lediglich mit Gesamtpunktzahlen argumentiert werde, ohne auf die Leistung in den einzelnen Merkmalen einzugehen. Auch im Hinblick auf den Quervergleich der Vergleichsgruppe sei eine Punktzahl von 24 für angemessen erachtet worden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum dies im Rahmen der tatsächlichen Beurteilung nicht mehr der Fall gewesen sei, zumal sich auch der Endbeurteiler der unter Ziffer III. 1. enthaltenen Einschätzung angeschlossen habe, die Klägerin verfüge über eine besonders hohe soziale Kompetenz. 25Die Beurteilung sei zudem deshalb rechtswidrig, weil die aus Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamten gebildete Vergleichsgruppe rechtswidrig sei. Es sei gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 - 2 C 21.16 - unzulässig, Beamte aus verschiedenen Laufbahnen, die eine unterschiedliche Vor- und Ausbildung besäßen, in einer Vergleichsgruppe zusammenzufassen. Die Praxis des beklagten Landes, Beförderungsplanstellen einheitlich für Beamte unterschiedlicher Laufbahnen zur Verfügung zu stellen, woraus sich eine Konkurrenzsituation der Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamten ergebe, sei rechtswidrig. Es bestehe keine echte Beförderungskonkurrenz. Diese werde künstlich dadurch geschaffen, dass die Beamten bei einer Beförderung auf ihrem bisherigen Dienstposten verblieben und bei Zuweisung der Beförderungsplanstellen durch den Dienstherrn keine Festlegung dahingehend erfolge, ob die Planstelle für Polizeivollzugsbeamte oder für Beamte des allgemeinen Verwaltungsdienstes verwendet werden solle. Diese rechtswidrige Praxis rechtfertige die Zusammenfassung von Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamten, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Vor- und Ausbildung nicht vergleichbar seien, in einer Vergleichsgruppe ebenso wenig wie die ansonsten fehlende Mindestgröße einer Vergleichsgruppe. Auch die Anforderungen an die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eines Polizeivollzugsbeamten einerseits und eines Verwaltungsbeamten andererseits seien nicht identisch. Gerade weil Eignung, Leistung und Befähigung bezogen auf das Statusamt betrachtet werden müssten, könne die Laufbahn nicht unberücksichtigt bleiben. 26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 27Entscheidungsgründe: 28I. Die Berufung des beklagten Landes bleibt ohne Erfolg. Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Klage ist, wie das Verwaltungsgericht allerdings nur im Ergebnis zutreffend entschieden hat, als allgemeine Leistungsklage zulässig und begründet. Die der Klägerin erteilte dienstliche Beurteilung vom 20. September 2017 ist rechtswidrig und verletzt sie in ihren Rechten. Sie kann daher beanspruchen, dass die Beurteilung aufgehoben und für den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis zum 31. Mai 2017 eine neue Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erstellt wird. 291. Für die gerichtliche Überprüfung der angegriffenen dienstlichen Beurteilung gilt Folgendes: Das Gericht hat über die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung insgesamt zu befinden. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - nur der beklagte Dienstherr ein Rechtsmittel gegen ein Urteil eingelegt hat, das ihn zur Erstellung einer Neubeurteilung unter Beachtung einer bestimmten Rechtsauffassung verpflichtet. 30Dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar. Allein der Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit eine Beamtin oder ein Beamter 31- im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für alle Geschlechter - 32den - ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Bei einem derartigen dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. 33Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 7. Juli 2021 - 2 C 2.21 -, IÖD 2021, 254 = juris Rn. 10, vom 17. September 2020 - 2 C 2.20 -, BVerwGE 169, 254 = juris Rn. 10, und vom 2. März 2017 - 2 C 21.16 -, BVerwGE 157, 366 = juris Rn. 15 jeweils m. w. N. 34Hat der Dienstherr für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen Richtlinien erlassen, sind die Beurteiler an diese hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der einzuhaltenden Maßstäbe gebunden. Das Gericht hat deshalb weiterhin zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen. 35Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 -, BVerwGE 150, 359 = juris Rn. 14 f. m. w. N. 36Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Regelbeurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Beurteilungsstichtag. 37BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 -, BVerwGE 153, 48 = juris Rn. 40. 38Im Streitfall sind daher die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei, Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 403-26.00.05 - vom 29. Februar 2016, MBl. NRW. 2016, 226 (im Folgenden: BRL Q. ) zugrunde zu legen. 392. Hiervon ausgehend ergibt sich im Streitfall: Die normativen Vorgaben im Land Nordrhein-Westfalen für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen sind ausreichend (a.). Ferner ist der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu folgen, es führe zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung, dass es in der Verwaltungspraxis des beklagten Landes an dienstherrn- und laufbahnweit einheitlichen Maßstäben für die Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Bildung des Gesamturteils mangele und die Einzelmerkmale bei der Bildung des Gesamturteils nicht gleich gewichtet werden dürften (b.). Jedoch greifen die Einwände der Klägerin durch, die Beurteilung beruhe auf einer fehlerhaften Vergleichsgruppenbildung (c.) und die Abweichung der Beurteilung vom Beurteilungsbeitrag sei nicht nachvollziehbar begründet (d.). 40a. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die ihr erteilte dienstliche Beurteilung nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die normativen Vorgaben im Land Nordrhein-Westfalen für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen unzureichend sind. 41Allerdings muss der Gesetzgeber für die Verwirklichung des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG wesentlichen Regelungen, wozu auch die wesentlichen Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen gehören, selbst treffen und darf sie nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen. 42Vgl. näher BVerwG, Urteile vom 7. Juli 2021 ‑ 2 C 2.21 -, a. a. O. Rn. 10, und vom 17. September 2020 - 2 C 2.20 -, a. a. O. Rn. 16. 43Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, genügt die derzeitige Gesetzes- und Verordnungslage in Nordrhein-Westfalen (§ 92 Abs. 1 LBG NRW, § 8 LVO NRW) diesen Anforderungen. 44Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juli 2021 - 2 C 2.21 -, a. a. O. Rn. 37, und vom 17. September 2020 ‑ 2 C 2.20 -, a. a. O. Rn. 16 am Ende; von der Weiden, jurisPR-BVerwG 22/2021 Anm. 5 C. I. 45§ 92 Abs. 1 LBG NRW schreibt unmittelbar ein System von Regelbeurteilungen, die Bildung eines abschließenden Gesamturteils und die Formulierung eines Vorschlags für die weitere dienstliche Verwendung des Beamten vor. Ferner sind im Gesetz die Aufnahme der Regelbeurteilung in die Personalakte des Beamten sowie die Möglichkeit des Beamten geregelt, auf die Beurteilung Einfluss zu nehmen. Die gemäß § 1 Abs. 2 LVO Q. auch für Polizeivollzugsbeamte maßgebliche Bestimmung des § 8 LVO NRW gibt den regelmäßigen Rhythmus für die Regelbeurteilungen vor (drei Jahre), ermächtigt die oberste Dienstbehörde zur Bestimmung der Stichtage, regelt die Bildung von Vergleichsgruppen und legt die Quoten für die Vergabe der besten und der zweitbesten Note fest. 46Innerhalb dieser Vorgaben darf die Verwaltung die weiteren Einzelheiten für die Erstellung dienstlicher Regelbeurteilungen durch Verwaltungsvorschriften regeln. Dass für den Erlass der hier maßgeblichen Richtlinien BRL Q. keine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung besteht, ist unerheblich. Der Exekutivgewalt ist die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsvorschriften inhärent, soweit ihre Organisations- und Geschäftsgewalt jeweils reicht. 47Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2021 - 2 C 2.21 -, a. a. O. Rn. 17 f. 48b. Die der Klägerin erteilte dienstliche Beurteilung vom 20. September 2017 ist entgegen ihrer sowie der Auffassung des Verwaltungsgerichts ferner nicht deshalb rechtswidrig, weil es in der Verwaltungspraxis des beklagten Landes an dienstherrn- und laufbahnweit einheitlichen Maßstäben für die Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Bildung des Gesamturteils mangelt und/oder die vom Polizeipräsidium Düsseldorf vorgenommene Bildung des Gesamturteils anhand einer gleichen Gewichtung der Einzelmerkmale gegen den in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz verstößt. Das Bundesverwaltungsgericht hat ‑ bezogen auf die auch hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien - entschieden, es führe nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung, dass den Einzelmerkmalen für die Ermittlung des Gesamturteils jeweils gleiches Gewicht beigemessen worden ist und dass einzelne Behörden oder Dienststellen von den bestehenden Vorgaben des Dienstherrn für die Gleichgewichtung der Einzelmerkmale bei Erstellung von Regelbeurteilungen abgewichen sein mögen. Die Gleichgewichtung aller sieben in Ziffer 6.1 BRL Q. vorgesehenen Einzelmerkmale sei möglich und zulässig; sie ergebe sich aus der zugrunde liegenden Beurteilungsrichtlinie bzw. aus dem Vortrag der Vertreter des beklagten Landes. 49Urteile vom 17. September 2020 - 2 C 2.20 -, a. a. O. Rn. 23 ff., und vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, BVerwGE 165, 305 = juris Rn. 65 f. 50Darüber hinaus berühre es nicht die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilungen derjenigen Behörden oder Dienststellen, die den Vorgaben des Dienstherrn gefolgt seien, wenn einzelne Behörden oder Dienststellen von den Vorgaben des Dienstherrn für die Erstellung von Regelbeurteilungen abwichen. 51Urteil vom 17. September 2020 - 2 C 2.20 -, a. a. O. Rn. 31. 52Der Senat hat sich dem angeschlossen und verweist wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts. 53c. Die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung ist allerdings rechtswidrig, weil sie auf einer Vergleichsgruppenbildung beruht, die der Rechtskontrolle nicht standhält. Ungeachtet der Frage, ob dem Dienstherrn auch bei der Bildung von (zulässigen) Vergleichsgruppen ein Beurteilungsspielraum zusteht, 54vgl. bejahend OVG NRW, Beschluss vom 24. November 2006 - 6 B 2124/06 -, IÖD 2007, 139 = juris Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 2013 - 2 K 5152/12 -, juris Rn. 41, 55unterliegt dieser Vorgang jedenfalls der bereits dargestellten eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Dies berücksichtigt, erweist sich die Zusammenfassung von der Besoldungsgruppe A 10 angehörenden Polizeivollzugsbeamten und Beamten des allgemeinen Verwaltungsdienstes (im Folgenden: Verwaltungsbeamten) in einer Vergleichsgruppe als mit höherrangigem Recht, nämlich den in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltenen Prinzipien, nicht vereinbar. 56Ebenso VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 27. November 2019 - 1 L 1221/19 -, juris Rn. 33 ff., indes wirkungslos durch Vergleichsschluss im Verfahren 6 B 1718/19. 57aa. Die vorgenommene Vergleichsgruppenbildung beruht auf Ziffer 8.2.1, 2. Spiegelstrich BRL Q. . Nach Ziffer 8.2 BRL Q. sollen, um eine einheitliche Anwendung des Bewertungsmaßstabs für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten, die untereinander vergleichbar sind, sicher zu stellen, bei Regelbeurteilungen Vergleichsgruppen gebildet und hierauf Richtsätze angewandt werden. Ziffer 8.2.1 BRL Q. sieht vor, dass dem zur Schlusszeichnung Befugten die Bildung der Vergleichsgruppen nach Maßgabe der folgenden Grundätze obliegt: In erster Linie sollen Beamte derselben Laufbahn und derselben Besoldungsgruppe eine Vergleichsgruppe bilden (Spiegelstrich 1); stehen nach dem Stellenplan Beamte verschiedener Laufbahnen miteinander in Konkurrenz, können auch Beamte derselben Laufbahngruppe und derselben Besoldungsgruppe eine Vergleichsgruppe bilden (Spiegelstrich 2); in Fällen, in denen die Wahrnehmung einer bestimmten Funktion im Vordergrund steht, können auch Angehörige derselben Funktionsebene eine Vergleichsgruppe bilden. Hierzu ist die Zustimmung des für Inneres zuständigen Ministeriums einzuholen (Spiegelstrich 3). 58Die Spiegelstriche 1 und 3 greifen die Regelung aus § 8 Abs. 2 LVO NRW auf. Danach sind bei Beurteilungen Vergleichsgruppen zu bilden. Die Zugehörigkeit zu einer Vergleichsgruppe bestimmt sich in erster Linie nach der Besoldungsgruppe oder nach der Funktionsebene. 59bb. Der Senat kann offenlassen, ob 8 Abs. 2 Satz 2 LVO NRW mit der Formulierung „in erster Linie“ neben der Orientierung an der Funktionsebene überhaupt weitere Abweichungen von der Ausrichtung an der Besoldungsgruppe zulässt. Denn jedenfalls verletzt die konkret gebildete Vergleichsgruppe Art. 33 Abs. 2 GG, weil ein sachgerechter Leistungsvergleich der Gruppenmitglieder nicht möglich ist. Die zu vergleichenden Polizeivollzugs- bzw. Verwaltungsbeamten gehören keiner homogenen Vergleichsgruppe an. 60(1.) Maßgeblicher Zweck der dienstlichen Beurteilung ist es, Grundlage für einen späteren Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren zu sein. Daraus folgt die Notwendigkeit, schon bei der dienstlichen Beurteilung, die auch die Bildung von Vergleichsgruppen umfasst, das in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Leistungsprinzip und den Grundsatz der Bestenauslese zu gewährleisten. 61Vergleichsgruppen werden deshalb gebildet, weil sie für die Geltung der Richtsätze nach § 8 Abs. 3 LVO NRW bzw. Ziffer 8.2.2 BRL Q. relevant sind. Danach soll der Anteil der Beamten einer Vergleichsgruppe bei der besten Note 10 Prozent und bei der zweitbesten Note 20 Prozent nicht überschreiten. Die Festlegung derartiger Richtwerte ist rechtlich zulässig und sinnvoll. Mit ihnen konkretisiert der Dienstherr seine Bewertungsvorstellungen und verdeutlicht diese zugleich dem Beurteiler und dem Beurteilten. Die Berechtigung des Dienstherrn, den Aussagegehalt der Noten in dieser Weise zu verdeutlichen, ist Teil seiner Befugnis, die Notenskala und die Maßstäbe, nach denen die Noten vergeben werden, überhaupt festzulegen. Die Verdeutlichung und Konkretisierung der an alle zu beurteilenden Beamten gleichmäßig anzulegenden Bewertungsvorstellungen durch eine entsprechende Reglementierung in den Spitzenbereichen beeinträchtigt den gebotenen Leistungsvergleich nicht, sondern ermöglicht bzw. erleichtert ihn vielmehr. 62Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. März 2017 - 2 B 25.16 -, Buchholz 232.1 § 50 BLV Nr. 4 = juris Rn. 7, und Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, BVerwGE 124, 356 = juris Rn. 13, und vom 26. Juni 1980 - 2 C 13.79 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr 18 = juris Rn. 34. 63Richtsätze für Regelbeurteilungen werden von der Rechtsprechung im Grundsatz allerdings nur dann als unbedenklich angesehen, wenn sie sich auf hinreichend große und hinreichend homogene Vergleichsgruppen beziehen. 64Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, a. a. O. Rn. 15, vom 13. November 1997 - 2 A 1.97 -, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr 17 = juris Rn. 16, und vom 26. Juni 1980 a. a. O. Rn. 37; Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 1 WB 51.10 -, BVerwGE 141, 113 = juris Rn. 40, und vom 12. August 2014 - 1 WB 38.13 -, juris Rn. 25 ff. 65Eine hinreichende Gruppengröße ist notwendig, damit genügend Personen vorhanden sind, in denen die unterschiedlichen Leistungs- und Eignungsstufen repräsentiert sein können. Die Homogenität der Gruppe ist erforderlich, damit die entscheidenden Beurteilungskriterien bei den einzelnen Beamten miteinander sachgerecht verglichen und in eine bestimmte nach dem Prinzip der Bestenauslese ausgerichtete Rangfolge gebracht werden können. Die Bezugsgruppe muss daher in dem Sinne homogen zusammengesetzt sein, dass für alle Gruppenmitglieder im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten. 66Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Oktober 2010 ‑ 1 WB 51.10 -, a. a. O. Rn. 40 m. w. N., und vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, a. a. O. Rn. 15. 67Ausgehend davon ist hinsichtlich der auch vom Gleichheitssatz geforderten Vergleichbarkeit der Gruppenmitglieder grundsätzlich auf die Gruppe der Beamten desselben Statusamtes abzustellen. 68Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. September 2020 ‑ 2 C 2.20 -, a. a. O. Rn. 43, und vom 2. März 2017 - 2 C 21.16 -, a. a. O. Rn. 43, das zusätzlich das immanente Merkmal derselben Laufbahn hervorhebt; dem folgend: VG Stuttgart, Beschluss vom 7. Dezember 2017 - 9 K 12038/17 -, juris Rn. 28. 69Dieses ist Bezugspunkt der dienstlichen Beurteilung und definiert sich anhand der Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, der dem Beamten verliehenen Amtsbezeichnung und des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe. 70Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, a. a. O. Rn. 32 und 55. 71Ausgehend von der damit verbundenen identischen Vor- und Ausbildung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich (nur) Beamte derselben Laufbahn vergleichbar. Beamte aus unterschiedlichen Laufbahnen dürfen danach dem Grunde nach nicht in einer Vergleichsgruppe zusammengefasst werden, weil ausreichend identische Leistungsanforderungen nur für Beamte derselben Laufbahn gegeben sind. Dies stellt den grundlegenden Inhalt des Laufbahnprinzips dar, das als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG anerkannt ist. 72Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 2 C 21.16 -, a. a. O. Rn. 42 ff. m. w. N; OVG Saarland, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 1 A 533/16 -, NVwZ-RR 2018, 624 = juris Rn. 49 am Ende. 73Nur in Ausnahmefällen ist in der Rechtsprechung auch eine Vergleichsgruppenbildung aus Beamten derselben Funktionsebene als zulässig angesehen worden. Bei der auf diese Weise gebildeten Vergleichsgruppe ist Kriterium für die zulässige Gruppenzugehörigkeit indes das Innehaben eines Dienstpostens mit weitgehend denselben Anforderungen; die Ähnlichkeit der verrichteten Aufgaben ist der tragende Grund für die Vergleichbarkeit. 74Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2014 ‑ 1 WB 38.13 -, a. a. O. Rn. 33, und vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, a. a. O. Rn. 16 f.; OVG NRW, Urteil vom 20. November 2002 - 6 A 5645/00 -, DÖD 2003, 139 = juris Rn. 2 ff.; kritisch hierzu Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 70. Aktualisierung 4/2021, cc) Probleme der Vergleichsgruppenbildung Rn. 414 ff.; Lorse, Die dienstliche Beurteilung, 7. Auflage 2020, A. Die dienstliche Beurteilung der Beamten, Beurteilungsmaßstab, Rn. 117. 75(2.) Gemessen daran stellt sich die hier in Streit stehende Vergleichsgruppe, in der Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte zusammengefasst sind, nicht als hinreichend homogen dar. Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte gehören weder der gleichen Laufbahn an noch sind andere Gründe gegeben, die einen sachgerechten Vergleich der Gruppenmitglieder ausnahmsweise auch unter Beachtung der unterschiedlichen Laufbahnen ermöglichen. 76Die Aufgaben eines Polizeivollzugs- und eines Verwaltungsbeamten unterscheiden sich nämlich wesentlich, was sich bereits in der unterschiedlichen Ausbildung niederschlägt. 77Vgl. insoweit auch BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, a. a. O. Rn. 55. 78Aus den Inhalten der einschlägigen Ausbildungspläne, die sich an den unterschiedlichen Aufgaben der Beamten in den jeweiligen Fachrichtungen orientieren, ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen den Laufbahnen. Der Vergleich der Ausbildungsinhalte des Bachelorstudiengangs Polizeivollzugsdienst und der Studiengänge im Fachbereich Allgemeine Verwaltung / Rentenversicherung, derzeit fünf Studiengänge (Staatlicher Verwaltungsdienst – Allgemeine Verwaltung, Kommunaler Verwaltungsdienst – Allgemeine Verwaltung, Kommunaler Verwaltungsdienst – Verwaltungsbetriebswirtschaftslehre, Rentenversicherung, Verwaltungsinformatik) verdeutlicht, dass es nahezu keine inhaltlichen Übereinstimmungen gibt. Es versteht sich daher von selbst, dass Verwaltungsbeamte - mangels der entsprechenden Ausbildung - Aufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht wahrnehmen können. Umgekehrt müssen Polizeivollzugsbeamte bei dem Wechsel in ein Amt einer anderen Laufbahn die erforderlichen ergänzenden Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, vgl. § 115 Abs. 3 LBG NRW. 79Derartige Unterschiede bestehen innerhalb der Gruppe der Polizeivollzugsbeamten nicht, so dass ein sachgerechter Vergleich der Gruppenmitglieder möglich ist. Dem steht nicht entgegen, dass sie innerhalb des Polizeidienstes unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. 80(a.) Sofern das beklagte Land die Vergleichsgruppenbildung damit begründet hat, nur so könnte die in Ziffer 8.2.1 BRL Q. vorgesehene Vergleichsgruppengröße von 30 Personen erreicht werden, stellt dies im Hinblick auf den dargestellten Zweck der Vergleichsgruppenbildung eine sachfremde Erwägung dar. Der Vortrag läuft auf das Argument hinaus, eine Vergleichsgruppe müsse gebildet werden, um eine Vergleichsgruppe bilden zu können. Die Vergleichsgruppenbildung ist jedoch kein Selbstzweck, sondern dient - wie dargestellt - lediglich dazu, die Anwendung von Richtsätzen zu ermöglichen; wenn die Voraussetzungen für ihre (rechtmäßige) Bildung nicht gegeben sind, hat sie zu unterbleiben. Ziffer 8.2.2, letzter Absatz BRL Q. sieht in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 2 Satz 2 LVO NRW für den Fall der Unterschreitung der erforderlichen Mindestgröße einer Vergleichsgruppe vor, dass bei der Festlegung der Gesamtnote eine Differenzierung angestrebt wird, welche sich an den durch die Richtsätze vorgegebenen Rahmen anlehnt. 81Vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 12. August 2014 - 1 WB 38.13 -, a. a. O. Rn. 36; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2010 - 6 A 534/08 -, PersV 2011, 198 = juris Rn. 4 f. (21 Beamte); VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Juli 2010 - 13 L 452/10 -, juris Rn. 23 ff.: Anlehnung an Richtsätze bei 10 Personen möglich; Urteil vom 11. August 2006 - 13 K 2207/04 -, juris Rn. 45: Anlehnung an Richtsätze bei 5 Personen nicht möglich. 82Sofern auch das nicht möglich ist, hat sich der Dienstherr gleichwohl und auch ohne eine solche Orientierung um differenzierte, dem Leistungsbild der jeweils zu beurteilenden Beamten angemessen Rechnung tragende Beurteilungen zu bemühen. 83Zum Erfordernis der hinreichenden Differenziertheit BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 ‑ 2 BvR 311/03 -, NVwZ 2004, 95 = juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 = juris Rn. 46. 84(b.) Auch die tatsächlich bestehende Stellenplankonkurrenz der Mitglieder der Vergleichsgruppe begründet keine hinreichende Vergleichsmöglichkeit. 85Ausweislich des vom beklagten Land vorgelegten Stellenplans des Polizeipräsidiums Düsseldorf stehen die Polizeivollzugs- und die Verwaltungsbeamten, wie in Ziffer 8.2.1 Spiegelstrich 2 BRL Q. vorausgesetzt, in Konkurrenz zueinander. Dies beruht - zumindest bezüglich der hier maßgeblichen Stellen A 9 bis A 11 - indes nicht darauf, dass ein Dienstposten mehreren Statusämtern zugeordnet wird, sog. Topfwirtschaft im dienstrechtlichen Sinne, vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 LBesG NRW und § 18 Abs. 1 Satz 2 BBesG. 86Zur Zulässigkeit der Dienstpostenbündelung bei Bestehen eines sachlichen Grundes s. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, BVerfGE 141, 56 = juris Rn. 45 ff. 87Die Konkurrenzsituation ergibt sich vielmehr daraus, dass dem Polizeipräsidium Beförderungsplanstellen einheitlich für Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte zur Verfügung gestellt werden und diesbezüglich auf der Grundlage der beide Gruppen umfassenden Beförderungsrangliste ausgehend vom Punktequotient die Auswahlentscheidung getroffen wird. Hingegen erfolgt die gebündelte Stellenzuweisung und die daran anknüpfende Auswahlentscheidung in dem hier gegebenen Fall gerade nicht vor dem - nur pauschal behaupteten - Hintergrund, dass für die für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten würden. Der Grund für die Zusammenfassung ist nicht Folge einer bestehenden Vergleichbarkeit der Gruppenmitglieder, sondern die Vereinigung in einem Stellenplan schafft überhaupt erst die einzige Gemeinsamkeit der Gruppenmitglieder. Dabei konkurrieren die Beamten nicht einmal um dieselben Dienstposten, sondern lediglich um Beförderungswertigkeiten. 88Anders wohl die Konstellation in dem Beschluss des OVG NRW vom 27. November 2014 - 6 B 810/14 -, juris Rn. 10. 89Aus dem vom beklagten Land vorgetragenen Umstand, Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte stünden in Ausnahmefällen hinsichtlich ausgeschriebener Stellen in Konkurrenz zueinander, ergibt sich schon im Hinblick auf den dargestellten Ausnahmecharakter, dass hieraus jedenfalls nicht die Vergleichbarkeit aller Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamten abgeleitet werden kann. Das beklagte Land hat selbst ausgeführt, es habe innerhalb der letzten sechs Jahre lediglich sechs Ausschreibungen gegeben, bei denen die formalen Voraussetzungen sowohl die Bewerbung von Verwaltungs- wie von Polizeivollzugsbeamten zugelassen hätten. Hierbei hat es sich um Interessenbekundungsverfahren für Stellen der Gleichstellungsbeauftragen bzw. der Unterstützung/Stellvertretung des Beauftragten für Arbeitsschutz gehandelt, die jeweils ein ganz besonderes Profil aufweisen und bei deren Besetzung weder die Ausbildung als Verwaltungs- noch als Polizeivollzugsbeamter wesentlich ist. Das Interessenbekundungsverfahren bezüglich der Stelle der Unterstützung/Stellvertretung des Beauftragten für Arbeitsschutz richtete sich überdies an Polizeivollzugsbeamte mit Verwendungseinschränkungen, vermutlich also solche Beamte, denen zur Vermeidung der Zurruhesetzung als Folge der Polizeidienstunfähigkeit gemäß § 115 Abs. 1 letzter Halbsatz LBG NRW eine Funktion übertragen werden sollte, die die besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht mehr uneingeschränkt erfordert. Regelmäßig nehmen Verwaltungs- bzw. Polizeivollzugsbeamte jedoch auch nach dem Vortrag des beklagten Landes unterschiedliche Aufgaben wahr. 90Keine andere Bewertung folgt schließlich aus dem Umstand, dass die Beamten jeweils nach denselben Kriterien beurteilt werden, vgl. Ziffer 2.1 BRL Q. . Die in der dienstlichen Beurteilung zu bewertenden sieben Merkmale „Arbeitsorganisation“, „Arbeitseinsatz“, „Arbeitsweise“, „Leistungsgüte“, „Leistungsumfang“, „Veränderungskompetenz“ und „Soziale Kompetenz“ einschließlich der einzubeziehenden unter Ziffer 6.1 BRL Q. aufgeführten Kriterien sind zwar allgemein gefasst. Die Beurteilung hat jedoch die Aufgaben des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen (vgl. Ziffer 5 BRL Q. ) und die dort gezeigten Leistungen am Maßstab der statusamts- und damit auch laufbahnbezogenen Anforderungen zu bewerten. 91d. Ungeachtet der vorstehenden Erwägungen erweist sich die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung auch deshalb als rechtswidrig, weil die Abweichungen der Erstbeurteilung bzw. des Beurteilungsvorschlags vom Beurteilungsbeitrag nicht nachvollziehbar begründet sind. 92aa. Die BRL Q. sehen folgenden Ablauf für das Beurteilungsverfahren vor: Der Erstbeurteiler erstellt auf der Grundlage seiner im Beurteilungszeitraum gewonnen Erfahrungen und unter Einbeziehung der Erkenntnisse aus dem Beurteilungsgespräch unabhängig und weisungsfrei (Ziffer 9.1.1 Abs. 3 Satz 1 BRL Q. ) den Beurteilungsvorschlag (so die Überschrift zu Ziffer 9.1 BRL Q. ) resp. die Erstbeurteilung (so die Überschrift zu Ziffer 9.1.1 BRL Q. ). Es ist möglich, dass der Erstellung des Beurteilungsvorschlags eine sogenannte Maßstabsbesprechung vorausgeht, die aber nur dazu dienen darf, die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe zu gewährleisten (Ziffer 9.1.1 Abs. 4 Satz 2 BRL Q. ). Zudem ist der Erstbeurteilervorschlag vor der Vorlage beim Endbeurteiler von den weiteren Vorgesetzten des Beamten zu erörtern, die dabei auch zu berücksichtigen haben, inwieweit der zu Beurteilende im Vergleich zu anderen ihnen unterstehenden Beamten der Vergleichsgruppe den Anforderungen entsprochen hat (Ziffer 9.1.1 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BRL Q. ). Es ist sodann nach Ziffer 9.2 BRL Q. Aufgabe des Schlusszeichnenden, unter Berücksichtigung der festgelegten Richtsätze die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe sicherzustellen. Soweit er dabei zu einer anderen Bewertung gelangt als der Erstbeurteiler, kann der Schlusszeichnende die Beurteilung ändern. Stimmen Erst- und Endbeurteilung bei der Bewertung der Merkmale und des Gesamturteils nicht überein, so hat der der Schlusszeichnende die abweichende Beurteilung zu begründen (Ziffer 9.2 Abs. 3 BRL Q. ). Hierfür genügt regelmäßig der Hinweis auf den Quervergleich, der auch nicht weiter erläutert werden muss. 93Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 ‑ 2 C 2.20 -, a. a. O. Rn. 40; OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2021 - 6 B 2032/20 -, juris Rn. 9. 94In Bezug auf Beurteilungsbeiträge gilt Folgendes: Der Erstbeurteiler hat nach Ziffer 9.1.1 Abs. 2 Satz 3 BRL Q. vorliegende Beurteilungsbeiträge zu berücksichtigen. Beurteilungsbeiträge sollen die Zeiträume und Tätigkeiten erfassen, die bei einer zukünftigen Beurteilung berücksichtigt werden müssen und von den dann verantwortlichen Erstbeurteilerinnen oder Erstbeurteilern bei der Erstellung der Beurteilungen aus eigener Anschauung nicht bewertet werden können (Ziffer 3.5.1 Abs. 1 Satz 2 BRL Q. ). Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Inhaltlich müssen Beurteilungsbeiträge die Informationen enthalten, die es dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung zutreffend zu erfassen, über die er keine oder keine hinreichende aus eigener Anschauung gewonnenen Erkenntnisse besitzt. 95BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 2 A 4.15 -, juris Rn. 29 m. w. N. 96Einen erheblichen Teil des Beurteilungszeitraums erfassende Beurteilungsbeiträge müssen grundsätzlich mit einem dem entsprechenden Gewicht in die Beurteilung einfließen. Dies schließt es nicht aus, dass der Beurteiler sich weitere Erkenntnisse über den Beurteilten für den Zeitraum verschafft, der durch den Beurteilungsbeitrag erfasst wird, dass er die tatsächliche Entwicklung - insbesondere bestimmte Vorkommnisse - außerhalb dieses Zeitraums besonders gewichtet, oder dass er zu einer abweichenden Bewertung gelangt. Insoweit ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung "fortschreibend" übernehmen müsste. Das gilt auch dann, wenn der Beurteilungsbeitrag - wie hier - einen großen Teil des Beurteilungszeitraums abdeckt. Denn im System der Regelbeurteilung können sich Bewertungsunterschiede zwischen einem Beurteilungsbeitrag und der Beurteilung selbst etwa daraus ergeben, dass der Beurteilungsbeitrag außerhalb eines die gesamte Vergleichsgruppe erfassenden Beurteilungsverfahrens erstellt wird und somit - im Gegensatz zu der Beurteilung - nicht auf einem Quervergleich mit den übrigen zur Organisationseinheit gehörenden Beamten desselben Statusamtes beruht. 97Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Januar 2014 ‑ 1 WNB 4.13 -, juris Rn. 8, m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Februar 2018 - 6 B 1355/17 -, NWVBl 2018, 287 = juris Rn. 20 und vom 19. September 2016 - 6 A 2388/14 -, juris Rn. 6 ff., jeweils m. w. N. 98Die vom Erstbeurteiler in Ausübung seines Beurteilungsspielraums vorgenommenen Abweichungen von Tatsachen oder Wertungen des Beurteilungsbeitrags sind aber - gegebenenfalls im Nachhinein, noch bis in das verwaltungsgerichtliche Verfahren hinein - zu erläutern und dadurch plausibel zu machen. Nur so wird sichergestellt, dass Werturteile gerichtlich nachprüfbar auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren. 99Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 -, BVerwGE 161, 240 = juris Rn. 33, und vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 -, a. a. O. Rn. 24, m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. März 2020 - 6 B 45/20 -, juris Rn. 5 ff. und vom 1. Februar 2018 - 6 B 1355/17 -, a. a. O. Rn. 22. 100bb. Mit diesen Vorgaben ist die streitgegenständliche Verfahrensweise nicht vereinbar. Die Erstbeurteilung bzw. den Beurteilungsvorschlag erstellte KHK C. , der die Leistungen und Befähigung der Klägerin in den Einzelmerkmalen zweimal mit vier und fünfmal mit drei Punkten bewertete. Der Verfasser des Beurteilungsbeitrags für den Zeitraum 1. Juni 2014 bis zum 30. April 2016, EKHK U. , hatte hingegen für die Einzelmerkmale fünfmal vier und zweimal drei Punkte vergeben. Die Erstbeurteilung bzw. der Beurteilungsvorschlag ist mithin in drei Merkmalen - Arbeitsorganisation, Arbeitseinsatz und Leistungsumfang - um jeweils einen Punkt schlechter ausgefallen als der Beitrag. Die demnach vorliegende Abweichung des Erstbeurteilers vom Beurteilungsbeitrag ist nicht nachvollziehbar begründet. 101(1.) Abgesehen davon, dass das beklagte Land dies nicht vorgetragen hat, lässt sich die gegenüber dem Beurteilungsbeitrag schlechtere Bewertung nicht bereits damit begründen, dass der Beurteiler den Beitrag für den dabei erfassten Zeitraum als zutreffend zugrunde gelegt hat, aber bei divergierenden Bewertungen seine eigene Bewertung als maßgeblich festgesetzt hat, weil der von ihm zu beurteilende Zeitraum gegenüber dem vom Beitrag erfassten Zeitraum überwiegt. Denn so liegt es nicht. Der Beurteilungsbeitrag des EKHK U. vom 2. Mai 2016 bezieht sich vielmehr auf den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis zum 30. April 2016, also auf 1 Jahr und 11 Monate und mithin den überwiegenden Teils des dreijährigen Beurteilungszeitraums. 102(2.) Besteht der Beurteilungsbeitrag - wie hier - wie die Beurteilung selbst ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich aus in Zahlenwerten vorgenommene Bewertungen, wird eine nachvollziehbare Begründung der Abweichung der Beurteilung von einem den überwiegenden Beurteilungszeitraum erfassenden Beitrag regelmäßig voraussetzen, dass sich der Beurteiler mit dem Beitragsverfasser (oder einer anderen Person, die die Leistungen des zu Beurteilenden im betroffenen Zeitraum kennt) darüber austauscht, auf welcher Grundlage es zu den Bewertungen gekommen ist. Dies allein würde den Erstbeurteiler bei der hier vorgesehenen Gestaltung des Beitrags, der sich im Wesentlichen in reinen Bewertungen erschöpft, in die Lage versetzen zu beurteilen, ob die Wertungen nach seiner (maßgeblichen) Auffassung zu günstig ausgefallen sind. Es ist nicht ersichtlich, dass dies hier geschehen ist. Eine Stellungnahme des Erstbeurteilers, KHK C. , aus der sich etwa ergäbe, dass dieser sich mit dem Beurteilungsverfasser, EKHK U. , über das Leistungsbild der Klägerin im vom Beitrag erfassten Zeitraum ausgetauscht oder auf sonstige Weise genügende Erkenntnisse darüber gewonnen hätte, ist schon nicht eingeholt worden und liegt demgemäß nicht vor. Dementsprechend ist auch nicht erkennbar, dass eine angenommene Maßstabsverfehlung Grund der Abweichungen ist. 103(3.) Der pauschale Hinweis des beklagten Landes, dass der Erstbeurteiler nach Ziffer 9.1.1 BRL Q. unabhängig und nicht an Weisungen gebunden sei und nach eigenen Kenntnissen und Erfahrungen zu beurteilen habe, genügt nach dem Vorstehenden zur Begründung der Abweichung nicht. Die Stellungnahme des damaligen Leiters der Kriminalinspektion 1, KD L. , zum Beurteilungsbeitrag, die Beurteilung (gemeint wohl: der Beitrag) sei ohne Betrachtung der gesamten Vergleichsgruppe erstellt worden; bei Betrachtung der gesamten Vergleichsgruppe erscheine eine Punktzahl von 26 Punkten zu hoch gegriffen und eine Punktzahl von 24 angemessen, hilft schon deshalb nicht weiter, weil nicht deutlich wird, in Bezug auf welche Einzelmerkmale die Bewertung zu günstig ausgefallen sein soll. Ähnliches gilt für den dem Beitrag beigefügten, offenbar formularmäßig vorgefertigten Hinweis des Behördenleiters, dieser sei ohne Betrachtung der gesamten Vergleichsgruppe erstellt worden und die Ergebnisse der Regelbeurteilung könnten daher von den Ergebnissen des Beurteilungsbeitrags abweichen. Dieser Hinweis gibt nichts dafür her, dass und vor allem auf welcher Grundlage der Erstbeurteiler zu der Einschätzung gekommen ist, die im Beitrag vorgenommenen Bewertungen seien in drei Einzelmerkmalen zu günstig ausgefallen. 104(4.) Die eingereichte Stellungnahme des LKD K. vom 10. Dezember 2019 kann die Stellungnahme des Erstbeurteilers nicht ersetzen. Ausweislich der Überschrift beruht seine Stellungnahme nicht auf einem mit dem Erstbeurteiler, sondern mit KHK L1. geführten Telefonat und versucht inhaltlich nur die (weitere) Absenkung des Einzelmerkmals „Soziale Kompetenz“ von vier auf drei Punkte und somit der Gesamtsumme von 23 auf 22 Punkte zu erläutern. Mit dem Beurteilungsbeitrag an sich setzt die Stellungnahme sich nicht auseinander. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass sich die Angaben des KHK L1. , der seinerzeit nicht Erstbeurteiler war, überhaupt auf den streitbefangenen Beurteilungszeitraum beziehen. Die Vertreter des beklagten Landes haben in der mündlichen Verhandlung nicht angeben können, worauf die Kenntnisse des KHK L1. beruhen. 105e. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob zudem die Begründung der Absenkung der Bewertung des Merkmals „Soziale Kompetenz“ durch den Schlusszeichnenden ausreichend ist. Auch wenn grundsätzlich nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Absenkung der Hinweis auf den Quervergleich genügt, erscheint die Begründung hier mit Blick auf den bereits hinsichtlich des Beurteilungsbeitrags durchgeführten Quervergleich und insbesondere auf die im Widerspruch zur abgesenkten Bewertung stehende besondere Hervorhebung der sozialen Kompetenz der Klägerin im ausformulierten Teil unter III. 1. rechtlichen Zweifeln ausgesetzt. 106f. Auch auf die weiteren Einwände der Klägerin - so denjenigen, ihre Vollzeitbeschäftigung ab dem 1. Januar 2017 sei unter I. ihrer Beurteilung nicht dargestellt ‑, kommt es nicht mehr an. 107II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO erfolgt. 108Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 132 VwGO, 127 BRRG nicht vorliegen. | die berufung wird zurückgewiesen mit der maßgabe, dass für die erstellung der neuen dienstlichen beurteilung der klägerin die rechtsauffassung des erkennenden senats maßgeblich ist. das beklagte land trägt die kosten des verfahrens beider instanzen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. das beklagte land darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die klägerin steht als polizeivollzugsbeamtin im dienst des beklagten landes und bekleidet seit dem 29. januar 2014 ein nach der besoldungsgruppe a 10 lbeso a bewertetes amt einer kriminaloberkommissarin. die klägerin, die mutter von zwei kindern ist, wechselte mehrfach zwischen einer teil- und vollzeitbeschäftigung. 3unter dem 2. mai 2016 erstellte ekhk u. über sie für den zeitraum vom 1. juni 2014 bis zum 30. april 2016 wegen erstbeurteilerwechsels einen beurteilungsbeitrag für die regelbeurteilung betreffend den zeitraum vom 1. juni 2014 bis zum 31. mai 2017. er bewertete fünf einzelmerkmale mit jeweils „übertrifft die anforderungen" (vier punkte) - darunter das merkmal „soziale kompetenz“ - und zwei einzelmerkmale mit „entspricht voll den anforderungen" (drei punkte). unter iii. 1. wurde zu dem punkt „besondere fachkenntnisse und fähigkeiten“ unter anderem vermerkt, die klägerin sei in ihrer freizeitgestaltung zum wohle der dienststelle immer sehr flexibel und übernehme regelmäßig freiwilligendienste auch am wochenende. sie verfüge über eine besonders hohe soziale kompetenz. mit datum vom 12. mai 2016 gab der damalige leiter der kriminalinspektion 1, kd l. , eine abweichende stellungnahme mit dem inhalt ab, die beurteilung sei ohne betrachtung der gesamten vergleichsgruppe erstellt worden. bei betrachtung der gesamten vergleichsgruppe erscheine eine punktzahl von 26 punkten zu hoch gegriffen und eine punktzahl von 24 angemessen. der behördenleiter, pp x. , fügte dem beurteilungsbeitrag bei seiner unterzeichnung am 18. mai 2016 den - offenbar formularmäßig vorgefertigten - hinweis bei, dass dieser ohne betrachtung der gesamten vergleichsgruppe erstellt worden sei und die ergebnisse der regelbeurteilung daher von den ergebnissen des beurteilungsbeitrags abweichen könnten. 4in seinem beurteilungsvorschlag bewertete der erstbeurteiler, khk c. , fünf einzelmerkmale mit drei punkten und zwei merkmale („arbeitsweise“ und „soziale kompetenz“) mit vier punkten. im gesamturteil kam er zu dem ergebnis, die leistung und befähigung der klägerin „entspricht voll den anforderungen“ (= drei punkte, gesamtpunktzahl 23). unter iii. 1. enthält auch der beurteilungsvorschlag die ausführung, die klägerin verfüge über eine besonders hohe soziale kompetenz. 5der vorgesetzte des erstbeurteilers und leiter der kriminalinspektion 1, lkd k. , gab unter dem 6. juli 2017 eine abweichende stellungnahme zum beurteilungsvorschlag des khk c. des inhalts ab, dass die leistungsbewertung bzgl. des einzelmerkmals „soziale kompetenz“ gegenüber dem vorschlag des erstbeurteilers von vier auf drei punkte (gesamtpunktzahl von 22) abzuändern sei. diese vorgeschlagene änderung erfolge unter anlegung eines strengen maßstabes und dessen einheitlicher anwendung auf der ebene der direktion. die leistungen seien im quervergleich bezogen auf die vergleichsgruppe der direktion zu bewerten, was das abweichende votum rechtfertige. dem schloss sich der endbeurteiler, pp x. , mit der begründung an, dass in anbetracht der gesamten vergleichsgruppe die leistungen der klägerin anders zu bewerten seien. 6unter „i. tätigkeitsgebiet und aufgaben im beurteilungszeitraum“ ist die funktion der klägerin als sachbearbeiterin im polizeipräsidium, direktion kriminalität, kriminalinspektion 1, kriminalkommissariat 14, angegeben. weiterhin wurde für die zeit vom 1. juni 2014 bis zum 31. dezember 2016 jeweils vermerkt, ob die aufgaben in teil- oder vollzeit wahrgenommen wurden. 7die klägerin hat am 20. november 2017 klage gegen ihre dienstliche beurteilung erhoben. zur begründung hat sie im wesentlichen geltend gemacht, ihre herababstufung allein im merkmal „soziale kompetenz“ sei mit dem hinweis auf den quervergleich nicht schlüssig. vielmehr sei in der beurteilung unter ziffer iii. 1. ihre besonders hohe soziale kompetenz hervorgehoben worden. darüber hinaus weiche die dienstliche beurteilung in nicht nachvollziehbarer weise deutlich von dem beurteilungsbeitrag ab, der fast zwei drittel des beurteilungszeitraums umfasse. schließlich fehle die darstellung, dass sie seit dem 1. januar 2017 wieder in vollzeit ihren dienst versehe. 8die klägerin hat beantragt, 9das beklagte land zu verurteilen, ihre für den beurteilungszeitraum vom 1. juni 2014 bis zum 31. mai 2017 erstellte dienstliche beurteilung aufzuheben und sie unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut dienstlich zu beurteilen. 10das beklagte land hat keinen antrag gestellt. 11nachdem das verwaltungsgericht auf seine kammerrechtsprechung hingewiesen hatte, wonach die dienstliche beurteilung bereits deshalb rechtswidrig sei, weil bei der bildung der gesamtnote alle beurteilten einzelmerkmale gleichgewichtet worden seien und es an landes- und laufbahnweiten einheitlichen maßstäben für die gewichtung der einzelmerkmale bei der bildung des gesamturteils mangele, hat das beklagte land im klageverfahren vorgetragen: die gleichgewichtung der einzelmerkmale stehe im einklang mit der höchstrichterlichen rechtsprechung. soweit sich einzelne behörden nicht an diese praxis gehalten haben sollten, führe das nicht zur rechtswidrigkeit des vorgehens aller anderen behörden. die abweichende bewertung des merkmals „soziale kompetenz“ durch den endbeurteiler sei zulässigerweise mit dem vorgenommenen quervergleich mit der vergleichsgruppe begründet worden. 12durch urteil vom 3. juni 2019 hat das verwaltungsgericht der klage aus den gründen des zuvor erteilten hinweises stattgegeben und die berufung zugelassen. 13das beklagte land hat gegen das ihm am 13. juni 2019 zugestellte urteil am 1. juli 2019 berufung eingelegt. mit am 22. juli 2019 eingegangenem schriftsatz vom 19. juli 2019 hat es die berufung begründet und hierzu zunächst im wesentlichen das erstinstanzliche vorbringen wiederholt. darüber hinaus hat das beklagte land mit blick auf die absenkung der bewertung des merkmals „soziale kompetenz“ von vier auf drei punkte eine stellungnahme des lkd k. , datierend vom 10. dezember 2019 und überschrieben mit „telefonat khk l1. /lkd k. vom 5. dezember 2019“, zu den akten gereicht, auf deren inhalt wegen der einzelheiten ergänzend verwiesen wird. danach habe sich die klägerin im vergleich zu den anderen polizeivollzugsbeamten in der vergleichsgruppe aller polizeivollzugsbeamten a 10 der direktion kriminalität in einem normalen zu erwartenden maße für dienste gemeldet. im quervergleich aller polizeivollzugsbeamten a 10 der vergleichsgruppe habe er - im gegensatz zum erstbeurteiler - ein den anforderungen entsprechendes und kein diese übertreffendes verhalten festgestellt. auch habe er in ihrem umgang mit den kollegen oder vorgesetzten kein verhalten feststellen können, das eine die anforderungen übertreffende beurteilung rechtfertige. der erstbeurteiler habe kein entsprechendes verhalten gegenüber dem bürger darstellen können. das normale, nicht zu kritisierende verhalten sei mit dem dafür vorgesehenen wert „entspricht voll den anforderungen“ beurteilt worden. 14das beklagte land verweist im hinblick auf den beurteilungsbeitrag darauf, dass der erstbeurteiler unabhängig und nicht an weisungen gebunden sei. der beurteilungsbeitrag werde ohne hinzuziehung der vergleichsgruppe erstellt. unabhängig davon seien vor der erstellung des beurteilungsvorschlags gespräche der vorgesetzten mit den erstbeurteilern mit dem ziel der anwendung gleicher beurteilungsmaßstäbe zulässig und sinnvoll. im rahmen der beurteilung könne es daher zu abweichungen im hinblick auf die nunmehr in den blick genommene vergleichsgruppe kommen. 15der einwand, es fehle an der darstellung, dass die klägerin seit dem 1. januar 2017 wieder in vollzeit arbeite, treffe nicht zu. in der dienstlichen beurteilung sei die teilzeitbeschäftigung der klägerin auf seite 2 unter ziffer i. eindeutig erkennbar. die zeitfenster, die nicht aufgeführt seien, umfassten eine vollzeitbeschäftigung. 16die von der klägerin erstmals im berufungsverfahren monierte vergleichsgruppenbildung aus polizeivollzugs- und verwaltungsbeamten des polizeipräsidiums düsseldorf stehe im einklang mit den brl q. und dem leistungsgrundsatz. diese zusammensetzung sei vor dem hintergrund erfolgt, dass eine ausschließlich aus verwaltungsbeamten bestehende vergleichsgruppe (hier: a 10 lbeso a nrw) lediglich aus sechs personen bestanden und somit die erforderliche mindestgröße von 30, die in der brl q. unter ziffer 8.2.1 geregelt werde, nicht erreicht hätte. die vergleichsgruppenbildung sei nach ziffer 8.2.1 abs. 1 spiegelstrich 2 brl q. zulässig, da die polizeivollzugs- und verwaltungsbeamten nach dem stellenplan in konkurrenz zueinander stünden. die vergleichsgruppenbildung sei auch mit § 8 abs. 2 satz 2 lvo nrw vereinbar. sowohl an polizeivollzugs- als auch an verwaltungsbeamte würden im wesentlichen gleiche anforderungen an eignung, befähigung und fachliche leistung gestellt. dies müsse bereits deshalb erfolgen, weil die beförderungsstellen durch das ministerium des innern nicht getrennt für polizeivollzugs- und verwaltungsbeamte zur verfügung gestellt würden und somit ansonsten nicht rechtmäßig vergeben werden könnten. auch bei einer beurteilung unter zugrundelegung eines vergleichs getrennt nach den beiden laufbahnen seien keine anderen beurteilungsergebnisse zu erwarten. da bezugspunkt der dienstlichen beurteilung das statusamt und nicht der konkrete dienstposten sei, sei irrelevant, dass polizeivollzugs- und verwaltungsbeamte regelmäßig eine andere tätigkeit ausübten. dem dienstherrn stehe bei der bewertung der homogenität einer vergleichsgruppe ein beurteilungsspielraum zu. es gelte eine nur eingeschränkte gerichtliche kontrolle. 17auf die aufklärungsverfügung des senats vom 19. februar 2021 hat das beklagte land mitgeteilt, in dem streitgegenständlichen beurteilungszeitraum seien insgesamt 610 beamte in der vergleichsgruppe a 10 gewesen, davon 602 polizeivollzugsbeamte und 8 verwaltungsbeamte. zwischen ihnen bestehe monatlich in der beförderungsauswahl eine konkurrenzsituation, da sie gemeinsam in einem stellenplan geführt würden und ein gemeinsames beförderungsranking bestehe. bei der zuweisung der sogenannten bandbreitenstellen von a 9 bis a 11 durch das innenministerium werde nicht zwischen den laufbahnen unterschieden. im rahmen der bestenauslese würden die beamten deshalb auch ohne unterscheidung zwischen dem polizeivollzugs- und dem verwaltungsdienst zur beförderung ausgewählt. bei stellenausschreibungen sei die wahrscheinlichkeit einer konkurrenzsituation gering, da diese mehrheitlich laufbahnbezogen erfolgten. eine konkurrenzsituation könne nur in der direktion zentrale aufgaben zustande kommen. die auswertung aller stellenbesetzungsverfahren seit 2015 habe ergeben, dass es innerhalb der letzten sechs jahre sechs ausschreibungen (hauptsächlich für die stelle als gleichstellungsbeauftragte) gegeben habe, bei denen die formalen voraussetzungen sowohl die bewerbung von verwaltungsbeamten als auch von polizeivollzugsbeamten zugelassen hätten. im gegenständlichen beurteilungszeitraum hätten zwei verwaltungsbeamte eine beurteilung im quotierten bereich (einmal vier punkte und einmal fünf punkte) erhalten. bei den polizeivollzugsbeamten hätten 188 beamte eine beurteilung im quotierten bereich erhalten, darunter 134mal die gesamtnote vier punkte und 54mal die gesamtnote fünf punkte. 18das beklagte land beantragt, 19das angefochtene urteil zu ändern und die klage abzuweisen. 20die klägerin beantragt, 21die berufung zurückzuweisen. 22sie verweist auf ihren erstinstanzlichen vortrag und vertieft im übrigen die vom verwaltungsgericht gegebene begründung für das stattgebende urteil. 23des weiteren beruft sie sich darauf, dass auch nach der stellungnahme des lkd k. nicht plausibel sei, warum sie im merkmal „soziale kompetenz“ von vier auf drei punkte abgestuft worden sei. es werde bestritten, dass lkd k. mit dem erstbeurteiler gesprochen habe. es entspreche nicht den tatsachen, dass sie sich lediglich in einem normalen zu erwartenden maße in die sonderdienste eingebracht habe. lkd k. habe zu ihr keine arbeitskontakte gehabt, so dass er eigene feststellungen zum umgang mit den kollegen oder vorgesetzten nicht habe treffen können. 24auch die abweichung vom beurteilungsbeitrag sei weiterhin nicht plausibel begründet. dieser decke einen weit überwiegenden teil des beurteilungszeitraums ab. er sei bereits durch kd l. einem quervergleich unterzogen worden. dessen stellungnahme sei nicht plausibel, weil dort lediglich mit gesamtpunktzahlen argumentiert werde, ohne auf die leistung in den einzelnen merkmalen einzugehen. auch im hinblick auf den quervergleich der vergleichsgruppe sei eine punktzahl von 24 für angemessen erachtet worden. es sei daher nicht nachvollziehbar, warum dies im rahmen der tatsächlichen beurteilung nicht mehr der fall gewesen sei, zumal sich auch der endbeurteiler der unter ziffer iii. 1. enthaltenen einschätzung angeschlossen habe, die klägerin verfüge über eine besonders hohe soziale kompetenz. 25die beurteilung sei zudem deshalb rechtswidrig, weil die aus polizeivollzugs- und verwaltungsbeamten gebildete vergleichsgruppe rechtswidrig sei. es sei gemäß dem urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 2. märz 2017 - 2 c 21.16 - unzulässig, beamte aus verschiedenen laufbahnen, die eine unterschiedliche vor- und ausbildung besäßen, in einer vergleichsgruppe zusammenzufassen. die praxis des beklagten landes, beförderungsplanstellen einheitlich für beamte unterschiedlicher laufbahnen zur verfügung zu stellen, woraus sich eine konkurrenzsituation der polizeivollzugs- und verwaltungsbeamten ergebe, sei rechtswidrig. es bestehe keine echte beförderungskonkurrenz. diese werde künstlich dadurch geschaffen, dass die beamten bei einer beförderung auf ihrem bisherigen dienstposten verblieben und bei zuweisung der beförderungsplanstellen durch den dienstherrn keine festlegung dahingehend erfolge, ob die planstelle für polizeivollzugsbeamte oder für beamte des allgemeinen verwaltungsdienstes verwendet werden solle. diese rechtswidrige praxis rechtfertige die zusammenfassung von polizeivollzugs- und verwaltungsbeamten, die aufgrund ihrer unterschiedlichen vor- und ausbildung nicht vergleichbar seien, in einer vergleichsgruppe ebenso wenig wie die ansonsten fehlende mindestgröße einer vergleichsgruppe. auch die anforderungen an die eignung, befähigung und fachliche leistung eines polizeivollzugsbeamten einerseits und eines verwaltungsbeamten andererseits seien nicht identisch. gerade weil eignung, leistung und befähigung bezogen auf das statusamt betrachtet werden müssten, könne die laufbahn nicht unberücksichtigt bleiben. 26wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 27 | 28i. die berufung des beklagten landes bleibt ohne erfolg. die dem angefochtenen urteil zugrunde liegende klage ist, wie das verwaltungsgericht allerdings nur im ergebnis zutreffend entschieden hat, als allgemeine leistungsklage zulässig und begründet. die der klägerin erteilte dienstliche beurteilung vom 20. september 2017 ist rechtswidrig und verletzt sie in ihren rechten. sie kann daher beanspruchen, dass die beurteilung aufgehoben und für den zeitraum vom 1. juni 2014 bis zum 31. mai 2017 eine neue beurteilung unter beachtung der rechtsauffassung des senats erstellt wird. 291. für die gerichtliche überprüfung der angegriffenen dienstlichen beurteilung gilt folgendes: das gericht hat über die rechtmäßigkeit der dienstlichen beurteilung insgesamt zu befinden. dies gilt auch dann, wenn - wie hier - nur der beklagte dienstherr ein rechtsmittel gegen ein urteil eingelegt hat, das ihn zur erstellung einer neubeurteilung unter beachtung einer bestimmten rechtsauffassung verpflichtet. 30dienstliche beurteilungen sind nach ständiger rechtsprechung verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar. allein der dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige vorgesetzte soll nach dem erkennbaren sinn der regelungen über die dienstliche beurteilung ein werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit eine beamtin oder ein beamter 31- im folgenden wird aus gründen der besseren lesbarkeit auf die gleichzeitige verwendung der männlichen und weiblichen sprachform verzichtet und gilt die männliche sprachform für alle geschlechter - 32den - ebenfalls grundsätzlich vom dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen fachlichen und persönlichen anforderungen seines amtes und seiner laufbahn entspricht. bei einem derartigen dem dienstherrn vorbehaltenen akt wertender erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen regelung immanente beurteilungsermächtigung zu. die verwaltungsgerichtliche rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die verwaltung den anzuwendenden begriff oder den gesetzlichen rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob sie von einem unrichtigen sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde erwägungen angestellt oder gegen verfahrensvorschriften verstoßen hat. 33vgl. etwa bverwg, urteile vom 7. juli 2021 - 2 c 2.21 -, iöd 2021, 254 = juris rn. 10, vom 17. september 2020 - 2 c 2.20 -, bverwge 169, 254 = juris rn. 10, und vom 2. märz 2017 - 2 c 21.16 -, bverwge 157, 366 = juris rn. 15 jeweils m. w. n. 34hat der dienstherr für die erstellung dienstlicher beurteilungen richtlinien erlassen, sind die beurteiler an diese hinsichtlich des anzuwendenden verfahrens und der einzuhaltenden maßstäbe gebunden. das gericht hat deshalb weiterhin zu kontrollieren, ob die richtlinien eingehalten sind, sie im rahmen der gesetzlichen ermächtigung verbleiben und sie auch sonst mit den gesetzlichen vorschriften in einklang stehen. 35vgl. nur bverwg, urteil vom 27. november 2014 - 2 a 10.13 -, bverwge 150, 359 = juris rn. 14 f. m. w. n. 36maßgeblich für die beurteilung der rechtmäßigkeit einer dienstlichen regelbeurteilung ist die sach- und rechtslage zum beurteilungsstichtag. 37bverwg, urteil vom 17. september 2015 - 2 c 27.14 -, bverwge 153, 48 = juris rn. 40. 38im streitfall sind daher die richtlinien für die dienstliche beurteilung der beamtinnen und beamten im bereich der polizei, runderlass des ministeriums für inneres und kommunales - 403-26.00.05 - vom 29. februar 2016, mbl. nrw. 2016, 226 (im folgenden: brl q. ) zugrunde zu legen. 392. hiervon ausgehend ergibt sich im streitfall: die normativen vorgaben im land nordrhein-westfalen für die erstellung dienstlicher beurteilungen sind ausreichend (a.). ferner ist der auffassung des verwaltungsgerichts nicht zu folgen, es führe zur rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen beurteilung, dass es in der verwaltungspraxis des beklagten landes an dienstherrn- und laufbahnweit einheitlichen maßstäben für die gewichtung der einzelmerkmale bei der bildung des gesamturteils mangele und die einzelmerkmale bei der bildung des gesamturteils nicht gleich gewichtet werden dürften (b.). jedoch greifen die einwände der klägerin durch, die beurteilung beruhe auf einer fehlerhaften vergleichsgruppenbildung (c.) und die abweichung der beurteilung vom beurteilungsbeitrag sei nicht nachvollziehbar begründet (d.). 40a. entgegen der auffassung der klägerin ist die ihr erteilte dienstliche beurteilung nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die normativen vorgaben im land nordrhein-westfalen für die erstellung dienstlicher beurteilungen unzureichend sind. 41allerdings muss der gesetzgeber für die verwirklichung des grundrechtsgleichen rechts aus art. 33 abs. 2 gg wesentlichen regelungen, wozu auch die wesentlichen vorgaben für die erstellung dienstlicher beurteilungen gehören, selbst treffen und darf sie nicht dem handeln und der entscheidungsmacht der exekutive überlassen. 42vgl. näher bverwg, urteile vom 7. juli 2021 ‑ 2 c 2.21 -, a. a. o. rn. 10, und vom 17. september 2020 - 2 c 2.20 -, a. a. o. rn. 16. 43wie das bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, genügt die derzeitige gesetzes- und verordnungslage in nordrhein-westfalen (§ 92 abs. 1 lbg nrw, § 8 lvo nrw) diesen anforderungen. 44vgl. bverwg, urteile vom 7. juli 2021 - 2 c 2.21 -, a. a. o. rn. 37, und vom 17. september 2020 ‑ 2 c 2.20 -, a. a. o. rn. 16 am ende; von der weiden, jurispr-bverwg 22/2021 anm. 5 c. i. 45§ 92 abs. 1 lbg nrw schreibt unmittelbar ein system von regelbeurteilungen, die bildung eines abschließenden gesamturteils und die formulierung eines vorschlags für die weitere dienstliche verwendung des beamten vor. ferner sind im gesetz die aufnahme der regelbeurteilung in die personalakte des beamten sowie die möglichkeit des beamten geregelt, auf die beurteilung einfluss zu nehmen. die gemäß § 1 abs. 2 lvo q. auch für polizeivollzugsbeamte maßgebliche bestimmung des § 8 lvo nrw gibt den regelmäßigen rhythmus für die regelbeurteilungen vor (drei jahre), ermächtigt die oberste dienstbehörde zur bestimmung der stichtage, regelt die bildung von vergleichsgruppen und legt die quoten für die vergabe der besten und der zweitbesten note fest. 46innerhalb dieser vorgaben darf die verwaltung die weiteren einzelheiten für die erstellung dienstlicher regelbeurteilungen durch verwaltungsvorschriften regeln. dass für den erlass der hier maßgeblichen richtlinien brl q. keine ausdrückliche gesetzliche ermächtigung besteht, ist unerheblich. der exekutivgewalt ist die befugnis zum erlass von verwaltungsvorschriften inhärent, soweit ihre organisations- und geschäftsgewalt jeweils reicht. 47vgl. bverwg, urteil vom 7. juli 2021 - 2 c 2.21 -, a. a. o. rn. 17 f. 48b. die der klägerin erteilte dienstliche beurteilung vom 20. september 2017 ist entgegen ihrer sowie der auffassung des verwaltungsgerichts ferner nicht deshalb rechtswidrig, weil es in der verwaltungspraxis des beklagten landes an dienstherrn- und laufbahnweit einheitlichen maßstäben für die gewichtung der einzelmerkmale bei der bildung des gesamturteils mangelt und/oder die vom polizeipräsidium düsseldorf vorgenommene bildung des gesamturteils anhand einer gleichen gewichtung der einzelmerkmale gegen den in art. 33 abs. 2 gg verankerten leistungsgrundsatz verstößt. das bundesverwaltungsgericht hat ‑ bezogen auf die auch hier maßgeblichen beurteilungsrichtlinien - entschieden, es führe nicht zur rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen beurteilung, dass den einzelmerkmalen für die ermittlung des gesamturteils jeweils gleiches gewicht beigemessen worden ist und dass einzelne behörden oder dienststellen von den bestehenden vorgaben des dienstherrn für die gleichgewichtung der einzelmerkmale bei erstellung von regelbeurteilungen abgewichen sein mögen. die gleichgewichtung aller sieben in ziffer 6.1 brl q. vorgesehenen einzelmerkmale sei möglich und zulässig; sie ergebe sich aus der zugrunde liegenden beurteilungsrichtlinie bzw. aus dem vortrag der vertreter des beklagten landes. 49urteile vom 17. september 2020 - 2 c 2.20 -, a. a. o. rn. 23 ff., und vom 9. mai 2019 - 2 c 1.18 -, bverwge 165, 305 = juris rn. 65 f. 50darüber hinaus berühre es nicht die rechtmäßigkeit der dienstlichen beurteilungen derjenigen behörden oder dienststellen, die den vorgaben des dienstherrn gefolgt seien, wenn einzelne behörden oder dienststellen von den vorgaben des dienstherrn für die erstellung von regelbeurteilungen abwichen. 51urteil vom 17. september 2020 - 2 c 2.20 -, a. a. o. rn. 31. 52der senat hat sich dem angeschlossen und verweist wegen der einzelheiten auf die ausführungen des bundesverwaltungsgerichts. 53c. die streitgegenständliche dienstliche beurteilung ist allerdings rechtswidrig, weil sie auf einer vergleichsgruppenbildung beruht, die der rechtskontrolle nicht standhält. ungeachtet der frage, ob dem dienstherrn auch bei der bildung von (zulässigen) vergleichsgruppen ein beurteilungsspielraum zusteht, 54vgl. bejahend ovg nrw, beschluss vom 24. november 2006 - 6 b 2124/06 -, iöd 2007, 139 = juris rn. 18; vg düsseldorf, urteil vom 10. dezember 2013 - 2 k 5152/12 -, juris rn. 41, 55unterliegt dieser vorgang jedenfalls der bereits dargestellten eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen kontrolle. dies berücksichtigt, erweist sich die zusammenfassung von der besoldungsgruppe a 10 angehörenden polizeivollzugsbeamten und beamten des allgemeinen verwaltungsdienstes (im folgenden: verwaltungsbeamten) in einer vergleichsgruppe als mit höherrangigem recht, nämlich den in art. 33 abs. 2 gg enthaltenen prinzipien, nicht vereinbar. 56ebenso vg gelsenkirchen, beschluss vom 27. november 2019 - 1 l 1221/19 -, juris rn. 33 ff., indes wirkungslos durch vergleichsschluss im verfahren 6 b 1718/19. 57aa. die vorgenommene vergleichsgruppenbildung beruht auf ziffer 8.2.1, 2. spiegelstrich brl q. . nach ziffer 8.2 brl q. sollen, um eine einheitliche anwendung des bewertungsmaßstabs für die beurteilung von beamtinnen und beamten, die untereinander vergleichbar sind, sicher zu stellen, bei regelbeurteilungen vergleichsgruppen gebildet und hierauf richtsätze angewandt werden. ziffer 8.2.1 brl q. sieht vor, dass dem zur schlusszeichnung befugten die bildung der vergleichsgruppen nach maßgabe der folgenden grundätze obliegt: in erster linie sollen beamte derselben laufbahn und derselben besoldungsgruppe eine vergleichsgruppe bilden (spiegelstrich 1); stehen nach dem stellenplan beamte verschiedener laufbahnen miteinander in konkurrenz, können auch beamte derselben laufbahngruppe und derselben besoldungsgruppe eine vergleichsgruppe bilden (spiegelstrich 2); in fällen, in denen die wahrnehmung einer bestimmten funktion im vordergrund steht, können auch angehörige derselben funktionsebene eine vergleichsgruppe bilden. hierzu ist die zustimmung des für inneres zuständigen ministeriums einzuholen (spiegelstrich 3). 58die spiegelstriche 1 und 3 greifen die regelung aus § 8 abs. 2 lvo nrw auf. danach sind bei beurteilungen vergleichsgruppen zu bilden. die zugehörigkeit zu einer vergleichsgruppe bestimmt sich in erster linie nach der besoldungsgruppe oder nach der funktionsebene. 59bb. der senat kann offenlassen, ob 8 abs. 2 satz 2 lvo nrw mit der formulierung „in erster linie“ neben der orientierung an der funktionsebene überhaupt weitere abweichungen von der ausrichtung an der besoldungsgruppe zulässt. denn jedenfalls verletzt die konkret gebildete vergleichsgruppe art. 33 abs. 2 gg, weil ein sachgerechter leistungsvergleich der gruppenmitglieder nicht möglich ist. die zu vergleichenden polizeivollzugs- bzw. verwaltungsbeamten gehören keiner homogenen vergleichsgruppe an. 60(1.) maßgeblicher zweck der dienstlichen beurteilung ist es, grundlage für einen späteren leistungsvergleich in einem an art. 33 abs. 2 gg zu messenden auswahlverfahren zu sein. daraus folgt die notwendigkeit, schon bei der dienstlichen beurteilung, die auch die bildung von vergleichsgruppen umfasst, das in art. 33 abs. 2 gg verankerte leistungsprinzip und den grundsatz der bestenauslese zu gewährleisten. 61vergleichsgruppen werden deshalb gebildet, weil sie für die geltung der richtsätze nach § 8 abs. 3 lvo nrw bzw. ziffer 8.2.2 brl q. relevant sind. danach soll der anteil der beamten einer vergleichsgruppe bei der besten note 10 prozent und bei der zweitbesten note 20 prozent nicht überschreiten. die festlegung derartiger richtwerte ist rechtlich zulässig und sinnvoll. mit ihnen konkretisiert der dienstherr seine bewertungsvorstellungen und verdeutlicht diese zugleich dem beurteiler und dem beurteilten. die berechtigung des dienstherrn, den aussagegehalt der noten in dieser weise zu verdeutlichen, ist teil seiner befugnis, die notenskala und die maßstäbe, nach denen die noten vergeben werden, überhaupt festzulegen. die verdeutlichung und konkretisierung der an alle zu beurteilenden beamten gleichmäßig anzulegenden bewertungsvorstellungen durch eine entsprechende reglementierung in den spitzenbereichen beeinträchtigt den gebotenen leistungsvergleich nicht, sondern ermöglicht bzw. erleichtert ihn vielmehr. 62vgl. bverwg, beschluss vom 7. märz 2017 - 2 b 25.16 -, buchholz 232.1 § 50 blv nr. 4 = juris rn. 7, und urteil vom 24. november 2005 - 2 c 34.04 -, bverwge 124, 356 = juris rn. 13, und vom 26. juni 1980 - 2 c 13.79 -, buchholz 232 § 8 bbg nr 18 = juris rn. 34. 63richtsätze für regelbeurteilungen werden von der rechtsprechung im grundsatz allerdings nur dann als unbedenklich angesehen, wenn sie sich auf hinreichend große und hinreichend homogene vergleichsgruppen beziehen. 64vgl. etwa bverwg, urteile vom 24. november 2005 - 2 c 34.04 -, a. a. o. rn. 15, vom 13. november 1997 - 2 a 1.97 -, buchholz 232.1 § 40 blv nr 17 = juris rn. 16, und vom 26. juni 1980 a. a. o. rn. 37; beschlüsse vom 25. oktober 2011 - 1 wb 51.10 -, bverwge 141, 113 = juris rn. 40, und vom 12. august 2014 - 1 wb 38.13 -, juris rn. 25 ff. 65eine hinreichende gruppengröße ist notwendig, damit genügend personen vorhanden sind, in denen die unterschiedlichen leistungs- und eignungsstufen repräsentiert sein können. die homogenität der gruppe ist erforderlich, damit die entscheidenden beurteilungskriterien bei den einzelnen beamten miteinander sachgerecht verglichen und in eine bestimmte nach dem prinzip der bestenauslese ausgerichtete rangfolge gebracht werden können. die bezugsgruppe muss daher in dem sinne homogen zusammengesetzt sein, dass für alle gruppenmitglieder im wesentlichen dieselben anforderungen an eignung, befähigung und fachliche leistung gelten. 66vgl. bverwg, urteile vom 25. oktober 2010 ‑ 1 wb 51.10 -, a. a. o. rn. 40 m. w. n., und vom 24. november 2005 - 2 c 34.04 -, a. a. o. rn. 15. 67ausgehend davon ist hinsichtlich der auch vom gleichheitssatz geforderten vergleichbarkeit der gruppenmitglieder grundsätzlich auf die gruppe der beamten desselben statusamtes abzustellen. 68vgl. bverwg, urteile vom 17. september 2020 ‑ 2 c 2.20 -, a. a. o. rn. 43, und vom 2. märz 2017 - 2 c 21.16 -, a. a. o. rn. 43, das zusätzlich das immanente merkmal derselben laufbahn hervorhebt; dem folgend: vg stuttgart, beschluss vom 7. dezember 2017 - 9 k 12038/17 -, juris rn. 28. 69dieses ist bezugspunkt der dienstlichen beurteilung und definiert sich anhand der zugehörigkeit zu einer laufbahn und laufbahngruppe, der dem beamten verliehenen amtsbezeichnung und des endgrundgehalts der besoldungsgruppe. 70vgl. bverwg, urteil vom 9. mai 2019 - 2 c 1.18 -, a. a. o. rn. 32 und 55. 71ausgehend von der damit verbundenen identischen vor- und ausbildung sind nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich (nur) beamte derselben laufbahn vergleichbar. beamte aus unterschiedlichen laufbahnen dürfen danach dem grunde nach nicht in einer vergleichsgruppe zusammengefasst werden, weil ausreichend identische leistungsanforderungen nur für beamte derselben laufbahn gegeben sind. dies stellt den grundlegenden inhalt des laufbahnprinzips dar, das als hergebrachter grundsatz des berufsbeamtentums im sinne von art. 33 abs. 5 gg anerkannt ist. 72vgl. bverwg, urteil vom 2. märz 2017 - 2 c 21.16 -, a. a. o. rn. 42 ff. m. w. n; ovg saarland, beschluss vom 20. dezember 2017 - 1 a 533/16 -, nvwz-rr 2018, 624 = juris rn. 49 am ende. 73nur in ausnahmefällen ist in der rechtsprechung auch eine vergleichsgruppenbildung aus beamten derselben funktionsebene als zulässig angesehen worden. bei der auf diese weise gebildeten vergleichsgruppe ist kriterium für die zulässige gruppenzugehörigkeit indes das innehaben eines dienstpostens mit weitgehend denselben anforderungen; die ähnlichkeit der verrichteten aufgaben ist der tragende grund für die vergleichbarkeit. 74vgl. bverwg, urteile vom 12. august 2014 ‑ 1 wb 38.13 -, a. a. o. rn. 33, und vom 24. november 2005 - 2 c 34.04 -, a. a. o. rn. 16 f.; ovg nrw, urteil vom 20. november 2002 - 6 a 5645/00 -, död 2003, 139 = juris rn. 2 ff.; kritisch hierzu bodanowitz in: schnellenbach/bodanowitz, die dienstliche beurteilung der beamten und der richter, 70. aktualisierung 4/2021, cc) probleme der vergleichsgruppenbildung rn. 414 ff.; lorse, die dienstliche beurteilung, 7. auflage 2020, a. die dienstliche beurteilung der beamten, beurteilungsmaßstab, rn. 117. 75(2.) gemessen daran stellt sich die hier in streit stehende vergleichsgruppe, in der polizeivollzugs- und verwaltungsbeamte zusammengefasst sind, nicht als hinreichend homogen dar. polizeivollzugs- und verwaltungsbeamte gehören weder der gleichen laufbahn an noch sind andere gründe gegeben, die einen sachgerechten vergleich der gruppenmitglieder ausnahmsweise auch unter beachtung der unterschiedlichen laufbahnen ermöglichen. 76die aufgaben eines polizeivollzugs- und eines verwaltungsbeamten unterscheiden sich nämlich wesentlich, was sich bereits in der unterschiedlichen ausbildung niederschlägt. 77vgl. insoweit auch bverwg, urteil vom 9. mai 2019 - 2 c 1.18 -, a. a. o. rn. 55. 78aus den inhalten der einschlägigen ausbildungspläne, die sich an den unterschiedlichen aufgaben der beamten in den jeweiligen fachrichtungen orientieren, ergeben sich deutliche unterschiede zwischen den laufbahnen. der vergleich der ausbildungsinhalte des bachelorstudiengangs polizeivollzugsdienst und der studiengänge im fachbereich allgemeine verwaltung / rentenversicherung, derzeit fünf studiengänge (staatlicher verwaltungsdienst – allgemeine verwaltung, kommunaler verwaltungsdienst – allgemeine verwaltung, kommunaler verwaltungsdienst – verwaltungsbetriebswirtschaftslehre, rentenversicherung, verwaltungsinformatik) verdeutlicht, dass es nahezu keine inhaltlichen übereinstimmungen gibt. es versteht sich daher von selbst, dass verwaltungsbeamte - mangels der entsprechenden ausbildung - aufgaben des polizeivollzugsdienstes nicht wahrnehmen können. umgekehrt müssen polizeivollzugsbeamte bei dem wechsel in ein amt einer anderen laufbahn die erforderlichen ergänzenden kenntnisse und fähigkeiten erwerben, vgl. § 115 abs. 3 lbg nrw. 79derartige unterschiede bestehen innerhalb der gruppe der polizeivollzugsbeamten nicht, so dass ein sachgerechter vergleich der gruppenmitglieder möglich ist. dem steht nicht entgegen, dass sie innerhalb des polizeidienstes unterschiedliche aufgaben wahrnehmen. 80(a.) sofern das beklagte land die vergleichsgruppenbildung damit begründet hat, nur so könnte die in ziffer 8.2.1 brl q. vorgesehene vergleichsgruppengröße von 30 personen erreicht werden, stellt dies im hinblick auf den dargestellten zweck der vergleichsgruppenbildung eine sachfremde erwägung dar. der vortrag läuft auf das argument hinaus, eine vergleichsgruppe müsse gebildet werden, um eine vergleichsgruppe bilden zu können. die vergleichsgruppenbildung ist jedoch kein selbstzweck, sondern dient - wie dargestellt - lediglich dazu, die anwendung von richtsätzen zu ermöglichen; wenn die voraussetzungen für ihre (rechtmäßige) bildung nicht gegeben sind, hat sie zu unterbleiben. ziffer 8.2.2, letzter absatz brl q. sieht in übereinstimmung mit § 8 abs. 2 satz 2 lvo nrw für den fall der unterschreitung der erforderlichen mindestgröße einer vergleichsgruppe vor, dass bei der festlegung der gesamtnote eine differenzierung angestrebt wird, welche sich an den durch die richtsätze vorgegebenen rahmen anlehnt. 81vgl. hierzu auch bverwg, beschluss vom 12. august 2014 - 1 wb 38.13 -, a. a. o. rn. 36; ovg nrw, beschluss vom 10. juni 2010 - 6 a 534/08 -, persv 2011, 198 = juris rn. 4 f. (21 beamte); vg düsseldorf, beschluss vom 2. juli 2010 - 13 l 452/10 -, juris rn. 23 ff.: anlehnung an richtsätze bei 10 personen möglich; urteil vom 11. august 2006 - 13 k 2207/04 -, juris rn. 45: anlehnung an richtsätze bei 5 personen nicht möglich. 82sofern auch das nicht möglich ist, hat sich der dienstherr gleichwohl und auch ohne eine solche orientierung um differenzierte, dem leistungsbild der jeweils zu beurteilenden beamten angemessen rechnung tragende beurteilungen zu bemühen. 83zum erfordernis der hinreichenden differenziertheit bverfg, beschluss vom 29. juli 2003 ‑ 2 bvr 311/03 -, nvwz 2004, 95 = juris rn. 15; bverwg, urteil vom 4. november 2010 - 2 c 16.09 -, bverwge 138, 102 = juris rn. 46. 84(b.) auch die tatsächlich bestehende stellenplankonkurrenz der mitglieder der vergleichsgruppe begründet keine hinreichende vergleichsmöglichkeit. 85ausweislich des vom beklagten land vorgelegten stellenplans des polizeipräsidiums düsseldorf stehen die polizeivollzugs- und die verwaltungsbeamten, wie in ziffer 8.2.1 spiegelstrich 2 brl q. vorausgesetzt, in konkurrenz zueinander. dies beruht - zumindest bezüglich der hier maßgeblichen stellen a 9 bis a 11 - indes nicht darauf, dass ein dienstposten mehreren statusämtern zugeordnet wird, sog. topfwirtschaft im dienstrechtlichen sinne, vgl. § 19 abs. 1 satz 2 lbesg nrw und § 18 abs. 1 satz 2 bbesg. 86zur zulässigkeit der dienstpostenbündelung bei bestehen eines sachlichen grundes s. bverfg, beschluss vom 16. dezember 2015 - 2 bvr 1958/13 -, bverfge 141, 56 = juris rn. 45 ff. 87die konkurrenzsituation ergibt sich vielmehr daraus, dass dem polizeipräsidium beförderungsplanstellen einheitlich für polizeivollzugs- und verwaltungsbeamte zur verfügung gestellt werden und diesbezüglich auf der grundlage der beide gruppen umfassenden beförderungsrangliste ausgehend vom punktequotient die auswahlentscheidung getroffen wird. hingegen erfolgt die gebündelte stellenzuweisung und die daran anknüpfende auswahlentscheidung in dem hier gegebenen fall gerade nicht vor dem - nur pauschal behaupteten - hintergrund, dass für die für eine beförderung in betracht kommenden beamten im wesentlichen dieselben anforderungen an eignung, befähigung und fachliche leistung gelten würden. der grund für die zusammenfassung ist nicht folge einer bestehenden vergleichbarkeit der gruppenmitglieder, sondern die vereinigung in einem stellenplan schafft überhaupt erst die einzige gemeinsamkeit der gruppenmitglieder. dabei konkurrieren die beamten nicht einmal um dieselben dienstposten, sondern lediglich um beförderungswertigkeiten. 88anders wohl die konstellation in dem beschluss des ovg nrw vom 27. november 2014 - 6 b 810/14 -, juris rn. 10. 89aus dem vom beklagten land vorgetragenen umstand, polizeivollzugs- und verwaltungsbeamte stünden in ausnahmefällen hinsichtlich ausgeschriebener stellen in konkurrenz zueinander, ergibt sich schon im hinblick auf den dargestellten ausnahmecharakter, dass hieraus jedenfalls nicht die vergleichbarkeit aller polizeivollzugs- und verwaltungsbeamten abgeleitet werden kann. das beklagte land hat selbst ausgeführt, es habe innerhalb der letzten sechs jahre lediglich sechs ausschreibungen gegeben, bei denen die formalen voraussetzungen sowohl die bewerbung von verwaltungs- wie von polizeivollzugsbeamten zugelassen hätten. hierbei hat es sich um interessenbekundungsverfahren für stellen der gleichstellungsbeauftragen bzw. der unterstützung/stellvertretung des beauftragten für arbeitsschutz gehandelt, die jeweils ein ganz besonderes profil aufweisen und bei deren besetzung weder die ausbildung als verwaltungs- noch als polizeivollzugsbeamter wesentlich ist. das interessenbekundungsverfahren bezüglich der stelle der unterstützung/stellvertretung des beauftragten für arbeitsschutz richtete sich überdies an polizeivollzugsbeamte mit verwendungseinschränkungen, vermutlich also solche beamte, denen zur vermeidung der zurruhesetzung als folge der polizeidienstunfähigkeit gemäß § 115 abs. 1 letzter halbsatz lbg nrw eine funktion übertragen werden sollte, die die besonderen gesundheitlichen anforderungen des polizeivollzugsdienstes nicht mehr uneingeschränkt erfordert. regelmäßig nehmen verwaltungs- bzw. polizeivollzugsbeamte jedoch auch nach dem vortrag des beklagten landes unterschiedliche aufgaben wahr. 90keine andere bewertung folgt schließlich aus dem umstand, dass die beamten jeweils nach denselben kriterien beurteilt werden, vgl. ziffer 2.1 brl q. . die in der dienstlichen beurteilung zu bewertenden sieben merkmale „arbeitsorganisation“, „arbeitseinsatz“, „arbeitsweise“, „leistungsgüte“, „leistungsumfang“, „veränderungskompetenz“ und „soziale kompetenz“ einschließlich der einzubeziehenden unter ziffer 6.1 brl q. aufgeführten kriterien sind zwar allgemein gefasst. die beurteilung hat jedoch die aufgaben des jeweiligen dienstpostens in den blick zu nehmen (vgl. ziffer 5 brl q. ) und die dort gezeigten leistungen am maßstab der statusamts- und damit auch laufbahnbezogenen anforderungen zu bewerten. 91d. ungeachtet der vorstehenden erwägungen erweist sich die streitgegenständliche dienstliche beurteilung auch deshalb als rechtswidrig, weil die abweichungen der erstbeurteilung bzw. des beurteilungsvorschlags vom beurteilungsbeitrag nicht nachvollziehbar begründet sind. 92aa. die brl q. sehen folgenden ablauf für das beurteilungsverfahren vor: der erstbeurteiler erstellt auf der grundlage seiner im beurteilungszeitraum gewonnen erfahrungen und unter einbeziehung der erkenntnisse aus dem beurteilungsgespräch unabhängig und weisungsfrei (ziffer 9.1.1 abs. 3 satz 1 brl q. ) den beurteilungsvorschlag (so die überschrift zu ziffer 9.1 brl q. ) resp. die erstbeurteilung (so die überschrift zu ziffer 9.1.1 brl q. ). es ist möglich, dass der erstellung des beurteilungsvorschlags eine sogenannte maßstabsbesprechung vorausgeht, die aber nur dazu dienen darf, die anwendung gleicher beurteilungsmaßstäbe zu gewährleisten (ziffer 9.1.1 abs. 4 satz 2 brl q. ). zudem ist der erstbeurteilervorschlag vor der vorlage beim endbeurteiler von den weiteren vorgesetzten des beamten zu erörtern, die dabei auch zu berücksichtigen haben, inwieweit der zu beurteilende im vergleich zu anderen ihnen unterstehenden beamten der vergleichsgruppe den anforderungen entsprochen hat (ziffer 9.1.1 abs. 5 sätze 2 und 3 brl q. ). es ist sodann nach ziffer 9.2 brl q. aufgabe des schlusszeichnenden, unter berücksichtigung der festgelegten richtsätze die anwendung gleicher beurteilungsmaßstäbe sicherzustellen. soweit er dabei zu einer anderen bewertung gelangt als der erstbeurteiler, kann der schlusszeichnende die beurteilung ändern. stimmen erst- und endbeurteilung bei der bewertung der merkmale und des gesamturteils nicht überein, so hat der der schlusszeichnende die abweichende beurteilung zu begründen (ziffer 9.2 abs. 3 brl q. ). hierfür genügt regelmäßig der hinweis auf den quervergleich, der auch nicht weiter erläutert werden muss. 93vgl. bverwg, urteil vom 17. september 2020 ‑ 2 c 2.20 -, a. a. o. rn. 40; ovg nrw, beschluss vom 9. april 2021 - 6 b 2032/20 -, juris rn. 9. 94in bezug auf beurteilungsbeiträge gilt folgendes: der erstbeurteiler hat nach ziffer 9.1.1 abs. 2 satz 3 brl q. vorliegende beurteilungsbeiträge zu berücksichtigen. beurteilungsbeiträge sollen die zeiträume und tätigkeiten erfassen, die bei einer zukünftigen beurteilung berücksichtigt werden müssen und von den dann verantwortlichen erstbeurteilerinnen oder erstbeurteilern bei der erstellung der beurteilungen aus eigener anschauung nicht bewertet werden können (ziffer 3.5.1 abs. 1 satz 2 brl q. ). sie sind ebenso wie eigene beobachtungen des beurteilers unverzichtbare grundlage der beurteilung. inhaltlich müssen beurteilungsbeiträge die informationen enthalten, die es dem beurteiler erlauben, diejenigen in der beurteilung zu bewertenden elemente der eignung, befähigung und leistung zutreffend zu erfassen, über die er keine oder keine hinreichende aus eigener anschauung gewonnenen erkenntnisse besitzt. 95bverwg, urteil vom 17. märz 2016 - 2 a 4.15 -, juris rn. 29 m. w. n. 96einen erheblichen teil des beurteilungszeitraums erfassende beurteilungsbeiträge müssen grundsätzlich mit einem dem entsprechenden gewicht in die beurteilung einfließen. dies schließt es nicht aus, dass der beurteiler sich weitere erkenntnisse über den beurteilten für den zeitraum verschafft, der durch den beurteilungsbeitrag erfasst wird, dass er die tatsächliche entwicklung - insbesondere bestimmte vorkommnisse - außerhalb dieses zeitraums besonders gewichtet, oder dass er zu einer abweichenden bewertung gelangt. insoweit ist der beurteiler an die feststellungen und bewertungen dritter nicht in der weise gebunden, dass er sie in seine beurteilung "fortschreibend" übernehmen müsste. das gilt auch dann, wenn der beurteilungsbeitrag - wie hier - einen großen teil des beurteilungszeitraums abdeckt. denn im system der regelbeurteilung können sich bewertungsunterschiede zwischen einem beurteilungsbeitrag und der beurteilung selbst etwa daraus ergeben, dass der beurteilungsbeitrag außerhalb eines die gesamte vergleichsgruppe erfassenden beurteilungsverfahrens erstellt wird und somit - im gegensatz zu der beurteilung - nicht auf einem quervergleich mit den übrigen zur organisationseinheit gehörenden beamten desselben statusamtes beruht. 97vgl. bverwg, beschluss vom 3. januar 2014 ‑ 1 wnb 4.13 -, juris rn. 8, m. w. n.; ovg nrw, beschlüsse vom 1. februar 2018 - 6 b 1355/17 -, nwvbl 2018, 287 = juris rn. 20 und vom 19. september 2016 - 6 a 2388/14 -, juris rn. 6 ff., jeweils m. w. n. 98die vom erstbeurteiler in ausübung seines beurteilungsspielraums vorgenommenen abweichungen von tatsachen oder wertungen des beurteilungsbeitrags sind aber - gegebenenfalls im nachhinein, noch bis in das verwaltungsgerichtliche verfahren hinein - zu erläutern und dadurch plausibel zu machen. nur so wird sichergestellt, dass werturteile gerichtlich nachprüfbar auf einer tragfähigen tatsachengrundlage beruhen und sich an den von art. 33 abs. 2 gg vorgegebenen kriterien orientieren. 99vgl. bverwg, urteile vom 1. märz 2018 - 2 a 10.17 -, bverwge 161, 240 = juris rn. 33, und vom 27. november 2014 - 2 a 10.13 -, a. a. o. rn. 24, m. w. n.; ovg nrw, beschlüsse vom 29. märz 2020 - 6 b 45/20 -, juris rn. 5 ff. und vom 1. februar 2018 - 6 b 1355/17 -, a. a. o. rn. 22. 100bb. mit diesen vorgaben ist die streitgegenständliche verfahrensweise nicht vereinbar. die erstbeurteilung bzw. den beurteilungsvorschlag erstellte khk c. , der die leistungen und befähigung der klägerin in den einzelmerkmalen zweimal mit vier und fünfmal mit drei punkten bewertete. der verfasser des beurteilungsbeitrags für den zeitraum 1. juni 2014 bis zum 30. april 2016, ekhk u. , hatte hingegen für die einzelmerkmale fünfmal vier und zweimal drei punkte vergeben. die erstbeurteilung bzw. der beurteilungsvorschlag ist mithin in drei merkmalen - arbeitsorganisation, arbeitseinsatz und leistungsumfang - um jeweils einen punkt schlechter ausgefallen als der beitrag. die demnach vorliegende abweichung des erstbeurteilers vom beurteilungsbeitrag ist nicht nachvollziehbar begründet. 101(1.) abgesehen davon, dass das beklagte land dies nicht vorgetragen hat, lässt sich die gegenüber dem beurteilungsbeitrag schlechtere bewertung nicht bereits damit begründen, dass der beurteiler den beitrag für den dabei erfassten zeitraum als zutreffend zugrunde gelegt hat, aber bei divergierenden bewertungen seine eigene bewertung als maßgeblich festgesetzt hat, weil der von ihm zu beurteilende zeitraum gegenüber dem vom beitrag erfassten zeitraum überwiegt. denn so liegt es nicht. der beurteilungsbeitrag des ekhk u. vom 2. mai 2016 bezieht sich vielmehr auf den zeitraum vom 1. juni 2014 bis zum 30. april 2016, also auf 1 jahr und 11 monate und mithin den überwiegenden teils des dreijährigen beurteilungszeitraums. 102(2.) besteht der beurteilungsbeitrag - wie hier - wie die beurteilung selbst ausschließlich bzw. nahezu ausschließlich aus in zahlenwerten vorgenommene bewertungen, wird eine nachvollziehbare begründung der abweichung der beurteilung von einem den überwiegenden beurteilungszeitraum erfassenden beitrag regelmäßig voraussetzen, dass sich der beurteiler mit dem beitragsverfasser (oder einer anderen person, die die leistungen des zu beurteilenden im betroffenen zeitraum kennt) darüber austauscht, auf welcher grundlage es zu den bewertungen gekommen ist. dies allein würde den erstbeurteiler bei der hier vorgesehenen gestaltung des beitrags, der sich im wesentlichen in reinen bewertungen erschöpft, in die lage versetzen zu beurteilen, ob die wertungen nach seiner (maßgeblichen) auffassung zu günstig ausgefallen sind. es ist nicht ersichtlich, dass dies hier geschehen ist. eine stellungnahme des erstbeurteilers, khk c. , aus der sich etwa ergäbe, dass dieser sich mit dem beurteilungsverfasser, ekhk u. , über das leistungsbild der klägerin im vom beitrag erfassten zeitraum ausgetauscht oder auf sonstige weise genügende erkenntnisse darüber gewonnen hätte, ist schon nicht eingeholt worden und liegt demgemäß nicht vor. dementsprechend ist auch nicht erkennbar, dass eine angenommene maßstabsverfehlung grund der abweichungen ist. 103(3.) der pauschale hinweis des beklagten landes, dass der erstbeurteiler nach ziffer 9.1.1 brl q. unabhängig und nicht an weisungen gebunden sei und nach eigenen kenntnissen und erfahrungen zu beurteilen habe, genügt nach dem vorstehenden zur begründung der abweichung nicht. die stellungnahme des damaligen leiters der kriminalinspektion 1, kd l. , zum beurteilungsbeitrag, die beurteilung (gemeint wohl: der beitrag) sei ohne betrachtung der gesamten vergleichsgruppe erstellt worden; bei betrachtung der gesamten vergleichsgruppe erscheine eine punktzahl von 26 punkten zu hoch gegriffen und eine punktzahl von 24 angemessen, hilft schon deshalb nicht weiter, weil nicht deutlich wird, in bezug auf welche einzelmerkmale die bewertung zu günstig ausgefallen sein soll. ähnliches gilt für den dem beitrag beigefügten, offenbar formularmäßig vorgefertigten hinweis des behördenleiters, dieser sei ohne betrachtung der gesamten vergleichsgruppe erstellt worden und die ergebnisse der regelbeurteilung könnten daher von den ergebnissen des beurteilungsbeitrags abweichen. dieser hinweis gibt nichts dafür her, dass und vor allem auf welcher grundlage der erstbeurteiler zu der einschätzung gekommen ist, die im beitrag vorgenommenen bewertungen seien in drei einzelmerkmalen zu günstig ausgefallen. 104(4.) die eingereichte stellungnahme des lkd k. vom 10. dezember 2019 kann die stellungnahme des erstbeurteilers nicht ersetzen. ausweislich der überschrift beruht seine stellungnahme nicht auf einem mit dem erstbeurteiler, sondern mit khk l1. geführten telefonat und versucht inhaltlich nur die (weitere) absenkung des einzelmerkmals „soziale kompetenz“ von vier auf drei punkte und somit der gesamtsumme von 23 auf 22 punkte zu erläutern. mit dem beurteilungsbeitrag an sich setzt die stellungnahme sich nicht auseinander. abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass sich die angaben des khk l1. , der seinerzeit nicht erstbeurteiler war, überhaupt auf den streitbefangenen beurteilungszeitraum beziehen. die vertreter des beklagten landes haben in der mündlichen verhandlung nicht angeben können, worauf die kenntnisse des khk l1. beruhen. 105e. vor diesem hintergrund kann offen bleiben, ob zudem die begründung der absenkung der bewertung des merkmals „soziale kompetenz“ durch den schlusszeichnenden ausreichend ist. auch wenn grundsätzlich nach der dargestellten rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts für die absenkung der hinweis auf den quervergleich genügt, erscheint die begründung hier mit blick auf den bereits hinsichtlich des beurteilungsbeitrags durchgeführten quervergleich und insbesondere auf die im widerspruch zur abgesenkten bewertung stehende besondere hervorhebung der sozialen kompetenz der klägerin im ausformulierten teil unter iii. 1. rechtlichen zweifeln ausgesetzt. 106f. auch auf die weiteren einwände der klägerin - so denjenigen, ihre vollzeitbeschäftigung ab dem 1. januar 2017 sei unter i. ihrer beurteilung nicht dargestellt ‑, kommt es nicht mehr an. 107ii. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ist nach § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11, § 711 zpo erfolgt. 108die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen der §§ 132 vwgo, 127 brrg nicht vorliegen. |
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Oktober 2019 einen förmlichen Asylantrag. Zuvor hatte sie ausweislich des Eurodac-Ergebnisses bereits am 30. Oktober 2018 in Griechenland einen Asylantrag gestellt. Die Klägerin reiste gemeinsam mit ihrer am 00.00.2005 geborenen Schwester M X nach Deutschland ein. 3Bei ihren Anhörungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17. Oktober 2019 sowie am 4. November 2019 machte die Klägerin im Wesentlichen folgende Angaben: Sie habe ihr Heimatland ca. 2018 verlassen und sei über die Türkei, Griechenland und Italien am 13. Oktober 2019 nach Deutschland eingereist. In Griechenland habe sie sich ca. ein Jahr aufgehalten. Ihr Reisepass sei ihr in der Türkei gestohlen worden. Bis zur Ausreise habe sie sich in Mogadischu, Stadtteil B aufgehalten. Ihr Vater sei verstorben, der Aufenthaltsort ihrer Mutter sei unbekannt. Sie seien 2013 aus Saudi-Arabien abgeschoben worden, wo sie mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern gelebt habe. Seitdem habe sie sich in Mogadischu aufgehalten. Sie habe noch fünf leibliche Geschwister. Ihre Mutter sowie ihre Schwestern hätten im Bereich Reinigung gearbeitet, das sei für den Lebensunterhalt nicht ausreichend gewesen. Nebenbei hätten sie auch die Schule besucht. Wegen des Onkels väterlicherseits, der aus der Stadt Merka komme, hätten ihre Schwester und sie Somalia verlassen. Die Ausreise habe die Mutter arrangiert, sie wisse nicht, wie sie das hinbekommen habe. Es sei alles sehr schnell gegangen, eine langzeitige Planung habe es nicht gegeben. Ein Schlepper sei mit ihnen in die Türkei gereist. Ihre Schwester, die mit ihr hier sei, sei krank und habe in Saudi-Arabien eine Herzoperation gehabt. Die Söhne ihres Onkels hätten ihre Mutter getroffen und gefragt, wer der Vater ihrer Kinder sei. Zwei, drei Tage später sei ihr Onkel zu ihnen nach Mogadischu gekommen und habe sie und ihre Schwester mit anderen Männern verheiraten wollen. Ihre Mutter habe das nicht gewollt und nach dem zweiten Besuch des Onkels endgültig nein gesagt. Er sei dann am nächsten Tag gekommen und habe sie und ihre Schwester gekidnappt. Er habe sie zum Haus seiner Söhne gebracht. Er habe sie auch geschlagen. Eine Woche lang seien sie dort unter Hausarrest gewesen. Dann seien sie und ihre Schwester geflohen und mit dem Bus zur Freundin ihrer Mutter gegangen, die die Mutter informiert habe. Die Männer, die sie heiraten sollten, hätten ihre Mutter angerufen und gefragt, wo sie sich befänden. Sie hätten gedroht, dass ihnen etwas zustoße, wenn ihre Mutter nicht verraten würde, wo sie seien. Sie seien dann ein paar Tage bei der Freundin ihre Mutter gewesen und dann mit dem Schlepper in die Türkei geflogen. Bevor der Onkel Kontakt mit ihrer Familie aufgenommen habe, hätten sie nicht einmal gewusst, dass sie einen Onkel hatten. Die Söhne seien nach Mogadischu gezogen und der Onkel lebe in Merka. Er und seine Söhne hätten sie gekidnappt und in ein Auto gezerrt. Sie seien in einem Zimmer eingeschlossen worden. Der Onkel habe sie geohrfeigt und mit einem Gürtel geschlagen, als sie ihm gesagt hätten, sie wollten nicht verheiratet werden. Ihnen sei die Flucht gelungen, als die Tür offenstand. Sie seien ein paar Tage bei der Freundin der Mutter geblieben. Dann seien sie mit dem Schlepper zum Flughafen Mogadischu gegangen. Er habe somalische Pässe gehabt und alles vorbereitet. Mit dem Flugzeug seien sie dann in die Türkei geflogen. Dort hätten sie sich mit der Verwandten der Freundin ihrer Mutter in Verbindung gesetzt, die sie in Istanbul abgeholt habe. Sie seien nach Sparta gefahren. Sie habe dort gearbeitet. Ihre Schwester sei sehr krank geworden. Über die Mutter hätten sie sich mit dem Schlepper in Verbindung gesetzt. Dieser habe gesagt, sie sollten nach Griechenland weiterreisen und dort zu einem Mann Kontakt aufnehmen, den er kannte. Von Sparta aus seien sie nach Izmir. Von dort hätten sie ein Boot genommen. Sie vermute, dass ihr Onkel zur al-Shabaab gehöre, weil er aus Merka komme. 4Mit Bescheid vom 12. Dezember 2019, ausgehändigt am 20. Dezember 2019, lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Asylanerkennung (Ziffer 2) sowie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) und des subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (Ziffer 4). Ferner drohte es die Abschiebung der Klägerin nach Somalia an (Ziffer 5) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). 5Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 29. Dezember 2019 Klage erhoben, mit der sie ihr Vorbringen vertieft. 6Sie beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Dezember 2019 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz zuzuerkennen, 8hilfsweise, 9ihr subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz zuzuerkennen, 10weiter hilfsweise, 11festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz vorliegen. 12Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung. 15Für die am 11. November 2005 geborenen Schwester M stellte die Klägerin, die seit dem 25. November 2019 die Vormundschaft für ihre Schwester innehatte, am 6. Februar 2020 einen Asylantrag. Seit Oktober 2020 ist das Jugendamt der Stadt R Vormund von M. Die Schwester der Klägerin wurde am 5. Juli 2021 durch das Bundesamt angehört. Nach dem Eurodac-Ergebnis hatte M ebenfalls am 30. Oktober 2018 in Griechenland einen Asylantrag gestellt. Ausweislich eines ärztlichen Berichts vom 12. Mai 2021 leidet die Schwester der Klägerin unter anderem an einer hochgradigen Mitralklappeninsuffizienz. Aus dem Bericht des Evangelischen Klinikums P vom 3. Juli 2020 ergibt sich, dass M im Alter von acht Jahren in Saudi-Arabien am Herz operiert worden war. Am 24. Juni 2020 wurde sie im Evangelischen Klinikum P operiert und eine Mitralklappenrekonstruktion durchgeführt. Mit Bescheid vom 27. September 2021 wurde der Schwester der Klägerin der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt und der Asylantrag im Übrigen abgelehnt. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes sowie der Ausländerbehörde und auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang betreffend die Schwester der Klägerin Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung konnte das Gericht entscheiden, da die Beklagte mit der ordnungsgemäßen Ladung zum Termin auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). 19Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Soweit das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt hat, ist der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 12. Dezember 2019 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Die Klägerin hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG), keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Im Übrigen ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß §§ 4 Abs. 1, 26 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 AsylG. 20Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft liegen nicht vor. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2a AsylG) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2b AsylG). 21Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung begründet ist, gilt der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die relevanten Rechtsgutverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2d RL 2011/95/EU (EU-Qualifikations-RL) abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung von Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. 22Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, BVerwGE 146, S. 67, Rn. 32. 23Es ist Sache des Schutzsuchenden, die Gründe für seine Furcht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm in seinem Heimatstaat Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. 24Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 1989 – 9 B 405.89 –, juris Rn. 8; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, juris Rn. 33. 25Das Asylanerkennungsverfahren bildet eine Einheit, so dass ein gegenüber den Angaben vor der Verwaltungsbehörde völlig neuer Sachvortrag im gerichtlichen Verfahren regelmäßig Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens wecken wird. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1985 – 9 C 27.85 –, juris Rn. 17. 27Nach diesen Grundsätzen ist der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. Der Klägerin droht bei einer Rückkehr in ihr Heimatland keine Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Ihr Vortrag ist unglaubhaft. 28Das ergibt sich bereits aus einem Vergleich der Angaben der beiden Schwestern beim Bundesamt, die sich nicht miteinander in Einklang bringen lassen. Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin ergeben sich ferner daraus, dass sie, konfrontiert mit den Aussagen ihrer Schwester, den fluchtauslösenden Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung im Kernpunkt anders schildert. Zusammen mit weiteren Ungereimtheiten des Vortrags lässt dies nur den Schluss zu, dass die Klägerin nicht wie behauptet aus Furcht vor einer vom Onkel forcierten Zwangsverheiratung aus Somalia geflohen ist. 29Nach den Angaben der Schwester M der Klägerin beim Bundesamt war Grund für ihre Flucht, dass sie von dem Nachbarn, der auf sie aufgepasst hatte, während ihre Geschwister in der Schule bzw. die Mutter und die älteren Schwestern bei der Arbeit waren, vergewaltigt worden war. Zur Rede gestellt, verbreitete der Nachbar in der Umgebung, dass M und ihre Mutter seinen Ruf zerstören wollten. Die Nachbarn hätten sie als Schande angesehen und als Lügner bezeichnet. Um den beschädigten Ruf der Familie wiederherzustellen, habe M auf Geheiß des Onkels heiraten sollen. Im Vortrag der Klägerin beim Bundesamt findet sich hierzu kein Wort. Die Klägerin erwähnt nicht einmal, dass ihre jüngere Schwester tagsüber beim Nachbarn untergebracht war. Sie gibt im Gegenteil an, auch ihre jüngere Schwester habe gearbeitet. Während nach dem Vortrag von M die Mutter nach deren Missbrauch die Initiative ergriff und versuchte, Verwandte des verstorbenen Vaters zu finden, sind die Söhne des Onkels nach Angaben der Klägerin eines Tages einfach bei ihnen aufgetaucht. Den voneinander abweichenden Vortrag der Schwestern hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf den entsprechenden Vorhalt hin damit erklärt, dass sie ihrer Schwester gegenüber habe schwören müssen, dass sie nichts zur Vergewaltigung sage. Dies mag zwar durchaus plausibel sein, erklärte jedoch nicht die weiteren Widersprüche. 30Das betrifft in erster Linie den Ort der angeblichen Entführung. M hatte beim Bundesamt angegeben, der Onkel habe sie und ihre Schwester mit Gewalt nach Merka (auch Marka, Merca oder Marca geschrieben) mitgenommen, wo er gewohnt habe. Die Klägerin sagte hingegen, der Onkel habe sie zum Haus seiner Söhne gebracht. Die Söhne seien von Merka nach Mogadischu gezogen, der Onkel lebe in der Stadt Merka. Sie sei noch nie dort gewesen, deswegen könne sie nicht sagen, wie weit diese Stadt von ihrem Wohnort in Mogadischu entfernt sei. Das Haus der Cousins sei in dem Stadtteil, in dem das Vieh verkauft werde. Auf diesen Widerspruch angesprochen, modifizierte die Klägerin ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass sie erstmal in die Wohnung nach Mogadischu gebracht worden seien, die Zwangsverheiratung habe in Merka stattfinden sollen. Das Merka, das ihre Schwester meine, sei auch ein Stadtteil von Mogadischu. Schon das Anpassen ihres Vortrags auf entsprechenden Vorhalt spricht gegen die Glaubhaftigkeit der Schilderung der Klägerin. Ungeachtet dessen überzeugt der Erklärungsversuch auch nicht. Die Klägerin hat beim Bundesamt durchgehend, mehrfach und eindeutig unterschieden zwischen dem Haus der Söhne in Mogadischu und dem Haus des Onkels in der Stadt Merka. Sie seien zum Haus der Söhne gebracht worden. Von einem Stadtteil Mogadischus mit diesem Namen war nie die Rede. Sie hat ferner gesagt, dass der Onkel in Merka lebe. Das deckt sich mit der Angabe der Schwester beim Bundesamt, wonach der Onkel sie mit Gewalt nach Merka mitgenommen habe, „wo er wohne“. Selbst wenn es einen Stadtteil von Mogadischu geben sollte, der Merka-Almukarama heißt – eine Internetrecherche führte lediglich auf eine Straße namens Maka Al-Mukarama -, wohnt der Onkel dort nicht. Er wohnt nach den übereinstimmenden Angaben der Schwestern in der Stadt Merka und dort sind sie M zufolge hingebracht worden. Es spricht für sich, dass auch die Schwester der Klägerin – nach einer Unterbrechung der Sitzung - ihre diesbezüglichen Angaben vor Gericht revidiert und der neuen Aussage der Klägerin, sie seien zunächst in die Wohnung des Onkels in Mogadischu gebracht worden, angepasst hat. 31Hinzu kommen weitere Differenzen im Vortrag der Schwestern. Während die Klägerin behauptet, der Onkel habe sie während des Hausarrestes geohrfeigt und mit einem Gürtel geschlagen, erwähnt ihre Schwester nichts dergleichen. Nach Angaben der Klägerin hätten die Söhne sie an den Armen gepackt und ins Auto gezerrt, während M erklärt, der Onkel habe sie und ihre Schwester mit Gewalt mitgenommen. 32Dem Gericht erschließt sich ferner nicht, wie in einer Familie, die nach der Abschiebung aus Saudi-Arabien praktisch bei Null anfangen musste und in der der Lebensunterhalt nicht ausreichend war, die Mutter alleine in der Lage gewesen sein soll, innerhalb weniger Tage die finanziellen Mittel für einen Schlepper, Ausweise und Flüge für zwei Personen aufzubringen. Zudem wurde die Ausreise der Schwestern ersichtlich aus der Ferne von der Mutter weiter begleitet, denn sie war über die Verwandte der Freundin in der Türkei von der Krankheit der Schwester informiert und hat erneut den Schlepper kontaktiert; dies dürfte wieder Geld gekostet haben. Aus der beigezogenen Ausländerakte ergibt sich darüber hinaus, dass gefälschte Papiere für die Klägerin von Griechenland nach Italien geschickt worden waren, das heißt, auch dort wird für die Klägerin und ihre Schwester ein Schlepper aktiv geworden sein. Mangels sonstiger Alternativen liegt es nahe, dass in Wahrheit der Onkel, der laut M reich ist, die Ausreise der Schwestern finanziert hat. Das Problem mit dem Nachbarn, das wegen der Beschädigung des Rufs der Familie auch sein Problem war, konnte auf diese Weise gelöst werden. Hinzu kommt, dass die Schwester der Klägerin dringend eine erneute Operation wegen ihres Herzfehlers benötigte. Sie wurde bereits unmittelbar nach der Einreise stationär aufgenommen. Es ist vor diesem Hintergrund sehr wahrscheinlich, dass die Klägerin nur deshalb das Land verlassen hat, um ihre Schwester zu begleiten, weil diese alleine nicht reisefähig gewesen wäre. Selbst wenn in Bezug auf M zur Wiederherstellung des Rufs auch eine Verheiratung im Raum gestanden haben sollte, ist das Gericht davon überzeugt, dass die gewaltsame Entführung beider Schwestern zum Zwecke der Zwangsverheiratung und ihre anschließende Flucht frei erfunden ist. 33Hat die Klägerin nach alledem nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, aus begründeter Furcht vor Verfolgung aus Somalia ausgereist zu sein, besteht auch für den Fall seiner Rückkehr dorthin nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung. 34Der Klägerin steht jedoch ein abgeleiteter Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes nach §§ 4 Abs. 1, 26 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 AsylG zu. Danach werden die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn 1. die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist, 2. die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, 3. sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben, 4. die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und 5. sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben. Gemäß § 26 Abs. 5 AsylG sind die Absätze 1 bis 4 auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. 35Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei der Schwester M der Klägerin handelt es sich um eine minderjährige, ledige international Schutzberechtigte. Die Klägerin ist ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j, dritter Spiegelstrich der Richtlinie 2011/95/EU (EU-Anerkennungsrichtlinie). Danach sind „Familienangehörige“ unter anderem die folgenden Mitglieder der Familie der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die sich im Zusammenhang mit dem Antrag auf internationalen Schutz in demselben Mitgliedstaat aufhalten, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat: Ein anderer Erwachsener, der nach dem Recht oder der Praxis des betreffenden Mitgliedstaats für die Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, verantwortlich ist, wenn diese Person minderjährig und nicht verheiratet ist. 36An dem Geschwisterverhältnis und mithin am Bestehen der Familie im Herkunftsland besteht kein Zweifel. Sie haben nach ihren übereinstimmenden Angaben zusammen mit ihrer Mutter und den weiteren Geschwistern in Mogadischu gelebt. Die Klägerin ist gemeinsam mit M zum Zwecke der Asylantragstellung nach Deutschland gereist und hält sich demzufolge im Zusammenhang mit ihrem Asylantrag dort zusammen mit ihrer Schwester aus. Die Klägerin hat schon während der Ausreise die Verantwortung für ihre minderjährige Schwester übernommen und ist nach der maßgeblichen Praxis in Deutschland auch hier für sie verantwortlich. Sie war etwa ein Jahr Vormund ihrer Schwester und hat für M den Asylantrag gestellt. Die Schwestern wohnen zusammen in einer eigenen Wohnung. Das Jugendamt hat zwar die Vormundschaft über M inne, wird aber keine oder nur eine geringe tatsächliche Betreuung in alltäglichen Dingen übernehmen. Dies ist Aufgabe der Klägerin. Ihre Schwester ist auf die Anwesenheit der Klägerin in ihrer unmittelbaren Nähe angewiesen. Aus der Ausländerakte ergibt sich, dass die Klägerin über die gemeinsame Lebensführung hinaus ihrer Schwester auch Beistand in behördlichen Angelegenheiten leistet. So kümmert sich die Klägerin etwa um die Verlängerung der Ausweisdokumente ihrer Schwester und wird von der Ausländerbehörde zu diesen Zwecken auch in Anspruch genommen. Ferner wird ihr Hilfe zur Erziehung (sogenanntes Pflegegeld) für M gewährt. 37Die Zuerkennung subsidiären Schutzes zugunsten von M mit Bescheid vom 27. September 2021 ist unanfechtbar (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylG). Ferner liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutzstatus zu widerrufen oder zurückzunehmen sein könnte (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AsylG). 38Die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j EU-Anerkennungsrichtlinie hat auch schon in Somalia, wo der Schwester der Klägerin ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht, bestanden (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylG). Der Vortrag der Schwestern ist insofern deckungsgleich und nicht infrage zu stellen. Die Klägerin ist vor der Anerkennung ihrer Schwester eingereist (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylG). 39Schließlich hat die Klägerin, wie von § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AsylG gefordert, auch die Personensorge für M inne. Maßgebend ist hierbei nicht der rechtliche, sondern der tatsächliche Begriff der Personensorge. 40Marx, Asylgesetz, 9. Aufl., § 26 Rn. 37; a.A. wohl Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl., § 26 AsylG Rn. 16. 41Würde die elterliche Sorge im Sinne des § 1626 Abs. 1 BGB, die die Personensorge und die Vermögenssorge umfasst, zur Voraussetzung des Status gemacht, würden die anderen Erwachsenen, die nach nationalem Recht oder Praxis für das Kind „verantwortlich“ sind, ohne aber sämtliche der in § 1626 Abs. 1 BGB geforderten Verantwortlichkeiten ausüben zu können, nicht begünstigt. Die Erweiterung des Familienasyls auf diese Personen in § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylG liefe jedenfalls für diejenigen Bezugspersonen leer, die nicht die Personensorge im rechtlichen Sinne ausüben, wohl aber Verantwortung für das Kind übernommen haben. 42Vgl. Marx, Asylgesetz, 9. Aufl., § 26 Rn. 37. 43Aus den Erwägungsgründen 18, 19 und 38 sowie aus Art. 20 Abs. 5 EU-Anerkennungsrichtlinie ergibt sich, dass bei der Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten das Wohl des Kindes eine vorrangige, besonders zu berücksichtigende Erwägung darstellen muss, bei deren Beurteilung die Mitgliedstaaten unter anderem dem Grundsatz des Familienverbandes sowie dem Wohlergehen und der sozialen Entwicklung des Minderjährigen gebührend Rechnung tragen müssen. 44EuGH, Urteil vom 9. September 2021 – C-768/19 -, juris Rn 38. 45Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylG entsprechend dem Zweck des Minderjährigenschutzes ist daher der im Unionsrecht maßgebliche tatsächliche Begriff der Personensorge im Sinne der „Verantwortung“ für das Kind zugrunde zu legen. 46Marx, Asylgesetz, 9. Aufl., § 26 Rn. 37. 47Dies entspricht dem Grundsatz des Familienverbandes sowie dem Wohlergehen des Kindes, wie der vorliegende Fall der beiden auf sich alleine gestellten Schwestern anschaulich zeigt. 48Eine Verantwortlichkeit der Klägerin in diesem Sinne für ihre Schwester liegt vor. Sie ist Betreuungs- und Erziehungsperson, wie sich nicht zuletzt aus der Tatsache ergibt, dass der Klägerin für ihre Schwester finanzielle Hilfe zur Erziehung gewährt wird. Zwischen beiden besteht eine gemeinsame Lebensführung in Form einer Beistandsgemeinschaft. M ist gerade auch im Hinblick auf ihre weiterhin bestehenden gesundheitlichen Probleme auf die tatsächliche Hilfe der Klägerin angewiesen. 49Aufgrund der Verpflichtung zur Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ist die im angefochtenen Bescheid getroffene weitere Feststellung, das Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht vorliegen, ebenso gegenstandslos wie die Abschiebungsandrohung und die Befristung des gesetzlichen Einreise und Aufenthaltsverbots (Ziffern 4, 5 und 6 des Bescheides). 50Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). 51Rechtsmittelbelehrung: 52Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 53Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 541. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 552. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 563. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 57Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 58Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 59In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 60Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). 61Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. | die beklagte wird unter aufhebung von ziffern 3., 4. , 5. und 6. des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 12. dezember 2019 verpflichtet, der klägerin den subsidiären schutzstatus zuzuerkennen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die klägerin und die beklagte tragen die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die nach eigenen angaben am 00.0.2000 in jeddah/saudi-arabien geborene klägerin ist somalische staatsangehörige und stellte am 17. oktober 2019 einen förmlichen asylantrag. zuvor hatte sie ausweislich des eurodac-ergebnisses bereits am 30. oktober 2018 in griechenland einen asylantrag gestellt. die klägerin reiste gemeinsam mit ihrer am 00.00.2005 geborenen schwester m x nach deutschland ein. 3bei ihren anhörungen durch das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) am 17. oktober 2019 sowie am 4. november 2019 machte die klägerin im wesentlichen folgende angaben: sie habe ihr heimatland ca. 2018 verlassen und sei über die türkei, griechenland und italien am 13. oktober 2019 nach deutschland eingereist. in griechenland habe sie sich ca. ein jahr aufgehalten. ihr reisepass sei ihr in der türkei gestohlen worden. bis zur ausreise habe sie sich in mogadischu, stadtteil b aufgehalten. ihr vater sei verstorben, der aufenthaltsort ihrer mutter sei unbekannt. sie seien 2013 aus saudi-arabien abgeschoben worden, wo sie mit ihrer mutter und ihren geschwistern gelebt habe. seitdem habe sie sich in mogadischu aufgehalten. sie habe noch fünf leibliche geschwister. ihre mutter sowie ihre schwestern hätten im bereich reinigung gearbeitet, das sei für den lebensunterhalt nicht ausreichend gewesen. nebenbei hätten sie auch die schule besucht. wegen des onkels väterlicherseits, der aus der stadt merka komme, hätten ihre schwester und sie somalia verlassen. die ausreise habe die mutter arrangiert, sie wisse nicht, wie sie das hinbekommen habe. es sei alles sehr schnell gegangen, eine langzeitige planung habe es nicht gegeben. ein schlepper sei mit ihnen in die türkei gereist. ihre schwester, die mit ihr hier sei, sei krank und habe in saudi-arabien eine herzoperation gehabt. die söhne ihres onkels hätten ihre mutter getroffen und gefragt, wer der vater ihrer kinder sei. zwei, drei tage später sei ihr onkel zu ihnen nach mogadischu gekommen und habe sie und ihre schwester mit anderen männern verheiraten wollen. ihre mutter habe das nicht gewollt und nach dem zweiten besuch des onkels endgültig nein gesagt. er sei dann am nächsten tag gekommen und habe sie und ihre schwester gekidnappt. er habe sie zum haus seiner söhne gebracht. er habe sie auch geschlagen. eine woche lang seien sie dort unter hausarrest gewesen. dann seien sie und ihre schwester geflohen und mit dem bus zur freundin ihrer mutter gegangen, die die mutter informiert habe. die männer, die sie heiraten sollten, hätten ihre mutter angerufen und gefragt, wo sie sich befänden. sie hätten gedroht, dass ihnen etwas zustoße, wenn ihre mutter nicht verraten würde, wo sie seien. sie seien dann ein paar tage bei der freundin ihre mutter gewesen und dann mit dem schlepper in die türkei geflogen. bevor der onkel kontakt mit ihrer familie aufgenommen habe, hätten sie nicht einmal gewusst, dass sie einen onkel hatten. die söhne seien nach mogadischu gezogen und der onkel lebe in merka. er und seine söhne hätten sie gekidnappt und in ein auto gezerrt. sie seien in einem zimmer eingeschlossen worden. der onkel habe sie geohrfeigt und mit einem gürtel geschlagen, als sie ihm gesagt hätten, sie wollten nicht verheiratet werden. ihnen sei die flucht gelungen, als die tür offenstand. sie seien ein paar tage bei der freundin der mutter geblieben. dann seien sie mit dem schlepper zum flughafen mogadischu gegangen. er habe somalische pässe gehabt und alles vorbereitet. mit dem flugzeug seien sie dann in die türkei geflogen. dort hätten sie sich mit der verwandten der freundin ihrer mutter in verbindung gesetzt, die sie in istanbul abgeholt habe. sie seien nach sparta gefahren. sie habe dort gearbeitet. ihre schwester sei sehr krank geworden. über die mutter hätten sie sich mit dem schlepper in verbindung gesetzt. dieser habe gesagt, sie sollten nach griechenland weiterreisen und dort zu einem mann kontakt aufnehmen, den er kannte. von sparta aus seien sie nach izmir. von dort hätten sie ein boot genommen. sie vermute, dass ihr onkel zur al-shabaab gehöre, weil er aus merka komme. 4mit bescheid vom 12. dezember 2019, ausgehändigt am 20. dezember 2019, lehnte das bundesamt den antrag der klägerin auf asylanerkennung (ziffer 2) sowie die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 1) und des subsidiären schutzstatus (ziffer 3) ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 des aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (ziffer 4). ferner drohte es die abschiebung der klägerin nach somalia an (ziffer 5) und befristete das einreise- und aufenthaltsverbot auf 30 monate ab dem tag der abschiebung (ziffer 6). 5gegen diesen bescheid hat die klägerin am 29. dezember 2019 klage erhoben, mit der sie ihr vorbringen vertieft. 6sie beantragt, 7die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 12. dezember 2019 zu verpflichten, ihr die flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylgesetz zuzuerkennen, 8hilfsweise, 9ihr subsidiären schutz gemäß § 4 abs. 1 asylgesetz zuzuerkennen, 10weiter hilfsweise, 11festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthaltsgesetz vorliegen. 12die beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung bezieht sie sich auf die angefochtene entscheidung. 15für die am 11. november 2005 geborenen schwester m stellte die klägerin, die seit dem 25. november 2019 die vormundschaft für ihre schwester innehatte, am 6. februar 2020 einen asylantrag. seit oktober 2020 ist das jugendamt der stadt r vormund von m. die schwester der klägerin wurde am 5. juli 2021 durch das bundesamt angehört. nach dem eurodac-ergebnis hatte m ebenfalls am 30. oktober 2018 in griechenland einen asylantrag gestellt. ausweislich eines ärztlichen berichts vom 12. mai 2021 leidet die schwester der klägerin unter anderem an einer hochgradigen mitralklappeninsuffizienz. aus dem bericht des evangelischen klinikums p vom 3. juli 2020 ergibt sich, dass m im alter von acht jahren in saudi-arabien am herz operiert worden war. am 24. juni 2020 wurde sie im evangelischen klinikum p operiert und eine mitralklappenrekonstruktion durchgeführt. mit bescheid vom 27. september 2021 wurde der schwester der klägerin der subsidiäre schutzstatus zuerkannt und der asylantrag im übrigen abgelehnt. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte, die beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamtes sowie der ausländerbehörde und auf den beigezogenen verwaltungsvorgang betreffend die schwester der klägerin bezug genommen. 17 | 18trotz ausbleibens eines vertreters der beklagten in der mündlichen verhandlung konnte das gericht entscheiden, da die beklagte mit der ordnungsgemäßen ladung zum termin auf diese rechtsfolge hingewiesen worden ist (§ 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo)). 19die zulässige klage ist teilweise begründet. soweit das bundesamt den antrag der klägerin auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft abgelehnt hat, ist der angefochtene bescheid des bundesamtes vom 12. dezember 2019 rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 s. 1 vwgo. die klägerin hat zum maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung, vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylgesetz (asylg), keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. im übrigen ist der bescheid rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten. sie hat anspruch auf zuerkennung subsidiären schutzes gemäß §§ 4 abs. 1, 26 abs. 3 satz 1, abs. 5 asylg. 20die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft liegen nicht vor. nach § 3 abs. 1 asylg ist ein ausländer flüchtling, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten gruppe außerhalb des landes befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will (§ 3 abs. 1 nr. 2a asylg) oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will (§ 3 abs. 1 nr. 2b asylg). 21für die beurteilung der frage, ob die furcht vor verfolgung begründet ist, gilt der einheitliche maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit. die relevanten rechtsgutverletzungen müssen mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. dieser aus dem tatbestandsmerkmal „aus der begründeten furcht vor verfolgung“ des art. 2d rl 2011/95/eu (eu-qualifikations-rl) abzuleitende maßstab orientiert sich an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr), der bei der prüfung von art. 3 europäische menschenrechtskonvention (emrk) auf die tatsächliche gefahr abstellt („real risk“); dieser maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen wahrscheinlichkeit. 22bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 20. februar 2013 – 10 c 23.12 –, bverwge 146, s. 67, rn. 32. 23es ist sache des schutzsuchenden, die gründe für seine furcht vor verfolgung schlüssig vorzutragen. dazu hat er unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger würdigung ergibt, dass ihm in seinem heimatstaat verfolgung droht. hierzu gehört, dass er zu den in seine sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen erlebnissen, eine schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten anspruch lückenlos zu tragen. unauflösbare widersprüche und erhebliche steigerungen des vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem vortrag im ganzen nicht geglaubt werden kann. 24vgl. bverwg, beschluss vom 26. oktober 1989 – 9 b 405.89 –, juris rn. 8; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 17. august 2010 – 8 a 4063/06.a –, juris rn. 33. 25das asylanerkennungsverfahren bildet eine einheit, so dass ein gegenüber den angaben vor der verwaltungsbehörde völlig neuer sachvortrag im gerichtlichen verfahren regelmäßig zweifel an der richtigkeit dieses vorbringens wecken wird. 26vgl. bverwg, urteil vom 12. november 1985 – 9 c 27.85 –, juris rn. 17. 27nach diesen grundsätzen ist der klägerin die flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. der klägerin droht bei einer rückkehr in ihr heimatland keine verfolgung wegen ihrer rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe. ihr vortrag ist unglaubhaft. 28das ergibt sich bereits aus einem vergleich der angaben der beiden schwestern beim bundesamt, die sich nicht miteinander in einklang bringen lassen. zweifel an der richtigkeit des vorbringens der klägerin ergeben sich ferner daraus, dass sie, konfrontiert mit den aussagen ihrer schwester, den fluchtauslösenden sachverhalt in der mündlichen verhandlung im kernpunkt anders schildert. zusammen mit weiteren ungereimtheiten des vortrags lässt dies nur den schluss zu, dass die klägerin nicht wie behauptet aus furcht vor einer vom onkel forcierten zwangsverheiratung aus somalia geflohen ist. 29nach den angaben der schwester m der klägerin beim bundesamt war grund für ihre flucht, dass sie von dem nachbarn, der auf sie aufgepasst hatte, während ihre geschwister in der schule bzw. die mutter und die älteren schwestern bei der arbeit waren, vergewaltigt worden war. zur rede gestellt, verbreitete der nachbar in der umgebung, dass m und ihre mutter seinen ruf zerstören wollten. die nachbarn hätten sie als schande angesehen und als lügner bezeichnet. um den beschädigten ruf der familie wiederherzustellen, habe m auf geheiß des onkels heiraten sollen. im vortrag der klägerin beim bundesamt findet sich hierzu kein wort. die klägerin erwähnt nicht einmal, dass ihre jüngere schwester tagsüber beim nachbarn untergebracht war. sie gibt im gegenteil an, auch ihre jüngere schwester habe gearbeitet. während nach dem vortrag von m die mutter nach deren missbrauch die initiative ergriff und versuchte, verwandte des verstorbenen vaters zu finden, sind die söhne des onkels nach angaben der klägerin eines tages einfach bei ihnen aufgetaucht. den voneinander abweichenden vortrag der schwestern hat die klägerin in der mündlichen verhandlung auf den entsprechenden vorhalt hin damit erklärt, dass sie ihrer schwester gegenüber habe schwören müssen, dass sie nichts zur vergewaltigung sage. dies mag zwar durchaus plausibel sein, erklärte jedoch nicht die weiteren widersprüche. 30das betrifft in erster linie den ort der angeblichen entführung. m hatte beim bundesamt angegeben, der onkel habe sie und ihre schwester mit gewalt nach merka (auch marka, merca oder marca geschrieben) mitgenommen, wo er gewohnt habe. die klägerin sagte hingegen, der onkel habe sie zum haus seiner söhne gebracht. die söhne seien von merka nach mogadischu gezogen, der onkel lebe in der stadt merka. sie sei noch nie dort gewesen, deswegen könne sie nicht sagen, wie weit diese stadt von ihrem wohnort in mogadischu entfernt sei. das haus der cousins sei in dem stadtteil, in dem das vieh verkauft werde. auf diesen widerspruch angesprochen, modifizierte die klägerin ihre aussage in der mündlichen verhandlung dahingehend, dass sie erstmal in die wohnung nach mogadischu gebracht worden seien, die zwangsverheiratung habe in merka stattfinden sollen. das merka, das ihre schwester meine, sei auch ein stadtteil von mogadischu. schon das anpassen ihres vortrags auf entsprechenden vorhalt spricht gegen die glaubhaftigkeit der schilderung der klägerin. ungeachtet dessen überzeugt der erklärungsversuch auch nicht. die klägerin hat beim bundesamt durchgehend, mehrfach und eindeutig unterschieden zwischen dem haus der söhne in mogadischu und dem haus des onkels in der stadt merka. sie seien zum haus der söhne gebracht worden. von einem stadtteil mogadischus mit diesem namen war nie die rede. sie hat ferner gesagt, dass der onkel in merka lebe. das deckt sich mit der angabe der schwester beim bundesamt, wonach der onkel sie mit gewalt nach merka mitgenommen habe, „wo er wohne“. selbst wenn es einen stadtteil von mogadischu geben sollte, der merka-almukarama heißt – eine internetrecherche führte lediglich auf eine straße namens maka al-mukarama -, wohnt der onkel dort nicht. er wohnt nach den übereinstimmenden angaben der schwestern in der stadt merka und dort sind sie m zufolge hingebracht worden. es spricht für sich, dass auch die schwester der klägerin – nach einer unterbrechung der sitzung - ihre diesbezüglichen angaben vor gericht revidiert und der neuen aussage der klägerin, sie seien zunächst in die wohnung des onkels in mogadischu gebracht worden, angepasst hat. 31hinzu kommen weitere differenzen im vortrag der schwestern. während die klägerin behauptet, der onkel habe sie während des hausarrestes geohrfeigt und mit einem gürtel geschlagen, erwähnt ihre schwester nichts dergleichen. nach angaben der klägerin hätten die söhne sie an den armen gepackt und ins auto gezerrt, während m erklärt, der onkel habe sie und ihre schwester mit gewalt mitgenommen. 32dem gericht erschließt sich ferner nicht, wie in einer familie, die nach der abschiebung aus saudi-arabien praktisch bei null anfangen musste und in der der lebensunterhalt nicht ausreichend war, die mutter alleine in der lage gewesen sein soll, innerhalb weniger tage die finanziellen mittel für einen schlepper, ausweise und flüge für zwei personen aufzubringen. zudem wurde die ausreise der schwestern ersichtlich aus der ferne von der mutter weiter begleitet, denn sie war über die verwandte der freundin in der türkei von der krankheit der schwester informiert und hat erneut den schlepper kontaktiert; dies dürfte wieder geld gekostet haben. aus der beigezogenen ausländerakte ergibt sich darüber hinaus, dass gefälschte papiere für die klägerin von griechenland nach italien geschickt worden waren, das heißt, auch dort wird für die klägerin und ihre schwester ein schlepper aktiv geworden sein. mangels sonstiger alternativen liegt es nahe, dass in wahrheit der onkel, der laut m reich ist, die ausreise der schwestern finanziert hat. das problem mit dem nachbarn, das wegen der beschädigung des rufs der familie auch sein problem war, konnte auf diese weise gelöst werden. hinzu kommt, dass die schwester der klägerin dringend eine erneute operation wegen ihres herzfehlers benötigte. sie wurde bereits unmittelbar nach der einreise stationär aufgenommen. es ist vor diesem hintergrund sehr wahrscheinlich, dass die klägerin nur deshalb das land verlassen hat, um ihre schwester zu begleiten, weil diese alleine nicht reisefähig gewesen wäre. selbst wenn in bezug auf m zur wiederherstellung des rufs auch eine verheiratung im raum gestanden haben sollte, ist das gericht davon überzeugt, dass die gewaltsame entführung beider schwestern zum zwecke der zwangsverheiratung und ihre anschließende flucht frei erfunden ist. 33hat die klägerin nach alledem nicht zur überzeugung des gerichts dargetan, aus begründeter furcht vor verfolgung aus somalia ausgereist zu sein, besteht auch für den fall seiner rückkehr dorthin nicht die beachtliche wahrscheinlichkeit einer flüchtlingsrelevanten verfolgung. 34der klägerin steht jedoch ein abgeleiteter anspruch auf gewährung subsidiären schutzes nach §§ 4 abs. 1, 26 abs. 3 satz 1, abs. 5 asylg zu. danach werden die eltern eines minderjährigen ledigen asylberechtigten oder ein anderer erwachsener im sinne des artikels 2 buchstabe j der richtlinie 2011/95/eu auf antrag als asylberechtigte anerkannt, wenn 1. die anerkennung des asylberechtigten unanfechtbar ist, 2. die familie im sinne des artikels 2 buchstabe j der richtlinie 2011/95/eu schon in dem staat bestanden hat, in dem der asylberechtigte politisch verfolgt wird, 3. sie vor der anerkennung des asylberechtigten eingereist sind oder sie den asylantrag unverzüglich nach der einreise gestellt haben, 4. die anerkennung des asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und 5. sie die personensorge für den asylberechtigten innehaben. gemäß § 26 abs. 5 asylg sind die absätze 1 bis 4 auf familienangehörige im sinne der absätze 1 bis 3 von international schutzberechtigten entsprechend anzuwenden. an die stelle der asylberechtigung tritt die flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre schutz. 35diese voraussetzungen liegen vor. bei der schwester m der klägerin handelt es sich um eine minderjährige, ledige international schutzberechtigte. die klägerin ist ein anderer erwachsener im sinne des artikels 2 buchstabe j, dritter spiegelstrich der richtlinie 2011/95/eu (eu-anerkennungsrichtlinie). danach sind „familienangehörige“ unter anderem die folgenden mitglieder der familie der person, der internationaler schutz zuerkannt worden ist, die sich im zusammenhang mit dem antrag auf internationalen schutz in demselben mitgliedstaat aufhalten, sofern die familie bereits im herkunftsland bestanden hat: ein anderer erwachsener, der nach dem recht oder der praxis des betreffenden mitgliedstaats für die person, der internationaler schutz zuerkannt worden ist, verantwortlich ist, wenn diese person minderjährig und nicht verheiratet ist. 36an dem geschwisterverhältnis und mithin am bestehen der familie im herkunftsland besteht kein zweifel. sie haben nach ihren übereinstimmenden angaben zusammen mit ihrer mutter und den weiteren geschwistern in mogadischu gelebt. die klägerin ist gemeinsam mit m zum zwecke der asylantragstellung nach deutschland gereist und hält sich demzufolge im zusammenhang mit ihrem asylantrag dort zusammen mit ihrer schwester aus. die klägerin hat schon während der ausreise die verantwortung für ihre minderjährige schwester übernommen und ist nach der maßgeblichen praxis in deutschland auch hier für sie verantwortlich. sie war etwa ein jahr vormund ihrer schwester und hat für m den asylantrag gestellt. die schwestern wohnen zusammen in einer eigenen wohnung. das jugendamt hat zwar die vormundschaft über m inne, wird aber keine oder nur eine geringe tatsächliche betreuung in alltäglichen dingen übernehmen. dies ist aufgabe der klägerin. ihre schwester ist auf die anwesenheit der klägerin in ihrer unmittelbaren nähe angewiesen. aus der ausländerakte ergibt sich, dass die klägerin über die gemeinsame lebensführung hinaus ihrer schwester auch beistand in behördlichen angelegenheiten leistet. so kümmert sich die klägerin etwa um die verlängerung der ausweisdokumente ihrer schwester und wird von der ausländerbehörde zu diesen zwecken auch in anspruch genommen. ferner wird ihr hilfe zur erziehung (sogenanntes pflegegeld) für m gewährt. 37die zuerkennung subsidiären schutzes zugunsten von m mit bescheid vom 27. september 2021 ist unanfechtbar (§ 26 abs. 3 satz 1 nr. 1 asylg). ferner liegen keinerlei anhaltspunkte dafür vor, dass der schutzstatus zu widerrufen oder zurückzunehmen sein könnte (§ 26 abs. 3 satz 1 nr. 4 asylg). 38die familie im sinne des artikels 2 buchstabe j eu-anerkennungsrichtlinie hat auch schon in somalia, wo der schwester der klägerin ein ernsthafter schaden im sinne des § 4 abs. 1 asylg droht, bestanden (§ 26 abs. 3 satz 1 nr. 2 asylg). der vortrag der schwestern ist insofern deckungsgleich und nicht infrage zu stellen. die klägerin ist vor der anerkennung ihrer schwester eingereist (§ 26 abs. 3 satz 1 nr. 3 asylg). 39schließlich hat die klägerin, wie von § 26 abs. 3 satz 1 nr. 5 asylg gefordert, auch die personensorge für m inne. maßgebend ist hierbei nicht der rechtliche, sondern der tatsächliche begriff der personensorge. 40marx, asylgesetz, 9. aufl., § 26 rn. 37; a.a. wohl bergmann, in: bergmann/dienelt, ausländerrecht, 12. aufl., § 26 asylg rn. 16. 41würde die elterliche sorge im sinne des § 1626 abs. 1 bgb, die die personensorge und die vermögenssorge umfasst, zur voraussetzung des status gemacht, würden die anderen erwachsenen, die nach nationalem recht oder praxis für das kind „verantwortlich“ sind, ohne aber sämtliche der in § 1626 abs. 1 bgb geforderten verantwortlichkeiten ausüben zu können, nicht begünstigt. die erweiterung des familienasyls auf diese personen in § 26 abs. 3 satz 1 asylg liefe jedenfalls für diejenigen bezugspersonen leer, die nicht die personensorge im rechtlichen sinne ausüben, wohl aber verantwortung für das kind übernommen haben. 42vgl. marx, asylgesetz, 9. aufl., § 26 rn. 37. 43aus den erwägungsgründen 18, 19 und 38 sowie aus art. 20 abs. 5 eu-anerkennungsrichtlinie ergibt sich, dass bei der umsetzung der richtlinie durch die mitgliedstaaten das wohl des kindes eine vorrangige, besonders zu berücksichtigende erwägung darstellen muss, bei deren beurteilung die mitgliedstaaten unter anderem dem grundsatz des familienverbandes sowie dem wohlergehen und der sozialen entwicklung des minderjährigen gebührend rechnung tragen müssen. 44eugh, urteil vom 9. september 2021 – c-768/19 -, juris rn 38. 45bei einer richtlinienkonformen auslegung des § 26 abs. 3 satz 1 asylg entsprechend dem zweck des minderjährigenschutzes ist daher der im unionsrecht maßgebliche tatsächliche begriff der personensorge im sinne der „verantwortung“ für das kind zugrunde zu legen. 46marx, asylgesetz, 9. aufl., § 26 rn. 37. 47dies entspricht dem grundsatz des familienverbandes sowie dem wohlergehen des kindes, wie der vorliegende fall der beiden auf sich alleine gestellten schwestern anschaulich zeigt. 48eine verantwortlichkeit der klägerin in diesem sinne für ihre schwester liegt vor. sie ist betreuungs- und erziehungsperson, wie sich nicht zuletzt aus der tatsache ergibt, dass der klägerin für ihre schwester finanzielle hilfe zur erziehung gewährt wird. zwischen beiden besteht eine gemeinsame lebensführung in form einer beistandsgemeinschaft. m ist gerade auch im hinblick auf ihre weiterhin bestehenden gesundheitlichen probleme auf die tatsächliche hilfe der klägerin angewiesen. 49aufgrund der verpflichtung zur zuerkennung des subsidiären schutzstatus ist die im angefochtenen bescheid getroffene weitere feststellung, das abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 aufenthg nicht vorliegen, ebenso gegenstandslos wie die abschiebungsandrohung und die befristung des gesetzlichen einreise und aufenthaltsverbots (ziffern 4, 5 und 6 des bescheides). 50die kostenentscheidung beruht auf § 155 abs. 1 satz 1 vwgo, § 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung (zpo). 51rechtsmittelbelehrung: 52gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 53die berufung ist nur zuzulassen, wenn 541. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 552. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 563. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 57der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 58der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 59in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 60im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). 61die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. |
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} | 10 D 56/20.NE | 2021-11-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Satzung der Stadt U. vom 19. März 2020 über den Erlass einer Veränderungssperre für den Bereich des zur Aufstellung beschlossenen Bebauungsplans „W.‑X. G.“ ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerin wendet sich gegen die Satzung der Antragsgegnerin über den „Erlass einer Veränderungssperre für den Bereich des zur Aufstellung beschlossenen Bebauungsplans „W.– X. G." im Bereich zwischen P. Straße im Norden, L 475 im Süden, Stadtgrenze im Westen und der Siedlungsstruktur vorgelagerten Verbindunglinie zwischen P. Straße und L 475“ (im Folgenden: Veränderungssperre). 3Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin aus dem Jahr 2006 stellt den westlich des Stadtteils W. liegenden Geltungsbereich der Veränderungssperre überwiegend als Fläche für die Landwirtschaft dar. Im Nordosten des Stadtgebiets sind – ausweislich der Legende „nachrichtlich“ – Konzentrationszonen für Windenergieanlagen dargestellt. 4Der im Juni 2018 in Kraft getretene Regionalplan für den Regionsbezirk E. (im Folgenden: Regionalplan) sieht westlich des Stadtteils W. ein Vorranggebiet für Windenergie vor. Dieses liegt im Geltungsbereich der Veränderungssperre. 5Die Antragstellerin ist nach ihren eigenen unbestrittenen Angaben Pächterin mehrerer Grundstücke, die im Geltungsbereich der Veränderungssperre liegen. Der Kreis W1. erteilte der Antragstellerin am 31. Januar 2019 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-126 EP 4 mit einer Nabenhöhe von 135 Metern, einem Rotordurchmesser von 127 Metern und einer Nennleistung von 4,2 MW auf den im Geltungsbereich der Veränderungssperre liegenden Grundstücken Gemarkung W., Flur 14, Flurstücke 42 und 43 sowie Gemarkung W., Flur 14, Flurstück 61. Die Antragsgegnerin hatte zuvor mit Schreiben vom 12. Oktober 2018 das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 BauGB erteilt. 6Die Antragstellerin beantragte am 8. August 2019 eine Änderung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung einer jeweils anderen Variante der Anlage Enercon E-126, nämlich der EP 3, an denselben Standorten. Der Kreis W1. ersuchte die Antragsgegnerin erneut um die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens, das sie mit Schreiben vom 4. November 2019 versagte. Der Kreis W1. hörte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 zur beabsichtigten Ersetzung des Einvernehmens an. 7Am 19. März 2020 fasste der Bürgermeister der Antragsgegnerin zusammen mit zwei Ratsmitgliedern im Wege einer Dringlichkeitsentscheidung den Beschluss, den Bebauungsplan „W.– X. G.“ im Bereich zwischen der P. Straße im Norden, der L 475 im Süden, der Stadtgrenze im Westen und der der Siedlungsstruktur vorgelagerten Verbindungslinie zwischen P. Straße und L 475 im Osten (im Folgenden: Bebauungsplan) aufzustellen. Ebenso im Wege der Dringlichkeitsentscheidung wurde die Veränderungssperre beschlossen. 8Im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 20. März 2020 und erneut im Amtsblatt vom 24. März 2020 wurden der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre bekannt gemacht. Zum Anlass und zum Zweck der Planung heißt es dort: „Anlass für die Planung ist der Antrag für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 198,5 Metern, die sich innerhalb des Plangebiets befinden würden. Es ist Inhalt der städtebaulichen Vorstellungen der Stadt U., in dem Plangebiet grundsätzlich keine baulichen Anlagen zuzulassen, die eine Gesamthöhe von 130 Metern über N. N. überschreiten. Ausschlaggebend hierfür sind die Bedeutung des Gebiets für Naherholungszwecke und das Landschaftsbild sowie der Schutz der umgebenden Wohnnutzungen vor unangemessenen optischen Einwirkungen. Die Stadt U. erachtet es für die langfristige städtebauliche Entwicklung als wesentlich, ein attraktives und lebenswertes Umfeld für die Bürger zu schaffen und zu erhalten. Hierauf haben die im Nah- bzw. Außenbereich der Stadt U. bestehenden Naherholungs- und Freizeitmöglichkeiten sowie die Attraktivität des Orts- und Landschaftsbildes, inklusive eines Schutzes der Wohnlagen vor unangemessenen optischen Einwirkungen entscheidenden Einfluss. Die Stadt U. ist der Auffassung, dass die Gesamthöhe baulicher Anlagen daher begrenzt werden muss, um die optische Überprägung des Plangebiets zugunsten der Erhaltung der Erholungsqualität, des Landschaftsbildes und des Anwohnerschutzes zu vermeiden. Insoweit wird eine Gesamthöhe von über 130 Metern über N. N. als sachgerecht angesehen.“ 9Der Kreis W1. erteilte unter dem 26. März 2020 die beantragte Änderungsgenehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-126 EP 3 mit einer Nabenhöhe von 135,31 Metern, einem Rotordurchmesser von 127 Metern und einer Nennleistung von 4,0 MW auf den oben genannten Grundstücken (im Folgenden: Vorhaben). 10Die Antragstellerin hat am 23. April 2020 den Normenkontrollantrag gestellt. 11Ausweislich der über das Ratsinformationssystem der Antragsgegnerin abrufbaren öffentlichen Niederschrift über die Sitzung des Hauptausschusses am 20. Mai 2020 genehmigte der Hauptausschuss an diesem Tag die Dringlichkeitsentscheidung über die Aufstellung des Bebauungsplans und den Erlass der Veränderungssperre. Zwischenzeitlich hatte der Rat die Entscheidung in Angelegenheiten, die der Beschlussfassung des Rates unterliegen, nach § 60 Abs. 1 Satz 2 GO NRW in der Fassung des Gesetzes zur konsequenten und solidarischen Bewältigung der COVID-19-Pandemie in Nordrhein-Westfalen und zur Anpassung des Landesrechts im Hinblick auf die Auswirkungen der Pandemie vom 14. April 2020 an den Hauptausschuss delegiert. 12Mit Urteil vom 28. Mai 2020 im Verfahren 11 D 34/19.NE verwarf der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts den Normenkontrollantrag der Antragsgegnerin, mit dem diese begehrt hatte, den Regionalplan für unwirksam zu erklären, soweit er auf ihrem Gebiet westlich des Stadtteils W. ein Vorranggebiet für Windenergie festlege, als unzulässig. 13Mit Urteil vom 1. Dezember 2020 wies der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen die Verfassungsbeschwerde der Antragsgegnerin mit dem Antrag festzustellen, dass der Regionalplan mit ihrem Selbstverwaltungsrecht unvereinbar und nichtig sei, soweit er auf ihrem Gemeindegebiet westlich des Stadtteils W. ein Vorranggebiet für Windenergie als Ziel der Raumordnung festlege, zurück. Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Urteil von der offensichtlichen Unwirksamkeit der Planung von Konzentrationszonen seitens der Antragsgegnerin ausgegangen. 14Mit Beschluss vom 25. August 2020 im Verfahren 28 L 719/20 hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf den Antrag der Antragsgegnerin, die aufschiebende Wirkung ihrer am 21. März 2019 erhobenen Klage 28 K 2447/19 gegen die der Antragstellerin vom Kreis W1. erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 21. Januar 2019 in der Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 26. März 2020 wiederherzustellen, abgelehnt. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts wies der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 11. März 2021 im Verfahren 8 B 1360/20 zurück. Die Klage nahm die Antragsgegnerin am 6. April 2021 zurück. 15Ihren Normenkontrollantrag begründet die Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt: Die Veränderungssperre sei wegen formeller und materieller Fehler unwirksam. Sie hätte nicht im Wege eines Dringlichkeitsbeschlusses nach § 60 GO NRW gefasst werden dürfen. Der Hauptausschuss habe die Dringlichkeitsentscheidung nicht wirksam genehmigt. Die Veränderungssperre sei weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Die ihr zugrunde liegende Planung sei nicht sicherungsfähig. Ihr liege kein positives städtebauliches Planungsziel zugrunde. Es handele sich um eine reine Verhinderungs- beziehungsweise Negativplanung. Die Planungskonzeption der Antragsgegnerin erschöpfe sich in der Aufstellung eines Bebauungsplans, der eine Höhenbegrenzung für bauliche Anlagen von 130 Metern über N. N. vorsehen solle. Im Plangebiet seien mit Ausnahme ihres Vorhabens bisher keine baulichen Anlagen von solcher Höhe errichtet oder deren Errichtung beantragt worden. Die Planung ziele allein auf die Verhinderung von Windenergieanlagen. Die Höhenbegrenzung treffe die marktgängigen und wirtschaftlichen Anlagentypen. Die im Aufstellungsbeschluss formulierte Begründung für die Höhenbegrenzung sei lediglich vorgeschoben. Die vermeintlichen Planungsziele blieben ohne korrespondierende Planungsinhalte. Die Planung verstoße zudem gegen Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 3 BauGB. Die im Außenbereich privilegierten Windenergieanlagen könnten im Wege positiver Planung konzentriert werden. Der Träger der Regionalplanung habe allein den Vorhabenstandort als geeignete Fläche im Stadtgebiet identifiziert. Die Antragsgegnerin habe ein Verfahren zur Änderung ihrer unwirksamen Konzentrationsflächenplanung jedoch bisher nicht eingeleitet und bis heute nicht aufgezeigt, wo sie sonst innerhalb ihres Stadtgebiets substantiell Raum für die Windenergie schaffen wolle. Ungeachtet dessen wäre das vermeintliche Planungsziel der Antragsgegnerin auf absehbare Zeit nicht erreichbar, denn sie, die Antragstellerin, könne und würde notfalls von der ursprünglichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Gebrauch machen. 16Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich, 17die Satzung der Antragsgegnerin vom 19. März 2020 über den Erlass einer Veränderungssperre für den Bereich des zur Aufstellung beschlossenen Bebauungsplans „W.– X. G.“ im Bereich zwischen P. Straße im Norden, L 475 im Süden, Stadtgrenze im Westen und der Siedlungsstruktur vorgelagerten Verbindunglinie zwischen P. Straße und L 475 für unwirksam zu erklären. 18Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt. Sie hat in den oben genannten gerichtlichen Verfahren, in denen sie die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Vorhaben angegriffen hat, die Veränderungssperre verteidigt. Diese sei insbesondere auch materiell wirksam. Die Planung sei sicherungsfähig. Es handele sich nicht um eine reine Verhinderungsplanung. Das Vorhaben sei nur Anlass der Planung. An die Konkretisierung der planerischen Vorstellungen der Gemeinde seien nur sehr geringe Anforderungen zu stellen. Sie, die Antragsgegnerin, beabsichtige, den landschaftlichen Wert und den Erholungswert des gesamten Plangebiets auch hinsichtlich des dort aufstockenden Waldes zu schützen und weiterzuentwickeln. Die Flächen im Umfeld des Stadtteils W. hätten einen hohen landschaftlichen Wert und dienten der Naherholung. Es sei ausreichend, dass sie zur Sicherung ihrer Planungsziele zunächst nur eine Höhenbeschränkung in den Blick genommen habe. Dies gebe ihr Gelegenheit, in dem weiteren Planungsverfahren ihr Konzept zur Entwicklung des Naherholungsgebiets weiter zu verfolgen. Windenergieanlagen, die nicht höher als 130 Meter über N. N. seien, würden von der Veränderungssperre nicht berührt. Sie könne ihr Planungsziel auch erreichen, wenn die Antragstellerin die ursprüngliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung ausnutzen würde. Denn der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasse ein deutlich größeres Gebiet als den Vorhabenstandort. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB könne ihr Recht, auch im Außenbereich eine Bauleitplanung unter Berücksichtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 3 und 7 Buchstabe a), c), d) und i) sowie Nr. 8 Buchstabe b) BauGB genannten Belange zu betreiben, nicht beschränken. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des Normenkontrollverfahrens und des von der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren übermittelten Aufstellungsvorgangs sowie der beigezogenen Gerichtsakten zu dem oben genannten Eilverfahren (Verwaltungsgericht Düsseldorf 28 L 719/20 und Oberverwaltungsgericht 8 B 1360/20) und dem Klageverfahren (Verwaltungsgericht Düsseldorf 28 K 2447/19) Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin. 22Der Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere als Pächterin von im Geltungsbereich der Veränderungssperre liegenden Grundstücken antragsbefugt. 23Die Veränderungssperre ist unwirksam. 24Sie hat einen zur Gesamtunwirksamkeit führenden materiellen Fehler. 25Die Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre liegen nicht vor. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt erlassen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären – auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG – nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt. Die Veränderungssperre schützt die künftige Planung, nicht aber lediglich die abstrakte Planungshoheit. Insofern ist es grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 2a BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat. 26Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 – 4 C 5.15 –, juris, Rn. 19, mit weiteren Nachweisen. 27Gemessen an diesen Maßstäben fehlt es hier an einer durch eine Veränderungssperre sicherungsfähigen Planung. Ausweislich der Begründung der am 19. März 2020 im Wege der Dringlichkeitsentscheidung getroffenen Beschlüsse zielt die Planung darauf ab, in dem Plangebiet grundsätzlich keine baulichen Anlagen zuzulassen, die eine Gesamthöhe von 130 Metern über N. N. überschreiten. Hierdurch solle die „optische Überprägung des Plangebiets zugunsten der Erholungsqualität, des Landschaftsbildes und des Anwohnerschutzes“ vermieden werden. 28Hieraus lassen sich schon keine hinreichend positiven Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans herleiten. Irgendein planerisches Konzept zur Entwicklung oder Weiterentwicklung des Plangebiets mit Blick auf dessen von der Antragsgegnerin angeführten Wert für die Landschaft und die Erholung ist nicht erkennbar. Das erforderliche Mindestmaß an konkretisierten bauleitplanerischen Vorstellungen zur Nutzung des Plangebiets ist nicht erreicht. Es handelt sich vielmehr um eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen. Der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat in seinem oben genannten Beschwerdebeschluss vom 11. März 2021 bereits ausgeführt – der Senat schließt sich diesen Ausführungen an –, dass die einzig konkrete Planvorstellung der Antragsgegnerin, eine Höhenbegrenzung für bauliche Anlagen auf 130 Meter über N. N. (die natürliche Geländeoberfläche liegt im Plangebiet nach den Informationen, die der über TIM-online abrufbaren digitalen topographischen Karte zu entnehmen sind, bei über 30 Metern über N. N.), ersichtlich auf die Verhinderung von Windenergieanlagen zielt, für deren Errichtung und Betrieb die Antragstellerin die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beantragt hatte. Dafür spricht, dass andere privilegierte Außenbereichsvorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB denkbar sind, die zwar keine Gesamthöhe von 130 Meter über N. N. erreichen, aber den von der Antragsgegnerin angegebenen Zielen gleichwohl zuwiderlaufen. Auch ist nicht ansatzweise ersichtlich, aus welchen städtebaulichen Gründen es erforderlich wäre, das im Außenbereich liegende Plangebiet durch einen Bebauungsplan, der der Sache nach den Außenbereichscharakter des Gebiets erhalten will, zum Innenbereich zu machen. Gerade bei der Festsetzung von Nutzungen, die in dem ohne den Bebauungsplan anzunehmenden Außenbereich ohnehin möglich wären, stellt sich die Frage der Erforderlichkeit planerischer Festsetzungen mit besonderer Dringlichkeit. 29Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 4. Dezember 2020 – 2 D 50/20.NE –, juris, Rn. 58. 30Das Vorhaben der Antragstellerin erweist sich demnach entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin nicht lediglich als Anlass für eine von positiven Planvorstellungen getragene Planung. Dafür, dass die Planung vielmehr darauf zielt, das Vorhaben zu verhindern, weil die Antragsgegnerin es schlicht ablehnt, dass in dem Bereich des Plangebiets westlich des Stadtteils W. Windenergieanlagen mit baulichen Dimensionen, wie sie inzwischen üblich sind, errichtet und betrieben werden, spricht neben dem Kontext, in dem der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans gefasst wurde, auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin nach der Aufstellung des Bebauungsplans die Planung – soweit ersichtlich – in keiner Weise vorangetrieben hat. Die zuletzt im Beschwerdeverfahren vor dem 8. Senat von der Antragsgegnerin hervorgehobene Absicht, das Plangebiet mit der – in der Begründung des Aufstellungsbeschlusses mit keinem Wort erwähnten – Waldfläche Rottheide zu einem attraktiven Naherholungsgebiet frei von optischer Verunstaltung weiterzuentwickeln, hat sich nicht in einer Fortführung der Planung manifestiert, obwohl die Antragsgegnerin selbst davon ausgeht, ihre verlautbarten Planungsziele fördern zu können, auch wenn eine von ihr nicht mehr anfechtbare immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen im Plangebiet vorliegt. Dies bestätigt, dass, wie das Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem vorstehend genannten Beschluss vom 25. August 2020 festgestellt hat, die verlautbarten Planungsziele nicht mit irgendwie konkretisierten positiven Planungsinhalten korrespondieren. Solche wurden im Übrigen von dem Bürgermeister der Antragsgegnerin auch in der Sitzung des Hauptausschusses, in der die Dringlichkeitsentscheidung zur Aufstellung des Bebauungsplans und zum Erlass der Veränderungssperre genehmigt wurde, ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht angesprochen. Vielmehr nahm der Bürgermeister allein Bezug auf das Vorhaben, gegen dessen Genehmigung man nunmehr auch im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes vorgehen müsse. 31Ob die Veränderungssperre zudem unter formellen Mängeln leidet, die ebenfalls zur ihrer Gesamtunwirksamkeit führen, ist danach nicht entscheidungserheblich. Angemerkt sei allerdings, dass der von der Antragsgegnerin in diesem Normenkontrollverfahren vorgelegte Aufstellungsvorgang schon eine den rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Ausfertigung der Veränderungssperre offensichtlich nicht enthält. Den Ausführungen der Antragstellerin in den oben genannten gerichtlichen Verfahren betreffend die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Vorhaben, wonach sich auch den in diesen Verfahren vorgelegten – von den hier eingereichten offenbar abweichenden – Aufstellungsunterlagen eine solche nicht entnehmen lasse, hat die Antragsgegnerin selbst nicht widersprochen. 32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 33Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 34Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | die satzung der stadt u. vom 19. märz 2020 über den erlass einer veränderungssperre für den bereich des zur aufstellung beschlossenen bebauungsplans „w.‑x. g.“ ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die antragstellerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die antragstellerin wendet sich gegen die satzung der antragsgegnerin über den „erlass einer veränderungssperre für den bereich des zur aufstellung beschlossenen bebauungsplans „w.– x. g." im bereich zwischen p. straße im norden, l 475 im süden, stadtgrenze im westen und der siedlungsstruktur vorgelagerten verbindunglinie zwischen p. straße und l 475“ (im folgenden: veränderungssperre). 3der flächennutzungsplan der antragsgegnerin aus dem jahr 2006 stellt den westlich des stadtteils w. liegenden geltungsbereich der veränderungssperre überwiegend als fläche für die landwirtschaft dar. im nordosten des stadtgebiets sind – ausweislich der legende „nachrichtlich“ – konzentrationszonen für windenergieanlagen dargestellt. 4der im juni 2018 in kraft getretene regionalplan für den regionsbezirk e. (im folgenden: regionalplan) sieht westlich des stadtteils w. ein vorranggebiet für windenergie vor. dieses liegt im geltungsbereich der veränderungssperre. 5die antragstellerin ist nach ihren eigenen unbestrittenen angaben pächterin mehrerer grundstücke, die im geltungsbereich der veränderungssperre liegen. der kreis w1. erteilte der antragstellerin am 31. januar 2019 eine immissionsschutzrechtliche genehmigung zur errichtung und zum betrieb von zwei windenergieanlagen vom typ enercon e-126 ep 4 mit einer nabenhöhe von 135 metern, einem rotordurchmesser von 127 metern und einer nennleistung von 4,2 mw auf den im geltungsbereich der veränderungssperre liegenden grundstücken gemarkung w., flur 14, flurstücke 42 und 43 sowie gemarkung w., flur 14, flurstück 61. die antragsgegnerin hatte zuvor mit schreiben vom 12. oktober 2018 das gemeindliche einvernehmen gemäß § 36 baugb erteilt. 6die antragstellerin beantragte am 8. august 2019 eine änderung der immissionsschutzrechtlichen genehmigung für die errichtung einer jeweils anderen variante der anlage enercon e-126, nämlich der ep 3, an denselben standorten. der kreis w1. ersuchte die antragsgegnerin erneut um die erteilung des gemeindlichen einvernehmens, das sie mit schreiben vom 4. november 2019 versagte. der kreis w1. hörte die antragsgegnerin mit schreiben vom 10. dezember 2019 zur beabsichtigten ersetzung des einvernehmens an. 7am 19. märz 2020 fasste der bürgermeister der antragsgegnerin zusammen mit zwei ratsmitgliedern im wege einer dringlichkeitsentscheidung den beschluss, den bebauungsplan „w.– x. g.“ im bereich zwischen der p. straße im norden, der l 475 im süden, der stadtgrenze im westen und der der siedlungsstruktur vorgelagerten verbindungslinie zwischen p. straße und l 475 im osten (im folgenden: bebauungsplan) aufzustellen. ebenso im wege der dringlichkeitsentscheidung wurde die veränderungssperre beschlossen. 8im amtsblatt der antragsgegnerin vom 20. märz 2020 und erneut im amtsblatt vom 24. märz 2020 wurden der aufstellungsbeschluss und die veränderungssperre bekannt gemacht. zum anlass und zum zweck der planung heißt es dort: „anlass für die planung ist der antrag für die errichtung von zwei windenergieanlagen mit einer gesamthöhe von 198,5 metern, die sich innerhalb des plangebiets befinden würden. es ist inhalt der städtebaulichen vorstellungen der stadt u., in dem plangebiet grundsätzlich keine baulichen anlagen zuzulassen, die eine gesamthöhe von 130 metern über n. n. überschreiten. ausschlaggebend hierfür sind die bedeutung des gebiets für naherholungszwecke und das landschaftsbild sowie der schutz der umgebenden wohnnutzungen vor unangemessenen optischen einwirkungen. die stadt u. erachtet es für die langfristige städtebauliche entwicklung als wesentlich, ein attraktives und lebenswertes umfeld für die bürger zu schaffen und zu erhalten. hierauf haben die im nah- bzw. außenbereich der stadt u. bestehenden naherholungs- und freizeitmöglichkeiten sowie die attraktivität des orts- und landschaftsbildes, inklusive eines schutzes der wohnlagen vor unangemessenen optischen einwirkungen entscheidenden einfluss. die stadt u. ist der auffassung, dass die gesamthöhe baulicher anlagen daher begrenzt werden muss, um die optische überprägung des plangebiets zugunsten der erhaltung der erholungsqualität, des landschaftsbildes und des anwohnerschutzes zu vermeiden. insoweit wird eine gesamthöhe von über 130 metern über n. n. als sachgerecht angesehen.“ 9der kreis w1. erteilte unter dem 26. märz 2020 die beantragte änderungsgenehmigung für die errichtung und den betrieb von zwei windenergieanlagen vom typ enercon e-126 ep 3 mit einer nabenhöhe von 135,31 metern, einem rotordurchmesser von 127 metern und einer nennleistung von 4,0 mw auf den oben genannten grundstücken (im folgenden: vorhaben). 10die antragstellerin hat am 23. april 2020 den normenkontrollantrag gestellt. 11ausweislich der über das ratsinformationssystem der antragsgegnerin abrufbaren öffentlichen niederschrift über die sitzung des hauptausschusses am 20. mai 2020 genehmigte der hauptausschuss an diesem tag die dringlichkeitsentscheidung über die aufstellung des bebauungsplans und den erlass der veränderungssperre. zwischenzeitlich hatte der rat die entscheidung in angelegenheiten, die der beschlussfassung des rates unterliegen, nach § 60 abs. 1 satz 2 go nrw in der fassung des gesetzes zur konsequenten und solidarischen bewältigung der covid-19-pandemie in nordrhein-westfalen und zur anpassung des landesrechts im hinblick auf die auswirkungen der pandemie vom 14. april 2020 an den hauptausschuss delegiert. 12mit urteil vom 28. mai 2020 im verfahren 11 d 34/19.ne verwarf der 11. senat des oberverwaltungsgerichts den normenkontrollantrag der antragsgegnerin, mit dem diese begehrt hatte, den regionalplan für unwirksam zu erklären, soweit er auf ihrem gebiet westlich des stadtteils w. ein vorranggebiet für windenergie festlege, als unzulässig. 13mit urteil vom 1. dezember 2020 wies der verfassungsgerichtshof für das land nordrhein-westfalen die verfassungsbeschwerde der antragsgegnerin mit dem antrag festzustellen, dass der regionalplan mit ihrem selbstverwaltungsrecht unvereinbar und nichtig sei, soweit er auf ihrem gemeindegebiet westlich des stadtteils w. ein vorranggebiet für windenergie als ziel der raumordnung festlege, zurück. der verfassungsgerichtshof ist in seinem urteil von der offensichtlichen unwirksamkeit der planung von konzentrationszonen seitens der antragsgegnerin ausgegangen. 14mit beschluss vom 25. august 2020 im verfahren 28 l 719/20 hatte das verwaltungsgericht düsseldorf den antrag der antragsgegnerin, die aufschiebende wirkung ihrer am 21. märz 2019 erhobenen klage 28 k 2447/19 gegen die der antragstellerin vom kreis w1. erteilte immissionsschutzrechtliche genehmigung vom 21. januar 2019 in der gestalt der änderungsgenehmigung vom 26. märz 2020 wiederherzustellen, abgelehnt. die beschwerde gegen den beschluss des verwaltungsgerichts wies der 8. senat des oberverwaltungsgerichts mit beschluss vom 11. märz 2021 im verfahren 8 b 1360/20 zurück. die klage nahm die antragsgegnerin am 6. april 2021 zurück. 15ihren normenkontrollantrag begründet die antragstellerin im wesentlichen wie folgt: die veränderungssperre sei wegen formeller und materieller fehler unwirksam. sie hätte nicht im wege eines dringlichkeitsbeschlusses nach § 60 go nrw gefasst werden dürfen. der hauptausschuss habe die dringlichkeitsentscheidung nicht wirksam genehmigt. die veränderungssperre sei weder ordnungsgemäß ausgefertigt noch ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. die ihr zugrunde liegende planung sei nicht sicherungsfähig. ihr liege kein positives städtebauliches planungsziel zugrunde. es handele sich um eine reine verhinderungs- beziehungsweise negativplanung. die planungskonzeption der antragsgegnerin erschöpfe sich in der aufstellung eines bebauungsplans, der eine höhenbegrenzung für bauliche anlagen von 130 metern über n. n. vorsehen solle. im plangebiet seien mit ausnahme ihres vorhabens bisher keine baulichen anlagen von solcher höhe errichtet oder deren errichtung beantragt worden. die planung ziele allein auf die verhinderung von windenergieanlagen. die höhenbegrenzung treffe die marktgängigen und wirtschaftlichen anlagentypen. die im aufstellungsbeschluss formulierte begründung für die höhenbegrenzung sei lediglich vorgeschoben. die vermeintlichen planungsziele blieben ohne korrespondierende planungsinhalte. die planung verstoße zudem gegen sinn und zweck des § 35 abs. 1 nr. 5, abs. 3 satz 3 baugb. die im außenbereich privilegierten windenergieanlagen könnten im wege positiver planung konzentriert werden. der träger der regionalplanung habe allein den vorhabenstandort als geeignete fläche im stadtgebiet identifiziert. die antragsgegnerin habe ein verfahren zur änderung ihrer unwirksamen konzentrationsflächenplanung jedoch bisher nicht eingeleitet und bis heute nicht aufgezeigt, wo sie sonst innerhalb ihres stadtgebiets substantiell raum für die windenergie schaffen wolle. ungeachtet dessen wäre das vermeintliche planungsziel der antragsgegnerin auf absehbare zeit nicht erreichbar, denn sie, die antragstellerin, könne und würde notfalls von der ursprünglichen immissionsschutzrechtlichen genehmigung gebrauch machen. 16die antragstellerin beantragt schriftsätzlich, 17die satzung der antragsgegnerin vom 19. märz 2020 über den erlass einer veränderungssperre für den bereich des zur aufstellung beschlossenen bebauungsplans „w.– x. g.“ im bereich zwischen p. straße im norden, l 475 im süden, stadtgrenze im westen und der siedlungsstruktur vorgelagerten verbindunglinie zwischen p. straße und l 475 für unwirksam zu erklären. 18die antragsgegnerin hat keinen antrag gestellt. sie hat in den oben genannten gerichtlichen verfahren, in denen sie die immissionsschutzrechtliche genehmigung für das vorhaben angegriffen hat, die veränderungssperre verteidigt. diese sei insbesondere auch materiell wirksam. die planung sei sicherungsfähig. es handele sich nicht um eine reine verhinderungsplanung. das vorhaben sei nur anlass der planung. an die konkretisierung der planerischen vorstellungen der gemeinde seien nur sehr geringe anforderungen zu stellen. sie, die antragsgegnerin, beabsichtige, den landschaftlichen wert und den erholungswert des gesamten plangebiets auch hinsichtlich des dort aufstockenden waldes zu schützen und weiterzuentwickeln. die flächen im umfeld des stadtteils w. hätten einen hohen landschaftlichen wert und dienten der naherholung. es sei ausreichend, dass sie zur sicherung ihrer planungsziele zunächst nur eine höhenbeschränkung in den blick genommen habe. dies gebe ihr gelegenheit, in dem weiteren planungsverfahren ihr konzept zur entwicklung des naherholungsgebiets weiter zu verfolgen. windenergieanlagen, die nicht höher als 130 meter über n. n. seien, würden von der veränderungssperre nicht berührt. sie könne ihr planungsziel auch erreichen, wenn die antragstellerin die ursprüngliche immissionsschutzrechtliche genehmigung ausnutzen würde. denn der geltungsbereich des bebauungsplans umfasse ein deutlich größeres gebiet als den vorhabenstandort. § 35 abs. 1 nr. 5 baugb könne ihr recht, auch im außenbereich eine bauleitplanung unter berücksichtigung der in § 1 abs. 6 nr. 3 und 7 buchstabe a), c), d) und i) sowie nr. 8 buchstabe b) baugb genannten belange zu betreiben, nicht beschränken. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte des normenkontrollverfahrens und des von der antragsgegnerin im normenkontrollverfahren übermittelten aufstellungsvorgangs sowie der beigezogenen gerichtsakten zu dem oben genannten eilverfahren (verwaltungsgericht düsseldorf 28 l 719/20 und oberverwaltungsgericht 8 b 1360/20) und dem klageverfahren (verwaltungsgericht düsseldorf 28 k 2447/19) bezug genommen. 20 | 21der senat entscheidet im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung durch die berichterstatterin. 22der antrag ist zulässig. die antragstellerin ist insbesondere als pächterin von im geltungsbereich der veränderungssperre liegenden grundstücken antragsbefugt. 23die veränderungssperre ist unwirksam. 24sie hat einen zur gesamtunwirksamkeit führenden materiellen fehler. 25die voraussetzungen für den erlass der veränderungssperre liegen nicht vor. nach § 14 abs. 1 nr. 1 baugb kann die gemeinde, wenn ein beschluss über die aufstellung eines bebauungsplans gefasst ist, zur sicherung der planung für den künftigen planbereich eine veränderungssperre mit dem inhalt erlassen, dass vorhaben im sinne des § 29 baugb nicht durchgeführt werden dürfen. eine veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die planung, die sie sichern soll, ein mindestmaß dessen erkennen lässt, was inhalt des zu erwartenden bebauungsplans sein soll. wesentlich ist dabei, dass die gemeinde im zeitpunkt des erlasses einer veränderungssperre bereits positive vorstellungen über den inhalt des bebauungsplans entwickelt hat. eine negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. denn wenn vorstellungen über die angestrebte art der baulichen nutzung der betroffenen grundflächen fehlen, ist der inhalt des zu erwartenden bebauungsplans noch offen. die nachteiligen wirkungen der veränderungssperre wären – auch vor dem hintergrund des art. 14 abs. 1 satz 2 gg – nicht erträglich, wenn sie zur sicherung einer planung dienen sollte, die sich in ihrem inhalt noch in keiner weise absehen lässt. die veränderungssperre schützt die künftige planung, nicht aber lediglich die abstrakte planungshoheit. insofern ist es grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend, dass die gemeinde im zeitpunkt des erlasses einer veränderungssperre zumindest vorstellungen über die art der baulichen nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten baugebietstyp, sei es, dass sie nach den vorschriften des § 9 abs. 1 bis 2a baugb festsetzbare nutzungen ins auge gefasst hat. 26vgl. etwa bverwg, urteil vom 9. august 2016 – 4 c 5.15 –, juris, rn. 19, mit weiteren nachweisen. 27gemessen an diesen maßstäben fehlt es hier an einer durch eine veränderungssperre sicherungsfähigen planung. ausweislich der begründung der am 19. märz 2020 im wege der dringlichkeitsentscheidung getroffenen beschlüsse zielt die planung darauf ab, in dem plangebiet grundsätzlich keine baulichen anlagen zuzulassen, die eine gesamthöhe von 130 metern über n. n. überschreiten. hierdurch solle die „optische überprägung des plangebiets zugunsten der erholungsqualität, des landschaftsbildes und des anwohnerschutzes“ vermieden werden. 28hieraus lassen sich schon keine hinreichend positiven vorstellungen über den inhalt des bebauungsplans herleiten. irgendein planerisches konzept zur entwicklung oder weiterentwicklung des plangebiets mit blick auf dessen von der antragsgegnerin angeführten wert für die landschaft und die erholung ist nicht erkennbar. das erforderliche mindestmaß an konkretisierten bauleitplanerischen vorstellungen zur nutzung des plangebiets ist nicht erreicht. es handelt sich vielmehr um eine negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne vorhaben auszuschließen. der 8. senat des oberverwaltungsgerichts hat in seinem oben genannten beschwerdebeschluss vom 11. märz 2021 bereits ausgeführt – der senat schließt sich diesen ausführungen an –, dass die einzig konkrete planvorstellung der antragsgegnerin, eine höhenbegrenzung für bauliche anlagen auf 130 meter über n. n. (die natürliche geländeoberfläche liegt im plangebiet nach den informationen, die der über tim-online abrufbaren digitalen topographischen karte zu entnehmen sind, bei über 30 metern über n. n.), ersichtlich auf die verhinderung von windenergieanlagen zielt, für deren errichtung und betrieb die antragstellerin die erteilung einer immissionsschutzrechtlichen genehmigung beantragt hatte. dafür spricht, dass andere privilegierte außenbereichsvorhaben nach § 35 abs. 1 baugb denkbar sind, die zwar keine gesamthöhe von 130 meter über n. n. erreichen, aber den von der antragsgegnerin angegebenen zielen gleichwohl zuwiderlaufen. auch ist nicht ansatzweise ersichtlich, aus welchen städtebaulichen gründen es erforderlich wäre, das im außenbereich liegende plangebiet durch einen bebauungsplan, der der sache nach den außenbereichscharakter des gebiets erhalten will, zum innenbereich zu machen. gerade bei der festsetzung von nutzungen, die in dem ohne den bebauungsplan anzunehmenden außenbereich ohnehin möglich wären, stellt sich die frage der erforderlichkeit planerischer festsetzungen mit besonderer dringlichkeit. 29vgl. hierzu ovg nrw, urteil vom 4. dezember 2020 – 2 d 50/20.ne –, juris, rn. 58. 30das vorhaben der antragstellerin erweist sich demnach entgegen dem vorbringen der antragsgegnerin nicht lediglich als anlass für eine von positiven planvorstellungen getragene planung. dafür, dass die planung vielmehr darauf zielt, das vorhaben zu verhindern, weil die antragsgegnerin es schlicht ablehnt, dass in dem bereich des plangebiets westlich des stadtteils w. windenergieanlagen mit baulichen dimensionen, wie sie inzwischen üblich sind, errichtet und betrieben werden, spricht neben dem kontext, in dem der beschluss zur aufstellung des bebauungsplans gefasst wurde, auch der umstand, dass die antragsgegnerin nach der aufstellung des bebauungsplans die planung – soweit ersichtlich – in keiner weise vorangetrieben hat. die zuletzt im beschwerdeverfahren vor dem 8. senat von der antragsgegnerin hervorgehobene absicht, das plangebiet mit der – in der begründung des aufstellungsbeschlusses mit keinem wort erwähnten – waldfläche rottheide zu einem attraktiven naherholungsgebiet frei von optischer verunstaltung weiterzuentwickeln, hat sich nicht in einer fortführung der planung manifestiert, obwohl die antragsgegnerin selbst davon ausgeht, ihre verlautbarten planungsziele fördern zu können, auch wenn eine von ihr nicht mehr anfechtbare immissionsschutzrechtliche genehmigung für die errichtung und den betrieb von windenergieanlagen im plangebiet vorliegt. dies bestätigt, dass, wie das verwaltungsgericht düsseldorf in dem vorstehend genannten beschluss vom 25. august 2020 festgestellt hat, die verlautbarten planungsziele nicht mit irgendwie konkretisierten positiven planungsinhalten korrespondieren. solche wurden im übrigen von dem bürgermeister der antragsgegnerin auch in der sitzung des hauptausschusses, in der die dringlichkeitsentscheidung zur aufstellung des bebauungsplans und zum erlass der veränderungssperre genehmigt wurde, ausweislich der sitzungsniederschrift nicht angesprochen. vielmehr nahm der bürgermeister allein bezug auf das vorhaben, gegen dessen genehmigung man nunmehr auch im wege des vorläufigen rechtsschutzes vorgehen müsse. 31ob die veränderungssperre zudem unter formellen mängeln leidet, die ebenfalls zur ihrer gesamtunwirksamkeit führen, ist danach nicht entscheidungserheblich. angemerkt sei allerdings, dass der von der antragsgegnerin in diesem normenkontrollverfahren vorgelegte aufstellungsvorgang schon eine den rechtsstaatlichen anforderungen genügende ausfertigung der veränderungssperre offensichtlich nicht enthält. den ausführungen der antragstellerin in den oben genannten gerichtlichen verfahren betreffend die immissionsschutzrechtliche genehmigung für das vorhaben, wonach sich auch den in diesen verfahren vorgelegten – von den hier eingereichten offenbar abweichenden – aufstellungsunterlagen eine solche nicht entnehmen lasse, hat die antragsgegnerin selbst nicht widersprochen. 32die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 33die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 34die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. |
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} | 1 K 602/20 | 2021-11-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Das Verfahren wird, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, eingestellt. Im Übrigen wird der Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 17. Dezember 2019 aufgehoben, soweit in den in den Anlagen des Bescheides genannten Fällen Nr. 1, 3, 4, 6, 7, 13 bis 15, 18, 23 bis 25, 30 und 35 Zahlungsmitteilungen für die Meldemonate April 2017 und Mai 2017 sowie Februar 2018 bis Juli 2019 zurückgenommen wurden und der Betrag der zurückgenommenen Erstattungen 28.578,00 Euro übersteigt. Zudem wird der Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 22. Dezember 2020 aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 90 % und die Klägerin zu 10 %. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des voll-streckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist nach § 1 des Gesetzes über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge in der bis zum 12. November 2021 gültigen Fassung (im Folgenden: FlüAG NRW) verpflichtet die ihr nach § 2 FlüAG NRW zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen. Nach § 4 FlüAG NRW stellte der Beklagte der Klägerin für die Aufnahme und Unterbringung sowie die Versorgung der ausländischen Flüchtlinge monatlich für jede Person eine Kostenpauschale in Höhe von 866,00 Euro zur Verfügung. Ausgenommen sind die Personen, die aufgrund ihres Einkommens oder Vermögens keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten. Nach § 4 Abs. 3 FlüAG NRW melden die Gemeinden an die für sie zuständige Bezirksregierung die Personen im Sinne des § 2 FlüAG NRW bis zum 10. des Monates, der auf den Monat folgt, für den eine Meldung abzugeben ist. Für eine solche Meldung erstellt die Kommune eine sogenannte AZR-Importtabelle und stellt diese über das Digitale Asylverfahren NRW (DiAs) online. Das DiAs ist eine gemeinsame Arbeitsplattform für alle Behörden in Nordrhein-Westfalen, die in Landeszuständigkeit am Asylverfahren beteiligt sind. Bei den Meldungen der Kommune über das DiAs erfolgt eine automatisierte Abfrage im Ausländerzentralregister (AZR) beim Bundesverwaltungsamt. Sollten zwischen den Angaben in der AZR-Importtabelle und der AZR-Abfrage Unstimmigkeiten festgestellt werden, wird die Kommune darauf hingewiesen und behebt die Beanstandungen. Sobald die Beanstandungen behoben sind oder es keine gibt, gibt die Kommune die AZR-Importtabelle im DiAs frei bzw. übermittelt diese an die Bezirksregierung Düsseldorf. Die Bezirksregierung Düsseldorf prüft sodann ihrerseits die Daten in der AZR-Importtabelle und gibt diese nach erfolgter Prüfung gegenüber dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKFFI) frei. Die Kommune erhält sodann eine Bestätigung per E-Mail und eine Zahlungsmitteilung der Bezirksregierung Düsseldorf. 3Entsprechend adressierte die Klägerin in den Jahren 2017 bis 2019 Meldungen an die Bezirksregierung Düsseldorf und erhielt, sofern im Zuge der Nachprüfung keine Beanstandungen festgestellt wurden, die Kostenpauschale. 4Nach einer Vor-Ort-Prüfung am 19. August 2019 hörte der Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Rückforderung der Kostenpauschale für insgesamt 35 Personen und 267 Monate an, da die Zahlungen zu Unrecht erfolgt seien. Daraufhin erklärte die Klägerin, dass sie für acht Personen eine Erstattung veranlasst habe. Im Übrigen berufe sie sich auf Vertrauensschutz, welcher einer Rückforderung entgegenstehe. Die für die Meldungen der ausländischen Flüchtlinge erforderlichen Personen- und Sachstandsdaten zu den laufenden Asylverfahren entnehme sie dem von der Ausländerbehörde des Kreises Wesel gepflegten Ausländerdaten-, Verwaltungs- und Informationssystem (ADVIS) sowie dem AZR. Die dortigen Angaben bildeten die Grundlage der Meldungen an den Beklagten. In der Praxis habe sich gezeigt, dass die Datensätze häufig unzureichend und zeitverzögert gepflegt würden. Nach der Zuweisung neuer Personen durch den Beklagten dauere es oft mehrere Monate bis die Datensätze zur Einsicht verfügbar seien. Fehlende Einträge würden teilweise mit dem Datum der Gültigkeit eingepflegt, d. h. nicht mit Tagesdatum der Bearbeitung. Somit gelangten die meldenden Kommunen häufig nicht an den tatsächlichen und aktuellen Stand der jeweiligen Asylverfahren. Wegen der Abgabe der jeweiligen Meldung aufgrund der ihr vorliegenden Informationen und deren Freigabe habe sie auf die Korrektheit der Daten und eine daraus resultierende rechtmäßige Gewährung der FlüAG-Pauschale vertrauen dürfen. 5Mit Bescheid vom 17. Dezember 2019 – bei der Klägerin am 6. Januar 2020 eingegangen – nahm der Beklagte die Zahlungsmitteilungen für die Meldemonate April und Mai 2017 sowie Februar 2018 bis Juli 2019 zurück (Ziffer 1), erließ neue Zuweisungen nach dem FlüAG NRW sowie Zahlungsmitteilungen (Ziffer 2) und forderte die Klägerin zur Erstattung von 193.118,00 Euro auf (Ziffer 3). Zur Begründung führte er aus, im Rahmen der Vor-Ort-Prüfung am 19. August 2019 sei aufgefallen, dass für einen Teil der in den aufgeführten Monaten gemeldeten Personen, wie sich aus den Anlagen zum Bescheid ergebe, eine Überzahlung erfolgt sei, da entsprechende zahlungsbegründende Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Gemäß § 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) nehme er unter Beachtung des ihm zustehenden Ermessens die rechtswidrigen Zahlungsmitteilungen zurück. Es bestehe auch kein Vertrauensschutz auf den Bestand der Zahlungsmitteilungen. Dies gelte bereits mit Blick auf § 4 Abs. 7 FlüAG NRW in Verbindung mit dem Runderlass des MKFFI gemäß § 4 Abs. 6 FlüAG NRW zum Verfahren der FlüAG-Bestandsmeldungen und Auszahlung der FlüAG-Pauschale vom 26. Juni 2018, in dem im Falle einer rechtsgrundlosen Auszahlung der monatlichen Pauschale explizit auf die Möglichkeit einer separaten Rückforderung hingewiesen werde. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Rücknahme im Wesentlichen auf der Tatsache beruhe, dass erst nach Auszahlung der Pauschale ausländerrechtliche Zusammenhänge bekannt geworden seien, die dazu führten, dass die relevanten Personen als nicht bzw. nicht mehr abrechnungsfähig im Sinne des FlüAG NRW anzusehen gewesen seien. Da die Klägerin jedoch gemäß dem Erlass vom 26. Juni 2018 dazu verpflichtet sei, sämtliche Meldevoraussetzungen substantiiert darzulegen, beruhe der rechtswidrige Auszahlungsbescheid gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG NRW auf unvollständigen Angaben. Dabei beträfen die genannten Meldevoraussetzungen sämtliche für den Anspruch nach FlüAG NRW relevanten Rechtsaspekte, d. h. sowohl leistungs- als auch ausländerrechtliche Zusammenhänge. Eine Prüfung dieser Voraussetzungen sei für die Frage, ob eine Person im Sinne von § 2 FlüAG NRW meldefähig sei, unumgänglich. Grundsätzlich liege die Sicherstellung des Zugriffs sowie die Pflege der relevanten Daten im Verantwortungs- und Organisationsbereich der Kommune. Dies gelte insbesondere für diejenigen Daten, für deren Eingabe die Kommune selber zuständig sei. Auch der hierfür erforderliche Informationsfluss zwischen den jeweiligen Dienststellen innerhalb der Kommune sei durch diese selbstständig zu gewährleisten. Schließlich liege es auch in der alleinigen Entscheidungshoheit der Kommune, ob sie sich zur Prüfung der Meldevoraussetzungen allein der durch sie gepflegten bzw. genutzten Datenbanken wie ADVIS oder AZR bediene oder zwecks Verifizierung der genannten Daten auf persönliche Vorstellungen und Vorlage der Dokumente durch die Betroffenen zurückgreife. Ihr Vertrauen sei daher auch aus diesem Grund nicht schutzwürdig. Selbst bei der Annahme, dass die Klägerin auf den Bestand der Zahlungsmitteilungen hätte vertrauen können, falle die Abwägung zwischen ihrem und dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme der rechtswidrigen Zahlungsmitteilungen zu Gunsten des öffentlichen Interesses aus. 6Die Klägerin hat am 4. Februar 2020 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der Zahlungsmitteilungen gemäß § 48 Abs. 2 VwVfG NRW gegeben sei. Vertrauensschutz bestehe grundsätzlich, wenn der Begünstigte die gewährten Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Dies sei vorliegend der Fall. Sie habe für die in Rede stehenden Meldemonate höhere Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge verauslagt, als sie Zuwendungen erhalten habe, die nunmehr zurückgefordert würden. Zudem habe sie entgegen den Ausführungen des Beklagten in dem Aufhebungsbescheid alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Abgabe zutreffender Meldungen ausgeschöpft. Sie weise jeden Leistungsempfänger ausdrücklich auf die Anzeige- und Mitwirkungspflichten hin. Sie vergleiche ihre Angaben in der AZR-Importtabelle vor einer entsprechenden Meldung mit den Angaben, die für sie im ADVIS zur Verfügung stünden. Andere Kontrollmöglichkeiten bestünden nicht. Insbesondere sei ihr eine Befragung der Asylbewerber bereits aufgrund der Vielzahl der Fälle nicht möglich. Hinzukomme, dass die Asylbewerber teilweise ihren aktuellen Status nicht kennen würden oder nicht in der Lage seien, in deutscher Sprache zu kommunizieren. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, dass nunmehr bei einer Vor-Ort-Prüfung festgestellt worden sei, dass der Datenbestand im August 2019 im AZR und ADVIS andere Personenzahlen rechtfertige, als der Datenbestand zur Zeit der jeweiligen Meldungen in den hier in Rede stehenden Meldemonaten. Die Datenbestände im AZR und ADVIS würden und könnten auch nicht von ihr gepflegt werden. Auf deren Aktualität müsse sie vertrauen dürfen. Zur Zeit der FlüAG-Meldungen hätten die Angaben den Datensätzen in ADVIS und AZR entsprochen. Der Beklagte habe die Meldungen selbst monatlich überprüft und nicht beanstandet. Insoweit müsse berücksichtigt werden, dass die DiAs Software in Abstimmung mit dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen eigens für die FlüAG-Datenanalyse entwickelt worden sei. Vor dem Hintergrund könne es nicht richtig sein, dass der Beklagte sich nun darauf berufe, dass sie den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Jedenfalls im Rahmen der Ermessensentscheidung sei die fehlende Kenntnis bzw. unverschuldete Unkenntnis zu berücksichtigen. Dies sei nicht geschehen. Daher sei die Entscheidung des Beklagten ermessensfehlerhaft. 7Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, 8den Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 17. Dezember 2019 aufzuheben. 9Mit Bescheid vom 22. Dezember 2020 hat der Beklagte die Zahlungsmitteilungen für die Meldemonate Februar bis Mai sowie Juli bis Dezember 2017 zurückgenommen, soweit sie die aus der dem Bescheid beigefügten Anlage ersichtlichen überzahlten FlüAG-Pauschalen enthielten (Ziffer 1). Zudem hat er die bereits ergangenen Rückforderungsbescheide zurückgenommen und diese durch den Bescheid vom 22. Dezember 2020 ersetzt, soweit sie sich auf das Jahr 2017 bezogen und die aus der beigefügten Anlage ersichtlichen überzahlten FlüAG-Pauschalen enthielten (Ziffer 2). Schließlich hat er die Klägerin zur Erstattung eines Überzahlungsbetrages in Höhe von 55.424,00 Euro aufgefordert (Ziffer 4). Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt, es sei festgestellt worden, dass für einen Teil der von der Klägerin gemeldeten Personen eine Überzahlung erfolgt sei, da entsprechende zahlungsbegründende Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. In den betreffenden Monaten sei für die in der Anlage aufgeführten Personen eine Auszahlung ohne Rechtsgrund erfolgt. Im Rahmen des nach § 48 VwVfG NRW grundsätzlich bestehenden Ermessens würden die rechtswidrigen Zahlungsmitteilungen zurückgenommen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sowohl § 4 Abs. 7 FlüAG NRW als auch der Erlass des MKFFI vom 26. Juni 2018 die Verpflichtung zur Rückzahlung bei zu Unrecht gewährten Leistungen ausdrücklich vorsähen. Danach sei eine Auszahlung ohne Rechtsgrund durch die Gemeinde zu erstatten bzw. eine fehlerhafte Zahlungsmitteilung zurückzunehmen. Sein Ermessen sei insofern durch die genannten Vorgaben intendiert. Da der Klägerin die gesetzlichen Regelungen bekannt gewesen seien, habe sie auf den Bestand der Zahlungsmitteilungen nicht vertrauen können. Selbst wenn die Klägerin auf den Bestand der Zahlungsmitteilungen hätte vertrauen können, falle die Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme der rechtswidrigen Zahlungsmitteilungen zu Gunsten des öffentlichen Interesses aus. 10Daraufhin hat die Klägerin am 19. Januar 2021 auch gegen den Bescheid vom 22. Dezember 2020 Klage erhoben und macht insoweit zur Begründung geltend, dass erhebliche Bedenken gegen die Bestimmtheit des Bescheides gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG NRW bestünden. Aus dem Bescheid gehe nicht hervor, für welche Personen aufgrund welcher fehlerhaften Angaben die Auszahlung zu Unrecht erfolgt sei. Ebenso wenig würden die einzelnen Beträge der Bewilligungsbescheide näher genannt, sondern auf einen nicht näher erläuterten Betrag in Höhe von 55.424,00 Euro abgestellt. Des Weiteren sei der Rückforderungsbescheid nicht binnen der Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG NRW erfolgt, da die Vor-Ort-Prüfung bereits am 19. August 2019 stattgefunden habe. Die Zuwendungen seien zudem verbraucht, da die tatsächlichen Ausgaben die erhaltenen Pauschalen überstiegen hätten. 11In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen. 12Die Klägerin beantragt nunmehr, 131.14den Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 17. Dezember 2019 aufzuheben, soweit in den in den Anlagen des Bescheides genannten Fällen Nr. 1, 3, 4, 6, 7, 13 bis 15, 18, 23 bis 25, 30 und 35 Zahlungsmitteilungen für die Meldemonate April 2017 und Mai 2017 sowie Februar 2018 bis Juli 2019 aufgehoben wurden und der Betrag, der zurückgenommenen Erstattungen 28.578,00 Euro übersteigt, 2.15den Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 22. Dezember 2020 aufzuheben. 16Der Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Der Beklagte trägt zur Verteidigung seiner Bescheide vor, dass der Verbrauch der Zuwendungen durch die Klägerin nicht bestritten werde. Allerdings könne sich eine Behörde gegenüber einer anderen Behörde nicht auf den in § 48 Abs. 2 VwVfG NRW normierten Vertrauensschutz berufen. Dies gelte auch für eine Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft. Vielmehr müsse die Klägerin darauf achten, dass öffentliche Mittel sachgerecht und rechtmäßig verwendet würden. Zudem sei eine Berufung auf Vertrauensschutz ausgeschlossen, weil die zurückgenommenen Verwaltungsakte auf Angaben beruhten, die unrichtig gewesen seien. Es sei unstreitig, dass die Angaben in AZR bzw. ADVIS im Zeitpunkt der Meldung durch die Klägerin bzw. des Erlasses der Zahlungsmitteilung objektiv unrichtig bzw. unvollständig gewesen seien. Daher beruhe der rechtswidrige Verwaltungsakt auf unrichtigen Angaben der Klägerin. Maßstab für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Angaben sei dabei die wahre Rechtslage und nicht die in AZR oder ADVIS vorhandenen Daten. Die genannten Vor-Ort-Prüfungen dienten daher gerade dazu, vorliegende Daten zu überprüfen und entsprechende Nachweise einzufordern. Die genannte Vorgehensweise sei der Klägerin auf Basis des Erlasses des MKFFI vom 26. Juni 2018 bekannt gewesen. Indem die Klägerin die Meldung auf Basis der genannten Daten an ihn abgegeben habe, habe sie den rechtswidrigen Verwaltungsakt auch erwirkt. Zutreffend sei, dass weder der Klägerin noch ihm bei der Prüfung positiv die Unrichtigkeit und/oder Unvollständigkeit der Angaben bekannt gewesen sei. Das Verschulden sei für den Ausschluss des Vertrauensschutzes jedoch nicht Voraussetzung. Die Vorschrift gehe vielmehr davon aus, dass es im Verantwortungsbereich der Klägerin liege, richtige und vollständige Angaben zu machen. Die bloße Verursachung der Rechtswidrigkeit sei ausreichend für den Ausschluss des Vertrauensschutzes. Aufgrund der eindeutigen Erlasslage liege es im Verantwortungsbereich der Klägerin, die Meldevoraussetzungen substantiiert vorzutragen und die notwendigen Informationen von der Ausländerbehörde einzuholen, selbst wenn die Klägerin keinen Einfluss auf die Pflege der entsprechenden Datenbanken habe. Der Behauptung der Klägerin, die Pauschale sei nicht auskömmlich, werde widersprochen. Insoweit nehme er Bezug auf das beigefügte Gutachten von Prof. Dr. M. von November 2018 „Evaluierung der Kostenpauschale nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW auf Grundlage eines Pauschalerstattungssystems“. Die Vorschriften zur Entreicherung seien im öffentlichen Recht aber auch nicht ohne weiteres entsprechend anwendbar. Der Bescheid vom 22. Dezember 2020 sei hinreichend bestimmt. Die Regelungen und Rechtsfolgen des Verwaltungsaktes seien eindeutig und vollständig. Auch die Höhe des Rückforderungsbetrages sei beziffert. Zudem ergebe sich die Berechnung der Rückforderungssumme aus der im Bescheid in Bezug genommenen Anlage. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Soweit die Klägerin die Klage gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2019 zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2019 insoweit, als mit diesem ein Rückforderungsbetrag über 164.540,00 Euro hinaus geltend gemacht wird, mithin in Höhe von 28.578,00 Euro zurückgenommen. 22Die mit Schriftsatz der Klägerin vom 19. Januar 2021 erklärte Klageänderung in der Form der Klageerweiterung ist zulässig, da sich der Beklagte sachlich auf diese eingelassen hat; sie ist im Übrigen auch sachdienlich, § 91 Abs. 1 und 2 VwGO. 23Die zulässige geänderte Klage ist begründet. 24Die Rücknahme- und Rückforderungsbescheide der Bezirksregierung Düsseldorf vom 17. Dezember 2019 und 22. Dezember 2020 sind, soweit sie noch angegriffen sind, rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 25Der Beklagte hat mit den angefochtenen Rücknahme- und Rückforderungsbescheiden vom 17. Dezember 2019 (Ziffer 1) und 22. Dezember 2020 (Ziffer 2) zu Unrecht die Gewährung der Kostenpauschale nach dem FlüAG NRW für die in den jeweiligen Anlagen zu den Bescheiden genannten Personen für die Monate April und Mai 2017 sowie Februar 2018 bis Juli 2019 in Höhe von 164.540,00 Euro und die Monate Februar bis Mai sowie Juli bis Dezember 2017 in Höhe von 55.424,00 Euro aufgehoben und diesen Betrag von der Klägerin zurückgefordert (Ziffer 3). 261. 27Es liegen zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rücknahme der jeweiligen Zahlungsmitteilungen vor. Die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Rücknahmeentscheidung vom 17. Dezember 2019 ergibt sich aber aus einer fehlerhaften Ermessensausübung der Bezirksregierung Düsseldorf. 28Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. 29Der Beklagte geht zutreffend davon aus, dass es sich bei den zurückgenommenen Zahlungsmitteilungen jeweils um einen solchen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt, da die Kostenpauschale in den genannten Monaten für die in der Anlage des Bescheides genannten Personen nicht hätte bewilligt werden dürfen. Denn es lagen bereits bei Erlass der Zahlungsmitteilungen nicht die für eine Erstattungsfähigkeit der gemeindlichen Kosten notwendigen Voraussetzungen der §§ 4 und 2 FlüAG NRW vor. 30Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FlüAG NRW stellt das Land den Gemeinden für die Aufnahme und Unterbringung sowie für die Versorgung der ausländischen Flüchtlinge monatlich für jede Person im Sinne des § 2 FlüAG NRW eine Kostenpauschale zur Verfügung. § 2 FlüAG NRW umfasst unter anderem ausländische Personen, die um Asyl nachgesucht, einen Asylantrag gestellt, einen Folgeantrag nach § 71 des Asylgesetzes (AsylG) oder einen Zweitantrag nach § 71a AsylG gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes zu wohnen. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 FlüAG NRW endet die Zahlungsverpflichtung des Landes für alle ausländischen Personen nach § 2 Nr. 1 und 1a FlüAG NRW in dem Monat, in dem sie als Asylberechtigte anerkannt wurden, beziehungsweise in dem Monat, in dem die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzes erfolgt ist, oder drei Monate nach Eintritt der vollziehbaren Ausreisepflicht. Maßgeblich für die Gewährung der Kostenpauschale ist angesichts des Wortlauts der Normen, dass eine von § 2 FlüAG NRW erfasste Person gemeldet wird und kein Fall des § 4 Abs. 5 FlüAG NRW vorliegt. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten lagen diese Voraussetzungen in den streitgegenständlichen Fällen bei Meldung der Personen nicht vor. Für die Frage der Rechtswidrigkeit der erlassenen Zahlungsmitteilungen kommt es auch nicht darauf an, dass die Klägerin den Meldungen die zu diesem Zeitpunkt für sie verfügbaren Daten zugrunde gelegt hat und keine Kenntnis von deren Unrichtigkeit hatte. Denn für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Zahlungsmitteilungen ist alleine die tatsächliche Rechtlage zum Zeitpunkt deren Erlasses entscheidend. 31Der Rücknahme der Zahlungsmitteilungen stehen auch nicht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW die Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 entgegen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt der u. a. eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf dem Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, können sich Gebietskörperschaften als Untergliederung des Staates nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Denn das Institut des Vertrauensschutzes ist in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 242 BGB im Verwaltungsrecht entwickelt worden, um den Staatsbürger unter gewissen Voraussetzungen im Vertrauen auf Maßnahmen der Verwaltung zu schützen. Eines solchen Schutzes bedarf die Verwaltung hingegen in der Regel nicht. Das gilt auch für Selbstverwaltungskörperschaften wie Gemeinden, die – ungeachtet ihrer Autonomie – dem Staat eingegliedert sind. 32Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2006 – 3 C 23/05 –, juris. 33Es liegt auch kein Fall vor, der eine Ausnahme von diesem Ausschluss der Berufung auf Vertrauensschutz rechtfertigen würde. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 2. Juli 1997 – 12 A 1080/95 – angenommen, dass einer Gemeinde eine Berufung auf Vertrauensschutz dann nicht verwehrt ist, wenn sie letztlich nur als Bote tätig wird, weil sie nicht endgültiger Empfänger der Zuwendung, sondern verpflichtet ist, diese an eine natürliche Person weiterzugeben, die sich wiederum auf Vertrauensschutz berufen kann. Diese Erwägungen sind hingegen auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Freilich besteht auch hier ein Zusammenhang zwischen den von den Kommunen an die Asylbewerber zu erbringenden Leistungen nach dem AsylbLG und der vom Land an die Kommunen zur Kompensation dieser Leistungen zu zahlenden FlüAG-Pauschalen. Allerdings handelt es sich dabei um zwei eigenständige Regelungssysteme und die Klägerin wird nicht lediglich als Bote der Zahlung des Landes an den Asylbewerber tätig. Vielmehr erhält sie die Pauschale des Landes unabhängig von dem konkreten Umfang der von ihr erbrachten Leistung nach dem AsylbLG. 34Der Ausschluss von Vertrauensschutz im Verhältnis zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung bedeutet indes wegen des gleichermaßen zu berücksichtigenden Gesichtspunkts der Rechtssicherheit nicht, dass ein an einen Hoheitsträger gerichteter rechtswidriger Verwaltungsakt stets korrigiert werden muss. Die besonderen Umstände des Einzelfalles müssen vielmehr im Rahmen des Rücknahmeermessens berücksichtigt werden. 35Daran fehlt es vorliegend. 36Der Beklagte hat das ihm nach § 48 Abs. 1 VwVfG NRW zukommende Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, § 40 VwVfG NRW. 37Die ordnungsgemäße Ausübung von Ermessen setzt voraus, dass die Behörde die im Rahmen der gesetzlichen Ermessensvorschrift liegenden Handlungsmöglichkeiten erkennt, den Zweck der Ermächtigung und die Wertungen der Rechtsordnung in den Blick nimmt und ihre Entscheidung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nach umfassender Abwägung des Für und Wider trifft (vgl. § 40 VwVfG NRW). Dabei darf sie grundsätzlich Richtlinien zur Lenkung des Ermessens erlassen. Diese Richtlinien müssen jedoch ihrerseits am Zweck der Ermächtigung orientiert und sachgerecht sein. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wird (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). 38Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. März 2008 – OVG 4 B 18.07 –, juris, Rn. 26. 39Hiernach erweist sich die Ermessensausübung des Beklagten in dem Bescheid vom 17. Dezember 2019 als fehlerhaft. 40Der Beklagte stützt sich in dem Bescheid darauf, dass die Zahlungen zu Unrecht erfolgt seien und die Klägerin auf den Bestand der Zahlungsmitteilungen nicht habe vertrauen können. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ist hingegen bereits Tatbestandsvoraussetzung und vermag daher das Ermessen nicht in eine bestimmte Richtung zu lenken. Im Hinblick auf die weiteren Erwägungen ist bereits unklar, ob der Beklagte ein intendiertes Ermessen annimmt und die Ermessensausübung bereits aus diesem Grund fehlerhaft ist. Denn ein intendiertes Ermessen liegt nicht vor. Ein solches ergibt sich insbesondere nicht aus § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG NRW, wonach der Verwaltungsakt in der Regel zurückzunehmen ist, wenn die Berufung auf Vertrauensschutz ausscheidet, weil der rechtswidrige Verwaltungsakt von dem Begünstigten durch unrichtige Angaben erwirkt wurde, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG NRW. Ein Erwirken der Zahlungsmitteilungen durch unrichtige Angaben liegt nicht vor. Zwar ist insoweit unerheblich, ob die Unrichtigkeit der Angaben erst nach eingehender Prüfung erkannt werden kann und die fehlerhaften Angaben schuldhaft gemacht worden sind. Voraussetzung ist jedoch auch das „Erwirken“ des rechtswidrigen Verwaltungsaktes durch die unrichtigen Angaben. An diesem Merkmal fehlt es. „Erwirken“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes Handeln voraus, das auf eine bestimmte (Rechts-)Folge gerichtet ist und liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Begünstigte alles ihm Zumutbare zur Abgabe zutreffender Angaben unternommen hat. 41Vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, § 48 VwVfG, Rn. 150. 42Ein solches zweck- und zielgerichtetes auf die Erlangung einer entsprechenden Begünstigung gerichtetes Verhalten kann der Vorgehensweise der Klägerin nicht entnommen werden. Sie hat zur Abgabe der Meldungen die ihr zur Verfügung stehenden vom Bundesverwaltungsamt und der für sie zuständigen Ausländerbehörde gepflegten Datenbanken genutzt und auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Daten ebenso wie der Beklagte vertraut, der die Datenbanken zwecks Prüfung der klägerischen Meldungen heranzieht. 43Das Ermessen des Beklagten wurde auch nicht sachgerecht durch den von ihm angeführten Erlass des MKFFI vom 26. Juni 2018 oder die Regelung in § 4 Abs. 7 FlüAG NRW in Richtung einer Rücknahme der Zahlungsmitteilungen gelenkt. Die gesetzliche Vorgabe verhält sich lediglich zu einer der Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes nachgehenden Rückforderung der gezahlten Kostenpauschalen. Die Ausführungen in dem Erlass stellen ebenfalls keine sachgerechte Lenkung des Ermessens dar, da in diesem pauschal die Rücknahme rechtsgrundlos erlassener Zahlungsmitteilungen ausgesprochen wird, ohne insoweit die jeweiligen Interessen und Verantwortungsbereiche der Beteiligten bei den Meldungen zu berücksichtigen. Dies wäre hingegen entweder in dem Erlass oder in den weiteren „freien“ Ermessenserwägungen des Beklagten in dem Bescheid erforderlich gewesen. Der Beklagte bürdet in dem streitgegenständlichen Bescheid das Risiko unzutreffender Meldungen vollständig der Klägerin auf. Dabei gesteht er zwar ein, dass die Klägerin die Datenbanken nicht selbst pflegt, es hingegen in ihrem Organisationsbereich liege, sich die zutreffenden Informationen für eine Meldung zu beschaffen. Eine derartig einseitige Gewichtung lässt hingegen angesichts des vom Beklagten vorgegebenen Meldesystems und des Außerachtlassens des eigenen Verantwortungsbereiches wesentliche Aspekte unberücksichtigt. Der Beklagte setzt sich unzureichend mit dem Gesichtspunkt alternativer, zumutbarer Möglichkeiten der Klägerin zur Informationsgewinnung sowie der jeweiligen Risikoverteilung auseinander. Insofern wäre etwa zu berücksichtigen gewesen, dass der Bezirksregierung Düsseldorf aufgrund ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde über die für die Klägerin zuständige Ausländerbehörde des Kreises X. ein wesentlich größerer Einfluss auf die von der Ausländerbehörde gepflegte Datenbank zukommt als der Klägerin, die auf eine zeitnahe Eingabe der aktuellen Erkenntnisse angewiesen ist, eine solche hingegen anders als die Bezirksregierung Düsseldorf nicht anweisen kann. Die von dem Beklagten angeführten möglichen Befragungen der Asylbewerber beinhalten, wie bereits dargestellt, bei Betrachtung der Vielzahl der monatlich zu Meldenden, der Meldefrist, der Sprachbarriere und der bei realitätsnaher Betrachtung häufigen Unkenntnis der Asylbewerber von ihrem aktuellen Status Hindernisse, die der Beklagte wiederum bei seinen Ermessenserwägungen nicht berücksichtigt hat. Dies gilt ebenso für den in der mündlichen Verhandlung angeführten Aspekt, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, bei der zuständigen Ausländerbehörde des Kreises X. nach dem Status des jeweiligen Asylbewerbers zu fragen. Insoweit räumt der Beklagte in der mündlichen Verhandlung selbst ein, dass ein monatliches Nachfragen in allen Fällen sowohl der Klägerin als auch dem Kreis X. , der auch die Fragen der weiteren kreisangehörigen Städte bedienen müsste, nicht zumutbar sei und zur Vermeidung solcher Nachfragen gerade die ADVIS-Datenbank dienen solle. Der Erwägung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, dass in erkennbar problematischen Einzelfällen ein gezieltes Nachfragen der Klägerin geboten sei, ist nichts entgegenzuhalten. Allerdings hat diese Erwägung keinen Eingang in die Ermessensabwägung in dem streitgegenständlichen Bescheid gefunden. Der Beklagte hat insoweit nicht dargestellt, welche Fälle die Klägerin als problematisch hätte erkennen können und welche somit eine Nachfrage erforderlich gemacht hätten. Die in der mündlichen Verhandlung dargestellte Überlegung, dass eine gezielte Nachfrage bei der Ausländerbehörde etwa bei Dublin-Verfahren oder bei Fällen, in denen eine Rückforderung von über 12 Monaten erfolgt sei, geboten und für die Klägerin erkennbar gewesen sei, findet sich ebenfalls nicht in dem streitgegenständlichen Bescheid, mit dem unterschiedslos Zahlungsmitteilungen von einem bis 19 Monaten zurückgenommen werden. 44Der weitere Einwand des Beklagten, dass eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Vermeidbarkeit der gerügten Fehler im Rahmen der Ermessenerwägungen nicht möglich gewesen sei, weil die Klägerin im Rahmen des Anhörungsverfahrens nicht detailliert geltend gemacht habe, aus welchem Grund ihr die Unrichtigkeit der Daten nicht aufgefallen sei, führt zu keiner anderen Bewertung. Der Beklagte geht insoweit zutreffend davon aus, dass das Maß an Differenziertheit der Ermessenserwägungen mit der Ausführlichkeit der dem Bescheid vorgehenden Stellungnahmen korreliert, und die Klägerin im Anhörungsverfahren vergleichsweise pauschal geltend gemacht hat, dass sie keine Kenntnis von der Unrichtigkeit der Daten gehabt habe und auch nicht hätte haben können. Daher hätte es auch keiner jeden Einzelfall betrachtenden Abwägung bedurft. Vorliegend fehlt es hingegen, wie dargelegt, bereits an einer allgemeinen Abwägung der jeweiligen Verantwortungsbereiche und Risikosphären. 45Der Beklagte hat auch keine derartigen Ermessenserwägungen nachgeschoben. Ein Nachschieben von Ermessen muss genügend bestimmt geschehen. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit ergibt sich aus § 37 Abs. 1 VwVfG NRW und gilt als Ausprägung des Rechtsstaatsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) auch für die Änderung eines Verwaltungsakts einschließlich seiner Begründung. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. 46Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 46/12 –, juris, Rn. 35. 47Der Beklagte hat bereits nicht eindeutig kenntlich macht, dass er seine Ermessenserwägungen durch sein Vorbringen im Klageverfahren ergänzen möchte. Vielmehr handelt es sich bei dem Vorbringen des Beklagten um Verteidigungsvorbringen. Insoweit wiederholt er seine im Bescheid angeführten Erwägungen, aus welchem Grund es in dem alleinigen Verantwortungsbereich der Klägerin liege, zutreffende Meldungen abzugeben. Zudem führt der Beklagte wiederholt aus, dass der Klägerin aufgrund von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG NRW kein Vertrauensschutz zukommt. Dabei handelt es sich hingegen um Ausführungen, die den Tatbestand und nicht die Rechtsfolge der Rücknahme betreffen. 48Das Ermessen des Beklagten ist auch nicht auf Null reduziert. Nach dem Vorstehenden liegen keine Umstände vor, die als einzig fehlerfreie Entscheidung die Rücknahme der Zahlungsmitteilungen geboten erscheinen lassen. 492. 50Der Aufhebungsbescheid vom 22. Dezember 2020, in dem der Beklagte ein intendiertes Ermessen aufgrund des Erlasses des MKFFI vom 26. Juni 2018 und der Regelung in § 4 Abs. 7 FlüAG NRW ausdrücklich annimmt, ein Vertrauen auf den Bestand des Bescheides ablehnt und ohne nähere Begründung ausführt, das öffentliche Interesse an einer Rücknahme überwiege das Interesse der Klägerin an dem Behalt der geleisteten Pauschalen, ist aus den dargestellten Gründen ebenfalls ermessensfehlerhaft. Vor diesem Hintergrund bedürfen die gleichfalls nicht unproblematischen Fragen des Vorliegens einer ordnungsgemäßen Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW und der hinreichenden Bestimmtheit des Bescheides nach § 37 Abs. 1 VwVfG NRW keiner weiteren Klärung. 513. 52Da die auf § 48 Abs. 1 VwVfG gestützten Rücknahmen der Zahlungsmitteilungen in den Bescheiden vom 17. Dezember 2019 und 22. Dezember 2020 aus den vorstehenden Gründen keinen Bestand haben, fehlt es für die auf § 49a Abs. 1 VwVfG NRW i. V. m. § 4 Abs. 7 FlüAG NRW fußenden Rückforderungen überzahlter Kostenpauschalen in den streitgegenständlichen Bescheiden bereits an der Erfüllung des Tatbestandes der Ermächtigungsgrundlagen. Die Rückforderungen unterliegen, soweit sie noch streitig sind, damit ebenfalls der Aufhebung. 53Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. 54Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711, § 709 der Zivilprozessordnung erfolgt. 55Das Gericht hatte keinen Anlass, die Berufung zuzulassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). 56Rechtsmittelbelehrung: 57Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 58Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 59Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 60Die Berufung ist nur zuzulassen, 611. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 622. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 633. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 644. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 655. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 66Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 67Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 68Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 69Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 70Beschluss 71Der Streitwert wird bis zum 18. Januar 2021 auf 193.118,00 Euro und ab dem 19. Januar 2021 auf 248.542,00 Euro festgesetzt. 72Gründe: 73Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes erfolgt. 74Rechtsmittelbelehrung: 75Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 76Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 77Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 78Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 79Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 80War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | das verfahren wird, soweit die klägerin die klage zurückgenommen hat, eingestellt. im übrigen wird der bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 17. dezember 2019 aufgehoben, soweit in den in den anlagen des bescheides genannten fällen nr. 1, 3, 4, 6, 7, 13 bis 15, 18, 23 bis 25, 30 und 35 zahlungsmitteilungen für die meldemonate april 2017 und mai 2017 sowie februar 2018 bis juli 2019 zurückgenommen wurden und der betrag der zurückgenommenen erstattungen 28.578,00 euro übersteigt. zudem wird der bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 22. dezember 2020 aufgehoben. die kosten des verfahrens tragen der beklagte zu 90 % und die klägerin zu 10 %. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar, für die klägerin jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des voll-streckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin ist nach § 1 des gesetzes über die zuweisung und aufnahme ausländischer flüchtlinge in der bis zum 12. november 2021 gültigen fassung (im folgenden: flüag nrw) verpflichtet die ihr nach § 2 flüag nrw zugewiesenen flüchtlinge aufzunehmen. nach § 4 flüag nrw stellte der beklagte der klägerin für die aufnahme und unterbringung sowie die versorgung der ausländischen flüchtlinge monatlich für jede person eine kostenpauschale in höhe von 866,00 euro zur verfügung. ausgenommen sind die personen, die aufgrund ihres einkommens oder vermögens keine leistungen nach dem asylbewerberleistungsgesetz (asylblg) erhalten. nach § 4 abs. 3 flüag nrw melden die gemeinden an die für sie zuständige bezirksregierung die personen im sinne des § 2 flüag nrw bis zum 10. des monates, der auf den monat folgt, für den eine meldung abzugeben ist. für eine solche meldung erstellt die kommune eine sogenannte azr-importtabelle und stellt diese über das digitale asylverfahren nrw (dias) online. das dias ist eine gemeinsame arbeitsplattform für alle behörden in nordrhein-westfalen, die in landeszuständigkeit am asylverfahren beteiligt sind. bei den meldungen der kommune über das dias erfolgt eine automatisierte abfrage im ausländerzentralregister (azr) beim bundesverwaltungsamt. sollten zwischen den angaben in der azr-importtabelle und der azr-abfrage unstimmigkeiten festgestellt werden, wird die kommune darauf hingewiesen und behebt die beanstandungen. sobald die beanstandungen behoben sind oder es keine gibt, gibt die kommune die azr-importtabelle im dias frei bzw. übermittelt diese an die bezirksregierung düsseldorf. die bezirksregierung düsseldorf prüft sodann ihrerseits die daten in der azr-importtabelle und gibt diese nach erfolgter prüfung gegenüber dem ministerium für kinder, familie, flüchtlinge und integration des landes nordrhein-westfalen (mkffi) frei. die kommune erhält sodann eine bestätigung per e-mail und eine zahlungsmitteilung der bezirksregierung düsseldorf. 3entsprechend adressierte die klägerin in den jahren 2017 bis 2019 meldungen an die bezirksregierung düsseldorf und erhielt, sofern im zuge der nachprüfung keine beanstandungen festgestellt wurden, die kostenpauschale. 4nach einer vor-ort-prüfung am 19. august 2019 hörte der beklagte die klägerin zu einer beabsichtigten rückforderung der kostenpauschale für insgesamt 35 personen und 267 monate an, da die zahlungen zu unrecht erfolgt seien. daraufhin erklärte die klägerin, dass sie für acht personen eine erstattung veranlasst habe. im übrigen berufe sie sich auf vertrauensschutz, welcher einer rückforderung entgegenstehe. die für die meldungen der ausländischen flüchtlinge erforderlichen personen- und sachstandsdaten zu den laufenden asylverfahren entnehme sie dem von der ausländerbehörde des kreises wesel gepflegten ausländerdaten-, verwaltungs- und informationssystem (advis) sowie dem azr. die dortigen angaben bildeten die grundlage der meldungen an den beklagten. in der praxis habe sich gezeigt, dass die datensätze häufig unzureichend und zeitverzögert gepflegt würden. nach der zuweisung neuer personen durch den beklagten dauere es oft mehrere monate bis die datensätze zur einsicht verfügbar seien. fehlende einträge würden teilweise mit dem datum der gültigkeit eingepflegt, d. h. nicht mit tagesdatum der bearbeitung. somit gelangten die meldenden kommunen häufig nicht an den tatsächlichen und aktuellen stand der jeweiligen asylverfahren. wegen der abgabe der jeweiligen meldung aufgrund der ihr vorliegenden informationen und deren freigabe habe sie auf die korrektheit der daten und eine daraus resultierende rechtmäßige gewährung der flüag-pauschale vertrauen dürfen. 5mit bescheid vom 17. dezember 2019 – bei der klägerin am 6. januar 2020 eingegangen – nahm der beklagte die zahlungsmitteilungen für die meldemonate april und mai 2017 sowie februar 2018 bis juli 2019 zurück (ziffer 1), erließ neue zuweisungen nach dem flüag nrw sowie zahlungsmitteilungen (ziffer 2) und forderte die klägerin zur erstattung von 193.118,00 euro auf (ziffer 3). zur begründung führte er aus, im rahmen der vor-ort-prüfung am 19. august 2019 sei aufgefallen, dass für einen teil der in den aufgeführten monaten gemeldeten personen, wie sich aus den anlagen zum bescheid ergebe, eine überzahlung erfolgt sei, da entsprechende zahlungsbegründende voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. gemäß § 48 abs. 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) nehme er unter beachtung des ihm zustehenden ermessens die rechtswidrigen zahlungsmitteilungen zurück. es bestehe auch kein vertrauensschutz auf den bestand der zahlungsmitteilungen. dies gelte bereits mit blick auf § 4 abs. 7 flüag nrw in verbindung mit dem runderlass des mkffi gemäß § 4 abs. 6 flüag nrw zum verfahren der flüag-bestandsmeldungen und auszahlung der flüag-pauschale vom 26. juni 2018, in dem im falle einer rechtsgrundlosen auszahlung der monatlichen pauschale explizit auf die möglichkeit einer separaten rückforderung hingewiesen werde. zu berücksichtigen sei zudem, dass die rücknahme im wesentlichen auf der tatsache beruhe, dass erst nach auszahlung der pauschale ausländerrechtliche zusammenhänge bekannt geworden seien, die dazu führten, dass die relevanten personen als nicht bzw. nicht mehr abrechnungsfähig im sinne des flüag nrw anzusehen gewesen seien. da die klägerin jedoch gemäß dem erlass vom 26. juni 2018 dazu verpflichtet sei, sämtliche meldevoraussetzungen substantiiert darzulegen, beruhe der rechtswidrige auszahlungsbescheid gemäß § 48 abs. 2 satz 3 nr. 2 vwvfg nrw auf unvollständigen angaben. dabei beträfen die genannten meldevoraussetzungen sämtliche für den anspruch nach flüag nrw relevanten rechtsaspekte, d. h. sowohl leistungs- als auch ausländerrechtliche zusammenhänge. eine prüfung dieser voraussetzungen sei für die frage, ob eine person im sinne von § 2 flüag nrw meldefähig sei, unumgänglich. grundsätzlich liege die sicherstellung des zugriffs sowie die pflege der relevanten daten im verantwortungs- und organisationsbereich der kommune. dies gelte insbesondere für diejenigen daten, für deren eingabe die kommune selber zuständig sei. auch der hierfür erforderliche informationsfluss zwischen den jeweiligen dienststellen innerhalb der kommune sei durch diese selbstständig zu gewährleisten. schließlich liege es auch in der alleinigen entscheidungshoheit der kommune, ob sie sich zur prüfung der meldevoraussetzungen allein der durch sie gepflegten bzw. genutzten datenbanken wie advis oder azr bediene oder zwecks verifizierung der genannten daten auf persönliche vorstellungen und vorlage der dokumente durch die betroffenen zurückgreife. ihr vertrauen sei daher auch aus diesem grund nicht schutzwürdig. selbst bei der annahme, dass die klägerin auf den bestand der zahlungsmitteilungen hätte vertrauen können, falle die abwägung zwischen ihrem und dem öffentlichen interesse an einer rücknahme der rechtswidrigen zahlungsmitteilungen zu gunsten des öffentlichen interesses aus. 6die klägerin hat am 4. februar 2020 klage erhoben. zur begründung führt sie aus, dass ein schutzwürdiges vertrauen auf den bestand der zahlungsmitteilungen gemäß § 48 abs. 2 vwvfg nrw gegeben sei. vertrauensschutz bestehe grundsätzlich, wenn der begünstigte die gewährten leistungen verbraucht oder eine vermögensdisposition getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren nachteilen rückgängig machen könne. dies sei vorliegend der fall. sie habe für die in rede stehenden meldemonate höhere kosten für die unterbringung der flüchtlinge verauslagt, als sie zuwendungen erhalten habe, die nunmehr zurückgefordert würden. zudem habe sie entgegen den ausführungen des beklagten in dem aufhebungsbescheid alle ihr zur verfügung stehenden mittel zur abgabe zutreffender meldungen ausgeschöpft. sie weise jeden leistungsempfänger ausdrücklich auf die anzeige- und mitwirkungspflichten hin. sie vergleiche ihre angaben in der azr-importtabelle vor einer entsprechenden meldung mit den angaben, die für sie im advis zur verfügung stünden. andere kontrollmöglichkeiten bestünden nicht. insbesondere sei ihr eine befragung der asylbewerber bereits aufgrund der vielzahl der fälle nicht möglich. hinzukomme, dass die asylbewerber teilweise ihren aktuellen status nicht kennen würden oder nicht in der lage seien, in deutscher sprache zu kommunizieren. es könne nicht zu ihren lasten gehen, dass nunmehr bei einer vor-ort-prüfung festgestellt worden sei, dass der datenbestand im august 2019 im azr und advis andere personenzahlen rechtfertige, als der datenbestand zur zeit der jeweiligen meldungen in den hier in rede stehenden meldemonaten. die datenbestände im azr und advis würden und könnten auch nicht von ihr gepflegt werden. auf deren aktualität müsse sie vertrauen dürfen. zur zeit der flüag-meldungen hätten die angaben den datensätzen in advis und azr entsprochen. der beklagte habe die meldungen selbst monatlich überprüft und nicht beanstandet. insoweit müsse berücksichtigt werden, dass die dias software in abstimmung mit dem ministerium für kinder, familie, flüchtlinge und integration des landes nordrhein-westfalen eigens für die flüag-datenanalyse entwickelt worden sei. vor dem hintergrund könne es nicht richtig sein, dass der beklagte sich nun darauf berufe, dass sie den verwaltungsakt durch angaben erwirkt habe, die in wesentlicher beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. jedenfalls im rahmen der ermessensentscheidung sei die fehlende kenntnis bzw. unverschuldete unkenntnis zu berücksichtigen. dies sei nicht geschehen. daher sei die entscheidung des beklagten ermessensfehlerhaft. 7die klägerin hat ursprünglich beantragt, 8den rückforderungsbescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 17. dezember 2019 aufzuheben. 9mit bescheid vom 22. dezember 2020 hat der beklagte die zahlungsmitteilungen für die meldemonate februar bis mai sowie juli bis dezember 2017 zurückgenommen, soweit sie die aus der dem bescheid beigefügten anlage ersichtlichen überzahlten flüag-pauschalen enthielten (ziffer 1). zudem hat er die bereits ergangenen rückforderungsbescheide zurückgenommen und diese durch den bescheid vom 22. dezember 2020 ersetzt, soweit sie sich auf das jahr 2017 bezogen und die aus der beigefügten anlage ersichtlichen überzahlten flüag-pauschalen enthielten (ziffer 2). schließlich hat er die klägerin zur erstattung eines überzahlungsbetrages in höhe von 55.424,00 euro aufgefordert (ziffer 4). zur begründung hat der beklagte ausgeführt, es sei festgestellt worden, dass für einen teil der von der klägerin gemeldeten personen eine überzahlung erfolgt sei, da entsprechende zahlungsbegründende voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. in den betreffenden monaten sei für die in der anlage aufgeführten personen eine auszahlung ohne rechtsgrund erfolgt. im rahmen des nach § 48 vwvfg nrw grundsätzlich bestehenden ermessens würden die rechtswidrigen zahlungsmitteilungen zurückgenommen. dabei sei zu berücksichtigen, dass sowohl § 4 abs. 7 flüag nrw als auch der erlass des mkffi vom 26. juni 2018 die verpflichtung zur rückzahlung bei zu unrecht gewährten leistungen ausdrücklich vorsähen. danach sei eine auszahlung ohne rechtsgrund durch die gemeinde zu erstatten bzw. eine fehlerhafte zahlungsmitteilung zurückzunehmen. sein ermessen sei insofern durch die genannten vorgaben intendiert. da der klägerin die gesetzlichen regelungen bekannt gewesen seien, habe sie auf den bestand der zahlungsmitteilungen nicht vertrauen können. selbst wenn die klägerin auf den bestand der zahlungsmitteilungen hätte vertrauen können, falle die abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme der rechtswidrigen zahlungsmitteilungen zu gunsten des öffentlichen interesses aus. 10daraufhin hat die klägerin am 19. januar 2021 auch gegen den bescheid vom 22. dezember 2020 klage erhoben und macht insoweit zur begründung geltend, dass erhebliche bedenken gegen die bestimmtheit des bescheides gemäß § 37 abs. 1 vwvfg nrw bestünden. aus dem bescheid gehe nicht hervor, für welche personen aufgrund welcher fehlerhaften angaben die auszahlung zu unrecht erfolgt sei. ebenso wenig würden die einzelnen beträge der bewilligungsbescheide näher genannt, sondern auf einen nicht näher erläuterten betrag in höhe von 55.424,00 euro abgestellt. des weiteren sei der rückforderungsbescheid nicht binnen der jahresfrist gemäß § 48 abs. 4 vwvfg nrw erfolgt, da die vor-ort-prüfung bereits am 19. august 2019 stattgefunden habe. die zuwendungen seien zudem verbraucht, da die tatsächlichen ausgaben die erhaltenen pauschalen überstiegen hätten. 11in der mündlichen verhandlung hat die klägerin die klage teilweise zurückgenommen. 12die klägerin beantragt nunmehr, 131.14den bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 17. dezember 2019 aufzuheben, soweit in den in den anlagen des bescheides genannten fällen nr. 1, 3, 4, 6, 7, 13 bis 15, 18, 23 bis 25, 30 und 35 zahlungsmitteilungen für die meldemonate april 2017 und mai 2017 sowie februar 2018 bis juli 2019 aufgehoben wurden und der betrag, der zurückgenommenen erstattungen 28.578,00 euro übersteigt, 2.15den bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 22. dezember 2020 aufzuheben. 16der beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18der beklagte trägt zur verteidigung seiner bescheide vor, dass der verbrauch der zuwendungen durch die klägerin nicht bestritten werde. allerdings könne sich eine behörde gegenüber einer anderen behörde nicht auf den in § 48 abs. 2 vwvfg nrw normierten vertrauensschutz berufen. dies gelte auch für eine gemeinde als selbstverwaltungskörperschaft. vielmehr müsse die klägerin darauf achten, dass öffentliche mittel sachgerecht und rechtmäßig verwendet würden. zudem sei eine berufung auf vertrauensschutz ausgeschlossen, weil die zurückgenommenen verwaltungsakte auf angaben beruhten, die unrichtig gewesen seien. es sei unstreitig, dass die angaben in azr bzw. advis im zeitpunkt der meldung durch die klägerin bzw. des erlasses der zahlungsmitteilung objektiv unrichtig bzw. unvollständig gewesen seien. daher beruhe der rechtswidrige verwaltungsakt auf unrichtigen angaben der klägerin. maßstab für die richtigkeit oder unrichtigkeit der angaben sei dabei die wahre rechtslage und nicht die in azr oder advis vorhandenen daten. die genannten vor-ort-prüfungen dienten daher gerade dazu, vorliegende daten zu überprüfen und entsprechende nachweise einzufordern. die genannte vorgehensweise sei der klägerin auf basis des erlasses des mkffi vom 26. juni 2018 bekannt gewesen. indem die klägerin die meldung auf basis der genannten daten an ihn abgegeben habe, habe sie den rechtswidrigen verwaltungsakt auch erwirkt. zutreffend sei, dass weder der klägerin noch ihm bei der prüfung positiv die unrichtigkeit und/oder unvollständigkeit der angaben bekannt gewesen sei. das verschulden sei für den ausschluss des vertrauensschutzes jedoch nicht voraussetzung. die vorschrift gehe vielmehr davon aus, dass es im verantwortungsbereich der klägerin liege, richtige und vollständige angaben zu machen. die bloße verursachung der rechtswidrigkeit sei ausreichend für den ausschluss des vertrauensschutzes. aufgrund der eindeutigen erlasslage liege es im verantwortungsbereich der klägerin, die meldevoraussetzungen substantiiert vorzutragen und die notwendigen informationen von der ausländerbehörde einzuholen, selbst wenn die klägerin keinen einfluss auf die pflege der entsprechenden datenbanken habe. der behauptung der klägerin, die pauschale sei nicht auskömmlich, werde widersprochen. insoweit nehme er bezug auf das beigefügte gutachten von prof. dr. m. von november 2018 „evaluierung der kostenpauschale nach dem flüchtlingsaufnahmegesetz nrw auf grundlage eines pauschalerstattungssystems“. die vorschriften zur entreicherung seien im öffentlichen recht aber auch nicht ohne weiteres entsprechend anwendbar. der bescheid vom 22. dezember 2020 sei hinreichend bestimmt. die regelungen und rechtsfolgen des verwaltungsaktes seien eindeutig und vollständig. auch die höhe des rückforderungsbetrages sei beziffert. zudem ergebe sich die berechnung der rückforderungssumme aus der im bescheid in bezug genommenen anlage. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 20 | 21soweit die klägerin die klage gegen den bescheid vom 17. dezember 2019 zurückgenommen hat, war das verfahren gemäß § 92 abs. 3 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) einzustellen. in der mündlichen verhandlung hat die klägerin die klage gegen den bescheid vom 17. dezember 2019 insoweit, als mit diesem ein rückforderungsbetrag über 164.540,00 euro hinaus geltend gemacht wird, mithin in höhe von 28.578,00 euro zurückgenommen. 22die mit schriftsatz der klägerin vom 19. januar 2021 erklärte klageänderung in der form der klageerweiterung ist zulässig, da sich der beklagte sachlich auf diese eingelassen hat; sie ist im übrigen auch sachdienlich, § 91 abs. 1 und 2 vwgo. 23die zulässige geänderte klage ist begründet. 24die rücknahme- und rückforderungsbescheide der bezirksregierung düsseldorf vom 17. dezember 2019 und 22. dezember 2020 sind, soweit sie noch angegriffen sind, rechtswidrig und verletzen die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 25der beklagte hat mit den angefochtenen rücknahme- und rückforderungsbescheiden vom 17. dezember 2019 (ziffer 1) und 22. dezember 2020 (ziffer 2) zu unrecht die gewährung der kostenpauschale nach dem flüag nrw für die in den jeweiligen anlagen zu den bescheiden genannten personen für die monate april und mai 2017 sowie februar 2018 bis juli 2019 in höhe von 164.540,00 euro und die monate februar bis mai sowie juli bis dezember 2017 in höhe von 55.424,00 euro aufgehoben und diesen betrag von der klägerin zurückgefordert (ziffer 3). 261. 27es liegen zwar die tatbestandlichen voraussetzungen für die rücknahme der jeweiligen zahlungsmitteilungen vor. die rechtswidrigkeit der angegriffenen rücknahmeentscheidung vom 17. dezember 2019 ergibt sich aber aus einer fehlerhaften ermessensausübung der bezirksregierung düsseldorf. 28nach § 48 abs. 1 satz 1 vwvfg nrw kann ein rechtswidriger verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit wirkung für die zukunft oder für die vergangenheit zurückgenommen werden. 29der beklagte geht zutreffend davon aus, dass es sich bei den zurückgenommenen zahlungsmitteilungen jeweils um einen solchen rechtswidrigen verwaltungsakt handelt, da die kostenpauschale in den genannten monaten für die in der anlage des bescheides genannten personen nicht hätte bewilligt werden dürfen. denn es lagen bereits bei erlass der zahlungsmitteilungen nicht die für eine erstattungsfähigkeit der gemeindlichen kosten notwendigen voraussetzungen der §§ 4 und 2 flüag nrw vor. 30nach § 4 abs. 1 satz 1 flüag nrw stellt das land den gemeinden für die aufnahme und unterbringung sowie für die versorgung der ausländischen flüchtlinge monatlich für jede person im sinne des § 2 flüag nrw eine kostenpauschale zur verfügung. § 2 flüag nrw umfasst unter anderem ausländische personen, die um asyl nachgesucht, einen asylantrag gestellt, einen folgeantrag nach § 71 des asylgesetzes (asylg) oder einen zweitantrag nach § 71a asylg gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer aufnahmeeinrichtung des landes zu wohnen. nach § 4 abs. 5 nr. 1 flüag nrw endet die zahlungsverpflichtung des landes für alle ausländischen personen nach § 2 nr. 1 und 1a flüag nrw in dem monat, in dem sie als asylberechtigte anerkannt wurden, beziehungsweise in dem monat, in dem die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären schutzes erfolgt ist, oder drei monate nach eintritt der vollziehbaren ausreisepflicht. maßgeblich für die gewährung der kostenpauschale ist angesichts des wortlauts der normen, dass eine von § 2 flüag nrw erfasste person gemeldet wird und kein fall des § 4 abs. 5 flüag nrw vorliegt. nach dem übereinstimmenden vorbringen der beteiligten lagen diese voraussetzungen in den streitgegenständlichen fällen bei meldung der personen nicht vor. für die frage der rechtswidrigkeit der erlassenen zahlungsmitteilungen kommt es auch nicht darauf an, dass die klägerin den meldungen die zu diesem zeitpunkt für sie verfügbaren daten zugrunde gelegt hat und keine kenntnis von deren unrichtigkeit hatte. denn für die beurteilung der rechtswidrigkeit der zahlungsmitteilungen ist alleine die tatsächliche rechtlage zum zeitpunkt deren erlasses entscheidend. 31der rücknahme der zahlungsmitteilungen stehen auch nicht gemäß § 48 abs. 1 satz 2 vwvfg nrw die einschränkungen der absätze 2 bis 4 entgegen. nach § 48 abs. 2 satz 1 vwvfg nrw darf ein rechtswidriger verwaltungsakt der u. a. eine einmalige oder laufende geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf dem bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, der sich die kammer anschließt, können sich gebietskörperschaften als untergliederung des staates nicht auf schutzwürdiges vertrauen berufen. denn das institut des vertrauensschutzes ist in anlehnung an die rechtsprechung zu § 242 bgb im verwaltungsrecht entwickelt worden, um den staatsbürger unter gewissen voraussetzungen im vertrauen auf maßnahmen der verwaltung zu schützen. eines solchen schutzes bedarf die verwaltung hingegen in der regel nicht. das gilt auch für selbstverwaltungskörperschaften wie gemeinden, die – ungeachtet ihrer autonomie – dem staat eingegliedert sind. 32vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2006 – 3 c 23/05 –, juris. 33es liegt auch kein fall vor, der eine ausnahme von diesem ausschluss der berufung auf vertrauensschutz rechtfertigen würde. zwar hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen mit urteil vom 2. juli 1997 – 12 a 1080/95 – angenommen, dass einer gemeinde eine berufung auf vertrauensschutz dann nicht verwehrt ist, wenn sie letztlich nur als bote tätig wird, weil sie nicht endgültiger empfänger der zuwendung, sondern verpflichtet ist, diese an eine natürliche person weiterzugeben, die sich wiederum auf vertrauensschutz berufen kann. diese erwägungen sind hingegen auf den vorliegenden fall nicht übertragbar. freilich besteht auch hier ein zusammenhang zwischen den von den kommunen an die asylbewerber zu erbringenden leistungen nach dem asylblg und der vom land an die kommunen zur kompensation dieser leistungen zu zahlenden flüag-pauschalen. allerdings handelt es sich dabei um zwei eigenständige regelungssysteme und die klägerin wird nicht lediglich als bote der zahlung des landes an den asylbewerber tätig. vielmehr erhält sie die pauschale des landes unabhängig von dem konkreten umfang der von ihr erbrachten leistung nach dem asylblg. 34der ausschluss von vertrauensschutz im verhältnis zwischen trägern öffentlicher verwaltung bedeutet indes wegen des gleichermaßen zu berücksichtigenden gesichtspunkts der rechtssicherheit nicht, dass ein an einen hoheitsträger gerichteter rechtswidriger verwaltungsakt stets korrigiert werden muss. die besonderen umstände des einzelfalles müssen vielmehr im rahmen des rücknahmeermessens berücksichtigt werden. 35daran fehlt es vorliegend. 36der beklagte hat das ihm nach § 48 abs. 1 vwvfg nrw zukommende ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, § 40 vwvfg nrw. 37die ordnungsgemäße ausübung von ermessen setzt voraus, dass die behörde die im rahmen der gesetzlichen ermessensvorschrift liegenden handlungsmöglichkeiten erkennt, den zweck der ermächtigung und die wertungen der rechtsordnung in den blick nimmt und ihre entscheidung unter berücksichtigung der konkreten umstände des einzelfalls nach umfassender abwägung des für und wider trifft (vgl. § 40 vwvfg nrw). dabei darf sie grundsätzlich richtlinien zur lenkung des ermessens erlassen. diese richtlinien müssen jedoch ihrerseits am zweck der ermächtigung orientiert und sachgerecht sein. die gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten sind oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht wird (vgl. § 114 satz 1 vwgo). 38vgl. ovg berlin-brandenburg, urteil vom 13. märz 2008 – ovg 4 b 18.07 –, juris, rn. 26. 39hiernach erweist sich die ermessensausübung des beklagten in dem bescheid vom 17. dezember 2019 als fehlerhaft. 40der beklagte stützt sich in dem bescheid darauf, dass die zahlungen zu unrecht erfolgt seien und die klägerin auf den bestand der zahlungsmitteilungen nicht habe vertrauen können. die rechtswidrigkeit des verwaltungsaktes ist hingegen bereits tatbestandsvoraussetzung und vermag daher das ermessen nicht in eine bestimmte richtung zu lenken. im hinblick auf die weiteren erwägungen ist bereits unklar, ob der beklagte ein intendiertes ermessen annimmt und die ermessensausübung bereits aus diesem grund fehlerhaft ist. denn ein intendiertes ermessen liegt nicht vor. ein solches ergibt sich insbesondere nicht aus § 48 abs. 2 satz 4 vwvfg nrw, wonach der verwaltungsakt in der regel zurückzunehmen ist, wenn die berufung auf vertrauensschutz ausscheidet, weil der rechtswidrige verwaltungsakt von dem begünstigten durch unrichtige angaben erwirkt wurde, § 48 abs. 2 satz 3 nr. 2 vwvfg nrw. ein erwirken der zahlungsmitteilungen durch unrichtige angaben liegt nicht vor. zwar ist insoweit unerheblich, ob die unrichtigkeit der angaben erst nach eingehender prüfung erkannt werden kann und die fehlerhaften angaben schuldhaft gemacht worden sind. voraussetzung ist jedoch auch das „erwirken“ des rechtswidrigen verwaltungsaktes durch die unrichtigen angaben. an diesem merkmal fehlt es. „erwirken“ setzt ein zweck- und zielgerichtetes handeln voraus, das auf eine bestimmte (rechts-)folge gerichtet ist und liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der begünstigte alles ihm zumutbare zur abgabe zutreffender angaben unternommen hat. 41vgl. sachs in: stelkens/bonk/sachs, 9. aufl. 2018, § 48 vwvfg, rn. 150. 42ein solches zweck- und zielgerichtetes auf die erlangung einer entsprechenden begünstigung gerichtetes verhalten kann der vorgehensweise der klägerin nicht entnommen werden. sie hat zur abgabe der meldungen die ihr zur verfügung stehenden vom bundesverwaltungsamt und der für sie zuständigen ausländerbehörde gepflegten datenbanken genutzt und auf die richtigkeit der darin enthaltenen daten ebenso wie der beklagte vertraut, der die datenbanken zwecks prüfung der klägerischen meldungen heranzieht. 43das ermessen des beklagten wurde auch nicht sachgerecht durch den von ihm angeführten erlass des mkffi vom 26. juni 2018 oder die regelung in § 4 abs. 7 flüag nrw in richtung einer rücknahme der zahlungsmitteilungen gelenkt. die gesetzliche vorgabe verhält sich lediglich zu einer der rücknahme des rechtswidrigen verwaltungsaktes nachgehenden rückforderung der gezahlten kostenpauschalen. die ausführungen in dem erlass stellen ebenfalls keine sachgerechte lenkung des ermessens dar, da in diesem pauschal die rücknahme rechtsgrundlos erlassener zahlungsmitteilungen ausgesprochen wird, ohne insoweit die jeweiligen interessen und verantwortungsbereiche der beteiligten bei den meldungen zu berücksichtigen. dies wäre hingegen entweder in dem erlass oder in den weiteren „freien“ ermessenserwägungen des beklagten in dem bescheid erforderlich gewesen. der beklagte bürdet in dem streitgegenständlichen bescheid das risiko unzutreffender meldungen vollständig der klägerin auf. dabei gesteht er zwar ein, dass die klägerin die datenbanken nicht selbst pflegt, es hingegen in ihrem organisationsbereich liege, sich die zutreffenden informationen für eine meldung zu beschaffen. eine derartig einseitige gewichtung lässt hingegen angesichts des vom beklagten vorgegebenen meldesystems und des außerachtlassens des eigenen verantwortungsbereiches wesentliche aspekte unberücksichtigt. der beklagte setzt sich unzureichend mit dem gesichtspunkt alternativer, zumutbarer möglichkeiten der klägerin zur informationsgewinnung sowie der jeweiligen risikoverteilung auseinander. insofern wäre etwa zu berücksichtigen gewesen, dass der bezirksregierung düsseldorf aufgrund ihrer funktion als aufsichtsbehörde über die für die klägerin zuständige ausländerbehörde des kreises x. ein wesentlich größerer einfluss auf die von der ausländerbehörde gepflegte datenbank zukommt als der klägerin, die auf eine zeitnahe eingabe der aktuellen erkenntnisse angewiesen ist, eine solche hingegen anders als die bezirksregierung düsseldorf nicht anweisen kann. die von dem beklagten angeführten möglichen befragungen der asylbewerber beinhalten, wie bereits dargestellt, bei betrachtung der vielzahl der monatlich zu meldenden, der meldefrist, der sprachbarriere und der bei realitätsnaher betrachtung häufigen unkenntnis der asylbewerber von ihrem aktuellen status hindernisse, die der beklagte wiederum bei seinen ermessenserwägungen nicht berücksichtigt hat. dies gilt ebenso für den in der mündlichen verhandlung angeführten aspekt, dass es der klägerin möglich gewesen wäre, bei der zuständigen ausländerbehörde des kreises x. nach dem status des jeweiligen asylbewerbers zu fragen. insoweit räumt der beklagte in der mündlichen verhandlung selbst ein, dass ein monatliches nachfragen in allen fällen sowohl der klägerin als auch dem kreis x. , der auch die fragen der weiteren kreisangehörigen städte bedienen müsste, nicht zumutbar sei und zur vermeidung solcher nachfragen gerade die advis-datenbank dienen solle. der erwägung des beklagten in der mündlichen verhandlung, dass in erkennbar problematischen einzelfällen ein gezieltes nachfragen der klägerin geboten sei, ist nichts entgegenzuhalten. allerdings hat diese erwägung keinen eingang in die ermessensabwägung in dem streitgegenständlichen bescheid gefunden. der beklagte hat insoweit nicht dargestellt, welche fälle die klägerin als problematisch hätte erkennen können und welche somit eine nachfrage erforderlich gemacht hätten. die in der mündlichen verhandlung dargestellte überlegung, dass eine gezielte nachfrage bei der ausländerbehörde etwa bei dublin-verfahren oder bei fällen, in denen eine rückforderung von über 12 monaten erfolgt sei, geboten und für die klägerin erkennbar gewesen sei, findet sich ebenfalls nicht in dem streitgegenständlichen bescheid, mit dem unterschiedslos zahlungsmitteilungen von einem bis 19 monaten zurückgenommen werden. 44der weitere einwand des beklagten, dass eine differenzierte auseinandersetzung mit der vermeidbarkeit der gerügten fehler im rahmen der ermessenerwägungen nicht möglich gewesen sei, weil die klägerin im rahmen des anhörungsverfahrens nicht detailliert geltend gemacht habe, aus welchem grund ihr die unrichtigkeit der daten nicht aufgefallen sei, führt zu keiner anderen bewertung. der beklagte geht insoweit zutreffend davon aus, dass das maß an differenziertheit der ermessenserwägungen mit der ausführlichkeit der dem bescheid vorgehenden stellungnahmen korreliert, und die klägerin im anhörungsverfahren vergleichsweise pauschal geltend gemacht hat, dass sie keine kenntnis von der unrichtigkeit der daten gehabt habe und auch nicht hätte haben können. daher hätte es auch keiner jeden einzelfall betrachtenden abwägung bedurft. vorliegend fehlt es hingegen, wie dargelegt, bereits an einer allgemeinen abwägung der jeweiligen verantwortungsbereiche und risikosphären. 45der beklagte hat auch keine derartigen ermessenserwägungen nachgeschoben. ein nachschieben von ermessen muss genügend bestimmt geschehen. das erfordernis hinreichender bestimmtheit ergibt sich aus § 37 abs. 1 vwvfg nrw und gilt als ausprägung des rechtsstaatsgebots (art. 20 abs. 3 gg) auch für die änderung eines verwaltungsakts einschließlich seiner begründung. wird die änderung erst in einem laufenden verwaltungsprozess erklärt, so muss die behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine änderung des verwaltungsakts selbst. außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen erwägungen gegenstandslos werden. 46vgl. bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 8 c 46/12 –, juris, rn. 35. 47der beklagte hat bereits nicht eindeutig kenntlich macht, dass er seine ermessenserwägungen durch sein vorbringen im klageverfahren ergänzen möchte. vielmehr handelt es sich bei dem vorbringen des beklagten um verteidigungsvorbringen. insoweit wiederholt er seine im bescheid angeführten erwägungen, aus welchem grund es in dem alleinigen verantwortungsbereich der klägerin liege, zutreffende meldungen abzugeben. zudem führt der beklagte wiederholt aus, dass der klägerin aufgrund von § 48 abs. 2 satz 3 nr. 2 vwvfg nrw kein vertrauensschutz zukommt. dabei handelt es sich hingegen um ausführungen, die den tatbestand und nicht die rechtsfolge der rücknahme betreffen. 48das ermessen des beklagten ist auch nicht auf null reduziert. nach dem vorstehenden liegen keine umstände vor, die als einzig fehlerfreie entscheidung die rücknahme der zahlungsmitteilungen geboten erscheinen lassen. 492. 50der aufhebungsbescheid vom 22. dezember 2020, in dem der beklagte ein intendiertes ermessen aufgrund des erlasses des mkffi vom 26. juni 2018 und der regelung in § 4 abs. 7 flüag nrw ausdrücklich annimmt, ein vertrauen auf den bestand des bescheides ablehnt und ohne nähere begründung ausführt, das öffentliche interesse an einer rücknahme überwiege das interesse der klägerin an dem behalt der geleisteten pauschalen, ist aus den dargestellten gründen ebenfalls ermessensfehlerhaft. vor diesem hintergrund bedürfen die gleichfalls nicht unproblematischen fragen des vorliegens einer ordnungsgemäßen anhörung nach § 28 abs. 1 vwvfg nrw und der hinreichenden bestimmtheit des bescheides nach § 37 abs. 1 vwvfg nrw keiner weiteren klärung. 513. 52da die auf § 48 abs. 1 vwvfg gestützten rücknahmen der zahlungsmitteilungen in den bescheiden vom 17. dezember 2019 und 22. dezember 2020 aus den vorstehenden gründen keinen bestand haben, fehlt es für die auf § 49a abs. 1 vwvfg nrw i. v. m. § 4 abs. 7 flüag nrw fußenden rückforderungen überzahlter kostenpauschalen in den streitgegenständlichen bescheiden bereits an der erfüllung des tatbestandes der ermächtigungsgrundlagen. die rückforderungen unterliegen, soweit sie noch streitig sind, damit ebenfalls der aufhebung. 53die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1, 155 abs. 2 vwgo. 54die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ist nach § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11, § 711, § 709 der zivilprozessordnung erfolgt. 55das gericht hatte keinen anlass, die berufung zuzulassen (§ 124a abs. 1 satz 1 vwgo). 56rechtsmittelbelehrung: 57gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 58der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 59innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 60die berufung ist nur zuzulassen, 611. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 622. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 633. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 644. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 655. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 66die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 67über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 68im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 69die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 70beschluss 71der streitwert wird bis zum 18. januar 2021 auf 193.118,00 euro und ab dem 19. januar 2021 auf 248.542,00 euro festgesetzt. 72gründe: 73die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 und 3 des gerichtskostengesetzes erfolgt. 74rechtsmittelbelehrung: 75gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 76die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 77die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 78die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 79die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 80war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist nach § 1 des Gesetzes über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge in der bis zum 12. November 2021 gültigen Fassung (im Folgenden: FlüAG NRW) verpflichtet, die ihr nach § 2 FlüAG NRW zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen. Nach § 4 FlüAG NRW stellte der Beklagte der Klägerin für die Aufnahme und Unterbringung sowie die Versorgung der ausländischen Flüchtlinge monatlich für jede Person eine Kostenpauschale in Höhe von 866,00 Euro zur Verfügung. Ausgenommen sind die Personen, die aufgrund ihres Einkommens oder Vermögens keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten. Nach § 4 Abs. 3 FlüAG NRW melden die Gemeinden an die für sie zuständige Bezirksregierung die Personen im Sinne des § 2 FlüAG NRW bis zum 10. des Monates, der auf den Monat folgt, für den eine Meldung abzugeben ist. Entsprechend adressierte die Klägerin in den Jahren 2017 bis 2020 Meldungen an die Bezirksregierung Düsseldorf und erhielt, sofern im Zuge der Nachprüfung keine Beanstandungen festgestellt wurden, die Kostenpauschale. 3Nach einer Vor-Ort-Prüfung am 5. Februar 2020 nahm der Beklagte nach entsprechender Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 1. Dezember 2020 – am 17. Dezember 2020 bei der Klägerin eingegangen – die Zahlungsmitteilungen für die Monate Juli 2017 sowie Oktober 2017 bis August 2020 teilweise zurück (Ziffer 1) und forderte die Klägerin zur Erstattung von 178.396,00 Euro auf (Ziffer 2). Zur Begründung führte er aus, im Rahmen der Vor-Ort-Prüfung sei aufgefallen, dass für einen Teil der in den aufgeführten Monaten gemeldeten Personen, wie sich aus den Anlagen zum Bescheid ergebe, eine Überzahlung erfolgt sei, da entsprechende zahlungsbegründende Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. In Bezug auf die in der Anlage zum Bescheid unter den Nrn. 1, 3, 6 bis 12 genannten Personen habe die Klägerin die Kosten für Unterkunft, Heizung, Hausrat, Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie in Form von Sachleistungen gewährt, unabhängig davon, ob die Personen anspruchsberechtigt im Sinne des AsylbLG gewesen seien. Die Zahlung der Pauschale nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FIüAG NRW erfolge hingegen nicht, wenn keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen würden. Ein Ausschluss der FlüAG-Pauschale müsse auch dann angenommen werden, wenn Leistungen nach dem AsybLG zu Unrecht bzw. nur deshalb gewährt worden seien, weil in Gemeinschaftsunterkünften keine trennscharfe Abgrenzung von Sachleistungen möglich sei. Auch Sachleistungen in Sammelunterkünften müssten dem tatsächlichen Bedarf des Einzelnen zugerechnet werden, eine pauschale Berücksichtigung für alle dort Wohnenden sei im Sinne des FIüAG NRW nicht zulässig. Ob eine Kommune Sachleistungen in dieser Form gewähre, liege daher in ihrem eigenen Verantwortungsbereich, könne jedoch nicht die Zahlungsverpflichtung des Landes begründen. Den in der Anlage zum Bescheid unter Nr. 6 und 8 aufgeführten Personen seien Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabegesetz und nicht nach dem AsylbLG gewährt worden. Die betroffenen Personen hätten dem Grunde nach zwar Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG gehabt, solche jedoch nicht empfangen. Aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 4 Abs.1 FIüAG NRW bestehe somit kein Anspruch auf Erstattungen nach dem FIüAG NRW. Für die betreffenden Meldemonate sei für die aufgeführten Personen eine Auszahlung ohne Rechtsgrund erfolgt. Die entsprechenden Zahlungsmitteilungen seien mithin durch die Berücksichtigung von nicht mehr anrechenbaren Personen teilweise rechtswidrig erlassen worden. Im Rahmen des ihm grundsätzlich zustehenden Ermessens unter Beachtung der Vorgaben des § 48 Abs. 2 VwVfG NRW nehme er die rechtswidrigen Zahlungsmitteilungen teilweise zurück. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sowohl § 4 Abs. 7 FIüAG NRW als auch der Erlass des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKFFI) vom 26. Juni 2018 die Möglichkeit einer Rücknahme und darauf basierten Rückforderungen bei zu Unrecht gewährten Leistungen ausdrücklich vorsehe. Sein Ermessen sei insofern durch die genannten Vorgaben vorgeprägt. Unabhängig davon, wie die Frage der Anwendbarkeit des Vertrauensschutzes auf kommunale Gebietskörperschaften entschieden werde, sei zu berücksichtigen, dass die klägerischen Angaben in den jeweiligen Meldungen nicht der objektiven Rechtslage entsprochen hätten. Die objektive Rechtslage richte sich dabei nicht nach den Angaben in Datenbanken wie ADVIS oder AZR. Denn diese begründeten keine Rechtslage, sondern spiegelten eine solche lediglich wider. Beigefügt war dem Bescheid eine tabellarische Aufstellung der Rückforderungsfälle mit dem folgenden wesentlichen Inhalt: 4Lfd. Nr. Rückforderungsgrund Rückforderungsmonat Anzahl der Monate 1 Gehalt ab 09/17 übersteigt Bedarf 9/17-7/20 35 2 Auszahlung ab 10/19 nachgewiesen - 0 3 Beschäftigung ab 13.11.17 mit durchgehend ausreichendem Einkommen 12/17-1/20 26 4 Auszahlung ab 12/19 nachgewiesen - 0 5 Auszahlungsbelege ab 4/20 fehlen 4/20-7/20 4 6 Gehalt ab 04/18 übersteigt Bedarf 04/18-7/20 28 7 Gehalt ab 11/18 übersteigt Bedarf 11/18-7/20 21 8 Gehalt ab 07/19 übersteigt Bedarf 7/19-7/20 13 9 Gehalt ab 10/17 übersteigt Bedarf 10/17-7/20 33 10 Gehalt ab 12/18 übersteigt Bedarf 12/18-1/19, 3/9-7/20 19 11 Gehalt ab 10/18 übersteigt Bedarf 10/18-7/20 22 12 Gehalt ab 12/19 übersteigt Bedarf, Auszahlungsbelege April und Mai 2020 nicht unterschrieben 12/19-1/20, 4/20-5/20 4 13 Asylantrag abgelehnt am 15.07.19, Klage hat aufschiebende Wirkung - 0 14 Asylantrag abgelehnt am 20.09.17, Klage hat aufschiebende Wirkung - 0 15 Asylantrag als unzulässig abgelehnt im Januar 2017, Durchführung des nationalen Verfahrens ab Juni 2017 Überstellungsfrist in 06/20 abgelaufen 5/20 1 5Daraufhin teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass die Rechtsverletzungen zum Teil als zutreffend eingestanden würden. Dies betreffe die unter Nr. 1, 7, 10 und 11 genannten Fälle. Den Personen sei es mit ihrem Einkommen möglich gewesen sowohl ihren notwendigen Bedarf zu bestreiten als auch die Kosten für die Unterkunft zu erstatten, die als Sachleistung gewährt worden sei. In einigen Fällen fehle es hingegen an einer schlüssigen Darlegung der vorgeworfenen Rechtsverletzung. Die unter Nr. 3 genannte Person habe jedenfalls für 14 Monate und die unter Nr. 9 genannte Person für einen Monat kein ausreichendes Einkommen zur vollständigen Erstattung der gewährten Sachleistungen nach dem AsylbLG erzielt. Die unter Nr. 6 genannte Person habe zwar Einkommen erzielt, lebe hingegen mit Ehefrau und drei Kindern in einer Gemeinschaftsunterkunft. Die Aufbrauchpflicht von erhaltenem Erwerbseinkommen richte sich deshalb nicht isoliert auf den Bedarf des Haushaltsvorstandes, sondern erstrecke sich auf die Bedarfsgemeinschaft. Es müsse eine horizontale Einkommensanrechnung vorgenommen werden. Danach sei es mit dem erzielten Einkommen nicht möglich gewesen, sowohl den notwendigen Bedarf der Haushaltsgemeinschaft sicherzustellen als auch die Unterkunftskosten zu erstatten. Daher seien auch für die unter Nr. 6 aufgeführte Person Leistungen nach dem AsylbLG aufzubringen gewesen. Ähnlich liege der Fall bei der unter Nr. 8 aufgeführten erwerbstätigen Person, die mit zwei weiteren Personen in einer Wohneinheit in einer Gemeinschaftsunterkunft gelebt habe. In den unter Nr. 5 und 12 genannten Fällen fehlten die Auszahlungsbelege, weil aufgrund der Corona-Pandemie auf die Quittierung der Leistungen verzichtet worden sei. In dem unter Nr. 12 genannten Fall werde der Beanstandung für zwei Monate, in denen der Auszahlungsbeleg nicht unterschrieben worden sei, widersprochen, und im Übrigen anerkannt, soweit das Vorhandensein ausreichenden Einkommens angeführt werde. Bei der unter Nr. 15 genannten Person habe in dem beanstandeten Monat noch keine vollziehbare Abschiebungsandrohung vorgelegen. Dem Schreiben fügte die Klägerin eine tabellarische Darstellung der Einnahmen und Bedarfe der betroffenen Asylbewerber bei und kündigte an, dass weitere rechtliche Bedenken gegen den Rückforderungsbescheid angeführt würden, sollte eine gütliche Einigung nicht erzielt werden. 6Der Beklagte stellte der Klägerin mit E-Mail vom 23. Dezember 2020 eine Teilaufhebung des Bescheides vom 1. Dezember 2020 in Aussicht und erklärte, dass Klärungsbedarf hinsichtlich der unter Nr. 6 und 8 aufgeführten Fälle bestehe. Bei der Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 FlüAG NRW sei von einer vertikalen Einkommensanrechnung auszugehen. Berücksichtigt werde daher zunächst das Einkommen der Person im Vergleich zu dem konkreten ihm zustehenden Leistungsanspruch bzw. seinem eigenen persönlichen Bedarf. Nur dann, wenn das erzielte Einkommen seinen persönlichen Bedarf übersteige, erfolge eine gleichmäßige Anrechnung auf die übrigen Familienmitglieder. Insoweit verweise er auf die Ausführungen in dem Erlass des MKFFI vom 26. Juni 2018. Auch die Ausführungen zu der unter Nr. 9 genannten Person könnten nicht nachvollzogen werden, weil das Einkommen auch nach den vorgelegten Dokumenten zu Sicherung der Bedarfe ausreichend gewesen sei. 7Die Klägerin hat am 13. Januar 2021 Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, dass der Beklagte die gewährte FlüAG-Pauschale für elf Personen zu Unrecht zurückfordere. In den Fällen Nr. 5 und 12 seien Leistungen nach dem AsylbLG erbracht worden, die Auszahlungsbelege während der Corona-Pandemie von den Asylbewerbern aus Gründen des Infektionsschutzes jedoch nicht unterschrieben worden. Für den Erhalt der Landeserstattung sei diese interne Vorgehensweise jedoch irrelevant. In dem Fall Nr. 15 sei die Gewährung der FlüAG-Pauschale aufgrund des noch bis Mai 2020 laufenden Asylverfahrens rechtmäßig erfolgt. In den übrigen Fällen stünde der Rechtmäßigkeit des Erhalts der Landespauschale nicht entgegen, dass die Asylbewerber Einkommen erzielt haben. Denn allein der Umstand, dass ein Asylbewerber Erwerbseinkommen erziele, stelle noch keinen Ausschlussgrund für den Erhalt einer FIüAG-Pauschale dar. § 7 AsylbLG beinhalte die sog. Aufbrauchpflicht, nach der demjenigen mit eigenem Einkommen nur dann Hilfe zur Bestreitung seines notwendigen Bedarfs gewährt werde, wenn und soweit dies aus eigenen Mitteln nicht möglich sei. Erfolge eine Unterbringung in Einrichtungen und würden deshalb und dafür Sachleistungen gewährt, so hätten Leistungsberechtigte bei Vorhandensein von ausreichendem Einkommen und Vermögen für sich und ihre Familienangehörigen die Kosten in entsprechender Höhe zu erstatten, allerdings erstrecke sich die Erstattungspflicht nur auf die Kosten der Unterkunft, Heizung und Haushaltsenergie. Andere Kostenerstattungspflichten seien für Asylbewerber in § 7 Abs. 1 AsylbLG nicht bestimmt worden. Die Grundleistungen für die von ihr aufgenommenen Asylbewerber erfülle sie vollständig durch Geldleistungen mit Ausnahme der Bedarfe für Unterkunft, Heizung, Hausrat, Wohnungsinstandsetzung und Haushaltsenergie, die durch Sachleistungen gedeckt würden. Nach der örtlichen Satzung über die Benutzung und Gebühren der Unterkünfte für Flüchtlinge und Obdachlose vom 13. Juli 2017 betrage die Benutzungsgebühr 197,19 Euro monatlich je überlassenem Unterbringungsplatz. In den beanstandeten Fällen mit den Nrn. 3, 6, 8 und 9 sei das erzielte Erwerbseinkommen jedenfalls in einigen Monaten so gering gewesen, dass die Kosten der Unterkunft von dem jeweiligen Asylbewerber nicht bzw. nicht vollumfänglich hätten erstattet werden können. In den Fällen mit den Nrn. 1, 7, 10 bis 12 sowie 3 (für 12 Monate) und 9 (für 32 Monate) habe das Einkommen des einzelnen Asylbewerbers zwar dazu ausgereicht, dass von ihm nicht nur der Bedarf der Grundleistung habe sichergestellt werden können, sondern auch die Kostenerstattung der als Sachleistung erbrachten Unterkunft, Heizung, Hausrat und Wohnungsinstandsetzung. Allerdings seien den betreffenden Asylbewerbern weitere Sachleistungen zugutegekommen, zu deren Erstattung sie nach den Bestimmungen des § 7 AsylbLG nicht herangezogen werden könnten. Solche Hilfen fielen unter § 6 Abs. 1 AsybLG und könnten über die in den Grundnormen der §§ 3 und 4 AsylbLG benannten Leistungen hinaus gewährt werden. Das Auswahlermessen über das „Ob“ und den Umfang solcher Leistungen liege bei der Gemeinde. Beispielhaft für solche Leistungen sei ihr Aufwand für den Einsatz eines Hygienebeauftragten bei den Flüchtlingen zu nennen, der sich in der Gemeinschaftsunterkunft aufhalte, oder die zeitweilige Einrichtung eines Shuttle-Dienstes zu der etwa 25 km entfernten Ausländerbehörde des Kreises X. , der dem Interesse eines zügigen Ablaufs des aufenthaltsrechtlichen Verfahrens gedient habe. Die Durchführung des AsylbLG sei den Gemeinden als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheit übertragen worden. Sie seien bei der Ausführung des AsylbLG keinen Weisungen unterworfen. Der Charakter der Aufgabe ergebe sich für sie allein aus dem AsylbLG, sodass die von dem Beklagten vorgetragene Rechtsmeinung die Landeserstattung nach dem FlüAG NRW nicht zum Scheitern bringen könne, solange von der jeweils zugewiesenen Person tatsächlich Leistungen nach dem AsylbLG empfangen worden seien. 8Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, 9den Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 1. Dezember 2020 aufzuheben. 10Mit Bescheid vom 13. Januar 2021 hat der Beklagte den Bescheid vom 1. Dezember 2020 abgeändert und den Rückforderungsanspruch um 18.186,00 Euro reduziert. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass von der Klägerin umfangreiche ergänzende Angaben getätigt worden seien, die eine teilweise Änderung des Rückforderungsbescheides vom 1. Dezember 2020 erforderlich gemacht hätten. Wie aus der Anlage zum Bescheid ersichtlich, werde in den Fällen der Nr. 5 und 15 keine Rückforderung mehr geltend gemacht und in den Fällen Nr. 3 und 12 die Anzahl der Monate, für die eine Rückforderung begehrt werde, auf zwölf und zwei Monate reduziert. 11Die Klägerin beantragt nunmehr, 12den Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 1. Dezember 2020 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 13. Januar 2021 aufzuheben. 13Der Beklagte beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass die Klägerin im Rahmen des vorgerichtlichen Austausches die Rechtmäßigkeit der Rückforderung in einigen Fällen eingeräumt habe und er im Übrigen mit Ausnahme von den unter Nr. 6 und 8 aufgeführten Fällen eine Aufhebung des Rückforderungsbescheides in Aussicht gestellt und nunmehr erlassen habe. Daher verwundere es, dass die Klägerin nunmehr auch in den Fällen unter Nr. 1, 3, 7, 9 bis 12 die Rückforderung für rechtswidrig halte. Aus der Tatsache, dass in diesen Fällen womöglich Leistungen, die im Übrigen nur im Ausnahmefall unter § 6 Abs. 1 AsylbLG zu subsumieren seien, gewährt worden seien, könne nicht das Bestehen eines Anspruches auf Kostenerstattung nach dem FlüAG NRW gefolgert werden. In den Fällen Nr. 6 und 8 habe vorgerichtlich keine Einigung erzielt werden können. Das Einkommen des in den Fällen jeweils betroffenen Familienvaters sei nach der Erlasslage zunächst in voller Höhe auf ihn und seinen Anspruch anzurechnen. Nur dann, wenn das erzielte Einkommen seinen persönlichen Bedarf übersteige, erfolge eine gleichmäßige Anrechnung auf die übrigen Familienmitglieder. Die Kosten für die zur Verfügung gestellte Unterkunft seien Teil des Anspruchs und könnten deshalb anteilsmäßig von dem Betroffenen zurückgefordert werden. 16Die Beteiligten haben das Verfahren in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit der Bescheid vom 1. Dezember 2020 durch den Bescheid vom 13. Januar 2021 aufgehoben worden ist. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Im Übrigen ist die Klage zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. 20Die Klage ist zulässig. Der Klägerin fehlt insbesondere weder die Klagebefugnis noch das Rechtsschutzbedürfnis aufgrund der dem Beklagten gegenüber vorgerichtlich erklärten „Eingeständnisse“ hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Zahlungsmitteilungen für die in der Anlage zu dem Bescheid vom 1. Dezember 2020 genannten Personen unter den Nrn. 1, 3, 7, 9, 10, 11 und 12. Denn die Klägerin hat insoweit ersichtlich keinen Klageverzicht erklärt. Vielmehr erfolgten die Eingeständnisse im Rahmen des Versuches einer außergerichtlichen Einigung, bei dem die Klägerin deutlich gemacht hat, dass sie sich an ihre Aussagen im Falle des Scheiterns einer Einigung nicht gebunden fühle. 21Die Klage ist teilweise begründet. Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 1. Dezember 2020 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13. Januar 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, soweit in den in den Anlagen der Bescheide genannten Fällen Nr. 6 und 8 Zahlungsmitteilungen für die Meldemonate April 2018 bis Juli 2020 teilweise zurückgenommen werden und ein Betrag in Höhe von 35.506,00 Euro zurückgefordert wird (I). Im Übrigen erweist sich der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 1. Dezember 2020 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13. Januar 2021 als rechtmäßig (II). 22I. 23Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Rücknahme- und Rückforderungsbescheid zu Unrecht die Gewährung der Kostenpauschale nach dem FlüAG NRW für die in den Anlagen zu den Bescheiden genannten Personen unter Nr. 6 und 8 zurückgenommen und den Betrag von 35.506,00 Euro von der Klägerin zurückgefordert. 24Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. 25Bei den Zahlungsmitteilungen für die Meldemonate April 2018 bis Juli 2020 und die in der Anlage zum streitgegenständlichen Bescheid unter Nr. 6 und 8 aufgeführten Personen handelt es sich nicht um solche rechtswidrigen Verwaltungsakte. Für den streitgegenständlichen Zeitraum lagen die Voraussetzungen für die Gewährung der Kostenpauschale nach § 4 Abs. 1 FlüAG NRW vor. 26Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FlüAG NRW stellt das Land den Gemeinden für die Aufnahme und Unterbringung sowie für die Versorgung der ausländischen Flüchtlinge monatlich für jede Person im Sinne des § 2 FlüAG NRW eine Kostenpauschale zur Verfügung. § 2 FlüAG NRW umfasst unter anderem ausländische Personen, die um Asyl nachgesucht, einen Asylantrag gestellt, einen Folgeantrag nach § 71 des Asylgesetzes (AsylG) oder einen Zweitantrag nach § 71a AsylG gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes zu wohnen. Ausgeschlossen ist die Gewährung der Landespauschale nach § 4 Abs. 1 Satz 2 FlüAG NRW für Personen im Sinne des § 2 FlüAG NRW, die aufgrund von Einkommen oder Vermögen im Sinne des § 7 AsylbLG keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. 27Danach setzt das Gesetz für den Anspruch auf Erstattung neben dem Vorliegen der hier nicht strittigen Eigenschaften nach § 2 FlüAG NRW voraus, dass die Flüchtlinge Leistungen nach dem AsylbLG erhalten haben. Dies war bei den in der Anlage zu dem streitgegenständlichen Bescheid unter Nr. 6 und 8 genannten Personen der Fall. Zwar hat die Klägerin eine solche Leistungsgewährung für die unter Nr. 6 aufgeführte Person nicht bereits durch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheide über Leistungen nach § 3 AsylbLG nachgewiesen, da in diesen nur für die weiteren Familienmitglieder Leistungen bewilligt wurden, für den streitgegenständlichen Familienvater hingegen ein Nullbescheid erlassen wurde. Insoweit ist auch entgegen den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht von Bedeutung, dass der Bescheid, der die Leistungen an die Familienmitglieder enthält, an die unter Nr. 6 genannte Person adressiert wurde und er berechtigt ist, das Geld in Empfang zu nehmen. Denn die dem Familienvater damit letztlich zukommende Funktion als Empfangsberechtigter ändert nichts an dem Umstand, dass ihm selbst durch die Bescheide keine Leistungen bewilligt wurden. Auch hinsichtlich des Falles unter Nr. 8 enthalten die überreichten Leistungsbescheide jedenfalls nicht für alle streitgegenständlichen Meldemonate eine Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG. Allerdings hat die Klägerin in den dem Beklagten im Rahmen der vorgerichtlichen Korrespondenz übermittelten Tabellen angegeben, dass die unter Nr. 6 und 8 aufgeführten Personen durch die Gewährung einer Unterkunft Sachleistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und diese nicht erstattet haben. An der Richtigkeit der Angaben in den Tabellen, die der Beklagte seiner Abhilfeentscheidung ebenfalls zugrunde gelegt hat und welche die Klägerin in der mündlichen Verhandlung noch einmal bestätigt hat, bestehen keine Zweifel. Auf den Einwand des Beklagten, dass diese Leistungen nicht rechtmäßig gewährt worden seien, kommt es dagegen nicht an. Denn der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf eine Erstattung ihrer Kosten nach dem FlüAG NRW setzt neben dem Vorliegen der unter § 2 AsylbLG genannten Eigenschaften der Flüchtlinge lediglich voraus, dass diesen tatsächlich und zielgerichtet Leistungen nach dem AsylbLG gewährt wurden. Eine Rechtmäßigkeitsprüfung findet insoweit nicht statt. Dies ergibt sich, wie bereits das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) zu der Anspruchsnorm im FlüAG NRW in der Fassung des vierten Gesetzes zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 29. November 1994 bzw. des fünften Gesetzes zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 18. Februar 1997 im Urteil vom 2. Mai 2006 – 15 A 4450/03 – dargestellt hat, aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Das OVG NRW hat insofern ausgeführt: 28„Der Begriff Erhalten umfasst nur den tatsächlichen Vorgang des Gewährens und Empfangens der Grundleistung, nicht aber die rechtliche Qualität, dass die Gewährung rechtmäßig war oder dass der Flüchtling einen Anspruch auf die Grundleistung hatte. Das erschließt sich schon aus der Wortbedeutung des Begriffs, der rechtswidriges und rechtmäßiges Erhalten gleichermaßen umfasst. Aus Sinn und Zweck der Kostenerstattungsregelung in der hier vorliegenden Form sowie der Erstehungsgeschichte ergibt sich ebenso, dass auch das rechtswidrige Erhalten von Grundleistungen zur Erstattungspflicht führt. 29Ursprünglich bestand die Kostenerstattungsregelung nämlich darin, dass die Errichtung und erstmalige Einrichtung von Übergangsheimen durch die Gemeinde vom Land in Form von Zuwendungen zu förderungsfähigen Kosten bezuschusst wurden (§ 6 Abs. 1 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 27. März 1984, GV NRW S. 214, FlüAG a.F.). Es wurden also bestimmte als notwendig anerkannte Aufwendungen erstattet. Weiter wurden nach § 6 Abs. 3 FlüAG a.F. "notwendige Aufwendungen" für die Betreuung allerdings schon damals pauschal erstattet. Nach § 6 Abs. 4 FlüAG a.F. wurden den Trägern der Sozialhilfe "Aufwendungen, die ihnen nach § 120 des Bundessozialhilfegesetzes... entstehen", erstattet. Dies zeigt, dass die Kostenerstattung ursprünglich mehr Subventions- und Aufwendungsersatzcharakter für einen bestimmten notwendigen Aufwand hatte. Von einer derartigen, die Berechtigung des getriebenen Aufwandes in die Erstattung einbeziehenden Regelung ist die hier in Rede stehende Regelung bewusst abgegangen, indem sie nur noch auf den Umstand abstellt, dass Aufwendungen bestimmter Art angefallen sind ("Grundleistungen... erhält"), und die Aufwendungen auch nicht im Einzelnen ersetzt, sondern durch Pauschalen abgilt. Deutlich wird das geänderte System dadurch, dass die Erstattung nicht mehr unter der gesetzlichen Paragrafenüberschrift "Kostenregelung" wie noch nach § 6 FlüAG a.F. behandelt wird, sondern nach § 4 FlüAG unter dem Begriff "Kostenpauschalen". Mit Pauschale wird begrifflich und von der etymologischen Ableitung her die Abgeltung von Aufwendungen "in Bausch und Bogen" und nicht unter Rückgriff auf die tatsächlich angefallene Höhe der Aufwendungen oder gar deren Berechtigung bezeichnet. Der so festzustellende gesetzgeberische Paradigmenwechsel der Kostenerstattungsregelung schließt es aus, dass die Auslösung des Erstattungsanspruchs von der Berechtigung der getätigten Aufwendungen abhängt. 30Es spielt somit für die Rechtmäßigkeit der zurückgenommenen Gewährung der Erstattungspauschalen keine Rolle, ob die anspruchsauslösenden Grundleistungen von den Flüchtlingen rechtmäßig erhalten wurden. Vollends spielt es keine Rolle, ob die Klägerin bei der Gewährung von Grundleistungen ihren Pflichten zur Sachverhaltsaufklärung hinreichend nachgekommen ist. Die Verletzung einer solchen verwaltungsverfahrensrechtlichen Pflicht würde noch nicht einmal zur wie oben ausgeführt ihrerseits sogar unerheblichen Rechtswidrigkeit des Leistungserhalts führen. Sollte die Klägerin insoweit pflichtwidrig vorgehen, ist es Sache der Aufsichtsbehörden, pflichtgemäßes Verwaltungsverfahrenshandeln sicher zu stellen. Für eine "Bestrafung" fehlerhaften verwaltungsverfahrensrechtlichen Handelns durch Vorenthaltung des Erstattungsanspruchs gibt das Gesetz nichts her. Auch kann nicht - unabhängig davon, welche rechtlichen Konsequenzen dies für die angefochtene Rücknahme haben könnte - von einem Missbrauch der Leistungsgewährung durch die Klägerin an Flüchtlinge gesprochen werden, wie dies die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat.“ 31Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Denn auch in der zum Zeitpunkt des Erlasses der Zahlungsmitteilungen geltenden Fassung des FlüAG NRW stellt das Gesetz nach seinem Wortlaut für die Bewilligung der Pauschale allein darauf ab, dass die Flüchtlinge Leistungen nach dem AsylbLG erhalten haben. Es ist auch im Übrigen, nachdem mit dem zehnten Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 15. Dezember 2016 der Anspruch auf die Kostenpauschale wieder an die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG angeknüpft wurde, kein Paradigmenwechsel zu erkennen. 32Mit dem Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 15. Februar 2005 wurden die der genannten Entscheidung des OVG NRW zugrundeliegenden Regelungen umfassend novelliert und eine Verteilung der Finanzmittel unabhängig von Meldungen der Kommunen nach dem Zuweisungsschlüssel geregelt, vgl. Lt-Drs. 13/6224 vom 15. November 2004, S. 17 f. Von diesem Ansatz hat der Gesetzgeber wiederum mit dem Regelungen im zehnten Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 15. Dezember 2016 Abstand genommen und eine vor dem 15. Februar 2005 bestehende Verknüpfung zwischen der Gewährung der Kostenpauschale und Leistungen nach dem AsylbLG wieder hergestellt, vgl. Lt-Drs. 16/13261 vom 25. Oktober 2016, S. 19. 33Vielmehr ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass die FlüAG-Pauschale eine Erstattung für die Aufwendungen sei, welche die Gemeinden in Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes haben. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 FlüAG NRW seien von dem Personenkreis nach § 2 FlüAG NRW die Personen ausgenommen, die aufgrund von Einkommen oder Vermögen keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, da dieser Personenkreis nach Zuweisung in eine Gemeinde dort keine Kosten verursachten. 34Vgl. Lt-Drs. 16/13261, S. 2, 19. 35Danach reicht für die Beanspruchung der Pauschale angesichts der dieser zukommenden kompensatorischen Funktion zwar nicht lediglich ein bestehender, aber nicht durchgesetzter Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG aus. Der Kommune kann aber die Auszahlung der Pauschale bei tatsächlicher Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG nicht versagt werden, selbst wenn diese rechtswidrig erfolgt ist. Dies gilt jedenfalls bis zu einer ersichtlich missbräuchlichen Gewährung von AsylbLG-Leistungen. Eine solche missbräuchliche Leistung ist in den Fällen der Nr. 6 und 8 hingegen nicht ersichtlich. Vielmehr vertritt die Klägerin insoweit eine andere Rechtsauffassung als der Beklagte zu der Art und Weise der Einkommensanrechnung. 36Die von dem Beklagten geäußerten Bedenken gegen die von der Klägerin angenommene horizontale Einkommensanrechnung kann er gegenüber der kommunalen Aufsichtsbehörde der Klägerin vorbringen, berechtigen hingegen nicht zur Rücknahme der nach dem Vorstehenden rechtmäßig erlassenen Zahlungsmitteilungen. 37Da die auf § 48 Abs. 1 VwVfG gestützte Rücknahme der Zahlungsmitteilungen aus den vorstehenden Gründen keinen Bestand hat, fehlt es für die auf § 49a Abs. 1 VwVfG NRW i. V. m. § 4 Abs. 7 FlüAG NRW fußende Rückforderung überzahlter Kostenpauschalen in dem streitgegenständlichen Bescheid bereits an der Erfüllung des Tatbestandes der Ermächtigungsgrundlagen. Die Rückforderung in Höhe von 35.506,00 Euro unterliegt damit ebenfalls der Aufhebung. 38II. 39Hinsichtlich der Rücknahme der Zahlungsmitteilungen in den Fällen Nr. 1, 3, 7, 9, 10 bis 12 und der Rückforderung der insoweit erstatteten Pauschalen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 40Die in den Fällen Nr. 1, 3, 7, 10 bis 12 erlassenen Zahlungsmitteilungen für insgesamt 111 Monate waren bei deren Erlass rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die Gewährung der Kostenpauschale nach § 4 Abs. 1 FlüAG NRW nicht vorgelegen haben. Denn die betroffenen Personen haben keine Leistungen nach dem AsylbLG erhalten. Wie bereits dargestellt, ist ausschließlich die tatsächliche Gewährung bzw. der Erhalt von Leistungen nach dem AsylbLG für einen Erstattungsanspruch nach § 4 Abs. 1 FlüAG NRW maßgeblich. Die Klägerin hat in den genannten Fällen keine AsylbLG-Leistungen erbracht. Sie macht selbst geltend, dass den unter den Nrn. 1, 3, 7, 10 bis 12 aufgeführten Personen aufgrund ausreichenden Einkommens keine Grundleistungen gewährt worden seien und diese die Unterkunftskosten erstattet hätten. Jedoch sei ihnen die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von „sonstigen Leistungen“ nach § 6 AsylbLG, beispielsweise in Form eines Hygienebeauftragten oder eines Shuttle-Dienstes, gewährt worden. Eine solche pauschale Bereitstellung von Leistungen begründet hingegen keine Erstattungspflicht des Beklagten nach § 4 Abs. 1 FlüAG NRW. Die Pauschale wird, begründet durch den ihr zukommenden Zweck, der Kommune personenscharf für diejenigen Flüchtlinge gewährt, die AsylbLG-Leistungen von der Kommune erhalten. Angesichts dieser kompensatorischen Funktion der Kostenpauschale bedarf es für den Erhalt auch des Nachweises einer zielgerichteten und personenscharfen Gewährung von AsylbLG-Leistungen. Allein die hier von der Klägerin geltend gemachte Möglichkeit, an den der Gesamtheit der untergebrachten Flüchtlingen oder Familienmitgliedern gewährten Leistungen zu partizipieren, kann vor diesem Hintergrund zur Begründung der Erstattungspflicht des Beklagten nicht ausreichen. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Durchführung des AsylbLG eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde sei und der Beklagte ihr daher keine Weisung über die Art und Weise der Erfüllung der ihr insoweit obliegenden Aufgaben erteilen dürfe, ist dem nichts entgegenzuhalten. Der Klägerin steht es durchaus frei, die Leistungsgewährung im Rahmen der rechtlichen Grenze nach ihrem Ermessen auszugestalten. Allerdings verkennt sie, dass diese Gestaltungsfreiheit ihr Leistungsverhältnis zu den ihr zugewiesenen Flüchtlingen betrifft. Davon zu unterscheiden ist das hier gegenständliche Verhältnis, in dem die Klägerin dem beklagten Land als Leistungsempfängerin gegenübersteht. In diesem Verhältnis sind ausschließlich die im FlüAG NRW normierten Voraussetzungen maßgeblich, die sie nach dem Vorstehenden aufgrund der von ihr – in eigener Verantwortung – gewählten Art der Leistungsgewährung nicht erfüllt. 41Im Hinblick auf den Fall Nr. 9 hat die Klägerin ebenfalls nicht dargelegt, dass in den streitgegenständlichen 33 Monaten Leistungen nach dem AsylbLG gewährt wurden. Die Klägerin hat mit Ausnahme von einem Monat eingeräumt, dass ausreichendes Einkommen zur Deckung der Bedarfe vorgelegen habe, und sich auf die Gewährung „sonstiger Leistungen“ nach § 6 AsylbLG berufen. Insoweit wird auf das Vorstehende verwiesen. Im Hinblick auf den Monat Oktober 2017 hat die Klägerin geltend gemacht, dass das Einkommen nicht zur vollständigen Erstattung der gewährten Unterkunft ausgereicht habe. In der vorgerichtlich dem Beklagten übermittelten Tabelle werden für diesen Monat hingegen keine entstandenen Unterkunftskosten angegeben, weshalb auch der Beklagte insoweit von einer teilweisen Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides abgesehen hat. In der mündlichen Verhandlung konnte die Klägerin die Leistungsgewährung für diesen Monat ebenfalls nicht darlegen. Sie legte zwar einen Leistungsbescheid nach dem AsylbLG vor, nach welchem Leistungen gewährt wurden, allerdings führte sie sodann aus, dass dies nicht mit den sowohl für die Beteiligten als auch das Gericht für die Bewilligung von Leistungen maßgeblichen Angaben in der Tabelle übereinstimme. Sie könne daher nicht nachweisen, dass für den Monat Oktober 2017 Leistungen gewährt worden seien. Vielmehr sei es angesichts der Angaben in der Tabelle wahrscheinlich, dass die in dem überreichten Bescheid aufgeführten Leistungen zurückgefordert worden seien. 42Der Rücknahme der damit rechtswidrigen Zahlungsmitteilungen stehen auch nicht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW die Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 entgegen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt der u. a. eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf dem Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, können sich Gebietskörperschaften als Untergliederung des Staates nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Denn das Institut des Vertrauensschutzes ist in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 242 BGB im Verwaltungsrecht entwickelt worden, um den Staatsbürger unter gewissen Voraussetzungen im Vertrauen auf Maßnahmen der Verwaltung zu schützen. Eines solchen Schutzes bedarf die Verwaltung hingegen in der Regel nicht. Das gilt auch für Selbstverwaltungskörperschaften wie Gemeinden, die – ungeachtet ihrer Autonomie – dem Staat eingegliedert sind. 43Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2006 – 3 C 23/05 –, juris. 44Es liegt auch kein Fall vor, der eine Ausnahme von diesem Ausschluss der Berufung auf Vertrauensschutz rechtfertigen würde. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 2. Juli 1997 – 12 A 1080/95 – angenommen, dass einer Gemeinde eine Berufung auf Vertrauensschutz dann nicht verwehrt ist, wenn sie letztlich nur als Bote tätig wird, weil sie nicht endgültiger Empfänger der Zuwendung, sondern verpflichtet ist, diese an eine natürliche Person weiterzugeben, die sich wiederum auf Vertrauensschutz berufen kann. Diese Erwägungen sind hingegen auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Freilich besteht auch hier ein Zusammenhang zwischen den von den Kommunen an die Asylbewerber zu erbringenden Leistungen nach dem AsylbLG und der vom Land an die Kommunen zur Kompensation dieser Leistungen zu zahlenden FlüAG-Pauschalen. Allerdings handelt es sich dabei um zwei eigenständige Regelungssysteme und die Klägerin wird nicht lediglich als Bote der Zahlung des Landes an den Asylbewerber tätig. Vielmehr erhält sie die Pauschale des Landes unabhängig von dem konkreten Umfang der von ihr erbrachten Leistung nach dem AsylbLG. 45Zudem ist auch die in § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW geregelte Jahresfrist anwendbar und gewahrt. Der Anwendbarkeit steht nicht die erst nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides in Kraft getretene Regelung in § 4 Abs. 9 FlüAG NRW entgegen, die einen Ausschluss der Jahresfirst normiert, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage derjenige der letzten behördlichen Entscheidung ist. Die Vor-Ort-Prüfung, bei welcher der Beklagte von den Tatsachen, die zur Rücknahme geführt haben, Kenntnis erlangt hat, war am 5. Februar 2020, sodass der am 1. Dezember 2020 ergangene Rückforderungsbescheid binnen der in der Norm genannten Jahresfrist erlassen wurde. 46Die Entscheidung des Beklagten ist auch nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. 47Die ordnungsgemäße Ausübung von Ermessen setzt voraus, dass die Behörde die im Rahmen der gesetzlichen Ermessensvorschrift liegenden Handlungsmöglichkeiten erkennt, den Zweck der Ermächtigung und die Wertungen der Rechtsordnung in den Blick nimmt und ihre Entscheidung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nach umfassender Abwägung des Für und Wider trifft (vgl. § 40 VwVfG NRW). Dabei darf sie grundsätzlich Richtlinien zur Lenkung des Ermessens erlassen. Diese Richtlinien müssen jedoch ihrerseits am Zweck der Ermächtigung orientiert und sachgerecht sein. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wird (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). 48Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. März 2008 – OVG 4 B 18.07 –, juris, Rn. 26. 49Hiernach ist die Ermessensausübung des Beklagten in dem Bescheid vom 1. Dezember 2020 nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat das ihm zukommende Ermessen erkannt und in nicht zu beanstandender Weise Bezug auf den Erlass des MKFFI vom 26. Juni 2018 genommen, der im Grundsatz eine Rücknahme und Rückforderung rechtswidrig gewährter Pauschalen vorsieht. Die in der Sphäre der Klägerin liegenden Umstände, die zu einer unrechtmäßigen Bewilligung und Zahlung der Pauschale geführt haben, durfte der Beklagte bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen heranziehen und das Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer Rücknahme annehmen. 50Die Rückforderung der danach zu viel geleisteten Pauschalen in Höhe von 124.704,00 Euro ist ebenfalls rechtmäßig. 51Die Ermächtigungsgrundlage für die Rückforderung der überzahlten Pauschalen findet sich in § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW in Verbindung mit § 4 Abs. 7 FlüAG NRW. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt – wie vorliegend – mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. 52Der Kläger kann sich als Hoheitsträger auch nicht gemäß § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW in Verbindung mit § 818 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf den Wegfall der Bereicherung berufen. 53Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1985 – 7 C 48/82 –, juris, Rn. 14. 54Schließlich ist der Erstattungsanspruch nach § 49a Absatz 1 Satz 1 VwVfG NRW auch nicht verjährt. Nach § 199 Absatz 1 BGB, der auch im öffentlichen Recht Anwendung findet, sofern – wie hier zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt – keine Sonderregelung besteht, beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. § 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Diese Frist war vorliegend noch nicht ab-gelaufen, da der Rückforderungsanspruch erst mit Kenntniserlangung am 5. Februar 2020 entstanden ist und keine Anhaltspunkte für eine vorherige grob fahrlässige Unkenntnis bestehen. 55Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils auf § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dem entspricht es, die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Zwar hat der Beklagte dem Klagebegehren durch den Änderungsbescheid vom 13. Januar 2021 teilweise entsprochen. Allerdings hat die Klägerin dem Beklagten die zur teilweisen Aufhebung des Ausgangsbescheids führenden Informationen erst nach Erlass des Bescheides und nicht bereits im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Verfügung gestellt. Bei rechtzeitiger Vorlage hätte der Erlass des nunmehr aufgehobenen Teils des Bescheides verhindert werden können. 56Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung erfolgt. 57Das Gericht hatte keinen Anlass, die Berufung zuzulassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). 58Rechtsmittelbelehrung: 59Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 60Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 61Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 62Die Berufung ist nur zuzulassen, 631. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 642. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 653. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 664. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 675. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 68Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 69Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 70Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 71Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 72Beschluss 73Der Streitwert wird auf 178.396,00 Euro festgesetzt. 74Gründe: 75Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes erfolgt. 76Rechtsmittelbelehrung: 77Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 78Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 79Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 80Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 81Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 82War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | das verfahren wird eingestellt, soweit die beteiligten das verfahren für erledigt erklärt haben. im übrigen wird der bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 1. dezember 2020 in der gestalt des änderungsbescheides vom 13. januar 2021 aufgehoben, soweit in den in den anlagen der bescheide genannten fällen nr. 6 und 8 zahlungsmitteilungen für die monate april 2018 bis juli 2020 teilweise zurückgenommen wurden und der betrag der zurückgenommenen erstattungen 124.704,00 euro übersteigt. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die klägerin zu 80 % und das beklagte land zu 20 %. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin ist nach § 1 des gesetzes über die zuweisung und aufnahme ausländischer flüchtlinge in der bis zum 12. november 2021 gültigen fassung (im folgenden: flüag nrw) verpflichtet, die ihr nach § 2 flüag nrw zugewiesenen flüchtlinge aufzunehmen. nach § 4 flüag nrw stellte der beklagte der klägerin für die aufnahme und unterbringung sowie die versorgung der ausländischen flüchtlinge monatlich für jede person eine kostenpauschale in höhe von 866,00 euro zur verfügung. ausgenommen sind die personen, die aufgrund ihres einkommens oder vermögens keine leistungen nach dem asylbewerberleistungsgesetz (asylblg) erhalten. nach § 4 abs. 3 flüag nrw melden die gemeinden an die für sie zuständige bezirksregierung die personen im sinne des § 2 flüag nrw bis zum 10. des monates, der auf den monat folgt, für den eine meldung abzugeben ist. entsprechend adressierte die klägerin in den jahren 2017 bis 2020 meldungen an die bezirksregierung düsseldorf und erhielt, sofern im zuge der nachprüfung keine beanstandungen festgestellt wurden, die kostenpauschale. 3nach einer vor-ort-prüfung am 5. februar 2020 nahm der beklagte nach entsprechender anhörung der klägerin mit bescheid vom 1. dezember 2020 – am 17. dezember 2020 bei der klägerin eingegangen – die zahlungsmitteilungen für die monate juli 2017 sowie oktober 2017 bis august 2020 teilweise zurück (ziffer 1) und forderte die klägerin zur erstattung von 178.396,00 euro auf (ziffer 2). zur begründung führte er aus, im rahmen der vor-ort-prüfung sei aufgefallen, dass für einen teil der in den aufgeführten monaten gemeldeten personen, wie sich aus den anlagen zum bescheid ergebe, eine überzahlung erfolgt sei, da entsprechende zahlungsbegründende voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. in bezug auf die in der anlage zum bescheid unter den nrn. 1, 3, 6 bis 12 genannten personen habe die klägerin die kosten für unterkunft, heizung, hausrat, wohnungsinstandhaltung und haushaltsenergie in form von sachleistungen gewährt, unabhängig davon, ob die personen anspruchsberechtigt im sinne des asylblg gewesen seien. die zahlung der pauschale nach § 4 abs. 1 satz 1 fiüag nrw erfolge hingegen nicht, wenn keine leistungen nach dem asylbewerberleistungsgesetz bezogen würden. ein ausschluss der flüag-pauschale müsse auch dann angenommen werden, wenn leistungen nach dem asyblg zu unrecht bzw. nur deshalb gewährt worden seien, weil in gemeinschaftsunterkünften keine trennscharfe abgrenzung von sachleistungen möglich sei. auch sachleistungen in sammelunterkünften müssten dem tatsächlichen bedarf des einzelnen zugerechnet werden, eine pauschale berücksichtigung für alle dort wohnenden sei im sinne des fiüag nrw nicht zulässig. ob eine kommune sachleistungen in dieser form gewähre, liege daher in ihrem eigenen verantwortungsbereich, könne jedoch nicht die zahlungsverpflichtung des landes begründen. den in der anlage zum bescheid unter nr. 6 und 8 aufgeführten personen seien leistungen nach dem bildungs- und teilhabegesetz und nicht nach dem asylblg gewährt worden. die betroffenen personen hätten dem grunde nach zwar anspruch auf leistungen nach dem asylblg gehabt, solche jedoch nicht empfangen. aufgrund der ausdrücklichen regelung in § 4 abs.1 fiüag nrw bestehe somit kein anspruch auf erstattungen nach dem fiüag nrw. für die betreffenden meldemonate sei für die aufgeführten personen eine auszahlung ohne rechtsgrund erfolgt. die entsprechenden zahlungsmitteilungen seien mithin durch die berücksichtigung von nicht mehr anrechenbaren personen teilweise rechtswidrig erlassen worden. im rahmen des ihm grundsätzlich zustehenden ermessens unter beachtung der vorgaben des § 48 abs. 2 vwvfg nrw nehme er die rechtswidrigen zahlungsmitteilungen teilweise zurück. dabei sei zu berücksichtigen, dass sowohl § 4 abs. 7 fiüag nrw als auch der erlass des ministeriums für kinder, familie, flüchtlinge und integration des landes nordrhein-westfalen (mkffi) vom 26. juni 2018 die möglichkeit einer rücknahme und darauf basierten rückforderungen bei zu unrecht gewährten leistungen ausdrücklich vorsehe. sein ermessen sei insofern durch die genannten vorgaben vorgeprägt. unabhängig davon, wie die frage der anwendbarkeit des vertrauensschutzes auf kommunale gebietskörperschaften entschieden werde, sei zu berücksichtigen, dass die klägerischen angaben in den jeweiligen meldungen nicht der objektiven rechtslage entsprochen hätten. die objektive rechtslage richte sich dabei nicht nach den angaben in datenbanken wie advis oder azr. denn diese begründeten keine rechtslage, sondern spiegelten eine solche lediglich wider. beigefügt war dem bescheid eine tabellarische aufstellung der rückforderungsfälle mit dem folgenden wesentlichen inhalt: 4lfd. nr. rückforderungsgrund rückforderungsmonat anzahl der monate 1 gehalt ab 09/17 übersteigt bedarf 9/17-7/20 35 2 auszahlung ab 10/19 nachgewiesen - 0 3 beschäftigung ab 13.11.17 mit durchgehend ausreichendem einkommen 12/17-1/20 26 4 auszahlung ab 12/19 nachgewiesen - 0 5 auszahlungsbelege ab 4/20 fehlen 4/20-7/20 4 6 gehalt ab 04/18 übersteigt bedarf 04/18-7/20 28 7 gehalt ab 11/18 übersteigt bedarf 11/18-7/20 21 8 gehalt ab 07/19 übersteigt bedarf 7/19-7/20 13 9 gehalt ab 10/17 übersteigt bedarf 10/17-7/20 33 10 gehalt ab 12/18 übersteigt bedarf 12/18-1/19, 3/9-7/20 19 11 gehalt ab 10/18 übersteigt bedarf 10/18-7/20 22 12 gehalt ab 12/19 übersteigt bedarf, auszahlungsbelege april und mai 2020 nicht unterschrieben 12/19-1/20, 4/20-5/20 4 13 asylantrag abgelehnt am 15.07.19, klage hat aufschiebende wirkung - 0 14 asylantrag abgelehnt am 20.09.17, klage hat aufschiebende wirkung - 0 15 asylantrag als unzulässig abgelehnt im januar 2017, durchführung des nationalen verfahrens ab juni 2017 überstellungsfrist in 06/20 abgelaufen 5/20 1 5daraufhin teilte die klägerin dem beklagten mit, dass die rechtsverletzungen zum teil als zutreffend eingestanden würden. dies betreffe die unter nr. 1, 7, 10 und 11 genannten fälle. den personen sei es mit ihrem einkommen möglich gewesen sowohl ihren notwendigen bedarf zu bestreiten als auch die kosten für die unterkunft zu erstatten, die als sachleistung gewährt worden sei. in einigen fällen fehle es hingegen an einer schlüssigen darlegung der vorgeworfenen rechtsverletzung. die unter nr. 3 genannte person habe jedenfalls für 14 monate und die unter nr. 9 genannte person für einen monat kein ausreichendes einkommen zur vollständigen erstattung der gewährten sachleistungen nach dem asylblg erzielt. die unter nr. 6 genannte person habe zwar einkommen erzielt, lebe hingegen mit ehefrau und drei kindern in einer gemeinschaftsunterkunft. die aufbrauchpflicht von erhaltenem erwerbseinkommen richte sich deshalb nicht isoliert auf den bedarf des haushaltsvorstandes, sondern erstrecke sich auf die bedarfsgemeinschaft. es müsse eine horizontale einkommensanrechnung vorgenommen werden. danach sei es mit dem erzielten einkommen nicht möglich gewesen, sowohl den notwendigen bedarf der haushaltsgemeinschaft sicherzustellen als auch die unterkunftskosten zu erstatten. daher seien auch für die unter nr. 6 aufgeführte person leistungen nach dem asylblg aufzubringen gewesen. ähnlich liege der fall bei der unter nr. 8 aufgeführten erwerbstätigen person, die mit zwei weiteren personen in einer wohneinheit in einer gemeinschaftsunterkunft gelebt habe. in den unter nr. 5 und 12 genannten fällen fehlten die auszahlungsbelege, weil aufgrund der corona-pandemie auf die quittierung der leistungen verzichtet worden sei. in dem unter nr. 12 genannten fall werde der beanstandung für zwei monate, in denen der auszahlungsbeleg nicht unterschrieben worden sei, widersprochen, und im übrigen anerkannt, soweit das vorhandensein ausreichenden einkommens angeführt werde. bei der unter nr. 15 genannten person habe in dem beanstandeten monat noch keine vollziehbare abschiebungsandrohung vorgelegen. dem schreiben fügte die klägerin eine tabellarische darstellung der einnahmen und bedarfe der betroffenen asylbewerber bei und kündigte an, dass weitere rechtliche bedenken gegen den rückforderungsbescheid angeführt würden, sollte eine gütliche einigung nicht erzielt werden. 6der beklagte stellte der klägerin mit e-mail vom 23. dezember 2020 eine teilaufhebung des bescheides vom 1. dezember 2020 in aussicht und erklärte, dass klärungsbedarf hinsichtlich der unter nr. 6 und 8 aufgeführten fälle bestehe. bei der anwendung des § 4 abs. 1 satz 2 flüag nrw sei von einer vertikalen einkommensanrechnung auszugehen. berücksichtigt werde daher zunächst das einkommen der person im vergleich zu dem konkreten ihm zustehenden leistungsanspruch bzw. seinem eigenen persönlichen bedarf. nur dann, wenn das erzielte einkommen seinen persönlichen bedarf übersteige, erfolge eine gleichmäßige anrechnung auf die übrigen familienmitglieder. insoweit verweise er auf die ausführungen in dem erlass des mkffi vom 26. juni 2018. auch die ausführungen zu der unter nr. 9 genannten person könnten nicht nachvollzogen werden, weil das einkommen auch nach den vorgelegten dokumenten zu sicherung der bedarfe ausreichend gewesen sei. 7die klägerin hat am 13. januar 2021 klage erhoben. zur begründung macht sie geltend, dass der beklagte die gewährte flüag-pauschale für elf personen zu unrecht zurückfordere. in den fällen nr. 5 und 12 seien leistungen nach dem asylblg erbracht worden, die auszahlungsbelege während der corona-pandemie von den asylbewerbern aus gründen des infektionsschutzes jedoch nicht unterschrieben worden. für den erhalt der landeserstattung sei diese interne vorgehensweise jedoch irrelevant. in dem fall nr. 15 sei die gewährung der flüag-pauschale aufgrund des noch bis mai 2020 laufenden asylverfahrens rechtmäßig erfolgt. in den übrigen fällen stünde der rechtmäßigkeit des erhalts der landespauschale nicht entgegen, dass die asylbewerber einkommen erzielt haben. denn allein der umstand, dass ein asylbewerber erwerbseinkommen erziele, stelle noch keinen ausschlussgrund für den erhalt einer fiüag-pauschale dar. § 7 asylblg beinhalte die sog. aufbrauchpflicht, nach der demjenigen mit eigenem einkommen nur dann hilfe zur bestreitung seines notwendigen bedarfs gewährt werde, wenn und soweit dies aus eigenen mitteln nicht möglich sei. erfolge eine unterbringung in einrichtungen und würden deshalb und dafür sachleistungen gewährt, so hätten leistungsberechtigte bei vorhandensein von ausreichendem einkommen und vermögen für sich und ihre familienangehörigen die kosten in entsprechender höhe zu erstatten, allerdings erstrecke sich die erstattungspflicht nur auf die kosten der unterkunft, heizung und haushaltsenergie. andere kostenerstattungspflichten seien für asylbewerber in § 7 abs. 1 asylblg nicht bestimmt worden. die grundleistungen für die von ihr aufgenommenen asylbewerber erfülle sie vollständig durch geldleistungen mit ausnahme der bedarfe für unterkunft, heizung, hausrat, wohnungsinstandsetzung und haushaltsenergie, die durch sachleistungen gedeckt würden. nach der örtlichen satzung über die benutzung und gebühren der unterkünfte für flüchtlinge und obdachlose vom 13. juli 2017 betrage die benutzungsgebühr 197,19 euro monatlich je überlassenem unterbringungsplatz. in den beanstandeten fällen mit den nrn. 3, 6, 8 und 9 sei das erzielte erwerbseinkommen jedenfalls in einigen monaten so gering gewesen, dass die kosten der unterkunft von dem jeweiligen asylbewerber nicht bzw. nicht vollumfänglich hätten erstattet werden können. in den fällen mit den nrn. 1, 7, 10 bis 12 sowie 3 (für 12 monate) und 9 (für 32 monate) habe das einkommen des einzelnen asylbewerbers zwar dazu ausgereicht, dass von ihm nicht nur der bedarf der grundleistung habe sichergestellt werden können, sondern auch die kostenerstattung der als sachleistung erbrachten unterkunft, heizung, hausrat und wohnungsinstandsetzung. allerdings seien den betreffenden asylbewerbern weitere sachleistungen zugutegekommen, zu deren erstattung sie nach den bestimmungen des § 7 asylblg nicht herangezogen werden könnten. solche hilfen fielen unter § 6 abs. 1 asyblg und könnten über die in den grundnormen der §§ 3 und 4 asylblg benannten leistungen hinaus gewährt werden. das auswahlermessen über das „ob“ und den umfang solcher leistungen liege bei der gemeinde. beispielhaft für solche leistungen sei ihr aufwand für den einsatz eines hygienebeauftragten bei den flüchtlingen zu nennen, der sich in der gemeinschaftsunterkunft aufhalte, oder die zeitweilige einrichtung eines shuttle-dienstes zu der etwa 25 km entfernten ausländerbehörde des kreises x. , der dem interesse eines zügigen ablaufs des aufenthaltsrechtlichen verfahrens gedient habe. die durchführung des asylblg sei den gemeinden als pflichtige selbstverwaltungsangelegenheit übertragen worden. sie seien bei der ausführung des asylblg keinen weisungen unterworfen. der charakter der aufgabe ergebe sich für sie allein aus dem asylblg, sodass die von dem beklagten vorgetragene rechtsmeinung die landeserstattung nach dem flüag nrw nicht zum scheitern bringen könne, solange von der jeweils zugewiesenen person tatsächlich leistungen nach dem asylblg empfangen worden seien. 8die klägerin hat ursprünglich beantragt, 9den bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 1. dezember 2020 aufzuheben. 10mit bescheid vom 13. januar 2021 hat der beklagte den bescheid vom 1. dezember 2020 abgeändert und den rückforderungsanspruch um 18.186,00 euro reduziert. zur begründung hat er geltend gemacht, dass von der klägerin umfangreiche ergänzende angaben getätigt worden seien, die eine teilweise änderung des rückforderungsbescheides vom 1. dezember 2020 erforderlich gemacht hätten. wie aus der anlage zum bescheid ersichtlich, werde in den fällen der nr. 5 und 15 keine rückforderung mehr geltend gemacht und in den fällen nr. 3 und 12 die anzahl der monate, für die eine rückforderung begehrt werde, auf zwölf und zwei monate reduziert. 11die klägerin beantragt nunmehr, 12den bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 1. dezember 2020 in gestalt des änderungsbescheides vom 13. januar 2021 aufzuheben. 13der beklagte beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15zur begründung macht er im wesentlichen geltend, dass die klägerin im rahmen des vorgerichtlichen austausches die rechtmäßigkeit der rückforderung in einigen fällen eingeräumt habe und er im übrigen mit ausnahme von den unter nr. 6 und 8 aufgeführten fällen eine aufhebung des rückforderungsbescheides in aussicht gestellt und nunmehr erlassen habe. daher verwundere es, dass die klägerin nunmehr auch in den fällen unter nr. 1, 3, 7, 9 bis 12 die rückforderung für rechtswidrig halte. aus der tatsache, dass in diesen fällen womöglich leistungen, die im übrigen nur im ausnahmefall unter § 6 abs. 1 asylblg zu subsumieren seien, gewährt worden seien, könne nicht das bestehen eines anspruches auf kostenerstattung nach dem flüag nrw gefolgert werden. in den fällen nr. 6 und 8 habe vorgerichtlich keine einigung erzielt werden können. das einkommen des in den fällen jeweils betroffenen familienvaters sei nach der erlasslage zunächst in voller höhe auf ihn und seinen anspruch anzurechnen. nur dann, wenn das erzielte einkommen seinen persönlichen bedarf übersteige, erfolge eine gleichmäßige anrechnung auf die übrigen familienmitglieder. die kosten für die zur verfügung gestellte unterkunft seien teil des anspruchs und könnten deshalb anteilsmäßig von dem betroffenen zurückgefordert werden. 16die beteiligten haben das verfahren in der mündlichen verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit der bescheid vom 1. dezember 2020 durch den bescheid vom 13. januar 2021 aufgehoben worden ist. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 18 | 19soweit die beteiligten das verfahren in der hauptsache für erledigt erklärt haben, war das verfahren in entsprechender anwendung des § 92 abs. 3 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) einzustellen. im übrigen ist die klage zulässig und in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang begründet. 20die klage ist zulässig. der klägerin fehlt insbesondere weder die klagebefugnis noch das rechtsschutzbedürfnis aufgrund der dem beklagten gegenüber vorgerichtlich erklärten „eingeständnisse“ hinsichtlich der rechtswidrigkeit der zahlungsmitteilungen für die in der anlage zu dem bescheid vom 1. dezember 2020 genannten personen unter den nrn. 1, 3, 7, 9, 10, 11 und 12. denn die klägerin hat insoweit ersichtlich keinen klageverzicht erklärt. vielmehr erfolgten die eingeständnisse im rahmen des versuches einer außergerichtlichen einigung, bei dem die klägerin deutlich gemacht hat, dass sie sich an ihre aussagen im falle des scheiterns einer einigung nicht gebunden fühle. 21die klage ist teilweise begründet. der rücknahme- und rückforderungsbescheid vom 1. dezember 2020 in der gestalt des änderungsbescheides vom 13. januar 2021 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo, soweit in den in den anlagen der bescheide genannten fällen nr. 6 und 8 zahlungsmitteilungen für die meldemonate april 2018 bis juli 2020 teilweise zurückgenommen werden und ein betrag in höhe von 35.506,00 euro zurückgefordert wird (i). im übrigen erweist sich der rücknahme- und rückforderungsbescheid vom 1. dezember 2020 in der gestalt des änderungsbescheides vom 13. januar 2021 als rechtmäßig (ii). 22i. 23der beklagte hat mit dem angefochtenen rücknahme- und rückforderungsbescheid zu unrecht die gewährung der kostenpauschale nach dem flüag nrw für die in den anlagen zu den bescheiden genannten personen unter nr. 6 und 8 zurückgenommen und den betrag von 35.506,00 euro von der klägerin zurückgefordert. 24nach § 48 abs. 1 satz 1 vwvfg nrw kann ein rechtswidriger verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit wirkung für die zukunft oder für die vergangenheit zurückgenommen werden. 25bei den zahlungsmitteilungen für die meldemonate april 2018 bis juli 2020 und die in der anlage zum streitgegenständlichen bescheid unter nr. 6 und 8 aufgeführten personen handelt es sich nicht um solche rechtswidrigen verwaltungsakte. für den streitgegenständlichen zeitraum lagen die voraussetzungen für die gewährung der kostenpauschale nach § 4 abs. 1 flüag nrw vor. 26nach § 4 abs. 1 satz 1 flüag nrw stellt das land den gemeinden für die aufnahme und unterbringung sowie für die versorgung der ausländischen flüchtlinge monatlich für jede person im sinne des § 2 flüag nrw eine kostenpauschale zur verfügung. § 2 flüag nrw umfasst unter anderem ausländische personen, die um asyl nachgesucht, einen asylantrag gestellt, einen folgeantrag nach § 71 des asylgesetzes (asylg) oder einen zweitantrag nach § 71a asylg gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer aufnahmeeinrichtung des landes zu wohnen. ausgeschlossen ist die gewährung der landespauschale nach § 4 abs. 1 satz 2 flüag nrw für personen im sinne des § 2 flüag nrw, die aufgrund von einkommen oder vermögen im sinne des § 7 asylblg keine leistungen nach dem asylbewerberleistungsgesetz erhalten. 27danach setzt das gesetz für den anspruch auf erstattung neben dem vorliegen der hier nicht strittigen eigenschaften nach § 2 flüag nrw voraus, dass die flüchtlinge leistungen nach dem asylblg erhalten haben. dies war bei den in der anlage zu dem streitgegenständlichen bescheid unter nr. 6 und 8 genannten personen der fall. zwar hat die klägerin eine solche leistungsgewährung für die unter nr. 6 aufgeführte person nicht bereits durch die in der mündlichen verhandlung vorgelegten bescheide über leistungen nach § 3 asylblg nachgewiesen, da in diesen nur für die weiteren familienmitglieder leistungen bewilligt wurden, für den streitgegenständlichen familienvater hingegen ein nullbescheid erlassen wurde. insoweit ist auch entgegen den ausführungen der klägerin in der mündlichen verhandlung nicht von bedeutung, dass der bescheid, der die leistungen an die familienmitglieder enthält, an die unter nr. 6 genannte person adressiert wurde und er berechtigt ist, das geld in empfang zu nehmen. denn die dem familienvater damit letztlich zukommende funktion als empfangsberechtigter ändert nichts an dem umstand, dass ihm selbst durch die bescheide keine leistungen bewilligt wurden. auch hinsichtlich des falles unter nr. 8 enthalten die überreichten leistungsbescheide jedenfalls nicht für alle streitgegenständlichen meldemonate eine bewilligung von leistungen nach dem asylblg. allerdings hat die klägerin in den dem beklagten im rahmen der vorgerichtlichen korrespondenz übermittelten tabellen angegeben, dass die unter nr. 6 und 8 aufgeführten personen durch die gewährung einer unterkunft sachleistungen nach § 3 asylblg erhalten und diese nicht erstattet haben. an der richtigkeit der angaben in den tabellen, die der beklagte seiner abhilfeentscheidung ebenfalls zugrunde gelegt hat und welche die klägerin in der mündlichen verhandlung noch einmal bestätigt hat, bestehen keine zweifel. auf den einwand des beklagten, dass diese leistungen nicht rechtmäßig gewährt worden seien, kommt es dagegen nicht an. denn der anspruch der klägerin gegen den beklagten auf eine erstattung ihrer kosten nach dem flüag nrw setzt neben dem vorliegen der unter § 2 asylblg genannten eigenschaften der flüchtlinge lediglich voraus, dass diesen tatsächlich und zielgerichtet leistungen nach dem asylblg gewährt wurden. eine rechtmäßigkeitsprüfung findet insoweit nicht statt. dies ergibt sich, wie bereits das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) zu der anspruchsnorm im flüag nrw in der fassung des vierten gesetzes zur änderung des flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 29. november 1994 bzw. des fünften gesetzes zur änderung des flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 18. februar 1997 im urteil vom 2. mai 2006 – 15 a 4450/03 – dargestellt hat, aus dem wortlaut und dem sinn und zweck des gesetzes. das ovg nrw hat insofern ausgeführt: 28„der begriff erhalten umfasst nur den tatsächlichen vorgang des gewährens und empfangens der grundleistung, nicht aber die rechtliche qualität, dass die gewährung rechtmäßig war oder dass der flüchtling einen anspruch auf die grundleistung hatte. das erschließt sich schon aus der wortbedeutung des begriffs, der rechtswidriges und rechtmäßiges erhalten gleichermaßen umfasst. aus sinn und zweck der kostenerstattungsregelung in der hier vorliegenden form sowie der erstehungsgeschichte ergibt sich ebenso, dass auch das rechtswidrige erhalten von grundleistungen zur erstattungspflicht führt. 29ursprünglich bestand die kostenerstattungsregelung nämlich darin, dass die errichtung und erstmalige einrichtung von übergangsheimen durch die gemeinde vom land in form von zuwendungen zu förderungsfähigen kosten bezuschusst wurden (§ 6 abs. 1 des flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 27. märz 1984, gv nrw s. 214, flüag a.f.). es wurden also bestimmte als notwendig anerkannte aufwendungen erstattet. weiter wurden nach § 6 abs. 3 flüag a.f. "notwendige aufwendungen" für die betreuung allerdings schon damals pauschal erstattet. nach § 6 abs. 4 flüag a.f. wurden den trägern der sozialhilfe "aufwendungen, die ihnen nach § 120 des bundessozialhilfegesetzes... entstehen", erstattet. dies zeigt, dass die kostenerstattung ursprünglich mehr subventions- und aufwendungsersatzcharakter für einen bestimmten notwendigen aufwand hatte. von einer derartigen, die berechtigung des getriebenen aufwandes in die erstattung einbeziehenden regelung ist die hier in rede stehende regelung bewusst abgegangen, indem sie nur noch auf den umstand abstellt, dass aufwendungen bestimmter art angefallen sind ("grundleistungen... erhält"), und die aufwendungen auch nicht im einzelnen ersetzt, sondern durch pauschalen abgilt. deutlich wird das geänderte system dadurch, dass die erstattung nicht mehr unter der gesetzlichen paragrafenüberschrift "kostenregelung" wie noch nach § 6 flüag a.f. behandelt wird, sondern nach § 4 flüag unter dem begriff "kostenpauschalen". mit pauschale wird begrifflich und von der etymologischen ableitung her die abgeltung von aufwendungen "in bausch und bogen" und nicht unter rückgriff auf die tatsächlich angefallene höhe der aufwendungen oder gar deren berechtigung bezeichnet. der so festzustellende gesetzgeberische paradigmenwechsel der kostenerstattungsregelung schließt es aus, dass die auslösung des erstattungsanspruchs von der berechtigung der getätigten aufwendungen abhängt. 30es spielt somit für die rechtmäßigkeit der zurückgenommenen gewährung der erstattungspauschalen keine rolle, ob die anspruchsauslösenden grundleistungen von den flüchtlingen rechtmäßig erhalten wurden. vollends spielt es keine rolle, ob die klägerin bei der gewährung von grundleistungen ihren pflichten zur sachverhaltsaufklärung hinreichend nachgekommen ist. die verletzung einer solchen verwaltungsverfahrensrechtlichen pflicht würde noch nicht einmal zur wie oben ausgeführt ihrerseits sogar unerheblichen rechtswidrigkeit des leistungserhalts führen. sollte die klägerin insoweit pflichtwidrig vorgehen, ist es sache der aufsichtsbehörden, pflichtgemäßes verwaltungsverfahrenshandeln sicher zu stellen. für eine "bestrafung" fehlerhaften verwaltungsverfahrensrechtlichen handelns durch vorenthaltung des erstattungsanspruchs gibt das gesetz nichts her. auch kann nicht - unabhängig davon, welche rechtlichen konsequenzen dies für die angefochtene rücknahme haben könnte - von einem missbrauch der leistungsgewährung durch die klägerin an flüchtlinge gesprochen werden, wie dies die beklagte in der mündlichen verhandlung vor dem senat ausgeführt hat.“ 31diesen ausführungen schließt sich die kammer an. denn auch in der zum zeitpunkt des erlasses der zahlungsmitteilungen geltenden fassung des flüag nrw stellt das gesetz nach seinem wortlaut für die bewilligung der pauschale allein darauf ab, dass die flüchtlinge leistungen nach dem asylblg erhalten haben. es ist auch im übrigen, nachdem mit dem zehnten gesetz zur änderung des flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 15. dezember 2016 der anspruch auf die kostenpauschale wieder an die gewährung von leistungen nach dem asylblg angeknüpft wurde, kein paradigmenwechsel zu erkennen. 32mit dem gesetz zur änderung des flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 15. februar 2005 wurden die der genannten entscheidung des ovg nrw zugrundeliegenden regelungen umfassend novelliert und eine verteilung der finanzmittel unabhängig von meldungen der kommunen nach dem zuweisungsschlüssel geregelt, vgl. lt-drs. 13/6224 vom 15. november 2004, s. 17 f. von diesem ansatz hat der gesetzgeber wiederum mit dem regelungen im zehnten gesetz zur änderung des flüchtlingsaufnahmegesetzes vom 15. dezember 2016 abstand genommen und eine vor dem 15. februar 2005 bestehende verknüpfung zwischen der gewährung der kostenpauschale und leistungen nach dem asylblg wieder hergestellt, vgl. lt-drs. 16/13261 vom 25. oktober 2016, s. 19. 33vielmehr ergibt sich aus der gesetzesbegründung, dass die flüag-pauschale eine erstattung für die aufwendungen sei, welche die gemeinden in ausführung des asylbewerberleistungsgesetzes haben. nach § 4 abs. 1 satz 2 flüag nrw seien von dem personenkreis nach § 2 flüag nrw die personen ausgenommen, die aufgrund von einkommen oder vermögen keine leistungen nach dem asylbewerberleistungsgesetz beziehen, da dieser personenkreis nach zuweisung in eine gemeinde dort keine kosten verursachten. 34vgl. lt-drs. 16/13261, s. 2, 19. 35danach reicht für die beanspruchung der pauschale angesichts der dieser zukommenden kompensatorischen funktion zwar nicht lediglich ein bestehender, aber nicht durchgesetzter anspruch auf leistungen nach dem asylblg aus. der kommune kann aber die auszahlung der pauschale bei tatsächlicher gewährung von leistungen nach dem asylblg nicht versagt werden, selbst wenn diese rechtswidrig erfolgt ist. dies gilt jedenfalls bis zu einer ersichtlich missbräuchlichen gewährung von asylblg-leistungen. eine solche missbräuchliche leistung ist in den fällen der nr. 6 und 8 hingegen nicht ersichtlich. vielmehr vertritt die klägerin insoweit eine andere rechtsauffassung als der beklagte zu der art und weise der einkommensanrechnung. 36die von dem beklagten geäußerten bedenken gegen die von der klägerin angenommene horizontale einkommensanrechnung kann er gegenüber der kommunalen aufsichtsbehörde der klägerin vorbringen, berechtigen hingegen nicht zur rücknahme der nach dem vorstehenden rechtmäßig erlassenen zahlungsmitteilungen. 37da die auf § 48 abs. 1 vwvfg gestützte rücknahme der zahlungsmitteilungen aus den vorstehenden gründen keinen bestand hat, fehlt es für die auf § 49a abs. 1 vwvfg nrw i. v. m. § 4 abs. 7 flüag nrw fußende rückforderung überzahlter kostenpauschalen in dem streitgegenständlichen bescheid bereits an der erfüllung des tatbestandes der ermächtigungsgrundlagen. die rückforderung in höhe von 35.506,00 euro unterliegt damit ebenfalls der aufhebung. 38ii. 39hinsichtlich der rücknahme der zahlungsmitteilungen in den fällen nr. 1, 3, 7, 9, 10 bis 12 und der rückforderung der insoweit erstatteten pauschalen ist der bescheid rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 40die in den fällen nr. 1, 3, 7, 10 bis 12 erlassenen zahlungsmitteilungen für insgesamt 111 monate waren bei deren erlass rechtswidrig, da die voraussetzungen für die gewährung der kostenpauschale nach § 4 abs. 1 flüag nrw nicht vorgelegen haben. denn die betroffenen personen haben keine leistungen nach dem asylblg erhalten. wie bereits dargestellt, ist ausschließlich die tatsächliche gewährung bzw. der erhalt von leistungen nach dem asylblg für einen erstattungsanspruch nach § 4 abs. 1 flüag nrw maßgeblich. die klägerin hat in den genannten fällen keine asylblg-leistungen erbracht. sie macht selbst geltend, dass den unter den nrn. 1, 3, 7, 10 bis 12 aufgeführten personen aufgrund ausreichenden einkommens keine grundleistungen gewährt worden seien und diese die unterkunftskosten erstattet hätten. jedoch sei ihnen die möglichkeit zur inanspruchnahme von „sonstigen leistungen“ nach § 6 asylblg, beispielsweise in form eines hygienebeauftragten oder eines shuttle-dienstes, gewährt worden. eine solche pauschale bereitstellung von leistungen begründet hingegen keine erstattungspflicht des beklagten nach § 4 abs. 1 flüag nrw. die pauschale wird, begründet durch den ihr zukommenden zweck, der kommune personenscharf für diejenigen flüchtlinge gewährt, die asylblg-leistungen von der kommune erhalten. angesichts dieser kompensatorischen funktion der kostenpauschale bedarf es für den erhalt auch des nachweises einer zielgerichteten und personenscharfen gewährung von asylblg-leistungen. allein die hier von der klägerin geltend gemachte möglichkeit, an den der gesamtheit der untergebrachten flüchtlingen oder familienmitgliedern gewährten leistungen zu partizipieren, kann vor diesem hintergrund zur begründung der erstattungspflicht des beklagten nicht ausreichen. soweit die klägerin geltend macht, dass die durchführung des asylblg eine selbstverwaltungsaufgabe der gemeinde sei und der beklagte ihr daher keine weisung über die art und weise der erfüllung der ihr insoweit obliegenden aufgaben erteilen dürfe, ist dem nichts entgegenzuhalten. der klägerin steht es durchaus frei, die leistungsgewährung im rahmen der rechtlichen grenze nach ihrem ermessen auszugestalten. allerdings verkennt sie, dass diese gestaltungsfreiheit ihr leistungsverhältnis zu den ihr zugewiesenen flüchtlingen betrifft. davon zu unterscheiden ist das hier gegenständliche verhältnis, in dem die klägerin dem beklagten land als leistungsempfängerin gegenübersteht. in diesem verhältnis sind ausschließlich die im flüag nrw normierten voraussetzungen maßgeblich, die sie nach dem vorstehenden aufgrund der von ihr – in eigener verantwortung – gewählten art der leistungsgewährung nicht erfüllt. 41im hinblick auf den fall nr. 9 hat die klägerin ebenfalls nicht dargelegt, dass in den streitgegenständlichen 33 monaten leistungen nach dem asylblg gewährt wurden. die klägerin hat mit ausnahme von einem monat eingeräumt, dass ausreichendes einkommen zur deckung der bedarfe vorgelegen habe, und sich auf die gewährung „sonstiger leistungen“ nach § 6 asylblg berufen. insoweit wird auf das vorstehende verwiesen. im hinblick auf den monat oktober 2017 hat die klägerin geltend gemacht, dass das einkommen nicht zur vollständigen erstattung der gewährten unterkunft ausgereicht habe. in der vorgerichtlich dem beklagten übermittelten tabelle werden für diesen monat hingegen keine entstandenen unterkunftskosten angegeben, weshalb auch der beklagte insoweit von einer teilweisen aufhebung des streitgegenständlichen bescheides abgesehen hat. in der mündlichen verhandlung konnte die klägerin die leistungsgewährung für diesen monat ebenfalls nicht darlegen. sie legte zwar einen leistungsbescheid nach dem asylblg vor, nach welchem leistungen gewährt wurden, allerdings führte sie sodann aus, dass dies nicht mit den sowohl für die beteiligten als auch das gericht für die bewilligung von leistungen maßgeblichen angaben in der tabelle übereinstimme. sie könne daher nicht nachweisen, dass für den monat oktober 2017 leistungen gewährt worden seien. vielmehr sei es angesichts der angaben in der tabelle wahrscheinlich, dass die in dem überreichten bescheid aufgeführten leistungen zurückgefordert worden seien. 42der rücknahme der damit rechtswidrigen zahlungsmitteilungen stehen auch nicht gemäß § 48 abs. 1 satz 2 vwvfg nrw die einschränkungen der absätze 2 bis 4 entgegen. nach § 48 abs. 2 satz 1 vwvfg nrw darf ein rechtswidriger verwaltungsakt der u. a. eine einmalige oder laufende geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf dem bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, der sich die kammer anschließt, können sich gebietskörperschaften als untergliederung des staates nicht auf schutzwürdiges vertrauen berufen. denn das institut des vertrauensschutzes ist in anlehnung an die rechtsprechung zu § 242 bgb im verwaltungsrecht entwickelt worden, um den staatsbürger unter gewissen voraussetzungen im vertrauen auf maßnahmen der verwaltung zu schützen. eines solchen schutzes bedarf die verwaltung hingegen in der regel nicht. das gilt auch für selbstverwaltungskörperschaften wie gemeinden, die – ungeachtet ihrer autonomie – dem staat eingegliedert sind. 43vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2006 – 3 c 23/05 –, juris. 44es liegt auch kein fall vor, der eine ausnahme von diesem ausschluss der berufung auf vertrauensschutz rechtfertigen würde. zwar hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen mit urteil vom 2. juli 1997 – 12 a 1080/95 – angenommen, dass einer gemeinde eine berufung auf vertrauensschutz dann nicht verwehrt ist, wenn sie letztlich nur als bote tätig wird, weil sie nicht endgültiger empfänger der zuwendung, sondern verpflichtet ist, diese an eine natürliche person weiterzugeben, die sich wiederum auf vertrauensschutz berufen kann. diese erwägungen sind hingegen auf den vorliegenden fall nicht übertragbar. freilich besteht auch hier ein zusammenhang zwischen den von den kommunen an die asylbewerber zu erbringenden leistungen nach dem asylblg und der vom land an die kommunen zur kompensation dieser leistungen zu zahlenden flüag-pauschalen. allerdings handelt es sich dabei um zwei eigenständige regelungssysteme und die klägerin wird nicht lediglich als bote der zahlung des landes an den asylbewerber tätig. vielmehr erhält sie die pauschale des landes unabhängig von dem konkreten umfang der von ihr erbrachten leistung nach dem asylblg. 45zudem ist auch die in § 48 abs. 4 satz 1 vwvfg nrw geregelte jahresfrist anwendbar und gewahrt. der anwendbarkeit steht nicht die erst nach erlass des streitgegenständlichen bescheides in kraft getretene regelung in § 4 abs. 9 flüag nrw entgegen, die einen ausschluss der jahresfirst normiert, da maßgeblicher zeitpunkt für die beurteilung der sach- und rechtslage derjenige der letzten behördlichen entscheidung ist. die vor-ort-prüfung, bei welcher der beklagte von den tatsachen, die zur rücknahme geführt haben, kenntnis erlangt hat, war am 5. februar 2020, sodass der am 1. dezember 2020 ergangene rückforderungsbescheid binnen der in der norm genannten jahresfrist erlassen wurde. 46die entscheidung des beklagten ist auch nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. 47die ordnungsgemäße ausübung von ermessen setzt voraus, dass die behörde die im rahmen der gesetzlichen ermessensvorschrift liegenden handlungsmöglichkeiten erkennt, den zweck der ermächtigung und die wertungen der rechtsordnung in den blick nimmt und ihre entscheidung unter berücksichtigung der konkreten umstände des einzelfalls nach umfassender abwägung des für und wider trifft (vgl. § 40 vwvfg nrw). dabei darf sie grundsätzlich richtlinien zur lenkung des ermessens erlassen. diese richtlinien müssen jedoch ihrerseits am zweck der ermächtigung orientiert und sachgerecht sein. die gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten sind oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht wird (vgl. § 114 satz 1 vwgo). 48vgl. ovg berlin-brandenburg, urteil vom 13. märz 2008 – ovg 4 b 18.07 –, juris, rn. 26. 49hiernach ist die ermessensausübung des beklagten in dem bescheid vom 1. dezember 2020 nicht zu beanstanden. der beklagte hat das ihm zukommende ermessen erkannt und in nicht zu beanstandender weise bezug auf den erlass des mkffi vom 26. juni 2018 genommen, der im grundsatz eine rücknahme und rückforderung rechtswidrig gewährter pauschalen vorsieht. die in der sphäre der klägerin liegenden umstände, die zu einer unrechtmäßigen bewilligung und zahlung der pauschale geführt haben, durfte der beklagte bei der abwägung der widerstreitenden interessen heranziehen und das überwiegen des öffentlichen interesses an einer rücknahme annehmen. 50die rückforderung der danach zu viel geleisteten pauschalen in höhe von 124.704,00 euro ist ebenfalls rechtmäßig. 51die ermächtigungsgrundlage für die rückforderung der überzahlten pauschalen findet sich in § 49a abs. 1 satz 1 vwvfg nrw in verbindung mit § 4 abs. 7 flüag nrw. danach sind bereits erbrachte leistungen zu erstatten, soweit ein verwaltungsakt – wie vorliegend – mit wirkung für die vergangenheit zurückgenommen worden ist. 52der kläger kann sich als hoheitsträger auch nicht gemäß § 49a abs. 2 satz 1 vwvfg nrw in verbindung mit § 818 abs. 3 des bürgerlichen gesetzbuches (bgb) auf den wegfall der bereicherung berufen. 53vgl. bverwg, urteil vom 12. märz 1985 – 7 c 48/82 –, juris, rn. 14. 54schließlich ist der erstattungsanspruch nach § 49a absatz 1 satz 1 vwvfg nrw auch nicht verjährt. nach § 199 absatz 1 bgb, der auch im öffentlichen recht anwendung findet, sofern – wie hier zum maßgeblichen beurteilungszeitpunkt – keine sonderregelung besteht, beginnt die regelmäßige verjährungsfrist von drei jahren (vgl. § 195 bgb) mit dem schluss des jahres, in dem der anspruch entstanden ist und der gläubiger von den anspruchsbegründenden umständen und der person des schuldners kenntnis erlangt oder ohne grobe fahrlässigkeit erlangen müsste. diese frist war vorliegend noch nicht ab-gelaufen, da der rückforderungsanspruch erst mit kenntniserlangung am 5. februar 2020 entstanden ist und keine anhaltspunkte für eine vorherige grob fahrlässige unkenntnis bestehen. 55die kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitig entschiedenen teils auf § 154 abs. 1 vwgo. soweit die beteiligten das verfahren in der hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die kosten gemäß § 161 abs. 2 vwgo nach billigem ermessen unter berücksichtigung des bisherigen sach- und streitstandes zu entscheiden. dem entspricht es, die kosten der klägerin aufzuerlegen. zwar hat der beklagte dem klagebegehren durch den änderungsbescheid vom 13. januar 2021 teilweise entsprochen. allerdings hat die klägerin dem beklagten die zur teilweisen aufhebung des ausgangsbescheids führenden informationen erst nach erlass des bescheides und nicht bereits im rahmen des anhörungsverfahrens zur verfügung gestellt. bei rechtzeitiger vorlage hätte der erlass des nunmehr aufgehobenen teils des bescheides verhindert werden können. 56die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ist nach § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung erfolgt. 57das gericht hatte keinen anlass, die berufung zuzulassen (§ 124a abs. 1 satz 1 vwgo). 58rechtsmittelbelehrung: 59gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 60der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 61innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 62die berufung ist nur zuzulassen, 631. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 642. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 653. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 664. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 675. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 68die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 69über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 70im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 71die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 72beschluss 73der streitwert wird auf 178.396,00 euro festgesetzt. 74gründe: 75die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 und 3 des gerichtskostengesetzes erfolgt. 76rechtsmittelbelehrung: 77gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 78die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 79die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 80die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 81die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 82war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr 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342,504 | {
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} | L 7 AS 574/21 | 2021-11-18T00:00:00 | Beschluss | Tenor Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit L 7 AS 1139/18 mit Abschluss des Vergleiches vom 19.09.2019 beendet worden ist. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist im wiederaufgenommen Berufungsverfahren streitig, ob sich das Berufungsverfahren L 7 AS 1139/18, das die Rechtmäßigkeit eines Rücknahme- und Erstattungsbescheides für den Zeitraum vom 01.02.2009 bis 31.03.2014 über 51.679,17 € zum Gegenstand hatte, durch Vergleich vom 19.09.2019 beendet worden ist. 3Die am 00.00.1968 geborene Klägerin bezog in der Vergangenheit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zunächst erhielt die Klägerin in der Zeit vom 01.12.2006 bis 31.01.2007 Leistungen. Zum 01.02.2007 sollte die Klägerin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Studienreferendarin für das Lehramt ernannt werden und aus dem Leistungsbezug ausscheiden. Die Klägerin teilte der Beklagten unter dem 15.02.2007 mit, dass das Referendariat nicht zustande gekommen sei, weil die Bezirksregierung Arnsberg ihren Versetzungsantrag „verschlampt“ habe. Die Bezirksregierung Arnsberg stellte unter dem 23.03.2007 das Nichtzustandekommen des Vorbereitungsdienstes und den Verlust der Dienstbezüge fest. Die Beklagte gewährte der Klägerin deswegen weitere Leistungen vom 01.02.2007 bis 31.07.2007, 01.08.2007 bis 31.01.2008, 01.02.2008 bis 31.07.2008 und 01.08.2008 bis 31.01.2009. Ab dem 01.05.2007 übernahm der Beklagte dabei die Unterkunftskosten nur iHd kommunalen Mietobergrenzen, worauf die Klägerin zuvor mit Kostensenkungsaufforderungsschreiben vom 07.12.2006 hingewiesen worden war. 4Unter dem 13.01.2019 beantragte die Klägerin Leistungen ab Februar 2009. Sie sei beim Studienkreis I als Dozentin beschäftigt. Das Einkommen liege bei 100 € monatlich. In einer beigefügten Einkommensbescheinigung vom 12.01.2008 wurde ein monatlich gleich hoher Entgeltbetrag von 100 €, fällig jeweils zum 1. des Folgemonats, durch den Studienkreis I bestätigt. Weiteres Einkommen verneinte die Klägerin. Gestützt hierauf gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 29.01.2009 Leistungen iHv monatlich 837,25 € für die Monate Februar bis Juli 2009, wobei gemäß § 11b SGB II kein Erwerbseinkommen angerechnet wurde. 5Im Fortzahlungsantrag für die Zeit ab dem 01.08.2009 gab die Klägerin lediglich die geringfügige Beschäftigung beim Studienkreis I an. Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 13.07.2009 Leistungen für August 2009 bis Januar 2010 iHv monatlich 845,25 €. Unter dem 07.08.2009 bescheinigte der Studienkreis, dass die Klägerin monatlich 100 € netto verdiene. Mit weiterer Bescheinigung vom 16.12.2009 wurde angegeben, die Klägerin sei als Honorarkraft auf Abruf tätig und im laufenden Jahr 2009 nicht eingesetzt worden. 6Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 11.01.2010, in dem die Klägerin keine Änderungen mitteilte, bewilligte die Beklagte ihr monatlich 845,25 € für den Zeitraum 01.02.2010 bis 31.07.2010 (Bewilligungsbescheid vom 15.01.2010). Mit dem Weiterbewilligungsantrag vom 06.07.2010 verneinte die Klägerin jegliches Einkommen, woraufhin die Bewilligung für August 2010 bis November 2010 iHv monatlich 845,25 € (Bewilligungsbescheid vom 08.07.2010) und iHv monatlich 816,55 € für Dezember 2010 und Januar 2011 (Änderungsbescheid vom 25.10.2010) erfolgte. Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 11.01.2011, der ebenfalls keine Änderungsangaben enthielt, bewilligte der Beklagte mit vorläufigem Bescheid vom 21.01.2011 Leistungen für Februar 2011 bis Juli 2011 iHv monatlich 816,55 € und erbat einen Nachweis hinsichtlich der Einkommenshöhe der ungekündigten Beschäftigung beim Studienkreis I. Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 03.02.2011 mit, dass sie wegen einer Krebserkrankung nicht mehr habe arbeiten können. Das Beschäftigungsverhältnis bestehe fort, jedoch ohne Geldzufluss. Eine Bescheinigung des Studienkreises, wonach das monatliche Einkommen weniger als 100 € betrug, fügte sie bei. Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 06.07.2011, in dem sie jegliches Einkommen verneinte, bewilligte die Beklagte ihr vorläufig monatlich 862,85 € in den Monaten August 2011 bis Januar 2012 (Bewilligungsbescheid vom 12.07.2011). Mit zwei Änderungsbescheiden vom 29.07.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen für Januar bis Juli 2011 iHv monatlich 862,85 €. Die Änderungen erfolgten wegen der nachträglichen Anerkennung einer Warmwasserpauschale. Der Vorläufigkeitsvorbehalt für die Monate Februar 2011 bis Juli 2011 wurde aufgehoben. Mit den Weiterbewilligungsanträgen vom 01.01.2012 und 02.07.2012 gab die Klägerin an, dass sie über kein Einkommen verfüge. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin im Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 (Bewilligungsbescheid vom 18.01.2012) sowie August 2012 bis Januar 2013 (Bewilligungsbescheid vom 05.07.2012) monatlich 872,85 €. Mit zwei Änderungsbescheiden vom 01.10.2012 erhöhte der Beklagte die Leistungen für Februar 2012 bis Januar 2013 auf monatlich 876 €. Mit drei endgültigen Änderungsbescheiden vom 08.10.2012 gewährte der Beklagte der Klägerin wegen der Anpassung der kommunalen Mietrichtwerte monatlich 866 € für August 2011 bis Januar 2012. Mit dem Weiterbewilligungsantrag vom 27.12.2012 gab die Klägerin an, weiterhin über kein Einkommen zu verfügen. Die Beklagte bewilligte der Klägerin unter dem 07.01.2013 monatlich 884 € für Februar bis Juni 2013 und unter dem 25.07.2013 iHv 892,50 € für Juli 2013 (Änderung der Mietrichtwerte ab 07/13). Mit ihrem Weiterbewilligungsantrag vom 01.07.2013, gab die Klägerin an, dass sie über kein Einkommen verfüge. Daraufhin bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 25.07.2013 monatlich 892,50 € für August 2013 bis Januar 2014. Unter dem 02.01.2014 reichte die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag ein. In der unter Ziffer 3 aufgeführten Rubrik „Einkommensverhältnisse der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft“ machte die Klägerin keine Angaben. In einem Ergänzungsschreiben zum Antragsbogen vom 02.01.2014 gab die Klägerin an, „zur Zeit kein absetzbares Einkommen“ zu beziehen, sodass sie keine Anlage EK und Einkommensbescheinigung beigefügt habe. Mit Bescheid vom 21.01.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin monatlich 901,50 € für Februar bis Juli 2014. 7Am 07.03.2014 erhielt die Beklagte von Herrn Dr. L, Bezirksregierung Münster, die Mitteilung, dass sich die Klägerin seit Mai 2012 im Lehramts-Referendariat in Bremen befinde und dort Anwärterbezüge erhalte. Außerdem habe die Klägerin nicht in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden dürfen, da sie sich die Einstellung in den Schuldienst aufgrund falscher Angaben erschlichen habe. Wegen eines ähnlichen Vorfalls sei gegen die Klägerin zuvor in dem Bundesland Nordrhein-Westfalen ein Verfahren eingeleitet worden, weswegen die Klägerin ein Bußgeld von 44.000 € zu zahlen habe. Auch in Bremen drohe der Klägerin jetzt ein Verfahren. Im Nachgang erhielt die Beklagte eine Verdienstbescheinigung der Klägerin, wonach diese ab Mai 2012 in Bremen steuerpflichtige Bruttoeinnahmen von monatlich 1.201,92 € und ab Juli 2013 von monatlich 1.233,77 € erzielt habe. 8Aufgrund dieser Erkenntnisse stellte die Beklagte die Leistungsgewährung an die Klägerin ab April 2014 vorläufig ein und informierte die Klägerin hierüber mit Schreiben vom 17.03.2014. Zugleich forderte die Beklagte die Klägerin mit gesondertem Schreiben vom 17.03.2014 auf, sämtliche Bezügemitteilungen und Zuflussnachweise seit Beginn des Referendariats vorzulegen. 9Mit Schreiben vom 24.03.2014 teilte die Klägerin mit, dass sie das Referendariat mit Ablauf des 28.02.2014 aus gesundheitlichen Gründen beendet habe. Die Beschäftigung habe sie nicht angegeben, da sie aufgrund ihrer Krebserkrankung habe befürchten müssen, das Referendariat beenden und die Bezüge zurückzahlen zu müssen. Man habe ihr von Seiten der Arbeitsagentur den Rat erteilt, hilfsweise einen Antrag auf Grundsicherung zu stellen, da eine nachträgliche Antragstellung nicht möglich sei. Da nunmehr das Referendariat beendet und die Bezüge „rückläufig“ seien, seien auch keine Überzahlungen entstanden, die sie zurückzahlen müsse. Dem Schreiben der Klägerin war u.a. ein Entlassungsschreiben des Landesinstituts für Schule Bremen (Entlassung mit Ablauf des 28.02.2014) sowie eine Bezügeabrechnung beigefügt, ausweislich der die Klägerin in der Zeit vom 01.05.2013 (Eintritt) bis 28.02.2014 (Austritt) Bezüge iHv insgesamt 12.146,60 € erhalten hat. 10Die Beklagte gewährte ab April 2014 wieder Leistungen und forderte die Klägerin auf, die Bezügemitteilungen für Dezember 2012 und Dezember 2013 vorzulegen. Die Klägerin legte mit Schreiben 13.04.2014 die Bezügemitteilungen ab Dezember 2013 vor, denen u.a. ein Einritt in den Schuldienst zum 01.05.2012 zu entnehmen ist. Die Tilgung der in den Monaten Januar bis Dezember 2013 ausgezahlten Bezüge wurde dort mit insgesamt 14.614,14 € beziffert. Nachfragen der Beklagten bei Herrn Dr. L von der Bezirksregierung Münster ergaben, dass die Klägerin bereits vor ihrem Referendariat in Bremen, Referendariate in Arnsberg und Münster absolviert hatte. Den Vorbereitungsdienst in Arnsberg habe die Klägerin legal angetreten. Aus dem Vorbereitungsdienst in Münster sei die Klägerin im März 2012 nach einem Klageverfahren entlassen worden. Hierdurch sei eine Rückforderung der Bezüge iHv insgesamt 44.374,28 € entstanden. Nur einen Monat nach der Entlassung in Münster habe die Klägerin den Vorbereitungsdienst in Bremen erschlichen. Auch hier laufe ein Rückforderungs- sowie ein Strafverfahren (vgl. Aktenvermerk vom 08.05.2014). 11Auf Nachfrage der Beklagten teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) unter dem 20.05.2014 mit, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.03.2012 Bezüge aus einem Lehrer-Anwärterverhältnis erhalten habe. Zuletzt habe sie monatlich 1.201,92 € brutto verdient und 1.136,52 € netto ausgezahlt bekommen. Die Ernennung zur Beamtin auf Widerruf sei jedoch rechtskräftig gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG zurückgenommen worden. Die in der Zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.03.2012 gezahlten Bezüge seien von der Klägerin bestandskräftig zurückgefordert und würden in monatlichen Raten zurückerstattet. Hinsichtlich der Höhe der Bezüge im Einzelnen wird auf die Mitteilung des LBV Bezug genommen. 12Das Landesschulinstitut in Bremen hat mitgeteilt, dass die Klägerin in Mai 2012 bis Juni 2013 monatliche Bruttobezüge iHv 1.201,92 € und in den Monaten Juli 2013 bis März 2014 monatliche Bruttobezüge iHv 1.233,77 € erzielt habe. 13Gestützt hierauf hörte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17.09.2014 wegen einer beabsichtigten Rücknahme- und Erstattungsentscheidung für Februar 2009 bis März 2014 an. In den Monaten März und April 2012 sowie von Juli 2012 bis März 2014 sei die Klägerin nicht im angenommen Umfang, in den Monaten Februar 2009 bis Februar 2012 sowie in den Monaten Mai und Juni 2012 sei sie gar nicht hilfebedürftig gewesen. Es sei ein Betrag iHv 51.679,17 € zu erstatten. 14Mit Schreiben vom 21.09.2014 teilte die Klägerin mit, sie weise die erhobenen Vorwürfe zurück. Sie habe auf Anraten ihres Rechtsanwalts lediglich hilfsweise SGB II-Leistungen beantragt, da ihre Lehramtsbezüge von vornherein unter dem gesetzlichen Vorbehalt des rückwirkenden Fortfalls gestanden hätten, weil ihre Stellung als „Beamtin auf Probe“ von Anfang an gefährdet gewesen sei. Tatsächlich sei die Anerkennung als Beamtin auf Probe zurückgenommen worden, sodass sie die Anwärterbezüge zurückzahlen müsse. Da mithin rückwirkend der Lebensunterhalt durch die Anwärterbezüge entfallen sei, könnten diese Bezüge auch nicht als Einkommen angerechnet werden. Hätte sie nicht hilfsweise SGB II-Leistungen beantragt, wäre sie ohne Absicherung gewesen, da eine rückwirkende Antragstellung nicht möglich sei. Dem Schreiben der Klägerin war eine Bezügemitteilung vom 18.07.2014 beigefügt, aus der ersichtlich ist, dass sie vom LBV 24.474,97 € zu viel ausgezahlt bekommen habe. 15Mit kombiniertem Rücknahme-, Aufhebungs-, Erstattungs- und Aufrechnungsbescheid vom 17.11.2014 hob die Beklagte die bewilligten Leistungen für März 2012, April 2012, Juli 2012 bis März 2014 teilweise und für Februar 2009 bis Februar 2012 sowie für Mai 2012 bis Juni 2012 im vollen Umfang auf und setzte einen Rückzahlungsbetrag iHv insgesamt 51.679,17 € gegen die Klägerin fest. Dass sie die als Einkommen zu berücksichtigenden Bezüge zwischenzeitlich zurückzahlen müsse, ändere an dem tatsächlichen Zufluss in den jeweiligen Bewilligungsmonaten nichts. Wegen der ermittelten Einstellungszusagen seien die Bewilligungsentscheidungen für Februar 2009 bis Februar 2012 vollständig sowie für die Monate März 2012, April 2012 und von Juli 2012 bis März teilweise nach § 45 SGB X zurückzunehmen. Im Mai und Juni 2012 seien die Bewilligungsentscheidungen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB X vollständig aufzuheben. 16Mit Schreiben vom 26.11.2014 widersprach die Klägerin dem Bescheid vom 17.11.2014 und führte aus, sie könne sich auf Vertrauensschutz berufen. Dass sie das Einkommen aus dem Referendariat nicht mitgeteilt habe, sei unzutreffend, da sie bereits bei ihrer Antragstellung im November 2006 mitgeteilt habe, ein Referendariat zu beginnen. Eine Einstellungszusage vom 01.02.2007 befinde sich entsprechend in der Verwaltungsakte. Darüber hinaus habe sie handschriftliche Schreiben vom 30.01.2009 und 28.04.2012 erstellt und der Beklagten überreicht, mit denen sie jeweils über den Beginn der Referendariate in NRW und Bremen informiert und die Alg II-Anträge nur hilfsweise gestellt habe, auch wenn sich diese Schreiben nicht mehr in der Verwaltungsakte befänden. Die Klägerin habe später Gedächtnisabschriften auf ihrem Computer angefertigt, die sie der Beklagten vorgelegt hat. Außerdem habe sie ihrem Weiterbewilligungsantrag aus Januar 2012 eine Verdienstbescheinigung für die Zeit ab dem 01.02.2009 beigefügt, die ebenfalls nicht in die Verwaltungsakte aufgenommen worden sei. Ungeachtet dessen sei sie entreichert, da sie die geleisteten Zahlungen der Beklagten im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit verbraucht habe. 17Mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. 18Hiergegen hat die Klägerin am 25.09.2015 Klage bei dem Sozialgericht Münster erhoben und ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Dass ihre Schreiben vom 30.01.2009 und 28.04.2012 nicht in die Verwaltungsakte abgeheftet wurden, sei auf eine nachlässige Aktenführung seitens der Beklagten zurückzuführen. Es könne auch nicht sein, dass rechtskräftig erlassene Bescheide ohne Vorläufigkeitsvermerk nachträglich ganz neu von der Rechtsabteilung bewertet würden. Es sei auch zweifelhaft, dass die Anwärterbezüge als Einkommen angerechnet werden, da diese aufgrund eines verwaltungsrechtlichen Verfahrens vor dem VG Münster (Aktenzeichen 4 K 634/11) wegen einer Beendigung des Referendarsverhältnisses mit der Gefahr der Rückzahlung verbunden gewesen seien. Nachdem das Klageverfahren vor dem VG Münster mangels Erfolgsaussicht von ihr zurückgenommen worden sei, seien die in NRW gezahlten Anwärterbezüge zurückzuzahlen. Rückwirkend betrachtet seien diese daher als nicht gezahlt zu behandeln. Sie habe auch nicht gelogen. Jedes Mal, wenn sie die Fortzahlung von Alg II beantragt habe, sei ihr gekündigt worden. Sie habe auch nicht durchgehend Bezüge erhalten. Die Klägerin hat ein Schreiben des LBV vom 04.10.2012 vorgelegt, aus dem ersichtlich ist, dass dieser von der Klägerin aufgrund bestandskräftigem Bescheid vom 28.09.2012 44.374,28 € zurückfordert. Die Klägerin hat die Rückforderungsbescheide der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bremen - trotz Anordnung des Sozialgerichts - nicht vorgelegt. 19Die Klägerin hat beantragt, 20den Bescheid der Beklagten vom 17.11.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2015 aufzuheben. 21Die Beklagte hat beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Mit Urteil vom 29.06.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Die Einlassung der Klägerin, sie habe SGB II-Leistungen nur unter Vorbehalt beantragt, sei durch nichts zu begründen. Vielmehr habe sie iRd Fortzahlungsanträge stets auf eine sofortige Auszahlung gedrängt, weil ihr keine bereiten Mittel zur Verfügung stünden. Diese Vorgehensweise lasse sich nicht mit der Einlassung in Einklang bringen, es seien nur hilfsweise Leistungen beantragt worden. Die Behauptung, nicht über bereite Mittel zu verfügen, lasse auf ein bewusstes Verschweigen der Anwärterbezüge schließen. Die Ausführungen zu den Schreiben aus den Jahren 2009 und 2012 seien nicht glaubhaft. Dass die Beklagte im Rahmen der Bedarfsprüfung nur gekürzte Unterkunftskosten berücksichtigt habe, führe angesichts nicht beanstandeter schlüssiger Konzepte nicht zu einer Beschwer. Zur Überzeugung des Gerichts seien die Anwärterbezüge in dem von der Beklagten angenommen Umfang und Zeitpunkt zugeflossen. Die Berechnung der Erstattungshöhe sei hinreichend bestimmt und in der Höhe und monatlichen Zuordnung nicht zu beanstanden. 24Gegen das der Klägerin am 04.07.2018 zugestellte Urteil hat sie am 11.07.2018 Berufung eingelegt. Sie könne sich auf Vertrauen berufen, da sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt und in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe. Während des Referendariats in Münster sei ihr mehrmalig, jeweils zum Ende des Schuljahres, die Kündigung ausgesprochen worden. Dies habe immer wieder zu Unterbrechungen der Anwärterbezüge geführt. So habe sie im Juni 2010, Juli 2010 und April 2014 keine Bezüge erhalten. Wegen der unklaren Rechtslage habe sie vorsorglich Alg II beantragt. Aktuell zahle sie die Bezüge zurück. Wegen der zeitversetzten Rückzahlungspflicht, habe keine Überzahlung stattgefunden. 25Der Senat hat mit Verfügung vom 26.10.2018 um Mitteilung gebeten, auf welches Konto die Referendarbezüge eingezahlt wurden und um Übersendung einer Schweigepflichtentbindungserklärung insoweit gebeten. Mit Schreiben vom 19.12.2018 und 28.01.2019, zuletzt unter Hinweis auf §§ 153 Abs. 1, 106a SGG, hat der Senat an seine Verfügung vom 26.10.2018 erinnert. Hierauf hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie an den LBV insgesamt 44.523,47 € für zu Unrecht erhaltene Bezüge zurückzahlen müsse. Wegen erstattungsfähiger Steuern habe sich der Rückzahlungsbetrag auf 44.374,28 € verringert. Sie zahle hierauf monatlich 3,50 € zurück. Die Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung lehne sie aufgrund des Datenschutzes ab. 26Mit Bescheid vom 28.08.2019 hat die Beklagte einen zwischenzeitlichen Erlassantrag der Klägerin in Bezug auf den Erstattungsbetrag von 51.679,17 € abgelehnt. Auf Vorschlag des Berichterstatters haben die Beteiligten in dem Erörterungstermin vom 19.09.2019 folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen: 271.28Die Klägerin erklärt die Klage hinsichtlich der Aufhebung und Erstattung für den Leistungszeitraum Mai 2012 bis einschließlich März 2014 für erledigt. 292.30Gegen den Erlassprüfungsbescheid vom 28.08.2019 legt die Klägerin vorsorglich erneut, diesmal zu Protokoll des Gerichts Widerspruch ein. Der Beklagtenvertreter erkennt diesen als formwirksam und fristgerecht an. Der Beklagtenvertreter sichert zu, dass der Beklagte über den Widerspruch gegen Erlassprüfungsbescheid vom 18.08.2019 sachinhaltlich entscheiden wird. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass in dem Widerspruch nur noch über den Erlass der Erstattungsforderung für den Leistungszeitraum Februar 2009 bis einschließlich April 2012 zu entscheiden sein wird. Im Rahmen dieses Erlass-Widerspruchsverfahrens wird der Beklagte das Vorbringen der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 12.09.2019 und die Hinweise des Gerichts im Vorspann zu diesem Vergleichsvorschlag berücksichtigen. 313.32Solange über den Widerspruch der Klägerin gegen den Erlassprüfungsbescheid vom 28.08.2019 noch nicht bestandskräftig entschieden wurde, besteht Einvernehmen, dass der Beklagte hinsichtlich der Erstattungsforderung für den Zeitraum Februar 2009 bis einschließlich April 2012 weder vollstrecken noch gegen die laufenden Leistungen der Klägerin aufrechnen darf. 33 Die Erstattungsforderung für den Leistungszeitraum Mai 2012 bis März 2014 entspricht 19.639,14 € und wird von der Klägerin in monatlichen Raten zu je 30 €, beginnend ab dem 01.11.2019 zurückgezahlt. Die Klägerin wird insoweit einen Dauerauftrag einrichten. Der Beklagte wird insoweit keine Aufrechnungen durchführen, solange die Klägerin sich an die Ratenzahlungsvereinbarung hält. 344.35Die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben. 365.37Die Beteiligten sind mit dem Vergleich einverstanden und erklären den vorliegenden Rechtsstreit für erledigt. 38Der Vergleich ist ausweislich der Sitzungsniederschrift in Anwesenheit der Beteiligten laut diktiert, vorgespielt und von ihnen genehmigt worden 39Am 27.11.2019 hat die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 28.08.2019 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 09.12.2019 Klage bei dem Sozialgericht Münster erhoben (S 8 AS 879/19). 40Ab April 2021 hat die Klägerin ihre Rückzahlungsansprüche wegen der Erstattungsforderungen für Mai 2012 bis März 2014 mit den laufenden SGB II-Leistungen der Klägerin aufgerechnet. 41Am 12.04.2021 hat die Klägerin den in der Sitzung vom 19.09.2019 geschlossenen Vergleich angefochten. Der Vergleich sei durch arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung zustande gekommen. Der Berichterstatter habe für sie durchaus Erfolgsaussichten für eine Erlassprüfung bezüglich der Erstattungsforderung gesehen. Tatsächlich sei ihr Widerspruch zurückgewiesen worden. In dem hiergegen gerichteten Klageverfahren befasse sich das Sozialgericht mit der Forderung des Landesbesoldungsamtes, Düsseldorf. Es würden bereits Auskünfte bezüglich ihres Vermögens eingeholt. 42Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 43das Verfahren L 7 AS 1139/18 fortzusetzen und das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 29.06.2018 zu ändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.11.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2015 aufzuheben 44Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 45festzustellen, dass das Berufungsverfahren L 7 AS 1139/18 durch den am 19.09.2019 abgeschlossenen Vergleich beendet wurde. 46Es lägen keine Anfechtungsgründe vor. 47Der Senat hat die Beteiligten zu einer beabsichtigten Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG angehört. 48Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen. 49Entscheidungsgründe: 50Der Senat kann, da das Sozialgericht nicht durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG entschieden hat, über die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher angehört worden. §153 Abs. 4 SGG ist auch dann anwendbar, wenn die Wiederaufnahme eines Berufungsverfahrens gegenständlich ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl., § 153 Rn. 14; für die Wiederaufnahme nach Berufungsrücknahmefiktion: BSG Urteil vom 08.12.2020 - B 4 AS 280/20 B). Unter Berücksichtigung der fehlenden rechtlichen Schwierigkeit des Falls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hält der Senat im Rahmen der im Zusammenhang mit § 153 Abs. 4 SGG zu treffenden Ermessensentscheidung (vgl. etwa BSG Beschluss vom 17.12.2020 - B 12 R 23/20 B) ein (weitere) mündliche Verhandlung nicht für geboten. 51Das Berufungsverfahren L 7 AS 1139/18 ist nicht fortzusetzen und daher festzustellen, dass es durch den gerichtlichen Vergleich vom 19.09.2019 beendet worden ist. Eine (weitere) gerichtliche Befassung des Senats mit dem Anfechtungsbegehren der Klägerin ist dem Senat verwehrt. 52Der in dem Erörterungstermin vom 19.09.2019 wirksam geschlossene gerichtliche Vergleich hat das Berufungsverfahren L 7 AS 1139/18 beendet. Ein Vergleich, den die Beteiligten zur Erledigung des geltend gemachten Anspruches - wie hier - ordnungsgemäß zur Niederschrift des Gerichts schließen, beendet den Rechtsstreit (§ 101 Abs. 1 Satz 1 SGG). Bei dem Vergleich vom 19.09.2019 handelt es sich um einen Prozessvergleich iSd§ 101 Abs. 1 SGG. 53Er ist ordnungsgemäß und wirksam zustande gekommen. Der Vergleich verstößt insbesondere nicht gegen § 101 Abs. 1 SGG, denn die Beteiligten konnten über den Gegenstand der Klage verfügen. Es handelte sich auch um eine vergleichsweise Beendigung des Verfahrens durch gegenseitiges Nachgegeben. So hat die Klägerin auf Rechtsmittel gegen die Aufhebung und Erstattung für Mai 2012 bis einschließlich März 2014 verzichtet; die Beklagte verpflichtete sich im Gegenzug auf Vollstreckungs- und Aufrechnungsmaßnahmen in Bezug auf die Erstattungsforderungen für Februar 2009 bis einschließlich April 2012 zu verzichten, solange die Erlassprüfung insoweit nicht rechtskräftig abgeschlossen war. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit ausweislich Ziffer 5 des Vergleichs übereinstimmend für erledigt erklärt. 54Aus der Sitzungsniederschrift ergibt sich, dass der Vergleichswortlaut den Beteiligten vorgespielt und von diesen genehmigt worden ist (§ 122 SGG iVm § 165 Satz 1 ZPO). Eine Widerrufsmöglichkeit ist darin nicht vorgesehen. Die Niederschrift ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften ausgefertigt und vom Vorsitzenden sowie von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben worden (§§ 122 SGG, 159, 160 ZPO). Anhaltspunkte dafür, dass die Prozesshandlungen der Beteiligten nicht wirksam vorgenommen worden sein könnten, liegen nicht vor. Sie werden von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht. Der Prozessvergleich ist auch materiell-rechtlich wirksam. Wegen seiner Doppelnatur entfaltet der Prozessvergleich keine Rechtswirksamkeit, wenn die Beteiligten nicht wirksam zugestimmt haben oder er als öffentlich-rechtlicher Vertrag nach den Bestimmungen des BGB nichtig oder wirksam angefochten ist. Das Gleiche gilt, wenn nach dem Inhalt des Vergleichs der als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht oder der Streit oder die Gewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde (§ 779 Abs. 1 BGB; vgl. BSG Urteil vom 24.01.1991 - 2 RU 51/90). Dies ist hier nicht der Fall. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Prozessvergleiches - etwa nach den Bestimmungen der §§ 116 ff. BGB - oder für seine Unwirksamkeit nach § 779 Abs. 1 BGB liegen nicht vor. 55Der Vergleich ist auch nicht durch wirksame Anfechtung seitens der Klägerin unwirksam geworden. Grundsätzlich sind Prozesshandlungen - zu denen auch die Zustimmung zu einem gerichtlichen Vergleich und die Erledigungserklärung zählen - unwiderruflich und nicht wegen Irrtums anfechtbar sind (vgl. etwa BSG Beschluss vom 09. April 2021 - B 13 R 276/20 B m.w.N. zur höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur). Sie können nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 179 Abs. 1 SGG iVm § 578 ff. ZPO bzw. § 179 Abs. 2 SGG) erfüllt sind und die Notfrist von einem Monat (§ 586 ZPO) eingehalten wird (vgl. etwa BSG Beschluss vom 09.04.2021 a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17.02.2010 - L 6 R 621/09). 56Eine solche Ausnahmesituation liegt hier nicht vor, insbesondere liegt kein Wiederaufnahmegrund iS von § 179 SGG iVm §§ 578 ff ZPO vor. Dies wird von der Klägerin auch nicht behauptet. 57Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch die Voraussetzungen für eine von der Klägerin erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht vorliegen. 58Nach § 123 Abs. 1 BGB kann, wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, die Erklärung anfechten. Die Klägerin hat dem Vergleich ersichtlich nicht infolge einer arglistigen Täuschung oder widerrechtliche Drohung zugestimmt. Vielmehr hat sie sich allenfalls über die Erfolgsaussichten des erst noch zu bescheidenen Erlassantrags getäuscht. Wie sich im Übrigen aus der Niederschrift über den Erörterungstermin ergibt, dauerte dieser 90 Minuten. Der Sachverhalt ist eingehend und differenziert mit den Beteiligten erörtert worden. Der Inhalt dieser durch die Sitzungsniederschrift dokumentierten eingehenden Erörterung ist von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt. 59Der Berichterstatter hat hinsichtlich des Erstattungsanteils wegen der Lehramtsbezüge aus Bremen (19.639,14 €) die Erfolgsaussicht eines Erlassantrags explizit verneint. Soweit der Berichterstatter im Übrigen Erfolgsaussichten für ein Erlassverfahren hinsichtlich der Anwärterbezüge in NRW betreffenden Erstattungsforderungen gesehen hat, hat er - zur Sitzungsniederschrift - klargestellt, dass es sich um seine Rechtseinschätzung handelt. Der Klägerin ist vor Augen geführt worden, dass über den Erlassantrag zunächst die Beklagte und im Anschluss ggf. die Sozialgerichte zu entscheiden hätten, die Frage mithin nicht im vorliegenden Berufungsverfahren durch den Senat geklärt werden könne. Sollte die Klägerin diese Einschätzung des Berichterstatters iSe einer Erfolgsgarantie missverstanden haben, wofür unter Anlegung eines subjektiven Maßstabs im Übrigen jeder Anhaltspunkt fehlt, so handelte es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum. 60Mangels Anfechtungsgrund konnte der Senat - bei Bejahung der Anfechtbarkeit einer Prozesshandlung - offen lassen, ob die Anfechtungsfristen nach § 124 Abs. 1 BGB abgelaufen waren. Offen bleiben kann auch, ob der Antrag auf Fortführung des Verfahrens der Verwirkung unterliegen kann (so bei einem Antrag nach mehr als 2 Jahren: LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 11.06.2020 - L 15 AS 281/18, juris-Rn. 20 f.). 61Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 62Revisionszulassungsgründe nach § 160 SGG lagen keine vor. | es wird festgestellt, dass der rechtsstreit l 7 as 1139/18 mit abschluss des vergleiches vom 19.09.2019 beendet worden ist. kosten sind nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2zwischen den beteiligten ist im wiederaufgenommen berufungsverfahren streitig, ob sich das berufungsverfahren l 7 as 1139/18, das die rechtmäßigkeit eines rücknahme- und erstattungsbescheides für den zeitraum vom 01.02.2009 bis 31.03.2014 über 51.679,17 € zum gegenstand hatte, durch vergleich vom 19.09.2019 beendet worden ist. 3die am 00.00.1968 geborene klägerin bezog in der vergangenheit leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii. zunächst erhielt die klägerin in der zeit vom 01.12.2006 bis 31.01.2007 leistungen. zum 01.02.2007 sollte die klägerin unter berufung in das beamtenverhältnis auf widerruf zur studienreferendarin für das lehramt ernannt werden und aus dem leistungsbezug ausscheiden. die klägerin teilte der beklagten unter dem 15.02.2007 mit, dass das referendariat nicht zustande gekommen sei, weil die bezirksregierung arnsberg ihren versetzungsantrag „verschlampt“ habe. die bezirksregierung arnsberg stellte unter dem 23.03.2007 das nichtzustandekommen des vorbereitungsdienstes und den verlust der dienstbezüge fest. die beklagte gewährte der klägerin deswegen weitere leistungen vom 01.02.2007 bis 31.07.2007, 01.08.2007 bis 31.01.2008, 01.02.2008 bis 31.07.2008 und 01.08.2008 bis 31.01.2009. ab dem 01.05.2007 übernahm der beklagte dabei die unterkunftskosten nur ihd kommunalen mietobergrenzen, worauf die klägerin zuvor mit kostensenkungsaufforderungsschreiben vom 07.12.2006 hingewiesen worden war. 4unter dem 13.01.2019 beantragte die klägerin leistungen ab februar 2009. sie sei beim studienkreis i als dozentin beschäftigt. das einkommen liege bei 100 € monatlich. in einer beigefügten einkommensbescheinigung vom 12.01.2008 wurde ein monatlich gleich hoher entgeltbetrag von 100 €, fällig jeweils zum 1. des folgemonats, durch den studienkreis i bestätigt. weiteres einkommen verneinte die klägerin. gestützt hierauf gewährte die beklagte der klägerin mit bewilligungsbescheid vom 29.01.2009 leistungen ihv monatlich 837,25 € für die monate februar bis juli 2009, wobei gemäß § 11b sgb ii kein erwerbseinkommen angerechnet wurde. 5im fortzahlungsantrag für die zeit ab dem 01.08.2009 gab die klägerin lediglich die geringfügige beschäftigung beim studienkreis i an. die beklagte bewilligte der klägerin mit bescheid vom 13.07.2009 leistungen für august 2009 bis januar 2010 ihv monatlich 845,25 €. unter dem 07.08.2009 bescheinigte der studienkreis, dass die klägerin monatlich 100 € netto verdiene. mit weiterer bescheinigung vom 16.12.2009 wurde angegeben, die klägerin sei als honorarkraft auf abruf tätig und im laufenden jahr 2009 nicht eingesetzt worden. 6auf den weiterbewilligungsantrag vom 11.01.2010, in dem die klägerin keine änderungen mitteilte, bewilligte die beklagte ihr monatlich 845,25 € für den zeitraum 01.02.2010 bis 31.07.2010 (bewilligungsbescheid vom 15.01.2010). mit dem weiterbewilligungsantrag vom 06.07.2010 verneinte die klägerin jegliches einkommen, woraufhin die bewilligung für august 2010 bis november 2010 ihv monatlich 845,25 € (bewilligungsbescheid vom 08.07.2010) und ihv monatlich 816,55 € für dezember 2010 und januar 2011 (änderungsbescheid vom 25.10.2010) erfolgte. auf den weiterbewilligungsantrag vom 11.01.2011, der ebenfalls keine änderungsangaben enthielt, bewilligte der beklagte mit vorläufigem bescheid vom 21.01.2011 leistungen für februar 2011 bis juli 2011 ihv monatlich 816,55 € und erbat einen nachweis hinsichtlich der einkommenshöhe der ungekündigten beschäftigung beim studienkreis i. die klägerin teilte mit schreiben vom 03.02.2011 mit, dass sie wegen einer krebserkrankung nicht mehr habe arbeiten können. das beschäftigungsverhältnis bestehe fort, jedoch ohne geldzufluss. eine bescheinigung des studienkreises, wonach das monatliche einkommen weniger als 100 € betrug, fügte sie bei. auf den weiterbewilligungsantrag der klägerin vom 06.07.2011, in dem sie jegliches einkommen verneinte, bewilligte die beklagte ihr vorläufig monatlich 862,85 € in den monaten august 2011 bis januar 2012 (bewilligungsbescheid vom 12.07.2011). mit zwei änderungsbescheiden vom 29.07.2011 bewilligte die beklagte der klägerin leistungen für januar bis juli 2011 ihv monatlich 862,85 €. die änderungen erfolgten wegen der nachträglichen anerkennung einer warmwasserpauschale. der vorläufigkeitsvorbehalt für die monate februar 2011 bis juli 2011 wurde aufgehoben. mit den weiterbewilligungsanträgen vom 01.01.2012 und 02.07.2012 gab die klägerin an, dass sie über kein einkommen verfüge. daraufhin bewilligte die beklagte der klägerin im zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 (bewilligungsbescheid vom 18.01.2012) sowie august 2012 bis januar 2013 (bewilligungsbescheid vom 05.07.2012) monatlich 872,85 €. mit zwei änderungsbescheiden vom 01.10.2012 erhöhte der beklagte die leistungen für februar 2012 bis januar 2013 auf monatlich 876 €. mit drei endgültigen änderungsbescheiden vom 08.10.2012 gewährte der beklagte der klägerin wegen der anpassung der kommunalen mietrichtwerte monatlich 866 € für august 2011 bis januar 2012. mit dem weiterbewilligungsantrag vom 27.12.2012 gab die klägerin an, weiterhin über kein einkommen zu verfügen. die beklagte bewilligte der klägerin unter dem 07.01.2013 monatlich 884 € für februar bis juni 2013 und unter dem 25.07.2013 ihv 892,50 € für juli 2013 (änderung der mietrichtwerte ab 07/13). mit ihrem weiterbewilligungsantrag vom 01.07.2013, gab die klägerin an, dass sie über kein einkommen verfüge. daraufhin bewilligte der beklagte der klägerin mit bescheid vom 25.07.2013 monatlich 892,50 € für august 2013 bis januar 2014. unter dem 02.01.2014 reichte die klägerin einen weiterbewilligungsantrag ein. in der unter ziffer 3 aufgeführten rubrik „einkommensverhältnisse der mitglieder der bedarfsgemeinschaft“ machte die klägerin keine angaben. in einem ergänzungsschreiben zum antragsbogen vom 02.01.2014 gab die klägerin an, „zur zeit kein absetzbares einkommen“ zu beziehen, sodass sie keine anlage ek und einkommensbescheinigung beigefügt habe. mit bescheid vom 21.01.2014 bewilligte die beklagte der klägerin daraufhin monatlich 901,50 € für februar bis juli 2014. 7am 07.03.2014 erhielt die beklagte von herrn dr. l, bezirksregierung münster, die mitteilung, dass sich die klägerin seit mai 2012 im lehramts-referendariat in bremen befinde und dort anwärterbezüge erhalte. außerdem habe die klägerin nicht in den vorbereitungsdienst eingestellt werden dürfen, da sie sich die einstellung in den schuldienst aufgrund falscher angaben erschlichen habe. wegen eines ähnlichen vorfalls sei gegen die klägerin zuvor in dem bundesland nordrhein-westfalen ein verfahren eingeleitet worden, weswegen die klägerin ein bußgeld von 44.000 € zu zahlen habe. auch in bremen drohe der klägerin jetzt ein verfahren. im nachgang erhielt die beklagte eine verdienstbescheinigung der klägerin, wonach diese ab mai 2012 in bremen steuerpflichtige bruttoeinnahmen von monatlich 1.201,92 € und ab juli 2013 von monatlich 1.233,77 € erzielt habe. 8aufgrund dieser erkenntnisse stellte die beklagte die leistungsgewährung an die klägerin ab april 2014 vorläufig ein und informierte die klägerin hierüber mit schreiben vom 17.03.2014. zugleich forderte die beklagte die klägerin mit gesondertem schreiben vom 17.03.2014 auf, sämtliche bezügemitteilungen und zuflussnachweise seit beginn des referendariats vorzulegen. 9mit schreiben vom 24.03.2014 teilte die klägerin mit, dass sie das referendariat mit ablauf des 28.02.2014 aus gesundheitlichen gründen beendet habe. die beschäftigung habe sie nicht angegeben, da sie aufgrund ihrer krebserkrankung habe befürchten müssen, das referendariat beenden und die bezüge zurückzahlen zu müssen. man habe ihr von seiten der arbeitsagentur den rat erteilt, hilfsweise einen antrag auf grundsicherung zu stellen, da eine nachträgliche antragstellung nicht möglich sei. da nunmehr das referendariat beendet und die bezüge „rückläufig“ seien, seien auch keine überzahlungen entstanden, die sie zurückzahlen müsse. dem schreiben der klägerin war u.a. ein entlassungsschreiben des landesinstituts für schule bremen (entlassung mit ablauf des 28.02.2014) sowie eine bezügeabrechnung beigefügt, ausweislich der die klägerin in der zeit vom 01.05.2013 (eintritt) bis 28.02.2014 (austritt) bezüge ihv insgesamt 12.146,60 € erhalten hat. 10die beklagte gewährte ab april 2014 wieder leistungen und forderte die klägerin auf, die bezügemitteilungen für dezember 2012 und dezember 2013 vorzulegen. die klägerin legte mit schreiben 13.04.2014 die bezügemitteilungen ab dezember 2013 vor, denen u.a. ein einritt in den schuldienst zum 01.05.2012 zu entnehmen ist. die tilgung der in den monaten januar bis dezember 2013 ausgezahlten bezüge wurde dort mit insgesamt 14.614,14 € beziffert. nachfragen der beklagten bei herrn dr. l von der bezirksregierung münster ergaben, dass die klägerin bereits vor ihrem referendariat in bremen, referendariate in arnsberg und münster absolviert hatte. den vorbereitungsdienst in arnsberg habe die klägerin legal angetreten. aus dem vorbereitungsdienst in münster sei die klägerin im märz 2012 nach einem klageverfahren entlassen worden. hierdurch sei eine rückforderung der bezüge ihv insgesamt 44.374,28 € entstanden. nur einen monat nach der entlassung in münster habe die klägerin den vorbereitungsdienst in bremen erschlichen. auch hier laufe ein rückforderungs- sowie ein strafverfahren (vgl. aktenvermerk vom 08.05.2014). 11auf nachfrage der beklagten teilte das landesamt für besoldung und versorgung nrw (lbv) unter dem 20.05.2014 mit, dass die klägerin in der zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.03.2012 bezüge aus einem lehrer-anwärterverhältnis erhalten habe. zuletzt habe sie monatlich 1.201,92 € brutto verdient und 1.136,52 € netto ausgezahlt bekommen. die ernennung zur beamtin auf widerruf sei jedoch rechtskräftig gemäß § 12 abs. 1 nr. 1 beamtstg zurückgenommen worden. die in der zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.03.2012 gezahlten bezüge seien von der klägerin bestandskräftig zurückgefordert und würden in monatlichen raten zurückerstattet. hinsichtlich der höhe der bezüge im einzelnen wird auf die mitteilung des lbv bezug genommen. 12das landesschulinstitut in bremen hat mitgeteilt, dass die klägerin in mai 2012 bis juni 2013 monatliche bruttobezüge ihv 1.201,92 € und in den monaten juli 2013 bis märz 2014 monatliche bruttobezüge ihv 1.233,77 € erzielt habe. 13gestützt hierauf hörte der beklagte die klägerin mit schreiben vom 17.09.2014 wegen einer beabsichtigten rücknahme- und erstattungsentscheidung für februar 2009 bis märz 2014 an. in den monaten märz und april 2012 sowie von juli 2012 bis märz 2014 sei die klägerin nicht im angenommen umfang, in den monaten februar 2009 bis februar 2012 sowie in den monaten mai und juni 2012 sei sie gar nicht hilfebedürftig gewesen. es sei ein betrag ihv 51.679,17 € zu erstatten. 14mit schreiben vom 21.09.2014 teilte die klägerin mit, sie weise die erhobenen vorwürfe zurück. sie habe auf anraten ihres rechtsanwalts lediglich hilfsweise sgb ii-leistungen beantragt, da ihre lehramtsbezüge von vornherein unter dem gesetzlichen vorbehalt des rückwirkenden fortfalls gestanden hätten, weil ihre stellung als „beamtin auf probe“ von anfang an gefährdet gewesen sei. tatsächlich sei die anerkennung als beamtin auf probe zurückgenommen worden, sodass sie die anwärterbezüge zurückzahlen müsse. da mithin rückwirkend der lebensunterhalt durch die anwärterbezüge entfallen sei, könnten diese bezüge auch nicht als einkommen angerechnet werden. hätte sie nicht hilfsweise sgb ii-leistungen beantragt, wäre sie ohne absicherung gewesen, da eine rückwirkende antragstellung nicht möglich sei. dem schreiben der klägerin war eine bezügemitteilung vom 18.07.2014 beigefügt, aus der ersichtlich ist, dass sie vom lbv 24.474,97 € zu viel ausgezahlt bekommen habe. 15mit kombiniertem rücknahme-, aufhebungs-, erstattungs- und aufrechnungsbescheid vom 17.11.2014 hob die beklagte die bewilligten leistungen für märz 2012, april 2012, juli 2012 bis märz 2014 teilweise und für februar 2009 bis februar 2012 sowie für mai 2012 bis juni 2012 im vollen umfang auf und setzte einen rückzahlungsbetrag ihv insgesamt 51.679,17 € gegen die klägerin fest. dass sie die als einkommen zu berücksichtigenden bezüge zwischenzeitlich zurückzahlen müsse, ändere an dem tatsächlichen zufluss in den jeweiligen bewilligungsmonaten nichts. wegen der ermittelten einstellungszusagen seien die bewilligungsentscheidungen für februar 2009 bis februar 2012 vollständig sowie für die monate märz 2012, april 2012 und von juli 2012 bis märz teilweise nach § 45 sgb x zurückzunehmen. im mai und juni 2012 seien die bewilligungsentscheidungen gemäß § 48 abs. 1 satz 2 nr. 2 und 3 sgb x vollständig aufzuheben. 16mit schreiben vom 26.11.2014 widersprach die klägerin dem bescheid vom 17.11.2014 und führte aus, sie könne sich auf vertrauensschutz berufen. dass sie das einkommen aus dem referendariat nicht mitgeteilt habe, sei unzutreffend, da sie bereits bei ihrer antragstellung im november 2006 mitgeteilt habe, ein referendariat zu beginnen. eine einstellungszusage vom 01.02.2007 befinde sich entsprechend in der verwaltungsakte. darüber hinaus habe sie handschriftliche schreiben vom 30.01.2009 und 28.04.2012 erstellt und der beklagten überreicht, mit denen sie jeweils über den beginn der referendariate in nrw und bremen informiert und die alg ii-anträge nur hilfsweise gestellt habe, auch wenn sich diese schreiben nicht mehr in der verwaltungsakte befänden. die klägerin habe später gedächtnisabschriften auf ihrem computer angefertigt, die sie der beklagten vorgelegt hat. außerdem habe sie ihrem weiterbewilligungsantrag aus januar 2012 eine verdienstbescheinigung für die zeit ab dem 01.02.2009 beigefügt, die ebenfalls nicht in die verwaltungsakte aufgenommen worden sei. ungeachtet dessen sei sie entreichert, da sie die geleisteten zahlungen der beklagten im vertrauen auf die rechtmäßigkeit verbraucht habe. 17mit widerspruchsbescheid vom 27.08.2015 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. 18hiergegen hat die klägerin am 25.09.2015 klage bei dem sozialgericht münster erhoben und ihr vorbringen aus dem widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. dass ihre schreiben vom 30.01.2009 und 28.04.2012 nicht in die verwaltungsakte abgeheftet wurden, sei auf eine nachlässige aktenführung seitens der beklagten zurückzuführen. es könne auch nicht sein, dass rechtskräftig erlassene bescheide ohne vorläufigkeitsvermerk nachträglich ganz neu von der rechtsabteilung bewertet würden. es sei auch zweifelhaft, dass die anwärterbezüge als einkommen angerechnet werden, da diese aufgrund eines verwaltungsrechtlichen verfahrens vor dem vg münster (aktenzeichen 4 k 634/11) wegen einer beendigung des referendarsverhältnisses mit der gefahr der rückzahlung verbunden gewesen seien. nachdem das klageverfahren vor dem vg münster mangels erfolgsaussicht von ihr zurückgenommen worden sei, seien die in nrw gezahlten anwärterbezüge zurückzuzahlen. rückwirkend betrachtet seien diese daher als nicht gezahlt zu behandeln. sie habe auch nicht gelogen. jedes mal, wenn sie die fortzahlung von alg ii beantragt habe, sei ihr gekündigt worden. sie habe auch nicht durchgehend bezüge erhalten. die klägerin hat ein schreiben des lbv vom 04.10.2012 vorgelegt, aus dem ersichtlich ist, dass dieser von der klägerin aufgrund bestandskräftigem bescheid vom 28.09.2012 44.374,28 € zurückfordert. die klägerin hat die rückforderungsbescheide der bundesländer nordrhein-westfalen und bremen - trotz anordnung des sozialgerichts - nicht vorgelegt. 19die klägerin hat beantragt, 20den bescheid der beklagten vom 17.11.2014 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 27.08.2015 aufzuheben. 21die beklagte hat beantragt, 22die klage abzuweisen. 23mit urteil vom 29.06.2018 hat das sozialgericht die klage abgewiesen. zur begründung hat das sozialgericht im wesentlichen auf die angefochtenen bescheide bezug genommen. die einlassung der klägerin, sie habe sgb ii-leistungen nur unter vorbehalt beantragt, sei durch nichts zu begründen. vielmehr habe sie ird fortzahlungsanträge stets auf eine sofortige auszahlung gedrängt, weil ihr keine bereiten mittel zur verfügung stünden. diese vorgehensweise lasse sich nicht mit der einlassung in einklang bringen, es seien nur hilfsweise leistungen beantragt worden. die behauptung, nicht über bereite mittel zu verfügen, lasse auf ein bewusstes verschweigen der anwärterbezüge schließen. die ausführungen zu den schreiben aus den jahren 2009 und 2012 seien nicht glaubhaft. dass die beklagte im rahmen der bedarfsprüfung nur gekürzte unterkunftskosten berücksichtigt habe, führe angesichts nicht beanstandeter schlüssiger konzepte nicht zu einer beschwer. zur überzeugung des gerichts seien die anwärterbezüge in dem von der beklagten angenommen umfang und zeitpunkt zugeflossen. die berechnung der erstattungshöhe sei hinreichend bestimmt und in der höhe und monatlichen zuordnung nicht zu beanstanden. 24gegen das der klägerin am 04.07.2018 zugestellte urteil hat sie am 11.07.2018 berufung eingelegt. sie könne sich auf vertrauen berufen, da sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt und in wesentlicher beziehung unrichtige oder unvollständige angaben gemacht habe. während des referendariats in münster sei ihr mehrmalig, jeweils zum ende des schuljahres, die kündigung ausgesprochen worden. dies habe immer wieder zu unterbrechungen der anwärterbezüge geführt. so habe sie im juni 2010, juli 2010 und april 2014 keine bezüge erhalten. wegen der unklaren rechtslage habe sie vorsorglich alg ii beantragt. aktuell zahle sie die bezüge zurück. wegen der zeitversetzten rückzahlungspflicht, habe keine überzahlung stattgefunden. 25der senat hat mit verfügung vom 26.10.2018 um mitteilung gebeten, auf welches konto die referendarbezüge eingezahlt wurden und um übersendung einer schweigepflichtentbindungserklärung insoweit gebeten. mit schreiben vom 19.12.2018 und 28.01.2019, zuletzt unter hinweis auf §§ 153 abs. 1, 106a sgg, hat der senat an seine verfügung vom 26.10.2018 erinnert. hierauf hat die klägerin mitgeteilt, dass sie an den lbv insgesamt 44.523,47 € für zu unrecht erhaltene bezüge zurückzahlen müsse. wegen erstattungsfähiger steuern habe sich der rückzahlungsbetrag auf 44.374,28 € verringert. sie zahle hierauf monatlich 3,50 € zurück. die erteilung einer schweigepflichtentbindungserklärung lehne sie aufgrund des datenschutzes ab. 26mit bescheid vom 28.08.2019 hat die beklagte einen zwischenzeitlichen erlassantrag der klägerin in bezug auf den erstattungsbetrag von 51.679,17 € abgelehnt. auf vorschlag des berichterstatters haben die beteiligten in dem erörterungstermin vom 19.09.2019 folgenden gerichtlichen vergleich geschlossen: 271.28die klägerin erklärt die klage hinsichtlich der aufhebung und erstattung für den leistungszeitraum mai 2012 bis einschließlich märz 2014 für erledigt. 292.30gegen den erlassprüfungsbescheid vom 28.08.2019 legt die klägerin vorsorglich erneut, diesmal zu protokoll des gerichts widerspruch ein. der beklagtenvertreter erkennt diesen als formwirksam und fristgerecht an. der beklagtenvertreter sichert zu, dass der beklagte über den widerspruch gegen erlassprüfungsbescheid vom 18.08.2019 sachinhaltlich entscheiden wird. zwischen den beteiligten besteht einvernehmen, dass in dem widerspruch nur noch über den erlass der erstattungsforderung für den leistungszeitraum februar 2009 bis einschließlich april 2012 zu entscheiden sein wird. im rahmen dieses erlass-widerspruchsverfahrens wird der beklagte das vorbringen der klägerin aus dem schriftsatz vom 12.09.2019 und die hinweise des gerichts im vorspann zu diesem vergleichsvorschlag berücksichtigen. 313.32solange über den widerspruch der klägerin gegen den erlassprüfungsbescheid vom 28.08.2019 noch nicht bestandskräftig entschieden wurde, besteht einvernehmen, dass der beklagte hinsichtlich der erstattungsforderung für den zeitraum februar 2009 bis einschließlich april 2012 weder vollstrecken noch gegen die laufenden leistungen der klägerin aufrechnen darf. 33 die erstattungsforderung für den leistungszeitraum mai 2012 bis märz 2014 entspricht 19.639,14 € und wird von der klägerin in monatlichen raten zu je 30 €, beginnend ab dem 01.11.2019 zurückgezahlt. die klägerin wird insoweit einen dauerauftrag einrichten. der beklagte wird insoweit keine aufrechnungen durchführen, solange die klägerin sich an die ratenzahlungsvereinbarung hält. 344.35die kosten des rechtstreits in beiden rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben. 365.37die beteiligten sind mit dem vergleich einverstanden und erklären den vorliegenden rechtsstreit für erledigt. 38der vergleich ist ausweislich der sitzungsniederschrift in anwesenheit der beteiligten laut diktiert, vorgespielt und von ihnen genehmigt worden 39am 27.11.2019 hat die beklagte den widerspruch der klägerin gegen den bescheid vom 28.08.2019 als unbegründet zurückgewiesen. hiergegen hat die klägerin am 09.12.2019 klage bei dem sozialgericht münster erhoben (s 8 as 879/19). 40ab april 2021 hat die klägerin ihre rückzahlungsansprüche wegen der erstattungsforderungen für mai 2012 bis märz 2014 mit den laufenden sgb ii-leistungen der klägerin aufgerechnet. 41am 12.04.2021 hat die klägerin den in der sitzung vom 19.09.2019 geschlossenen vergleich angefochten. der vergleich sei durch arglistige täuschung und widerrechtliche drohung zustande gekommen. der berichterstatter habe für sie durchaus erfolgsaussichten für eine erlassprüfung bezüglich der erstattungsforderung gesehen. tatsächlich sei ihr widerspruch zurückgewiesen worden. in dem hiergegen gerichteten klageverfahren befasse sich das sozialgericht mit der forderung des landesbesoldungsamtes, düsseldorf. es würden bereits auskünfte bezüglich ihres vermögens eingeholt. 42die klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 43das verfahren l 7 as 1139/18 fortzusetzen und das urteil des sozialgerichts münster vom 29.06.2018 zu ändern sowie den bescheid der beklagten vom 17.11.2014 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 27.08.2015 aufzuheben 44der beklagte beantragt schriftsätzlich, 45festzustellen, dass das berufungsverfahren l 7 as 1139/18 durch den am 19.09.2019 abgeschlossenen vergleich beendet wurde. 46es lägen keine anfechtungsgründe vor. 47der senat hat die beteiligten zu einer beabsichtigten entscheidung nach § 153 abs. 4 sgg angehört. 48hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsakten der beklagten und die gerichtsakte bezug genommen. 49 | 50der senat kann, da das sozialgericht nicht durch gerichtsbescheid nach § 105 abs. 1 satz 1 sgg entschieden hat, über die berufung durch beschluss nach § 153 abs. 4 sgg entscheiden, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche verhandlung nicht für erforderlich hält. die beteiligten sind vorher angehört worden. §153 abs. 4 sgg ist auch dann anwendbar, wenn die wiederaufnahme eines berufungsverfahrens gegenständlich ist (vgl. keller, in: meyer-ladewig, sgg, 13. aufl., § 153 rn. 14; für die wiederaufnahme nach berufungsrücknahmefiktion: bsg urteil vom 08.12.2020 - b 4 as 280/20 b). unter berücksichtigung der fehlenden rechtlichen schwierigkeit des falls in tatsächlicher und rechtlicher hinsicht hält der senat im rahmen der im zusammenhang mit § 153 abs. 4 sgg zu treffenden ermessensentscheidung (vgl. etwa bsg beschluss vom 17.12.2020 - b 12 r 23/20 b) ein (weitere) mündliche verhandlung nicht für geboten. 51das berufungsverfahren l 7 as 1139/18 ist nicht fortzusetzen und daher festzustellen, dass es durch den gerichtlichen vergleich vom 19.09.2019 beendet worden ist. eine (weitere) gerichtliche befassung des senats mit dem anfechtungsbegehren der klägerin ist dem senat verwehrt. 52der in dem erörterungstermin vom 19.09.2019 wirksam geschlossene gerichtliche vergleich hat das berufungsverfahren l 7 as 1139/18 beendet. ein vergleich, den die beteiligten zur erledigung des geltend gemachten anspruches - wie hier - ordnungsgemäß zur niederschrift des gerichts schließen, beendet den rechtsstreit (§ 101 abs. 1 satz 1 sgg). bei dem vergleich vom 19.09.2019 handelt es sich um einen prozessvergleich isd§ 101 abs. 1 sgg. 53er ist ordnungsgemäß und wirksam zustande gekommen. der vergleich verstößt insbesondere nicht gegen § 101 abs. 1 sgg, denn die beteiligten konnten über den gegenstand der klage verfügen. es handelte sich auch um eine vergleichsweise beendigung des verfahrens durch gegenseitiges nachgegeben. so hat die klägerin auf rechtsmittel gegen die aufhebung und erstattung für mai 2012 bis einschließlich märz 2014 verzichtet; die beklagte verpflichtete sich im gegenzug auf vollstreckungs- und aufrechnungsmaßnahmen in bezug auf die erstattungsforderungen für februar 2009 bis einschließlich april 2012 zu verzichten, solange die erlassprüfung insoweit nicht rechtskräftig abgeschlossen war. die beteiligten haben den rechtsstreit ausweislich ziffer 5 des vergleichs übereinstimmend für erledigt erklärt. 54aus der sitzungsniederschrift ergibt sich, dass der vergleichswortlaut den beteiligten vorgespielt und von diesen genehmigt worden ist (§ 122 sgg ivm § 165 satz 1 zpo). eine widerrufsmöglichkeit ist darin nicht vorgesehen. die niederschrift ist entsprechend den gesetzlichen vorschriften ausgefertigt und vom vorsitzenden sowie von der urkundsbeamtin der geschäftsstelle unterschrieben worden (§§ 122 sgg, 159, 160 zpo). anhaltspunkte dafür, dass die prozesshandlungen der beteiligten nicht wirksam vorgenommen worden sein könnten, liegen nicht vor. sie werden von den beteiligten auch nicht geltend gemacht. der prozessvergleich ist auch materiell-rechtlich wirksam. wegen seiner doppelnatur entfaltet der prozessvergleich keine rechtswirksamkeit, wenn die beteiligten nicht wirksam zugestimmt haben oder er als öffentlich-rechtlicher vertrag nach den bestimmungen des bgb nichtig oder wirksam angefochten ist. das gleiche gilt, wenn nach dem inhalt des vergleichs der als feststehend zugrunde gelegte sachverhalt der wirklichkeit nicht entspricht oder der streit oder die gewissheit bei kenntnis der sachlage nicht entstanden sein würde (§ 779 abs. 1 bgb; vgl. bsg urteil vom 24.01.1991 - 2 ru 51/90). dies ist hier nicht der fall. anhaltspunkte für eine nichtigkeit des prozessvergleiches - etwa nach den bestimmungen der §§ 116 ff. bgb - oder für seine unwirksamkeit nach § 779 abs. 1 bgb liegen nicht vor. 55der vergleich ist auch nicht durch wirksame anfechtung seitens der klägerin unwirksam geworden. grundsätzlich sind prozesshandlungen - zu denen auch die zustimmung zu einem gerichtlichen vergleich und die erledigungserklärung zählen - unwiderruflich und nicht wegen irrtums anfechtbar sind (vgl. etwa bsg beschluss vom 09. april 2021 - b 13 r 276/20 b m.w.n. zur höchstrichterlichen rechtsprechung und literatur). sie können nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die voraussetzungen für eine wiederaufnahme des verfahrens (§ 179 abs. 1 sgg ivm § 578 ff. zpo bzw. § 179 abs. 2 sgg) erfüllt sind und die notfrist von einem monat (§ 586 zpo) eingehalten wird (vgl. etwa bsg beschluss vom 09.04.2021 a.a.o.; lsg berlin-brandenburg urteil vom 17.02.2010 - l 6 r 621/09). 56eine solche ausnahmesituation liegt hier nicht vor, insbesondere liegt kein wiederaufnahmegrund is von § 179 sgg ivm §§ 578 ff zpo vor. dies wird von der klägerin auch nicht behauptet. 57ergänzend weist der senat darauf hin, dass auch die voraussetzungen für eine von der klägerin erklärte anfechtung wegen arglistiger täuschung nicht vorliegen. 58nach § 123 abs. 1 bgb kann, wer zur abgabe einer willenserklärung durch arglistige täuschung oder widerrechtlich durch drohung bestimmt worden ist, die erklärung anfechten. die klägerin hat dem vergleich ersichtlich nicht infolge einer arglistigen täuschung oder widerrechtliche drohung zugestimmt. vielmehr hat sie sich allenfalls über die erfolgsaussichten des erst noch zu bescheidenen erlassantrags getäuscht. wie sich im übrigen aus der niederschrift über den erörterungstermin ergibt, dauerte dieser 90 minuten. der sachverhalt ist eingehend und differenziert mit den beteiligten erörtert worden. der inhalt dieser durch die sitzungsniederschrift dokumentierten eingehenden erörterung ist von der klägerin auch nicht in abrede gestellt. 59der berichterstatter hat hinsichtlich des erstattungsanteils wegen der lehramtsbezüge aus bremen (19.639,14 €) die erfolgsaussicht eines erlassantrags explizit verneint. soweit der berichterstatter im übrigen erfolgsaussichten für ein erlassverfahren hinsichtlich der anwärterbezüge in nrw betreffenden erstattungsforderungen gesehen hat, hat er - zur sitzungsniederschrift - klargestellt, dass es sich um seine rechtseinschätzung handelt. der klägerin ist vor augen geführt worden, dass über den erlassantrag zunächst die beklagte und im anschluss ggf. die sozialgerichte zu entscheiden hätten, die frage mithin nicht im vorliegenden berufungsverfahren durch den senat geklärt werden könne. sollte die klägerin diese einschätzung des berichterstatters ise einer erfolgsgarantie missverstanden haben, wofür unter anlegung eines subjektiven maßstabs im übrigen jeder anhaltspunkt fehlt, so handelte es sich um einen unbeachtlichen motivirrtum. 60mangels anfechtungsgrund konnte der senat - bei bejahung der anfechtbarkeit einer prozesshandlung - offen lassen, ob die anfechtungsfristen nach § 124 abs. 1 bgb abgelaufen waren. offen bleiben kann auch, ob der antrag auf fortführung des verfahrens der verwirkung unterliegen kann (so bei einem antrag nach mehr als 2 jahren: lsg niedersachsen-bremen urteil vom 11.06.2020 - l 15 as 281/18, juris-rn. 20 f.). 61die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 62revisionszulassungsgründe nach § 160 sgg lagen keine vor. |
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} | L 7 AS 1200/21 | 2021-11-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 13.07.2021 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln, das die Klage auf Unterkunfts- und Heizbedarfe für August 2015 bis Januar 2016 abgewiesen hat. 3Der am 00.00.1988 geborene Kläger beantragte erstmalig am 05.02.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er gab an, dass er seit dem 04.12.2014 erkrankt sei. Sein früherer Arbeitgeber habe ihn von der Krankenkasse abgemeldet und er würde weder Erwerbseinkommen noch Krankengeld beziehen. Eine schriftliche Kündigung bestehe nicht, jedoch weigere sich der Arbeitgeber Gehalt auszuzahlen. Er lebe allein in einer Mietwohnung. 4Am 16.02.2015 legte der Kläger einen ausgefüllten Hauptantragsbogen nebst „Anlage KDU“ und Vermieterbescheinigung vor. Er gab darin an, dass er alleine in einer 55 m² großen3-Zimmer-Wohnung in der I-Straße 00, Löhne lebe. Die Gesamtmiete betrage 440 € (320 € Grundmiete, 70 € Betriebskosten [davon 30 € Wasser- und 40 € Stromkosten], 50 € Heizkosten). Die Warmwasseraufbereitung erfolge über Gas. Mietrückstände wurden keine angegeben. Vermieterin der Wohnung sei seine Mutter, die Zeugin S F. 5Am 04.03.2015 legte der Kläger eine Ummeldungsbescheinigung vom 07.11.2014 vor, wonach er am 07.11.2014 von seiner früheren Wohnung J-Straße 5, Löhne in seine aktuelle Wohnung in der I-Straße umgezogen sei. Die Fallmanagerin des Klägers notierte auf diese Bescheinigung: „Letzte bekannte Anschrift der Mutter war ebenfalls „J-Straße 5“. Nun „Mietvertrag“ mit Mutter f. neue Unterkunft geschlossen.“ Daneben legte der Kläger eine Kopie des Mietvertrags zwischen ihm und seiner Mutter vom 02.11.2014 vor, wonach die Miete bar bezahlt werde. Das Datum vor dem Unterschriftfeld des Mietvertrags ist überschrieben. Es ist zu erkennen, dass das ursprüngliche Datum „3….15“ mit „02.11.´14“ überschrieben wurde. Die Fallmanagerin des Klägers notierte: „unklar, ob Mietverhältnis tatsächlich umgesetzt wird. Mietzahlungen auf Konten nicht ersichtlich.“ 6Mit vorläufigem Bescheid vom 23.03.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für Februar bis Juli 2015 in Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende von damals monatlich 399 €. Unterkunftskosten könnten zunächst nicht anerkannt werden, da keine Mietzahlungen aus den Kontoauszügen hervorgingen. 7Mit Schreiben vom 04.04.2015 wandte sich die Zeugin F an den Beklagten und teilte mit, dass sie seit dem „01.01.2015“ von dem Kläger eine monatliche Miete von „320,00 €“ fordere. Es sei vereinbart gewesen, dass die Miete bar gegen Quittung gezahlt werde. 8Mit Bescheid vom 30.04.2015 setzte der Beklagte die Leistungen an den Kläger für Februar bis Juli 2015 endgültig mit 399 € fest. Die Übernahme von Kosten der Unterkunft werde abgelehnt. Ein tatsächlicher Mietvertrag mit Bindungswillen sei nicht nachgewiesen. Die Angaben im Mietvertrag (Mietbeginn 02.11.2014) und dem Schreiben der Zeugin F (Mietzahlung ab 01.01.2015) seien widersprüchlich. Hiergegen legte der Kläger am 27.05.2015 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2016 als unbegründet zurückwies. Dagegen legte der Kläger fristgerecht beim Sozialgericht Detmold Klage ein (S 12 AS 372/16). 9Mit Bescheid vom 01.07.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger monatlich 399 €. Hiergegen legte der Kläger am 30.07.2015 Widerspruch ein. Es sei zwischen ihm und seiner Mutter vereinbart gewesen, dass die Mieten für November und Dezember 2014 wegen Renovierungsarbeiten erlassen werden, sodass die Mietzahlungen erst zum Januar 2015 fällig geworden seien. Die Mutter habe die Mietzahlungen bisher gestundet, mahne nunmehr aber mit Schreiben vom 04.11.2015 einen Mietrückstand von 3.520 € an. 10Mit bestandskräftigem Bescheid vom 17.12.2015 hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 01.07.2015 für die Zeit ab Januar 2016 wegen einer zum 01.12.2015 begonnenen Vollzeitbeschäftigung als Produktionshelfer vollständig auf. 11Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2016 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Es sprechen zahlreiche Indizien, wie das verbesserte Mietvertragsdatum, die widersprüchlichen Angaben zum Beginn der Mietzahlungspflicht, und das Datum des Mahnschreibens gegen ein ernsthaftes Mietverhältnis. Hiergegen spreche auch, dass die Mutter des Klägers über Monate keine Mietzahlung anmahnt und dies erst nachholt hat, als der Widerspruch begründet wurde und dies zur Darstellung der Ernsthaftigkeit benötigt wurde. 12Am 22.06.2018 hat der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 28.05.2018 zum Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens S 12 AS 372/16 (dort: KdU 02/15 bis 07/15) gemacht und seine Klage insoweit erweitert. 13Mit Beschluss vom 26.06.2018 hat das Sozialgericht die streitigen Verfahren hinsichtlich der Widerspruchsbescheide vom 04.02.2016 (02/17 – 07/15) und vom 28.05.2018 (08/15 – 01/16) getrennt. In dem ursprünglichen Klageverfahren S 12 AS 372/16 hat das Sozialgericht den Kläger informatorisch angehört, die Zeugin S F vernommen und die Klage mit Urteil vom 28.06.2018 abgewiesen und im Wesentlichen auf die Argumente aus dem Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht Nordrhein Westfalen mit Urteilsbeschluss vom 23.07.2019 (L 2 AS 1491/18) zurückgewiesen. Eine im Nachgang erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 14.11.2019 (B 14 AS 319/19 B) als unzulässig verworfen. 14Im hiesigen abgetrennten Verfahren S 12 AS 919/18 hat der Kläger sein Vorbringen wiederholt und vertieft. 15Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt, 16den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 01.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 zu verurteilen ab dem 01.08.2015 bis 31.01.2016 Leistungen für Unterkunft und Heizung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. 17Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Er hat auf die Entscheidungen in dem Parallelverfahren verwiesen. 20Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 13.07.2021 abgewiesen, die Aussage der Mutter des Klägers in der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Detmold vom 30.06.2017 in dem Verfahren S 12 AS 272/16 im Wege des Urkundenbeweises verwertet und im Wesentlichen auf das vorgegangene Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28.06.2018 Bezug genommen. Die ergänzenden Einlassungen des Klägers im vorliegenden Verfahren seien nicht geeignet, eine andere Entscheidung zu rechtfertigen. 21Gegen den ihm am 20.07.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.08.2021 Berufung eingelegt und sein Vorbringen wiederholt und vertieft. 22Der Kläger beantragt, 23den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 13.07.2021 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, unter Änderung des Bescheides vom 01.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 dem Kläger für August 2015 bis Dezember 2015 monatlich 400 €, insgesamt also 2.000 € an Unterkunfts- und Heizbedarfen zu zahlen. 24Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 25die Berufung zurückzuweisen. 26Der Senat hat den Kläger aufgefordert, seine Kontoauszüge (alternativ Schweigepflichtentbindungserklärung) für August 2015 bis Juli 2016 und den Originalmietvertrag vorzulegen sowie die ladungsfähige Anschrift der Eltern sowie den Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gegen die Fa. D Transporte mitzuteilen. Der Kläger hat mitgeteilt, dass das arbeitsgerichtliche Verfahren bei dem Arbeitsgericht Minden am 14.07.2015 durch Vergleich beendet worden sei. Die Kontoauszüge für August 2015 bis Januar 2016 habe er beim Beklagten im Original abgegeben. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass die gerichtliche Verfügung damit nicht erledigt wurde. Ihm wurde unter dem 02.11.2021 mit Verweis auf § 106a SGG Gelegenheit gegeben, der Verfügung bis zum 16.11.2021 nachzukommen. Hierauf hat der Kläger nicht mehr reagiert. Im Verhandlungstermin ist der Kläger trotz der gerichtlichen Anordnung, persönlich zu erscheinen, nicht anwesend gewesen. 27Mit Beschluss vom 02.11..2021 hat der Senat nach Anhörung der Beteiligten die Berufung dem Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. 28Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung geworden ist. 29Entscheidungsgründe: 30Der Beklagte war zum Verhandlungstermin am 18.11.2021 nicht erschienen, jedoch konnte der Senat gleichwohl aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Der Beklagte ist ordnungsgemäß geladen (§ 63 Abs. 1 und 2 SGG, § 182 ZPO). Die Beteiligten haben Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Sie müssen aber nicht teiilnehmen; es kann auch ohne sie verhandelt und entschieden werden (Keller, in Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl., § 124 Rn. 2). Die Berufung wurde gemäß § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden konnte. 31Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. 32Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig. 33Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zutreffend entschieden, dass der Kläger keiner wirksamen rechtlichen Verpflichtung zur Zahlung von Miete ausgesetzt ist. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Insoweit wird auf das Urteil des Sozialgerichts vom 28.06.2018 (S 12 AS 372/16), den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.07.2019 (L 2 AS 1491/18) und gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. 34Nur ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: 35Das mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Begehren auf höhere Leistungen nach dem SGB II hat der Kläger in zulässiger Weise auf Unterkunfts- und Heizbedarfe für den Zeitraum vom 01.08.2015 bis 31.12.2015 begrenzt. Bei einem Streit um höhere SGB II-Leistungen sind zwar grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Eine Begrenzung des Streitgegenstandes ist jedoch zulässig, wenn ein Bescheid im Einzelfall mehrere abtrennbare Verfügungen, d. h. Verwaltungsakte iSd § 31 Satz 1 SGB X enthält (BSG Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R). Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich bei der Leistungsbewilligung zur Deckung der Unterkunfts- und Heizbedarfe, sodass eine Beschränkung des Streitgegenstandes zulässig ist (ständige Rechtsprechung seit BSG Urteil vom 07.11.2006 –B 7b AS 8/06 R). 36Ein Anspruch auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung besteht nicht, weder in Form der geltend gemachten Kaltmiete iHv monatlich 320 €, noch in Form von Nebenkosten iHv monatlich 120 €, wobei in Bezug auf den in den Nebenkosten enthaltenen Stromanteil von 40 € bereits keine Übernahme nach § 22 SGB II in Betracht kommt, weil diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten sind und der Bevollmächtigte des Klägers diese im Verhandlungstermin vom 18.11.2021 nicht mehr geltend gemacht hat. 37Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Zur Überzeugung des Senats hatte der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keine tatsächlichen Aufwendungen zu tragen. Die von ihm behauptete Mietzahlungspflicht an seine Mutter bestand nicht, da der Kläger keiner wirksamen Zahlungsverpflichtung aus einem Mietvertrag ausgesetzt war. Der vorgelegte „Mietvertrag“ ist zur Überzeugung des Senats als Scheingeschäft (§ 117 BGB) zu qualifizieren. 38Die Wohnung des Klägers in der I-Straße 00, Löhne, ist zwar unstreitig eine Unterkunft iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. hierzu BSG Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 79/09 R), jedoch ist diese dem Kläger zur Überzeugung des Senats von seiner Mutter nicht unter der Voraussetzung zur Nutzung überlassen worden, dass er hierfür Miete zahlen muss. Ob ein wirksames Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen vorliegt, oder ob es sich um ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) handelt, beurteilt sich nach den tatrichterlichen Feststellungen der Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BSG Urteile vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R; vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R und vom 20.08.2009 – B 14 AS 34/08 R). Dabei kann nicht schematisch auf die Elemente eines „Fremdvergleichs“ zurückgegriffen werden. Wie sonst unter Dritten auch, muss aber der Leistungsberechtigte einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt sein (BSG Urteile vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R und vom 20.08.2009 – B 14 AS 34/08 R) und diesbezüglich kommt es auf die Glaubwürdigkeit der vorgetragenen Tatsachen und auf die feststellbaren Indizien an. 39Es fehlt vorliegend an den für einen Mietvertrag charakteristischen Hauptpflichten, welche sich aus § 535 BGB ergeben. Gemäß § 535 Abs. 2 BGB ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten. Eine solche Verpflichtung des Klägers hat zur freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung(§§ 153 Abs. 1, 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) des Senats zu keinem Zeitpunkt bestanden. 40Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den folgenden Indizien und Umständen des Einzelfalles, die für die richterliche Überzeugung leitend waren (§§ 153 Abs. 1, 128 Abs. 1 Satz 2 SGG): 41Der Kläger wohnt nach eigenen Angaben seit November 2014 in der streitgegenständlichen Unterkunft, mithin seit nunmehr sieben Jahren. Trotzdem hat der Kläger für keinen einzigen Zeitpunkt einen Mietnachweis in Form eines Überweisungsträgers oder einer Quittung erbracht, obwohl jedenfalls die Barzahlung gegen „Quittungsbeleg“ ausweislich des Schreibens der Mutter vom 04.04.2015 vereinbart gewesen sein soll. Dies mag für den Zeitraum, in dem sich der Kläger noch im Leistungsbezug befand, aber keine Unterkunftsbedarfe erhielt noch nachvollziehbar sein, erklärt aber nicht, warum in den Monaten davor (November 2014 bis Januar 2015) und ab Januar 2016 keine Quittungen ausgestellt und zur Substantiierung des Klagebegehrens vorgelegt wurden. Außerdem erklärt es nicht, warum keine Quittungen für die Zeiträume ausgestellt wurden, als sich der Kläger von Freunden Geld geliehen haben will, um seine Mietschulden zu bezahlen, wie die Zeugin F in der Verhandlung vom 30.06.2017 ausgesagt hat. 42Soweit der Kläger und seine Mutter das Ausbleiben der Miete für November und Dezember 2014 damit begründeten, dass der Kläger für seine Mithilfe bei der Sanierung des 1920 erbauten Mehrfamilienhauses entschädigt werden sollte, erklärt dies nicht, warum dies nur für zwei Monate gegolten hat, schließlich hat der Kläger im Erörterungstermin vom 30.06.2017 selbst eingeräumt, dass er ca. ein Jahr zusammen mit seinem Vater das Haus aufwendig renoviert habe. Dies ist für den Senat vielmehr eine ausreichende Begründung, warum der damals 26-jährige Kläger weiterhin mietfrei bei seinen Eltern leben durfte. 43Gegen die Ernsthaftigkeit des Mietverhältnisses spricht auch, dass der Mietvertrag nur zum Schein ausgestellt und zu diesem Zweck rückdatiert wurde. Der Senat entnimmt dies aus der ursprünglichen Datumsangabe aus dem Jahr 2015, die später in 2014 überschrieben/ korrigiert wurde. Für den Senat ist nicht einsichtig, warum versehentlich in 2014 ein Mietvertrag zum Jahr 2015 ausgestellt worden sein soll. Dies spricht dafür, dass der Mietvertrag nur nach Aufforderung des Beklagten im Jahr 2015 ausgestellt wurde und deswegen zunächst versehentlich ein 2015-er Datum eingetragen wurde. 44Dass die Miete in dem Mietvertrag nur fiktiv war, wird auch daraus deutlich, dass eine Gesamtmiete von 440 € vereinbart wurde, wovon aber mit Mahnschreiben vom 04.11.2015 nur die Grundmiete von (11 x 320 € =) 3.520 € angemahnt wurde. Überhaupt ist es auffällig, dass trotz ausstehender Miete seit Januar 2015 und wiederholter Leistungsablehnung durch den Beklagten es erstmalig im November 2015 zu einer Mahnung der Mietrückstände, noch dazu ohne Sanktionsandrohung gekommen ist. Dem Beklagten ist darin Recht zu geben, dass diese „Mahnung“ aus November 2015 nur zur Untermauerung des im November 2015 begründeten Widerspruchs ausgestellt wurde und damit ebenso wie der Mietvertrag den Eindruck einer „Dokumentation auf Anforderung“ macht. Hinzu kommt, dass der im Schreiben vom 04.11.2016 geltend gemachte, vollständige Zahlungsausfall im Widerspruch zu der Aussage der Zeugin F steht, der Kläger habe seine Mietschulden mithilfe von Darlehen von Freunden zwischenzeitlich beglichen. 45Es ist zudem nicht glaubhaft, dass Eltern anlässlich des Einzugs des eigenen Kindes, das sich auch maßgeblich um die Renovierung des Hauses gekümmert hat, den vorhandenen Wohnraum im eigenen Haus in so hohem Maß kommerzialisieren. Erfahrungsgemäß werden Wohnungen unter Verwandten zu niedrigen Zinsen oder gar zum Selbstkostenpreis vermietet (vgl. hierzu: BSG Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R) und liegen nicht – wie hier – sogar oberhalb der Mietobergrenzen des kommunalen Trägers. Dass es so eine Kommerzialisierung gegeben hat, ist zudem nicht durch Zahlungsbelege, Steueranmeldung aus Vermietung und Verpachtung, Nebenkostenabrechnungen oder auf sonstige Weise belegt, auch nicht für Zeiträume, in denen der Kläger bedarfsdeckendes Erwerbseinkommen erzielt hat. 46Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 47Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind. | die berufung des klägers gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichts detmold vom 13.07.2021 wird zurückgewiesen. kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der kläger wendet sich mit seiner berufung gegen einen gerichtsbescheid des sozialgerichts köln, das die klage auf unterkunfts- und heizbedarfe für august 2015 bis januar 2016 abgewiesen hat. 3der am 00.00.1988 geborene kläger beantragte erstmalig am 05.02.2015 leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii. er gab an, dass er seit dem 04.12.2014 erkrankt sei. sein früherer arbeitgeber habe ihn von der krankenkasse abgemeldet und er würde weder erwerbseinkommen noch krankengeld beziehen. eine schriftliche kündigung bestehe nicht, jedoch weigere sich der arbeitgeber gehalt auszuzahlen. er lebe allein in einer mietwohnung. 4am 16.02.2015 legte der kläger einen ausgefüllten hauptantragsbogen nebst „anlage kdu“ und vermieterbescheinigung vor. er gab darin an, dass er alleine in einer 55 m² großen3-zimmer-wohnung in der i-straße 00, löhne lebe. die gesamtmiete betrage 440 € (320 € grundmiete, 70 € betriebskosten [davon 30 € wasser- und 40 € stromkosten], 50 € heizkosten). die warmwasseraufbereitung erfolge über gas. mietrückstände wurden keine angegeben. vermieterin der wohnung sei seine mutter, die zeugin s f. 5am 04.03.2015 legte der kläger eine ummeldungsbescheinigung vom 07.11.2014 vor, wonach er am 07.11.2014 von seiner früheren wohnung j-straße 5, löhne in seine aktuelle wohnung in der i-straße umgezogen sei. die fallmanagerin des klägers notierte auf diese bescheinigung: „letzte bekannte anschrift der mutter war ebenfalls „j-straße 5“. nun „mietvertrag“ mit mutter f. neue unterkunft geschlossen.“ daneben legte der kläger eine kopie des mietvertrags zwischen ihm und seiner mutter vom 02.11.2014 vor, wonach die miete bar bezahlt werde. das datum vor dem unterschriftfeld des mietvertrags ist überschrieben. es ist zu erkennen, dass das ursprüngliche datum „3….15“ mit „02.11.´14“ überschrieben wurde. die fallmanagerin des klägers notierte: „unklar, ob mietverhältnis tatsächlich umgesetzt wird. mietzahlungen auf konten nicht ersichtlich.“ 6mit vorläufigem bescheid vom 23.03.2015 bewilligte der beklagte dem kläger leistungen für februar bis juli 2015 in höhe des regelbedarfs für alleinstehende von damals monatlich 399 €. unterkunftskosten könnten zunächst nicht anerkannt werden, da keine mietzahlungen aus den kontoauszügen hervorgingen. 7mit schreiben vom 04.04.2015 wandte sich die zeugin f an den beklagten und teilte mit, dass sie seit dem „01.01.2015“ von dem kläger eine monatliche miete von „320,00 €“ fordere. es sei vereinbart gewesen, dass die miete bar gegen quittung gezahlt werde. 8mit bescheid vom 30.04.2015 setzte der beklagte die leistungen an den kläger für februar bis juli 2015 endgültig mit 399 € fest. die übernahme von kosten der unterkunft werde abgelehnt. ein tatsächlicher mietvertrag mit bindungswillen sei nicht nachgewiesen. die angaben im mietvertrag (mietbeginn 02.11.2014) und dem schreiben der zeugin f (mietzahlung ab 01.01.2015) seien widersprüchlich. hiergegen legte der kläger am 27.05.2015 widerspruch ein, den der beklagte mit widerspruchsbescheid vom 04.02.2016 als unbegründet zurückwies. dagegen legte der kläger fristgerecht beim sozialgericht detmold klage ein (s 12 as 372/16). 9mit bescheid vom 01.07.2015 bewilligte der beklagte dem kläger monatlich 399 €. hiergegen legte der kläger am 30.07.2015 widerspruch ein. es sei zwischen ihm und seiner mutter vereinbart gewesen, dass die mieten für november und dezember 2014 wegen renovierungsarbeiten erlassen werden, sodass die mietzahlungen erst zum januar 2015 fällig geworden seien. die mutter habe die mietzahlungen bisher gestundet, mahne nunmehr aber mit schreiben vom 04.11.2015 einen mietrückstand von 3.520 € an. 10mit bestandskräftigem bescheid vom 17.12.2015 hob der beklagte den bewilligungsbescheid vom 01.07.2015 für die zeit ab januar 2016 wegen einer zum 01.12.2015 begonnenen vollzeitbeschäftigung als produktionshelfer vollständig auf. 11mit widerspruchsbescheid vom 04.02.2016 wies der beklagte den widerspruch des klägers als unbegründet zurück. es sprechen zahlreiche indizien, wie das verbesserte mietvertragsdatum, die widersprüchlichen angaben zum beginn der mietzahlungspflicht, und das datum des mahnschreibens gegen ein ernsthaftes mietverhältnis. hiergegen spreche auch, dass die mutter des klägers über monate keine mietzahlung anmahnt und dies erst nachholt hat, als der widerspruch begründet wurde und dies zur darstellung der ernsthaftigkeit benötigt wurde. 12am 22.06.2018 hat der kläger den widerspruchsbescheid vom 28.05.2018 zum gegenstand des bereits anhängigen klageverfahrens s 12 as 372/16 (dort: kdu 02/15 bis 07/15) gemacht und seine klage insoweit erweitert. 13mit beschluss vom 26.06.2018 hat das sozialgericht die streitigen verfahren hinsichtlich der widerspruchsbescheide vom 04.02.2016 (02/17 – 07/15) und vom 28.05.2018 (08/15 – 01/16) getrennt. in dem ursprünglichen klageverfahren s 12 as 372/16 hat das sozialgericht den kläger informatorisch angehört, die zeugin s f vernommen und die klage mit urteil vom 28.06.2018 abgewiesen und im wesentlichen auf die argumente aus dem widerspruchsbescheid bezug genommen. die dagegen eingelegte berufung hat das landessozialgericht nordrhein westfalen mit urteilsbeschluss vom 23.07.2019 (l 2 as 1491/18) zurückgewiesen. eine im nachgang erhobene nichtzulassungsbeschwerde des klägers hat das bundessozialgericht mit beschluss vom 14.11.2019 (b 14 as 319/19 b) als unzulässig verworfen. 14im hiesigen abgetrennten verfahren s 12 as 919/18 hat der kläger sein vorbringen wiederholt und vertieft. 15der kläger hat schriftsätzlich beantragt, 16den beklagten unter abänderung des bescheides vom 01.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 zu verurteilen ab dem 01.08.2015 bis 31.01.2016 leistungen für unterkunft und heizung nach maßgabe der gesetzlichen vorschriften zu gewähren. 17der beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 18die klage abzuweisen. 19er hat auf die entscheidungen in dem parallelverfahren verwiesen. 20das sozialgericht hat die klage nach anhörung der beteiligten mit gerichtsbescheid vom 13.07.2021 abgewiesen, die aussage der mutter des klägers in der nichtöffentlichen sitzung des sozialgerichts detmold vom 30.06.2017 in dem verfahren s 12 as 272/16 im wege des urkundenbeweises verwertet und im wesentlichen auf das vorgegangene urteil des sozialgerichts detmold vom 28.06.2018 bezug genommen. die ergänzenden einlassungen des klägers im vorliegenden verfahren seien nicht geeignet, eine andere entscheidung zu rechtfertigen. 21gegen den ihm am 20.07.2021 zugestellten gerichtsbescheid hat der kläger am 02.08.2021 berufung eingelegt und sein vorbringen wiederholt und vertieft. 22der kläger beantragt, 23den gerichtsbescheid des sozialgerichts detmold vom 13.07.2021 zu ändern und den beklagten zu verurteilen, unter änderung des bescheides vom 01.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 dem kläger für august 2015 bis dezember 2015 monatlich 400 €, insgesamt also 2.000 € an unterkunfts- und heizbedarfen zu zahlen. 24der beklagte beantragt schriftsätzlich, 25die berufung zurückzuweisen. 26der senat hat den kläger aufgefordert, seine kontoauszüge (alternativ schweigepflichtentbindungserklärung) für august 2015 bis juli 2016 und den originalmietvertrag vorzulegen sowie die ladungsfähige anschrift der eltern sowie den ausgang des arbeitsgerichtlichen verfahrens gegen die fa. d transporte mitzuteilen. der kläger hat mitgeteilt, dass das arbeitsgerichtliche verfahren bei dem arbeitsgericht minden am 14.07.2015 durch vergleich beendet worden sei. die kontoauszüge für august 2015 bis januar 2016 habe er beim beklagten im original abgegeben. dem kläger wurde mitgeteilt, dass die gerichtliche verfügung damit nicht erledigt wurde. ihm wurde unter dem 02.11.2021 mit verweis auf § 106a sgg gelegenheit gegeben, der verfügung bis zum 16.11.2021 nachzukommen. hierauf hat der kläger nicht mehr reagiert. im verhandlungstermin ist der kläger trotz der gerichtlichen anordnung, persönlich zu erscheinen, nicht anwesend gewesen. 27mit beschluss vom 02.11..2021 hat der senat nach anhörung der beteiligten die berufung dem berichterstatter zur entscheidung mit den ehrenamtlichen richtern übertragen. 28hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsakten des beklagten und der gerichtsakte bezug genommen, der gegenstand der mündlichen verhandlung und entscheidung geworden ist. 29 | 30der beklagte war zum verhandlungstermin am 18.11.2021 nicht erschienen, jedoch konnte der senat gleichwohl aufgrund einseitiger mündlicher verhandlung entscheiden. der beklagte ist ordnungsgemäß geladen (§ 63 abs. 1 und 2 sgg, § 182 zpo). die beteiligten haben anspruch auf teilnahme an der mündlichen verhandlung. sie müssen aber nicht teiilnehmen; es kann auch ohne sie verhandelt und entschieden werden (keller, in meyer-ladewig, sgg, 13. aufl., § 124 rn. 2). die berufung wurde gemäß § 153 abs. 5 sgg dem berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen richtern entscheiden konnte. 31die berufung des klägers hat keinen erfolg. 32die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 abs. 1 sgg) und statthafte (§ 143 sgg) berufung ist zulässig. 33die berufung ist nicht begründet. zu recht hat das sozialgericht die klage abgewiesen und zutreffend entschieden, dass der kläger keiner wirksamen rechtlichen verpflichtung zur zahlung von miete ausgesetzt ist. die angefochtenen bescheide des beklagten sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten. insoweit wird auf das urteil des sozialgerichts vom 28.06.2018 (s 12 as 372/16), den beschluss des landessozialgerichts nordrhein-westfalen vom 23.07.2019 (l 2 as 1491/18) und gemäß § 153 abs. 2 sgg auf die gründe der angefochtenen entscheidung bezug genommen. 34nur ergänzend weist der senat auf folgendes hin: 35das mit der kombinierten anfechtungs- und leistungsklage verfolgte begehren auf höhere leistungen nach dem sgb ii hat der kläger in zulässiger weise auf unterkunfts- und heizbedarfe für den zeitraum vom 01.08.2015 bis 31.12.2015 begrenzt. bei einem streit um höhere sgb ii-leistungen sind zwar grundsätzlich alle anspruchsvoraussetzungen dem grunde und der höhe nach zu prüfen. eine begrenzung des streitgegenstandes ist jedoch zulässig, wenn ein bescheid im einzelfall mehrere abtrennbare verfügungen, d. h. verwaltungsakte isd § 31 satz 1 sgb x enthält (bsg urteil vom 07.11.2006 – b 7b as 8/06 r). um eine derartige abtrennbare verfügung handelt es sich bei der leistungsbewilligung zur deckung der unterkunfts- und heizbedarfe, sodass eine beschränkung des streitgegenstandes zulässig ist (ständige rechtsprechung seit bsg urteil vom 07.11.2006 –b 7b as 8/06 r). 36ein anspruch auf bedarfe für unterkunft und heizung besteht nicht, weder in form der geltend gemachten kaltmiete ihv monatlich 320 €, noch in form von nebenkosten ihv monatlich 120 €, wobei in bezug auf den in den nebenkosten enthaltenen stromanteil von 40 € bereits keine übernahme nach § 22 sgb ii in betracht kommt, weil diese aus dem regelbedarf zu bestreiten sind und der bevollmächtigte des klägers diese im verhandlungstermin vom 18.11.2021 nicht mehr geltend gemacht hat. 37gemäß § 22 abs. 1 satz 1 sgb ii werden bedarfe für unterkunft und heizung in höhe der tatsächlichen aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. zur überzeugung des senats hatte der kläger im streitgegenständlichen zeitraum keine tatsächlichen aufwendungen zu tragen. die von ihm behauptete mietzahlungspflicht an seine mutter bestand nicht, da der kläger keiner wirksamen zahlungsverpflichtung aus einem mietvertrag ausgesetzt war. der vorgelegte „mietvertrag“ ist zur überzeugung des senats als scheingeschäft (§ 117 bgb) zu qualifizieren. 38die wohnung des klägers in der i-straße 00, löhne, ist zwar unstreitig eine unterkunft isv § 22 abs. 1 satz 1 sgb ii (vgl. hierzu bsg urteil vom 17.06.2010 – b 14 as 79/09 r), jedoch ist diese dem kläger zur überzeugung des senats von seiner mutter nicht unter der voraussetzung zur nutzung überlassen worden, dass er hierfür miete zahlen muss. ob ein wirksames mietverhältnis zwischen familienangehörigen vorliegt, oder ob es sich um ein scheingeschäft (§ 117 bgb) handelt, beurteilt sich nach den tatrichterlichen feststellungen der umstände des jeweiligen einzelfalls (bsg urteile vom 03.03.2009 – b 4 as 37/08 r; vom 07.05.2009 – b 14 as 31/07 r und vom 20.08.2009 – b 14 as 34/08 r). dabei kann nicht schematisch auf die elemente eines „fremdvergleichs“ zurückgegriffen werden. wie sonst unter dritten auch, muss aber der leistungsberechtigte einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten mietforderung ausgesetzt sein (bsg urteile vom 03.03.2009 – b 4 as 37/08 r und vom 20.08.2009 – b 14 as 34/08 r) und diesbezüglich kommt es auf die glaubwürdigkeit der vorgetragenen tatsachen und auf die feststellbaren indizien an. 39es fehlt vorliegend an den für einen mietvertrag charakteristischen hauptpflichten, welche sich aus § 535 bgb ergeben. gemäß § 535 abs. 2 bgb ist der mieter verpflichtet, dem vermieter die vereinbarte miete zu entrichten. eine solche verpflichtung des klägers hat zur freien, aus dem gesamtergebnis des verfahrens gewonnenen überzeugung(§§ 153 abs. 1, 128 abs. 1 satz 1 sgg) des senats zu keinem zeitpunkt bestanden. 40diese überzeugung schöpft der senat aus den folgenden indizien und umständen des einzelfalles, die für die richterliche überzeugung leitend waren (§§ 153 abs. 1, 128 abs. 1 satz 2 sgg): 41der kläger wohnt nach eigenen angaben seit november 2014 in der streitgegenständlichen unterkunft, mithin seit nunmehr sieben jahren. trotzdem hat der kläger für keinen einzigen zeitpunkt einen mietnachweis in form eines überweisungsträgers oder einer quittung erbracht, obwohl jedenfalls die barzahlung gegen „quittungsbeleg“ ausweislich des schreibens der mutter vom 04.04.2015 vereinbart gewesen sein soll. dies mag für den zeitraum, in dem sich der kläger noch im leistungsbezug befand, aber keine unterkunftsbedarfe erhielt noch nachvollziehbar sein, erklärt aber nicht, warum in den monaten davor (november 2014 bis januar 2015) und ab januar 2016 keine quittungen ausgestellt und zur substantiierung des klagebegehrens vorgelegt wurden. außerdem erklärt es nicht, warum keine quittungen für die zeiträume ausgestellt wurden, als sich der kläger von freunden geld geliehen haben will, um seine mietschulden zu bezahlen, wie die zeugin f in der verhandlung vom 30.06.2017 ausgesagt hat. 42soweit der kläger und seine mutter das ausbleiben der miete für november und dezember 2014 damit begründeten, dass der kläger für seine mithilfe bei der sanierung des 1920 erbauten mehrfamilienhauses entschädigt werden sollte, erklärt dies nicht, warum dies nur für zwei monate gegolten hat, schließlich hat der kläger im erörterungstermin vom 30.06.2017 selbst eingeräumt, dass er ca. ein jahr zusammen mit seinem vater das haus aufwendig renoviert habe. dies ist für den senat vielmehr eine ausreichende begründung, warum der damals 26-jährige kläger weiterhin mietfrei bei seinen eltern leben durfte. 43gegen die ernsthaftigkeit des mietverhältnisses spricht auch, dass der mietvertrag nur zum schein ausgestellt und zu diesem zweck rückdatiert wurde. der senat entnimmt dies aus der ursprünglichen datumsangabe aus dem jahr 2015, die später in 2014 überschrieben/ korrigiert wurde. für den senat ist nicht einsichtig, warum versehentlich in 2014 ein mietvertrag zum jahr 2015 ausgestellt worden sein soll. dies spricht dafür, dass der mietvertrag nur nach aufforderung des beklagten im jahr 2015 ausgestellt wurde und deswegen zunächst versehentlich ein 2015-er datum eingetragen wurde. 44dass die miete in dem mietvertrag nur fiktiv war, wird auch daraus deutlich, dass eine gesamtmiete von 440 € vereinbart wurde, wovon aber mit mahnschreiben vom 04.11.2015 nur die grundmiete von (11 x 320 € =) 3.520 € angemahnt wurde. überhaupt ist es auffällig, dass trotz ausstehender miete seit januar 2015 und wiederholter leistungsablehnung durch den beklagten es erstmalig im november 2015 zu einer mahnung der mietrückstände, noch dazu ohne sanktionsandrohung gekommen ist. dem beklagten ist darin recht zu geben, dass diese „mahnung“ aus november 2015 nur zur untermauerung des im november 2015 begründeten widerspruchs ausgestellt wurde und damit ebenso wie der mietvertrag den eindruck einer „dokumentation auf anforderung“ macht. hinzu kommt, dass der im schreiben vom 04.11.2016 geltend gemachte, vollständige zahlungsausfall im widerspruch zu der aussage der zeugin f steht, der kläger habe seine mietschulden mithilfe von darlehen von freunden zwischenzeitlich beglichen. 45es ist zudem nicht glaubhaft, dass eltern anlässlich des einzugs des eigenen kindes, das sich auch maßgeblich um die renovierung des hauses gekümmert hat, den vorhandenen wohnraum im eigenen haus in so hohem maß kommerzialisieren. erfahrungsgemäß werden wohnungen unter verwandten zu niedrigen zinsen oder gar zum selbstkostenpreis vermietet (vgl. hierzu: bsg urteil vom 03.03.2009 – b 4 as 37/08 r) und liegen nicht – wie hier – sogar oberhalb der mietobergrenzen des kommunalen trägers. dass es so eine kommerzialisierung gegeben hat, ist zudem nicht durch zahlungsbelege, steueranmeldung aus vermietung und verpachtung, nebenkostenabrechnungen oder auf sonstige weise belegt, auch nicht für zeiträume, in denen der kläger bedarfsdeckendes erwerbseinkommen erzielt hat. 46die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 47die revision war nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 160 abs. 2 sgg nicht erfüllt sind. |
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} | L 5 P 66/18 | 2021-11-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.07.2018 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 30.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2016 verurteilt, die anerkennungsfähigen Aufwendungen je Platz für die Einrichtung Seniorenzentrum „Haus C“, E-Straße 00, Duisburg, für den Zeitraum ab dem 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 unter Berücksichtigung eines Bodenrichtwerts von 235 € und eines Erbbauzinssatzes von 5,00 % und im Übrigen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen festzusetzen sowie der gesonderten Berechnung unter Berücksichtigung der sodann festgesetzten Werte zuzustimmen. Die Klägerin trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu 38 % und der Beklagte zu 62 %. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die in Bad Honnef ansässige Klägerin ist Trägerin des Seniorenzentrums „Haus C“, E-Straße 00, Duisburg, das am 01.04.2015 in Betrieb genommen wurde. Sie hat das Pflegeheim einschließlich des Grundstücks von der S GmbH & Co Seniorenpflegeheim Duisburg KG gepachtet, Pachtvertrag vom 03.11.2014 mit Nachtrag vom 10.11.2014. 3Am 12.11.2015 beantragte die Klägerin auf der Grundlage des am 16.10.2014 in Kraft getretenen Alten- und Pflegegesetz NRW (APG) und der am 02.11.2014 in Kraft getreten Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes NRW und nach § 92 SGB XI (APG DVO) die Feststellung der anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen und deren Festsetzung. Im Rahmen des Feststellungantrags gab die Klägerin u.a. an, die Grundstücksgröße betrage insgesamt 3.870 qm, davon durch einen Kindergarten fremdgenutzt 1.523,18 qm. Auf die selbstgenutzte Fläche entfielen nach Angaben der Klägerin 500 qm Verkehrsfläche und 346,82 qm Freifläche. Die Einrichtung verfüge über 75 vollstationäre Plätze. Auf Nachfrage des Beklagten übermittelte die Klägerin eine Mitteilung des Liegenschaftsmanagements der Stadt Duisburg mit dem nachstehenden Inhalt: 4„Die Stadt Duisburg hat eine Anzahl älterer Erbbaurechtsvertrage (etwa 20 Verträge), in denen vereinbart ist, dass – sofern eine Refinanzierbarkeit des Erbbauzins über die Pflegesätze nicht gegeben ist – bis auf weiteres ein Erbbauzins von 100,00 DM – heute 53,00 € - erhoben wird. Je nach Fallgestaltung ist dinglich ein angemessener Erbbauzins jedoch festgeschrieben. Da diese Frage bisher rechtlich nicht abschließend geklärt werden konnte, wurde beim Abschluss von Neuverträgen mit Stiftungen bzw. freien Trägern ein Erbbauzins auf Basis der Maßgaben des Rates der Stadt für gewerbliche Erbbaurechtsverträge abgeschlossen. Dies bedeutet, dass ein Erbbauzins von 6 % vom Verkehrswert eines fiktiv unbebauten Grundstücks angehalten wurde.“ 5Der Beklagte ermittelte für 2015 für das betroffene Grundstück einen Bodenrichtwert von 225,00 € anhand der entsprechenden Veröffentlichung des Oberen Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Land NRW (OGA NRW), abrufbar unter www.boris.nrw.de. 6Mit Bescheid vom 21.12.2015 stellte der Beklagte die anerkennungsfähigen Aufwendungen für die Einrichtung fest. Er ging dabei u.a. von einer berücksichtigungsfähigen Grundstücksfläche von 2.346,82 qm aus. 7Mit Bescheid vom 22.12.2015 setzte der Beklagte die anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen für den Zeitraum vom 01.04.2015 bis zum 31.12.2015 nach § 12 APG DVO fest. Auf der Grundlage der Feststellungen in dem Bescheid vom 21.12.2015 und einer - für die ersten drei Jahre nach Inbetriebnahme angenommenen - Belegungsquote von 80 % kam der Beklagte zu dem Ergebnis, dass tägliche Investitionsposten von 23,32 € festzusetzen seien. Mit Blick auf eine von der Klägerin erbetene Deckelung setzte der Beklagte die Investitionskosten pro Platz tatsächlich auf täglich 22,00 € für das Einzelzimmer fest. Im Rahmen der fiktiven Mietvergleichsberechnung setzte der Beklagte bei der Berechnung des fiktiven Nutzungsentgelts für das Grundstück nach § 8 Abs. 5 i.V.m. § 7 APG DVO einen ortsüblichen Erbbauzinssatz von 3,30 % und den vom OGA NRW für das Grundstück festgestellten Bodenrichtwert von 225,00 € an. 8Gegen den Feststellungsbescheid vom 21.12.2015 erhob die Klägerin unter dem 18.01.2016 Widerspruch. Der ortsübliche Erbbauzinssatz in Duisburg betrage nach ihrem Kenntnisstand 6,00 %. Zudem fordere sie eine Offenlegung der gesamten Mietvergleichsberechnung. Der Beklagte teilte mit, er werte das Schreiben vom 18.01.2016 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.12.2015, da die beanstandeten Punkte Gegenstand der Festsetzung seien. Das Widerspruchsverfahren ruht seitdem. 9Auf den Folgeantrag der Klägerin vom 01.02.2016 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 29.03.2016 die anerkennungsfähigen Aufwendungen für die Zeit ab dem 01.01.2016 neu fest. Diese Neufeststellung war erforderlich geworden, weil die Klägerin die Angaben zum Umfang der Fremdnutzung des Grundstücks - lediglich 1.139,45 qm anstelle der zuvor angegebenen 1.523,18 qm - und zur Größe der selbstgenutzten bebauten Fläche - 1.883,73 qm anstelle der zuvor angegebenen 1.500 qm - verändert hatte. 10Mit Bescheid vom 30.03.2016 setzte der Beklagte die anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 auf täglich 19,81 € für das Einzelzimmer fest. Hierbei setzte sie für die Berechnung des fiktiven Nutzungsentgelts für das Grundstück nach § 8 Abs. 5 i.V.m. § 7 APG DVO einen Bodenrichtwert von 250,00 € und einen ortsüblichen Erbbauzinssatz von 3,00 % an. 11Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch. Der ortsübliche Erbbauzinssatz für die Stadt Duisburg betrage 6,00 %. Sie fordere darüber hinaus erneut die Offenlegung der gesamten Mietvergleichsberechnung. 12Mit einem zusammenfassenden Widerspruchsbescheid vom 07.07.2016 wies der Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 29.03.2016 und 30.03.2016 als unbegründet zurück. 13Streitig sei vorliegend allein die Höhe des ortsüblichen Erbpachtzinses im Rahmen der fiktiven Vergleichsberechnung der Miete. 14Das methodische Vorgehen bei Anwendung des § 7 APG DVO stehe in seinem Ermessen. Dies ergebe sich aus der Begründung des Verordnungsgebers zu dieser Vorschrift. 15In Ausübung dieses Ermessens gehe er jeweils von dem durch den OGA NRW aktuell veröffentlichten Bodenrichtwert des Vorjahres aus. Da in dem jährlich veröffentlichten Grundstücksmarktbericht NRW für die Stadt Duisburg kein solcher ermittelt und veröffentlicht sei, werde der NRW-weit ermittelte Erbbauzinssatz übernommen. Dieser betrage für 2016 und 2017 jeweils 3,00 %. Allein der Umstand, dass die Stadt Duisburg selbst Erbbaurechtsverträge abschließe, ersetze nicht die Analyse einer Kaufpreissammlung für das Stadtgebiet. Zudem beziehe sich der Erbbauzinssatz von 6,00 % für Gewerbegrundstücke der Stadt Duisburg auf den abgabepflichtigen Bodenwert. Dieser sei aber nicht vergleichbar mit dem Bodenrichtwert für ein Altenpflegeheim. 16Im Einzelnen habe er den Bodenrichtwert mit der bebauten Fläche von 1.883,73 qm multipliziert. Von der anerkennungsfähigen Fläche von 2.730,55 qm sei sodann die bebaute Fläche von 1.883,73 qm abgezogen und der Differenzwert mit dem halben Bodenrichtwert multipliziert worden. Von den beiden Beträgen seien jeweils 3,00 % angesetzt worden. Bei der Berechnung sei zugunsten der Klägerin der Bodenrichtwert aus 2015 mit 250,00 € zugrunde gelegt worden. Der erst im 2. Quartal 2016 veröffentlichte Bodenrichtwert liege bei nur 235,00 €. 17Hiergegen hat die Klägerin am 28.07.2016 Klage bei dem Sozialgericht Duisburg erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28.12.2016 an das örtlich zuständige Sozialgericht Köln verwiesen. 18Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, die fiktive Mietvergleichsberechnung sei fehlerhaft vorgenommen worden. Der Erbbauzinssatz sei mit 3,00 % zu niedrig angesetzt. Dieser beziehe sich auf Grundstücke des individuellen Wohnungsbaus. Für die Stadt Duisburg bestehe ein ortsüblicher Wert von 6,00 %, auf dessen Grundlage die Stadt selbst Erbbauverträge abschließe. 19Zudem sehe § 7 Abs. 1 APG DVO eine anteilige Berücksichtigung bestimmter Flächen bzw. eines halben Bodenrichtwerts nicht vor. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe erkenne im Übrigen den Bodenrichtwert voll an. Dies führe zu einer Ungleichbehandlung von Einrichtungen in NRW. 20Die Klägerin hat beantragt, 21den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides über die Festsetzung der anerkennungsfähigen Aufwendungen für das Seniorenzentrum „Haus C“ in Duisburg vom 30.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2016 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Festsetzung der Investitionskosten für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2017 unter Beachtung der Rechtauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 22Der Beklagte hat beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Er hat im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt. 25Ergänzend hat er darauf verwiesen, dass der Bodenrichtwert aus 2015 in Höhe von 250,00 € bei der Berechnung zum Ansatz gekommen sei, da zum Zeitpunkt der Entscheidung der Wert für 2016 in Höhe von 235,00 € noch nicht bekannt gewesen sei. Die Berechnung mit dem hälftigen Bodenrichtwert beruhe auf dem sachlichen Grund, dass der Bodenrichtwert in der jeweiligen Bodenrichtwertzone in der Regel nicht die Bebauung mit einem Pflegewohnheim vorsehe und entsprechende Umrechnungskoeffizienten nicht vorhanden seien. Um nicht in jedem Einzelfall ein kostenverursachendes Gutachten des jeweiligen Gutachterausschusses einzuholen und um nicht eine weitere Verfahrensverzögerung zu verursachen, sei der Bodenrichtwert für die Frei- und Verkehrsflächen halbiert worden. Es sei zutreffend, dass vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe der Bodenrichtwert für das gesamte Grundstück in Ansatz gebracht werde. Es sei allerdings darauf hinzuweisen, dass dort die Bodenrichtwerte wesentlich niedriger seien. Würden im Übrigen die Freiflächen auch durch Dritte genutzt – hier durch die Kindertagesstätte – so erfolge nach § 7 Abs. 1 APG DVO lediglich eine anteilige Anerkennung. Es ergebe sich ein fiktiver jährlicher Erbbauzins von 17.303,55 €. 26Mit Urteil vom 13.07.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich der der Rechtsauffassung des Beklagten angeschlossen. Diesem sei Ermessen bei der Methodenwahl eingeräumt. Die grundsätzliche Anknüpfung an den Bodenrichtwert sei ebenso wenig zu beanstanden wie der Ansatz des halben Bodenrichtwerts für die Frei- und Verkehrsflächen. Dies diene dazu, eine Vergleichbarkeit der Nutzung durch ein Altenheim mit den der Bodenrichtwertbestimmung zugrunde liegenden Nutzungsarten herzustellen, und sei damit sachdienlich. Dies gelte auch für den Ansatz des NRW-weiten Erbbauzinssatzes von 3,00 %. 27Gegen das ihr am 15.08.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, den 17.09.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und dahingehend vertieft, dass § 7 Abs. 1 APG DVO nur dann eine anteilige Anerkennung der Freiflächen vorsehe, wenn diese neben der Nutzung durch die Einrichtung auch anderen Nutzungen unterliege. Dies sei, wie der Beklagte selbst festgestellt habe, vorliegend nicht der Fall. Eine Deckelung erfolge ansonsten schon über die Begrenzung der anerkennungsfähigen Freiflächen auf 50 qm pro Platz. Der Bodenrichtwert unterscheide zudem nicht zwischen bebauter und unbebauter Fläche. 28Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 APG DVO knüpfe im Übrigen an den ortsüblichen Erbbauzins an. Bei dem Ansatz eines NRW-weiten Erbbauzinssatzes könne nicht mehr von Ortsüblichkeit gesprochen werden. Für Duisburg existiere mit 6,00 % für Gewerbegrundstücke sogar ein konkreter Wert, wie sich dem entsprechenden Grundstücksmarktbericht 2016 entnehmen lasse. 29Die Berechnungsmethode des Beklagten sei willkürlich, lebensfremd und verstoße damit letztlich gegen den vom BSG formulierten Tatsächlichkeitsgrundsatz. 30Die Klägerin beantragt nunmehr, 31das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.07.2018 zu ändern und 32den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2016 zu verurteilen, die anerkennungsfähigen Aufwendungen je Platz für die Einrichtung Seniorenzentrum „Haus C“, E-Straße 00, Duisburg, für den Zeitraum ab dem 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 unter Berücksichtigung eines Bodenrichtwerts von 235 € und eines Erbbauzinssatzes von 5,00 % und im Übrigen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen festzusetzen sowie der gesonderten Berechnung unter Berücksichtigung der sodann festgesetzten Werte zuzustimmen. 33Der Beklagte beantragt, 34die Berufung zurückzuweisen. 35Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Er hat vertiefend ausgeführt, dass dem von der Klägerin zitierten Grundstücksmarktbericht zu entnehmen sei, dass im Jahr 2015 keine Erbbauverträge abgeschlossen worden seien. Der Teilmarkt sei in der Vergangenheit von der Stadt Duisburg geprägt worden. Der Umstand, dass die Stadt Duisburg selbst Erbbauverträge zu einem Zinssatz von 6,00 % abschließe, begründe für sich genommen noch nicht dessen Ortsüblichkeit. Auch beziehe sich der Zinssatz auf den abgabepflichtigen Bodenwert. Dieser sei nicht gleichzusetzen mit den in der Datenbank boris.nrw.de/borisplus aufgeführten Bodenwerten. Klarzustellen sei, dass der Beklagte nicht etwa Teile der Grundstücksfläche nicht anerkenne, sondern lediglich dem nicht bebauten Teil der Fläche einen reduzierten Bodenwert zuordne. Die Bodenrichtwerte orientierten sich an dem besonders hohen Ertragswert für Geschäftsgrundstücke. Einen solch hohen Ertrag könne das klägerische Grundstück allenfalls mit dem bebauten Teil erreichen, die unbebauten Teile könnten einen solchen Ertragswert hingegen nicht erzielen. Durch diese Berechnung entstehe eine Art Mischkalkulation. Die Angemessenheit dieser gleichmäßig auf alle Einrichtungen angewandten Berechnungsformel könne nicht in Zweifel gezogen werden. 36Der Senat hat ein in dem Verfahren L 5 P 91/18 LSG NRW eingeholtes Gutachten des Dipl.-Ing. C1 - öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken - vom 30.09.2020 in das Verfahren eingeführt und den Sachverständigen für das vorliegende Verfahren zu den Gegebenheiten in Duisburg ergänzend gehört. Auf den Inhalt des Gutachtens vom 05.10.2021 wird Bezug genommen. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. 38Entscheidungsgründe: 39Die Klage gegen den Feststellungsbescheid hat die Klägerin bereits erstinstanzlich zurückgenommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.11.2021 hat die Klägerin die Berufung insoweit zurückgenommen, als sie eine Berechnung der anerkennungsfähigen Aufwendungen unter Berücksichtigung eines Bodenrichtwerts von mehr als 235 € und eines höheren Erbbauzinssatzes als 5,00 % begehrt hat. 40Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.11.2021 die Berufung insoweit zurückgenommen, als sie eine Berechnung der anerkennungsfähigen Aufwendungen unter Berücksichtigung eines Bodenrichtwerts von mehr als 235 € und eines höheren Erbbauzinssatzes als 5,00 % begehrt hat. 41Unter Berücksichtigung dieser Beschränkung ist die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.07.2018 begründet. 42Der hier allein streitgegenständliche Festsetzungsbescheid vom 30.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2016 ist insoweit rechtswidrig, als der Beklagte bei der Festsetzung der anerkennungsfähigen Aufwendungen für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 für die Einrichtung Seniorenzentrum „Haus C“, E-Straße 00, Duisburg, das fiktive Nutzungsentgelt für das Grundstück unter Ansatz eines lediglich hälftigen Bodenrichtwert für die Frei- und Verkehrsflächen des Grundstücks und eines ortsüblichen Erbbauzinssatz von lediglich 3,00 % bestimmt hat. 43Die Klägerin hat vielmehr Anspruch darauf, dass der Beklagte die anerkennungsfähigen Aufwendungen im streitgegenständlichen Zeitraum unter Berücksichtigung eines Bodenrichtwerts von 235 € und eines Erbbauzinssatzes von 5,00 % festsetzt sowie der gesonderten Berechnung unter Berücksichtigung der sodann festgesetzten Werte zustimmt. 44a) 45Dieser Festsetzungsanspruch ergibt sich aus § 82 Abs. 2, 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) i.V.m. § 10 APG, § 12 Abs. 1 und 4 APG DVO, § 8 Abs. 5 i.V.m. § 7 APG DVO. 46Nach § 12 Abs. 1 APG DVO erfolgt die Festsetzung der anerkennungsfähigen Aufwendungen auf Antrag des Trägers durch den für den Sitz der Pflegeeinrichtung zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Nach § 12 Abs. 4 APG DVO sind zur Ermittlung des festzusetzenden Betrages die für den Abrechnungszeitraum anerkennungsfähigen Aufwendungen zu ermitteln. 47Nach § 8 Abs. 1 APG DVO sind die tatsächlich gezahlten beziehungsweise vertraglich 48geschuldeten Mietzinsen unter bestimmten Voraussetzungen anerkennungsfähig, wenn die langfristigen und sonstigen Anlagegüter nicht im Eigentum der Trägerin oder des Trägers stehen. Nach § 8 Abs. 2 APG DVO sind Aufwendungen für die Miete oder Pacht langfristiger und sonstiger Anlagegüter als betriebsnotwendig anzuerkennen, wenn das für sie zu zahlende Jahresentgelt die Summe nicht übersteigt, die für entsprechende Einrichtungen im Eigentum der Trägerin oder des Trägers jährlich anerkennungsfähig wäre (Vergleichsbetrag). Die Trägerin oder der Träger kann dabei entscheiden, ob die Vergleichsberechnung fiktiv oder konkret anhand der tatsächlichen von der Vermieterin oder dem Vermieter einrichtungsbezogen erbrachten Aufwendungen erfolgen soll. Die fiktive Vergleichsberechnung erfolgt nach § 8 Abs. 3 bis 10 APG DVO. 49Nach § 8 Abs. 5 APG DVO erhöht sich der Vergleichsbetrag nach Absatz 1 um ein angemessenes Nutzungsentgelt, soweit der Mietvertrag neben den langfristigen und sonstigen Anlagegütern auch das der Einrichtung dienende Grundstück umfasst. Dessen Höhe ist in entsprechender Anwendung des § 7 APG DVO zu ermitteln. 50Nach § 7 Abs. 1 APG DVO sind die tatsächlich gezahlten beziehungsweise vertraglich geschuldeten Pachtzinsen anerkennungsfähig, soweit sie im Rahmen der ortsüblichen Erbbauzinsen für vergleichbare Grundstücke liegen. Neben der Gebäudegrundfläche und den zur Erschließung erforderlichen beziehungsweise planungsrechtlich vorgeschriebenen Verkehrsflächen sind dabei Freiflächen bis max. 50 qm je von der Einrichtung vorgehaltenem Platz anzuerkennen. Unterliegen die Freiflächen neben der Nutzung durch die Einrichtung auch anderen Nutzungen, erfolgt eine anteilige Anerkennung. 51Bei der Bestimmung des ortsüblichen Erbbauzinses folgt der Senat dem Grunde nach dem von dem Beklagten gewählten Ansatz, die im Feststellungsbescheid als berücksichtigungsfähig anerkannte Grundstücksfläche mit dem Produkt aus Bodenrichtwert und ortsüblichem Erbbauzinssatz zu vervielfältigen. Dieser Ansatz ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen C1 grundsätzlich geeignet, einen ortsüblichen Erbbauzins im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) zu beschreiben. 52aa) 53Es ist zur Überzeugung des Senats auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte als maßgeblichen Bodenrichtwert denjenigen Wert ansetzt, der zum Zeitpunkt ihrer Ausgangsentscheidung für den betroffenen Zeitraum durch den OGA NRW in der Datenbank boris.nrw.de/borisplus veröffentlicht ist. Ein anderer Richtwert stünde auch den Parteien der hier zu betrachtenden fiktiven Erbbauzinsvereinbarung in der Regel nicht zur Verfügung. Lässt sich im Nachhinein nicht mehr ermitteln, ob der für den betroffenen Zeitraum geltende Wert zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits veröffentlicht war, so ist er dennoch - aufgrund seiner größeren Sachnähe - maßgeblich. 54Der Senat erachtet es im Übrigen als richtig, dass bei der Bestimmung des ortsüblichen Erbbauzinses Modifikatoren, die der jeweilige örtliche Gutachterausschuss hinsichtlich unüblicher Grundstücksgrößen vornimmt und die bei Überschreitung der im Sinne der APG DVO angemessenen Grundstücksgrößen ggf. noch weiterer Modifikationen bedürften, unbeachtet bleiben. 55Angewendet auf den vorliegenden Fall ergibt sich ein Bodenrichtwert von 235,00 €. 56Der Beklagte hat seine Ausgangsentscheidung für den Zeitraum ab dem 01.01.2016 mit Bescheid vom 30.03.2016 getroffen. Ausweislich der Verwaltungsakte des Beklagten war zu diesem Zeitpunkt für den Jahrgang 2016 bezogen auf das hier betroffene Grundstück E-Straße 00, Duisburg, in der o.g. Datenbank bereits ein Wert von 235,00 € ausgewiesen. Unerheblich ist, dass der Beklagte in der angefochtenen Entscheidung irrtümlich einen Wert von 250,00 € bei der Berechnung angesetzt hatte. Dieser einzelne Berechnungsfaktor erwächst nicht in Bestandskraft und steht daher zur vollen Überprüfung des Senats. Die Klägerin hat ihr Berufungsbegehren dementsprechend beschränkt. 57Dieser Bodenrichtwert ist in voller Höhe auf die gesamte anerkannte Grundstücksfläche, vorliegend also auf 2.730,55 qm anzuwenden. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Bodenrichtwert hinsichtlich der Frei- und Verkehrsflächen nicht zu halbieren. 58Dies ergibt sich in systematischer Hinsicht bereits aus § 7 Abs. 1 APG DVO Sätzen 2 und 3, nach denen ausgehend von der Gesamtfläche des Grundstücks die Freiflächen zum einen einer Deckelung pro Einrichtungsplatz unterworfen sind und zum anderen bei einer Nutzung durch Dritte deren lediglich anteilige Anerkennung erfolgt. Die von dem Beklagten vorgenommene, darüberhinausgehende weitere Einschränkung durch die Halbierung des Bodenrichtwerts für Frei- und Verkehrsflächen bedürfte angesichts dessen zumindest einer ausdrücklichen normativen Regelung. Die Begründung des Beklagten, die Bodenrichtwerte orientierten sich an dem besonders hohen Ertragswert für Geschäftsgrundstücke, einen solch hohen Ertrag könne das klägerische Grundstück aber allenfalls mit dem bebauten Teil, nicht aber mit den unbebauten Teilen erzielen, ist nicht tragfähig. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen C1 widerspricht diese angestrebte „Mischkalkulation“, mit der auf die zurzeit ausgeübte und nicht auf die planungsrechtlich zulässige Art und das Maß der baulichen Nutzung für jedermann abgestellt wird, der Verkehrswertdefinition des § 194 Baugesetzbuch (BauGB). Erst bei der Bestimmung des Erbbauzinssatzes ist die konkrete vertragliche Nutzung maßgeblich. Vor diesem Hintergrund ist auch die Erwägung des Beklagten, aus Sicht der Bewohner der Einrichtung handele es sich in erster Linie um Wohnraumnutzung, unerheblich. Dass im Einzugsbereich des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe geringere Bodenrichtwerte aufgerufen werden, mag zutreffen, erscheint allerdings als Argument bei der Bestimmung des ortsüblichen Erbbauzinses fernliegend. 59Eine Drittnutzung der der Klägerin zugeordneten Freiflächen durch die benachbarte Kindertageseinrichtung ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Beklagte, dem Vortrag der Klägerin folgend, im Feststellungsbescheid vom 29.03.2016 den durch die Kindertageseinrichtung fremdgenutzten Grundstücksteil bereits vorab vollständig zum Abzug gebracht. 60Der von dem Sachverständigen C1 angeführte Abschlag von 20 % bei Ansatz des abgabefreien Bodenrichtwerts war vorliegend nicht vorzunehmen, da sich der Mietvertrag vorliegend auf die bereits erstellte Einrichtung bezog und die Erschließung daher bereits – auf Kosten des Vermieters oder eines Dritten (z.B. Bauträger) – erfolgt war. Zwar ist regelhaft nach § 134 BauGB der Erbbaurechtsnehmer Kostenschuldner der Erschließungsbeiträge. Der Abschlag ist aber, wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, nur dann vorzunehmen, wenn der Erbbaurechtsnehmer die Erschließungskosten auch tatsächlich selbst trägt. Dies ist hier nicht der Fall. 61bb) 62Der Beklagte hat bei seiner Festsetzung einen ortsüblichen Erbbauzinssatz von 5,00 % anzunehmen. 63Dies ergibt sich aus den überzeugenden Erwägungen des Sachverständigen C1. 64Der Senat folgt zunächst der Prämisse des Sachverständigen, dass es sich bei dem Betrieb einer Pflegeeinrichtung um eine gewerbliche, wenngleich nicht hochrentierliche Betätigung handelt. Auch der Beklagte räumt ein, dass der Betrieb einer Pflegeeinrichtung aus Sicht des Betreibers eine gewerbliche Nutzung darstellt. Der Landesgesetzgeber sah sich im Jahr 2003 durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sogar in der Pflicht, den Wettbewerb unter den Pflegeeinrichtungen zu eröffnen (vgl. LT-Drs. 13/3498 S. 30). 65Dieser Einordnung kann nicht entgegengehalten werden, das Bundessozialgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass die Gewinnerzielung einer Pflegeeinrichtung nicht über die Refinanzierung der Investitionskosten, sondern nur über die Pflegesatzvereinbarungen erfolgen dürfe. Dass die Träger über die Refinanzierung der Investitionskosten keinen Gewinn erzielen dürfen, ist zutreffend. Das Bundessozialgericht hat aber, wie ausgeführt, eine anderweitige Gewinnerzielungsabsicht gerade nicht ausgeschlossen. Unabhängig von der etwaigen Frage eines Zusammenwirkens von Vermieter und Mieter bleibt festzustellen, dass der Vermieter die Einrichtung samt Grundstück an einen Marktteilnehmer mit Gewinnerzielungsabsicht vermietet. Gewerblich handelnde Marktteilnehmer müssen – so die unwidersprochene Feststellung des Sachverständigen C1 – einen höheren Erbbauzinssatz aufwenden, als im individuellen Wohnungsbau aufgerufen wird. Der Mieter muss den deshalb höheren Erbbauzins aufwenden, um die Einrichtung betreiben zu können. Er erzielt insoweit gerade keinen - ausgeschlossenen - Gewinn über die Refinanzierung seiner Investitionskosten. Solange der Landesgesetz- und -verordnungsgeber die Möglichkeit einer fiktiven Mietvertragsvergleichsberechnung eröffnet, ist dieses Ergebnis hinzunehmen. 66Ausgehend hiervon hat der Sachverständige nachvollziehbar dargestellt, dass es für die Bestimmung eines aktuellen ortsüblichen Erbbauzinssatzes bei gewerblicher Grundstücksnutzung zu dem hier relevanten Zeitpunkt - und bis heute - weder auf örtlicher Ebene, d.h. vorliegend in Duisburg, noch NRW-weit eine ausreichende Datengrundlage gab bzw. gibt. Ein im engeren Sinne ortsüblicher Erbbauzinssatz und damit auch der ortsübliche Erbbauzins, an den § 7 Abs. 1 Satz 1 APG DVO anknüpft, sind daher nicht ermittelbar. 67Der Senat folgt daher dem Ansatz des Sachverständigen, zur Ausfüllung des Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Satz 1 APG DVO an den im entsprechenden Grundstücksmarktbericht des OGA NRW ausgewiesenen durchschnittlichen Erbbauzinssatzes des individuellen Wohnungsbaus anzuknüpfen und diesen Wert um einen Aufschlag für die gewerbliche Nutzung zu ergänzen. 68Der NRW-weite durchschnittliche Erbbauzinssatz des individuellen Wohnungsbaus beträgt vorliegend 3,00 %, der Aufschlag für die gewerbliche Nutzung 2 %. 69Den NRW-weiten durchschnittlichen Erbbauzinssatz des individuellen Wohnungsbaus von 3,00 % hat der Sachverständige überzeugend dem Grundstücksmarktbericht 2017 des OGA NRW (S. 31) entnommen, der die im Jahr 2016 aktuell vereinbarten Erbbaurechtsverhältnisse abbildet. Bei einer Verwaltungsentscheidung, die zeitlich vor oder innerhalb des betroffenen Zeitraums erfolgt, hielte es der Senat für vertretbar, als Erkenntnisquelle auf den zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung jüngsten veröffentlichten Grundstücksmarktbericht zurückzugreifen. Auch der Beklagte hat allerdings in seiner Entscheidung vom 30.03.2016 bereits den NRW-weiten Zinssatz von 3,00 % zugrunde gelegt. 70Auch hinsichtlich der Bestimmung des Zuschlags für die gewerbliche Nutzung stützt sich der Senat auf die Einschätzung des Sachverständigen. Hiernach ergibt sich der Zuschlag mangels anderweitiger Erkenntnisquellen aus einer 2017 veröffentlichten Studie des Deutschen Erbbaurechtsverbandes e.V. Dort sind aufgrund einer bundesweiten Befragung durchschnittliche Erbbauzinssatze für Gewerbe in Höhe von 6% bis 7% und Wohnnutzung in Höhe von 4% ermittelt worden. Der Senat folgt dem Sachverständigen in der Einschätzung, dass das Betreiben einer Pflegeimmobilie wegen staatlicher Regulierung als nicht hochrentierlich einzustufen ist und deshalb in diesem Segment die untere Quote für Gewerbenutzung von 6% anzusetzen ist. Solange sich keine anderweitigen Erkenntnisquellen ergeben, wird der Senat den Aufschlag in Höhe von 2 % berücksichtigen. 71Aus der Summe der beiden Zinssätze ergibt sich der vorliegend maßgebliche Erbbauzinssatz von 5,0%. 72Demgegenüber bildet der in der aktenkundigen Mitteilung des Liegenschaftsamts der Stadt Duisburg bezeichnete Erbbauzinssatz von 6 % nicht die aktuellen Gegebenheiten der Stadt Duisburg ab. Zwar trifft es zu, dass der Sachverständige ausgeführt hat, der vorgenannte Zinssatz könne - angesichts der Schwäche der Vergleichsdaten - noch am oberen Rand der Marktüblichkeit gewertet werden. Der Wert bezieht sich allerdings auf ältere Vorgänge, wie aus dem Grundstücksmarktbericht des Jahres 2016 für die Stadt Duisburg ersichtlich ist. Dort ist ausgeführt: 73„Im Jahr 2015 wurden keine Erbbaurechtsbestellungen registriert. In der Vergangenheit wurde dieser Teilmarkt größtenteils von der Stadt Duisburg geprägt. Der hier vereinbarte Erbbauzins für Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke betrug 4 % und für Gewerbegrundstücke 6 % des abgabenpflichtigen Bodenwertes.“ Auch vor dem Hintergrund, dass der ortsübliche Erbbauzinssatz angesichts einer gewissen Schwankungsbreite des Marktüblichen tendenziell nicht am oberen Rand, sondern im Mittelfeld anzusiedeln sein dürfte, hat der Senat den von dem Sachverständigen für 2016 ermittelten Wert von 5 % als vorzugswürdig erachtet. 74Die Klägerin hat ihr Berufungsbegehren dementsprechend beschränkt. 75b) 76Der gesonderten Berechnung der geändert festzusetzenden Aufwendungen hat der Beklagte nach § 28 Abs. 2 APG DVO zuzustimmen. 77Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Hs. 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. 78Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere die Voraussetzungen nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG sind nicht erfüllt. Die Entscheidung beruht ausschließlich auf der Auslegung landesrechtlicher Vorschriften, die der Revision zum BSG nicht zugänglich ist. 79Der Streitwert war nach Anhörung der Beteiligten im Termin auf 50.000 € für beide Rechtszüge festzusetzen, § 197a Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG. | auf die berufung der klägerin wird das urteil des sozialgerichts köln vom 13.07.2018 abgeändert. der beklagte wird unter abänderung des bescheides vom 30.03.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 07.07.2016 verurteilt, die anerkennungsfähigen aufwendungen je platz für die einrichtung seniorenzentrum „haus c“, e-straße 00, duisburg, für den zeitraum ab dem 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 unter berücksichtigung eines bodenrichtwerts von 235 € und eines erbbauzinssatzes von 5,00 % und im übrigen nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen festzusetzen sowie der gesonderten berechnung unter berücksichtigung der sodann festgesetzten werte zuzustimmen. die klägerin trägt die kosten des klage- und berufungsverfahrens zu 38 % und der beklagte zu 62 %. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die in bad honnef ansässige klägerin ist trägerin des seniorenzentrums „haus c“, e-straße 00, duisburg, das am 01.04.2015 in betrieb genommen wurde. sie hat das pflegeheim einschließlich des grundstücks von der s gmbh & co seniorenpflegeheim duisburg kg gepachtet, pachtvertrag vom 03.11.2014 mit nachtrag vom 10.11.2014. 3am 12.11.2015 beantragte die klägerin auf der grundlage des am 16.10.2014 in kraft getretenen alten- und pflegegesetz nrw (apg) und der am 02.11.2014 in kraft getreten verordnung zur ausführung des alten- und pflegegesetzes nrw und nach § 92 sgb xi (apg dvo) die feststellung der anerkennungsfähigen investitionsaufwendungen und deren festsetzung. im rahmen des feststellungantrags gab die klägerin u.a. an, die grundstücksgröße betrage insgesamt 3.870 qm, davon durch einen kindergarten fremdgenutzt 1.523,18 qm. auf die selbstgenutzte fläche entfielen nach angaben der klägerin 500 qm verkehrsfläche und 346,82 qm freifläche. die einrichtung verfüge über 75 vollstationäre plätze. auf nachfrage des beklagten übermittelte die klägerin eine mitteilung des liegenschaftsmanagements der stadt duisburg mit dem nachstehenden inhalt: 4„die stadt duisburg hat eine anzahl älterer erbbaurechtsvertrage (etwa 20 verträge), in denen vereinbart ist, dass – sofern eine refinanzierbarkeit des erbbauzins über die pflegesätze nicht gegeben ist – bis auf weiteres ein erbbauzins von 100,00 dm – heute 53,00 € - erhoben wird. je nach fallgestaltung ist dinglich ein angemessener erbbauzins jedoch festgeschrieben. da diese frage bisher rechtlich nicht abschließend geklärt werden konnte, wurde beim abschluss von neuverträgen mit stiftungen bzw. freien trägern ein erbbauzins auf basis der maßgaben des rates der stadt für gewerbliche erbbaurechtsverträge abgeschlossen. dies bedeutet, dass ein erbbauzins von 6 % vom verkehrswert eines fiktiv unbebauten grundstücks angehalten wurde.“ 5der beklagte ermittelte für 2015 für das betroffene grundstück einen bodenrichtwert von 225,00 € anhand der entsprechenden veröffentlichung des oberen gutachterausschuss für grundstückswerte im land nrw (oga nrw), abrufbar unter www.boris.nrw.de. 6mit bescheid vom 21.12.2015 stellte der beklagte die anerkennungsfähigen aufwendungen für die einrichtung fest. er ging dabei u.a. von einer berücksichtigungsfähigen grundstücksfläche von 2.346,82 qm aus. 7mit bescheid vom 22.12.2015 setzte der beklagte die anerkennungsfähigen investitionsaufwendungen für den zeitraum vom 01.04.2015 bis zum 31.12.2015 nach § 12 apg dvo fest. auf der grundlage der feststellungen in dem bescheid vom 21.12.2015 und einer - für die ersten drei jahre nach inbetriebnahme angenommenen - belegungsquote von 80 % kam der beklagte zu dem ergebnis, dass tägliche investitionsposten von 23,32 € festzusetzen seien. mit blick auf eine von der klägerin erbetene deckelung setzte der beklagte die investitionskosten pro platz tatsächlich auf täglich 22,00 € für das einzelzimmer fest. im rahmen der fiktiven mietvergleichsberechnung setzte der beklagte bei der berechnung des fiktiven nutzungsentgelts für das grundstück nach § 8 abs. 5 i.v.m. § 7 apg dvo einen ortsüblichen erbbauzinssatz von 3,30 % und den vom oga nrw für das grundstück festgestellten bodenrichtwert von 225,00 € an. 8gegen den feststellungsbescheid vom 21.12.2015 erhob die klägerin unter dem 18.01.2016 widerspruch. der ortsübliche erbbauzinssatz in duisburg betrage nach ihrem kenntnisstand 6,00 %. zudem fordere sie eine offenlegung der gesamten mietvergleichsberechnung. der beklagte teilte mit, er werte das schreiben vom 18.01.2016 als widerspruch gegen den bescheid vom 22.12.2015, da die beanstandeten punkte gegenstand der festsetzung seien. das widerspruchsverfahren ruht seitdem. 9auf den folgeantrag der klägerin vom 01.02.2016 stellte der beklagte mit bescheid vom 29.03.2016 die anerkennungsfähigen aufwendungen für die zeit ab dem 01.01.2016 neu fest. diese neufeststellung war erforderlich geworden, weil die klägerin die angaben zum umfang der fremdnutzung des grundstücks - lediglich 1.139,45 qm anstelle der zuvor angegebenen 1.523,18 qm - und zur größe der selbstgenutzten bebauten fläche - 1.883,73 qm anstelle der zuvor angegebenen 1.500 qm - verändert hatte. 10mit bescheid vom 30.03.2016 setzte der beklagte die anerkennungsfähigen investitionsaufwendungen für den zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 auf täglich 19,81 € für das einzelzimmer fest. hierbei setzte sie für die berechnung des fiktiven nutzungsentgelts für das grundstück nach § 8 abs. 5 i.v.m. § 7 apg dvo einen bodenrichtwert von 250,00 € und einen ortsüblichen erbbauzinssatz von 3,00 % an. 11gegen beide bescheide erhob die klägerin widerspruch. der ortsübliche erbbauzinssatz für die stadt duisburg betrage 6,00 %. sie fordere darüber hinaus erneut die offenlegung der gesamten mietvergleichsberechnung. 12mit einem zusammenfassenden widerspruchsbescheid vom 07.07.2016 wies der beklagte die widersprüche gegen die bescheide vom 29.03.2016 und 30.03.2016 als unbegründet zurück. 13streitig sei vorliegend allein die höhe des ortsüblichen erbpachtzinses im rahmen der fiktiven vergleichsberechnung der miete. 14das methodische vorgehen bei anwendung des § 7 apg dvo stehe in seinem ermessen. dies ergebe sich aus der begründung des verordnungsgebers zu dieser vorschrift. 15in ausübung dieses ermessens gehe er jeweils von dem durch den oga nrw aktuell veröffentlichten bodenrichtwert des vorjahres aus. da in dem jährlich veröffentlichten grundstücksmarktbericht nrw für die stadt duisburg kein solcher ermittelt und veröffentlicht sei, werde der nrw-weit ermittelte erbbauzinssatz übernommen. dieser betrage für 2016 und 2017 jeweils 3,00 %. allein der umstand, dass die stadt duisburg selbst erbbaurechtsverträge abschließe, ersetze nicht die analyse einer kaufpreissammlung für das stadtgebiet. zudem beziehe sich der erbbauzinssatz von 6,00 % für gewerbegrundstücke der stadt duisburg auf den abgabepflichtigen bodenwert. dieser sei aber nicht vergleichbar mit dem bodenrichtwert für ein altenpflegeheim. 16im einzelnen habe er den bodenrichtwert mit der bebauten fläche von 1.883,73 qm multipliziert. von der anerkennungsfähigen fläche von 2.730,55 qm sei sodann die bebaute fläche von 1.883,73 qm abgezogen und der differenzwert mit dem halben bodenrichtwert multipliziert worden. von den beiden beträgen seien jeweils 3,00 % angesetzt worden. bei der berechnung sei zugunsten der klägerin der bodenrichtwert aus 2015 mit 250,00 € zugrunde gelegt worden. der erst im 2. quartal 2016 veröffentlichte bodenrichtwert liege bei nur 235,00 €. 17hiergegen hat die klägerin am 28.07.2016 klage bei dem sozialgericht duisburg erhoben. dieses hat den rechtsstreit mit beschluss vom 28.12.2016 an das örtlich zuständige sozialgericht köln verwiesen. 18zur begründung hat die klägerin ausgeführt, die fiktive mietvergleichsberechnung sei fehlerhaft vorgenommen worden. der erbbauzinssatz sei mit 3,00 % zu niedrig angesetzt. dieser beziehe sich auf grundstücke des individuellen wohnungsbaus. für die stadt duisburg bestehe ein ortsüblicher wert von 6,00 %, auf dessen grundlage die stadt selbst erbbauverträge abschließe. 19zudem sehe § 7 abs. 1 apg dvo eine anteilige berücksichtigung bestimmter flächen bzw. eines halben bodenrichtwerts nicht vor. der landschaftsverband westfalen-lippe erkenne im übrigen den bodenrichtwert voll an. dies führe zu einer ungleichbehandlung von einrichtungen in nrw. 20die klägerin hat beantragt, 21den beklagten unter aufhebung des bescheides über die festsetzung der anerkennungsfähigen aufwendungen für das seniorenzentrum „haus c“ in duisburg vom 30.03.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 07.07.2016 zu verpflichten, den antrag der klägerin auf festsetzung der investitionskosten für den zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2017 unter beachtung der rechtauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 22der beklagte hat beantragt, 23die klage abzuweisen. 24er hat im wesentlichen seine ausführungen aus dem widerspruchsbescheid wiederholt. 25ergänzend hat er darauf verwiesen, dass der bodenrichtwert aus 2015 in höhe von 250,00 € bei der berechnung zum ansatz gekommen sei, da zum zeitpunkt der entscheidung der wert für 2016 in höhe von 235,00 € noch nicht bekannt gewesen sei. die berechnung mit dem hälftigen bodenrichtwert beruhe auf dem sachlichen grund, dass der bodenrichtwert in der jeweiligen bodenrichtwertzone in der regel nicht die bebauung mit einem pflegewohnheim vorsehe und entsprechende umrechnungskoeffizienten nicht vorhanden seien. um nicht in jedem einzelfall ein kostenverursachendes gutachten des jeweiligen gutachterausschusses einzuholen und um nicht eine weitere verfahrensverzögerung zu verursachen, sei der bodenrichtwert für die frei- und verkehrsflächen halbiert worden. es sei zutreffend, dass vom landschaftsverband westfalen-lippe der bodenrichtwert für das gesamte grundstück in ansatz gebracht werde. es sei allerdings darauf hinzuweisen, dass dort die bodenrichtwerte wesentlich niedriger seien. würden im übrigen die freiflächen auch durch dritte genutzt – hier durch die kindertagesstätte – so erfolge nach § 7 abs. 1 apg dvo lediglich eine anteilige anerkennung. es ergebe sich ein fiktiver jährlicher erbbauzins von 17.303,55 €. 26mit urteil vom 13.07.2018 hat das sozialgericht die klage abgewiesen und sich der der rechtsauffassung des beklagten angeschlossen. diesem sei ermessen bei der methodenwahl eingeräumt. die grundsätzliche anknüpfung an den bodenrichtwert sei ebenso wenig zu beanstanden wie der ansatz des halben bodenrichtwerts für die frei- und verkehrsflächen. dies diene dazu, eine vergleichbarkeit der nutzung durch ein altenheim mit den der bodenrichtwertbestimmung zugrunde liegenden nutzungsarten herzustellen, und sei damit sachdienlich. dies gelte auch für den ansatz des nrw-weiten erbbauzinssatzes von 3,00 %. 27gegen das ihr am 15.08.2018 zugestellte urteil hat die klägerin am montag, den 17.09.2018 berufung eingelegt. zur begründung hat sie ihr bisheriges vorbringen wiederholt und dahingehend vertieft, dass § 7 abs. 1 apg dvo nur dann eine anteilige anerkennung der freiflächen vorsehe, wenn diese neben der nutzung durch die einrichtung auch anderen nutzungen unterliege. dies sei, wie der beklagte selbst festgestellt habe, vorliegend nicht der fall. eine deckelung erfolge ansonsten schon über die begrenzung der anerkennungsfähigen freiflächen auf 50 qm pro platz. der bodenrichtwert unterscheide zudem nicht zwischen bebauter und unbebauter fläche. 28die vorschrift des § 7 abs. 1 apg dvo knüpfe im übrigen an den ortsüblichen erbbauzins an. bei dem ansatz eines nrw-weiten erbbauzinssatzes könne nicht mehr von ortsüblichkeit gesprochen werden. für duisburg existiere mit 6,00 % für gewerbegrundstücke sogar ein konkreter wert, wie sich dem entsprechenden grundstücksmarktbericht 2016 entnehmen lasse. 29die berechnungsmethode des beklagten sei willkürlich, lebensfremd und verstoße damit letztlich gegen den vom bsg formulierten tatsächlichkeitsgrundsatz. 30die klägerin beantragt nunmehr, 31das urteil des sozialgerichts köln vom 13.07.2018 zu ändern und 32den beklagten unter abänderung des bescheides vom 30.03.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 07.07.2016 zu verurteilen, die anerkennungsfähigen aufwendungen je platz für die einrichtung seniorenzentrum „haus c“, e-straße 00, duisburg, für den zeitraum ab dem 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 unter berücksichtigung eines bodenrichtwerts von 235 € und eines erbbauzinssatzes von 5,00 % und im übrigen nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen festzusetzen sowie der gesonderten berechnung unter berücksichtigung der sodann festgesetzten werte zuzustimmen. 33der beklagte beantragt, 34die berufung zurückzuweisen. 35zur begründung hat er im wesentlichen sein erstinstanzliches vorbringen wiederholt. er hat vertiefend ausgeführt, dass dem von der klägerin zitierten grundstücksmarktbericht zu entnehmen sei, dass im jahr 2015 keine erbbauverträge abgeschlossen worden seien. der teilmarkt sei in der vergangenheit von der stadt duisburg geprägt worden. der umstand, dass die stadt duisburg selbst erbbauverträge zu einem zinssatz von 6,00 % abschließe, begründe für sich genommen noch nicht dessen ortsüblichkeit. auch beziehe sich der zinssatz auf den abgabepflichtigen bodenwert. dieser sei nicht gleichzusetzen mit den in der datenbank boris.nrw.de/borisplus aufgeführten bodenwerten. klarzustellen sei, dass der beklagte nicht etwa teile der grundstücksfläche nicht anerkenne, sondern lediglich dem nicht bebauten teil der fläche einen reduzierten bodenwert zuordne. die bodenrichtwerte orientierten sich an dem besonders hohen ertragswert für geschäftsgrundstücke. einen solch hohen ertrag könne das klägerische grundstück allenfalls mit dem bebauten teil erreichen, die unbebauten teile könnten einen solchen ertragswert hingegen nicht erzielen. durch diese berechnung entstehe eine art mischkalkulation. die angemessenheit dieser gleichmäßig auf alle einrichtungen angewandten berechnungsformel könne nicht in zweifel gezogen werden. 36der senat hat ein in dem verfahren l 5 p 91/18 lsg nrw eingeholtes gutachten des dipl.-ing. c1 - öffentlich bestellter und vereidigter sachverständiger für die bewertung von bebauten und unbebauten grundstücken - vom 30.09.2020 in das verfahren eingeführt und den sachverständigen für das vorliegende verfahren zu den gegebenheiten in duisburg ergänzend gehört. auf den inhalt des gutachtens vom 05.10.2021 wird bezug genommen. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der verwaltungsakten des beklagten verwiesen. 38 | 39die klage gegen den feststellungsbescheid hat die klägerin bereits erstinstanzlich zurückgenommen. im termin zur mündlichen verhandlung am 18.11.2021 hat die klägerin die berufung insoweit zurückgenommen, als sie eine berechnung der anerkennungsfähigen aufwendungen unter berücksichtigung eines bodenrichtwerts von mehr als 235 € und eines höheren erbbauzinssatzes als 5,00 % begehrt hat. 40die klägerin hat im termin zur mündlichen verhandlung am 18.11.2021 die berufung insoweit zurückgenommen, als sie eine berechnung der anerkennungsfähigen aufwendungen unter berücksichtigung eines bodenrichtwerts von mehr als 235 € und eines höheren erbbauzinssatzes als 5,00 % begehrt hat. 41unter berücksichtigung dieser beschränkung ist die zulässige berufung der klägerin gegen das urteil des sozialgerichts köln vom 13.07.2018 begründet. 42der hier allein streitgegenständliche festsetzungsbescheid vom 30.03.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 07.07.2016 ist insoweit rechtswidrig, als der beklagte bei der festsetzung der anerkennungsfähigen aufwendungen für den zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 für die einrichtung seniorenzentrum „haus c“, e-straße 00, duisburg, das fiktive nutzungsentgelt für das grundstück unter ansatz eines lediglich hälftigen bodenrichtwert für die frei- und verkehrsflächen des grundstücks und eines ortsüblichen erbbauzinssatz von lediglich 3,00 % bestimmt hat. 43die klägerin hat vielmehr anspruch darauf, dass der beklagte die anerkennungsfähigen aufwendungen im streitgegenständlichen zeitraum unter berücksichtigung eines bodenrichtwerts von 235 € und eines erbbauzinssatzes von 5,00 % festsetzt sowie der gesonderten berechnung unter berücksichtigung der sodann festgesetzten werte zustimmt. 44a) 45dieser festsetzungsanspruch ergibt sich aus § 82 abs. 2, 3 elftes buch sozialgesetzbuch – soziale pflegeversicherung (sgb xi) i.v.m. § 10 apg, § 12 abs. 1 und 4 apg dvo, § 8 abs. 5 i.v.m. § 7 apg dvo. 46nach § 12 abs. 1 apg dvo erfolgt die festsetzung der anerkennungsfähigen aufwendungen auf antrag des trägers durch den für den sitz der pflegeeinrichtung zuständigen überörtlichen träger der sozialhilfe. nach § 12 abs. 4 apg dvo sind zur ermittlung des festzusetzenden betrages die für den abrechnungszeitraum anerkennungsfähigen aufwendungen zu ermitteln. 47nach § 8 abs. 1 apg dvo sind die tatsächlich gezahlten beziehungsweise vertraglich 48geschuldeten mietzinsen unter bestimmten voraussetzungen anerkennungsfähig, wenn die langfristigen und sonstigen anlagegüter nicht im eigentum der trägerin oder des trägers stehen. nach § 8 abs. 2 apg dvo sind aufwendungen für die miete oder pacht langfristiger und sonstiger anlagegüter als betriebsnotwendig anzuerkennen, wenn das für sie zu zahlende jahresentgelt die summe nicht übersteigt, die für entsprechende einrichtungen im eigentum der trägerin oder des trägers jährlich anerkennungsfähig wäre (vergleichsbetrag). die trägerin oder der träger kann dabei entscheiden, ob die vergleichsberechnung fiktiv oder konkret anhand der tatsächlichen von der vermieterin oder dem vermieter einrichtungsbezogen erbrachten aufwendungen erfolgen soll. die fiktive vergleichsberechnung erfolgt nach § 8 abs. 3 bis 10 apg dvo. 49nach § 8 abs. 5 apg dvo erhöht sich der vergleichsbetrag nach absatz 1 um ein angemessenes nutzungsentgelt, soweit der mietvertrag neben den langfristigen und sonstigen anlagegütern auch das der einrichtung dienende grundstück umfasst. dessen höhe ist in entsprechender anwendung des § 7 apg dvo zu ermitteln. 50nach § 7 abs. 1 apg dvo sind die tatsächlich gezahlten beziehungsweise vertraglich geschuldeten pachtzinsen anerkennungsfähig, soweit sie im rahmen der ortsüblichen erbbauzinsen für vergleichbare grundstücke liegen. neben der gebäudegrundfläche und den zur erschließung erforderlichen beziehungsweise planungsrechtlich vorgeschriebenen verkehrsflächen sind dabei freiflächen bis max. 50 qm je von der einrichtung vorgehaltenem platz anzuerkennen. unterliegen die freiflächen neben der nutzung durch die einrichtung auch anderen nutzungen, erfolgt eine anteilige anerkennung. 51bei der bestimmung des ortsüblichen erbbauzinses folgt der senat dem grunde nach dem von dem beklagten gewählten ansatz, die im feststellungsbescheid als berücksichtigungsfähig anerkannte grundstücksfläche mit dem produkt aus bodenrichtwert und ortsüblichem erbbauzinssatz zu vervielfältigen. dieser ansatz ist nach den überzeugenden ausführungen des sachverständigen c1 grundsätzlich geeignet, einen ortsüblichen erbbauzins im sinne des § 9 abs. 1 satz 1 erbbaurechtsgesetz (erbbaurg) zu beschreiben. 52aa) 53es ist zur überzeugung des senats auch nicht zu beanstanden, dass der beklagte als maßgeblichen bodenrichtwert denjenigen wert ansetzt, der zum zeitpunkt ihrer ausgangsentscheidung für den betroffenen zeitraum durch den oga nrw in der datenbank boris.nrw.de/borisplus veröffentlicht ist. ein anderer richtwert stünde auch den parteien der hier zu betrachtenden fiktiven erbbauzinsvereinbarung in der regel nicht zur verfügung. lässt sich im nachhinein nicht mehr ermitteln, ob der für den betroffenen zeitraum geltende wert zum zeitpunkt der entscheidung bereits veröffentlicht war, so ist er dennoch - aufgrund seiner größeren sachnähe - maßgeblich. 54der senat erachtet es im übrigen als richtig, dass bei der bestimmung des ortsüblichen erbbauzinses modifikatoren, die der jeweilige örtliche gutachterausschuss hinsichtlich unüblicher grundstücksgrößen vornimmt und die bei überschreitung der im sinne der apg dvo angemessenen grundstücksgrößen ggf. noch weiterer modifikationen bedürften, unbeachtet bleiben. 55angewendet auf den vorliegenden fall ergibt sich ein bodenrichtwert von 235,00 €. 56der beklagte hat seine ausgangsentscheidung für den zeitraum ab dem 01.01.2016 mit bescheid vom 30.03.2016 getroffen. ausweislich der verwaltungsakte des beklagten war zu diesem zeitpunkt für den jahrgang 2016 bezogen auf das hier betroffene grundstück e-straße 00, duisburg, in der o.g. datenbank bereits ein wert von 235,00 € ausgewiesen. unerheblich ist, dass der beklagte in der angefochtenen entscheidung irrtümlich einen wert von 250,00 € bei der berechnung angesetzt hatte. dieser einzelne berechnungsfaktor erwächst nicht in bestandskraft und steht daher zur vollen überprüfung des senats. die klägerin hat ihr berufungsbegehren dementsprechend beschränkt. 57dieser bodenrichtwert ist in voller höhe auf die gesamte anerkannte grundstücksfläche, vorliegend also auf 2.730,55 qm anzuwenden. entgegen der auffassung des beklagten ist der bodenrichtwert hinsichtlich der frei- und verkehrsflächen nicht zu halbieren. 58dies ergibt sich in systematischer hinsicht bereits aus § 7 abs. 1 apg dvo sätzen 2 und 3, nach denen ausgehend von der gesamtfläche des grundstücks die freiflächen zum einen einer deckelung pro einrichtungsplatz unterworfen sind und zum anderen bei einer nutzung durch dritte deren lediglich anteilige anerkennung erfolgt. die von dem beklagten vorgenommene, darüberhinausgehende weitere einschränkung durch die halbierung des bodenrichtwerts für frei- und verkehrsflächen bedürfte angesichts dessen zumindest einer ausdrücklichen normativen regelung. die begründung des beklagten, die bodenrichtwerte orientierten sich an dem besonders hohen ertragswert für geschäftsgrundstücke, einen solch hohen ertrag könne das klägerische grundstück aber allenfalls mit dem bebauten teil, nicht aber mit den unbebauten teilen erzielen, ist nicht tragfähig. nach den überzeugenden ausführungen des sachverständigen c1 widerspricht diese angestrebte „mischkalkulation“, mit der auf die zurzeit ausgeübte und nicht auf die planungsrechtlich zulässige art und das maß der baulichen nutzung für jedermann abgestellt wird, der verkehrswertdefinition des § 194 baugesetzbuch (baugb). erst bei der bestimmung des erbbauzinssatzes ist die konkrete vertragliche nutzung maßgeblich. vor diesem hintergrund ist auch die erwägung des beklagten, aus sicht der bewohner der einrichtung handele es sich in erster linie um wohnraumnutzung, unerheblich. dass im einzugsbereich des landschaftsverbands westfalen-lippe geringere bodenrichtwerte aufgerufen werden, mag zutreffen, erscheint allerdings als argument bei der bestimmung des ortsüblichen erbbauzinses fernliegend. 59eine drittnutzung der der klägerin zugeordneten freiflächen durch die benachbarte kindertageseinrichtung ist nicht ersichtlich. vielmehr hat der beklagte, dem vortrag der klägerin folgend, im feststellungsbescheid vom 29.03.2016 den durch die kindertageseinrichtung fremdgenutzten grundstücksteil bereits vorab vollständig zum abzug gebracht. 60der von dem sachverständigen c1 angeführte abschlag von 20 % bei ansatz des abgabefreien bodenrichtwerts war vorliegend nicht vorzunehmen, da sich der mietvertrag vorliegend auf die bereits erstellte einrichtung bezog und die erschließung daher bereits – auf kosten des vermieters oder eines dritten (z.b. bauträger) – erfolgt war. zwar ist regelhaft nach § 134 baugb der erbbaurechtsnehmer kostenschuldner der erschließungsbeiträge. der abschlag ist aber, wie der sachverständige überzeugend ausgeführt hat, nur dann vorzunehmen, wenn der erbbaurechtsnehmer die erschließungskosten auch tatsächlich selbst trägt. dies ist hier nicht der fall. 61bb) 62der beklagte hat bei seiner festsetzung einen ortsüblichen erbbauzinssatz von 5,00 % anzunehmen. 63dies ergibt sich aus den überzeugenden erwägungen des sachverständigen c1. 64der senat folgt zunächst der prämisse des sachverständigen, dass es sich bei dem betrieb einer pflegeeinrichtung um eine gewerbliche, wenngleich nicht hochrentierliche betätigung handelt. auch der beklagte räumt ein, dass der betrieb einer pflegeeinrichtung aus sicht des betreibers eine gewerbliche nutzung darstellt. der landesgesetzgeber sah sich im jahr 2003 durch die rechtsprechung des bundessozialgerichts sogar in der pflicht, den wettbewerb unter den pflegeeinrichtungen zu eröffnen (vgl. lt-drs. 13/3498 s. 30). 65dieser einordnung kann nicht entgegengehalten werden, das bundessozialgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass die gewinnerzielung einer pflegeeinrichtung nicht über die refinanzierung der investitionskosten, sondern nur über die pflegesatzvereinbarungen erfolgen dürfe. dass die träger über die refinanzierung der investitionskosten keinen gewinn erzielen dürfen, ist zutreffend. das bundessozialgericht hat aber, wie ausgeführt, eine anderweitige gewinnerzielungsabsicht gerade nicht ausgeschlossen. unabhängig von der etwaigen frage eines zusammenwirkens von vermieter und mieter bleibt festzustellen, dass der vermieter die einrichtung samt grundstück an einen marktteilnehmer mit gewinnerzielungsabsicht vermietet. gewerblich handelnde marktteilnehmer müssen – so die unwidersprochene feststellung des sachverständigen c1 – einen höheren erbbauzinssatz aufwenden, als im individuellen wohnungsbau aufgerufen wird. der mieter muss den deshalb höheren erbbauzins aufwenden, um die einrichtung betreiben zu können. er erzielt insoweit gerade keinen - ausgeschlossenen - gewinn über die refinanzierung seiner investitionskosten. solange der landesgesetz- und -verordnungsgeber die möglichkeit einer fiktiven mietvertragsvergleichsberechnung eröffnet, ist dieses ergebnis hinzunehmen. 66ausgehend hiervon hat der sachverständige nachvollziehbar dargestellt, dass es für die bestimmung eines aktuellen ortsüblichen erbbauzinssatzes bei gewerblicher grundstücksnutzung zu dem hier relevanten zeitpunkt - und bis heute - weder auf örtlicher ebene, d.h. vorliegend in duisburg, noch nrw-weit eine ausreichende datengrundlage gab bzw. gibt. ein im engeren sinne ortsüblicher erbbauzinssatz und damit auch der ortsübliche erbbauzins, an den § 7 abs. 1 satz 1 apg dvo anknüpft, sind daher nicht ermittelbar. 67der senat folgt daher dem ansatz des sachverständigen, zur ausfüllung des tatbestandes des § 7 abs. 1 satz 1 apg dvo an den im entsprechenden grundstücksmarktbericht des oga nrw ausgewiesenen durchschnittlichen erbbauzinssatzes des individuellen wohnungsbaus anzuknüpfen und diesen wert um einen aufschlag für die gewerbliche nutzung zu ergänzen. 68der nrw-weite durchschnittliche erbbauzinssatz des individuellen wohnungsbaus beträgt vorliegend 3,00 %, der aufschlag für die gewerbliche nutzung 2 %. 69den nrw-weiten durchschnittlichen erbbauzinssatz des individuellen wohnungsbaus von 3,00 % hat der sachverständige überzeugend dem grundstücksmarktbericht 2017 des oga nrw (s. 31) entnommen, der die im jahr 2016 aktuell vereinbarten erbbaurechtsverhältnisse abbildet. bei einer verwaltungsentscheidung, die zeitlich vor oder innerhalb des betroffenen zeitraums erfolgt, hielte es der senat für vertretbar, als erkenntnisquelle auf den zum zeitpunkt der ausgangsentscheidung jüngsten veröffentlichten grundstücksmarktbericht zurückzugreifen. auch der beklagte hat allerdings in seiner entscheidung vom 30.03.2016 bereits den nrw-weiten zinssatz von 3,00 % zugrunde gelegt. 70auch hinsichtlich der bestimmung des zuschlags für die gewerbliche nutzung stützt sich der senat auf die einschätzung des sachverständigen. hiernach ergibt sich der zuschlag mangels anderweitiger erkenntnisquellen aus einer 2017 veröffentlichten studie des deutschen erbbaurechtsverbandes e.v. dort sind aufgrund einer bundesweiten befragung durchschnittliche erbbauzinssatze für gewerbe in höhe von 6% bis 7% und wohnnutzung in höhe von 4% ermittelt worden. der senat folgt dem sachverständigen in der einschätzung, dass das betreiben einer pflegeimmobilie wegen staatlicher regulierung als nicht hochrentierlich einzustufen ist und deshalb in diesem segment die untere quote für gewerbenutzung von 6% anzusetzen ist. solange sich keine anderweitigen erkenntnisquellen ergeben, wird der senat den aufschlag in höhe von 2 % berücksichtigen. 71aus der summe der beiden zinssätze ergibt sich der vorliegend maßgebliche erbbauzinssatz von 5,0%. 72demgegenüber bildet der in der aktenkundigen mitteilung des liegenschaftsamts der stadt duisburg bezeichnete erbbauzinssatz von 6 % nicht die aktuellen gegebenheiten der stadt duisburg ab. zwar trifft es zu, dass der sachverständige ausgeführt hat, der vorgenannte zinssatz könne - angesichts der schwäche der vergleichsdaten - noch am oberen rand der marktüblichkeit gewertet werden. der wert bezieht sich allerdings auf ältere vorgänge, wie aus dem grundstücksmarktbericht des jahres 2016 für die stadt duisburg ersichtlich ist. dort ist ausgeführt: 73„im jahr 2015 wurden keine erbbaurechtsbestellungen registriert. in der vergangenheit wurde dieser teilmarkt größtenteils von der stadt duisburg geprägt. der hier vereinbarte erbbauzins für ein- und zweifamilienhausgrundstücke betrug 4 % und für gewerbegrundstücke 6 % des abgabenpflichtigen bodenwertes.“ auch vor dem hintergrund, dass der ortsübliche erbbauzinssatz angesichts einer gewissen schwankungsbreite des marktüblichen tendenziell nicht am oberen rand, sondern im mittelfeld anzusiedeln sein dürfte, hat der senat den von dem sachverständigen für 2016 ermittelten wert von 5 % als vorzugswürdig erachtet. 74die klägerin hat ihr berufungsbegehren dementsprechend beschränkt. 75b) 76der gesonderten berechnung der geändert festzusetzenden aufwendungen hat der beklagte nach § 28 abs. 2 apg dvo zuzustimmen. 77die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 satz 1 hs. 3 sgg i.v.m. § 154 abs. 1 vwgo. 78gründe für eine zulassung der revision liegen nicht vor. insbesondere die voraussetzungen nach § 160 abs. 2 nr. 2 sgg sind nicht erfüllt. die entscheidung beruht ausschließlich auf der auslegung landesrechtlicher vorschriften, die der revision zum bsg nicht zugänglich ist. 79der streitwert war nach anhörung der beteiligten im termin auf 50.000 € für beide rechtszüge festzusetzen, § 197a abs. 1 satz 1 hs. 1 sgg i.v.m. §§ 63 abs. 2 und 3, 52 abs. 1, 47 abs. 1 gkg. |
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} | 14 O 55/19 | 2021-11-18T00:00:00 | Teilurteil | Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, Auskünfte zu erteilen, a) über die Zahlungen der Nutzer für die von ihr vertriebenen Online-„Paket"-Angebote, in denen die Online-Fassung des Kommentars „S-E , UStG" neben anderen Werken enthalten ist, wobei nur die auf den Kommentar 2 „S-E , UStG" entfallenden Zahlungen anzugeben sind, für die Jahre 2017 - 2018, jeweils für die einzelnen Jahre; b) über die von ihr erhaltenen Zahlungen von Seiten der K GmbH, der M GmbH und anderer Lizenznehmer für die Nutzung von Onlinepaketangeboten (sog. Module), in denen die Online-Fassung des Kommentars „S-E , UStG" enthalten ist, wobei nur die auf den Kommentar „S-E , UStG" entfallenden Zahlungen anzugeben sind, für die Jahre 2017 - 2018, jeweils gesondert für die einzelnen Lizenznehmer und die genannten Jahre. 2. Soweit nicht stattgegeben, werden die Klageanträge zu 1.) und 2.) abgewiesen. Außerdem werden die Klageanträge zu 3.), 4.), 5.), 7.) und 8.) abgewiesen. 3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. 4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- €. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Universitätsprofessor und seit 1988 Mitautor des UStG-Kommentars „S-E ". Die Beklagte ist ein bekannter Verlag für juristische Literatur, der u.a. den vorgenannten Kommentar verlegt und herausgibt. Die Beziehungen der Parteien sind grundlegend im Beitritts-Vertrag vom 30.07.1993 geregelt. Grund der Streitigkeiten zwischen den Parteien ist die Berechnung von Vergütungen des Klägers wegen Online-Nutzungen des o.g. Kommentars, insbesondere bei den Datenbanken K und M sowie in Angeboten der Beklagten selbst. Es wird auf den Tatbestand des Urteils im vorangegangenen Verfahren 14 O 2/17 zwischen denselben Parteien verwiesen (siehe BI. 76 ff. GA). Das nachfolgende Urteil des OLG Köln vom 09.08.2019, Az. 6 U 20/19, ist rechtskräftig geworden. Es wird auf die dortigen Gründe (siehe BI. 301 ff.GA) verwiesen. Hierin forderte der Kläger von der Beklagten u.a. mit seinem Antrag zu 1.) die Zahlung von 101.457,06 € als Vergütung für Online-Nutzungen für die Jahre 2011 bis 2016. Dieser Antrag wurde abgewiesen. 33 4Mit der jetzigen Klage begehrt der Kläger im Wege der Stufenklage (Anträge 1.-6.) weitgehende Auskünfte von der Beklagten, um ihn in die Lage zu versetzen, die Vergütung mit Blick auf die Bemessungsgrundlagen zu kontrollieren. Mit den Anträgen zu 7. und 8. begehrt er zudem Auskunft über Zugriffszahlen bzw. zur zukünftigen Zählung und Auskunft der Zugriffszahlen. Im Zusammenhang mit den Zugriffszahlen meint er, dass eine Vergütung anhand der Zugriffszahlen vorzunehmen sei. 5Die Beklagte teilt dem Kläger regelmäßig schlicht den Gesamtbetrag der erzielten Erlöse von Online-Nutzungen mit, von welchen er (nach dem Urteil des OLG Köln zu Recht) 22% erhält (vgl. etwa die Abrechnung auf BI. 16 GA). Ausweislich Anlage K1 betrug der Erlös „Online" für das Kalenderjahr 2016 insgesamt 211.261,42 €. Der Kläger hält die Bemessung dieses Gesamtbetrags der Online-Nutzungen für unzutreffend und fordert diverse Auskünfte in diesem Zusammenhang über die eigenen Online-Verwertungen der Beklagten und solche von Lizenznehmern, etwa der Betreiberin der Datenbank K . Wegen der Problematik des Vertriebs des streitgegenständlichen Kommentars in Paketen bzw. Modulen fordert er insoweit auch Auskunft über Verteilungsschlüssel innerhalb der Werke der maßgeblichen Pakete. 6Der Kläger stützt seine zum Teil im Rahmen der Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch auf § 24 VerIG und/oder §§ 259, 242 BGB jeweils mit Blick auf vertraglich Vergütungsansprüche sowie auf eine von ihm nach § 32 UrhG zu fordernde angemessene Vergütung. 7Der Kläger beantragt, 8die Beklagte zu verurteilen 91. Auskünfte zu erteilen über die Zahlungen der Nutzer für die von ihr vertriebene Online-Fassung des Kommentars „S-E , UStG" und von Online-„Paket"-Angeboten, in denen der Kommentar neben anderen Werken enthalten ist, für die Jahre 2013 - 2018, jeweils für die einzelnen Jahre; 104 112. Auskünfte zu erteilen über die von ihr erhaltenen Zahlungen und die unmittelbaren und mittelbaren geldwerten Dienstleistungen von Sei- 12ten der K GmbH, der M GmbH und.anderer Lizenznehmer für 13die Nutzung der Online-Fassungen des Kommentars 14„S-E , UStG" und von Online-Paketangeboten (sog. Modulen), in denen der Kommentar enthalten ist, in den Jahren 2013 bis 2018, jeweils gesondert für die einzelnen Lizenznehmer und die 15genannten Jahre; 163. Auskünfte zu erteilen über die mit den unter 2. genannten Lizenznehmern getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich 17a) der Online-Verwertungen des Kommentars durch diese sowie 18b) der von diesen gegenüber der Beklagten und Ihren Tochtergesellschaften zu erbringenden Dienstleistungen; 194. Auskünfte zu erteilen über die von den unter 2.) genannten Lizenznehmern für die von diesen vertriebenen Online-Fassungen des Kommentars „S-E, UStG" und von Online-Paketangeboten (sog. Modulen), in denen der Kommentar enthalten ist, von den Nutzern bezogenen Entgelte, im Falle von Modulen auch die Verteilung der Entgelte auf den Kommentar und den dabei verwendeten Verteilungsschlüssel, jeweils gesondert für die Jahre 2013 bis 2018; 205 215. [neu] Auskünfte zu erteilen bezüglich der von der Beklagten bei der gegenüber dem Kläger erfolgten Abrechnung der Online-Erlöse und Lizenzerlöse aus „Paket-Angeboten (sog. Modulen), die den Kommentar „S-E enthalten, 22a) über den angewendeten Schlüssel zur Verteilung der für das jeweilige „Paket“' erlangten Erlöse auf die dem „Paket angehörenden Werke und Zeitschriften, 23b) über die Kriterien zur Bestimmung der diesen Verteilungsschlüsseln von der Beklagten zugrunde gelegten Parametern für die enthaltenen Werke und Zeitschriften und 24c) über die Verbreitung , die Ladenverkaufspreise, den Umfang der gedruckten Ausgaben und der Auflagen der den Paketen (Modulen) angehörenden Werke; 256. [alt 5.] nach Erteilung der Auskünfte zu 1.) bis 5.) das sich danach für die Jahre 2013 bis 2018 ergebende und zu beziffernde Resthonorar des Klägers zu zahlen. 267. [modifiziert alt 6.] Auskünfte zu erteilen über die Zahl der Online-Zugriffe der Nutzer auf die von der Beklagten angebotenen Module, in denen der Kommentar „S-E, UStG" enthalten ist, für die Jahre 2016 bis 2018 gesondert nach der Gesamtzahl der Zugriffe auf das jeweilige Modul und der Gesamtzahl der Zugriffe auf die dem Modul angehörenden Werke; 278. [modifiziert alt 7.] 28a) die Zugriffe der Nutzer der von der Beklagten angebotenen Module, in denen der Kommentar „S-E" enthalten ist, ab dem der Rechtskraft des Urteils folgenden Monat zu zählen und zwar 29aa) die jeweiligen Zugriffe auf die den Modulen jeweils angehörenden Werke und 30bb) die Zugriffe auf die Erläuterungen des Klägers im Kommentar „S-E, UStG"; 31b) die unter 2.) genannten Lizenznehmer zu veranlassen, die Zugriffe der Nutzer der von diesen angebotenen Module, in denen der Kommentar „S-E " enthalten ist, ab dem der Rechtskraft des Urteils folgenden Monat zu zählen und zwar 32aa) die jeweiligen Zugriffe auf die den Modulen jeweils angehörenden Werke und 33bb) die Zugriffe auf die Erläuterungen des Klägers im Kommentar „S-E , UStG"; 346 35c) im Rahmen der von der Beklagten gegenüber dem Kläger erstellten Abrechnungen Auskünfte über die jeweiligen Zahlen der Zugriffe nach a) und b) ab dem der Rechtskraft des Urteils folgenden Monat zu erteilen. 36Die Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen. 37Die Beklagte rügt für die Jahre 2013-2016 entgegenstehende Rechtskraft wegen des oben genannten Urteils des OLG Köln. Im Übrigen erteilt sie in der Klageerwiderung teils Auskünfte (als sog. Nullauskünfte) und wendet insoweit Erfüllung ein. Auskunftsansprüche bestünden aber jeweils deshalb nicht, weil die Anwendung von § 32 UrhG wegen § 132 Abs. 3 UrhG und dem Abschluss des Vertrags zwischen den Parteien vor den entsprechenden Stichtagen ausscheide. Im Übrigen sei die Vergütung vereinbart, womit § 32 UrhG ebenfalls unanwendbar sei. Äußerst hilfsweise, sei die Vergütung angemessen iSv § 32 UrhG, sogar höher als durchschnittliche Beteiligungen im Bereich der Online-Vermarktung von juristischen Kommentaren. Folglich könne der Kläger in keinem Fall Zahlungsansprüche gegen die Beklagte haben, sodass die Auskunftsansprüche als Hilfsansprüche ebenfalls unbegründet seien. Der Anspruch folge auch nicht aus § 24 VerIG, weil diese Norm keine Grundlage für die vom Kläger begehrte "reine Kostenausforschung" biete. 38Zu den Zugriffszahlen wendet die Beklagte Unmöglichkeit ein, weil sie keine Zugriffszahlen innerhalb eines Werks erhebe. Für die Zukunft sei dies nur mit enormem Aufwand und unter Programmierung ganz neuer Strukturen möglich. 39In Erwiderung dessen hält der Kläger § 132 Abs. 3 UrhG nicht für anwendbar, weil es sich bei dem Vertrag der Parteien um ein Dauerschuldverhältnis handele und mit jeder Aktualisierung ein isoliert zu betrachtendes neues Werk entstehe, für welches § 32 UrhG dann zeitlich anwendbar sei. Er ist der Ansicht, das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren habe lediglich die Frage betroffen, ob der Kläger 22% oder 50% Beteiligung erhalte; entgegenstehende Rechtskraft liege nicht vor. Für den Kläger streite (der Rechtsgedanke) des § 32d UrhG. 40Entscheidungsgründe: 417 42Die Klage ist nur zum Teil zulässig und im zulässigen und entscheidungsreifen Teil nur teilweise begründet. 43I. Die Klage ist nur teilweise zulässig. 44a) Das Landgericht Köln ist zuständig. In sachlicher Hinsicht folgt dies aus §§ 23, 71 Abs. 1 GVG. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts folgt aus §§ 12, 17 ZPO, weil die Beklagte ihren Sitz in Köln hat. 45b) Die Klage ist als (teilweise) Stufenklage gern. § 254 ZPO zulässig. Dabei war in diesem Teilurteil zunächst über die Auskunftsstufe in den Klageanträgen zu 1.) - 5.) sowie über die unabhängigen Auskunftsanträge in den Klageanträgen zu 7.) und 8.) zu entscheiden. Eine Entscheidung über die Zahlungsstufe in Klageantrag zu 6.) bleibt einem Schlussurteil vorbehalten, soweit dieser wiederum zulässig ist (siehe nachfolgende Ausführungen unter c)). 46c) Die Klage ist unzulässig, soweit die Klageanträge zu 1.) - 6.) Auskunft und Zahlung für den Zeitraum von 2013 bis 2016 begehren. Der Klage steht insoweit die Rechtskraft des Urteils des OLG Köln vom.09.08.2019, Az. 6 U 20/19, entgegen. 47Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbietet die materielle Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO einer gerichtlichen Entscheidung - als negative Prozessvoraussetzung - eine neue Verhandlung über denselben Streitgegenstand; unzulässig ist deshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Prozesses identisch ist. Streitgegenstand eines Rechtsstreits ist nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch, sondern der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung verstandene, eigenständige prozessuale Anspruch, der durch den Klageantrag (Rechtsfolge) und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der KI. die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt wird (BGH, Urteil vom 17.08.2011 - VIII ZR 20/11, BeckRS 2011, 22313, Rn. 9; Urteil vom 19.11.2003 - VIII ZR 60/03, NJW 2004, 1252, 1253; Urteil vom 18.01.1985 - V ZR 233/83, NJW 1985, 1711, 1712). 48Nach diesen Grundsätzen hat das OLG Köln in seinem rechtskräftigen Urteil dem Kläger bereits für die hier beachtlichen Jahre 2013 - 2016 einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen einer höheren als der bereits außergerichtlich unstreitig 498 50gezahlten Beteiligung an den Erlösen aus der Online-Nutzung des Kommentars „S-E , UStG" umfassend und ohne Einschränkungen abgewiesen. Der Streitgegenstand bzw. der maßgebliche prozessuale Anspruch sind im hiesigen Verfahren sowie dem vorangegangenen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren der Parteien für die Jahre 2013 bis 2016 identisch. Der Kläger forderte bzw. fordert in beiden Verfahren für die Jahre 2013 bis 2016 die Zahlung höherer Vergütung für die Online-Nutzung seiner Beiträge des Kommentars „S-E , UStG" durch die Beklagte selbst sowie auf den juristischen Datenbanken K und M . Soweit er in diesem Verfahren dem Zahlungsbegehren einen Auskunftsanspruch als Hilfsanspruch im Wege der Stufenklage voranstellt, ändert dies nichts an der Identität der Streitgegenstände. Der Lebenssachverhalt ist jeweils identisch. Auch die Rechtsfolgenbehauptung des Klägers, nämlich sein Begehren weitere Zahlungen für die Online-Nutzung seiner Beiträge des o.g. Kommentars beanspruchen zu können, ist identisch. Der einzige Unterschied ist ein nunmehr anderer Begründungsansatz der Nachforderung. Während der Kläger im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren seinen Angriff allein darauf gestützt hatte, dass ihm (von der Höhe nach nicht angegriffenen) Gesamterlösen aus der Online-Nutzung der Beklagten mit dem o.g. Kommentar mehr als 22% zustünden, stützt er sich nunmehr darauf, dass selbst bei Ansatz seines Anteils von 22% die Gesamterlöse nicht zutreffend ermittelt worden seien. Dies führt indes nicht zu einem anderen Streitgegenstand. 51Vielmehr ist es so, dass dieser neue Angriff schon im Vorprozess hätte vorgetragen werden können und mithin zur Vermeidung einer rechtskräftigen Entscheidung hätte 52vorgetragen werden müssen (vgl. zur Verknüpfung von Rechtskraft und Präklusionsvorschriften auch BGH, Urteil vom 22.09.2016 - V ZR 4/16, NJW 2017, 893). Die Geltendmachung von Auskunftsansprüchen im Wege der Stufenklage zur Ermittlung der Gesamterlöse wäre auch schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Vorprozess möglich gewesen. Der Kläger kann mit seiner hiesigen Klage auch nicht die Präklusionsvorschriften für den Vorprozess umgehen. Zur Zeit der Klageeinreichung am 31.12.2018 hatte das OLG Köln über die Berufung im Vorprozess noch nicht entschieden. Offenbar hat der Kläger insoweit auch erkannt, dass seine neuen Angriffe auf die Höhe der Gesamterlöse wegen § 531 ZPO nicht mehr im Berufungsverfahren eingebracht werden können. 53Soweit der Kläger ausführt, dass weder die hiesige Kammer noch das OLG Köln in ihren Entscheidungen die Zusammensetzung der Erlöse der Beklagten mit den 549 55Online-Nutzungen des o.g. Kommentars thematisierten, so spricht dies gerade dafür, dass der Kläger die Höhe und Ermittlung dieser Beträge in seiner früheren Klage nicht angegriffen hat und • die befassten Gerichte deshalb von einem unstreitigen Sachverhalt ausgehen durften. Insbesondere ist dem Tatbestand des Urteils der Kammer vom 30.08.2018, Az. 14 O 2/17, auf Seite 3 im unstreitigen Sachverhalt zu entnehmen, dass die Verwertungserlöse für Online-Nutzungen für die Jahre 2011 bzw. 2012 bis 2016 aufgeschlüsselt nach den Plattformen K (10.849,90 €), M (21.713,70 €) und einer Eigenverwertung der Beklagten (41.938,57 €) streitgegenständlich waren und gerade nicht vom Kläger bestritten oder sonst angegriffen worden sind. 56Die Auslegung des Klägers, wonach sich der Streitgegenstand des Vorprozesses nur auf die Ermittlung des anwendbaren Prozentsatzes für die Beteiligung des Klägers an den Erlösen aus der Online-Nutzung beschränkten, ist nicht überzeugend. Der Kläger hatte im Rahmen eines einheitlichen Klagebegehrens die Zahlung eines konkreten Betrages gefordert; die entsprechenden Anträge wurden abgewiesen, worauf sich die materielle Rechtskraft jedenfalls erstreckt. Eine im hiesigen Fall anzunehmende Beschränkung der Rechtskraft auf die Feststellung eines anzusetzenden Prozentsatzes ist auch den klägerseits zitierten Urteilen des BGH (vom 09.04.1997 - IV ZR 113/96, NJW 1997, 1990; vom 15.07.1997 - IV ZR 142/95, NJW 1997, 3019; vom 2. 5. 2002 - III ZR 135/01, NJW 2002, 2167; vom 27.07.2012 V ZR 258/11, BeckRS 2012, 19866; vom 22.09.2016 - V ZR 4/16, NJW 2017, 893) nicht zu entnehmen. Denn die Urteile betreffen sämtlich andere Fallgestaltungen und rechtliche Themenkomplexe. Angesichts der oben dargestellten unstreitigen Thematisierung und Aufschlüsselung der Erlöse der Beklagten aus Online-Nutzungen stellt sich nicht die Frage, ob der Kläger im Vorprozess ggf. eine verdeckte Teilklage erhoben hat. Er hat seinen Anspruch trotz konkreter Bezifferung in seinem Zahlungsantrag auch darauf gestützt, dass ihm eine angemessene Vergütung nach § 32 UrhG zustehe. Da er also neben der Frage der vertraglichen Auslegung, ob ihm 22% oder 50% der unstreitig gebliebenen Erlöse zustehen, auch die Angemessenheit der Vergütung insgesamt zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht hat, ist er nicht mit dem Argument zu hören, er habe mit seiner Klage im Vorprozess nur einen beschränkten Teil seines Anspruchs geltend machen wollen. Im Rahmen der Bewertung der Angemessenheit der Vergütung nach § 32 UrhG hätte der Kläger insoweit einen unbezifferten Antrag stellen können, hat hiervon aber offenbar abgesehen, weil eine höhere Nachvergütung nach § 32 UrhG als die 5710 58geltend gemachte vertragliche Vergütung offenbar nicht in Aussicht stand. Hierbei ist auch zu beachten, dass sowohl die Kammer (S. 30 des Urteils vom 30.08.2018) als auch der Senat des OLG Köln (S. 18 des Urteils vom 09.08.2019) Ausführungen zu einem Anspruch des Klägers aus § 32 Abs. 1 S. 2 oder 3 UrhG gemacht haben und auch einen solchen Anspruch abgewiesen haben. Auch handelt es sich bei dem jeweils geltend gemachten Anspruch des Klägers nicht um einen Schadensersatzanspruch, der aus verschiedenen Teilposten bestehen würde, wovon nur einige wenige im Vorprozess vorgetragen worden wären. Es handelte sich damals wie nun um vorrangig vertragliche Ansprüche und nachrangig gesetzliche urheberrechtliche Ansprüche, die die Vergütung für urheberrechtlich geschützte Werke betrifft. Der Kläger wechselt nunmehr im Folgeprozess seine Angriffsstrategie und stützt sich auch Umstände, die im Vorprozess unstreitig geblieben sind. Bei einer gebotenen Gesamtbetrachtung des klägerischen Verhaltens kann demnach nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger durch die Führung einer verdeckten Teilklage nur eine beschränkte Rechtskraft herbeigeführt hätte. 59Il. Die Klage, soweit entscheidungsreif, ist nur teilweise begründet. 601. Der Kläger hat zunächst dem Grunde nach einen Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte über die Höhe und die Zusammensetzung der Erlöse aus der Online-Verwertung des Kommentars „S-E , UStG" aus §§ 259, 242 BGB und § 24 VerIG in Verbindung mit dem gemeinsamen Vertrag zwischen den Parteien für die Jahre 2017 und 2018. Der Umfang dieses Auskunftsanspruchs ist jedoch beschränkt. 61Im Einzelnen: 62a) Die Verpflichtung zur Rechnungslegung besteht über den Wortlaut des § 259 BGB hinaus in allen Fällen, in denen jemand fremde Angelegenheiten oder solche Angelegenheiten besorgt, die zugleich eigene und fremde sind. Sie besteht im Rahmen von § 242 BGB bei jedem Rechtsverhältnis, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete hingegen in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen (st. Rspr. des BGH seit Urteil vom 28.10.1953 - II ZR 149/52, NJW 1954, 70; vgl. auch Urteil vom 13.12.2001 - I ZR 44/99, GRUR 2002, 602; Urteil vom 8.2.2018 - III ZR 65/17, NJW 2018, 2629). Bei diesen Auskunftsansprüchen handelt es sich um in ihrem Bestand vom (wahrscheinlichen) 6311 64Bestand des Hauptrechts abhängige, allerdings selbstständige Hilfsansprüche (vgl. Ulrici, NJW 2018, 2001 m.w.N. aus der Rspr. des BGH, Fn. 4). 65Ergänzend gilt zwischen den Parteien die spezialgesetzliche Vorschrift des § 24 VerIG. Nach dieser Norm hat der Verleger jährlich dem Verfasser, der eine Absatzvergütung fordern kann, für das vorangegangene Geschäftsjahr Rechnung zu legen und ihm, soweit es für die Prüfung erforderlich ist, die Einsicht seiner Geschäftsbücher zu gestatten. Bei der hier gegenständlichen Vergütung des Klägers in Höhe von 22% der Gesamterlöse der Beklagten mit Online-Verwertungen handelt es sich um eine Absatzvergütung. Von dieser dispositiven Regelung sind die Parteien im gemeinsamen Vertrag in § 8 Abs. 5 (BI. 21 GA) allenfalls insoweit abgewichen, dass die Beklagte zur halbjährlichen Abrechnung zum 30.06. und 31.12. eines Jahres binnen acht Wochen berechtigt bzw. verpflichtet ist. Offenbar wurde dieser Abrechnungsmodus für die Abrechnung der Online-Verwertungen jedoch tatsächlich nicht angewandt. 66b) Der Umfang der Auskunftspflicht beschränkt sich allerdings auf die notwendigen Informationen, mit denen der Kläger seinen vertraglichen Vergütungsanspruch auf Plausibilität hin überprüfen kann. 67Denn der akzessorische Auskunftsanspruch nach §§ 259, 242 BGB dient nur als Hilfsanspruch zur Berechnung des vertraglichen Vergütungsanspruchs, der nach dem oben zitierten Urteil des OLG Köln 22% der Erlöse der Beklagten mit der Online-Verwertung des streitgegenständlichen Kommentars beträgt. Eine abweichende Beurteilung ist für die Jahre 2017 und 2018 nicht geboten, weil die Parteien insoweit keine neue Vereinbarung zur Höhe der Vergütung getroffen haben. Der Anspruch aus §§ 259, 242 BGB beschränkt sich im vorliegenden Fall auf die Angabe der Gesamterlöse und allenfalls auf die Erläuterung, aus welchen Einzelpositionen sich diese Gesamterlöse zusammensetzen. So ist insbesondere im hiesigen Fall, in welchem unstreitig ist, dass die Beklagte den gegenständlichen Kommentar auf eigenen Online-Angeboten sowie über K und M als Dritte verwertet, auch anzugeben, aus welcher Quelle welche Teilerlöse generiert worden sind. Sollten weitere Dritte in die Verwertung involviert sein, so wären auch die insoweit generierten Erlöse mitzuteilen. Diese ergänzende Angabe dient der Kontrolle von etwaigen Rechenfehlern sowie der Plausibilitätskontrolle durch den Kläger. Auf weitere Angaben hat der Kläger indes nach Ansicht der Kammer keinen Anspruch. 6812 69Dies beruht auf der Erwägung, dass der Kläger gern. § 6 des gemeinsamen Vertrags lediglich Anregungen zu den Verkaufspreisen des Kommentars geben kann, jedoch in keiner Weise berechtigt ist, die Preise und sonstigen Umstände der Verwertung mitzubestimmen. Diese unmittelbar für die Printausgaben des Kommentars geltende Vertragsklausel ist jedoch auch auf die Online-Verwertungen zu übertragen. 70Auch die Rechnungslegung des Verlages gegenüber dem Autor nach § 24 VerIG hat keinen maßgeblich weiteren Umfang. Sie muss, da sie nur Grundlage der Berechnung des Absatzhonorars sein soll, grundsätzlich nur die relevanten Angaben über den Absatz enthalten. Weitere Angaben (wie für den Printbereich z. B. zu den Herstellungskosten oder dem Verlagsabgabepreis) muss der Verlag dem Autor ohne 71anderweitige Vereinbarung nicht zugänglich machen(Fromm/Nordemann/Nordemann-Schiffel, Urheberrecht, 12. Aufl. 2018, VerIG § 24 Rn. 5). Bezogen auf ein Absatzhonorar betreffend die Online-Verwertung eines juristischen Kommentars ist nach § 24 VerIG demnach nur anzugeben, welche Einnahmen erzielt worden sind. Auch hier ist es zur Fehler- und Plausibilitätskontrolle angezeigt, dass der Verlag die einzelnen Posten der Gesamterlöse nach Verwertungskanal bzw. Lizenznehmer (z.B. K und M ) angibt. Weitergehende Rechnungslegungspflichten erkennt die Kammer hingegen nicht, weil auch hier der Vertrag zwischen den Parteien maßgeblich ist. Weitere verlagsrechtliche Sondervorschriften, die einen erweiterten Umfang der Rechnungslegung gebieten würden, sind nicht ersichtlich. Nach § 21 VerIG hat die Beklagte grundsätzlich das Recht, den Ladenpreis zu bestimmen, soweit nicht berechtigte Interessen des Verfassers verletzt werden. Nur zur Erhöhung dieses Preises bedarf es stets der Zustimmung des Verfassers. Mit Blick auf die Online-Verwertung betrifft diese Norm auch den Preis für die Lizenzierung auf eigenen Kanälen oder an Dritte als Lizenznehmer. 72c) Der Kläger kann auch nicht weitergehende Auskünfte mit dem Argument fordern, er bereite mit einem Auskunftsanspruch nach §§ 259, 242 BGB einen Anspruch nach § 32 UrhG vor. Denn ein Anspruch nach § 32 UrhG besteht nach dem Urteil des OLG Köln im Vorprozess in keinem Fall. Der Senat führte in diesem Zusammenhang für die Jahre bis 2016 unmissverständlich aus, dass § 32 UrhG auf den maßgeblichen Vertrag nicht anwendbar ist, weil dieser auf den Altvertrag aus dem Jahr 1993 gern. § 132 Abs. 3 S. 3 UrhG nicht anwendbar ist (siehe S. 19 des Urteils). 7313 74Die Argumentation des Klägers, dass es nicht auf den Vertragsabschluss, sondern auf die durch die ständige Überarbeitung des Kommentars und der regelmäßigen Ergänzungslieferungen maßgebliche Zeit der Werkaktualisierung ankommt, vermag nicht zu überzeugen. Dieser Modus der Aktualisierung des UStG-Kommentars „S-E " wurde auch bereits im vom OLG Köln bewerteten Zeitraum bis 2016 durchgeführt. Gleichwohl hat dies den Senat nicht dazu bewogen, die Anwendung von § 32 UrhG entgegen § 132 Abs. 3 S. 3 UrhG anzunehmen. Folglich erübrigen sich weitere Ausführungen in diesem Zusammenhang. 75c) Soweit § 24 VerIG neben der Rechnungslegung auch die Einsicht in die Geschäftsbücher gestattet, soweit es für die Prüfung erforderlich ist, ändert dies auch nichts an dem Umfang der Auskunfts- bzw. Rechnungslegungspflicht. Auf das Recht zur Einsicht in die Geschäftsbücher kommt es allerdings in hiesigem Fall nicht weiter an, weil der Kläger bei Auslegung seiner Klageanträge keine solche Einsicht begehrt. Er begehrt jeweils die Erteilung von Auskünften, womit er die aktive Zuleitung von Informationen durch die Beklagte begehrt. Dem Einsichtsrecht wohnt es hingegen inne, dass hierfür der Kläger aktiv werden müsste und die Beklagte hierzu mitwirken bzw. gewisse Handlungen dulden muss. Der Verlag muss dem Autor nur die Einsicht (vor Ort) gestatten, ihm also nicht etwa die Bücher oder Kopien der relevanten Passagen zusenden (Fromm/Nordemann/Nordemann-Schiffel, a.a.O., VerIG § 24 Rn. 7). Die Anträge des Klägers sind selbst bei weitester Auslegung nicht so zu verstehen, dass er vor Ort bei der Beklagten Einsicht nehmen möchte. 76d) Auf dieser Grundlage sind die Klageanträge zu 1.) - 5.) sowie 7.) nur in ganz geringem Umfang begründet: 77aa) Der Klageantrag zu 1.) ist nur insoweit begründet, als die Beklagte hiermit Auskünfte über die Einnahmen der von ihr vertriebenen Online-„Paket"-Angebote, in denen die Online-Fassung des Kommentars „S-E , UStG" neben anderen Werken enthalten ist, erteilen muss und zwar für die Jahre 2017 und 2018. Da der Kläger jedoch keinen Anspruch auf die Mitteilung von Einnahmen der Beklagten mit anderen Werken hat, bedarf dieser Teil des Auskunftstenors der weiteren Einschränkung, dass nur die auf den Kommentar „S-E , UStG" entfallenden Zahlungen anzugeben sind. Diese Einschränkung konnte die Kammer entgegen der Formulierung des Antrags von Amts wegen vornehmen, weil dies ein 7814 79von § 308 Abs. 1 ZPO umfasstes „Minus" zum formulierten Auskunftsantrag darstellt, nicht jedoch ein „Aliud". 80Soweit der Kläger außerdem die Angabe über Zahlungen der Nutzer der Beklagten an diese „für die von ihr vertriebene Online-Fassung des Kommentars" alleine ohne Bindung in einem „Paket" beantragt, so ist dieser Antrag bereits durch Erfüllung gern. § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung unmissverständlich und mit Erfüllungswillen mitgeteilt, dass eine isolierte Verwertung des Kommentars „S-E , UStG" durch die Beklagte auf eigenen Kanälen nicht erfolgt (S. 3 f. der Klageerwiderung, BI. 60 f. GA). 81Zur Klarstellung weist die Kammer noch darauf hin, dass die Beklagte die Zahlungen der Nutzer der von ihr vertriebenen Online-„Paket"-Angebote mit dem streitgegenständlichen Kommentar kumuliert angeben darf und nicht etwa eine Aufschlüsselung nach jedem einzelnen Betrag pro Nutzer vorzunehmen hat. Eine solche Aufschlüsselung ist für die von der Kammer als maßgeblicher Aspekt herausgearbeitete Plausibilitätskontrolle nicht notwendig und würde in den Grenzen des § 242 BGB unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben zu einer unangemessenen Belastung der Beklagten führen. 82bb) Auch der Klageantrag zu 2.) ist nur insoweit begründet, als die Beklagte hiermit Auskünfte über die von ihr von Lizenznehmern erhaltenen Zahlungen für Onlinepaketangebote (bzw. Module), in denen die Online-Fassung des Kommentars „S-E , UStG" enthalten ist, erteilen muss und zwar für die Jahre 2017 und 2018. Auch an dieser Stelle bedarf dieser Teil des Auskunftstenors der weiteren Einschränkung, dass nur die auf den Kommentar „S-E , UStG" entfallenden Zahlungen anzugeben sind. Auch dies ist als „Minus" von § 308 Abs. 1 ZPO gedeckt. 83Soweit der Kläger wiederum Auskünfte zu Erlösen aus einer Einzelverwertung des Kommentars durch Lizenznehmer begehrt, ist der Antrag ebenfalls nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt und erloschen (S. 8 der Klageerwiderung, BI. 65 GA). 84Einen Anspruch auf die Auskunft zum Erhalt von unmittelbaren oder mittelbaren geldwerten Dienstleistungen von Seiten der genannten bzw. ungenannter Lizenznehmer besteht nicht. Ein solcher Erhalt würde nicht zu einer Erhöhung der 8515 86vertraglichen Vergütung bzw. der Absatzvergütung führen, weil eine fiktive Umrechnung solcher Dienstleistungen hin zu Lizenzerlösen keine Grundlage im Vertrag der Parteien oder in verlagsrechtlichen Sondervorschriften hat. Der Kläger hat auch keine vertraglichen Rechte, die der Beklagten den Erhalt von unmittelbaren oder mittelbaren geldwerten Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Lizenzierung des gegenständlichen Kommentars verbieten würden. Soweit der Kläger hiermit zu geringe Preise für die Lizenzierung des Kommentars rügen möchte, erscheint § 21 VerIG schon deshalb nicht einschlägig, weil die Parteien in § 6 des gemeinsamen Vertrags vorrangig die Freiheit der Beklagten bei der Preisbestimmung vereinbart haben. § 21 VerIG ist in vollem Umfang dispositiv (Fromm/Nordemann/Nordemann-Schiffel, a.a.O., VerIG § 21 Rn. 1). 87cc) Der Klageantrag zu 3.) ist unbegründet. Nach den obigen Ausführungen ist die begehrte Auskunft zu Vereinbarungen mit Lizenznehmern nicht vom Umfang der oben dargestellten Rechtsgrundlagen gedeckt. Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang mit der vertraglichen (Absatz-) Vergütung, die von den tatsächlichen Erlösen abhängt. Es handelt sich auch nicht um eine Rechnungslegung im Sinne von § 24 VerIG, sondern um ein darüber hinausgehendes Informationsbegehren. Dies wäre nach §§ 259, 242 BGB nur dann gerechtfertigt, wenn es dazu dienen würde, den Zahlungsantrag des Klägers zu beziffern. 88So liegt der Fall hier aber nicht. Selbst wenn der Kläger Kenntnis von den getroffenen Vereinbarungen hätte, so könnte er hiermit seinen auf nachfolgender Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht berechnen. Denn zunächst ist der Kläger nach den obigen Ausführungen nicht berechtigt, die Preise für die Lizenzierung des Kommentars im Online-Bereich mitzubestimmen. Soweit der Kläger eine Preiskontrolle begehrt, ist ihm dies also verwehrt. Zum anderen hat der Kläger auch nicht das Recht, die Beklagte zu etwaig nicht realisierten Ansprüchen der Beklagten gegen Dritte zu bestimmen. Dies folgert die Kammer daraus, dass Grundlage des klägerischen Vergütungsanspruchs nur die tatsächlichen Erlöse sind. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte vorgetragen wären, dass die Beklagte zum Nachteil des Klägers (und allen anderen Autoren des Kommentars) fällige Ansprüche gegen Dritte nicht realisieren würde, könnte dies anders zu sehen sein. Diesbezüglicher Vortrag ist jedoch nicht ersichtlich. 89Soweit der Kläger auch hier Informationen zu Dienstleistungen begehrt, die die Beklagte erhält, gelten die obigen Ausführungen zu Klageantrag zu 2.) entsprechend. 9016 91Mangels Anspruchs auf Auskunft über den Erhalt solcher Dienstleistungen hat derKläger erst recht keinen Anspruch auf Auskunft zu den zugrundeliegendenVereinbarungen. 92dd) Der Klageantrag zu 4.) ist unbegründet. Hiermit begehrt der Kläger die Mitteilung der Entgelte, die Nutzer der Lizenznehmer (vornehmlich K und M ) an diese gezahlt haben. Dieses Begehren ist wiederum nicht von der bloßen Rechnungslegungspflicht zum Absatzerlös nach § 24 VerIG umfasst. Der Kläger begehrt vielmehr eine Rechnungslegung der Lizenznehmer gegenüber der Beklagten, wobei offen ist und auch offenbleiben kann, ob diese Lizenznehmer hierzu gegenüber der Beklagten verpflichtet sind. Jedenfalls ist dem gemeinsamen Vertrag nicht zu entnehmen, dass der Kläger die Beklagte dazu verpflichten kann, eine solche Rechnungslegung von Lizenznehmern oder sonstigen Dritten einzufordern. 93Der Anspruch kann auch nicht auf §§ 259, 242 BGB gestützt werden, weil der Kläger insoweit Informationen fordert, von denen nicht auszugehen ist, dass sie die Beklagte unschwer erteilen kann. Damit verlässt der Kläger seine nach § 242 BGB schutzwürdige Position und fordert eine Auskunft in die Tiefe des Vertriebsnetzes der Beklagten hinein. 94Im Übrigen gelten die Ausführungen zu Klageantrag zu 3.) entsprechend. Der Kläger ist nicht zur Preiskontrolle bei der Beklagten berechtigt, also ist er erst recht nicht zu einer Preiskontrolle auf der nachfolgenden Lizenzkettenstufe berechtigt. Auch an dieser Stelle ist kein Recht des Klägers zu erkennen, zu bestimmen, dass etwaige durch Lizenznehmer nicht realisierte offene Forderungen einzuziehen wären. 95ee) Der Klageantrag zu 5.) ist ebenfalls unbegründet. Mit diesem Antrag begehrt der Kläger scheinbar nur eine Kontrolle des Preises -des Kommentars „S-E , UStG" innerhalb von Paketen und Modulen. Jedoch gelten auch hier die obigen Ausführungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Mitwirkung bei der Preisbestimmung. 96Nach Ansicht der Kammer gehört hierzu auch das „Bundling" von mehreren Werken zu einem bestimmten Rechtsgebiert oder Gesetz. Es ist der Kammer aus der eigenen Arbeit mit juristischen Online-Datenbanken bekannt, dass grundsätzlich den 9717 98Nutzern kein Zugriff auf alle vorhandenen Werke der Datenbank eingeräumt wird —es sei denn dies wird gegen entsprechende Kosten so gebucht. Regelmäßig stehen aus Kostengründen nur bestimmte Pakete zum Tätigkeits- oder Interessenschwerpunkt zur Verfügung. Dass hingegen einzelne Kommentare etwa wie ein E-Book gebucht werden, ist nicht üblich. Vor diesem Hintergrund muss es der Beklagten für ihre eigenen Kanäle und ihren Lizenznehmern für deren Datenbanken im Wege ihrer Online-Verwertungstätigkeit erlaubt sein, den hier gegenständlichen Kommentar in Paketen oder Modulen anzubieten und für diese Pakete oder Module einheitliche Preise zu bestimmen. Welchen Preis sie hierfür ansetzt, kann sie jedenfalls im Verhältnis zum Kläger frei bestimmen. Insoweit ist sie aber auch frei, die Gewichtung einzelner Werke innerhalb des Paketes und einen daraus folgenden Verteilungsschlüssel zu bestimmen. Dasselbe Recht steht den Lizenznehmern für deren Datenbanken zu. Es ist keine rechtliche Grundlage erkennbar, auf der der Kläger hier ein Mitbestimmungsrecht hätte. Denn auch hierbei handelt es sich schlussendlich um die Preisbestimmung des gegenständlichen Kommentars. Selbst wenn der Kläger also alle begehrten Informationen erhielte und der Meinung wäre, dass andere im Paket verbundene Werke zu stark gewichtet wären, so könnte er die Beklagte nicht zu einer Änderung ihrer Preispolitik veranlassen. Folgerichtig könnte er hiermit auch keine höheren Gesamterlöse herbeiführen und schlussendlich keinen höheren Vergütungsanspruch haben. 99ff) Der Klageantrag zu 7.) ist unbegründet. Mit diesem Auskunftsantrag begehrt der Kläger Informationen über Zugriffszahlen auf den streitgegenständlichen Kommentar auf den Online-Angeboten der Beklagten. Auch hierauf hat er keinen Anspruch aus § 24 VerIG, weil es sich insoweit nicht um eine Auskunft über den Absatz des verlegten Werkes handelt. Insoweit trägt der Kläger selbst nicht vor, dass er nach Zugriffszahlen zu vergüten wäre. Die Rechnungslegung nach § 24 VerIG kann sich also nur auf die konkreten finanziellen Umsätze beziehen, nicht aber auf dafür unbedeutende Parameter wie vorliegend die Zugriffszahlen. 100Dasselbe gilt für einen Anspruch nach §§ 259, 242 BGB. Mangels Anspruchs auf zugriffszahlenabhängige Vergütung kann der Kläger keinen akzessorischen Hilfsanspruch geltend machen. Hinzu kommt, dass der Kläger auch hier die Grenzen von Treu und Glauben überschreitet, soweit er die Angabe von Zugriffszahlen fordert, die die Beklagte gar nicht erhoben hat. Die Beklagte kann dann nicht unschwer Auskünfte erteilen. 10118 1022. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die mit Klageantrag zu 8.) begehrte zukünftige Zählung der Zugriffe der Nutzer auf Online-Angeboten der Beklagten oder zur Veranlassung der Lizenznehmer der Beklagten zur zukünftigen Zählung der Zugriffe von deren Nutzer. Hierfür ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Diese ergibt sich vor allem nicht aus dem Vertrag der Parteien. Eine Zugriffszählung ist selbstverständlich nicht konkret vereinbart, weil der Vertrag von 1993 ersichtlich keine dezidierten Regeln zur Online-Verwertung aufweist. Eine entsprechende Pflicht ist dem Vertrag aber auch nicht bei Auslegung vorhandener Klauseln oder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu entnehmen. Ein Pendant zur Zugriffszählung im analogen Printbereich existiert nicht. Im Übrigen sind die Auskunft- und Rechenschaftspflichten der Beklagten gegenüber dem Kläger im Vertrag nur rudimentär geregelt (siehe § 8 Abs. 5 des Vertrags). Auf dieser Grundlage besteht kein Grund zur Annahme, dass die Beklagte dem Kläger bei Kenntnis der Problematik im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Auskunft zu Zugriffszahlen zugestanden hätte. Dafür hätte auch keine Veranlassung bestanden, weil die Vergütung nur auf Grundlage der erzielten Erlöse, nicht aber auf Grundlage von Zugriffen ermittelt wird. 103Ein Anspruch aus gesetzlichen Vorschriften ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Soweit der Kläger einen Anspruch aus § 32 UrhG zur Begründung heranzieht, so wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. § 32 UrhG ist zwischen den Parteien nicht anwendbar. 104III. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO. 105IV. Der Streitwert wird auf 24.000,00 EUR festgesetzt. 106Eine Erhöhung des Streitwerts ist entsprechend der Anregung des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 13.10.2021 vorzunehmen. Der vorläufig festgesetzte Streitwert in Höhe von 10.000,- € spiegelt angesichts der weitgehenden Auskunftsbegehren und des Zeitraums von 2013 - 2018, mithin sechs Jahre, nicht die wirtschaftlichen Interessen des Klägers wieder. Mit der nunmehrigen Streitwertfestsetzung wird pro Jahr ein Betrag von 6.000,- € angesetzt, der angesichts der vorgetragenen Gesamtvergütung des Klägers für die Online-Verwertung des gegenständlichen Kommentars im Jahr 2016 in Höhe von 19.684,20 € netto nicht zu hoch erscheint | 1. die beklagte wird verurteilt, auskünfte zu erteilen, a) über die zahlungen der nutzer für die von ihr vertriebenen online-„paket"-angebote, in denen die online-fassung des kommentars „s-e , ustg" neben anderen werken enthalten ist, wobei nur die auf den kommentar 2 „s-e , ustg" entfallenden zahlungen anzugeben sind, für die jahre 2017 - 2018, jeweils für die einzelnen jahre; b) über die von ihr erhaltenen zahlungen von seiten der k gmbh, der m gmbh und anderer lizenznehmer für die nutzung von onlinepaketangeboten (sog. module), in denen die online-fassung des kommentars „s-e , ustg" enthalten ist, wobei nur die auf den kommentar „s-e , ustg" entfallenden zahlungen anzugeben sind, für die jahre 2017 - 2018, jeweils gesondert für die einzelnen lizenznehmer und die genannten jahre. 2. soweit nicht stattgegeben, werden die klageanträge zu 1.) und 2.) abgewiesen. außerdem werden die klageanträge zu 3.), 4.), 5.), 7.) und 8.) abgewiesen. 3. die kostenentscheidung bleibt dem schlussurteil vorbehalten. 4. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 5.000,- €. 1 | 2der kläger ist universitätsprofessor und seit 1988 mitautor des ustg-kommentars „s-e ". die beklagte ist ein bekannter verlag für juristische literatur, der u.a. den vorgenannten kommentar verlegt und herausgibt. die beziehungen der parteien sind grundlegend im beitritts-vertrag vom 30.07.1993 geregelt. grund der streitigkeiten zwischen den parteien ist die berechnung von vergütungen des klägers wegen online-nutzungen des o.g. kommentars, insbesondere bei den datenbanken k und m sowie in angeboten der beklagten selbst. es wird auf den tatbestand des urteils im vorangegangenen verfahren 14 o 2/17 zwischen denselben parteien verwiesen (siehe bi. 76 ff. ga). das nachfolgende urteil des olg köln vom 09.08.2019, az. 6 u 20/19, ist rechtskräftig geworden. es wird auf die dortigen gründe (siehe bi. 301 ff.ga) verwiesen. hierin forderte der kläger von der beklagten u.a. mit seinem antrag zu 1.) die zahlung von 101.457,06 € als vergütung für online-nutzungen für die jahre 2011 bis 2016. dieser antrag wurde abgewiesen. 33 4mit der jetzigen klage begehrt der kläger im wege der stufenklage (anträge 1.-6.) weitgehende auskünfte von der beklagten, um ihn in die lage zu versetzen, die vergütung mit blick auf die bemessungsgrundlagen zu kontrollieren. mit den anträgen zu 7. und 8. begehrt er zudem auskunft über zugriffszahlen bzw. zur zukünftigen zählung und auskunft der zugriffszahlen. im zusammenhang mit den zugriffszahlen meint er, dass eine vergütung anhand der zugriffszahlen vorzunehmen sei. 5die beklagte teilt dem kläger regelmäßig schlicht den gesamtbetrag der erzielten erlöse von online-nutzungen mit, von welchen er (nach dem urteil des olg köln zu recht) 22% erhält (vgl. etwa die abrechnung auf bi. 16 ga). ausweislich anlage k1 betrug der erlös „online" für das kalenderjahr 2016 insgesamt 211.261,42 €. der kläger hält die bemessung dieses gesamtbetrags der online-nutzungen für unzutreffend und fordert diverse auskünfte in diesem zusammenhang über die eigenen online-verwertungen der beklagten und solche von lizenznehmern, etwa der betreiberin der datenbank k . wegen der problematik des vertriebs des streitgegenständlichen kommentars in paketen bzw. modulen fordert er insoweit auch auskunft über verteilungsschlüssel innerhalb der werke der maßgeblichen pakete. 6der kläger stützt seine zum teil im rahmen der stufenklage geltend gemachten auskunftsanspruch auf § 24 verig und/oder §§ 259, 242 bgb jeweils mit blick auf vertraglich vergütungsansprüche sowie auf eine von ihm nach § 32 urhg zu fordernde angemessene vergütung. 7der kläger beantragt, 8die beklagte zu verurteilen 91. auskünfte zu erteilen über die zahlungen der nutzer für die von ihr vertriebene online-fassung des kommentars „s-e , ustg" und von online-„paket"-angeboten, in denen der kommentar neben anderen werken enthalten ist, für die jahre 2013 - 2018, jeweils für die einzelnen jahre; 104 112. auskünfte zu erteilen über die von ihr erhaltenen zahlungen und die unmittelbaren und mittelbaren geldwerten dienstleistungen von sei- 12ten der k gmbh, der m gmbh und.anderer lizenznehmer für 13die nutzung der online-fassungen des kommentars 14„s-e , ustg" und von online-paketangeboten (sog. modulen), in denen der kommentar enthalten ist, in den jahren 2013 bis 2018, jeweils gesondert für die einzelnen lizenznehmer und die 15genannten jahre; 163. auskünfte zu erteilen über die mit den unter 2. genannten lizenznehmern getroffenen vereinbarungen hinsichtlich 17a) der online-verwertungen des kommentars durch diese sowie 18b) der von diesen gegenüber der beklagten und ihren tochtergesellschaften zu erbringenden dienstleistungen; 194. auskünfte zu erteilen über die von den unter 2.) genannten lizenznehmern für die von diesen vertriebenen online-fassungen des kommentars „s-e, ustg" und von online-paketangeboten (sog. modulen), in denen der kommentar enthalten ist, von den nutzern bezogenen entgelte, im falle von modulen auch die verteilung der entgelte auf den kommentar und den dabei verwendeten verteilungsschlüssel, jeweils gesondert für die jahre 2013 bis 2018; 205 215. [neu] auskünfte zu erteilen bezüglich der von der beklagten bei der gegenüber dem kläger erfolgten abrechnung der online-erlöse und lizenzerlöse aus „paket-angeboten (sog. modulen), die den kommentar „s-e enthalten, 22a) über den angewendeten schlüssel zur verteilung der für das jeweilige „paket“' erlangten erlöse auf die dem „paket angehörenden werke und zeitschriften, 23b) über die kriterien zur bestimmung der diesen verteilungsschlüsseln von der beklagten zugrunde gelegten parametern für die enthaltenen werke und zeitschriften und 24c) über die verbreitung , die ladenverkaufspreise, den umfang der gedruckten ausgaben und der auflagen der den paketen (modulen) angehörenden werke; 256. [alt 5.] nach erteilung der auskünfte zu 1.) bis 5.) das sich danach für die jahre 2013 bis 2018 ergebende und zu beziffernde resthonorar des klägers zu zahlen. 267. [modifiziert alt 6.] auskünfte zu erteilen über die zahl der online-zugriffe der nutzer auf die von der beklagten angebotenen module, in denen der kommentar „s-e, ustg" enthalten ist, für die jahre 2016 bis 2018 gesondert nach der gesamtzahl der zugriffe auf das jeweilige modul und der gesamtzahl der zugriffe auf die dem modul angehörenden werke; 278. [modifiziert alt 7.] 28a) die zugriffe der nutzer der von der beklagten angebotenen module, in denen der kommentar „s-e" enthalten ist, ab dem der rechtskraft des urteils folgenden monat zu zählen und zwar 29aa) die jeweiligen zugriffe auf die den modulen jeweils angehörenden werke und 30bb) die zugriffe auf die erläuterungen des klägers im kommentar „s-e, ustg"; 31b) die unter 2.) genannten lizenznehmer zu veranlassen, die zugriffe der nutzer der von diesen angebotenen module, in denen der kommentar „s-e " enthalten ist, ab dem der rechtskraft des urteils folgenden monat zu zählen und zwar 32aa) die jeweiligen zugriffe auf die den modulen jeweils angehörenden werke und 33bb) die zugriffe auf die erläuterungen des klägers im kommentar „s-e , ustg"; 346 35c) im rahmen der von der beklagten gegenüber dem kläger erstellten abrechnungen auskünfte über die jeweiligen zahlen der zugriffe nach a) und b) ab dem der rechtskraft des urteils folgenden monat zu erteilen. 36die beklagte beantragt,die klage abzuweisen. 37die beklagte rügt für die jahre 2013-2016 entgegenstehende rechtskraft wegen des oben genannten urteils des olg köln. im übrigen erteilt sie in der klageerwiderung teils auskünfte (als sog. nullauskünfte) und wendet insoweit erfüllung ein. auskunftsansprüche bestünden aber jeweils deshalb nicht, weil die anwendung von § 32 urhg wegen § 132 abs. 3 urhg und dem abschluss des vertrags zwischen den parteien vor den entsprechenden stichtagen ausscheide. im übrigen sei die vergütung vereinbart, womit § 32 urhg ebenfalls unanwendbar sei. äußerst hilfsweise, sei die vergütung angemessen isv § 32 urhg, sogar höher als durchschnittliche beteiligungen im bereich der online-vermarktung von juristischen kommentaren. folglich könne der kläger in keinem fall zahlungsansprüche gegen die beklagte haben, sodass die auskunftsansprüche als hilfsansprüche ebenfalls unbegründet seien. der anspruch folge auch nicht aus § 24 verig, weil diese norm keine grundlage für die vom kläger begehrte "reine kostenausforschung" biete. 38zu den zugriffszahlen wendet die beklagte unmöglichkeit ein, weil sie keine zugriffszahlen innerhalb eines werks erhebe. für die zukunft sei dies nur mit enormem aufwand und unter programmierung ganz neuer strukturen möglich. 39in erwiderung dessen hält der kläger § 132 abs. 3 urhg nicht für anwendbar, weil es sich bei dem vertrag der parteien um ein dauerschuldverhältnis handele und mit jeder aktualisierung ein isoliert zu betrachtendes neues werk entstehe, für welches § 32 urhg dann zeitlich anwendbar sei. er ist der ansicht, das rechtskräftig abgeschlossene verfahren habe lediglich die frage betroffen, ob der kläger 22% oder 50% beteiligung erhalte; entgegenstehende rechtskraft liege nicht vor. für den kläger streite (der rechtsgedanke) des § 32d urhg. 40 | 417 42die klage ist nur zum teil zulässig und im zulässigen und entscheidungsreifen teil nur teilweise begründet. 43i. die klage ist nur teilweise zulässig. 44a) das landgericht köln ist zuständig. in sachlicher hinsicht folgt dies aus §§ 23, 71 abs. 1 gvg. die örtliche zuständigkeit des gerichts folgt aus §§ 12, 17 zpo, weil die beklagte ihren sitz in köln hat. 45b) die klage ist als (teilweise) stufenklage gern. § 254 zpo zulässig. dabei war in diesem teilurteil zunächst über die auskunftsstufe in den klageanträgen zu 1.) - 5.) sowie über die unabhängigen auskunftsanträge in den klageanträgen zu 7.) und 8.) zu entscheiden. eine entscheidung über die zahlungsstufe in klageantrag zu 6.) bleibt einem schlussurteil vorbehalten, soweit dieser wiederum zulässig ist (siehe nachfolgende ausführungen unter c)). 46c) die klage ist unzulässig, soweit die klageanträge zu 1.) - 6.) auskunft und zahlung für den zeitraum von 2013 bis 2016 begehren. der klage steht insoweit die rechtskraft des urteils des olg köln vom.09.08.2019, az. 6 u 20/19, entgegen. 47nach der ständigen rechtsprechung des bundesgerichtshofs verbietet die materielle rechtskraft nach § 322 abs. 1 zpo einer gerichtlichen entscheidung - als negative prozessvoraussetzung - eine neue verhandlung über denselben streitgegenstand; unzulässig ist deshalb eine erneute klage, deren streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen prozesses identisch ist. streitgegenstand eines rechtsstreits ist nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher anspruch, sondern der als rechtsschutzbegehren oder rechtsfolgenbehauptung verstandene, eigenständige prozessuale anspruch, der durch den klageantrag (rechtsfolge) und den lebenssachverhalt (klagegrund), aus dem der ki. die begehrte rechtsfolge herleitet, bestimmt wird (bgh, urteil vom 17.08.2011 - viii zr 20/11, beckrs 2011, 22313, rn. 9; urteil vom 19.11.2003 - viii zr 60/03, njw 2004, 1252, 1253; urteil vom 18.01.1985 - v zr 233/83, njw 1985, 1711, 1712). 48nach diesen grundsätzen hat das olg köln in seinem rechtskräftigen urteil dem kläger bereits für die hier beachtlichen jahre 2013 - 2016 einen zahlungsanspruch gegen die beklagte wegen einer höheren als der bereits außergerichtlich unstreitig 498 50gezahlten beteiligung an den erlösen aus der online-nutzung des kommentars „s-e , ustg" umfassend und ohne einschränkungen abgewiesen. der streitgegenstand bzw. der maßgebliche prozessuale anspruch sind im hiesigen verfahren sowie dem vorangegangenen rechtskräftig abgeschlossenen verfahren der parteien für die jahre 2013 bis 2016 identisch. der kläger forderte bzw. fordert in beiden verfahren für die jahre 2013 bis 2016 die zahlung höherer vergütung für die online-nutzung seiner beiträge des kommentars „s-e , ustg" durch die beklagte selbst sowie auf den juristischen datenbanken k und m . soweit er in diesem verfahren dem zahlungsbegehren einen auskunftsanspruch als hilfsanspruch im wege der stufenklage voranstellt, ändert dies nichts an der identität der streitgegenstände. der lebenssachverhalt ist jeweils identisch. auch die rechtsfolgenbehauptung des klägers, nämlich sein begehren weitere zahlungen für die online-nutzung seiner beiträge des o.g. kommentars beanspruchen zu können, ist identisch. der einzige unterschied ist ein nunmehr anderer begründungsansatz der nachforderung. während der kläger im rechtskräftig abgeschlossenen verfahren seinen angriff allein darauf gestützt hatte, dass ihm (von der höhe nach nicht angegriffenen) gesamterlösen aus der online-nutzung der beklagten mit dem o.g. kommentar mehr als 22% zustünden, stützt er sich nunmehr darauf, dass selbst bei ansatz seines anteils von 22% die gesamterlöse nicht zutreffend ermittelt worden seien. dies führt indes nicht zu einem anderen streitgegenstand. 51vielmehr ist es so, dass dieser neue angriff schon im vorprozess hätte vorgetragen werden können und mithin zur vermeidung einer rechtskräftigen entscheidung hätte 52vorgetragen werden müssen (vgl. zur verknüpfung von rechtskraft und präklusionsvorschriften auch bgh, urteil vom 22.09.2016 - v zr 4/16, njw 2017, 893). die geltendmachung von auskunftsansprüchen im wege der stufenklage zur ermittlung der gesamterlöse wäre auch schon zum zeitpunkt der klageerhebung im vorprozess möglich gewesen. der kläger kann mit seiner hiesigen klage auch nicht die präklusionsvorschriften für den vorprozess umgehen. zur zeit der klageeinreichung am 31.12.2018 hatte das olg köln über die berufung im vorprozess noch nicht entschieden. offenbar hat der kläger insoweit auch erkannt, dass seine neuen angriffe auf die höhe der gesamterlöse wegen § 531 zpo nicht mehr im berufungsverfahren eingebracht werden können. 53soweit der kläger ausführt, dass weder die hiesige kammer noch das olg köln in ihren entscheidungen die zusammensetzung der erlöse der beklagten mit den 549 55online-nutzungen des o.g. kommentars thematisierten, so spricht dies gerade dafür, dass der kläger die höhe und ermittlung dieser beträge in seiner früheren klage nicht angegriffen hat und • die befassten gerichte deshalb von einem unstreitigen sachverhalt ausgehen durften. insbesondere ist dem tatbestand des urteils der kammer vom 30.08.2018, az. 14 o 2/17, auf seite 3 im unstreitigen sachverhalt zu entnehmen, dass die verwertungserlöse für online-nutzungen für die jahre 2011 bzw. 2012 bis 2016 aufgeschlüsselt nach den plattformen k (10.849,90 €), m (21.713,70 €) und einer eigenverwertung der beklagten (41.938,57 €) streitgegenständlich waren und gerade nicht vom kläger bestritten oder sonst angegriffen worden sind. 56die auslegung des klägers, wonach sich der streitgegenstand des vorprozesses nur auf die ermittlung des anwendbaren prozentsatzes für die beteiligung des klägers an den erlösen aus der online-nutzung beschränkten, ist nicht überzeugend. der kläger hatte im rahmen eines einheitlichen klagebegehrens die zahlung eines konkreten betrages gefordert; die entsprechenden anträge wurden abgewiesen, worauf sich die materielle rechtskraft jedenfalls erstreckt. eine im hiesigen fall anzunehmende beschränkung der rechtskraft auf die feststellung eines anzusetzenden prozentsatzes ist auch den klägerseits zitierten urteilen des bgh (vom 09.04.1997 - iv zr 113/96, njw 1997, 1990; vom 15.07.1997 - iv zr 142/95, njw 1997, 3019; vom 2. 5. 2002 - iii zr 135/01, njw 2002, 2167; vom 27.07.2012 v zr 258/11, beckrs 2012, 19866; vom 22.09.2016 - v zr 4/16, njw 2017, 893) nicht zu entnehmen. denn die urteile betreffen sämtlich andere fallgestaltungen und rechtliche themenkomplexe. angesichts der oben dargestellten unstreitigen thematisierung und aufschlüsselung der erlöse der beklagten aus online-nutzungen stellt sich nicht die frage, ob der kläger im vorprozess ggf. eine verdeckte teilklage erhoben hat. er hat seinen anspruch trotz konkreter bezifferung in seinem zahlungsantrag auch darauf gestützt, dass ihm eine angemessene vergütung nach § 32 urhg zustehe. da er also neben der frage der vertraglichen auslegung, ob ihm 22% oder 50% der unstreitig gebliebenen erlöse zustehen, auch die angemessenheit der vergütung insgesamt zum gegenstand des rechtsstreits gemacht hat, ist er nicht mit dem argument zu hören, er habe mit seiner klage im vorprozess nur einen beschränkten teil seines anspruchs geltend machen wollen. im rahmen der bewertung der angemessenheit der vergütung nach § 32 urhg hätte der kläger insoweit einen unbezifferten antrag stellen können, hat hiervon aber offenbar abgesehen, weil eine höhere nachvergütung nach § 32 urhg als die 5710 58geltend gemachte vertragliche vergütung offenbar nicht in aussicht stand. hierbei ist auch zu beachten, dass sowohl die kammer (s. 30 des urteils vom 30.08.2018) als auch der senat des olg köln (s. 18 des urteils vom 09.08.2019) ausführungen zu einem anspruch des klägers aus § 32 abs. 1 s. 2 oder 3 urhg gemacht haben und auch einen solchen anspruch abgewiesen haben. auch handelt es sich bei dem jeweils geltend gemachten anspruch des klägers nicht um einen schadensersatzanspruch, der aus verschiedenen teilposten bestehen würde, wovon nur einige wenige im vorprozess vorgetragen worden wären. es handelte sich damals wie nun um vorrangig vertragliche ansprüche und nachrangig gesetzliche urheberrechtliche ansprüche, die die vergütung für urheberrechtlich geschützte werke betrifft. der kläger wechselt nunmehr im folgeprozess seine angriffsstrategie und stützt sich auch umstände, die im vorprozess unstreitig geblieben sind. bei einer gebotenen gesamtbetrachtung des klägerischen verhaltens kann demnach nicht davon ausgegangen werden, dass der kläger durch die führung einer verdeckten teilklage nur eine beschränkte rechtskraft herbeigeführt hätte. 59il. die klage, soweit entscheidungsreif, ist nur teilweise begründet. 601. der kläger hat zunächst dem grunde nach einen anspruch auf auskunft gegen die beklagte über die höhe und die zusammensetzung der erlöse aus der online-verwertung des kommentars „s-e , ustg" aus §§ 259, 242 bgb und § 24 verig in verbindung mit dem gemeinsamen vertrag zwischen den parteien für die jahre 2017 und 2018. der umfang dieses auskunftsanspruchs ist jedoch beschränkt. 61im einzelnen: 62a) die verpflichtung zur rechnungslegung besteht über den wortlaut des § 259 bgb hinaus in allen fällen, in denen jemand fremde angelegenheiten oder solche angelegenheiten besorgt, die zugleich eigene und fremde sind. sie besteht im rahmen von § 242 bgb bei jedem rechtsverhältnis, dessen wesen es mit sich bringt, dass der berechtigte in entschuldbarer weise über bestehen und umfang seines rechts im ungewissen, der verpflichtete hingegen in der lage ist, unschwer solche auskünfte zu erteilen (st. rspr. des bgh seit urteil vom 28.10.1953 - ii zr 149/52, njw 1954, 70; vgl. auch urteil vom 13.12.2001 - i zr 44/99, grur 2002, 602; urteil vom 8.2.2018 - iii zr 65/17, njw 2018, 2629). bei diesen auskunftsansprüchen handelt es sich um in ihrem bestand vom (wahrscheinlichen) 6311 64bestand des hauptrechts abhängige, allerdings selbstständige hilfsansprüche (vgl. ulrici, njw 2018, 2001 m.w.n. aus der rspr. des bgh, fn. 4). 65ergänzend gilt zwischen den parteien die spezialgesetzliche vorschrift des § 24 verig. nach dieser norm hat der verleger jährlich dem verfasser, der eine absatzvergütung fordern kann, für das vorangegangene geschäftsjahr rechnung zu legen und ihm, soweit es für die prüfung erforderlich ist, die einsicht seiner geschäftsbücher zu gestatten. bei der hier gegenständlichen vergütung des klägers in höhe von 22% der gesamterlöse der beklagten mit online-verwertungen handelt es sich um eine absatzvergütung. von dieser dispositiven regelung sind die parteien im gemeinsamen vertrag in § 8 abs. 5 (bi. 21 ga) allenfalls insoweit abgewichen, dass die beklagte zur halbjährlichen abrechnung zum 30.06. und 31.12. eines jahres binnen acht wochen berechtigt bzw. verpflichtet ist. offenbar wurde dieser abrechnungsmodus für die abrechnung der online-verwertungen jedoch tatsächlich nicht angewandt. 66b) der umfang der auskunftspflicht beschränkt sich allerdings auf die notwendigen informationen, mit denen der kläger seinen vertraglichen vergütungsanspruch auf plausibilität hin überprüfen kann. 67denn der akzessorische auskunftsanspruch nach §§ 259, 242 bgb dient nur als hilfsanspruch zur berechnung des vertraglichen vergütungsanspruchs, der nach dem oben zitierten urteil des olg köln 22% der erlöse der beklagten mit der online-verwertung des streitgegenständlichen kommentars beträgt. eine abweichende beurteilung ist für die jahre 2017 und 2018 nicht geboten, weil die parteien insoweit keine neue vereinbarung zur höhe der vergütung getroffen haben. der anspruch aus §§ 259, 242 bgb beschränkt sich im vorliegenden fall auf die angabe der gesamterlöse und allenfalls auf die erläuterung, aus welchen einzelpositionen sich diese gesamterlöse zusammensetzen. so ist insbesondere im hiesigen fall, in welchem unstreitig ist, dass die beklagte den gegenständlichen kommentar auf eigenen online-angeboten sowie über k und m als dritte verwertet, auch anzugeben, aus welcher quelle welche teilerlöse generiert worden sind. sollten weitere dritte in die verwertung involviert sein, so wären auch die insoweit generierten erlöse mitzuteilen. diese ergänzende angabe dient der kontrolle von etwaigen rechenfehlern sowie der plausibilitätskontrolle durch den kläger. auf weitere angaben hat der kläger indes nach ansicht der kammer keinen anspruch. 6812 69dies beruht auf der erwägung, dass der kläger gern. § 6 des gemeinsamen vertrags lediglich anregungen zu den verkaufspreisen des kommentars geben kann, jedoch in keiner weise berechtigt ist, die preise und sonstigen umstände der verwertung mitzubestimmen. diese unmittelbar für die printausgaben des kommentars geltende vertragsklausel ist jedoch auch auf die online-verwertungen zu übertragen. 70auch die rechnungslegung des verlages gegenüber dem autor nach § 24 verig hat keinen maßgeblich weiteren umfang. sie muss, da sie nur grundlage der berechnung des absatzhonorars sein soll, grundsätzlich nur die relevanten angaben über den absatz enthalten. weitere angaben (wie für den printbereich z. b. zu den herstellungskosten oder dem verlagsabgabepreis) muss der verlag dem autor ohne 71anderweitige vereinbarung nicht zugänglich machen(fromm/nordemann/nordemann-schiffel, urheberrecht, 12. aufl. 2018, verig § 24 rn. 5). bezogen auf ein absatzhonorar betreffend die online-verwertung eines juristischen kommentars ist nach § 24 verig demnach nur anzugeben, welche einnahmen erzielt worden sind. auch hier ist es zur fehler- und plausibilitätskontrolle angezeigt, dass der verlag die einzelnen posten der gesamterlöse nach verwertungskanal bzw. lizenznehmer (z.b. k und m ) angibt. weitergehende rechnungslegungspflichten erkennt die kammer hingegen nicht, weil auch hier der vertrag zwischen den parteien maßgeblich ist. weitere verlagsrechtliche sondervorschriften, die einen erweiterten umfang der rechnungslegung gebieten würden, sind nicht ersichtlich. nach § 21 verig hat die beklagte grundsätzlich das recht, den ladenpreis zu bestimmen, soweit nicht berechtigte interessen des verfassers verletzt werden. nur zur erhöhung dieses preises bedarf es stets der zustimmung des verfassers. mit blick auf die online-verwertung betrifft diese norm auch den preis für die lizenzierung auf eigenen kanälen oder an dritte als lizenznehmer. 72c) der kläger kann auch nicht weitergehende auskünfte mit dem argument fordern, er bereite mit einem auskunftsanspruch nach §§ 259, 242 bgb einen anspruch nach § 32 urhg vor. denn ein anspruch nach § 32 urhg besteht nach dem urteil des olg köln im vorprozess in keinem fall. der senat führte in diesem zusammenhang für die jahre bis 2016 unmissverständlich aus, dass § 32 urhg auf den maßgeblichen vertrag nicht anwendbar ist, weil dieser auf den altvertrag aus dem jahr 1993 gern. § 132 abs. 3 s. 3 urhg nicht anwendbar ist (siehe s. 19 des urteils). 7313 74die argumentation des klägers, dass es nicht auf den vertragsabschluss, sondern auf die durch die ständige überarbeitung des kommentars und der regelmäßigen ergänzungslieferungen maßgebliche zeit der werkaktualisierung ankommt, vermag nicht zu überzeugen. dieser modus der aktualisierung des ustg-kommentars „s-e " wurde auch bereits im vom olg köln bewerteten zeitraum bis 2016 durchgeführt. gleichwohl hat dies den senat nicht dazu bewogen, die anwendung von § 32 urhg entgegen § 132 abs. 3 s. 3 urhg anzunehmen. folglich erübrigen sich weitere ausführungen in diesem zusammenhang. 75c) soweit § 24 verig neben der rechnungslegung auch die einsicht in die geschäftsbücher gestattet, soweit es für die prüfung erforderlich ist, ändert dies auch nichts an dem umfang der auskunfts- bzw. rechnungslegungspflicht. auf das recht zur einsicht in die geschäftsbücher kommt es allerdings in hiesigem fall nicht weiter an, weil der kläger bei auslegung seiner klageanträge keine solche einsicht begehrt. er begehrt jeweils die erteilung von auskünften, womit er die aktive zuleitung von informationen durch die beklagte begehrt. dem einsichtsrecht wohnt es hingegen inne, dass hierfür der kläger aktiv werden müsste und die beklagte hierzu mitwirken bzw. gewisse handlungen dulden muss. der verlag muss dem autor nur die einsicht (vor ort) gestatten, ihm also nicht etwa die bücher oder kopien der relevanten passagen zusenden (fromm/nordemann/nordemann-schiffel, a.a.o., verig § 24 rn. 7). die anträge des klägers sind selbst bei weitester auslegung nicht so zu verstehen, dass er vor ort bei der beklagten einsicht nehmen möchte. 76d) auf dieser grundlage sind die klageanträge zu 1.) - 5.) sowie 7.) nur in ganz geringem umfang begründet: 77aa) der klageantrag zu 1.) ist nur insoweit begründet, als die beklagte hiermit auskünfte über die einnahmen der von ihr vertriebenen online-„paket"-angebote, in denen die online-fassung des kommentars „s-e , ustg" neben anderen werken enthalten ist, erteilen muss und zwar für die jahre 2017 und 2018. da der kläger jedoch keinen anspruch auf die mitteilung von einnahmen der beklagten mit anderen werken hat, bedarf dieser teil des auskunftstenors der weiteren einschränkung, dass nur die auf den kommentar „s-e , ustg" entfallenden zahlungen anzugeben sind. diese einschränkung konnte die kammer entgegen der formulierung des antrags von amts wegen vornehmen, weil dies ein 7814 79von § 308 abs. 1 zpo umfasstes „minus" zum formulierten auskunftsantrag darstellt, nicht jedoch ein „aliud". 80soweit der kläger außerdem die angabe über zahlungen der nutzer der beklagten an diese „für die von ihr vertriebene online-fassung des kommentars" alleine ohne bindung in einem „paket" beantragt, so ist dieser antrag bereits durch erfüllung gern. § 362 abs. 1 bgb erloschen. die beklagte hat in ihrer klageerwiderung unmissverständlich und mit erfüllungswillen mitgeteilt, dass eine isolierte verwertung des kommentars „s-e , ustg" durch die beklagte auf eigenen kanälen nicht erfolgt (s. 3 f. der klageerwiderung, bi. 60 f. ga). 81zur klarstellung weist die kammer noch darauf hin, dass die beklagte die zahlungen der nutzer der von ihr vertriebenen online-„paket"-angebote mit dem streitgegenständlichen kommentar kumuliert angeben darf und nicht etwa eine aufschlüsselung nach jedem einzelnen betrag pro nutzer vorzunehmen hat. eine solche aufschlüsselung ist für die von der kammer als maßgeblicher aspekt herausgearbeitete plausibilitätskontrolle nicht notwendig und würde in den grenzen des § 242 bgb unter berücksichtigung der grundsätze von treu und glauben zu einer unangemessenen belastung der beklagten führen. 82bb) auch der klageantrag zu 2.) ist nur insoweit begründet, als die beklagte hiermit auskünfte über die von ihr von lizenznehmern erhaltenen zahlungen für onlinepaketangebote (bzw. module), in denen die online-fassung des kommentars „s-e , ustg" enthalten ist, erteilen muss und zwar für die jahre 2017 und 2018. auch an dieser stelle bedarf dieser teil des auskunftstenors der weiteren einschränkung, dass nur die auf den kommentar „s-e , ustg" entfallenden zahlungen anzugeben sind. auch dies ist als „minus" von § 308 abs. 1 zpo gedeckt. 83soweit der kläger wiederum auskünfte zu erlösen aus einer einzelverwertung des kommentars durch lizenznehmer begehrt, ist der antrag ebenfalls nach § 362 abs. 1 bgb erfüllt und erloschen (s. 8 der klageerwiderung, bi. 65 ga). 84einen anspruch auf die auskunft zum erhalt von unmittelbaren oder mittelbaren geldwerten dienstleistungen von seiten der genannten bzw. ungenannter lizenznehmer besteht nicht. ein solcher erhalt würde nicht zu einer erhöhung der 8515 86vertraglichen vergütung bzw. der absatzvergütung führen, weil eine fiktive umrechnung solcher dienstleistungen hin zu lizenzerlösen keine grundlage im vertrag der parteien oder in verlagsrechtlichen sondervorschriften hat. der kläger hat auch keine vertraglichen rechte, die der beklagten den erhalt von unmittelbaren oder mittelbaren geldwerten dienstleistungen im zusammenhang mit der lizenzierung des gegenständlichen kommentars verbieten würden. soweit der kläger hiermit zu geringe preise für die lizenzierung des kommentars rügen möchte, erscheint § 21 verig schon deshalb nicht einschlägig, weil die parteien in § 6 des gemeinsamen vertrags vorrangig die freiheit der beklagten bei der preisbestimmung vereinbart haben. § 21 verig ist in vollem umfang dispositiv (fromm/nordemann/nordemann-schiffel, a.a.o., verig § 21 rn. 1). 87cc) der klageantrag zu 3.) ist unbegründet. nach den obigen ausführungen ist die begehrte auskunft zu vereinbarungen mit lizenznehmern nicht vom umfang der oben dargestellten rechtsgrundlagen gedeckt. es besteht kein unmittelbarer zusammenhang mit der vertraglichen (absatz-) vergütung, die von den tatsächlichen erlösen abhängt. es handelt sich auch nicht um eine rechnungslegung im sinne von § 24 verig, sondern um ein darüber hinausgehendes informationsbegehren. dies wäre nach §§ 259, 242 bgb nur dann gerechtfertigt, wenn es dazu dienen würde, den zahlungsantrag des klägers zu beziffern. 88so liegt der fall hier aber nicht. selbst wenn der kläger kenntnis von den getroffenen vereinbarungen hätte, so könnte er hiermit seinen auf nachfolgender stufe geltend gemachten zahlungsanspruch nicht berechnen. denn zunächst ist der kläger nach den obigen ausführungen nicht berechtigt, die preise für die lizenzierung des kommentars im online-bereich mitzubestimmen. soweit der kläger eine preiskontrolle begehrt, ist ihm dies also verwehrt. zum anderen hat der kläger auch nicht das recht, die beklagte zu etwaig nicht realisierten ansprüchen der beklagten gegen dritte zu bestimmen. dies folgert die kammer daraus, dass grundlage des klägerischen vergütungsanspruchs nur die tatsächlichen erlöse sind. nur wenn konkrete anhaltspunkte vorgetragen wären, dass die beklagte zum nachteil des klägers (und allen anderen autoren des kommentars) fällige ansprüche gegen dritte nicht realisieren würde, könnte dies anders zu sehen sein. diesbezüglicher vortrag ist jedoch nicht ersichtlich. 89soweit der kläger auch hier informationen zu dienstleistungen begehrt, die die beklagte erhält, gelten die obigen ausführungen zu klageantrag zu 2.) entsprechend. 9016 91mangels anspruchs auf auskunft über den erhalt solcher dienstleistungen hat derkläger erst recht keinen anspruch auf auskunft zu den zugrundeliegendenvereinbarungen. 92dd) der klageantrag zu 4.) ist unbegründet. hiermit begehrt der kläger die mitteilung der entgelte, die nutzer der lizenznehmer (vornehmlich k und m ) an diese gezahlt haben. dieses begehren ist wiederum nicht von der bloßen rechnungslegungspflicht zum absatzerlös nach § 24 verig umfasst. der kläger begehrt vielmehr eine rechnungslegung der lizenznehmer gegenüber der beklagten, wobei offen ist und auch offenbleiben kann, ob diese lizenznehmer hierzu gegenüber der beklagten verpflichtet sind. jedenfalls ist dem gemeinsamen vertrag nicht zu entnehmen, dass der kläger die beklagte dazu verpflichten kann, eine solche rechnungslegung von lizenznehmern oder sonstigen dritten einzufordern. 93der anspruch kann auch nicht auf §§ 259, 242 bgb gestützt werden, weil der kläger insoweit informationen fordert, von denen nicht auszugehen ist, dass sie die beklagte unschwer erteilen kann. damit verlässt der kläger seine nach § 242 bgb schutzwürdige position und fordert eine auskunft in die tiefe des vertriebsnetzes der beklagten hinein. 94im übrigen gelten die ausführungen zu klageantrag zu 3.) entsprechend. der kläger ist nicht zur preiskontrolle bei der beklagten berechtigt, also ist er erst recht nicht zu einer preiskontrolle auf der nachfolgenden lizenzkettenstufe berechtigt. auch an dieser stelle ist kein recht des klägers zu erkennen, zu bestimmen, dass etwaige durch lizenznehmer nicht realisierte offene forderungen einzuziehen wären. 95ee) der klageantrag zu 5.) ist ebenfalls unbegründet. mit diesem antrag begehrt der kläger scheinbar nur eine kontrolle des preises -des kommentars „s-e , ustg" innerhalb von paketen und modulen. jedoch gelten auch hier die obigen ausführungen. der kläger hat keinen anspruch auf mitwirkung bei der preisbestimmung. 96nach ansicht der kammer gehört hierzu auch das „bundling" von mehreren werken zu einem bestimmten rechtsgebiert oder gesetz. es ist der kammer aus der eigenen arbeit mit juristischen online-datenbanken bekannt, dass grundsätzlich den 9717 98nutzern kein zugriff auf alle vorhandenen werke der datenbank eingeräumt wird —es sei denn dies wird gegen entsprechende kosten so gebucht. regelmäßig stehen aus kostengründen nur bestimmte pakete zum tätigkeits- oder interessenschwerpunkt zur verfügung. dass hingegen einzelne kommentare etwa wie ein e-book gebucht werden, ist nicht üblich. vor diesem hintergrund muss es der beklagten für ihre eigenen kanäle und ihren lizenznehmern für deren datenbanken im wege ihrer online-verwertungstätigkeit erlaubt sein, den hier gegenständlichen kommentar in paketen oder modulen anzubieten und für diese pakete oder module einheitliche preise zu bestimmen. welchen preis sie hierfür ansetzt, kann sie jedenfalls im verhältnis zum kläger frei bestimmen. insoweit ist sie aber auch frei, die gewichtung einzelner werke innerhalb des paketes und einen daraus folgenden verteilungsschlüssel zu bestimmen. dasselbe recht steht den lizenznehmern für deren datenbanken zu. es ist keine rechtliche grundlage erkennbar, auf der der kläger hier ein mitbestimmungsrecht hätte. denn auch hierbei handelt es sich schlussendlich um die preisbestimmung des gegenständlichen kommentars. selbst wenn der kläger also alle begehrten informationen erhielte und der meinung wäre, dass andere im paket verbundene werke zu stark gewichtet wären, so könnte er die beklagte nicht zu einer änderung ihrer preispolitik veranlassen. folgerichtig könnte er hiermit auch keine höheren gesamterlöse herbeiführen und schlussendlich keinen höheren vergütungsanspruch haben. 99ff) der klageantrag zu 7.) ist unbegründet. mit diesem auskunftsantrag begehrt der kläger informationen über zugriffszahlen auf den streitgegenständlichen kommentar auf den online-angeboten der beklagten. auch hierauf hat er keinen anspruch aus § 24 verig, weil es sich insoweit nicht um eine auskunft über den absatz des verlegten werkes handelt. insoweit trägt der kläger selbst nicht vor, dass er nach zugriffszahlen zu vergüten wäre. die rechnungslegung nach § 24 verig kann sich also nur auf die konkreten finanziellen umsätze beziehen, nicht aber auf dafür unbedeutende parameter wie vorliegend die zugriffszahlen. 100dasselbe gilt für einen anspruch nach §§ 259, 242 bgb. mangels anspruchs auf zugriffszahlenabhängige vergütung kann der kläger keinen akzessorischen hilfsanspruch geltend machen. hinzu kommt, dass der kläger auch hier die grenzen von treu und glauben überschreitet, soweit er die angabe von zugriffszahlen fordert, die die beklagte gar nicht erhoben hat. die beklagte kann dann nicht unschwer auskünfte erteilen. 10118 1022. der kläger hat auch keinen anspruch auf die mit klageantrag zu 8.) begehrte zukünftige zählung der zugriffe der nutzer auf online-angeboten der beklagten oder zur veranlassung der lizenznehmer der beklagten zur zukünftigen zählung der zugriffe von deren nutzer. hierfür ist keine rechtsgrundlage ersichtlich. diese ergibt sich vor allem nicht aus dem vertrag der parteien. eine zugriffszählung ist selbstverständlich nicht konkret vereinbart, weil der vertrag von 1993 ersichtlich keine dezidierten regeln zur online-verwertung aufweist. eine entsprechende pflicht ist dem vertrag aber auch nicht bei auslegung vorhandener klauseln oder im wege der ergänzenden vertragsauslegung zu entnehmen. ein pendant zur zugriffszählung im analogen printbereich existiert nicht. im übrigen sind die auskunft- und rechenschaftspflichten der beklagten gegenüber dem kläger im vertrag nur rudimentär geregelt (siehe § 8 abs. 5 des vertrags). auf dieser grundlage besteht kein grund zur annahme, dass die beklagte dem kläger bei kenntnis der problematik im zeitpunkt des vertragsschlusses eine auskunft zu zugriffszahlen zugestanden hätte. dafür hätte auch keine veranlassung bestanden, weil die vergütung nur auf grundlage der erzielten erlöse, nicht aber auf grundlage von zugriffen ermittelt wird. 103ein anspruch aus gesetzlichen vorschriften ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. soweit der kläger einen anspruch aus § 32 urhg zur begründung heranzieht, so wird auf die obigen ausführungen verwiesen. § 32 urhg ist zwischen den parteien nicht anwendbar. 104iii. der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 709 s. 1 zpo. 105iv. der streitwert wird auf 24.000,00 eur festgesetzt. 106eine erhöhung des streitwerts ist entsprechend der anregung des klägers im nachgelassenen schriftsatz vom 13.10.2021 vorzunehmen. der vorläufig festgesetzte streitwert in höhe von 10.000,- € spiegelt angesichts der weitgehenden auskunftsbegehren und des zeitraums von 2013 - 2018, mithin sechs jahre, nicht die wirtschaftlichen interessen des klägers wieder. mit der nunmehrigen streitwertfestsetzung wird pro jahr ein betrag von 6.000,- € angesetzt, 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} | 7 K 4976/19 | 2021-11-17T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22. Mai 2019 verpflichtet, die am 26. Juni 2019 durchgeführte Veranstaltung „Auffrischungskurs in der Schilddrüsensonographie“ als Fortbildungsmaßnahme nach §§ 7 und 8 der Fortbildungsordnung anzuerkennen und mit sechs Fortbildungspunkten zu bewerten. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Bei der Klägerin handelt es sich um ein pharmazeutisches Unternehmen, welches eine Vielzahl von Arzneimitteln unter ihrem Namen in Deutschland in den Verkehr bringt. Außerdem unterstützt oder führt sie selbst ärztliche Fortbildungsveranstaltungen und Kongresse durch. Daneben betreibt sie an mehreren Standorten, u.a. auch in Deutschland größere Forschungszentren und fördert Forschungsvorhaben Dritter. Zudem ist sie Mitglied im Verband der forschenden Arzneimittelunternehmer. 3Mit der Klage begehrt sie die Anerkennung einer von ihr am 26. Juni 2019 durchgeführten Fortbildungsveranstaltung. 4Am 15. Mai 2019 beantragte sie bei der Beklagten die Anerkennung der von ihr am 26. Juni 2019 in den Räumen der nuklearmedizinischen Ambulanz der Uniklinik F. geplanten Fortbildungsveranstaltung „Sono-Kurs 2019, Auffrischungskurs in der Schilddrüsensonographie“. Als wissenschaftliche Leitung (Kursleiterin) wurde PD Dr. med. J. C. genannt. Außerdem übermittelte sie u.a. das Einladungsschreiben, den Ablaufplan, auf welchen sich auf jeder Seite ihr Firmenlogo befindet, das Anmeldungsformular, auf welchem ein Ansprechpartner der Klägerin aufgeführt ist und Konformitätserklärungen von ihr als Veranstalterin und der wissenschaftlichen Leitung sowie Erklärung zu finanziellen und nicht-finanziellen Interessen für Referenten und Kursleiter der wissenschaftlichen Leitung und der übrigen Referenten. 5Mit Ablehnungsbescheid vom 22. Mai 2019 lehnte die Beklagte die Anerkennung der vorgenannten Veranstaltung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Gemäß § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur Fortbildungsordnung dürften Einladungen, Programme und Schulungsmaterialien von anerkennungsfähigen Fortbildungsmaßnahmen keine sonstigen Elemente von Firmen- und/oder Produktwerbung aufweisen. In den Antragsunterlagen würden die Teilnehmer von der Klägerin eingeladen. Auf der Einladung und dem Ablaufplan sei das Logo der Klägerin abgebildet. Das erwecke den Eindruck, dass die Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sei und verstoße deshalb gegen die Bestimmungen der Beklagten. Dem Bescheid ist eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, wonach innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Bescheides Klage erhoben werden könne. 6Mit E-Mail vom 11. Juni 2019 legte die Klägerin dagegen „Widerspruch“ ein und bat die Beklagte, den Antrag noch einmal zu prüfen. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dieses Veranstaltungsformat finde mit ca. 32 Einzelveranstaltungen deutschlandweit in dieser Form im dritten Jahr statt. In den vergangenen Jahren seien für die Veranstaltung Fortbildungspunkte durch die Beklagte anerkannt worden. Der Ablauf und die Unterlagen seien nicht verändert worden. Alle Vorträge seien strikt auf Wissenschaft und Forschung bezogen und hätten keinerlei Produktbezug. 7Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es nach nochmaliger Überprüfung bei dem angegriffenen Bescheid bleibe. 8Die in Rede stehende Veranstaltung wurde am 26. Juni 2019 in den Räumen der Ambulanz der Nuklearmedizin der Uniklinik F. durchgeführt. 9Am 1. Juli 2019 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend macht, die Klage sei zulässig und begründet. Der Bescheid sei ausweislich des darauf befindlichen Eingangsstempels des Eventmanagement am 3. Juni 2019 bei ihr eingegangen, so dass die Klage fristgerecht erhoben sei. Ungeachtet dessen sei die Rechtsbehelfsbelehrung unzutreffend, weil eine Zustellung des Bescheides weder vorgesehen noch erfolgt sei. Der Zulässigkeit der Klage stehe auch nicht entgegen, dass die Veranstaltung schon durchgeführt worden sei. Zwar sähen § 7 Abs. 1 der Fortbildungsordnung der Beklagten (FBO) und § 5 Abs. 1 der Richtlinie zur FBO vor, dass die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen grundsätzlich vor ihrer Durchführung erfolge und eine nachträgliche Anerkennung grundsätzlich nicht möglich sei. Das könne sich jedoch nur auf den dafür erforderlichen Antrag beziehen. Eine nachträgliche Anerkennung müsse jedoch möglich sein, wenn das Anerkennungsverfahren ordnungsgemäß durchlaufen sei und lediglich Streit über das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen bestünde.Letztere lägen auch vor. Das auf den vorgelegten Unterlagen aufgebrachte Logo könne nicht den Eindruck erwecken, dass die Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sei. Dabei handele es sich nicht um ein „sonstiges Element von Firmen- und/oder Produktwerbung“. Vielmehr stelle dies eine übliche Gestaltung von Geschäftsunterlagen dar. Zudem diene es der in dem ersten Spiegelstrich des § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur FBO geforderten Herstellung der Transparenz der Sponsoren. Auch unter Berücksichtigung von Abschnitt 6 der Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer, wonach Art und Höhe der Sponsorleistungen zu nennen seien und die Nennung nicht als Marketingmittel missbraucht werden dürfe, könne die bloße Verwendung eines Firmenlogos nicht als Missbrauch angesehen werden. In § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur FBO sei nicht bestimmt, dass das Logo nur auf der letzten Seite des Programms genannt werden dürfe. Im Übrigen sei nicht ersichtlich inwieweit dieses die Natur der Fortbildungsmaßnahme beeinflusse oder auch nur beeinflussen könne. Aus § 8 Abs. 2 der Richtlinie zur FBO ergebe sich nicht, dass die Einladung nur von dem wissenschaftlichen Leiter ausgesprochen werden könne, vielmehr könne auch sie selbst als Veranstalterin die Einladung aussprechen. Schließlich enthalte die Einladung mit dem Hinweis auf eine verbesserte Jodversorgung keine Werbung für ihre Produkte, insbesondere auch nicht für die von ihr hergestellten und in den Verkehr gebrachten Jodtabletten. 10Die Klägerin beantragt, 11die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22. Mai 2019 zu verpflichten, die am 26. Juni 2019 durchgeführte Veranstaltung „Auffrischungskurs in der Schilddrüsensonographie“ als Fortbildungsmaßnahme nach §§ 7 und 8 der Fortbildungsordnung anzuerkennen und mit sechs Fortbildungspunkten zu bewerten. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung macht sie u.a. geltend, die Klage sei wegen Versäumung der Klagefrist bereits unzulässig. Der Ablehnungsbescheid habe das Haus der Beklagten entsprechend dem „Leistungsverzeichnis für die Ärztekammer Nordrhein“ bereits am 22. Mai 2019 verlassen und wäre nach typischen Geschehensablauf der Klägerin am 23. Mai 2019 zugegangen. Im Softwaresystem sei am 22. Mai 2019 ein Abvermerk vermerkt worden. Der Bescheid sei am 22. Mai 2019 gedruckt und unterschrieben worden. Von dem Originalbescheid sei eine Kopie erstellt und im Ordner „Schriftswechsel“ abgelegt worden. Der Originalbescheid sei in die Post gegeben worden. Ein Brief verlasse tagegleich das Haus. Die Zugangsvermutung des § 41 Abs. 2 VwVfG NRW müsse auch hier gelten, da der Postzugang am 3. Juni 2019 aller Lebenswahrscheinlichkeit widerspreche. Ein atypischer Geschehensablauf sei von der Klägerin nicht dargelegt worden. Dies könne auch nicht mehr im Nachhinein erfolgen. Der Eingangsstempel der Klägerin könne einen späteren Eingang nicht belegen, weil er sich ersichtlich nicht auf den Eingang bei der Klägerin sondern auf den internen Eingang bei der zuständigen Abteilung beziehe. 15Die Klage sei aber auch unbegründet. Nach § 8 Abs. 2 der Richtlinie zur FBO müsse für jede Maßnahme ein wissenschaftlicher Leiter bestimmt werden, der verantwortlich für die Auswahl der Themen und Referenten sowie „für die unabhängige, umfassende und ausgewogene Information der Teilnehmerinnen und Teilnehmer“ verantwortlich sei. Dazu gehöre auch, dass der wissenschaftliche Leiter die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu der von ihm verantworteten Veranstaltung einlade. Die Einladung sei hier jedoch von der Klägerin auf ihrem Briefpapier erfolgt. Die Klägerin verstoße auch gegen § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur FBO, wonach der Sponsor nur auf der letzten Seite des Programms genannt werden dürfe, die Nennung nicht als Marketingmittel missbraucht werden dürfe und u.a. Einladungen und Programme keine sonstigen Elemente von Firmen-/Produktwerbung aufweisen dürften. Gerade wenn wie hier Veranstalter und Sponsor zusammen fielen, müsse der Grundsatz der Neutralität und Transparenz besonders beachtet werden. Dem widerspreche es, dass die Klägerin die Einladung im eigenen Namen auf eigenem Briefpapier verfasst habe und auf jeder Seite des Ablaufplans sowie der Einladung ihr Logo in Großbuchstaben prominent platziert sei. Dadurch werde die Nennung als Marketingmittel missbraucht. Jeder, der den Sono-Kurs besuche, solle die Klägerin damit in Verbindung bringen. Unzulässig sei auch die verdeckte Produktwerbung in der Einladung, in welcher die Klägerin die verbesserte Jodversorgung der Bevölkerung erwähne und damit Werbung für die von ihr hergestellten Jodtabletten in die Einladung integriert habe. Auch die von der Klägerin selbst initiierte Schilddrüseninitiative Q. werde darin beworben. Durch die Anerkennung einer Veranstaltung werde berufsrechtliche Unbedenklichkeit signalisiert, daher sei eine Ablehnung schon dann auszusprechen, wenn Bedenken bestünden. Letztlich bestünden auch Zweifel an der Arztöffentlichkeit der Veranstaltung gem. § 8 Abs. 2 FBO, weil ein Außendienstmitarbeiter der Klägerin in der Anmeldung benannt werde. Wenn die Anmeldungen ausschließlich über die Klägerin erfolgt seien, läge ein weiterer Ablehnungsgrund vor. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach– und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage ha Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. 19Die Klage ist zulässig. Sie ist fristgerecht erhoben. Gemäß § 74 Abs. 2 und 1 VwGO muss die Klage, wenn – wie hier – gemäß § 110 Abs. 1 S. 2 JustG NRW ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts Klage erhoben werden. Der Lauf der Klagefrist setzt daher die wirksame Bekanntgabe des Verwaltungsakts und eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, vgl. § 58 VwGO, voraus. 20Wann vorliegend die Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 22. Mai 2019 durch einfachen an die Klägerin gerichteten Brief erfolgt ist, ist zweifelhaft, kann aber offenbleiben, weil die dem angegriffenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung unzutreffend ist. 21Die Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakts ist analog § 130 BGB anzunehmen, wenn dem Betroffenen der Verwaltungsakt mit Willen und Wissen der Behörde eröffnet wird und dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat, 22vgl. Ramsauer/Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 20. Aufl. 2019, § 41 Rn. 6. 23Für einen schriftlichen Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, bestimmt § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW, dass dieser am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt. Das gilt nach Satz 3 der Vorschrift jedoch nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und im Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Der Eintritt der Zugangsfiktion setzt daher voraus, dass der Zeitpunkt der Aufgabe zur Post bekannt ist. 24Vorliegend kann offen bleiben, ob der Tag der Aufgabe zur Post, der sich nicht aus einem sonst üblichen Abvermerk mit Datum und Paraphe in den übersandten Akten der Beklagten ergibt, 25vgl. dazu Ramsauer/Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 20. Aufl. 2019, § 41 Rn. 39b 26mit dem Hinweis auf das Leistungsverzeichnis über Inhauspost der Beklagten und dem Abvermerk im Softwaresystem hinreichend nachgewiesen werden kann. Ebenso kann offen bleiben, ob die Klägerin einen späteren Eingang des angegriffenen Bescheides durch den auf diesem befindlichen Eingangsstempel des Eventmanagements nachgewiesen hat. Insoweit räumt sie selbst ein, dass das Schriftstück nicht schon bei Eingang in ihren Machtbereich einen Stempel erhält, sondern erst dann, wenn die Post intern auf die zuständige Abteilung verteilt worden ist. Das mag – wie die Klägerin behauptet – in der Regel am gleichen Tag geschehen. Ob dies im vorliegenden Fall tatsächlich so gewesen ist, lässt sich jedoch mangels Eingangsstempels der Poststelle nicht sicher feststellen. 27Das kann aber letztlich alles dahinstehen, weil die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO nicht in Lauf gesetzt worden ist; vielmehr war die Erhebung der Klage gemäß § 58 Abs. 2 VwGO binnen eines Jahres möglich. Danach ist die Einlegung eines Rechtsmittels innerhalb eines Jahres seit der Zustellung Eröffnung oder Verkündung zulässig, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn die darin enthaltenen Angaben geeignet sind, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs nennenswert zu erschweren, 28vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 25. Auflage 2019, § 58 Rn. 12. 29So liegt der Fall hier. Die dem angegriffenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung lautet: „Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Klage erhoben werden …“. Nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO ist die Klage jedoch für den Fall, dass – wie hier – ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Das Gesetz knüpft den Lauf der Klagefrist mithin nicht an die Zustellung des Bescheides, sondern an dessen bloße Bekanntgabe. Die Formulierung, dass gegen den Bescheid innerhalb eines Monats „nach seiner Zustellung“ Klage erhoben werden kann, ist auch geeignet, die Erhebung der Klage für die Klägerin zu erschweren. Ihr war der Bescheid nicht zugestellt worden, sondern lediglich mit einfachen Brief übersandt worden. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung war daher geeignet, bei der Klägerin die Vorstellung hervorzurufen, dass die Klagefrist nur bei einer förmlichen Zustellung des Bescheides in Lauf gesetzt wird, nicht aber bei einer schlichten Bekanntgabe und daher mangels Zustellung des Bescheides noch gar nicht läuft. Durch die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung war der Klägerin zudem der Zugang zu der für die Fristberechnung maßgeblichen Vorschrift des § 41 Abs. 2 VwVfG NRW erschwert, 30vgl. zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung bei der Formulierung Zustellung statt Bekanntgabe: OVG NRW, Beschlüsse vom 4. März 2004 – 16 E 641/02 –, vom 14. April 1987 – 14 A 1626/86 – und vom 21. Januar 1986 – 14 B 2369/85 –, jeweils juris. 31Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere fehlt der Klägerin nicht deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die in Rede stehende Fortbildungsveranstaltung, für die sie die Anerkennung erstrebt, bereits stattgefunden hat. 32Das Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses der Klägerin ergibt sich aus § 5 Abs. 2 der Fortbildungsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 23. November 2013 (FBO) sowie § 95d Abs. 3 SGB V. 33Dazu hat das OVG NRW in seinem Beschluss vom 14. Juni 2013 – 13 A8 189 / 11 – ausgeführt: 34„Nach § 5 der Satzung wird ein Fortbildungszertifikat erteilt, wenn der Arzt oder die Ärztin innerhalb eines der Antragstellung vorausgehenden Zeitraums von fünf Jahren Fortbildungsmaßnahmen abgeschlossen hat, die in der Summe 250 Punkte erreichen. Da die streitgegenständliche Veranstaltung im August 2008 durchgeführt wurde, wäre ihre - auf dem Rechtsweg durchgesetzte - Anerkennung für teilnehmende Ärzte im Hinblick auf ein von diesen bis zum August 2013 beantragtes Fortbildungszertifikat noch immer von Nutzen. 35Darüber hinaus kann nach § 95d Abs. 3 Satz 4 und 5 SGB V ein Vertragsarzt die für einen Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung noch binnen zwei Jahren nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums ganz oder teilweise nachholen, wodurch eine ansonsten zwingende Honorarkürzung endet. Folglich ist eine gerichtliche Verpflichtung zur Anerkennung einer Fortbildungsmaßnahme für die Teilnehmer auch noch innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf der Fünfjahresfrist von Nutzen. Für eine ansonsten drohende Entziehung der Zulassung mangels Fortbildung ergibt sich dies aus § 95d Abs. 3 Satz 6 SGB V. 36Solange eine nachträgliche Anerkennung einer Veranstaltung für die teilnehmenden Ärzte noch von Nutzen ist, hat auch der für die jeweilige Zertifizierung antragsberechtigte Veranstalter wegen der damit für ihn verbundenen Werbewirkung noch ein Rechtsschutzinteresse an der gerichtlichen Durchsetzung eines etwaigen Anspruchs auf Zertifizierung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Thema der Veranstaltung wie hier einen zentralen Aufgaben- bzw. Wirkungsbereich des Veranstalters betrifft. 37Es ist auch nicht erkennbar, dass den Erfolgsaussichten eines Verpflichtungsbegehrens des Klägers nach Abschluss der Fortbildung § 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung "Fortbildung und Fortbildungszertifikat" der Beklagten entgegenstünde. Danach können "grundsätzlich" nur solche Fortbildungsmaßnahmen der Kategorien A bis D, G und H (im Sinne des § 6 Abs. 2) der Erteilung des Zertifikats zugrundegelegt werden, welche vor ihrer Durchführung von einer Ärztekammer anerkannt worden sind. 38Die Verwendung des Begriffs "grundsätzlich" ohne Nennung von Kriterien für die Annahme eines Regel- bzw. eines Ausnahmefalls dürfte bereits zu unbestimmt sein. Jedenfalls verstieße diese Vorschrift gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn sie auch für den Fall der - seitens des Klägers vorgenommenen - fristgerechten Einreichung des Anerkennungsantrags regelmäßig eine Berücksichtigung von Veranstaltungen ausschließen würde, die nicht noch vor ihrem Beginn anerkannt worden sind. 39Bei einem solchen Normverständnis hätte es die Beklagte selbst in der Hand, durch Verzögerung der Antragsbearbeitung die Anerkennung einer Veranstaltung bzw. deren Nutzen für das Fortbildungszertifikat der Teilnehmer zu verhindern. Daher hat die Beklagte ihren Ablehnungsbescheid zu Recht weder auf die bereits eingetretene Beendigung der Veranstaltung noch auf § 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung "Fortbildung und Fortbildungszertifikat" gestützt. 40Schließlich dürfte das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) einer Beurteilung eines Verpflichtungsbegehrens als unzulässig allein wegen bereits erfolgter Durchführung der Fortbildungsveranstaltung entgegenstehen. Das streitgegenständliche Verwaltungsverfahren verdeutlicht exemplarisch, dass eine Entscheidung der Beklagten über fristgerecht eingereichte Anträge auf Anerkennung auch ohne schuldhaftes Zögern nicht immer bis zur Durchführung der jeweiligen Fortbildungsveranstaltungen möglich ist, z.B. weil gewisse Unterlagen nachgefordert werden müssen oder weil zeitliche Verzögerungen wegen personeller Engpässe (Krankheit, Urlaub, Mutterschutz) bei der Beklagten oder bei den - satzungsgemäß - vor einer Entscheidung um Stellungnahme gebetenen Sektionsvorständen eintreten. Effektiver Rechtsschutz wird sich in diesen Fällen regelmäßig nicht bzw. nur in beschränktem Maße im Rahmen eines - auf Vorwegnahme der Hauptsache - gerichteten Eilverfahrens nach § 123 VwGO erzielen lassen. 41Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 6 B 61.06 -, NVwZ 2007, 227 (228).“ 42Im Ergebnis ebenso: VG München, Urteil vom 17. Juni 2021 – M 27 K 19.5022 – und VG Berlin, Urteil vom 27. Februar 2014 – 9 K 150.12 –, juris. 43Diesen Ausführungen schließt sich die Einzelrichterin auch bezogen auf die aktuelle Fortbildungsordnung vom 23. November 2013 (FBO) an. Nach § 5 Abs. 2 FBO wird einer Ärztin oder einem Arzt ein Fortbildungszertifikat erteilt, wenn er innerhalb eines der Antragstellung vorausgegangenen Zeitraums von fünf Jahren Fortbildungsmaßnahmen abgeschlossen hat, welche in ihrer Summe die nach den Bestimmungen des § 6 ermittelte Mindestbewertung von 250 Punkten erreichen, sodass eine Anerkennung der in Rede stehenden, am 26. Juni 2019 durchgeführten Veranstaltung für die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte noch für ein bis zum Juni 2024 beantragtes Fortbildungszertifikat von Nutzen wäre. Für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte wäre die Anerkennung dieser Fortbildungsmaßnahme gemäß § 95d Abs. 3 S. 4 und 5 SGB V sogar noch innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf der Fünfjahresfrist von Nutzen, sodass der Veranstalter aufgrund der damit für ihn verbundenen Werbewirkung bis zum Ablauf dieses Zeitraums ein Rechtsschutzbedürfnis an einer gerichtlichen Durchsetzung eines etwaigen Anspruchs auf Zertifizierung seiner Veranstaltung hat. 44Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. 45Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; die Klägerin gegen die Beklagte hat einen Anspruch auf die begehrte Zertifizierung der Fortbildungsveranstaltung vom 26. Juni 2019 „Sono–Kurs 2019 – Auffrischungskurse in der Schilddrüsensonografie“ mit sechs Fortbildungspunkten. 46Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf die Zertifizierung der genannten Fortbildungsveranstaltung sind §§ 7 und 8 der gemäß § 23 Abs. 1 Heilberufsgesetz (HeilBerG) NRW als Satzung erlassenen Fortbildungsordnung der Beklagten. 47Entsprechend § 3 Abs. 1 Nr. 4 HeilBerG NRW ist die Ärztekammer für die Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltung zuständig. Gemäß § 7 Abs. 1 FBO erfolgt die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen gegenüber dem Veranstalter, das ist vorliegend die Klägerin. 48Nach § 8 Abs. 1 FBO setzt die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen voraus, dass1. die Fortbildungsinhalte den Zielen der Fortbildungsordnung entsprechen;2. die Vorgaben der Berufsordnung eingehalten werden;3. die Inhalte frei von wirtschaftlichen Interessen sind und Interessenkonflikte des Veranstalters und der Referenten offengelegt werden.Nach Abs. 2 soll die Fortbildungsmaßnahme arztöffentlich sein. Abs. 3 bestimmt außerdem, dass für Fortbildungsmaßnahmen der Kategorie des § 6 Abs. 3 grundsätzlich eine Ärztin oder ein Arzt als wissenschaftliche Leiterin oder wissenschaftlicher Leiter bestellt und bei Präsenzfortbildungen anwesend sein muss. Die bestellte wissenschaftliche Leiterin oder der wissenschaftliche Leiter muss eine Selbstauskunft über mögliche Interessenkonflikte vorlegen. Schließlich verlangt § 8 Abs. 3 S. 3 FBO, dass Interessenkonflikte des Veranstalters, der wissenschaftlichen Leitung und der Referentin und Referenten gegenüber den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Fortbildungsmaßnahme offengelegt werden. 49Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die am 26. Juni 2019 durchgeführte Fortbildungsmaßnahme der Klägerin „Sono-Kurs 2019 – Auffrischungskurs in der Schilddrüsensonografie“ erfüllt. 50Die Fortbildungsinhalte der Veranstaltung entsprachen den Zielen der Fortbildungsordnung. Gemäß § 1 FBO dient die Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten dem Erhalt und der kontinuierlichen Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenz zur Gewährleistung einer hochwertigen Patientenversorgung und Sicherung der Qualität ärztlicher Berufsausübung. Inhaltlich soll die Fortbildung nach § 2 FBO unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und medizinischer Verfahren das zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenz notwendige Wissen in der Medizin und der medizinischen Technologie vermitteln. Sie soll sowohl fachspezifische als auch interdisziplinäre und fachübergreifende Kenntnisse, die Einübung von klinisch-praktischen Fähigkeiten sowie die Verbesserung kommunikativer und sozialer Kompetenzen umfassen. 51Die in Rede stehende Fortbildungsmaßnahme der Klägerin, mit einem zunächst knapp einstündigen Vortrag zur Schilddrüsensonografie und Diagnostik und anschließender angeleiteter praktischer Übung, bei der zunächst die Grundeinstellung des Sonografie-Gerätes für aussagekräftige Sonobilder geübt, anschließend gegenseitige Sonographien der Teilnehmer einschließlich volumetrischer Bestimmung der Schilddrüse und Befunddokumentation vorgenommen und schließlich Patienten mit unterschiedlichen Schilddrüsenerkrankung wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Knotenstruma und autonomen Adenom oder Schilddrüsenteilresektion vorgestellt werden, entspricht den in §§ 1 und 2 FBO genannten Zielen und Inhalten. Denn sie ist geeignet, die berufliche Kompetenz in der Handhabung der Sonografie-Geräte und im Bereich der Sonografie speziell der Schilddrüse zu erhalten und weiterzuentwickeln. Das wird von der Beklagten letztlich nicht bestritten. 52Auch werden die Vorgaben der Berufsordnung eingehalten. Die an der Veranstaltung der Klägerin teilnehmenden Ärzte verletzen mit ihrer Teilnahme nicht die ihnen in §§ 30 ff der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 14. November 1998 in der Fassung vom 16. November 2019 (BO) auferlegten Pflichten zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen das in § 32 (BO) enthaltene Verbot unerlaubter Zuwendungen. Dabei kann dahinstehen, ob die Anerkennung einer Fortbildungsmaßnahme von der Einhaltung dieser Satzungsbestimmung überhaupt abhängig gemacht werden darf, weil diese ihrem Wesen nach ausschließlich an die Pflichtmitglieder der Beklagten adressiert ist und möglicherweise nicht auf die Rechtsausübung außenstehender Dritter, wie der Klägerin, erstreckt werden kann, 53vgl. dazu VG Hamburg, Urteil vom 22. September 2020 - 17 K 1326 / 20 –, S. 16 des UA. 54Die kostenlose Teilnahme an der von der Klägerin durchgeführten Veranstaltung ist für die teilnehmenden Ärzte nicht berufswidrig. Gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 BO ist die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe nicht berufswidrig, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. In Satz 2 der Vorschrift ist zudem bestimmt, dass der für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung gewährte Vorteil unangemessen ist, wenn er über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinausgeht. Nach Abs. 3 ist die Annahme von Beiträgen Dritter zur Durchführung von Veranstaltungen (Sponsoring) ausschließlich für die Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen und nur in angemessenem Umfang erlaubt. Das Sponsoring ist bei der Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung offenzulegen.Diesen Anforderungen genügt die Veranstaltung der Klägerin. Das Sponsoring ist auf dem Anmeldeformular offengelegt. Die teilnehmenden Ärzte haben mit ihrer für sie kostenfreien Teilnahme an der Veranstaltung und dem anschließenden ebenfalls kostenfreien Imbiss mit Getränken auch nicht gegen ihre Verpflichtung verstoßen, geldwerte Vorteile nur in angemessener Höhe und bei der Teilnahme von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen nur in Form notwendiger Reisekosten und Tagungsgebühren anzunehmen, da die Gesamtaufwendungen der Klägerin für die Veranstaltungen von insgesamt 1.495,- Euro bei 15 erwarteten Teilnehmern und vier Zeitstunden nicht unangemessen sind und die den teilnehmenden Ärzten gewährten Vorteile über das, was mit den Tagungsgebühren üblicherweise abgedeckt wird, nicht hinausgehen. 55Die von der Klägerin angebotene Fortbildungsmaßnahme erfüllt schließlich auch die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO. Der Inhalt ist frei von wirtschaftlichen Interessen und Interessenkonflikte des Veranstalters und der Referenten sind offengelegt. 56Bei dem Erfordernis der Freiheit von wirtschaftlichen Interessen handelt es sich der Sache nach um einen in eine Anspruchsvoraussetzung gekleideten Ausschlusstatbestand, für den die Beklagte darlegungs– und beweispflichtig ist, 57vgl. VG Hamburg, Urteil vom 22. September 2020 – 17 K 1326 / 20 – S. 21 UA. 58Diesen Nachweis hat die Beklagte nicht geführt. 59Insoweit stützt sie ihre gegenteilige Ansicht unter Bezugnahme auf die von ihr erlassene Richtlinie zur FBO darauf, dass die Einladung zu der Veranstaltung nicht durch den wissenschaftlichen Leiter, sondern die Klägerin als Veranstalterin und als Sponsor der Fortbildungsveranstaltung erfolgt ist, sich auf der Einladung und jeder Seite des vorgelegten Ablaufplans das Firmenlogo der Klägerin befindet, und sie mit dem Hinweis in ihrer Einladung auf die Notwendigkeit ausreichender Jodversorgung und auf die von ihr initiierte Schilddrüsen-Initiative Q. Werbung für von ihr hergestellte Jodtabletten und für die von ihr initiierte Schilddrüsen-Initiative Q. macht. 60Die so begründete Versagung der Beklagten hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Bei dem Tatbestandsmerkmal des § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO, dass „der Inhalt frei von wirtschaftlichen Interessen sein soll“, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Inhalt im Wege einer teleologischen Auslegung zu ermitteln ist. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist die praktische Umsetzung der in der Fortbildungsordnung normierten Fortbildungsziele und Fortbildungsinhalte zu gewährleisten. Hierdurch soll ein wichtiger Beitrag zur Wahrung und Verbesserung der ärztlichen Handlungskompetenz und damit der anhaltend guten ärztlichen Versorgung der Bevölkerung erbracht werden. Dieser Zweck erfordert es, dass eine Fortbildungsmaßnahme inhaltlich ausschließlich an den Kategorien der fachlichen Richtigkeit und Relevanz orientiert ist. Dies bedeutet, dass die jeweiligen Fortbildungsinhalte im Hinblick hierauf nicht ökonomischen Interessen (Dritter) untergeordnet oder auch nur nachgeordnet werden dürfen, 61vgl. VG Hamburg Urteil vom 22. September 2020 – 17 K 1326 / 20 –, 62und dient damit der Gewährleistung des für die ärztliche Berufsausübung elementaren Grundsatze der ärztlichen Unabhängigkeit (§ 30 BO). 63Das Freisein der Fortbildungsinhalte von wirtschaftlichen Interessen schreibt auch § 95d SGB V vor, der die Pflicht der Vertragsärzte zur fachlichen Vorbildung regelt. Dieses Erfordernis soll einem Interessenkonflikt zwischen medizinischen Notwendigkeiten und ökonomischen Begehrlichkeiten vorbeugen und deutlich machen, dass strikt fachbezogene Fortbildungsinhalte zu gewährleisten sind, 64vgl. VG Berlin, Urteil vom 27. Februar 2014 – 9 K 150.12 –, juris Rn. 22. 65Nach der Gesetzesbegründung zu § 95d SGB V sind Fortbildungsinhalte insbesondere dann nicht frei von wirtschaftlichen Interessen, wenn ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, ein Medizinprodukthersteller, ein Unternehmen vergleichbarer Art oder eine Vereinigung solcher Unternehmen eine produktbezogene (Hervorhebung durch das Gericht) Informationsveranstaltung durchgeführt oder den Teilnehmern an einer solchen Veranstaltung entsprechende Mittel zuwendet, 66vgl. Bundestagsdrucksache 15/1525, S. 110. 67Dementsprechend sehen die Empfehlung zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer vom 24. April 2015 unter Punkt 3 „Fortbildungsinhalte“ in Abs. 3 Spiegelstrich 11 vor, dass die Fortbildungsinhalte unabhängig von ideologischen und wirtschaftlichen Interessen sein müssen. 68Angesichts dieses Sinn und Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO steht daher nicht jedes wirtschaftliche Interesse, das ein Veranstalter oder Sponsor mit der Durchführung oder (finanziellen) Unterstützung der Veranstaltung verbindet, der Anerkennung entgegen, da andernfalls ökonomisch motiviertes Sponsoring von Fortbildungsveranstaltungen faktisch ausgeschlossen wäre, obwohl dies gesetzlich grundsätzlich zulässig ist, vgl. § 7 Abs. 2 HWG. Auch die Beklagte geht ausweislich ihrer Regelungen etwa in § 32 Abs. 2 und 3 BO und § 8 der Richtlinie zur FBO ersichtlich davon aus. Entsprechendes gilt für die Regelungen unter Punkt 6 „Neutralität und Transparenz in den Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer. Das VG Hamburg hat in seinem Urteil vom 22. September 2020 – 17 K 1326 / 20 – dazu ausgeführt: 69„Jeder Wirtschaftsakteur, der in die Durchführung einer solchen Veranstaltung investiert, tut dies, weil er einen Zusammenhang seiner ökonomischen Interessen mit den jeweiligen Inhalten für gegeben hält. Er sieht die Investitionen gerade deshalb als lohnend an, weil er seine ökonomischen Belange insoweit wie vermittelt auch immer, gefördert sieht.“ 70Vor diesem Hintergrund müssen über ein allgemeines wirtschaftliches Interesse des Sponsors an der Fortbildungsmaßnahme hinaus Hinweise dazu vorliegen, dass die wirtschaftlichen Interessen des Sponsors gerade Einfluss auf die Gestaltung der Fortbildungsinhalte selbst genommen haben und diese sich nicht mehr ausschließlich an fachbezogenen Kriterien orientieren, oder dass das Sponsoring ein solches Ausmaß angenommen hat, dass zu befürchten ist, die ärztliche Tätigkeit der Teilnehmer werde im Anschluss an die Fortbildungsmaßnahme nicht mehr unbeeinflusst von den wirtschaftlichen Interessen des Sponsors bleiben. Nur in diesen Fällen muss die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen versagt bleiben. Denn ein die ärztliche Unabhängigkeit nicht tangierendes Sponsoring ärztlicher Fortbildungsmaßnahmen will der Gesetzgeber aus guten Gründen gerade nicht verhindern. So setzt etwa § 299a StGB für die Strafbarkeit der Vorteilsannahme bei der Berufsausübung im Gesundheitswesen immer die „Unlauterkeit“ voraus. 71Nach Maßgabe dessen kann nicht festgestellt werden, dass die von der Klägerin durchgeführte Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen ist. Die von der Beklagten insoweit angeführten Umstände und Einwände betreffen sämtlich nicht den fachlichen Inhalt der Veranstaltung, mit dem sie sich überhaupt nicht auseinandersetzt. Bezogen auf die Veranstaltung selbst liegen keinerlei Anhaltspunkte für kommerzielle Einflüsse auf ihren Inhalt vor. Inhalt der Veranstaltung ist der Umgang mit Sonografie Geräten, die Durchführung dieser bildgebenden Verfahren sowie die Auswertung der erhobenen Befunde und damit letztlich das Erlernen und Anwenden einer ärztlichen Untersuchungsmethode. Dass die Klägerin, die als pharmazeutisches Unternehmen vor allem Mittel für eine medizinische Behandlung (auch von Schilddrüsenerkrankung) produziert, die aber nicht Herstellerin solcher Sonografie-Geräte ist, auf den Inhalt dieser Veranstaltung aus wirtschaftlichen Interessen Einfluss nimmt, erscheint fernliegend. 72Das Gebot der Freiheit von wirtschaftlichen Interessen wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Klägerin in der Einladung auf eine ausreichende Jodversorgung in der Bevölkerung hinweist. Insbesondere ist damit entgegen der Auffassung der Beklagten schon keine Produktwerbung verbunden. Jod ist ein chemisches Element. Dieses kann sowohl durch die Nahrung insbesondere den Verzehr von Meeresfrüchten und Seefischen als auch durch die Verwendung von jodiertem Speisesalz aufgenommen werden. Daneben gibt es eine Vielzahl von Herstellern von Jodtabletten. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer ausreichenden Jodversorgung der Bevölkerung einen spezielles Produkt der Klägerin beworben wird. Entsprechendes gilt soweit in der Einladung auf die von der Klägerin initiierte Schilddrüsen-Initiative Q. hingewiesen wird. Bei dieser handelt es sich um eine Gemeinschaftsaktion verschiedener Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin, dem Berufsverband Dt. Nuklearmediziner e.V., sowie dem Berufsverband Deutscher Krankenhausapotheker, der Bundesapothekerkammer und dem deutschen Apothekerverband. Im Rahmen der Schilddrüsen-Initiative Q. gab es in der Vergangenheit verschiedene pharmafinanzierte Datenerfassung, auf die in unterschiedlichen Fachzeitungen Bezug genommen wird, 73vgl. insoweit nur: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/inhalt-36-2001/medizin2-36-2001/, https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Jeder-Dritte-hat-Schilddruesen-Veraenderungen-ohne-es-zu-wissen-318883.html, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/04/23/abtasten-lassen-ob-alles-ok-ist, http://springermedizin.de/schilddruesenultraschallscreening-initiative-papillon/8037600. 74Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass mit dem Hinweis der Klägerin auf diese Initiative eine produktbezogene Werbung verbunden ist. Auch lässt er keinen Schluss darauf zu, dass die Veranstaltung nicht fachbezogene Fortbildungsinhalte enthält und sich inhaltlich nicht ausschließlich an den Kategorien der fachlichen Richtigkeit und Relevanz orientiert ist, sondern diese ökonomischen Interessen (Dritter), nämlich der Klägerin, unterordnet oder auch nur nach geordnet werden. Ebenso wenig ist zu befürchten, dass die teilnehmenden Ärzte aufgrund dessen ihre ärztliche Tätigkeit nicht mehr unbeeinflusst von den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin ausführen werden. 75Auch die Verwendung des Logos der Klägerin auf der Anmeldung und jeder Seite des Ablaufplans lässt für sich allein nicht den Schluss auf eine Einflussnahme der Klägerin auf die Fortbildungsinhalte und die Annahme zu, dass diese nicht frei von wirtschaftlichen Interessen der Klägerin sind. Gegenstand der Fortbildungsveranstaltung war das Erlernen und Vertiefen einer Untersuchungsmethode mithilfe eines Sonografie-Gerätes. Inwiefern aus der Verwendung des Firmenlogos auch eine Einflussnahme auf die Inhalte dieser Fortbildungsmaßnahme geschlossen werden kann, erschließt sich daher nicht. Dazu hat sich die Beklagte auch nicht verhalten. Soweit sie ihre ablehnende Entscheidung auf § 8 Abs. 4 der von ihr auf der Grundlage von § 9 FBO erlassenen Richtlinie zur Fortbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein vom 6. Juli 2016 (Richtlinie zur FBO) stützt, vermag dies ihre Entscheidung nicht zu rechtfertigen. § 8 Abs. 4 S. 1 dieser Richtlinie bestimmt, dass Fortbildungsmaßnahmen, die vom pharmazeutischen Unternehmen, Herstellern von Medizinprodukten oder sonstigen Dritten finanziell unterstützt werden (Sponsoring) nur dann anerkennungsfähig sind, wenn das Sponsoring im Umfang und Form, Inhalt und Präsentation die Fortbildungsmaßnahme nicht beeinflusst. Dazu werden im Satz 2 in mehreren Spiegelstrichen verschiedene Vorgaben gemacht. Im Spiegelstrich 1 ist u.a. geregelt, dass der Sponsor und die Art/finanzielle Höhe der Leistung aus Gründen der Transparenz bei Präsenzveranstaltungen auf der/den letzten Seiten des Programms genannt werden müssen. In Spiegelstrich 2 ist bestimmt, dass die Nennung (des Sponsors) nicht als Marketingmittel missbraucht werden darf. Im Spiegelstrich 8 ist außerdem vorgesehen, dass Einladungen, Programme und Schulungsmaterialien von anerkennungsfähigen Fortbildungsmaßnahmen keine sonstigen Elemente von Firmen– und/oder Produktwerbung aufweisen dürfen. 76Es spricht bereits einiges dafür, dass der Vorstand der Ärztekammer Nordrhein in der von ihm erlassenen Richtlinie keine weiteren (inhaltlichen) Versagungsgründe bestimmen darf, die in der FBO selbst nicht benannt sind. Denn es spricht alles dafür, dass in den Richtlinien zur Fortbildungsordnung nur Vorgaben zu Form und Verfahren bestimmt werden dürfen. So ist die in § 9 FBO enthaltene Ermächtigung zum Erlass der in Rede stehenden Richtlinie mit „Verfahren der Anerkennung von Fortbildungsmaßnahme“ überschrieben. Auch der Wortlaut des § 9 Abs. 1 FBO „Zum Anerkennungsverfahren (Hervorhebung durch das Gericht) erlässt die Ärztekammer Richtlinien…“ belegt diese Annahme. Die nachfolgenden Ziffern des § 9 Abs. 1 FBO sehen dementsprechend Vorgaben u.a. für Fristen, Inhalt und Form von Anträgen vor. Zwar ist in § 9 Abs. 1 Ziffer 7 FBO bestimmt, dass in den Richtlinien ergänzende Anforderungen für die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahme bestimmter Kategorien des § 6 Abs. 3, zu denen die Veranstaltung der Klägerin unstreitig zählt, geregelt werden können. Aus der vorgenannten Formulierung in § 9 Abs. 1 1. HS FBO ergibt sich aber, dass auch diese ergänzenden Anforderungen für die Anerkennung lediglich das Verfahren selbst betreffen können. Angesichts dessen spricht vieles dafür, dass die in § 9 FBO enthaltene Ermächtigung nicht zum Erlass weiterer - über die in § 8 FBO genannten Anforderungen hinausgehender - Versagungsgründe in der Richtlinie zur FBO berechtigt. 77Aber auch aus der Richtlinie selbst ergibt sich, dass die dort aufgezählten Aspekte nur dann eine Versagung der Anerkennung rechtfertigen können, wenn sie den Inhalt der Fortbildungsmaßnahme in dem oben beschriebenen Sinne beeinflussen. So ist in § 8 Abs. 1 der Richtlinie zur FBO noch einmal aufgenommen, dass die Inhalte der Fortbildungsmaßnahmen frei von wirtschaftlichen Interessen gehalten werden (müssen). In § 8 Abs. 4 S. 1 der Richtlinie zur FBO heißt es zudem ausdrücklich, dass Fortbildungsmaßnahmen die u.a. von pharmazeutischen Unternehmen gesponsert werden, nur dann anerkennungsfähig sind, wenn das Sponsoring in Umfang und Form, Inhalt und Präsentation die Fortbildungsmaßnahme nicht beeinflusst. Die von der Beklagten beanstandeten Elemente der Einladungen, Programme und Schulungsmaterialien müssten daher geeignet sein, die Annahme zu rechtfertigen, dass mit ihnen Einfluss auf den Inhalt der Fortbildungsmaßnahmen genommen wird. Das ist mit der Verwendung des Logos der Klägerin auf der Einladung schon deswegen nicht der Fall, weil die Klägerin zugleich auch Veranstalterin der Fortbildung ist und als solche zu der Veranstaltung einlädt. Auch mit Blick auf den oben beschriebenen Inhalt der Fortbildungsmaßnahme selbst ist eine solche Annahme nicht nachvollziehbar. Dass das an die teilnehmenden Ärzte ausgeteilte Programm völlig neutral sein muss, wie die Beklagte meint, lässt sich den zugrunde liegenden Regelungen schon nicht entnehmen. Im Gegenteilt bestimmt § 8 Abs. 4 1. Spiegelstrich gerade, dass der Sponsor und die Art/finanzielle Höhe auf dem Programm zu finden sein müssen. Im Übrigen wird, worauf die Klägerin zurecht verweist, mit dem aufgebrachten Logo dem in § 8 Abs. 3 und 4 der Richtlinie aufgestellten Transparenzgebot Rechnung getragen. Auch soweit die Beklagte darauf verweist, dass gemäß § 8 Abs. 4 S. 2 der Richtlinie der Sponsor und die Art/finanzielle Höhe der Leistung aus Gründen der Transparenz bei Präsenzveranstaltung auf der/den letzten Seite/Seiten des Programms genannt werden sollen, ist eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Diese Vorschrift dient, wie der eindeutige Wortlaut belegt, der Transparenz und soll den Teilnehmern ermöglichen, ein eigenständiges wirtschaftliches Interesse eines Dritten zu erkennen. Ähnliches gilt für die in § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO geforderte Offenlegung von Interessenkonflikten des Veranstalters und der Referenten. Dazu ist in den Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer unter Nr. 6 „Transparenz und Offenlegung von Interessenkonflikten, § 32 Abs. 3 MBO, § 8 Abs. 1 Nr. 3 MFO“ in Absatz 4 ausgeführt:“Zweck der Offenlegung von potentiellen Interessenkonflikten ist, dass der Teilnehmer sowie die anerkennende Ärztekammer die Möglichkeit erhalten, sich eine Meinung über die Interessenlage des Veranstalters/Referenten/wissenschaftlichen Leiters zu bilden.“ 78Die Bestimmung in § 8 Abs. 4 Siegelstrich 1 Richtlinie zur FBO, dass der Sponsor und die Art/finanzielle Höhe der Leistung bei Präsenzveranstaltungen auf der letzten Seite/Seiten des Programms genannt werden müssen, dient zudem dazu, Klarheit darüber zu verschaffen, an welcher Stelle diese Information zu finden ist und verhindert damit, dass Teilnehmer sämtliche Unterlagen der Tagung auf der Suche nach einem möglichen Sponsor durchforsten müssen. Insofern dient diese Vorgabe ebenfalls der bezweckten Transparenz. Dass die Nennung des Sponsors nur auf der letzten Seite erfolgen darf, lässt sich dagegen weder dem Wortlaut noch dem genannten Sinn und Zweck der Regelung entnehmen. Entgegen der Auffassung der Beklagten erscheint das Firmenlogo der Klägerin auch nicht als derart prominent, dass von einem Missbrauch als Marketingmittel im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 2 Spiegelstrich 2 der Richtlinie zur FBO oder einer unzulässigen Firmenwerbung im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 2 Spiegelstrich 8 der Richtlinie zur FBO mit der Folge ausgegangen werden muss, dass die Ärztinnen und Ärzte ihre berufliche Tätigkeit im Anschluss an diese Veranstaltung nicht mehr unbeeinflusst von wirtschaftlichen Interessen der Klägerin erfüllen werden, zumal sich die Beklagte – wie ausgeführt – mit dem Inhalt der Fortbildungsveranstaltung überhaupt nicht auseinander gesetzt hat. Dies gilt entgegen der von der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Teilnehmer das Programm mit dem auf jeder Seite befindlichen Logo der Klägerin in die Fortbildungsveranstaltung hineinnehmen und dieses während der Veranstaltung in dem Raum vorliegt. Soweit sie darin einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 4. Spiegelstrich FBO sieht, wonach die Anerkennung einer Fortbildungsmaßnahme die Beachtung der Vorgaben der „Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung“ der Bundesärztekammer in der jeweils gültigen Fassung verlangt, kann offen bleiben, ob ein genereller und dynamischer Verweis auf sämtliche jeweils aktuelle Vorgaben in den Empfehlungen der Bundesärztekammer als Versagungsgrund hinreichend konkret wäre, 79vgl. zur Problematik dynamischer Verweisungen im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratiegebot: BVerfG, Beschluss vom 11. März 2020 – 2 BvR 5/17 -, juris, Rn. 79, 80weil ein Verstoß gegen diese Vorgaben nicht vorliegt. Insbesondere sind die unter Nr. 6 „Neutralität und Transparenz“ aufgeführten Vorgaben nicht verletzt, wonach die Freiheit von wirtschaftlichen Interessen dadurch zu gewährleisten ist, dass eine Fortbildung so geführt werden muss, dass eine transparente und strenge Abgrenzung zwischen fachlicher Fortbildung und anderen Aktivitäten besteht. Denn die Mitnahme des Programms mit dem auf jeder Seite befindlichen Logo stellt keine andere Aktivität dar, die von der fachlichen Fortbildung zu trennen wäre. Auch stellt das mit dem Logo der Klägerin versehene Programm kein Informationsmaterial dar, das – wie in den Empfehlungen der Bundesärztekammer vorgesehenen - nur getrennt von der fachlichen Fortbildungsmaßnahme (außerhalb der Räume in der die Fortbildung stattfindet) verteilt werden darf. Vor diesem Hintergrund ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin als Veranstalterin und die wissenschaftliche Leitung eine unzutreffende Konformitätserklärung abgegeben haben, weil sie Vorgaben der „Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung“ der Bundesärztekammer entgegen ihrer Erklärung nicht eingehalten haben. 81Schließlich rechtfertigt auch die Tatsache, dass die Einladungen zur Fortbildung von der Klägerin und nicht von der wissenschaftlichen Leitung der Fortbildung erfolgt sind und auf dem Anmeldeformular die Telefonnummer eines Außendienstmitarbeiters der Klägerin genannt ist, nicht die Annahme, die Fortbildungsmaßnahme sei nicht frei von wirtschaftlichen Interessen in dem oben beschriebenen Sinne. Das Erfordernis, dass die Einladungen durch den wissenschaftlichen Leiter der Fortbildungsveranstaltung zu erfolgen haben, lässt sich weder der FBO der Beklagten noch der dazu ergangenen Richtlinie entnehmen. Insoweit wird in § 8 Abs. 2 der Richtlinie zur FBO nur bestimmt, dass für jede Veranstaltung eine wissenschaftliche Leiterin/ein wissenschaftlicher Leiter benannt werden muss, die/der Fortbildungsmaßnahme wissenschaftlich verantwortet und für eine strukturierte Evaluation sorgt (Satz 1). Sie/er ist nach S. 2 der Vorschrift zuständig für die Auswahl der Themen und Referenten sowie für die unabhängige, umfassende und ausgewogene Information der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Danach ist der wissenschaftliche Leiter verantwortlich für die inhaltliche Ausrichtung der Veranstaltung in sachlicher und persönlicher Hinsicht. Dass er darüber hinaus die rein organisatorische Aufgabe der Einladung der Teilnehmer übernehmen muss, lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Auch aus dem Sinn und Zweck, der Gewährung der Unabhängigkeit des Inhalts der Fortbildungsmaßnahme von den wirtschaftlichen Interessen Dritter, insbesondere der Sponsoren, lässt sich ein solches Erfordernis nicht herleiten. Vielmehr ist es typischerweise die Aufgabe eines Veranstalters, die organisatorischen Dinge zu regeln, zu denen auch die Versendung von Einladungen und die Entgegennahme von Anmeldung einschließlich der Überwachung der Teilnehmerzahl gehören. Angesichts dessen hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, die die Verantwortung für die Einladung auch auf die wissenschaftliche Leitung der Veranstaltung überträgt. 82Soweit die Beklagte die Arztöffentlichkeit der Veranstaltung in Frage stellt, ist schon die dazu gegebene Begründung, dass in der Einladung ein Außendienstmitarbeiter der Klägerin genannt wird und die Anmeldungen möglicherweise ausschließlich über die Klägerin erfolgt sind, nicht nachvollziehbar. Selbst wenn diese Umstände als gegeben unterstellt werden, ist nicht ersichtlich, warum die Veranstaltung deshalb für (andere) Ärzte nicht zugänglich gewesen sein sollte. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die in § 8 Abs. 2 FBO geforderte Arztöffentlichkeit nicht gewahrt war. Der Inhalt der Veranstaltung ist typischerweise nur für Ärzte in Bezug auf ihre ärztliche Tätigkeit von Interesse. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung zur Bekanntmachung der Veranstaltung vorgetragen, dass die in Frage kommenden Ärzte nach einem unternehmensinternen Verteilungssystem zu der Veranstaltung eingeladen würden. Auch Ärzte, die nicht angeschrieben worden seien und von der Veranstaltung auf andere Weise erfahren hätten, könnten an der Veranstaltung teilnehmen, so dass auch die Vorgabe des § 4 Abs. 2 der Richtlinie zur FBO, wonach grundsätzlich jede Ärztin/jeder Arzt Zugang zu der Fortbildungsmaßnahme haben muss, erfüllt war. Ob trotz der fehlenden Bewerbung der Fortbildungsveranstaltung im Internet auch die von § 4 Abs. 2 der Richtlinie zur Fortbildungsordnung in Bezug genommenen Vorgaben der Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer in Nr. 5 „Qualitätsanforderungen an Fortbildungsmaßnahmen“ zur Organisation, wonach Teilnehmer sich rechtzeitig, umfassend, verbindlich und in einer leicht zugänglichen Form über die Fortbildungsmaßnahmen informieren können müssen, eingehalten sind, kann dahinstehen. Insofern bestehen schon erhebliche Zweifel, ob die nur über die Richtlinien zur FBO in Bezug genommenen Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer zulässiger Weise weitergehende Vorgaben und Versagungsgründe enthalten können. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung durch die Aufnahme einer zertifizierten Fortbildungsveranstaltung in ihren Veranstaltungskalender zur Bekanntmachung einer Veranstaltung und damit zur Arztöffentlichkeit beiträgt, kann sie die Versagung der Anerkennung einer Fortbildungsveranstaltung, deren Anerkennung sie – wie vorliegend - zuvor zu Unrecht aus anderen Gründen abgelehnt hat und deswegen eine Aufnahme der Fortbildungsmaßnahme in den Veranstaltungskalender unterblieben war, nicht mehr auf die – mangels ausreichender Bekanntmachung - fehlende Arztöffentlichkeit stützen. 83Schließlich sind auch, wie von § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO verlangt, Interessenkonflikte der Klägerin und der Referenten offen gelegt worden. 84Da andere Ablehnungsgründe von der Beklagten nicht genannt werden, hat die Klägerin einen Anspruch auf Anerkennung und Bewertung der von 16:00 bis 20:00 Uhr dauernden Veranstaltung mit praktischer Übung mit sechs Fortbildungspunkten gemäß § 6 Abs. 3 FBO entsprechend der Kategorie C. 85Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. 86Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 87Rechtsmittelbelehrung: 88Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 89Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 90Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 91Die Berufung ist nur zuzulassen, 921. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 932. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 943. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 954. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 965. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 97Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 98Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 99Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 100Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 101Beschluss: 102Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. 103Gründe: 104Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 105Rechtsmittelbelehrung: 106Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 107Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 108Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 109Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 110Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 111War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die beklagte wird unter aufhebung ihres bescheides vom 22. mai 2019 verpflichtet, die am 26. juni 2019 durchgeführte veranstaltung „auffrischungskurs in der schilddrüsensonographie“ als fortbildungsmaßnahme nach §§ 7 und 8 der fortbildungsordnung anzuerkennen und mit sechs fortbildungspunkten zu bewerten. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar.die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2bei der klägerin handelt es sich um ein pharmazeutisches unternehmen, welches eine vielzahl von arzneimitteln unter ihrem namen in deutschland in den verkehr bringt. außerdem unterstützt oder führt sie selbst ärztliche fortbildungsveranstaltungen und kongresse durch. daneben betreibt sie an mehreren standorten, u.a. auch in deutschland größere forschungszentren und fördert forschungsvorhaben dritter. zudem ist sie mitglied im verband der forschenden arzneimittelunternehmer. 3mit der klage begehrt sie die anerkennung einer von ihr am 26. juni 2019 durchgeführten fortbildungsveranstaltung. 4am 15. mai 2019 beantragte sie bei der beklagten die anerkennung der von ihr am 26. juni 2019 in den räumen der nuklearmedizinischen ambulanz der uniklinik f. geplanten fortbildungsveranstaltung „sono-kurs 2019, auffrischungskurs in der schilddrüsensonographie“. als wissenschaftliche leitung (kursleiterin) wurde pd dr. med. j. c. genannt. außerdem übermittelte sie u.a. das einladungsschreiben, den ablaufplan, auf welchen sich auf jeder seite ihr firmenlogo befindet, das anmeldungsformular, auf welchem ein ansprechpartner der klägerin aufgeführt ist und konformitätserklärungen von ihr als veranstalterin und der wissenschaftlichen leitung sowie erklärung zu finanziellen und nicht-finanziellen interessen für referenten und kursleiter der wissenschaftlichen leitung und der übrigen referenten. 5mit ablehnungsbescheid vom 22. mai 2019 lehnte die beklagte die anerkennung der vorgenannten veranstaltung ab. zur begründung führte sie im wesentlichen aus: gemäß § 8 abs. 4 der richtlinie zur fortbildungsordnung dürften einladungen, programme und schulungsmaterialien von anerkennungsfähigen fortbildungsmaßnahmen keine sonstigen elemente von firmen- und/oder produktwerbung aufweisen. in den antragsunterlagen würden die teilnehmer von der klägerin eingeladen. auf der einladung und dem ablaufplan sei das logo der klägerin abgebildet. das erwecke den eindruck, dass die veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen interessen sei und verstoße deshalb gegen die bestimmungen der beklagten. dem bescheid ist eine rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, wonach innerhalb eines monats nach der zustellung des bescheides klage erhoben werden könne. 6mit e-mail vom 11. juni 2019 legte die klägerin dagegen „widerspruch“ ein und bat die beklagte, den antrag noch einmal zu prüfen. zur begründung führte sie u.a. aus, dieses veranstaltungsformat finde mit ca. 32 einzelveranstaltungen deutschlandweit in dieser form im dritten jahr statt. in den vergangenen jahren seien für die veranstaltung fortbildungspunkte durch die beklagte anerkannt worden. der ablauf und die unterlagen seien nicht verändert worden. alle vorträge seien strikt auf wissenschaft und forschung bezogen und hätten keinerlei produktbezug. 7mit schreiben vom 11. juni 2019 teilte die beklagte der klägerin mit, dass es nach nochmaliger überprüfung bei dem angegriffenen bescheid bleibe. 8die in rede stehende veranstaltung wurde am 26. juni 2019 in den räumen der ambulanz der nuklearmedizin der uniklinik f. durchgeführt. 9am 1. juli 2019 hat die klägerin klage erhoben, zu deren begründung sie im wesentlichen geltend macht, die klage sei zulässig und begründet. der bescheid sei ausweislich des darauf befindlichen eingangsstempels des eventmanagement am 3. juni 2019 bei ihr eingegangen, so dass die klage fristgerecht erhoben sei. ungeachtet dessen sei die rechtsbehelfsbelehrung unzutreffend, weil eine zustellung des bescheides weder vorgesehen noch erfolgt sei. der zulässigkeit der klage stehe auch nicht entgegen, dass die veranstaltung schon durchgeführt worden sei. zwar sähen § 7 abs. 1 der fortbildungsordnung der beklagten (fbo) und § 5 abs. 1 der richtlinie zur fbo vor, dass die anerkennung von fortbildungsmaßnahmen grundsätzlich vor ihrer durchführung erfolge und eine nachträgliche anerkennung grundsätzlich nicht möglich sei. das könne sich jedoch nur auf den dafür erforderlichen antrag beziehen. eine nachträgliche anerkennung müsse jedoch möglich sein, wenn das anerkennungsverfahren ordnungsgemäß durchlaufen sei und lediglich streit über das vorliegen der anerkennungsvoraussetzungen bestünde.letztere lägen auch vor. das auf den vorgelegten unterlagen aufgebrachte logo könne nicht den eindruck erwecken, dass die veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen interessen sei. dabei handele es sich nicht um ein „sonstiges element von firmen- und/oder produktwerbung“. vielmehr stelle dies eine übliche gestaltung von geschäftsunterlagen dar. zudem diene es der in dem ersten spiegelstrich des § 8 abs. 4 der richtlinie zur fbo geforderten herstellung der transparenz der sponsoren. auch unter berücksichtigung von abschnitt 6 der empfehlungen zur ärztlichen fortbildung der bundesärztekammer, wonach art und höhe der sponsorleistungen zu nennen seien und die nennung nicht als marketingmittel missbraucht werden dürfe, könne die bloße verwendung eines firmenlogos nicht als missbrauch angesehen werden. in § 8 abs. 4 der richtlinie zur fbo sei nicht bestimmt, dass das logo nur auf der letzten seite des programms genannt werden dürfe. im übrigen sei nicht ersichtlich inwieweit dieses die natur der fortbildungsmaßnahme beeinflusse oder auch nur beeinflussen könne. aus § 8 abs. 2 der richtlinie zur fbo ergebe sich nicht, dass die einladung nur von dem wissenschaftlichen leiter ausgesprochen werden könne, vielmehr könne auch sie selbst als veranstalterin die einladung aussprechen. schließlich enthalte die einladung mit dem hinweis auf eine verbesserte jodversorgung keine werbung für ihre produkte, insbesondere auch nicht für die von ihr hergestellten und in den verkehr gebrachten jodtabletten. 10die klägerin beantragt, 11die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 22. mai 2019 zu verpflichten, die am 26. juni 2019 durchgeführte veranstaltung „auffrischungskurs in der schilddrüsensonographie“ als fortbildungsmaßnahme nach §§ 7 und 8 der fortbildungsordnung anzuerkennen und mit sechs fortbildungspunkten zu bewerten. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung macht sie u.a. geltend, die klage sei wegen versäumung der klagefrist bereits unzulässig. der ablehnungsbescheid habe das haus der beklagten entsprechend dem „leistungsverzeichnis für die ärztekammer nordrhein“ bereits am 22. mai 2019 verlassen und wäre nach typischen geschehensablauf der klägerin am 23. mai 2019 zugegangen. im softwaresystem sei am 22. mai 2019 ein abvermerk vermerkt worden. der bescheid sei am 22. mai 2019 gedruckt und unterschrieben worden. von dem originalbescheid sei eine kopie erstellt und im ordner „schriftswechsel“ abgelegt worden. der originalbescheid sei in die post gegeben worden. ein brief verlasse tagegleich das haus. die zugangsvermutung des § 41 abs. 2 vwvfg nrw müsse auch hier gelten, da der postzugang am 3. juni 2019 aller lebenswahrscheinlichkeit widerspreche. ein atypischer geschehensablauf sei von der klägerin nicht dargelegt worden. dies könne auch nicht mehr im nachhinein erfolgen. der eingangsstempel der klägerin könne einen späteren eingang nicht belegen, weil er sich ersichtlich nicht auf den eingang bei der klägerin sondern auf den internen eingang bei der zuständigen abteilung beziehe. 15die klage sei aber auch unbegründet. nach § 8 abs. 2 der richtlinie zur fbo müsse für jede maßnahme ein wissenschaftlicher leiter bestimmt werden, der verantwortlich für die auswahl der themen und referenten sowie „für die unabhängige, umfassende und ausgewogene information der teilnehmerinnen und teilnehmer“ verantwortlich sei. dazu gehöre auch, dass der wissenschaftliche leiter die teilnehmerinnen und teilnehmer zu der von ihm verantworteten veranstaltung einlade. die einladung sei hier jedoch von der klägerin auf ihrem briefpapier erfolgt. die klägerin verstoße auch gegen § 8 abs. 4 der richtlinie zur fbo, wonach der sponsor nur auf der letzten seite des programms genannt werden dürfe, die nennung nicht als marketingmittel missbraucht werden dürfe und u.a. einladungen und programme keine sonstigen elemente von firmen-/produktwerbung aufweisen dürften. gerade wenn wie hier veranstalter und sponsor zusammen fielen, müsse der grundsatz der neutralität und transparenz besonders beachtet werden. dem widerspreche es, dass die klägerin die einladung im eigenen namen auf eigenem briefpapier verfasst habe und auf jeder seite des ablaufplans sowie der einladung ihr logo in großbuchstaben prominent platziert sei. dadurch werde die nennung als marketingmittel missbraucht. jeder, der den sono-kurs besuche, solle die klägerin damit in verbindung bringen. unzulässig sei auch die verdeckte produktwerbung in der einladung, in welcher die klägerin die verbesserte jodversorgung der bevölkerung erwähne und damit werbung für die von ihr hergestellten jodtabletten in die einladung integriert habe. auch die von der klägerin selbst initiierte schilddrüseninitiative q. werde darin beworben. durch die anerkennung einer veranstaltung werde berufsrechtliche unbedenklichkeit signalisiert, daher sei eine ablehnung schon dann auszusprechen, wenn bedenken bestünden. letztlich bestünden auch zweifel an der arztöffentlichkeit der veranstaltung gem. § 8 abs. 2 fbo, weil ein außendienstmitarbeiter der klägerin in der anmeldung benannt werde. wenn die anmeldungen ausschließlich über die klägerin erfolgt seien, läge ein weiterer ablehnungsgrund vor. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach– und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte und den der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 17 | 18die klage ha erfolg. sie ist zulässig und begründet. 19die klage ist zulässig. sie ist fristgerecht erhoben. gemäß § 74 abs. 2 und 1 vwgo muss die klage, wenn – wie hier – gemäß § 110 abs. 1 s. 2 justg nrw ein widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist, innerhalb eines monats nach bekanntgabe des verwaltungsakts klage erhoben werden. der lauf der klagefrist setzt daher die wirksame bekanntgabe des verwaltungsakts und eine ordnungsgemäße rechtsbehelfsbelehrung, vgl. § 58 vwgo, voraus. 20wann vorliegend die bekanntgabe des ablehnenden bescheides der beklagten vom 22. mai 2019 durch einfachen an die klägerin gerichteten brief erfolgt ist, ist zweifelhaft, kann aber offenbleiben, weil die dem angegriffenen bescheid beigefügte rechtsbehelfsbelehrung unzutreffend ist. 21die bekanntgabe eines schriftlichen verwaltungsakts ist analog § 130 bgb anzunehmen, wenn dem betroffenen der verwaltungsakt mit willen und wissen der behörde eröffnet wird und dieser die möglichkeit der kenntnisnahme hat, 22vgl. ramsauer/tegethoff in kopp/ramsauer, vwvfg, kommentar, 20. aufl. 2019, § 41 rn. 6. 23für einen schriftlichen verwaltungsakt, der im inland durch die post übermittelt wird, bestimmt § 41 abs. 2 s. 1 vwvfg nrw, dass dieser am dritten tag nach aufgabe zur post als bekannt gegeben gilt. das gilt nach satz 3 der vorschrift jedoch nicht, wenn der verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren zeitpunkt zugegangen ist; im zweifel hat die behörde den zugang des verwaltungsakts und im zeitpunkt des zugangs nachzuweisen. der eintritt der zugangsfiktion setzt daher voraus, dass der zeitpunkt der aufgabe zur post bekannt ist. 24vorliegend kann offen bleiben, ob der tag der aufgabe zur post, der sich nicht aus einem sonst üblichen abvermerk mit datum und paraphe in den übersandten akten der beklagten ergibt, 25vgl. dazu ramsauer/tegethoff in kopp/ramsauer, vwvfg, kommentar, 20. aufl. 2019, § 41 rn. 39b 26mit dem hinweis auf das leistungsverzeichnis über inhauspost der beklagten und dem abvermerk im softwaresystem hinreichend nachgewiesen werden kann. ebenso kann offen bleiben, ob die klägerin einen späteren eingang des angegriffenen bescheides durch den auf diesem befindlichen eingangsstempel des eventmanagements nachgewiesen hat. insoweit räumt sie selbst ein, dass das schriftstück nicht schon bei eingang in ihren machtbereich einen stempel erhält, sondern erst dann, wenn die post intern auf die zuständige abteilung verteilt worden ist. das mag – wie die klägerin behauptet – in der regel am gleichen tag geschehen. ob dies im vorliegenden fall tatsächlich so gewesen ist, lässt sich jedoch mangels eingangsstempels der poststelle nicht sicher feststellen. 27das kann aber letztlich alles dahinstehen, weil die einmonatige klagefrist des § 74 abs. 2 vwgo nicht in lauf gesetzt worden ist; vielmehr war die erhebung der klage gemäß § 58 abs. 2 vwgo binnen eines jahres möglich. danach ist die einlegung eines rechtsmittels innerhalb eines jahres seit der zustellung eröffnung oder verkündung zulässig, wenn die rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist. eine rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn die darin enthaltenen angaben geeignet sind, die einlegung des in betracht kommenden rechtsbehelfs nennenswert zu erschweren, 28vgl. w.-r. schenke in kopp/schenke, vwgo, kommentar, 25. auflage 2019, § 58 rn. 12. 29so liegt der fall hier. die dem angegriffenen bescheid beigefügte rechtsbehelfsbelehrung lautet: „gegen diesen bescheid kann innerhalb eines monats nach seiner zustellung klage erhoben werden …“. nach § 74 abs. 1 s. 2 vwgo ist die klage jedoch für den fall, dass – wie hier – ein widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist, innerhalb eines monats nach bekanntgabe des verwaltungsaktes zu erheben. das gesetz knüpft den lauf der klagefrist mithin nicht an die zustellung des bescheides, sondern an dessen bloße bekanntgabe. die formulierung, dass gegen den bescheid innerhalb eines monats „nach seiner zustellung“ klage erhoben werden kann, ist auch geeignet, die erhebung der klage für die klägerin zu erschweren. ihr war der bescheid nicht zugestellt worden, sondern lediglich mit einfachen brief übersandt worden. die dem bescheid beigefügte rechtsmittelbelehrung war daher geeignet, bei der klägerin die vorstellung hervorzurufen, dass die klagefrist nur bei einer förmlichen zustellung des bescheides in lauf gesetzt wird, nicht aber bei einer schlichten bekanntgabe und daher mangels zustellung des bescheides noch gar nicht läuft. durch die beigefügte rechtsbehelfsbelehrung war der klägerin zudem der zugang zu der für die fristberechnung maßgeblichen vorschrift des § 41 abs. 2 vwvfg nrw erschwert, 30vgl. zur unrichtigkeit der rechtsbehelfsbelehrung bei der formulierung zustellung statt bekanntgabe: ovg nrw, beschlüsse vom 4. märz 2004 – 16 e 641/02 –, vom 14. april 1987 – 14 a 1626/86 – und vom 21. januar 1986 – 14 b 2369/85 –, jeweils juris. 31die klage ist auch im übrigen zulässig. insbesondere fehlt der klägerin nicht deshalb das erforderliche rechtsschutzbedürfnis, weil die in rede stehende fortbildungsveranstaltung, für die sie die anerkennung erstrebt, bereits stattgefunden hat. 32das fortbestehen des rechtsschutzinteresses der klägerin ergibt sich aus § 5 abs. 2 der fortbildungsordnung für die nordrheinischen ärztinnen und ärzte vom 23. november 2013 (fbo) sowie § 95d abs. 3 sgb v. 33dazu hat das ovg nrw in seinem beschluss vom 14. juni 2013 – 13 a8 189 / 11 – ausgeführt: 34„nach § 5 der satzung wird ein fortbildungszertifikat erteilt, wenn der arzt oder die ärztin innerhalb eines der antragstellung vorausgehenden zeitraums von fünf jahren fortbildungsmaßnahmen abgeschlossen hat, die in der summe 250 punkte erreichen. da die streitgegenständliche veranstaltung im august 2008 durchgeführt wurde, wäre ihre - auf dem rechtsweg durchgesetzte - anerkennung für teilnehmende ärzte im hinblick auf ein von diesen bis zum august 2013 beantragtes fortbildungszertifikat noch immer von nutzen. 35darüber hinaus kann nach § 95d abs. 3 satz 4 und 5 sgb v ein vertragsarzt die für einen fünfjahreszeitraum festgelegte fortbildung noch binnen zwei jahren nach ablauf des fünfjahreszeitraums ganz oder teilweise nachholen, wodurch eine ansonsten zwingende honorarkürzung endet. folglich ist eine gerichtliche verpflichtung zur anerkennung einer fortbildungsmaßnahme für die teilnehmer auch noch innerhalb von zwei jahren nach ablauf der fünfjahresfrist von nutzen. für eine ansonsten drohende entziehung der zulassung mangels fortbildung ergibt sich dies aus § 95d abs. 3 satz 6 sgb v. 36solange eine nachträgliche anerkennung einer veranstaltung für die teilnehmenden ärzte noch von nutzen ist, hat auch der für die jeweilige zertifizierung antragsberechtigte veranstalter wegen der damit für ihn verbundenen werbewirkung noch ein rechtsschutzinteresse an der gerichtlichen durchsetzung eines etwaigen anspruchs auf zertifizierung. dies gilt jedenfalls dann, wenn das thema der veranstaltung wie hier einen zentralen aufgaben- bzw. wirkungsbereich des veranstalters betrifft. 37es ist auch nicht erkennbar, dass den erfolgsaussichten eines verpflichtungsbegehrens des klägers nach abschluss der fortbildung § 7 abs. 1 satz 1 der satzung "fortbildung und fortbildungszertifikat" der beklagten entgegenstünde. danach können "grundsätzlich" nur solche fortbildungsmaßnahmen der kategorien a bis d, g und h (im sinne des § 6 abs. 2) der erteilung des zertifikats zugrundegelegt werden, welche vor ihrer durchführung von einer ärztekammer anerkannt worden sind. 38die verwendung des begriffs "grundsätzlich" ohne nennung von kriterien für die annahme eines regel- bzw. eines ausnahmefalls dürfte bereits zu unbestimmt sein. jedenfalls verstieße diese vorschrift gegen den verfassungsrechtlichen verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn sie auch für den fall der - seitens des klägers vorgenommenen - fristgerechten einreichung des anerkennungsantrags regelmäßig eine berücksichtigung von veranstaltungen ausschließen würde, die nicht noch vor ihrem beginn anerkannt worden sind. 39bei einem solchen normverständnis hätte es die beklagte selbst in der hand, durch verzögerung der antragsbearbeitung die anerkennung einer veranstaltung bzw. deren nutzen für das fortbildungszertifikat der teilnehmer zu verhindern. daher hat die beklagte ihren ablehnungsbescheid zu recht weder auf die bereits eingetretene beendigung der veranstaltung noch auf § 7 abs. 1 satz 1 der satzung "fortbildung und fortbildungszertifikat" gestützt. 40schließlich dürfte das grundrecht auf effektiven rechtsschutz (art. 19 abs. 4 gg) einer beurteilung eines verpflichtungsbegehrens als unzulässig allein wegen bereits erfolgter durchführung der fortbildungsveranstaltung entgegenstehen. das streitgegenständliche verwaltungsverfahren verdeutlicht exemplarisch, dass eine entscheidung der beklagten über fristgerecht eingereichte anträge auf anerkennung auch ohne schuldhaftes zögern nicht immer bis zur durchführung der jeweiligen fortbildungsveranstaltungen möglich ist, z.b. weil gewisse unterlagen nachgefordert werden müssen oder weil zeitliche verzögerungen wegen personeller engpässe (krankheit, urlaub, mutterschutz) bei der beklagten oder bei den - satzungsgemäß - vor einer entscheidung um stellungnahme gebetenen sektionsvorständen eintreten. effektiver rechtsschutz wird sich in diesen fällen regelmäßig nicht bzw. nur in beschränktem maße im rahmen eines - auf vorwegnahme der hauptsache - gerichteten eilverfahrens nach § 123 vwgo erzielen lassen. 41vgl. auch bverwg, beschluss vom 24. oktober 2006 - 6 b 61.06 -, nvwz 2007, 227 (228).“ 42im ergebnis ebenso: vg münchen, urteil vom 17. juni 2021 – m 27 k 19.5022 – und vg berlin, urteil vom 27. februar 2014 – 9 k 150.12 –, juris. 43diesen ausführungen schließt sich die einzelrichterin auch bezogen auf die aktuelle fortbildungsordnung vom 23. november 2013 (fbo) an. nach § 5 abs. 2 fbo wird einer ärztin oder einem arzt ein fortbildungszertifikat erteilt, wenn er innerhalb eines der antragstellung vorausgegangenen zeitraums von fünf jahren fortbildungsmaßnahmen abgeschlossen hat, welche in ihrer summe die nach den bestimmungen des § 6 ermittelte mindestbewertung von 250 punkten erreichen, sodass eine anerkennung der in rede stehenden, am 26. juni 2019 durchgeführten veranstaltung für die teilnehmenden ärztinnen und ärzte noch für ein bis zum juni 2024 beantragtes fortbildungszertifikat von nutzen wäre. für vertragsärztinnen und vertragsärzte wäre die anerkennung dieser fortbildungsmaßnahme gemäß § 95d abs. 3 s. 4 und 5 sgb v sogar noch innerhalb von zwei jahren nach ablauf der fünfjahresfrist von nutzen, sodass der veranstalter aufgrund der damit für ihn verbundenen werbewirkung bis zum ablauf dieses zeitraums ein rechtsschutzbedürfnis an einer gerichtlichen durchsetzung eines etwaigen anspruchs auf zertifizierung seiner veranstaltung hat. 44die klage hat auch in der sache erfolg. 45der ablehnende bescheid der beklagten vom 22. mai 2019 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten; die klägerin gegen die beklagte hat einen anspruch auf die begehrte zertifizierung der fortbildungsveranstaltung vom 26. juni 2019 „sono–kurs 2019 – auffrischungskurse in der schilddrüsensonografie“ mit sechs fortbildungspunkten. 46rechtsgrundlage für den geltend gemachten anspruch auf die zertifizierung der genannten fortbildungsveranstaltung sind §§ 7 und 8 der gemäß § 23 abs. 1 heilberufsgesetz (heilberg) nrw als satzung erlassenen fortbildungsordnung der beklagten. 47entsprechend § 3 abs. 1 nr. 4 heilberg nrw ist die ärztekammer für die zertifizierung von fortbildungsveranstaltung zuständig. gemäß § 7 abs. 1 fbo erfolgt die anerkennung von fortbildungsmaßnahmen gegenüber dem veranstalter, das ist vorliegend die klägerin. 48nach § 8 abs. 1 fbo setzt die anerkennung von fortbildungsmaßnahmen voraus, dass1. die fortbildungsinhalte den zielen der fortbildungsordnung entsprechen;2. die vorgaben der berufsordnung eingehalten werden;3. die inhalte frei von wirtschaftlichen interessen sind und interessenkonflikte des veranstalters und der referenten offengelegt werden.nach abs. 2 soll die fortbildungsmaßnahme arztöffentlich sein. abs. 3 bestimmt außerdem, dass für fortbildungsmaßnahmen der kategorie des § 6 abs. 3 grundsätzlich eine ärztin oder ein arzt als wissenschaftliche leiterin oder wissenschaftlicher leiter bestellt und bei präsenzfortbildungen anwesend sein muss. die bestellte wissenschaftliche leiterin oder der wissenschaftliche leiter muss eine selbstauskunft über mögliche interessenkonflikte vorlegen. schließlich verlangt § 8 abs. 3 s. 3 fbo, dass interessenkonflikte des veranstalters, der wissenschaftlichen leitung und der referentin und referenten gegenüber den teilnehmerinnen und teilnehmern an der fortbildungsmaßnahme offengelegt werden. 49diese voraussetzungen sind in bezug auf die am 26. juni 2019 durchgeführte fortbildungsmaßnahme der klägerin „sono-kurs 2019 – auffrischungskurs in der schilddrüsensonografie“ erfüllt. 50die fortbildungsinhalte der veranstaltung entsprachen den zielen der fortbildungsordnung. gemäß § 1 fbo dient die fortbildung von ärztinnen und ärzten dem erhalt und der kontinuierlichen weiterentwicklung der beruflichen kompetenz zur gewährleistung einer hochwertigen patientenversorgung und sicherung der qualität ärztlicher berufsausübung. inhaltlich soll die fortbildung nach § 2 fbo unter berücksichtigung neuer wissenschaftlicher erkenntnisse und medizinischer verfahren das zum erhalt und zur weiterentwicklung der beruflichen kompetenz notwendige wissen in der medizin und der medizinischen technologie vermitteln. sie soll sowohl fachspezifische als auch interdisziplinäre und fachübergreifende kenntnisse, die einübung von klinisch-praktischen fähigkeiten sowie die verbesserung kommunikativer und sozialer kompetenzen umfassen. 51die in rede stehende fortbildungsmaßnahme der klägerin, mit einem zunächst knapp einstündigen vortrag zur schilddrüsensonografie und diagnostik und anschließender angeleiteter praktischer übung, bei der zunächst die grundeinstellung des sonografie-gerätes für aussagekräftige sonobilder geübt, anschließend gegenseitige sonographien der teilnehmer einschließlich volumetrischer bestimmung der schilddrüse und befunddokumentation vorgenommen und schließlich patienten mit unterschiedlichen schilddrüsenerkrankung wie hashimoto-thyreoiditis oder knotenstruma und autonomen adenom oder schilddrüsenteilresektion vorgestellt werden, entspricht den in §§ 1 und 2 fbo genannten zielen und inhalten. denn sie ist geeignet, die berufliche kompetenz in der handhabung der sonografie-geräte und im bereich der sonografie speziell der schilddrüse zu erhalten und weiterzuentwickeln. das wird von der beklagten letztlich nicht bestritten. 52auch werden die vorgaben der berufsordnung eingehalten. die an der veranstaltung der klägerin teilnehmenden ärzte verletzen mit ihrer teilnahme nicht die ihnen in §§ 30 ff der berufsordnung für die nordrheinischen ärztinnen und ärzte vom 14. november 1998 in der fassung vom 16. november 2019 (bo) auferlegten pflichten zur wahrung der ärztlichen unabhängigkeit bei der zusammenarbeit mit dritten. insbesondere verstoßen sie nicht gegen das in § 32 (bo) enthaltene verbot unerlaubter zuwendungen. dabei kann dahinstehen, ob die anerkennung einer fortbildungsmaßnahme von der einhaltung dieser satzungsbestimmung überhaupt abhängig gemacht werden darf, weil diese ihrem wesen nach ausschließlich an die pflichtmitglieder der beklagten adressiert ist und möglicherweise nicht auf die rechtsausübung außenstehender dritter, wie der klägerin, erstreckt werden kann, 53vgl. dazu vg hamburg, urteil vom 22. september 2020 - 17 k 1326 / 20 –, s. 16 des ua. 54die kostenlose teilnahme an der von der klägerin durchgeführten veranstaltung ist für die teilnehmenden ärzte nicht berufswidrig. gemäß § 32 abs. 2 s. 1 bo ist die annahme von geldwerten vorteilen in angemessener höhe nicht berufswidrig, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene fortbildung verwendet werden. in satz 2 der vorschrift ist zudem bestimmt, dass der für die teilnahme an einer wissenschaftlichen fortbildungsveranstaltung gewährte vorteil unangemessen ist, wenn er über die notwendigen reisekosten und tagungsgebühren hinausgeht. nach abs. 3 ist die annahme von beiträgen dritter zur durchführung von veranstaltungen (sponsoring) ausschließlich für die finanzierung des wissenschaftlichen programms ärztlicher fortbildungsveranstaltungen und nur in angemessenem umfang erlaubt. das sponsoring ist bei der ankündigung und durchführung der veranstaltung offenzulegen.diesen anforderungen genügt die veranstaltung der klägerin. das sponsoring ist auf dem anmeldeformular offengelegt. die teilnehmenden ärzte haben mit ihrer für sie kostenfreien teilnahme an der veranstaltung und dem anschließenden ebenfalls kostenfreien imbiss mit getränken auch nicht gegen ihre verpflichtung verstoßen, geldwerte vorteile nur in angemessener höhe und bei der teilnahme von wissenschaftlichen fortbildungsveranstaltungen nur in form notwendiger reisekosten und tagungsgebühren anzunehmen, da die gesamtaufwendungen der klägerin für die veranstaltungen von insgesamt 1.495,- euro bei 15 erwarteten teilnehmern und vier zeitstunden nicht unangemessen sind und die den teilnehmenden ärzten gewährten vorteile über das, was mit den tagungsgebühren üblicherweise abgedeckt wird, nicht hinausgehen. 55die von der klägerin angebotene fortbildungsmaßnahme erfüllt schließlich auch die voraussetzung des § 8 abs. 1 nr. 3 fbo. der inhalt ist frei von wirtschaftlichen interessen und interessenkonflikte des veranstalters und der referenten sind offengelegt. 56bei dem erfordernis der freiheit von wirtschaftlichen interessen handelt es sich der sache nach um einen in eine anspruchsvoraussetzung gekleideten ausschlusstatbestand, für den die beklagte darlegungs– und beweispflichtig ist, 57vgl. vg hamburg, urteil vom 22. september 2020 – 17 k 1326 / 20 – s. 21 ua. 58diesen nachweis hat die beklagte nicht geführt. 59insoweit stützt sie ihre gegenteilige ansicht unter bezugnahme auf die von ihr erlassene richtlinie zur fbo darauf, dass die einladung zu der veranstaltung nicht durch den wissenschaftlichen leiter, sondern die klägerin als veranstalterin und als sponsor der fortbildungsveranstaltung erfolgt ist, sich auf der einladung und jeder seite des vorgelegten ablaufplans das firmenlogo der klägerin befindet, und sie mit dem hinweis in ihrer einladung auf die notwendigkeit ausreichender jodversorgung und auf die von ihr initiierte schilddrüsen-initiative q. werbung für von ihr hergestellte jodtabletten und für die von ihr initiierte schilddrüsen-initiative q. macht. 60die so begründete versagung der beklagten hält einer rechtlichen überprüfung nicht stand. bei dem tatbestandsmerkmal des § 8 abs. 1 nr. 3 fbo, dass „der inhalt frei von wirtschaftlichen interessen sein soll“, handelt es sich um einen unbestimmten rechtsbegriff, dessen inhalt im wege einer teleologischen auslegung zu ermitteln ist. sinn und zweck dieser bestimmung ist die praktische umsetzung der in der fortbildungsordnung normierten fortbildungsziele und fortbildungsinhalte zu gewährleisten. hierdurch soll ein wichtiger beitrag zur wahrung und verbesserung der ärztlichen handlungskompetenz und damit der anhaltend guten ärztlichen versorgung der bevölkerung erbracht werden. dieser zweck erfordert es, dass eine fortbildungsmaßnahme inhaltlich ausschließlich an den kategorien der fachlichen richtigkeit und relevanz orientiert ist. dies bedeutet, dass die jeweiligen fortbildungsinhalte im hinblick hierauf nicht ökonomischen interessen (dritter) untergeordnet oder auch nur nachgeordnet werden dürfen, 61vgl. vg hamburg urteil vom 22. september 2020 – 17 k 1326 / 20 –, 62und dient damit der gewährleistung des für die ärztliche berufsausübung elementaren grundsatze der ärztlichen unabhängigkeit (§ 30 bo). 63das freisein der fortbildungsinhalte von wirtschaftlichen interessen schreibt auch § 95d sgb v vor, der die pflicht der vertragsärzte zur fachlichen vorbildung regelt. dieses erfordernis soll einem interessenkonflikt zwischen medizinischen notwendigkeiten und ökonomischen begehrlichkeiten vorbeugen und deutlich machen, dass strikt fachbezogene fortbildungsinhalte zu gewährleisten sind, 64vgl. vg berlin, urteil vom 27. februar 2014 – 9 k 150.12 –, juris rn. 22. 65nach der gesetzesbegründung zu § 95d sgb v sind fortbildungsinhalte insbesondere dann nicht frei von wirtschaftlichen interessen, wenn ein unternehmen der pharmazeutischen industrie, ein medizinprodukthersteller, ein unternehmen vergleichbarer art oder eine vereinigung solcher unternehmen eine produktbezogene (hervorhebung durch das gericht) informationsveranstaltung durchgeführt oder den teilnehmern an einer solchen veranstaltung entsprechende mittel zuwendet, 66vgl. bundestagsdrucksache 15/1525, s. 110. 67dementsprechend sehen die empfehlung zur ärztlichen fortbildung der bundesärztekammer vom 24. april 2015 unter punkt 3 „fortbildungsinhalte“ in abs. 3 spiegelstrich 11 vor, dass die fortbildungsinhalte unabhängig von ideologischen und wirtschaftlichen interessen sein müssen. 68angesichts dieses sinn und zwecks des § 8 abs. 1 nr. 3 fbo steht daher nicht jedes wirtschaftliche interesse, das ein veranstalter oder sponsor mit der durchführung oder (finanziellen) unterstützung der veranstaltung verbindet, der anerkennung entgegen, da andernfalls ökonomisch motiviertes sponsoring von fortbildungsveranstaltungen faktisch ausgeschlossen wäre, obwohl dies gesetzlich grundsätzlich zulässig ist, vgl. § 7 abs. 2 hwg. auch die beklagte geht ausweislich ihrer regelungen etwa in § 32 abs. 2 und 3 bo und § 8 der richtlinie zur fbo ersichtlich davon aus. entsprechendes gilt für die regelungen unter punkt 6 „neutralität und transparenz in den empfehlungen zur ärztlichen fortbildung der bundesärztekammer. das vg hamburg hat in seinem urteil vom 22. september 2020 – 17 k 1326 / 20 – dazu ausgeführt: 69„jeder wirtschaftsakteur, der in die durchführung einer solchen veranstaltung investiert, tut dies, weil er einen zusammenhang seiner ökonomischen interessen mit den jeweiligen inhalten für gegeben hält. er sieht die investitionen gerade deshalb als lohnend an, weil er seine ökonomischen belange insoweit wie vermittelt auch immer, gefördert sieht.“ 70vor diesem hintergrund müssen über ein allgemeines wirtschaftliches interesse des sponsors an der fortbildungsmaßnahme hinaus hinweise dazu vorliegen, dass die wirtschaftlichen interessen des sponsors gerade einfluss auf die gestaltung der fortbildungsinhalte selbst genommen haben und diese sich nicht mehr ausschließlich an fachbezogenen kriterien orientieren, oder dass das sponsoring ein solches ausmaß angenommen hat, dass zu befürchten ist, die ärztliche tätigkeit der teilnehmer werde im anschluss an die fortbildungsmaßnahme nicht mehr unbeeinflusst von den wirtschaftlichen interessen des sponsors bleiben. nur in diesen fällen muss die anerkennung von fortbildungsmaßnahmen versagt bleiben. denn ein die ärztliche unabhängigkeit nicht tangierendes sponsoring ärztlicher fortbildungsmaßnahmen will der gesetzgeber aus guten gründen gerade nicht verhindern. so setzt etwa § 299a stgb für die strafbarkeit der vorteilsannahme bei der berufsausübung im gesundheitswesen immer die „unlauterkeit“ voraus. 71nach maßgabe dessen kann nicht festgestellt werden, dass die von der klägerin durchgeführte veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen interessen ist. die von der beklagten insoweit angeführten umstände und einwände betreffen sämtlich nicht den fachlichen inhalt der veranstaltung, mit dem sie sich überhaupt nicht auseinandersetzt. bezogen auf die veranstaltung selbst liegen keinerlei anhaltspunkte für kommerzielle einflüsse auf ihren inhalt vor. inhalt der veranstaltung ist der umgang mit sonografie geräten, die durchführung dieser bildgebenden verfahren sowie die auswertung der erhobenen befunde und damit letztlich das erlernen und anwenden einer ärztlichen untersuchungsmethode. dass die klägerin, die als pharmazeutisches unternehmen vor allem mittel für eine medizinische behandlung (auch von schilddrüsenerkrankung) produziert, die aber nicht herstellerin solcher sonografie-geräte ist, auf den inhalt dieser veranstaltung aus wirtschaftlichen interessen einfluss nimmt, erscheint fernliegend. 72das gebot der freiheit von wirtschaftlichen interessen wird auch nicht dadurch verletzt, dass die klägerin in der einladung auf eine ausreichende jodversorgung in der bevölkerung hinweist. insbesondere ist damit entgegen der auffassung der beklagten schon keine produktwerbung verbunden. jod ist ein chemisches element. dieses kann sowohl durch die nahrung insbesondere den verzehr von meeresfrüchten und seefischen als auch durch die verwendung von jodiertem speisesalz aufgenommen werden. daneben gibt es eine vielzahl von herstellern von jodtabletten. vor diesem hintergrund ist nicht ersichtlich, dass mit dem hinweis auf die notwendigkeit einer ausreichenden jodversorgung der bevölkerung einen spezielles produkt der klägerin beworben wird. entsprechendes gilt soweit in der einladung auf die von der klägerin initiierte schilddrüsen-initiative q. hingewiesen wird. bei dieser handelt es sich um eine gemeinschaftsaktion verschiedener fachgesellschaften wie der deutschen gesellschaft für endokrinologie, der deutschen gesellschaft für nuklearmedizin, dem berufsverband dt. nuklearmediziner e.v., sowie dem berufsverband deutscher krankenhausapotheker, der bundesapothekerkammer und dem deutschen apothekerverband. im rahmen der schilddrüsen-initiative q. gab es in der vergangenheit verschiedene pharmafinanzierte datenerfassung, auf die in unterschiedlichen fachzeitungen bezug genommen wird, 73vgl. insoweit nur: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/inhalt-36-2001/medizin2-36-2001/, https://www.aerztezeitung.de/medizin/jeder-dritte-hat-schilddruesen-veraenderungen-ohne-es-zu-wissen-318883.html, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/04/23/abtasten-lassen-ob-alles-ok-ist, http://springermedizin.de/schilddruesenultraschallscreening-initiative-papillon/8037600. 74angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass mit dem hinweis der klägerin auf diese initiative eine produktbezogene werbung verbunden ist. auch lässt er keinen schluss darauf zu, dass die veranstaltung nicht fachbezogene fortbildungsinhalte enthält und sich inhaltlich nicht ausschließlich an den kategorien der fachlichen richtigkeit und relevanz orientiert ist, sondern diese ökonomischen interessen (dritter), nämlich der klägerin, unterordnet oder auch nur nach geordnet werden. ebenso wenig ist zu befürchten, dass die teilnehmenden ärzte aufgrund dessen ihre ärztliche tätigkeit nicht mehr unbeeinflusst von den wirtschaftlichen interessen der klägerin ausführen werden. 75auch die verwendung des logos der klägerin auf der anmeldung und jeder seite des ablaufplans lässt für sich allein nicht den schluss auf eine einflussnahme der klägerin auf die fortbildungsinhalte und die annahme zu, dass diese nicht frei von wirtschaftlichen interessen der klägerin sind. gegenstand der fortbildungsveranstaltung war das erlernen und vertiefen einer untersuchungsmethode mithilfe eines sonografie-gerätes. inwiefern aus der verwendung des firmenlogos auch eine einflussnahme auf die inhalte dieser fortbildungsmaßnahme geschlossen werden kann, erschließt sich daher nicht. dazu hat sich die beklagte auch nicht verhalten. soweit sie ihre ablehnende entscheidung auf § 8 abs. 4 der von ihr auf der grundlage von § 9 fbo erlassenen richtlinie zur fortbildungsordnung der ärztekammer nordrhein vom 6. juli 2016 (richtlinie zur fbo) stützt, vermag dies ihre entscheidung nicht zu rechtfertigen. § 8 abs. 4 s. 1 dieser richtlinie bestimmt, dass fortbildungsmaßnahmen, die vom pharmazeutischen unternehmen, herstellern von medizinprodukten oder sonstigen dritten finanziell unterstützt werden (sponsoring) nur dann anerkennungsfähig sind, wenn das sponsoring im umfang und form, inhalt und präsentation die fortbildungsmaßnahme nicht beeinflusst. dazu werden im satz 2 in mehreren spiegelstrichen verschiedene vorgaben gemacht. im spiegelstrich 1 ist u.a. geregelt, dass der sponsor und die art/finanzielle höhe der leistung aus gründen der transparenz bei präsenzveranstaltungen auf der/den letzten seiten des programms genannt werden müssen. in spiegelstrich 2 ist bestimmt, dass die nennung (des sponsors) nicht als marketingmittel missbraucht werden darf. im spiegelstrich 8 ist außerdem vorgesehen, dass einladungen, programme und schulungsmaterialien von anerkennungsfähigen fortbildungsmaßnahmen keine sonstigen elemente von firmen– und/oder produktwerbung aufweisen dürfen. 76es spricht bereits einiges dafür, dass der vorstand der ärztekammer nordrhein in der von ihm erlassenen richtlinie keine weiteren (inhaltlichen) versagungsgründe bestimmen darf, die in der fbo selbst nicht benannt sind. denn es spricht alles dafür, dass in den richtlinien zur fortbildungsordnung nur vorgaben zu form und verfahren bestimmt werden dürfen. so ist die in § 9 fbo enthaltene ermächtigung zum erlass der in rede stehenden richtlinie mit „verfahren der anerkennung von fortbildungsmaßnahme“ überschrieben. auch der wortlaut des § 9 abs. 1 fbo „zum anerkennungsverfahren (hervorhebung durch das gericht) erlässt die ärztekammer richtlinien…“ belegt diese annahme. die nachfolgenden ziffern des § 9 abs. 1 fbo sehen dementsprechend vorgaben u.a. für fristen, inhalt und form von anträgen vor. zwar ist in § 9 abs. 1 ziffer 7 fbo bestimmt, dass in den richtlinien ergänzende anforderungen für die anerkennung von fortbildungsmaßnahme bestimmter kategorien des § 6 abs. 3, zu denen die veranstaltung der klägerin unstreitig zählt, geregelt werden können. aus der vorgenannten formulierung in § 9 abs. 1 1. hs fbo ergibt sich aber, dass auch diese ergänzenden anforderungen für die anerkennung lediglich das verfahren selbst betreffen können. angesichts dessen spricht vieles dafür, dass die in § 9 fbo enthaltene ermächtigung nicht zum erlass weiterer - über die in § 8 fbo genannten anforderungen hinausgehender - versagungsgründe in der richtlinie zur fbo berechtigt. 77aber auch aus der richtlinie selbst ergibt sich, dass die dort aufgezählten aspekte nur dann eine versagung der anerkennung rechtfertigen können, wenn sie den inhalt der fortbildungsmaßnahme in dem oben beschriebenen sinne beeinflussen. so ist in § 8 abs. 1 der richtlinie zur fbo noch einmal aufgenommen, dass die inhalte der fortbildungsmaßnahmen frei von wirtschaftlichen interessen gehalten werden (müssen). in § 8 abs. 4 s. 1 der richtlinie zur fbo heißt es zudem ausdrücklich, dass fortbildungsmaßnahmen die u.a. von pharmazeutischen unternehmen gesponsert werden, nur dann anerkennungsfähig sind, wenn das sponsoring in umfang und form, inhalt und präsentation die fortbildungsmaßnahme nicht beeinflusst. die von der beklagten beanstandeten elemente der einladungen, programme und schulungsmaterialien müssten daher geeignet sein, die annahme zu rechtfertigen, dass mit ihnen einfluss auf den inhalt der fortbildungsmaßnahmen genommen wird. das ist mit der verwendung des logos der klägerin auf der einladung schon deswegen nicht der fall, weil die klägerin zugleich auch veranstalterin der fortbildung ist und als solche zu der veranstaltung einlädt. auch mit blick auf den oben beschriebenen inhalt der fortbildungsmaßnahme selbst ist eine solche annahme nicht nachvollziehbar. dass das an die teilnehmenden ärzte ausgeteilte programm völlig neutral sein muss, wie die beklagte meint, lässt sich den zugrunde liegenden regelungen schon nicht entnehmen. im gegenteilt bestimmt § 8 abs. 4 1. spiegelstrich gerade, dass der sponsor und die art/finanzielle höhe auf dem programm zu finden sein müssen. im übrigen wird, worauf die klägerin zurecht verweist, mit dem aufgebrachten logo dem in § 8 abs. 3 und 4 der richtlinie aufgestellten transparenzgebot rechnung getragen. auch soweit die beklagte darauf verweist, dass gemäß § 8 abs. 4 s. 2 der richtlinie der sponsor und die art/finanzielle höhe der leistung aus gründen der transparenz bei präsenzveranstaltung auf der/den letzten seite/seiten des programms genannt werden sollen, ist eine andere beurteilung nicht gerechtfertigt. diese vorschrift dient, wie der eindeutige wortlaut belegt, der transparenz und soll den teilnehmern ermöglichen, ein eigenständiges wirtschaftliches interesse eines dritten zu erkennen. ähnliches gilt für die in § 8 abs. 1 nr. 3 fbo geforderte offenlegung von interessenkonflikten des veranstalters und der referenten. dazu ist in den empfehlungen zur ärztlichen fortbildung der bundesärztekammer unter nr. 6 „transparenz und offenlegung von interessenkonflikten, § 32 abs. 3 mbo, § 8 abs. 1 nr. 3 mfo“ in absatz 4 ausgeführt:“zweck der offenlegung von potentiellen interessenkonflikten ist, dass der teilnehmer sowie die anerkennende ärztekammer die möglichkeit erhalten, sich eine meinung über die interessenlage des veranstalters/referenten/wissenschaftlichen leiters zu bilden.“ 78die bestimmung in § 8 abs. 4 siegelstrich 1 richtlinie zur fbo, dass der sponsor und die art/finanzielle höhe der leistung bei präsenzveranstaltungen auf der letzten seite/seiten des programms genannt werden müssen, dient zudem dazu, klarheit darüber zu verschaffen, an welcher stelle diese information zu finden ist und verhindert damit, dass teilnehmer sämtliche unterlagen der tagung auf der suche nach einem möglichen sponsor durchforsten müssen. insofern dient diese vorgabe ebenfalls der bezweckten transparenz. dass die nennung des sponsors nur auf der letzten seite erfolgen darf, lässt sich dagegen weder dem wortlaut noch dem genannten sinn und zweck der regelung entnehmen. entgegen der auffassung der beklagten erscheint das firmenlogo der klägerin auch nicht als derart prominent, dass von einem missbrauch als marketingmittel im sinne von § 8 abs. 4 satz 2 spiegelstrich 2 der richtlinie zur fbo oder einer unzulässigen firmenwerbung im sinne von § 8 abs. 4 satz 2 spiegelstrich 8 der richtlinie zur fbo mit der folge ausgegangen werden muss, dass die ärztinnen und ärzte ihre berufliche tätigkeit im anschluss an diese veranstaltung nicht mehr unbeeinflusst von wirtschaftlichen interessen der klägerin erfüllen werden, zumal sich die beklagte – wie ausgeführt – mit dem inhalt der fortbildungsveranstaltung überhaupt nicht auseinander gesetzt hat. dies gilt entgegen der von der vertreterin der beklagten in der mündlichen verhandlung vertretenen auffassung auch unter berücksichtigung der tatsache, dass die teilnehmer das programm mit dem auf jeder seite befindlichen logo der klägerin in die fortbildungsveranstaltung hineinnehmen und dieses während der veranstaltung in dem raum vorliegt. soweit sie darin einen verstoß gegen § 4 abs. 1 4. spiegelstrich fbo sieht, wonach die anerkennung einer fortbildungsmaßnahme die beachtung der vorgaben der „empfehlungen zur ärztlichen fortbildung“ der bundesärztekammer in der jeweils gültigen fassung verlangt, kann offen bleiben, ob ein genereller und dynamischer verweis auf sämtliche jeweils aktuelle vorgaben in den empfehlungen der bundesärztekammer als versagungsgrund hinreichend konkret wäre, 79vgl. zur problematik dynamischer verweisungen im hinblick auf rechtsstaatlichkeit und demokratiegebot: bverfg, beschluss vom 11. märz 2020 – 2 bvr 5/17 -, juris, rn. 79, 80weil ein verstoß gegen diese vorgaben nicht vorliegt. insbesondere sind die unter nr. 6 „neutralität und transparenz“ aufgeführten vorgaben nicht verletzt, wonach die freiheit von wirtschaftlichen interessen dadurch zu gewährleisten ist, dass eine fortbildung so geführt werden muss, dass eine transparente und strenge abgrenzung zwischen fachlicher fortbildung und anderen aktivitäten besteht. denn die mitnahme des programms mit dem auf jeder seite befindlichen logo stellt keine andere aktivität dar, die von der fachlichen fortbildung zu trennen wäre. auch stellt das mit dem logo der klägerin versehene programm kein informationsmaterial dar, das – wie in den empfehlungen der bundesärztekammer vorgesehenen - nur getrennt von der fachlichen fortbildungsmaßnahme (außerhalb der räume in der die fortbildung stattfindet) verteilt werden darf. vor diesem hintergrund ist entgegen der auffassung der beklagten auch nicht ersichtlich, dass die klägerin als veranstalterin und die wissenschaftliche leitung eine unzutreffende konformitätserklärung abgegeben haben, weil sie vorgaben der „empfehlungen zur ärztlichen fortbildung“ der bundesärztekammer entgegen ihrer erklärung nicht eingehalten haben. 81schließlich rechtfertigt auch die tatsache, dass die einladungen zur fortbildung von der klägerin und nicht von der wissenschaftlichen leitung der fortbildung erfolgt sind und auf dem anmeldeformular die telefonnummer eines außendienstmitarbeiters der klägerin genannt ist, nicht die annahme, die fortbildungsmaßnahme sei nicht frei von wirtschaftlichen interessen in dem oben beschriebenen sinne. das erfordernis, dass die einladungen durch den wissenschaftlichen leiter der fortbildungsveranstaltung zu erfolgen haben, lässt sich weder der fbo der beklagten noch der dazu ergangenen richtlinie entnehmen. insoweit wird in § 8 abs. 2 der richtlinie zur fbo nur bestimmt, dass für jede veranstaltung eine wissenschaftliche leiterin/ein wissenschaftlicher leiter benannt werden muss, die/der fortbildungsmaßnahme wissenschaftlich verantwortet und für eine strukturierte evaluation sorgt (satz 1). sie/er ist nach s. 2 der vorschrift zuständig für die auswahl der themen und referenten sowie für die unabhängige, umfassende und ausgewogene information der teilnehmerinnen und teilnehmer. danach ist der wissenschaftliche leiter verantwortlich für die inhaltliche ausrichtung der veranstaltung in sachlicher und persönlicher hinsicht. dass er darüber hinaus die rein organisatorische aufgabe der einladung der teilnehmer übernehmen muss, lässt sich dem wortlaut der vorschrift nicht entnehmen. auch aus dem sinn und zweck, der gewährung der unabhängigkeit des inhalts der fortbildungsmaßnahme von den wirtschaftlichen interessen dritter, insbesondere der sponsoren, lässt sich ein solches erfordernis nicht herleiten. vielmehr ist es typischerweise die aufgabe eines veranstalters, die organisatorischen dinge zu regeln, zu denen auch die versendung von einladungen und die entgegennahme von anmeldung einschließlich der überwachung der teilnehmerzahl gehören. angesichts dessen hätte es einer ausdrücklichen regelung bedurft, die die verantwortung für die einladung auch auf die wissenschaftliche leitung der veranstaltung überträgt. 82soweit die beklagte die arztöffentlichkeit der veranstaltung in frage stellt, ist schon die dazu gegebene begründung, dass in der einladung ein außendienstmitarbeiter der klägerin genannt wird und die anmeldungen möglicherweise ausschließlich über die klägerin erfolgt sind, nicht nachvollziehbar. selbst wenn diese umstände als gegeben unterstellt werden, ist nicht ersichtlich, warum die veranstaltung deshalb für (andere) ärzte nicht zugänglich gewesen sein sollte. auch im übrigen ist nicht ersichtlich, dass die in § 8 abs. 2 fbo geforderte arztöffentlichkeit nicht gewahrt war. der inhalt der veranstaltung ist typischerweise nur für ärzte in bezug auf ihre ärztliche tätigkeit von interesse. der prozessbevollmächtigte der klägerin hat in der mündlichen verhandlung zur bekanntmachung der veranstaltung vorgetragen, dass die in frage kommenden ärzte nach einem unternehmensinternen verteilungssystem zu der veranstaltung eingeladen würden. auch ärzte, die nicht angeschrieben worden seien und von der veranstaltung auf andere weise erfahren hätten, könnten an der veranstaltung teilnehmen, so dass auch die vorgabe des § 4 abs. 2 der richtlinie zur fbo, wonach grundsätzlich jede ärztin/jeder arzt zugang zu der fortbildungsmaßnahme haben muss, erfüllt war. ob trotz der fehlenden bewerbung der fortbildungsveranstaltung im internet auch die von § 4 abs. 2 der richtlinie zur fortbildungsordnung in bezug genommenen vorgaben der empfehlungen zur ärztlichen fortbildung der bundesärztekammer in nr. 5 „qualitätsanforderungen an fortbildungsmaßnahmen“ zur organisation, wonach teilnehmer sich rechtzeitig, umfassend, verbindlich und in einer leicht zugänglichen form über die fortbildungsmaßnahmen informieren können müssen, eingehalten sind, kann dahinstehen. insofern bestehen schon erhebliche zweifel, ob die nur über die richtlinien zur fbo in bezug genommenen empfehlungen zur ärztlichen fortbildung der bundesärztekammer zulässiger weise weitergehende vorgaben und versagungsgründe enthalten können. vor dem hintergrund, dass die beklagte nach den angaben in der mündlichen verhandlung durch die aufnahme einer zertifizierten fortbildungsveranstaltung in ihren veranstaltungskalender zur bekanntmachung einer veranstaltung und damit zur arztöffentlichkeit beiträgt, kann sie die versagung der anerkennung einer fortbildungsveranstaltung, deren anerkennung sie – wie vorliegend - zuvor zu unrecht aus anderen gründen abgelehnt hat und deswegen eine aufnahme der fortbildungsmaßnahme in den veranstaltungskalender unterblieben war, nicht mehr auf die – mangels ausreichender bekanntmachung - fehlende arztöffentlichkeit stützen. 83schließlich sind auch, wie von § 8 abs. 1 nr. 3 fbo verlangt, interessenkonflikte der klägerin und der referenten offen gelegt worden. 84da andere ablehnungsgründe von der beklagten nicht genannt werden, hat die klägerin einen anspruch auf anerkennung und bewertung der von 16:00 bis 20:00 uhr dauernden veranstaltung mit praktischer übung mit sechs fortbildungspunkten gemäß § 6 abs. 3 fbo entsprechend der kategorie c. 85die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs.1 vwgo. 86der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 87rechtsmittelbelehrung: 88gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 89der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 90innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 91die berufung ist nur zuzulassen, 921. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 932. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 943. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 954. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 965. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 97die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 98über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 99im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 100die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 101beschluss: 102der streitwert wird auf 5.000,- euro festgesetzt. 103gründe: 104die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 105rechtsmittelbelehrung: 106gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 107die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 108die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 109die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 110die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 111war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 29 K 8461/18 | 2021-11-17T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Pflicht des Klägers, sich als Prostituierter anzumelden und eine Gesundheitsberatung wahrzunehmen. Der im Jahr 0000 geborene Kläger betreibt eine Massagepraxis, der Beklagte unterhält eine Prostituiertenberatungsstelle. 3In einem mit „Zertifikat Tantramassage-Profi-Ausbildung“ überschriebenen Dokument vom 0. E. 2011 wird dem Kläger bescheinigt, dass er die „B. ® Tantramassage-Profi-Ausbildung“ besucht und erfolgreich abgeschlossen habe. Dieser Abschluss berechtige ihn zur Führung der Bezeichnung „Trantramasseur Level 1“. 4Nach einem mit „Teilnahme-Zertifikat“ überschriebenen Dokument nahm der Kläger zwischen dem 00. B. 2013 und dem 00. N. 2015 an einer Fortbildung „in Beziehungsdynamischer Sexualtherapie“ teil. 5Ein weiteres mit „Zertifikat“ überschriebenes Dokument der „C. der E. H. für B1. Medizin“ bestätigt dem Kläger, „die Ausbildung als Gesundheitspraktiker BfG für Sexualkultur erfolgreich abgeschlossen“ zu haben. 6Unter dem 0. T. 2014 meldete der Kläger bei der Stadt W. ein Gewerbe für folgende Tätigkeiten an: 7„B1. Wellnessmassagen unter anderem nach vorheriger Terminabsprache vom Kunden beim Kunden, beratende Tätigkeiten im Wellnessbereich sowie dazugehörigen der Seminare, Sexualberatung.“ 8In seiner Massagepraxis, die unter dem Namen „G. “ firmiert, bietet der Kläger unter anderem Seminare, Sexualberatung und Tantramassagen an, wobei seine Klienten zu 95 % aus Frauen bestehen. 9Unter dem 0. Juni 2018 forderte der Beklagte den Kläger auf, eine Erlaubnis gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG) zu beantragen, weil er ein erlaubnispflichtiges Prostitutionsgewerbe betreibe. Darüber hinaus wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass Personen, die sexuelle Dienstleistungen anböten, einer Anmeldepflicht unterlägen. 10Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Juli 2018 ließ der Kläger mitteilen, dass er als Einzelmasseur in eigener Praxis tätig sei, sodass er die Voraussetzungen für ein Prostitutionsgewerbe nicht erfülle. Ihn betreffe auch die Anmeldepflicht des § 3 Abs. 1 ProstSchG nicht, da die von ihm angebotenen Massagen keine sexuellen Dienstleistungen darstellten. Vielmehr unterbreite er mit den von ihm angebotenen Massagen ein sexualtherapeutisches, alternativmedizinisches Angebot. Er biete als „Tantramasseur TMV®“ ausschließlich „Tantramassagen TMV®“ an. Dies dürften nur Personen, die – wie er – eine anerkannte, zertifizierte Ausbildung nach den strengen Richtlinien des U. W1. e. V. (U1. ) erfolgreich durchlaufen hätten. Als Mitglied dieses W1. treffe ihn die Verpflichtung, sich mindestens zwanzig Unterrichtsstunden im Jahr fortzubilden. Die „U. U1. ®“ sei eine ganzheitliche, sexualtherapeutische Massage. Vor und nach der Massage stehe ein ausführliches Gespräch, teilweise auch mehrmalig. Bei der Massage werde der gesamte Körper des Klienten berührt, unter anderem auch der Intimbereich. Hier stehe nicht die sexuelle Stimulation im Vordergrund, sondern die ganzheitliche Berührung des Körpers zur Überwindung von Blockaden und traumatischen Erlebnissen. Zu den Symptombildern der ihn aufsuchenden Klienten gehörten mitunter: 1112„Sexuelle Störungsbilder wie Scheidenkrämpfe (Vaginismus), Schmerzen im Intimbereich oder beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie), Missbrauchsthemen und sexuelle Traumata, veränderte Lust bei älteren Frauen, Schmerzen und Fremdkörpergefühl nach Krebsoperationen (z. B. nach einer Brustamputation), nach allgemeinen Operationen zur Narbenendstörung (z. B. Dammschnitte), ein sich nicht Wohlfühlen im eigenen Körper, Orgasmusschwierigkeiten und Lustlosigkeit, Frauen, denen etwas fehlt in der männlich geprägten Sexualität, Menschen, die spüren, dass Sexualität ein Zugang zur Spiritualität sein kann, Frauen, die die verletzte oder veränderte Region nach einer Unterleibsoperation vorsichtig wieder neu entdecken möchten, Menschen, die eine neue Körpererfahrung machen möchten, Frauen, Männer oder Paare, die in einem Berührungscoaching erlernen möchten, wie man sich achtsam, aber auch intensiver berühren kann, Klienten mit Burn-out und/oder Depressionen“. 13Da der Kläger freiberuflich und selbstbestimmt in eigener Praxis arbeite, bestehe auch kein Bedürfnis, ihn durch das Prostituiertenschutzgesetz zu schützen. 14Mit Schreiben vom 7. August 2018 ließ der Beklagte den Kläger wissen, dass er an der „Aufforderung zur Antragstellung gemäß § 12 ProstSchG“ festhalte. Massagestudios, die Tantramassagen anböten, seien als erotische Massagestudios den bordellartigen Betrieben zuzurechnen. Ob im Zusammenhang mit der Massage die Ausübung von Geschlechtsverkehr gegen Entgelt angeboten werde, sei hier nicht relevant. Entscheidend sei vielmehr, dass es sich um eine Dienstleistung handele, die ihrer Art nach erkennbar auf die sexuelle Stimulation des Kunden ausgerichtet sei. Bei der Ausübung seiner Dienstleistungen beziehe der Kläger den Intimbereich ein, denn er biete auf seiner Homepage unter anderem ein Seminar an, in dem eine Anal- sowie Prostatamassage erlernt werden könne. 15Nach einer persönlichen Vorsprache des Klägers bei dem Beklagten am 14. August 2018 hielt ein Sachbearbeiter des Beklagten in einem Vermerk fest: 16„Herr E1. konnte jedoch widerlegen, dass er nicht der Erlaubnispflicht nach § 12 ProstSchG unterliegt. Er zieht seinen Angaben nach keinen wirtschaftlichen Nutzen aus der Prostitution anderer, da er für Seminare oder Vier-Hand-Massagen lediglich seine Räume zur Verfügung stellt. Ob dies jedoch kostenfrei geschieht oder gegen Entgelt, konnte nicht genau geklärt werden. 17Hier bleibt fraglich, ob Herr E1. andere Tantramasseure bei sich arbeiten lässt und ob hier eine Entschädigung für die Nutzung der Räumlichkeiten oder eine Aufteilung des Entgelts für Vier-Hand-Massagen erfolgt.“ 18In einem am 28. August 2018 unter der Überschrift „Anhörung gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes“ verfassten Dokument forderte der Beklagte den Kläger zur Anmeldung gemäß § 3 Abs. 1 ProstSchG auf. Unter sexuellen Dienstleistungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes seien alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt zu verstehen, einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer Handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen komme. Hiervon umfasst seien insbesondere Tantramassagen, welche oftmals eine sexuelle Stimulierung des Kunden mit der Hand oder dem eigenen Körper beinhalteten. 19Mit anwaltlichem Schreiben vom 5. Oktober 2018 ließ der Kläger gegenüber dem Beklagten mitteilen, dass er keine sexuellen Dienstleistungen anbiete, sondern ein sexualtherapeutisches Angebot unterhalte. 20In einem mit „Ordnungsverfügung“ überschriebenen Dokument vom 9. Oktober 2018 forderte der Beklagte den Kläger auf, seine Tätigkeit als Prostituierter anzumelden und eine gesundheitliche Beratung wahrzunehmen. Für den Fall, dass Anmeldung und gesundheitliche Beratung nicht bis zum 24. Oktober 2018 vorgenommen würden, drohte der Beklagte dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR an. Die sofortige Vollziehung der Verfügung wurde angeordnet. Nach Würdigung der Einlassung des Klägers habe man davon Abstand genommen, sein Gewerbe als erlaubnispflichtiges Prostitutionsgewerbe einzustufen. Er sei jedoch verpflichtet, seine Tätigkeit als Prostituierter anzumelden. Insbesondere biete er sexuelle Dienstleistungen an. Laut Internetseite des U. W1. e. V. werde bei einer „U. U1. ®“ kein Körperteil ausgelassen. Weiterhin werde jede Folge davon, seien es Atem, Stimme, Bewegung, Ejakulation, aufsteigende Erschütterung, Tränen bis hin zur lustvoll-mystischen Erfahrung oder einfach nur ein schlichter Orgasmus als willkommen angesehen. Dieses Schreiben erhielt der Rechtsanwalt des Klägers am 10. Oktober 2018. 21Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2018, bei Gericht eingegangen am 19. Oktober 2018, hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zunächst die Aufhebung des Bescheids vom 9. Oktober 2018 begehrt hat. Den parallel zur Klageerhebung gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht mit Beschluss vom 28. August 2019, Aktenzeichen: 29 L 3067/18, abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) mit Beschluss vom 17. Januar 2020, Aktenzeichen: 13 B 1282/19, zurückgewiesen. Daraufhin hat sich der Kläger am 23. Oktober 2020 als Prostituierter angemeldet und an einem gesundheitlichen Beratungsgespräch teilgenommen. 22Mit seiner Klage begehrt er nunmehr die Feststellung, dass die Verpflichtung, sich als Prostituierter anzumelden und an einem gesundheitlichen Beratungsgespräch teilzunehmen, rechtswidrig war. Er habe ein Rehabilitierungsinteresse, da er durch die Einordnung als Prostituierter diskriminiert und nach außen hin diskreditiert werde. Da die Anmeldebescheinigung nur zwei Jahre gültig sei, bestehe außerdem eine Wiederholungsgefahr. 23Er erbringe keine sexuelle Dienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 ProstSchG, weil seine Hauptleistung als „Tantramasseur U1. ®“ in der Behandlung von Körper und Geist bestehe. Er biete eine ganzheitliche Massage des Körpers an, Berührungen der Geschlechtsteile sowohl männlicher als auch weiblicher Kunden seien darin integriert. Dieses erhebe aber die Behandlung nicht zu einer sexuellen Dienstleistung. Dass mit einer Massage eine sexuelle Erregung einhergehe, reiche nicht aus. Die angewandten Methoden während der U. dienten nicht der Befriedigung sexueller Lust, sondern der Herstellung einer körperlichen und seelischen Balance, die im Einzelfall gestört sein könne. Solche Störungen bezeichne man auch als sexuelle Dysfunktionen wie z. B. Dyspareunie, Vaginismus und Vulvodynie. Derartige Schmerzerkrankungen ließen sich durch fachmedizinische Behandlungen nicht in den Griff kriegen, weshalb auf andere Behandlungsmethoden, darunter auch die „U. U1. ®“, zurückgegriffen werde. Diese Tantramassagen würden im Rahmen von Sexualtherapien ausdrücklich empfohlen. Die durchgeführten Berührungen und angewandten Massagetechniken würden bewirken, dass negative Erfahrungen, schamhafte Körpergefühle oder traumatische Erlebnisse überwunden und verarbeitet würden. In einigen Fällen komme es überhaupt nicht zu Massagen und Berührungen des Genitalbereichs (z. B. bei Vulvodynie und Erektionsstörungen). 24Letztlich komme es nicht darauf an, ob eine „U. U1. ®“ eine sexuelle Dienstleistung sei, weil diese Massage den Schutzzweck des Gesetzes von vornherein nicht berühre. Die in der Gesetzesbegründung erwähnten Prostituierten hätten mit den Personen, die nach einer Ausbildung als zertifizierte „Tantramasseure U1. ®“ tätig seien, nichts gemeinsam. Dies beruhe auf der hinter der Tätigkeit stehenden Ausbildung, aber auch auf der Tatsache, dass „Tantramassagen U1. ®“ auf der Kundenseite von Männern und Frauen gleichermaßen in Anspruch genommen und auch von männlichen und weiblichen „Tantramasseuren U1. ®“ angeboten würden. Darüber hinaus liege der Idee des Gesetzgebers ein Bild von Prostituierten zugrunde, die kaum oder überhaupt keinen Zugang zu Informationen hätten, diese aber dringend bräuchten. Zertifizierte „Tantramasseure U1. ®“ könnten hiermit nicht gemeint sein. Der Kläger sei darüber hinaus sogar noch zertifizierter Sexualtherapeut und Gesundheitspraktiker. Der Gesetzgeber habe den Bereich der U. nicht gesehen. Die Gerichte seien daher dazu berufen, eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Prostituiertenschutzgesetzes vorzunehmen. 25Auch nach der Begründung zu diesem Gesetz sei die Massage eines zertifizierten „Tantramasseurs U1. ®“ nicht als sexuelle Dienstleistung einzuordnen, weil hierunter nur „alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt“ fielen. Bei einer „U. U1. ®“ handele es sich demgegenüber nicht um Formen sexueller Handlungen, die „üblicherweise“ der Prostitution zugerechnet würden. 26Der Kläger beantragt, 27festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 9. Oktober 2018 rechtswidrig war. 28Der Beklagte beantragt, 29die Klage abzuweisen. 30Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor, dass eine vom Kläger subjektiv empfundene fehlende Schutzbedürftigkeit für die Frage der Einordnung seiner Tätigkeit als sexuelle Dienstleistung nicht entscheidend sei. 31Am 18. Oktober 2021 hat ein Erörterungstermin stattgefunden, im Rahmen dessen der Kläger zum Sachverhalt befragt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und auf das Sitzungsprotokoll zum Erörterungstermin vom 18. Oktober 2021 verwiesen. 32Entscheidungsgründe: 33Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem die Kammer ihm den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22. September 2021 zur Entscheidung übertragen hat, vgl. § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Aufgrund des im Erörterungstermin am 18. Oktober 2021 erklärten Einverständnisses der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. 34Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.). 35I. Sie ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft, da sich die angefochtene Ordnungsverfügung vom 9. Oktober 2018, bei der es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) handelt, nach Klageerhebung erledigt hat, indem sich der Kläger am 23. Oktober 2020 als Prostituierter angemeldet und an einem gesundheitlichen Beratungsgespräch teilgenommen hat. Die Umstellung der Klage von einer ursprünglichen Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO in eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO stellt nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) eine zulässige Klageänderung dar. 36Der Kläger ist auch klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, da nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass er durch die streitgegenständliche Ordnungsverfügung jedenfalls in seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt ist. 37Er hat zudem ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung vom 0. Oktober 2018. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Es besteht typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses, kann sich aber auch aus anderen besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben, sofern die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die klägerische Position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern. 38BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2019 – 9 B 52/18 –, juris, Rn. 9. 39Vorliegend kann offenbleiben, ob dem Kläger ein Rehabilitierungsinteresse zur Seite steht, ob also die Pflicht zur Anmeldung als Prostituierter bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise diskriminierende Wirkung entfaltet oder gar eine Stigmatisierung darstellt und, falls ja, ob diese in Ansehung von §§ 5 Abs. 6, 34 ProstSchG die erforderliche Außenwirkung entfaltet. Jedenfalls besteht nämlich die Gefahr, dass er sich in Zukunft regelmäßig gleichlautenden Ordnungsverfügungen ausgesetzt sieht. Eine solche Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen bzw. eine gleichartige behördliche Entscheidung getroffen wird. 40BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2019 – 9 B 52/18 –, juris, Rn. 9. 41Das erfordert zum einen die konkrete Möglichkeit, dass sich ein vergleichbarer Sachverhalt wieder ereignen, und zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird. 42BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 BvR 1946/06 –, juris, Rn. 22. 43Davon ist vorliegend auszugehen. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 ProstSchG gilt die Anmeldebescheinigung für anmeldepflichtige Personen, die – wie der Kläger – älter sind als 21 Jahre, für zwei Jahre. Wird die Tätigkeit als Prostituierter nach Ablauf der Gültigkeitsdauer fortgesetzt, so ist gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 ProstSchG die Anmeldebescheinigung zu verlängern, wozu ein Nachweis über die mindestens einmal jährlich erfolgte gesundheitliche Beratung vorzulegen ist, vgl. §§ 4 Abs. 4 Satz 1, 5 Abs. 5 Satz 2 ProstSchG. Auch die sonstigen für eine Anmeldung erforderlichen Angaben und Nachweise gemäß § 4 ProstSchG sind gemäß § 5 Abs. 5 Satz 4 ProstSchG erneut zu erbringen. Der Kläger wird daher spätestens zwei Jahre nach seiner erstmaligen Anmeldung am 23. Oktober 2020 das Prozedere erneut durchlaufen müssen. Sofern er sich dem verweigert, ist mit hinreichender Bestimmtheit davon auszugehen, dass der Beklagte eine neuerliche Ordnungsverfügung erlassen wird. Denn dass er zukünftig von seiner bisherigen Rechtsauffassung abweichen wird, ist weder vorgetragen noch erkennbar. Eine entsprechende Erklärung haben die Vertreter des Beklagten im Erörterungstermin nicht abgegeben. 44Mit Klageerhebung am 19. Oktober 2018 gegen die Ordnungsverfügung vom 0. Oktober 2018 hat der Kläger zudem die ursprüngliche Anfechtungsklage fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben. 45II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9. Oktober 2018 war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts, 46vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 25/84 –, juris, Rn. 42, 47rechtmäßig und hat den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies gilt sowohl für die in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung an den Kläger gerichtete Aufforderung, seine Tätigkeit als Prostituierter anzumelden und die gesundheitliche Beratung wahrzunehmen (1.) als auch für die in Ziffer 2. enthaltene Zwangsgeldandrohung (2.). Die vom Kläger schriftsätzlich gestellten Beweisanträge sind abzulehnen (3.). 481. Gegen die in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung an den Kläger gerichtete Aufforderung, seine Tätigkeit als Prostituierter anzumelden und an einem gesundheitlichen Beratungsgespräch teilzunehmen, war im entscheidungserheblichen Zeitpunkt nichts zu erinnern. 49a. Sie fand ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 ProstSchG bzw. in § 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG. 50§ 11 Abs. 1 ProstSchG bestimmt, dass die zuständige Behörde eine Person auffordert, ihre Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter innerhalb einer angemessenen Frist anzumelden und der zuständigen Behörde die Anmeldebescheinigung vorzulegen, wenn der Behörde tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Person der Prostitution nachgeht, ohne diese Tätigkeit zuvor angemeldet zu haben. Die Anmeldepflicht für Prostituierte ergibt sich dabei aus § 3 Abs. 1 ProstSchG. Danach hat die Person, die eine Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter ausüben will, dies vor Aufnahme der Tätigkeit persönlich bei der Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt werden soll, anzumelden. 51Nach § 11 Abs. 2 ProstSchG wiederum fordert die zuständige Behörde Personen auf, innerhalb einer angemessenen Frist die gesundheitliche Beratung wahrzunehmen und der zuständigen Behörde die Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung vorzulegen, wenn der Behörde tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Person der Prostitution nachgeht, ohne die Pflicht zur gesundheitlichen Beratung wahrgenommen zu haben. Die Pflicht zur Wahrnehmung einer gesundheitlichen Beratung ergibt sich aus § 10 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG, dem zufolge Personen, die eine Tätigkeit als Prostituierte oder als Prostituierter ausüben wollen, vor der erstmaligen Anmeldung der Tätigkeit eine gesundheitliche Beratung wahrnehmen müssen. 52An der Verfassungs- und Europarechtskonformität dieser Rechtsgrundlagen, insbesondere der Anmeldepflicht und der Pflicht zur gesundheitlichen Beratung bestehen keine Zweifel. Insoweit wird auf den Eilbeschwerdebeschluss des OVG NRW, der im Rahmen des parallel zu diesem Klageverfahren angestrengten Eilverfahrens ergangen ist, Bezug genommen. Das Gericht macht sich die Ausführungen des OVG NRW zu eigen. 53Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2020 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 8 ff. 54Sämtliche vom Kläger angeführten Argumente sind in dem vorgenannten Beschluss eingehend gewürdigt worden. Nach rechtskräftigem Abschluss des Eilverfahrens hat er zudem keine weitere Begründung, die aus seiner Sicht eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte, mehr vorgetragen und auch keine weiteren konstitutionellen Einwände mehr erhoben. 55b. Die Anordnung in Ziffer 1. des Bescheids vom 9. Oktober 2018 war formell rechtmäßig. 56Der Beklagte war gemäß §§ 3 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 2 ProstSchG örtlich und gemäß § 11 Abs. 1 und 2 ProstSchG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung von Aufgaben nach dem Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Durchführungsverordnung Prostituiertenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen – DVO ProstSchG NRW) sachlich für den Erlass der Ordnungsverfügung zuständig. 57Verfahrens- oder Formfehler sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere ist der Kläger vor Erlass der Ordnungsverfügung mit Schreiben vom 4. Juni 2018, vom 7. August 2018, vom 28. August 2018 schriftlich sowie am 14. Juni 2018 telefonisch und am 14. August 2018 persönlich gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört worden. 58c. Die Anordnung in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung war auch materiell rechtmäßig. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts lagen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger der Prostitution nachgeht (aa.), ohne diese Tätigkeit zuvor angemeldet zu haben bzw. ohne die Pflicht zur gesundheitlichen Beratung wahrgenommen zu haben, sodass der Beklagte berechtigt war, den Kläger zur Anmeldung seiner Tätigkeit bzw. zur Wahrnehmung einer gesundheitlichen Beratung innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern (bb.). 59aa. Das Gericht hat die gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche Überzeugung gewonnen, dass der Kläger einer Tätigkeit als Prostituierter nachgeht. 60Prostituierte sind nach § 2 Abs. 2 ProstSchG „Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen.“ Eine „sexuelle Dienstleistung“ ist nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG „eine sexuelle Handlung mindestens einer Person an oder vor mindestens einer anderen unmittelbar anwesenden Person gegen Entgelt oder das Zulassen einer sexuellen Handlung an oder vor der eigenen Person gegen Entgelt.“ Keine sexuellen Dienstleistungen sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG „Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist.“ Weitere Vorgaben macht das Gesetz nicht. 61(1.) Ob Tantramassagen unter den Begriff der „sexuellen Dienstleistung“ fallen, wird – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung, die überwiegend im Zusammenhang mit dem Ordnungswidrigkeitsrecht, dem Baurecht, dem Coronaschutzrecht oder dem Vergnügungssteuerrecht ergangen ist, nicht einheitlich bewertet. Im Wesentlichen haben sich vier Strömungen herausgebildet. 62(a.) Zahlreiche Entscheidungen zeichnen sich dadurch aus, dass die in § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG enthaltene Legaldefinition der „sexuellen Dienstleistung“ zitiert wird und sodann, ohne den hierin enthaltenen Begriff der „sexuellen Handlung“ näher zu konkretisieren bzw. sich abstrakt damit auseinanderzusetzen, festgestellt wird, dass die U. diese Voraussetzungen „zweifelsfrei“ erfülle. 63Zum Baurecht: VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 4. Juli 2012 – 3 L 571/12.NW –, juris, Rn. 12; VG Minden, Urteil vom 3. März 2015 – 1 K 2113/13 –, juris, Rn. 19; zum Coronaschutzrecht: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 40. 64Diese Vorgehensweise überzeugt schon deshalb nicht, weil die Subsumtion wegen der unterlassenen Definition des streitentscheidenden Begriffs der „sexuellen Handlung“ unvollendet bleibt. 65(b.) Andere Gerichte wiederum nehmen bei der Definition einer „sexuellen Dienstleistung“ eine Schwerpunktbetrachtung vor. Hiernach liege eine „sexuelle Dienstleistung“ vor, „wenn der Sexualbezug nach der […] konkreten Ausgestaltung [der Handlung] mit Blick auf die weiteren Umstände des Einzelfalls und das sonstige Leistungsangebot der dienstleistenden Person nach der objektiv zutage tretenden Erscheinungsform ohne weitergehende Einbindung in ein Konzept der ganzheitlichen Körperarbeit auch im Zusammenhang mit den sonstigen Begleitumständen deutlich im Vordergrund“ stehe. 66Zum Gewerberecht: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 36; zum Baurecht: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29; zum Ordnungswidrigkeitsrecht: AG Stuttgart, Urteil vom 3. Juli 2020 – 4 OWi 25 Js 111521/19 –, S. 6 des Urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht; zum Coronaschutzrecht ansatzweise auch: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 31. 67(c.) Vereinzelt tendiert die Rechtsprechung dazu, Tantramassagen vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des Prostituiertenschutzgesetzes nicht als „sexuelle Dienstleistungen“ anzusehen. Der Zweck des Gesetzes sei der Schutz des sexuellen Selbstbestimmungsrechts der Prostituierten, der Schutz der Gesundheit, die Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen sowie die Bekämpfung von Kriminalität. Dieser Schutzzweck sei bei der Durchführung von Tantramassagen durch einen zertifizierten „Tantramasseur U1. ®“ nicht berührt. Denn die „U. U1. ®“ unterscheide sich vom Prostitutionsgewerbe dadurch, dass Geschlechtsverkehr ausgeschlossen sei, die Kunden zur Passivität verpflichtet seien, die Identität der Kunden bekannt sei und es strenge Anforderungen an die Ausbildung der Masseure gäbe. 68Zum Ordnungswidrigkeitsrecht: AG Stuttgart, Urteil vom 3. Juli 2020 – 4 OWi 25 Js 111521/19 –, S. 6 f. des Urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht. 69(d.) Schließlich stellen andere Gerichte zur Feststellung einer „sexuellen Dienstleistung“ darauf ab, ob die vorgenommene Handlung eine sexuelle Erregung oder Befriedigung herbeiführe. Unter einer „sexuellen Handlung“ falle „dem Wortsinn nach jedes menschliche Verhalten, das darauf gerichtet […] [sei], einen anderen sexuell zu erregen oder zu befriedigen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen komm[e].“ Für die Einordnung als „sexuelle Dienstleistung“ sei nicht entscheidend, ob die speziellen Handlungen im allgemeinen Sprachgebrauch durchgängig als Prostitution bewertet würden. Da eine U. darauf gerichtet sei, den Kunden sexuell zu erregen, erfülle sie die an eine sexuelle Handlung zu stellenden Anforderungen. 70Zum Coronaschutzrecht: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. August 2020 – 6 B 10864/20 –, juris, Rn. 11 f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 40; zum Baurecht: VG Leipzig, Urteil vom 3. Mai 2017 – 4 K 399/15 –, juris, Rn. 25; ansatzweise auch: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29, 31, 32; zum Gewerberecht ansatzweise auch: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 20. 71(e.) Neben diesen vier in der Rechtsprechung vertretenen Ansichten ist im Vergnügungssteuerrecht anerkannt, dass es sich bei einer U. jedenfalls um ein „sexuelles Vergnügen“ handele. 72OVG NRW, Beschluss vom 6. Februar 2015 – 14 B 72/15 –, juris, Rn. 11 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Juli 2014 – 2 S 3/14 –, juris, Rn. 32 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 6. November 2013 – 8 K 28/13 –, juris, Rn. 36. 73Diese Rechtsprechung kann für das Prostituiertenschutzgesetz jedoch nur bedingt fruchtbar gemacht werden, weil es sich bei dem „sexuellen Vergnügen“ um ein ganz anderes Tatbestandsmerkmal handelt und weil die Zielsetzung des Vergnügungssteuerrechts nicht mit derjenigen des Prostituiertenschutzgesetzes verglichen werden kann. 74(f.) Das OVG NRW hat in dem vom Kläger parallel geführten Eilverfahren ausdrücklich offengelassen, ob eine U. eine „sexuelle Dienstleistung“ darstellt und sich ausschließlich mit der Verfassungs- und Europarechtskonformität der Anmelde- und Beratungspflicht der §§ 3 Abs. 1, 10 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG befasst. 75OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2020 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 106; vgl. auch ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 25. Juni 2020 – 13 B 800/20.NE –, juris, Rn. 75. 76In einer weiteren Entscheidung stellt das OVG NRW fest, dass sich der Begriff der „sexuellen Dienstleistung“ in § 10 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchV) vom 31. August 2020 an der im Prostituiertenschutzgesetz niedergelegten Begriffsbestimmung orientiere. Von der in § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG enthaltenen Legaldefinition ausgehend umfasse das Tatbestandsmerkmal ein breites Spektrum von Leistungen. Es erstrecke sich nicht nur auf den vaginalen, oralen oder analen Geschlechtsverkehr, sondern auf alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt. Dies gelte unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen komme. Damit unterfielen ihm beispielsweise auch BDSM-Dienstleistungen, der sexuellen Befriedigung dienende erotische Massagen und – soweit es um die Erbringung sexueller Handlungen geht – auch Escort-Serviceleistungen oder die behindertengerechte Sexualbegleitung/-assistenz. 77OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2020 – 13 B 902/20.NE –, juris, Rn. 22; vgl. auch VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 22. 78Diese Ausführungen tragen zum Verständnis des Begriffs der „sexuellen Dienstleistung“ und insbesondere der „sexuellen Handlung“ indessen kaum etwas bei, da sie eine abstrakte Definition vermissen lassen und sich nahezu ausschließlich in der Wiedergabe der Gesetzesbegründung erschöpfen. 79Vgl. Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33, 59. 80(2.) Eine gefestigte Rechtsprechung dazu, was unter einer „sexuellen Dienstleistung“ zu verstehen ist, existiert nach alledem – soweit ersichtlich – nicht. Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die vorzitierte Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG. Diese zugrundegelegt ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger im Rahmen der von ihm angebotenen „Tantramassagen U1. ®“ sexuelle Handlungen (a.) gegen Entgelt (b.) vornimmt. 81(a.) Das Tatbestandsmerkmal der „sexuellen Handlung“ ist der zentrale Begriff für die Beantwortung der Frage, ob eine „sexuelle Dienstleistung“ vorliegt. Da die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung allgemein gehalten und nicht eindeutig abgrenzbar ist, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. 82Vgl. zum unbestimmten Rechtsbegriff BVerfG, Beschluss vom 8. Januar 1981 – 2 BvL 3/77 –, juris, Rn. 41 ff. 83Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe durch den Gesetzgeber ist grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar. Es ist Aufgabe der Verwaltungsbehörden und der Rechtspraxis, solche Tatbestandsmerkmale zu konkretisieren. 84BVerfG, Beschluss vom 29. September 2020 – 1 BvR 1550/19 –, juris, Rn. 74; BVerfG, Urteil vom 17. November 1992 – 1 BvL 8/87 –, juris, Rn. 91; BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2021 – 4 B 7/21 –, juris, Rn. 6. 85Beruht eine angefochtene Verwaltungsentscheidung auf der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, so ist die Entscheidung der Verwaltungsbehörde in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig vom Gericht nachprüfbar, wenn es sich – wie vorliegend – um einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum handelt. 86Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 – 1 BvR 419/81 –, juris, Rn. 47 f. 87Bei dieser Prüfung sind die Gerichte insbesondere nicht an hierzu erlassene norminterpretierende Verwaltungsvorschriften gebunden. Denn diese dienen lediglich der Steuerung des behördlichen Verwaltungshandelns, haben aber keine Rechtsnormqualität. 88BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 1 B 1/11 –, juris, Rn. 6. 89Soweit daher die Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen zum Vollzug des Prostituiertenschutzgesetzes gegenüber dem Prostitutionsgewerbe vom 25. März 2020 (RL ProstSchG-Gewerbe) in Ziffer 2.1.3.1 festlegt, dass die unter der Bezeichnung „U. “ angebotenen Dienstleistungen als „sexuelle Dienstleistung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG zu qualifizieren seien, entfaltet dies keine Bindungswirkung für das Gericht. 90Vielmehr haben die Gerichte bei der Nachprüfung eines von den Verwaltungsbehörden angewandten unbestimmten Rechtsbegriffs und bei dessen Konkretisierung die allgemeinen juristischen Auslegungsregeln zu beachten. 91Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 1988 – 1 BvR 243/86 –, juris, Orientierungssatz 4.; BVerfG, Urteil vom 6. Juli 1999 – 2 BvF 3 /90 –, juris, Rn. 121; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 153. 92Was also unter einer „sexuellen Handlung“ zu verstehen ist, ist durch eine an Wortlaut ((aa.)), Gesetzeshistorie ((bb.)), Systematik ((cc.)) und Schutzzweck des Prostituiertenschutzgesetzes ((dd.)) orientierte Auslegung zu ermitteln. Im Ergebnis ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger im Rahmen der „U. U1. ®“ „sexuelle Handlungen“ vornimmt (ee.). 93(aa.) Zu den anerkannten Auslegungsmethoden gehört vor allem der anhand der Umgangs- wie der Fachsprache zu bewertende Wortlaut, der die äußerste Grenze der Interpretation darstellt. 94Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 – 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01 –, juris, Rn. 91. 95Für die Definition einer „Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG ist auf den rechtswissenschaftlichen Handlungsbegriff abzustellen. Dies folgt schon daraus, dass es sich um einen Rechtsbegriff handelt. Darüber hinaus verweist der Gesetzesentwurf zum Prostituiertenschutzgesetz in seiner Begründung zum Begriff der „sexuellen Handlung“ ausdrücklich auf die „beispielsweise durch das Strafgesetzbuch […] eingeführte Begriffsbildung“. 96Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 97Der Gesetzgeber geht mithin unmissverständlich davon aus, dass zur Definition der „sexuellen Handlung“ auf bereits bestehende juristische Begrifflichkeiten zurückgegriffen werden kann. 98Sowohl im Strafrecht als auch im Zivilrecht liegt eine Handlung im natürlichen Sinne vor, wenn es durch einen menschlichen Entschluss zu einer Willensbetätigung kommt, 99BGH, Urteil vom 5. Januar 1951 – 2 StR 83/50 –, juris, Rn. 2; BGH, Urteil vom 3. August 1962 – 4 StR 155/62 –, juris, Rn. 38; BGH, Urteil vom 12. Februar 1963 – VI ZR 70/62 –, juris, Rn. 12; vgl. zu den im Einzelnen umstrittenen Handlungslehren: Schönke/Schröder/Eisele StGB, 30. Auflage 2019, vor § 13 Rn. 25 ff. 100Das Adjektiv „sexuell“ stammt aus dem Lateinischen (sexualis) und bedeutet „zum Geschlecht gehörend“ bzw. „geschlechtlich“ oder (tautologisch) „die Sexualität betreffend“. 101Brockhaus, 21. Auflage 2006, Band 25, Stichwort: sexuell. 102Seinem Wortlaut nach umfasst eine „sexuelle Handlung“ also jedes vom Willen getragene menschliche Verhalten, das einen geschlechtlichen Bezug erkennen lässt. 103(bb.) Eine historische Analyse von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG liefert zwei wesentliche Erkenntnisse, die zum Verständnis dieser Vorschrift beitragen: Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Begriff der „sexuellen Handlung“ weit zu verstehen sein ((aaa.)) und er soll in Anlehnung an andere Rechtsgebiete ausgelegt werden ((bbb.)). 104(aaa.) Gleich an mehreren Stellen hebt der Gesetzgeber in der Begründung zum Prostituiertenschutzgesetz deutlich hervor, dass er den Anwendungsbereich dieses Gesetzes extensiv verstanden wissen will. 105Schon im „Allgemeinen Teil“ seiner Begründung formuliert er unmissverständlich: 106„Dem Schutzzweck entsprechend wird für dieses Gesetz ein weiter Begriff der Prostitution zugrunde gelegt, der nahezu alle Formen bezahlter sexueller Kontakte umfasst.“ 107Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Weidtmann-Neuer, Praxis der Kommunalverwaltung Bund, K-2g, ProstSchG, Loseblattsammlung, Stand: Juni 2017, § 1. 108Zu § 1 ProstSchG heißt es in der Gesetzesbegründung: 109„Dem Gesetz liegt grundsätzlich ein weites Verständnis von Prostitution zugrunde, das möglichst alle Angebotsformen entgeltlicher sexueller Kontakte und deren gewerbsmäßige Organisation im Bereich der Prostitution zurechnet. Entsprechend seinem Schutzzweck wird damit das Ziel verfolgt, den Anwendungsbereich auf eine möglichst große Bandbreite an Geschäftsmodellen im Bereich der sexuellen Dienstleistung zu erstrecken.“ 110Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 58; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 49; vgl. auch Weidtmann-Neuer, Praxis der Kommunalverwaltung Bund, K-2g, ProstSchG, Loseblattsammlung, Stand: Juni 2017, § 1. 111Speziell zur Definition der „sexuellen Dienstleistung“ führt der Gesetzgeber aus: 112„Umfasst sind damit alle üblicherweise der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer Handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten Personen kommt.“ 113Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 114Dieser Passus offenbart die geringen Anforderungen für das Vorliegen einer „sexuellen Handlung“ besonders deutlich: Der Ausübung des Geschlechtsverkehrs bedarf es nicht, sie setzt nicht einmal voraus, dass es überhaupt zu körperlichen Berührungen kommt. 115Soweit der Kläger die vorstehende Gesetzesbegründung heranzieht, um einzuwenden, dass nur solche Verhaltensweisen vom Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes erfasst seien, die „üblicherweise“ zu den der Prostitution zugerechneten Formen sexueller Handlungen gegen Entgelt gehörten, was auf die U. nicht zutreffe, überzeugt dies nicht. Vielmehr sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers gerade auch solche Handlungen unter den Begriff der „sexuellen Dienstleistung“ fallen, die im allgemeinen oder milieutypischen Sprachgebrauch nicht als Prostitution bewertet werden: 116„Nicht alle dieser unter den Begriff der sexuellen Dienstleistung fallenden Erscheinungsformen werden im allgemeinen oder milieutypischen Sprachgebrauch durchgängig als ‚Prostitution‘ bewertet.“ 117Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 118Nach dem Willen des Gesetzgebers ist der Begriff der „sexuellen Handlung“ mithin weit auszulegen. 119(bbb.) Der Gesetzesbegründung ist die weitere Erkenntnis zu entnehmen, dass zur Konkretisierung der „sexuellen Handlung“ auf andere Rechtsgebiete zurückgegriffen werden soll. Der Gesetzgeber stellt klar: 120„Der Begriff der ‚sexuellen Handlung‘ ist beispielsweise durch das Strafgesetzbuch eine eingeführte Begriffsbildung, die daher keiner näheren gesetzlichen Definition bedarf.“ 121Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 122Im Strafrecht, auf das die Gesetzesbegründung primär verweist, ist für den Begriff der sexuellen Handlung nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung das äußere Erscheinungsbild maßgebend. Das Merkmal ist hiernach erfüllt, wenn das Erscheinungsbild nach allgemeinem Verständnis die Sexualbezogenheit erkennen lässt. 123BGH, Beschluss vom 2. Februar 2021 – 4 StR 364/19 –, juris, Rn. 11; BGH, Beschluss vom 7. April 2020 – 3 StR 44/20 –, juris, Rn. 13. 124Neben dem Verweis auf das Strafrecht spricht auch die weitere Gesetzesbegründung dafür, dass es bei der Beurteilung der Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ vorliegt, auf das äußere Erscheinungsbild, also auf die Sicht eines objektiven Dritten, ankommt. So soll für die Einordnung einer ortsfesten Anlage als Prostitutionsstätte im Sinne von § 2 Abs. 4 ProstSchG unter anderem die „erkennbare“ Ausrichtung des Geschäftsmodells auf entgeltliche sexuelle Kontakte entscheidend sein. 125Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 60. 126Durch das Adjektiv „erkennbar“ stellt der Gesetzgeber für den Begriff der „Prostitutionsstätte“ auf nach außen hervortretende Umstände ab. Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung, dass bei Abgrenzungsschwierigkeiten in Zweifelsfällen auch „der typische Erwartungshorizont szenekundiger Besucherinnen und Besucher herangezogen werden“ könne. 127Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 61. 128Mit dieser Formulierung gibt der Gesetzgeber klar zu erkennen, dass für die Beantwortung der Frage, ob eine Prostitutionsstätte vorliegt, die Sicht eines objektiven Dritten entscheidend ist. 129Wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung und weil keine Gründe ersichtlich sind, die eine Ausnahme rechtfertigen würden, spricht alles dafür, das Kriterium des äußeren Erscheinungsbilds auch im Zusammenhang mit dem Begriff der „sexuellen Handlung“ anzuwenden. 130Vgl. auch Büttner, ProstSchG, 2017, § 2 Rn. 28; Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 142. 131(ccc.) Die Gesetzeshistorie bestätigt mithin zum einen das Ergebnis der Wortlautanalyse, wonach der Begriff der „sexuellen Handlung“ weit zu verstehen ist und sie führt zum anderen zu der Erkenntnis, dass die Frage, ob eine solche Handlung vorliegt, aus der Sicht eines objektiven Dritten zu beantworten ist. 132Unter Berücksichtigung allein des Wortlauts und der Gesetzeshistorie ist unter einer „sexuellen Handlung“ daher jedes vom Willen getragene menschliche Verhalten zu verstehen, das objektiv, also gemessen an seinem äußeren Erscheinungsbild, einen geschlechtlichen Bezug erkennen lässt, und zwar unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs kommt. 133(cc.) In systematischer Hinsicht liefert § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG eine weitere Erkenntnis für das Verständnis einer „sexuellen Handlung“. Hiernach sind „Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist“, „keine sexuellen Dienstleistungen“. 134Die Vorschrift regelt mithin negativ, was nicht unter einer sexuellen Dienstleistung zu verstehen ist und begrenzt so ihren Anwendungsbereich. Für das Tatbestandsmerkmal der „sexuellen Handlung“ bedeutet dies im Umkehrschluss, dass sie so zu definieren ist, dass grundsätzlich auch Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist, hierunter fallen. Denn nur in diesem Fall gewinnt die in § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG geregelte Ausnahme überhaupt eine Bedeutung. 135Würde man demgegenüber den Begriff der „sexuellen Handlung“ bereits so eng fassen, dass derartige Vorführungen nicht hierunter zu subsumieren wären, würde § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG zu einer leeren Hülse degradiert. Dass der Gesetzgeber dieser Vorschrift lediglich einen solchen klarstellenden Charakter zuweisen wollte, ist indessen nicht ersichtlich. 136Unter Berücksichtigung dieser systematischen Aspekte verbleibt es mithin bei der durch Wortlautanalyse und historischer Auslegung hergeleiteten Definition. Denn diese umfasst auch Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, so dass für die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG weiterhin ein Anwendungsbereich gegeben ist. 137(dd.) Die Definition einer „sexuellen Handlung“, wie sie sich dem Rechtsanwender nach vorstehenden Ausführungen in Ansehung von Wortlaut, Gesetzeshistorie und Systematik erschließt, ist sehr weit gefasst. Ihr unterfielen auch ambivalente Handlungen, die für sich betrachtet nicht ohne Weiteres einen sexuellen Charakter aufweisen. Hierzu zählt beispielsweise die Untersuchung eines Geschlechtsteils durch einen Arzt. Denn auch dieses Verhalten lässt nach seinem äußeren Erscheinungsbild einen geschlechtlichen Bezug erkennen. Verbliebe es mithin bei der vorstehenden Definition einer „sexuellen Handlung“, müssten sich unter anderem auch Urologen oder Gynäkologen als Prostituierte anmelden. 138Um dies zu vermeiden, um also den Begriff der „sexuellen Handlung“ und damit indirekt den Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes nicht ausufern zu lassen, sind in der Rechtsprechung die unter Ziffer II.1.c.aa.(1.) dargestellten Lösungsansätze entwickelt worden. Die Schwerpunktbetrachtung ((aaa.)) überzeugt dabei jedoch ebenso wenig wie die Auffassung, dass „Tantramassagen U1. ®“ vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des Prostituiertenschutzgesetzes nicht als „sexuelle Dienstleistungen“ anzusehen seien ((bbb.)). Für die Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ zu bejahen ist, kommt es vielmehr darauf an, ob sich das Verhalten typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellt ((ccc.)). 139(aaa.) Nach der Schwerpunktbetrachtung liegt eine „sexuelle Handlung“ nur dann vor, wenn bei einer menschlichen Verhaltensweise der Sexualbezug im Vordergrund steht. 140Zum Gewerberecht: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 36; zum Baurecht: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29; zum Ordnungswidrigkeitsrecht: AG Stuttgart, Urteil vom 3. Juli 2020 – 4 OWi 25 Js 111521/19 –, S. 6 des Urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht; zum Coronaschutzrecht ansatzweise auch: VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 31. 141Der Kläger macht sich diese Auffassung zu eigen, wenn er argumentiert, dass die U. eine ganzheitliche Massage sei, die der Behandlung von Körper und Geist diene und bei der die Berührung der Geschlechtsteile nicht im Vordergrund stehe, sondern nur eine Begleiterscheinung sei. Die Methoden während der U. dienten nicht der Befriedigung sexueller Lust, sondern der Herstellung körperlicher und seelischer Balance. Ziel der Massage sei es, negative Erfahrungen, schamhafte Körpergefühle und traumatische Erlebnisse zu überwinden und zu verarbeiten. Ein gestörtes Verhältnis zur eigenen Sexualität solle aufgebrochen und behoben werden. Dafür, dass der Sexualbezug bei einer U. nicht im Vordergrund stehe, spreche sowohl, dass Sexualtherapeuten Tantramassagen aus gesundheitlichen Gründen empfählen, um Dysfunktionen zu beheben, als auch, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Betroffenen sexuellen Missbrauchs Tantramassagen bewillige. 142Diese Schwerpunktbetrachtung ist rechtlich nicht haltbar. Sie findet keine Stütze im Gesetz. 143Schon der Wortlaut des Gesetzes gibt eine solche Betrachtungsweise nicht her. § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG differenziert nicht zwischen einer Gesamtdienstleistung und dem darin enthaltenen sexuellen Handlungsanteil. Die Legaldefinition enthält auch keinen Schwellenwert, bei dessen Überschreitung der Sexualbezug überwiegt und so die Gesamthandlung zu einer „sexuellen Handlung“ und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zu einer „sexuellen Dienstleistung“ wird. Vielmehr verdeutlicht der Wortlaut des Gesetzes gerade, dass am Vorliegen einer „sexuellen Dienstleistung“ keine sonderlich hohen Hürden zu stellen sind: Der vorangestellte unbestimmte Artikel („eine“) und die Verwendung des Singulars („sexuelle Handlung“) geben zu erkennen, dass für die Bejahung einer „sexuellen Dienstleistung“ nicht einmal mehrere sexuelle Handlungen notwendig sind. Darüber hinaus lässt es das Gesetz ausreichen, wenn die entsprechende Handlung vor einer anderen Person ausgeführt wird, ohne dass es überhaupt zu wechselseitigen Berührungen kommen muss. 144Auch die Entstehungsgeschichte des Prostituiertenschutzgesetzes spricht gegen eine Schwerpunktbetrachtung. Der Gesetzgeber hat das Vorliegen einer „sexuellen Dienstleistung“ gerade nicht von der Vornahme „überwiegend“ sexueller Handlungen abhängig gemacht, obwohl ihm dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre. In der Gesetzesbegründung lassen sich zudem keinerlei Hinweise dafür finden, dass der Gesetzgeber eine „sexuelle Dienstleistung“ nur dann angenommen wissen wollte, wenn im Rahmen einer Gesamthandlung überwiegend sexuelle Handlungen vorgenommen werden – im Gegenteil: Für die Einordnung einer Wohnung als Prostitutionsstätte hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich dahingehend geäußert, dass eine Wohnung auch dann als Prostitutionsstätte anzusehen ist, wenn sie zugleich zum Zwecke des Wohnens oder des Schlafens genutzt wird. 145Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 61. 146Damit hat der Gesetzgeber der Schwerpunktbetrachtung bei der Frage, ob eine Wohnung als Prostitutionsstätte zu qualifizieren ist, eine klare Absage erteilt. Wegen der Einheit der Rechtsordnung kann nichts anderes für die Legaldefinition einer „sexuellen Dienstleistung“ gelten, zumal kein Grund ersichtlich ist, warum der Gesetzgeber ein und demselben Regelungsgegenstand unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe zuführen sollte. 147Entgegen der im Erörterungstermin vorgetragenen Ansicht der Klägerseite ist die Schwerpunktbetrachtung auch nicht in der im Wortlaut des Gesetzes zum Ausdruck kommenden Verknüpfung von „sexueller Handlung“ und „Entgelt“ angelegt. Insoweit hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers argumentiert, dass eine „sexuelle Handlung“ nur dann vorliegen könne, wenn das Entgelt gerade hierfür geleistet werde. Werde es demgegenüber schwerpunktmäßig für sexuell nicht motivierte Handlungen bezahlt, könne das Gesamtverhalten nicht als „sexuelle Dienstleistung“ eingeordnet werden. Diese Ansicht überzeugt schon deshalb nicht, weil das Gesetz ebenso wenig wie zwischen einer Gesamthandlung und ihrem sexuellen Anteil zwischen einem Gesamtentgelt und einem Entgelt für die „sexuelle Handlung“ differenziert. Ausreichend ist vielmehr, dass ein Entgelt – sei es auch nur ein Teilentgelt – für die Vornahme einer „sexuellen Handlung“ bezahlt wird. Letztlich führt diese Ansicht dazu, dass die Problematik, was unter einer „sexuellen Dienstleistung“ zu verstehen ist, vom Begriff der „sexuellen Handlung“ auf das Tatbestandsmerkmal des „Entgelts“ verlagert wird. Es wäre stets danach zu fragen, welcher Anteil des von den Vertragsparteien vereinbarten Gesamtentgelts nach deren Willen auf die vorgenommenen sexuellen Handlungen entfällt. Einer solchen Vorgehensweise stehen jedoch praktisch kaum zu überwindende Hürden im Wege, weil die Kriterien, nach denen das Gesamtentgelt auf sexualbezogene und neutrale Handlungen aufgeteilt werden soll, im Unklaren bleiben. 148Systematische Gründe lassen ebenfalls erhebliche Zweifel an einer Schwerpunktbetrachtung aufkommen. Die Schwerpunktbetrachtung hat – soweit ersichtlich – ihren Ursprung im öffentlichen Baurecht. 149Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 36, in dem das Gericht auf eine baurechtliche Entscheidung desselben Gerichts, nämlich VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Bezug nimmt. 150Dort stellt die Rechtsprechung auf die Gesamtumstände ab, um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zu überprüfen. Sofern in einem Betrieb sexuelle Dienstleistungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes angeboten würden, liefere dies lediglich Anhaltspunkte für die Frage des Vorliegens eines bordellartigen Betriebs. Ein solches Angebot allein sei aber nicht entscheidend, da es auf den Schwerpunkt des Betriebs ankomme. Erst wenn dieser im Anbieten sexueller Dienstleistungen liege, komme es im Regelfall zu den besonderen bodenrechtlichen Spannungen, vor denen das Baurecht schützen solle, insbesondere zu typisch „milieubedingten“ Auswirkungen derartiger Einrichtungen auf das das Wohnumfeld in dem betreffenden Gebiet prägende soziale Klima. 151VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29, 34. 152Demgegenüber verfolgt das Prostituiertenschutzgesetz einen ganz anderen Schutzzweck, nämlich die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen in der Prostitution möglichst umfassend zu gewährleisten. Die Definition der „sexuellen Dienstleistung“ ist daher nach dem Willen des Gesetzgebers – wie dargestellt – bewusst sehr weit gefasst, um alle Angebotsformen entgeltlicher sexueller Kontakte oder deren gewerbsmäßiger Organisation zu erfassen. Dieser deutlich andere Schutzzweck verbietet es, die aus dem Baurecht stammende Schwerpunktbetrachtung auf das Prostituiertenschutzrecht zu übertragen. 153Vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 34. 154Die Schwerpunktbetrachtung ist aber auch deshalb abzulehnen, weil sie kaum justiziabel ist. Sie mündet letztlich in der nahezu unmöglich zu beantwortenden Frage, ab welcher Schwelle eine Handlung zu einer „sexuellen Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG wird. Es erschließt sich schon nicht, ob maßgebliches Kriterium hierfür die zeitliche Gewichtung, die Häufigkeit der Vornahme einer bestimmten Handlung, die Intensität der Handlung etc. oder eine Kombination aus allem sein soll. So bleibt unklar, wie viele Minuten bei einer 120-minütigen U. auf die Massage des Geschlechtsteils entfallen müssen, damit es sich insgesamt um eine „sexuelle Handlung“ handelt. Denkbar wäre aber auch, nicht etwa auf eine einzelne Massage abzustellen, sondern auf alle in einem Monat durchgeführten Massagen. Übervorteilt wäre in diesem Fall allerdings derjenige Masseur, der nicht lediglich Tantramassagen, sondern zudem traditionell gesundheitsbezogene Massagen, bei denen es zweifelsfrei nicht zu sexuellen Handlungen kommt, vornimmt. Nicht nur Masseure, sondern auch Personen, die gegenwärtig unter den Begriff der Prostituierten im Sinne von § 2 Abs. 2 ProstSchG fallen, könnten zudem auf die Idee kommen, ihre jeweiligen Angebote so auszugestalten, dass sie im Rahmen einer Gesamtdienstleistung zu einem überwiegenden Anteil Leistungen anbieten, die keine sexuellen Handlungen darstellen, sodass es sich insgesamt nicht (mehr) um eine „sexuelle Dienstleistung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG handelt, um so den Anwendungsbereich des Gesetzes zu umgehen. 155Vgl. auch Büttner, ProstSchG, 2017, § 2 Rn. 29. 156Mit der Schaffung des Prostituiertenschutzgesetzes sollen nach dem Willen des Gesetzgebers aber gerade jedwede Umgehungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. 157Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 60. 158Die Schwerpunktbetrachtung würde vor diesem Hintergrund nicht zuletzt dazu führen, dass nahezu nicht mehr kontrollierbar wäre, ob jemand der Prostitution nachgeht oder nicht. 159Der Ansicht, dass eine Schwerpunktbetrachtung kaum justiziabel sein dürfte, scheint auch das OVG NRW zuzuneigen, wenn es zu bedenken gibt, dass von der Definition der „sexuellen Dienstleistung“ lediglich ausgenommen seien Handlungen, bei denen kein unmittelbares Gegenüber räumlich anwesend ist, sowie Vorführungen mit rein darstellerischem Charakter, und es sodann ausdrücklich festhält: 160„Eine weitere Differenzierung zwischen den einzelnen Formen der Prostitution ist unter Berücksichtigung des Schutzzwecks und wegen bestehender Abgrenzungsschwierigkeiten kaum möglich und wegen des Erfordernisses der Sachverhaltsermittlung zur Bewertung eines etwaigen Anmelde- und Beratungserfordernisses weder schonender noch ebenso effizient.“ 161OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 53. 162Da es nach alledem bei der Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ vorliegt, nicht auf den Schwerpunkt der Gesamthandlung ankommt, geht die Argumentation des Klägers, die „U. U1. ®“ sei überwiegend auf Therapie und Heilung gerichtet, vollständig ins Leere. 163Soweit der Vortrag des Klägers sogar dahingehend zu verstehen sein soll, dass die „U. U1. ®“ insgesamt medizinischen Zwecken diene und deswegen per se keine „sexuelle Dienstleistung“ darstellen könne, ist dem nicht zu folgen. Dem Prostituiertenschutzgesetz ist nicht zu entnehmen, dass nicht auch medizinisch indizierte Handlungen eine „sexuelle Dienstleistung“ darstellen könnten. Selbst wenn also der „U. U1. ®“ eine gesundheitsfördernde Wirkung zukäme, wäre eine „sexuelle Handlung“ nicht automatisch ausgeschlossen. Aus diesem Grund verfängt die Argumentation des Klägers nicht, wonach sich der U. W2. e. V. eine Ausbildungsordnung gegeben und insbesondere strenge Vorgaben für die Erlangung des Titels „Tantramasseur U1. ®“ geschaffen habe, wonach die Durchfallquoten im Rahmen der Abschlussprüfungen beachtlich seien, wonach Sexualtherapeuten ihren Patienten die Durchführung von „Tantramassagen U1. ®“ empfählen und wonach diese vereinzelt vom Staat finanziert würden. 164Unabhängig hiervon und selbstständig tragend ist festzuhalten, dass das Erlernen der Durchführung einer „U. U1. ®“ kein anerkannter Ausbildungsberuf im Heilwesen ist. 165Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe 2021, abrufbar unter: file://srzms06c004/VGD/HOMES/vg4216/zbs/Downloads/60e81e6a13fbb_Verzeichnis_ anerkannte_Ausbildungsberufe_2021.pdf. 166Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es sich bei der Ausübung der Tätigkeit des „Tantramasseurs U1. ®“ um einen Beruf handelt, 167vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2020 – 13 B 1282 –, juris, Rn. 10; VG Köln, Urteil vom 13. Mai 2015 – 24 K 7822/13 –, juris, Rn. 27; VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 56, 168er ist – anders als der in § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz – MPhG) geregelte Beruf des Masseurs – jedoch nicht staatlich nicht anerkannt (schon gar nicht für das Heilwesen), sondern nur durch einen privaten Dachverband, dem U. W2. e. V., zertifiziert. 169Vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 27; LG Wiesbaden, Urteil vom 3. November 2011 – 5 S 8/08 –, juris, Rn. 50. 170Die Regelungen, die sich dieser W2. selbst gegeben hat, ersetzen jedoch nicht das dem Gesetzgeber im besonders sensiblen Bereich der Vornahme „sexueller Handlungen“ wichtig erscheinende staatliche Kontrollinstrumentarium. Gleich mehrfach wird in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass ein maßgeblicher Grund für die Änderung des Prostituiertenschutzgesetzes das Defizit an behördlichen Aufsichtsinstrumenten gewesen sei. 171Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 2, 32, 33, 35, 63. 172(bbb.) Eine Verkürzung des Anwendungsbereichs des Prostituiertenschutzgesetzes auf der Grundlage, dass Massagen durch einen zertifizierten „Tantramasseur U1. ®“ den Schutzzweck des Gesetzes nicht berühren, kommt nicht in Betracht. 173In diesem Zusammenhang argumentiert der Kläger, dass der Schutzzweck des Prostituiertenschutzgesetzes im Wesentlichen darin bestehe, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Menschen in der Prostitution zu stärken, fachgesetzliche Grundlagen zur Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Gesundheit zu schaffen, gefährliche Erscheinungsformen der Prostitution und sozial unverträgliche Auswirkungen der Prostitutionsausübung auszuschließen sowie Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei, zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund sei offensichtlich, dass mit dem Prostituiertenschutzgesetz ein anderer Personenkreis geschützt werden solle als derjenige, der im Bereich zertifizierter Tantramassagen tätig sei. Ein „Tantramasseur U1. ®“ habe mit einem Prostituierten nichts gemeinsam. Dies beruhe auf der Tätigkeit und der dahinter stehenden Ausbildung. Sowohl auf Seiten der Anbieter als auch auf Seiten der Kunden sei ein ganz anderer Personenkreis tätig und angesprochen. 174Darüber hinaus liege der Gesetzesbegründung ein Bild von Prostituierten zugrunde, die kaum oder überhaupt keinen Zugang zu Informationen hätten und diese dringend bräuchten. „Tantramasseure U1. ®“ könnten hiermit nicht gemeint sein, da sie über eine Ausbildung und dementsprechend über hinreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügten. 175Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Behördenmitarbeiter, die das Informations- und Beratungsgespräch bzw. das Gesundheitsgespräch führten, nicht wüssten, was überhaupt eine U. sei, sodass faktisch eine Beratung nicht stattfinden könne. 176Im Ergebnis sei der Wortlaut der Regelungen des Prostituiertenschutzgesetzes dahingehend zu korrigieren, dass ihr Anwendungsbereich bei der Vornahme von Massagen durch einen „Tantramasseur U1. ®“ nicht eröffnet sei. 177Diese Ausführungen überzeugen nicht. Zwar handelt es sich bei der vom Kläger begehrten teleologischen Reduktion grundsätzlich um eine anerkannte Methode der Gesetzesauslegung. Sie ist dann vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der vom Wortlaut erfassten Fälle nicht angewandt werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. 178BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 2016 – 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13 –, juris, Rn. 22. 179Diese Voraussetzungen liegen indessen nicht vor. Weder teleologische Gesichtspunkte noch die Gesetzeshistorie oder der Gesamtzusammenhang rechtfertigen es, Massagen durch einen vom U. W2. e. V. zertifizierten „Tantramasseur U1. ®“ per se vom Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG auszunehmen. Im Einzelnen: 180Dem Kläger ist zuzugeben, dass einige der vom Gesetz verfolgten Schutzzwecke auf ihn und der von ihm ausgeübten Tätigkeit nicht zutreffen. Als „Tantramasseur U1. ®“ dürfte er beispielsweise eher nicht mit den kriminellen Begleiterscheinungen der Prostitution (Menschenhandel, Gewalt, Ausbeutung, Zuhälterei) in Berührung kommen. Dies gilt allerdings – entgegen der Ausführungen der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Erörterungstermin – nicht für sämtliche vom Gesetzgeber verfolgte Schutzzwecke. So dient das Prostituiertenschutzgesetz auch dem Schutz der Gesundheit aller an den sexuellen Handlungen beteiligten Personen. 181Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 32, 33; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 17; Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 139, 140. 182Der Gesundheitsschutz ist durch Wissensvermittlung und regelmäßige Wiederholung und Vorhaltung gesundheitlicher Gefahren in einem Beratungsgespräch sicherzustellen. Hierzu stellt der Gesetzgeber fest: 183„Zudem zeigen Erfahrungen aus der Beratungsarbeit zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen, dass die Wissensvermittlung zu sexuell übertragbaren Infektionen regelmäßig erneuert sowie Informationen zur Verringerung des Übertragungsrisikos und Empfehlungen zum Schutzverhalten regelmäßig wiederholt werden sollten.“ 184Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 65, 73 f.; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 44. 185Das Prostituiertenschutzgesetz verfolgt mithin auch das Ziel, ein Mindestmaß an Beratungskontakt im Gesundheitsbereich sicherzustellen. 186OVG NRW, Beschluss vom 17.Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 19. 187Diese Aspekte des Gesundheitsschutzes treffen auch auf einen „Tantramasseur U1. ®“ zu, da er in aller Regel mit den Geschlechtsteilen, die der effektivste Übertragungsweg für Geschlechtskrankheiten sind, anderer Personen in Kontakt tritt. So dringt er bei der Yoni-Massage, die er nach seinen eigenen Angaben am häufigsten praktiziert, mit seinen – wenn auch behandschuhten – Fingern in die Vagina ein, wie seine Befragung im Erörterungstermin ergeben hat. Dabei ist ein Orgasmus der behandelten Frau nicht ausgeschlossen, sondern nach den Ausbildungsunterlagen des U. W1. e. V. „willkommen und in Ordnung“. 188B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 4. 189Diese Verhaltensweise entspricht im Wesentlichen dem heterosexuellen (klassischen) Geschlechtsakt, mit dem Unterschied, dass anstelle der behandschuhten Finger ein Eindringen in das Geschlechtsteil der Frau durch den erigierten, aber im Bereich der Prostitution gemäß § 32 Abs. 1 ProstSchG von Gesetzes wegen mit einem Kondom versehenen Penis des Mannes erfolgt. Die Ähnlichkeit dieser Verhaltensweisen verschmilzt dadurch bis zur Deckungsgleichheit, als dem Gericht auch Sexualpraktiken bekannt sind, bei denen die sexuelle Stimulation der Frau nicht etwa durch ein Eindringen in die Vagina mit dem Geschlechtsteil des Mannes, sondern mit dessen (behandschuhten) Fingern bewerkstelligt werden kann. Unter Gesundheitsgesichtspunkten spielt es keine Rolle, inwieweit sich die hierbei angewandten Techniken eines „Tantramasseurs U1. ®“ von denjenigen eines „klassischen“ Prostituierten unterscheiden. Der Geschlechtskrankheit ist es egal, ob der in die Vagina der Frau eindringende Finger einem „Tantramasseur U1. ®“ oder aber einem „klassischen“ Prostituierten zuzuordnen ist. Für die mögliche Übertragung einer Geschlechtskrankheit allein entscheidend ist, dass es regelmäßig zu einem Kontakt zwischen dem „Tantramasseur U1. ®“ oder dem „klassischen“ Prostituierten und dem Geschlechtsteil des jeweiligen Kunden kommt. Es ist kein Grund erkennbar, diese unter gesundheitlichen Aspekten im Wesentlichen gleichen Sachverhalte ungleich zu behandeln. 190Erschwerend kommt hinzu, dass die vorgelegten Ausbildungsunterlagen des U. W1. e. V. eine Nutzung von Handschuhen auch nur bei der inneren Yoni-Massage vorsehen. Wird die Yoni also von ihrer äußeren Seite massiert, geschieht dies nach den Empfehlungen des U. W1. e. V. ganz ohne Schutz, 191B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 29, 192was ein beträchtliches beiderseitiges Infektionsrisiko nach sich zieht. 193Nichts anderes gilt für die vom Kläger angebotene Lingam-Massage, bei der nach den eben erwähnten Schulungsdokumenten ebenfalls keine Handschuhe getragen werden. Damit besteht für den Tantramasseur, der gewiss mit dem Penisschaft und der Eichel, möglicherweise aber auch, falls ein Orgasmus herbeigeführt wird, mit dem Ejakulat in Berührung kommt, ein erhebliches Gesundheitsrisiko. 194Zwar soll ein „Tantramasseur U1. ®“ nach den Ausbildungsunterlagen des U. W1. e. V. bei der Analmassage ebenfalls Handschuhe tragen, 195B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 29, 196dennoch kann ein Infektionsrisiko auch bei dieser Form der Massage, bei der der Masseur mit dem After, dem Analkanal und dem Darm in Kontakt tritt, nicht vollständig ausgeschlossen werden, so dass eine gesundheitliche Beratung angezeigt ist. 197Da die gesundheitlichen Risiken dieselben sind, spielt es in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, dass – wie der Kläger vorträgt – der Kundenkreis im Prostitutionsgewerbe ein anderer sei als im Bereich der „U. U1. ®“. Ebenso unerheblich ist aus gesundheitlicher Perspektive, dass der Gast bei dieser Massage eine ausschließlich rezeptive Haltung einnimmt. Das Infektionsrisiko wird nicht dadurch geschmälert, dass ein Beteiligter den rein passiven Part übernimmt, während sich der andere Teil dafür umso aktiver verhält. 198Nicht nur für den „klassischen“ Prostituierten, sondern auch für den „Tantramasseur U1. ®“ ist es daher von erheblicher Bedeutung, über neue Entwicklungen im Bereich der Geschlechtskrankheiten auf dem Laufenden gehalten zu werden und sich regelmäßig mit den hiermit verbundenen Risiken und Präventionsmaßnahmen auseinanderzusetzen und sie immer wieder vor Augen geführt zu bekommen. 199Der hiergegen gerichtete Einwand des Klägers, dass sich eine gesundheitliche Beratung schon deshalb erübrige, „weil die Mitarbeiter der Behörden keine Kenntnis vom Beratungsgegenstand“ hätten und infolgedessen sein letztes Beratungsgespräch seinem Empfinden nach fruchtlos verlaufen sei, verfängt nicht. Sofern diese Behauptung überhaupt zutreffend sein sollte, ist gerade in diesem Fall ein Austausch zwischen den Beteiligten nicht nur sinnvoll, sondern geradezu geboten und überdies vom Gesetzgeber auch gewollt. Diesem kam es mit der Schaffung des Prostituiertenschutzgesetzes nämlich gerade darauf an, einen durchsetzbaren, fachgesetzlichen Regulierungsrahmen zu schaffen und für eine verbesserte Erreichbarkeit der in der Prostitution Tätigen zu sorgen. 200Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 32, 35, 63; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 17, 19, 31. 201Dies setzt voraus, dass die Behörden Kenntnis von jeglichen Erscheinungsformen im Bereich sexueller Kontakte haben. Im Übrigen würde die Argumentation des Klägers dazu führen, dass bei besonders außergewöhnlichen Angeboten im Bereich der Prostitution eine Beratung nicht stattfinden würde, obwohl sie dort besonders angezeigt ist. 202Die nach alledem auch in der Situation des Klägers als „Tantramasseur U1. ®“ sinnvolle und erforderliche gesundheitliche Beratung kann weder durch Ausbildungsmodule im Rahmen der Ausbildung zum „Tantramasseur U1. ®“ noch durch den in den „U1. ® Kriterien zur Qualitätssicherung“ vorgesehenen Fortbildungsumfang von zwanzig Unterrichtsstunden pro Jahr ersetzt werden. Für die Ausbildung folgt dies schon daraus, dass in ihrem Rahmen lediglich einmalig eine gesundheitliche Aufklärung stattfindet. Die Ausbildung des Klägers liegt nunmehr aber bereits ca. zehn Jahre zurück. Hinzu kommt, dass es gemäß der vom Kläger vorgelegten Ausbildungsordnung des U. W1. e. V. (Ausbildungsordnung) keine Fortbildungspflicht für „Tantramasseure U1. ®“ gibt. Nur für offizielle Ausbilder ist in § 9 Abs. 5 Ausbildungsordnung vorgesehen, dass sich diese „zu persönlichen Fortbildungen gemäß § 6“ Ausbildungsordnung verpflichten. Dieser Verweis geht jedoch ins Leere, weil in § 6 Ausbildungsordnung nichts geregelt ist („entfällt“). Soweit die Mitgliedschaftsordnung des U. W1. e. V. (Mitgliedschaftsordnung), 203abrufbar unter: https://www.tantramassage-verband.de/wp-content/uploads/2020/11/ Mitgliedschaftsordnung-U1. -2020_10_29.pdf, 204in § 6 Mitgliedschaftsordnung eine Fortbildungspflicht für alle seine Mitglieder festschreibt, ist nicht gewährleistet, dass es sich hierbei um gesundheitliche Fortbildungen handelt. Vielmehr werden explizit Fortbildungen „zum Thema Persönlichkeitsentwicklung, Selbsterfahrung und Massage sowie Assistenzen in Tantra- oder Massage-Seminaren“ und damit zu ganz anderen Fragestellungen genannt. Gleiches gilt für die vom Kläger vorgelegten „U1. ® Kriterien zur Qualitätssicherung“, die einen zeitlichen Umfang für Fortbildungen von zwanzig Unterrichtsstunden pro Jahr vorsehen. Abgesehen davon, dass dieser Kriterienkatalog § 6 Abs. 1 Mitgliedschaftsordnung, der einen Fortbildungsumfang von lediglich „15 Zeitstunden pro Kalenderjahr“ vorsieht, widerspricht, ist er nicht geeignet, eine staatliche Gesundheitsberatung zu ersetzen. Er enthält lediglich allgemeine Beschreibungen, ohne aber den Mitgliedern des W1. rechtsverbindliche Verpflichtungen aufzuerlegen, geschweige denn Maßnahmen für den Fall vorzusehen, dass die Vorgaben nicht eingehalten werden. Mit Blick auf die dort aufgeführten Weiterbildungen ist zudem unklar, welche thematischen Bereiche diese überhaupt abstecken. Damit bleibt offen, ob es überhaupt zu einer gesundheitlichen Fortbildung kommt. Schließlich gilt es zu bedenken, dass es sich bei den vorgesehenen zwanzig Unterrichtsstunden lediglich um eine Sollvorgabe handelt, die augenscheinlich Ausnahmen zugänglich ist, was im Übrigen dadurch bestätigt wird, dass nach der Einlassung des Klägers im Erörterungstermin in den letzten zwei Jahren aufgrund der Covid-19-Pandemie überhaupt keine Fortbildung stattgefunden habe. Dies belegt den fundamentalen Stellenwert einer staatlichen Gesundheitsberatung, die durch derartige Krisen nicht beeinträchtigt wird. Schließlich gilt es zu bedenken, dass dem Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes die Differenzierung zwischen dem Informations- und Beratungsgespräch nach dem Prostituiertenschutzgesetz und den zielgruppenspezifischeren oder auf bestimmte Lebenslagen zielenden psychosozialen oder gesundheitlichen Beratungsangeboten bewusst gewesen ist, 205Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 70, 206er aber dennoch die Beratungspflicht ins Prostituiertenschutzgesetz aufgenommen hat. Damit hat er deutlich klargestellt, dass bereichsspezifische Beratungsangebote keine B1. für die im Prostituiertenschutzgesetz vorgesehenen verpflichtenden Beratungsgespräche sind. 207Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Januar 2021 – 13 B 1282/19 –, juris, Rn. 58. 208Die weitere Argumentation des Klägers, er habe eine Ausbildung zum „Gesundheitspraktiker für Sexualkultur“ absolviert, so dass sich eine gesundheitliche Beratung für ihn erübrige, geht ins Leere. Aus dem von ihm vorgelegten Zertifikat, wonach er die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen habe, folgt lediglich, dass er an 36 Unterrichtsstunden teilgenommen hat, ohne dass ersichtlich wäre, inwieweit dort der Umgang mit sexuell übertragbaren Krankheiten überhaupt thematisiert worden ist. Aus der vom Kläger überreichten Tabelle, in der er die Fortbildungen, an denen er bisher teilgenommen hat, aufgelistet hat, ergibt sich – mit Ausnahme der beiden vorerwähnten Ausbildungen – nicht, dass er an weiteren Fortbildungen zum Thema Geschlechtskrankheiten teilgenommen hätte. Die letzte dort aufgeführte Fortbildung überhaupt hat im Jahr 2018 stattgefunden. Damit steht schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers fest, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit, bei der er regelmäßig in Kontakt mit den Geschlechtsteilen anderer Leute tritt, an keinerlei wiederkehrender gesundheitlicher Beratung teilnimmt, er mithin in besonderer Weise vom Schutzzweck des Gesetzes erfasst ist. 209Der Einwand des Klägers, er könne vom Schutzzweck des Gesetzes auch deshalb nicht erfasst sein, weil dieses auf Personen abziele, die sich in einer besonders verletzlichen oder belastenden Situation befänden, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Richtig ist, dass der Gesetzgeber beim Erlass des Prostituiertenschutzgesetzes auch und vielleicht sogar in erster Linie ein Bild von Prostituierten als Personen aus besonders vulnerablen Gruppen vor Augen hatte. 210Vgl. Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33. 211Richtig ist aber auch, dass dem Gesetzgeber ebenso bewusst war, dass sich nicht alle Prostituierten in einer derartigen Situation befinden. So stellt er in der Gesetzesbegründung unmissverständlich fest, dass „nicht alle Prostituierten […] von Ausbeutung, Gewalt und unzumutbaren gesundheitlichen Bedingungen tatsächlich betroffen [sind],“ 212Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 128, 213ohne jedoch diesen Personenkreis aus dem Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes auszunehmen. Hieraus folgt, dass auch diejenigen Prostituierten, die sich nicht in einer Zwangslage befinden, vom Schutzbereich des Prostituiertenschutzgesetzes erfasst sein sollen. 214Dieses Ergebnis wird an verschiedenen Stellen in der Gesetzesbegründung bestätigt. So werde die Tätigkeit der Prostitution „nicht selten“ von Personen aus besonders vulnerablen Gruppen ausgeübt. 215Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 128. 216Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass dem Gesetzgeber bewusst war, dass auch autonom handelnde Personen der Prostitution nachgehen. Gleiches gilt, wenn der Gesetzgeber formuliert, dass sich „viele“ – aber eben nicht alle – Prostituierte in einer sozialen und psychischen Situation befinden, in der es fraglich sei, ob sie sich wirklich frei für oder gegen diese Tätigkeit entscheiden könnten. 217Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 128. 218Es sei ein differenzierter rechtlicher Umgang mit Prostitution geboten, der die Spannbreite der verschiedenen Erscheinungsformen der Prostitution berücksichtige. Hierzu zähle auch der Fall „autonomer, aufgeklärter Entscheidung für diese Tätigkeit“. 219Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33; vgl. auch Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 128. 220Noch deutlicher kann der Gesetzgeber kaum betonen, dass auch Prostituierte, die sich freiwillig für diese Tätigkeit entschieden haben und mit dem kriminellen Milieu nichts zu tun haben, vom Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes erfasst sein sollen. Dem Kläger ist die erfolgreiche Argumentation, er könne vom Schutzbereich des Gesetzes nicht erfasst sein, weil er sich nicht in einer Zwangslage befinde, nach alledem verwehrt. 221(ccc.) Der nach Wortlaut, Gesetzeshistorie und Systematik des Prostituiertenschutzgesetzes weit zu verstehenden Begriff der „sexuellen Handlung“ ist dadurch zu beschränken, dass nur Verhaltensweisen erfasst werden, die typischerweise eine geschlechtliche Stimulation darstellen. 222Diese Auslegung entspricht dem Wesen der Prostitution: Seit jeher suchen Freier Prostituierte auf, um sich eine sexuelle Erregung und ggf. Befriedigung zu verschaffen. Hierbei handelt es sich, wenn auch die Motivlage wissenschaftlich abschließend noch nicht geklärt ist, jedenfalls um das verbreitetste Motiv für die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen. 223Bundeszentrale für politische Bildung, Udo Gerheim, Aus Politik und Zeitgeschichte, APUZ, Ausgabe 9/2013, abrufbar unter: https://www.bpb.de/apuz/155375/motive-der-maennlichen-nachfrage-nach-kaeuflichem-sex?p=1; Udo Gerheim, taz, Ausgabe vom 3. Dezember 2013, abrufbar unter: https://taz.de/Debatte-Prostitution/!5053744/. 224Systematische Argumente sprechen ebenfalls dafür, das Tatbestandsmerkmal der „sexuellen Handlung“ von einer geschlechtlichen Stimulation abhängig zu machen. Ein solches Verständnis lässt sich insbesondere mit § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG in Einklang bringen. Hiernach sind Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist, keine „sexuellen Dienstleistungen“. Ein Bedürfnis für diese Ausnahmeregelung besteht – wie dargelegt – nur dann, wenn der Begriff der „sexuellen Handlung“ grundsätzlich so definiert wird, dass er auch Verhaltensweisen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG umfasst. Diese Voraussetzung erfüllt die von einer geschlechtlichen Stimulation abhängige Definition. Denn auch im Falle von Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, worunter nach der Gesetzesbegründung unter anderem Table-Dance-Aufführungen oder Peepshows zu verstehen sein sollen, 225Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33, 59, 226kann das Aufkommen einer sexuellen Erregung bei den Zuschauern nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Sollen diese Verhaltensweisen vom Anwendungsbereich des Prostituiertenschutzgesetzes ausgenommen werden, so bedarf es daher einer Ausnahme wie sie § 2 Abs. 1 Satz 2 Prostituiertenschutzgesetz vorsieht. 227Für eine geschlechtliche Stimulation als Voraussetzung für eine „sexuelle Handlung“ streitet ein weiteres systematisches Argument, nämlich der Vergleich zum Strafrecht, auf das die Gesetzesbegründung zur Definition einer „sexuellen Handlung“ ausdrücklich verweist. 228Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59. 229Dort ist anerkannt, dass auch ambivalente Verhaltensweisen tatbestandsmäßig sein können. Abzustellen sei in diesen Fällen auf das Urteil eines objektiven Betrachters, der alle Umstände des Einzelfalls kennt, wobei auch zu berücksichtigen sei, ob der Täter von sexuellen Absichten geleitet war. 230BGH, Beschluss vom 7. April 2020 – 3 StR 44/20 –, juris, Rn. 13 mit weiteren Nachweisen. 231Entscheidendes Kriterium im Strafrecht ist in Zweifelsfällen mithin die Motivation des Täters, „seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen“, 232BGH, Urteil vom 10. März 2016 – 3 StR 437/15 –, juris, Rn. 7, 233wobei „auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen“ ist. 234BGH, Beschluss vom 2. Februar 2021 – 4 StR 364/19 –, juris, Rn. 12, 15. 235Die geschlechtliche Stimulation in die Definition einer „sexuellen Handlung“ einzubeziehen, um ambivalente Verhaltensweisen beurteilen zu können, deckt sich nach alledem mit der strafrechtlichen Vorgehensweise und entspricht somit dem Willen des Gesetzgebers, der – wie dargelegt – auf das Strafrecht Bezug genommen hat. 236Vgl. auch Büttner, ProstSchG, 2017, § 2 Rn. 28; Rixen, Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz, WiVerw 2018/2, S. 142. 237Soweit es im Strafrecht allerdings darauf ankommt, ob der Täter die Motivation bzw. die Absicht einer sexuellen Stimulation verfolgt, kann dies für die Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes vorliegt, nicht entscheidend sein. Während das Strafrecht nämlich repressiv geprägt ist und die Verwirklichung einer Straftat von der Erfüllung (auch) eines subjektiven Tatbestands und eines Schuldvorwurfs abhängt, ist hierfür im Ordnungsrecht, in dem es um die präventive Gefahrenabwehr geht, kein Raum. Subjektive Handlungselemente wie Vorsatz, Fahrlässigkeit oder Schuld spielen daher keine Rolle. 238OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2013 – 2 B 219/13 –, juris, Rn. 20; VG Aachen, Beschluss vom 16. Juni 2020 – 3 L 1162/19 –, juris, Rn. 34; VG Mainz, Urteil vom 29. November 2017 – 1 K 1430/16.MZ –, juris, Rn. 54. 239Das Prostituiertenschutzgesetz dient der Gefahrenabwehr. Insbesondere die Anmeldepflicht, das Informations- und Beratungsgespräch sowie die gesundheitliche Beratung dienen dem präventiven Schutz der Prostituierten, ihrer Kunden und der Allgemeinheit vor den kriminellen Auswüchsen der Prostitution sowie vor den mit der Ausübung der Prostitution verbundenen gesundheitlichen Gefahren. 240Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 32, 35, 36, 65, 73, 74, 78, 98; vgl. auch § 11 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 ProstSchG. 241Für die gefahrenrechtliche Beurteilung, ob eine „sexuelle Handlung“ vorliegt, ist daher allein entscheidend, ob sich das zu beurteilende Verhalten typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellt, ohne dass subjektive Handlungselemente eine Rolle spielten. 242Diese Auslegung trifft auch den Kern von Sinn und Zweck des Prostituiertenschutzgesetzes, der in erster Linie darin besteht, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht Prostituierter zu stärken. 243Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 2, 32, 33, 34, 70, 77, 78, 79, 80, 90, 107, 116; vgl. auch §§ 11 Abs. 3 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 lit. b), 17 Abs. 1 Nr. 1 ProstSchG. 244Der Gesetzgeber selbst schreibt diesem „besonders sensiblen Schutzgut […] eine Schlüsselrolle“ zu. Die Stärkung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts sei ein „Kernanliegen“. 245Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33, 107. 246Daneben spielt der Gesundheitsschutz eine zentrale Rolle in der Gesetzesbegründung. 247Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 1, 2, 3, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 65, 67, 70, 72, 73, 74, 76, 86, 88, 89, 91. 248Nur dann, wenn es zu einer geschlechtlichen Stimulation kommt, sind diese Schutzzwecke aber überhaupt erst berührt. 249Schließlich ist auch in der Rechtsprechung die Tendenz erkennbar, bei der Definition einer „sexuellen Handlung“ auf eine Erregung abzustellen. Besonders deutlich wird dies in einer Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz, 250Beschluss vom 28. August 2020 – 6 B 10864/20 –, juris, Rn. 11, 251wonach ein Verhalten „darauf gerichtet“ sein müsse, „einen anderen sexuell zu erregen oder zu befriedigen“, um als „sexuelle Handlung“ qualifiziert zu werden. 252Ohne dieses Tatbestandsmerkmal abstrakt zu definieren, stellt auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf fest, dass die in dem dort streitgegenständlichen Betrieb angebotenen erotischen Massagen „auf sexuelle Erregung […] und Befriedigung des Kunden/der Kunden abzielen“ würden. 253VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 7 L 1186/20 –, juris, Rn. 40. 254Schließlich ist für das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bei der Charakterisierung einer Betriebsform als bordellartiger Betrieb ebenso entscheidend, „ob der konkrete Betrieb gerade auf die sexuelle Stimulation der Kunden ausgerichtet ist oder andere Ziele verfolgt“. 255VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. August 2019 – 5 K 4649/18 –, juris, Rn. 29, 31, 32; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25. November 2020 – 18 L 967/20 –, juris, Rn. 20; vgl. auch VG Leipzig, Urteil vom 3. Mai 2017 – 4 K 399/15 –, juris, Rn. 25. 256Das vom Kläger gegen die Heranziehung einer geschlechtlichen Stimulation zur Definition einer „sexuellen Handlung“ bemühte historische Argument, dass der Gesetzgeber Handlungen, denen zwar eine sexuelle Konnotation anhafte, die aber aus seiner Sicht nicht schutzwürdig erschienen, ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen habe, überzeugt demgegenüber nicht. Zwar ist richtig, dass der Gesetzgeber „sexuell konnotierte oder pornographische Darstellungen und Vorführungen wie Table-Dance, Peepshows etc.“ nicht vom Begriff der Prostitution erfasst wissen wollte. 257Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 33. 258Wie der Gesetzgeber an anderer Stelle der Begründung zu erkennen gibt, meinte er hiermit jedoch lediglich die in § 2 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG ausdrücklich geregelten Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter, bei denen keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist, 259Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen, Drucksache 18/8556 vom 25. Mai 2016, S. 59, 260zu denen die „U. U1. ®“ ersichtlich nicht gehört, sodass der Einwand des Klägers ins Leere geht. Überdies handelt es sich bei der „U. U1. ®“, im Rahmen derer der Tantramasseur in aller Regel in Kontakt zu den Geschlechtsteilen seiner Kunden gerät, augenscheinlich nicht lediglich um eine Handlung, der eine sexuelle Konnotation anhaftet. 261Unter Berücksichtigung aller durch die Auslegung gewonnener Erkenntnisse lässt sich eine „sexuelle Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG im Ergebnis definieren als jedes vom Willen getragene menschliche Verhalten, das sich objektiv, also gemessen an seinem äußeren Erscheinungsbild, typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellt, und zwar unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen Berührungen oder zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs kommt. 262(ee.) Das Gericht ist nach den ihm vorliegenden Unterlagen und Erkenntnismitteln sowie aufgrund der Befragung des Klägers im Erörterungstermin davon überzeugt, dass im Rahmen der von ihm angebotenen „U. U1. ®“ „sexuelle Handlungen“ im Sinne der vorbezeichneten Definition vorgenommen werden. Im Einzelnen: 263(aaa.) Es steht außer Frage, dass die vom Kläger während einer „U. U1. ®“ angewandten Grifftechniken ein menschliches Verhalten darstellen, auch wenn der jeweilige Kunde grundsätzlich in der Rolle des Empfangenden eine rezeptive Haltung einnimmt. Ausreichend ist ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG, dass sich – wie bei der „U. U1. ®“ – eine einzige Person an einer anderen unmittelbar anwesenden Person betätigt, zumal – wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben – das Vorliegen einer „sexuellen Handlung“ nicht von körperlichen Berührungen abhängt. 264Dass – wie der Kläger im Erörterungstermin zu Protokoll gegeben hat – „alles was bei der U. passiert, […] absichtslos“ geschehe, führt nicht dazu, dass das Verhalten des Klägers bei der von ihm angebotenen U. nicht mehr vom Willen getragen wäre. Vielmehr bringt der Kläger hiermit lediglich zum Ausdruck, dass im Rahmen einer solchen Massage Techniken intuitiv angewendet werden. 265(bbb.) Aus der Sicht eines objektiven Dritten stellt sich das Verhalten des Klägers als „Tantramasseur U1. ®“ im Rahmen der „U. U1. ®“ auch typischerweise als geschlechtliche Stimulation dar. 266Letztlich stellt der Kläger dies gar nicht in Abrede, wenn er in seinem Schriftsatz vom 16. Februar 2021 vortragen lässt, dass es bei der U. „zu sexuellen Handlungen oder Erregungsmomenten“ komme. Dies belegt auch seine Beschreibung auf seiner eigenen Internetseite zum Zeitpunkt des Erlasses des Eilbeschlusses vom 28. August 2019: 267„Tantrisch wird eine Massage auch durch ihre Ganzheitlichkeit. Sie berührt den ganzen Menschen, sie lässt keinen Körperteil aus. Insbesondere integriert sie die Sexualität und weckt ihre Energie als Lebenskraft. Jede Folge davon, sei es Atem, Stimme oder Bewegung, sei es Ejakulation oder aufsteigende Erschütterung, Tränen … bis hin zur lustvoll-mystischen Erfahrung oder einfach nur ein schlichter Orgasmus – alles ist willkommen und in Ordnung. […] Dabei wird der Intimbereich auf harmonische, natürliche und absichtslose Weise mit einbezogen, was einen völlig neuen Zugang zur eigenen Sinnlichkeit und Sexualität erschließt, dort neue, vorher nicht gekannte Erlebnisräume eröffnen und zur Integration der sexuellen Aspekte des Menschseins beitragen kann.“ 268VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. August 2019 – 29 L 3067/18 –, juris, Rn. 19. 269Zwar hat der Kläger diesen Passus von seiner Internetseite mittlerweile entfernt. Abgesehen davon, dass er einen nachvollziehbaren Grund hierfür („Ich kann mich jetzt in diesem Fall an die Einzelheiten nicht mehr erinnern.“) im Erörterungstermin nicht benennen konnte, bedeutet die Änderung jedoch nicht, dass die Ausführungen inhaltlich nicht mehr zuträfen. Im Gegenteil folgt aus dem vom Kläger vorgelegten Ausbildungsskript zur „U. U1. ®“: 270„Die U. berührt den ganzen Menschen, sie lässt keinen Körperteil aus, außer der Gast möchte an bestimmten Stellen nicht berührt werden. Insbesondere integriert sie die Sexualität und weckt ihre Energie als Lebenskraft. Jede Folge davon, sei es Atem, Stimme oder Bewegung, sei es Ejakulation oder aufsteigende Erschütterung, Tränen … bis hin zur lustvoll-mystischen Erfahrung oder einfach nur ein schlichter Orgasmus – alles ist willkommen und in Ordnung.“ 271B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 4. 272Weiter heißt es dort: 273„Bei der U. wird die orgastische Energie des Klienten von Beginn an geweckt, erhalten und in den ganzen Körper gebracht.“ 274B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 4. 275Die Ziele der U. bestünden darin, ein allgemeines entspanntes Befinden des Körpers herbeizuführen sowie „einen orgastischen Zustand des Klienten zu erhalten und wenn möglich ganzkörperlich erfahrbar zu machen.“ 276B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 5. 277Diese Zitate dokumentieren unmissverständlich einen der Hauptzwecke der U. – mag sie auch noch so ganzkörperlich sein –, den Kunden sexuell – bis hin zum Orgasmus – zu erregen. 278Dementsprechend verwundert es nicht, dass der U. W2. e. V. zum Ziel hat, „die U. als kultivierte Form von Erotik gesellschaftlich zu etablieren […].“ 279B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 6. 280Die Feststellung, dass die U. jedenfalls auch auf sexuelle Erregung und Befriedigung ausgerichtet ist, hat der Kläger im Erörterungstermin bestätigt, wenn er vorträgt, dass auch Frauen zu ihm kämen, die keinerlei körperliche oder seelische Beschwerden hätten. In diesen Fällen wollten „diese Frauen einfach etwas Neues erfahren […], vielleicht anders berührt werden.“ Damit gibt der Kläger zu erkennen, dass es seinen Kunden jedenfalls teilweise auch darum geht, neue sexuelle Erfahrungen zu sammeln, mit denen naturgemäß eine geschlechtliche Stimulation verbunden ist. Insoweit konnte der Kläger auch nicht ausschließen, dass er von Kunden aufgesucht werde, die einfach nur ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen wollen. 281Dass die sexuelle Erregung einen erheblichen Stellenwert im Rahmen der U. einnimmt, folgt auch daraus, dass nach den vorgelegten Schulungsunterlagen der Umgang mit der eigenen Lust des „Tantramasseurs U1. ®“ eine gewichtige Rolle spielt. So sei es „natürlich“, dass auch bei dem Tantramasseur „sexuell lustvolle Empfindungen entstehen können.“ Diese seien zu bejahen, denn wenn der Tantramasseur „selbst in einem lustvollen Zustand“ sei, dann spüre er „auch besser, was die Gäste empfinden.“ 282B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 10 f. 283Im Erörterungstermin hat der Kläger bestätigt, dass es vorkommen könne, dass er selbst bei der Massage sexuell erregt sei, auch wenn dies nur „ganz selten“ passiere. Damit steht fest, dass es im Rahmen einer U. nicht lediglich zu einer geschlechtlichen Stimulation des Gastes, sondern auch zu einer solchen des Tantramasseurs kommt bzw. kommen kann und dass dies sogar gewünscht ist, um eine bessere Dienstleistung erbringen zu können. 284Bestätigt wird dieses Ergebnis in Ansehung der in den Schulungsunterlagen enthaltenen praktischen Hilfestellungen für das zu Beginn einer U. zu führende Vorgespräch mit dem jeweiligen Gast. Hiernach solle dem Gast gesagt werden, dass er „total lustvoll und laut sein […] [und seinen] Orgasmus zulassen“ dürfe. 285B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 33. 286Der Tantramasseur solle seinen Gast fragen, was dieser „besonders lustvoll“ finde. 287B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 34. 288Bereits für das Vorgespräch sehen die Schulungsunterlagen vor, dass der Tantramasseur seinen jeweiligen Gast auf Folgendes hinweisen solle: 289„Wir machen erst eine Reise durch deine ganze Yoni, dann gegen Ende hast du genügend Zeit, um dir genau das zu holen, was du brauchst, damit die Yoni-Massage rund für dich ist. Das kann ein Orgasmus sein, […].“ 290B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 34. 291Während der Massage solle der Tantramasseur seinen Kunden „beim Finale“ fragen: 292„Was von all dem war am lustvollsten für dich, was wünschst du dir? Oder: Was brauchst du, damit es jetzt richtig rund für dich wird?“ 293B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 34. 294Diese Handlungsempfehlungen lassen keinen Zweifel daran, dass während der „U. U1. ®“ nicht nur Handlungen vorgenommen werden, die sich typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellen, sondern dass es insbesondere auch darum geht, dem Gast – sofern er dies wünscht – gegen Ende der Massagezeit eine sexuelle Befriedigung zu verschaffen. 295Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Handlungsempfehlungen des privaten Dachverbands, bei dem der Kläger seine Ausbildung absolviert hat und von dem er zertifiziert worden ist, erweisen sich seine Ausführungen im Erörterungstermin, die Intimmassage ziele nicht darauf ab, „Lust zu stimulieren“, es sei „okay“, wenn bei einer U. Lust auf komme, sie „förder[t]en“ sie aber nicht, als Makulatur. 296In dem weiteren vom Kläger vorgelegten Ausbildungsskript spielen Erregung und Orgasmus eine zentrale Rolle. Dem Tantramasseur werden biologische und anatomische Fähigkeiten vermittelt, um „die Zeit zwischen Erregungs- und Orgasmusreflex zu gestalten, zu steigern oder genießen“, um den Orgasmus einer Frau herbeizuführen oder den Samenerguss eines Mannes hinauszuzögern. 297B. , Skript Level 2, Modul 3: Umgang mit sexuellen Störungen in der tantrischen Körperarbeit, S. 22 ff. 298Sexuelle Erregung und Orgasmus sind mithin Kernbestandteil einer „U. U1. ®“. 299Dies wird durch die Ausführungen des Klägers im Erörterungstermin bestätigt. Auch wenn er sich hinsichtlich der Yoni-Massage zurückhaltend gezeigt und stattdessen ausführlich über den dogmatischen Hintergrund und die anderen Abschnitte der U. erzählt hat, hat er doch zu Protokoll gegeben, dass er mit seinem Finger in die Yoni eindringe, sie „punktiere“ oder „kreisende Bewegungen“ mache. Es gehe „langsam vonstatten“. Es könne sein, dass er „fünf Minuten an einer Stelle bleibe, weil es heiß […] [sei] in der Yoni“. Er fühle „verschiedene Stellen ab, zum Beispiel den Zwölf-Uhr-Punkt oder den Dreizehn-Uhr-Punkt etc.“ Es mag sein, dass durch diese Techniken gewisse – wie der Kläger sagt – Blockaden oder Spannungen gelöst werden mögen, in jedem Fall sind sie geeignet, eine geschlechtliche Stimulation herbeizuführen. Nicht umsonst kommt es – so der Kläger im Erörterungstermin – „bei weniger als einem Drittel der Gäste zu einem für […] [ihn] erkennbaren Orgasmus“, wobei er selbst zu bedenken gibt, dass ein solcher „bei einer Frau ja so offensichtlich auch gar nicht zu erkennen“ sei. Die Dunkelziffer dürfte dementsprechend höher liegen. 300Bei seiner Würdigung verkennt das Gericht nicht, dass die U. durchaus geeignet sein kann, Menschen, die unter sexuellen (Missbrauchs-) Traumata, sexuellen Störungsbildern, Blockaden, Lustlosigkeit, Schmerzen und Fremdkörpergefühl nach Operationen, Orgasmusschwierigkeiten etc. leiden, zu helfen. Da es jedoch – wie dargelegt – nicht auf eine Schwerpunktbetrachtung, sondern darauf, ob ein Verhalten vorliegt, das sich typischerweise als geschlechtliche Stimulation darstellt, ankommt, ist dies irrelevant. Selbst wenn die Leistungen des Klägers nach eigenen Angaben eine sexualtherapeutische Wirkung haben, sind sie dennoch als „sexuelle Handlung“ einzustufen. 301Da die U. – wie sie vom U. W2. e. V. zertifiziert wird – nach dem Wortlaut, der Gesetzeshistorie, der Systematik und dem Sinn und Zweck des Prostituiertenschutzgesetzes in dessen Anwendungsbereich fällt, kommt eine teleologische Reduktion, wie sie von der Prozessbevollmächtigten des Klägers vertreten wird, nicht in Betracht. 302Vgl. zu den Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion: BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 2016 – 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13 –, juris, Rn. 22. 303Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, die vorbezeichnete Massage dem Regime des Prostituiertenschutzgesetzes zu entziehen. Allein der Gesetzgeber ist dazu berufen, eine entsprechende Bereichsausnahme zu schaffen. 304Schließlich gilt es zu bedenken, dass selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – der Ansicht wäre, dass es bei der Frage, ob eine „sexuelle Handlung“ vorliegt, auf den Schwerpunkt der Gesamthandlung ankomme, sich das Gericht des Eindrucks nicht erwehren könnte, dass der Sexualbezug im Vordergrund steht. Hierfür spricht jedenfalls der vom Kläger im Erörterungstermin im Einzelnen dargelegte Ablauf einer „U. U1. ®“. Denn zahlreiche Handlungen, die der „Tantramasseur U1. ®“ vor dem – wie es in den Schulungsunterlagen genannt wird – „Finale“ vornimmt, dienen dazu, dass es überhaupt erst zu einer Massage des Geschlechtsteils des Gastes kommen kann. So zielt das Vorgespräch darauf ab, eine erste Vertrautheit herzustellen. 305B. , Skript zur U. – Ausbildung U1. e. V., S. 33 ff. 306Das schrittweise Entblößen sowohl des Tantramasseurs als auch des Gastes führt zu einem weiteren Distanzabbau, wobei das Gericht trotz der Einlassung des Klägers im Erörterungstermin und der von ihm vorgelegten Fachinformation, 307Fachinformation zu zertifizierten U. U1. ®, Anlage 14, S. 165 der Gerichtsakte, 308aufgrund der Handlungsempfehlungen in den Ausbildungsskripten, die – wie dargelegt – auf eine Steigerung des Lustempfindens ausgerichtet sind, nicht in Gänze auszuschließen vermag, dass die Nacktheit des Masseurs nicht jedenfalls auch dem Lustgewinn des Gastes dient. 309Die eigentliche Massage beginnt mit Kopf, Rücken und Extremitäten, wobei sich der Masseur immer weiter dem Geschlechtsteil annähert. Auch diese Vorgehensweise verdeutlicht, dass während der gesamten Massage auf ein einziges Ziel hingearbeitet wird, nämlich der Massage des Geschlechtsteils. Wenn also dieser Teil der Massage, der nach der Einlassung des Klägers im Erörterungstermin nur das „letzte Drittel oder Viertel“ der Massagezeit in Anspruch nimmt, so bedeutet dies nicht, dass nicht bereits die zuvor erfolgten Handlungen einen Sexualbezug aufgewiesen hätten, weil sie das „Finale“ erst ermöglichen. Da die Grenzen zwischen sexualbezogenen und neutralen Handlungen fließend sind, belegen diese Ausführungen einmal mehr, dass eine Schwerpunktbetrachtung nicht justiziabel ist. 310(ccc.) Schließlich ist es für das Erfüllen des Tatbestandsmerkmals einer „sexuellen Handlung“ unbeachtlich, das es im Rahmen einer „U. U1. ®“ nicht zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs kommt. 311(b.) Die vom Kläger an seinen Kunden ausgeübte „sexuelle Handlung“ ist zudem an die Entrichtung eines Entgelts geknüpft. Ausweislich der von ihm betriebenen Internetseite liegen seine Preise für eine einzelne U. zwischen 200,00 EUR und 300,00 EUR. 312Der Einwand der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Erörterungstermin, dass nur ein Bruchteil der Gesamtmassage einen geschlechtlichen Hintergrund habe, sodass sich der überwiegende Anteil des zu zahlenden Entgelts auf neutrale Handlungen beziehe, greift nicht durch, weil es – wie dargelegt – nicht auf eine Schwerpunktbetrachtung ankommt. Ausreichend ist, wenn sich nur ein Teil des Entgelts, und sei er auch noch so geringfügig, auf die vorgenommene „sexuellen Handlung“ bezieht. 313bb. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 ProstSchG und des § 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 Satz 1 ProstSchG liegen vor. 314Der Kläger hat seine Tätigkeit als Prostituierter bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ohne Anmeldung und ohne Nachweis, an einer gesundheitlichen Beratung teilgenommen zu haben, durchgeführt. 315Anhaltspunkte dafür, dass die dem Kläger in Ziffer 2. der Ordnungsverfügung zu entnehmende Frist zur Anmeldung bzw. zur Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung nicht angemessen gewesen wäre, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. 3162. Soweit sich die Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2. der angefochtenen Ordnungsverfügung richtet, ist sie ebenfalls unbegründet. 317Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts lagen die Voraussetzungen der § 55 Abs. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 60, § 63 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) für die Androhung eines Zwangsgeldes vor. Insbesondere Ermessensfehler sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 3183. Die vom Kläger schriftsätzlich gestellten Beweisanträge sind abzulehnen. 319Ein Beweisantrag ist das an das Gericht gestellte Verlangen eines Prozessbeteiligten, Beweis über eine den Sachverhalt betreffende Behauptung durch bestimmte, nach prozessualem Recht zulässige Beweismittel zu erheben. Erforderlich sind eine Beweisbehauptung, ein Beweismittel sowie eine Konnexität zwischen Beweistatsache und Beweismittel. Bei der Ablehnung von Beweisanträgen haben wegen der übereinstimmenden Geltung des Amtsermittlungsprinzips der Sache nach die in § 244 Abs. 3 und 4 der Strafprozessordnung (StPO) für den Strafprozess normierten Ablehnungsgründe auch im verwaltungsgerichtlichen Prozess Geltung. 320BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 1983 – 9 B 10466/81 –, juris, Rn. 4; BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2014 – 2 B 20/14 –, NVwZ-RR 2014, S. 887; OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 1981 – 18 A 10023/80 –, juris, Leitsatz. 321Der Antrag, Herrn P. H1. als Zeugen zum Schwierigkeitsgrad der Ausbildung des U. W1. e. V. sowie zur Durchfallquote zu befragen, ist abzulehnen, weil die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 StPO. Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind bereits durch die vorgelegten Unterlagen (Ausbildungsordnung, Ausbildungsskripte, Rechenschaftsbericht) sowie durch die Anhörung des Klägers im Erörterungstermin gerichtskundig. Der Beweisantrag ist zudem wegen Bedeutungslosigkeit gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO abzulehnen. Die Frage, wie anspruchsvoll die Ausbildung zur Erlangung eines U. -Zertifikats des U. W1. e. V. ist und wie hoch die Durchfallquote ist, steht in keinerlei Zusammenhang mit der Urteilsfindung. Die Qualität der Ausbildung und die Höhe der Durchfallquote spielen für die Beantwortung der Rechtsfrage, was unter einer „sexuellen Handlung“ zu verstehen ist, keine Rolle, zumal das Gericht diese Frage dahingehend beantwortet hat, dass es nicht auf eine Schwerpunktbetrachtung ankommt. 322Der „Antrag“ Frau N. S. als Zeugin zu befragen, ist ebenfalls abzulehnen. Das Gericht hat bereits erhebliche Zweifel daran, dass es sich hierbei überhaupt um einen Beweisantrag handelt. Es fehlt an einer Beweisbehauptung, weil es dem Kläger nicht gelungen ist, eine Beweistatsache als hinreichend bestimmt und feststehend zu benennen. Frau N. S. wird als Zeugin für die „Einzelheiten“ der Berührungskunst bzw. für die „Anforderungen“ an ein Zertifikat benannt, ohne dass ersichtlich wäre, wozu genau sie etwas sagen können soll. Konkrete Umstände oder Geschehnisse, die die als Zeugin benannte Frau N. S. wahrgenommen haben soll, werden nicht angegeben. Vielmehr ist das Beweisthema so weit gefasst, dass es ein klares Beweisziel vermissen lässt. Es handelt sich mithin um einen unsubstantiierten Beweisantrag „ins Blaue hinein“. Aber selbst wenn man von einem formellen Beweisantrag ausginge, wäre die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 StPO aus denselben Gründen überflüssig wie die Einvernahme des als Zeugen benannten Herrn P. H1. . Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen. Auch der Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO käme zur Anwendung, weil die Einzelheiten über die Berührungskunst, über die Anforderungen an ein Zertifikat bzw. über den Personenkreis, der die Ausbildung erfolgreich besteht, in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfindung stehen. 323Schließlich sind auch die „Anträge“, Frau B2. -N1. I. und Herrn Dipl.-Psych. S1. D. als Zeugen zu den positiven sexualtherapeutischen Auswirkungen von Tantramassagen zu vernehmen, abzulehnen. Auch hier hat das Gericht bereits durchgreifende Zweifel daran, dass es sich überhaupt um förmliche Beweisanträge handelt. Über welches Fachwissen die beiden Personen, die weder als sachverständige Zeugen noch als Sachverständige benannt wurden, verfügen sollen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, auch nicht unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 16. Februar 2021 eingereichten Anlagen 4 und 5. Ebenso wenig erschließt sich, dass sich die beiden als Zeugen benannten Personen mit der Art und Weise der U. auskennen würden. Letztlich könnten sie nur Auskunft zu ihren konkreten Patienten geben, die bereits einmal die Erfahrung einer U. gemacht haben; in Bezug auf diese Personen könnten sie mitteilen, wie sich die U. in diesen konkreten Fällen bei ihren Patienten sexualtherapeutisch ausgewirkt hat. Zu derartigen Geschehnissen und Umständen (Anzahl der Patienten, konkrete Fälle, Therapieverlauf etc.) macht der Kläger jedoch keinerlei Angaben. Dass die als Zeugen benannten Personen in der Lage wären, allgemeingültige Bekundungen auszusprechen, ist ebenso wenig vorgetragen oder anzunehmen. Aber selbst wenn man von förmlichen Beweisanträgen ausginge, sind diese abzulehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind für die Entscheidungsfindung gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO ohne Bedeutung, weil es sich bei der Frage, was unter einer „sexuellen Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG zu verstehen ist, um eine Rechtsfrage handelt. Die Beweisanträge sind zudem gemäß § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 6 StPO abzulehnen, denn selbst dann, wenn man als wahr unterstellte, dass der „U. U1. ®“ therapeutische Wirkung zukäme, änderte dies nichts daran, dass im Rahmen dieser Massage „sexuelle Handlungen“ vorgenommen würden. 324III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 325Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 326Die Berufung ist zuzulassen, weil der abstrakten Rechtsfrage, was unter einer „sexuellen Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 ProstSchG und damit unter einer „sexuellen Dienstleistung“ zu verstehen ist, wegen der vielschichtigen Fallgestaltungen (U. , Sexualbegleitung, Sexualassistenz etc.) eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, also im allgemeinen Interesse liegt und deswegen grundsätzliche Bedeutung hat, zumal – soweit ersichtlich – hierüber bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist, § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. 327Rechtsmittelbelehrung: 328Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 329Die Berufung kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 330Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 331Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 332Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 333Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 334Beschluss: 335Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. 336Gründe: 337Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die in Ziffer 2. des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Zwangsgeldandrohung bleibt für die Bemessung des Streitwerts gemäß Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs 2013 in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen, 338NVwZ-Beilage 2013, S. 58), 339außer Betracht. 340Rechtsmittelbelehrung: 341Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 342Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 343Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 344Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 345Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 346War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. 347Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die berufung wird zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten über die pflicht des klägers, sich als prostituierter anzumelden und eine gesundheitsberatung wahrzunehmen. der im jahr 0000 geborene kläger betreibt eine massagepraxis, der beklagte unterhält eine prostituiertenberatungsstelle. 3in einem mit „zertifikat tantramassage-profi-ausbildung“ überschriebenen dokument vom 0. e. 2011 wird dem kläger bescheinigt, dass er die „b. ® tantramassage-profi-ausbildung“ besucht und erfolgreich abgeschlossen habe. dieser abschluss berechtige ihn zur führung der bezeichnung „trantramasseur level 1“. 4nach einem mit „teilnahme-zertifikat“ überschriebenen dokument nahm der kläger zwischen dem 00. b. 2013 und dem 00. n. 2015 an einer fortbildung „in beziehungsdynamischer sexualtherapie“ teil. 5ein weiteres mit „zertifikat“ überschriebenes dokument der „c. der e. h. für b1. medizin“ bestätigt dem kläger, „die ausbildung als gesundheitspraktiker bfg für sexualkultur erfolgreich abgeschlossen“ zu haben. 6unter dem 0. t. 2014 meldete der kläger bei der stadt w. ein gewerbe für folgende tätigkeiten an: 7„b1. wellnessmassagen unter anderem nach vorheriger terminabsprache vom kunden beim kunden, beratende tätigkeiten im wellnessbereich sowie dazugehörigen der seminare, sexualberatung.“ 8in seiner massagepraxis, die unter dem namen „g. “ firmiert, bietet der kläger unter anderem seminare, sexualberatung und tantramassagen an, wobei seine klienten zu 95 % aus frauen bestehen. 9unter dem 0. juni 2018 forderte der beklagte den kläger auf, eine erlaubnis gemäß § 12 abs. 1 des gesetzes zum schutz von in der prostitution tätigen personen (prostituiertenschutzgesetz – prostschg) zu beantragen, weil er ein erlaubnispflichtiges prostitutionsgewerbe betreibe. darüber hinaus wies der beklagte den kläger darauf hin, dass personen, die sexuelle dienstleistungen anböten, einer anmeldepflicht unterlägen. 10mit anwaltlichem schreiben vom 23. juli 2018 ließ der kläger mitteilen, dass er als einzelmasseur in eigener praxis tätig sei, sodass er die voraussetzungen für ein prostitutionsgewerbe nicht erfülle. ihn betreffe auch die anmeldepflicht des § 3 abs. 1 prostschg nicht, da die von ihm angebotenen massagen keine sexuellen dienstleistungen darstellten. vielmehr unterbreite er mit den von ihm angebotenen massagen ein sexualtherapeutisches, alternativmedizinisches angebot. er biete als „tantramasseur tmv®“ ausschließlich „tantramassagen tmv®“ an. dies dürften nur personen, die – wie er – eine anerkannte, zertifizierte ausbildung nach den strengen richtlinien des u. w1. e. v. (u1. ) erfolgreich durchlaufen hätten. als mitglied dieses w1. treffe ihn die verpflichtung, sich mindestens zwanzig unterrichtsstunden im jahr fortzubilden. die „u. u1. ®“ sei eine ganzheitliche, sexualtherapeutische massage. vor und nach der massage stehe ein ausführliches gespräch, teilweise auch mehrmalig. bei der massage werde der gesamte körper des klienten berührt, unter anderem auch der intimbereich. hier stehe nicht die sexuelle stimulation im vordergrund, sondern die ganzheitliche berührung des körpers zur überwindung von blockaden und traumatischen erlebnissen. zu den symptombildern der ihn aufsuchenden klienten gehörten mitunter: 1112„sexuelle störungsbilder wie scheidenkrämpfe (vaginismus), schmerzen im intimbereich oder beim geschlechtsverkehr (dyspareunie), missbrauchsthemen und sexuelle traumata, veränderte lust bei älteren frauen, schmerzen und fremdkörpergefühl nach krebsoperationen (z. b. nach einer brustamputation), nach allgemeinen operationen zur narbenendstörung (z. b. dammschnitte), ein sich nicht wohlfühlen im eigenen körper, orgasmusschwierigkeiten und lustlosigkeit, frauen, denen etwas fehlt in der männlich geprägten sexualität, menschen, die spüren, dass sexualität ein zugang zur spiritualität sein kann, frauen, die die verletzte oder veränderte region nach einer unterleibsoperation vorsichtig wieder neu entdecken möchten, menschen, die eine neue körpererfahrung machen möchten, frauen, männer oder paare, die in einem berührungscoaching erlernen möchten, wie man sich achtsam, aber auch intensiver berühren kann, klienten mit burn-out und/oder depressionen“. 13da der kläger freiberuflich und selbstbestimmt in eigener praxis arbeite, bestehe auch kein bedürfnis, ihn durch das prostituiertenschutzgesetz zu schützen. 14mit schreiben vom 7. august 2018 ließ der beklagte den kläger wissen, dass er an der „aufforderung zur antragstellung gemäß § 12 prostschg“ festhalte. massagestudios, die tantramassagen anböten, seien als erotische massagestudios den bordellartigen betrieben zuzurechnen. ob im zusammenhang mit der massage die ausübung von geschlechtsverkehr gegen entgelt angeboten werde, sei hier nicht relevant. entscheidend sei vielmehr, dass es sich um eine dienstleistung handele, die ihrer art nach erkennbar auf die sexuelle stimulation des kunden ausgerichtet sei. bei der ausübung seiner dienstleistungen beziehe der kläger den intimbereich ein, denn er biete auf seiner homepage unter anderem ein seminar an, in dem eine anal- sowie prostatamassage erlernt werden könne. 15nach einer persönlichen vorsprache des klägers bei dem beklagten am 14. august 2018 hielt ein sachbearbeiter des beklagten in einem vermerk fest: 16„herr e1. konnte jedoch widerlegen, dass er nicht der erlaubnispflicht nach § 12 prostschg unterliegt. er zieht seinen angaben nach keinen wirtschaftlichen nutzen aus der prostitution anderer, da er für seminare oder vier-hand-massagen lediglich seine räume zur verfügung stellt. ob dies jedoch kostenfrei geschieht oder gegen entgelt, konnte nicht genau geklärt werden. 17hier bleibt fraglich, ob herr e1. andere tantramasseure bei sich arbeiten lässt und ob hier eine entschädigung für die nutzung der räumlichkeiten oder eine aufteilung des entgelts für vier-hand-massagen erfolgt.“ 18in einem am 28. august 2018 unter der überschrift „anhörung gemäß § 28 des verwaltungsverfahrensgesetzes“ verfassten dokument forderte der beklagte den kläger zur anmeldung gemäß § 3 abs. 1 prostschg auf. unter sexuellen dienstleistungen im sinne des prostituiertenschutzgesetzes seien alle üblicherweise der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt zu verstehen, einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten personen komme. hiervon umfasst seien insbesondere tantramassagen, welche oftmals eine sexuelle stimulierung des kunden mit der hand oder dem eigenen körper beinhalteten. 19mit anwaltlichem schreiben vom 5. oktober 2018 ließ der kläger gegenüber dem beklagten mitteilen, dass er keine sexuellen dienstleistungen anbiete, sondern ein sexualtherapeutisches angebot unterhalte. 20in einem mit „ordnungsverfügung“ überschriebenen dokument vom 9. oktober 2018 forderte der beklagte den kläger auf, seine tätigkeit als prostituierter anzumelden und eine gesundheitliche beratung wahrzunehmen. für den fall, dass anmeldung und gesundheitliche beratung nicht bis zum 24. oktober 2018 vorgenommen würden, drohte der beklagte dem kläger ein zwangsgeld in höhe von 2.500,00 eur an. die sofortige vollziehung der verfügung wurde angeordnet. nach würdigung der einlassung des klägers habe man davon abstand genommen, sein gewerbe als erlaubnispflichtiges prostitutionsgewerbe einzustufen. er sei jedoch verpflichtet, seine tätigkeit als prostituierter anzumelden. insbesondere biete er sexuelle dienstleistungen an. laut internetseite des u. w1. e. v. werde bei einer „u. u1. ®“ kein körperteil ausgelassen. weiterhin werde jede folge davon, seien es atem, stimme, bewegung, ejakulation, aufsteigende erschütterung, tränen bis hin zur lustvoll-mystischen erfahrung oder einfach nur ein schlichter orgasmus als willkommen angesehen. dieses schreiben erhielt der rechtsanwalt des klägers am 10. oktober 2018. 21mit schriftsatz vom 17. oktober 2018, bei gericht eingegangen am 19. oktober 2018, hat der kläger klage erhoben, mit der er zunächst die aufhebung des bescheids vom 9. oktober 2018 begehrt hat. den parallel zur klageerhebung gestellten antrag auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung hat das gericht mit beschluss vom 28. august 2019, aktenzeichen: 29 l 3067/18, abgelehnt. die hiergegen gerichtete beschwerde hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) mit beschluss vom 17. januar 2020, aktenzeichen: 13 b 1282/19, zurückgewiesen. daraufhin hat sich der kläger am 23. oktober 2020 als prostituierter angemeldet und an einem gesundheitlichen beratungsgespräch teilgenommen. 22mit seiner klage begehrt er nunmehr die feststellung, dass die verpflichtung, sich als prostituierter anzumelden und an einem gesundheitlichen beratungsgespräch teilzunehmen, rechtswidrig war. er habe ein rehabilitierungsinteresse, da er durch die einordnung als prostituierter diskriminiert und nach außen hin diskreditiert werde. da die anmeldebescheinigung nur zwei jahre gültig sei, bestehe außerdem eine wiederholungsgefahr. 23er erbringe keine sexuelle dienstleistung im sinne von § 2 abs. 1 prostschg, weil seine hauptleistung als „tantramasseur u1. ®“ in der behandlung von körper und geist bestehe. er biete eine ganzheitliche massage des körpers an, berührungen der geschlechtsteile sowohl männlicher als auch weiblicher kunden seien darin integriert. dieses erhebe aber die behandlung nicht zu einer sexuellen dienstleistung. dass mit einer massage eine sexuelle erregung einhergehe, reiche nicht aus. die angewandten methoden während der u. dienten nicht der befriedigung sexueller lust, sondern der herstellung einer körperlichen und seelischen balance, die im einzelfall gestört sein könne. solche störungen bezeichne man auch als sexuelle dysfunktionen wie z. b. dyspareunie, vaginismus und vulvodynie. derartige schmerzerkrankungen ließen sich durch fachmedizinische behandlungen nicht in den griff kriegen, weshalb auf andere behandlungsmethoden, darunter auch die „u. u1. ®“, zurückgegriffen werde. diese tantramassagen würden im rahmen von sexualtherapien ausdrücklich empfohlen. die durchgeführten berührungen und angewandten massagetechniken würden bewirken, dass negative erfahrungen, schamhafte körpergefühle oder traumatische erlebnisse überwunden und verarbeitet würden. in einigen fällen komme es überhaupt nicht zu massagen und berührungen des genitalbereichs (z. b. bei vulvodynie und erektionsstörungen). 24letztlich komme es nicht darauf an, ob eine „u. u1. ®“ eine sexuelle dienstleistung sei, weil diese massage den schutzzweck des gesetzes von vornherein nicht berühre. die in der gesetzesbegründung erwähnten prostituierten hätten mit den personen, die nach einer ausbildung als zertifizierte „tantramasseure u1. ®“ tätig seien, nichts gemeinsam. dies beruhe auf der hinter der tätigkeit stehenden ausbildung, aber auch auf der tatsache, dass „tantramassagen u1. ®“ auf der kundenseite von männern und frauen gleichermaßen in anspruch genommen und auch von männlichen und weiblichen „tantramasseuren u1. ®“ angeboten würden. darüber hinaus liege der idee des gesetzgebers ein bild von prostituierten zugrunde, die kaum oder überhaupt keinen zugang zu informationen hätten, diese aber dringend bräuchten. zertifizierte „tantramasseure u1. ®“ könnten hiermit nicht gemeint sein. der kläger sei darüber hinaus sogar noch zertifizierter sexualtherapeut und gesundheitspraktiker. der gesetzgeber habe den bereich der u. nicht gesehen. die gerichte seien daher dazu berufen, eine einschränkung des anwendungsbereichs des prostituiertenschutzgesetzes vorzunehmen. 25auch nach der begründung zu diesem gesetz sei die massage eines zertifizierten „tantramasseurs u1. ®“ nicht als sexuelle dienstleistung einzuordnen, weil hierunter nur „alle üblicherweise der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt“ fielen. bei einer „u. u1. ®“ handele es sich demgegenüber nicht um formen sexueller handlungen, die „üblicherweise“ der prostitution zugerechnet würden. 26der kläger beantragt, 27festzustellen, dass der bescheid des beklagten vom 9. oktober 2018 rechtswidrig war. 28der beklagte beantragt, 29die klage abzuweisen. 30zur begründung wiederholt er im wesentlichen seine ausführungen aus dem verwaltungsverfahren. ergänzend trägt er vor, dass eine vom kläger subjektiv empfundene fehlende schutzbedürftigkeit für die frage der einordnung seiner tätigkeit als sexuelle dienstleistung nicht entscheidend sei. 31am 18. oktober 2021 hat ein erörterungstermin stattgefunden, im rahmen dessen der kläger zum sachverhalt befragt worden ist. wegen der weiteren einzelheiten des vortrags der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte, den beigezogenen verwaltungsvorgang und auf das sitzungsprotokoll zum erörterungstermin vom 18. oktober 2021 verwiesen. 32 | 33der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem die kammer ihm den rechtsstreit mit beschluss vom 22. september 2021 zur entscheidung übertragen hat, vgl. § 6 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). aufgrund des im erörterungstermin am 18. oktober 2021 erklärten einverständnisses der beteiligten entscheidet das gericht gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung. 34die klage ist zulässig (i.), aber unbegründet (ii.). 35i. sie ist als fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo statthaft, da sich die angefochtene ordnungsverfügung vom 9. oktober 2018, bei der es sich um einen verwaltungsakt gemäß § 35 satz 1 des verwaltungsverfahrensgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) handelt, nach klageerhebung erledigt hat, indem sich der kläger am 23. oktober 2020 als prostituierter angemeldet und an einem gesundheitlichen beratungsgespräch teilgenommen hat. die umstellung der klage von einer ursprünglichen anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 satz 1 alt. 1 vwgo in eine fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo stellt nach § 173 satz 1 vwgo in verbindung mit § 264 nr. 3 der zivilprozessordnung (zpo) eine zulässige klageänderung dar. 36der kläger ist auch klagebefugt im sinne von § 42 abs. 2 vwgo, da nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass er durch die streitgegenständliche ordnungsverfügung jedenfalls in seiner berufsfreiheit nach art. 12 abs. 1 des grundgesetzes (gg) verletzt ist. 37er hat zudem ein berechtigtes interesse an der begehrten feststellung der rechtswidrigkeit der ordnungsverfügung vom 0. oktober 2018. ein solches fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller natur sein. es besteht typischerweise in den anerkannten fallgruppen der wiederholungsgefahr, des rehabilitationsinteresses sowie der absicht zum führen eines schadensersatzprozesses, kann sich aber auch aus anderen besonderen umständen des einzelfalls ergeben, sofern die gerichtliche entscheidung geeignet ist, die klägerische position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller hinsicht zu verbessern. 38bverwg, beschluss vom 17. dezember 2019 – 9 b 52/18 –, juris, rn. 9. 39vorliegend kann offenbleiben, ob dem kläger ein rehabilitierungsinteresse zur seite steht, ob also die pflicht zur anmeldung als prostituierter bei objektiver und vernünftiger betrachtungsweise diskriminierende wirkung entfaltet oder gar eine stigmatisierung darstellt und, falls ja, ob diese in ansehung von §§ 5 abs. 6, 34 prostschg die erforderliche außenwirkung entfaltet. jedenfalls besteht nämlich die gefahr, dass er sich in zukunft regelmäßig gleichlautenden ordnungsverfügungen ausgesetzt sieht. eine solche wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte gefahr voraus, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen umständen ein gleichartiger verwaltungsakt ergehen bzw. eine gleichartige behördliche entscheidung getroffen wird. 40bverwg, beschluss vom 17. dezember 2019 – 9 b 52/18 –, juris, rn. 9. 41das erfordert zum einen die konkrete möglichkeit, dass sich ein vergleichbarer sachverhalt wieder ereignen, und zum anderen, dass die behörde voraussichtlich an ihrer rechtsauffassung festhalten wird. 42bverfg, beschluss vom 8. februar 2011 – 1 bvr 1946/06 –, juris, rn. 22. 43davon ist vorliegend auszugehen. gemäß § 5 abs. 4 satz 1 prostschg gilt die anmeldebescheinigung für anmeldepflichtige personen, die – wie der kläger – älter sind als 21 jahre, für zwei jahre. wird die tätigkeit als prostituierter nach ablauf der gültigkeitsdauer fortgesetzt, so ist gemäß § 5 abs. 5 satz 1 prostschg die anmeldebescheinigung zu verlängern, wozu ein nachweis über die mindestens einmal jährlich erfolgte gesundheitliche beratung vorzulegen ist, vgl. §§ 4 abs. 4 satz 1, 5 abs. 5 satz 2 prostschg. auch die sonstigen für eine anmeldung erforderlichen angaben und nachweise gemäß § 4 prostschg sind gemäß § 5 abs. 5 satz 4 prostschg erneut zu erbringen. der kläger wird daher spätestens zwei jahre nach seiner erstmaligen anmeldung am 23. oktober 2020 das prozedere erneut durchlaufen müssen. sofern er sich dem verweigert, ist mit hinreichender bestimmtheit davon auszugehen, dass der beklagte eine neuerliche ordnungsverfügung erlassen wird. denn dass er zukünftig von seiner bisherigen rechtsauffassung abweichen wird, ist weder vorgetragen noch erkennbar. eine entsprechende erklärung haben die vertreter des beklagten im erörterungstermin nicht abgegeben. 44mit klageerhebung am 19. oktober 2018 gegen die ordnungsverfügung vom 0. oktober 2018 hat der kläger zudem die ursprüngliche anfechtungsklage fristgerecht innerhalb der monatsfrist des § 74 abs. 1 satz 2 vwgo erhoben. 45ii. die klage ist jedoch unbegründet. die ordnungsverfügung des beklagten vom 9. oktober 2018 war zum maßgeblichen zeitpunkt der erledigung des verwaltungsakts, 46vgl. hierzu bverwg, urteil vom 25. juli 1985 – 3 c 25/84 –, juris, rn. 42, 47rechtmäßig und hat den kläger nicht in seinen rechten verletzt, § 113 abs. 1 satz 4 in verbindung mit § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. dies gilt sowohl für die in ziffer 1. der ordnungsverfügung an den kläger gerichtete aufforderung, seine tätigkeit als prostituierter anzumelden und die gesundheitliche beratung wahrzunehmen (1.) als auch für die in ziffer 2. enthaltene zwangsgeldandrohung (2.). die vom kläger schriftsätzlich gestellten beweisanträge sind abzulehnen (3.). 481. gegen die in ziffer 1. der ordnungsverfügung an den kläger gerichtete aufforderung, seine tätigkeit als prostituierter anzumelden und an einem gesundheitlichen beratungsgespräch teilzunehmen, war im entscheidungserheblichen zeitpunkt nichts zu erinnern. 49a. sie fand ihre rechtsgrundlage in § 11 abs. 1 in verbindung mit § 3 abs. 1 prostschg bzw. in § 11 abs. 2 in verbindung mit § 10 abs. 3 satz 1 prostschg. 50§ 11 abs. 1 prostschg bestimmt, dass die zuständige behörde eine person auffordert, ihre tätigkeit als prostituierte oder als prostituierter innerhalb einer angemessenen frist anzumelden und der zuständigen behörde die anmeldebescheinigung vorzulegen, wenn der behörde tatsächliche anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese person der prostitution nachgeht, ohne diese tätigkeit zuvor angemeldet zu haben. die anmeldepflicht für prostituierte ergibt sich dabei aus § 3 abs. 1 prostschg. danach hat die person, die eine tätigkeit als prostituierte oder als prostituierter ausüben will, dies vor aufnahme der tätigkeit persönlich bei der behörde, in deren zuständigkeitsbereich die tätigkeit vorwiegend ausgeübt werden soll, anzumelden. 51nach § 11 abs. 2 prostschg wiederum fordert die zuständige behörde personen auf, innerhalb einer angemessenen frist die gesundheitliche beratung wahrzunehmen und der zuständigen behörde die bescheinigung über die gesundheitliche beratung vorzulegen, wenn der behörde tatsächliche anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese person der prostitution nachgeht, ohne die pflicht zur gesundheitlichen beratung wahrgenommen zu haben. die pflicht zur wahrnehmung einer gesundheitlichen beratung ergibt sich aus § 10 abs. 3 satz 1 prostschg, dem zufolge personen, die eine tätigkeit als prostituierte oder als prostituierter ausüben wollen, vor der erstmaligen anmeldung der tätigkeit eine gesundheitliche beratung wahrnehmen müssen. 52an der verfassungs- und europarechtskonformität dieser rechtsgrundlagen, insbesondere der anmeldepflicht und der pflicht zur gesundheitlichen beratung bestehen keine zweifel. insoweit wird auf den eilbeschwerdebeschluss des ovg nrw, der im rahmen des parallel zu diesem klageverfahren angestrengten eilverfahrens ergangen ist, bezug genommen. das gericht macht sich die ausführungen des ovg nrw zu eigen. 53vgl. im einzelnen ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2020 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 8 ff. 54sämtliche vom kläger angeführten argumente sind in dem vorgenannten beschluss eingehend gewürdigt worden. nach rechtskräftigem abschluss des eilverfahrens hat er zudem keine weitere begründung, die aus seiner sicht eine andere beurteilung rechtfertigen könnte, mehr vorgetragen und auch keine weiteren konstitutionellen einwände mehr erhoben. 55b. die anordnung in ziffer 1. des bescheids vom 9. oktober 2018 war formell rechtmäßig. 56der beklagte war gemäß §§ 3 abs. 1, 11 abs. 1 und 2 prostschg örtlich und gemäß § 11 abs. 1 und 2 prostschg in verbindung mit § 1 abs. 1 der verordnung zur durchführung von aufgaben nach dem gesetz zum schutz von in der prostitution tätigen personen (durchführungsverordnung prostituiertenschutzgesetz nordrhein-westfalen – dvo prostschg nrw) sachlich für den erlass der ordnungsverfügung zuständig. 57verfahrens- oder formfehler sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. insbesondere ist der kläger vor erlass der ordnungsverfügung mit schreiben vom 4. juni 2018, vom 7. august 2018, vom 28. august 2018 schriftlich sowie am 14. juni 2018 telefonisch und am 14. august 2018 persönlich gemäß § 28 abs. 1 vwvfg nrw angehört worden. 58c. die anordnung in ziffer 1. der ordnungsverfügung war auch materiell rechtmäßig. zum maßgeblichen zeitpunkt der erledigung des verwaltungsakts lagen tatsächliche anhaltspunkte dafür vor, dass der kläger der prostitution nachgeht (aa.), ohne diese tätigkeit zuvor angemeldet zu haben bzw. ohne die pflicht zur gesundheitlichen beratung wahrgenommen zu haben, sodass der beklagte berechtigt war, den kläger zur anmeldung seiner tätigkeit bzw. zur wahrnehmung einer gesundheitlichen beratung innerhalb einer angemessenen frist aufzufordern (bb.). 59aa. das gericht hat die gemäß § 108 abs. 1 satz 1 vwgo erforderliche überzeugung gewonnen, dass der kläger einer tätigkeit als prostituierter nachgeht. 60prostituierte sind nach § 2 abs. 2 prostschg „personen, die sexuelle dienstleistungen erbringen.“ eine „sexuelle dienstleistung“ ist nach der legaldefinition in § 2 abs. 1 satz 1 prostschg „eine sexuelle handlung mindestens einer person an oder vor mindestens einer anderen unmittelbar anwesenden person gegen entgelt oder das zulassen einer sexuellen handlung an oder vor der eigenen person gegen entgelt.“ keine sexuellen dienstleistungen sind gemäß § 2 abs. 1 satz 2 prostschg „vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist.“ weitere vorgaben macht das gesetz nicht. 61(1.) ob tantramassagen unter den begriff der „sexuellen dienstleistung“ fallen, wird – soweit ersichtlich – in der rechtsprechung, die überwiegend im zusammenhang mit dem ordnungswidrigkeitsrecht, dem baurecht, dem coronaschutzrecht oder dem vergnügungssteuerrecht ergangen ist, nicht einheitlich bewertet. im wesentlichen haben sich vier strömungen herausgebildet. 62(a.) zahlreiche entscheidungen zeichnen sich dadurch aus, dass die in § 2 abs. 1 satz 1 prostschg enthaltene legaldefinition der „sexuellen dienstleistung“ zitiert wird und sodann, ohne den hierin enthaltenen begriff der „sexuellen handlung“ näher zu konkretisieren bzw. sich abstrakt damit auseinanderzusetzen, festgestellt wird, dass die u. diese voraussetzungen „zweifelsfrei“ erfülle. 63zum baurecht: vg neustadt (weinstraße), beschluss vom 4. juli 2012 – 3 l 571/12.nw –, juris, rn. 12; vg minden, urteil vom 3. märz 2015 – 1 k 2113/13 –, juris, rn. 19; zum coronaschutzrecht: vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 40. 64diese vorgehensweise überzeugt schon deshalb nicht, weil die subsumtion wegen der unterlassenen definition des streitentscheidenden begriffs der „sexuellen handlung“ unvollendet bleibt. 65(b.) andere gerichte wiederum nehmen bei der definition einer „sexuellen dienstleistung“ eine schwerpunktbetrachtung vor. hiernach liege eine „sexuelle dienstleistung“ vor, „wenn der sexualbezug nach der […] konkreten ausgestaltung [der handlung] mit blick auf die weiteren umstände des einzelfalls und das sonstige leistungsangebot der dienstleistenden person nach der objektiv zutage tretenden erscheinungsform ohne weitergehende einbindung in ein konzept der ganzheitlichen körperarbeit auch im zusammenhang mit den sonstigen begleitumständen deutlich im vordergrund“ stehe. 66zum gewerberecht: vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 36; zum baurecht: vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29; zum ordnungswidrigkeitsrecht: ag stuttgart, urteil vom 3. juli 2020 – 4 owi 25 js 111521/19 –, s. 6 des urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht; zum coronaschutzrecht ansatzweise auch: vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 31. 67(c.) vereinzelt tendiert die rechtsprechung dazu, tantramassagen vor dem hintergrund des schutzzwecks des prostituiertenschutzgesetzes nicht als „sexuelle dienstleistungen“ anzusehen. der zweck des gesetzes sei der schutz des sexuellen selbstbestimmungsrechts der prostituierten, der schutz der gesundheit, die gewährleistung verträglicher arbeitsbedingungen sowie die bekämpfung von kriminalität. dieser schutzzweck sei bei der durchführung von tantramassagen durch einen zertifizierten „tantramasseur u1. ®“ nicht berührt. denn die „u. u1. ®“ unterscheide sich vom prostitutionsgewerbe dadurch, dass geschlechtsverkehr ausgeschlossen sei, die kunden zur passivität verpflichtet seien, die identität der kunden bekannt sei und es strenge anforderungen an die ausbildung der masseure gäbe. 68zum ordnungswidrigkeitsrecht: ag stuttgart, urteil vom 3. juli 2020 – 4 owi 25 js 111521/19 –, s. 6 f. des urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht. 69(d.) schließlich stellen andere gerichte zur feststellung einer „sexuellen dienstleistung“ darauf ab, ob die vorgenommene handlung eine sexuelle erregung oder befriedigung herbeiführe. unter einer „sexuellen handlung“ falle „dem wortsinn nach jedes menschliche verhalten, das darauf gerichtet […] [sei], einen anderen sexuell zu erregen oder zu befriedigen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten personen komm[e].“ für die einordnung als „sexuelle dienstleistung“ sei nicht entscheidend, ob die speziellen handlungen im allgemeinen sprachgebrauch durchgängig als prostitution bewertet würden. da eine u. darauf gerichtet sei, den kunden sexuell zu erregen, erfülle sie die an eine sexuelle handlung zu stellenden anforderungen. 70zum coronaschutzrecht: ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 28. august 2020 – 6 b 10864/20 –, juris, rn. 11 f.; vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 40; zum baurecht: vg leipzig, urteil vom 3. mai 2017 – 4 k 399/15 –, juris, rn. 25; ansatzweise auch: vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29, 31, 32; zum gewerberecht ansatzweise auch: vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 20. 71(e.) neben diesen vier in der rechtsprechung vertretenen ansichten ist im vergnügungssteuerrecht anerkannt, dass es sich bei einer u. jedenfalls um ein „sexuelles vergnügen“ handele. 72ovg nrw, beschluss vom 6. februar 2015 – 14 b 72/15 –, juris, rn. 11 ff.; vgh baden-württemberg, urteil vom 3. juli 2014 – 2 s 3/14 –, juris, rn. 32 ff.; vg stuttgart, urteil vom 6. november 2013 – 8 k 28/13 –, juris, rn. 36. 73diese rechtsprechung kann für das prostituiertenschutzgesetz jedoch nur bedingt fruchtbar gemacht werden, weil es sich bei dem „sexuellen vergnügen“ um ein ganz anderes tatbestandsmerkmal handelt und weil die zielsetzung des vergnügungssteuerrechts nicht mit derjenigen des prostituiertenschutzgesetzes verglichen werden kann. 74(f.) das ovg nrw hat in dem vom kläger parallel geführten eilverfahren ausdrücklich offengelassen, ob eine u. eine „sexuelle dienstleistung“ darstellt und sich ausschließlich mit der verfassungs- und europarechtskonformität der anmelde- und beratungspflicht der §§ 3 abs. 1, 10 abs. 3 satz 1 prostschg befasst. 75ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2020 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 106; vgl. auch ausdrücklich ovg nrw, beschluss vom 25. juni 2020 – 13 b 800/20.ne –, juris, rn. 75. 76in einer weiteren entscheidung stellt das ovg nrw fest, dass sich der begriff der „sexuellen dienstleistung“ in § 10 abs. 1 nr. 2 der verordnung zum schutz vor neuinfizierungen mit dem coronavirus sars-cov-2 (coronaschutzverordnung – coronaschv) vom 31. august 2020 an der im prostituiertenschutzgesetz niedergelegten begriffsbestimmung orientiere. von der in § 2 abs. 1 satz 1 prostschg enthaltenen legaldefinition ausgehend umfasse das tatbestandsmerkmal ein breites spektrum von leistungen. es erstrecke sich nicht nur auf den vaginalen, oralen oder analen geschlechtsverkehr, sondern auf alle üblicherweise der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt. dies gelte unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten personen komme. damit unterfielen ihm beispielsweise auch bdsm-dienstleistungen, der sexuellen befriedigung dienende erotische massagen und – soweit es um die erbringung sexueller handlungen geht – auch escort-serviceleistungen oder die behindertengerechte sexualbegleitung/-assistenz. 77ovg nrw, beschluss vom 8. september 2020 – 13 b 902/20.ne –, juris, rn. 22; vgl. auch vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 22. 78diese ausführungen tragen zum verständnis des begriffs der „sexuellen dienstleistung“ und insbesondere der „sexuellen handlung“ indessen kaum etwas bei, da sie eine abstrakte definition vermissen lassen und sich nahezu ausschließlich in der wiedergabe der gesetzesbegründung erschöpfen. 79vgl. deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33, 59. 80(2.) eine gefestigte rechtsprechung dazu, was unter einer „sexuellen dienstleistung“ zu verstehen ist, existiert nach alledem – soweit ersichtlich – nicht. ausgangspunkt für die beantwortung dieser frage ist die vorzitierte legaldefinition des § 2 abs. 1 satz 1 prostschg. diese zugrundegelegt ist das gericht davon überzeugt, dass der kläger im rahmen der von ihm angebotenen „tantramassagen u1. ®“ sexuelle handlungen (a.) gegen entgelt (b.) vornimmt. 81(a.) das tatbestandsmerkmal der „sexuellen handlung“ ist der zentrale begriff für die beantwortung der frage, ob eine „sexuelle dienstleistung“ vorliegt. da die vom gesetzgeber gewählte formulierung allgemein gehalten und nicht eindeutig abgrenzbar ist, handelt es sich um einen unbestimmten rechtsbegriff. 82vgl. zum unbestimmten rechtsbegriff bverfg, beschluss vom 8. januar 1981 – 2 bvl 3/77 –, juris, rn. 41 ff. 83die verwendung unbestimmter rechtsbegriffe durch den gesetzgeber ist grundsätzlich mit der verfassung vereinbar. es ist aufgabe der verwaltungsbehörden und der rechtspraxis, solche tatbestandsmerkmale zu konkretisieren. 84bverfg, beschluss vom 29. september 2020 – 1 bvr 1550/19 –, juris, rn. 74; bverfg, urteil vom 17. november 1992 – 1 bvl 8/87 –, juris, rn. 91; bverwg, beschluss vom 29. juni 2021 – 4 b 7/21 –, juris, rn. 6. 85beruht eine angefochtene verwaltungsentscheidung auf der anwendung unbestimmter rechtsbegriffe, so ist die entscheidung der verwaltungsbehörde in rechtlicher und tatsächlicher hinsicht vollständig vom gericht nachprüfbar, wenn es sich – wie vorliegend – um einen unbestimmten rechtsbegriff ohne beurteilungsspielraum handelt. 86vgl. bverfg, beschluss vom 17. april 1991 – 1 bvr 419/81 –, juris, rn. 47 f. 87bei dieser prüfung sind die gerichte insbesondere nicht an hierzu erlassene norminterpretierende verwaltungsvorschriften gebunden. denn diese dienen lediglich der steuerung des behördlichen verwaltungshandelns, haben aber keine rechtsnormqualität. 88bverwg, beschluss vom 20. juni 2011 – 1 b 1/11 –, juris, rn. 6. 89soweit daher die richtlinie des ministeriums für wirtschaft, innovation, digitalisierung und energie des landes nordrhein-westfalen zum vollzug des prostituiertenschutzgesetzes gegenüber dem prostitutionsgewerbe vom 25. märz 2020 (rl prostschg-gewerbe) in ziffer 2.1.3.1 festlegt, dass die unter der bezeichnung „u. “ angebotenen dienstleistungen als „sexuelle dienstleistung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg zu qualifizieren seien, entfaltet dies keine bindungswirkung für das gericht. 90vielmehr haben die gerichte bei der nachprüfung eines von den verwaltungsbehörden angewandten unbestimmten rechtsbegriffs und bei dessen konkretisierung die allgemeinen juristischen auslegungsregeln zu beachten. 91vgl. bverfg, beschluss vom 9. november 1988 – 1 bvr 243/86 –, juris, orientierungssatz 4.; bverfg, urteil vom 6. juli 1999 – 2 bvf 3 /90 –, juris, rn. 121; stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. auflage 2018, § 40 rn. 153. 92was also unter einer „sexuellen handlung“ zu verstehen ist, ist durch eine an wortlaut ((aa.)), gesetzeshistorie ((bb.)), systematik ((cc.)) und schutzzweck des prostituiertenschutzgesetzes ((dd.)) orientierte auslegung zu ermitteln. im ergebnis ist das gericht davon überzeugt, dass der kläger im rahmen der „u. u1. ®“ „sexuelle handlungen“ vornimmt (ee.). 93(aa.) zu den anerkannten auslegungsmethoden gehört vor allem der anhand der umgangs- wie der fachsprache zu bewertende wortlaut, der die äußerste grenze der interpretation darstellt. 94vgl. bverfg, urteil vom 30. märz 2004 – 2 bvr 1520/01, 2 bvr 1521/01 –, juris, rn. 91. 95für die definition einer „handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg ist auf den rechtswissenschaftlichen handlungsbegriff abzustellen. dies folgt schon daraus, dass es sich um einen rechtsbegriff handelt. darüber hinaus verweist der gesetzesentwurf zum prostituiertenschutzgesetz in seiner begründung zum begriff der „sexuellen handlung“ ausdrücklich auf die „beispielsweise durch das strafgesetzbuch […] eingeführte begriffsbildung“. 96deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 97der gesetzgeber geht mithin unmissverständlich davon aus, dass zur definition der „sexuellen handlung“ auf bereits bestehende juristische begrifflichkeiten zurückgegriffen werden kann. 98sowohl im strafrecht als auch im zivilrecht liegt eine handlung im natürlichen sinne vor, wenn es durch einen menschlichen entschluss zu einer willensbetätigung kommt, 99bgh, urteil vom 5. januar 1951 – 2 str 83/50 –, juris, rn. 2; bgh, urteil vom 3. august 1962 – 4 str 155/62 –, juris, rn. 38; bgh, urteil vom 12. februar 1963 – vi zr 70/62 –, juris, rn. 12; vgl. zu den im einzelnen umstrittenen handlungslehren: schönke/schröder/eisele stgb, 30. auflage 2019, vor § 13 rn. 25 ff. 100das adjektiv „sexuell“ stammt aus dem lateinischen (sexualis) und bedeutet „zum geschlecht gehörend“ bzw. „geschlechtlich“ oder (tautologisch) „die sexualität betreffend“. 101brockhaus, 21. auflage 2006, band 25, stichwort: sexuell. 102seinem wortlaut nach umfasst eine „sexuelle handlung“ also jedes vom willen getragene menschliche verhalten, das einen geschlechtlichen bezug erkennen lässt. 103(bb.) eine historische analyse von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg liefert zwei wesentliche erkenntnisse, die zum verständnis dieser vorschrift beitragen: nach dem willen des gesetzgebers soll der begriff der „sexuellen handlung“ weit zu verstehen sein ((aaa.)) und er soll in anlehnung an andere rechtsgebiete ausgelegt werden ((bbb.)). 104(aaa.) gleich an mehreren stellen hebt der gesetzgeber in der begründung zum prostituiertenschutzgesetz deutlich hervor, dass er den anwendungsbereich dieses gesetzes extensiv verstanden wissen will. 105schon im „allgemeinen teil“ seiner begründung formuliert er unmissverständlich: 106„dem schutzzweck entsprechend wird für dieses gesetz ein weiter begriff der prostitution zugrunde gelegt, der nahezu alle formen bezahlter sexueller kontakte umfasst.“ 107deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch weidtmann-neuer, praxis der kommunalverwaltung bund, k-2g, prostschg, loseblattsammlung, stand: juni 2017, § 1. 108zu § 1 prostschg heißt es in der gesetzesbegründung: 109„dem gesetz liegt grundsätzlich ein weites verständnis von prostitution zugrunde, das möglichst alle angebotsformen entgeltlicher sexueller kontakte und deren gewerbsmäßige organisation im bereich der prostitution zurechnet. entsprechend seinem schutzzweck wird damit das ziel verfolgt, den anwendungsbereich auf eine möglichst große bandbreite an geschäftsmodellen im bereich der sexuellen dienstleistung zu erstrecken.“ 110deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 58; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 49; vgl. auch weidtmann-neuer, praxis der kommunalverwaltung bund, k-2g, prostschg, loseblattsammlung, stand: juni 2017, § 1. 111speziell zur definition der „sexuellen dienstleistung“ führt der gesetzgeber aus: 112„umfasst sind damit alle üblicherweise der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt einschließlich sexualbezogener sadistischer oder masochistischer handlungen, unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs zwischen den beteiligten personen kommt.“ 113deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 114dieser passus offenbart die geringen anforderungen für das vorliegen einer „sexuellen handlung“ besonders deutlich: der ausübung des geschlechtsverkehrs bedarf es nicht, sie setzt nicht einmal voraus, dass es überhaupt zu körperlichen berührungen kommt. 115soweit der kläger die vorstehende gesetzesbegründung heranzieht, um einzuwenden, dass nur solche verhaltensweisen vom anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes erfasst seien, die „üblicherweise“ zu den der prostitution zugerechneten formen sexueller handlungen gegen entgelt gehörten, was auf die u. nicht zutreffe, überzeugt dies nicht. vielmehr sollen nach der vorstellung des gesetzgebers gerade auch solche handlungen unter den begriff der „sexuellen dienstleistung“ fallen, die im allgemeinen oder milieutypischen sprachgebrauch nicht als prostitution bewertet werden: 116„nicht alle dieser unter den begriff der sexuellen dienstleistung fallenden erscheinungsformen werden im allgemeinen oder milieutypischen sprachgebrauch durchgängig als ‚prostitution‘ bewertet.“ 117deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 118nach dem willen des gesetzgebers ist der begriff der „sexuellen handlung“ mithin weit auszulegen. 119(bbb.) der gesetzesbegründung ist die weitere erkenntnis zu entnehmen, dass zur konkretisierung der „sexuellen handlung“ auf andere rechtsgebiete zurückgegriffen werden soll. der gesetzgeber stellt klar: 120„der begriff der ‚sexuellen handlung‘ ist beispielsweise durch das strafgesetzbuch eine eingeführte begriffsbildung, die daher keiner näheren gesetzlichen definition bedarf.“ 121deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 122im strafrecht, auf das die gesetzesbegründung primär verweist, ist für den begriff der sexuellen handlung nach ständiger höchstrichterlicher rechtsprechung das äußere erscheinungsbild maßgebend. das merkmal ist hiernach erfüllt, wenn das erscheinungsbild nach allgemeinem verständnis die sexualbezogenheit erkennen lässt. 123bgh, beschluss vom 2. februar 2021 – 4 str 364/19 –, juris, rn. 11; bgh, beschluss vom 7. april 2020 – 3 str 44/20 –, juris, rn. 13. 124neben dem verweis auf das strafrecht spricht auch die weitere gesetzesbegründung dafür, dass es bei der beurteilung der frage, ob eine „sexuelle handlung“ vorliegt, auf das äußere erscheinungsbild, also auf die sicht eines objektiven dritten, ankommt. so soll für die einordnung einer ortsfesten anlage als prostitutionsstätte im sinne von § 2 abs. 4 prostschg unter anderem die „erkennbare“ ausrichtung des geschäftsmodells auf entgeltliche sexuelle kontakte entscheidend sein. 125deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 60. 126durch das adjektiv „erkennbar“ stellt der gesetzgeber für den begriff der „prostitutionsstätte“ auf nach außen hervortretende umstände ab. weiter heißt es in der gesetzesbegründung, dass bei abgrenzungsschwierigkeiten in zweifelsfällen auch „der typische erwartungshorizont szenekundiger besucherinnen und besucher herangezogen werden“ könne. 127deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 61. 128mit dieser formulierung gibt der gesetzgeber klar zu erkennen, dass für die beantwortung der frage, ob eine prostitutionsstätte vorliegt, die sicht eines objektiven dritten entscheidend ist. 129wegen des grundsatzes der einheit der rechtsordnung und weil keine gründe ersichtlich sind, die eine ausnahme rechtfertigen würden, spricht alles dafür, das kriterium des äußeren erscheinungsbilds auch im zusammenhang mit dem begriff der „sexuellen handlung“ anzuwenden. 130vgl. auch büttner, prostschg, 2017, § 2 rn. 28; rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 142. 131(ccc.) die gesetzeshistorie bestätigt mithin zum einen das ergebnis der wortlautanalyse, wonach der begriff der „sexuellen handlung“ weit zu verstehen ist und sie führt zum anderen zu der erkenntnis, dass die frage, ob eine solche handlung vorliegt, aus der sicht eines objektiven dritten zu beantworten ist. 132unter berücksichtigung allein des wortlauts und der gesetzeshistorie ist unter einer „sexuellen handlung“ daher jedes vom willen getragene menschliche verhalten zu verstehen, das objektiv, also gemessen an seinem äußeren erscheinungsbild, einen geschlechtlichen bezug erkennen lässt, und zwar unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs kommt. 133(cc.) in systematischer hinsicht liefert § 2 abs. 1 satz 2 prostschg eine weitere erkenntnis für das verständnis einer „sexuellen handlung“. hiernach sind „vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist“, „keine sexuellen dienstleistungen“. 134die vorschrift regelt mithin negativ, was nicht unter einer sexuellen dienstleistung zu verstehen ist und begrenzt so ihren anwendungsbereich. für das tatbestandsmerkmal der „sexuellen handlung“ bedeutet dies im umkehrschluss, dass sie so zu definieren ist, dass grundsätzlich auch vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist, hierunter fallen. denn nur in diesem fall gewinnt die in § 2 abs. 1 satz 2 prostschg geregelte ausnahme überhaupt eine bedeutung. 135würde man demgegenüber den begriff der „sexuellen handlung“ bereits so eng fassen, dass derartige vorführungen nicht hierunter zu subsumieren wären, würde § 2 abs. 1 satz 2 prostschg zu einer leeren hülse degradiert. dass der gesetzgeber dieser vorschrift lediglich einen solchen klarstellenden charakter zuweisen wollte, ist indessen nicht ersichtlich. 136unter berücksichtigung dieser systematischen aspekte verbleibt es mithin bei der durch wortlautanalyse und historischer auslegung hergeleiteten definition. denn diese umfasst auch vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, so dass für die vorschrift des § 2 abs. 1 satz 2 prostschg weiterhin ein anwendungsbereich gegeben ist. 137(dd.) die definition einer „sexuellen handlung“, wie sie sich dem rechtsanwender nach vorstehenden ausführungen in ansehung von wortlaut, gesetzeshistorie und systematik erschließt, ist sehr weit gefasst. ihr unterfielen auch ambivalente handlungen, die für sich betrachtet nicht ohne weiteres einen sexuellen charakter aufweisen. hierzu zählt beispielsweise die untersuchung eines geschlechtsteils durch einen arzt. denn auch dieses verhalten lässt nach seinem äußeren erscheinungsbild einen geschlechtlichen bezug erkennen. verbliebe es mithin bei der vorstehenden definition einer „sexuellen handlung“, müssten sich unter anderem auch urologen oder gynäkologen als prostituierte anmelden. 138um dies zu vermeiden, um also den begriff der „sexuellen handlung“ und damit indirekt den anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes nicht ausufern zu lassen, sind in der rechtsprechung die unter ziffer ii.1.c.aa.(1.) dargestellten lösungsansätze entwickelt worden. die schwerpunktbetrachtung ((aaa.)) überzeugt dabei jedoch ebenso wenig wie die auffassung, dass „tantramassagen u1. ®“ vor dem hintergrund des schutzzwecks des prostituiertenschutzgesetzes nicht als „sexuelle dienstleistungen“ anzusehen seien ((bbb.)). für die frage, ob eine „sexuelle handlung“ zu bejahen ist, kommt es vielmehr darauf an, ob sich das verhalten typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellt ((ccc.)). 139(aaa.) nach der schwerpunktbetrachtung liegt eine „sexuelle handlung“ nur dann vor, wenn bei einer menschlichen verhaltensweise der sexualbezug im vordergrund steht. 140zum gewerberecht: vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 36; zum baurecht: vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29; zum ordnungswidrigkeitsrecht: ag stuttgart, urteil vom 3. juli 2020 – 4 owi 25 js 111521/19 –, s. 6 des urteilsumdrucks, nicht veröffentlicht; zum coronaschutzrecht ansatzweise auch: vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 31. 141der kläger macht sich diese auffassung zu eigen, wenn er argumentiert, dass die u. eine ganzheitliche massage sei, die der behandlung von körper und geist diene und bei der die berührung der geschlechtsteile nicht im vordergrund stehe, sondern nur eine begleiterscheinung sei. die methoden während der u. dienten nicht der befriedigung sexueller lust, sondern der herstellung körperlicher und seelischer balance. ziel der massage sei es, negative erfahrungen, schamhafte körpergefühle und traumatische erlebnisse zu überwinden und zu verarbeiten. ein gestörtes verhältnis zur eigenen sexualität solle aufgebrochen und behoben werden. dafür, dass der sexualbezug bei einer u. nicht im vordergrund stehe, spreche sowohl, dass sexualtherapeuten tantramassagen aus gesundheitlichen gründen empfählen, um dysfunktionen zu beheben, als auch, dass das bundesministerium für familie, senioren, frauen und jugend betroffenen sexuellen missbrauchs tantramassagen bewillige. 142diese schwerpunktbetrachtung ist rechtlich nicht haltbar. sie findet keine stütze im gesetz. 143schon der wortlaut des gesetzes gibt eine solche betrachtungsweise nicht her. § 2 abs. 1 satz 1 prostschg differenziert nicht zwischen einer gesamtdienstleistung und dem darin enthaltenen sexuellen handlungsanteil. die legaldefinition enthält auch keinen schwellenwert, bei dessen überschreitung der sexualbezug überwiegt und so die gesamthandlung zu einer „sexuellen handlung“ und bei vorliegen der übrigen voraussetzungen zu einer „sexuellen dienstleistung“ wird. vielmehr verdeutlicht der wortlaut des gesetzes gerade, dass am vorliegen einer „sexuellen dienstleistung“ keine sonderlich hohen hürden zu stellen sind: der vorangestellte unbestimmte artikel („eine“) und die verwendung des singulars („sexuelle handlung“) geben zu erkennen, dass für die bejahung einer „sexuellen dienstleistung“ nicht einmal mehrere sexuelle handlungen notwendig sind. darüber hinaus lässt es das gesetz ausreichen, wenn die entsprechende handlung vor einer anderen person ausgeführt wird, ohne dass es überhaupt zu wechselseitigen berührungen kommen muss. 144auch die entstehungsgeschichte des prostituiertenschutzgesetzes spricht gegen eine schwerpunktbetrachtung. der gesetzgeber hat das vorliegen einer „sexuellen dienstleistung“ gerade nicht von der vornahme „überwiegend“ sexueller handlungen abhängig gemacht, obwohl ihm dies ohne weiteres möglich gewesen wäre. in der gesetzesbegründung lassen sich zudem keinerlei hinweise dafür finden, dass der gesetzgeber eine „sexuelle dienstleistung“ nur dann angenommen wissen wollte, wenn im rahmen einer gesamthandlung überwiegend sexuelle handlungen vorgenommen werden – im gegenteil: für die einordnung einer wohnung als prostitutionsstätte hat sich der gesetzgeber ausdrücklich dahingehend geäußert, dass eine wohnung auch dann als prostitutionsstätte anzusehen ist, wenn sie zugleich zum zwecke des wohnens oder des schlafens genutzt wird. 145deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 61. 146damit hat der gesetzgeber der schwerpunktbetrachtung bei der frage, ob eine wohnung als prostitutionsstätte zu qualifizieren ist, eine klare absage erteilt. wegen der einheit der rechtsordnung kann nichts anderes für die legaldefinition einer „sexuellen dienstleistung“ gelten, zumal kein grund ersichtlich ist, warum der gesetzgeber ein und demselben regelungsgegenstand unterschiedliche prüfungsmaßstäbe zuführen sollte. 147entgegen der im erörterungstermin vorgetragenen ansicht der klägerseite ist die schwerpunktbetrachtung auch nicht in der im wortlaut des gesetzes zum ausdruck kommenden verknüpfung von „sexueller handlung“ und „entgelt“ angelegt. insoweit hat die prozessbevollmächtigte des klägers argumentiert, dass eine „sexuelle handlung“ nur dann vorliegen könne, wenn das entgelt gerade hierfür geleistet werde. werde es demgegenüber schwerpunktmäßig für sexuell nicht motivierte handlungen bezahlt, könne das gesamtverhalten nicht als „sexuelle dienstleistung“ eingeordnet werden. diese ansicht überzeugt schon deshalb nicht, weil das gesetz ebenso wenig wie zwischen einer gesamthandlung und ihrem sexuellen anteil zwischen einem gesamtentgelt und einem entgelt für die „sexuelle handlung“ differenziert. ausreichend ist vielmehr, dass ein entgelt – sei es auch nur ein teilentgelt – für die vornahme einer „sexuellen handlung“ bezahlt wird. letztlich führt diese ansicht dazu, dass die problematik, was unter einer „sexuellen dienstleistung“ zu verstehen ist, vom begriff der „sexuellen handlung“ auf das tatbestandsmerkmal des „entgelts“ verlagert wird. es wäre stets danach zu fragen, welcher anteil des von den vertragsparteien vereinbarten gesamtentgelts nach deren willen auf die vorgenommenen sexuellen handlungen entfällt. einer solchen vorgehensweise stehen jedoch praktisch kaum zu überwindende hürden im wege, weil die kriterien, nach denen das gesamtentgelt auf sexualbezogene und neutrale handlungen aufgeteilt werden soll, im unklaren bleiben. 148systematische gründe lassen ebenfalls erhebliche zweifel an einer schwerpunktbetrachtung aufkommen. die schwerpunktbetrachtung hat – soweit ersichtlich – ihren ursprung im öffentlichen baurecht. 149vgl. vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 36, in dem das gericht auf eine baurechtliche entscheidung desselben gerichts, nämlich vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, bezug nimmt. 150dort stellt die rechtsprechung auf die gesamtumstände ab, um die bauplanungsrechtliche zulässigkeit eines vorhabens zu überprüfen. sofern in einem betrieb sexuelle dienstleistungen im sinne des prostituiertenschutzgesetzes angeboten würden, liefere dies lediglich anhaltspunkte für die frage des vorliegens eines bordellartigen betriebs. ein solches angebot allein sei aber nicht entscheidend, da es auf den schwerpunkt des betriebs ankomme. erst wenn dieser im anbieten sexueller dienstleistungen liege, komme es im regelfall zu den besonderen bodenrechtlichen spannungen, vor denen das baurecht schützen solle, insbesondere zu typisch „milieubedingten“ auswirkungen derartiger einrichtungen auf das das wohnumfeld in dem betreffenden gebiet prägende soziale klima. 151vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29, 34. 152demgegenüber verfolgt das prostituiertenschutzgesetz einen ganz anderen schutzzweck, nämlich die sexuelle selbstbestimmung von menschen in der prostitution möglichst umfassend zu gewährleisten. die definition der „sexuellen dienstleistung“ ist daher nach dem willen des gesetzgebers – wie dargestellt – bewusst sehr weit gefasst, um alle angebotsformen entgeltlicher sexueller kontakte oder deren gewerbsmäßiger organisation zu erfassen. dieser deutlich andere schutzzweck verbietet es, die aus dem baurecht stammende schwerpunktbetrachtung auf das prostituiertenschutzrecht zu übertragen. 153vgl. auch vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 34. 154die schwerpunktbetrachtung ist aber auch deshalb abzulehnen, weil sie kaum justiziabel ist. sie mündet letztlich in der nahezu unmöglich zu beantwortenden frage, ab welcher schwelle eine handlung zu einer „sexuellen handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg wird. es erschließt sich schon nicht, ob maßgebliches kriterium hierfür die zeitliche gewichtung, die häufigkeit der vornahme einer bestimmten handlung, die intensität der handlung etc. oder eine kombination aus allem sein soll. so bleibt unklar, wie viele minuten bei einer 120-minütigen u. auf die massage des geschlechtsteils entfallen müssen, damit es sich insgesamt um eine „sexuelle handlung“ handelt. denkbar wäre aber auch, nicht etwa auf eine einzelne massage abzustellen, sondern auf alle in einem monat durchgeführten massagen. übervorteilt wäre in diesem fall allerdings derjenige masseur, der nicht lediglich tantramassagen, sondern zudem traditionell gesundheitsbezogene massagen, bei denen es zweifelsfrei nicht zu sexuellen handlungen kommt, vornimmt. nicht nur masseure, sondern auch personen, die gegenwärtig unter den begriff der prostituierten im sinne von § 2 abs. 2 prostschg fallen, könnten zudem auf die idee kommen, ihre jeweiligen angebote so auszugestalten, dass sie im rahmen einer gesamtdienstleistung zu einem überwiegenden anteil leistungen anbieten, die keine sexuellen handlungen darstellen, sodass es sich insgesamt nicht (mehr) um eine „sexuelle dienstleistung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg handelt, um so den anwendungsbereich des gesetzes zu umgehen. 155vgl. auch büttner, prostschg, 2017, § 2 rn. 29. 156mit der schaffung des prostituiertenschutzgesetzes sollen nach dem willen des gesetzgebers aber gerade jedwede umgehungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. 157deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 60. 158die schwerpunktbetrachtung würde vor diesem hintergrund nicht zuletzt dazu führen, dass nahezu nicht mehr kontrollierbar wäre, ob jemand der prostitution nachgeht oder nicht. 159der ansicht, dass eine schwerpunktbetrachtung kaum justiziabel sein dürfte, scheint auch das ovg nrw zuzuneigen, wenn es zu bedenken gibt, dass von der definition der „sexuellen dienstleistung“ lediglich ausgenommen seien handlungen, bei denen kein unmittelbares gegenüber räumlich anwesend ist, sowie vorführungen mit rein darstellerischem charakter, und es sodann ausdrücklich festhält: 160„eine weitere differenzierung zwischen den einzelnen formen der prostitution ist unter berücksichtigung des schutzzwecks und wegen bestehender abgrenzungsschwierigkeiten kaum möglich und wegen des erfordernisses der sachverhaltsermittlung zur bewertung eines etwaigen anmelde- und beratungserfordernisses weder schonender noch ebenso effizient.“ 161ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 53. 162da es nach alledem bei der frage, ob eine „sexuelle handlung“ vorliegt, nicht auf den schwerpunkt der gesamthandlung ankommt, geht die argumentation des klägers, die „u. u1. ®“ sei überwiegend auf therapie und heilung gerichtet, vollständig ins leere. 163soweit der vortrag des klägers sogar dahingehend zu verstehen sein soll, dass die „u. u1. ®“ insgesamt medizinischen zwecken diene und deswegen per se keine „sexuelle dienstleistung“ darstellen könne, ist dem nicht zu folgen. dem prostituiertenschutzgesetz ist nicht zu entnehmen, dass nicht auch medizinisch indizierte handlungen eine „sexuelle dienstleistung“ darstellen könnten. selbst wenn also der „u. u1. ®“ eine gesundheitsfördernde wirkung zukäme, wäre eine „sexuelle handlung“ nicht automatisch ausgeschlossen. aus diesem grund verfängt die argumentation des klägers nicht, wonach sich der u. w2. e. v. eine ausbildungsordnung gegeben und insbesondere strenge vorgaben für die erlangung des titels „tantramasseur u1. ®“ geschaffen habe, wonach die durchfallquoten im rahmen der abschlussprüfungen beachtlich seien, wonach sexualtherapeuten ihren patienten die durchführung von „tantramassagen u1. ®“ empfählen und wonach diese vereinzelt vom staat finanziert würden. 164unabhängig hiervon und selbstständig tragend ist festzuhalten, dass das erlernen der durchführung einer „u. u1. ®“ kein anerkannter ausbildungsberuf im heilwesen ist. 165vgl. bundesinstitut für berufsbildung, verzeichnis der anerkannten ausbildungsberufe 2021, abrufbar unter: file://srzms06c004/vgd/homes/vg4216/zbs/downloads/60e81e6a13fbb_verzeichnis_ anerkannte_ausbildungsberufe_2021.pdf. 166dabei verkennt das gericht nicht, dass es sich bei der ausübung der tätigkeit des „tantramasseurs u1. ®“ um einen beruf handelt, 167vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2020 – 13 b 1282 –, juris, rn. 10; vg köln, urteil vom 13. mai 2015 – 24 k 7822/13 –, juris, rn. 27; vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 56, 168er ist – anders als der in § 1 abs. 1 des gesetzes über die berufe in der physiotherapie (masseur- und physiotherapeutengesetz – mphg) geregelte beruf des masseurs – jedoch nicht staatlich nicht anerkannt (schon gar nicht für das heilwesen), sondern nur durch einen privaten dachverband, dem u. w2. e. v., zertifiziert. 169vgl. auch vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 27; lg wiesbaden, urteil vom 3. november 2011 – 5 s 8/08 –, juris, rn. 50. 170die regelungen, die sich dieser w2. selbst gegeben hat, ersetzen jedoch nicht das dem gesetzgeber im besonders sensiblen bereich der vornahme „sexueller handlungen“ wichtig erscheinende staatliche kontrollinstrumentarium. gleich mehrfach wird in der gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass ein maßgeblicher grund für die änderung des prostituiertenschutzgesetzes das defizit an behördlichen aufsichtsinstrumenten gewesen sei. 171deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 2, 32, 33, 35, 63. 172(bbb.) eine verkürzung des anwendungsbereichs des prostituiertenschutzgesetzes auf der grundlage, dass massagen durch einen zertifizierten „tantramasseur u1. ®“ den schutzzweck des gesetzes nicht berühren, kommt nicht in betracht. 173in diesem zusammenhang argumentiert der kläger, dass der schutzzweck des prostituiertenschutzgesetzes im wesentlichen darin bestehe, das sexuelle selbstbestimmungsrecht von menschen in der prostitution zu stärken, fachgesetzliche grundlagen zur gewährleistung verträglicher arbeitsbedingungen und zum schutz der gesundheit zu schaffen, gefährliche erscheinungsformen der prostitution und sozial unverträgliche auswirkungen der prostitutionsausübung auszuschließen sowie kriminalität in der prostitution wie menschenhandel, gewalt gegen ausbeutung von prostituierten und zuhälterei, zu bekämpfen. vor diesem hintergrund sei offensichtlich, dass mit dem prostituiertenschutzgesetz ein anderer personenkreis geschützt werden solle als derjenige, der im bereich zertifizierter tantramassagen tätig sei. ein „tantramasseur u1. ®“ habe mit einem prostituierten nichts gemeinsam. dies beruhe auf der tätigkeit und der dahinter stehenden ausbildung. sowohl auf seiten der anbieter als auch auf seiten der kunden sei ein ganz anderer personenkreis tätig und angesprochen. 174darüber hinaus liege der gesetzesbegründung ein bild von prostituierten zugrunde, die kaum oder überhaupt keinen zugang zu informationen hätten und diese dringend bräuchten. „tantramasseure u1. ®“ könnten hiermit nicht gemeint sein, da sie über eine ausbildung und dementsprechend über hinreichende kenntnisse und fähigkeiten verfügten. 175schließlich sei zu berücksichtigen, dass die behördenmitarbeiter, die das informations- und beratungsgespräch bzw. das gesundheitsgespräch führten, nicht wüssten, was überhaupt eine u. sei, sodass faktisch eine beratung nicht stattfinden könne. 176im ergebnis sei der wortlaut der regelungen des prostituiertenschutzgesetzes dahingehend zu korrigieren, dass ihr anwendungsbereich bei der vornahme von massagen durch einen „tantramasseur u1. ®“ nicht eröffnet sei. 177diese ausführungen überzeugen nicht. zwar handelt es sich bei der vom kläger begehrten teleologischen reduktion grundsätzlich um eine anerkannte methode der gesetzesauslegung. sie ist dann vorzunehmen, wenn die auszulegende vorschrift auf einen teil der vom wortlaut erfassten fälle nicht angewandt werden soll, weil sinn und zweck der norm, ihre entstehungsgeschichte und der gesamtzusammenhang der einschlägigen regelungen gegen eine uneingeschränkte anwendung sprechen. 178bverfg, beschluss vom 31. oktober 2016 – 1 bvr 871/13, 1 bvr 1833/13 –, juris, rn. 22. 179diese voraussetzungen liegen indessen nicht vor. weder teleologische gesichtspunkte noch die gesetzeshistorie oder der gesamtzusammenhang rechtfertigen es, massagen durch einen vom u. w2. e. v. zertifizierten „tantramasseur u1. ®“ per se vom anwendungsbereich des § 2 abs. 1 satz 1 prostschg auszunehmen. im einzelnen: 180dem kläger ist zuzugeben, dass einige der vom gesetz verfolgten schutzzwecke auf ihn und der von ihm ausgeübten tätigkeit nicht zutreffen. als „tantramasseur u1. ®“ dürfte er beispielsweise eher nicht mit den kriminellen begleiterscheinungen der prostitution (menschenhandel, gewalt, ausbeutung, zuhälterei) in berührung kommen. dies gilt allerdings – entgegen der ausführungen der prozessbevollmächtigten des klägers im erörterungstermin – nicht für sämtliche vom gesetzgeber verfolgte schutzzwecke. so dient das prostituiertenschutzgesetz auch dem schutz der gesundheit aller an den sexuellen handlungen beteiligten personen. 181deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 32, 33; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 17; rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 139, 140. 182der gesundheitsschutz ist durch wissensvermittlung und regelmäßige wiederholung und vorhaltung gesundheitlicher gefahren in einem beratungsgespräch sicherzustellen. hierzu stellt der gesetzgeber fest: 183„zudem zeigen erfahrungen aus der beratungsarbeit zu hiv und anderen sexuell übertragbaren infektionen, dass die wissensvermittlung zu sexuell übertragbaren infektionen regelmäßig erneuert sowie informationen zur verringerung des übertragungsrisikos und empfehlungen zum schutzverhalten regelmäßig wiederholt werden sollten.“ 184deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 65, 73 f.; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 44. 185das prostituiertenschutzgesetz verfolgt mithin auch das ziel, ein mindestmaß an beratungskontakt im gesundheitsbereich sicherzustellen. 186ovg nrw, beschluss vom 17.januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 19. 187diese aspekte des gesundheitsschutzes treffen auch auf einen „tantramasseur u1. ®“ zu, da er in aller regel mit den geschlechtsteilen, die der effektivste übertragungsweg für geschlechtskrankheiten sind, anderer personen in kontakt tritt. so dringt er bei der yoni-massage, die er nach seinen eigenen angaben am häufigsten praktiziert, mit seinen – wenn auch behandschuhten – fingern in die vagina ein, wie seine befragung im erörterungstermin ergeben hat. dabei ist ein orgasmus der behandelten frau nicht ausgeschlossen, sondern nach den ausbildungsunterlagen des u. w1. e. v. „willkommen und in ordnung“. 188b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 4. 189diese verhaltensweise entspricht im wesentlichen dem heterosexuellen (klassischen) geschlechtsakt, mit dem unterschied, dass anstelle der behandschuhten finger ein eindringen in das geschlechtsteil der frau durch den erigierten, aber im bereich der prostitution gemäß § 32 abs. 1 prostschg von gesetzes wegen mit einem kondom versehenen penis des mannes erfolgt. die ähnlichkeit dieser verhaltensweisen verschmilzt dadurch bis zur deckungsgleichheit, als dem gericht auch sexualpraktiken bekannt sind, bei denen die sexuelle stimulation der frau nicht etwa durch ein eindringen in die vagina mit dem geschlechtsteil des mannes, sondern mit dessen (behandschuhten) fingern bewerkstelligt werden kann. unter gesundheitsgesichtspunkten spielt es keine rolle, inwieweit sich die hierbei angewandten techniken eines „tantramasseurs u1. ®“ von denjenigen eines „klassischen“ prostituierten unterscheiden. der geschlechtskrankheit ist es egal, ob der in die vagina der frau eindringende finger einem „tantramasseur u1. ®“ oder aber einem „klassischen“ prostituierten zuzuordnen ist. für die mögliche übertragung einer geschlechtskrankheit allein entscheidend ist, dass es regelmäßig zu einem kontakt zwischen dem „tantramasseur u1. ®“ oder dem „klassischen“ prostituierten und dem geschlechtsteil des jeweiligen kunden kommt. es ist kein grund erkennbar, diese unter gesundheitlichen aspekten im wesentlichen gleichen sachverhalte ungleich zu behandeln. 190erschwerend kommt hinzu, dass die vorgelegten ausbildungsunterlagen des u. w1. e. v. eine nutzung von handschuhen auch nur bei der inneren yoni-massage vorsehen. wird die yoni also von ihrer äußeren seite massiert, geschieht dies nach den empfehlungen des u. w1. e. v. ganz ohne schutz, 191b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 29, 192was ein beträchtliches beiderseitiges infektionsrisiko nach sich zieht. 193nichts anderes gilt für die vom kläger angebotene lingam-massage, bei der nach den eben erwähnten schulungsdokumenten ebenfalls keine handschuhe getragen werden. damit besteht für den tantramasseur, der gewiss mit dem penisschaft und der eichel, möglicherweise aber auch, falls ein orgasmus herbeigeführt wird, mit dem ejakulat in berührung kommt, ein erhebliches gesundheitsrisiko. 194zwar soll ein „tantramasseur u1. ®“ nach den ausbildungsunterlagen des u. w1. e. v. bei der analmassage ebenfalls handschuhe tragen, 195b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 29, 196dennoch kann ein infektionsrisiko auch bei dieser form der massage, bei der der masseur mit dem after, dem analkanal und dem darm in kontakt tritt, nicht vollständig ausgeschlossen werden, so dass eine gesundheitliche beratung angezeigt ist. 197da die gesundheitlichen risiken dieselben sind, spielt es in diesem zusammenhang auch keine rolle, dass – wie der kläger vorträgt – der kundenkreis im prostitutionsgewerbe ein anderer sei als im bereich der „u. u1. ®“. ebenso unerheblich ist aus gesundheitlicher perspektive, dass der gast bei dieser massage eine ausschließlich rezeptive haltung einnimmt. das infektionsrisiko wird nicht dadurch geschmälert, dass ein beteiligter den rein passiven part übernimmt, während sich der andere teil dafür umso aktiver verhält. 198nicht nur für den „klassischen“ prostituierten, sondern auch für den „tantramasseur u1. ®“ ist es daher von erheblicher bedeutung, über neue entwicklungen im bereich der geschlechtskrankheiten auf dem laufenden gehalten zu werden und sich regelmäßig mit den hiermit verbundenen risiken und präventionsmaßnahmen auseinanderzusetzen und sie immer wieder vor augen geführt zu bekommen. 199der hiergegen gerichtete einwand des klägers, dass sich eine gesundheitliche beratung schon deshalb erübrige, „weil die mitarbeiter der behörden keine kenntnis vom beratungsgegenstand“ hätten und infolgedessen sein letztes beratungsgespräch seinem empfinden nach fruchtlos verlaufen sei, verfängt nicht. sofern diese behauptung überhaupt zutreffend sein sollte, ist gerade in diesem fall ein austausch zwischen den beteiligten nicht nur sinnvoll, sondern geradezu geboten und überdies vom gesetzgeber auch gewollt. diesem kam es mit der schaffung des prostituiertenschutzgesetzes nämlich gerade darauf an, einen durchsetzbaren, fachgesetzlichen regulierungsrahmen zu schaffen und für eine verbesserte erreichbarkeit der in der prostitution tätigen zu sorgen. 200deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 32, 35, 63; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 17, 19, 31. 201dies setzt voraus, dass die behörden kenntnis von jeglichen erscheinungsformen im bereich sexueller kontakte haben. im übrigen würde die argumentation des klägers dazu führen, dass bei besonders außergewöhnlichen angeboten im bereich der prostitution eine beratung nicht stattfinden würde, obwohl sie dort besonders angezeigt ist. 202die nach alledem auch in der situation des klägers als „tantramasseur u1. ®“ sinnvolle und erforderliche gesundheitliche beratung kann weder durch ausbildungsmodule im rahmen der ausbildung zum „tantramasseur u1. ®“ noch durch den in den „u1. ® kriterien zur qualitätssicherung“ vorgesehenen fortbildungsumfang von zwanzig unterrichtsstunden pro jahr ersetzt werden. für die ausbildung folgt dies schon daraus, dass in ihrem rahmen lediglich einmalig eine gesundheitliche aufklärung stattfindet. die ausbildung des klägers liegt nunmehr aber bereits ca. zehn jahre zurück. hinzu kommt, dass es gemäß der vom kläger vorgelegten ausbildungsordnung des u. w1. e. v. (ausbildungsordnung) keine fortbildungspflicht für „tantramasseure u1. ®“ gibt. nur für offizielle ausbilder ist in § 9 abs. 5 ausbildungsordnung vorgesehen, dass sich diese „zu persönlichen fortbildungen gemäß § 6“ ausbildungsordnung verpflichten. dieser verweis geht jedoch ins leere, weil in § 6 ausbildungsordnung nichts geregelt ist („entfällt“). soweit die mitgliedschaftsordnung des u. w1. e. v. (mitgliedschaftsordnung), 203abrufbar unter: https://www.tantramassage-verband.de/wp-content/uploads/2020/11/ mitgliedschaftsordnung-u1. -2020_10_29.pdf, 204in § 6 mitgliedschaftsordnung eine fortbildungspflicht für alle seine mitglieder festschreibt, ist nicht gewährleistet, dass es sich hierbei um gesundheitliche fortbildungen handelt. vielmehr werden explizit fortbildungen „zum thema persönlichkeitsentwicklung, selbsterfahrung und massage sowie assistenzen in tantra- oder massage-seminaren“ und damit zu ganz anderen fragestellungen genannt. gleiches gilt für die vom kläger vorgelegten „u1. ® kriterien zur qualitätssicherung“, die einen zeitlichen umfang für fortbildungen von zwanzig unterrichtsstunden pro jahr vorsehen. abgesehen davon, dass dieser kriterienkatalog § 6 abs. 1 mitgliedschaftsordnung, der einen fortbildungsumfang von lediglich „15 zeitstunden pro kalenderjahr“ vorsieht, widerspricht, ist er nicht geeignet, eine staatliche gesundheitsberatung zu ersetzen. er enthält lediglich allgemeine beschreibungen, ohne aber den mitgliedern des w1. rechtsverbindliche verpflichtungen aufzuerlegen, geschweige denn maßnahmen für den fall vorzusehen, dass die vorgaben nicht eingehalten werden. mit blick auf die dort aufgeführten weiterbildungen ist zudem unklar, welche thematischen bereiche diese überhaupt abstecken. damit bleibt offen, ob es überhaupt zu einer gesundheitlichen fortbildung kommt. schließlich gilt es zu bedenken, dass es sich bei den vorgesehenen zwanzig unterrichtsstunden lediglich um eine sollvorgabe handelt, die augenscheinlich ausnahmen zugänglich ist, was im übrigen dadurch bestätigt wird, dass nach der einlassung des klägers im erörterungstermin in den letzten zwei jahren aufgrund der covid-19-pandemie überhaupt keine fortbildung stattgefunden habe. dies belegt den fundamentalen stellenwert einer staatlichen gesundheitsberatung, die durch derartige krisen nicht beeinträchtigt wird. schließlich gilt es zu bedenken, dass dem gesetzgeber bei erlass des gesetzes die differenzierung zwischen dem informations- und beratungsgespräch nach dem prostituiertenschutzgesetz und den zielgruppenspezifischeren oder auf bestimmte lebenslagen zielenden psychosozialen oder gesundheitlichen beratungsangeboten bewusst gewesen ist, 205deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 70, 206er aber dennoch die beratungspflicht ins prostituiertenschutzgesetz aufgenommen hat. damit hat er deutlich klargestellt, dass bereichsspezifische beratungsangebote keine b1. für die im prostituiertenschutzgesetz vorgesehenen verpflichtenden beratungsgespräche sind. 207vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 17. januar 2021 – 13 b 1282/19 –, juris, rn. 58. 208die weitere argumentation des klägers, er habe eine ausbildung zum „gesundheitspraktiker für sexualkultur“ absolviert, so dass sich eine gesundheitliche beratung für ihn erübrige, geht ins leere. aus dem von ihm vorgelegten zertifikat, wonach er die ausbildung erfolgreich abgeschlossen habe, folgt lediglich, dass er an 36 unterrichtsstunden teilgenommen hat, ohne dass ersichtlich wäre, inwieweit dort der umgang mit sexuell übertragbaren krankheiten überhaupt thematisiert worden ist. aus der vom kläger überreichten tabelle, in der er die fortbildungen, an denen er bisher teilgenommen hat, aufgelistet hat, ergibt sich – mit ausnahme der beiden vorerwähnten ausbildungen – nicht, dass er an weiteren fortbildungen zum thema geschlechtskrankheiten teilgenommen hätte. die letzte dort aufgeführte fortbildung überhaupt hat im jahr 2018 stattgefunden. damit steht schon nach dem eigenen vortrag des klägers fest, dass er im rahmen seiner tätigkeit, bei der er regelmäßig in kontakt mit den geschlechtsteilen anderer leute tritt, an keinerlei wiederkehrender gesundheitlicher beratung teilnimmt, er mithin in besonderer weise vom schutzzweck des gesetzes erfasst ist. 209der einwand des klägers, er könne vom schutzzweck des gesetzes auch deshalb nicht erfasst sein, weil dieses auf personen abziele, die sich in einer besonders verletzlichen oder belastenden situation befänden, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen bedenken. richtig ist, dass der gesetzgeber beim erlass des prostituiertenschutzgesetzes auch und vielleicht sogar in erster linie ein bild von prostituierten als personen aus besonders vulnerablen gruppen vor augen hatte. 210vgl. deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33. 211richtig ist aber auch, dass dem gesetzgeber ebenso bewusst war, dass sich nicht alle prostituierten in einer derartigen situation befinden. so stellt er in der gesetzesbegründung unmissverständlich fest, dass „nicht alle prostituierten […] von ausbeutung, gewalt und unzumutbaren gesundheitlichen bedingungen tatsächlich betroffen [sind],“ 212deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 128, 213ohne jedoch diesen personenkreis aus dem anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes auszunehmen. hieraus folgt, dass auch diejenigen prostituierten, die sich nicht in einer zwangslage befinden, vom schutzbereich des prostituiertenschutzgesetzes erfasst sein sollen. 214dieses ergebnis wird an verschiedenen stellen in der gesetzesbegründung bestätigt. so werde die tätigkeit der prostitution „nicht selten“ von personen aus besonders vulnerablen gruppen ausgeübt. 215deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 128. 216im umkehrschluss folgt hieraus, dass dem gesetzgeber bewusst war, dass auch autonom handelnde personen der prostitution nachgehen. gleiches gilt, wenn der gesetzgeber formuliert, dass sich „viele“ – aber eben nicht alle – prostituierte in einer sozialen und psychischen situation befinden, in der es fraglich sei, ob sie sich wirklich frei für oder gegen diese tätigkeit entscheiden könnten. 217deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 128. 218es sei ein differenzierter rechtlicher umgang mit prostitution geboten, der die spannbreite der verschiedenen erscheinungsformen der prostitution berücksichtige. hierzu zähle auch der fall „autonomer, aufgeklärter entscheidung für diese tätigkeit“. 219deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33; vgl. auch rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 128. 220noch deutlicher kann der gesetzgeber kaum betonen, dass auch prostituierte, die sich freiwillig für diese tätigkeit entschieden haben und mit dem kriminellen milieu nichts zu tun haben, vom anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes erfasst sein sollen. dem kläger ist die erfolgreiche argumentation, er könne vom schutzbereich des gesetzes nicht erfasst sein, weil er sich nicht in einer zwangslage befinde, nach alledem verwehrt. 221(ccc.) der nach wortlaut, gesetzeshistorie und systematik des prostituiertenschutzgesetzes weit zu verstehenden begriff der „sexuellen handlung“ ist dadurch zu beschränken, dass nur verhaltensweisen erfasst werden, die typischerweise eine geschlechtliche stimulation darstellen. 222diese auslegung entspricht dem wesen der prostitution: seit jeher suchen freier prostituierte auf, um sich eine sexuelle erregung und ggf. befriedigung zu verschaffen. hierbei handelt es sich, wenn auch die motivlage wissenschaftlich abschließend noch nicht geklärt ist, jedenfalls um das verbreitetste motiv für die nachfrage nach sexuellen dienstleistungen. 223bundeszentrale für politische bildung, udo gerheim, aus politik und zeitgeschichte, apuz, ausgabe 9/2013, abrufbar unter: https://www.bpb.de/apuz/155375/motive-der-maennlichen-nachfrage-nach-kaeuflichem-sex?p=1; udo gerheim, taz, ausgabe vom 3. dezember 2013, abrufbar unter: https://taz.de/debatte-prostitution/!5053744/. 224systematische argumente sprechen ebenfalls dafür, das tatbestandsmerkmal der „sexuellen handlung“ von einer geschlechtlichen stimulation abhängig zu machen. ein solches verständnis lässt sich insbesondere mit § 2 abs. 1 satz 2 prostschg in einklang bringen. hiernach sind vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist, keine „sexuellen dienstleistungen“. ein bedürfnis für diese ausnahmeregelung besteht – wie dargelegt – nur dann, wenn der begriff der „sexuellen handlung“ grundsätzlich so definiert wird, dass er auch verhaltensweisen nach § 2 abs. 1 satz 2 prostschg umfasst. diese voraussetzung erfüllt die von einer geschlechtlichen stimulation abhängige definition. denn auch im falle von vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, worunter nach der gesetzesbegründung unter anderem table-dance-aufführungen oder peepshows zu verstehen sein sollen, 225deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33, 59, 226kann das aufkommen einer sexuellen erregung bei den zuschauern nicht von vornherein ausgeschlossen werden. sollen diese verhaltensweisen vom anwendungsbereich des prostituiertenschutzgesetzes ausgenommen werden, so bedarf es daher einer ausnahme wie sie § 2 abs. 1 satz 2 prostituiertenschutzgesetz vorsieht. 227für eine geschlechtliche stimulation als voraussetzung für eine „sexuelle handlung“ streitet ein weiteres systematisches argument, nämlich der vergleich zum strafrecht, auf das die gesetzesbegründung zur definition einer „sexuellen handlung“ ausdrücklich verweist. 228deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59. 229dort ist anerkannt, dass auch ambivalente verhaltensweisen tatbestandsmäßig sein können. abzustellen sei in diesen fällen auf das urteil eines objektiven betrachters, der alle umstände des einzelfalls kennt, wobei auch zu berücksichtigen sei, ob der täter von sexuellen absichten geleitet war. 230bgh, beschluss vom 7. april 2020 – 3 str 44/20 –, juris, rn. 13 mit weiteren nachweisen. 231entscheidendes kriterium im strafrecht ist in zweifelsfällen mithin die motivation des täters, „seine sexuellen bedürfnisse zu befriedigen“, 232bgh, urteil vom 10. märz 2016 – 3 str 437/15 –, juris, rn. 7, 233wobei „auf das urteil eines objektiven betrachters abzustellen“ ist. 234bgh, beschluss vom 2. februar 2021 – 4 str 364/19 –, juris, rn. 12, 15. 235die geschlechtliche stimulation in die definition einer „sexuellen handlung“ einzubeziehen, um ambivalente verhaltensweisen beurteilen zu können, deckt sich nach alledem mit der strafrechtlichen vorgehensweise und entspricht somit dem willen des gesetzgebers, der – wie dargelegt – auf das strafrecht bezug genommen hat. 236vgl. auch büttner, prostschg, 2017, § 2 rn. 28; rixen, gewerberecht der sexualität: das prostituiertenschutzgesetz, wiverw 2018/2, s. 142. 237soweit es im strafrecht allerdings darauf ankommt, ob der täter die motivation bzw. die absicht einer sexuellen stimulation verfolgt, kann dies für die frage, ob eine „sexuelle handlung“ im sinne des prostituiertenschutzgesetzes vorliegt, nicht entscheidend sein. während das strafrecht nämlich repressiv geprägt ist und die verwirklichung einer straftat von der erfüllung (auch) eines subjektiven tatbestands und eines schuldvorwurfs abhängt, ist hierfür im ordnungsrecht, in dem es um die präventive gefahrenabwehr geht, kein raum. subjektive handlungselemente wie vorsatz, fahrlässigkeit oder schuld spielen daher keine rolle. 238ovg nrw, beschluss vom 14. märz 2013 – 2 b 219/13 –, juris, rn. 20; vg aachen, beschluss vom 16. juni 2020 – 3 l 1162/19 –, juris, rn. 34; vg mainz, urteil vom 29. november 2017 – 1 k 1430/16.mz –, juris, rn. 54. 239das prostituiertenschutzgesetz dient der gefahrenabwehr. insbesondere die anmeldepflicht, das informations- und beratungsgespräch sowie die gesundheitliche beratung dienen dem präventiven schutz der prostituierten, ihrer kunden und der allgemeinheit vor den kriminellen auswüchsen der prostitution sowie vor den mit der ausübung der prostitution verbundenen gesundheitlichen gefahren. 240deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 32, 35, 36, 65, 73, 74, 78, 98; vgl. auch § 11 abs. 3 nr. 1 und nr. 3 prostschg. 241für die gefahrenrechtliche beurteilung, ob eine „sexuelle handlung“ vorliegt, ist daher allein entscheidend, ob sich das zu beurteilende verhalten typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellt, ohne dass subjektive handlungselemente eine rolle spielten. 242diese auslegung trifft auch den kern von sinn und zweck des prostituiertenschutzgesetzes, der in erster linie darin besteht, das sexuelle selbstbestimmungsrecht prostituierter zu stärken. 243deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 2, 32, 33, 34, 70, 77, 78, 79, 80, 90, 107, 116; vgl. auch §§ 11 abs. 3 nr. 1, 14 abs. 2 nr. 1, 15 abs. 1 nr. 1 lit. b), 17 abs. 1 nr. 1 prostschg. 244der gesetzgeber selbst schreibt diesem „besonders sensiblen schutzgut […] eine schlüsselrolle“ zu. die stärkung des sexuellen selbstbestimmungsrechts sei ein „kernanliegen“. 245deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33, 107. 246daneben spielt der gesundheitsschutz eine zentrale rolle in der gesetzesbegründung. 247deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 1, 2, 3, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 65, 67, 70, 72, 73, 74, 76, 86, 88, 89, 91. 248nur dann, wenn es zu einer geschlechtlichen stimulation kommt, sind diese schutzzwecke aber überhaupt erst berührt. 249schließlich ist auch in der rechtsprechung die tendenz erkennbar, bei der definition einer „sexuellen handlung“ auf eine erregung abzustellen. besonders deutlich wird dies in einer entscheidung des ovg rheinland-pfalz, 250beschluss vom 28. august 2020 – 6 b 10864/20 –, juris, rn. 11, 251wonach ein verhalten „darauf gerichtet“ sein müsse, „einen anderen sexuell zu erregen oder zu befriedigen“, um als „sexuelle handlung“ qualifiziert zu werden. 252ohne dieses tatbestandsmerkmal abstrakt zu definieren, stellt auch das verwaltungsgericht düsseldorf fest, dass die in dem dort streitgegenständlichen betrieb angebotenen erotischen massagen „auf sexuelle erregung […] und befriedigung des kunden/der kunden abzielen“ würden. 253vg düsseldorf, beschluss vom 30. juni 2020 – 7 l 1186/20 –, juris, rn. 40. 254schließlich ist für das verwaltungsgericht gelsenkirchen bei der charakterisierung einer betriebsform als bordellartiger betrieb ebenso entscheidend, „ob der konkrete betrieb gerade auf die sexuelle stimulation der kunden ausgerichtet ist oder andere ziele verfolgt“. 255vg gelsenkirchen, urteil vom 29. august 2019 – 5 k 4649/18 –, juris, rn. 29, 31, 32; vg gelsenkirchen, beschluss vom 25. november 2020 – 18 l 967/20 –, juris, rn. 20; vgl. auch vg leipzig, urteil vom 3. mai 2017 – 4 k 399/15 –, juris, rn. 25. 256das vom kläger gegen die heranziehung einer geschlechtlichen stimulation zur definition einer „sexuellen handlung“ bemühte historische argument, dass der gesetzgeber handlungen, denen zwar eine sexuelle konnotation anhafte, die aber aus seiner sicht nicht schutzwürdig erschienen, ausdrücklich vom anwendungsbereich ausgenommen habe, überzeugt demgegenüber nicht. zwar ist richtig, dass der gesetzgeber „sexuell konnotierte oder pornographische darstellungen und vorführungen wie table-dance, peepshows etc.“ nicht vom begriff der prostitution erfasst wissen wollte. 257deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 33. 258wie der gesetzgeber an anderer stelle der begründung zu erkennen gibt, meinte er hiermit jedoch lediglich die in § 2 abs. 1 satz 2 prostschg ausdrücklich geregelten vorführungen mit ausschließlich darstellerischem charakter, bei denen keine weitere der anwesenden personen sexuell aktiv einbezogen ist, 259deutscher bundestag, entwurf eines gesetzes zur regulierung des prostitutionsgewerbes sowie zum schutz von in der prostitution tätigen personen, drucksache 18/8556 vom 25. mai 2016, s. 59, 260zu denen die „u. u1. ®“ ersichtlich nicht gehört, sodass der einwand des klägers ins leere geht. überdies handelt es sich bei der „u. u1. ®“, im rahmen derer der tantramasseur in aller regel in kontakt zu den geschlechtsteilen seiner kunden gerät, augenscheinlich nicht lediglich um eine handlung, der eine sexuelle konnotation anhaftet. 261unter berücksichtigung aller durch die auslegung gewonnener erkenntnisse lässt sich eine „sexuelle handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg im ergebnis definieren als jedes vom willen getragene menschliche verhalten, das sich objektiv, also gemessen an seinem äußeren erscheinungsbild, typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellt, und zwar unabhängig davon, ob es dabei zu körperlichen berührungen oder zur ausübung des geschlechtsverkehrs kommt. 262(ee.) das gericht ist nach den ihm vorliegenden unterlagen und erkenntnismitteln sowie aufgrund der befragung des klägers im erörterungstermin davon überzeugt, dass im rahmen der von ihm angebotenen „u. u1. ®“ „sexuelle handlungen“ im sinne der vorbezeichneten definition vorgenommen werden. im einzelnen: 263(aaa.) es steht außer frage, dass die vom kläger während einer „u. u1. ®“ angewandten grifftechniken ein menschliches verhalten darstellen, auch wenn der jeweilige kunde grundsätzlich in der rolle des empfangenden eine rezeptive haltung einnimmt. ausreichend ist ausweislich des ausdrücklichen wortlauts von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg, dass sich – wie bei der „u. u1. ®“ – eine einzige person an einer anderen unmittelbar anwesenden person betätigt, zumal – wie die vorstehenden ausführungen gezeigt haben – das vorliegen einer „sexuellen handlung“ nicht von körperlichen berührungen abhängt. 264dass – wie der kläger im erörterungstermin zu protokoll gegeben hat – „alles was bei der u. passiert, […] absichtslos“ geschehe, führt nicht dazu, dass das verhalten des klägers bei der von ihm angebotenen u. nicht mehr vom willen getragen wäre. vielmehr bringt der kläger hiermit lediglich zum ausdruck, dass im rahmen einer solchen massage techniken intuitiv angewendet werden. 265(bbb.) aus der sicht eines objektiven dritten stellt sich das verhalten des klägers als „tantramasseur u1. ®“ im rahmen der „u. u1. ®“ auch typischerweise als geschlechtliche stimulation dar. 266letztlich stellt der kläger dies gar nicht in abrede, wenn er in seinem schriftsatz vom 16. februar 2021 vortragen lässt, dass es bei der u. „zu sexuellen handlungen oder erregungsmomenten“ komme. dies belegt auch seine beschreibung auf seiner eigenen internetseite zum zeitpunkt des erlasses des eilbeschlusses vom 28. august 2019: 267„tantrisch wird eine massage auch durch ihre ganzheitlichkeit. sie berührt den ganzen menschen, sie lässt keinen körperteil aus. insbesondere integriert sie die sexualität und weckt ihre energie als lebenskraft. jede folge davon, sei es atem, stimme oder bewegung, sei es ejakulation oder aufsteigende erschütterung, tränen … bis hin zur lustvoll-mystischen erfahrung oder einfach nur ein schlichter orgasmus – alles ist willkommen und in ordnung. […] dabei wird der intimbereich auf harmonische, natürliche und absichtslose weise mit einbezogen, was einen völlig neuen zugang zur eigenen sinnlichkeit und sexualität erschließt, dort neue, vorher nicht gekannte erlebnisräume eröffnen und zur integration der sexuellen aspekte des menschseins beitragen kann.“ 268vg düsseldorf, beschluss vom 28. august 2019 – 29 l 3067/18 –, juris, rn. 19. 269zwar hat der kläger diesen passus von seiner internetseite mittlerweile entfernt. abgesehen davon, dass er einen nachvollziehbaren grund hierfür („ich kann mich jetzt in diesem fall an die einzelheiten nicht mehr erinnern.“) im erörterungstermin nicht benennen konnte, bedeutet die änderung jedoch nicht, dass die ausführungen inhaltlich nicht mehr zuträfen. im gegenteil folgt aus dem vom kläger vorgelegten ausbildungsskript zur „u. u1. ®“: 270„die u. berührt den ganzen menschen, sie lässt keinen körperteil aus, außer der gast möchte an bestimmten stellen nicht berührt werden. insbesondere integriert sie die sexualität und weckt ihre energie als lebenskraft. jede folge davon, sei es atem, stimme oder bewegung, sei es ejakulation oder aufsteigende erschütterung, tränen … bis hin zur lustvoll-mystischen erfahrung oder einfach nur ein schlichter orgasmus – alles ist willkommen und in ordnung.“ 271b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 4. 272weiter heißt es dort: 273„bei der u. wird die orgastische energie des klienten von beginn an geweckt, erhalten und in den ganzen körper gebracht.“ 274b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 4. 275die ziele der u. bestünden darin, ein allgemeines entspanntes befinden des körpers herbeizuführen sowie „einen orgastischen zustand des klienten zu erhalten und wenn möglich ganzkörperlich erfahrbar zu machen.“ 276b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 5. 277diese zitate dokumentieren unmissverständlich einen der hauptzwecke der u. – mag sie auch noch so ganzkörperlich sein –, den kunden sexuell – bis hin zum orgasmus – zu erregen. 278dementsprechend verwundert es nicht, dass der u. w2. e. v. zum ziel hat, „die u. als kultivierte form von erotik gesellschaftlich zu etablieren […].“ 279b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 6. 280die feststellung, dass die u. jedenfalls auch auf sexuelle erregung und befriedigung ausgerichtet ist, hat der kläger im erörterungstermin bestätigt, wenn er vorträgt, dass auch frauen zu ihm kämen, die keinerlei körperliche oder seelische beschwerden hätten. in diesen fällen wollten „diese frauen einfach etwas neues erfahren […], vielleicht anders berührt werden.“ damit gibt der kläger zu erkennen, dass es seinen kunden jedenfalls teilweise auch darum geht, neue sexuelle erfahrungen zu sammeln, mit denen naturgemäß eine geschlechtliche stimulation verbunden ist. insoweit konnte der kläger auch nicht ausschließen, dass er von kunden aufgesucht werde, die einfach nur ihre sexuellen bedürfnisse befriedigen wollen. 281dass die sexuelle erregung einen erheblichen stellenwert im rahmen der u. einnimmt, folgt auch daraus, dass nach den vorgelegten schulungsunterlagen der umgang mit der eigenen lust des „tantramasseurs u1. ®“ eine gewichtige rolle spielt. so sei es „natürlich“, dass auch bei dem tantramasseur „sexuell lustvolle empfindungen entstehen können.“ diese seien zu bejahen, denn wenn der tantramasseur „selbst in einem lustvollen zustand“ sei, dann spüre er „auch besser, was die gäste empfinden.“ 282b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 10 f. 283im erörterungstermin hat der kläger bestätigt, dass es vorkommen könne, dass er selbst bei der massage sexuell erregt sei, auch wenn dies nur „ganz selten“ passiere. damit steht fest, dass es im rahmen einer u. nicht lediglich zu einer geschlechtlichen stimulation des gastes, sondern auch zu einer solchen des tantramasseurs kommt bzw. kommen kann und dass dies sogar gewünscht ist, um eine bessere dienstleistung erbringen zu können. 284bestätigt wird dieses ergebnis in ansehung der in den schulungsunterlagen enthaltenen praktischen hilfestellungen für das zu beginn einer u. zu führende vorgespräch mit dem jeweiligen gast. hiernach solle dem gast gesagt werden, dass er „total lustvoll und laut sein […] [und seinen] orgasmus zulassen“ dürfe. 285b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 33. 286der tantramasseur solle seinen gast fragen, was dieser „besonders lustvoll“ finde. 287b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 34. 288bereits für das vorgespräch sehen die schulungsunterlagen vor, dass der tantramasseur seinen jeweiligen gast auf folgendes hinweisen solle: 289„wir machen erst eine reise durch deine ganze yoni, dann gegen ende hast du genügend zeit, um dir genau das zu holen, was du brauchst, damit die yoni-massage rund für dich ist. das kann ein orgasmus sein, […].“ 290b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 34. 291während der massage solle der tantramasseur seinen kunden „beim finale“ fragen: 292„was von all dem war am lustvollsten für dich, was wünschst du dir? oder: was brauchst du, damit es jetzt richtig rund für dich wird?“ 293b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 34. 294diese handlungsempfehlungen lassen keinen zweifel daran, dass während der „u. u1. ®“ nicht nur handlungen vorgenommen werden, die sich typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellen, sondern dass es insbesondere auch darum geht, dem gast – sofern er dies wünscht – gegen ende der massagezeit eine sexuelle befriedigung zu verschaffen. 295vor dem hintergrund dieser eindeutigen handlungsempfehlungen des privaten dachverbands, bei dem der kläger seine ausbildung absolviert hat und von dem er zertifiziert worden ist, erweisen sich seine ausführungen im erörterungstermin, die intimmassage ziele nicht darauf ab, „lust zu stimulieren“, es sei „okay“, wenn bei einer u. lust auf komme, sie „förder[t]en“ sie aber nicht, als makulatur. 296in dem weiteren vom kläger vorgelegten ausbildungsskript spielen erregung und orgasmus eine zentrale rolle. dem tantramasseur werden biologische und anatomische fähigkeiten vermittelt, um „die zeit zwischen erregungs- und orgasmusreflex zu gestalten, zu steigern oder genießen“, um den orgasmus einer frau herbeizuführen oder den samenerguss eines mannes hinauszuzögern. 297b. , skript level 2, modul 3: umgang mit sexuellen störungen in der tantrischen körperarbeit, s. 22 ff. 298sexuelle erregung und orgasmus sind mithin kernbestandteil einer „u. u1. ®“. 299dies wird durch die ausführungen des klägers im erörterungstermin bestätigt. auch wenn er sich hinsichtlich der yoni-massage zurückhaltend gezeigt und stattdessen ausführlich über den dogmatischen hintergrund und die anderen abschnitte der u. erzählt hat, hat er doch zu protokoll gegeben, dass er mit seinem finger in die yoni eindringe, sie „punktiere“ oder „kreisende bewegungen“ mache. es gehe „langsam vonstatten“. es könne sein, dass er „fünf minuten an einer stelle bleibe, weil es heiß […] [sei] in der yoni“. er fühle „verschiedene stellen ab, zum beispiel den zwölf-uhr-punkt oder den dreizehn-uhr-punkt etc.“ es mag sein, dass durch diese techniken gewisse – wie der kläger sagt – blockaden oder spannungen gelöst werden mögen, in jedem fall sind sie geeignet, eine geschlechtliche stimulation herbeizuführen. nicht umsonst kommt es – so der kläger im erörterungstermin – „bei weniger als einem drittel der gäste zu einem für […] [ihn] erkennbaren orgasmus“, wobei er selbst zu bedenken gibt, dass ein solcher „bei einer frau ja so offensichtlich auch gar nicht zu erkennen“ sei. die dunkelziffer dürfte dementsprechend höher liegen. 300bei seiner würdigung verkennt das gericht nicht, dass die u. durchaus geeignet sein kann, menschen, die unter sexuellen (missbrauchs-) traumata, sexuellen störungsbildern, blockaden, lustlosigkeit, schmerzen und fremdkörpergefühl nach operationen, orgasmusschwierigkeiten etc. leiden, zu helfen. da es jedoch – wie dargelegt – nicht auf eine schwerpunktbetrachtung, sondern darauf, ob ein verhalten vorliegt, das sich typischerweise als geschlechtliche stimulation darstellt, ankommt, ist dies irrelevant. selbst wenn die leistungen des klägers nach eigenen angaben eine sexualtherapeutische wirkung haben, sind sie dennoch als „sexuelle handlung“ einzustufen. 301da die u. – wie sie vom u. w2. e. v. zertifiziert wird – nach dem wortlaut, der gesetzeshistorie, der systematik und dem sinn und zweck des prostituiertenschutzgesetzes in dessen anwendungsbereich fällt, kommt eine teleologische reduktion, wie sie von der prozessbevollmächtigten des klägers vertreten wird, nicht in betracht. 302vgl. zu den voraussetzungen für eine teleologische reduktion: bverfg, beschluss vom 31. oktober 2016 – 1 bvr 871/13, 1 bvr 1833/13 –, juris, rn. 22. 303es ist nicht aufgabe der rechtsprechung, die vorbezeichnete massage dem regime des prostituiertenschutzgesetzes zu entziehen. allein der gesetzgeber ist dazu berufen, eine entsprechende bereichsausnahme zu schaffen. 304schließlich gilt es zu bedenken, dass selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen auffassung – der ansicht wäre, dass es bei der frage, ob eine „sexuelle handlung“ vorliegt, auf den schwerpunkt der gesamthandlung ankomme, sich das gericht des eindrucks nicht erwehren könnte, dass der sexualbezug im vordergrund steht. hierfür spricht jedenfalls der vom kläger im erörterungstermin im einzelnen dargelegte ablauf einer „u. u1. ®“. denn zahlreiche handlungen, die der „tantramasseur u1. ®“ vor dem – wie es in den schulungsunterlagen genannt wird – „finale“ vornimmt, dienen dazu, dass es überhaupt erst zu einer massage des geschlechtsteils des gastes kommen kann. so zielt das vorgespräch darauf ab, eine erste vertrautheit herzustellen. 305b. , skript zur u. – ausbildung u1. e. v., s. 33 ff. 306das schrittweise entblößen sowohl des tantramasseurs als auch des gastes führt zu einem weiteren distanzabbau, wobei das gericht trotz der einlassung des klägers im erörterungstermin und der von ihm vorgelegten fachinformation, 307fachinformation zu zertifizierten u. u1. ®, anlage 14, s. 165 der gerichtsakte, 308aufgrund der handlungsempfehlungen in den ausbildungsskripten, die – wie dargelegt – auf eine steigerung des lustempfindens ausgerichtet sind, nicht in gänze auszuschließen vermag, dass die nacktheit des masseurs nicht jedenfalls auch dem lustgewinn des gastes dient. 309die eigentliche massage beginnt mit kopf, rücken und extremitäten, wobei sich der masseur immer weiter dem geschlechtsteil annähert. auch diese vorgehensweise verdeutlicht, dass während der gesamten massage auf ein einziges ziel hingearbeitet wird, nämlich der massage des geschlechtsteils. wenn also dieser teil der massage, der nach der einlassung des klägers im erörterungstermin nur das „letzte drittel oder viertel“ der massagezeit in anspruch nimmt, so bedeutet dies nicht, dass nicht bereits die zuvor erfolgten handlungen einen sexualbezug aufgewiesen hätten, weil sie das „finale“ erst ermöglichen. da die grenzen zwischen sexualbezogenen und neutralen handlungen fließend sind, belegen diese ausführungen einmal mehr, dass eine schwerpunktbetrachtung nicht justiziabel ist. 310(ccc.) schließlich ist es für das erfüllen des tatbestandsmerkmals einer „sexuellen handlung“ unbeachtlich, das es im rahmen einer „u. u1. ®“ nicht zur ausübung des geschlechtsverkehrs kommt. 311(b.) die vom kläger an seinen kunden ausgeübte „sexuelle handlung“ ist zudem an die entrichtung eines entgelts geknüpft. ausweislich der von ihm betriebenen internetseite liegen seine preise für eine einzelne u. zwischen 200,00 eur und 300,00 eur. 312der einwand der prozessbevollmächtigten des klägers im erörterungstermin, dass nur ein bruchteil der gesamtmassage einen geschlechtlichen hintergrund habe, sodass sich der überwiegende anteil des zu zahlenden entgelts auf neutrale handlungen beziehe, greift nicht durch, weil es – wie dargelegt – nicht auf eine schwerpunktbetrachtung ankommt. ausreichend ist, wenn sich nur ein teil des entgelts, und sei er auch noch so geringfügig, auf die vorgenommene „sexuellen handlung“ bezieht. 313bb. auch die übrigen voraussetzungen des § 11 abs. 1 in verbindung mit § 3 abs. 1 prostschg und des § 11 abs. 2 in verbindung mit § 10 abs. 3 satz 1 prostschg liegen vor. 314der kläger hat seine tätigkeit als prostituierter bis zum maßgeblichen zeitpunkt des erledigenden ereignisses ohne anmeldung und ohne nachweis, an einer gesundheitlichen beratung teilgenommen zu haben, durchgeführt. 315anhaltspunkte dafür, dass die dem kläger in ziffer 2. der ordnungsverfügung zu entnehmende frist zur anmeldung bzw. zur wahrnehmung der gesundheitlichen beratung nicht angemessen gewesen wäre, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. 3162. soweit sich die klage gegen die zwangsgeldandrohung in ziffer 2. der angefochtenen ordnungsverfügung richtet, ist sie ebenfalls unbegründet. 317zum maßgeblichen zeitpunkt der erledigung des verwaltungsakts lagen die voraussetzungen der § 55 abs. 1, § 57 abs. 1 nr. 2, abs. 2, § 60, § 63 abs. 1 bis 3 und abs. 5 des verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw) für die androhung eines zwangsgeldes vor. insbesondere ermessensfehler sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 3183. die vom kläger schriftsätzlich gestellten beweisanträge sind abzulehnen. 319ein beweisantrag ist das an das gericht gestellte verlangen eines prozessbeteiligten, beweis über eine den sachverhalt betreffende behauptung durch bestimmte, nach prozessualem recht zulässige beweismittel zu erheben. erforderlich sind eine beweisbehauptung, ein beweismittel sowie eine konnexität zwischen beweistatsache und beweismittel. bei der ablehnung von beweisanträgen haben wegen der übereinstimmenden geltung des amtsermittlungsprinzips der sache nach die in § 244 abs. 3 und 4 der strafprozessordnung (stpo) für den strafprozess normierten ablehnungsgründe auch im verwaltungsgerichtlichen prozess geltung. 320bverwg, beschluss vom 9. mai 1983 – 9 b 10466/81 –, juris, rn. 4; bverwg, beschluss vom 31. juli 2014 – 2 b 20/14 –, nvwz-rr 2014, s. 887; ovg nrw, beschluss vom 22. januar 1981 – 18 a 10023/80 –, juris, leitsatz. 321der antrag, herrn p. h1. als zeugen zum schwierigkeitsgrad der ausbildung des u. w1. e. v. sowie zur durchfallquote zu befragen, ist abzulehnen, weil die beweiserhebung wegen offenkundigkeit überflüssig ist, § 244 abs. 3 satz 3 nr. 1 stpo. die unter beweis gestellten tatsachen sind bereits durch die vorgelegten unterlagen (ausbildungsordnung, ausbildungsskripte, rechenschaftsbericht) sowie durch die anhörung des klägers im erörterungstermin gerichtskundig. der beweisantrag ist zudem wegen bedeutungslosigkeit gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 2 stpo abzulehnen. die frage, wie anspruchsvoll die ausbildung zur erlangung eines u. -zertifikats des u. w1. e. v. ist und wie hoch die durchfallquote ist, steht in keinerlei zusammenhang mit der urteilsfindung. die qualität der ausbildung und die höhe der durchfallquote spielen für die beantwortung der rechtsfrage, was unter einer „sexuellen handlung“ zu verstehen ist, keine rolle, zumal das gericht diese frage dahingehend beantwortet hat, dass es nicht auf eine schwerpunktbetrachtung ankommt. 322der „antrag“ frau n. s. als zeugin zu befragen, ist ebenfalls abzulehnen. das gericht hat bereits erhebliche zweifel daran, dass es sich hierbei überhaupt um einen beweisantrag handelt. es fehlt an einer beweisbehauptung, weil es dem kläger nicht gelungen ist, eine beweistatsache als hinreichend bestimmt und feststehend zu benennen. frau n. s. wird als zeugin für die „einzelheiten“ der berührungskunst bzw. für die „anforderungen“ an ein zertifikat benannt, ohne dass ersichtlich wäre, wozu genau sie etwas sagen können soll. konkrete umstände oder geschehnisse, die die als zeugin benannte frau n. s. wahrgenommen haben soll, werden nicht angegeben. vielmehr ist das beweisthema so weit gefasst, dass es ein klares beweisziel vermissen lässt. es handelt sich mithin um einen unsubstantiierten beweisantrag „ins blaue hinein“. aber selbst wenn man von einem formellen beweisantrag ausginge, wäre die beweiserhebung wegen offenkundigkeit gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 1 stpo aus denselben gründen überflüssig wie die einvernahme des als zeugen benannten herrn p. h1. . auf die vorstehenden ausführungen wird verwiesen. auch der ablehnungsgrund der bedeutungslosigkeit gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 2 stpo käme zur anwendung, weil die einzelheiten über die berührungskunst, über die anforderungen an ein zertifikat bzw. über den personenkreis, der die ausbildung erfolgreich besteht, in keinem zusammenhang mit der urteilsfindung stehen. 323schließlich sind auch die „anträge“, frau b2. -n1. i. und herrn dipl.-psych. s1. d. als zeugen zu den positiven sexualtherapeutischen auswirkungen von tantramassagen zu vernehmen, abzulehnen. auch hier hat das gericht bereits durchgreifende zweifel daran, dass es sich überhaupt um förmliche beweisanträge handelt. über welches fachwissen die beiden personen, die weder als sachverständige zeugen noch als sachverständige benannt wurden, verfügen sollen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, auch nicht unter berücksichtigung der mit schriftsatz vom 16. februar 2021 eingereichten anlagen 4 und 5. ebenso wenig erschließt sich, dass sich die beiden als zeugen benannten personen mit der art und weise der u. auskennen würden. letztlich könnten sie nur auskunft zu ihren konkreten patienten geben, die bereits einmal die erfahrung einer u. gemacht haben; in bezug auf diese personen könnten sie mitteilen, wie sich die u. in diesen konkreten fällen bei ihren patienten sexualtherapeutisch ausgewirkt hat. zu derartigen geschehnissen und umständen (anzahl der patienten, konkrete fälle, therapieverlauf etc.) macht der kläger jedoch keinerlei angaben. dass die als zeugen benannten personen in der lage wären, allgemeingültige bekundungen auszusprechen, ist ebenso wenig vorgetragen oder anzunehmen. aber selbst wenn man von förmlichen beweisanträgen ausginge, sind diese abzulehnen. die unter beweis gestellten tatsachen sind für die entscheidungsfindung gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 2 stpo ohne bedeutung, weil es sich bei der frage, was unter einer „sexuellen handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 satz 1 prostschg zu verstehen ist, um eine rechtsfrage handelt. die beweisanträge sind zudem gemäß § 244 abs. 3 satz 3 nr. 6 stpo abzulehnen, denn selbst dann, wenn man als wahr unterstellte, dass der „u. u1. ®“ therapeutische wirkung zukäme, änderte dies nichts daran, dass im rahmen dieser massage „sexuelle handlungen“ vorgenommen würden. 324iii. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 325die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 326die berufung ist zuzulassen, weil der abstrakten rechtsfrage, was unter einer „sexuellen handlung“ im sinne von § 2 abs. 1 prostschg und damit unter einer „sexuellen dienstleistung“ zu verstehen ist, wegen der vielschichtigen fallgestaltungen (u. , sexualbegleitung, sexualassistenz etc.) eine über den konkreten einzelfall hinausgehende bedeutung zukommt, also im allgemeinen interesse liegt und deswegen grundsätzliche bedeutung hat, zumal – soweit ersichtlich – hierüber bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist, § 124a abs. 1 satz 1 in verbindung mit § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo. 327rechtsmittelbelehrung: 328gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 329die berufung kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingelegt werden. 330die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 331die begründungsfrist kann auf einen vor ihrem ablauf gestellten antrag von dem vorsitzenden des senats verlängert werden. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). 332im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 333die berufungsschrift und die berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 334beschluss: 335der streitwert wird auf 5.000,00 eur festgesetzt. 336gründe: 337die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 2 des gerichtskostengesetzes (gkg). die in ziffer 2. des streitgegenständlichen bescheids enthaltene zwangsgeldandrohung bleibt für die bemessung des streitwerts gemäß ziffer 1.7.2 des streitwertkatalogs 2013 in der fassung der am 31. mai/1. juni 2012 und am 18. juli 2013 beschlossenen änderungen, 338nvwz-beilage 2013, s. 58), 339außer betracht. 340rechtsmittelbelehrung: 341gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 342die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 343die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 344die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 345die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 346war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. 347nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 2 D 153/20.NE | 2021-11-15T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bebauungsplan Nr. 2 A „Gewerbestandort M. “ der Stadt Q. ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Ur-teils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerinnen wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 2 A "Gewerbestandort M. " der Antragsgegnerin (im Folgenden: Bebauungsplan). 3Die Antragstellerin zu 2. ist Eigentümerin des Grundstücks „Auf der Q1. 1“ in Q. , auf dem die Antragstellerin zu 1. eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Glasrecyclinganlage betreibt. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes, ebenso wie es im Geltungsbereich des Vorgängerplanes Nr. 2 „Industrie- und Gewerbegebiet Q. -M. “ lag, der seit dem Jahr 1977 Geltung beanspruchte. 4Der Bebauungsplan umfasst ein knapp 140 ha großes Gebiet im Norden des Ortsteils M. der Antragsgegnerin. Es wird im Osten durch die Eisenbahnlinie C. -O. , im Westen durch die B 482 und im Süden durch die L 770 begrenzt, wobei der Geltungsbereich im Südwesten teilweise auch südlich der L 770 bis etwa zum Siedlungsrand verläuft. Jenseits der B 482 befindet sich weiter westlich das Kohlekraftwerk I. , zu dem eine ehemalige Kraftwerkssiedlung gehört, die heute als ungebundene Wohnsiedlung fortexistiert. Zum Zeitpunkt der Planaufstellung wies das Gebiet ausweislich der Planbegründung eine lockere Bauweise mit Gewerbe-, Industrie- und Handwerksbetrieben in unterschiedlicher Größe auf, wobei insbesondere die Zuordnung der bestehenden Betriebe zu den Kategorien „Gewerbebetrieb“ einerseits und „Industriebetrieb“ andererseits zwischen den Beteiligten umstritten ist. Zwischen den gewerblich genutzten Flächen befanden sich vereinzelte landwirtschaftliche Flächen. Im Westen und Süden sind im Plangebiet zwei Lebensmitteldiscounter vorhanden, eine größere Fläche im Süden wird zur Nutzung von Solarenergie sowie für eine Biogasanlage genutzt. Neben den Siedlungsbereichen von M. im Süden befindet sich nordwestlich des Plangebietes der Ortsteil K. sowie im Osten die Ortschaft H. -W. . 5Für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes galt zuvor der im Jahr 1977 rechtsverbindlich gewordene Bebauungsplan Nr. 2 „Industrie- und Gewerbegebiet M. -H. -W. “. Dieser setzte überwiegend nach damaligen Abstandsklassen gegliederte Industriegebiete nach § 9 BauNVO und an den nördlichen, östlichen und südlichen Rändern bandartig Gewerbegebiete fest. Das Betriebsgrundstück der Antragstellerin war teilweise als Industriegebiet und teilweise als Gewerbegebiet ausgewiesen. Die im Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen waren mit Stand 2017 etwa zur Hälfte durch Gewerbe- und Industriebetriebe in Anspruch genommen. Ca. 43 ha waren hingegen unbebaut. 6Der Regionalplan für den Regierungsbezirk E. – Teilabschnitt Oberbereich C. – weist das Areal als Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) aus. Hierbei handelt es sich um den einzigen GIB im Stadtgebiet Q. . Lediglich der Bereich südlich der L 770 ist im Regionalplan als allgemeiner Siedlungsbereich (ASB) dargestellt. Der Flächennutzungsplan der Stadt Q. weist gewerbliche Bauflächen, teilweise mit Nutzungseinschränkungen, aus. 7Der angefochtene Bebauungsplan setzt als Art der baulichen Nutzung für das gesamte Plangebiet nach Abstandsklassen gegliederte Gewerbegebiete fest, wobei Anlagen der Abstandsklassen I bis III im gesamten Plangebiet ausgeschlossen sind und Betriebe der Abstandsklasse IV im Wesentlichen im Zentrum sowie im Nordwesten des Plangebietes gegenüber dem Kraftwerk I. zu finden sind. Nach Osten und Norden ist jenseits der Bahnlinie halbkreisförmig eine Fläche für Landwirtschaft um die Gewerbegebietsflächen vorgesehen. Die Grundflächenzahl wird durchweg mit 0,8 festgesetzt, die Gebäudehöhe weitestgehend mit einer Höhe von 63 m über NHN, lediglich im südlichen Bereich mit 53 m über NHN, was einer Gebäudehöhe von ca. 20 bzw. ca. 10 m entspricht. Die überbaubaren Grundstücksflächen werden durch Baugrenzen festgelegt, die mit wenigen Ausnahmen eine vollständige Bebauung der jeweiligen Gewerbegebietsflächen zulassen und nur zu den Erschließungsstraßen einen Abstand einhalten. Nach den textlichen Festsetzungen sind in den Gewerbegebieten die Nutzungen (nur) nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BauNVO, ggf. beschränkt durch die Gliederung nach Abstandsklassen, allgemein zulässig. Ausnahmsweise zugelassen sind u. a. Einzelhandelsbetriebe mit nicht nahversorgungsrelevantem und/oder nicht zentrenrelevantem Hauptsortiment. Unzulässig sind im gesamten Plangebiet Beherbergungs- und Bordellbetriebe, Biogasanlagen, Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Störfallbetriebe und Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen oder Betriebsinhaber, Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge, Vergnügungsstätten sowie Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten und/oder zentrenrelevanten Kernsortimenten. Für die bereits im Plangebiet vorhandenen Einzelhandelsbetriebe findet sich unter C.2.6 eine Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO wonach sie unter Beibehaltung ihres genehmigten Sortiments und der genehmigten Verkaufsfläche sowie ohne Vergrößerung der Verkaufsfläche erneuert werden können. Änderungen sowie Erweiterungen des genehmigten Sortiments in Bezug auf nahversorgungsrelevante und/oder zentrenrelevante Sortimente sind innerhalb der Verkaufsfläche unzulässig. 8Zum Planungsanlass und den Zielen der Planung heißt es in der Planbegründung, die Antragsgegnerin habe gemeinsam mit den anderen kreisangehörigen Städten und Gemeinden des Kreises N. -M1. ein kreisweites Gewerbe- und Industrieflächenentwicklungskonzept erarbeitet, dessen Notwendigkeit sich aus dem Landesentwicklungsplan 2017 und der sich hieraus ergebenden Anpassungsnotwendigkeit auch an den Regionalplan ergeben habe. Ziel sei eine bedarfsgerechte und flächensparende Planung neuer GIB und deren Darstellung vor dem Hintergrund regionaler Abstimmung im Sinne interkommunaler Zusammenarbeit/Bündelung von Kräften. Dabei seien die im Kreisgebiet vorhandenen Gewerbe- und Industriegebiete untersucht worden. Nicht alle zurzeit dargestellten/ausgewiesenen GIB-Standorte erfüllten die Ansprüche der Definition eines regionalplanerischen GIB. Namentlich habe diese Analyse gezeigt, dass u. a. der für die Stadt Q. im Regionalplan dargestellte Standort M. nicht dem Anforderungsprofil eines solchen regionalplanerischen GIB entspreche. Der deutlich überwiegende Teil der Grundstücke bzw. des Nettobaulandes werde nicht im Sinne eines Industriegebietes genutzt. In dem ca. 140 ha großen Plangebiet, das auf einer Fläche von rund 93 ha Betriebsansiedlungen zulasse, fänden sich umfänglich Gewerbebetriebe, die auch in einem Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO zulässig wären. Zudem habe die Analyse des Entwicklungskonzeptes gezeigt, dass in der Stadt Q. kein (zusätzlicher) Bedarf an GIB zu rechtfertigen sei. Die Antragsgegnerin sehe vor diesem Hintergrund planerischen Handlungsbedarf, weil aufgrund der absehbar nicht möglichen Entwicklung weiterer Wirtschaftsflächen im Stadtgebiet die noch vorhandenen Reserven in den bestehenden Gewerbegebieten nach Möglichkeit mit arbeitsplatzintensiven Gewerbebetrieben belegt werden sollten. Dies betreffe gerade die Reserveflächen am Standort in M. , weil nur noch innerhalb dieser Reserveflächen eine gewerbliche Entwicklung überhaupt noch vollzogen werden könne. Sie verfolge daher das Ziel, den vorhandenen Bebauungsplan Nr. 2 dahingehend zu überarbeiten, dass anstelle eines Industriegebietes bei vollständiger Beibehaltung der nutzbaren Flächen nunmehr ausschließlich Gewerbegebiete festgesetzt werden sollten. Bestehende (Industrie-)Betriebe erführen durch die zukünftige Festsetzung eines Gewerbegebiets aufgrund der heute bestehenden Genehmigung „keinen Nachteil“. Aus Immissionsschutzgründen werde eine Gliederung nach Abstandsklassen festgesetzt, um die in der Umgebung vorhandenen schutzbedürftigen Nutzungen nicht übermäßig zu belasten. Die ursprünglichen Immissionsschutzfestsetzungen entsprächen nicht mehr dem heute üblichen Standard. Bei der Planung sei maßgeblich berücksichtigt worden, dass in einem Industriegebiet die Arbeitsplatzdichte in der Regel deutlich niedriger sei als in einem Gewerbegebiet. Zudem gebe es bei einem Industriegebiet im Allgemeinen negative Auswirkungen auf die Vermarktung angrenzender Gewerbegebiete. Zugleich entspreche sie damit aktuellen Begehren von Betrieben, die sich in absehbarer Zeit im Gewerbegebiet M. ansiedeln wollten. Hierzu gehörten u. a. eine Fahrzeughalle zur Lagerung von Oldtimern, eine Landmaschinenreparatur, Kunststoffverarbeitung sowie die Lagerung von Waren für den Innenausbau. Für die Unterbringung industriegebietstypischer Betriebe sei das Plangebiet hingegen nicht weiter geeignet. Dies ergebe sich aus der hier eher schutzwürdigen Nutzung und der städtebaulichen Zielsetzung, am Standort M. Gewerbeflächen für das örtliche Gewerbe vorzuhalten. Die privaten Belange der vier im Plangebiet vorhandenen Industriebetriebe seien mit den öffentlichen Belangen abgewogen worden. Im Ergebnis habe sich gezeigt, dass mit der Aufstellung des Bebauungsplanes für die ansässigen Betriebe keine Reduzierung der ausgeübten Nutzung erfolge, sondern ggf. ausschließlich eine mögliche betriebliche Entwicklungsperspektive beschränkt werde. Damit werde indes keine Rechtsposition der Betriebe verletzt. Gleichwohl sei das Interesse dieser Betriebe in die Gesamtabwägung eingestellt worden, namentlich dann, wenn eine Existenzgefährdung geltend gemacht werde. Diese sei hier indes nicht zu erkennen. Im Bauleitplanverfahren hätten nur zwei Betriebe eine Entwicklungsperspektive vorgetragen. Diese sei aber in keinem Fall im Bauleitplanverfahren „substantiiert beantragt“ worden. Dem allgemeinen städtebaulichen Ziel dienten dabei insbesondere auch die weiteren feinsteuernden Ausschlüsse von Nutzungen, die grundsätzlich in einem Gewerbegebiet zulässig seien könnten. Um den Interessen der Bestandsbetriebe Rechnung zu tragen, sei für die beiden Lebensmitteldiscounter und den vorhandenen Baumarkt eine eingeschränkte Fremdkörperfestsetzung erfolgt. Hingegen sei Gleiches für die Industriebetriebe nicht erforderlich gewesen, weil insoweit der Schutz der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ausreiche. Nach § 16 Abs. 5 BImSchG bedürfe es einer Genehmigung nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollten. Änderungen, Erweiterungen oder Nutzungsänderungen, die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig seien, seien hingegen nicht gewünscht und würden deshalb auch nicht durch eine Fremdkörperfestsetzung ermöglicht. Im Weiteren heißt es zur Bestandssituation in der Planbegründung, die Betriebsstruktur in dem Plangebiet sei im Wesentlichen durch Gewerbebetriebe gekennzeichnet, die dem Grunde nach als nicht erheblich belästigend einzuordnen seien. Vielfach seien sogar Betriebe vorhanden, die das Wohnen nicht wesentlich störten. Lediglich die Betriebe E1. 36 (Betrieb zur Lagerung von Abfällen, u. a. von Bauschuttschmelzgranulat, Grünschnitt und Altholz, außerdem für eine Brecheranlage), Auf der Q1. 1 (Betrieb zur Altglasaufbereitung), J.----------straße 7/E1. 30 (Autosammelplatz/Autoverwertung) und An der X. 38 (Anlage zur Lagerung von Abfällen) seien Betriebe, die außerhalb von Industriegebieten unzulässig seien. Insgesamt sei von einer Flächennutzung von 8 ha durch industriegebietsaffine Betriebe und Anlagen auszugehen. Diese Betriebe würden auf den immissionsschutzrechtlich genehmigten Bestand gesetzt, hätten jedoch keine weiteren Betriebseinschränkungen zu erwarten. Die vorhandenen Gewerbebetriebe hätten sich in Kenntnis eines Industriegebietes und einer vorhandenen bzw. möglichen Nachbarschaft von industriegebietstypischen Betrieben in diesem angesiedelt. Die faktische Situation werde durch den Bebauungsplan nicht geändert. Ein Abwehranspruch von zukünftig hinzutretenden Gewerbebetrieben gegen die in geringem Umfang vorhandenen ggf. industriegebietstypischen Betriebe bestehe nicht, da hier das Rücksichtnahmegebot gelte. Die Belange des Immissionsschutzes seien durch die Gliederung nach der Abstandsliste gesichert. Sie seien ergänzend gutachterlich untersucht worden. Das Gutachten der B. GmbH von 14. August 2017 habe im Sinne einer Plausibilitätsprüfung die Machbarkeit eines Gewerbegebietes und dem darin zu berücksichtigenden Emissionsverhalten der zulässigen Betriebe mit Blick auf die relevanten Immissionsorte bestätigt. Nach der Untersuchung seien den Betriebsflächen in typisierender Weise flächenhafte Immissionspegel zugeordnet worden. Betriebe, die industriegebietstypische Immissionspegel in Ansatz bringen könnten, seien berücksichtigt worden. Die Untersuchung habe gezeigt, dass das neue Planungsrecht eine lärmkonfliktfreie Nachbarschaft mit der umgebenden Wohnbebauung bewirken werde. Wegen des Kraftwerks I. als Störfallbetrieb sei von der ursprünglich vorgesehenen Zulässigkeit betriebsbezogenen Wohnens im Plangebiet generell Abstand genommen worden. 9Das Verfahren zur Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 2 A nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: 10In seiner Sitzung vom 15. Dezember 2016 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung des angegriffenen Bebauungsplanes und den zugehörigen Planentwurf. Zugleich beschloss er eine Satzung über die Anordnung einer Veränderungssperre für das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes. Einen hiergegen gerichteten Normenkontrollantrag eines Drittunternehmens hat der Senat mit Urteil vom 8. Mai 2018 abgelehnt (2 D 44/17.NE). 11Die frühzeitige Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange fand in der Zeit vom 10. August bis 20. September 2017 statt. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgte in Form einer Informationsveranstaltung vom 21. September 2017. 12In seiner Sitzung vom 22. März 2018 beschloss der Rat der Antragsgegnerin über die in der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen und die seitens der Verwaltung vorgeschlagenen Planänderungen hinsichtlich des ersten Entwurfs sowie die öffentliche Auslegung der Planunterlagen. Diese erfolgte im Zeitraum vom 4. Juni 2018 bis 9. Juli 2018, parallel wurden die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange förmlich beteiligt. Am 4. Juli 2019 beschloss der Rat der Antragsgegnerin über die in der förmlichen Beteiligung eingegangenen Einwände und Stellungnahmen sowie einen geänderten Planentwurf und dessen erneute Offenlage. Im Kern betrafen die Änderungen die nunmehr aufgenommene eingeschränkte Fremdkörperfestsetzung für die bestehenden Einzelhandelsbetriebe. Die erneute Offenlage fand im Zeitraum vom 22. Juli 2019 bis 30. August 2019 statt. Parallel wurden die Behörden und Träger öffentlicher Belange beteiligt. 13Die Antragstellerinnen bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen erhoben in allen Phasen der Öffentlichkeitsbeteiligung Einwände gegen die beabsichtigte Bauleitplanung. Sie hätten bereits mit Schreiben vom 6. Februar 2017 im Anschluss an ein Gespräch vom 20. Januar 2017 sowie mit weiteren Schreiben vom 26. April 2017 und 21. Juni 2017 deutlich gemacht, dass sie sich mit der Glasaufbereitungsanlage in einem stark durch Verdrängungswettbewerb gekennzeichneten Markt bewegten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, bedürfe es daher insbesondere auch der kurzfristigen Einführung neuer Verfahren oder Betriebsweisen, die Änderungen im Genehmigungsregime bedingten. Insoweit seien die Standortsicherheit und die Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens stark gefährdet, durch die Neuplanung trete eine Existenzbedrohung ein. Nicht zuletzt in einem persönlichen Gespräch sei von ihnen eingehend dargestellt worden, dass und warum der Standort einer Glasaufbereitungsanlage geeignet sein müsse, dem Anlagenbetreiber die Möglichkeit zu bieten, auf Einflüsse des Marktes schnell zu reagieren. Die von der Antragsgegnerin eingenommene immissionsschutzrechtliche Sichtweise zur Notwendigkeit von Genehmigungs- oder auch Anzeigeverfahren verkenne, dass es bei Industrie- oder Entsorgungsanlagen immer auch Änderungen gebe, die zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Standortsicherung notwendig seien, die aber eines Genehmigungsverfahrens bedürften. Solche Änderungen wären künftig nicht mehr zulässig. Zugleich handele es sich um eine sehr kapitalintensive Anlage, die einen für den laufenden Betrieb und mögliche Änderungen/Erweiterungen gesicherten Standort benötige. Dagegen lasse sich auch nicht vorbringen, dass bisher nur der westliche Teil des Betriebsgrundstücks als Industriegebiet planerisch ausgewiesen sei. Die bisherige geteilte Ausweisung habe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Anlage nicht im Wege gestanden. Nach Osten hin hätten sie durch aufwändige umweltschutztechnische Maßnahmen dafür Sorge getragen, dass notwendige nachbarschützende Standards mehr als eingehalten würden. Wichtig und entscheidend sei jedoch, dass neben dem Teil ihres Grundstücks, der als Industriegebiet ausgewiesen sei, in alle anderen Richtungen eine großflächige Industriegebietsausweisung bestanden habe, die es sicherstelle, dass sich dort nichts entwickle, was die Standortsicherheit ihrer Anlage beeinträchtige. Beispielsweise sei es nicht akzeptabel, wenn sich in der unmittelbaren oder mittelbaren Nachbarschaft gewerbegebietstypische Nutzungen ansiedeln könnten, die ihrerseits gegenüber Störungen empfindlich seien, wie etwa Dentallabore, Verwaltungen oder auch Lebensmittelbetriebe. Sie rege daher an, es für ihr Grundstück und die Umgebung bei der Industriegebietsfestsetzung zu belassen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es nur sehr wenige für die Ansiedlung bzw. den Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen geeignete Standorte gebe. Ausweichmöglichkeiten bestünden deshalb nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres. Der Standort biete auch die Möglichkeit, die Glasrecyclinganlage an veränderte Anforderungen des Marktes anzupassen, z. B. eine tiefergehende Sortierung von Autoscheiben oder Aufbereitung der aus den Autoscheiben anfallenden PVB-Folien. Darüber hinaus biete er die Möglichkeit, auch andere Entsorgungsaktivitäten wie etwa das Kunststoffrecycling hier durchzuführen. Hierfür wären ggf. Genehmigungsverfahren erforderlich, die aber ohne eine planerische Standortsicherheit nicht aussichtsreich zu führen wären. Angesichts dessen sei nicht nachvollziehbar, dass in der Entwurfsbegründung ausgeführt werde, Entwicklungsperspektiven seien bislang nicht substantiiert beantragt worden. Die konkreten Erweiterungsinteressen seien der Stadt bekannt. Dass ein Antrag gestellt werden müsse, damit diese Interessen im Rahmen der Bauleitplanung überhaupt Berücksichtigung finden sollten, könne nicht gefordert werden. Denn vor dem Hintergrund der Veränderungssperre sei die Einleitung eines zeit- und kostenintensiven immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens zur Umsetzung der geplanten Änderungen derzeit offensichtlich aussichtslos. Zudem sei die Bestandsaufnahme der Antragsgegnerin fehlerhaft. Sie habe erheblich zu wenige Flächen mit industrieller Nutzung hinterlegt. In ein Industriegebiet gehörten nicht nur immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Anlagen, sondern auch sonstige Betriebe, die ein gewisses Störpotential hätten. Das habe die Antragsgegnerin nicht beachtet. Das Gebiet werde entgegen der Annahme der Antragsgegnerin in vielfältiger Weise durch Anlagen geprägt, die auf Grundlage einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz betrieben würden und/oder aufgrund ihres Emissionsverhaltens auf ein Industriegebiet angewiesen seien - so etwa die Firmen K1. L. Absatzmulden und Transporte GmbH, die Firma L1. Bohrunternehmungen GmbH und die N1. N2. GmbH (eine Spedition). Weiter gehöre hierzu der ausgedehnte Betrieb der Firma H1. J1. GmbH & Co KG. Hierbei handele es sich um eine Spedition mit entsprechendem Anlagenlärm und erheblichem An- und Abfahrtsverkehr auch zur Nachtzeit. Dieser sei sehr störintensiv und aufgrund seines Störgrades ebenfalls nur in einem Industriegebiet zulässig. Auch das Unternehmen X1. Kunststofftechnik sei augenscheinlich immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig. Zudem werde das gesamte Gebiet durch die hohen Bauwerke und Auswirkungen des Großkraftwerkes I. nachhaltig geprägt. Durch die Bebauungsplanung würden die bereits im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung dargelegten ernsthaften Erweiterungsinteressen planungsrechtlich unzulässig. Es könne daher keine Rede davon sein, dass die bestehenden Betriebe aufgrund ihrer bestehenden Genehmigung keine Nachteile erführen, wie die Antragsgegnerin in ihrer ersten Abwägung ausgeführt habe. Ergänzend sei schließlich auszuführen, dass es falsch sei, wenn die Antragsgegnerin die Auffassung vertrete, neu heranrückende Gewerbebetriebe würden in eine vorbelastete Situation einrücken und deshalb nicht schutzwürdiger sein als in einer Umgebung, die nach wie vor als Industriegebiet ausgewiesen wäre. Dies sei schon deshalb nicht richtig, weil andere Immissionsrichtwerte gälten, je nachdem, ob es sich um ein Industrie- oder Gewerbegebiet handele. Bestenfalls könne hier eine Zwischenwertbildung erfolgen, die jedoch gleichfalls zu einem Nachteil für sie führte. Schließlich verstoße die Planung auch gegen die Vorgaben des einschlägigen Regionalplans. 14In seiner Sitzung vom 19. Dezember 2019 beschloss der Rat der Antragsgegnerin über die im Verfahren der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden und Träger öffentlicher Belange eingegangenen Stellungnahmen auf der Grundlage der Ratsvorlage 186/2019 und den Bebauungsplan als Satzung. In der Abwägung der Einwände der Antragstellerinnen führt die Vorlage u. a. aus, deren Betrieb genieße Bestandschutz. Es werde deshalb etwa weiterhin möglich sein, auf der Grundlage der bestehenden Anlagengenehmigung ggf. den Bau weiterer Versiegelungsflächen auf dem bisher bestehenden Grundstück vor- oder weitere aufzubereitende Abfallarten hinzuzunehmen. Eine Reduzierung der ausgeübten Nutzung erfolge nicht. Zudem befinde sich die Anlage bereits jetzt teilweise in einem Gewerbegebiet. Die Bestandserfassung sei nicht zu beanstanden. So sei etwa die Spedition N2. kein bundesimmissionsschutzpflichtiger Betrieb „und somit nicht industriegebietspflichtig“. Im Übrigen sei auf der Grundlage der herangezogenen Bau- und Anlagengenehmigungen nicht ersichtlich, dass weitere Betriebe auf eine Industriegebietsfestsetzung angewiesen seien. Das geltend gemachte „gewisse Störpotential“ reiche zu einer entsprechenden Feststellung nicht aus. Vor dem Hintergrund der ihr bekannten Bau- und Anlagengenehmigungen seien auch die weiter angeführten Betriebe allesamt in der Bestandsaufnahme soweit gerechtfertigt als industriegebietstypische, nach dem BImSchG oder dem Abfallrecht genehmigte Betriebe ausgewiesen worden. Demgegenüber seien die weiteren genannten Firmen nachweislich keine BImSchG-pflichtigen Betriebe und somit nicht industriegebietspflichtig. Feststellungen zum Betrieb X1. enthält die Abwägung nicht. Auch sei zu befürchten, dass aufgrund der heute zulässigen und teilweise ausgenutzten Möglichkeit zur Ansiedlung von abfallaffinen Betrieben das Plangebiet und der Standort eine Prägung erführen, die es zukünftig erschwere bis unmöglich mache, Gewerbebetriebe des produzierenden Sektors an dem Standort anzusiedeln. Verstöße gegen die Regionalplanung seien tatsächlich nicht gegeben. Die Planung bewege sich im Rahmen der Ziele des Regionalplans, sofern es sich bei den Vorgaben überhaupt um solche handeln sollte. 15Der Bebauungsplan wurde zunächst am 16. Januar 2020 im Amtlichen Kreisblatt des Kreises N. -M1. sowie am selben Tage im Internet bekannt gemacht. Eine erneute rückwirkende Bekanntmachung erfolgte aufgrund einer Bekanntmachungsanordnung vom 7. Oktober 2020 am 15. Oktober 2020 im Amtlichen Kreisblatt des Kreises N. -M1. sowie im Internet. 16Am 6. August 2020 haben die Antragstellerinnen die vorliegenden Normenkontrollanträge gestellt. Zur Begründung führen sie unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Einwände im Aufstellungsverfahren im Wesentlichen aus, der angegriffene Bebauungsplan leide an durchgreifenden formellen und materiellen Mängeln. In formeller Hinsicht liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB infolge einer fehlerhaften Bekanntmachung der Offenlage vor. Eine der Hauptsatzung entsprechende ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung habe nicht stattgefunden. Nach § 14 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt Q. in der Fassung vom 22. Dezember 2016 müssten gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachungen durch die Bereitstellung im Internet vollzogen werden. Hier sei die öffentliche Bekanntmachung indes im Amtsblatt für den Kreis N. -M1. erfolgt. Diese Form der Bekanntmachung sei in der Hauptsatzung nicht vorgesehen und damit unzulässig. § 4 Abs. 1 Satz 1 BekanntmVO NRW erlaube es lediglich, zwischen den dort genannten Bekanntmachungsformen alternativ zu wählen. An die in der Hauptsatzung vorgegebene Bekanntmachungsform sei die Gemeinde jedoch im Anschluss gebunden. Die Befugnis zu einer Art Ersatzbekanntmachung bestehe nicht. Dies habe die Antragsgegnerin hier im gesamten Aufstellungsverfahren einschließlich des Satzungsbeschlusses und dessen Bekanntmachung nicht beachtet. Die Regelungen über die Bekanntmachung sollten Rechtssicherheit gewährleisten und nicht Verwirrung stiften. Die entgegen § 14 der Hauptsatzung erfolgte Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung und des Satzungsbeschlusses im Amtsblatt für den Kreis N. -M1. seien danach rechtswidrig. Dies gelte umso mehr, als die Antragsgegnerin diese Bekanntmachungen ersichtlich als maßgebliche Bekanntmachungsform angesehen habe. Dies werde nicht nur daran deutlich, dass nur diese Bekanntmachung in den Aufstellungsvorgängen dokumentiert sei, sondern auch durch den Hinweis darauf, dass die Unterlagen zusätzlich in das Internet eingestellt würden. Insoweit handele es sich nach der Bekanntmachung nur um eine ergänzende Nutzung der elektronischen Medien, nicht um die eigentliche Bekanntmachung. Der Satzungsbeschluss sei ebenfalls nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Eine Einladung zur Ratssitzung lasse sich nicht feststellen, zumindest sei die Tagesordnung nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden. Zudem sei der Satzungsbeschluss selbst nicht hinreichend bestimmt. Ihm lasse sich nicht entnehmen, in welcher Fassung der mehrfach geänderte Planentwurf tatsächlich als Satzung beschlossen worden sei. Schließlich fehle es aus den bereits zu § 3 Abs. 2 BauGB genannten Gründen an einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses. Darüber hinaus verfehle die Bekanntmachung den erforderlichen Hinweiszweck. Es fehle an einem Hinweis darauf, dass die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Bebauungsplan und die Begründung für jedermann bestehe. Die Annahme der Antragsgegnerin, nach § 10 Abs. 3 S. 3 BauGB komme es nur auf die Angabe des Ortes der möglichen Einsichtnahme an, nicht aber auf einen Hinweis auf das grundsätzliche Bestehen einer Einsichtnahmemöglichkeit, gehe fehl. Auch die Bekanntmachungsanordnung selbst sei fehlerhaft, weil sich ein Hinweis auf § 7 Abs. 6 GemO NRW nur im Bekanntmachungstext selbst, nicht aber in der Bekanntmachungsanordnung finde. 17Darüber hinaus sei der Bebauungsplan materiell fehlerhaft. Ihm fehle bereits die städtebauliche Erforderlichkeit. In der Satzungsbegründung werde insoweit dargelegt, dass Anlass und Grundlage des Bebauungsplanverfahrens der „Fachbeitrag zur Wirtschaftsflächenentwicklung“ (Gewerbe- und Industrieflächenentwicklungskonzept) für das Kreisgebiet N. -M1. sei. Ein überörtliches, durch Zusammenwirken mehrerer Planungsträger entwickeltes Gewerbe- und Industrieflächenentwicklungskonzept für ein Kreisgebiet könne nicht zur Begründung der städtebaulichen Erforderlichkeit einer kommunalen Bauleitplanung herangezogen werden, ohne dass der jeweilige Plangeber hierzu (zumindest ergänzend) eigene Erwägungen anstelle. Dass die Planbegründung auf die fehlende Verbindlichkeit hinweise, reiche insoweit nicht aus. Dies habe die Antragsgegnerin nicht gehindert, eine Selbstverpflichtung anzunehmen. Zudem beruhe die Planung in einer ihre Rechtfertigung ausschließenden Weise auf einer veralteten und fehlerhaften Bestandsaufnahme zu den derzeitigen Nutzungen im Plangebiet. Hier sei eine Bestandserhebung aus Anfang 2017 einem Satzungsbeschluss vom 19. Dezember 2019 zugrundegelegt worden, ohne dass die Antragsgegnerin überprüft hätte, ob diese nach mehr als 2 Jahren noch aktuell sei. Schwerer wiege indes, dass die Antragsgegnerin nicht ordnungsgemäß ermittelt habe, welche der vorhandenen Betriebe in ein Industriegebiet gehörten. Dies sei nicht nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Anlagen der Fall, sondern für alle erheblich belästigenden Gewerbebetriebe unabhängig von ihrer Genehmigung. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit habe insoweit nur indizielle Wirkung. Demgegenüber habe die Antragsgegnerin ihrer Abwägung und der Bestandserfassung rechtsfehlerhaft zugrunde gelegt, dass „industriegebietstypisch“ und „immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig“ letztlich Synonyme seien. Zumindest der im Nordwesten des Plangebietes vorhandene große Speditionsbetrieb mit intensivem Lkw-Verkehr sowie die Spedition in unmittelbarer Umgebung ihres Betriebsgrundstückes seien aufgrund ihres Emissionsverhaltens als auf ein Industriegebiet angewiesener Gewerbebetrieb anzusehen. Die Spedition H1. weise erhebliche Dimensionen auf. Es gebe einen intensiven Lkw-Verkehr und einen mehrschichtigen Betrieb, der sich auch auf die Nachtzeit erstrecke. Ausweislich seines Internetauftritts verfüge das Unternehmen über einen Fuhrpark von ca. 90 Sattelzugmaschinen. Hinzu trete eine Gabelstaplervermietung und eine Lkw-Waschanlage. Die Annahme der Antragsgegnerin, Speditionsbetriebe seien im Rahmen einer typisierenden Betrachtung generell als gewerbegebietstypische und nicht als industriegebietstypische Nutzungen einzustufen, sei in dieser Form unzutreffend. Speditionen fielen wegen des unterschiedlichen Störgrades der jeweiligen Betriebsform je nach dem konkreten Typ unter den Begriff der nicht erheblich belästigenden Gewerbebetriebe oder aber unter den Begriff der erheblich belästigenden Gewerbebetriebe. Zumindest das Unternehmen „X1. Kunststofftechnik“ müsse wohl sogar auf immissionsschutzrechtlicher Grundlage betrieben werden, sei von der Antragsgegnerin aber gleichwohl den normalen Gewerbebetrieben zugeordnet worden. Allein der Umstand, dass hier ein vereinfachtes Verfahren nach § 19 BImSchG erfolgt sein solle oder hätte erfolgen können, ändere hieran nichts. Im Übrigen sei nach der im Internet einsehbaren Betriebsbeschreibung davon auszugehen, dass hier ein Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG erforderlich gewesen sei. Auch bei einer tatsächlichen Betrachtung sei nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Produktion von Systemlösungen aus PMA-Harzen in einer 4.000 m² großen Betriebsstätte mit einer Kapazität von 5.500 t pro Jahr und deren anschließendem Vertrieb mit dem damit einhergehenden Fahrzeugverkehr um einen erheblich belästigenden Gewerbebetrieb handele. Dass das Bohrunternehmen L1. nicht einem Industriegebiet zugeordnet werden müsse, sei gleichfalls nicht verständlich. Bei einer korrekten Bestandsaufnahme hätten mithin zahlreiche weitere Flächen einer industriegebietstypischen Nutzung zugeordnet werden müssen. Darüber hinaus weise die Bebauungsplanung durchgreifende Abwägungsfehler auf. Dies ergebe sich bereits aus der fehlerhaften städtebaulichen Bestandsaufnahme. Die fehlende Berücksichtigung gleich mehrerer Betriebe, die tatsächlich nur in einem Industriegebiet angesiedelt werden könnten, hätten sie bereits im Beteiligungsverfahren detailliert dargelegt. Dies habe die Antragsgegnerin gleichwohl nicht berücksichtigt. Zudem werde das gesamte Plangebiet durch die hohen Bauwerke und die Immissionen des Großkraftwerks I. geprägt. Dieses Kohlekraftwerk sei dort seit 1950 ansässig. Der prägenden Wirkung lasse sich nicht entgegenhalten, dass es sich vom Plangebiet aus gesehen auf der anderen Seite der B 482 befinde. Diese Straße habe hier wegen der enormen Dimensionen des Kraftwerks keine trennende Wirkung. Darüber hinaus leide die Bebauungsplanung an einer Abwägungsfehleinschätzung. Insbesondere ihre Interessen an der weiteren Ausnutzung und Entwicklung des vorhandenen Betriebes seien nicht ordnungsgemäß eingestellt worden. Trotz der von ihnen bereits während der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung dargelegten Erweiterungsinteressen habe sich die Antragsgegnerin in ihrer Abwägung darauf zurückgezogen, dass solche Interessen „im Bauleitplanverfahren substantiiert beantragt“ werden müssten, um dort Berücksichtigung finden zu können. Dies sei nicht haltbar. Sie hätten bereits frühzeitig konkrete Vorstellungen zur absehbaren künftigen Entwicklung ihres Betriebes dargelegt. Diese seien zweifelsfrei planungsrechtlich relevant, von der Antragsgegnerin aber ignoriert worden. Diese konkreten Erweiterungsinteressen seien auf Entwicklungsmöglichkeiten angewiesen, die jeweils einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG bedürften. Solche Änderungen seien ihnen nunmehr unmöglich. Durch den Verlust von Entwicklungsmöglichkeiten sei der Betriebsstandort in seiner Wettbewerbsfähigkeit mit vergleichbaren Unternehmen der Glasrecyclingwirtschaft stark eingeschränkt und sogar kurzfristig in seiner Existenz bedroht, zumal der Markt derzeit von Überkapazitäten geprägt sei. Ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, insbesondere das der Antragstellerin zu 1., umfasse nicht nur das Interesse an der weiteren ungestörten Ausnutzung des vorhandenen Betriebszustandes, sondern auch die Möglichkeit einer zukünftigen Betriebsausweitung jedenfalls im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung. Es handele sich bei ihren Darlegungen auch nicht um unverbindliche Absichtserklärungen, wie die Antragsgegnerin meine. Sie habe bereits im Aufstellungsverfahren konkrete Erweiterungsinteressen wie z. B. eine geänderte bzw. erweiterte Betriebsweise der Anlage durch die Aufbereitung von PVB-Folie aus Sicherheitsglas oder die Hinzunahme neuer Glassorten sowie die Kapazitätserweiterung und die Aufnahme neuer Abfallschlüsselnummern in den Input-Katalog benannt. Zur Realisierung der beabsichtigten Erweiterung seien bereits Gespräche mit der Bezirksregierung E. als zuständiger Genehmigungsbehörde geführt worden. Hiervon habe die Antragsgegnerin auch Kenntnis gehabt. Zudem habe sie deutlich gemacht, dass sie spezifisch auf eine gewisse Flexibilität in der Betriebsentwicklung angewiesen sei. Insbesondere habe sie dargelegt, aus welchen Gründen bestimmte Erweiterungen ihres Betriebes erst recht kurzfristig benannt und durchgeführt werden könnten. Auf der Grundlage des Bebauungsplans stehe zudem nunmehr die gesamte Umgebung ihrer Anlage bzw. ihres Grundstücks für Betriebe offen, die ihrerseits empfindlich auf eine Anlage zur Lagerung und Behandlung von mineralischen Abfällen reagierten. Die Umgebung habe sich damit zwangsläufig zu ihrem Nachteil verschlechtert. Die Ansiedlung von neu heranrückenden, besonders störempfindlichen Gewerbebetrieben werde Rücksichtnahmepflichten auslösen, die sie in der jetzigen Ausrichtung ihres Unternehmens schlichtweg nicht gewährleisten könnten. Ihre Existenz sei mithin gefährdet. Der schlichte Hinweis der Planbegründung, die vorhandenen Betriebe würden aufgrund ihrer bestehenden Genehmigung keine Nachteile erfahren, greife deshalb erheblich zu kurz. Die Antragsgegnerin verkenne, dass der anlagenbezogene Bestandsschutz durch den Vorbehalt nachträglicher Anordnungen von Anfang an eingeschränkt und durch dynamische Betreiberpflichten gekennzeichnet sei. Insoweit müsse der geringere Immissionsrichtwert eines Gewerbegebietes zukünftig von ihnen möglicherweise beachtet werden und seien weitere betriebsbeschränkende Auflagen zu erwarten. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der Stellungnahme der Bezirksregierung E. vom 6. Juli 2018. Ausgehend hiervon liege auch eine Abwägungsdisproportionalität vor. Ihre Bestandsinteressen seien nicht mit dem erforderlichen Gewicht in die Abwägung eingestellt worden. Diese Interessen bräuchten nicht hinter das Interesse der Antragsgegnerin, weitere Grundstücke für gewerbliche Nutzungen zu verzeichnen und zahlreiche Arbeitsplätze anzusiedeln, zurückzutreten. Konkrete Ansiedlungsinteressen habe die Antragsgegnerin nicht aufgezeigt, arbeitsplatzintensive Gewerbebetriebe könnten auch nur schwer mit der vorhandenen industrietypischen Gebietsstruktur vereinbart werden. Es treffe so schlicht nicht zu, dass Gewerbebetriebe in einem Gewerbegebiet nicht störempfindlich seien bzw. sein könnten. Dies ergebe sich nicht schon daraus, dass in einem Gewerbegebiet belästigende Gewerbebetriebe zulässig seien. Denn der Belästigungsgrad eines Industriegebietes und –betriebes sei jedenfalls erheblich höher. Auf der anderen Seite könne der seit Jahrzehnten angesiedelte Betrieb ebenso wie weitere industriegebietstypische Betriebe im Plangebiet nur mit enormen Kosten in Millionenhöhe an einen anderen Standort verlagert werden. Solche Standorte gebe es im Stadtgebiet im Übrigen nunmehr überhaupt nicht mehr. Schließlich verstoße die Planung gegen bindende Vorgaben der Regionalplanung, worauf nicht zuletzt die Bezirksregierung E. als Regionalplanungsbehörde in mehreren Stellungnahmen im Aufstellungsverfahren hingewiesen habe. Konkret gehe es insoweit um die Ziele 1, 2 und 4 des Regionalplans „Teilabschnitt Oberbereich C. “ unter B.I.5. Nach Ziel 4 sollten bei Zurücknahmen und Erweiterungen gewerblicher Bauflächen diese so geplant werden, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Gewerbegebiets- und Industriegebietsreserven erhalten bleibe. Dem widerspreche die vollständige Zurücknahme von Industriegebietsausweisungen im gesamten Stadtgebiet. Dass es hier von vornherein kein für die Ansiedlung von Industriebetrieben geeignetes Baugebiet gebe, treffe nicht zu. Das Gegenteil belege der – in Teilen auch umgesetzte - Bebauungsplan Nr. 2. Der Stellungnahme der Bezirksregierung E. vom 19. September 2017 sei insoweit nichts hinzuzufügen. Eine hinreichende Auseinandersetzung hiermit bzw. mit den Zielen der Raumordnung sei im Aufstellungsverfahren nicht erfolgt. 18Die Antragstellerinnen beantragen, 19den Bebauungsplan Nr. 2 A „Gewerbestandort M. “ der Stadt Q. für unwirksam zu erklären. 20Die Antragsgegnerin beantragt, 21die Anträge abzulehnen. 22Die Anträge seien unbegründet. Der Bebauungsplan leide an keinen formellen Mängeln. Eine unzureichende Bekanntmachung der Öffentlichkeitsbeteiligung bzw. des Satzungsbeschlusses liege nicht vor. Sie habe die Anforderungen des § 14 Abs. 1 S. 1 ihrer Hauptsatzung beachtet. Zwar treffe es zu, dass jeweils zusätzlich eine Bekanntmachung im Amtsblatt für den Kreis N. -M1. erfolgt sei. Maßgeblich sei jedoch, dass eine Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung und des Satzungsbeschlusses tatsächlich (auch) unter https://www.xxxxAmtliche-Bekanntmachungen stattgefunden habe. Diese Bekanntmachungen seien noch heute abrufbar. Darüber hinaus gehe die Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans im Internet auch ausdrücklich aus der Bekanntmachung im Amtsblatt für den Kreis N. -M1. hervor. Dort heiße es ausdrücklich: „Die Bekanntmachung kann unter https://www.xxxAmtliche-Bekanntmachungen eingesehen werden“. Darüber hinaus sei entgegen der Annahme der Antragstellerinnen die nachrichtliche Hinweisbekanntmachung durch Aushang erfolgt, wie sich aus der Anlage zur Antragserwiderung ergebe. Der Satzungsbeschluss selbst sei nicht zu beanstanden. Die Einberufung des Rates sei ebenso ordnungsgemäß erfolgt wie die öffentliche Bekanntmachung der Tagesordnung. Der Satzungsbeschluss sei auch hinreichend bestimmt. Es stehe außer Zweifel, dass er sich auf die Fassung des Bebauungsplanes beziehe, die dem Rat zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorgelegen und die der Bürgermeister im Anschluss ausgefertigt habe. Ein Verstoß gegen § 10 Abs. 3 Satz 3 BauGB liege ebenfalls nicht vor. Nach dessen klaren Wortlaut sei lediglich darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden könne. Dagegen sei es nicht erforderlich, ausdrücklich zu betonen, dass dies jedermann offenstehe. Der Umstand, dass die Möglichkeit der Einsichtnahme für jedermann zu bestehen habe, sei allein Gegenstand bzw. Folge der in § 10 Abs. 3 Satz 2 BauGB normierten Bereithaltungspflicht der Gemeinde. Sie gehöre demnach zum 2. Teil der Ersatzverkündung. Dementsprechend müsse auf die Möglichkeit der Einsichtnahme für jedermann in der Bekanntmachung nicht hingewiesen werden; sie müsse vielmehr vom Tage der Bekanntmachung an tatsächlich bestehen. Schließlich seien die Anforderung des § 2 Abs. 4 Nr. 3 BekanntmVO erfüllt. Zwar werde der Normtext des § 7 Abs. 6 GemO NRW in der Bekanntmachungsanordnung nicht wiedergegeben. Dies sei jedoch in der Bekanntmachung selbst geschehen. Die Bekanntmachungsanordnung wiederum nehme hierauf ausdrücklich Bezug. Damit sei der Sinn und Zweck der Norm erfüllt. Durch die Unterschrift des Bürgermeisters unter die Hinweise und der auf diese bezugnehmenden Bekanntmachungsanordnung werde deutlich, dass er die uneingeschränkte Verantwortung für die Bekanntmachung übernehme. 23Der Bebauungsplan weise auch keine durchgreifenden materiellen Mängel auf. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen sei an seiner städtebaulichen Erforderlichkeit nicht zu zweifeln. Sie habe ihr planerisches Ermessen nicht überschritten. Insbesondere treffe es nicht zu, dass sie keine eigenen Erwägungen zur städtebaulichen Erforderlichkeit angestellt, sondern unbesehen das überkommunale Gewerbe- und Industrieflächenentwicklungskonzept übernommen habe. Sie habe an der Erstellung des Konzepts mitgearbeitet und dieses deshalb auch inhaltlich mitentwickelt und getragen. Der Plangeber habe aufgrund der Erstellung des Gewerbe- und Industrieflächenentwicklungskonzeptes einen Handlungsbedarf speziell für die Stadt Q. gesehen und sich im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens dazu entschieden, die planungsrechtliche Grundlage für arbeitsplatzintensive Gewerbebetriebe zu schaffen. Er habe das Konzept mithin nicht ohne eigene Erwägungen übernommen, sondern in seinen gemeindlichen Willen aufgenommen und darauf aufbauend Städtebaupolitik betrieben. Die Bestandsaufnahme für das Plangebiet sei nicht zu beanstanden. Bei dieser Frage handele es sich indes ohnehin nur um eine solche der Abwägung. Unbeschadet dessen gingen die Einwände der Antragstellerinnen ins Leere. Zutreffend sei zwar, dass sie der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit eine gewisse Indizwirkung im Sinne eines sachgerechten Ausgangspunktes für die Frage, ob der Betrieb auf ein Industriegebiet angewiesen sei, zugemessen habe. Insofern stellten die Ermittlungen tatsächlich zulässigerweise im Ausgangspunkt auf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ab. Dass sie jedoch davon ausgegangen sei, einem Industriegebiet seien sonstige (immissionsschutzrechtlich) genehmigungsfreie Betriebe mit erheblichem Störpotenzial niemals zuzuordnen, lasse sich den Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen. So heiße es in der Begründung ausdrücklich, die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht einer Anlage sei lediglich ein Indiz dafür, dass diese nur in einem Industriegebiet realisiert werden könne, und weiter: „Vom Gewerbegebiet im eigentlichen Sinne unterscheidet sich ein Industriegebiet durch die Ansiedlung von Betrieben, die ein ortsunübliches Maß an Umweltbelastung (wie Lärm, Staub, Geruch) produzieren, und darum von Wohngebieten ferngehalten werden sollen.“ Daraus ergebe sich, dass sie durchaus anhand eines Störpotenzials und nicht ausschließlich anhand einer etwaigen Genehmigungsfreiheit entschieden habe, ob ein Betrieb eines Gewerbe- oder Industriegebiets bedürfe. Ausgehend von diesem zutreffenden rechtlichen Ansatzpunkt sei die rechtliche Einordnung der vorhandenen Betriebe nicht zu beanstanden. Namentlich bedürften die von den Antragstellerinnen angeführten Speditionsbetriebe keines Industriegebiets. Bei solchen Betrieben handele es sich nach der Rechtsprechung um solche, die typischerweise in einem Gewerbegebiet allgemein zulässig seien. Auch die tatsächliche Nutzung insbesondere der Spedition H1. lasse nicht darauf schließen, dass diese nur in einem Industriegebiet zulässig sei. Aufgrund dessen liege in der Bestandsaufnahme auch kein Abwägungsfehler. Soweit die Antragstellerinnen in diesem Zusammenhang wiederholt rügten, die Nutzungsaufstellung sei veraltet, blieben sie bereits jeglichen Vortrag schuldig, inwieweit sich hier planungsrelevante Veränderungen ergeben haben sollten. Im Übrigen seien solche aufgrund der bereits mit dem Aufstellungsbeschluss verhängten Veränderungssperre letztlich ausgeschlossen. Neben den bereits angesprochenen Speditionen, die nicht auf ein Industriegebiet angewiesen seien, handele es sich auch bei den weiteren von den Antragstellerinnen genannten Betrieben um lediglich nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe. Dies gelte für das Bohrunternehmen, da die emissionsträchtigen Tätigkeiten nicht auf dem Betriebsgrundstück stattfänden, wie für das Unternehmen der Kunststofftechnik. Selbst wenn dieses auf immissionsschutzrechtlicher Grundlage betrieben werde, sei die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nicht erforderlich gewesen. Tatsächlich verfüge diese Firma indes über keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Diese habe sich im Aufstellungsverfahren auch nicht gemeldet und eingewandt, in einem Gewerbegebiet nicht zulässig zu sein. Mit den von den Antragstellerinnen genannten Betrieben lasse sich eine Industriegebietstypik mithin nicht begründen. Auswirkungen des Kraftwerks I. habe der Plangeber hinreichend berücksichtigt. Dieses präge das Plangebiet nicht in einer Weise, wie es den Antragstellerinnen vorschwebe, zumal hier die zwischen dem Kraftwerk und dem Plangebiet verlaufende B 482 eine trennende Wirkung entfalte. Eine Abwägungsfehleinschätzung sei ihr ebenfalls nicht unterlaufen. Die Interessen insbesondere der Antragstellerin zu 1. seien hinreichend berücksichtigt worden. Diese habe im Aufstellungsverfahren jedoch lediglich unklare und unverbindliche Absichtserklärungen abgegeben. Sie habe gerade keine konkreten Entwicklungsabsichten benannt und sich im Wesentlichen auf ein Flexibilitätsbedürfnis berufen. Die mit der Antragsbegründung erneut vorgetragenen betrieblichen Entwicklungen seien auch aus Sicht der Antragstellerinnen nur Möglichkeiten. Sie hätten selbst deutlich gemacht, dass hier noch keine konkreten Pläne vorlägen. Offenbar handele es sich hier lediglich um einen Wunsch, zumal sie im Weiteren wieder ihr Flexibilitätsbedürfnis herausstelle. Aufgrund dessen sei es ihr auch nicht möglich gewesen, einen Erweiterungstatbestand im Rahmen einer Festsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO zu formulieren. Sie, die Antragsgegnerin, sei im Planungsprozess durchaus bereit gewesen, zugunsten der Antragstellerin zu 1. eine Fremdkörperfestsetzung zu treffen. Dies sei auf Bl. 8a des Hefters IX ausdrücklich festgehalten. Aufgrund der Tatsache, dass diese ihr aber keine verbindlichen Erweiterungsmöglichkeiten erläutert oder diese substantiiert beantragt habe, habe sie den Erweiterungstatbestand gar nicht formulieren können. Soweit die Antragstellerinnen die Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit geltend machten, genüge der Hinweis, dass ein Gewerbetreibender keinen Anspruch darauf habe, dass sich die vorhandene Wettbewerbssituation nicht verschlechtere, weil mit neuer Konkurrenz ständig gerechnet werden müsse. Das Bauplanungsrecht sei wettbewerbsneutral. Auch die Interessen an der weiteren Ausnutzung des vorhandenen Betriebes habe sie ordnungsgemäß abgewogen. Hiergegen spreche zunächst nicht die von den Antragstellerinnen ins Feld geführte Stellungnahme der Bezirksregierung E. vom 6. Juli 2018 (VIII/19 a). Diese habe gerade nicht die hier in Rede stehende Ausnutzung der bestehenden Betriebe thematisiert. Im Übrigen gebe es zwar dynamische Betreiberpflichten. Diese seien hier jedoch nicht verändert worden, da die Antragstellerinnen über eine Genehmigung verfügten, die eine Anlage betreffe, die zumindest teilweise in einem Industriegebiet liege und deshalb nur in diesem Rahmen dynamische Betreiberpflichten kenne. Im Übrigen seien Gewerbebetriebe nicht besonders störempfindlich. Vor heranrückenden Gewerbebetrieben müsse sich der Betrieb der Antragstellerin zu 1. damit nicht fürchten. Schließlich bestehe auch keine Abwägungsdisproportionalität. Ihr Interesse, weitere Grundstücke für gewerbliche Nutzungen zu verzeichnen und dadurch zahlreiche Arbeitsplätze anzusiedeln, überwiege das Interesse der Antragstellerinnen. Die Neuplanung verstoße auch nicht gegen Ziele der Raumordnung. Ziel 1 des Regionalplans werde gewahrt, weil durch die vollständige Überplanung als Gewerbegebiet gerade neue, sich gegenseitig störende gewerbliche und industrielle Nutzungen innerhalb des GIB verhindert würden. Ziel 2 werde durch den Bebauungsplan verwirklicht. Bei dem sog. Ziel 4 handele es sich bereits mangels abschließender Abgewogenheit auf der Ebene des Regionalplans nicht um ein Ziel im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Zudem lasse es der Regionalplan danach im Einzelfall zu, dass in einer Kommune überhaupt kein Industriegebiet festgesetzt werde, weil und wenn es dafür keine geeigneten Flächen gebe. Auch aus einer Zusammenschau der Ziele 1, 2 und 4 folge nichts anderes. Soweit die Antragstellerinnen meinten, dass durch die Begriffe „gewerblich/industriell“ ein Mischverhältnis zwischen diesen Nutzungsstrukturen erreicht werden solle, gehe dies fehl. Der erkennende Senat habe in seinem Urteil vom 8. Mai 2018 festgestellt, dass Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen Industrie- und Gewerbegebiete gleichermaßen und gewissermaßen undifferenziert erfassten. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 2 D 153/20.NE sowie auf die beigezogenen Aufstellungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Normenkontrollanträge der Antragstellerinnen haben Erfolg. 27I. Die Anträge sind zulässig, namentlich sind die Antragstellerinnen antragsbefugt. Die Antragstellerin zu 2. ist Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet, auf dem die Antragstellerin zu 1. aufgrund einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ein Glasrecyclingunternehmen betreibt. Die bisher für Teile dieses Grundstücks geltende Festsetzung eines Industriegebiets wird durch den angegriffenen Bebauungsplan zu ihrem Nachteil durch eine Gewerbegebietsausweisung ersetzt. 28II. Die Anträge sind auch begründet. Der Bebauungsplan Nr. 2 A „Gewerbestandort M. “ weist mehrere formelle und materielle, jeweils für sich genommen durchgreifende, die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans begründende Mängel auf. 291. Der Bebauungsplan ist jedenfalls deshalb formell fehlerhaft, weil er nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Weder lässt sich feststellen, dass die Ausfertigung des Bebauungsplanes vor der Anordnung seiner Bekanntmachung erfolgte (dazu a) noch ist diese Bekanntmachung selbst ordnungsgemäß erfolgt. Gleiches gilt für die Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 und § 4a Abs. 3 BauGB (dazu b). Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die weiteren von den Antragstellerinnen gerügten formellen Mängel bestehen, wofür aus Sicht des Senats allerdings nach überschlägiger Betrachtung nichts Durchgreifendes spricht. Gegebenenfalls mag die Antragsgegnerin bei einer etwaigen Neuplanung die Monita der Antragstellerinnen vorsorglich aufgreifen. 30a) Die Bekanntmachung des Bebauungsplanes am 15. Oktober 2020 erweist sich schon deshalb als durchgreifend fehlerhaft, weil sich nicht feststellen lässt, dass der Bebauungsplan vor der Anordnung seiner Bekanntmachung ordnungsgemäß ausgefertigt wurde. 31Voraussetzung für die Bekanntmachung einer Rechtsnorm ist, dass der Inhalt der bekanntzumachenden Norm feststeht. Ein Bebauungsplan muss deshalb vor seiner Bekanntmachung ausgefertigt werden, damit die Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen feststeht. Der Bekanntmachungsakt beginnt mit der Unterzeichnung der Bekanntmachung durch das zuständige Gemeindeorgan (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 BekanntmVO NRW). Infolgedessen ist es notwendig, dass der Ausfertigungsvermerk vor der Bekanntmachung unterzeichnet wird. Nur diese Reihenfolge genügt dem genannten Zweck der Ausfertigung, die Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen sicherzustellen. Das zuständige Gemeindeorgan muss sich vor der Unterzeichnung der Bekanntmachung vergewissern, dass die Planurkunde den richtigen Inhalt hat. Auf den (späteren) Zeitpunkt, zu dem das Amtsblatt erscheint, oder in dem die öffentliche Bekanntmachung auf andere Weise vollzogen wird (vgl. § 4 Abs. 1 BekanntmVO NRW), kommt es hingegen nicht an. 32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1999 – 4 B 129.98 -, BRS 62 Nr. 29 = juris Rn. 5 f.; OVG NRW, Urteile vom 10. Mai 2019 – 7 A 1419/17 -, BauR 2019, 1563 = juris Rn. 43 f., vom 22. März 2019 – 7 D 39/17.NE -, juris Rn. 33, vom 6. September 2018 - 7 D 10/16.NE -, BauR 2018, 1974, m. w. N., vom 22. Februar 2018 - 7 D 26/15.NE -, BauR 2018, 775, und vom 26. Februar 2015 – 2 D 1/13.NE -, BRS 83 Nr. 6 = juris Rn. 66. 33Für das nordrhein-westfälische Landesrecht ist dabei in der Rechtsprechung geklärt, dass es mangels ausdrücklicher normativer Vorgaben für die Ausfertigung von Bebauungsplänen ausreichend, aber auch erforderlich ist, wenn eine Originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der (Ober-)Bürgermeister als Vorsitzender des Rates zeitlich nach dem Ratsbeschluss und vor der Verkündung der Satzung schriftlich bestätigt, dass der Rat an einem näher bezeichneten Tag diesen Bebauungsplan als Satzung beschlossen habe. 34Vgl. OVG NRW, Urteile vom 8. März 2017 – 10 D 6/16.NE –, juris, Rn. 22 ff., und vom 19. November 2015 – 10 D 84/13.NE –, juris, Rn. 51. 35An einer entsprechenden schriftlichen Bestätigung des Bürgermeisters vor Unterzeichnung der Bekanntmachung(sanordnung) am 7. Oktober 2020 fehlt es hier. Die Planurkunde, auf der die original unterzeichneten Verfahrensvermerke aufgedruckt sind, enthält zwar am unteren rechten Rand unter der Überschrift „Ausfertigung“ den vom Bürgermeister am 6. Oktober 2020 unterzeichneten Vermerk: „Hiermit wird bestätigt, dass der Bebauungsplan Nr. 2A Gewerbestandort M. mit dem Beschluss des Rates der Stadt Q. vom 19.12.2019 übereinstimmt und die die gesetzlichen Verfahrensvorschriften (handschriftlich ergänzt) eingehalten worden sind.“ Zugleich findet sich jedoch in der Leiste der Verfahrensvermerke (links Mitte) der Vermerk: „Dieser Plan ist gem. § 10 BauGB und § 7 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.07.94 (GV NRW S. 666) vom Rat der Stadt Q. am 19.12.2019 als Satzung beschlossen worden“. Dieser ist indes erst am 8. Oktober 2020 unterzeichnet worden. 36Jedenfalls in der Gesamtschau ist allein letzterer, nach der Bekanntmachung unterzeichnete Vermerk aber die Ausfertigung im Rechtssinne. Anders als dieser bezieht sich der mit „Ausfertigung“ bezeichnete Vermerk gerade nicht auf die Planurkunde, sondern allgemein auf den Bebauungsplan Nr. 2 A. Zudem wäre der am 8. Oktober 2020 erfolgte Bestätigungsvermerk unter der Annahme, der am 6. Oktober 2020 unterzeichnete sei bereits die Ausfertigung, objektiv überflüssig, während bei dem hier vertretenen Verständnis der am 6. Oktober 2020 unterschriebene Vermerk eigenständige Bedeutung als die für ein rechtmäßiges Bekanntmachungsverfahren ebenfalls erforderliche, 37vgl. dazu nur OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2021 – 2 D 112/19.NE -, BauR 2021, 1788 = juris Rn. 22 ff., m. w. N., 38Bestätigung nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO hat. Zumindest fehlt es aber an der für die Ausfertigung als Teil des formellen Aktes des Inkraftsetzens einer Rechtsnorm in besonderem Maße erforderlichen Eindeutigkeit des Ausfertigungsvermerks. Da die Bekanntmachungsanordnung genau zwischen den beiden Unterschriftsdaten liegt, lässt sich damit die Einhaltung der erforderlichen Reihenfolge hier in jedem Fall nicht feststellen. 39Dahingestellt bleiben kann mithin, ob der am 6. Oktober 2020 unterzeichnete Vermerk bei isolierter Betrachtung noch als ordnungsgemäße Ausfertigung verstanden werden könnte. 40Dagegen OVG NRW, Urteile vom 8. März 2017 – 10 D 6/16.NE -, juris Rn. 30, und vom 19. November 2015 – 10 D 84/13.NE -, juris Rn. 51; offener OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2016 – 2 D 56/14.NE -, juris Rn. 70 ff. 41b) Auch die Bekanntmachung des Bebauungsplans selbst genügt nicht rechtsstaatlichen Anforderungen. Gleiches gilt im Übrigen für die Offenlegungsbekanntmachungen nach §§ 3 Abs. 2, 4a Abs. 3 BauGB. 42Rechtsnormen sind in einer Weise der Öffentlichkeit bekanntzumachen, dass sich die Betroffenen in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt verlässlich Kenntnis verschaffen können. 43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2017 – 7 D 100/15.NE –, juris, Rn. 35 ff. m. w. N. 44Das wiederum setzt notwendig die Festlegung, Beachtung und Erkennbarkeit des Bekanntmachungsmediums und bei – unterstellt zulässiger – Wahl mehrerer Bekanntmachungsorte/-formen eine – erkennbare – Priorisierung voraus. Dem ist hier nicht genügt. 45Nach § 14 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin in der nach der Bestätigung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zum Zeitpunkt der Bekanntmachung geltenden Fassung hatten Bekanntmachungen – ausschließlich - im Internet zu erfolgen. Auf sie ist durch Aushang an den Verwaltungsgebäuden in Q. (T.------straße ) und M. (C1.-------straße ) jeweils hinzuweisen. 46Tatsächlich finden sich in den Aufstellungsvorgängen im Ordner „Bekanntmachungen“ aber jeweils nur die Veröffentlichungen im Kreisblatt. Dies lässt darauf schließen, dass die Stadt diese Bekanntmachung als maßgeblich angesehen hat – zumindest musste nach außen dieser Eindruck entstehen, zumal ausdrücklich auf die ergänzende Einstellung von Unterlagen im Internet hingewiesen wurde. Hierzu passt auch, dass § 14 Abs. 2 der Hauptsatzung genau dieses Vorgehen inzwischen vorschreibt. Die Vertreter der Antragsgegnerin haben zudem in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass dieses Verfahren bewusst gewählt wurde, weil Zweifel daran bestanden hätten, ob das Baugesetzbuch eine ausschließliche (Ersatz-)Bekanntmachung im Internet zugelassen hätte. Dies trifft in der Sache zwar – insbesondere für die Bekanntmachungen nach §§ 3 Abs. 2, 4a Abs. 3 BauGB – zu, 47vgl. in diesem Zusammenhang Nds. OVG, Beschluss vom 4. Mai 2012 – 1 MN 218/11 -, DVBl. 2012, 777 = juris Rn. 29 ff.; Urteil vom 29. Mai 2018 – 1 KN 53/17 u. a. -, BauR 2018, 1377 = juris Rn. 17 ff.; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 4a Rn. 34; Stock, ebd., § 10 Rn. 112a; Korbmacher, in: Brügelmann, BauGB § 4a Rn. 21; Schrödter/ Wahlhäuser, in: Schrödter, BauGB-Kommentar, 9. Aufl. 2019, § 3 Rn. 62 ff.; Köster, ebd, § 4a Rn. 20; Schrödter/Kukk, ebd., § 10 Rn. 46, 48rechtfertigte aber jedenfalls nicht die Bekanntmachung im Amtlichen Kreisblatt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Bekanntmachung gab es diese Bekanntmachungsalternative im Amtsblatt rechtlich nicht – die Stadt durfte sie mithin auch nicht wählen, selbst wenn ihre Zweifel berechtigt gewesen sein sollten. In diesem Fall hätte sie vielmehr auf eine Änderung der Hauptsatzung dringen müssen – wie es im März 2021 offenbar auch geschehen ist. 49Allein die „freihändige“ Wahl einer in der Hauptsatzung nicht vorgesehenen Bekanntmachungsform führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Denn sie beeinträchtigt den Zweck der Bekanntmachung, nämlich Rechtssicherheit und -klarheit zu schaffen, entscheidend. Durch das von der Antragsgegnerin gewählte Verfahren käme ein Bürger sicher nicht auf die Idee, es könnte andere, möglicherweise frühere – z. B. für Fristen maßgebliche – Bekanntmachungen an anderer Stelle geben. 50Hinzu kommt, dass objektiv nicht erkennbar war, dass die Bekanntmachung im Internet die eigentliche Bekanntmachung sein könnte. Diese Annahme lag gerade aufgrund ihres im Amtsblatt ausdrücklich als ergänzend bezeichneten Charakters mehr als fern. Im Übrigen bleibt die Frage offen, warum in diesem Fall die maßgebliche Bekanntmachung in den Aufstellungsvorgängen nicht dokumentiert wurde. In dem mit „Bekanntmachungen“ bezeichneten Unterordner II befinden sich ausschließlich die Abdrucke im Amtlichen Kreisblatt. Die Hinweise auf öffentliche Bekanntmachungen der Stadt Q. im Internet sind demgegenüber erst mit der Antragserwiderung vom 8. April 2021 teilweise vorgelegt worden. 51Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ergibt sich nichts anderes aus dem Hinweis in der Offenlegungsbekanntmachung im Kreisblatt des Kreises N. -M1. , wonach „die Bekanntmachung unter https://www.xxxAmtliche-Bekanntmachungen eingesehen werden“ kann. Zum einen findet sie sich erst nach dem Zusatz, dass die Aufstellungsunterlagen zusätzlich in das Internet eingestellt worden seien. Dass der zweite Hinweis dann so verstanden werden könnte oder sollte, dass es sich um die maßgebliche Bekanntmachung handele, liegt deshalb schon systematisch fern. Im Übrigen spricht auch die Formulierung selbst gegen ein solches Verständnis. Denn die Bekanntmachung kann danach dort nur „eingesehen“ werden. Träfe die Annahme der Antragsgegnerin zu, hätte es hingegen heißen müssen, die Bekanntmachung sei dort „erfolgt“. Bezeichnenderweise fehlt ein solcher Hinweis schließlich bei der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses im Kreisblatt. 52Schließlich haben die Vertreter der Antragsgegnerin selbst in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass dort ein solches Verständnis gerade nicht vertreten wurde. Angesichts dessen ist auszuschließen, dass die Einstellung in das Internet mit dem für das wirksame Inkraftsetzen einer Rechtsnorm erforderlichen Bekanntmachungswillen erfolgt sein könnte. 53Selbst wenn dies indes anders beurteilt werden könnte, änderte dies nichts an dem Bekanntmachungsmangel, weil auch die Bekanntmachung im Internet selbst nach den vorgelegten Dokumenten nicht den Anforderungen des § 14 Abs. 1 der Hauptsatzung entsprochen hat. Denn die – wie gesagt - erst mit der Antragserwiderung vom 8. April 2021 vorgelegten Vermerke enthalten nur die Bestätigung, dass der Hinweis auf die Internetbekanntmachung „im Aushangkasten am Verwaltungsgebäude M. /Q. “ – also Einzahl - ausgehängt worden sei. § 14 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt Q. verlangt indes einen Aushang an zwei Verwaltungsgebäuden, nämlich in Q. -M. und am Verwaltungsgebäude „Q. “. Dass dies hier geschehen und mit dem Querstrich ein doppelter Aushang bestätigt worden sein sollte, lässt sich wiederum nicht mit der für das Inkrafttreten einer Rechtsnorm erforderlichen Eindeutigkeit bestimmen; im Gegenteil ist ein solches Verständnis, das die Verwendung des Plural voraussetzte, nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Bestätigung ausgeschlossen. Zugleich ist nicht anzunehmen, dass die Antragsgegnerin auf die von den Antragstellerinnen erhobene Rüge nur eine solche Bestätigung vorgelegt hätte, wenn es ihrer zwei gegeben hätte. Hiergegen spricht im Übrigen, dass hinsichtlich der ebenfalls bemängelten ordnungsgemäßen Einberufung der Ratssitzungen jeweils beide Aushangnachweise beigebracht wurden. 542. Der Bebauungsplan Nr. 2 A „Gewerbestandort M. “ der Antragsgegnerin erweist sich zudem als materiell - durchgreifend - fehlerhaft. Er ist zwar städtebaulich erforderlich (dazu unter a), jedoch leidet er an mehreren, jeweils für sich genommen durchgreifenden beachtlichen Abwägungsfehlern (dazu unter c). Ob er mit Vorgaben der Raumordnung vereinbar ist, bedarf angesichts dessen keiner abschließenden Entscheidung (dazu b). 55a) Der Bebauungsplan ist in seiner Grundkonzeption im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich gerechtfertigt. 56Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die nur grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden. 57Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BauR 2013, 1399 = juris Rn. 9, und vom 27. März 2013 - 4 CN 6.11 -, BauR 2013, 1402 = juris Rn. 9, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 4. 58Gemessen daran ist der angegriffene Bebauungsplan dem Grunde nach städtebaulich gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen steht dem zunächst nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin sich bei ihrer Planung auch (genauer wohl: maßgeblich) an dem auf Kreisebene erarbeiteten Gewerbe- und Industrieflächenkonzept orientiert hat. Denn zumindest ihre (weiteren) Überlegungen zur nicht zu erwartenden Ausweisung weiterer GIB-Flächen im gegenwärtig erarbeiteten Regionalplan und zur beabsichtigten vorrangigen Ansiedlung arbeitsplatzintensiver Gewerbebetriebe sind hiervon unabhängig und grundsätzlich im Rahmen des § 1 Abs. 6 Nr. 8 BauGB tragfähige Überlegungen. 59Zweifel an der städtebaulichen Erforderlichkeit mögen vor diesem Hintergrund zwar durchaus bestehen. So ist die Überlegung, der Regionalplan werde keine weiteren GIB-Flächen ausweisen, zwar vor dem Hintergrund der weiträumig seit Jahrzehnten nicht einmal annähernd ausgenutzten entsprechenden Angebote im Stadtgebiet nicht unplausibel, allerdings nur schwer mit den weiteren Angaben der Antragsgegnerin zum Verständnis ihrer – so nicht vertretbaren und einen Abwägungsmangel begründenden (siehe unten) – Ausführungen in der Planbegründung zu vereinbaren, das Plangebiet werde nicht im Sinne eines regionalplanerischen GIB genutzt, weil sich überwiegend nur Gewerbebetriebe hier befänden. Danach soll es auf Regionalplanebene für (wie hier eingeschränkte) Gewerbegebiete in Zukunft die Kategorie eines besonderen ASB geben und die GIB-Flächen deshalb vorrangig Industriegebiete aufnehmen. Dies habe man – missverständlich – für die Planbegründung vorweggenommen. Dann wäre aber zumindest die Frage zu beantworten gewesen, ob solche besonderen ASB im Stadtgebiet in Betracht kommen, weil ein Gewerbegebiet wie das hier geplante gerade nicht mehr auf ein GIB angewiesen wäre. 60Hinzu kommt, dass sich der von der Antragsgegnerin angenommene Umplanungsbedarf für das gesamte Gebiet angesichts des Umstandes, dass bisher ohnehin nur etwa die Hälfte der Flächen baulich genutzt wird – und zwar augenscheinlich sowohl in den bisherigen Industriegebieten als auch in den bisherigen Gewerbegebieten –, nicht ohne weiteres erschließt, zumal es sich bei den zur Planrechtfertigung genannten Betrieben jedenfalls in Teilen (Fahrzeughalle für Oldtimer, Warenlagerung für den Innenausbau) um zwar flächenintensive, aber nicht eben arbeitsplatzintensive Tätigkeiten handelt und alle genannten Betriebe sich auch ohne Umplanung hier ansiedeln könnten, was vergleichbare Betriebe, etwa der Kunststoffverarbeitung, ohnehin bereits getan haben. Warum es gleichwohl erforderlich sein könnte, weitere Flächenreserven auch zulasten der ansässigen Betriebe schon jetzt zu schaffen bzw. zu sichern, hat die Antragsgegnerin indes nicht weiter dargelegt. 61Diese Aspekte führen indes (noch) nicht zu einem groben planerischen Missgriff, sondern lassen sich eher dem Bereich der Abwägung zuordnen und dort sachgerecht behandeln. 62Gleiches gilt schließlich für die von den Antragstellerinnen in der Sache zu Recht angeführten Defizite der Bestandserfassung. Diese führen jedenfalls nicht auf eine so grundlegende Fehleinschätzung der planerischen Ausgangslage, dass hierauf aufbauend überhaupt keine Neuplanung mit einer Gewerbegebietsausweisung hätte erfolgen dürfen. Das hat der Senat bereits in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 8. Mai 2018 – 2 D 44/17.NE -, BRS 86 Nr. 48 = juris Rn. 61 ff., ausgeführt. Daran ist auch im Lichte der im Hauptsacheverfahren gewonnenen neuen Erkenntnisse im Grundsatz festzuhalten. Selbst unter Berücksichtigung der Einwände der Antragstellerinnen dürfte zumindest eine weitgehende Rückführung der Industriegebiete zu Gewerbegebieten nach § 1 Abs. 3 BauGB möglich sein. 63b) Demgegenüber mag offenbleiben, ob die Bebauungsplanung mit den Zielen der Raumordnung vereinbar ist bzw. – dies letztlich als eine Frage der Abwägung – den regionalplanerischen Grundsätzen ausreichend Rechnung trägt. In diesem Zusammenhang hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Mai 2018 ausgeführt: 64„Ebenso wenig erscheint ein Verstoß gegen bindende Ziele der Raumordnung vorprogrammiert. Es ist bereits zweifelhaft, ob die von der Antragstellerin unter Bezugnahme auf in der ablehnenden Stellungnahme der Bezirksregierung E. vom 19. September 2017 angeführten Regelungen des Regionalplans für den Regierungsbezirk E. – Teilabschnitt Oberbereich C. – tatsächlich den Charakter von – verbindlichen – Zielen der Raumordnung haben. In diesem Zusammenhang spricht allerdings Vieles dafür, dass es jedenfalls an der abschließenden Abgewogenheit der Bestimmungen im Hinblick auf die mit den „Soll-Festlegungen“ zwangsläufig verbundenen Ausnahmemöglichkeiten fehlt, wie bereits die Antragsgegnerin zutreffend eingewandt hat. 65Dies bedurfte hier indes keiner abschließenden Betrachtung, weil raumordnerische Vorgaben unter dem Gesichtspunkt der Darstellung des Gebietes als GIB durch die geplanten Änderungen letztlich nicht betroffen sind. Denn mit dieser Vorgabe werden durch Bauleitpläne festzusetzende Industrie- und Gewerbegebiete gleichermaßen und gewissermaßen undifferenziert erfasst. Allein in diesem Spektrum bewegen sich aber die geplanten Änderungen. Da die Antragsgegnerin auch eine vollständige Überplanung zumindest beabsichtigt, werden auch nicht zwangsläufig neue, sich gegenseitig störende gewerbliche/industrielle Mischnutzungen innerhalb eines GIB geschaffen. Schließlich ist auch eine Genehmigungsbedürftigkeit des umstrittenen Bebauungsplans durch die Bezirksregierung nicht ersichtlich. Ihre gegenteilige Auffassung hat die Antragstellerin auch nicht näher ausgeführt. Vorstehende Überlegungen gelten angesichts des noch einmal geringeren Detaillierungsgrades des LEP erst recht für die vorgebrachten landesplanerischen Bedenken.“ 66Ob hieran auch unter Berücksichtigung der vertiefenden Ausführungen der Antragstellerinnen insbesondere im Hinblick auf Ziel 4 des Gebietsentwicklungsplanes für den Regierungsbezirk E. – Teilabschnitt Oberbereich C. “ festzuhalten wäre – und ob in diesem Fall die Antragsgegnerin zumindest den dortigen Grundsätzen hinreichend Rechnung getragen hat –, bedarf vor dem Hintergrund der feststehenden formellen und materiellen Mängel des Bebauungsplans und angesichts des Umstandes, dass sich der Regionalplan im Verfahren der Neuaufstellung befindet, sodass absehbar eine etwaige Neuplanung der Antragsgegnerin auf andere raumordnerische Vorgaben träfe, indes keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat weist allerdings vorsorglich daraufhin, dass zumindest die Auseinandersetzung mit Ziel 4 – sei es als Ziel, sei es als Grundsatz der Raumordnung – nicht hinreichend erscheint. Der Verweis darauf, der Regionalplan lasse es im Einzelfall auch zu, dass in einer Kommune überhaupt kein Industriegebiet festgesetzt werde, weil und wenn es hierfür gemeindeweit keine geeigneten Flächen gebe, dürfte für die Antragsgegnerin nicht gelten und die Änderungsplanung nicht rechtfertigen. Denn es ist weder ersichtlich noch nachvollziehbar dargelegt, warum das die ersatzlose Streichung eines langjährigen Industriegebiets, das zumindest in Teilen – und offenbar konfliktfrei - industriegebietstypisch genutzt wird, rechtfertigen könnte. 67b) Der Bebauungsplan weist aber jedenfalls mehrere für sich genommen durchgreifende Abwägungsmängel auf. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Bestandserfassung ist so defizitär (dazu aa). Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin auch in rechtlicher Hinsicht von einem fehlerhaften Verständnis der planerischen Ausgangssituation ausgegangen (dazu bb). Im Anschluss hat sie die allgemeinen Folgen ihrer Planung für die bestehenden, nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigten Betriebe nicht zutreffend abgewogen (dazu cc); namentlich greift der angenommene Konfliktlösungsmechanismus jedenfalls in der dargelegten Form zu kurz (dazu dd). Zusätzlich hat sie die betrieblichen Interessen der Antragstellerinnen selbst (insbesondere der Antragstellerin zu 1.) – ebenso wie diejenigen der Antragstellerinnen im Verfahren 2 D 140/20.NE (Urteilsabdruck S. 48 ff.), was für den Erfolg der Antragstellerinnen im hiesigen Verfahren schon ausreichte - fehlerhaft erfasst (dazu ee) und bewertet (dazu ff). 68§ 1 Abs. 7 BauGB verlangt bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich darauf zu beschränken, ob in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. 69Vgl. grundlegend: BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 ff. = juris Rn. 29, und vom 5. Juli 1974 ‑ 4 C 50.72 ‑, BVerwGE 45, 309 ff. = juris Rn. 45. 70Wird ein Bebauungsplan geändert, so ist zudem das Interesse der Planbetroffenen an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes abwägungserheblich. Zwar gewährt das Baugesetzbuch keinen Anspruch auf den Fortbestand eines Bebauungsplans. Änderungen des Bebauungsplans sind nicht ausgeschlossen. Die Planbetroffenen besitzen jedoch regelmäßig ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass die ortsrechtlichen Festsetzungen des Plans nicht ohne Berücksichtigung ihrer Belange geändert werden. Nimmt der Plangeber Veränderungen bestehender Festsetzungen vor, muss er sich im Klaren darüber sein, dass er damit möglicherweise in das ursprüngliche planerische Konzept eingreift und es bedarf ggf. besonderer Überlegungen, ob diese Änderungen sachgerecht sind. Denn der ursprüngliche Bebauungsplan einschließlich sämtlicher Festsetzungen war seinerseits Gegenstand einer wohlabgewogenen Planung. Greift der Änderungsplan zudem in ein bestehendes Recht zur Bebauung ein, bedarf es besonderer Sorgfalt bei der Abwägung. Denn der normativen Entziehung oder Beschränkung desselben kommt erhebliches Gewicht zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muss. Beim Erlass wie bei der Änderung eines Bebauungsplans muss im Rahmen der planerischen Abwägung das private Interesse am Erhalt bestehender baulicher Nutzungsrechte mit dem öffentlichen Interesse an der gewollten städtebaulichen Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden. Dabei ist in die Abwägung einzustellen, dass sich der Entzug der baulichen Nutzungsmöglichkeiten für den Betroffenen wie eine (Teil-)Enteignung auswirken kann. 71Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 ‑ 1 BvR 1402/01 ‑, BRS 65 Nr. 6 = juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2010 - 10 D 92/08.NE -, juris Rn. 40; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 372 ff. 72Die Verpflichtung des Rates, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise zum Ausgleich zu bringen, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht, kann die Prüfung ernsthaft in Betracht kommender Standort- und Ausführungsvarianten erforderlich machen. 73Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. August 2021 – 10 D 106/14.NE -, ZNER 2021, 512 = juris Rn. 84, m. w. N. 74Handelt es sich um ein bebautes Gebiet, ist der abzuändernde Bebauungsplan also (zumindest partiell) umgesetzt, bedarf es zudem einer sorgfältigen Aufnahme und Ermittlung des vorhandenen Bestandes und sodann einer hierauf aufbauenden Bewertung der planbedingten Änderungen. 75Vgl. dazu nur OVG NRW, Urteile vom 28. September 2021 – 2 D 121/20.NE -, juris Rn. 74, vom 9. Oktober 2017 – 2 D 98/15.NE -, juris Rn. 74, und vom 25. November 2009 - 10 D 93/07.NE -, juris; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB - Kommentar, Stand Mai 2015, § 1 Rn. 195, 207 m. w. N.; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 374. 76Zu den zu beachtenden Belangen zählt dabei auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Abwägungsbeachtlich ist daher nicht nur das Interesse an der weiteren Ausnutzung des vorhandenen Betriebszustandes, sondern auch das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebsausweitung im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung. Damit sind jedenfalls solche Fälle abwägungsbeachtlich, in denen diese Entwicklung bereits konkret ins Auge gefasst ist oder bei realistischer Betrachtung bei den von dem Betriebsinhaber aufzuzeigenden betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten naheliegt. Das Interesse des Betriebsinhabers, sich alle Entwicklungen und Entwicklungsmöglichkeiten offenzuhalten, reicht indes ebenso wenig aus wie unklare oder unverbindliche Absichtserklärungen. 77Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 5. September 2000 – 4 B 56.00 -, BRS 63 Nr. 107 = juris Rn. 6 ff., OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2019 – 2 B 1425/18.NE -, BauR 2019, 1274 = juris Rn. 33, und vom 14. Juli 2010 – 2 B 637/10.NE -, juris Rn. 13, sowie Urteil vom 22. Mai 2000 – 10a D 139/98.NE -, BauR 2001, 84. 78Ob diese für den Fall einer an einen Planaußenlieger heranrückenden Wohnbebauung entwickelten Grundsätze ohne Abstriche auf den hier vorliegenden Fall eines im Plangebiet tätigen Betriebes übertragbar sind, für den die planungsrechtlichen Grundlagen unmittelbar verändert werden, ist zwar nicht zweifelsfrei, hier aber nicht entscheidungserheblich, weil die Antragsgegnerin bereits diesen jedenfalls geltenden Abwägungsmaßstäben nicht gerecht geworden ist. 79aa) Ausgehend hiervon ist bereits die von der Antragsgegnerin vorgenommene Bestandsermittlung defizitär und konnte deshalb einer rechtmäßigen Abwägungsentscheidung so nicht zugrunde gelegt werden. 80Entgegen dem wiederholten Vorwurf der Antragstellerinnen spricht allerdings nichts dafür, dass sie veraltet sein könnte. Zwar trifft es zu, dass die Erfassung der vorhandenen Nutzungen auf dem Stand des Jahres 2017 ist und zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses mithin bereits mindestens zwei Jahre alt war. Dass es in dieser Zeit relevante Änderungen in den vorhandenen Nutzungen gegeben haben könnte, ist aber mindestens unwahrscheinlich, nachdem die Antragsgegnerin bereits mit dem Aufstellungsbeschluss eine Veränderungssperre für das gesamte Plangebiet beschlossen hatte. Dementsprechend haben die Antragstellerinnen auch auf konkreten Vorhalt der Antragsgegnerin kein Beispiel für relevante neue, geänderte oder aufgegebene Nutzungen im Plangebiet zwischen 2017 und 2019 benannt. 81Demgegenüber hat die Antragsgegnerin aber nicht ausreichend ermittelt und/ oder dokumentiert, in welchem Umfang die im Plangebiet konkret vorhandenen Nutzungen einem Industriegebiet oder einem Gewerbegebiet zuzuordnen sind. Aus den Aufstellungsvorgängen ergibt sich bereits nicht mit hinreichender Eindeutigkeit, worauf die der Planung zugrunde gelegte Nutzungskartierung genau beruht. Es wird nur auf die „bekannten“ Vorhaben- und Anlagengenehmigungen verwiesen (etwa IX/13a). Ob damit gemeint ist, dass für alle vorhandenen Betriebe entsprechende Genehmigungen eingesehen wurden oder lediglich die tatsächlich bekannten (aber nicht unbedingt vollständigen), ist den Aufstellungsvorgängen mangels näherer Erläuterung nicht zu entnehmen. In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der Antragsgegnerin hierzu ergänzend ausgeführt, Genehmigungsvorgänge seien „so weit wie möglich“ beschafft worden. In welcher Breite dies die vorhandenen Nutzungen erfasst hat und ob damit zumindest alle für die Zuordnung zu Gewerbe- oder Industriebetrieben problematischen Unternehmen erfasst wurden, erschließt sich auch daraus genau so wenig wie aus der Dokumentation und konnte vom Rat entsprechend auch nicht zugrundegelegt werden. Gewisse Zweifel an einer insoweit ausreichenden Ermittlungstiefe bleiben insbesondere hinsichtlich des von den Antragstellerinnen bereits im Aufstellungsverfahren thematisierten kunststoffverarbeitenden Betriebes X1. . Hierzu verhalten sich die Aufstellungsvorgänge – insbesondere die Abwägungen – anders als für andere Betriebe mit keinem Wort, während im gerichtlichen Verfahren hierzu zunächst eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung bzw. Anzeige jedenfalls unterstellt („Selbst wenn dieses auf immissionsschutzrechtlicher Grundlage betrieben wird“) und erst mit Schriftsatz vom 14. Juli 2021 das Vorliegen (nur) einer Baugenehmigung mitgeteilt wurde. 82Schwerer wiegt indes, dass die Kategorisierung der Antragsgegnerin, jedenfalls soweit sie in den Aufstellungsvorgängen dokumentiert ist, die so unzulässige Gleichung, dass ein industriegebietstypischer Betrieb ein immissionsschutzrechtlich (oder abfallrechtlich) genehmigungsbedürftiger Betrieb sei und insbesondere alle (nur) baurechtlich genehmigten Betriebe in einem Gewerbegebiet angesiedelt werden könnten, zugrunde gelegt hat. Das greift jedenfalls zu kurz, wie Antragserwiderung selbst einräumt. Nicht anders kann aber jedenfalls die wiederholte Aussage in der Schlussabwägung in der kumulierten Auseinandersetzung mit den Einwänden u. a. der Antragstellerinnen aus der förmlichen und der erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung verstanden werden, in denen die Antragsgegnerin wörtlich ausführt: „Die Firma K1. L. Absetzmulden und Transporte GmbH, Firma L1. Bohrunternehmung GmbH, Firma N1. N2. GmbH (Spedition) sind nachweislich kein BImSch-pflichtiger Betrieb und somit nicht ,industriegebietspflichtig‘“ (etwa IX/13aR, 26aR und 35a, Hervorhebung nur hier). Eine solche Gleichsetzung ist aber schon mit Blick auf § 15 Abs. 3 BauNVO unzulässig. 83Vgl. dazu etwa Pützenbacher, in: Bönker/Bischopink, BauNVO-Kommentar, 2. Aufl. 2018, § 15 Rn. 185 ff.; Roeser, in König/Roeser/Stock, BauNVO-Kommentar, 4. Aufl. 2018, § 15 Rn. 48 ff. 84Ausgehend hiervon ist es zumindest in sich schlüssig, wenn auch nicht richtig, dass sie die einzelnen Betriebe nicht weiter betrachtet hat. Soweit die Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang betont haben, man habe die Genehmigungsbasis lediglich als Indiz und grobe Richtschnur, nicht aber als alleiniges Kriterium herangezogen, lässt sich dies den Aufstellungsvorgängen nicht entnehmen. Zu keinem der von den Antragstellerinnen konkret benannten Betrieben findet sich eine Auseinandersetzung, die über die zuvor genannte rein schematische Differenzierung hinausginge. 85Die von der Antragsgegnerin angeführte Passage der Planbegründung, die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht einer Anlage sei lediglich ein Indiz dafür, dass diese nur in einem Industriegebiet realisiert werden könne und sich ein Industriegebiet vom Gewerbegebiet im eigentlichen Sinne durch die Ansiedlung von Betrieben, die ein ortsunübliches Maß an Umweltbelastung (wie Lärm, Staub, Geruch) produzierten und darum von Wohngebieten ferngehalten werden sollten, unterscheide, ist insoweit ebenfalls unergiebig. Allenfalls lässt sie sich in der Weise verstehen, dass die Antragsgegnerin es für möglich gehalten hat, dass auch immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Betriebe im Einzelfall einen geringeren, gewerbegebietsverträglichen Störgrad haben können, dies hier aber in keinem Fall feststellen konnte. Konkrete Prüfungen sind allerdings nicht dokumentiert. Jedenfalls finden sich aber weder theoretische noch tatsächliche Anhaltspunkte für Untersuchungen in die „andere Richtung“, also dafür, dass auch ein nur baurechtlich genehmigter Betrieb im Einzelfall ein industriegebietstypisches Störpotenzial haben kann. 86Hierzu hätte indes nicht nur aufgrund der vor allem von den Antragstellerinnen im Aufstellungsverfahren konkret benannten Betriebe Veranlassung bestanden, zumal gerade bei den von ihr zentral genannten Logistikbetrieben die Zuordnung zu einer Gebietskategorie nach der Baunutzungsverordnung auch nach der Rechtsprechung u. a. des erkennenden Gerichts von den Umständen des Einzelfalls abhängt, 87vgl. zuletzt OVG NRW, Urteil vom 8. April 2021 - 2 D 96/18.NE -, juris Rn. 52 ff., 88sondern insbesondere aufgrund des von der Antragsgegnerin selbst eingeholten Sachverständigengutachtens der B. GmbH vom 14. August 2017. Denn dieses bestätigt aufgrund eigener fachkundiger Bewertung, dass jedenfalls teilweise den angeführten Betrieben ein industriegebietstypisches Störpotential zuzuordnen ist. Das gilt namentlich für die von den Antragstellerinnen konkret angeführte und beschriebene Spedition H1. , der wie auch anderen Betrieben das Emissionskontingent eines Industriebetriebes (65 dB/m²) zugeordnet wird. Grund hierfür ist in allen diesen Fällen laut Gutachten, dass diese Betriebe „nach unserer fachlichen Auffassung GI-typisch“ sind (Gutachten S. 3, VII/66 ff.). Dies trifft danach auch auf den weiteren, von den Antragstellerinnen nicht thematisierten Betrieb X2. Tierfutter (X3. ) zu (Gutachten S. 9). Dort heißt es ausdrücklich, der Betrieb habe einen GI-Störgrad, angesetzt wird weiter „sicherheitshalber“ auch ein 24h-Betrieb. Eine (fundierte) Auseinandersetzung hiermit ist den Aufstellungsvorgängen nicht zu entnehmen. Auch den im Rahmen der Behörden- und Trägerbeteiligung eingegangenen detaillierten Stellungnahmen der IHK P. zu C. und des Kreises N. -M1. , die ebenfalls eine unzureichende Bewertung der vorhandenen Nutzungen als industriegebietstypisch gerügt hatten, hat die Antragsgegnerin nichts Konkretes entgegen gesetzt. 89Soweit in der mündlichen Verhandlung das Vorgehen letztlich damit gerechtfertigt wurde, die vorhandenen Betriebe hätten eine Bringschuld, wenn sie sich in der vorgenommenen Zuordnung nicht wiederfänden, sodass davon ausgegangen werden könne, sie seien mit der Eingruppierung für sich einverstanden, wenn sie sich nicht meldeten, mag das für die subjektive Abwägung individueller Belange der einzelnen Betriebe tragfähig sein, nicht jedoch für die objektiv erforderliche sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung, um die es an dieser Stelle geht. Die nicht zuletzt für die Antragstellerinnen relevante Frage nach der objektiven Charakteristik, die sich aus dem Bestand ergibt, kann nicht allein oder maßgeblich nach der Beteiligungs- oder Duldungsbereitschaft der ortsansässigen Betriebe beantwortet werden. 90Allgemein entsteht auch der Eindruck, das Ausmaß industriegebietstypischer Nutzungen werde möglichst verharmlost. So ist irritierend häufig von „geringfügiger“ Ansiedlung von Industriebetrieben die Rede. Dies erscheint angesichts der Tatsache, dass selbst nach Erhebung der Antragsgegnerin mindestens 8 ha (also etwa 1/5 der bisher im Plangebiet überhaupt baulich genutzten Fläche) von industrietypischen (oder ähnlichen) Betrieben genutzt werden, kaum als eine tatsachengestützte Qualifikation, zumal weitere nicht in ein Gewerbegebiet „passende“ Betriebe wie Biogasanlage, Solaranlage oder großflächiger Einzelhandel (Baumarkt) nicht unwesentliche weitere Flächen beanspruchen. 91bb) Zudem ist die Antragsgegnerin ausweislich der Planbegründung auch in rechtlicher Hinsicht von fehlerhaften Annahmen ausgegangen. Nach den an prominenter Stelle auf den Seiten 1 und 2 der Planbegründung „Planungsanlass, Ziel und Erforderlichkeit der Planung“ zu findenden grundlegenden Ausführungen hat sie ein Planungsbedürfnis gerade auch mit Blick auf die übergeordnete Regionalplanung gesehen, weil das Plangebiet nicht dem Anforderungsprofil des im Regionalplan an dieser Stelle dargestellten GIB entspreche. Zur Begründung wird sodann angeführt, dass der deutlich überwiegende Teil der Grundstücke bzw. des Nettobaulandes durch Gewerbebetriebe genutzt werde und deshalb nicht im Sinne eines GIB genutzt werde. Diese Schlussfolgerung ist indes schlicht falsch, weil – wie die Antragserwiderung an anderer Stelle heraushebt und auch in der Abwägung der Antragsgegnerin zum nicht gegebenen Widerspruch der Planung zu den raumordnungsrechtlichen Vorgaben angeführt wird (etwa IX/39aR) – die regionalplanerische Vorgabe eines Bereichs für gewerbliche und industrielle Nutzungen Industrie- und Gewerbegebiete gleichermaßen und gewissermaßen undifferenziert erfasst. Die Ansiedlung von Gewerbebetrieben in einem GIB ist also kein Widerspruch zu derartigen Ausweisungen, sondern gerade zielkonform. 92Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die in der mündlichen Verhandlung hierzu gegebene Erläuterung, der Plangeber habe gewissermaßen im Vorgriff bereits eine künftige Feindifferenzierung des Ausweisungsinstrumentariums der Regionalplanung zugrunde gelegt, zwar zutreffen mag, in der Begründung aber so nicht einmal ansatzweise zum Ausdruck kommt. Im Gegenteil dürfte dann bei einer zugrunde zu legenden GIB-Ausweisung ein großflächiges (eingeschränktes) Gewerbegebiet erst recht nicht in Betracht kommen. 93cc) Darüber hinaus liegt der Abwägung eine fehlerhafte Bewertung der Planungsfolgen jedenfalls für die Betriebe zugrunde, die bisher im Plangebiet aufgrund einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung tätig sind. 94(1) So hat die Antragsgegnerin bereits grundlegend deren Situation verkannt, indem sie durchgängig in der Abwägung von der frühzeitigen bis zur erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung und in der Planbegründung an besonders exponierter Stelle (dort S. 2) hervorgehoben und der Planung zugrunde gelegt hat, diese Betriebe erführen durch die Festsetzung (nur noch) eines Gewerbegebietes aufgrund ihrer heute bestehenden Genehmigung „keinen Nachteil“. Das ist selbst dann falsch, wenn die Auffassung der Antragsgegnerin zum Umfang des § 16 Abs. 5 BImSchG und zu nicht erforderlichen weitergehenden Festsetzungen zuträfe (was – wie nachfolgend ausgeführt wird - indes gerade nicht der Fall ist). Denn selbstverständlich ist allein der Verlust von Entwicklungsmöglichkeiten oder betrieblichen Freiheiten, selbst wenn sie sich noch nicht zu einem abwägungserheblichen Belang verdichtet haben sollten, ein Nachteil für die betroffenen Unternehmen. Mit dieser apodiktischen Feststellung hat sich die Antragsgegnerin damit den Zugang zu einer abwägungsgerechten Planung verstellt. 95(2) Dies ist im vorliegenden Zusammenhang umso schwerwiegender, als die Antragsgegnerin zugleich die Rechtsposition der Industrieunternehmen im Hinblick auf ihre zukünftigen betrieblichen Optionen, insbesondere die Anlagenerneuerung, in mehrfacher Hinsicht rechtlich unzutreffend eingeschätzt hat. So ist sie davon ausgegangen, dass eine vollständige oder teilweise Erneuerung von Anlagen oder Anlagenteilen für diese Betriebe von § 16 Abs. 5 BImSchG ohne Weiteres gedeckt sei und diese daher – anders als etwa bei Gewerbebetrieben – keiner Genehmigung bedürften. Da nur eine solche Erneuerungsmöglichkeit vom Plangeber gewünscht sei, könne es damit sein Bewenden haben und eine Regelung, wie sie für die ortsansässige Einzelhandelsbetriebe nach § 1 Abs. 10 BauNVO getroffen worden sei, sei insoweit nicht erforderlich. Damit hat sie die rechtliche Ausgangslage allerdings verkannt und ist so zugleich zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung gelangt, indem sie zumindest in Teilen im bisherigen Industrie- und Gewerbegebiet unzulässige großflächige Einzelhandelsbetriebe besser gestellt hat als die bisher dort zulässigen Industriebetriebe. 96Denn in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 16 Abs. 5 BImSchG die Pflicht, für den Austausch oder Ersatz von Anlagen oder Anlagenteilen eine Baugenehmigung einzuholen, nicht einschränkt oder gar aufhebt. Auch im Fall eines Wiederaufbaus einer etwa nach einem Brandereignis zerstörten Anlage entbindet § 16 Abs. 5 BImSchG lediglich von der Pflicht, ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen, nicht jedoch von der Beachtung anderer behördlicher Genehmigungserfordernisse. Mit anderen Worten hat § 16 Abs. 5 BImSchG keine Konzentrationswirkung. 97So BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2011 – 4 C 12.10 -, BVerwGE 141, 293 = juris Rn. 15 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 5. April 2019 – 22 CS 18.2572, 22 CS 19.23 -, ZUR 2019, 491 = juris Rn. 51, Jarass, BImSchG-Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 16 Rn. 21 m. w. N. 98Aufgrund der geänderten Gebietsfestsetzung ist es aber jedenfalls den Industriebetrieben unmöglich, eine für die Neuerrichtung von Anlagenteilen im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen oder für die Wiedererrichtung ihres Betriebes im Falle eines Unglücks erforderliche Baugenehmigung zu erhalten. Gegebenenfalls wären sie aus Rechtsgründen nicht einmal in der Lage, Anforderungen der Immissionsschutzbehörde, die gewährleisten sollen, dass die Anlage auf dem Stand der Technik weiterbetrieben wird, zu erfüllen, weil und soweit dies mit baurechtlich genehmigungsbedürftigen Arbeiten verbunden ist. All dies hat die Antragsgegnerin in ihre Abwägung offenkundig nicht gesehen und damit die auf dem Spiel stehenden Belange aller nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigten ortsansässigen Betriebe, unter anderem auch des Unternehmens der Antragstellerin zu 1., fundamental fehlerhaft eingeschätzt und damit nicht ordnungsgemäß abgewogen. 99In diesem Zusammenhang kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin die Reichweite der vorhandenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für den Normalbetrieb ebenfalls nicht zutreffend erfasst hat. Sie ist erklärtermaßen davon ausgegangen, dass etwa die Errichtung weiterer baulicher Anlagen im Rahmen der erteilten Anlagengenehmigung auch nach der Neuplanung ebenso zulässig bliebe wie beispielsweise die Einbeziehung weiterer Abfallarten, soweit sie mit den genehmigten vergleichbar sind. Dies trifft indes ebenfalls nicht zu. Hierbei handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich bzw. abfallrechtlich genehmigungsbedürftige Änderung, die aufgrund der Neuplanung nicht mehr zulässig ist. Diese Auffassung vertritt offenbar zumindest die Bezirksregierung E. als zuständige Genehmigungsbehörde. Auch insoweit ist die Antragsgegnerin also von falschen Annahmen ausgegangen. 100(3) Schließlich hat die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Bestands- bzw. Entwicklungsinteressen der vorhandenen Industriebetriebe sich im Kern darauf beschränkt, bestandsschützende Festsetzungen innerhalb der umfassenden Gewerbegebietsausweisung zu prüfen. Jedenfalls nicht mehr ernsthaft erwogen hat sie im Anschluss an die Bestandsaufnahme, ob nicht zumindest Teile der bisher als Industriegebiet festgesetzten Bereiche auch in Zukunft mit dieser Festsetzung fortgeführt werden könnten, ohne die Planungsziele zu gefährden. Erwogen worden ist offenbar allein, für die jeweiligen Betriebsgrundstücke eine anlagenbezogene Industriegebietsausweisung vorzunehmen. Dies hat die Antragsgegnerin – als solches nachvollziehbar – wegen des dann entstehenden Flickenteppichs für nicht vorzugswürdig gehalten. Die Alternative einer flächenbezogenen Ausweisung unter Einbeziehung möglicherweise auch einzelner, nicht oder noch nicht durch Industriebetriebe genutzter Grundstücke ist allerdings offenbar aus dem Blick geraten. Eine solche, noch mit dem Aufstellungsbeschluss und im Verfahren der Veränderungssperre stets betonte Möglichkeit lag aber zumindest in dem Bereich nahe, in dem sich bereits bisher in nennenswertem Umfang selbst nach Auffassung der Antragsgegnerin auf ein Industriegebiet angewiesene Betriebe befinden, also im Nordwesten des Plangebietes. 101Nimmt man hinzu, dass sich hier mit einer nach den Feststellungen des Gutachters einem Industriegebiet zuzuordnende Spedition ein weiterer auf eine solche Gebietsausweisung angewiesener Betrieb befindet, wäre hier dem Bestand entsprechend ohne Weiteres ein Industriegebiet festsetzungsfähig gewesen. Denn dadurch wären zugleich die mit der Planung verfolgten Ziele der Antragsgegnerin allenfalls in einem untergeordneten Umfang berührt gewesen. Dieses in der Nähe zum Kraftwerk I. und in großer Entfernung zu den nächstgelegenen Siedlungsbereichen situierte Gebiet ist – wie nicht zuletzt das Gutachten gezeigt hat – im Hinblick auf industriegebietstypische Immissionen unbedenklich. Zugleich lässt sich hier aufgrund der bestehenden baulichen Ausnutzung die gewünschte Ansiedlung von Gewerbebetrieben ohnehin kaum realisieren. Dies setzte zumindest in weiten Teilen die Aufgabe der bisherigen Betriebe voraus, die die Antragsgegnerin mit der vorliegenden Planung indes erklärtermaßen nicht forcieren will. Diese Betriebe sollen nach ihrer Vorstellung vielmehr durch die Neuplanung „keinen Nachteil“ erleiden. 102dd) Im Rahmen der Betrachtung der Konsequenzen für die bestehenden Industriebetriebe hat die Antragsgegnerin schließlich auch deren reines Bestandsinteresse im Hinblick auf die Neuansiedlung von Gewerbebetrieben in einem infolge der angegriffenen Bauleitplanung ausgewiesenen (eingeschränkten) Gewerbegebiet nicht hinreichend erfasst. Sie ist vielmehr davon ausgegangen, auch insoweit werde sich für die bestehenden Betriebe nichts ändern und hat dies wie folgt begründet: 103„Das Plangebiet stellt heute eine Nachbarschaft von Industriegebiet und Gewerbegebiet dar. Vorhandene Gewerbebetriebe haben sich in Kenntnis eines Industriegebietes und einer vorhandenen bzw. möglichen Nachbarschaft von industriegebietstypischen Betrieben in diesem angesiedelt. Gleichfalls haben sich in geringfügigem Umfang Industriebetriebe im festgesetzten Industriegebiet angesiedelt, in Kenntnis einer festgesetzten Nachbarschaft von gleichfalls Industriegebiet. 104Ein „Gebietsbewahrungsanspruch“, der den in dem Plangebiet ansässigen Industriebetrieben die Möglichkeit einräumt, sich gegen eine gebietsfremde Nutzung zur Wehr zu setzen, wird nicht verletzt. Zudem gibt es keinen „Plangewährleistungsanspruch“ in dem Sinne, dass ein bisheriger Bebauungsplan mit seinem konkreten Inhalt auf Dauer aufrechtzuerhalten ist und umgesetzt werden muss. 105Zwar entfaltet § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO über das darin enthaltene Rücksichtnahmegebot eine nachbarschützende Wirkung und beinhaltet auch insofern Nachbarschutz, als die Vorschrift einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung (hier: als Industriegebiet) enthält. Die Maßstäbe des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO gelten dabei jedoch für alle Nutzungen in dem Baugebiet. Hieraus ergibt sich also kein Abwehranspruch eines industriegebietstypischen Betriebes gegen einen gewerbegebietstypischen Betrieb innerhalb eines Industriegebietes mit der Begründung, dass dieser einen „Schutzanspruch“ gegenüber einem Industriebetrieb reklamieren könnte. Der Gewerbebetrieb ist innerhalb eines Industriegebietes ebenso zulässig wie der Industriebetrieb. 106So verhält es sich im Umkehrschluss auch bei der Festsetzung von Gewerbegebiet anstatt von Industriegebiet. Die faktische Situation wird durch den Bebauungsplan nicht verändert. Die in geringem Umfang vorhandenen gegebenenfalls industriegebietstypischen Betriebe sind in ihrem Bestand innerhalb des zukünftigen Gewerbegebietes gesichert. Ein Abwehranspruch von zukünftig hinzutretenden Gewerbebetrieben gegen diese vorhandenen und genehmigten Industriebetriebe besteht nicht, da hier ebenso das Rücksichtnahmegebot gilt.“ (Planbegründung S. 8, in der Sache schon die Abwägung zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung S. I/62a) 107Diese Annahme greift jedenfalls deshalb zu kurz, weil die Antragsgegnerin übersehen hat, dass die bisherige Situation (Gewerbe im Industriegebiet) sich grundlegend anders darstellt als die zukünftige (Industrie im Gewerbegebiet). Denn in dem einen Fall handelt es sich um zwei Betriebsformen, die gleichermaßen in dem festgesetzten Gebiet zulässig sind, während zukünftig nur noch eine der beiden konkurrierenden Betriebsformen im Plangebiet zulässig wäre und sich deshalb auf ihre planungsrechtliche Zulässigkeit exklusiv berufen könnte. Demgegenüber sind die vorhandenen Industriebetriebe planungsrechtlich in keiner Weise abgesichert, für sie gilt – wie ausgeführt - nicht einmal eine Fremdkörperfestsetzung. Ob und inwieweit sie mit Erfolg zukünftig eine Rücksichtnahme von planungsrechtlich allgemein zulässigen Nutzungen einfordern könnten, ist angesichts dessen zumindest fraglich, zumal der von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang herangezogene § 15 Abs. 1 BauNVO eine grundsätzliche Gebietsverträglichkeit voraussetzt, die nunmehr für die industriegebietstypischen Betriebe nicht mehr besteht. Der von der Antragsgegnerin ohne weitere Plausibilisierung in den Raum gestellte „Umkehrschluss“ greift so jedenfalls zu kurz. 108Dies gilt umso mehr, als sich der Schutzanspruch im Plangebiet – offenbar entgegen der Annahme der Antragsgegnerin – verändert. Denn zukünftig gelten insoweit die im Verhältnis zum Industriegebiet niedrigeren Immissionsrichtwerte eines Gewerbegebietes, auf die sich insbesondere neue Unternehmen berufen könnten. Insofern trifft die Befürchtung der Antragstellerinnen, es könnten sich stärker immissionssensible Betriebe ansiedeln, zu. Hierauf müssten sich auch die vorhandenen Industriebetriebe einstellen. Selbst wenn ihnen in den ihnen erteilten Genehmigungen – wofür allerdings nichts Greifbares ersichtlich oder von der Antragsgegnerin ermittelt worden ist – bisher industriegebietstypische Immissionen ausdrücklich zugestanden sein sollten, erscheint das planerische Vertrauen darauf, dass sich hieran zukünftig nichts ändern wird, nicht verlässlich. Dass es etwa beim Austausch von Anlagenteilen nicht zur Aktivierung dynamischer Betreiberpflichten im Hinblick auf die Einhaltung der nunmehr geltenden Immissionsrichtwerte eines Gewerbegebietes kommen können sollte, erscheint vielmehr als eine eher gewagte Hypothese. 109ee) Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin schließlich auch die konkreten betrieblichen Interessen der Antragstellerinnen nicht hinreichend gewürdigt. 110Sie hat die schon im Aufstellungsverfahren vorgetragenen Erweiterungsinteressen, wonach die Antragstellerin zu 1. die Ausweitung der Betriebstätigkeit auf die Aufbereitung von PVB-Folien aus Sicherheitsverglasungen (etwa bei Autoscheiben) oder die Aufnahme neuer Glassorten plane bzw. hierauf angewiesen sei, nicht hinreichend in ihre Abwägung eingestellt. 111Sie hat vielmehr an die Konkretisierung in der gegebenen Situation unangemessen hohe, letztlich nicht sinnvoll zu erfüllende Anforderungen gestellt. Dabei hat sie die Darstellung der Antragstellerinnen letztlich als Wunschvorstellungen (ab)qualifiziert und deren allgemeinem Flexibilitätsbedürfnis zugeordnet. Diese Wertung erscheint unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin bewusst – und zulässiger Weise – herbeigeführten planerischen Ausgangslage jedenfalls deutlich überzogen. Wie und auf welche Weise entsprechende Erweiterungen der Anlage bzw. Ergänzungen der Betriebsabläufe stattfinden sollen, wäre in einer Anlagengenehmigung darzulegen, zu der es hier schon aufgrund der Veränderungssperre nachvollziehbarerweise nicht gekommen ist. Zudem ist jedenfalls die Antragsgegnerin von einem weitergehenden „Antragserfordernis“ ausgegangen, wobei völlig unklar ist, wie (und warum) in einem Bauleitplanverfahren entsprechende „Anträge“ gestellt werden könnten. 112Jenseits dessen hat sich die Antragsgegnerin nicht mit der weiteren Argumentation auseinandergesetzt, dass es sich hier um betriebstypische, also übliche und naheliegende Entwicklungsmöglichkeiten handelt. Auch bei den geltend gemachten Belangen der Flexibilität und der erforderlichen Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit spricht alles dafür, dass sie sich im Rahmen der jedenfalls abwägungserheblichen normalen Betriebsentwicklung des ausgeübten Gewerbebetriebes bewegen. Sie wären also zumindest sorgfältig abzuwägen gewesen wäre. Dass dies nicht geschehen ist, stellt auch die Antragserwiderung nicht in Abrede. 113Insoweit erscheinen namentlich die Erwägungen zu den Wettbewerbsaspekten verkürzt, wenn nicht neben der Sache liegend. Die Antragsgegnerin hat sich insoweit letztlich darauf zurückgezogen, das Bauplanungsrecht sei wettbewerbsneutral. Ein Gewerbetreibender habe keinen Anspruch darauf, dass sich die vorhandene Wettbewerbssituation nicht verschlechtere, weil mit neuer Konkurrenz ständig gerechnet werden müsse. Das geht an der Sache vorbei. Denn den Antragstellerinnen geht es nicht darum, einen Konkurrenzbetrieb und dessen Ansiedlung zu verhindern. 114Zu einer solchen Fallgestaltung vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2015 – 2 D 91/14.NE -, BRS 83 Nr. 173 Rn. 40 ff., m. w. N. 115Vielmehr haben sie gewissermaßen ihr eigenes Überlebensinteresse an einem fairen Wettbewerb geltend gemacht. Mit dem Bedürfnis nach Konkurrenzschutz hat das nichts zu tun, vielmehr verhält sich die Antragsgegnerin – den Einwand der Antragstellerinnen als richtig unterstellt, wogegen die Antragsgegnerin wiederum nichts vorträgt – hier nicht wettbewerbsneutral, sondern machte es den Antragstellerinnen jedenfalls schwerer, im Wettbewerb zu bestehen. 116ff) Ausgehend von dieser unzureichenden Erfassung der Interessenlage der Antragstellerinnen hat die Antragsgegnerin schließlich auch die Möglichkeiten, die widerstreitenden Interessen in einen abwägungsgerechten Ausgleich zu bringen, nicht hinreichend gesehen bzw. berücksichtigt. Neben den bereits unter cc) und dd) allgemein betrachteten Aspekten ist etwa die Annahme, eine Fremdkörperfestsetzung sei nicht in Betracht gekommen, verkürzt und so nicht nachvollziehbar. 117In diesem Zusammenhang mag dahinstehen, ob die gerade auch im gerichtlichen Verfahren betonte Bereitschaft, eine solche Festsetzung zu treffen, tatsächlich in dieser Form bestanden hat. So trifft es zwar zu, dass in der Abwägung die Feststellung enthalten ist, sie, die Antragsgegnerin, sei zu einer entsprechenden Festsetzung bereit, aber nicht in der Lage gewesen. Diese Passage findet sich indes erst nach den grundsätzlichen Klarstellungen, dass weitergehende Fremdkörperfestsetzungen nicht geboten seien. Den berechtigten Eigentümer- und Betreiberinteressen sei im Rahmen des Planungskonzeptes durch die Möglichkeiten des § 16 Abs. 5 BImSchG ausreichend Rechnung getragen. Deshalb benötigten die im Plangebiet liegenden immissionsschutzrechtlich genehmigten Betriebe keine Fremdkörperfestsetzung. „Eine Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO für immissionsschutzrechtlich genehmigten Betriebe ist nur dann erforderlich, wenn man über die Bestandsabsicherung hinaus Änderungen, Erweiterungen und Nutzungsänderungen des Betriebes ermöglichen will; denn diese bestandserweiternden Möglichkeiten sind von § 16 Abs. 5 BImSchG nicht gedeckt. Dieses zu ermöglichen, ist aber nicht die städtebauliche Zielsetzung der Stadt Q. . Daher wird dem Bestand der oben genannten Betriebe und Anlagen ausschließlich die Möglichkeit einer „Erneuerung“ eingeräumt.“ (IX/7a f., Hervorhebung nur hier) 118Jedenfalls mit Blick auf den Vortrag der Antragstellerinnen kann indes keine Rede davon sein, dass eine Fremdkörperfestsetzung etwa für eine beschränkte Erweiterung – einen entsprechenden Willen vorausgesetzt – von vornherein nicht möglich gewesen wäre. In diesem Zusammenhang hat die Antragsgegnerin erneut zu Unrecht und letztlich allein auf einen fehlenden „substantiierten Antrag“ im Planungsverfahren abgestellt. Aufgrund der Tatsache, dass die Antragstellerinnen ihr aber keine verbindlichen Erweiterungsmöglichkeiten erläutert oder diese substantiiert beantragt habe, habe sie den Erweiterungstatbestand gar nicht formulieren können. Damit ist sie den Belangen der Antragstellerinnen nicht gerecht geworden. Es wäre jedenfalls grundsätzlich unter der gebotenen Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerinnen möglich gewesen, zumindest den Einsatz weiterer Ausgangsstoffe oder einen Austausch im Rahmen der genehmigten Kapazitäten oder auch eine begrenzte Kapazitätserhöhung im Rahmen einer Fremdkörperfestsetzung zuzulassen. Ob dies im konkreten Fall planerisch möglich gewesen wäre, hat die Antragsgegnerin nicht einmal im Ansatz geprüft und ist so ihrer Verpflichtung zu einer gerechten Abwägung nicht gerecht geworden. 119Dass sie in diesem Zusammenhang ihren Blickwinkel unzutreffend auf eine Fremdkörperfestsetzung verengt und nicht einmal erwogen hat, es aufgrund der geltend gemachten betrieblichen Interessen der Antragstellerinnen bereichsweise bei einer Industriegebietsfestsetzung zu belassen, kommt als allgemeiner Abwägungsmangel hinzu. Probleme mit der Definition von Zulässigkeiten nach § 1 Abs. 10 BauNVO hätten sich so jedenfalls nicht ergeben. Die noch mit dem Aufstellungsbeschluss ausdrücklich nicht ausgeschlossene und im Verfahren um die Rechtmäßigkeit der verhängten Veränderungssperre (2 D 44/17.NE) stets als offen betonte Entscheidung, ob die Industriegebiete ganz oder teilweise zurückgenommen würden bzw. werden könnten, taucht in der eigentlichen Planung auch an dieser neuralgischen Stelle als Option letztlich ohne eigenständige Begründung nicht mehr ernsthaft auf. 120gg) Die vorstehenden Mängel der Abwägung führen jeweils für sich genommen zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt. 121Die Unwirksamkeit eines Teils eines Bebauungsplans führt nur dann (ausnahmsweise) nicht zu dessen Unwirksamkeit insgesamt, wenn die übrigen Festsetzungen auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleiben und nach dem mutmaßlichen Willen des Plangebers mit Sicherheit anzunehmen ist, dass er sie auch ohne den unwirksamen Teil getroffen hätte. Die teilweise Aufhebung des Bebauungsplans darf das Plankonzept nicht verfälschen. Im Zweifel hat das Gericht der Gemeinde durch Aufhebung des Bebauungsplans insgesamt die Möglichkeit zu einer neuen planerischen Gesamtentscheidung zu eröffnen. 122Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 4 C 21.07 –, BVerwGE 133, 310 = juris, Rn. 30. 123Die aufgezeigten Mängel betreffen den Kern der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und ihre konkrete Umsetzung, namentlich die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung. Die übrigen Festsetzungen des Planes sind ohne diese Gebietsausweisung nicht lebensfähig und damit sinnlos. 124Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 125Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 126Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. | der bebauungsplan nr. 2 a „gewerbestandort m. “ der stadt q. ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des aufgrund des ur-teils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige vollstreckungsgläubigerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leisten. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die antragstellerinnen wenden sich gegen den bebauungsplan nr. 2 a "gewerbestandort m. " der antragsgegnerin (im folgenden: bebauungsplan). 3die antragstellerin zu 2. ist eigentümerin des grundstücks „auf der q1. 1“ in q. , auf dem die antragstellerin zu 1. eine immissionsschutzrechtlich genehmigte glasrecyclinganlage betreibt. das grundstück liegt im geltungsbereich des bebauungsplanes, ebenso wie es im geltungsbereich des vorgängerplanes nr. 2 „industrie- und gewerbegebiet q. -m. “ lag, der seit dem jahr 1977 geltung beanspruchte. 4der bebauungsplan umfasst ein knapp 140 ha großes gebiet im norden des ortsteils m. der antragsgegnerin. es wird im osten durch die eisenbahnlinie c. -o. , im westen durch die b 482 und im süden durch die l 770 begrenzt, wobei der geltungsbereich im südwesten teilweise auch südlich der l 770 bis etwa zum siedlungsrand verläuft. jenseits der b 482 befindet sich weiter westlich das kohlekraftwerk i. , zu dem eine ehemalige kraftwerkssiedlung gehört, die heute als ungebundene wohnsiedlung fortexistiert. zum zeitpunkt der planaufstellung wies das gebiet ausweislich der planbegründung eine lockere bauweise mit gewerbe-, industrie- und handwerksbetrieben in unterschiedlicher größe auf, wobei insbesondere die zuordnung der bestehenden betriebe zu den kategorien „gewerbebetrieb“ einerseits und „industriebetrieb“ andererseits zwischen den beteiligten umstritten ist. zwischen den gewerblich genutzten flächen befanden sich vereinzelte landwirtschaftliche flächen. im westen und süden sind im plangebiet zwei lebensmitteldiscounter vorhanden, eine größere fläche im süden wird zur nutzung von solarenergie sowie für eine biogasanlage genutzt. neben den siedlungsbereichen von m. im süden befindet sich nordwestlich des plangebietes der ortsteil k. sowie im osten die ortschaft h. -w. . 5für den geltungsbereich des bebauungsplanes galt zuvor der im jahr 1977 rechtsverbindlich gewordene bebauungsplan nr. 2 „industrie- und gewerbegebiet m. -h. -w. “. dieser setzte überwiegend nach damaligen abstandsklassen gegliederte industriegebiete nach § 9 baunvo und an den nördlichen, östlichen und südlichen rändern bandartig gewerbegebiete fest. das betriebsgrundstück der antragstellerin war teilweise als industriegebiet und teilweise als gewerbegebiet ausgewiesen. die im bebauungsplan festgesetzten überbaubaren grundstücksflächen waren mit stand 2017 etwa zur hälfte durch gewerbe- und industriebetriebe in anspruch genommen. ca. 43 ha waren hingegen unbebaut. 6der regionalplan für den regierungsbezirk e. – teilabschnitt oberbereich c. – weist das areal als bereich für gewerbliche und industrielle nutzungen (gib) aus. hierbei handelt es sich um den einzigen gib im stadtgebiet q. . lediglich der bereich südlich der l 770 ist im regionalplan als allgemeiner siedlungsbereich (asb) dargestellt. der flächennutzungsplan der stadt q. weist gewerbliche bauflächen, teilweise mit nutzungseinschränkungen, aus. 7der angefochtene bebauungsplan setzt als art der baulichen nutzung für das gesamte plangebiet nach abstandsklassen gegliederte gewerbegebiete fest, wobei anlagen der abstandsklassen i bis iii im gesamten plangebiet ausgeschlossen sind und betriebe der abstandsklasse iv im wesentlichen im zentrum sowie im nordwesten des plangebietes gegenüber dem kraftwerk i. zu finden sind. nach osten und norden ist jenseits der bahnlinie halbkreisförmig eine fläche für landwirtschaft um die gewerbegebietsflächen vorgesehen. die grundflächenzahl wird durchweg mit 0,8 festgesetzt, die gebäudehöhe weitestgehend mit einer höhe von 63 m über nhn, lediglich im südlichen bereich mit 53 m über nhn, was einer gebäudehöhe von ca. 20 bzw. ca. 10 m entspricht. die überbaubaren grundstücksflächen werden durch baugrenzen festgelegt, die mit wenigen ausnahmen eine vollständige bebauung der jeweiligen gewerbegebietsflächen zulassen und nur zu den erschließungsstraßen einen abstand einhalten. nach den textlichen festsetzungen sind in den gewerbegebieten die nutzungen (nur) nach § 8 abs. 2 nr. 1 bis 3 baunvo, ggf. beschränkt durch die gliederung nach abstandsklassen, allgemein zulässig. ausnahmsweise zugelassen sind u. a. einzelhandelsbetriebe mit nicht nahversorgungsrelevantem und/oder nicht zentrenrelevantem hauptsortiment. unzulässig sind im gesamten plangebiet beherbergungs- und bordellbetriebe, biogasanlagen, freiflächen-photovoltaikanlagen, störfallbetriebe und wohnungen für aufsichts- und bereitschaftspersonen oder betriebsinhaber, aufnahmeeinrichtungen für flüchtlinge, vergnügungsstätten sowie einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten und/oder zentrenrelevanten kernsortimenten. für die bereits im plangebiet vorhandenen einzelhandelsbetriebe findet sich unter c.2.6 eine fremdkörperfestsetzung nach § 1 abs. 10 baunvo wonach sie unter beibehaltung ihres genehmigten sortiments und der genehmigten verkaufsfläche sowie ohne vergrößerung der verkaufsfläche erneuert werden können. änderungen sowie erweiterungen des genehmigten sortiments in bezug auf nahversorgungsrelevante und/oder zentrenrelevante sortimente sind innerhalb der verkaufsfläche unzulässig. 8zum planungsanlass und den zielen der planung heißt es in der planbegründung, die antragsgegnerin habe gemeinsam mit den anderen kreisangehörigen städten und gemeinden des kreises n. -m1. ein kreisweites gewerbe- und industrieflächenentwicklungskonzept erarbeitet, dessen notwendigkeit sich aus dem landesentwicklungsplan 2017 und der sich hieraus ergebenden anpassungsnotwendigkeit auch an den regionalplan ergeben habe. ziel sei eine bedarfsgerechte und flächensparende planung neuer gib und deren darstellung vor dem hintergrund regionaler abstimmung im sinne interkommunaler zusammenarbeit/bündelung von kräften. dabei seien die im kreisgebiet vorhandenen gewerbe- und industriegebiete untersucht worden. nicht alle zurzeit dargestellten/ausgewiesenen gib-standorte erfüllten die ansprüche der definition eines regionalplanerischen gib. namentlich habe diese analyse gezeigt, dass u. a. der für die stadt q. im regionalplan dargestellte standort m. nicht dem anforderungsprofil eines solchen regionalplanerischen gib entspreche. der deutlich überwiegende teil der grundstücke bzw. des nettobaulandes werde nicht im sinne eines industriegebietes genutzt. in dem ca. 140 ha großen plangebiet, das auf einer fläche von rund 93 ha betriebsansiedlungen zulasse, fänden sich umfänglich gewerbebetriebe, die auch in einem gewerbegebiet gemäß § 8 baunvo zulässig wären. zudem habe die analyse des entwicklungskonzeptes gezeigt, dass in der stadt q. kein (zusätzlicher) bedarf an gib zu rechtfertigen sei. die antragsgegnerin sehe vor diesem hintergrund planerischen handlungsbedarf, weil aufgrund der absehbar nicht möglichen entwicklung weiterer wirtschaftsflächen im stadtgebiet die noch vorhandenen reserven in den bestehenden gewerbegebieten nach möglichkeit mit arbeitsplatzintensiven gewerbebetrieben belegt werden sollten. dies betreffe gerade die reserveflächen am standort in m. , weil nur noch innerhalb dieser reserveflächen eine gewerbliche entwicklung überhaupt noch vollzogen werden könne. sie verfolge daher das ziel, den vorhandenen bebauungsplan nr. 2 dahingehend zu überarbeiten, dass anstelle eines industriegebietes bei vollständiger beibehaltung der nutzbaren flächen nunmehr ausschließlich gewerbegebiete festgesetzt werden sollten. bestehende (industrie-)betriebe erführen durch die zukünftige festsetzung eines gewerbegebiets aufgrund der heute bestehenden genehmigung „keinen nachteil“. aus immissionsschutzgründen werde eine gliederung nach abstandsklassen festgesetzt, um die in der umgebung vorhandenen schutzbedürftigen nutzungen nicht übermäßig zu belasten. die ursprünglichen immissionsschutzfestsetzungen entsprächen nicht mehr dem heute üblichen standard. bei der planung sei maßgeblich berücksichtigt worden, dass in einem industriegebiet die arbeitsplatzdichte in der regel deutlich niedriger sei als in einem gewerbegebiet. zudem gebe es bei einem industriegebiet im allgemeinen negative auswirkungen auf die vermarktung angrenzender gewerbegebiete. zugleich entspreche sie damit aktuellen begehren von betrieben, die sich in absehbarer zeit im gewerbegebiet m. ansiedeln wollten. hierzu gehörten u. a. eine fahrzeughalle zur lagerung von oldtimern, eine landmaschinenreparatur, kunststoffverarbeitung sowie die lagerung von waren für den innenausbau. für die unterbringung industriegebietstypischer betriebe sei das plangebiet hingegen nicht weiter geeignet. dies ergebe sich aus der hier eher schutzwürdigen nutzung und der städtebaulichen zielsetzung, am standort m. gewerbeflächen für das örtliche gewerbe vorzuhalten. die privaten belange der vier im plangebiet vorhandenen industriebetriebe seien mit den öffentlichen belangen abgewogen worden. im ergebnis habe sich gezeigt, dass mit der aufstellung des bebauungsplanes für die ansässigen betriebe keine reduzierung der ausgeübten nutzung erfolge, sondern ggf. ausschließlich eine mögliche betriebliche entwicklungsperspektive beschränkt werde. damit werde indes keine rechtsposition der betriebe verletzt. gleichwohl sei das interesse dieser betriebe in die gesamtabwägung eingestellt worden, namentlich dann, wenn eine existenzgefährdung geltend gemacht werde. diese sei hier indes nicht zu erkennen. im bauleitplanverfahren hätten nur zwei betriebe eine entwicklungsperspektive vorgetragen. diese sei aber in keinem fall im bauleitplanverfahren „substantiiert beantragt“ worden. dem allgemeinen städtebaulichen ziel dienten dabei insbesondere auch die weiteren feinsteuernden ausschlüsse von nutzungen, die grundsätzlich in einem gewerbegebiet zulässig seien könnten. um den interessen der bestandsbetriebe rechnung zu tragen, sei für die beiden lebensmitteldiscounter und den vorhandenen baumarkt eine eingeschränkte fremdkörperfestsetzung erfolgt. hingegen sei gleiches für die industriebetriebe nicht erforderlich gewesen, weil insoweit der schutz der immissionsschutzrechtlichen genehmigung ausreiche. nach § 16 abs. 5 bimschg bedürfe es einer genehmigung nicht, wenn eine genehmigte anlage oder teile einer genehmigten anlage im rahmen der erteilten genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollten. änderungen, erweiterungen oder nutzungsänderungen, die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig seien, seien hingegen nicht gewünscht und würden deshalb auch nicht durch eine fremdkörperfestsetzung ermöglicht. im weiteren heißt es zur bestandssituation in der planbegründung, die betriebsstruktur in dem plangebiet sei im wesentlichen durch gewerbebetriebe gekennzeichnet, die dem grunde nach als nicht erheblich belästigend einzuordnen seien. vielfach seien sogar betriebe vorhanden, die das wohnen nicht wesentlich störten. lediglich die betriebe e1. 36 (betrieb zur lagerung von abfällen, u. a. von bauschuttschmelzgranulat, grünschnitt und altholz, außerdem für eine brecheranlage), auf der q1. 1 (betrieb zur altglasaufbereitung), j.----------straße 7/e1. 30 (autosammelplatz/autoverwertung) und an der x. 38 (anlage zur lagerung von abfällen) seien betriebe, die außerhalb von industriegebieten unzulässig seien. insgesamt sei von einer flächennutzung von 8 ha durch industriegebietsaffine betriebe und anlagen auszugehen. diese betriebe würden auf den immissionsschutzrechtlich genehmigten bestand gesetzt, hätten jedoch keine weiteren betriebseinschränkungen zu erwarten. die vorhandenen gewerbebetriebe hätten sich in kenntnis eines industriegebietes und einer vorhandenen bzw. möglichen nachbarschaft von industriegebietstypischen betrieben in diesem angesiedelt. die faktische situation werde durch den bebauungsplan nicht geändert. ein abwehranspruch von zukünftig hinzutretenden gewerbebetrieben gegen die in geringem umfang vorhandenen ggf. industriegebietstypischen betriebe bestehe nicht, da hier das rücksichtnahmegebot gelte. die belange des immissionsschutzes seien durch die gliederung nach der abstandsliste gesichert. sie seien ergänzend gutachterlich untersucht worden. das gutachten der b. gmbh von 14. august 2017 habe im sinne einer plausibilitätsprüfung die machbarkeit eines gewerbegebietes und dem darin zu berücksichtigenden emissionsverhalten der zulässigen betriebe mit blick auf die relevanten immissionsorte bestätigt. nach der untersuchung seien den betriebsflächen in typisierender weise flächenhafte immissionspegel zugeordnet worden. betriebe, die industriegebietstypische immissionspegel in ansatz bringen könnten, seien berücksichtigt worden. die untersuchung habe gezeigt, dass das neue planungsrecht eine lärmkonfliktfreie nachbarschaft mit der umgebenden wohnbebauung bewirken werde. wegen des kraftwerks i. als störfallbetrieb sei von der ursprünglich vorgesehenen zulässigkeit betriebsbezogenen wohnens im plangebiet generell abstand genommen worden. 9das verfahren zur neuaufstellung des bebauungsplanes nr. 2 a nahm im wesentlichen folgenden verlauf: 10in seiner sitzung vom 15. dezember 2016 beschloss der rat der antragsgegnerin die aufstellung des angegriffenen bebauungsplanes und den zugehörigen planentwurf. zugleich beschloss er eine satzung über die anordnung einer veränderungssperre für das gebiet des in aufstellung befindlichen bebauungsplanes. einen hiergegen gerichteten normenkontrollantrag eines drittunternehmens hat der senat mit urteil vom 8. mai 2018 abgelehnt (2 d 44/17.ne). 11die frühzeitige beteiligung der behörden und träger öffentlicher belange fand in der zeit vom 10. august bis 20. september 2017 statt. die frühzeitige beteiligung der öffentlichkeit erfolgte in form einer informationsveranstaltung vom 21. september 2017. 12in seiner sitzung vom 22. märz 2018 beschloss der rat der antragsgegnerin über die in der frühzeitigen öffentlichkeits- und behördenbeteiligung eingegangenen stellungnahmen und die seitens der verwaltung vorgeschlagenen planänderungen hinsichtlich des ersten entwurfs sowie die öffentliche auslegung der planunterlagen. diese erfolgte im zeitraum vom 4. juni 2018 bis 9. juli 2018, parallel wurden die behörden und sonstigen träger öffentlicher belange förmlich beteiligt. am 4. juli 2019 beschloss der rat der antragsgegnerin über die in der förmlichen beteiligung eingegangenen einwände und stellungnahmen sowie einen geänderten planentwurf und dessen erneute offenlage. im kern betrafen die änderungen die nunmehr aufgenommene eingeschränkte fremdkörperfestsetzung für die bestehenden einzelhandelsbetriebe. die erneute offenlage fand im zeitraum vom 22. juli 2019 bis 30. august 2019 statt. parallel wurden die behörden und träger öffentlicher belange beteiligt. 13die antragstellerinnen bzw. ihre rechtsvorgängerinnen erhoben in allen phasen der öffentlichkeitsbeteiligung einwände gegen die beabsichtigte bauleitplanung. sie hätten bereits mit schreiben vom 6. februar 2017 im anschluss an ein gespräch vom 20. januar 2017 sowie mit weiteren schreiben vom 26. april 2017 und 21. juni 2017 deutlich gemacht, dass sie sich mit der glasaufbereitungsanlage in einem stark durch verdrängungswettbewerb gekennzeichneten markt bewegten. um wettbewerbsfähig zu bleiben, bedürfe es daher insbesondere auch der kurzfristigen einführung neuer verfahren oder betriebsweisen, die änderungen im genehmigungsregime bedingten. insoweit seien die standortsicherheit und die entwicklungsfähigkeit des unternehmens stark gefährdet, durch die neuplanung trete eine existenzbedrohung ein. nicht zuletzt in einem persönlichen gespräch sei von ihnen eingehend dargestellt worden, dass und warum der standort einer glasaufbereitungsanlage geeignet sein müsse, dem anlagenbetreiber die möglichkeit zu bieten, auf einflüsse des marktes schnell zu reagieren. die von der antragsgegnerin eingenommene immissionsschutzrechtliche sichtweise zur notwendigkeit von genehmigungs- oder auch anzeigeverfahren verkenne, dass es bei industrie- oder entsorgungsanlagen immer auch änderungen gebe, die zur erhaltung der wettbewerbsfähigkeit und zur standortsicherung notwendig seien, die aber eines genehmigungsverfahrens bedürften. solche änderungen wären künftig nicht mehr zulässig. zugleich handele es sich um eine sehr kapitalintensive anlage, die einen für den laufenden betrieb und mögliche änderungen/erweiterungen gesicherten standort benötige. dagegen lasse sich auch nicht vorbringen, dass bisher nur der westliche teil des betriebsgrundstücks als industriegebiet planerisch ausgewiesen sei. die bisherige geteilte ausweisung habe der immissionsschutzrechtlichen genehmigung der anlage nicht im wege gestanden. nach osten hin hätten sie durch aufwändige umweltschutztechnische maßnahmen dafür sorge getragen, dass notwendige nachbarschützende standards mehr als eingehalten würden. wichtig und entscheidend sei jedoch, dass neben dem teil ihres grundstücks, der als industriegebiet ausgewiesen sei, in alle anderen richtungen eine großflächige industriegebietsausweisung bestanden habe, die es sicherstelle, dass sich dort nichts entwickle, was die standortsicherheit ihrer anlage beeinträchtige. beispielsweise sei es nicht akzeptabel, wenn sich in der unmittelbaren oder mittelbaren nachbarschaft gewerbegebietstypische nutzungen ansiedeln könnten, die ihrerseits gegenüber störungen empfindlich seien, wie etwa dentallabore, verwaltungen oder auch lebensmittelbetriebe. sie rege daher an, es für ihr grundstück und die umgebung bei der industriegebietsfestsetzung zu belassen. dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es nur sehr wenige für die ansiedlung bzw. den betrieb von abfallbehandlungsanlagen geeignete standorte gebe. ausweichmöglichkeiten bestünden deshalb nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres. der standort biete auch die möglichkeit, die glasrecyclinganlage an veränderte anforderungen des marktes anzupassen, z. b. eine tiefergehende sortierung von autoscheiben oder aufbereitung der aus den autoscheiben anfallenden pvb-folien. darüber hinaus biete er die möglichkeit, auch andere entsorgungsaktivitäten wie etwa das kunststoffrecycling hier durchzuführen. hierfür wären ggf. genehmigungsverfahren erforderlich, die aber ohne eine planerische standortsicherheit nicht aussichtsreich zu führen wären. angesichts dessen sei nicht nachvollziehbar, dass in der entwurfsbegründung ausgeführt werde, entwicklungsperspektiven seien bislang nicht substantiiert beantragt worden. die konkreten erweiterungsinteressen seien der stadt bekannt. dass ein antrag gestellt werden müsse, damit diese interessen im rahmen der bauleitplanung überhaupt berücksichtigung finden sollten, könne nicht gefordert werden. denn vor dem hintergrund der veränderungssperre sei die einleitung eines zeit- und kostenintensiven immissionsschutzrechtlichen genehmigungsverfahrens zur umsetzung der geplanten änderungen derzeit offensichtlich aussichtslos. zudem sei die bestandsaufnahme der antragsgegnerin fehlerhaft. sie habe erheblich zu wenige flächen mit industrieller nutzung hinterlegt. in ein industriegebiet gehörten nicht nur immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige anlagen, sondern auch sonstige betriebe, die ein gewisses störpotential hätten. das habe die antragsgegnerin nicht beachtet. das gebiet werde entgegen der annahme der antragsgegnerin in vielfältiger weise durch anlagen geprägt, die auf grundlage einer genehmigung nach dem bundes-immissionsschutzgesetz betrieben würden und/oder aufgrund ihres emissionsverhaltens auf ein industriegebiet angewiesen seien - so etwa die firmen k1. l. absatzmulden und transporte gmbh, die firma l1. bohrunternehmungen gmbh und die n1. n2. gmbh (eine spedition). weiter gehöre hierzu der ausgedehnte betrieb der firma h1. j1. gmbh & co kg. hierbei handele es sich um eine spedition mit entsprechendem anlagenlärm und erheblichem an- und abfahrtsverkehr auch zur nachtzeit. dieser sei sehr störintensiv und aufgrund seines störgrades ebenfalls nur in einem industriegebiet zulässig. auch das unternehmen x1. kunststofftechnik sei augenscheinlich immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig. zudem werde das gesamte gebiet durch die hohen bauwerke und auswirkungen des großkraftwerkes i. nachhaltig geprägt. durch die bebauungsplanung würden die bereits im rahmen der frühzeitigen bürgerbeteiligung dargelegten ernsthaften erweiterungsinteressen planungsrechtlich unzulässig. es könne daher keine rede davon sein, dass die bestehenden betriebe aufgrund ihrer bestehenden genehmigung keine nachteile erführen, wie die antragsgegnerin in ihrer ersten abwägung ausgeführt habe. ergänzend sei schließlich auszuführen, dass es falsch sei, wenn die antragsgegnerin die auffassung vertrete, neu heranrückende gewerbebetriebe würden in eine vorbelastete situation einrücken und deshalb nicht schutzwürdiger sein als in einer umgebung, die nach wie vor als industriegebiet ausgewiesen wäre. dies sei schon deshalb nicht richtig, weil andere immissionsrichtwerte gälten, je nachdem, ob es sich um ein industrie- oder gewerbegebiet handele. bestenfalls könne hier eine zwischenwertbildung erfolgen, die jedoch gleichfalls zu einem nachteil für sie führte. schließlich verstoße die planung auch gegen die vorgaben des einschlägigen regionalplans. 14in seiner sitzung vom 19. dezember 2019 beschloss der rat der antragsgegnerin über die im verfahren der beteiligung der öffentlichkeit und der behörden und träger öffentlicher belange eingegangenen stellungnahmen auf der grundlage der ratsvorlage 186/2019 und den bebauungsplan als satzung. in der abwägung der einwände der antragstellerinnen führt die vorlage u. a. aus, deren betrieb genieße bestandschutz. es werde deshalb etwa weiterhin möglich sein, auf der grundlage der bestehenden anlagengenehmigung ggf. den bau weiterer versiegelungsflächen auf dem bisher bestehenden grundstück vor- oder weitere aufzubereitende abfallarten hinzuzunehmen. eine reduzierung der ausgeübten nutzung erfolge nicht. zudem befinde sich die anlage bereits jetzt teilweise in einem gewerbegebiet. die bestandserfassung sei nicht zu beanstanden. so sei etwa die spedition n2. kein bundesimmissionsschutzpflichtiger betrieb „und somit nicht industriegebietspflichtig“. im übrigen sei auf der grundlage der herangezogenen bau- und anlagengenehmigungen nicht ersichtlich, dass weitere betriebe auf eine industriegebietsfestsetzung angewiesen seien. das geltend gemachte „gewisse störpotential“ reiche zu einer entsprechenden feststellung nicht aus. vor dem hintergrund der ihr bekannten bau- und anlagengenehmigungen seien auch die weiter angeführten betriebe allesamt in der bestandsaufnahme soweit gerechtfertigt als industriegebietstypische, nach dem bimschg oder dem abfallrecht genehmigte betriebe ausgewiesen worden. demgegenüber seien die weiteren genannten firmen nachweislich keine bimschg-pflichtigen betriebe und somit nicht industriegebietspflichtig. feststellungen zum betrieb x1. enthält die abwägung nicht. auch sei zu befürchten, dass aufgrund der heute zulässigen und teilweise ausgenutzten möglichkeit zur ansiedlung von abfallaffinen betrieben das plangebiet und der standort eine prägung erführen, die es zukünftig erschwere bis unmöglich mache, gewerbebetriebe des produzierenden sektors an dem standort anzusiedeln. verstöße gegen die regionalplanung seien tatsächlich nicht gegeben. die planung bewege sich im rahmen der ziele des regionalplans, sofern es sich bei den vorgaben überhaupt um solche handeln sollte. 15der bebauungsplan wurde zunächst am 16. januar 2020 im amtlichen kreisblatt des kreises n. -m1. sowie am selben tage im internet bekannt gemacht. eine erneute rückwirkende bekanntmachung erfolgte aufgrund einer bekanntmachungsanordnung vom 7. oktober 2020 am 15. oktober 2020 im amtlichen kreisblatt des kreises n. -m1. sowie im internet. 16am 6. august 2020 haben die antragstellerinnen die vorliegenden normenkontrollanträge gestellt. zur begründung führen sie unter wiederholung und vertiefung ihrer einwände im aufstellungsverfahren im wesentlichen aus, der angegriffene bebauungsplan leide an durchgreifenden formellen und materiellen mängeln. in formeller hinsicht liege ein verstoß gegen § 3 abs. 2 satz 2 baugb infolge einer fehlerhaften bekanntmachung der offenlage vor. eine der hauptsatzung entsprechende ortsübliche bekanntmachung der auslegung habe nicht stattgefunden. nach § 14 abs. 1 der hauptsatzung der stadt q. in der fassung vom 22. dezember 2016 müssten gesetzlich vorgeschriebene öffentliche bekanntmachungen durch die bereitstellung im internet vollzogen werden. hier sei die öffentliche bekanntmachung indes im amtsblatt für den kreis n. -m1. erfolgt. diese form der bekanntmachung sei in der hauptsatzung nicht vorgesehen und damit unzulässig. § 4 abs. 1 satz 1 bekanntmvo nrw erlaube es lediglich, zwischen den dort genannten bekanntmachungsformen alternativ zu wählen. an die in der hauptsatzung vorgegebene bekanntmachungsform sei die gemeinde jedoch im anschluss gebunden. die befugnis zu einer art ersatzbekanntmachung bestehe nicht. dies habe die antragsgegnerin hier im gesamten aufstellungsverfahren einschließlich des satzungsbeschlusses und dessen bekanntmachung nicht beachtet. die regelungen über die bekanntmachung sollten rechtssicherheit gewährleisten und nicht verwirrung stiften. die entgegen § 14 der hauptsatzung erfolgte bekanntmachung der öffentlichen auslegung und des satzungsbeschlusses im amtsblatt für den kreis n. -m1. seien danach rechtswidrig. dies gelte umso mehr, als die antragsgegnerin diese bekanntmachungen ersichtlich als maßgebliche bekanntmachungsform angesehen habe. dies werde nicht nur daran deutlich, dass nur diese bekanntmachung in den aufstellungsvorgängen dokumentiert sei, sondern auch durch den hinweis darauf, dass die unterlagen zusätzlich in das internet eingestellt würden. insoweit handele es sich nach der bekanntmachung nur um eine ergänzende nutzung der elektronischen medien, nicht um die eigentliche bekanntmachung. der satzungsbeschluss sei ebenfalls nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. eine einladung zur ratssitzung lasse sich nicht feststellen, zumindest sei die tagesordnung nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden. zudem sei der satzungsbeschluss selbst nicht hinreichend bestimmt. ihm lasse sich nicht entnehmen, in welcher fassung der mehrfach geänderte planentwurf tatsächlich als satzung beschlossen worden sei. schließlich fehle es aus den bereits zu § 3 abs. 2 baugb genannten gründen an einer ordnungsgemäßen bekanntmachung des satzungsbeschlusses. darüber hinaus verfehle die bekanntmachung den erforderlichen hinweiszweck. es fehle an einem hinweis darauf, dass die möglichkeit der einsichtnahme in den bebauungsplan und die begründung für jedermann bestehe. die annahme der antragsgegnerin, nach § 10 abs. 3 s. 3 baugb komme es nur auf die angabe des ortes der möglichen einsichtnahme an, nicht aber auf einen hinweis auf das grundsätzliche bestehen einer einsichtnahmemöglichkeit, gehe fehl. auch die bekanntmachungsanordnung selbst sei fehlerhaft, weil sich ein hinweis auf § 7 abs. 6 gemo nrw nur im bekanntmachungstext selbst, nicht aber in der bekanntmachungsanordnung finde. 17darüber hinaus sei der bebauungsplan materiell fehlerhaft. ihm fehle bereits die städtebauliche erforderlichkeit. in der satzungsbegründung werde insoweit dargelegt, dass anlass und grundlage des bebauungsplanverfahrens der „fachbeitrag zur wirtschaftsflächenentwicklung“ (gewerbe- und industrieflächenentwicklungskonzept) für das kreisgebiet n. -m1. sei. ein überörtliches, durch zusammenwirken mehrerer planungsträger entwickeltes gewerbe- und industrieflächenentwicklungskonzept für ein kreisgebiet könne nicht zur begründung der städtebaulichen erforderlichkeit einer kommunalen bauleitplanung herangezogen werden, ohne dass der jeweilige plangeber hierzu (zumindest ergänzend) eigene erwägungen anstelle. dass die planbegründung auf die fehlende verbindlichkeit hinweise, reiche insoweit nicht aus. dies habe die antragsgegnerin nicht gehindert, eine selbstverpflichtung anzunehmen. zudem beruhe die planung in einer ihre rechtfertigung ausschließenden weise auf einer veralteten und fehlerhaften bestandsaufnahme zu den derzeitigen nutzungen im plangebiet. hier sei eine bestandserhebung aus anfang 2017 einem satzungsbeschluss vom 19. dezember 2019 zugrundegelegt worden, ohne dass die antragsgegnerin überprüft hätte, ob diese nach mehr als 2 jahren noch aktuell sei. schwerer wiege indes, dass die antragsgegnerin nicht ordnungsgemäß ermittelt habe, welche der vorhandenen betriebe in ein industriegebiet gehörten. dies sei nicht nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige anlagen der fall, sondern für alle erheblich belästigenden gewerbebetriebe unabhängig von ihrer genehmigung. die immissionsschutzrechtliche genehmigungsbedürftigkeit habe insoweit nur indizielle wirkung. demgegenüber habe die antragsgegnerin ihrer abwägung und der bestandserfassung rechtsfehlerhaft zugrunde gelegt, dass „industriegebietstypisch“ und „immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig“ letztlich synonyme seien. zumindest der im nordwesten des plangebietes vorhandene große speditionsbetrieb mit intensivem lkw-verkehr sowie die spedition in unmittelbarer umgebung ihres betriebsgrundstückes seien aufgrund ihres emissionsverhaltens als auf ein industriegebiet angewiesener gewerbebetrieb anzusehen. die spedition h1. weise erhebliche dimensionen auf. es gebe einen intensiven lkw-verkehr und einen mehrschichtigen betrieb, der sich auch auf die nachtzeit erstrecke. ausweislich seines internetauftritts verfüge das unternehmen über einen fuhrpark von ca. 90 sattelzugmaschinen. hinzu trete eine gabelstaplervermietung und eine lkw-waschanlage. die annahme der antragsgegnerin, speditionsbetriebe seien im rahmen einer typisierenden betrachtung generell als gewerbegebietstypische und nicht als industriegebietstypische nutzungen einzustufen, sei in dieser form unzutreffend. speditionen fielen wegen des unterschiedlichen störgrades der jeweiligen betriebsform je nach dem konkreten typ unter den begriff der nicht erheblich belästigenden gewerbebetriebe oder aber unter den begriff der erheblich belästigenden gewerbebetriebe. zumindest das unternehmen „x1. kunststofftechnik“ müsse wohl sogar auf immissionsschutzrechtlicher grundlage betrieben werden, sei von der antragsgegnerin aber gleichwohl den normalen gewerbebetrieben zugeordnet worden. allein der umstand, dass hier ein vereinfachtes verfahren nach § 19 bimschg erfolgt sein solle oder hätte erfolgen können, ändere hieran nichts. im übrigen sei nach der im internet einsehbaren betriebsbeschreibung davon auszugehen, dass hier ein genehmigungsverfahren nach § 10 bimschg erforderlich gewesen sei. auch bei einer tatsächlichen betrachtung sei nicht zweifelhaft, dass es sich bei der produktion von systemlösungen aus pma-harzen in einer 4.000 m² großen betriebsstätte mit einer kapazität von 5.500 t pro jahr und deren anschließendem vertrieb mit dem damit einhergehenden fahrzeugverkehr um einen erheblich belästigenden gewerbebetrieb handele. dass das bohrunternehmen l1. nicht einem industriegebiet zugeordnet werden müsse, sei gleichfalls nicht verständlich. bei einer korrekten bestandsaufnahme hätten mithin zahlreiche weitere flächen einer industriegebietstypischen nutzung zugeordnet werden müssen. darüber hinaus weise die bebauungsplanung durchgreifende abwägungsfehler auf. dies ergebe sich bereits aus der fehlerhaften städtebaulichen bestandsaufnahme. die fehlende berücksichtigung gleich mehrerer betriebe, die tatsächlich nur in einem industriegebiet angesiedelt werden könnten, hätten sie bereits im beteiligungsverfahren detailliert dargelegt. dies habe die antragsgegnerin gleichwohl nicht berücksichtigt. zudem werde das gesamte plangebiet durch die hohen bauwerke und die immissionen des großkraftwerks i. geprägt. dieses kohlekraftwerk sei dort seit 1950 ansässig. der prägenden wirkung lasse sich nicht entgegenhalten, dass es sich vom plangebiet aus gesehen auf der anderen seite der b 482 befinde. diese straße habe hier wegen der enormen dimensionen des kraftwerks keine trennende wirkung. darüber hinaus leide die bebauungsplanung an einer abwägungsfehleinschätzung. insbesondere ihre interessen an der weiteren ausnutzung und entwicklung des vorhandenen betriebes seien nicht ordnungsgemäß eingestellt worden. trotz der von ihnen bereits während der frühzeitigen öffentlichkeitsbeteiligung dargelegten erweiterungsinteressen habe sich die antragsgegnerin in ihrer abwägung darauf zurückgezogen, dass solche interessen „im bauleitplanverfahren substantiiert beantragt“ werden müssten, um dort berücksichtigung finden zu können. dies sei nicht haltbar. sie hätten bereits frühzeitig konkrete vorstellungen zur absehbaren künftigen entwicklung ihres betriebes dargelegt. diese seien zweifelsfrei planungsrechtlich relevant, von der antragsgegnerin aber ignoriert worden. diese konkreten erweiterungsinteressen seien auf entwicklungsmöglichkeiten angewiesen, die jeweils einer änderungsgenehmigung nach § 16 bimschg bedürften. solche änderungen seien ihnen nunmehr unmöglich. durch den verlust von entwicklungsmöglichkeiten sei der betriebsstandort in seiner wettbewerbsfähigkeit mit vergleichbaren unternehmen der glasrecyclingwirtschaft stark eingeschränkt und sogar kurzfristig in seiner existenz bedroht, zumal der markt derzeit von überkapazitäten geprägt sei. ihr recht am eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb, insbesondere das der antragstellerin zu 1., umfasse nicht nur das interesse an der weiteren ungestörten ausnutzung des vorhandenen betriebszustandes, sondern auch die möglichkeit einer zukünftigen betriebsausweitung jedenfalls im rahmen einer normalen betriebsentwicklung. es handele sich bei ihren darlegungen auch nicht um unverbindliche absichtserklärungen, wie die antragsgegnerin meine. sie habe bereits im aufstellungsverfahren konkrete erweiterungsinteressen wie z. b. eine geänderte bzw. erweiterte betriebsweise der anlage durch die aufbereitung von pvb-folie aus sicherheitsglas oder die hinzunahme neuer glassorten sowie die kapazitätserweiterung und die aufnahme neuer abfallschlüsselnummern in den input-katalog benannt. zur realisierung der beabsichtigten erweiterung seien bereits gespräche mit der bezirksregierung e. als zuständiger genehmigungsbehörde geführt worden. hiervon habe die antragsgegnerin auch kenntnis gehabt. zudem habe sie deutlich gemacht, dass sie spezifisch auf eine gewisse flexibilität in der betriebsentwicklung angewiesen sei. insbesondere habe sie dargelegt, aus welchen gründen bestimmte erweiterungen ihres betriebes erst recht kurzfristig benannt und durchgeführt werden könnten. auf der grundlage des bebauungsplans stehe zudem nunmehr die gesamte umgebung ihrer anlage bzw. ihres grundstücks für betriebe offen, die ihrerseits empfindlich auf eine anlage zur lagerung und behandlung von mineralischen abfällen reagierten. die umgebung habe sich damit zwangsläufig zu ihrem nachteil verschlechtert. die ansiedlung von neu heranrückenden, besonders störempfindlichen gewerbebetrieben werde rücksichtnahmepflichten auslösen, die sie in der jetzigen ausrichtung ihres unternehmens schlichtweg nicht gewährleisten könnten. ihre existenz sei mithin gefährdet. der schlichte hinweis der planbegründung, die vorhandenen betriebe würden aufgrund ihrer bestehenden genehmigung keine nachteile erfahren, greife deshalb erheblich zu kurz. die antragsgegnerin verkenne, dass der anlagenbezogene bestandsschutz durch den vorbehalt nachträglicher anordnungen von anfang an eingeschränkt und durch dynamische betreiberpflichten gekennzeichnet sei. insoweit müsse der geringere immissionsrichtwert eines gewerbegebietes zukünftig von ihnen möglicherweise beachtet werden und seien weitere betriebsbeschränkende auflagen zu erwarten. dies ergebe sich nicht zuletzt aus der stellungnahme der bezirksregierung e. vom 6. juli 2018. ausgehend hiervon liege auch eine abwägungsdisproportionalität vor. ihre bestandsinteressen seien nicht mit dem erforderlichen gewicht in die abwägung eingestellt worden. diese interessen bräuchten nicht hinter das interesse der antragsgegnerin, weitere grundstücke für gewerbliche nutzungen zu verzeichnen und zahlreiche arbeitsplätze anzusiedeln, zurückzutreten. konkrete ansiedlungsinteressen habe die antragsgegnerin nicht aufgezeigt, arbeitsplatzintensive gewerbebetriebe könnten auch nur schwer mit der vorhandenen industrietypischen gebietsstruktur vereinbart werden. es treffe so schlicht nicht zu, dass gewerbebetriebe in einem gewerbegebiet nicht störempfindlich seien bzw. sein könnten. dies ergebe sich nicht schon daraus, dass in einem gewerbegebiet belästigende gewerbebetriebe zulässig seien. denn der belästigungsgrad eines industriegebietes und –betriebes sei jedenfalls erheblich höher. auf der anderen seite könne der seit jahrzehnten angesiedelte betrieb ebenso wie weitere industriegebietstypische betriebe im plangebiet nur mit enormen kosten in millionenhöhe an einen anderen standort verlagert werden. solche standorte gebe es im stadtgebiet im übrigen nunmehr überhaupt nicht mehr. schließlich verstoße die planung gegen bindende vorgaben der regionalplanung, worauf nicht zuletzt die bezirksregierung e. als regionalplanungsbehörde in mehreren stellungnahmen im aufstellungsverfahren hingewiesen habe. konkret gehe es insoweit um die ziele 1, 2 und 4 des regionalplans „teilabschnitt oberbereich c. “ unter b.i.5. nach ziel 4 sollten bei zurücknahmen und erweiterungen gewerblicher bauflächen diese so geplant werden, dass ein ausgewogenes verhältnis zwischen gewerbegebiets- und industriegebietsreserven erhalten bleibe. dem widerspreche die vollständige zurücknahme von industriegebietsausweisungen im gesamten stadtgebiet. dass es hier von vornherein kein für die ansiedlung von industriebetrieben geeignetes baugebiet gebe, treffe nicht zu. das gegenteil belege der – in teilen auch umgesetzte - bebauungsplan nr. 2. der stellungnahme der bezirksregierung e. vom 19. september 2017 sei insoweit nichts hinzuzufügen. eine hinreichende auseinandersetzung hiermit bzw. mit den zielen der raumordnung sei im aufstellungsverfahren nicht erfolgt. 18die antragstellerinnen beantragen, 19den bebauungsplan nr. 2 a „gewerbestandort m. “ der stadt q. für unwirksam zu erklären. 20die antragsgegnerin beantragt, 21die anträge abzulehnen. 22die anträge seien unbegründet. der bebauungsplan leide an keinen formellen mängeln. eine unzureichende bekanntmachung der öffentlichkeitsbeteiligung bzw. des satzungsbeschlusses liege nicht vor. sie habe die anforderungen des § 14 abs. 1 s. 1 ihrer hauptsatzung beachtet. zwar treffe es zu, dass jeweils zusätzlich eine bekanntmachung im amtsblatt für den kreis n. -m1. erfolgt sei. maßgeblich sei jedoch, dass eine bekanntmachung der öffentlichen auslegung und des satzungsbeschlusses tatsächlich (auch) unter https://www.xxxxamtliche-bekanntmachungen stattgefunden habe. diese bekanntmachungen seien noch heute abrufbar. darüber hinaus gehe die bekanntmachung der öffentlichen auslegung des bebauungsplans im internet auch ausdrücklich aus der bekanntmachung im amtsblatt für den kreis n. -m1. hervor. dort heiße es ausdrücklich: „die bekanntmachung kann unter https://www.xxxamtliche-bekanntmachungen eingesehen werden“. darüber hinaus sei entgegen der annahme der antragstellerinnen die nachrichtliche hinweisbekanntmachung durch aushang erfolgt, wie sich aus der anlage zur antragserwiderung ergebe. der satzungsbeschluss selbst sei nicht zu beanstanden. die einberufung des rates sei ebenso ordnungsgemäß erfolgt wie die öffentliche bekanntmachung der tagesordnung. der satzungsbeschluss sei auch hinreichend bestimmt. es stehe außer zweifel, dass er sich auf die fassung des bebauungsplanes beziehe, die dem rat zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses vorgelegen und die der bürgermeister im anschluss ausgefertigt habe. ein verstoß gegen § 10 abs. 3 satz 3 baugb liege ebenfalls nicht vor. nach dessen klaren wortlaut sei lediglich darauf hinzuweisen, wo der bebauungsplan eingesehen werden könne. dagegen sei es nicht erforderlich, ausdrücklich zu betonen, dass dies jedermann offenstehe. der umstand, dass die möglichkeit der einsichtnahme für jedermann zu bestehen habe, sei allein gegenstand bzw. folge der in § 10 abs. 3 satz 2 baugb normierten bereithaltungspflicht der gemeinde. sie gehöre demnach zum 2. teil der ersatzverkündung. dementsprechend müsse auf die möglichkeit der einsichtnahme für jedermann in der bekanntmachung nicht hingewiesen werden; sie müsse vielmehr vom tage der bekanntmachung an tatsächlich bestehen. schließlich seien die anforderung des § 2 abs. 4 nr. 3 bekanntmvo erfüllt. zwar werde der normtext des § 7 abs. 6 gemo nrw in der bekanntmachungsanordnung nicht wiedergegeben. dies sei jedoch in der bekanntmachung selbst geschehen. die bekanntmachungsanordnung wiederum nehme hierauf ausdrücklich bezug. damit sei der sinn und zweck der norm erfüllt. durch die unterschrift des bürgermeisters unter die hinweise und der auf diese bezugnehmenden bekanntmachungsanordnung werde deutlich, dass er die uneingeschränkte verantwortung für die bekanntmachung übernehme. 23der bebauungsplan weise auch keine durchgreifenden materiellen mängel auf. entgegen der auffassung der antragstellerinnen sei an seiner städtebaulichen erforderlichkeit nicht zu zweifeln. sie habe ihr planerisches ermessen nicht überschritten. insbesondere treffe es nicht zu, dass sie keine eigenen erwägungen zur städtebaulichen erforderlichkeit angestellt, sondern unbesehen das überkommunale gewerbe- und industrieflächenentwicklungskonzept übernommen habe. sie habe an der erstellung des konzepts mitgearbeitet und dieses deshalb auch inhaltlich mitentwickelt und getragen. der plangeber habe aufgrund der erstellung des gewerbe- und industrieflächenentwicklungskonzeptes einen handlungsbedarf speziell für die stadt q. gesehen und sich im rahmen des ihm eingeräumten ermessens dazu entschieden, die planungsrechtliche grundlage für arbeitsplatzintensive gewerbebetriebe zu schaffen. er habe das konzept mithin nicht ohne eigene erwägungen übernommen, sondern in seinen gemeindlichen willen aufgenommen und darauf aufbauend städtebaupolitik betrieben. die bestandsaufnahme für das plangebiet sei nicht zu beanstanden. bei dieser frage handele es sich indes ohnehin nur um eine solche der abwägung. unbeschadet dessen gingen die einwände der antragstellerinnen ins leere. zutreffend sei zwar, dass sie der immissionsschutzrechtlichen genehmigungsbedürftigkeit eine gewisse indizwirkung im sinne eines sachgerechten ausgangspunktes für die frage, ob der betrieb auf ein industriegebiet angewiesen sei, zugemessen habe. insofern stellten die ermittlungen tatsächlich zulässigerweise im ausgangspunkt auf die immissionsschutzrechtliche genehmigung ab. dass sie jedoch davon ausgegangen sei, einem industriegebiet seien sonstige (immissionsschutzrechtlich) genehmigungsfreie betriebe mit erheblichem störpotenzial niemals zuzuordnen, lasse sich den verwaltungsvorgängen nicht entnehmen. so heiße es in der begründung ausdrücklich, die immissionsschutzrechtliche genehmigungspflicht einer anlage sei lediglich ein indiz dafür, dass diese nur in einem industriegebiet realisiert werden könne, und weiter: „vom gewerbegebiet im eigentlichen sinne unterscheidet sich ein industriegebiet durch die ansiedlung von betrieben, die ein ortsunübliches maß an umweltbelastung (wie lärm, staub, geruch) produzieren, und darum von wohngebieten ferngehalten werden sollen.“ daraus ergebe sich, dass sie durchaus anhand eines störpotenzials und nicht ausschließlich anhand einer etwaigen genehmigungsfreiheit entschieden habe, ob ein betrieb eines gewerbe- oder industriegebiets bedürfe. ausgehend von diesem zutreffenden rechtlichen ansatzpunkt sei die rechtliche einordnung der vorhandenen betriebe nicht zu beanstanden. namentlich bedürften die von den antragstellerinnen angeführten speditionsbetriebe keines industriegebiets. bei solchen betrieben handele es sich nach der rechtsprechung um solche, die typischerweise in einem gewerbegebiet allgemein zulässig seien. auch die tatsächliche nutzung insbesondere der spedition h1. lasse nicht darauf schließen, dass diese nur in einem industriegebiet zulässig sei. aufgrund dessen liege in der bestandsaufnahme auch kein abwägungsfehler. soweit die antragstellerinnen in diesem zusammenhang wiederholt rügten, die nutzungsaufstellung sei veraltet, blieben sie bereits jeglichen vortrag schuldig, inwieweit sich hier planungsrelevante veränderungen ergeben haben sollten. im übrigen seien solche aufgrund der bereits mit dem aufstellungsbeschluss verhängten veränderungssperre letztlich ausgeschlossen. neben den bereits angesprochenen speditionen, die nicht auf ein industriegebiet angewiesen seien, handele es sich auch bei den weiteren von den antragstellerinnen genannten betrieben um lediglich nicht erheblich belästigende gewerbebetriebe. dies gelte für das bohrunternehmen, da die emissionsträchtigen tätigkeiten nicht auf dem betriebsgrundstück stattfänden, wie für das unternehmen der kunststofftechnik. selbst wenn dieses auf immissionsschutzrechtlicher grundlage betrieben werde, sei die durchführung eines förmlichen genehmigungsverfahrens nicht erforderlich gewesen. tatsächlich verfüge diese firma indes über keine immissionsschutzrechtliche genehmigung. diese habe sich im aufstellungsverfahren auch nicht gemeldet und eingewandt, in einem gewerbegebiet nicht zulässig zu sein. mit den von den antragstellerinnen genannten betrieben lasse sich eine industriegebietstypik mithin nicht begründen. auswirkungen des kraftwerks i. habe der plangeber hinreichend berücksichtigt. dieses präge das plangebiet nicht in einer weise, wie es den antragstellerinnen vorschwebe, zumal hier die zwischen dem kraftwerk und dem plangebiet verlaufende b 482 eine trennende wirkung entfalte. eine abwägungsfehleinschätzung sei ihr ebenfalls nicht unterlaufen. die interessen insbesondere der antragstellerin zu 1. seien hinreichend berücksichtigt worden. diese habe im aufstellungsverfahren jedoch lediglich unklare und unverbindliche absichtserklärungen abgegeben. sie habe gerade keine konkreten entwicklungsabsichten benannt und sich im wesentlichen auf ein flexibilitätsbedürfnis berufen. die mit der antragsbegründung erneut vorgetragenen betrieblichen entwicklungen seien auch aus sicht der antragstellerinnen nur möglichkeiten. sie hätten selbst deutlich gemacht, dass hier noch keine konkreten pläne vorlägen. offenbar handele es sich hier lediglich um einen wunsch, zumal sie im weiteren wieder ihr flexibilitätsbedürfnis herausstelle. aufgrund dessen sei es ihr auch nicht möglich gewesen, einen erweiterungstatbestand im rahmen einer festsetzung nach § 1 abs. 10 baunvo zu formulieren. sie, die antragsgegnerin, sei im planungsprozess durchaus bereit gewesen, zugunsten der antragstellerin zu 1. eine fremdkörperfestsetzung zu treffen. dies sei auf bl. 8a des hefters ix ausdrücklich festgehalten. aufgrund der tatsache, dass diese ihr aber keine verbindlichen erweiterungsmöglichkeiten erläutert oder diese substantiiert beantragt habe, habe sie den erweiterungstatbestand gar nicht formulieren können. soweit die antragstellerinnen die erhaltung ihrer wettbewerbsfähigkeit geltend machten, genüge der hinweis, dass ein gewerbetreibender keinen anspruch darauf habe, dass sich die vorhandene wettbewerbssituation nicht verschlechtere, weil mit neuer konkurrenz ständig gerechnet werden müsse. das bauplanungsrecht sei wettbewerbsneutral. auch die interessen an der weiteren ausnutzung des vorhandenen betriebes habe sie ordnungsgemäß abgewogen. hiergegen spreche zunächst nicht die von den antragstellerinnen ins feld geführte stellungnahme der bezirksregierung e. vom 6. juli 2018 (viii/19 a). diese habe gerade nicht die hier in rede stehende ausnutzung der bestehenden betriebe thematisiert. im übrigen gebe es zwar dynamische betreiberpflichten. diese seien hier jedoch nicht verändert worden, da die antragstellerinnen über eine genehmigung verfügten, die eine anlage betreffe, die zumindest teilweise in einem industriegebiet liege und deshalb nur in diesem rahmen dynamische betreiberpflichten kenne. im übrigen seien gewerbebetriebe nicht besonders störempfindlich. vor heranrückenden gewerbebetrieben müsse sich der betrieb der antragstellerin zu 1. damit nicht fürchten. schließlich bestehe auch keine abwägungsdisproportionalität. ihr interesse, weitere grundstücke für gewerbliche nutzungen zu verzeichnen und dadurch zahlreiche arbeitsplätze anzusiedeln, überwiege das interesse der antragstellerinnen. die neuplanung verstoße auch nicht gegen ziele der raumordnung. ziel 1 des regionalplans werde gewahrt, weil durch die vollständige überplanung als gewerbegebiet gerade neue, sich gegenseitig störende gewerbliche und industrielle nutzungen innerhalb des gib verhindert würden. ziel 2 werde durch den bebauungsplan verwirklicht. bei dem sog. ziel 4 handele es sich bereits mangels abschließender abgewogenheit auf der ebene des regionalplans nicht um ein ziel im sinne von § 3 abs. 1 nr. 2 rog. zudem lasse es der regionalplan danach im einzelfall zu, dass in einer kommune überhaupt kein industriegebiet festgesetzt werde, weil und wenn es dafür keine geeigneten flächen gebe. auch aus einer zusammenschau der ziele 1, 2 und 4 folge nichts anderes. soweit die antragstellerinnen meinten, dass durch die begriffe „gewerblich/industriell“ ein mischverhältnis zwischen diesen nutzungsstrukturen erreicht werden solle, gehe dies fehl. der erkennende senat habe in seinem urteil vom 8. mai 2018 festgestellt, dass bereiche für gewerbliche und industrielle nutzungen industrie- und gewerbegebiete gleichermaßen und gewissermaßen undifferenziert erfassten. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte dieses verfahrens und des verfahrens 2 d 153/20.ne sowie auf die beigezogenen aufstellungsvorgänge der antragsgegnerin bezug genommen. 25 | 26die normenkontrollanträge der antragstellerinnen haben erfolg. 27i. die anträge sind zulässig, namentlich sind die antragstellerinnen antragsbefugt. die antragstellerin zu 2. ist eigentümerin eines grundstücks im plangebiet, auf dem die antragstellerin zu 1. aufgrund einer immissionsschutzrechtlichen genehmigung ein glasrecyclingunternehmen betreibt. die bisher für teile dieses grundstücks geltende festsetzung eines industriegebiets wird durch den angegriffenen bebauungsplan zu ihrem nachteil durch eine gewerbegebietsausweisung ersetzt. 28ii. die anträge sind auch begründet. der bebauungsplan nr. 2 a „gewerbestandort m. “ weist mehrere formelle und materielle, jeweils für sich genommen durchgreifende, die gesamtunwirksamkeit des bebauungsplans begründende mängel auf. 291. der bebauungsplan ist jedenfalls deshalb formell fehlerhaft, weil er nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. weder lässt sich feststellen, dass die ausfertigung des bebauungsplanes vor der anordnung seiner bekanntmachung erfolgte (dazu a) noch ist diese bekanntmachung selbst ordnungsgemäß erfolgt. gleiches gilt für die bekanntmachung nach § 3 abs. 2 und § 4a abs. 3 baugb (dazu b). angesichts dessen kann dahinstehen, ob die weiteren von den antragstellerinnen gerügten formellen mängel bestehen, wofür aus sicht des senats allerdings nach überschlägiger betrachtung nichts durchgreifendes spricht. gegebenenfalls mag die antragsgegnerin bei einer etwaigen neuplanung die monita der antragstellerinnen vorsorglich aufgreifen. 30a) die bekanntmachung des bebauungsplanes am 15. oktober 2020 erweist sich schon deshalb als durchgreifend fehlerhaft, weil sich nicht feststellen lässt, dass der bebauungsplan vor der anordnung seiner bekanntmachung ordnungsgemäß ausgefertigt wurde. 31voraussetzung für die bekanntmachung einer rechtsnorm ist, dass der inhalt der bekanntzumachenden norm feststeht. ein bebauungsplan muss deshalb vor seiner bekanntmachung ausgefertigt werden, damit die identität des norminhalts mit dem vom normgeber beschlossenen feststeht. der bekanntmachungsakt beginnt mit der unterzeichnung der bekanntmachung durch das zuständige gemeindeorgan (vgl. § 3 abs. 2 satz 3 bekanntmvo nrw). infolgedessen ist es notwendig, dass der ausfertigungsvermerk vor der bekanntmachung unterzeichnet wird. nur diese reihenfolge genügt dem genannten zweck der ausfertigung, die identität des norminhalts mit dem vom normgeber beschlossenen sicherzustellen. das zuständige gemeindeorgan muss sich vor der unterzeichnung der bekanntmachung vergewissern, dass die planurkunde den richtigen inhalt hat. auf den (späteren) zeitpunkt, zu dem das amtsblatt erscheint, oder in dem die öffentliche bekanntmachung auf andere weise vollzogen wird (vgl. § 4 abs. 1 bekanntmvo nrw), kommt es hingegen nicht an. 32vgl. bverwg, beschluss vom 27. januar 1999 – 4 b 129.98 -, brs 62 nr. 29 = juris rn. 5 f.; ovg nrw, urteile vom 10. mai 2019 – 7 a 1419/17 -, baur 2019, 1563 = juris rn. 43 f., vom 22. märz 2019 – 7 d 39/17.ne -, juris rn. 33, vom 6. september 2018 - 7 d 10/16.ne -, baur 2018, 1974, m. w. n., vom 22. februar 2018 - 7 d 26/15.ne -, baur 2018, 775, und vom 26. februar 2015 – 2 d 1/13.ne -, brs 83 nr. 6 = juris rn. 66. 33für das nordrhein-westfälische landesrecht ist dabei in der rechtsprechung geklärt, dass es mangels ausdrücklicher normativer vorgaben für die ausfertigung von bebauungsplänen ausreichend, aber auch erforderlich ist, wenn eine originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der (ober-)bürgermeister als vorsitzender des rates zeitlich nach dem ratsbeschluss und vor der verkündung der satzung schriftlich bestätigt, dass der rat an einem näher bezeichneten tag diesen bebauungsplan als satzung beschlossen habe. 34vgl. ovg nrw, urteile vom 8. märz 2017 – 10 d 6/16.ne –, juris, rn. 22 ff., und vom 19. november 2015 – 10 d 84/13.ne –, juris, rn. 51. 35an einer entsprechenden schriftlichen bestätigung des bürgermeisters vor unterzeichnung der bekanntmachung(sanordnung) am 7. oktober 2020 fehlt es hier. die planurkunde, auf der die original unterzeichneten verfahrensvermerke aufgedruckt sind, enthält zwar am unteren rechten rand unter der überschrift „ausfertigung“ den vom bürgermeister am 6. oktober 2020 unterzeichneten vermerk: „hiermit wird bestätigt, dass der bebauungsplan nr. 2a gewerbestandort m. mit dem beschluss des rates der stadt q. vom 19.12.2019 übereinstimmt und die die gesetzlichen verfahrensvorschriften (handschriftlich ergänzt) eingehalten worden sind.“ zugleich findet sich jedoch in der leiste der verfahrensvermerke (links mitte) der vermerk: „dieser plan ist gem. § 10 baugb und § 7 der gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen in der fassung der bekanntmachung vom 14.07.94 (gv nrw s. 666) vom rat der stadt q. am 19.12.2019 als satzung beschlossen worden“. dieser ist indes erst am 8. oktober 2020 unterzeichnet worden. 36jedenfalls in der gesamtschau ist allein letzterer, nach der bekanntmachung unterzeichnete vermerk aber die ausfertigung im rechtssinne. anders als dieser bezieht sich der mit „ausfertigung“ bezeichnete vermerk gerade nicht auf die planurkunde, sondern allgemein auf den bebauungsplan nr. 2 a. zudem wäre der am 8. oktober 2020 erfolgte bestätigungsvermerk unter der annahme, der am 6. oktober 2020 unterzeichnete sei bereits die ausfertigung, objektiv überflüssig, während bei dem hier vertretenen verständnis der am 6. oktober 2020 unterschriebene vermerk eigenständige bedeutung als die für ein rechtmäßiges bekanntmachungsverfahren ebenfalls erforderliche, 37vgl. dazu nur ovg nrw, urteil vom 10. mai 2021 – 2 d 112/19.ne -, baur 2021, 1788 = juris rn. 22 ff., m. w. n., 38bestätigung nach § 2 abs. 3 bekanntmvo hat. zumindest fehlt es aber an der für die ausfertigung als teil des formellen aktes des inkraftsetzens einer rechtsnorm in besonderem maße erforderlichen eindeutigkeit des ausfertigungsvermerks. da die bekanntmachungsanordnung genau zwischen den beiden unterschriftsdaten liegt, lässt sich damit die einhaltung der erforderlichen reihenfolge hier in jedem fall nicht feststellen. 39dahingestellt bleiben kann mithin, ob der am 6. oktober 2020 unterzeichnete vermerk bei isolierter betrachtung noch als ordnungsgemäße ausfertigung verstanden werden könnte. 40dagegen ovg nrw, urteile vom 8. märz 2017 – 10 d 6/16.ne -, juris rn. 30, und vom 19. november 2015 – 10 d 84/13.ne -, juris rn. 51; offener ovg nrw, urteil vom 21. juni 2016 – 2 d 56/14.ne -, juris rn. 70 ff. 41b) auch die bekanntmachung des bebauungsplans selbst genügt nicht rechtsstaatlichen anforderungen. gleiches gilt im übrigen für die offenlegungsbekanntmachungen nach §§ 3 abs. 2, 4a abs. 3 baugb. 42rechtsnormen sind in einer weise der öffentlichkeit bekanntzumachen, dass sich die betroffenen in zumutbarer weise von ihrem inhalt verlässlich kenntnis verschaffen können. 43vgl. ovg nrw, urteil vom 6. dezember 2017 – 7 d 100/15.ne –, juris, rn. 35 ff. m. w. n. 44das wiederum setzt notwendig die festlegung, beachtung und erkennbarkeit des bekanntmachungsmediums und bei – unterstellt zulässiger – wahl mehrerer bekanntmachungsorte/-formen eine – erkennbare – priorisierung voraus. dem ist hier nicht genügt. 45nach § 14 der hauptsatzung der antragsgegnerin in der nach der bestätigung der antragsgegnerin in der mündlichen verhandlung zum zeitpunkt der bekanntmachung geltenden fassung hatten bekanntmachungen – ausschließlich - im internet zu erfolgen. auf sie ist durch aushang an den verwaltungsgebäuden in q. (t.------straße ) und m. (c1.-------straße ) jeweils hinzuweisen. 46tatsächlich finden sich in den aufstellungsvorgängen im ordner „bekanntmachungen“ aber jeweils nur die veröffentlichungen im kreisblatt. dies lässt darauf schließen, dass die stadt diese bekanntmachung als maßgeblich angesehen hat – zumindest musste nach außen dieser eindruck entstehen, zumal ausdrücklich auf die ergänzende einstellung von unterlagen im internet hingewiesen wurde. hierzu passt auch, dass § 14 abs. 2 der hauptsatzung genau dieses vorgehen inzwischen vorschreibt. die vertreter der antragsgegnerin haben zudem in der mündlichen verhandlung bestätigt, dass dieses verfahren bewusst gewählt wurde, weil zweifel daran bestanden hätten, ob das baugesetzbuch eine ausschließliche (ersatz-)bekanntmachung im internet zugelassen hätte. dies trifft in der sache zwar – insbesondere für die bekanntmachungen nach §§ 3 abs. 2, 4a abs. 3 baugb – zu, 47vgl. in diesem zusammenhang nds. ovg, beschluss vom 4. mai 2012 – 1 mn 218/11 -, dvbl. 2012, 777 = juris rn. 29 ff.; urteil vom 29. mai 2018 – 1 kn 53/17 u. a. -, baur 2018, 1377 = juris rn. 17 ff.; krautzberger, in: ernst/zinkahn/ bielenberg/krautzberger, baugb, § 4a rn. 34; stock, ebd., § 10 rn. 112a; korbmacher, in: brügelmann, baugb § 4a rn. 21; schrödter/ wahlhäuser, in: schrödter, baugb-kommentar, 9. aufl. 2019, § 3 rn. 62 ff.; köster, ebd, § 4a rn. 20; schrödter/kukk, ebd., § 10 rn. 46, 48rechtfertigte aber jedenfalls nicht die bekanntmachung im amtlichen kreisblatt. zum maßgeblichen zeitpunkt der hier in rede stehenden bekanntmachung gab es diese bekanntmachungsalternative im amtsblatt rechtlich nicht – die stadt durfte sie mithin auch nicht wählen, selbst wenn ihre zweifel berechtigt gewesen sein sollten. in diesem fall hätte sie vielmehr auf eine änderung der hauptsatzung dringen müssen – wie es im märz 2021 offenbar auch geschehen ist. 49allein die „freihändige“ wahl einer in der hauptsatzung nicht vorgesehenen bekanntmachungsform führt zur unwirksamkeit des bebauungsplans. denn sie beeinträchtigt den zweck der bekanntmachung, nämlich rechtssicherheit und -klarheit zu schaffen, entscheidend. durch das von der antragsgegnerin gewählte verfahren käme ein bürger sicher nicht auf die idee, es könnte andere, möglicherweise frühere – z. b. für fristen maßgebliche – bekanntmachungen an anderer stelle geben. 50hinzu kommt, dass objektiv nicht erkennbar war, dass die bekanntmachung im internet die eigentliche bekanntmachung sein könnte. diese annahme lag gerade aufgrund ihres im amtsblatt ausdrücklich als ergänzend bezeichneten charakters mehr als fern. im übrigen bleibt die frage offen, warum in diesem fall die maßgebliche bekanntmachung in den aufstellungsvorgängen nicht dokumentiert wurde. in dem mit „bekanntmachungen“ bezeichneten unterordner ii befinden sich ausschließlich die abdrucke im amtlichen kreisblatt. die hinweise auf öffentliche bekanntmachungen der stadt q. im internet sind demgegenüber erst mit der antragserwiderung vom 8. april 2021 teilweise vorgelegt worden. 51entgegen der auffassung der antragsgegnerin ergibt sich nichts anderes aus dem hinweis in der offenlegungsbekanntmachung im kreisblatt des kreises n. -m1. , wonach „die bekanntmachung unter https://www.xxxamtliche-bekanntmachungen eingesehen werden“ kann. zum einen findet sie sich erst nach dem zusatz, dass die aufstellungsunterlagen zusätzlich in das internet eingestellt worden seien. dass der zweite hinweis dann so verstanden werden könnte oder sollte, dass es sich um die maßgebliche bekanntmachung handele, liegt deshalb schon systematisch fern. im übrigen spricht auch die formulierung selbst gegen ein solches verständnis. denn die bekanntmachung kann danach dort nur „eingesehen“ werden. träfe die annahme der antragsgegnerin zu, hätte es hingegen heißen müssen, die bekanntmachung sei dort „erfolgt“. bezeichnenderweise fehlt ein solcher hinweis schließlich bei der bekanntmachung des satzungsbeschlusses im kreisblatt. 52schließlich haben die vertreter der antragsgegnerin selbst in der mündlichen verhandlung bestätigt, dass dort ein solches verständnis gerade nicht vertreten wurde. angesichts dessen ist auszuschließen, dass die einstellung in das internet mit dem für das wirksame inkraftsetzen einer rechtsnorm erforderlichen bekanntmachungswillen erfolgt sein könnte. 53selbst wenn dies indes anders beurteilt werden könnte, änderte dies nichts an dem bekanntmachungsmangel, weil auch die bekanntmachung im internet selbst nach den vorgelegten dokumenten nicht den anforderungen des § 14 abs. 1 der hauptsatzung entsprochen hat. denn die – wie gesagt - erst mit der antragserwiderung vom 8. april 2021 vorgelegten vermerke enthalten nur die bestätigung, dass der hinweis auf die internetbekanntmachung „im aushangkasten am verwaltungsgebäude m. /q. “ – also einzahl - ausgehängt worden sei. § 14 abs. 1 der hauptsatzung der stadt q. verlangt indes einen aushang an zwei verwaltungsgebäuden, nämlich in q. -m. und am verwaltungsgebäude „q. “. dass dies hier geschehen und mit dem querstrich ein doppelter aushang bestätigt worden sein sollte, lässt sich wiederum nicht mit der für das inkrafttreten einer rechtsnorm erforderlichen eindeutigkeit bestimmen; im gegenteil ist ein solches verständnis, das die verwendung des plural voraussetzte, nach dem insoweit eindeutigen wortlaut der bestätigung ausgeschlossen. zugleich ist nicht anzunehmen, dass die antragsgegnerin auf die von den antragstellerinnen erhobene rüge nur eine solche bestätigung vorgelegt hätte, wenn es ihrer zwei gegeben hätte. hiergegen spricht im übrigen, dass hinsichtlich der ebenfalls bemängelten ordnungsgemäßen einberufung der ratssitzungen jeweils beide aushangnachweise beigebracht wurden. 542. der bebauungsplan nr. 2 a „gewerbestandort m. “ der antragsgegnerin erweist sich zudem als materiell - durchgreifend - fehlerhaft. er ist zwar städtebaulich erforderlich (dazu unter a), jedoch leidet er an mehreren, jeweils für sich genommen durchgreifenden beachtlichen abwägungsfehlern (dazu unter c). ob er mit vorgaben der raumordnung vereinbar ist, bedarf angesichts dessen keiner abschließenden entscheidung (dazu b). 55a) der bebauungsplan ist in seiner grundkonzeption im sinne von § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich gerechtfertigt. 56was im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen konzeption der gemeinde. welche städtebaulichen ziele die gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen ermessen. der gesetzgeber ermächtigt sie, die „städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen ordnungsvorstellungen entspricht. nicht erforderlich im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb sind in aller regel nur solche bauleitpläne, die einer positiven planungskonzeption entbehren und ersichtlich der förderung von zielen dienen, für deren verwirklichung die planungsinstrumente des baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 abs. 3 satz 1 baugb ist ferner verletzt, wenn ein bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder rechtsgründen auf dauer oder auf unabsehbare zeit der vollzugsfähigkeit entbehrt, die aufgabe der verbindlichen bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. in dieser auslegung setzt § 1 abs. 3 satz 1 baugb der bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende schranke, die nur grobe und einigermaßen offensichtliche missgriffe ausschließt. sie betrifft die generelle erforderlichkeit der planung, nicht hingegen die einzelheiten einer konkreten planerischen lösung. dafür ist das abwägungsgebot maßgeblich, das im hinblick auf gerichtliche kontrolldichte, fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende erkenntnisquellen abweichenden maßstäben unterliegt. deswegen kann die abgewogenheit einer bauleitplanung und ihrer festsetzungen nicht bereits zum maßstab für deren städtebauliche erforderlichkeit gemacht werden. 57vgl. bverwg, urteile vom 27. märz 2013 - 4 c 13.11 -, baur 2013, 1399 = juris rn. 9, und vom 27. märz 2013 - 4 cn 6.11 -, baur 2013, 1402 = juris rn. 9, beschluss vom 11. mai 1999 - 4 bn 15.99 -, brs 62 nr. 19 = juris rn. 4. 58gemessen daran ist der angegriffene bebauungsplan dem grunde nach städtebaulich gerechtfertigt. entgegen der auffassung der antragstellerinnen steht dem zunächst nicht entgegen, dass die antragsgegnerin sich bei ihrer planung auch (genauer wohl: maßgeblich) an dem auf kreisebene erarbeiteten gewerbe- und industrieflächenkonzept orientiert hat. denn zumindest ihre (weiteren) überlegungen zur nicht zu erwartenden ausweisung weiterer gib-flächen im gegenwärtig erarbeiteten regionalplan und zur beabsichtigten vorrangigen ansiedlung arbeitsplatzintensiver gewerbebetriebe sind hiervon unabhängig und grundsätzlich im rahmen des § 1 abs. 6 nr. 8 baugb tragfähige überlegungen. 59zweifel an der städtebaulichen erforderlichkeit mögen vor diesem hintergrund zwar durchaus bestehen. so ist die überlegung, der regionalplan werde keine weiteren gib-flächen ausweisen, zwar vor dem hintergrund der weiträumig seit jahrzehnten nicht einmal annähernd ausgenutzten entsprechenden angebote im stadtgebiet nicht unplausibel, allerdings nur schwer mit den weiteren angaben der antragsgegnerin zum verständnis ihrer – so nicht vertretbaren und einen abwägungsmangel begründenden (siehe unten) – ausführungen in der planbegründung zu vereinbaren, das plangebiet werde nicht im sinne eines regionalplanerischen gib genutzt, weil sich überwiegend nur gewerbebetriebe hier befänden. danach soll es auf regionalplanebene für (wie hier eingeschränkte) gewerbegebiete in zukunft die kategorie eines besonderen asb geben und die gib-flächen deshalb vorrangig industriegebiete aufnehmen. dies habe man – missverständlich – für die planbegründung vorweggenommen. dann wäre aber zumindest die frage zu beantworten gewesen, ob solche besonderen asb im stadtgebiet in betracht kommen, weil ein gewerbegebiet wie das hier geplante gerade nicht mehr auf ein gib angewiesen wäre. 60hinzu kommt, dass sich der von der antragsgegnerin angenommene umplanungsbedarf für das gesamte gebiet angesichts des umstandes, dass bisher ohnehin nur etwa die hälfte der flächen baulich genutzt wird – und zwar augenscheinlich sowohl in den bisherigen industriegebieten als auch in den bisherigen gewerbegebieten –, nicht ohne weiteres erschließt, zumal es sich bei den zur planrechtfertigung genannten betrieben jedenfalls in teilen (fahrzeughalle für oldtimer, warenlagerung für den innenausbau) um zwar flächenintensive, aber nicht eben arbeitsplatzintensive tätigkeiten handelt und alle genannten betriebe sich auch ohne umplanung hier ansiedeln könnten, was vergleichbare betriebe, etwa der kunststoffverarbeitung, ohnehin bereits getan haben. warum es gleichwohl erforderlich sein könnte, weitere flächenreserven auch zulasten der ansässigen betriebe schon jetzt zu schaffen bzw. zu sichern, hat die antragsgegnerin indes nicht weiter dargelegt. 61diese aspekte führen indes (noch) nicht zu einem groben planerischen missgriff, sondern lassen sich eher dem bereich der abwägung zuordnen und dort sachgerecht behandeln. 62gleiches gilt schließlich für die von den antragstellerinnen in der sache zu recht angeführten defizite der bestandserfassung. diese führen jedenfalls nicht auf eine so grundlegende fehleinschätzung der planerischen ausgangslage, dass hierauf aufbauend überhaupt keine neuplanung mit einer gewerbegebietsausweisung hätte erfolgen dürfen. das hat der senat bereits in seinem den beteiligten bekannten urteil vom 8. mai 2018 – 2 d 44/17.ne -, brs 86 nr. 48 = juris rn. 61 ff., ausgeführt. daran ist auch im lichte der im hauptsacheverfahren gewonnenen neuen erkenntnisse im grundsatz festzuhalten. selbst unter berücksichtigung der einwände der antragstellerinnen dürfte zumindest eine weitgehende rückführung der industriegebiete zu gewerbegebieten nach § 1 abs. 3 baugb möglich sein. 63b) demgegenüber mag offenbleiben, ob die bebauungsplanung mit den zielen der raumordnung vereinbar ist bzw. – dies letztlich als eine frage der abwägung – den regionalplanerischen grundsätzen ausreichend rechnung trägt. in diesem zusammenhang hat der senat in seinem urteil vom 8. mai 2018 ausgeführt: 64„ebenso wenig erscheint ein verstoß gegen bindende ziele der raumordnung vorprogrammiert. es ist bereits zweifelhaft, ob die von der antragstellerin unter bezugnahme auf in der ablehnenden stellungnahme der bezirksregierung e. vom 19. september 2017 angeführten regelungen des regionalplans für den regierungsbezirk e. – teilabschnitt oberbereich c. – tatsächlich den charakter von – verbindlichen – zielen der raumordnung haben. in diesem zusammenhang spricht allerdings vieles dafür, dass es jedenfalls an der abschließenden abgewogenheit der bestimmungen im hinblick auf die mit den „soll-festlegungen“ zwangsläufig verbundenen ausnahmemöglichkeiten fehlt, wie bereits die antragsgegnerin zutreffend eingewandt hat. 65dies bedurfte hier indes keiner abschließenden betrachtung, weil raumordnerische vorgaben unter dem gesichtspunkt der darstellung des gebietes als gib durch die geplanten änderungen letztlich nicht betroffen sind. denn mit dieser vorgabe werden durch bauleitpläne festzusetzende industrie- und gewerbegebiete gleichermaßen und gewissermaßen undifferenziert erfasst. allein in diesem spektrum bewegen sich aber die geplanten änderungen. da die antragsgegnerin auch eine vollständige überplanung zumindest beabsichtigt, werden auch nicht zwangsläufig neue, sich gegenseitig störende gewerbliche/industrielle mischnutzungen innerhalb eines gib geschaffen. schließlich ist auch eine genehmigungsbedürftigkeit des umstrittenen bebauungsplans durch die bezirksregierung nicht ersichtlich. ihre gegenteilige auffassung hat die antragstellerin auch nicht näher ausgeführt. vorstehende überlegungen gelten angesichts des noch einmal geringeren detaillierungsgrades des lep erst recht für die vorgebrachten landesplanerischen bedenken.“ 66ob hieran auch unter berücksichtigung der vertiefenden ausführungen der antragstellerinnen insbesondere im hinblick auf ziel 4 des gebietsentwicklungsplanes für den regierungsbezirk e. – teilabschnitt oberbereich c. “ festzuhalten wäre – und ob in diesem fall die antragsgegnerin zumindest den dortigen grundsätzen hinreichend rechnung getragen hat –, bedarf vor dem hintergrund der feststehenden formellen und materiellen mängel des bebauungsplans und angesichts des umstandes, dass sich der regionalplan im verfahren der neuaufstellung befindet, sodass absehbar eine etwaige neuplanung der antragsgegnerin auf andere raumordnerische vorgaben träfe, indes keiner abschließenden entscheidung. der senat weist allerdings vorsorglich daraufhin, dass zumindest die auseinandersetzung mit ziel 4 – sei es als ziel, sei es als grundsatz der raumordnung – nicht hinreichend erscheint. der verweis darauf, der regionalplan lasse es im einzelfall auch zu, dass in einer kommune überhaupt kein industriegebiet festgesetzt werde, weil und wenn es hierfür gemeindeweit keine geeigneten flächen gebe, dürfte für die antragsgegnerin nicht gelten und die änderungsplanung nicht rechtfertigen. denn es ist weder ersichtlich noch nachvollziehbar dargelegt, warum das die ersatzlose streichung eines langjährigen industriegebiets, das zumindest in teilen – und offenbar konfliktfrei - industriegebietstypisch genutzt wird, rechtfertigen könnte. 67b) der bebauungsplan weist aber jedenfalls mehrere für sich genommen durchgreifende abwägungsmängel auf. die von der antragsgegnerin vorgenommene bestandserfassung ist so defizitär (dazu aa). darüber hinaus ist die antragsgegnerin auch in rechtlicher hinsicht von einem fehlerhaften verständnis der planerischen ausgangssituation ausgegangen (dazu bb). im anschluss hat sie die allgemeinen folgen ihrer planung für die bestehenden, nach dem bundes-immissionsschutzgesetz genehmigten betriebe nicht zutreffend abgewogen (dazu cc); namentlich greift der angenommene konfliktlösungsmechanismus jedenfalls in der dargelegten form zu kurz (dazu dd). zusätzlich hat sie die betrieblichen interessen der antragstellerinnen selbst (insbesondere der antragstellerin zu 1.) – ebenso wie diejenigen der antragstellerinnen im verfahren 2 d 140/20.ne (urteilsabdruck s. 48 ff.), was für den erfolg der antragstellerinnen im hiesigen verfahren schon ausreichte - fehlerhaft erfasst (dazu ee) und bewertet (dazu ff). 68§ 1 abs. 7 baugb verlangt bei der aufstellung eines bebauungsplans die gerechte abwägung der öffentlichen und privaten belange gegen- und untereinander. die gerichtliche kontrolle dieser von der gemeinde vorzunehmenden abwägung hat sich darauf zu beschränken, ob in die abwägung an belangen eingestellt worden ist, was nach lage der dinge eingestellt werden musste, ob die bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten belange richtig erkannt worden ist und ob der ausgleich zwischen den von der planung berührten öffentlichen und privaten belangen in einer weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven gewichtigkeit in einem angemessenen verhältnis steht. hat die gemeinde diese anforderungen an ihre planungstätigkeit beachtet, wird das abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der abwägung der verschiedenen belange dem einen den vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die zurückstellung eines anderen entscheidet. 69vgl. grundlegend: bverwg, urteile vom 12. dezember 1969 - 4 c 105.66 -, bverwge 34, 301 ff. = juris rn. 29, und vom 5. juli 1974 ‑ 4 c 50.72 ‑, bverwge 45, 309 ff. = juris rn. 45. 70wird ein bebauungsplan geändert, so ist zudem das interesse der planbetroffenen an der beibehaltung des bisherigen zustandes abwägungserheblich. zwar gewährt das baugesetzbuch keinen anspruch auf den fortbestand eines bebauungsplans. änderungen des bebauungsplans sind nicht ausgeschlossen. die planbetroffenen besitzen jedoch regelmäßig ein schutzwürdiges vertrauen darauf, dass die ortsrechtlichen festsetzungen des plans nicht ohne berücksichtigung ihrer belange geändert werden. nimmt der plangeber veränderungen bestehender festsetzungen vor, muss er sich im klaren darüber sein, dass er damit möglicherweise in das ursprüngliche planerische konzept eingreift und es bedarf ggf. besonderer überlegungen, ob diese änderungen sachgerecht sind. denn der ursprüngliche bebauungsplan einschließlich sämtlicher festsetzungen war seinerseits gegenstand einer wohlabgewogenen planung. greift der änderungsplan zudem in ein bestehendes recht zur bebauung ein, bedarf es besonderer sorgfalt bei der abwägung. denn der normativen entziehung oder beschränkung desselben kommt erhebliches gewicht zu, das sich im rahmen der abwägung auswirken muss. beim erlass wie bei der änderung eines bebauungsplans muss im rahmen der planerischen abwägung das private interesse am erhalt bestehender baulicher nutzungsrechte mit dem öffentlichen interesse an der gewollten städtebaulichen neuordnung des plangebiets abgewogen werden. dabei ist in die abwägung einzustellen, dass sich der entzug der baulichen nutzungsmöglichkeiten für den betroffenen wie eine (teil-)enteignung auswirken kann. 71vgl. bverfg, beschluss vom 19. dezember 2002 ‑ 1 bvr 1402/01 ‑, brs 65 nr. 6 = juris rn. 18; ovg nrw, urteil vom 18. mai 2010 - 10 d 92/08.ne -, juris rn. 40; kuschnerus, der sachgerechte bebauungsplan, 4. aufl. 2010, rn. 372 ff. 72die verpflichtung des rates, die von der planung berührten öffentlichen und privaten belange in einer weise zum ausgleich zu bringen, die zu ihrer objektiven gewichtigkeit in einem angemessenen verhältnis steht, kann die prüfung ernsthaft in betracht kommender standort- und ausführungsvarianten erforderlich machen. 73vgl. ovg nrw, urteil vom 26. august 2021 – 10 d 106/14.ne -, zner 2021, 512 = juris rn. 84, m. w. n. 74handelt es sich um ein bebautes gebiet, ist der abzuändernde bebauungsplan also (zumindest partiell) umgesetzt, bedarf es zudem einer sorgfältigen aufnahme und ermittlung des vorhandenen bestandes und sodann einer hierauf aufbauenden bewertung der planbedingten änderungen. 75vgl. dazu nur ovg nrw, urteile vom 28. september 2021 – 2 d 121/20.ne -, juris rn. 74, vom 9. oktober 2017 – 2 d 98/15.ne -, juris rn. 74, und vom 25. november 2009 - 10 d 93/07.ne -, juris; söfker, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb - kommentar, stand mai 2015, § 1 rn. 195, 207 m. w. n.; kuschnerus, der sachgerechte bebauungsplan, 4. aufl. 2010, rn. 374. 76zu den zu beachtenden belangen zählt dabei auch das recht am eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb. abwägungsbeachtlich ist daher nicht nur das interesse an der weiteren ausnutzung des vorhandenen betriebszustandes, sondern auch das bedürfnis nach einer künftigen betriebsausweitung im rahmen einer normalen betriebsentwicklung. damit sind jedenfalls solche fälle abwägungsbeachtlich, in denen diese entwicklung bereits konkret ins auge gefasst ist oder bei realistischer betrachtung bei den von dem betriebsinhaber aufzuzeigenden betrieblichen entwicklungsmöglichkeiten naheliegt. das interesse des betriebsinhabers, sich alle entwicklungen und entwicklungsmöglichkeiten offenzuhalten, reicht indes ebenso wenig aus wie unklare oder unverbindliche absichtserklärungen. 77vgl. etwa bverwg, beschluss vom 5. september 2000 – 4 b 56.00 -, brs 63 nr. 107 = juris rn. 6 ff., ovg nrw, beschlüsse vom 28. märz 2019 – 2 b 1425/18.ne -, baur 2019, 1274 = juris rn. 33, und vom 14. juli 2010 – 2 b 637/10.ne -, juris rn. 13, sowie urteil vom 22. mai 2000 – 10a d 139/98.ne -, baur 2001, 84. 78ob diese für den fall einer an einen planaußenlieger heranrückenden wohnbebauung entwickelten grundsätze ohne abstriche auf den hier vorliegenden fall eines im plangebiet tätigen betriebes übertragbar sind, für den die planungsrechtlichen grundlagen unmittelbar verändert werden, ist zwar nicht zweifelsfrei, hier aber nicht entscheidungserheblich, weil die antragsgegnerin bereits diesen jedenfalls geltenden abwägungsmaßstäben nicht gerecht geworden ist. 79aa) ausgehend hiervon ist bereits die von der antragsgegnerin vorgenommene bestandsermittlung defizitär und konnte deshalb einer rechtmäßigen abwägungsentscheidung so nicht zugrunde gelegt werden. 80entgegen dem wiederholten vorwurf der antragstellerinnen spricht allerdings nichts dafür, dass sie veraltet sein könnte. zwar trifft es zu, dass die erfassung der vorhandenen nutzungen auf dem stand des jahres 2017 ist und zum maßgeblichen zeitpunkt des satzungsbeschlusses mithin bereits mindestens zwei jahre alt war. dass es in dieser zeit relevante änderungen in den vorhandenen nutzungen gegeben haben könnte, ist aber mindestens unwahrscheinlich, nachdem die antragsgegnerin bereits mit dem aufstellungsbeschluss eine veränderungssperre für das gesamte plangebiet beschlossen hatte. dementsprechend haben die antragstellerinnen auch auf konkreten vorhalt der antragsgegnerin kein beispiel für relevante neue, geänderte oder aufgegebene nutzungen im plangebiet zwischen 2017 und 2019 benannt. 81demgegenüber hat die antragsgegnerin aber nicht ausreichend ermittelt und/ oder dokumentiert, in welchem umfang die im plangebiet konkret vorhandenen nutzungen einem industriegebiet oder einem gewerbegebiet zuzuordnen sind. aus den aufstellungsvorgängen ergibt sich bereits nicht mit hinreichender eindeutigkeit, worauf die der planung zugrunde gelegte nutzungskartierung genau beruht. es wird nur auf die „bekannten“ vorhaben- und anlagengenehmigungen verwiesen (etwa ix/13a). ob damit gemeint ist, dass für alle vorhandenen betriebe entsprechende genehmigungen eingesehen wurden oder lediglich die tatsächlich bekannten (aber nicht unbedingt vollständigen), ist den aufstellungsvorgängen mangels näherer erläuterung nicht zu entnehmen. in der mündlichen verhandlung haben die vertreter der antragsgegnerin hierzu ergänzend ausgeführt, genehmigungsvorgänge seien „so weit wie möglich“ beschafft worden. in welcher breite dies die vorhandenen nutzungen erfasst hat und ob damit zumindest alle für die zuordnung zu gewerbe- oder industriebetrieben problematischen unternehmen erfasst wurden, erschließt sich auch daraus genau so wenig wie aus der dokumentation und konnte vom rat entsprechend auch nicht zugrundegelegt werden. gewisse zweifel an einer insoweit ausreichenden ermittlungstiefe bleiben insbesondere hinsichtlich des von den antragstellerinnen bereits im aufstellungsverfahren thematisierten kunststoffverarbeitenden betriebes x1. . hierzu verhalten sich die aufstellungsvorgänge – insbesondere die abwägungen – anders als für andere betriebe mit keinem wort, während im gerichtlichen verfahren hierzu zunächst eine immissionsschutzrechtliche genehmigung bzw. anzeige jedenfalls unterstellt („selbst wenn dieses auf immissionsschutzrechtlicher grundlage betrieben wird“) und erst mit schriftsatz vom 14. juli 2021 das vorliegen (nur) einer baugenehmigung mitgeteilt wurde. 82schwerer wiegt indes, dass die kategorisierung der antragsgegnerin, jedenfalls soweit sie in den aufstellungsvorgängen dokumentiert ist, die so unzulässige gleichung, dass ein industriegebietstypischer betrieb ein immissionsschutzrechtlich (oder abfallrechtlich) genehmigungsbedürftiger betrieb sei und insbesondere alle (nur) baurechtlich genehmigten betriebe in einem gewerbegebiet angesiedelt werden könnten, zugrunde gelegt hat. das greift jedenfalls zu kurz, wie antragserwiderung selbst einräumt. nicht anders kann aber jedenfalls die wiederholte aussage in der schlussabwägung in der kumulierten auseinandersetzung mit den einwänden u. a. der antragstellerinnen aus der förmlichen und der erneuten öffentlichkeitsbeteiligung verstanden werden, in denen die antragsgegnerin wörtlich ausführt: „die firma k1. l. absetzmulden und transporte gmbh, firma l1. bohrunternehmung gmbh, firma n1. n2. gmbh (spedition) sind nachweislich kein bimsch-pflichtiger betrieb und somit nicht ,industriegebietspflichtig‘“ (etwa ix/13ar, 26ar und 35a, hervorhebung nur hier). eine solche gleichsetzung ist aber schon mit blick auf § 15 abs. 3 baunvo unzulässig. 83vgl. dazu etwa pützenbacher, in: bönker/bischopink, baunvo-kommentar, 2. aufl. 2018, § 15 rn. 185 ff.; roeser, in könig/roeser/stock, baunvo-kommentar, 4. aufl. 2018, § 15 rn. 48 ff. 84ausgehend hiervon ist es zumindest in sich schlüssig, wenn auch nicht richtig, dass sie die einzelnen betriebe nicht weiter betrachtet hat. soweit die vertreter der antragsgegnerin in der mündlichen verhandlung in diesem zusammenhang betont haben, man habe die genehmigungsbasis lediglich als indiz und grobe richtschnur, nicht aber als alleiniges kriterium herangezogen, lässt sich dies den aufstellungsvorgängen nicht entnehmen. zu keinem der von den antragstellerinnen konkret benannten betrieben findet sich eine auseinandersetzung, die über die zuvor genannte rein schematische differenzierung hinausginge. 85die von der antragsgegnerin angeführte passage der planbegründung, die immissionsschutzrechtliche genehmigungspflicht einer anlage sei lediglich ein indiz dafür, dass diese nur in einem industriegebiet realisiert werden könne und sich ein industriegebiet vom gewerbegebiet im eigentlichen sinne durch die ansiedlung von betrieben, die ein ortsunübliches maß an umweltbelastung (wie lärm, staub, geruch) produzierten und darum von wohngebieten ferngehalten werden sollten, unterscheide, ist insoweit ebenfalls unergiebig. allenfalls lässt sie sich in der weise verstehen, dass die antragsgegnerin es für möglich gehalten hat, dass auch immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige betriebe im einzelfall einen geringeren, gewerbegebietsverträglichen störgrad haben können, dies hier aber in keinem fall feststellen konnte. konkrete prüfungen sind allerdings nicht dokumentiert. jedenfalls finden sich aber weder theoretische noch tatsächliche anhaltspunkte für untersuchungen in die „andere richtung“, also dafür, dass auch ein nur baurechtlich genehmigter betrieb im einzelfall ein industriegebietstypisches störpotenzial haben kann. 86hierzu hätte indes nicht nur aufgrund der vor allem von den antragstellerinnen im aufstellungsverfahren konkret benannten betriebe veranlassung bestanden, zumal gerade bei den von ihr zentral genannten logistikbetrieben die zuordnung zu einer gebietskategorie nach der baunutzungsverordnung auch nach der rechtsprechung u. a. des erkennenden gerichts von den umständen des einzelfalls abhängt, 87vgl. zuletzt ovg nrw, urteil vom 8. april 2021 - 2 d 96/18.ne -, juris rn. 52 ff., 88sondern insbesondere aufgrund des von der antragsgegnerin selbst eingeholten sachverständigengutachtens der b. gmbh vom 14. august 2017. denn dieses bestätigt aufgrund eigener fachkundiger bewertung, dass jedenfalls teilweise den angeführten betrieben ein industriegebietstypisches störpotential zuzuordnen ist. das gilt namentlich für die von den antragstellerinnen konkret angeführte und beschriebene spedition h1. , der wie auch anderen betrieben das emissionskontingent eines industriebetriebes (65 db/m²) zugeordnet wird. grund hierfür ist in allen diesen fällen laut gutachten, dass diese betriebe „nach unserer fachlichen auffassung gi-typisch“ sind (gutachten s. 3, vii/66 ff.). dies trifft danach auch auf den weiteren, von den antragstellerinnen nicht thematisierten betrieb x2. tierfutter (x3. ) zu (gutachten s. 9). dort heißt es ausdrücklich, der betrieb habe einen gi-störgrad, angesetzt wird weiter „sicherheitshalber“ auch ein 24h-betrieb. eine (fundierte) auseinandersetzung hiermit ist den aufstellungsvorgängen nicht zu entnehmen. auch den im rahmen der behörden- und trägerbeteiligung eingegangenen detaillierten stellungnahmen der ihk p. zu c. und des kreises n. -m1. , die ebenfalls eine unzureichende bewertung der vorhandenen nutzungen als industriegebietstypisch gerügt hatten, hat die antragsgegnerin nichts konkretes entgegen gesetzt. 89soweit in der mündlichen verhandlung das vorgehen letztlich damit gerechtfertigt wurde, die vorhandenen betriebe hätten eine bringschuld, wenn sie sich in der vorgenommenen zuordnung nicht wiederfänden, sodass davon ausgegangen werden könne, sie seien mit der eingruppierung für sich einverstanden, wenn sie sich nicht meldeten, mag das für die subjektive abwägung individueller belange der einzelnen betriebe tragfähig sein, nicht jedoch für die objektiv erforderliche sorgfältige bestandserfassung und -bewertung, um die es an dieser stelle geht. die nicht zuletzt für die antragstellerinnen relevante frage nach der objektiven charakteristik, die sich aus dem bestand ergibt, kann nicht allein oder maßgeblich nach der beteiligungs- oder duldungsbereitschaft der ortsansässigen betriebe beantwortet werden. 90allgemein entsteht auch der eindruck, das ausmaß industriegebietstypischer nutzungen werde möglichst verharmlost. so ist irritierend häufig von „geringfügiger“ ansiedlung von industriebetrieben die rede. dies erscheint angesichts der tatsache, dass selbst nach erhebung der antragsgegnerin mindestens 8 ha (also etwa 1/5 der bisher im plangebiet überhaupt baulich genutzten fläche) von industrietypischen (oder ähnlichen) betrieben genutzt werden, kaum als eine tatsachengestützte qualifikation, zumal weitere nicht in ein gewerbegebiet „passende“ betriebe wie biogasanlage, solaranlage oder großflächiger einzelhandel (baumarkt) nicht unwesentliche weitere flächen beanspruchen. 91bb) zudem ist die antragsgegnerin ausweislich der planbegründung auch in rechtlicher hinsicht von fehlerhaften annahmen ausgegangen. nach den an prominenter stelle auf den seiten 1 und 2 der planbegründung „planungsanlass, ziel und erforderlichkeit der planung“ zu findenden grundlegenden ausführungen hat sie ein planungsbedürfnis gerade auch mit blick auf die übergeordnete regionalplanung gesehen, weil das plangebiet nicht dem anforderungsprofil des im regionalplan an dieser stelle dargestellten gib entspreche. zur begründung wird sodann angeführt, dass der deutlich überwiegende teil der grundstücke bzw. des nettobaulandes durch gewerbebetriebe genutzt werde und deshalb nicht im sinne eines gib genutzt werde. diese schlussfolgerung ist indes schlicht falsch, weil – wie die antragserwiderung an anderer stelle heraushebt und auch in der abwägung der antragsgegnerin zum nicht gegebenen widerspruch der planung zu den raumordnungsrechtlichen vorgaben angeführt wird (etwa ix/39ar) – die regionalplanerische vorgabe eines bereichs für gewerbliche und industrielle nutzungen industrie- und gewerbegebiete gleichermaßen und gewissermaßen undifferenziert erfasst. die ansiedlung von gewerbebetrieben in einem gib ist also kein widerspruch zu derartigen ausweisungen, sondern gerade zielkonform. 92lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die in der mündlichen verhandlung hierzu gegebene erläuterung, der plangeber habe gewissermaßen im vorgriff bereits eine künftige feindifferenzierung des ausweisungsinstrumentariums der regionalplanung zugrunde gelegt, zwar zutreffen mag, in der begründung aber so nicht einmal ansatzweise zum ausdruck kommt. im gegenteil dürfte dann bei einer zugrunde zu legenden gib-ausweisung ein großflächiges (eingeschränktes) gewerbegebiet erst recht nicht in betracht kommen. 93cc) darüber hinaus liegt der abwägung eine fehlerhafte bewertung der planungsfolgen jedenfalls für die betriebe zugrunde, die bisher im plangebiet aufgrund einer immissionsschutzrechtlichen genehmigung tätig sind. 94(1) so hat die antragsgegnerin bereits grundlegend deren situation verkannt, indem sie durchgängig in der abwägung von der frühzeitigen bis zur erneuten öffentlichkeitsbeteiligung und in der planbegründung an besonders exponierter stelle (dort s. 2) hervorgehoben und der planung zugrunde gelegt hat, diese betriebe erführen durch die festsetzung (nur noch) eines gewerbegebietes aufgrund ihrer heute bestehenden genehmigung „keinen nachteil“. das ist selbst dann falsch, wenn die auffassung der antragsgegnerin zum umfang des § 16 abs. 5 bimschg und zu nicht erforderlichen weitergehenden festsetzungen zuträfe (was – wie nachfolgend ausgeführt wird - indes gerade nicht der fall ist). denn selbstverständlich ist allein der verlust von entwicklungsmöglichkeiten oder betrieblichen freiheiten, selbst wenn sie sich noch nicht zu einem abwägungserheblichen belang verdichtet haben sollten, ein nachteil für die betroffenen unternehmen. mit dieser apodiktischen feststellung hat sich die antragsgegnerin damit den zugang zu einer abwägungsgerechten planung verstellt. 95(2) dies ist im vorliegenden zusammenhang umso schwerwiegender, als die antragsgegnerin zugleich die rechtsposition der industrieunternehmen im hinblick auf ihre zukünftigen betrieblichen optionen, insbesondere die anlagenerneuerung, in mehrfacher hinsicht rechtlich unzutreffend eingeschätzt hat. so ist sie davon ausgegangen, dass eine vollständige oder teilweise erneuerung von anlagen oder anlagenteilen für diese betriebe von § 16 abs. 5 bimschg ohne weiteres gedeckt sei und diese daher – anders als etwa bei gewerbebetrieben – keiner genehmigung bedürften. da nur eine solche erneuerungsmöglichkeit vom plangeber gewünscht sei, könne es damit sein bewenden haben und eine regelung, wie sie für die ortsansässige einzelhandelsbetriebe nach § 1 abs. 10 baunvo getroffen worden sei, sei insoweit nicht erforderlich. damit hat sie die rechtliche ausgangslage allerdings verkannt und ist so zugleich zu einer nicht zu rechtfertigenden ungleichbehandlung gelangt, indem sie zumindest in teilen im bisherigen industrie- und gewerbegebiet unzulässige großflächige einzelhandelsbetriebe besser gestellt hat als die bisher dort zulässigen industriebetriebe. 96denn in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 16 abs. 5 bimschg die pflicht, für den austausch oder ersatz von anlagen oder anlagenteilen eine baugenehmigung einzuholen, nicht einschränkt oder gar aufhebt. auch im fall eines wiederaufbaus einer etwa nach einem brandereignis zerstörten anlage entbindet § 16 abs. 5 bimschg lediglich von der pflicht, ein immissionsschutzrechtliches genehmigungsverfahren durchzuführen, nicht jedoch von der beachtung anderer behördlicher genehmigungserfordernisse. mit anderen worten hat § 16 abs. 5 bimschg keine konzentrationswirkung. 97so bverwg, urteil vom 21. dezember 2011 – 4 c 12.10 -, bverwge 141, 293 = juris rn. 15 ff.; bay. vgh, beschluss vom 5. april 2019 – 22 cs 18.2572, 22 cs 19.23 -, zur 2019, 491 = juris rn. 51, jarass, bimschg-kommentar, 13. aufl. 2020, § 16 rn. 21 m. w. n. 98aufgrund der geänderten gebietsfestsetzung ist es aber jedenfalls den industriebetrieben unmöglich, eine für die neuerrichtung von anlagenteilen im rahmen von modernisierungsmaßnahmen oder für die wiedererrichtung ihres betriebes im falle eines unglücks erforderliche baugenehmigung zu erhalten. gegebenenfalls wären sie aus rechtsgründen nicht einmal in der lage, anforderungen der immissionsschutzbehörde, die gewährleisten sollen, dass die anlage auf dem stand der technik weiterbetrieben wird, zu erfüllen, weil und soweit dies mit baurechtlich genehmigungsbedürftigen arbeiten verbunden ist. all dies hat die antragsgegnerin in ihre abwägung offenkundig nicht gesehen und damit die auf dem spiel stehenden belange aller nach dem bundesimmissionsschutzgesetz genehmigten ortsansässigen betriebe, unter anderem auch des unternehmens der antragstellerin zu 1., fundamental fehlerhaft eingeschätzt und damit nicht ordnungsgemäß abgewogen. 99in diesem zusammenhang kommt hinzu, dass die antragsgegnerin die reichweite der vorhandenen immissionsschutzrechtlichen genehmigungen für den normalbetrieb ebenfalls nicht zutreffend erfasst hat. sie ist erklärtermaßen davon ausgegangen, dass etwa die errichtung weiterer baulicher anlagen im rahmen der erteilten anlagengenehmigung auch nach der neuplanung ebenso zulässig bliebe wie beispielsweise die einbeziehung weiterer abfallarten, soweit sie mit den genehmigten vergleichbar sind. dies trifft indes ebenfalls nicht zu. hierbei handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich bzw. abfallrechtlich genehmigungsbedürftige änderung, die aufgrund der neuplanung nicht mehr zulässig ist. diese auffassung vertritt offenbar zumindest die bezirksregierung e. als zuständige genehmigungsbehörde. auch insoweit ist die antragsgegnerin also von falschen annahmen ausgegangen. 100(3) schließlich hat die antragsgegnerin im hinblick auf die bestands- bzw. entwicklungsinteressen der vorhandenen industriebetriebe sich im kern darauf beschränkt, bestandsschützende festsetzungen innerhalb der umfassenden gewerbegebietsausweisung zu prüfen. jedenfalls nicht mehr ernsthaft erwogen hat sie im anschluss an die bestandsaufnahme, ob nicht zumindest teile der bisher als industriegebiet festgesetzten bereiche auch in zukunft mit dieser festsetzung fortgeführt werden könnten, ohne die planungsziele zu gefährden. erwogen worden ist offenbar allein, für die jeweiligen betriebsgrundstücke eine anlagenbezogene industriegebietsausweisung vorzunehmen. dies hat die antragsgegnerin – als solches nachvollziehbar – wegen des dann entstehenden flickenteppichs für nicht vorzugswürdig gehalten. die alternative einer flächenbezogenen ausweisung unter einbeziehung möglicherweise auch einzelner, nicht oder noch nicht durch industriebetriebe genutzter grundstücke ist allerdings offenbar aus dem blick geraten. eine solche, noch mit dem aufstellungsbeschluss und im verfahren der veränderungssperre stets betonte möglichkeit lag aber zumindest in dem bereich nahe, in dem sich bereits bisher in nennenswertem umfang selbst nach auffassung der antragsgegnerin auf ein industriegebiet angewiesene betriebe befinden, also im nordwesten des plangebietes. 101nimmt man hinzu, dass sich hier mit einer nach den feststellungen des gutachters einem industriegebiet zuzuordnende spedition ein weiterer auf eine solche gebietsausweisung angewiesener betrieb befindet, wäre hier dem bestand entsprechend ohne weiteres ein industriegebiet festsetzungsfähig gewesen. denn dadurch wären zugleich die mit der planung verfolgten ziele der antragsgegnerin allenfalls in einem untergeordneten umfang berührt gewesen. dieses in der nähe zum kraftwerk i. und in großer entfernung zu den nächstgelegenen siedlungsbereichen situierte gebiet ist – wie nicht zuletzt das gutachten gezeigt hat – im hinblick auf industriegebietstypische immissionen unbedenklich. zugleich lässt sich hier aufgrund der bestehenden baulichen ausnutzung die gewünschte ansiedlung von gewerbebetrieben ohnehin kaum realisieren. dies setzte zumindest in weiten teilen die aufgabe der bisherigen betriebe voraus, die die antragsgegnerin mit der vorliegenden planung indes erklärtermaßen nicht forcieren will. diese betriebe sollen nach ihrer vorstellung vielmehr durch die neuplanung „keinen nachteil“ erleiden. 102dd) im rahmen der betrachtung der konsequenzen für die bestehenden industriebetriebe hat die antragsgegnerin schließlich auch deren reines bestandsinteresse im hinblick auf die neuansiedlung von gewerbebetrieben in einem infolge der angegriffenen bauleitplanung ausgewiesenen (eingeschränkten) gewerbegebiet nicht hinreichend erfasst. sie ist vielmehr davon ausgegangen, auch insoweit werde sich für die bestehenden betriebe nichts ändern und hat dies wie folgt begründet: 103„das plangebiet stellt heute eine nachbarschaft von industriegebiet und gewerbegebiet dar. vorhandene gewerbebetriebe haben sich in kenntnis eines industriegebietes und einer vorhandenen bzw. möglichen nachbarschaft von industriegebietstypischen betrieben in diesem angesiedelt. gleichfalls haben sich in geringfügigem umfang industriebetriebe im festgesetzten industriegebiet angesiedelt, in kenntnis einer festgesetzten nachbarschaft von gleichfalls industriegebiet. 104ein „gebietsbewahrungsanspruch“, der den in dem plangebiet ansässigen industriebetrieben die möglichkeit einräumt, sich gegen eine gebietsfremde nutzung zur wehr zu setzen, wird nicht verletzt. zudem gibt es keinen „plangewährleistungsanspruch“ in dem sinne, dass ein bisheriger bebauungsplan mit seinem konkreten inhalt auf dauer aufrechtzuerhalten ist und umgesetzt werden muss. 105zwar entfaltet § 15 abs. 1 satz 1 baunvo über das darin enthaltene rücksichtnahmegebot eine nachbarschützende wirkung und beinhaltet auch insofern nachbarschutz, als die vorschrift einen anspruch auf aufrechterhaltung der gebietstypischen prägung (hier: als industriegebiet) enthält. die maßstäbe des § 15 abs. 1 satz 1 baunvo gelten dabei jedoch für alle nutzungen in dem baugebiet. hieraus ergibt sich also kein abwehranspruch eines industriegebietstypischen betriebes gegen einen gewerbegebietstypischen betrieb innerhalb eines industriegebietes mit der begründung, dass dieser einen „schutzanspruch“ gegenüber einem industriebetrieb reklamieren könnte. der gewerbebetrieb ist innerhalb eines industriegebietes ebenso zulässig wie der industriebetrieb. 106so verhält es sich im umkehrschluss auch bei der festsetzung von gewerbegebiet anstatt von industriegebiet. die faktische situation wird durch den bebauungsplan nicht verändert. die in geringem umfang vorhandenen gegebenenfalls industriegebietstypischen betriebe sind in ihrem bestand innerhalb des zukünftigen gewerbegebietes gesichert. ein abwehranspruch von zukünftig hinzutretenden gewerbebetrieben gegen diese vorhandenen und genehmigten industriebetriebe besteht nicht, da hier ebenso das rücksichtnahmegebot gilt.“ (planbegründung s. 8, in der sache schon die abwägung zur frühzeitigen öffentlichkeitsbeteiligung s. i/62a) 107diese annahme greift jedenfalls deshalb zu kurz, weil die antragsgegnerin übersehen hat, dass die bisherige situation (gewerbe im industriegebiet) sich grundlegend anders darstellt als die zukünftige (industrie im gewerbegebiet). denn in dem einen fall handelt es sich um zwei betriebsformen, die gleichermaßen in dem festgesetzten gebiet zulässig sind, während zukünftig nur noch eine der beiden konkurrierenden betriebsformen im plangebiet zulässig wäre und sich deshalb auf ihre planungsrechtliche zulässigkeit exklusiv berufen könnte. demgegenüber sind die vorhandenen industriebetriebe planungsrechtlich in keiner weise abgesichert, für sie gilt – wie ausgeführt - nicht einmal eine fremdkörperfestsetzung. ob und inwieweit sie mit erfolg zukünftig eine rücksichtnahme von planungsrechtlich allgemein zulässigen nutzungen einfordern könnten, ist angesichts dessen zumindest fraglich, zumal der von der antragsgegnerin in diesem zusammenhang herangezogene § 15 abs. 1 baunvo eine grundsätzliche gebietsverträglichkeit voraussetzt, die nunmehr für die industriegebietstypischen betriebe nicht mehr besteht. der von der antragsgegnerin ohne weitere plausibilisierung in den raum gestellte „umkehrschluss“ greift so jedenfalls zu kurz. 108dies gilt umso mehr, als sich der schutzanspruch im plangebiet – offenbar entgegen der annahme der antragsgegnerin – verändert. denn zukünftig gelten insoweit die im verhältnis zum industriegebiet niedrigeren immissionsrichtwerte eines gewerbegebietes, auf die sich insbesondere neue unternehmen berufen könnten. insofern trifft die befürchtung der antragstellerinnen, es könnten sich stärker immissionssensible betriebe ansiedeln, zu. hierauf müssten sich auch die vorhandenen industriebetriebe einstellen. selbst wenn ihnen in den ihnen erteilten genehmigungen – wofür allerdings nichts greifbares ersichtlich oder von der antragsgegnerin ermittelt worden ist – bisher industriegebietstypische immissionen ausdrücklich zugestanden sein sollten, erscheint das planerische vertrauen darauf, dass sich hieran zukünftig nichts ändern wird, nicht verlässlich. dass es etwa beim austausch von anlagenteilen nicht zur aktivierung dynamischer betreiberpflichten im hinblick auf die einhaltung der nunmehr geltenden immissionsrichtwerte eines gewerbegebietes kommen können sollte, erscheint vielmehr als eine eher gewagte hypothese. 109ee) vor diesem hintergrund hat die antragsgegnerin schließlich auch die konkreten betrieblichen interessen der antragstellerinnen nicht hinreichend gewürdigt. 110sie hat die schon im aufstellungsverfahren vorgetragenen erweiterungsinteressen, wonach die antragstellerin zu 1. die ausweitung der betriebstätigkeit auf die aufbereitung von pvb-folien aus sicherheitsverglasungen (etwa bei autoscheiben) oder die aufnahme neuer glassorten plane bzw. hierauf angewiesen sei, nicht hinreichend in ihre abwägung eingestellt. 111sie hat vielmehr an die konkretisierung in der gegebenen situation unangemessen hohe, letztlich nicht sinnvoll zu erfüllende anforderungen gestellt. dabei hat sie die darstellung der antragstellerinnen letztlich als wunschvorstellungen (ab)qualifiziert und deren allgemeinem flexibilitätsbedürfnis zugeordnet. diese wertung erscheint unter berücksichtigung der von der antragsgegnerin bewusst – und zulässiger weise – herbeigeführten planerischen ausgangslage jedenfalls deutlich überzogen. wie und auf welche weise entsprechende erweiterungen der anlage bzw. ergänzungen der betriebsabläufe stattfinden sollen, wäre in einer anlagengenehmigung darzulegen, zu der es hier schon aufgrund der veränderungssperre nachvollziehbarerweise nicht gekommen ist. zudem ist jedenfalls die antragsgegnerin von einem weitergehenden „antragserfordernis“ ausgegangen, wobei völlig unklar ist, wie (und warum) in einem bauleitplanverfahren entsprechende „anträge“ gestellt werden könnten. 112jenseits dessen hat sich die antragsgegnerin nicht mit der weiteren argumentation auseinandergesetzt, dass es sich hier um betriebstypische, also übliche und naheliegende entwicklungsmöglichkeiten handelt. auch bei den geltend gemachten belangen der flexibilität und der erforderlichen erhaltung der wettbewerbsfähigkeit spricht alles dafür, dass sie sich im rahmen der jedenfalls abwägungserheblichen normalen betriebsentwicklung des ausgeübten gewerbebetriebes bewegen. sie wären also zumindest sorgfältig abzuwägen gewesen wäre. dass dies nicht geschehen ist, stellt auch die antragserwiderung nicht in abrede. 113insoweit erscheinen namentlich die erwägungen zu den wettbewerbsaspekten verkürzt, wenn nicht neben der sache liegend. die antragsgegnerin hat sich insoweit letztlich darauf zurückgezogen, das bauplanungsrecht sei wettbewerbsneutral. ein gewerbetreibender habe keinen anspruch darauf, dass sich die vorhandene wettbewerbssituation nicht verschlechtere, weil mit neuer konkurrenz ständig gerechnet werden müsse. das geht an der sache vorbei. denn den antragstellerinnen geht es nicht darum, einen konkurrenzbetrieb und dessen ansiedlung zu verhindern. 114zu einer solchen fallgestaltung vgl. ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2015 – 2 d 91/14.ne -, brs 83 nr. 173 rn. 40 ff., m. w. n. 115vielmehr haben sie gewissermaßen ihr eigenes überlebensinteresse an einem fairen wettbewerb geltend gemacht. mit dem bedürfnis nach konkurrenzschutz hat das nichts zu tun, vielmehr verhält sich die antragsgegnerin – den einwand der antragstellerinnen als richtig unterstellt, wogegen die antragsgegnerin wiederum nichts vorträgt – hier nicht wettbewerbsneutral, sondern machte es den antragstellerinnen jedenfalls schwerer, im wettbewerb zu bestehen. 116ff) ausgehend von dieser unzureichenden erfassung der interessenlage der antragstellerinnen hat die antragsgegnerin schließlich auch die möglichkeiten, die widerstreitenden interessen in einen abwägungsgerechten ausgleich zu bringen, nicht hinreichend gesehen bzw. berücksichtigt. neben den bereits unter cc) und dd) allgemein betrachteten aspekten ist etwa die annahme, eine fremdkörperfestsetzung sei nicht in betracht gekommen, verkürzt und so nicht nachvollziehbar. 117in diesem zusammenhang mag dahinstehen, ob die gerade auch im gerichtlichen verfahren betonte bereitschaft, eine solche festsetzung zu treffen, tatsächlich in dieser form bestanden hat. so trifft es zwar zu, dass in der abwägung die feststellung enthalten ist, sie, die antragsgegnerin, sei zu einer entsprechenden festsetzung bereit, aber nicht in der lage gewesen. diese passage findet sich indes erst nach den grundsätzlichen klarstellungen, dass weitergehende fremdkörperfestsetzungen nicht geboten seien. den berechtigten eigentümer- und betreiberinteressen sei im rahmen des planungskonzeptes durch die möglichkeiten des § 16 abs. 5 bimschg ausreichend rechnung getragen. deshalb benötigten die im plangebiet liegenden immissionsschutzrechtlich genehmigten betriebe keine fremdkörperfestsetzung. „eine fremdkörperfestsetzung nach § 1 abs. 10 baunvo für immissionsschutzrechtlich genehmigten betriebe ist nur dann erforderlich, wenn man über die bestandsabsicherung hinaus änderungen, erweiterungen und nutzungsänderungen des betriebes ermöglichen will; denn diese bestandserweiternden möglichkeiten sind von § 16 abs. 5 bimschg nicht gedeckt. dieses zu ermöglichen, ist aber nicht die städtebauliche zielsetzung der stadt q. . daher wird dem bestand der oben genannten betriebe und anlagen ausschließlich die möglichkeit einer „erneuerung“ eingeräumt.“ (ix/7a f., hervorhebung nur hier) 118jedenfalls mit blick auf den vortrag der antragstellerinnen kann indes keine rede davon sein, dass eine fremdkörperfestsetzung etwa für eine beschränkte erweiterung – einen entsprechenden willen vorausgesetzt – von vornherein nicht möglich gewesen wäre. in diesem zusammenhang hat die antragsgegnerin erneut zu unrecht und letztlich allein auf einen fehlenden „substantiierten antrag“ im planungsverfahren abgestellt. aufgrund der tatsache, dass die antragstellerinnen ihr aber keine verbindlichen erweiterungsmöglichkeiten erläutert oder diese substantiiert beantragt habe, habe sie den erweiterungstatbestand gar nicht formulieren können. damit ist sie den belangen der antragstellerinnen nicht gerecht geworden. es wäre jedenfalls grundsätzlich unter der gebotenen berücksichtigung des vortrags der antragstellerinnen möglich gewesen, zumindest den einsatz weiterer ausgangsstoffe oder einen austausch im rahmen der genehmigten kapazitäten oder auch eine begrenzte kapazitätserhöhung im rahmen einer fremdkörperfestsetzung zuzulassen. ob dies im konkreten fall planerisch möglich gewesen wäre, hat die antragsgegnerin nicht einmal im ansatz geprüft und ist so ihrer verpflichtung zu einer gerechten abwägung nicht gerecht geworden. 119dass sie in diesem zusammenhang ihren blickwinkel unzutreffend auf eine fremdkörperfestsetzung verengt und nicht einmal erwogen hat, es aufgrund der geltend gemachten betrieblichen interessen der antragstellerinnen bereichsweise bei einer industriegebietsfestsetzung zu belassen, kommt als allgemeiner abwägungsmangel hinzu. probleme mit der definition von zulässigkeiten nach § 1 abs. 10 baunvo hätten sich so jedenfalls nicht ergeben. die noch mit dem aufstellungsbeschluss ausdrücklich nicht ausgeschlossene und im verfahren um die rechtmäßigkeit der verhängten veränderungssperre (2 d 44/17.ne) stets als offen betonte entscheidung, ob die industriegebiete ganz oder teilweise zurückgenommen würden bzw. werden könnten, taucht in der eigentlichen planung auch an dieser neuralgischen stelle als option letztlich ohne eigenständige begründung nicht mehr ernsthaft auf. 120gg) die vorstehenden mängel der abwägung führen jeweils für sich genommen zur unwirksamkeit des bebauungsplans insgesamt. 121die unwirksamkeit eines teils eines bebauungsplans führt nur dann (ausnahmsweise) nicht zu dessen unwirksamkeit insgesamt, wenn die übrigen festsetzungen auch ohne den unwirksamen teil sinnvoll bleiben und nach dem mutmaßlichen willen des plangebers mit sicherheit anzunehmen ist, dass er sie auch ohne den unwirksamen teil getroffen hätte. die teilweise aufhebung des bebauungsplans darf das plankonzept nicht verfälschen. im zweifel hat das gericht der gemeinde durch aufhebung des bebauungsplans insgesamt die möglichkeit zu einer neuen planerischen gesamtentscheidung zu eröffnen. 122vgl. bverwg, urteil vom 26. märz 2009 – 4 c 21.07 –, bverwge 133, 310 = juris, rn. 30. 123die aufgezeigten mängel betreffen den kern der planerischen konzeption der antragsgegnerin und ihre konkrete umsetzung, namentlich die festsetzung der art der baulichen nutzung. die übrigen festsetzungen des planes sind ohne diese gebietsausweisung nicht lebensfähig und damit sinnlos. 124die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 125die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 126die revision ist nicht zuzulassen, da keiner der gründe des § 132 abs. 2 vwgo vorliegt. |
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} | 2 D 264/20.NE | 2021-11-15T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Anträge werden abgelehnt. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens zu je 1/3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Teilaufhebung des Bebauungsplanes Nr. I/St 24 "Industriegebiet T.---------straße (heute: H.-----------straße )" der Antragsgegnerin für den Bereich des sog. T1. (im Folgenden: Teilaufhebung). 3Die Antragstellerinnen zu 2. und 3. sind Eigentümerinnen von Grundstücken, die jeweils im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. I/St 24 liegen, als Industriegebiet festgesetzt sind und an die Fläche der Teilaufhebung angrenzen. Die Grundstücke sind an die Antragstellerin zu 1. verpachtet, die dort ein Logistikunternehmen betreibt. 4Das Gebiet der Teilaufhebung umfasst das im Landschaftsplan C. -T2. ausgewiesene Naturschutzgebiet Nr. 2.1/16 „F. -C1. -T3. “ sowie einen Teilbereich der nördlich angrenzenden Fläche des Gewässers T3. und dessen Aue zwischen der H.-----------straße und der Bahnstrecke C. -Q. , die wiederum im genannten Landschaftsplan als Landschaftsschutzgebiet 2.2-3 "Feuchtsenne" ausgewiesen sind. Dieser Bereich gehörte seit dem Inkrafttreten des Bebauungsplanes Nr. I/St 24 (ursprüngliche Bezeichung I/St III/2) am 20. April 1976 zu den Flächen, die als Industriegebiet ausgewiesen waren. Die gesamten von der Teilaufhebung betroffenen Flächen stehen im Eigentum der Stadt C. . 5Im Flächennutzungsplan war der Bereich ursprünglich als gewerbliche Baufläche dargestellt, wobei diese Darstellung nachrichtlich von der Darstellung für das Naturschutzgebiet „T4. “ überlagert war. Letztere wurde nach Ausweisung als Naturschutzgebiet in dem seit dem 3. Juni 1995 rechtskräftigen Landschaftsplan C. -T2. aufgenommen. Der Flächennutzungsplan ist durch die 240. Änderung im Parallelverfahren geändert worden und stellt das Aufhebungsgebiet nunmehr als „Fläche für Wald“ dar, wobei die nachrichtliche Darstellung des Naturschutzgebietes „T4. “ beibehalten wird. 6Ausweislich der Begründung dient die Teilaufhebung dem Zweck, einen gesehenen Widerspruch zwischen der Festsetzung als Industriegebiet und dem tatsächlichen Vorhandensein eines Naturschutzgebietes aufzulösen. Der Naturschutz begründe sich durch das hohe Alter des Baumbestandes und seine besondere Bedeutung für Baumhöhlen bewohnende Arten wie den Schwarz- und Grünspecht, die Hohltaube sowie verschiedene Fledermausarten. Zur Erhaltung der hohen ökologischen Wertigkeit der Waldfläche seien im Landschaftsplan bereits mehrere Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung festgesetzt worden. Hierbei handele es sich etwa um die Wiederaufforstung mit ausschließlich Baumarten der potentiellen natürlichen Vegetation, die Untersagung von Kahlhieben, die natürliche Bewirtschaftung von Waldflächen und den Erhalt von Einzelbäumen über die Hiebreife hinaus. Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Betriebsflächen des Logistikbetriebes der Antragstellerin zu 1. habe im Jahr 2011 ein Rechtsgutachten zur Gewichtung und Priorisierung der unterschiedlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes und des Landschaftsplanes ergeben, dass der zeitlich vorgelagerte Bebauungsplan aus dem Jahr 1976 nicht durch andere inhaltliche Festsetzungen des 1995 beschlossenen Landschaftsplanes C. -T2. überlagert werden könne. Aus diesem Grund solle mit der Teilaufhebung des Bebauungsplanes im Zusammenwirken mit den landschaftsplanerischen naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen die Fläche zukünftig planungsrechtlich als Außenbereich gemäß § 35 BauGB beurteilt werden. 7Das Planungsverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: 8In seiner Sitzung vom 3. November 2015 beschloss der Stadtentwicklungsausschuss der Antragsgegnerin, das Verfahren zur Teilaufhebung des Bebauungsplanes Nr. I/St 24 und die 240. Änderung des Flächennutzungsplanes „Naturschutzgebiet T4. “ einzuleiten. In der zugehörigen Sitzungsvorlage 1383/2014 – 2020 ist festgehalten, der Rat der Stadt C. habe am 12. März 2015 per Grundsatzbeschluss entschieden, den Bebauungsplan für diesen Teilbereich aufzuheben. Durch diese Teilaufhebung solle Rechtsklarheit dahingehend geschaffen werden, dass hier der Status als Naturschutzgebiet maßgeblich sei. Zudem sei u. a. beschlossen worden, dass der T4. im städtischen Eigentum verbleibe und gemäß den Vorgaben des Landschaftsplanes als Naturwald gepflegt werde, um dessen einzigartige Qualität dauerhaft zu sichern. Der entsprechende Klarstellungsbedarf sei dadurch entstanden, dass sich zwischenzeitlich herausgestellt habe, dass der Bebauungsplan nicht durch andere inhaltliche Festsetzungen des später beschlossenen Landschaftsplanes überlagert werden könne. 9Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung fand im Rahmen einer Bürgerversammlung am 2. Februar 2016 statt, die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange erfolgte zwischen dem 17. Dezember 2015 und dem 5. Februar 2016. 10In seiner Sitzung vom 19. September 2017 beschloss der Stadtentwicklungsausschuss der Antragsgegnerin die Teilaufhebung des Bebauungsplanes mit Begründung als Entwurf und die öffentliche Auslegung der Planunterlagen. Diese fand im Zeitraum vom 22. November bis 22. Dezember 2017 statt. Parallel erfolgte die Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange. 11In diesem Verfahren erhoben die Antragstellerinnen mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten jeweils Einwände gegen die beabsichtigte Bauleitplanung. Durch sie werde dem Gewerbebetrieb eine dringend benötigte Erweiterungsfläche genommen. Die Antragstellerin zu 1. habe sich seit Jahren intensiv um eine Einigung mit der Stadt C. dahingehend bemüht, eine Erweiterung in das heutige Plangebiet hinein realisieren zu können. Sie habe sich auf das bestehende Planungsrecht eingerichtet und sehe in der Aufhebung der Nutzung des Industriegebietes einen erheblichen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Ferner sei durch die Planung zu erwarten, dass in dem angrenzenden Plangebiet, das durch die Betriebsanlagen der Antragstellerin zu 1., die im Eigentum der Antragstellerinnen zu 2. und 3. stünden, umgeben werde, vermehrt ein Naturtourismus stattfinde und dadurch der Betriebsablauf erheblich gestört werde; das sei geradezu Grundlage der Planung. Der Betrieb verursache auf der angrenzenden H.-----------straße , die ein Industriegebiet erschließe, ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, das sich mit vermehrten Besuchen von Naherholungssuchenden, die das Naturschutzgebiet erwanderten, nicht vertrage. Die Antragstellerinnen befürchteten daher, dass die derzeit bestehende gewerbliche Nutzung mittel- oder langfristig nicht mehr möglich sei, jedenfalls aber deutlich unattraktiver werde. Vergleichbare Bedenken erhoben die städtische Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEGE) C. mbH und die IHK P. zu C. . Diese wiesen insbesondere auf die knappen Gewerbe- und Industrieflächen im Stadtgebiet hin. In der Folge der Teilaufhebung sei eine Betriebsverlagerung des Logistikunternehmens vorgezeichnet, was sich auch finanziell negativ auf die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt auswirke. 12In seiner Sitzung vom 6. Juni 2019 beschloss der Rat der Antragsgegnerin über die im Verfahren der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden eingegangenen Stellungnahmen auf der Grundlage der Ratsvorlage 8511/2014-2020 die Änderung des Flächennutzungsplanes im Parallelverfahren und die Teilaufhebung des Bebauungsplanes Nr. I/St 24 als Satzung. In der Abwägung der Einwände der Antragstellerinnen heißt es darin, der Rat der Antragsgegnerin habe sich in seiner Sitzung vom 12. März 2015 nach intensiver Diskussion und Darlegung der einzelnen Argumente dazu entschlossen, zur Schaffung von Rechtsklarheit aufgrund der sich widersprechenden Festsetzungen des Bebauungsplanes (Industriegebiet) und des Landschaftsplanes (Naturschutzgebiet) den Status als Naturschutzgebiet für maßgeblich zu halten. In dieser Diskussion seien auch die möglichen Folgen für das Unternehmen und den Bereich insgesamt aufgezeigt und abgewogen worden. Die genannten Gründe bestünden nach wie vor. Ein erweiterter Tourismus sei nicht zu erwarten. Grundsätzlich sei das Betreten eines unter Naturschutz stehenden Waldes untersagt. Ausgenommen hiervon seien ausdrücklich ausgewiesene Wege, die nicht verlassen werden dürften. Innerhalb des T1. gebe es solche Wege nicht. Damit sei das Betreten des Waldes für die Öffentlichkeit sowie auch die Nutzung als Naherholungsgebiet nicht zulässig. Zudem liege der T4. nicht in der Nähe eines Wohn- oder Naherholungsgebietes und sei auch nicht an das Erholungswegenetz angeschlossen. Zudem sei durch Halteverbotsschilder bereits jetzt jegliches Parken auf der H.-----------straße im Bereich des T1. untersagt. Auch habe die Festsetzung des T1. als Naturschutzgebiet vor mehr als 20 Jahren zu keinem Naturtourismus geführt; dies werde sich durch die Teilaufhebung nicht ändern. Ein erhöhtes Verkehrsaufkommen sei auszuschließen. Die befürchteten betrieblichen Einschränkungen könnten damit nicht nachvollzogen werden. In Abwägung der Einwände der IHK wird zudem darauf hingewiesen, die hohe ökologische Bedeutung des T1. rechtfertige die Entscheidung, dass die Belange des Naturschutzes hier als vorrangig betrachtet würden. Es handele sich um einen naturnahen, von der Buche dominierten Altholzbestand, bei dem ca. jeder dritte Altbaum eine oder mehrere Höhlen aufweise. Diese Baumhöhlen seien wichtige Lebensstätte einer Reihe gefährdeter Tierarten wie Schwarzspecht, Grünspecht, Hohltaube und verschiedener Fledermausarten. Es handele sich um den am besten mit Baumhöhlen ausgestatteten Wald in C. . 13Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde in der Ratssitzung vom 6. Juni 2019 zur Rechtfertigung des Aufhebungsbeschlusses zudem angeführt, dass in dem Wald 65 hohe Bäume und ca. 90 Spechthöhlen vorhanden seien und die Fläche selbst seit ca. 500 Jahren als Wald dargestellt sei. Dies zeige, dass ein Flächenersatz, wie er bei einer Nutzung des Gebietes für Logistikzwecke erforderlich werden würde, kaum zu realisieren sei. Zudem kämen Kompensationsmaßnahmen auf der Grundlage des hier unabhängig von der Festsetzung eines Naturschutzgebietes einschlägigen § 44 BNatSchG nicht in Betracht, weil die kumulativen Voraussetzungen eines überwiegenden öffentlichen Interesses, des Fehlens einer zumutbaren Alternative sowie des Nichtentstehens einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes einer Population der betroffenen Arten – hier insbesondere des Kleinen Abendseglers und des Schwarzspechtes – nicht vorlägen und die betriebliche Nutzung der Flächen unweigerlich zur Zerstörung des Lebensraumes beider Arten führen müsse. Eine bauliche Nutzung der Fläche sei damit unabhängig von deren Schutzstatus letztlich ausgeschlossen. 14Der Satzungsbeschluss wurde am 26. Juni 2019 vom Oberbürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt und aufgrund einer Bekanntmachungsanordnung vom 1. Oktober 2019 am 21. November 2019 zusammen mit der Genehmigung der 240. Änderung des Flächennutzungsplans ortsüblich bekannt gemacht. 15Die Antragstellerinnen haben am 20. November 2020 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt, nachdem sie gegenüber der Antragsgegnerin aus ihrer Sicht bestehende Mängel mit Schreiben vom 9. Oktober 2020 gerügt hatten. Mit der angegriffenen Teilaufhebung werde eine für den Logistikbetrieb lange Zeit bestehende und durch Ortsrecht verankerte Erweiterungsmöglichkeit aufgehoben. Stattdessen werde die Grundlage dafür geschaffen, dass in dem angrenzenden Plangebiet, das durch Betriebsanlagen des Logistikbetriebes „eingehegt“ werde, der Betriebsablauf erheblich gestört werde. Es würden Festsetzungen getroffen, die sich mit den weiter bestehenden Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. I/St 24 nicht vertrügen. Ohne jeglichen planungsrechtlichen Puffer würden zukünftig der Logistikbetrieb und die besonders bedeutsamen, Baumhöhlen bewohnenden Arten nebeneinander existieren müssen. Für die Antragsteller sei daher unabhängig von den weggeplanten Erweiterungsmöglichkeiten derzeit kaum absehbar, mit welchen Auflagen der Betrieb künftig rechnen müsse. Vor diesem Hintergrund sei an ihrer Antragsbefugnis nicht zu zweifeln. Sie könnten sich jedenfalls auf eine mögliche Verletzung des bauplanungsrechtlichen Abwägungsgebotes berufen. Sie hätten bereits im Planungsverfahren das Interesse der Antragstellerin zu 1. an einer Erweiterungsmöglichkeit geltend gemacht, um den Logistikstandort zukunftssicher zu machen. Die Bebauungsplanänderung führe dazu, dass eine bislang bebaubare Fläche nun nicht mehr bebaut werden könne. Die Antragsgegnerin habe mit der Bebauungsplanung die lange zwischen den Beteiligten diskutierte Erweiterungsmöglichkeit des Logistikbetriebes weggeplant. Sie hätten sich seit Jahren intensiv um eine Einigung mit der Antragsgegnerin dahingehend bemüht, dass eine Erweiterung in das heutige Plangebiet hinein realisiert werden könne. Der Logistikbetrieb habe sich auf das bestehende Planungsrecht eingerichtet und sehe in der Aufhebung der Nutzung als Industriegebiet einen erheblichen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zudem werde durch die Planung die Grundlage dafür geschaffen, dass in dem angrenzenden Plangebiet vermehrt ein Naturtourismus stattfinde und dadurch der Betriebsablauf erheblich gestört werde. Letztlich stehe zu erwarten, dass die derzeit bestehende gewerbliche Nutzung der Pachtflächen mittel- oder langfristig nicht mehr möglich, jedenfalls aber deutlich unattraktiver werde. Der Bebauungsplan sei materiell fehlerhaft. Ihm fehle die erforderliche städtebauliche Rechtfertigung und er weise Abwägungsfehler auf. Die Teilaufhebung trage nicht zur städtebaulichen Ordnung bei. Die Planung ziele ausweislich ihrer Begründung auf die Schaffung von Rechtsklarheit aufgrund der sich widersprechenden Festsetzungen des Bebauungsplanes und des Landschaftsplanes. Insoweit habe die Antragsgegnerin jedoch übersehen, dass die in Bezug genommenen Regelungen des Landschaftsplanes ihrerseits nicht wirksam seien, so dass ein Planungserfordernis hier nicht bestanden habe. Der Landschaftsplan vom 3. Juni 1995 verstoße vielmehr gegen den Vorrang der Bauleitplanung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 LG NRW a. F. und sei deshalb unwirksam. Eine Durchbrechung des Vorrangs der Bauleitplanung nach § 16 Abs. 1 Satz 3 LG NRW a. F. sei ebenfalls nicht möglich gewesen. Dies hätte einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem baulichen Außenbereich erfordert. Die Unwirksamkeit des Landschaftsplanes hätte die Antragsgegnerin bei der Beurteilung, ob es überhaupt ein Planungserfordernis gebe, berücksichtigen müssen. Darüber hinaus sei der Bebauungsplan abwägungsfehlerhaft. Ihre betrieblichen (Erweiterungs-)Interessen und ihr Interesse an der Beibehaltung der bisherigen Festsetzungen des Bebauungsplanes seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Insofern reiche die Erwägung nicht aus, dass die Antragsgegnerin selbst Eigentümerin der von der Teilaufhebung betroffenen Flächen sei und deshalb auch etwaige Erweiterungsabsichten der Antragstellerin zu 1. blockieren könne. Denn dies lasse unberücksichtigt, dass der Logistikbetrieb nunmehr planungsrechtlich unmittelbar an den Außenbereich angrenze und dadurch möglichen Einschränkungen unterliege. Der Umweltbericht habe lediglich geprüft, ob die geplante Teilaufhebung zu einer Verschlechterung der bestehenden Umweltsituation führen könne und dies verneint. Eine Betrachtung in die umgekehrte Richtung habe aber augenscheinlich nicht stattgefunden. Es liege jedoch auf der Hand, dass hier insbesondere die Gefahr bestehe, dass nun der Nachtbetrieb auf dem direkt an das Wäldchen angrenzenden Park- und Umschlagplatz eingeschränkt werde, weil dort die ganze Nacht über Lkw-Verkehr mit allen damit verbundenen Folgen wie Licht- und Lärmimmissionen in Richtung des Waldes und seiner Bewohner abgewickelt werde. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es nun zu einem Teilwiderruf der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung komme, weil sie die über § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG einzuhaltenden Bestimmungen nicht mehr erfüllen könne. Die Pflicht, im Rahmen der Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplanes das Verhältnis zum Baurecht in den Blick zu nehmen, ergebe sich unmittelbar auch aus § 18 BNatSchG, der in Abs. 1 fordere, dass für den Fall, dass aufgrund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten seien, über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zu entscheiden sei. Eine solche Entscheidung habe hier nicht stattgefunden, noch sei in der Abwägung überhaupt berücksichtigt worden, wie das Verhältnis zwischen Naturschutzgebiet und den angrenzenden Industriegebietsflächen aufeinander abzustimmen sei. Die Konflikte, die sich für sie aus dem Kraft des Bebauungsplanes heranrückenden Naturschutz ergäben, würden anhand zahlreicher Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes deutlich, insbesondere §§ 1, 2 Abs. 1, 13, 15, 23 Abs. 2, 39 und 44 sowie § 65. Dass in dem T4. besonders geschützte Arten und Populationen vorkämen, ergebe sich aus den Aufstellungsvorgängen. „Dies ist gerade die zentrale Begründung für die bauleitplanerische Entscheidung gewesen. So werden regelmäßig vom späten Sonntagabend bis zum nächsten Samstagnachmittag durchgängig Be- und Entladetätigkeiten durchgeführt. Hiermit sind Verkehrsbewegungen auf beiden Seiten des T5. verbunden. Ferner soll das Grundstück H.-----------straße 140 mittelfristig mit einem Logistikgebäude bebaut werden. Ein besonders großer Bedarf wird für die Errichtung eines Gefahrgutlagers in P. gesehen. Derzeit müssen potentielle Kunden aus diesem Bereich bis nach N. fahren, um sie dort zwischenzulagern.“ Die sich aus dem Naturschutzrecht ergebenden Pflichten und damit verbundenen Konflikte seien in den Abwägungsmaterialien nicht erwähnt worden. 16Nachdem die Antragstellerinnen in der Antragsschrift als Antrag formuliert hatten, den Bebauungsplan Nr. I/St 24 „J. T.---------straße (heute: H.-----------straße )“ der Antragswirkung für unwirksam zu erklären, 17beantragen sie nunmehr, 18die Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. I/St 24 „J. T.---------straße (heute: H.-----------straße )“ der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. 19Die Antragsgegnerin beantragt, 20die Anträge abzulehnen. 21Die Anträge seien jedenfalls unbegründet. Eine Beschränkung der Bebaubarkeit oder der gewerblichen Nutzung der Grundstücke der Antragstellerinnen sei nicht erfolgt. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus Vorschriften des BNatSchG oder des LNatSchG. Die Vorschriften der §§ 14 ff. BNatSchG gälten nicht im Bereich von Bebauungsplänen bzw. beträfen nur Handlungen innerhalb eines Naturschutzgebietes. Die Vorschriften des Artenschutzes (§§ 39 ff., 44 BNatSchG) gälten hingegen unabhängig vom planungsrechtlichen Status eines Gebietes. Auch sonst bestehe kein Abwägungsmangel, insbesondere habe sie den Antragstellerinnen nie Nutzungsrechte an der von der Teilaufhebung betroffenen Fläche eingeräumt. Die Fläche habe sich in all den Jahrzehnten, in denen sie als J. festgesetzt gewesen sei, auch nicht als solches entwickelt. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Aufstellungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die Normenkontrollanträge haben keinen Erfolg. Sie sind weder zulässig noch begründet. 25I. Die Normenkontrollanträge sind bereits unzulässig, weil den Antragstellerinnen die erforderliche Antragsbefugnis und ein Rechtsschutzbedürfnis fehlen. 261. Vor diesem Hintergrund mag dahinstehen, wie es sich auswirkt, dass die Antragstellerinnen ursprünglich ausdrücklich und eindeutig beantragt haben, den Bebauungsplan Nr. I/St 24 „J. T.---------straße (heute: H.-----------straße )“ der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. Erst in der mündlichen Verhandlung – d. h. lange nach Ablauf der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO – haben sie den Antrag gestellt, dessen Teilaufhebung für unwirksam zu erklären und letztlich damit das Gegenteil des ursprünglich angekündigten Antrags. Angesichts des Umstandes, dass dieser Antrag selbst eindeutig und von einem Anwalt formuliert wurde, erscheint jedoch zumindest fraglich, ob er in einen Antrag auf Unwirksamkeitserklärung der Teilaufhebung ausgelegt bzw. umgedeutet werden kann. 27Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 27. August 2008 - 6 C 32.07 -, NJW 2009, 162, m. w. N.; Beschlüsse vom 12. August 2008 – 6 B 50.08 –, juris, Rn. 5 ff., und vom 9. Februar 2005 – 6 B 75.04 –, juris, Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2018 – 4 A 1268/18.A -, juris, und vom 15. Dezember 2017 – 7 A 2570/17 -, juris; siehe aber auch: BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 2020 – 6 B 53/19 –, juris Rn. 3, und Urteil vom 1. September 2016 – 4 C 4/15 –, BVerwGE 156, 94 = juris Rn. 9. 282. Den Antragstellerinnen fehlt die erforderliche Antragsbefugnis. Sie können nicht geltend machen, durch die angegriffene Teilaufhebung in eigenen Rechten verletzt zu sein bzw. fehlt ihnen jedenfalls das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. 29Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung keine höheren Anforderungen zu stellen, als § 42 Abs. 2 VwGO es tut. Es genügt, wenn die jeweilige Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes in einem eigenen Recht verletzt wird. 30Dasselbe gilt für die ersatzlose Aufhebung von Festsetzungen eines Bebauungsplans, wie hier die streitige Teilaufhebung. Eine Aufhebungssatzung kann sich ebenso wie eine planerische Festsetzung in Bezug auf die von ihr erfassten Flächen als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen und es muss der Aufhebung eines Bebauungsplans wegen ihrer Eingriffsqualität eine ordnungsgemäße Abwägung der abwägungsrelevanten Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB vorausgehen. 31Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 1990 - 4 B 143.90 -, BRS 52 Nr. 30 = juris Rn. 5; OVG NRW, Urteile vom 8. April 2014 – 2 D 43/13.NE –, juris Rn. 27 f., vom 7. August 2006 - 7 D 67/05.NE -, juris Rn. 32, vom 4. November 2002 - 7a D 141/00.NE -, juris Rn. 26, und vom 23. Januar 1990 - 10a NE 48/88 -, BRS 50 Nr. 46 = juris Rn. 14; OVG Saarl., Urteil vom 30. Oktober 2001 - 2 N 4/00 -, BRS 64 Nr. 52 = juris Rn. 33 f. 32Die bloße Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung genügt allerdings im Einzelfall dann nicht für eine Antragsbefugnis im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wenn das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet. An dieser Möglichkeit fehlt es dann, wenn Rechte der jeweiligen Antragstellerin unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können. Die Annahme eines solchen Falls ist wiederum ausgeschlossen, wenn seine Prüfung nennenswerten Umfang oder über Plausibiltätserwägungen hinausgehende Intensität erfordert. In jedem Fall ist die Prüfung (nur) auf der Grundlage der Darlegungen der Antragstellerinnen unter Einbeziehung des wechselseitigen Schriftverkehrs, nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffs vorzunehmen. 33Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Juli 2013 ‑ 4 BN 13.13 ‑, juris, Rn. 4, und vom 10. Juli 2012 - 4 BN 16.12 -, juris, Rn. 3; Urteil vom 16. Juni 2011 – 4 CN 1.10 -, DVBl. 2011, 1414 = juris Rn. 12. 34Macht ein Eigentümer oder sonst dinglich oder obligatorisch Nutzungsberechtigter eines außerhalb des Plangebiets – hier des Geltungsbereichs der Teilaufhebung - gelegenen Grundstücks - wie hier die Antragstellerinnen - eine Verletzung des Abwägungsgebots aus § 1 Abs. 7 BauGB geltend, muss er einen eigenen Belang benennen, der nach Lage der Dinge von der planenden Gemeinde bei der Abwägung zu beachten war. Nicht jeder Belang ist in der Abwägung zu beachten, sondern nur solche, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Im Weiteren können alle (betroffenen) Interessen unbeachtet bleiben, die entweder – objektiv – geringwertig oder aber – sei es überhaupt, sei es im gegebenen Zusammenhang – nicht schutzwürdig sind. Nicht schutzwürdig sind namentlich auch Interessen, wenn sich deren Träger vernünftigerweise darauf einstellen musste, dass „so etwas geschieht“, und wenn deshalb seinem etwaigen Vertrauen in den Bestand oder Fortbestand einer gegebenen Situation, etwa einer bestimmten Markt- oder Verkehrslage, die Schutzbedürftigkeit fehlt. Die Abwägungsbeachtlichkeit beschränkt sich im Weiteren auf solche schutzwürdigen - planbedingten - Betroffenheiten, die erstens mehr als geringfügig, zweitens in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und drittens für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind. Wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. 35Vgl. zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 14. September 2015 - 4 BN 4.15 -, BauR 2015, 967 = juris Rn. 10; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2015 – 2 D 91/14.NE -, BauR 2016, 1006 = juris; zu sonst dinglich oder obligatorisch Nutzungsberechtigten: BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2015 – 4 CN 5/14 –, juris Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2016 – 2 D 56/14.NE –, juris 47. 36Wird ein Bebauungsplan geändert oder aufgehoben, so ist das Interesse der Planbetroffenen an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes ausgehend hiervon nicht nur dann abwägungserheblich, wenn durch die Planänderung ein subjektives öffentliches Recht berührt oder beseitigt wird. Abwägungsrelevant ist vielmehr insoweit jedes mehr als geringfügige private Interesse am Fortbestehen des Bebauungsplans in seiner früheren Fassung, auch wenn es lediglich auf einer einen Nachbarn nur tatsächlich begünstigenden Festsetzung beruht. Zwar gewährt das Baugesetzbuch keinen Anspruch auf den Fortbestand eines Bebauungsplans und schließt auch eine Änderung des Plans nicht aus. Das bedeutet aber nur, dass die Aufhebung oder Änderung eines Bebauungsplans, auch wenn sie für die Planbetroffenen nachteilig sind, rechtmäßig sein können. Für die Antragsbefugnis ist es für sich genommen unerheblich, dass mit der Aufhebung oder Änderung bestehender Bebauungspläne stets gerechnet werden muss. Entscheidend für die Antragsbefugnis im Sinne von § 47 Abs. 2 VwGO ist vielmehr, ob die Planänderung einen letztlich über die Abwägungsbeachtlichkeit zu einer Rechtsposition erstarkten privaten Belang mehr als nur unerheblich berührt. Einen solchen Belang kann indes das bloße Interesse am Erhalt des status quo für sich genommen nicht darstellen, da es einen solchermaßen abstrakten, voraussetzungslosen Planerhaltungsanspruch nicht gibt. 37Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Mai 2019 – 4 BN 44/18 -, ZfBR 2019, 689 = juris Rn. 9 ff., und vom 9. Oktober 1996 – 4 B 180.96 -, BRS 58 Nr. 3 = juris; OVG NRW, Urteil vom 27. September 2016 – 2 D 8/15.NE -, BRS 84 Nr. 30 = juris Rn. 32, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 4 BN 1.17 -, juris; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 234. 38Ausgehend hiervon fehlt es den Antragstellerinnen an der erforderlichen Antragsbefugnis. Hinsichtlich der Antragstellerinnen zu 2. und 3. ist bereits nicht zu erkennen, inwieweit sich die bauplanungsrechtliche Situation ihrer Grundstücke durch die Teilaufhebung verändern sollte. Für diese bleibt vielmehr die Gebietsausweisung als J. uneingeschränkt erhalten. Lediglich an jeweils einer Grundstücksseite wird ein schon bisher unbebautes, bewaldetes Grundstück zum Außenbereich, und dies gerade zu dem Zweck, jegliche bauliche Entwicklung – die wie gesagt seit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. I/St 24 im Jahr 1976 nie stattgefunden hat, ohne dass die Antragstellerinnen zu 2. und 3. auf eine bauliche, der früheren Festsetzung entsprechende Nutzung in irgendeiner Weise hätten Einfluss nehmen können – auszuschließen. 39Von daher fehlt es auch an einer potentiellen Betroffenheit in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht, wobei dies die Antragstellerinnen zu 2. und 3. ohnehin nicht unmittelbar betreffen würde. Ob die Grundstücke demgegenüber an Wert verlieren könnten, ist von vornherein nicht abwägungserheblich. Im Übrigen folgt ihre fehlende Antragsbefugnis aus den nachfolgenden, unmittelbar die Antragstellerin zu 1. betreffenden Ausführungen. 40Auch die Antragstellerin zu 1. hat aufgrund der Planung keine Verschlechterung abwägungserheblicher Belange zu gewärtigen. Ihre betriebliche Situation wird durch die Veränderung des Nachbargrundstücks von einem J. zu einer jeglicher baulichen Nutzung entzogenen Außenbereichsfläche nicht verändert. Dies gilt namentlich für Fragen des Immissionsschutzes. Eine bauliche Nutzung des Nachbargrundstücks ist infolge der Planung rechtlich weitgehend und faktisch vollständig ausgeschlossen, nachdem die Eigentümerin sich grundsätzlich und dauerhaft für eine naturbelassene Fläche entschieden hat. Die Entstehung (neuer bzw. neuartiger) Immissionsorte scheidet daher realistischerweise aus. Auch werden ihr keine Entwicklungsperspektiven genommen, weil das Grundstück seit Jahrzehnten unverändert im Eigentum der Antragsgegnerin steht und sämtliche Bemühungen, es zu erwerben, ungeachtet unterschiedlichster politischer Mehrheiten nie realisiert werden konnten. Dass sich hieran etwas ändern könnte und der Plangeber dies abwägend hätte berücksichtigen müssen, ist nicht zu erkennen. Hierfür reichen namentlich die in der mündlichen Verhandlung erneut betonten intensiven Versuche der Antragstellerinnen, die Flächen zu erwerben, nicht aus. Eine planungsrechtlich ggf. beachtliche Ankaufsperspektive setzte zumindest einer Verkaufsbereitschaft der Eigentümerin voraus, an der es hier – wie zuletzt der Grundsatzbeschluss des Rates der Antragsgegnerin vom 12. März 2015 gezeigt hat – dauerhaft fehlt. 41Dies gilt selbst dann, wenn die Antragstellerin zu 1. tatsächlich auf diese Fläche betrieblich angewiesen sein sollte, wie sie im Aufhebungsverfahren unter Drohung eines Wegzuges geltend gemacht hat. Auch dies gibt ihr keinen Nutzungsanspruch für fremdes Eigentum. Aus dem gleichen Grund liegt auch kein Eingriff in ihren Betrieb vor, für den sie die Fläche der Teilaufhebung nicht in Anspruch nehmen darf und durfte. Ob sie sich auf das dort bestehende – fremde – Recht zur baulichen Nutzung eingestellt hat, ist damit ebenfalls ohne Belang. 42Unbeschadet dessen würde allerdings auch der Eigentumserwerb nichts daran ändern, dass eine bauliche Nutzung zu den betrieblichen Zwecken der Antragstellerin zu 1. aufgrund der im Gebiet vorhandenen Biotopstrukturen nicht genehmigungsfähig wäre, wie sich nicht zuletzt aus der seitens der Antragstellerinnen unwidersprochen gebliebenen Stellungnahme der Umweltdezernentin der Antragsgegnerin zu § 44 BNatSchG anlässlich des Satzungsbeschlusses nachvollziehbar ergibt. § 44 BNatSchG gilt jedoch unabhängig vom Planungsstatus eines Grundstücks. Schon aufgrund dieser Zusammenhänge ist auch nichts Greifbares dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin zu 1. infolge der Teilaufhebung, die unmittelbar allein dazu führt, dass die Fläche wieder dem Außenbereich zugehört, mit weitergehenden, ihren Betrieb einschränkenden Auflagen zu rechnen hätte, als dies schon bisher – wie sich etwa bei der ihr erteilten Baugenehmigung vom 20. September 2011 gezeigt hat - der Fall gewesen ist. Diese knüpften auch allenfalls an das tatsächliche Vorkommen streng geschützter Arten, nicht an die naturschutzrechtliche Qualifikation der Fläche selbst, an. Dass solche im T4. vorkommen, stellt aber auch die Antragstellerin zu 1. nicht in Frage. Für diese Tiere ist indes der planungsrechtliche Status des Gebietes irrelevant, sie haben sich dort in den letzten 45 Jahren auch trotz der Ausweisung als J. und der benachbarten Nutzungen hier angesiedelt oder sind dem Standort treu geblieben. 43Lediglich klarstellend weist der Senat mit Blick auf den Vortrag der Vertreter der Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass mit diesem Befund nichts darüber ausgesagt ist, ob das von der Antragstellerin offenbar geplante Hochregallager auf dem Grundstück H.-----------straße 140 genehmigungsfähig ist oder ob ihm etwa § 44 BNatSchG wegen des benachbarten T1. und seiner Biotopstrukturen entgegensteht. Wie gesagt, sind dessen Anforderungen unabhängig davon zu beachten, welchen planungsrechtlichen Status diese Fläche hat. Die bei jedweder baulichen Entwicklung zu beachtenden naturschutzrechtlichen Einschränkungen bleiben vielmehr uneingeschränkt bestehen, sie sind lediglich nicht planbedingt. Gleiches gilt für den in den Raum gestellten möglichen Teilwiderruf der bestehenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen. Auch dieser könnte hier allenfalls an die tatsächlichen Biotopstrukturen anknüpfen, nicht an den formalen Gebietsstatus. 44Ohne in der Realität gründende Umstände befürchtet die Antragstellerin zu 1. betriebliche Erschwernisse durch einen „Naturtourismus“. Abgesehen davon, dass von einer (erheblichen) Beeinträchtigung der auskömmlichen Erschließung selbst unter Zugrundelegung ihres Vortrags nicht einmal ansatzweise die Rede sein dürfte und sich ein etwaiger Naturtourismus kaum an der formalen bauplanungsrechtlichen Gebietsausweisung ausrichten dürfte - die „Touristen“ kommen ja nicht deswegen nicht, weil die Fläche als J. festgesetzt ist oder strömen „in Massen“, weil es sich nunmehr um eine Außenbereichsfläche i. S. v. § 35 BauGB handelt -, hat die Antragsgegnerin unwidersprochen – und zutreffend – darauf hingewiesen, dass die Fläche (weiterhin) nicht betreten werden darf. Warum also Naturliebhaber in größerer Zahl einen Ausflug hierhin machen sollten, erschließt sich nicht, zumal auch die Ausweisung als Naturschutzgebiet bereits im Jahr 1995 dies offenbar nicht bewirkt hat. 45Nach Vorstehendem fehlt es hier zudem an einem Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerinnen. Sie stellen sich durch die Unwirksamkeit der Teilaufhebung nicht besser, weil die Antragsgegnerin als Grundstückseigentümerin einen Verkauf generell und insbesondere an eine der Antragstellerinnen unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens nunmehr auch durch Ratsbeschluss vor Beginn des hiesigen Aufhebungsverfahrens ausgeschlossen hat, nachdem es den Antragstellerinnen auch zuvor trotz jahrzehntelangen intensiven Bemühungen nicht gelungen war, Eigentum von der Antragsgegnerin zu erwerben. Auch im Übrigen steht – wie ausgeführt - nicht zu erwarten, dass die Nutzung dieser Flächen und/oder diejenigen der Antragstellerinnen sich durch den Ausgang des Verfahrens verändern könnte. 46II. Vor diesem Hintergrund ist der Normenkontrollantrag aber jedenfalls unbegründet. 47a) Die Aufhebungsentscheidung leidet an keinen formellen Mängeln, die zu ihrer Unwirksamkeit führen könnten. Solche haben die Antragstellerinnen nicht (fristgerecht) gerügt, ohne Rüge beachtliche Fehler sind nicht ersichtlich. 48b) Die Teilaufhebung erweist sich auch nicht als - durchgreifend - materiell fehlerhaft. Sie ist städtebaulich erforderlich (dazu unter aa) und leidet nicht an beachtlichen Abwägungsfehlern (dazu unter bb). 49aa) Die Teilaufhebung ist im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich. 50Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die nur grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden. 51Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BauR 2013, 1399 = juris Rn. 9, und vom 27. März 2013 - 4 CN 6.11 -, BauR 2013, 1402 = juris Rn. 9, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 4. 52Gemessen daran ist die angegriffene Teilaufhebung dem Grunde nach städtebaulich gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin verfolgt mit ihr die angesichts der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse jedenfalls nicht fernliegende Absicht, die bauplanerischen Festsetzungen an die bestehende und von ihr als Grundstückseigentümerin auch zukünftig gewünschte Nutzung anzupassen und deshalb die Überplanung des Bereichs aus den in § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB aufgeführten Belange zurückzunehmen. Was hieran auch nur in die Nähe eines planerischen Missgriffs rücken sollte, erschließt sich nicht. Dass ein J. nicht an die Grenze zum Außenbereich geplant werden dürfte, ist auch abgesehen von den jedenfalls berücksichtigungsfähigen konkreten örtlichen Verhältnissen auch bei einer generalisierenden Betrachtung nicht zu erkennen. Im Übrigen zeichnet die Planung hier allerdings auch nur eine tatsächliche Entwicklung nach und bewirkt keine „neue“ städtebauliche Situation. 53bb) Vor diesem Hintergrund weist die angegriffene Teilaufhebung auch keine durchgreifenden Abwägungsmängel auf. 54§ 1 Abs. 7 BauGB verlangt bei der Aufstellung wie bei der (Teil-)Aufhebung eines Bebauungsplans die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich darauf zu beschränken, ob in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. 55Vgl. grundlegend: BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 ff. = juris Rn. 29, und vom 5. Juli 1974 ‑ 4 C 50.72 ‑, BVerwGE 45, 309 ff. = juris Rn. 45. 56Wird ein Bebauungsplan – hier im Wege einer Teilaufhebung - geändert, so ist zudem ein etwaiges Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes abwägungserheblich. Zwar gewährt das Baugesetzbuch keinen Anspruch auf den Fortbestand eines Bebauungsplans. Änderungen des Bebauungsplans sind nicht ausgeschlossen. Die Planbetroffenen besitzen jedoch ggf. ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass die ortsrechtlichen Festsetzungen des Plans nicht ohne Berücksichtigung ihrer Belange geändert werden. Nimmt der Plangeber Veränderungen bestehender Festsetzungen vor, muss er sich im Klaren darüber sein, dass er damit möglicherweise in das ursprüngliche planerische Konzept eingreift, und es bedarf ggf. besonderer Überlegungen, ob diese Änderungen sachgerecht sind. Greift der Änderungsplan zudem in ein bestehendes Recht zur Bebauung ein, bedarf es besonderer Sorgfalt bei der Abwägung. Denn der normativen Entziehung oder Beschränkung desselben kommt erhebliches Gewicht zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muss. Beim Erlass wie bei der Änderung eines Bebauungsplans muss im Rahmen der planerischen Abwägung das private Interesse am Erhalt bestehender baulicher Nutzungsrechte mit dem öffentlichen Interesse an der gewollten städtebaulichen Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden. 57Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 ‑ 1 BvR 1402/01 ‑, BRS 65 Nr. 6 = juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2010 - 10 D 92/08.NE -, juris Rn. 40; Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl. 2010, Rn. 372 ff. 58Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin hier gerecht geworden, namentlich sind ihr die von den Antragstellerinnen gerügten Abwägungsfehler nicht unterlaufen. Insbesondere hat sie erkannt und ihrer Planung gerade zugrunde gelegt, dass sich die im Landschaftsplan C. -T2. seit immerhin mehr als 20 Jahren enthaltene Ausweisung eines Naturschutzgebietes „T4. “ nicht mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. I/St. 24 vereinbaren lässt. Sie hat diese seit 2011 bekannten rechtlichen Zusammenhänge mithin entgegen der Annahme der Antragstellerinnen nicht verkannt, sondern erkennbar lediglich auf den sich aus den tatsächlichen Verhältnissen, die in der für sich genommen den naturschutzrechtlichen Anforderungen entsprechenden Ausweisung als Naturschutzgebiet manifestiert hat, resultierenden Widerspruch zu den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen abgestellt. Dass sie diesen Konflikt im Sinne des Naturschutzrechtes aufgelöst hat oder zumindest die Voraussetzungen hierfür schaffen will – ggf. mag hier ein erneutes Unterschutzstellungsverfahren erforderlich sein -, ist weder für sich genommen noch in der hier erfolgten Form abwägungsfehlerhaft. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bereits nach § 42a Abs. 2 LG NRW a. F. die Untere Landschaftsbehörde – hier die Antragsgegnerin – die Möglichkeit gehabt hätte, im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. I/St 24 per ordnungsbehördlicher Verordnung ein Naturschutzgebiet festzusetzen und § 23 BNatSchG sich nicht (mehr) auf den planungsrechtlichen Außenbereich beschränkt und der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin einer entsprechenden Ausweisung nicht (mehr) entgegensteht. 59Jenseits dessen war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, an der Industriegebietsausweisung festzuhalten – im Gegenteil dürfte diese angesichts der unbestrittenen ökologischen Werthaltigkeit der Flächen heute kaum mehr möglich sein. Ein „Planungsverbot“ aufgrund einer vor mehr als 40 Jahren getroffenen bauleitplanerischen Entscheidung ist dann aber nicht begründbar – selbst in dem hier nicht vorliegenden Fall einer Planänderung gegen den Willen des Eigentümers könnte eine Änderung einer über einen solch langen Zeitraum nicht genutzten Festsetzung ohne Weiteres abwägungsgerecht erfolgen. 60Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 26. März 2021 – 2 D 65/19.NE -, BauR 2021, 1560 = juris Rn. 42 ff., 51 f. 61Angesichts dessen bewegt sich die Antragsgegnerin zugleich unzweifelhaft im Rahmen ihres planerischen Abwägungsspielraums, wenn sie in Anbetracht der konkreten Gegebenheiten den Belangen des § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB (Belange des Umweltschutzes) Vorrang gegenüber denjenigen des § 1 Abs. 6 Nr. 8 BauGB (Belange der Wirtschaft) einräumt. 62Inwieweit sich aus den von den Antragstellerinnen zitierten Regelungen des Naturschutzrechtes Anhaltspunkte für eine fehlende oder fehlerhafte Berücksichtigung ihrer Belange ergeben sollten, erschließt sich im Weiteren nicht. Insbesondere § 18 BNatSchG schützt den potentiellen Verursacher einer Beeinträchtigung von Natur und Landschaft nicht, sondern dient ausschließlich dem Schutz der Natur im Rahmen von durch eine Bauleitplanung ermöglichten Eingriffen. Dass solche hier durch die Teilaufhebung nicht begründet, sondern gerade verhindert werden, hat die Antragsgegnerin zutreffend erkannt. Solche Eingriffe sind aufgrund der Planung also nicht (mehr) zu erwarten – in diesem Sinne dient die Teilaufhebung also gerade der von § 18 BNatSchG vorrangig geforderten Vermeidung von Eingriffen in Natur und Landschaft. Lediglich klarstellend ist in diesem Kontext erneut darauf hinzuweisen, dass die Regelung nicht an formale Schutzkategorien anknüpft und damit nicht von einer wirksamen Ausweisung eines Naturschutzgebietes abhängt. Dies gilt gleichermaßen für die sonstigen Vorschriften des früheren Landschaftsgesetzes. 63Die von den Antragstellerinnen angesprochenen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, die mit Ausnahme des § 15 BNatSchG ebenfalls gleichermaßen für den Außen- wie für den Innenbereich gelten, zeigen im Gegenteil lediglich, dass in den tatsächlichen Gegebenheiten eine abwägungsgerechte Planung mit dem vor etwa 45 Jahren festgesetzten Ergebnis kaum mehr möglich wäre. Auf diesen Befund durfte die Antragsgegnerin reagieren, wenn sie hierzu nicht im Sinne des Fördergebotes des § 2 BNatSchG und unter Beachtung des unionsrechtlichen Schutzregimes insbesondere für die hier (auch) in Rede stehenden Vogelarten sogar gehalten war. 64Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO. 65Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 66Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. | die anträge werden abgelehnt. die antragstellerinnen tragen die kosten des verfahrens zu je 1/3. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die jeweilige vollstreckungsschuldnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die antragsgegnerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die antragstellerinnen wenden sich gegen die teilaufhebung des bebauungsplanes nr. i/st 24 "industriegebiet t.---------straße (heute: h.-----------straße )" der antragsgegnerin für den bereich des sog. t1. (im folgenden: teilaufhebung). 3die antragstellerinnen zu 2. und 3. sind eigentümerinnen von grundstücken, die jeweils im geltungsbereich des bebauungsplanes nr. i/st 24 liegen, als industriegebiet festgesetzt sind und an die fläche der teilaufhebung angrenzen. die grundstücke sind an die antragstellerin zu 1. verpachtet, die dort ein logistikunternehmen betreibt. 4das gebiet der teilaufhebung umfasst das im landschaftsplan c. -t2. ausgewiesene naturschutzgebiet nr. 2.1/16 „f. -c1. -t3. “ sowie einen teilbereich der nördlich angrenzenden fläche des gewässers t3. und dessen aue zwischen der h.-----------straße und der bahnstrecke c. -q. , die wiederum im genannten landschaftsplan als landschaftsschutzgebiet 2.2-3 "feuchtsenne" ausgewiesen sind. dieser bereich gehörte seit dem inkrafttreten des bebauungsplanes nr. i/st 24 (ursprüngliche bezeichung i/st iii/2) am 20. april 1976 zu den flächen, die als industriegebiet ausgewiesen waren. die gesamten von der teilaufhebung betroffenen flächen stehen im eigentum der stadt c. . 5im flächennutzungsplan war der bereich ursprünglich als gewerbliche baufläche dargestellt, wobei diese darstellung nachrichtlich von der darstellung für das naturschutzgebiet „t4. “ überlagert war. letztere wurde nach ausweisung als naturschutzgebiet in dem seit dem 3. juni 1995 rechtskräftigen landschaftsplan c. -t2. aufgenommen. der flächennutzungsplan ist durch die 240. änderung im parallelverfahren geändert worden und stellt das aufhebungsgebiet nunmehr als „fläche für wald“ dar, wobei die nachrichtliche darstellung des naturschutzgebietes „t4. “ beibehalten wird. 6ausweislich der begründung dient die teilaufhebung dem zweck, einen gesehenen widerspruch zwischen der festsetzung als industriegebiet und dem tatsächlichen vorhandensein eines naturschutzgebietes aufzulösen. der naturschutz begründe sich durch das hohe alter des baumbestandes und seine besondere bedeutung für baumhöhlen bewohnende arten wie den schwarz- und grünspecht, die hohltaube sowie verschiedene fledermausarten. zur erhaltung der hohen ökologischen wertigkeit der waldfläche seien im landschaftsplan bereits mehrere maßnahmen zur pflege und entwicklung festgesetzt worden. hierbei handele es sich etwa um die wiederaufforstung mit ausschließlich baumarten der potentiellen natürlichen vegetation, die untersagung von kahlhieben, die natürliche bewirtschaftung von waldflächen und den erhalt von einzelbäumen über die hiebreife hinaus. im zusammenhang mit der erweiterung der betriebsflächen des logistikbetriebes der antragstellerin zu 1. habe im jahr 2011 ein rechtsgutachten zur gewichtung und priorisierung der unterschiedlichen festsetzungen des bebauungsplanes und des landschaftsplanes ergeben, dass der zeitlich vorgelagerte bebauungsplan aus dem jahr 1976 nicht durch andere inhaltliche festsetzungen des 1995 beschlossenen landschaftsplanes c. -t2. überlagert werden könne. aus diesem grund solle mit der teilaufhebung des bebauungsplanes im zusammenwirken mit den landschaftsplanerischen naturschutzrechtlichen rahmenbedingungen die fläche zukünftig planungsrechtlich als außenbereich gemäß § 35 baugb beurteilt werden. 7das planungsverfahren nahm im wesentlichen folgenden verlauf: 8in seiner sitzung vom 3. november 2015 beschloss der stadtentwicklungsausschuss der antragsgegnerin, das verfahren zur teilaufhebung des bebauungsplanes nr. i/st 24 und die 240. änderung des flächennutzungsplanes „naturschutzgebiet t4. “ einzuleiten. in der zugehörigen sitzungsvorlage 1383/2014 – 2020 ist festgehalten, der rat der stadt c. habe am 12. märz 2015 per grundsatzbeschluss entschieden, den bebauungsplan für diesen teilbereich aufzuheben. durch diese teilaufhebung solle rechtsklarheit dahingehend geschaffen werden, dass hier der status als naturschutzgebiet maßgeblich sei. zudem sei u. a. beschlossen worden, dass der t4. im städtischen eigentum verbleibe und gemäß den vorgaben des landschaftsplanes als naturwald gepflegt werde, um dessen einzigartige qualität dauerhaft zu sichern. der entsprechende klarstellungsbedarf sei dadurch entstanden, dass sich zwischenzeitlich herausgestellt habe, dass der bebauungsplan nicht durch andere inhaltliche festsetzungen des später beschlossenen landschaftsplanes überlagert werden könne. 9die frühzeitige öffentlichkeitsbeteiligung fand im rahmen einer bürgerversammlung am 2. februar 2016 statt, die frühzeitige beteiligung der behörden und sonstigen träger öffentlicher belange erfolgte zwischen dem 17. dezember 2015 und dem 5. februar 2016. 10in seiner sitzung vom 19. september 2017 beschloss der stadtentwicklungsausschuss der antragsgegnerin die teilaufhebung des bebauungsplanes mit begründung als entwurf und die öffentliche auslegung der planunterlagen. diese fand im zeitraum vom 22. november bis 22. dezember 2017 statt. parallel erfolgte die beteiligung der behörden und träger öffentlicher belange. 11in diesem verfahren erhoben die antragstellerinnen mit im wesentlichen gleichlautenden schreiben ihrer prozessbevollmächtigten jeweils einwände gegen die beabsichtigte bauleitplanung. durch sie werde dem gewerbebetrieb eine dringend benötigte erweiterungsfläche genommen. die antragstellerin zu 1. habe sich seit jahren intensiv um eine einigung mit der stadt c. dahingehend bemüht, eine erweiterung in das heutige plangebiet hinein realisieren zu können. sie habe sich auf das bestehende planungsrecht eingerichtet und sehe in der aufhebung der nutzung des industriegebietes einen erheblichen eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb. ferner sei durch die planung zu erwarten, dass in dem angrenzenden plangebiet, das durch die betriebsanlagen der antragstellerin zu 1., die im eigentum der antragstellerinnen zu 2. und 3. stünden, umgeben werde, vermehrt ein naturtourismus stattfinde und dadurch der betriebsablauf erheblich gestört werde; das sei geradezu grundlage der planung. der betrieb verursache auf der angrenzenden h.-----------straße , die ein industriegebiet erschließe, ein erhöhtes verkehrsaufkommen, das sich mit vermehrten besuchen von naherholungssuchenden, die das naturschutzgebiet erwanderten, nicht vertrage. die antragstellerinnen befürchteten daher, dass die derzeit bestehende gewerbliche nutzung mittel- oder langfristig nicht mehr möglich sei, jedenfalls aber deutlich unattraktiver werde. vergleichbare bedenken erhoben die städtische wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (wege) c. mbh und die ihk p. zu c. . diese wiesen insbesondere auf die knappen gewerbe- und industrieflächen im stadtgebiet hin. in der folge der teilaufhebung sei eine betriebsverlagerung des logistikunternehmens vorgezeichnet, was sich auch finanziell negativ auf die wirtschaftliche attraktivität der stadt auswirke. 12in seiner sitzung vom 6. juni 2019 beschloss der rat der antragsgegnerin über die im verfahren der beteiligung der öffentlichkeit und der behörden eingegangenen stellungnahmen auf der grundlage der ratsvorlage 8511/2014-2020 die änderung des flächennutzungsplanes im parallelverfahren und die teilaufhebung des bebauungsplanes nr. i/st 24 als satzung. in der abwägung der einwände der antragstellerinnen heißt es darin, der rat der antragsgegnerin habe sich in seiner sitzung vom 12. märz 2015 nach intensiver diskussion und darlegung der einzelnen argumente dazu entschlossen, zur schaffung von rechtsklarheit aufgrund der sich widersprechenden festsetzungen des bebauungsplanes (industriegebiet) und des landschaftsplanes (naturschutzgebiet) den status als naturschutzgebiet für maßgeblich zu halten. in dieser diskussion seien auch die möglichen folgen für das unternehmen und den bereich insgesamt aufgezeigt und abgewogen worden. die genannten gründe bestünden nach wie vor. ein erweiterter tourismus sei nicht zu erwarten. grundsätzlich sei das betreten eines unter naturschutz stehenden waldes untersagt. ausgenommen hiervon seien ausdrücklich ausgewiesene wege, die nicht verlassen werden dürften. innerhalb des t1. gebe es solche wege nicht. damit sei das betreten des waldes für die öffentlichkeit sowie auch die nutzung als naherholungsgebiet nicht zulässig. zudem liege der t4. nicht in der nähe eines wohn- oder naherholungsgebietes und sei auch nicht an das erholungswegenetz angeschlossen. zudem sei durch halteverbotsschilder bereits jetzt jegliches parken auf der h.-----------straße im bereich des t1. untersagt. auch habe die festsetzung des t1. als naturschutzgebiet vor mehr als 20 jahren zu keinem naturtourismus geführt; dies werde sich durch die teilaufhebung nicht ändern. ein erhöhtes verkehrsaufkommen sei auszuschließen. die befürchteten betrieblichen einschränkungen könnten damit nicht nachvollzogen werden. in abwägung der einwände der ihk wird zudem darauf hingewiesen, die hohe ökologische bedeutung des t1. rechtfertige die entscheidung, dass die belange des naturschutzes hier als vorrangig betrachtet würden. es handele sich um einen naturnahen, von der buche dominierten altholzbestand, bei dem ca. jeder dritte altbaum eine oder mehrere höhlen aufweise. diese baumhöhlen seien wichtige lebensstätte einer reihe gefährdeter tierarten wie schwarzspecht, grünspecht, hohltaube und verschiedener fledermausarten. es handele sich um den am besten mit baumhöhlen ausgestatteten wald in c. . 13ausweislich der sitzungsniederschrift wurde in der ratssitzung vom 6. juni 2019 zur rechtfertigung des aufhebungsbeschlusses zudem angeführt, dass in dem wald 65 hohe bäume und ca. 90 spechthöhlen vorhanden seien und die fläche selbst seit ca. 500 jahren als wald dargestellt sei. dies zeige, dass ein flächenersatz, wie er bei einer nutzung des gebietes für logistikzwecke erforderlich werden würde, kaum zu realisieren sei. zudem kämen kompensationsmaßnahmen auf der grundlage des hier unabhängig von der festsetzung eines naturschutzgebietes einschlägigen § 44 bnatschg nicht in betracht, weil die kumulativen voraussetzungen eines überwiegenden öffentlichen interesses, des fehlens einer zumutbaren alternative sowie des nichtentstehens einer verschlechterung des erhaltungszustandes einer population der betroffenen arten – hier insbesondere des kleinen abendseglers und des schwarzspechtes – nicht vorlägen und die betriebliche nutzung der flächen unweigerlich zur zerstörung des lebensraumes beider arten führen müsse. eine bauliche nutzung der fläche sei damit unabhängig von deren schutzstatus letztlich ausgeschlossen. 14der satzungsbeschluss wurde am 26. juni 2019 vom oberbürgermeister der antragsgegnerin ausgefertigt und aufgrund einer bekanntmachungsanordnung vom 1. oktober 2019 am 21. november 2019 zusammen mit der genehmigung der 240. änderung des flächennutzungsplans ortsüblich bekannt gemacht. 15die antragstellerinnen haben am 20. november 2020 den vorliegenden normenkontrollantrag gestellt, nachdem sie gegenüber der antragsgegnerin aus ihrer sicht bestehende mängel mit schreiben vom 9. oktober 2020 gerügt hatten. mit der angegriffenen teilaufhebung werde eine für den logistikbetrieb lange zeit bestehende und durch ortsrecht verankerte erweiterungsmöglichkeit aufgehoben. stattdessen werde die grundlage dafür geschaffen, dass in dem angrenzenden plangebiet, das durch betriebsanlagen des logistikbetriebes „eingehegt“ werde, der betriebsablauf erheblich gestört werde. es würden festsetzungen getroffen, die sich mit den weiter bestehenden festsetzungen des bebauungsplanes nr. i/st 24 nicht vertrügen. ohne jeglichen planungsrechtlichen puffer würden zukünftig der logistikbetrieb und die besonders bedeutsamen, baumhöhlen bewohnenden arten nebeneinander existieren müssen. für die antragsteller sei daher unabhängig von den weggeplanten erweiterungsmöglichkeiten derzeit kaum absehbar, mit welchen auflagen der betrieb künftig rechnen müsse. vor diesem hintergrund sei an ihrer antragsbefugnis nicht zu zweifeln. sie könnten sich jedenfalls auf eine mögliche verletzung des bauplanungsrechtlichen abwägungsgebotes berufen. sie hätten bereits im planungsverfahren das interesse der antragstellerin zu 1. an einer erweiterungsmöglichkeit geltend gemacht, um den logistikstandort zukunftssicher zu machen. die bebauungsplanänderung führe dazu, dass eine bislang bebaubare fläche nun nicht mehr bebaut werden könne. die antragsgegnerin habe mit der bebauungsplanung die lange zwischen den beteiligten diskutierte erweiterungsmöglichkeit des logistikbetriebes weggeplant. sie hätten sich seit jahren intensiv um eine einigung mit der antragsgegnerin dahingehend bemüht, dass eine erweiterung in das heutige plangebiet hinein realisiert werden könne. der logistikbetrieb habe sich auf das bestehende planungsrecht eingerichtet und sehe in der aufhebung der nutzung als industriegebiet einen erheblichen eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb. zudem werde durch die planung die grundlage dafür geschaffen, dass in dem angrenzenden plangebiet vermehrt ein naturtourismus stattfinde und dadurch der betriebsablauf erheblich gestört werde. letztlich stehe zu erwarten, dass die derzeit bestehende gewerbliche nutzung der pachtflächen mittel- oder langfristig nicht mehr möglich, jedenfalls aber deutlich unattraktiver werde. der bebauungsplan sei materiell fehlerhaft. ihm fehle die erforderliche städtebauliche rechtfertigung und er weise abwägungsfehler auf. die teilaufhebung trage nicht zur städtebaulichen ordnung bei. die planung ziele ausweislich ihrer begründung auf die schaffung von rechtsklarheit aufgrund der sich widersprechenden festsetzungen des bebauungsplanes und des landschaftsplanes. insoweit habe die antragsgegnerin jedoch übersehen, dass die in bezug genommenen regelungen des landschaftsplanes ihrerseits nicht wirksam seien, so dass ein planungserfordernis hier nicht bestanden habe. der landschaftsplan vom 3. juni 1995 verstoße vielmehr gegen den vorrang der bauleitplanung nach § 16 abs. 1 satz 1 und 2 lg nrw a. f. und sei deshalb unwirksam. eine durchbrechung des vorrangs der bauleitplanung nach § 16 abs. 1 satz 3 lg nrw a. f. sei ebenfalls nicht möglich gewesen. dies hätte einen unmittelbaren zusammenhang mit dem baulichen außenbereich erfordert. die unwirksamkeit des landschaftsplanes hätte die antragsgegnerin bei der beurteilung, ob es überhaupt ein planungserfordernis gebe, berücksichtigen müssen. darüber hinaus sei der bebauungsplan abwägungsfehlerhaft. ihre betrieblichen (erweiterungs-)interessen und ihr interesse an der beibehaltung der bisherigen festsetzungen des bebauungsplanes seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. insofern reiche die erwägung nicht aus, dass die antragsgegnerin selbst eigentümerin der von der teilaufhebung betroffenen flächen sei und deshalb auch etwaige erweiterungsabsichten der antragstellerin zu 1. blockieren könne. denn dies lasse unberücksichtigt, dass der logistikbetrieb nunmehr planungsrechtlich unmittelbar an den außenbereich angrenze und dadurch möglichen einschränkungen unterliege. der umweltbericht habe lediglich geprüft, ob die geplante teilaufhebung zu einer verschlechterung der bestehenden umweltsituation führen könne und dies verneint. eine betrachtung in die umgekehrte richtung habe aber augenscheinlich nicht stattgefunden. es liege jedoch auf der hand, dass hier insbesondere die gefahr bestehe, dass nun der nachtbetrieb auf dem direkt an das wäldchen angrenzenden park- und umschlagplatz eingeschränkt werde, weil dort die ganze nacht über lkw-verkehr mit allen damit verbundenen folgen wie licht- und lärmimmissionen in richtung des waldes und seiner bewohner abgewickelt werde. es sei nicht ausgeschlossen, dass es nun zu einem teilwiderruf der immissionsschutzrechtlichen genehmigung komme, weil sie die über § 6 abs. 1 nr. 2 bimschg einzuhaltenden bestimmungen nicht mehr erfüllen könne. die pflicht, im rahmen der aufstellung des streitgegenständlichen bebauungsplanes das verhältnis zum baurecht in den blick zu nehmen, ergebe sich unmittelbar auch aus § 18 bnatschg, der in abs. 1 fordere, dass für den fall, dass aufgrund der aufstellung, änderung, ergänzung oder aufhebung von bauleitplänen eingriffe in natur und landschaft zu erwarten seien, über die vermeidung, den ausgleich und den ersatz nach den vorschriften des baugesetzbuches zu entscheiden sei. eine solche entscheidung habe hier nicht stattgefunden, noch sei in der abwägung überhaupt berücksichtigt worden, wie das verhältnis zwischen naturschutzgebiet und den angrenzenden industriegebietsflächen aufeinander abzustimmen sei. die konflikte, die sich für sie aus dem kraft des bebauungsplanes heranrückenden naturschutz ergäben, würden anhand zahlreicher vorschriften des bundesnaturschutzgesetzes deutlich, insbesondere §§ 1, 2 abs. 1, 13, 15, 23 abs. 2, 39 und 44 sowie § 65. dass in dem t4. besonders geschützte arten und populationen vorkämen, ergebe sich aus den aufstellungsvorgängen. „dies ist gerade die zentrale begründung für die bauleitplanerische entscheidung gewesen. so werden regelmäßig vom späten sonntagabend bis zum nächsten samstagnachmittag durchgängig be- und entladetätigkeiten durchgeführt. hiermit sind verkehrsbewegungen auf beiden seiten des t5. verbunden. ferner soll das grundstück h.-----------straße 140 mittelfristig mit einem logistikgebäude bebaut werden. ein besonders großer bedarf wird für die errichtung eines gefahrgutlagers in p. gesehen. derzeit müssen potentielle kunden aus diesem bereich bis nach n. fahren, um sie dort zwischenzulagern.“ die sich aus dem naturschutzrecht ergebenden pflichten und damit verbundenen konflikte seien in den abwägungsmaterialien nicht erwähnt worden. 16nachdem die antragstellerinnen in der antragsschrift als antrag formuliert hatten, den bebauungsplan nr. i/st 24 „j. t.---------straße (heute: h.-----------straße )“ der antragswirkung für unwirksam zu erklären, 17beantragen sie nunmehr, 18die teilaufhebung des bebauungsplans nr. i/st 24 „j. t.---------straße (heute: h.-----------straße )“ der antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. 19die antragsgegnerin beantragt, 20die anträge abzulehnen. 21die anträge seien jedenfalls unbegründet. eine beschränkung der bebaubarkeit oder der gewerblichen nutzung der grundstücke der antragstellerinnen sei nicht erfolgt. dies ergebe sich insbesondere nicht aus vorschriften des bnatschg oder des lnatschg. die vorschriften der §§ 14 ff. bnatschg gälten nicht im bereich von bebauungsplänen bzw. beträfen nur handlungen innerhalb eines naturschutzgebietes. die vorschriften des artenschutzes (§§ 39 ff., 44 bnatschg) gälten hingegen unabhängig vom planungsrechtlichen status eines gebietes. auch sonst bestehe kein abwägungsmangel, insbesondere habe sie den antragstellerinnen nie nutzungsrechte an der von der teilaufhebung betroffenen fläche eingeräumt. die fläche habe sich in all den jahrzehnten, in denen sie als j. festgesetzt gewesen sei, auch nicht als solches entwickelt. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen aufstellungsvorgänge der antragsgegnerin bezug genommen. 23 | 24die normenkontrollanträge haben keinen erfolg. sie sind weder zulässig noch begründet. 25i. die normenkontrollanträge sind bereits unzulässig, weil den antragstellerinnen die erforderliche antragsbefugnis und ein rechtsschutzbedürfnis fehlen. 261. vor diesem hintergrund mag dahinstehen, wie es sich auswirkt, dass die antragstellerinnen ursprünglich ausdrücklich und eindeutig beantragt haben, den bebauungsplan nr. i/st 24 „j. t.---------straße (heute: h.-----------straße )“ der antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. erst in der mündlichen verhandlung – d. h. lange nach ablauf der frist des § 47 abs. 2 satz 1 vwgo – haben sie den antrag gestellt, dessen teilaufhebung für unwirksam zu erklären und letztlich damit das gegenteil des ursprünglich angekündigten antrags. angesichts des umstandes, dass dieser antrag selbst eindeutig und von einem anwalt formuliert wurde, erscheint jedoch zumindest fraglich, ob er in einen antrag auf unwirksamkeitserklärung der teilaufhebung ausgelegt bzw. umgedeutet werden kann. 27vgl. in diesem zusammenhang bverwg, urteil vom 27. august 2008 - 6 c 32.07 -, njw 2009, 162, m. w. n.; beschlüsse vom 12. august 2008 – 6 b 50.08 –, juris, rn. 5 ff., und vom 9. februar 2005 – 6 b 75.04 –, juris, rn. 11 f.; ovg nrw, beschlüsse vom 17. mai 2018 – 4 a 1268/18.a -, juris, und vom 15. dezember 2017 – 7 a 2570/17 -, juris; siehe aber auch: bverwg, beschluss vom 12. mai 2020 – 6 b 53/19 –, juris rn. 3, und urteil vom 1. september 2016 – 4 c 4/15 –, bverwge 156, 94 = juris rn. 9. 282. den antragstellerinnen fehlt die erforderliche antragsbefugnis. sie können nicht geltend machen, durch die angegriffene teilaufhebung in eigenen rechten verletzt zu sein bzw. fehlt ihnen jedenfalls das erforderliche rechtsschutzbedürfnis. 29nach § 47 abs. 2 satz 1 vwgo kann einen normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische person stellen, die geltend macht, durch die rechtsvorschrift, die gegenstand des normenkontrollantrags ist, oder deren anwendung in ihren rechten verletzt zu sein oder in absehbarer zeit verletzt zu werden. dabei sind an die geltendmachung einer rechtsverletzung keine höheren anforderungen zu stellen, als § 42 abs. 2 vwgo es tut. es genügt, wenn die jeweilige antragstellerin hinreichend substantiiert tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die festsetzungen des bebauungsplanes in einem eigenen recht verletzt wird. 30dasselbe gilt für die ersatzlose aufhebung von festsetzungen eines bebauungsplans, wie hier die streitige teilaufhebung. eine aufhebungssatzung kann sich ebenso wie eine planerische festsetzung in bezug auf die von ihr erfassten flächen als inhalts- und schrankenbestimmung im sinne von art. 14 abs. 1 satz 2 gg darstellen und es muss der aufhebung eines bebauungsplans wegen ihrer eingriffsqualität eine ordnungsgemäße abwägung der abwägungsrelevanten belange nach § 1 abs. 7 baugb vorausgehen. 31vgl. bverwg, beschluss vom 12. dezember 1990 - 4 b 143.90 -, brs 52 nr. 30 = juris rn. 5; ovg nrw, urteile vom 8. april 2014 – 2 d 43/13.ne –, juris rn. 27 f., vom 7. august 2006 - 7 d 67/05.ne -, juris rn. 32, vom 4. november 2002 - 7a d 141/00.ne -, juris rn. 26, und vom 23. januar 1990 - 10a ne 48/88 -, brs 50 nr. 46 = juris rn. 14; ovg saarl., urteil vom 30. oktober 2001 - 2 n 4/00 -, brs 64 nr. 52 = juris rn. 33 f. 32die bloße behauptung einer theoretischen rechtsverletzung genügt allerdings im einzelfall dann nicht für eine antragsbefugnis im sinne von § 47 abs. 2 satz 1 vwgo, wenn das tatsächliche vorliegen einer rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet. an dieser möglichkeit fehlt es dann, wenn rechte der jeweiligen antragstellerin unter zugrundelegung des antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner betrachtungsweise verletzt sein können. die annahme eines solchen falls ist wiederum ausgeschlossen, wenn seine prüfung nennenswerten umfang oder über plausibiltätserwägungen hinausgehende intensität erfordert. in jedem fall ist die prüfung (nur) auf der grundlage der darlegungen der antragstellerinnen unter einbeziehung des wechselseitigen schriftverkehrs, nicht unter auswertung des gesamten prozessstoffs vorzunehmen. 33vgl. bverwg, beschlüsse vom 29. juli 2013 ‑ 4 bn 13.13 ‑, juris, rn. 4, und vom 10. juli 2012 - 4 bn 16.12 -, juris, rn. 3; urteil vom 16. juni 2011 – 4 cn 1.10 -, dvbl. 2011, 1414 = juris rn. 12. 34macht ein eigentümer oder sonst dinglich oder obligatorisch nutzungsberechtigter eines außerhalb des plangebiets – hier des geltungsbereichs der teilaufhebung - gelegenen grundstücks - wie hier die antragstellerinnen - eine verletzung des abwägungsgebots aus § 1 abs. 7 baugb geltend, muss er einen eigenen belang benennen, der nach lage der dinge von der planenden gemeinde bei der abwägung zu beachten war. nicht jeder belang ist in der abwägung zu beachten, sondern nur solche, die in der konkreten planungssituation einen städtebaulich relevanten bezug haben. im weiteren können alle (betroffenen) interessen unbeachtet bleiben, die entweder – objektiv – geringwertig oder aber – sei es überhaupt, sei es im gegebenen zusammenhang – nicht schutzwürdig sind. nicht schutzwürdig sind namentlich auch interessen, wenn sich deren träger vernünftigerweise darauf einstellen musste, dass „so etwas geschieht“, und wenn deshalb seinem etwaigen vertrauen in den bestand oder fortbestand einer gegebenen situation, etwa einer bestimmten markt- oder verkehrslage, die schutzbedürftigkeit fehlt. die abwägungsbeachtlichkeit beschränkt sich im weiteren auf solche schutzwürdigen - planbedingten - betroffenheiten, die erstens mehr als geringfügig, zweitens in ihrem eintritt zumindest wahrscheinlich und drittens für die planende stelle bei der entscheidung über den plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind. wenn es einen solchen belang gibt, besteht grundsätzlich auch die möglichkeit, dass die gemeinde ihn bei ihrer abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. 35vgl. zusammenfassend: bverwg, beschluss vom 14. september 2015 - 4 bn 4.15 -, baur 2015, 967 = juris rn. 10; ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2015 – 2 d 91/14.ne -, baur 2016, 1006 = juris; zu sonst dinglich oder obligatorisch nutzungsberechtigten: bverwg, urteil vom 29. juni 2015 – 4 cn 5/14 –, juris rn. 8; ovg nrw, urteil vom 21. juni 2016 – 2 d 56/14.ne –, juris 47. 36wird ein bebauungsplan geändert oder aufgehoben, so ist das interesse der planbetroffenen an der beibehaltung des bisherigen zustandes ausgehend hiervon nicht nur dann abwägungserheblich, wenn durch die planänderung ein subjektives öffentliches recht berührt oder beseitigt wird. abwägungsrelevant ist vielmehr insoweit jedes mehr als geringfügige private interesse am fortbestehen des bebauungsplans in seiner früheren fassung, auch wenn es lediglich auf einer einen nachbarn nur tatsächlich begünstigenden festsetzung beruht. zwar gewährt das baugesetzbuch keinen anspruch auf den fortbestand eines bebauungsplans und schließt auch eine änderung des plans nicht aus. das bedeutet aber nur, dass die aufhebung oder änderung eines bebauungsplans, auch wenn sie für die planbetroffenen nachteilig sind, rechtmäßig sein können. für die antragsbefugnis ist es für sich genommen unerheblich, dass mit der aufhebung oder änderung bestehender bebauungspläne stets gerechnet werden muss. entscheidend für die antragsbefugnis im sinne von § 47 abs. 2 vwgo ist vielmehr, ob die planänderung einen letztlich über die abwägungsbeachtlichkeit zu einer rechtsposition erstarkten privaten belang mehr als nur unerheblich berührt. einen solchen belang kann indes das bloße interesse am erhalt des status quo für sich genommen nicht darstellen, da es einen solchermaßen abstrakten, voraussetzungslosen planerhaltungsanspruch nicht gibt. 37vgl. bverwg, beschlüsse vom 28. mai 2019 – 4 bn 44/18 -, zfbr 2019, 689 = juris rn. 9 ff., und vom 9. oktober 1996 – 4 b 180.96 -, brs 58 nr. 3 = juris; ovg nrw, urteil vom 27. september 2016 – 2 d 8/15.ne -, brs 84 nr. 30 = juris rn. 32, bestätigt durch bverwg, beschluss vom 12. januar 2017 – 4 bn 1.17 -, juris; kuschnerus, der sachgerechte bebauungsplan, 4. aufl. 2010, rn. 234. 38ausgehend hiervon fehlt es den antragstellerinnen an der erforderlichen antragsbefugnis. hinsichtlich der antragstellerinnen zu 2. und 3. ist bereits nicht zu erkennen, inwieweit sich die bauplanungsrechtliche situation ihrer grundstücke durch die teilaufhebung verändern sollte. für diese bleibt vielmehr die gebietsausweisung als j. uneingeschränkt erhalten. lediglich an jeweils einer grundstücksseite wird ein schon bisher unbebautes, bewaldetes grundstück zum außenbereich, und dies gerade zu dem zweck, jegliche bauliche entwicklung – die wie gesagt seit dem inkrafttreten des bebauungsplans nr. i/st 24 im jahr 1976 nie stattgefunden hat, ohne dass die antragstellerinnen zu 2. und 3. auf eine bauliche, der früheren festsetzung entsprechende nutzung in irgendeiner weise hätten einfluss nehmen können – auszuschließen. 39von daher fehlt es auch an einer potentiellen betroffenheit in immissionsschutzrechtlicher hinsicht, wobei dies die antragstellerinnen zu 2. und 3. ohnehin nicht unmittelbar betreffen würde. ob die grundstücke demgegenüber an wert verlieren könnten, ist von vornherein nicht abwägungserheblich. im übrigen folgt ihre fehlende antragsbefugnis aus den nachfolgenden, unmittelbar die antragstellerin zu 1. betreffenden ausführungen. 40auch die antragstellerin zu 1. hat aufgrund der planung keine verschlechterung abwägungserheblicher belange zu gewärtigen. ihre betriebliche situation wird durch die veränderung des nachbargrundstücks von einem j. zu einer jeglicher baulichen nutzung entzogenen außenbereichsfläche nicht verändert. dies gilt namentlich für fragen des immissionsschutzes. eine bauliche nutzung des nachbargrundstücks ist infolge der planung rechtlich weitgehend und faktisch vollständig ausgeschlossen, nachdem die eigentümerin sich grundsätzlich und dauerhaft für eine naturbelassene fläche entschieden hat. die entstehung (neuer bzw. neuartiger) immissionsorte scheidet daher realistischerweise aus. auch werden ihr keine entwicklungsperspektiven genommen, weil das grundstück seit jahrzehnten unverändert im eigentum der antragsgegnerin steht und sämtliche bemühungen, es zu erwerben, ungeachtet unterschiedlichster politischer mehrheiten nie realisiert werden konnten. dass sich hieran etwas ändern könnte und der plangeber dies abwägend hätte berücksichtigen müssen, ist nicht zu erkennen. hierfür reichen namentlich die in der mündlichen verhandlung erneut betonten intensiven versuche der antragstellerinnen, die flächen zu erwerben, nicht aus. eine planungsrechtlich ggf. beachtliche ankaufsperspektive setzte zumindest einer verkaufsbereitschaft der eigentümerin voraus, an der es hier – wie zuletzt der grundsatzbeschluss des rates der antragsgegnerin vom 12. märz 2015 gezeigt hat – dauerhaft fehlt. 41dies gilt selbst dann, wenn die antragstellerin zu 1. tatsächlich auf diese fläche betrieblich angewiesen sein sollte, wie sie im aufhebungsverfahren unter drohung eines wegzuges geltend gemacht hat. auch dies gibt ihr keinen nutzungsanspruch für fremdes eigentum. aus dem gleichen grund liegt auch kein eingriff in ihren betrieb vor, für den sie die fläche der teilaufhebung nicht in anspruch nehmen darf und durfte. ob sie sich auf das dort bestehende – fremde – recht zur baulichen nutzung eingestellt hat, ist damit ebenfalls ohne belang. 42unbeschadet dessen würde allerdings auch der eigentumserwerb nichts daran ändern, dass eine bauliche nutzung zu den betrieblichen zwecken der antragstellerin zu 1. aufgrund der im gebiet vorhandenen biotopstrukturen nicht genehmigungsfähig wäre, wie sich nicht zuletzt aus der seitens der antragstellerinnen unwidersprochen gebliebenen stellungnahme der umweltdezernentin der antragsgegnerin zu § 44 bnatschg anlässlich des satzungsbeschlusses nachvollziehbar ergibt. § 44 bnatschg gilt jedoch unabhängig vom planungsstatus eines grundstücks. schon aufgrund dieser zusammenhänge ist auch nichts greifbares dafür ersichtlich, dass die antragstellerin zu 1. infolge der teilaufhebung, die unmittelbar allein dazu führt, dass die fläche wieder dem außenbereich zugehört, mit weitergehenden, ihren betrieb einschränkenden auflagen zu rechnen hätte, als dies schon bisher – wie sich etwa bei der ihr erteilten baugenehmigung vom 20. september 2011 gezeigt hat - der fall gewesen ist. diese knüpften auch allenfalls an das tatsächliche vorkommen streng geschützter arten, nicht an die naturschutzrechtliche qualifikation der fläche selbst, an. dass solche im t4. vorkommen, stellt aber auch die antragstellerin zu 1. nicht in frage. für diese tiere ist indes der planungsrechtliche status des gebietes irrelevant, sie haben sich dort in den letzten 45 jahren auch trotz der ausweisung als j. und der benachbarten nutzungen hier angesiedelt oder sind dem standort treu geblieben. 43lediglich klarstellend weist der senat mit blick auf den vortrag der vertreter der antragstellerinnen in der mündlichen verhandlung darauf hin, dass mit diesem befund nichts darüber ausgesagt ist, ob das von der antragstellerin offenbar geplante hochregallager auf dem grundstück h.-----------straße 140 genehmigungsfähig ist oder ob ihm etwa § 44 bnatschg wegen des benachbarten t1. und seiner biotopstrukturen entgegensteht. wie gesagt, sind dessen anforderungen unabhängig davon zu beachten, welchen planungsrechtlichen status diese fläche hat. die bei jedweder baulichen entwicklung zu beachtenden naturschutzrechtlichen einschränkungen bleiben vielmehr uneingeschränkt bestehen, sie sind lediglich nicht planbedingt. gleiches gilt für den in den raum gestellten möglichen teilwiderruf der bestehenden immissionsschutzrechtlichen genehmigungen. auch dieser könnte hier allenfalls an die tatsächlichen biotopstrukturen anknüpfen, nicht an den formalen gebietsstatus. 44ohne in der realität gründende umstände befürchtet die antragstellerin zu 1. betriebliche erschwernisse durch einen „naturtourismus“. abgesehen davon, dass von einer (erheblichen) beeinträchtigung der auskömmlichen erschließung selbst unter zugrundelegung ihres vortrags nicht einmal ansatzweise die rede sein dürfte und sich ein etwaiger naturtourismus kaum an der formalen bauplanungsrechtlichen gebietsausweisung ausrichten dürfte - die „touristen“ kommen ja nicht deswegen nicht, weil die fläche als j. festgesetzt ist oder strömen „in massen“, weil es sich nunmehr um eine außenbereichsfläche i. s. v. § 35 baugb handelt -, hat die antragsgegnerin unwidersprochen – und zutreffend – darauf hingewiesen, dass die fläche (weiterhin) nicht betreten werden darf. warum also naturliebhaber in größerer zahl einen ausflug hierhin machen sollten, erschließt sich nicht, zumal auch die ausweisung als naturschutzgebiet bereits im jahr 1995 dies offenbar nicht bewirkt hat. 45nach vorstehendem fehlt es hier zudem an einem rechtsschutzbedürfnis der antragstellerinnen. sie stellen sich durch die unwirksamkeit der teilaufhebung nicht besser, weil die antragsgegnerin als grundstückseigentümerin einen verkauf generell und insbesondere an eine der antragstellerinnen unabhängig vom ausgang des normenkontrollverfahrens nunmehr auch durch ratsbeschluss vor beginn des hiesigen aufhebungsverfahrens ausgeschlossen hat, nachdem es den antragstellerinnen auch zuvor trotz jahrzehntelangen intensiven bemühungen nicht gelungen war, eigentum von der antragsgegnerin zu erwerben. auch im übrigen steht – wie ausgeführt - nicht zu erwarten, dass die nutzung dieser flächen und/oder diejenigen der antragstellerinnen sich durch den ausgang des verfahrens verändern könnte. 46ii. vor diesem hintergrund ist der normenkontrollantrag aber jedenfalls unbegründet. 47a) die aufhebungsentscheidung leidet an keinen formellen mängeln, die zu ihrer unwirksamkeit führen könnten. solche haben die antragstellerinnen nicht (fristgerecht) gerügt, ohne rüge beachtliche fehler sind nicht ersichtlich. 48b) die teilaufhebung erweist sich auch nicht als - durchgreifend - materiell fehlerhaft. sie ist städtebaulich erforderlich (dazu unter aa) und leidet nicht an beachtlichen abwägungsfehlern (dazu unter bb). 49aa) die teilaufhebung ist im sinne von § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich erforderlich. 50was im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen konzeption der gemeinde. welche städtebaulichen ziele die gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen ermessen. der gesetzgeber ermächtigt sie, die „städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen ordnungsvorstellungen entspricht. nicht erforderlich im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb sind in aller regel nur solche bauleitpläne, die einer positiven planungskonzeption entbehren und ersichtlich der förderung von zielen dienen, für deren verwirklichung die planungsinstrumente des baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. § 1 abs. 3 satz 1 baugb ist ferner verletzt, wenn ein bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder rechtsgründen auf dauer oder auf unabsehbare zeit der vollzugsfähigkeit entbehrt, die aufgabe der verbindlichen bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. in dieser auslegung setzt § 1 abs. 3 satz 1 baugb der bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende schranke, die nur grobe und einigermaßen offensichtliche missgriffe ausschließt. sie betrifft die generelle erforderlichkeit der planung, nicht hingegen die einzelheiten einer konkreten planerischen lösung. dafür ist das abwägungsgebot maßgeblich, das im hinblick auf gerichtliche kontrolldichte, fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende erkenntnisquellen abweichenden maßstäben unterliegt. deswegen kann die abgewogenheit einer bauleitplanung und ihrer festsetzungen nicht bereits zum maßstab für deren städtebauliche erforderlichkeit gemacht werden. 51vgl. bverwg, urteile vom 27. märz 2013 - 4 c 13.11 -, baur 2013, 1399 = juris rn. 9, und vom 27. märz 2013 - 4 cn 6.11 -, baur 2013, 1402 = juris rn. 9, beschluss vom 11. mai 1999 - 4 bn 15.99 -, brs 62 nr. 19 = juris rn. 4. 52gemessen daran ist die angegriffene teilaufhebung dem grunde nach städtebaulich gerechtfertigt. die antragsgegnerin verfolgt mit ihr die angesichts der tatsächlichen örtlichen verhältnisse jedenfalls nicht fernliegende absicht, die bauplanerischen festsetzungen an die bestehende und von ihr als grundstückseigentümerin auch zukünftig gewünschte nutzung anzupassen und deshalb die überplanung des bereichs aus den in § 1 abs. 6 nr. 7 baugb aufgeführten belange zurückzunehmen. was hieran auch nur in die nähe eines planerischen missgriffs rücken sollte, erschließt sich nicht. dass ein j. nicht an die grenze zum außenbereich geplant werden dürfte, ist auch abgesehen von den jedenfalls berücksichtigungsfähigen konkreten örtlichen verhältnissen auch bei einer generalisierenden betrachtung nicht zu erkennen. im übrigen zeichnet die planung hier allerdings auch nur eine tatsächliche entwicklung nach und bewirkt keine „neue“ städtebauliche situation. 53bb) vor diesem hintergrund weist die angegriffene teilaufhebung auch keine durchgreifenden abwägungsmängel auf. 54§ 1 abs. 7 baugb verlangt bei der aufstellung wie bei der (teil-)aufhebung eines bebauungsplans die gerechte abwägung der öffentlichen und privaten belange gegen- und untereinander. die gerichtliche kontrolle dieser von der gemeinde vorzunehmenden abwägung hat sich darauf zu beschränken, ob in die abwägung an belangen eingestellt worden ist, was nach lage der dinge eingestellt werden musste, ob die bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten belange richtig erkannt worden ist und ob der ausgleich zwischen den von der planung berührten öffentlichen und privaten belangen in einer weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven gewichtigkeit in einem angemessenen verhältnis steht. hat die gemeinde diese anforderungen an ihre planungstätigkeit beachtet, wird das abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der abwägung der verschiedenen belange dem einen den vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die zurückstellung eines anderen entscheidet. 55vgl. grundlegend: bverwg, urteile vom 12. dezember 1969 - 4 c 105.66 -, bverwge 34, 301 ff. = juris rn. 29, und vom 5. juli 1974 ‑ 4 c 50.72 ‑, bverwge 45, 309 ff. = juris rn. 45. 56wird ein bebauungsplan – hier im wege einer teilaufhebung - geändert, so ist zudem ein etwaiges interesse an der beibehaltung des bisherigen zustandes abwägungserheblich. zwar gewährt das baugesetzbuch keinen anspruch auf den fortbestand eines bebauungsplans. änderungen des bebauungsplans sind nicht ausgeschlossen. die planbetroffenen besitzen jedoch ggf. ein schutzwürdiges vertrauen darauf, dass die ortsrechtlichen festsetzungen des plans nicht ohne berücksichtigung ihrer belange geändert werden. nimmt der plangeber veränderungen bestehender festsetzungen vor, muss er sich im klaren darüber sein, dass er damit möglicherweise in das ursprüngliche planerische konzept eingreift, und es bedarf ggf. besonderer überlegungen, ob diese änderungen sachgerecht sind. greift der änderungsplan zudem in ein bestehendes recht zur bebauung ein, bedarf es besonderer sorgfalt bei der abwägung. denn der normativen entziehung oder beschränkung desselben kommt erhebliches gewicht zu, das sich im rahmen der abwägung auswirken muss. beim erlass wie bei der änderung eines bebauungsplans muss im rahmen der planerischen abwägung das private interesse am erhalt bestehender baulicher nutzungsrechte mit dem öffentlichen interesse an der gewollten städtebaulichen neuordnung des plangebiets abgewogen werden. 57vgl. bverfg, beschluss vom 19. dezember 2002 ‑ 1 bvr 1402/01 ‑, brs 65 nr. 6 = juris rn. 18; ovg nrw, urteil vom 18. mai 2010 - 10 d 92/08.ne -, juris rn. 40; kuschnerus, der sachgerechte bebauungsplan, 4. aufl. 2010, rn. 372 ff. 58diesen anforderungen ist die antragsgegnerin hier gerecht geworden, namentlich sind ihr die von den antragstellerinnen gerügten abwägungsfehler nicht unterlaufen. insbesondere hat sie erkannt und ihrer planung gerade zugrunde gelegt, dass sich die im landschaftsplan c. -t2. seit immerhin mehr als 20 jahren enthaltene ausweisung eines naturschutzgebietes „t4. “ nicht mit den festsetzungen des bebauungsplans nr. i/st. 24 vereinbaren lässt. sie hat diese seit 2011 bekannten rechtlichen zusammenhänge mithin entgegen der annahme der antragstellerinnen nicht verkannt, sondern erkennbar lediglich auf den sich aus den tatsächlichen verhältnissen, die in der für sich genommen den naturschutzrechtlichen anforderungen entsprechenden ausweisung als naturschutzgebiet manifestiert hat, resultierenden widerspruch zu den bauplanungsrechtlichen festsetzungen abgestellt. dass sie diesen konflikt im sinne des naturschutzrechtes aufgelöst hat oder zumindest die voraussetzungen hierfür schaffen will – ggf. mag hier ein erneutes unterschutzstellungsverfahren erforderlich sein -, ist weder für sich genommen noch in der hier erfolgten form abwägungsfehlerhaft. dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bereits nach § 42a abs. 2 lg nrw a. f. die untere landschaftsbehörde – hier die antragsgegnerin – die möglichkeit gehabt hätte, im geltungsbereich des bebauungsplans nr. i/st 24 per ordnungsbehördlicher verordnung ein naturschutzgebiet festzusetzen und § 23 bnatschg sich nicht (mehr) auf den planungsrechtlichen außenbereich beschränkt und der flächennutzungsplan der antragsgegnerin einer entsprechenden ausweisung nicht (mehr) entgegensteht. 59jenseits dessen war die antragsgegnerin nicht verpflichtet, an der industriegebietsausweisung festzuhalten – im gegenteil dürfte diese angesichts der unbestrittenen ökologischen werthaltigkeit der flächen heute kaum mehr möglich sein. ein „planungsverbot“ aufgrund einer vor mehr als 40 jahren getroffenen bauleitplanerischen entscheidung ist dann aber nicht begründbar – selbst in dem hier nicht vorliegenden fall einer planänderung gegen den willen des eigentümers könnte eine änderung einer über einen solch langen zeitraum nicht genutzten festsetzung ohne weiteres abwägungsgerecht erfolgen. 60vgl. dazu ovg nrw, urteil vom 26. märz 2021 – 2 d 65/19.ne -, baur 2021, 1560 = juris rn. 42 ff., 51 f. 61angesichts dessen bewegt sich die antragsgegnerin zugleich unzweifelhaft im rahmen ihres planerischen abwägungsspielraums, wenn sie in anbetracht der konkreten gegebenheiten den belangen des § 1 abs. 6 nr. 7 baugb (belange des umweltschutzes) vorrang gegenüber denjenigen des § 1 abs. 6 nr. 8 baugb (belange der wirtschaft) einräumt. 62inwieweit sich aus den von den antragstellerinnen zitierten regelungen des naturschutzrechtes anhaltspunkte für eine fehlende oder fehlerhafte berücksichtigung ihrer belange ergeben sollten, erschließt sich im weiteren nicht. insbesondere § 18 bnatschg schützt den potentiellen verursacher einer beeinträchtigung von natur und landschaft nicht, sondern dient ausschließlich dem schutz der natur im rahmen von durch eine bauleitplanung ermöglichten eingriffen. dass solche hier durch die teilaufhebung nicht begründet, sondern gerade verhindert werden, hat die antragsgegnerin zutreffend erkannt. solche eingriffe sind aufgrund der planung also nicht (mehr) zu erwarten – in diesem sinne dient die teilaufhebung also gerade der von § 18 bnatschg vorrangig geforderten vermeidung von eingriffen in natur und landschaft. lediglich klarstellend ist in diesem kontext erneut darauf hinzuweisen, dass die regelung nicht an formale schutzkategorien anknüpft und damit nicht von einer wirksamen ausweisung eines naturschutzgebietes abhängt. dies gilt gleichermaßen für die sonstigen vorschriften des früheren landschaftsgesetzes. 63die von den antragstellerinnen angesprochenen vorschriften des bundesnaturschutzgesetzes, die mit ausnahme des § 15 bnatschg ebenfalls gleichermaßen für den außen- wie für den innenbereich gelten, zeigen im gegenteil lediglich, dass in den tatsächlichen gegebenheiten eine abwägungsgerechte planung mit dem vor etwa 45 jahren festgesetzten ergebnis kaum mehr möglich wäre. auf diesen befund durfte die antragsgegnerin reagieren, wenn sie hierzu nicht im sinne des fördergebotes des § 2 bnatschg und unter beachtung des unionsrechtlichen schutzregimes insbesondere für die hier (auch) in rede stehenden vogelarten sogar gehalten war. 64die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1, 159 satz 1 vwgo, § 100 zpo. 65die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 66die revision ist nicht zuzulassen, da keiner der gründe des § 132 abs. 2 vwgo vorliegt. |
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} | 6 K 5246/19 | 2021-11-15T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung I. , G. …, G1. … (X.----straße 00.00.00) in Lünen. Dieses Grundstück ist Teil einer ehemaligen Bergarbeitersiedlung in M. -I. . Auf dem Grundstück steht das vordere linke Viertel eines für die Siedlung typischen Wohngebäudes mit Kreuzgrundriss auf. Weitere Einzelheiten zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt: 3An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze. 4Für die Siedlung gelten der Bebauungsplan Nr. … „I. /R.---straße “ von März 2017 und die Satzung der Stadt M. über örtliche Bauvorschriften zur äußeren Gestaltung im Bereich der Bergarbeitersiedlung in M. -I. /R.---straße vom 8. März 2017. Diese Gestaltungssatzung enthält folgende Präambel: 5„Die Bergarbeitersiedlung in M. -I. ist ein Beispiel für den Anfang des 20. Jahrhunderts geprägten Arbeiterwohnungsbau. Weitgehend unverändert zeigt sie die damalige Bauauffassung vom Arbeiterhaus und von der Arbeiterwohnsiedlung. Bei aller Vielfalt in der äußeren Erscheinung der Siedlung wurde durch die Gleichartigkeit bestimmter prägender Gestaltungsmerkmale gestalterische Geschlossenheit erreicht. Diese Geschlossenheit – das Gegenteil wäre das ungeordnete Nebeneinander aller heutigen Gestaltungsmöglichkeiten – wird, wenn auch oft unbewusst, als wohltuend empfunden. Verbindliche Gestaltungsanforderungen sollen den positiven Eindruck der Siedlung auch in Zukunft sichern. Dennoch sollen die gestalterischen Vorschriften dieser Satzung den Bedürfnissen der Anwohner nach angemessener und zeitgemäßer Wohnqualität nicht entgegenstehen.“ 6Ferner enthält die Satzung unter anderem die folgenden Regelungen: 7„§ 3 Gestaltungsgrundsätze 8Mit der Gestaltungssatzung soll das charakteristische Ortsbild der Siedlung bewahrt und die äußere Gestaltung der baulichen Anlagen und der Freiflächen geregelt werden. Bei baulichen Veränderungen, Erweiterungen und Neubauten ist bei der äußeren Gestaltung, im Hinblick auf Form, Maßstab, Gliederung, Material und Farbe, die Eigenart des Ortsbildes zu berücksichtigen. Sie haben sich damit in die ihre Umgebung prägende Bebauung einzufügen. In Ausnahmefällen kann von den folgenden Bestimmungen abgewichen werden, wenn die Notwendigkeit fachlich nachgewiesen und begründet wird.“ 9„§ 6 Fassaden 10111. Fassadenmaterialien und -farben sind für die Häuser mit 4 Wohneinheiten in Kreuzgrundrissform, die Mehrfamilienhäuser, die jeweils zu einer Hausgruppe zusammengefassten Reihenhaustypen und die Doppelhäuser mit dem Ziel einer einheitlichen Erscheinung zu wählen. 122. Als Materialien für Putzflächen an Fassaden der Gebäude sind ausschließlich Spritz-, Reib- und Kratzputz mit nicht glänzenden Zuschlägen zulässig. Hiervon abweichende Materialien, die den vorgenannten jedoch in Struktur und Farbe entsprechen müssen, können ausnahmsweise zugelassen werden. Für Sockel und Laibungen der Gebäude kann Buntsteinputz in grauen Farbtönen zugelassen werden. 133. Die Verklinkerung verputzter Fassaden und das Verputzen von gemauerten und verklinkerten Fassaden oder Bauteilen sind ausgeschlossen. Das gilt nicht für die im Ursprung vorhandenen verklinkerten Bauteile wie Sockel und Bänder sowie für die Häuser in komplett vorhandener Backsteinausführung. Eine Verklinkerung in ziegelroter Farbe ist hier zulässig. 144. […]“ 15„§ 11 Farben 16171. Für den gesamten Baukörper sind für die gleichen Bauteile bzw. Gebäudeteile die gleichen Farben zu wählen. 182. Für Fassaden in Putz sind Farben aus folgender Auswahl zu verwenden: […]“ 19„§ 14 Energetische Maßnahmen 20211. Die Anbringung von Wärmedämmverbundsystemen an den bestehenden Gebäuden ist unzulässig. An den bestehenden Anbauten der Gebäude (ehemalige Ställe an den Gebäuden mit Kreuzgrundriss) können sie ausnahmsweise zugelassen werden. 222. Vor der Durchführung energetischer Maßnahmen wird dringend zu einer Fachberatung geraten (Z. B. Architekt, Sachverständiger, Energieberater).“ 23„§ 15 Genehmigungspflicht und Ordnungswidrigkeiten 24251. Über die sonstige Genehmigungspflicht der BauO NRW hinaus sind gemäß § 65 Abs. 2 Nr. 2 BauO NRW Änderungen der äußeren Gestaltung durch Anstrich, Verputz, Verfugung, Außenwandbekleidung und Verblendung, Dacheindeckung und durch Austausch von Fenstern oder Türen genehmigungspflichtig. Für diese Maßnahmen sind Bauanträge zu stellen. Eine ansonsten bestehende Genehmigungsfreiheit entbindet gem. § 65 Abs. 4 BauO NRW nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen die in dieser Satzung enthalten sind 262. […]“ 27Die Begründung der Gestaltungssatzung enthält unter anderem folgende Passage: 28„Von hoher Bedeutung für die Fassadengestaltung sind die Anforderungen, die sich aus den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) ergeben. Demnach sind Änderungen von Außenbauteilen an bestehenden Gebäuden so auszuführen, dass die Wärmedurchgangskoeffizienten bestimmte festgelegte Höchstwerte nicht überschreiten. Um dem zu entsprechen, werden in der Regel bestehende Fassaden mit Wärmedämmverbundsystemen bestückt, die oftmals Stärken von 12 bis 16 cm aufweisen. Dies geht einher mit Veränderungen der kleinteiligen Gliederung der Fassaden, indem Sockel oder andere Gestaltungselemente aus Ziegeln einfach mit verkleidet werden. Zudem werden die Proportionen, insbesondere im Bereich der Fenster, verändert. Letztendlich, so zeigen es Beispiele, ist die ursprüngliche Bau- und Materialausführung kaum noch erkennbar. […]In der Siedlung gibt es 71 Gebäude, die auf einem Kreuzgrundriss basieren. Von den insgesamt 284 Hausvierteln sind nach derzeitigen Erhebungen an 16 Hausvierteln und an 13 Stallanbauten Fassadendämmungen vorgenommen worden. Nur 15 davon liegen an den Straßen zugewandten Seiten. Somit sind bisher nur an einem deutlich untergeordneten Anteil der GebäudeDämmmaßnahmen vorgenommen worden, die sich noch nicht erheblich auf das Erscheinungsbild der gesamten Siedlung auswirken.Um zu vermeiden, dass zukünftig die ursprüngliche Bauausführung und der Wechsel der Details von Ziegel und Putzmustern an den Gebäuden immer weniger erkennbar wird, soll die Verwendung von Wärmedämmverbundsystemen zukünftig ausgeschlossen werden. In § 24 der EnEV ist geregelt, dass bei Baudenkmälern oder sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz von den Anforderungen dieser Verordnung abgewichen werden kann, wenn sie zu Beeinträchtigungen der Substanz oder des Erscheinungsbildes führen. […] Die Sicherung und der Erhalt der vorhandenen Bausubstanz und damit die gestalterische Geschlossenheit der gesamten Siedlung werden in diesem Fall höher gewichtet als das Bestreben, einzelne Gebäude im Sinne des Energieeinsparrechts mit außenseitigen Dämmungen zu versehen. […]An den bestehenden Anbauten der Gebäude mit Kreuzgrundriss (ehemalige Ställe) werden WDVS ausnahmsweise zu gelassen. Diese Vorgehensweise wird gewählt, da die ehemaligen Stallanbauten heute vielfach als Küche oder Bad genutzt werden und das Mauerwerk nur eine Stärke von 26 cm und tlw. 12 cm an den Stirnwänden aufweist. Die Hauptgebäude wurden hingegen mit einem Mauerwerk von 39 cm errichtet (entnommen aus Grundrissplänen). Darüber hinaus sind die Anbauten gegenüber dem Hauptgebäude leicht versetzt und weisen oft eine weniger gegliederte Fassade auf, sodass hier WDVS situationsabhängig nicht so negative Wirkungen entfalten.“ 29Nachdem sie im März 2019 Eigentümer des Grundstücks geworden waren, stellten die Kläger im Juli 2019 einen Bauantrag für die „Änderung der äußeren Gestaltung: Fassadenanstrich RAL 1015, Sockelanstrich 7001, Anbringung von Wärmedämmung am Anbau“. Das Gebäude war zu diesem Zeitpunkt mit einem schadhaften bräunlichen Putz versehen. 30Unter dem 12. August 2019 wurde die Baugenehmigung antragsgemäß erteilt. Der Bescheid enthält unter anderem die folgenden Hinweise: 31„2. Die Satzung der Stadt M. über örtliche Bauvorschriften zur äußeren Gestaltung von Anlagen im Bereich der Bergarbeitersiedlung in M. - I. /R.---straße vom 08.03.2017 „Gestaltungssatzung“ ist Bestandteil der Baugenehmigung. 32333. Folgende Arbeiten werden als Änderung der äußeren Gestaltung gemäß der Gestaltungssatzung für die Bergarbeitersiedlung in M. I. / R.---straße genehmigt:- Fassadenanstrich RAL1015 gemäß § 11 Abs. 2 Spritzputz gemäß § 6 Abs. 2- Sockelanstrich RAL 7001 gemäß § 11 Abs. 2 Spritzputz gemäß § 6 Abs. 2- Der Anbau (ehemaliger Stall) wird gedämmt gemäß § 14 Abs. 1“ 34Bei einer Baukontrolle am 30. Oktober 2019 stellten Mitarbeiter der Beklagten fest, dass nicht nur auf den Wänden des Anbaus, sondern auch auf der Außenwand des Hauptgebäudes Polystyrolplatten angebracht worden waren und die Fassade sodann verputzt worden war. Die Platten am Hauptgebäude wiesen eine Stärke von 60 mm auf. Die Arbeiten wurden durch mündliche Anordnung stillgelegt und eine entsprechende schriftliche Ordnungsverfügung angekündigt. 35Mit Ordnungsverfügung vom 31. Oktober 2019 – zugestellt am 2. November 2019 – gab die Beklagte den Klägern unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung von Zwangsgeld auf, die Arbeiten an der Fassade sofort einzustellen, bis spätestens zum 30. November 2019 die angebrachte Wärmedämmung an der Hausfassade („bis auf den Anbau“) zu beseitigen, das aus Glasbausteinen bestehende Giebelfenster des Hauses wiederherzustellen und sofort die notwendige Absturzsicherung am Kellerabgang anzubringen. Zugleich wurde eine Verwaltungsgebühr von 250,- € festgesetzt. Zur Begründung der Stilllegungs- sowie der Beseitigungsforderung führte die Beklagte aus, die betreffenden Maßnahmen seien nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig, da die Anbringung einer Wärmedämmung gegen die Gestaltungssatzung verstoße. 36Bei einer Kontrolle am 27. November 2019 stellten Mitarbeiter der Beklagten fest, dass die Absturzsicherung ordnungsgemäß angebracht, die Wärmedämmung hingegen nicht beseitigt worden war. 37Am 2. Dezember 2019 haben die Kläger Klage erhoben. 38Zur Begründung führen sie aus: Die Gestaltungssatzung sei rechtswidrig, weil gesetzlich vorgeschriebene Anforderungen an die Energieeinsparung missachtet würden. Es handele sich zudem bei den aufgebrachten Polystyrolplatten nicht um eine Wärmedämmung. Eine Stärke von 6 cm sei dafür viel zu gering. Es sei vielmehr um die Sicherung und den Ausgleich der abbröckelnden Fassade gegangen. Die mit den Arbeiten beauftragten Mitarbeiter der „Arbeitsloseninitiative M. “ hätten entschieden, auf diese Weise das Problem der schadhaften Außenwand anzugehen. Entsprechende Fassaden seien im Übrigen in der Siedlung bereits vorhanden. 39Die Kläger beantragen, 40die Ordnungsverfügung und den Gebührenbescheid vom 31. Oktober 2019 aufzuheben. 41Die Beklagte beantragt, 42die Klage abzuweisen. 43Sie ist der Meinung, bei den Polystyrolplatten handele es sich um Wärmedämmung und nicht um bloße „Ausgleichsplatten für eine bröckelnde Fassade“. Im Rahmen von Produktinformationen würden derartige Platten mit einer Stärke von 6 cm regelmäßig als Wärmedämmmaterial bezeichnet. Im Übrigen hätte man den alten Putz, wenn er schadhaft war, herunterschlagen und die Wand neu verputzen können. Alternativ hätte man eine dünne Netzstruktur o.ä. verwenden können. Wenn ein mehrschichtiger Aufbau an einer Fassade hergestellt werde, bei dem auf die Oberfläche zunächst eine Dämmschicht und dann Armierung, Putz und Farbe aufgebracht werden, handele es sich um ein Wärmedämmverbundsystem. Dies werde durch Ausführungen in der DIN 55699 bestätigt. 44Ein zugehöriges Eilverfahren (6 L 1917/19) ist durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet worden, nachdem die Beklagte die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung hinsichtlich des Beseitigungsverlangens aufgehoben hat. 45Der Berichterstatter der Kammer hat am 17. Mai 2021 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen. 46Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 47Entscheidungsgründe: 48Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 49Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 31. Oktober 2019 ist, soweit sie Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (die Regelung zu Ziffer 4. war bei Klageeingang bereits erledigt und ist von der Klage nicht erfasst), rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 501. 51Soweit mit ihr die Einstellung der Bauarbeiten angeordnet worden ist, findet die Ordnungsverfügung ihre Rechtsgrundlage in § 58 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 81 Abs. 1 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018). 52Die Ordnungsverfügung leidet nicht an Form- oder Verfahrensfehlern. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) NRW vor, dem zufolge dem Adressaten eines belastenden Verwaltungsakts vor dessen Erlass Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss. Denn die Stilllegungsverfügung ist mündlich bereits im Rahmen der Baukontrolle vom 30. Oktober 2019 ausgesprochen worden. Im Rahmen dieser Baukontrolle dürften die Kläger Gelegenheit gehabt haben, zu dem Sachverhalt Stellung zu nehmen. Andernfalls haben jedenfalls die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG NRW vorgelegen; von der Anhörung durfte wegen der Notwendigkeit, die Bauarbeiten sofort zu unterbrechen, abgesehen werden. 53Die Baueinstellungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 58 Abs. 2 S. 2 BauO NRW 2018 haben die Bauaufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Aufgabe, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung, der Nutzungsänderung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Nach § 81 Abs. 1 BauO NRW 2018 kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden, die Einstellung der Arbeiten anordnen. Gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 2 a) BauO NRW 2018 gilt dies auch, wenn bei der Ausführung eines genehmigungsbedürftigen Bauvorhabens von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wird. 54Ob die von den Klägern durchgeführten Arbeiten an der Fassade formell unzulässig waren, weil es an einer die Änderungen zutreffend erfassenden Baugenehmigung fehlt, lässt die Kammer im Ergebnis offen. Nach Auffassung der Beklagten bedurfte die Änderung der Fassade gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung über örtliche Bauvorschriften zur äußeren Gestaltung im Bereich der Bergarbeitersiedlung in M. -I. /R.---straße vom 8. März 2017 (im Folgenden: Gestaltungssatzung 2017) der Baugenehmigung. Allerdings ist der in dieser Satzungsvorschrift zitierte § 65 Abs. 2 Nr. 2 Bauordnung NRW 2000 mit Ablauf des 31. Dezember 2018 außer Kraft getreten. Dies ist vor allem deshalb nicht unproblematisch, weil der Gemeinde nicht ohne weiteres die Befugnis zusteht, durch Satzung in Abweichung von den Vorschriften der Landesbauordnung Genehmigungserfordernisse zu statuieren. 55Vgl. dazu nur VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22. März 2012 - 5 K 1650/10 -, juris (Rn. 41); Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Kommentar, § 86 BauO NRW 2000 Rn. 42. 56Ob der seit dem 1. Januar 2019 geltende § 62 Abs. 1 Nr. 11 lit. d) BauO NRW 2018 mit seinem letzten Halbsatz die Möglichkeit eröffnet, ein Genehmigungserfordernis durch Satzung nach § 89 BauO NRW 2018 einzuführen oder ob dieser Halbsatz nur klarstellen soll, dass die materiellrechtlichen Anforderungen einer entsprechenden Satzung zu beachten sind, lässt sich weder dem Wortlaut der Norm noch der Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs der Landesregierung eindeutig entnehmen. Die Kammer braucht dies indes nicht zu entscheiden. Denn die Ordnungsverfügung ist ausweislich ihrer Begründung in erster Linie auf den Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Gestaltungssatzung 2017, also auf die materiellrechtliche Rechtswidrigkeit der Baumaßnahme gestützt. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung dementsprechend bekräftigt, dass die Ordnungsverfügung auch ohne den Verstoß gegen das formelle Baurecht erlassen worden wäre. Ein etwaiger, in der Annahme einer nicht bestehenden Genehmigungspflicht liegender Fehler bei der Ausübung des behördlichen Ermessens wäre damit geheilt (§ 114 S. 2 VwGO). 57Die vorgenommenen Änderungen an der Fassade sind materiell rechtswidrig, weil sie gegen § 14 Abs. 1 S. 1 der Gestaltungssatzung 2017 verstoßen. Danach ist die Anbringung von Wärmedämmverbundsystemen an den bestehenden Gebäuden unzulässig. 58Gegen die Wirksamkeit dieser Satzungsregelung bestehen im Ergebnis keine Bedenken. Sie ist insbesondere mit den bundesrechtlichen Vorgaben zur Energieeinsparung vereinbar. Zwar enthielt die bei Erlass der Satzung noch geltende Energieeinsparverordnung (EnEV) Vorgaben zur energetischen Ertüchtigung von Gebäuden, die insbesondere auch bei Änderungen bestehender Gebäude einzuhalten waren. Nach § 24 Abs. 1 EnEV konnte aber bei Baudenkmälern und sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz von den Vorgaben abgewichen werden, wenn die Erfüllung der Anforderungen die Substanz oder das Erscheinungsbild beeinträchtigte. Mit der „sonstigen besonders erhaltenswerten Bausubstanz“ waren gerade auch besonders erhaltenswerte Gebäude im Bereich flächenhafter Schutzausweisungen, etwa durch Gestaltungs- und Erhaltungssatzungen, gemeint. 59So Stock, in: Theobald/Kühling, Energierecht, Stand: April 2021, EnEV § 24 Rn. 14. 60Dass die Gestaltungssatzung 2017 bestimmte Maßnahmen der energetischen Ertüchtigung in ihrem Geltungsbereich für unzulässig erklärt, kann vor diesem Hintergrund nicht als ein Verstoß gegen Bundesrecht angesehen werden. Nach dem Außerkrafttreten der Energieeinsparverordnung findet sich eine wortgleiche Ausnahmeregelung nunmehr in § 105 des Gebäudeenergiegesetzes vom August 2020. 61Bei der von den Klägern an der Fassade des (Haupt-) Hauses angebrachten Verkleidung handelt es sich um ein Wärmedämmverbundsystem im Sinne des § 14 Abs. 1 Gestaltungssatzung 2017. Der Begriff „Wärmedämmverbundsystem“ ist weder in der Gestaltungssatzung selbst noch in anderen Vorschriften des öffentlichen Baurechts konkretisiert oder gar verbindlich definiert. Auch in der DIN 55699 („Anwendung und Verarbeitung von außenseitigen Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS) mit Dämmstoffen aus expandiertem Polystyrol-Hartschaum (EPS) oder Mineralwolle (MW)“) von August 2017 wird der Begriff nicht erläutert, sondern vorausgesetzt. Dasselbe gilt für den einschlägigen Text in Anhang 11 zur Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen. Die „Online-Enzyklopädie“ Wikipedia definiert das Wärmedämmverbundsystem wie folgt: 62„Ein Wärmedämm-Verbundsystem […] ist ein System zum Dämmen von Gebäudeaußenwänden. Der geregelte Aufbau besteht aus der Befestigungsart (geklebt und/oder gedübelt oder einem Schienensystem), einem Dämmstoff, einer Putzträgerschicht (armierter Unterputz) und einer Oberflächenschicht (Oberputz oder Flachverblender). Als Alternative bzw. Konkurrenzmodell gilt u.a. die vorgehängte hinterlüftete Fassade.“ 63Ähnliche Beschreibungen finden sich auf anderen, bautechnikspezifischen Internetseiten. Stets wird der mehrschichtige Aufbau, bestehend aus der Außenwand selbst, der Klebe- bzw. Befestigungsschicht, der eigentlichen Dämmschicht und den (in der Regel mindestens zwei) Putzschichten hervorgehoben. Dass es sich begriffsnotwendig um das aufeinander abgestimmte System eines einzigen Herstellers handeln muss, für das (insgesamt) eine Bauartzulassung erteilt worden ist, die individuelle Zusammenstellung entsprechender Materialien durch den Bauherrn also kein „Wärmedämmverbundsystem“ ergeben kann, lässt sich nicht feststellen. Charakteristisch ist offenbar lediglich eine bestimmte Abfolge von Schichten. Im Rahmen der Anwendung der Gestaltungssatzung 2017 ist daher jede entsprechend aufgebaute Fassadenbekleidung als „Wärmedämmverbundsystem“ zu betrachten. Auch vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Vorschrift, die „Einebnung“ von Fassadenbestandteilen, die Veränderung der Proportionen und das Entstehen von tieferen Fenster- und Türöffnungen zu verhindern, kommt es letztlich entscheidend darauf an, dass auf die Wand ein Verbund von Materialien aufgebracht wird, dessen Kern eine Schicht aus Dämmmaterial ist. 64Bei der von den Klägern hergestellten Fassadenbekleidung liegen die genannten Elemente eines Wärmedämmverbundsystems vor. An der Fassade sind mittels Kleber und Dübeln Polystyrolplatten angebracht worden. Dabei handelt es sich um ein „klassisches“ Dämmmaterial. Dass die Stärke der Platten mit 60 mm unter dem heute üblichen Standard liegt und die inzwischen vorhandenen Ansprüche an eine Wärmedämmung wohl nicht vollständig erfüllt, ändert nichts daran, dass die Platten einen Wärmedämmungseffekt erzeugen. Auch ein unterdimensioniertes Wärmedämmverbundsystem bleibt ein Wärmedämmverbundsystem. Nach Lage der Dinge ist auf den Polystyrolplatten auch eine Unterputzschicht angebracht worden. Die Beklagte hat dazu im Ortstermin erklärt, ohne eine solche Schicht halte der Putz nicht. Schriftsätzlich hat sie später ergänzt, an einigen Stellen könne man auch sehen, dass eine Armierung eingebaut sei. Die Kläger sind dem nicht konkret entgegen getreten. Ein Oberputz ist ebenfalls bereits vorhanden. Insgesamt muss die Fassadenbekleidung somit als Wärmedämmverbundsystem im Sinne der Satzung betrachtet werden. 65Der Vortrag der Kläger, ihre Intention habe gar nicht in der Herstellung einer Dämmung gelegen; vielmehr sei es um den Ausgleich von Unebenheiten und die Sicherung schadhafter Fassadenbestandteile gegangen, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Denn unabhängig von der Frage, ob sich diese Ziele nicht auch auf anderem Wege hätten erreichen lassen, würde eine entsprechende Motivation der Kläger jedenfalls nichts daran ändern, dass durch die Anbringung der beschriebenen Schichten ein Wärmedämmverbundsystem entstanden ist. 66Ermessensfehler der Behörde sind nicht erkennbar. Die Forderung nach einer Einstellung der Arbeiten ist insbesondere nicht unverhältnismäßig. Eine Stilllegungsverfügung ist in aller Regel schon durch das Fehlen der erforderlichen Genehmigung („formelle Illegalität“) gerechtfertigt. Erst recht kann eine Stilllegung erfolgen, wenn die Baumaßnahme – wie hier – materiellrechtliche Vorschriften verletzt. 67Die Inanspruchnahme der Kläger als Verantwortliche begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Die Kläger sind sowohl Eigentümer des Grundstücks als auch Bauherren. 682. 69Soweit in der angefochtenen Ordnungsverfügung die Beseitigung der aufgebrachten Fassadenbekleidung und die Freilegung der Glasbausteine im Giebel gefordert werden, kommt als Ermächtigungsgrundlage nur § 58 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW 2018 in Betracht. Denn hier wird von den Klägern über die bloße Einstellung der Bauarbeiten hinaus die Beseitigung vorhandener Bausubstanz gefordert. Ob die Behörde von der genannten Ermächtigungsgrundlage ausgegangen ist, ist nicht ganz klar. § 82 BauO NRW 2018 wird in der Begründung des Bescheides nicht erwähnt. Selbst wenn die Beklagte auch in Bezug auf diese Anordnungen § 81 BauO NRW 2018 für die einschlägige Ermächtigungsgrundlage gehalten haben sollte, führt dies indes nicht zur (Teil-) Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung. Denn bei der Wahl einer unzutreffenden Ermächtigungsgrundlage ist das Gericht verpflichtet zu prüfen, ob der Bescheid mit Blick auf eine andere Rechtsgrundlage aufrechterhalten werden kann, sofern er dadurch nicht in seinem Wesen verändert wird. 70Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2019 - 2 B 19.18 -, NVwZ-RR 2020, 113 (115), mit weiteren Nachweisen. 71Vorliegend kann die Ordnungsverfügung unproblematisch auf § 82 BauO NRW 2018 gestützt werden. Denn die der Konkretisierung von § 58 Abs. 2 S. 2 BauO NRW dienenden §§ 81 und 82 BauO NRW 2018 stimmen in den tatbestandlichen Voraussetzungen im Wesentlichen überein und verlangen auch eine ähnlich strukturierte Ermessensausübung. Die Beklagte ist bei der Ermessensausübung – wie oben bereits aufgezeigt – von der materiellen Baurechtswidrigkeit der vorgenommenen Änderungen ausgegangen und hat auch erkannt, dass sie in gewissem Umfang die Vernichtung von Bausubstanz fordert. Dass bei der Anwendung von § 82 BauO NRW 2018 noch andere Aspekte in die Entscheidung hätten eingestellt werden müssen, ist nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass auf andere Weise baurechtskonforme Zustände hätten hergestellt werden können. Selbst wenn man indes die Ermessensausübung aufgrund der Heranziehung einer unzutreffenden Ermächtigungsgrundlage für defizitär hielte, wäre im Übrigen auch hier eine Heilung des Mangels (§ 114 S. 2 VwGO) anzunehmen. Denn die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung die Sicht des Gerichts betreffend die einschlägige Ermächtigungsgrundlage bestätigt und bekräftigt, an ihrer Entscheidung festhalten zu wollen. 72Auch in Bezug auf die Regelungen zu Ziffern 2. und 3. leidet die Ordnungsverfügung nicht an durchgreifenden Form- oder Verfahrensfehlern. Allerdings ist eine Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW in Bezug auf diese Regelungen nicht entbehrlich gewesen; vor der Anordnung der Beseitigung musste und konnte den Klägern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Dies ist aber offenbar im Rahmen der Baukontrolle vom 30. Oktober 2019 geschehen. Die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe bereits bei der Ortskontrolle angekündigt, dass ihre Behörde wohl die Beseitigung verlangen würde. Ein etwaiger Anhörungsmangel würde im Übrigen nicht zur (teilweisen) Aufhebung der Ordnungsverfügung führen, weil er durch den Austausch von Vortrag anlässlich des gerichtlichen Verfahrens gemäß § 45 VwVfG NRW geheilt worden wäre. 73Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2010 - 10 B 270/10 - vom 29. Oktober 2010 - 7 B 1293/10 - und vom 1. August 2016 - 7 B 683/16 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. Januar 2011 - 6 L 1209/10 -, juris, 74Materiell-rechtlich begegnet die Beseitigungsverfügung keinen Bedenken. Nach § 82 Abs. 1 BauO NRW 2018 kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung fordern, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Dass die Anbringung der Fassadenbekleidung, bei der auch die Glasbausteine im Giebel verdeckt worden sind, gegen § 14 Abs. 1 Gestaltungssatzung 2017 verstößt, ist oben bereits aufgezeigt worden. Bedenken gegen die Ermessensausübung der Behörde sind nicht erkennbar. Das in der mündlichen Verhandlung noch einmal hervorgehobene Ziel, durch die Beseitigungsanordnung Nachahmungseffekten im Gebiet der Siedlung, in der eine Vielzahl vergleichbarer Gebäude vorhanden ist, entgegenzutreten, ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Die Ordnungsverfügung ist nach alledem auch nicht unverhältnismäßig. 75Dass es in der in Rede stehenden Siedlung bereits Gebäude gibt, an denen eine entsprechende Fassadenbekleidung angebracht worden ist, führt ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung. Die Beklagte hat vor Erlass der Gestaltungssatzung 2017 eine Bestandsaufnahme vorgenommen und festgestellt, dass an 16 von 284 „Hausvierteln“ bereits Wärmedämmung angebracht ist. Auf der Grundlage dieser Erkenntnis hat sie sich in vertretbarer Weise entschlossen, zukünftigen Baumaßnahmen dieser Art entgegenzutreten. Dass nach dem Erlass der Satzung noch entsprechende Vorhaben durchgeführt worden sind, gegen welche die Beklagte trotz Kenntnis nicht eingeschritten ist, haben die Kläger nicht behauptet. 763. 77Die Androhung des Zwangsgeldes findet ihre Grundlage in §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW und ist nach Lage der Dinge nicht zu beanstanden. 78Auch der zugehörige Gebührenbescheid begegnet keinen Bedenken. 79Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 80Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 und 711 Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. den klägern wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die kläger sind eigentümer des grundstücks gemarkung i. , g. …, g1. … (x.----straße 00.00.00) in lünen. dieses grundstück ist teil einer ehemaligen bergarbeitersiedlung in m. -i. . auf dem grundstück steht das vordere linke viertel eines für die siedlung typischen wohngebäudes mit kreuzgrundriss auf. weitere einzelheiten zeigt der nachfolgende kartenausschnitt: 3an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze. 4für die siedlung gelten der bebauungsplan nr. … „i. /r.---straße “ von märz 2017 und die satzung der stadt m. über örtliche bauvorschriften zur äußeren gestaltung im bereich der bergarbeitersiedlung in m. -i. /r.---straße vom 8. märz 2017. diese gestaltungssatzung enthält folgende präambel: 5„die bergarbeitersiedlung in m. -i. ist ein beispiel für den anfang des 20. jahrhunderts geprägten arbeiterwohnungsbau. weitgehend unverändert zeigt sie die damalige bauauffassung vom arbeiterhaus und von der arbeiterwohnsiedlung. bei aller vielfalt in der äußeren erscheinung der siedlung wurde durch die gleichartigkeit bestimmter prägender gestaltungsmerkmale gestalterische geschlossenheit erreicht. diese geschlossenheit – das gegenteil wäre das ungeordnete nebeneinander aller heutigen gestaltungsmöglichkeiten – wird, wenn auch oft unbewusst, als wohltuend empfunden. verbindliche gestaltungsanforderungen sollen den positiven eindruck der siedlung auch in zukunft sichern. dennoch sollen die gestalterischen vorschriften dieser satzung den bedürfnissen der anwohner nach angemessener und zeitgemäßer wohnqualität nicht entgegenstehen.“ 6ferner enthält die satzung unter anderem die folgenden regelungen: 7„§ 3 gestaltungsgrundsätze 8mit der gestaltungssatzung soll das charakteristische ortsbild der siedlung bewahrt und die äußere gestaltung der baulichen anlagen und der freiflächen geregelt werden. bei baulichen veränderungen, erweiterungen und neubauten ist bei der äußeren gestaltung, im hinblick auf form, maßstab, gliederung, material und farbe, die eigenart des ortsbildes zu berücksichtigen. sie haben sich damit in die ihre umgebung prägende bebauung einzufügen. in ausnahmefällen kann von den folgenden bestimmungen abgewichen werden, wenn die notwendigkeit fachlich nachgewiesen und begründet wird.“ 9„§ 6 fassaden 10111. fassadenmaterialien und -farben sind für die häuser mit 4 wohneinheiten in kreuzgrundrissform, die mehrfamilienhäuser, die jeweils zu einer hausgruppe zusammengefassten reihenhaustypen und die doppelhäuser mit dem ziel einer einheitlichen erscheinung zu wählen. 122. als materialien für putzflächen an fassaden der gebäude sind ausschließlich spritz-, reib- und kratzputz mit nicht glänzenden zuschlägen zulässig. hiervon abweichende materialien, die den vorgenannten jedoch in struktur und farbe entsprechen müssen, können ausnahmsweise zugelassen werden. für sockel und laibungen der gebäude kann buntsteinputz in grauen farbtönen zugelassen werden. 133. die verklinkerung verputzter fassaden und das verputzen von gemauerten und verklinkerten fassaden oder bauteilen sind ausgeschlossen. das gilt nicht für die im ursprung vorhandenen verklinkerten bauteile wie sockel und bänder sowie für die häuser in komplett vorhandener backsteinausführung. eine verklinkerung in ziegelroter farbe ist hier zulässig. 144. […]“ 15„§ 11 farben 16171. für den gesamten baukörper sind für die gleichen bauteile bzw. gebäudeteile die gleichen farben zu wählen. 182. für fassaden in putz sind farben aus folgender auswahl zu verwenden: […]“ 19„§ 14 energetische maßnahmen 20211. die anbringung von wärmedämmverbundsystemen an den bestehenden gebäuden ist unzulässig. an den bestehenden anbauten der gebäude (ehemalige ställe an den gebäuden mit kreuzgrundriss) können sie ausnahmsweise zugelassen werden. 222. vor der durchführung energetischer maßnahmen wird dringend zu einer fachberatung geraten (z. b. architekt, sachverständiger, energieberater).“ 23„§ 15 genehmigungspflicht und ordnungswidrigkeiten 24251. über die sonstige genehmigungspflicht der bauo nrw hinaus sind gemäß § 65 abs. 2 nr. 2 bauo nrw änderungen der äußeren gestaltung durch anstrich, verputz, verfugung, außenwandbekleidung und verblendung, dacheindeckung und durch austausch von fenstern oder türen genehmigungspflichtig. für diese maßnahmen sind bauanträge zu stellen. eine ansonsten bestehende genehmigungsfreiheit entbindet gem. § 65 abs. 4 bauo nrw nicht von der verpflichtung zur einhaltung der anforderungen die in dieser satzung enthalten sind 262. […]“ 27die begründung der gestaltungssatzung enthält unter anderem folgende passage: 28„von hoher bedeutung für die fassadengestaltung sind die anforderungen, die sich aus den vorgaben der energieeinsparverordnung (enev) ergeben. demnach sind änderungen von außenbauteilen an bestehenden gebäuden so auszuführen, dass die wärmedurchgangskoeffizienten bestimmte festgelegte höchstwerte nicht überschreiten. um dem zu entsprechen, werden in der regel bestehende fassaden mit wärmedämmverbundsystemen bestückt, die oftmals stärken von 12 bis 16 cm aufweisen. dies geht einher mit veränderungen der kleinteiligen gliederung der fassaden, indem sockel oder andere gestaltungselemente aus ziegeln einfach mit verkleidet werden. zudem werden die proportionen, insbesondere im bereich der fenster, verändert. letztendlich, so zeigen es beispiele, ist die ursprüngliche bau- und materialausführung kaum noch erkennbar. […]in der siedlung gibt es 71 gebäude, die auf einem kreuzgrundriss basieren. von den insgesamt 284 hausvierteln sind nach derzeitigen erhebungen an 16 hausvierteln und an 13 stallanbauten fassadendämmungen vorgenommen worden. nur 15 davon liegen an den straßen zugewandten seiten. somit sind bisher nur an einem deutlich untergeordneten anteil der gebäudedämmmaßnahmen vorgenommen worden, die sich noch nicht erheblich auf das erscheinungsbild der gesamten siedlung auswirken.um zu vermeiden, dass zukünftig die ursprüngliche bauausführung und der wechsel der details von ziegel und putzmustern an den gebäuden immer weniger erkennbar wird, soll die verwendung von wärmedämmverbundsystemen zukünftig ausgeschlossen werden. in § 24 der enev ist geregelt, dass bei baudenkmälern oder sonstiger besonders erhaltenswerter bausubstanz von den anforderungen dieser verordnung abgewichen werden kann, wenn sie zu beeinträchtigungen der substanz oder des erscheinungsbildes führen. […] die sicherung und der erhalt der vorhandenen bausubstanz und damit die gestalterische geschlossenheit der gesamten siedlung werden in diesem fall höher gewichtet als das bestreben, einzelne gebäude im sinne des energieeinsparrechts mit außenseitigen dämmungen zu versehen. […]an den bestehenden anbauten der gebäude mit kreuzgrundriss (ehemalige ställe) werden wdvs ausnahmsweise zu gelassen. diese vorgehensweise wird gewählt, da die ehemaligen stallanbauten heute vielfach als küche oder bad genutzt werden und das mauerwerk nur eine stärke von 26 cm und tlw. 12 cm an den stirnwänden aufweist. die hauptgebäude wurden hingegen mit einem mauerwerk von 39 cm errichtet (entnommen aus grundrissplänen). darüber hinaus sind die anbauten gegenüber dem hauptgebäude leicht versetzt und weisen oft eine weniger gegliederte fassade auf, sodass hier wdvs situationsabhängig nicht so negative wirkungen entfalten.“ 29nachdem sie im märz 2019 eigentümer des grundstücks geworden waren, stellten die kläger im juli 2019 einen bauantrag für die „änderung der äußeren gestaltung: fassadenanstrich ral 1015, sockelanstrich 7001, anbringung von wärmedämmung am anbau“. das gebäude war zu diesem zeitpunkt mit einem schadhaften bräunlichen putz versehen. 30unter dem 12. august 2019 wurde die baugenehmigung antragsgemäß erteilt. der bescheid enthält unter anderem die folgenden hinweise: 31„2. die satzung der stadt m. über örtliche bauvorschriften zur äußeren gestaltung von anlagen im bereich der bergarbeitersiedlung in m. - i. /r.---straße vom 08.03.2017 „gestaltungssatzung“ ist bestandteil der baugenehmigung. 32333. folgende arbeiten werden als änderung der äußeren gestaltung gemäß der gestaltungssatzung für die bergarbeitersiedlung in m. i. / r.---straße genehmigt:- fassadenanstrich ral1015 gemäß § 11 abs. 2 spritzputz gemäß § 6 abs. 2- sockelanstrich ral 7001 gemäß § 11 abs. 2 spritzputz gemäß § 6 abs. 2- der anbau (ehemaliger stall) wird gedämmt gemäß § 14 abs. 1“ 34bei einer baukontrolle am 30. oktober 2019 stellten mitarbeiter der beklagten fest, dass nicht nur auf den wänden des anbaus, sondern auch auf der außenwand des hauptgebäudes polystyrolplatten angebracht worden waren und die fassade sodann verputzt worden war. die platten am hauptgebäude wiesen eine stärke von 60 mm auf. die arbeiten wurden durch mündliche anordnung stillgelegt und eine entsprechende schriftliche ordnungsverfügung angekündigt. 35mit ordnungsverfügung vom 31. oktober 2019 – zugestellt am 2. november 2019 – gab die beklagte den klägern unter anordnung der sofortigen vollziehung und androhung von zwangsgeld auf, die arbeiten an der fassade sofort einzustellen, bis spätestens zum 30. november 2019 die angebrachte wärmedämmung an der hausfassade („bis auf den anbau“) zu beseitigen, das aus glasbausteinen bestehende giebelfenster des hauses wiederherzustellen und sofort die notwendige absturzsicherung am kellerabgang anzubringen. zugleich wurde eine verwaltungsgebühr von 250,- € festgesetzt. zur begründung der stilllegungs- sowie der beseitigungsforderung führte die beklagte aus, die betreffenden maßnahmen seien nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig, da die anbringung einer wärmedämmung gegen die gestaltungssatzung verstoße. 36bei einer kontrolle am 27. november 2019 stellten mitarbeiter der beklagten fest, dass die absturzsicherung ordnungsgemäß angebracht, die wärmedämmung hingegen nicht beseitigt worden war. 37am 2. dezember 2019 haben die kläger klage erhoben. 38zur begründung führen sie aus: die gestaltungssatzung sei rechtswidrig, weil gesetzlich vorgeschriebene anforderungen an die energieeinsparung missachtet würden. es handele sich zudem bei den aufgebrachten polystyrolplatten nicht um eine wärmedämmung. eine stärke von 6 cm sei dafür viel zu gering. es sei vielmehr um die sicherung und den ausgleich der abbröckelnden fassade gegangen. die mit den arbeiten beauftragten mitarbeiter der „arbeitsloseninitiative m. “ hätten entschieden, auf diese weise das problem der schadhaften außenwand anzugehen. entsprechende fassaden seien im übrigen in der siedlung bereits vorhanden. 39die kläger beantragen, 40die ordnungsverfügung und den gebührenbescheid vom 31. oktober 2019 aufzuheben. 41die beklagte beantragt, 42die klage abzuweisen. 43sie ist der meinung, bei den polystyrolplatten handele es sich um wärmedämmung und nicht um bloße „ausgleichsplatten für eine bröckelnde fassade“. im rahmen von produktinformationen würden derartige platten mit einer stärke von 6 cm regelmäßig als wärmedämmmaterial bezeichnet. im übrigen hätte man den alten putz, wenn er schadhaft war, herunterschlagen und die wand neu verputzen können. alternativ hätte man eine dünne netzstruktur o.ä. verwenden können. wenn ein mehrschichtiger aufbau an einer fassade hergestellt werde, bei dem auf die oberfläche zunächst eine dämmschicht und dann armierung, putz und farbe aufgebracht werden, handele es sich um ein wärmedämmverbundsystem. dies werde durch ausführungen in der din 55699 bestätigt. 44ein zugehöriges eilverfahren (6 l 1917/19) ist durch übereinstimmende erledigungserklärungen beendet worden, nachdem die beklagte die sofortige vollziehung der ordnungsverfügung hinsichtlich des beseitigungsverlangens aufgehoben hat. 45der berichterstatter der kammer hat am 17. mai 2021 einen ortstermin durchgeführt. wegen der einzelheiten wird auf das terminsprotokoll bezug genommen. 46wegen der sonstigen einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 47 | 48die klage ist zulässig, aber unbegründet. 49die ordnungsverfügung der beklagten vom 31. oktober 2019 ist, soweit sie gegenstand des vorliegenden verfahrens ist (die regelung zu ziffer 4. war bei klageeingang bereits erledigt und ist von der klage nicht erfasst), rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 501. 51soweit mit ihr die einstellung der bauarbeiten angeordnet worden ist, findet die ordnungsverfügung ihre rechtsgrundlage in § 58 abs. 2 s. 2 i.v.m. § 81 abs. 1 bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw 2018). 52die ordnungsverfügung leidet nicht an form- oder verfahrensfehlern. insbesondere liegt kein verstoß gegen § 28 abs. 1 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) nrw vor, dem zufolge dem adressaten eines belastenden verwaltungsakts vor dessen erlass gelegenheit zur stellungnahme gegeben werden muss. denn die stilllegungsverfügung ist mündlich bereits im rahmen der baukontrolle vom 30. oktober 2019 ausgesprochen worden. im rahmen dieser baukontrolle dürften die kläger gelegenheit gehabt haben, zu dem sachverhalt stellung zu nehmen. andernfalls haben jedenfalls die voraussetzungen des § 28 abs. 2 vwvfg nrw vorgelegen; von der anhörung durfte wegen der notwendigkeit, die bauarbeiten sofort zu unterbrechen, abgesehen werden. 53die baueinstellungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. nach § 58 abs. 2 s. 2 bauo nrw 2018 haben die bauaufsichtsbehörden im rahmen ihrer aufgabe, die einhaltung der öffentlich-rechtlichen vorschriften bei der errichtung, der änderung, dem abbruch, der nutzung, der nutzungsänderung sowie der instandhaltung baulicher anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem ermessen die erforderlichen maßnahmen zu treffen. nach § 81 abs. 1 bauo nrw 2018 kann die bauaufsichtsbehörde, wenn anlagen im widerspruch zu öffentlich-rechtlichen vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden, die einstellung der arbeiten anordnen. gemäß § 81 abs. 2 nr. 2 a) bauo nrw 2018 gilt dies auch, wenn bei der ausführung eines genehmigungsbedürftigen bauvorhabens von den genehmigten bauvorlagen abgewichen wird. 54ob die von den klägern durchgeführten arbeiten an der fassade formell unzulässig waren, weil es an einer die änderungen zutreffend erfassenden baugenehmigung fehlt, lässt die kammer im ergebnis offen. nach auffassung der beklagten bedurfte die änderung der fassade gemäß § 15 abs. 1 der satzung über örtliche bauvorschriften zur äußeren gestaltung im bereich der bergarbeitersiedlung in m. -i. /r.---straße vom 8. märz 2017 (im folgenden: gestaltungssatzung 2017) der baugenehmigung. allerdings ist der in dieser satzungsvorschrift zitierte § 65 abs. 2 nr. 2 bauordnung nrw 2000 mit ablauf des 31. dezember 2018 außer kraft getreten. dies ist vor allem deshalb nicht unproblematisch, weil der gemeinde nicht ohne weiteres die befugnis zusteht, durch satzung in abweichung von den vorschriften der landesbauordnung genehmigungserfordernisse zu statuieren. 55vgl. dazu nur vg gelsenkirchen, urteil vom 22. märz 2012 - 5 k 1650/10 -, juris (rn. 41); boeddinghaus/hahn/schulte, bauo nrw, kommentar, § 86 bauo nrw 2000 rn. 42. 56ob der seit dem 1. januar 2019 geltende § 62 abs. 1 nr. 11 lit. d) bauo nrw 2018 mit seinem letzten halbsatz die möglichkeit eröffnet, ein genehmigungserfordernis durch satzung nach § 89 bauo nrw 2018 einzuführen oder ob dieser halbsatz nur klarstellen soll, dass die materiellrechtlichen anforderungen einer entsprechenden satzung zu beachten sind, lässt sich weder dem wortlaut der norm noch der begründung des zugrunde liegenden gesetzentwurfs der landesregierung eindeutig entnehmen. die kammer braucht dies indes nicht zu entscheiden. denn die ordnungsverfügung ist ausweislich ihrer begründung in erster linie auf den verstoß gegen § 14 abs. 1 gestaltungssatzung 2017, also auf die materiellrechtliche rechtswidrigkeit der baumaßnahme gestützt. die beklagte hat in der mündlichen verhandlung dementsprechend bekräftigt, dass die ordnungsverfügung auch ohne den verstoß gegen das formelle baurecht erlassen worden wäre. ein etwaiger, in der annahme einer nicht bestehenden genehmigungspflicht liegender fehler bei der ausübung des behördlichen ermessens wäre damit geheilt (§ 114 s. 2 vwgo). 57die vorgenommenen änderungen an der fassade sind materiell rechtswidrig, weil sie gegen § 14 abs. 1 s. 1 der gestaltungssatzung 2017 verstoßen. danach ist die anbringung von wärmedämmverbundsystemen an den bestehenden gebäuden unzulässig. 58gegen die wirksamkeit dieser satzungsregelung bestehen im ergebnis keine bedenken. sie ist insbesondere mit den bundesrechtlichen vorgaben zur energieeinsparung vereinbar. zwar enthielt die bei erlass der satzung noch geltende energieeinsparverordnung (enev) vorgaben zur energetischen ertüchtigung von gebäuden, die insbesondere auch bei änderungen bestehender gebäude einzuhalten waren. nach § 24 abs. 1 enev konnte aber bei baudenkmälern und sonstiger besonders erhaltenswerter bausubstanz von den vorgaben abgewichen werden, wenn die erfüllung der anforderungen die substanz oder das erscheinungsbild beeinträchtigte. mit der „sonstigen besonders erhaltenswerten bausubstanz“ waren gerade auch besonders erhaltenswerte gebäude im bereich flächenhafter schutzausweisungen, etwa durch gestaltungs- und erhaltungssatzungen, gemeint. 59so stock, in: theobald/kühling, energierecht, stand: april 2021, enev § 24 rn. 14. 60dass die gestaltungssatzung 2017 bestimmte maßnahmen der energetischen ertüchtigung in ihrem geltungsbereich für unzulässig erklärt, kann vor diesem hintergrund nicht als ein verstoß gegen bundesrecht angesehen werden. nach dem außerkrafttreten der energieeinsparverordnung findet sich eine wortgleiche ausnahmeregelung nunmehr in § 105 des gebäudeenergiegesetzes vom august 2020. 61bei der von den klägern an der fassade des (haupt-) hauses angebrachten verkleidung handelt es sich um ein wärmedämmverbundsystem im sinne des § 14 abs. 1 gestaltungssatzung 2017. der begriff „wärmedämmverbundsystem“ ist weder in der gestaltungssatzung selbst noch in anderen vorschriften des öffentlichen baurechts konkretisiert oder gar verbindlich definiert. auch in der din 55699 („anwendung und verarbeitung von außenseitigen wärmedämm-verbundsystemen (wdvs) mit dämmstoffen aus expandiertem polystyrol-hartschaum (eps) oder mineralwolle (mw)“) von august 2017 wird der begriff nicht erläutert, sondern vorausgesetzt. dasselbe gilt für den einschlägigen text in anhang 11 zur muster-verwaltungsvorschrift technische baubestimmungen. die „online-enzyklopädie“ wikipedia definiert das wärmedämmverbundsystem wie folgt: 62„ein wärmedämm-verbundsystem […] ist ein system zum dämmen von gebäudeaußenwänden. der geregelte aufbau besteht aus der befestigungsart (geklebt und/oder gedübelt oder einem schienensystem), einem dämmstoff, einer putzträgerschicht (armierter unterputz) und einer oberflächenschicht (oberputz oder flachverblender). als alternative bzw. konkurrenzmodell gilt u.a. die vorgehängte hinterlüftete fassade.“ 63ähnliche beschreibungen finden sich auf anderen, bautechnikspezifischen internetseiten. stets wird der mehrschichtige aufbau, bestehend aus der außenwand selbst, der klebe- bzw. befestigungsschicht, der eigentlichen dämmschicht und den (in der regel mindestens zwei) putzschichten hervorgehoben. dass es sich begriffsnotwendig um das aufeinander abgestimmte system eines einzigen herstellers handeln muss, für das (insgesamt) eine bauartzulassung erteilt worden ist, die individuelle zusammenstellung entsprechender materialien durch den bauherrn also kein „wärmedämmverbundsystem“ ergeben kann, lässt sich nicht feststellen. charakteristisch ist offenbar lediglich eine bestimmte abfolge von schichten. im rahmen der anwendung der gestaltungssatzung 2017 ist daher jede entsprechend aufgebaute fassadenbekleidung als „wärmedämmverbundsystem“ zu betrachten. auch vor dem hintergrund der zielsetzung der vorschrift, die „einebnung“ von fassadenbestandteilen, die veränderung der proportionen und das entstehen von tieferen fenster- und türöffnungen zu verhindern, kommt es letztlich entscheidend darauf an, dass auf die wand ein verbund von materialien aufgebracht wird, dessen kern eine schicht aus dämmmaterial ist. 64bei der von den klägern hergestellten fassadenbekleidung liegen die genannten elemente eines wärmedämmverbundsystems vor. an der fassade sind mittels kleber und dübeln polystyrolplatten angebracht worden. dabei handelt es sich um ein „klassisches“ dämmmaterial. dass die stärke der platten mit 60 mm unter dem heute üblichen standard liegt und die inzwischen vorhandenen ansprüche an eine wärmedämmung wohl nicht vollständig erfüllt, ändert nichts daran, dass die platten einen wärmedämmungseffekt erzeugen. auch ein unterdimensioniertes wärmedämmverbundsystem bleibt ein wärmedämmverbundsystem. nach lage der dinge ist auf den polystyrolplatten auch eine unterputzschicht angebracht worden. die beklagte hat dazu im ortstermin erklärt, ohne eine solche schicht halte der putz nicht. schriftsätzlich hat sie später ergänzt, an einigen stellen könne man auch sehen, dass eine armierung eingebaut sei. die kläger sind dem nicht konkret entgegen getreten. ein oberputz ist ebenfalls bereits vorhanden. insgesamt muss die fassadenbekleidung somit als wärmedämmverbundsystem im sinne der satzung betrachtet werden. 65der vortrag der kläger, ihre intention habe gar nicht in der herstellung einer dämmung gelegen; vielmehr sei es um den ausgleich von unebenheiten und die sicherung schadhafter fassadenbestandteile gegangen, vermag an diesem ergebnis nichts zu ändern. denn unabhängig von der frage, ob sich diese ziele nicht auch auf anderem wege hätten erreichen lassen, würde eine entsprechende motivation der kläger jedenfalls nichts daran ändern, dass durch die anbringung der beschriebenen schichten ein wärmedämmverbundsystem entstanden ist. 66ermessensfehler der behörde sind nicht erkennbar. die forderung nach einer einstellung der arbeiten ist insbesondere nicht unverhältnismäßig. eine stilllegungsverfügung ist in aller regel schon durch das fehlen der erforderlichen genehmigung („formelle illegalität“) gerechtfertigt. erst recht kann eine stilllegung erfolgen, wenn die baumaßnahme – wie hier – materiellrechtliche vorschriften verletzt. 67die inanspruchnahme der kläger als verantwortliche begegnet ebenfalls keinen bedenken. die kläger sind sowohl eigentümer des grundstücks als auch bauherren. 682. 69soweit in der angefochtenen ordnungsverfügung die beseitigung der aufgebrachten fassadenbekleidung und die freilegung der glasbausteine im giebel gefordert werden, kommt als ermächtigungsgrundlage nur § 58 abs. 2 s. 2 i.v.m. § 82 abs. 1 s. 1 bauo nrw 2018 in betracht. denn hier wird von den klägern über die bloße einstellung der bauarbeiten hinaus die beseitigung vorhandener bausubstanz gefordert. ob die behörde von der genannten ermächtigungsgrundlage ausgegangen ist, ist nicht ganz klar. § 82 bauo nrw 2018 wird in der begründung des bescheides nicht erwähnt. selbst wenn die beklagte auch in bezug auf diese anordnungen § 81 bauo nrw 2018 für die einschlägige ermächtigungsgrundlage gehalten haben sollte, führt dies indes nicht zur (teil-) rechtswidrigkeit der ordnungsverfügung. denn bei der wahl einer unzutreffenden ermächtigungsgrundlage ist das gericht verpflichtet zu prüfen, ob der bescheid mit blick auf eine andere rechtsgrundlage aufrechterhalten werden kann, sofern er dadurch nicht in seinem wesen verändert wird. 70vgl. nur bverwg, beschluss vom 29. juli 2019 - 2 b 19.18 -, nvwz-rr 2020, 113 (115), mit weiteren nachweisen. 71vorliegend kann die ordnungsverfügung unproblematisch auf § 82 bauo nrw 2018 gestützt werden. denn die der konkretisierung von § 58 abs. 2 s. 2 bauo nrw dienenden §§ 81 und 82 bauo nrw 2018 stimmen in den tatbestandlichen voraussetzungen im wesentlichen überein und verlangen auch eine ähnlich strukturierte ermessensausübung. die beklagte ist bei der ermessensausübung – wie oben bereits aufgezeigt – von der materiellen baurechtswidrigkeit der vorgenommenen änderungen ausgegangen und hat auch erkannt, dass sie in gewissem umfang die vernichtung von bausubstanz fordert. dass bei der anwendung von § 82 bauo nrw 2018 noch andere aspekte in die entscheidung hätten eingestellt werden müssen, ist nicht erkennbar. insbesondere ist nicht ersichtlich, dass auf andere weise baurechtskonforme zustände hätten hergestellt werden können. selbst wenn man indes die ermessensausübung aufgrund der heranziehung einer unzutreffenden ermächtigungsgrundlage für defizitär hielte, wäre im übrigen auch hier eine heilung des mangels (§ 114 s. 2 vwgo) anzunehmen. denn die vertreter der beklagten haben in der mündlichen verhandlung die sicht des gerichts betreffend die einschlägige ermächtigungsgrundlage bestätigt und bekräftigt, an ihrer entscheidung festhalten zu wollen. 72auch in bezug auf die regelungen zu ziffern 2. und 3. leidet die ordnungsverfügung nicht an durchgreifenden form- oder verfahrensfehlern. allerdings ist eine anhörung nach § 28 abs. 1 vwvfg nrw in bezug auf diese regelungen nicht entbehrlich gewesen; vor der anordnung der beseitigung musste und konnte den klägern gelegenheit zur stellungnahme gegeben werden. dies ist aber offenbar im rahmen der baukontrolle vom 30. oktober 2019 geschehen. die zuständige mitarbeiterin der beklagten hat in der mündlichen verhandlung erklärt, sie habe bereits bei der ortskontrolle angekündigt, dass ihre behörde wohl die beseitigung verlangen würde. ein etwaiger anhörungsmangel würde im übrigen nicht zur (teilweisen) aufhebung der ordnungsverfügung führen, weil er durch den austausch von vortrag anlässlich des gerichtlichen verfahrens gemäß § 45 vwvfg nrw geheilt worden wäre. 73vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 14. juni 2010 - 10 b 270/10 - vom 29. oktober 2010 - 7 b 1293/10 - und vom 1. august 2016 - 7 b 683/16 -, juris; vg gelsenkirchen, beschluss vom 26. januar 2011 - 6 l 1209/10 -, juris, 74materiell-rechtlich begegnet die beseitigungsverfügung keinen bedenken. nach § 82 abs. 1 bauo nrw 2018 kann die bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige beseitigung fordern, wenn anlagen im widerspruch zu öffentlich-rechtlichen vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere weise rechtmäßige zustände hergestellt werden können. dass die anbringung der fassadenbekleidung, bei der auch die glasbausteine im giebel verdeckt worden sind, gegen § 14 abs. 1 gestaltungssatzung 2017 verstößt, ist oben bereits aufgezeigt worden. bedenken gegen die ermessensausübung der behörde sind nicht erkennbar. das in der mündlichen verhandlung noch einmal hervorgehobene ziel, durch die beseitigungsanordnung nachahmungseffekten im gebiet der siedlung, in der eine vielzahl vergleichbarer gebäude vorhanden ist, entgegenzutreten, ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. die ordnungsverfügung ist nach alledem auch nicht unverhältnismäßig. 75dass es in der in rede stehenden siedlung bereits gebäude gibt, an denen eine entsprechende fassadenbekleidung angebracht worden ist, führt ebenfalls nicht zur rechtswidrigkeit der ordnungsverfügung. die beklagte hat vor erlass der gestaltungssatzung 2017 eine bestandsaufnahme vorgenommen und festgestellt, dass an 16 von 284 „hausvierteln“ bereits wärmedämmung angebracht ist. auf der grundlage dieser erkenntnis hat sie sich in vertretbarer weise entschlossen, zukünftigen baumaßnahmen dieser art entgegenzutreten. dass nach dem erlass der satzung noch entsprechende vorhaben durchgeführt worden sind, gegen welche die beklagte trotz kenntnis nicht eingeschritten ist, haben die kläger nicht behauptet. 763. 77die androhung des zwangsgeldes findet ihre grundlage in §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 verwaltungsvollstreckungsgesetz nrw und ist nach lage der dinge nicht zu beanstanden. 78auch der zugehörige gebührenbescheid begegnet keinen bedenken. 79die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 80die entscheidung über die vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 vwgo, 708 nr. 11 und 711 zivilprozessordnung. |
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} | 21 K 6278/20 | 2021-11-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Trägerin des I. L. L1. , welches mit Feststellungsbescheid der Bezirksregierung E. vom 11. Februar 2019 in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden ist. 3Am 7. April 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie die Genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung. In dem Antrag gab sie an, bis zum 16. März 2020 über 31 intensivmedizinische Betten ohne maschinelle Beatmung (ICU low care) und 52 Betten mit maschineller Beatmung (ICU high care) verfügt zu haben. Ab dem 16. März 2020 halte sie weitere 41 high care-Betten vor. 4Unter dem 9. April 2020 legte die Klägerin den Antrag erneut auf einem abgeänderten Formblatt vor. Dort gab sie an, am 15. März 2020 über 31 Betten intensivmedizinische Betten mit nicht-invasiver Beatmung (ICU low care) und 52 Betten mit invasiver Beatmung (ICU high care) verfügt zu haben und ab dem 16. März 2021 weitere 41 intensivmedizinische Betten mit invasiver Beatmung (ICU high care) vorzuhalten. 5Mit Teilgenehmigungsbescheid vom 3. Juni 2020 genehmigte der Beklagte die Aufstellung von 5 der beantragten 41 high care-Betten und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der dargelegte Aufwuchs nicht Gänze den in J. .NRW zur Verfügung stehenden Intensivbetten entspreche. Genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur Verfügung stehende intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. Der Klägerin stehe es jedoch frei, falls sie weitere Bettenkapazitäten geschaffen habe oder vorhalte, einen erneuten Antrag auf Genehmigung zu stellen. 6Am 9. Juni 2020 meldete sich die Klägerin per E-Mail bei dem Beklagten und teilte im Ergebnis mit, dass sie nicht nachvollziehen könne, dass ihr lediglich fünf zusätzliche Betten genehmigt worden seien. Sie habe in den letzten Wochen in erheblichem Umfang intensiv- und beatmungspflichtige Covid-19-Patienten behandelt, auch aus dem Ausland. Den Kapazitätsausbau habe sie auch in J. .NRW gemeldet. 7Mit E-Mail vom 18. Juni 2020 führte der Beklagte gegenüber der Klägerin aus, dass nur tatsächliche geschaffene Kapazitäten berücksichtigt werden könnten. Hierzu gleiche er die Anträge und die Meldungen aus J. .NRW zum 21. April 2020 ab. Die Meldung in J. .NRW sei für die Krankenhäuser verpflichtend und werde auch künftige im Antragsverfahren berücksichtiget, daher sei es in einigen Fällen, zu Teilgenehmigungen gekommen, wie auch bei der Klägerin. Es stehe der Klägerin indes frei, weitere Anträge zu stellen. Voraussetzung sei immer, dass die Kapazitäten auch tatsächlich geschaffen worden seien. 8Am 25. Juni 2020 meldete sich die Klägerin erneut per E-Mail bei dem Beklagten und legte dar, dass sie die Entscheidung weiterhin nicht nachvollziehen könne. Aus der Meldehistorie in J. .NRW sei nachvollziehbar, dass am 1. März 2020 34 high care-Betten, am 6. April 2020 44 high care-Betten, am 10. April 2020 48 high care-Betten und später 64 high care-Betten gemeldet gewesen seien. Diese seien auch zur Patientenversorgung tatsächlich genutzt worden. Zum Nachweis legte sie einen Ausdruck aus J. NRW für den Zeitraum vom 6. April 2020 bis zum 21. April 2020 bei. Aus diesem ging hervor, dass die Beklagte zum 1. März 2020 26 low care-Betten und 34 high care-Betten aufgestellt hatte. 9Am 30. Juni 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten erneut die Genehmigung der Aufstellung von 41 high care-Betten. Hierzu führte sie aus, dass sie beim Erstantrag vom 9. April 2020 versehentlich falsche Zahlen angegeben habe. Zum 15. März 2020 habe sie insgesamt 47 high care-Betten für Erwachsene und 15 high care-Betten für Kinder sowie 31 IMC-Betten ohne Möglichkeit der maschinellen Beatmung für Erwachsene betrieben. Bis zum April seien dann weitere Kapazitäten geschaffen worden so dass sie auf 77 high care-Betten für Erwachsene und 15 high care-Betten für Kinder gekommen sei. Der Aufbau dieser Kapazitäten sei auch fortlaufend und nachvollziehbar in J. -NRW gemeldet worden. Des Weiteren seien Mitte April Vorbereitungen zur Inbetriebnahme weitere 11 high care-Betten getroffen worden. Diese Betten hätten im Bedarfsfall binnen einer Stunde in Betrieb genommen werden können. 10Mit Teilgenehmigungsbescheid vom 21. September 2020 genehmigte der Beklagte dann die Aufstellung 25 weiterer high care-Betten und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der dargelegte Aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten nicht im vollen Umfang in J. .NRW abgebildet sei. Genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur bereitgestellte intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. 11Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 21. Oktober 2020 Klage erhoben. 12Sie trägt vor, die ablehnende Entscheidung sei mangels Vortrages und Vorlage der vermeintlichen J. .NRW-Meldung nicht nachvollziehbar. Tatsächlich habe sie Ende Juni den Ausgangswert von 62 Betten in J. .NRW angegeben und nachfolgend einen Aufwuchs von 41 Betten ebenfalls in J. .NRW hinterlegt. Wie der Beklagte zu einer anderen Einschätzung komme, sei nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus habe sie unabhängig von den Meldungen die zusätzlichen Betten auch tatsächlich geschaffen, sodass diese auch betriebsbereit waren. Dies allein müsse schlussendlich maßgebend sein. Das kein anderer Nachweis als die J. .NRW-Meldungen möglich sei, gehe weder aus dem Gesetz hervor noch aus irgendeiner anderen Äußerung des Beklagten. Das Gesetz sehe auch nicht vor, dass die zusätzlich geschaffenen Kapazitäten in J. .NRW gemeldet werden. Vielmehr sehe der Gesetzestext vor, dass das Krankenhaus zunächst eine Genehmigung erhält und dann die Betten schafft oder umwidmet. Mithin könne es für die Genehmigung nicht auf eine Ist-Meldung ankommen. Darüber hinaus sei der Beklagte auch nicht berechtigt gewesen, mit dem Erfordernis einer Meldung der zusätzlichen Betten in J. .NRW eine weitere materielle Voraussetzung mit Ausschlusswirkung zu schaffen, denn eine solche Meldung sehe die einschlägige bundesrechtliche Regelung nicht vor. Die Förderfähigkeit der Betten scheitere zudem nicht daran, dass es sich um aufgerüstete IMC-Betten handele, denn es reiche aus, dass zusätzliche maschinelle Beatmungsmöglichkeiten geschaffen wurden; ob dies nun durch die Hinzuziehung von Betten anderer Stationen, die Neuaufstellung von Intensivbetten oder die Aufrüstung bereits bestehender Intensivbetten erfolge, sei im Hinblick auf Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung irrelevant. Vielmehr entspreche es im Hinblick auf die besonderen infrastrukturellen Anforderungen an ein Intensivbett mit maschineller Beatmung gerade dem Sinn und Zweck des Gesetzes, Betten einer Intensivstation aufzurüsten. Auch sei es aufgrund der abgefragten Kategorien nicht möglich gewesen, ein IMC-Bett zu melden. Das gleiche Problem habe sich bei der Meldung neonatologischer high care-Betten gestellt. Sie habe 15 solcher Betten zur Verfügung gehabt, diese aber nicht korrekt melden können, da neonatologische Betten in der Koordination des Rettungsdienstes keine Rolle gespielt hätten. Aufgrund dieser mangelhaften Erhebung seien demnach im Endbestand 15 Betten weniger gemeldet gewesen, als für Covid-19-Patienten zur Verfügung gestanden hätten. Des Weiteren zeige auch die Verwaltungspraxis anderer Bundesländer, dass kein Bedürfnis bestanden habe, nur den Nachweis durch Eintragungen in J. .NRW zuzulassen. 13Die Klägerin beantragt, 14die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 21. September 2020 zu verpflichten, elf weitere intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung zu genehmigen. 15Der Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Er trägt vor, zum maßgeblichen Stichtag seien in J. .NRW lediglich 92 high care-Betten gemeldet gewesen. Der Abgleich mit J. .NRW sei auch rechtmäßig, denn es handele sich nicht um eine zusätzliche Voraussetzung oder um eine Präklusionsvorschrift, sondern um eine verfahrensgestaltende Regelung, die er in Ausübung des ihm zukommenden Spielraums zur Verfahrensgestaltung getroffen habe. An einer materiellen Präklusion fehle es schon deshalb, weil die Klägerin ohne weiteres die Möglichkeit gehabt hätte, einen neuen Antrag zu stellen. Den Rückgriff auf J. .NW habe er auch im Sinne einer einheitlichen Verwaltungspraxis bei allen entsprechenden Anträgen vorgenommen. Der Rückgriff auf J. .NRW liege schließlich auch im Interesse der Klägerin, denn der Abgleich sei deutlich schneller und einfacher als der aufwendige Vor-Ort-Abgleich. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Genehmigungsverfahren um Massenverwaltung handele und er daher Wert auf eine möglichst schnelle Bescheidung der Anträge gelegt habe. Auf die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern komme es nicht an. Auch seien die aufgerüsteten IMC-Betten generell nicht förderfähig. Erforderlich sei, dass neue Intensivbetten erstmalig aufgestellt würden oder Betten au anderen Stationen auf die Intensivstation verbracht und aufgerüstet würden. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 18. Januar 2021 gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen worden ist. 21Die zulässige Klage hat keinen Erfolg; sie ist unbegründet. 22Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Genehmigung von elf zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der angefochtene Bescheid vom 21.09.2020 erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, §113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 VwGO. 23Gemäß § 21 Abs. 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) erhalten zugelassene Krankenhäuser, die mit Genehmigung der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung schaffen oder durch die Einbeziehung von Betten aus anderen Stationen vorhalten, für jedes bis zum 30. September 2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000,00 Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. 24Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht, denn für weitere elf Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit, die im Aufwachräumen der Beklagten eingerichtet worden sein sollen, ergab sich der Aufwuchs nicht aus den zu berücksichtigenden Einträgen in der J. .NRW-Datenbank. 251. 26Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in rechtlicher Hinsicht nichts dagegen zu erinnern, dass der Beklagte sich dazu entscheiden hat, die Datenbank J. .NRW als Nachweis für die Errichtung neuer Intensivbetten mit maschineller Beatmungskapazität zu bestimmen. 27a) 28Insbesondere war es der Klägerin möglich, sämtliche von ihr vorgehaltenen Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit ordnungsgemäß in J. -NRW abzubilden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung zur Aufrechterhaltung und Sicherung intensivmedizinischer Krankenhauskapazitäten (DIVI-IntensivRegister-Verordnung (DIVI-IR-VO) vom 8. April 2020, die am 10. April 2020 in Kraft getreten ist, sind high care-Betten solche mir der Möglichkeit der invasiven maschinellen Beatmung und low care-Betten solche mit der Möglichkeit einer nicht-invasiven maschinellen Beatmung. Diese Kategorien gibt auch J. .NRW vor und sie wurden von dem Beklagten auch der Berechnung des Bettenaufwuchses zu Grunde gelegt. 29Ausweislich der im Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Übersicht aus der Berechnungstabelle ist der Beklagte von einem Ausgangsbestand zum 15. März 2020 von 62 Betten mit der Möglichkeit maschineller Beatmung ausgegangen, die sich aus der Summe von 62 high care-Betten mit der Möglichkeit invasiver Beatmung und 0 low care-Betten mit der Möglichkeit nicht-invasiver Beatmung zusammensetzte. Dies entspricht exakt den Angaben der Klägerin in ihrer E-Mail vom 30. Juni 2020, denn sie hat dort angegeben, zum 15. März 2020 über 47 high care-Betten für Erwachsene und 15 high care-Betten für Kinder, jeweils mit der Möglichkeit der maschinellen invasiven Beatmung, verfügt zu haben, insgesamt also 62 high-care-Betten. Zu low care-Betten hat die Klägerin damals und auch im weiteren Verfahren keine Angaben gemacht, sodass der Ausgangswert des Beklagten insoweit nicht fehlsam und nicht ersichtlich ist, welche Betten sie nicht hat melden können. 30Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe die 15 neonatologischen high care-Betten nicht richtig melden können, überzeugt dies nicht, da diese in dem Ausgangswert der high care-Betten zum 15. März 2020 enthalten waren. Zudem wäre es verwunderlich, dass es bei 15 nicht ordnungsgemäß meldefähigen neonatologischen high care-Betten am Ende zu einer Bettendifferenz von 11 Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit kommt, nicht jedoch zu einer Differenz von 15 Betten. Insoweit liegt vielmehr nahe, dass die Differenz von 11 Betten jene 11 Betten sind, die die Klägerin zusätzlich in Aufwachräumen eingerichtet haben will. Dass die Klägerin diese nicht in J. .NRW gemeldet haben könnte, legt bereits die E-Mail der Klägerin vom 30. Juni 2020 nahe, denn dort spricht die Klägerin, bezüglich der 30 bereits genehmigten zusätzlichen maschinellen Beatmungskapazitäten davon, dass dieser Aufwuchs ordnungsgemäß in J. .NRW gemeldet worden sei, ein Passus, der bei ihren Ausführungen zu den elf im Aufwachraum eingerichteten weiteren Betten fehlt. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es sich um einen Meldefehler gehandelt habe, die elf Betten also tatsächlich nicht in J. .NRW gemeldet worden sind. 31Auch soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Verfahren ausgeführt hat, die vom Beklagten abgefragten Daten seien nicht geeignet, sämtliche in Krankenhäusern vorgehaltenen Arten von Intensivbetten abzubilden, steht dies einer Eignung einer J. .NRW-Abfrage zur Nachweisführung nicht entgegen, denn es kommt gar nicht darauf an, sämtliche in einem Krankenhaus vorgehaltenen Intensivbetten abzubilden. Für das Genehmigungsverfahren nach § 21 Abs. 5 KHG kommt es allein auf einen Abgleich der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit Möglichkeit der maschinellen Beatmung bis zum 15. März 2020 und ab dem 16. März 2020 an. Dies ist in J. .NRW abbildbar. Ob ein Krankenhaus darüber hinaus noch weitere intensivmedizinische Behandlungskapazitäten ohne Möglichkeit der maschinellen Beatmung vorhält, ist irrelevant. Insbesondere kam es nicht auf die vom der Beklagten zum 15. März 2020 vorgehaltenen 31 IMC-Betten an, denn diese waren ausweislich der E-Mail der Beklagten vom 30. Juni 2020 nicht mit der Möglichkeit der maschinellen Beatmung ausgestattet und damit für die Betrachtung ohne Belang. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin suggerieren möchte, es gebe einen fließenden Übergang vom IMC-, über das low care-, bis zum high care-Bett, je nachdem, wie sich der Zustand des Patienten entwickele, ist dies spätestens mit dem Inkrafttreten der DIVI-IR-VO und der damit einhergehenden Legaldefinition von low care- und high care-Betten, zumindest rechtlich ausgeschlossen. 32b) 33Der Einzelrichter folgt auch nicht der Auffassung der Klägerin, mit der von dem Beklagten geübten Verwaltungspraxis des Abstellens auf die J. .NRW-Meldungen werde faktisch eine materielle Präklusion verfolgt, die dem Wortlaut der bundesrechtlichen Normen des § 21 Abs. 5 KHG widerspreche. 34Die vom Beklagten aufgestellten Fördervoraussetzungen halten sich unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips an den von § 21 Abs. 5 KHG aufgestellten Rahmen. Der Bundesgesetzgeber hat mit dieser Regelung die Förderung zusätzlicher intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000,00 EUR aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bereitgestellt. Die materielle Prüfung der Fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden (§ 21 Abs. 5 Satz 1 KHG); nach durchgeführter Genehmigung erfolgt die Auszahlung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (§ 21 Abs. 5 Satz 3 KHG). Die Durchführung der Genehmigungsverfahren wird den für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen Landesverwaltungspraxis unterworfen. Insoweit können die Bundesländer jeweils unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis aufstellen, z.B. durch Förderrichtlinien. Die von dem Ministerium aufgestellten Grundsätze des Förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden Krankenhäusern zugänglich gemachten „Ergänzenden Merkblatt für die Pauschale für die Schaffung zusätzlich intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG i.V.m. COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten). 35Diese Fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen Charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche Vorgaben, die das Verwaltungshandeln der Genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. Sie bewirken eine interne rechtliche Bindung des Verwaltungshandelns. Eine über die der Verwaltungsvorschrift innewohnende interne Bindung der Verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird nur durch den Gleichheitssatz und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der Ausprägung, welche die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben. 36OVG Nds., Beschluss vom 07.10 2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.;vgl. auch Urteil der Kammer vom 19.02.2021 – 21 K 3928/20 ‑. 37Maßgeblich ist mithin, wie die zur Anwendung der Verwaltungsvorschriften berufenen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, vom Urheber der Vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden sind. 38OVG Nds., Beschluss vom 07.10.2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 03.09.2002 – 15 A 2777/00 -, in: juris (Rn. 36). 39Hält sich die Bewilligungsbehörde an die Förderrichtlinien, ist sie durch den Gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 40BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 41Weicht die Behörde indes generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende Wirkung, sodass sich die Vereinbarkeit des Verwaltungshandelns mit dem Gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis beurteilt. 42BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 43Gemessen an diesen Voraussetzungen stellt sich die Entscheidung des Beklagten, die Genehmigung zu versagen, als rechtmäßig dar. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt im Regelfall die Feststellung einer ansonsten abweichenden Verwaltungspraxis voraus. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2003 – 3 C 25/02 -, in: juris (rn. 18). 45An einer solch abweichenden Verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der Antragstellung aller interessierten Krankenhäuser, die Überprüfung des Bettenbestandes auf zusätzliche Intensivbetten mit maschineller Beatmungskapazität mit dem Abgleich der in dem landeseigenen Meldesystem J. .NRW hinterlegten Intensivbetten abhängig gemacht hat. Damit hat er allen antragstellenden Krankenhäusern ‑ und damit auch der Klägerin ‑ ermöglicht, durch die Eintragung in J. .NRW im Sinne einer „Selbstauskunft“, 46Nr. 1 Pkt. 4 der Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten), 47den Nachweis für die Schaffung der zusätzlichen Bettenkapazität zu erbringen. 48Nach den Fördergrundsätzen ist für die Bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen Kapazitäten der tatsächlich aufgestellte Bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. Für die zweite Prüfungsrunde (Anträge nach dem 21.04.2020) wurde der Stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. Das Verfahren sieht die Nutzung von Formblättern vor. Mit dem Nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen Bettenbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt ist die Eintragung der intensivmedizinischen Kapazitäten im landeseigenen Meldesystem J. .NRW verbunden. Es erfolgt ein entsprechender Abgleich der beantragten zusätzlichen Betten mit den in J. .NRW hinterlegten Intensivbetten. Darauf wurden die antragstellenden Krankenhäuser zudem mit Begleit-E-Mails hingewiesen (vgl. E-Mail an die Klägerin vom 18.06.2020). 49Die für das Förderverfahren niedergelegten Vorgaben widersprechen nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. Mit dem Eintrag im Meldesystem J. .NRW konnten die antragstellenden Krankenhäuser, die das Meldeportal J. .NRW ohnehin auch in anderen Angelegenheiten des Krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen Aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die Voraussetzungen für eine Förderung nachweisen. Die Klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das Meldeportal J. .NRW zu nutzen. Für den Nachweis des Aufwuchses an Beatmungskapazitäten war damit der Eintrag im Meldeportal J. .NRW (auch für die Klägerin) geeignet. Letztlich bedeutet der vorgeschriebene Nachweis nichts anderes als die Verwendung eines (elektronischen) Formulars. 50Der Einzelrichter tritt der Auffassung der Klägerin nicht bei, dem Beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum Zeitpunkt der Antragstellung den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand unabhängig von einer Meldung in einem Datenportal zu ermitteln. Zwar mag die Vorlage von Nachweisen (z.B. Kaufvertrag oder Aufstellplänen etc.) eine denkbare Möglichkeit sein; der Beklagte hat sich in seiner Verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den Eintrag in J. .NRW beschränkt. Soweit die Klägerin mit ihrem Einwurf vorbringen will, der Beklagte hätte bei Zweifeln an der Richtigkeit von Angaben auch selbst vor Ort im Krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. Dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen Verhältnissen im Rahmen der Pandemielage im Jahr 2020. Über den höherer verwaltungstechnischer Aufwand (z.B. Vorlage von Rechnungen, Auslieferungsbelegen, Aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller Aufwand (z.B. Nachprüfung der vorgelegten Dokumente, Überprüfung vor Ort in den Krankenhäusern (z.B. durch Beschäftigte der zuständigen Behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher Inanspruchnahme. Dies widersprach zum damaligen Zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen Vorgaben der Reduzierung persönlicher Kontakte und der Notwendigkeit zügigen Eingreifens im Rahmen der Pandemielage unter schneller Schaffung finanzieller Mittel für die betroffenen Krankenhäuser zur Schaffung der erwünschten Kapazitäten unter beständiger Vorgabe der Herabsetzung des allgemeinen Infektionsrisikos. 51BT-Drs. 19/18112, passim, vgl. nur S. 2, 3, 21 f. 52Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländer zeige, dass auch ein anderer Nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten möglich sei 53‑ Antragstellung versehen mit Nachweisen (Angaben zum maschinellen Beatmungsgerät, Rechnungen, Lieferscheine sowie Auflistungen), verbunden mit Schilderung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten vor der Pandemie sowie die getroffenen Anpassungsmöglichkeiten (Auflistung des Bestandes an Beatmungsgeräten vor und nach den Anpassungsnahmen unter Angabe der Bezeichnung, des Herstellers, der ID-Nummer, der Seriennummer sowie des IMT-Typ; Lageplan, in welchem Bereich Umbaumaßnahmen zum Betrieb der zusätzlichen Beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 54steht dies nicht der vom Land Nordrhein-Westfalen ausgewählten Verwaltungspraxis entgegen, die den Nachweis an den Eintrag in der Datenbank J. .NRW vorgesehen hat und damit den Weg zur möglichen Detailprüfung in einem subventionsrechtlichen Nachprüfungsverfahren – zum Zweck der Überprüfung, ob die beantragten und genehmigten zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen worden sind ‑ eröffnet hat. Der Beklagte hat sich im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens zur Regelung seiner Verwaltungspraxis gegen die von der Klägerin vorgeschlagenen aufwendigen Nachweismöglichkeiten zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung und für die Form einer „Selbstauskunft“ entschieden. Es ist dem Einzelrichter nicht ersichtlich, dass der Beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten Krankenhäuser entgegenkommende Lösung den rechtsstaatlichen Rahmen der Gestaltung seiner Verwaltungspraxis verlassen hätte. Im Übrigen ist damit eine auch in anderen Subventionsverfahren nicht unübliche Praxis der „Nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse nach Vorlage von Verwendungsnachweisen. Auch in den vorliegenden Fällen der Förderung zusätzlicher Intensivbehandlungskapazitäten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erscheint eine spätere „Nachkontrolle“ genehmigter Kapazitäten und bewilligter Auszahlungen durch die zuständigen Behörden nicht ausgeschlossen. 55Durch die Abfrage der Daten aus J. .NRW zu bestimmten Stichtagen ist auch keine materielle Präklusion eingetreten, da die Krankenhäuser stets weitere Anträge stellen konnte, sie also nicht aufgrund einer fehlerhaften Eintragung in J. .NRW zu einem bestimmten Stichtag von der Leistung ausgeschlossen waren. Hierauf wurde die Klägerin sowohl in dem Bescheid vom 3. Juni 2020 als auch in der E-Mail vom 18. Juni 2020 hingewiesen. In dieser Mail heißt es: 5657Hierzu hat das MAGS die Anträge mit den Meldungen in J. .NRW zum Stichtag 21.04.2020 abgeglichen. Die Meldung in J. .NRW ist für die Krankenhäuser verpflichtend und wird auch zukünftig im Antragsverfahren berücksichtigt. In einigen Fällen kam es wie bei Ihnen deshalb zu einer teilweisen Genehmigung. 58Es steht Ihnen frei, weitere Anträge zu stellen. Voraussetzung ist immer. Dass die Kapazitäten tatsächlich geschaffen worden sind. 59Hieraus wird nicht nur deutlich, dass die Meldungen in J. .NRW maßgeblich für die Antragsbearbeitung sind, sondern durch die Verwendung des Plurals („weitere Anträge“), dass auch mehrere Wiederholungsanträge möglich sind, sofern die tatsächlich weitere Kapazitäten geschaffen und diese in J. .NRW gemeldet worden sind. Dass ein entsprechender Hinweis nicht auch noch in dem angefochtenen Bescheid vom 21. September 2021 enthalten ist, ist vor diesem Hintergrund unschädlich. 602. 61Jedoch selbst wenn die Klägerin die elf in den Aufwachräumen geschaffenen weiteren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung ordnungsgemäß in J. .NRW gemeldet hätte oder diese nun noch nachmelden oder den Nachweis auf andere Weise erbringen könnte, hätte sie – selbständig tragend – keine Anspruch auf die Genehmigung weiterer elf intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung, denn mit den bereits genehmigten 30 Kapazitäten wäre dieser Anspruch bereits erfüllt, da die Klägerin keinen Anspruch auf Genehmigung dieser Betten hatte, denn diese stammten nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung aus der Abteilung Intensivmedizin. 62Die Kammer – und sich dieser anschließend der Einzelrichter ‑ vertritt die Auffassung, 63Urteil vom 19.02.2021 – 4112/20 ‑, 64dass die Nachrüstung bestehender intensivmedizinischer Betten mit Beatmungsgeräten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigung nach § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde nicht erfüllt. 65Für diese Auslegung spricht Sinn und Zweck der Regelung, die die erforderlichen Kapazitäten im Rahmen der Pandemie schaffen will. § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG wurde im Rahmen des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes eingefügt. Damit wollte der Gesetzgeber leistungsfähige Intensivmedizin fördern, die in der Lage ist, einen effektiven Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass es aufgrund der COVID-19-Pandemie einen erwartbar steigenden Bedarf an Intensiv- und Beatmungskapazitäten geben wird, daher sollten die Krankenhäuser für zusätzlich provisorisch geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten einen Bonus erhalten. 66BT-Drs. 19/18112, S. 21. 67Mit Aufstellung von Betten ist die Schaffung gänzlich neuer Bettenkapazitäten gemeint, was bei der bloßen Aufrüstung bereits vorhandener Betten nicht der Fall ist. Auch die Einbeziehung von Betten anderer Stationen spricht vorliegend dafür, dass es sich um Betten handeln muss, die nicht der Intensivstation zugehören, denn dann würde es sich um Betten derselben Station handeln. 68Das Ziel der Erhöhung von Bettenkapazitäten für die Behandlung von COVID-19-Erkrankten durch Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten wird aber nicht erreicht, wenn bestehende Intensivbetten lediglich aufgerüstet werden, denn dadurch wird keine zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazität geschaffen. 69Daher sollte der Pauschbetrag von 50.000,00 Euro auch ausdrücklich für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten gezahlt werden. 70BT-Drs. 19/18112, S. 2. 71Da der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund auch von einem steigenden Bedarf an Intensivbetten ohne Beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist, war die Aufrüstung bereits bestehender Intensivkapazitäten mangels zusätzlicher Bereitstellung für ihn kein förderungswürdiger Vorgang. Vielmehr sollte nach seiner Intention die Förderung daran geknüpft werden, dass die zusätzlich vorgehaltenen oder geschaffenen Intensivbetten über eine maschinelle Beatmungsmöglichkeit verfügen. 72BT-Drs. 19/18112, S. 28. 73Vor diesem Hintergrund wird hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber die Förderung an zwei Voraussetzungen knüpfen wollte. Zum einen mussten zusätzliche Intensivbetten geschaffen werden, sei es durch Neuaufstellung oder Einbeziehung von Betten anderer (Nicht-Intensiv-) Stationen, und zum anderen mussten diese zusätzlichen Betten mit der Möglichkeit zur maschinellen Beatmung ausgestattet werden. 74Gegen diese Auslegung der Bestimmung des § 21 Abs. 5 S. 1 KHG spricht auch nicht, dass – wie die Prozessbevollmächtigten nochmals in der mündlichen Verhandlung auch unter Hinweis auf die „Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen ‑ Hintergrundtext ‑, verabschiedet mit Beschluss des Präsidiums der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vom 30.11.2010“ vorgetragen haben ‑ ein Ausbau einer Intensivstation mit erheblichen technischen, baulichen und infrastrukturellen Schwierigkeiten sowie mit personellen Notwendigkeiten verbunden ist, die nicht in kurzen Zeit erreicht werden könnten, so dass aufgrund dessen dem Willen des Gesetzgebers zum raschen Aufbau von Beatmungskapazitäten keineswegs rechtzeitig hätte nachgekommen werden können. Diese Überlegungen müssten auch bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandes berücksichtigt werden; dem Willen des Gesetzgebers werde man nur gerecht, wenn auch eine Aufrüstung bestehender Intensivbetten im Sinne des § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG genehmigungsfähig sei. 75Dieser Argumentation steht entgegen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der COVID-19-Pandemie auch von einem steigenden Bedarf an Intensivbetten ohne Beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist. Dieser steigende Bedarf hätte nicht dadurch gedeckt werden können, die bestehenden Intensivbetten – ohne ihre Anzahl zu erhöhen – mit Beatmungskapazität auszustatten, wie die Klägerin vorbringt. Davon abgesehen, kann die Kammer nicht erkennen, dass es anderen Krankenhäusern, als dem der Klägerin, nicht möglich gewesen wäre, bestehende Strukturen in den Intensivstationen durch zusätzliche Intensivbetten auszubauen und mit der erforderlichen Beatmungskapazität auszustatten. 76Maßgeblich ist auch nicht der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Stationsbegriff des § 2 Abs. 4 Satz 1 Pflegepersonaluntergrenzen -Verordnung (PPuGV). Unabhängig davon, dass die Klägerin es versäumt hat substantiiert darzulegen, dass die aufgerüsteten IMC-Betten der Abteilung Intensivmedizin tatsächlich nicht der Intensivstation im engeren Sinne zugeordnet waren, kommt es hierauf im Ergebnis auch nicht an. Das Maß an intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten, welches der Gesetzgeber durch die Einführung des § 21 Abs. 5 KHG hat aufstocken wollen, bestimmt sich nach dem krankenhausplanerisch festgestellten intensivmedizinischen Versorgungsauftrag eines jeden Krankenhauses. Nur wenn nach dem Aufwuchs der Kapazitäten die Zahl intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten des Krankenhauses im Vergleich zu der im Feststellungsbescheid ausgewiesenen Anzahl der Intensivpflegebetten am Ende steigt, ist das gesetzgeberische Ziel erreicht, unabhängig davon, wo die ursprünglichen Intensivpflegebetten vormals räumlich und organisatorisch zugeordnet waren. Hierfür spricht auch das in § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG festgelegte Genehmigungserfordernis für die neuen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung, denn krankenhausplanerisch wird lediglich eine bestimmte Anzahl von Intensivpflegebetten genehmigt, ohne deren konkrete Ausstattung zu bestimmen. Werden aufgrund des Feststellungsbescheides bereits genehmigte Intensivpflegebetten mit eine Möglichkeit zur maschinellen Beatmung aufgerüstet, so bedürfte es hierfür keiner gesonderten Genehmigung durch die für Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde. Einer solchen bedarf es nur, wenn neue, bisher vom Feststellungsbescheid nicht erfasste intensivmedizinische Behandlungskapazitäten aufgestellt oder Betten, die nicht Intensivpflegebetten sind, umgewidmet werden. 77Da die Klägerin mit der Aufrüstung der 30 IMC-Betten die dargestellten Voraussetzungen des § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG schon nicht erfüllt hat, im Ergebnis mithin bereits 30 zusätzliche Kapazitäten zu viel genehmigt worden sind, hat sie gegen den Beklagten auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Anspruch auf die Genehmigung weiterer elf intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung. 783. 79Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 80Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO, 709 Zivilprozessordnung. 81Rechtsmittelbelehrung: 82Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 83Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 84Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 85Die Berufung ist nur zuzulassen, 861. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 872. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 883. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 894. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 905. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 91Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 92Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 93Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 94Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 95Beschluss: 96Der Streitwert wird auf 550.000,00 Euro festgesetzt. 97Gründe: 98Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt. 99Rechtsmittelbelehrung: 100Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 101Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 102Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 103Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 104Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 105War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin ist trägerin des i. l. l1. , welches mit feststellungsbescheid der bezirksregierung e. vom 11. februar 2019 in den krankenhausplan des landes nordrhein-westfalen aufgenommen worden ist. 3am 7. april 2020 beantragte die klägerin bei dem beklagten im zusammenhang mit der covid-19-pandemie die genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung. in dem antrag gab sie an, bis zum 16. märz 2020 über 31 intensivmedizinische betten ohne maschinelle beatmung (icu low care) und 52 betten mit maschineller beatmung (icu high care) verfügt zu haben. ab dem 16. märz 2020 halte sie weitere 41 high care-betten vor. 4unter dem 9. april 2020 legte die klägerin den antrag erneut auf einem abgeänderten formblatt vor. dort gab sie an, am 15. märz 2020 über 31 betten intensivmedizinische betten mit nicht-invasiver beatmung (icu low care) und 52 betten mit invasiver beatmung (icu high care) verfügt zu haben und ab dem 16. märz 2021 weitere 41 intensivmedizinische betten mit invasiver beatmung (icu high care) vorzuhalten. 5mit teilgenehmigungsbescheid vom 3. juni 2020 genehmigte der beklagte die aufstellung von 5 der beantragten 41 high care-betten und lehnte den antrag im übrigen ab. zur begründung führte der beklagte aus, dass der dargelegte aufwuchs nicht gänze den in j. .nrw zur verfügung stehenden intensivbetten entspreche. genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur verfügung stehende intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. der klägerin stehe es jedoch frei, falls sie weitere bettenkapazitäten geschaffen habe oder vorhalte, einen erneuten antrag auf genehmigung zu stellen. 6am 9. juni 2020 meldete sich die klägerin per e-mail bei dem beklagten und teilte im ergebnis mit, dass sie nicht nachvollziehen könne, dass ihr lediglich fünf zusätzliche betten genehmigt worden seien. sie habe in den letzten wochen in erheblichem umfang intensiv- und beatmungspflichtige covid-19-patienten behandelt, auch aus dem ausland. den kapazitätsausbau habe sie auch in j. .nrw gemeldet. 7mit e-mail vom 18. juni 2020 führte der beklagte gegenüber der klägerin aus, dass nur tatsächliche geschaffene kapazitäten berücksichtigt werden könnten. hierzu gleiche er die anträge und die meldungen aus j. .nrw zum 21. april 2020 ab. die meldung in j. .nrw sei für die krankenhäuser verpflichtend und werde auch künftige im antragsverfahren berücksichtiget, daher sei es in einigen fällen, zu teilgenehmigungen gekommen, wie auch bei der klägerin. es stehe der klägerin indes frei, weitere anträge zu stellen. voraussetzung sei immer, dass die kapazitäten auch tatsächlich geschaffen worden seien. 8am 25. juni 2020 meldete sich die klägerin erneut per e-mail bei dem beklagten und legte dar, dass sie die entscheidung weiterhin nicht nachvollziehen könne. aus der meldehistorie in j. .nrw sei nachvollziehbar, dass am 1. märz 2020 34 high care-betten, am 6. april 2020 44 high care-betten, am 10. april 2020 48 high care-betten und später 64 high care-betten gemeldet gewesen seien. diese seien auch zur patientenversorgung tatsächlich genutzt worden. zum nachweis legte sie einen ausdruck aus j. nrw für den zeitraum vom 6. april 2020 bis zum 21. april 2020 bei. aus diesem ging hervor, dass die beklagte zum 1. märz 2020 26 low care-betten und 34 high care-betten aufgestellt hatte. 9am 30. juni 2020 beantragte die klägerin bei dem beklagten erneut die genehmigung der aufstellung von 41 high care-betten. hierzu führte sie aus, dass sie beim erstantrag vom 9. april 2020 versehentlich falsche zahlen angegeben habe. zum 15. märz 2020 habe sie insgesamt 47 high care-betten für erwachsene und 15 high care-betten für kinder sowie 31 imc-betten ohne möglichkeit der maschinellen beatmung für erwachsene betrieben. bis zum april seien dann weitere kapazitäten geschaffen worden so dass sie auf 77 high care-betten für erwachsene und 15 high care-betten für kinder gekommen sei. der aufbau dieser kapazitäten sei auch fortlaufend und nachvollziehbar in j. -nrw gemeldet worden. des weiteren seien mitte april vorbereitungen zur inbetriebnahme weitere 11 high care-betten getroffen worden. diese betten hätten im bedarfsfall binnen einer stunde in betrieb genommen werden können. 10mit teilgenehmigungsbescheid vom 21. september 2020 genehmigte der beklagte dann die aufstellung 25 weiterer high care-betten und lehnte den antrag im übrigen ab. zur begründung führte sie aus, dass der dargelegte aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten nicht im vollen umfang in j. .nrw abgebildet sei. genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur bereitgestellte intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. 11gegen diesen bescheid hat die klägerin am 21. oktober 2020 klage erhoben. 12sie trägt vor, die ablehnende entscheidung sei mangels vortrages und vorlage der vermeintlichen j. .nrw-meldung nicht nachvollziehbar. tatsächlich habe sie ende juni den ausgangswert von 62 betten in j. .nrw angegeben und nachfolgend einen aufwuchs von 41 betten ebenfalls in j. .nrw hinterlegt. wie der beklagte zu einer anderen einschätzung komme, sei nicht nachvollziehbar. darüber hinaus habe sie unabhängig von den meldungen die zusätzlichen betten auch tatsächlich geschaffen, sodass diese auch betriebsbereit waren. dies allein müsse schlussendlich maßgebend sein. das kein anderer nachweis als die j. .nrw-meldungen möglich sei, gehe weder aus dem gesetz hervor noch aus irgendeiner anderen äußerung des beklagten. das gesetz sehe auch nicht vor, dass die zusätzlich geschaffenen kapazitäten in j. .nrw gemeldet werden. vielmehr sehe der gesetzestext vor, dass das krankenhaus zunächst eine genehmigung erhält und dann die betten schafft oder umwidmet. mithin könne es für die genehmigung nicht auf eine ist-meldung ankommen. darüber hinaus sei der beklagte auch nicht berechtigt gewesen, mit dem erfordernis einer meldung der zusätzlichen betten in j. .nrw eine weitere materielle voraussetzung mit ausschlusswirkung zu schaffen, denn eine solche meldung sehe die einschlägige bundesrechtliche regelung nicht vor. die förderfähigkeit der betten scheitere zudem nicht daran, dass es sich um aufgerüstete imc-betten handele, denn es reiche aus, dass zusätzliche maschinelle beatmungsmöglichkeiten geschaffen wurden; ob dies nun durch die hinzuziehung von betten anderer stationen, die neuaufstellung von intensivbetten oder die aufrüstung bereits bestehender intensivbetten erfolge, sei im hinblick auf wortlaut sowie sinn und zweck der regelung irrelevant. vielmehr entspreche es im hinblick auf die besonderen infrastrukturellen anforderungen an ein intensivbett mit maschineller beatmung gerade dem sinn und zweck des gesetzes, betten einer intensivstation aufzurüsten. auch sei es aufgrund der abgefragten kategorien nicht möglich gewesen, ein imc-bett zu melden. das gleiche problem habe sich bei der meldung neonatologischer high care-betten gestellt. sie habe 15 solcher betten zur verfügung gehabt, diese aber nicht korrekt melden können, da neonatologische betten in der koordination des rettungsdienstes keine rolle gespielt hätten. aufgrund dieser mangelhaften erhebung seien demnach im endbestand 15 betten weniger gemeldet gewesen, als für covid-19-patienten zur verfügung gestanden hätten. des weiteren zeige auch die verwaltungspraxis anderer bundesländer, dass kein bedürfnis bestanden habe, nur den nachweis durch eintragungen in j. .nrw zuzulassen. 13die klägerin beantragt, 14die beklagte unter entsprechender aufhebung des bescheides vom 21. september 2020 zu verpflichten, elf weitere intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung zu genehmigen. 15der beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17er trägt vor, zum maßgeblichen stichtag seien in j. .nrw lediglich 92 high care-betten gemeldet gewesen. der abgleich mit j. .nrw sei auch rechtmäßig, denn es handele sich nicht um eine zusätzliche voraussetzung oder um eine präklusionsvorschrift, sondern um eine verfahrensgestaltende regelung, die er in ausübung des ihm zukommenden spielraums zur verfahrensgestaltung getroffen habe. an einer materiellen präklusion fehle es schon deshalb, weil die klägerin ohne weiteres die möglichkeit gehabt hätte, einen neuen antrag zu stellen. den rückgriff auf j. .nw habe er auch im sinne einer einheitlichen verwaltungspraxis bei allen entsprechenden anträgen vorgenommen. der rückgriff auf j. .nrw liege schließlich auch im interesse der klägerin, denn der abgleich sei deutlich schneller und einfacher als der aufwendige vor-ort-abgleich. hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem hier in rede stehenden genehmigungsverfahren um massenverwaltung handele und er daher wert auf eine möglichst schnelle bescheidung der anträge gelegt habe. auf die verwaltungspraxis in anderen bundesländern komme es nicht an. auch seien die aufgerüsteten imc-betten generell nicht förderfähig. erforderlich sei, dass neue intensivbetten erstmalig aufgestellt würden oder betten au anderen stationen auf die intensivstation verbracht und aufgerüstet würden. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie den beigezogenen verwaltungsvorgang des beklagten bezug genommen. 19 | 20der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 18. januar 2021 gemäß § 6 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zur entscheidung übertragen worden ist. 21die zulässige klage hat keinen erfolg; sie ist unbegründet. 22die klägerin hat keinen anspruch auf die beantragte genehmigung von elf zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 krankenhausfinanzierungsgesetz (khg). der angefochtene bescheid vom 21.09.2020 erweist sich im ergebnis als rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, §113 abs. 1 s. 1 und abs. 5 vwgo. 23gemäß § 21 abs. 5 krankenhausfinanzierungsgesetz (khg) erhalten zugelassene krankenhäuser, die mit genehmigung der für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung schaffen oder durch die einbeziehung von betten aus anderen stationen vorhalten, für jedes bis zum 30. september 2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000,00 euro aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds. 24diese voraussetzungen erfüllt die klägerin nicht, denn für weitere elf betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit, die im aufwachräumen der beklagten eingerichtet worden sein sollen, ergab sich der aufwuchs nicht aus den zu berücksichtigenden einträgen in der j. .nrw-datenbank. 251. 26entgegen der auffassung der klägerin ist in rechtlicher hinsicht nichts dagegen zu erinnern, dass der beklagte sich dazu entscheiden hat, die datenbank j. .nrw als nachweis für die errichtung neuer intensivbetten mit maschineller beatmungskapazität zu bestimmen. 27a) 28insbesondere war es der klägerin möglich, sämtliche von ihr vorgehaltenen betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit ordnungsgemäß in j. -nrw abzubilden. nach § 1 abs. 2 satz 1 nr. 1 und 2 der verordnung zur aufrechterhaltung und sicherung intensivmedizinischer krankenhauskapazitäten (divi-intensivregister-verordnung (divi-ir-vo) vom 8. april 2020, die am 10. april 2020 in kraft getreten ist, sind high care-betten solche mir der möglichkeit der invasiven maschinellen beatmung und low care-betten solche mit der möglichkeit einer nicht-invasiven maschinellen beatmung. diese kategorien gibt auch j. .nrw vor und sie wurden von dem beklagten auch der berechnung des bettenaufwuchses zu grunde gelegt. 29ausweislich der im verwaltungsvorgang des beklagten befindlichen übersicht aus der berechnungstabelle ist der beklagte von einem ausgangsbestand zum 15. märz 2020 von 62 betten mit der möglichkeit maschineller beatmung ausgegangen, die sich aus der summe von 62 high care-betten mit der möglichkeit invasiver beatmung und 0 low care-betten mit der möglichkeit nicht-invasiver beatmung zusammensetzte. dies entspricht exakt den angaben der klägerin in ihrer e-mail vom 30. juni 2020, denn sie hat dort angegeben, zum 15. märz 2020 über 47 high care-betten für erwachsene und 15 high care-betten für kinder, jeweils mit der möglichkeit der maschinellen invasiven beatmung, verfügt zu haben, insgesamt also 62 high-care-betten. zu low care-betten hat die klägerin damals und auch im weiteren verfahren keine angaben gemacht, sodass der ausgangswert des beklagten insoweit nicht fehlsam und nicht ersichtlich ist, welche betten sie nicht hat melden können. 30soweit die klägerin vorträgt, sie habe die 15 neonatologischen high care-betten nicht richtig melden können, überzeugt dies nicht, da diese in dem ausgangswert der high care-betten zum 15. märz 2020 enthalten waren. zudem wäre es verwunderlich, dass es bei 15 nicht ordnungsgemäß meldefähigen neonatologischen high care-betten am ende zu einer bettendifferenz von 11 betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit kommt, nicht jedoch zu einer differenz von 15 betten. insoweit liegt vielmehr nahe, dass die differenz von 11 betten jene 11 betten sind, die die klägerin zusätzlich in aufwachräumen eingerichtet haben will. dass die klägerin diese nicht in j. .nrw gemeldet haben könnte, legt bereits die e-mail der klägerin vom 30. juni 2020 nahe, denn dort spricht die klägerin, bezüglich der 30 bereits genehmigten zusätzlichen maschinellen beatmungskapazitäten davon, dass dieser aufwuchs ordnungsgemäß in j. .nrw gemeldet worden sei, ein passus, der bei ihren ausführungen zu den elf im aufwachraum eingerichteten weiteren betten fehlt. zudem hat der prozessbevollmächtigte der klägerin in der mündlichen verhandlung angegeben, dass es sich um einen meldefehler gehandelt habe, die elf betten also tatsächlich nicht in j. .nrw gemeldet worden sind. 31auch soweit der prozessbevollmächtigte der klägerin im verfahren ausgeführt hat, die vom beklagten abgefragten daten seien nicht geeignet, sämtliche in krankenhäusern vorgehaltenen arten von intensivbetten abzubilden, steht dies einer eignung einer j. .nrw-abfrage zur nachweisführung nicht entgegen, denn es kommt gar nicht darauf an, sämtliche in einem krankenhaus vorgehaltenen intensivbetten abzubilden. für das genehmigungsverfahren nach § 21 abs. 5 khg kommt es allein auf einen abgleich der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit möglichkeit der maschinellen beatmung bis zum 15. märz 2020 und ab dem 16. märz 2020 an. dies ist in j. .nrw abbildbar. ob ein krankenhaus darüber hinaus noch weitere intensivmedizinische behandlungskapazitäten ohne möglichkeit der maschinellen beatmung vorhält, ist irrelevant. insbesondere kam es nicht auf die vom der beklagten zum 15. märz 2020 vorgehaltenen 31 imc-betten an, denn diese waren ausweislich der e-mail der beklagten vom 30. juni 2020 nicht mit der möglichkeit der maschinellen beatmung ausgestattet und damit für die betrachtung ohne belang. soweit der prozessbevollmächtigte der klägerin suggerieren möchte, es gebe einen fließenden übergang vom imc-, über das low care-, bis zum high care-bett, je nachdem, wie sich der zustand des patienten entwickele, ist dies spätestens mit dem inkrafttreten der divi-ir-vo und der damit einhergehenden legaldefinition von low care- und high care-betten, zumindest rechtlich ausgeschlossen. 32b) 33der einzelrichter folgt auch nicht der auffassung der klägerin, mit der von dem beklagten geübten verwaltungspraxis des abstellens auf die j. .nrw-meldungen werde faktisch eine materielle präklusion verfolgt, die dem wortlaut der bundesrechtlichen normen des § 21 abs. 5 khg widerspreche. 34die vom beklagten aufgestellten fördervoraussetzungen halten sich unter beachtung des rechtsstaatsprinzips an den von § 21 abs. 5 khg aufgestellten rahmen. der bundesgesetzgeber hat mit dieser regelung die förderung zusätzlicher intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten oder durch einbeziehung von betten anderen stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000,00 eur aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds bereitgestellt. die materielle prüfung der fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden (§ 21 abs. 5 satz 1 khg); nach durchgeführter genehmigung erfolgt die auszahlung durch das bundesamt für soziale sicherung (§ 21 abs. 5 satz 3 khg). die durchführung der genehmigungsverfahren wird den für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen landesverwaltungspraxis unterworfen. insoweit können die bundesländer jeweils unterschiedliche anforderungen an den nachweis aufstellen, z.b. durch förderrichtlinien. die von dem ministerium aufgestellten grundsätze des förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden krankenhäusern zugänglich gemachten „ergänzenden merkblatt für die pauschale für die schaffung zusätzlich intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach § 21 abs. 5 khg i.v.m. covid-19-krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten). 35diese fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche vorgaben, die das verwaltungshandeln der genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. sie bewirken eine interne rechtliche bindung des verwaltungshandelns. eine über die der verwaltungsvorschrift innewohnende interne bindung der verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende außenwirkung wird nur durch den gleichheitssatz und das im rechtsstaatsprinzip verankerte gebot des vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der ausprägung, welche die verwaltungsvorschriften durch die ständige verwaltungspraxis gefunden haben. 36ovg nds., beschluss vom 07.10 2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.;vgl. auch urteil der kammer vom 19.02.2021 – 21 k 3928/20 ‑. 37maßgeblich ist mithin, wie die zur anwendung der verwaltungsvorschriften berufenen behörden die verwaltungsvorschrift im maßgeblichen zeitpunkt in ständiger, vom urheber der vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter praxis gehandhabt haben und in welchem umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen gleichheitssatz gebunden sind. 38ovg nds., beschluss vom 07.10.2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 03.09.2002 – 15 a 2777/00 -, in: juris (rn. 36). 39hält sich die bewilligungsbehörde an die förderrichtlinien, ist sie durch den gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche gründe eine abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 40bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 41weicht die behörde indes generell von den förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende wirkung, sodass sich die vereinbarkeit des verwaltungshandelns mit dem gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen verwaltungspraxis beurteilt. 42bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 43gemessen an diesen voraussetzungen stellt sich die entscheidung des beklagten, die genehmigung zu versagen, als rechtmäßig dar. ein verstoß gegen den gleichheitssatz setzt im regelfall die feststellung einer ansonsten abweichenden verwaltungspraxis voraus. 44vgl. bverwg, urteil vom 23.04.2003 – 3 c 25/02 -, in: juris (rn. 18). 45an einer solch abweichenden verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. der beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der antragstellung aller interessierten krankenhäuser, die überprüfung des bettenbestandes auf zusätzliche intensivbetten mit maschineller beatmungskapazität mit dem abgleich der in dem landeseigenen meldesystem j. .nrw hinterlegten intensivbetten abhängig gemacht hat. damit hat er allen antragstellenden krankenhäusern ‑ und damit auch der klägerin ‑ ermöglicht, durch die eintragung in j. .nrw im sinne einer „selbstauskunft“, 46nr. 1 pkt. 4 der handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten), 47den nachweis für die schaffung der zusätzlichen bettenkapazität zu erbringen. 48nach den fördergrundsätzen ist für die bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen kapazitäten der tatsächlich aufgestellte bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. für die zweite prüfungsrunde (anträge nach dem 21.04.2020) wurde der stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. das verfahren sieht die nutzung von formblättern vor. mit dem nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen bettenbestandes zu einem bestimmten zeitpunkt ist die eintragung der intensivmedizinischen kapazitäten im landeseigenen meldesystem j. .nrw verbunden. es erfolgt ein entsprechender abgleich der beantragten zusätzlichen betten mit den in j. .nrw hinterlegten intensivbetten. darauf wurden die antragstellenden krankenhäuser zudem mit begleit-e-mails hingewiesen (vgl. e-mail an die klägerin vom 18.06.2020). 49die für das förderverfahren niedergelegten vorgaben widersprechen nicht dem verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. mit dem eintrag im meldesystem j. .nrw konnten die antragstellenden krankenhäuser, die das meldeportal j. .nrw ohnehin auch in anderen angelegenheiten des krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die voraussetzungen für eine förderung nachweisen. die klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das meldeportal j. .nrw zu nutzen. für den nachweis des aufwuchses an beatmungskapazitäten war damit der eintrag im meldeportal j. .nrw (auch für die klägerin) geeignet. letztlich bedeutet der vorgeschriebene nachweis nichts anderes als die verwendung eines (elektronischen) formulars. 50der einzelrichter tritt der auffassung der klägerin nicht bei, dem beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum zeitpunkt der antragstellung den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand unabhängig von einer meldung in einem datenportal zu ermitteln. zwar mag die vorlage von nachweisen (z.b. kaufvertrag oder aufstellplänen etc.) eine denkbare möglichkeit sein; der beklagte hat sich in seiner verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den eintrag in j. .nrw beschränkt. soweit die klägerin mit ihrem einwurf vorbringen will, der beklagte hätte bei zweifeln an der richtigkeit von angaben auch selbst vor ort im krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen verhältnissen im rahmen der pandemielage im jahr 2020. über den höherer verwaltungstechnischer aufwand (z.b. vorlage von rechnungen, auslieferungsbelegen, aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller aufwand (z.b. nachprüfung der vorgelegten dokumente, überprüfung vor ort in den krankenhäusern (z.b. durch beschäftigte der zuständigen behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher inanspruchnahme. dies widersprach zum damaligen zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen vorgaben der reduzierung persönlicher kontakte und der notwendigkeit zügigen eingreifens im rahmen der pandemielage unter schneller schaffung finanzieller mittel für die betroffenen krankenhäuser zur schaffung der erwünschten kapazitäten unter beständiger vorgabe der herabsetzung des allgemeinen infektionsrisikos. 51bt-drs. 19/18112, passim, vgl. nur s. 2, 3, 21 f. 52soweit die klägerin darauf hinweist, die verwaltungspraxis in anderen bundesländer zeige, dass auch ein anderer nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten möglich sei 53‑ antragstellung versehen mit nachweisen (angaben zum maschinellen beatmungsgerät, rechnungen, lieferscheine sowie auflistungen), verbunden mit schilderung der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten vor der pandemie sowie die getroffenen anpassungsmöglichkeiten (auflistung des bestandes an beatmungsgeräten vor und nach den anpassungsnahmen unter angabe der bezeichnung, des herstellers, der id-nummer, der seriennummer sowie des imt-typ; lageplan, in welchem bereich umbaumaßnahmen zum betrieb der zusätzlichen beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 54steht dies nicht der vom land nordrhein-westfalen ausgewählten verwaltungspraxis entgegen, die den nachweis an den eintrag in der datenbank j. .nrw vorgesehen hat und damit den weg zur möglichen detailprüfung in einem subventionsrechtlichen nachprüfungsverfahren – zum zweck der überprüfung, ob die beantragten und genehmigten zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen worden sind ‑ eröffnet hat. der beklagte hat sich im rahmen des ihm eingeräumten weiten ermessens zur regelung seiner verwaltungspraxis gegen die von der klägerin vorgeschlagenen aufwendigen nachweismöglichkeiten zum zeitpunkt der genehmigungsentscheidung und für die form einer „selbstauskunft“ entschieden. es ist dem einzelrichter nicht ersichtlich, dass der beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten krankenhäuser entgegenkommende lösung den rechtsstaatlichen rahmen der gestaltung seiner verwaltungspraxis verlassen hätte. im übrigen ist damit eine auch in anderen subventionsverfahren nicht unübliche praxis der „nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere überprüfung der tatsächlichen verhältnisse nach vorlage von verwendungsnachweisen. auch in den vorliegenden fällen der förderung zusätzlicher intensivbehandlungskapazitäten im zusammenhang mit der covid-19-pandemie erscheint eine spätere „nachkontrolle“ genehmigter kapazitäten und bewilligter auszahlungen durch die zuständigen behörden nicht ausgeschlossen. 55durch die abfrage der daten aus j. .nrw zu bestimmten stichtagen ist auch keine materielle präklusion eingetreten, da die krankenhäuser stets weitere anträge stellen konnte, sie also nicht aufgrund einer fehlerhaften eintragung in j. .nrw zu einem bestimmten stichtag von der leistung ausgeschlossen waren. hierauf wurde die klägerin sowohl in dem bescheid vom 3. juni 2020 als auch in der e-mail vom 18. juni 2020 hingewiesen. in dieser mail heißt es: 5657hierzu hat das mags die anträge mit den meldungen in j. .nrw zum stichtag 21.04.2020 abgeglichen. die meldung in j. .nrw ist für die krankenhäuser verpflichtend und wird auch zukünftig im antragsverfahren berücksichtigt. in einigen fällen kam es wie bei ihnen deshalb zu einer teilweisen genehmigung. 58es steht ihnen frei, weitere anträge zu stellen. voraussetzung ist immer. dass die kapazitäten tatsächlich geschaffen worden sind. 59hieraus wird nicht nur deutlich, dass die meldungen in j. .nrw maßgeblich für die antragsbearbeitung sind, sondern durch die verwendung des plurals („weitere anträge“), dass auch mehrere wiederholungsanträge möglich sind, sofern die tatsächlich weitere kapazitäten geschaffen und diese in j. .nrw gemeldet worden sind. dass ein entsprechender hinweis nicht auch noch in dem angefochtenen bescheid vom 21. september 2021 enthalten ist, ist vor diesem hintergrund unschädlich. 602. 61jedoch selbst wenn die klägerin die elf in den aufwachräumen geschaffenen weiteren intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung ordnungsgemäß in j. .nrw gemeldet hätte oder diese nun noch nachmelden oder den nachweis auf andere weise erbringen könnte, hätte sie – selbständig tragend – keine anspruch auf die genehmigung weiterer elf intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung, denn mit den bereits genehmigten 30 kapazitäten wäre dieser anspruch bereits erfüllt, da die klägerin keinen anspruch auf genehmigung dieser betten hatte, denn diese stammten nach den angaben des prozessbevollmächtigten der klägerin in der mündlichen verhandlung aus der abteilung intensivmedizin. 62die kammer – und sich dieser anschließend der einzelrichter ‑ vertritt die auffassung, 63urteil vom 19.02.2021 – 4112/20 ‑, 64dass die nachrüstung bestehender intensivmedizinischer betten mit beatmungsgeräten die gesetzlichen voraussetzungen für die genehmigung nach § 21 abs. 5 satz 1 khg durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde nicht erfüllt. 65für diese auslegung spricht sinn und zweck der regelung, die die erforderlichen kapazitäten im rahmen der pandemie schaffen will. § 21 abs. 5 satz 1 khg wurde im rahmen des covid-19-krankenhausentlastungsgesetzes eingefügt. damit wollte der gesetzgeber leistungsfähige intensivmedizin fördern, die in der lage ist, einen effektiven beitrag zur bekämpfung der pandemie zu leisten. der gesetzgeber ging davon aus, dass es aufgrund der covid-19-pandemie einen erwartbar steigenden bedarf an intensiv- und beatmungskapazitäten geben wird, daher sollten die krankenhäuser für zusätzlich provisorisch geschaffene oder vorgehaltene intensivbetten einen bonus erhalten. 66bt-drs. 19/18112, s. 21. 67mit aufstellung von betten ist die schaffung gänzlich neuer bettenkapazitäten gemeint, was bei der bloßen aufrüstung bereits vorhandener betten nicht der fall ist. auch die einbeziehung von betten anderer stationen spricht vorliegend dafür, dass es sich um betten handeln muss, die nicht der intensivstation zugehören, denn dann würde es sich um betten derselben station handeln. 68das ziel der erhöhung von bettenkapazitäten für die behandlung von covid-19-erkrankten durch schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten wird aber nicht erreicht, wenn bestehende intensivbetten lediglich aufgerüstet werden, denn dadurch wird keine zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazität geschaffen. 69daher sollte der pauschbetrag von 50.000,00 euro auch ausdrücklich für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene intensivbetten gezahlt werden. 70bt-drs. 19/18112, s. 2. 71da der gesetzgeber vor diesem hintergrund auch von einem steigenden bedarf an intensivbetten ohne beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist, war die aufrüstung bereits bestehender intensivkapazitäten mangels zusätzlicher bereitstellung für ihn kein förderungswürdiger vorgang. vielmehr sollte nach seiner intention die förderung daran geknüpft werden, dass die zusätzlich vorgehaltenen oder geschaffenen intensivbetten über eine maschinelle beatmungsmöglichkeit verfügen. 72bt-drs. 19/18112, s. 28. 73vor diesem hintergrund wird hinreichend deutlich, dass der gesetzgeber die förderung an zwei voraussetzungen knüpfen wollte. zum einen mussten zusätzliche intensivbetten geschaffen werden, sei es durch neuaufstellung oder einbeziehung von betten anderer (nicht-intensiv-) stationen, und zum anderen mussten diese zusätzlichen betten mit der möglichkeit zur maschinellen beatmung ausgestattet werden. 74gegen diese auslegung der bestimmung des § 21 abs. 5 s. 1 khg spricht auch nicht, dass – wie die prozessbevollmächtigten nochmals in der mündlichen verhandlung auch unter hinweis auf die „empfehlungen zur struktur und ausstattung von intensivstationen ‑ hintergrundtext ‑, verabschiedet mit beschluss des präsidiums der deutschen interdisziplinären vereinigung für intensiv- und notfallmedizin (divi) vom 30.11.2010“ vorgetragen haben ‑ ein ausbau einer intensivstation mit erheblichen technischen, baulichen und infrastrukturellen schwierigkeiten sowie mit personellen notwendigkeiten verbunden ist, die nicht in kurzen zeit erreicht werden könnten, so dass aufgrund dessen dem willen des gesetzgebers zum raschen aufbau von beatmungskapazitäten keineswegs rechtzeitig hätte nachgekommen werden können. diese überlegungen müssten auch bei der auslegung des gesetzlichen tatbestandes berücksichtigt werden; dem willen des gesetzgebers werde man nur gerecht, wenn auch eine aufrüstung bestehender intensivbetten im sinne des § 21 abs. 5 satz 1 khg genehmigungsfähig sei. 75dieser argumentation steht entgegen, dass der gesetzgeber im rahmen der covid-19-pandemie auch von einem steigenden bedarf an intensivbetten ohne beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist. dieser steigende bedarf hätte nicht dadurch gedeckt werden können, die bestehenden intensivbetten – ohne ihre anzahl zu erhöhen – mit beatmungskapazität auszustatten, wie die klägerin vorbringt. davon abgesehen, kann die kammer nicht erkennen, dass es anderen krankenhäusern, als dem der klägerin, nicht möglich gewesen wäre, bestehende strukturen in den intensivstationen durch zusätzliche intensivbetten auszubauen und mit der erforderlichen beatmungskapazität auszustatten. 76maßgeblich ist auch nicht der von dem prozessbevollmächtigten der klägerin erstmals in der mündlichen verhandlung vorgebrachte stationsbegriff des § 2 abs. 4 satz 1 pflegepersonaluntergrenzen -verordnung (ppugv). unabhängig davon, dass die klägerin es versäumt hat substantiiert darzulegen, dass die aufgerüsteten imc-betten der abteilung intensivmedizin tatsächlich nicht der intensivstation im engeren sinne zugeordnet waren, kommt es hierauf im ergebnis auch nicht an. das maß an intensivmedizinischen behandlungskapazitäten, welches der gesetzgeber durch die einführung des § 21 abs. 5 khg hat aufstocken wollen, bestimmt sich nach dem krankenhausplanerisch festgestellten intensivmedizinischen versorgungsauftrag eines jeden krankenhauses. nur wenn nach dem aufwuchs der kapazitäten die zahl intensivmedizinischen behandlungskapazitäten des krankenhauses im vergleich zu der im feststellungsbescheid ausgewiesenen anzahl der intensivpflegebetten am ende steigt, ist das gesetzgeberische ziel erreicht, unabhängig davon, wo die ursprünglichen intensivpflegebetten vormals räumlich und organisatorisch zugeordnet waren. hierfür spricht auch das in § 21 abs. 5 satz 1 khg festgelegte genehmigungserfordernis für die neuen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung, denn krankenhausplanerisch wird lediglich eine bestimmte anzahl von intensivpflegebetten genehmigt, ohne deren konkrete ausstattung zu bestimmen. werden aufgrund des feststellungsbescheides bereits genehmigte intensivpflegebetten mit eine möglichkeit zur maschinellen beatmung aufgerüstet, so bedürfte es hierfür keiner gesonderten genehmigung durch die für krankenhausplanung zuständige landesbehörde. einer solchen bedarf es nur, wenn neue, bisher vom feststellungsbescheid nicht erfasste intensivmedizinische behandlungskapazitäten aufgestellt oder betten, die nicht intensivpflegebetten sind, umgewidmet werden. 77da die klägerin mit der aufrüstung der 30 imc-betten die dargestellten voraussetzungen des § 21 abs. 5 satz 1 khg schon nicht erfüllt hat, im ergebnis mithin bereits 30 zusätzliche kapazitäten zu viel genehmigt worden sind, hat sie gegen den beklagten auch unter diesem gesichtspunkt keinen anspruch auf die genehmigung weiterer elf intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung. 783. 79die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 80die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit findet ihre grundlage in §§ 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo, 709 zivilprozessordnung. 81rechtsmittelbelehrung: 82gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 83der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 84innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 85die berufung ist nur zuzulassen, 861. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 872. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 883. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 894. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 905. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 91die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 92über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 93im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 94die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 95beschluss: 96der streitwert wird auf 550.000,00 euro festgesetzt. 97gründe: 98die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 gkg erfolgt. 99rechtsmittelbelehrung: 100gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 101die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 102die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 103die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 104die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 105war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist 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} | 21 K 6279/20 | 2021-11-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG. 3Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses, das mit Feststellungsbescheid der Bezirksregierung E. Nr. 0000 vom 03.04.2020 in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein Westfalen aufgenommen worden ist. Die Anlage zum Feststellungsbescheid weist ein Betten-Soll von 58 Intensivpflegebetten sowie ein Perinatalzentrum Level 1 (KHP 2015 Kap. 5.3.2) – ohne weitere Ausweisung von neonatologischen Intensivbetten ‑ aus. 4Auf einen ersten Antrag der Klägerin vom 07.04.2020 hatte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Beklagten (nachfolgend Ministerium) mit bestandskräftig gewordenem Teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 die Genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungsgruppen mit maschineller Beatmungsmöglichkeit für 49 Intensivpflegebetten (ICU high care – invasive Beatmung) ab dem 16.03.2020 erteilt und im Übrigen hinsichtlich weiterer 2 entsprechender Intensivpflegebetten den Antrag abgelehnt. Zur Begründung wurde angegeben, der von der Klägerin dargelegte Aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten habe nicht in Gänze den in J. .NRW zur Verfügung stehende Intensivbetten entsprochen. Genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur Verfügung stehende intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. 5Unter dem 16.06.2020 beantragte die Klägerin unter nochmaliger Übersendung eines Doppels des von dem Ministerium vorgesehenen und ausgefüllten Formblattes vom 07.04.2020 erneut die Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG für insgesamt 51 zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Bearbeitungsmöglichkeit ab dem 16.03.2020. In dem der Übersendungsemail vom 16.06.2020 beigefügten Anschreiben erläuterte die Klägerin, sie könne aus der Begründung des Teilgenehmigungsbescheides vom 03.06.2020 nicht entnehmen, wie die Antragsprüfung vorgenommen worden sei und welche Gründe gegen eine antragsgemäße Bescheidung angeführt würde. Auch bei Betrachtung der J. .NRW-Daten für ihre Klinik sei die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Die Klinik habe seit dem 16.03. d. J. die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Beim Abgleich der Daten sei es intern offensichtlich zu einem Missverständnis gekommen. Sie hätten im J. .NRW am 06.04.2020 zunächst 42 Betten als Erstmeldung eingetragen, die dann am 08.04.2020 auf 46 korrigiert worden seien. In diesen 46 Betten seien versehentlich zwei Kinderintensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit enthalten gewesen, die in der DIVI-Meldung dann korrekt auch nicht enthalten gewesen seien. Die 95 danach gemeldeten Betten hätten hingegen lediglich Erwachsenenbetten beinhaltet, sodass tatsächlich zusätzlich wie gemeldet 51 Betten geschaffen worden seien. Leider sei eine nachträgliche Korrektur der Daten nicht möglich. Um jedoch eine Konsistenz mit anderen Pflichtmeldungen einzuhalten, hätten sie dann weiter die korrekten Zahlen gemeldet. Insoweit werde auch um die Genehmigung der weiteren zwei Betten gebeten. 6Mit Email vom 22.06.2020 erläuterte die Klägerin nochmals die Sicht aus ihrer Situation und teilte dem Ministerium mit, der Antrag sei nicht in vollem Umfang berücksichtigt worden, weil versehentlich und vorübergehend 2 Kinderintensivbetten in die vorhandene Intensivbettenzahl eingerechnet und gemeldet worden seien, die erst im Nachgang wieder korrigiert worden sei. Richtig wäre bei den Ausgangsdaten die Meldung von 44 Betten gewesen, gemeldet worden seien aber 46 (44 Erwachsenenbetten und 2 Kinderintensivbetten). Die entsprechende DIVI-Meldung sei korrekt gewesen, im J. .NRW sei dies, nachdem es aufgefallen sei, ebenfalls korrigiert. Nach dem 15.03. d. J. habe die Klinik zusätzlicher 51 Intensivbetten geschaffen und tatsächlich zur Verfügung gestellt. 7Mit Ablehnungsbescheid vom 28.09.2020 lehnte das Ministerium den weiteren Antrag ab. Zur Begründung wurde angegeben, bei der Auswahl der zu genehmigenden Maßnahmen hätten nur förderungsfähige Anträge berücksichtigt werden können. Als nicht förderfähig sei ein Antrag aus folgenden Gründen eingestuft worden: 8„- Der von Ihnen dargelegte Aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazität wird nicht in vollen Umfang im COVID-19-Modul in J. .NRW abgebildet, weil1. Ihr Antrag einen Planungsstand und damit einen zukünftigen Aufwuchs anzeigt oder2. Ihr Antrag einen Aufwuchs anzeigt, der nicht ordnungsgemäß im COVID-19-Modul in J. .NRW gemeldet ist.- Der krankenhausplanerische Versorgungsauftrag umfasst nicht die intensivmedizinische Versorgung.- Die Antragsfrist wurde nicht eingehalten.- Der Krankenhausträger befindet sich in einem laufenden Insolvenzverfahren.Genehmigt und anschließend gefördert werden können nur bereitgestellte intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit.“ 9Dagegen hat die Klägerin am 21.10.2020 Klage erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Begründung des Beklagten, weshalb die Genehmigung im angegriffenen Ablehnungsbescheid versagt worden sei, könne bereits nicht nachvollzogen werden. Der Ablehnungsbescheid weise insoweit ein Begründungsdefizit auf. Nach § 39 Abs. 1 S. 1 VwVfG sei ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung seien im Wesentlichen die tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen habe. Der Ablehnungsbescheid lasse nicht erkennen, aus welchen tatsächlichen und auch rechtlichen Gründen die Genehmigung versagt worden sei. Der angegriffene Bescheid führe hierzu abstrakte Fallgruppen auf, bei denen aus Sicht des Beklagten keine Förderungsfähigkeit und damit Genehmigungsfähigkeit bestehe. Es seien einer möglichen Interpretation nach mehrere Gründe zur Wahl gestellt worden. Der Ablehnungsbescheid enthalte dann aber keine Angaben darüber, welche der Fallgruppen auf die Klägerin zutreffen solle. Insofern werde nur festgehalten, dass nur bereitgestellte intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit genehmigt und anschließend gefördert werden könnten. Wo der konkrete Mangel für die fehlende Genehmigungsfähigkeit für die beantragten Intensivbetten läge, werde nicht genannt. Die Kapazitäten seien geschaffen worden und die gesetzlichen Voraussetzungen seien erfüllt worden. Soweit der Beklagte darauf abstelle, ein Begründungsmangel sei im Klageverfahren beseitigt worden, gehe dieser fehl. Die Voraussetzung für eine zulässige nachträgliche Begründung nach § 114 S. 2 VwGO liege nicht vor, da der Beklagte im Rahmen einer Entscheidung nach § 21 Abs. 5 KHG kein Ermessen zukomme. Ein Anspruch auf die Pauschale nach § 21 Abs. 5 KHG setze allein die Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten voraus. Diese habe die Klägerin geschaffen. Vielmehr beruhe die Versagung allein auf formellen Gründen (Meldung nach J. .NRW). Die konkrete Meldung zum J. .NRW auf deren Grundlage der Beklagte den angegriffenen Bescheid erlassen habe, sei der beigezogenen Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Daher könnten weder die Berechnung noch die Würdigung der eingegebenen Daten im J. .NRW-Portal nachvollzogen werden. Zudem bestehe keine materielle Präklusion dahingehend, dass die fehlende Meldung in J. .NRW den Anspruch aus § 21 Abs. 5 KHG ausschließe. Die bundesrechtliche Norm des § 21 Abs. 5 KHG mache den Anspruch nicht von einer Meldung abhängig. Eine Befugnis des Beklagten zum Unterlaufen von Bundesvorgaben bestehe nicht. Es bestünden auch keine Sachgründe, den Anspruch von einer Meldung in J. .NRW abhängig zu machen. Es sei dem Beklagten unproblematisch möglich, den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand, der durch die Pauschale nach § 21 Abs. 5 KHG abgedeckt werden solle, unabhängig von einer Meldung in einem Datenportal zu ermitteln. Die bundesrechtliche Norm des § 21 Abs. 5 KHG mache den Anspruch nicht von einer Meldung abhängig. Die konzedierte materielle Präklusion sei unter Berücksichtigung der Frage des Gesetzesvorbehalts, der Unvereinbarkeit mit Bundesrecht und der Unvereinbarkeit mit basalen Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips zu verneinen. Eine materielle Präklusion sei ersichtlich ohne Rechtsgrundlage. Ein tatsächlicher Aufwuchs an intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten im Krankenhaus der Klägerin habe stattgefunden; die damit verbundenen Aufwendungen seien erfolgt. Die ablehnende Entscheidung sei mangels Vortrages und Vorlage der vermeintlich maßgebenden J. .NRW-Meldung nicht nachvollziehbar und überprüfbar. Tatsächlich habe die Klägerin nach Korrektur einer fehlerhaften Meldung im J. .NRW den Ausgangswert 44 eingegeben und nachfolgend einen Aufwuchs von 95 Betten ebenfalls im J. .NRW hinterlegt. Das sei vor dem festgesetzten Stichtag 01./02.07.2020 geschehen und sei außerdem im Antrag sowie in der ergänzenden Kommunikation mitgeteilt worden. Wie der Beklagte hier anhand der J. .NRW-Meldungen zu einem anderen Ergebnis komme, sei nicht nachvollziehbar, schon weil das Land die J. .NRW-Meldungen nicht nachvollziehbar mitteile. Darüber hinaus habe die Klägerin unabhängig von den Meldungen die zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten tatsächlich geschaffen, die in der Folge auch betriebsbereit gewesen seien. Insoweit seien zusätzliche Betten mit Beatmungsgerät aufgestellt worden. Gleichermaßen sei zusätzliches Personal eingestellt wie auf vorhandenes Personal umgeschult worden, damit auch diese Covid-19-Patienten intensivmedizinisch hätten versorgt werden könnten. Ihr Krankenhaus weise im Feststellungsbescheid Nr. 1979 insgesamt 58 Intensivpflegebetten im Betten-Ist und im Betten-Soll auf. Von den 58 Intensivpflegebetten setzte sie 14 exklusiv als neonatologische Intensivbetten in ihrem Perinatalzentrum ein. Insoweit sei das Krankenhaus als Perinatalzentrum der Stufe 1 ausgewiesen. Sie halte dementsprechend auch die erforderlichen intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten für die Versorgung von Früh- und Risikogeburten vor. Diese 14 Betten könnten nicht mit Covid-19-Patienten belegt werden, da sie ausschließlich für die neonatologische Versorgung vorgesehenen und verwendet würden. Dementsprechend habe sie vor der Schaffung der zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten insgesamt über 44 Intensivpflegebetten verfügt. Bei der Meldung bezüglich des ersten Antrages auf Erteilung der Genehmigung habe die Klägerin aufgrund eines Fehlers den Intensivpflegebettenbestand zum 15.03.2020 fälschlicherweise mit 46 anstelle der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen 44 Betten angegeben. Diese unrichtige Angabe sei korrigiert worden. Ausgangsstand seien 44 Betten und Schlussstand seien 95 Betten gewesen. Dass das so nicht im J. .NRW gemeldet worden sei, wie der Beklagte meine, sei nicht nachvollziehbar. Dies werde zwar behauptet, Meldungen seien aber weder vorgelegt worden noch der Verwaltungsakte zu entnehmen. 10Auf den Gerichtsbescheid vom 25.08.2021, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30.08.2021 zugestellt, hat die Klägerin mit Schreiben vom 14.09.2021 Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Zur weiteren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, Ausgangspunkt der Erwägungen bleibe, dass die Klägerin zum Stichtag des 16.03.2020 tatsächlich über 44 Intensivbetten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit für Erwachsene verfügt habe und am 01.07.2021 zusätzliche 51 geschaffen habe. Die Klägerin habe den Anfangsbestand von 44 Intensivbetten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit nach einer Korrektur entsprechend im J. .NRW Portal gemeldet. Ausweislich der eigenen Auswertungstabelle des Beklagten habe die Klägerin für den Bestand am 01.07.2021 insgesamt 102 Intensivbetten gemeldet, so dass der tatsächlich erfolgte Aufwuchs entsprechend auch im J. .NRW Portal gemeldet worden sei und damit auch für den Beklagten erkennbar gewesen sei. Für die Beurteilung über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Förderung nach § 21 Abs. 5 KHG komme es nicht allein auf die J. .NRW Meldungen an, sondern es müsse ein Nachweis auch auf andere Weise möglich sein. Dies folge u.a. daraus, dass es keine rechtliche Grundlage für die Präklusion existiert. Gleichermaßen sei die im J. .NRW und in den Anträgen gewählte Klassifizierung in Low-Care- und High-Care-Betten unter dem tatsächlichen Aspekt ungeeignet, um das Vorliegen oder eben Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen zu beurteilen. Selbiges gelte für die Antragsunterlagen, die gleichermaßen nur eine Angabe von Low-Care- und High-Care-Betten vorgesehen haben. Unter diesem Aspekt könne der Anfangsbestand an Intensivbetten aufgrund der Angaben der Klägerin im Antrag unzutreffend ermittelt worden sein. Insofern habe die Klägerin 14 neonatologische Intensivbetten als ICU High Care Betten angegeben. Indes seien die Intensivbetten ausschließlich im Perinatalzentrum eingesetzt worden und hätten für die Behandlung von Covid-19-Patienten gar nicht zur Verfügung gestanden. Es spreche nichts gegen eine vorläufige Beurteilung aufgrund Meldungen im J. .NRW. Seien die daraus abgeleiteten Ergebnisse aber nachweislich unrichtig, müsse im Rahmen einer Nachprüfung eine Korrektur möglich sein. Das sei in anderen Bundesländern möglich gewesen. Warum dem in NRW rechtliche Gründe oder gar tatsächliche Unmöglichkeiten entgegenstehen sollen, habe der Beklagte nicht nachvollziehbar machen können. Ausgehend hiervon habe die Klägerin ausgehend von einem Ursprungsbestand an 44 Intensivbetten 51 zusätzliche Intensivbetten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen und auch vorgehalten. Damit habe sie das, was beantragt und genehmigt worden sei, auch tatsächlich umgesetzt. Bereits die tatsächliche Umsetzung allein führe zum Vorliegen der Voraussetzungen der Genehmigung nach § 21 Abs. 5 KHG, unabhängig von dem, was im J. .NRW Portal angegeben worden sei. Hinsichtlich des J. .NRW Portals werde eine Geeignetheit angenommen. Der Beklagte setze sich aber nicht damit auseinander, dass die Intermediate-Care-Betten oder andere Intensivbettentypen mit der gewählten Klassifizierung LC und HC eben nicht abgefragt werden können. Ebenso übergehe der Beklagte die Rüge, dass die Kategorisierung im J. .NRW schon generell am materiellen Maßstab des § 21 Abs. 5 KHG vorbeigehe. Die einzig relevante maschinelle Beatmung werde nicht abgefragt, sondern durchweg abweichende Kategorien. Wie ein Meldesystem insoweit geeignet sein solle, lasse sich der Begründung der Beklagten nicht entnehmen. Es gebe keinen Grund, andere Nachweise als den Eintrag in J. .NRW auszuschließen. In Niedersachsen sei es Verwaltungspraxis, mit der Antragstellung Nachweise für die zusätzliche Schaffung oder zusätzliches Vorhalten zu übermitteln, z.B. konkrete Angaben zum maschinellen Beatmungsgerät, Rechnungen, Lieferscheine sowie Auflistungen. Das Krankenhaus habe zum Nachweis eine Schilderung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten vor der Pandemie sowie die getroffenen Anpassungsmöglichkeiten vorzusehen. Beigefügt werde eine Auflistung des Bestandes an Beatmungsgeräten vor und nach den Anpassungsnahmen unter Angabe der Bezeichnung, des Herstellers, der ID-Nummer, der Seriennummer sowie des IMT-Typ. Mithilfe eines Lageplanes werde dargelegt, in welchem Bereich Umbaumaßnahmen zum Betrieb der zusätzlichen Beatmungsplätze getroffen würden. Zudem begründe die Beklagte nicht, warum in einem Gerichtsverfahren anderweitige Beweismittel für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 21 Abs. 5 KHG ausgeschlossen sein sollten. Das sei der einzig strittige Punkt bzgl. des Meldeverfahrens und zu diesem einzig strittigen Punkt verhalte sich die Beklagte und der Gerichtsbescheid nicht. Es werde keine Rechtsgrundlage benannt, welche es begründen könne, dass die Beweisführung gemäß der VwGO unter Ausschöpfung der Beweismittel der VwGO ausgeschlossen wäre. 11Die Klägerin beantragt, 12den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheids vom 28.09.2020 zu verpflichten, die unter dem 16.06.2020 beantragte Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG für weitere 2 Intensivpflegebetten (ICU high care – invasive Beatmung) – über die bereits genehmigten 49 Intensivpflegebetten hinaus ‑ zu erteilen. 13Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung wird angegeben, ausweislich der Handreichung im „Merkblatt über die Pauschale für die Schaffung zusätzlich intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG i.V.m. Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ sei maßgebend für die Bestimmung der förderfähigen intensivmedizinischen Kapazitäten der tatsächlich vorhandene Bettenbestand zum 16.03.2020. Gefördert würden die zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit (durch Aufstellung von Betten oder Einbeziehung aus anderen Stationen), welche zum tatsächlich aufgestellten Bettenbestand zum 16.03.2020 hinzukämen. Zur Überprüfung des Bettenbestandes würden entsprechend der internen Unterlage die beantragten zusätzlichen Intensivbetten mit den in dem landeseigenen Meldesystem J. .NRW hinterlegten Intensivbetten abgeglichen. Erst durch die Eintragung in J. .NRW werde durch die Antragstellerin der Nachweis für die Schaffung der zusätzlichen Bettenkapazität erbracht. Für den ersten Prüfungsdurchgang sei der Stichtag 21.04.2020 festgelegt worden. Bei Anträgen, die vor dem 22.04.2020 eingereicht worden seien, seien die beantragten zusätzlichen Intensivbetten mit den am 21.04.2020 bei J. .NRW gemeldeten Betten abgeglichen worden. Für die zweite Prüfungsrunde, also für Anträge, die nach dem 21.04.2020 eingereicht worden seien, sei der 01./02.07.2020 ausgewählt worden. Im Nachgang zu diesen Prüfungsdurchläufen seien weitere mit geringerem Antragsaufkommen durchgeführt worden. Nur durch diese Verfahren sei das Ministerium in der Lage gewesen, die große Zahl an Anträgen anhand derselben Maßstäbe zu prüfen. Aufgrund der Möglichkeit mehrere Anträge zu stellen, seien im Rahmen der an den ersten Durchgang anschließenden Prüfungsrunden sowohl Erstanträge als auch durch Krankenhäuser erneut gestellte Anträge beschieden worden. Auf die Möglichkeit der erneuten Antragstellung sei sowohl im Rahmen des Ablehnungsbescheids der ersten Prüfungsrunde als auch in der zugehörigen Begleit-E-Mail hingewiesen worden. Ebenso sei das Verfahren erläutert worden. Hierbei sei ausdrücklich auf die Stichtagsregelung und die maßgebliche Meldung im J. .NRW hingewiesen worden. Bereits mit dem Teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 seien 49 der am 16.06.2020 beantragten 51 Betten mit maschinellen Beatmungsmöglichkeiten genehmigt worden. Da insoweit bereits eine Förderung gewährt worden sei und in der Anzahl keine zusätzliche intensivmedizinische Bettenkapazität mit maschinellen Beatmungsmöglichkeiten geschaffen worden seien, sei der erneute Förderantrag insoweit rechtmäßiger Weise abgelehnt worden. Darüber hinaus sei auch der Antrag bezüglich der übrigen 2 Betten rechtmäßiger Weise abgelehnt worden, da die Klägerin die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Zusätzliche Behandlungskapazitäten könnten durch das Aufstellen von Betten oder durch Einbeziehung von Betten auf anderen Stationen geschaffen werden und müssten in der täglichen Abfrage des J. .NRW spätestens zum Stichtag der jeweiligen Prüfungsrunde gemeldet sein. Zum für die zweite Genehmigungsrunde maßgeblichen Stichtag 01./02.07.2020 seien die beantragten 2 Betten nicht im J. .NRW gemeldet gewesen. Das Ministerium habe mit dieser Stichtagsregelung und der Meldepflicht im J. .NRW auch aufgrund seiner tatsächlichen Verwaltungspraxis in Anbetracht der Operabilität der zahlreichen Antragseingänge und zur Gewährleistung der einheitlichen und an den gleichen Maßstäben orientierten Bescheidung arbeiten dürfen. Dies sei auch sachgerecht und letztlich im Sinne der Antragsteller, da so ein einfacher Nachweis der tatsächlich vorhandenen Betten habe geführt werden können. Die Auswahl des Stichtags sei auch nicht willkürlich erfolgt, sondern habe der Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis damit der Gleichbehandlung der Antragsteller gedient. Ein etwaiger Begründungsmangel sei gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG NRW geheilt. Im Übrigen sei die tatsächliche Schaffung der beantragten intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten entgegen der Auffassung der Klägerin nicht unstreitig. Vielmehr sei die tatsächliche Schaffung der Kapazitäten durch fehlende Meldung in J. .NRW nicht nachgewiesen. Das gleiche gelte auch für die von der Klägerin behaupteten Aufwendungen zur Schaffung der Kapazitäten. Aus der zum Verwaltungsvorgang genommenen Berechnungstabelle gehe hervor, dass für die Klägerin zum maßgeblichen Stichtag lediglich 102 Betten (27 Betten ICU low care und 75 Betten ICU high care) gemeldet gewesen seien. Soweit die Klägerin von den Beklagten verlangen, die „vermeintlich maßgebende J. .NRW-Meldung“ vorzulegen, treffe vielmehr die Klägerin die Darlegungslast. Der Beklagte habe das maßgebliche Prüfungsergebnis vorgelegt. Soweit die Klägerin dieser Prüfung entgegentrete, habe sie die für sie ohne weiteres zugängliche Meldehistorie in J. .NRW als entsprechenden Auszug vorzulegen. Der von der Klägerin geltend gemachte „Meldefehler“, soweit ihr das erwähnte Meldeversehen (fälschlicherweise 46 statt korrekt 44 Betten) unterlaufen sein sollte, habe für den vorliegend allein verfahrensgegenständlichen Folgeantrag keine Bedeutung gehabt. Denn dieser sei vom Ministerium allein auf der Basis der in diesem Zuge neu eingereichten Unterlagen bearbeitet worden, sodass auf die Meldung der Klägerin im Rahmen des Zweitantrags angekommen sei. Tatsächlich seien im System J. .NRW zum diesbezüglichen Stichtag nicht die aus dem Antragsformular hervorgehenden 124 Betten (15 Betten ICU low care und 58 Betten ICU high care zum 15.03.2020 zuzüglich 51 Betten ICU high care ab dem 16.03.2020) gemeldet gewesen, sondern lediglich 102 Betten (27 Betten ICU low care und 75 Betten ICU high care). Das klägerische Vorbringen sei damit schon nicht schlüssig. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist nicht begründet. 191.Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Genehmigung von 2 zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG. Der angefochtene Bescheid vom 28.09.2020 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 VwGO. 20a)Der angefochtene Bescheid vom 28.09.2020 bezüglich des (zweiten) Antrags unter dem 16.06.2020 war ursprünglich formell rechtswidrig, da er erhebliche Begründungsdefizite aufwies. Gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 VwVfG NRW sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Hierbei hat die Behörde auf den konkreten Einzelfall abzustellen. 21Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 39, Rdnr. 18. 22Dies hat die Behörde bei der Begründung des Bescheides vom 28.09.2020 nicht hinreichend beachtet. Der (später mitgeteilte) Ablehnungsgrund, der Antrag zeige einen Aufwuchs an, der nicht ordnungsgemäß im COVID-19-Modul in J. .NRW gemeldet sei, wird in der Begründung des Bescheids zwar auch genannt, aber nur neben weiteren, formelhaft aufgeführten, nicht die Klinik der Klägerin betreffende Begründungsmöglichkeiten. Insoweit fehlt es der Begründung an der erforderlichen, 23Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 39, Rdnrn. 23, 24, 24Verständlichkeit, da die Begründung sich im Wesentlichen in einer Aufzählung von möglichen Ablehnungsgründen erschöpft, ohne diese auf den konkreten Einzelfall zu beziehen und es der Adressatin des Bescheids überlässt, den für die Ablehnung ihres Antrages zutreffenden Ablehnungsgrund zu ermitteln. 25Dieser Begründungsmangel ist jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG NRW im Klageverfahren geheilt worden. 26b)Der angegriffene Bescheid ist materiell rechtmäßig. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für die Genehmigung der zusätzlichen Kapazitäten nicht. 27Nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG erhalten zugelassene Krankenhäuser, die mit Genehmigung der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten schaffen oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen vorhalten, für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000 EUR aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. 28Die Erfüllung dieser Voraussetzungen hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Kammer, der der Einzelrichter angehört, teilt nicht die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Förderfähigkeit dürfe nicht abhängig gemacht werden von der Meldung zum COVID-19-Portal in J. .NRW; es sei unproblematisch möglich, den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand unabhängig von einer Meldung im Datenportal zu ermitteln. 29Mit der von dem Beklagten geübten Verwaltungspraxis wird nicht faktisch eine materielle Präklusion verfolgt, die dem Wortlaut der bundesrechtlichen Normen des § 21 Abs. 5 KHG widerspricht. Die vom Beklagten aufgestellten Fördervoraussetzungen halten sich unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips an den von § 21 Abs. 5 KHG aufgestellten Rahmen. Der Bundesgesetzgeber hat mit dieser Regelung die Förderung zusätzlicher intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000 EUR aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bereitgestellt. Die materielle Prüfung der Fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden (§ 21 Abs. 5 S. 1 KHG); nach durchgeführter Genehmigung erfolgt die Auszahlung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (§ 21 Abs. 5 S. 3 KHG). Die Durchführung der Genehmigungsverfahren wird den für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen Landesverwaltungspraxis unterworfen. Insoweit können die Bundesländer jeweils unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis aufstellen, z.B. durch Förderrichtlinien. Die von dem Ministerium aufgestellten Grundsätze des Förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden Krankenhäusern zugänglich gemachten „Ergänzenden Merkblatt für die Pauschale für die Schaffung zusätzlich intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG i.V.m. COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten). 30Diese Fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen Charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche Vorgaben, die das Verwaltungshandeln der Genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. Sie bewirken eine interne rechtliche Bindung des Verwaltungshandelns. Eine über die der Verwaltungsvorschrift innewohnende interne Bindung der Verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird nur durch den Gleichheitssatz und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der Ausprägung, welche die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben. 31OVG Nds., Beschluss vom 07.10.2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.;vgl. auch Urteil der Kammer vom 19.02.2021 – 21 K 3928/20 ‑. 32Maßgeblich ist mithin, wie die zur Anwendung der Verwaltungsvorschriften berufenen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, vom Urheber der Vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden sind. 33OVG Nds., Beschluss vom 07.10.2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 03.09.2002 – 15 A 2777/00 -, in: juris (Rn. 36). 34Hält sich die Bewilligungsbehörde an die Förderrichtlinien, ist sie durch den Gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 35BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 36Weicht die Behörde indes generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende Wirkung, sodass sich die Vereinbarkeit des Verwaltungshandelns mit dem Gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis beurteilt. 37BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 38Gemessen an diesen Voraussetzungen stellt sich die Entscheidung des Beklagten, die Förderung zu versagen, als rechtmäßig dar. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt im Regelfall die Feststellung einer ansonsten abweichenden Verwaltungspraxis voraus. 39BVerwG, Urteil vom 23.04.2003 – 3 C 25/02 -, in: juris (rn. 18). 40An einer solch abweichenden Verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der Antragstellung aller interessierten Krankenhäuser, die Überprüfung des Bettenbestandes auf zusätzliche Intensivbetten mit maschineller Beatmungskapazität mit dem Abgleich der in dem landeseigenen Meldesystem J. .NRW hinterlegten Intensivbetten abhängig gemacht hat. Damit hat er allen antragstellenden Krankenhäusern ‑ und damit auch der Klägerin ‑ ermöglicht, durch die Eintragung in J. .NRW im Sinne einer „Selbstauskunft“, 41Nr. 1 Pkt. 4 der Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten), 42den Nachweis für die Schaffung der zusätzlichen Bettenkapazität zu erbringen. Nach den Fördergrundsätzen ist für die Bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen Kapazitäten der tatsächlich aufgestellte Bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. Für die zweite Prüfungsrunde (Anträge nach dem 21.04.2020) wurde der Stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. Das Verfahren sieht die Nutzung von Formblättern vor. Mit dem Nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen Bettenbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt ist die Eintragung der intensivmedizinischen Kapazitäten im landeseigenen Meldesystem J. .NRW verbunden. Es erfolgt ein entsprechender Abgleich der beantragten zusätzlichen Betten mit den in J. .NRW hinterlegten Intensivbetten. Darauf wurden die antragstellenden Krankenhäuser zudem mit Begleit-E-Mails hingewiesen (vgl. E-Mail an die Klägerin vom 18.06.2020). Die für das Förderverfahren niedergelegten Vorgaben widersprechen nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. Mit dem Eintrag im Meldesystem J. .NRW konnten die antragstellenden Krankenhäuser, die das Meldeportal J. .NRW ohnehin auch in anderen Angelegenheiten des Krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen Aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die Voraussetzungen für eine Förderung nachweisen. Die Klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das Meldeportal J. .NRW zu nutzen. Für den Nachweis des Aufwuchses an Beatmungskapazitäten war damit der Eintrag im Meldeportal J. .NRW (auch für die Klägerin) geeignet. Letztlich bedeutet der vorgeschriebene Nachweis nichts anderes als die Verwendung eines (elektronischen) Formulars. 43Für den korrekten und zeitlich zutreffenden Eintrag des Bettenbestandes in das Meldeportal J. .NRW ist die Klägerin, die als Antragstellerin im Subventionsverfahren die materielle Darlegungslast trifft, 44vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 28.05.2009 – 1 B 439/07 –, juris, 45nachweispflichtig und verantwortlich. Die dabei entstehenden Fehler, die ihrer Rechtssphäre zuzuordnen sind, muss sie sich vorhalten lassen. 46Vorliegend ist schon nicht ersichtlich, dass sich in der ersten Verteilungsrunde gemachte Fehler der Klägerin in der hier maßgeblichen zweiten Verteilungsrunde auf ihren Antrag vom 16.06.2021 überhaupt noch auswirken konnten, da hier erneut der aktuelle Aufwuchs an Bettenkapazitäten – also der Aufwuchs nach der von der Klägerin behaupteten Korrektur der Zahlen in J. .NRW ‑ überprüft wurde. Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass aus der zum Verwaltungsvorgang genommenen Berechnungstabelle hervorgeht, dass für die Klägerin zum maßgeblichen Stichtag lediglich 102 Betten (27 Betten ICU low care und 75 Betten ICU high care) gemeldet gewesen sind. Anderslautendes hat die Klägerin nicht dargelegt, insbesondere durch Vorlage der sie betreffenden Meldehistorie des Datenportals J. .NRW als Auszug. Im Übrigen dürfte ein solches Versehen für den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag nicht von Bedeutung gewesen sein, da er nicht auf die Überprüfung der jeweils aktuellen Zahlen im Zuge der neu eingereichten Unterlagen zu späterem Zeitpunkt nach (angeblicher) Korrektur durch die Klägerin „durchschlägt“. Tatsächlich sind im System J. .NRW zum diesbezüglichen Stichtag nicht die aus dem Antragsformular hervorgehenden 124 Betten (15 Betten ICU low care und 58 Betten ICU high care zum 15.03.2020 zuzüglich 51 Betten ICU high care ab dem 16.03.2020) gemeldet gewesen, sondern lediglich 102 Betten (27 Betten ICU low care und 75 Betten ICU high care). 47Die Kammer tritt der Auffassung der Klägerin nicht bei, dem Beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum Zeitpunkt der Antragstellung den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand unabhängig von einer Meldung in einem Datenportal zu ermitteln. Zwar mag die Vorlage von Nachweisen (z.B. Kaufvertrag oder Aufstellpläne etc.) eine denkbare Möglichkeit sein; der Beklagte hat sich in seiner Verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den Eintrag in J. .NRW beschränkt. Soweit die Klägerin mit ihrem Einwurf vorbringen will, der Beklagte hätte bei Zweifeln an der Richtigkeit von Angaben auch selbst vor Ort im Krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. Dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen Verhältnissen im Rahmen der Pandemielage im Jahr 2020. Über den höherer verwaltungstechnischer Aufwand (z.B. Vorlage von Rechnungen, Auslieferungsbelegen, Aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller Aufwand (z.B. Nachprüfung der vorgelegten Dokumente, Überprüfung vor Ort in den Krankenhäusern (z.B. durch Beschäftigte der zuständigen Behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher Inanspruchnahme. Dies widersprach zum damaligen Zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen Vorgaben der Reduzierung persönlicher Kontakte und der Notwendigkeit zügigen Eingreifens im Rahmen der Pandemielage unter schneller Schaffung finanzieller Mittel für die betroffenen Krankenhäuser zur Schaffung der erwünschten Kapazitäten unter beständiger Vorgabe der Herabsetzung des allgemeinen Infektionsrisikos. 48BT-Drs. 19/18112, passim, vgl. nur S. 2, 3, 21 f. 49Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländer zeige, dass auch ein anderer Nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten möglich sei 50‑ Antragstellung versehen mit Nachweisen (Angaben zum maschinellen Beatmungsgerät, Rechnungen, Lieferscheine sowie Auflistungen), verbunden mit Schilderung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten vor der Pandemie sowie die getroffenen Anpassungsmöglichkeiten (Auflistung des Bestandes an Beatmungsgeräten vor und nach den Anpassungsnahmen unter Angabe der Bezeichnung, des Herstellers, der ID-Nummer, der Seriennummer sowie des IMT-Typ; Lageplan, in welchem Bereich Umbaumaßnahmen zum Betrieb der zusätzlichen Beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 51steht dies nicht der vom Land Nordrhein-Westfalen ausgewählten Verwaltungspraxis entgegen, die den Nachweis an den Eintrag in der Datenbank J. .NRW vorgesehen hat und damit den Weg zur möglichen Detailprüfung in einem subventionsrechtlichen Nachprüfungsverfahren eröffnet hat. Der Beklagte hat sich im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens zur Regelung seiner Verwaltungspraxis gegen die von der Klägerin vorgeschlagenen aufwendigen Nachweismöglichkeiten zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung und für die Form einer „Selbstauskunft“ entschieden. Es ist der Kammer nicht ersichtlich, dass der Beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten Krankenhäuser entgegenkommende Lösung den rechtsstaatlichen Rahmen der Gestaltung seiner Verwaltungspraxis verlassen hätte. Im Übrigen ist damit eine auch in anderen Subventionsverfahren nicht unübliche Praxis der „Nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse nach Vorlage von Verwendungsnachweisen. Auch in den vorliegenden Fällen der Förderung zusätzlicher Intensivbehandlungskapazitäten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erscheint eine spätere „Nachkontrolle“ genehmigter Kapazitäten und bewilligter Auszahlungen durch die zuständigen Behörden nicht ausgeschlossen. 522.Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. 53Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. 54Rechtsmittelbelehrung: 55Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 56Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 57Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 58Die Berufung ist nur zuzulassen, 591. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 602. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 613. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 624. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 635. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 64Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 65Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 66Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 67Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 68Beschluss: 69Der Streitwert wird auf 100.000 EUR festgesetzt. 70Gründe: 71Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt orientiert sich an der mit der begehrten Genehmigung weiterer 2 zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG verbundenen Ausgleichszahlung von 50.000 EUR je Bett (2*50.000 EUR). 72Rechtsmittelbelehrung: 73Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 74Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 75Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 76Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 77Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 78War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die beteiligten streiten um die genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg. 3die klägerin ist trägerin eines krankenhauses, das mit feststellungsbescheid der bezirksregierung e. nr. 0000 vom 03.04.2020 in den krankenhausplan des landes nordrhein westfalen aufgenommen worden ist. die anlage zum feststellungsbescheid weist ein betten-soll von 58 intensivpflegebetten sowie ein perinatalzentrum level 1 (khp 2015 kap. 5.3.2) – ohne weitere ausweisung von neonatologischen intensivbetten ‑ aus. 4auf einen ersten antrag der klägerin vom 07.04.2020 hatte das ministerium für arbeit, gesundheit und soziales des beklagten (nachfolgend ministerium) mit bestandskräftig gewordenem teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 die genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungsgruppen mit maschineller beatmungsmöglichkeit für 49 intensivpflegebetten (icu high care – invasive beatmung) ab dem 16.03.2020 erteilt und im übrigen hinsichtlich weiterer 2 entsprechender intensivpflegebetten den antrag abgelehnt. zur begründung wurde angegeben, der von der klägerin dargelegte aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten habe nicht in gänze den in j. .nrw zur verfügung stehende intensivbetten entsprochen. genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur verfügung stehende intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. 5unter dem 16.06.2020 beantragte die klägerin unter nochmaliger übersendung eines doppels des von dem ministerium vorgesehenen und ausgefüllten formblattes vom 07.04.2020 erneut die genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg für insgesamt 51 zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller bearbeitungsmöglichkeit ab dem 16.03.2020. in dem der übersendungsemail vom 16.06.2020 beigefügten anschreiben erläuterte die klägerin, sie könne aus der begründung des teilgenehmigungsbescheides vom 03.06.2020 nicht entnehmen, wie die antragsprüfung vorgenommen worden sei und welche gründe gegen eine antragsgemäße bescheidung angeführt würde. auch bei betrachtung der j. .nrw-daten für ihre klinik sei die entscheidung nicht nachvollziehbar. die klinik habe seit dem 16.03. d. j. die gesetzlichen voraussetzungen erfüllt. beim abgleich der daten sei es intern offensichtlich zu einem missverständnis gekommen. sie hätten im j. .nrw am 06.04.2020 zunächst 42 betten als erstmeldung eingetragen, die dann am 08.04.2020 auf 46 korrigiert worden seien. in diesen 46 betten seien versehentlich zwei kinderintensivbetten mit beatmungsmöglichkeit enthalten gewesen, die in der divi-meldung dann korrekt auch nicht enthalten gewesen seien. die 95 danach gemeldeten betten hätten hingegen lediglich erwachsenenbetten beinhaltet, sodass tatsächlich zusätzlich wie gemeldet 51 betten geschaffen worden seien. leider sei eine nachträgliche korrektur der daten nicht möglich. um jedoch eine konsistenz mit anderen pflichtmeldungen einzuhalten, hätten sie dann weiter die korrekten zahlen gemeldet. insoweit werde auch um die genehmigung der weiteren zwei betten gebeten. 6mit email vom 22.06.2020 erläuterte die klägerin nochmals die sicht aus ihrer situation und teilte dem ministerium mit, der antrag sei nicht in vollem umfang berücksichtigt worden, weil versehentlich und vorübergehend 2 kinderintensivbetten in die vorhandene intensivbettenzahl eingerechnet und gemeldet worden seien, die erst im nachgang wieder korrigiert worden sei. richtig wäre bei den ausgangsdaten die meldung von 44 betten gewesen, gemeldet worden seien aber 46 (44 erwachsenenbetten und 2 kinderintensivbetten). die entsprechende divi-meldung sei korrekt gewesen, im j. .nrw sei dies, nachdem es aufgefallen sei, ebenfalls korrigiert. nach dem 15.03. d. j. habe die klinik zusätzlicher 51 intensivbetten geschaffen und tatsächlich zur verfügung gestellt. 7mit ablehnungsbescheid vom 28.09.2020 lehnte das ministerium den weiteren antrag ab. zur begründung wurde angegeben, bei der auswahl der zu genehmigenden maßnahmen hätten nur förderungsfähige anträge berücksichtigt werden können. als nicht förderfähig sei ein antrag aus folgenden gründen eingestuft worden: 8„- der von ihnen dargelegte aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazität wird nicht in vollen umfang im covid-19-modul in j. .nrw abgebildet, weil1. ihr antrag einen planungsstand und damit einen zukünftigen aufwuchs anzeigt oder2. ihr antrag einen aufwuchs anzeigt, der nicht ordnungsgemäß im covid-19-modul in j. .nrw gemeldet ist.- der krankenhausplanerische versorgungsauftrag umfasst nicht die intensivmedizinische versorgung.- die antragsfrist wurde nicht eingehalten.- der krankenhausträger befindet sich in einem laufenden insolvenzverfahren.genehmigt und anschließend gefördert werden können nur bereitgestellte intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit.“ 9dagegen hat die klägerin am 21.10.2020 klage erhoben. zur begründung wird im wesentlichen vorgetragen, die begründung des beklagten, weshalb die genehmigung im angegriffenen ablehnungsbescheid versagt worden sei, könne bereits nicht nachvollzogen werden. der ablehnungsbescheid weise insoweit ein begründungsdefizit auf. nach § 39 abs. 1 s. 1 vwvfg sei ein schriftlicher verwaltungsakt mit einer begründung zu versehen. in der begründung seien im wesentlichen die tatsächlichen und rechtlichen gründe mitzuteilen, die die behörde zu ihrer entscheidung bewogen habe. der ablehnungsbescheid lasse nicht erkennen, aus welchen tatsächlichen und auch rechtlichen gründen die genehmigung versagt worden sei. der angegriffene bescheid führe hierzu abstrakte fallgruppen auf, bei denen aus sicht des beklagten keine förderungsfähigkeit und damit genehmigungsfähigkeit bestehe. es seien einer möglichen interpretation nach mehrere gründe zur wahl gestellt worden. der ablehnungsbescheid enthalte dann aber keine angaben darüber, welche der fallgruppen auf die klägerin zutreffen solle. insofern werde nur festgehalten, dass nur bereitgestellte intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit genehmigt und anschließend gefördert werden könnten. wo der konkrete mangel für die fehlende genehmigungsfähigkeit für die beantragten intensivbetten läge, werde nicht genannt. die kapazitäten seien geschaffen worden und die gesetzlichen voraussetzungen seien erfüllt worden. soweit der beklagte darauf abstelle, ein begründungsmangel sei im klageverfahren beseitigt worden, gehe dieser fehl. die voraussetzung für eine zulässige nachträgliche begründung nach § 114 s. 2 vwgo liege nicht vor, da der beklagte im rahmen einer entscheidung nach § 21 abs. 5 khg kein ermessen zukomme. ein anspruch auf die pauschale nach § 21 abs. 5 khg setze allein die schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten voraus. diese habe die klägerin geschaffen. vielmehr beruhe die versagung allein auf formellen gründen (meldung nach j. .nrw). die konkrete meldung zum j. .nrw auf deren grundlage der beklagte den angegriffenen bescheid erlassen habe, sei der beigezogenen verwaltungsakte nicht zu entnehmen. daher könnten weder die berechnung noch die würdigung der eingegebenen daten im j. .nrw-portal nachvollzogen werden. zudem bestehe keine materielle präklusion dahingehend, dass die fehlende meldung in j. .nrw den anspruch aus § 21 abs. 5 khg ausschließe. die bundesrechtliche norm des § 21 abs. 5 khg mache den anspruch nicht von einer meldung abhängig. eine befugnis des beklagten zum unterlaufen von bundesvorgaben bestehe nicht. es bestünden auch keine sachgründe, den anspruch von einer meldung in j. .nrw abhängig zu machen. es sei dem beklagten unproblematisch möglich, den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand, der durch die pauschale nach § 21 abs. 5 khg abgedeckt werden solle, unabhängig von einer meldung in einem datenportal zu ermitteln. die bundesrechtliche norm des § 21 abs. 5 khg mache den anspruch nicht von einer meldung abhängig. die konzedierte materielle präklusion sei unter berücksichtigung der frage des gesetzesvorbehalts, der unvereinbarkeit mit bundesrecht und der unvereinbarkeit mit basalen anforderungen des rechtsstaatsprinzips zu verneinen. eine materielle präklusion sei ersichtlich ohne rechtsgrundlage. ein tatsächlicher aufwuchs an intensivmedizinischen behandlungskapazitäten im krankenhaus der klägerin habe stattgefunden; die damit verbundenen aufwendungen seien erfolgt. die ablehnende entscheidung sei mangels vortrages und vorlage der vermeintlich maßgebenden j. .nrw-meldung nicht nachvollziehbar und überprüfbar. tatsächlich habe die klägerin nach korrektur einer fehlerhaften meldung im j. .nrw den ausgangswert 44 eingegeben und nachfolgend einen aufwuchs von 95 betten ebenfalls im j. .nrw hinterlegt. das sei vor dem festgesetzten stichtag 01./02.07.2020 geschehen und sei außerdem im antrag sowie in der ergänzenden kommunikation mitgeteilt worden. wie der beklagte hier anhand der j. .nrw-meldungen zu einem anderen ergebnis komme, sei nicht nachvollziehbar, schon weil das land die j. .nrw-meldungen nicht nachvollziehbar mitteile. darüber hinaus habe die klägerin unabhängig von den meldungen die zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten tatsächlich geschaffen, die in der folge auch betriebsbereit gewesen seien. insoweit seien zusätzliche betten mit beatmungsgerät aufgestellt worden. gleichermaßen sei zusätzliches personal eingestellt wie auf vorhandenes personal umgeschult worden, damit auch diese covid-19-patienten intensivmedizinisch hätten versorgt werden könnten. ihr krankenhaus weise im feststellungsbescheid nr. 1979 insgesamt 58 intensivpflegebetten im betten-ist und im betten-soll auf. von den 58 intensivpflegebetten setzte sie 14 exklusiv als neonatologische intensivbetten in ihrem perinatalzentrum ein. insoweit sei das krankenhaus als perinatalzentrum der stufe 1 ausgewiesen. sie halte dementsprechend auch die erforderlichen intensivmedizinischen behandlungsmöglichkeiten für die versorgung von früh- und risikogeburten vor. diese 14 betten könnten nicht mit covid-19-patienten belegt werden, da sie ausschließlich für die neonatologische versorgung vorgesehenen und verwendet würden. dementsprechend habe sie vor der schaffung der zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten insgesamt über 44 intensivpflegebetten verfügt. bei der meldung bezüglich des ersten antrages auf erteilung der genehmigung habe die klägerin aufgrund eines fehlers den intensivpflegebettenbestand zum 15.03.2020 fälschlicherweise mit 46 anstelle der zu diesem zeitpunkt vorhandenen 44 betten angegeben. diese unrichtige angabe sei korrigiert worden. ausgangsstand seien 44 betten und schlussstand seien 95 betten gewesen. dass das so nicht im j. .nrw gemeldet worden sei, wie der beklagte meine, sei nicht nachvollziehbar. dies werde zwar behauptet, meldungen seien aber weder vorgelegt worden noch der verwaltungsakte zu entnehmen. 10auf den gerichtsbescheid vom 25.08.2021, den prozessbevollmächtigten der klägerin am 30.08.2021 zugestellt, hat die klägerin mit schreiben vom 14.09.2021 antrag auf mündliche verhandlung gestellt. zur weiteren begründung trägt sie im wesentlichen vor, ausgangspunkt der erwägungen bleibe, dass die klägerin zum stichtag des 16.03.2020 tatsächlich über 44 intensivbetten mit maschineller beatmungsmöglichkeit für erwachsene verfügt habe und am 01.07.2021 zusätzliche 51 geschaffen habe. die klägerin habe den anfangsbestand von 44 intensivbetten mit maschineller beatmungsmöglichkeit nach einer korrektur entsprechend im j. .nrw portal gemeldet. ausweislich der eigenen auswertungstabelle des beklagten habe die klägerin für den bestand am 01.07.2021 insgesamt 102 intensivbetten gemeldet, so dass der tatsächlich erfolgte aufwuchs entsprechend auch im j. .nrw portal gemeldet worden sei und damit auch für den beklagten erkennbar gewesen sei. für die beurteilung über das vorliegen der tatbestandsvoraussetzungen für die förderung nach § 21 abs. 5 khg komme es nicht allein auf die j. .nrw meldungen an, sondern es müsse ein nachweis auch auf andere weise möglich sein. dies folge u.a. daraus, dass es keine rechtliche grundlage für die präklusion existiert. gleichermaßen sei die im j. .nrw und in den anträgen gewählte klassifizierung in low-care- und high-care-betten unter dem tatsächlichen aspekt ungeeignet, um das vorliegen oder eben nichtvorliegen der fördervoraussetzungen zu beurteilen. selbiges gelte für die antragsunterlagen, die gleichermaßen nur eine angabe von low-care- und high-care-betten vorgesehen haben. unter diesem aspekt könne der anfangsbestand an intensivbetten aufgrund der angaben der klägerin im antrag unzutreffend ermittelt worden sein. insofern habe die klägerin 14 neonatologische intensivbetten als icu high care betten angegeben. indes seien die intensivbetten ausschließlich im perinatalzentrum eingesetzt worden und hätten für die behandlung von covid-19-patienten gar nicht zur verfügung gestanden. es spreche nichts gegen eine vorläufige beurteilung aufgrund meldungen im j. .nrw. seien die daraus abgeleiteten ergebnisse aber nachweislich unrichtig, müsse im rahmen einer nachprüfung eine korrektur möglich sein. das sei in anderen bundesländern möglich gewesen. warum dem in nrw rechtliche gründe oder gar tatsächliche unmöglichkeiten entgegenstehen sollen, habe der beklagte nicht nachvollziehbar machen können. ausgehend hiervon habe die klägerin ausgehend von einem ursprungsbestand an 44 intensivbetten 51 zusätzliche intensivbetten mit maschineller beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen und auch vorgehalten. damit habe sie das, was beantragt und genehmigt worden sei, auch tatsächlich umgesetzt. bereits die tatsächliche umsetzung allein führe zum vorliegen der voraussetzungen der genehmigung nach § 21 abs. 5 khg, unabhängig von dem, was im j. .nrw portal angegeben worden sei. hinsichtlich des j. .nrw portals werde eine geeignetheit angenommen. der beklagte setze sich aber nicht damit auseinander, dass die intermediate-care-betten oder andere intensivbettentypen mit der gewählten klassifizierung lc und hc eben nicht abgefragt werden können. ebenso übergehe der beklagte die rüge, dass die kategorisierung im j. .nrw schon generell am materiellen maßstab des § 21 abs. 5 khg vorbeigehe. die einzig relevante maschinelle beatmung werde nicht abgefragt, sondern durchweg abweichende kategorien. wie ein meldesystem insoweit geeignet sein solle, lasse sich der begründung der beklagten nicht entnehmen. es gebe keinen grund, andere nachweise als den eintrag in j. .nrw auszuschließen. in niedersachsen sei es verwaltungspraxis, mit der antragstellung nachweise für die zusätzliche schaffung oder zusätzliches vorhalten zu übermitteln, z.b. konkrete angaben zum maschinellen beatmungsgerät, rechnungen, lieferscheine sowie auflistungen. das krankenhaus habe zum nachweis eine schilderung der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten vor der pandemie sowie die getroffenen anpassungsmöglichkeiten vorzusehen. beigefügt werde eine auflistung des bestandes an beatmungsgeräten vor und nach den anpassungsnahmen unter angabe der bezeichnung, des herstellers, der id-nummer, der seriennummer sowie des imt-typ. mithilfe eines lageplanes werde dargelegt, in welchem bereich umbaumaßnahmen zum betrieb der zusätzlichen beatmungsplätze getroffen würden. zudem begründe die beklagte nicht, warum in einem gerichtsverfahren anderweitige beweismittel für das vorliegen der voraussetzungen nach § 21 abs. 5 khg ausgeschlossen sein sollten. das sei der einzig strittige punkt bzgl. des meldeverfahrens und zu diesem einzig strittigen punkt verhalte sich die beklagte und der gerichtsbescheid nicht. es werde keine rechtsgrundlage benannt, welche es begründen könne, dass die beweisführung gemäß der vwgo unter ausschöpfung der beweismittel der vwgo ausgeschlossen wäre. 11die klägerin beantragt, 12den beklagten unter aufhebung seines ablehnungsbescheids vom 28.09.2020 zu verpflichten, die unter dem 16.06.2020 beantragte genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg für weitere 2 intensivpflegebetten (icu high care – invasive beatmung) – über die bereits genehmigten 49 intensivpflegebetten hinaus ‑ zu erteilen. 13der beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung wird angegeben, ausweislich der handreichung im „merkblatt über die pauschale für die schaffung zusätzlich intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach § 21 abs. 5 khg i.v.m. covid-19-krankenhausentlastungsgesetz“ sei maßgebend für die bestimmung der förderfähigen intensivmedizinischen kapazitäten der tatsächlich vorhandene bettenbestand zum 16.03.2020. gefördert würden die zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit (durch aufstellung von betten oder einbeziehung aus anderen stationen), welche zum tatsächlich aufgestellten bettenbestand zum 16.03.2020 hinzukämen. zur überprüfung des bettenbestandes würden entsprechend der internen unterlage die beantragten zusätzlichen intensivbetten mit den in dem landeseigenen meldesystem j. .nrw hinterlegten intensivbetten abgeglichen. erst durch die eintragung in j. .nrw werde durch die antragstellerin der nachweis für die schaffung der zusätzlichen bettenkapazität erbracht. für den ersten prüfungsdurchgang sei der stichtag 21.04.2020 festgelegt worden. bei anträgen, die vor dem 22.04.2020 eingereicht worden seien, seien die beantragten zusätzlichen intensivbetten mit den am 21.04.2020 bei j. .nrw gemeldeten betten abgeglichen worden. für die zweite prüfungsrunde, also für anträge, die nach dem 21.04.2020 eingereicht worden seien, sei der 01./02.07.2020 ausgewählt worden. im nachgang zu diesen prüfungsdurchläufen seien weitere mit geringerem antragsaufkommen durchgeführt worden. nur durch diese verfahren sei das ministerium in der lage gewesen, die große zahl an anträgen anhand derselben maßstäbe zu prüfen. aufgrund der möglichkeit mehrere anträge zu stellen, seien im rahmen der an den ersten durchgang anschließenden prüfungsrunden sowohl erstanträge als auch durch krankenhäuser erneut gestellte anträge beschieden worden. auf die möglichkeit der erneuten antragstellung sei sowohl im rahmen des ablehnungsbescheids der ersten prüfungsrunde als auch in der zugehörigen begleit-e-mail hingewiesen worden. ebenso sei das verfahren erläutert worden. hierbei sei ausdrücklich auf die stichtagsregelung und die maßgebliche meldung im j. .nrw hingewiesen worden. bereits mit dem teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 seien 49 der am 16.06.2020 beantragten 51 betten mit maschinellen beatmungsmöglichkeiten genehmigt worden. da insoweit bereits eine förderung gewährt worden sei und in der anzahl keine zusätzliche intensivmedizinische bettenkapazität mit maschinellen beatmungsmöglichkeiten geschaffen worden seien, sei der erneute förderantrag insoweit rechtmäßiger weise abgelehnt worden. darüber hinaus sei auch der antrag bezüglich der übrigen 2 betten rechtmäßiger weise abgelehnt worden, da die klägerin die erforderlichen voraussetzungen nicht erfülle. zusätzliche behandlungskapazitäten könnten durch das aufstellen von betten oder durch einbeziehung von betten auf anderen stationen geschaffen werden und müssten in der täglichen abfrage des j. .nrw spätestens zum stichtag der jeweiligen prüfungsrunde gemeldet sein. zum für die zweite genehmigungsrunde maßgeblichen stichtag 01./02.07.2020 seien die beantragten 2 betten nicht im j. .nrw gemeldet gewesen. das ministerium habe mit dieser stichtagsregelung und der meldepflicht im j. .nrw auch aufgrund seiner tatsächlichen verwaltungspraxis in anbetracht der operabilität der zahlreichen antragseingänge und zur gewährleistung der einheitlichen und an den gleichen maßstäben orientierten bescheidung arbeiten dürfen. dies sei auch sachgerecht und letztlich im sinne der antragsteller, da so ein einfacher nachweis der tatsächlich vorhandenen betten habe geführt werden können. die auswahl des stichtags sei auch nicht willkürlich erfolgt, sondern habe der vereinheitlichung der verwaltungspraxis damit der gleichbehandlung der antragsteller gedient. ein etwaiger begründungsmangel sei gemäß § 45 abs. 1 nr. 2 vwvfg nrw geheilt. im übrigen sei die tatsächliche schaffung der beantragten intensivmedizinischen behandlungskapazitäten entgegen der auffassung der klägerin nicht unstreitig. vielmehr sei die tatsächliche schaffung der kapazitäten durch fehlende meldung in j. .nrw nicht nachgewiesen. das gleiche gelte auch für die von der klägerin behaupteten aufwendungen zur schaffung der kapazitäten. aus der zum verwaltungsvorgang genommenen berechnungstabelle gehe hervor, dass für die klägerin zum maßgeblichen stichtag lediglich 102 betten (27 betten icu low care und 75 betten icu high care) gemeldet gewesen seien. soweit die klägerin von den beklagten verlangen, die „vermeintlich maßgebende j. .nrw-meldung“ vorzulegen, treffe vielmehr die klägerin die darlegungslast. der beklagte habe das maßgebliche prüfungsergebnis vorgelegt. soweit die klägerin dieser prüfung entgegentrete, habe sie die für sie ohne weiteres zugängliche meldehistorie in j. .nrw als entsprechenden auszug vorzulegen. der von der klägerin geltend gemachte „meldefehler“, soweit ihr das erwähnte meldeversehen (fälschlicherweise 46 statt korrekt 44 betten) unterlaufen sein sollte, habe für den vorliegend allein verfahrensgegenständlichen folgeantrag keine bedeutung gehabt. denn dieser sei vom ministerium allein auf der basis der in diesem zuge neu eingereichten unterlagen bearbeitet worden, sodass auf die meldung der klägerin im rahmen des zweitantrags angekommen sei. tatsächlich seien im system j. .nrw zum diesbezüglichen stichtag nicht die aus dem antragsformular hervorgehenden 124 betten (15 betten icu low care und 58 betten icu high care zum 15.03.2020 zuzüglich 51 betten icu high care ab dem 16.03.2020) gemeldet gewesen, sondern lediglich 102 betten (27 betten icu low care und 75 betten icu high care). das klägerische vorbringen sei damit schon nicht schlüssig. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs des beklagten. 17 | 18die zulässige klage ist nicht begründet. 191.die klägerin hat keinen anspruch auf die beantragte genehmigung von 2 zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg. der angefochtene bescheid vom 28.09.2020 ist im ergebnis rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 s. 1 und abs. 5 vwgo. 20a)der angefochtene bescheid vom 28.09.2020 bezüglich des (zweiten) antrags unter dem 16.06.2020 war ursprünglich formell rechtswidrig, da er erhebliche begründungsdefizite aufwies. gemäß § 39 abs. 1 s. 2 vwvfg nrw sind in der begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen gründe mitzuteilen, die die behörde zu ihrer entscheidung bewogen haben. hierbei hat die behörde auf den konkreten einzelfall abzustellen. 21ramsauer, in: kopp / ramsauer, vwvfg, 22. aufl. 2021, § 39, rdnr. 18. 22dies hat die behörde bei der begründung des bescheides vom 28.09.2020 nicht hinreichend beachtet. der (später mitgeteilte) ablehnungsgrund, der antrag zeige einen aufwuchs an, der nicht ordnungsgemäß im covid-19-modul in j. .nrw gemeldet sei, wird in der begründung des bescheids zwar auch genannt, aber nur neben weiteren, formelhaft aufgeführten, nicht die klinik der klägerin betreffende begründungsmöglichkeiten. insoweit fehlt es der begründung an der erforderlichen, 23ramsauer, in: kopp / ramsauer, vwvfg, 22. aufl. 2021, § 39, rdnrn. 23, 24, 24verständlichkeit, da die begründung sich im wesentlichen in einer aufzählung von möglichen ablehnungsgründen erschöpft, ohne diese auf den konkreten einzelfall zu beziehen und es der adressatin des bescheids überlässt, den für die ablehnung ihres antrages zutreffenden ablehnungsgrund zu ermitteln. 25dieser begründungsmangel ist jedoch gemäß § 45 abs. 1 nr. 2 und abs. 2 vwvfg nrw im klageverfahren geheilt worden. 26b)der angegriffene bescheid ist materiell rechtmäßig. die klägerin erfüllt die voraussetzungen für die genehmigung der zusätzlichen kapazitäten nicht. 27nach § 21 abs. 5 s. 1 khg erhalten zugelassene krankenhäuser, die mit genehmigung der für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten schaffen oder durch einbeziehung von betten anderen stationen vorhalten, für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000 eur aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds. 28die erfüllung dieser voraussetzungen hat die klägerin nicht dargelegt. die kammer, der der einzelrichter angehört, teilt nicht die von der klägerin vertretene auffassung, die förderfähigkeit dürfe nicht abhängig gemacht werden von der meldung zum covid-19-portal in j. .nrw; es sei unproblematisch möglich, den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand unabhängig von einer meldung im datenportal zu ermitteln. 29mit der von dem beklagten geübten verwaltungspraxis wird nicht faktisch eine materielle präklusion verfolgt, die dem wortlaut der bundesrechtlichen normen des § 21 abs. 5 khg widerspricht. die vom beklagten aufgestellten fördervoraussetzungen halten sich unter beachtung des rechtsstaatsprinzips an den von § 21 abs. 5 khg aufgestellten rahmen. der bundesgesetzgeber hat mit dieser regelung die förderung zusätzlicher intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten oder durch einbeziehung von betten anderen stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000 eur aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds bereitgestellt. die materielle prüfung der fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden (§ 21 abs. 5 s. 1 khg); nach durchgeführter genehmigung erfolgt die auszahlung durch das bundesamt für soziale sicherung (§ 21 abs. 5 s. 3 khg). die durchführung der genehmigungsverfahren wird den für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen landesverwaltungspraxis unterworfen. insoweit können die bundesländer jeweils unterschiedliche anforderungen an den nachweis aufstellen, z.b. durch förderrichtlinien. die von dem ministerium aufgestellten grundsätze des förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden krankenhäusern zugänglich gemachten „ergänzenden merkblatt für die pauschale für die schaffung zusätzlich intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach § 21 abs. 5 khg i.v.m. covid-19-krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten). 30diese fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche vorgaben, die das verwaltungshandeln der genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. sie bewirken eine interne rechtliche bindung des verwaltungshandelns. eine über die der verwaltungsvorschrift innewohnende interne bindung der verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende außenwirkung wird nur durch den gleichheitssatz und das im rechtsstaatsprinzip verankerte gebot des vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der ausprägung, welche die verwaltungsvorschriften durch die ständige verwaltungspraxis gefunden haben. 31ovg nds., beschluss vom 07.10.2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.;vgl. auch urteil der kammer vom 19.02.2021 – 21 k 3928/20 ‑. 32maßgeblich ist mithin, wie die zur anwendung der verwaltungsvorschriften berufenen behörden die verwaltungsvorschrift im maßgeblichen zeitpunkt in ständiger, vom urheber der vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter praxis gehandhabt haben und in welchem umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen gleichheitssatz gebunden sind. 33ovg nds., beschluss vom 07.10.2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 03.09.2002 – 15 a 2777/00 -, in: juris (rn. 36). 34hält sich die bewilligungsbehörde an die förderrichtlinien, ist sie durch den gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche gründe eine abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 35bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 36weicht die behörde indes generell von den förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende wirkung, sodass sich die vereinbarkeit des verwaltungshandelns mit dem gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen verwaltungspraxis beurteilt. 37bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 38gemessen an diesen voraussetzungen stellt sich die entscheidung des beklagten, die förderung zu versagen, als rechtmäßig dar. ein verstoß gegen den gleichheitssatz setzt im regelfall die feststellung einer ansonsten abweichenden verwaltungspraxis voraus. 39bverwg, urteil vom 23.04.2003 – 3 c 25/02 -, in: juris (rn. 18). 40an einer solch abweichenden verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. der beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der antragstellung aller interessierten krankenhäuser, die überprüfung des bettenbestandes auf zusätzliche intensivbetten mit maschineller beatmungskapazität mit dem abgleich der in dem landeseigenen meldesystem j. .nrw hinterlegten intensivbetten abhängig gemacht hat. damit hat er allen antragstellenden krankenhäusern ‑ und damit auch der klägerin ‑ ermöglicht, durch die eintragung in j. .nrw im sinne einer „selbstauskunft“, 41nr. 1 pkt. 4 der handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten), 42den nachweis für die schaffung der zusätzlichen bettenkapazität zu erbringen. nach den fördergrundsätzen ist für die bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen kapazitäten der tatsächlich aufgestellte bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. für die zweite prüfungsrunde (anträge nach dem 21.04.2020) wurde der stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. das verfahren sieht die nutzung von formblättern vor. mit dem nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen bettenbestandes zu einem bestimmten zeitpunkt ist die eintragung der intensivmedizinischen kapazitäten im landeseigenen meldesystem j. .nrw verbunden. es erfolgt ein entsprechender abgleich der beantragten zusätzlichen betten mit den in j. .nrw hinterlegten intensivbetten. darauf wurden die antragstellenden krankenhäuser zudem mit begleit-e-mails hingewiesen (vgl. e-mail an die klägerin vom 18.06.2020). die für das förderverfahren niedergelegten vorgaben widersprechen nicht dem verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. mit dem eintrag im meldesystem j. .nrw konnten die antragstellenden krankenhäuser, die das meldeportal j. .nrw ohnehin auch in anderen angelegenheiten des krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die voraussetzungen für eine förderung nachweisen. die klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das meldeportal j. .nrw zu nutzen. für den nachweis des aufwuchses an beatmungskapazitäten war damit der eintrag im meldeportal j. .nrw (auch für die klägerin) geeignet. letztlich bedeutet der vorgeschriebene nachweis nichts anderes als die verwendung eines (elektronischen) formulars. 43für den korrekten und zeitlich zutreffenden eintrag des bettenbestandes in das meldeportal j. .nrw ist die klägerin, die als antragstellerin im subventionsverfahren die materielle darlegungslast trifft, 44vgl. sächs. ovg, beschluss vom 28.05.2009 – 1 b 439/07 –, juris, 45nachweispflichtig und verantwortlich. die dabei entstehenden fehler, die ihrer rechtssphäre zuzuordnen sind, muss sie sich vorhalten lassen. 46vorliegend ist schon nicht ersichtlich, dass sich in der ersten verteilungsrunde gemachte fehler der klägerin in der hier maßgeblichen zweiten verteilungsrunde auf ihren antrag vom 16.06.2021 überhaupt noch auswirken konnten, da hier erneut der aktuelle aufwuchs an bettenkapazitäten – also der aufwuchs nach der von der klägerin behaupteten korrektur der zahlen in j. .nrw ‑ überprüft wurde. der beklagte weist zutreffend darauf hin, dass aus der zum verwaltungsvorgang genommenen berechnungstabelle hervorgeht, dass für die klägerin zum maßgeblichen stichtag lediglich 102 betten (27 betten icu low care und 75 betten icu high care) gemeldet gewesen sind. anderslautendes hat die klägerin nicht dargelegt, insbesondere durch vorlage der sie betreffenden meldehistorie des datenportals j. .nrw als auszug. im übrigen dürfte ein solches versehen für den verfahrensgegenständlichen folgeantrag nicht von bedeutung gewesen sein, da er nicht auf die überprüfung der jeweils aktuellen zahlen im zuge der neu eingereichten unterlagen zu späterem zeitpunkt nach (angeblicher) korrektur durch die klägerin „durchschlägt“. tatsächlich sind im system j. .nrw zum diesbezüglichen stichtag nicht die aus dem antragsformular hervorgehenden 124 betten (15 betten icu low care und 58 betten icu high care zum 15.03.2020 zuzüglich 51 betten icu high care ab dem 16.03.2020) gemeldet gewesen, sondern lediglich 102 betten (27 betten icu low care und 75 betten icu high care). 47die kammer tritt der auffassung der klägerin nicht bei, dem beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum zeitpunkt der antragstellung den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand unabhängig von einer meldung in einem datenportal zu ermitteln. zwar mag die vorlage von nachweisen (z.b. kaufvertrag oder aufstellpläne etc.) eine denkbare möglichkeit sein; der beklagte hat sich in seiner verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den eintrag in j. .nrw beschränkt. soweit die klägerin mit ihrem einwurf vorbringen will, der beklagte hätte bei zweifeln an der richtigkeit von angaben auch selbst vor ort im krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen verhältnissen im rahmen der pandemielage im jahr 2020. über den höherer verwaltungstechnischer aufwand (z.b. vorlage von rechnungen, auslieferungsbelegen, aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller aufwand (z.b. nachprüfung der vorgelegten dokumente, überprüfung vor ort in den krankenhäusern (z.b. durch beschäftigte der zuständigen behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher inanspruchnahme. dies widersprach zum damaligen zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen vorgaben der reduzierung persönlicher kontakte und der notwendigkeit zügigen eingreifens im rahmen der pandemielage unter schneller schaffung finanzieller mittel für die betroffenen krankenhäuser zur schaffung der erwünschten kapazitäten unter beständiger vorgabe der herabsetzung des allgemeinen infektionsrisikos. 48bt-drs. 19/18112, passim, vgl. nur s. 2, 3, 21 f. 49soweit die klägerin darauf hinweist, die verwaltungspraxis in anderen bundesländer zeige, dass auch ein anderer nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten möglich sei 50‑ antragstellung versehen mit nachweisen (angaben zum maschinellen beatmungsgerät, rechnungen, lieferscheine sowie auflistungen), verbunden mit schilderung der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten vor der pandemie sowie die getroffenen anpassungsmöglichkeiten (auflistung des bestandes an beatmungsgeräten vor und nach den anpassungsnahmen unter angabe der bezeichnung, des herstellers, der id-nummer, der seriennummer sowie des imt-typ; lageplan, in welchem bereich umbaumaßnahmen zum betrieb der zusätzlichen beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 51steht dies nicht der vom land nordrhein-westfalen ausgewählten verwaltungspraxis entgegen, die den nachweis an den eintrag in der datenbank j. .nrw vorgesehen hat und damit den weg zur möglichen detailprüfung in einem subventionsrechtlichen nachprüfungsverfahren eröffnet hat. der beklagte hat sich im rahmen des ihm eingeräumten weiten ermessens zur regelung seiner verwaltungspraxis gegen die von der klägerin vorgeschlagenen aufwendigen nachweismöglichkeiten zum zeitpunkt der genehmigungsentscheidung und für die form einer „selbstauskunft“ entschieden. es ist der kammer nicht ersichtlich, dass der beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten krankenhäuser entgegenkommende lösung den rechtsstaatlichen rahmen der gestaltung seiner verwaltungspraxis verlassen hätte. im übrigen ist damit eine auch in anderen subventionsverfahren nicht unübliche praxis der „nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere überprüfung der tatsächlichen verhältnisse nach vorlage von verwendungsnachweisen. auch in den vorliegenden fällen der förderung zusätzlicher intensivbehandlungskapazitäten im zusammenhang mit der covid-19-pandemie erscheint eine spätere „nachkontrolle“ genehmigter kapazitäten und bewilligter auszahlungen durch die zuständigen behörden nicht ausgeschlossen. 522.kosten: § 154 abs. 1 vwgo. 53vorläufige vollstreckbarkeit: § 167 abs. 1 und 2 vwgo i.v.m. § 709 zpo. 54rechtsmittelbelehrung: 55gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 56der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 57innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 58die berufung ist nur zuzulassen, 591. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 602. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 613. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 624. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 635. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 64die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 65über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 66im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 67die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 68beschluss: 69der streitwert wird auf 100.000 eur festgesetzt. 70gründe: 71die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt orientiert sich an der mit der begehrten genehmigung weiterer 2 zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg verbundenen ausgleichszahlung von 50.000 eur je bett (2*50.000 eur). 72rechtsmittelbelehrung: 73gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 74die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 75die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 76die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 77die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 78war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 21 K 6276/20 | 2021-11-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG. 3Die Klägerin ist Trägerin des I. Klinikums O. , W. , das mit Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf Nr. 1767 vom 29.05.2017 in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein Westfalen aufgenommen worden ist. Die Anlage zum Feststellung weist ein Betten-Soll von 16 Intensivpflegebetten aus. 4Auf einen ersten Antrag der Klägerin vom 07.04.2020 hatte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Beklagten (nachfolgend Ministerium) mit bestandskräftig gewordenem Teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 die Genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit für 10 Intensivpflegebetten (ICU high care – invasive Beatmung) ab dem 16.03.2020 erteilt und im Übrigen hinsichtlich weiterer 8 entsprechender Intensivpflegebetten den Antrag abgelehnt. Zur Begründung wurde angegeben, der von der Klägerin dargelegte Aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten habe nicht in Gänze den in IG.NRW zur Verfügung stehende Intensivbetten entsprochen. Genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur Verfügung stehende intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. 5Unter dem 10.06.2020 beantragte die Klägerin unter Nutzung des von dem Ministerium vorgesehenen Formblattes für die zuvor nicht genehmigten Intensivpflegebetten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit erneut die Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG. In der Übersendungsemail vom 05.06.2020 erläuterte die Klägerin, aus der Begründung des Teilgenehmigungsbescheids vom 03.06.2020 sei nicht zu entnehmen, wie die Antragsprüfung vorgenommen worden sei und welche Gründe gegen eine antragsgemäße Bescheidung angeführt würden. Auch bei der Betrachtung der IG.NRW-Daten für ihre Klinik sei die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Daher würde für die nicht genehmigten Plätze nochmals ein Antrag gestellt. Die Klinik habe seit dem 16.03.2020 die gesetzlichen Voraussetzungen ‑ auch soweit die Gesetzesbegründung herangezogen werde ‑ erfüllt. Seit dem 06.04.2020 seien die insgesamt 18 zusätzlichen „high-care-Beatmungsbetten“ zur Verfügung gestellt worden. Diese seien auch immer einsatzbereit gewesen. Es müsse allerdings konstatiert werden, dass diese 18 Betten als „low-care“ gemeldet worden seien, da hier die Bezeichnung in der Meldedatei de IG.NRW initial irreführend gewesen sei. Die IG.NRW habe diese Bezeichnung zu einem späteren Zeitpunkt spezifiziert. Nach Spezifizierung hätte die Klägerin am 08.05.2020 die Meldung entsprechend korrigiert und alle Betten auf „high-care“ geändert. Somit sei eine Anpassung der „high-care“ bzw. „low-care“ während des Betrachtungszeitraums vorgenommen worden, was je nach Zeitpunkt (Datum) des „Abgriffs“ der Daten durch das Ministerium vermutlich zu einer falschen Datenbasis geführt habe. In der Klinik seien auch keine der beantragten und tatsächlich geschaffenen Bettenkapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG zurückgebaut worden, die nicht zur Wiederaufnahme des OP-Betriebs (Aufwachraum / Narkosegeräte) wieder benötigt worden seien oder würden, die aber im Falle einer verschlechterten Pandemielage mit erneut ansteigenden Fallzahlen auch jederzeit wieder zu intensivmedizinischen Versorgung und maschinellen Beatmung eingesetzt werden könnten. 6Mit Ablehnungsbescheid vom 21.09.2020 lehnte das Ministerium den weiteren Antrag unter dem 10.06.2020 ab. Zur Begründung wurde angegeben, bei der Auswahl der zu genehmigenden Maßnahmen hätten nur förderungsfähige Anträge berücksichtigt werden können. Als nicht förderfähig sei ein Antrag aus folgenden Gründen eingestuft worden: 7„- Der von Ihnen dargelegte Aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazität wird nicht in vollen Umfang im COVID-19-Modul in IG.NRW abgebildet, weil1. Ihr Antrag einen Planungsstand und damit einen zukünftigen Aufwuchs anzeigt oder2. Ihr Antrag einen Aufwuchs anzeigt, der nicht ordnungsgemäß im COVID-19-Modul in IG.NRW gemeldet ist.- Der krankenhausplanerische Versorgungsauftrag umfasst nicht die intensivmedizinische Versorgung.- Die Antragsfrist wurde nicht eingehalten.- Der Krankenhausträger befindet sich in einem laufenden Insolvenzverfahren.Genehmigt und anschließend gefördert werden können nur bereitgestellte intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit.“ 8Dagegen hat die Klägerin am 21.10.2020 Klage erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Begründung des Beklagten, weshalb die Genehmigung im angegriffenen Ablehnungsbescheid versagt worden sei, könne bereits nicht nachvollzogen werden. Der Ablehnungsbescheid weise insoweit ein Begründungsdefizit auf. Nach § 39 Abs. 1 S. 1 VwVfG sei ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung seien im Wesentlichen die tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen habe. Der Ablehnungsbescheid lasse nicht erkennen, aus welchen tatsächlichen und auch rechtlichen Grund die Genehmigung versagt worden sei. Der angegriffene Bescheid führe hierzu abstrakte Fallgruppen auf, bei denen aus Sicht des Beklagten keine Förderungsfähigkeit und damit Genehmigungsfähigkeit bestehe. Es seien einer möglichen Interpretation nach mehrere Gründe zur Wahl gestellt worden. Der Ablehnungsbescheid enthalte dann aber keine Angaben darüber, welche der Fallgruppen auf die Klägerin zutreffen solle. Insofern werde nur festgehalten, dass nur bereitgestellte intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit genehmigt und anschließend gefördert werden könnten. Wo der konkrete Mangel für die fehlende Genehmigungsfähigkeit für die beantragten Intensivbetten läge, werde nicht genannt. Die Kapazitäten seien geschaffen worden und die gesetzlichen Voraussetzungen seien erfüllt worden. Soweit der Beklagte darauf abstellte, ein Begründungsmangel sei im Klageverfahren beseitigt worden, gehe dieser fehl. Die Voraussetzung für eine zulässige nachträgliche Begründung nach § 114 S. 2 VwGO liege nicht vor, da der Beklagte im Rahmen einer Entscheidung nach § 21 Abs. 5 KHG kein Ermessen zukomme. Ein Anspruch auf die Pauschale nach § 21 Abs. 5 KHG setze allein die Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten voraus. Diese habe die Klägerin geschaffen; das werde vom Beklagten auch weiterhin nicht bestritten. Vielmehr beruhe die Versagung allein auf formellen Gründen (Meldung nach IG.NRW). Die konkrete Meldung zum IG.NRW auf deren Grundlage der Beklagte den angegriffenen Bescheid erlassen habe, sei der beigezogenen Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Daher könnten weder die Berechnung noch die Würdigung der eingegebenen Daten im IG.NRW-Portal nachvollzogen werden. Zudem bestehe keine materielle Präklusion dahingehend, dass die fehlende Meldung in IG.NRW den Anspruch aus § 21 Abs. 5 KHG ausschließe. Die bundesrechtliche Norm des § 21 Abs. 5 KHG mache den Anspruch nicht von einer Meldung abhängig. Eine Befugnis des Beklagten zum Unterlaufen von Bundesvorgaben bestehe nicht. Es bestünden auch keine Sachgründe, den Anspruch von einer Meldung in IG.NRW abhängig zu machen. Es sei dem Beklagten unproblematisch möglich, den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand, der durch die Pauschale nach § 21 Abs. 5 KHG abgedeckt werden solle, unabhängig von einer Meldung in einem Datenportal zu ermitteln. Die bundesrechtliche Norm des § 21 Abs. 5 KHG mache den Anspruch nicht von einer Meldung abhängig. Die konzedierte materielle Präklusion sei unter Berücksichtigung der Frage des Gesetzesvorbehalts, der Unvereinbarkeit mit Bundesrecht und der Unvereinbarkeit mit basalen Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips zu verneinen. Eine materielle Präklusion sei ersichtlich ohne Rechtsgrundlage. Der Aufwuchs an intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten im Krankenhaus der Klägerin sei unstrittig. Selbiges gelte für die damit verbundenen Aufwendungen. Die Klägerin habe den Aufwuchs von 18 Betten über die Meldung an IG.NRW vor dem festgesetzten Stichtag 01./02.07.2020 mitgeteilt. Wie der Beklagte anhand der IG.NRW-Meldungen zu einem anderen Ergebnis komme, sei nicht nachvollziehbar, zumal nach der Verwaltungsakte der Aufwuchs von 26 Betten bestätigt werde. Diese Kapazitäten seien auch tatsächlich geschaffen worden. Im Übrigen komme es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ausschließlich auf die Meldung in IG.NRW an. § 21 Abs. 5 KHG sehe vor, dass ein Krankenhaus zuerst eine Genehmigung erhalte und dann die Betten schaffe oder umwidme. Damit folge die tatsächliche Aufstellung der Genehmigung nach statt ihr vorauszugehen, sodass es für die Genehmigung nicht auf eine Ist-Meldung ankomme. Nach den Förderungsvoraussetzungen komme es nicht notwendigerweise darauf an, dass zwingend zusätzliche Intensivbetten geschaffen würden. Auch eine Ausstattung eines Intensivbettes, dass bisher keine materielle Beatmung aufgewiesen habe, mit einer maschinellen Beatmung reiche aus; maßgeblich sei das Aufstellen von Betten oder die Umwidmung bereits vorhandene Betten wie auch der gesetzgeberischen Begründung (BT-Drs. 19/18112, S. 28) zu entnehmen sei. Tatbestandsvoraussetzung sei mithin nicht der Aufwuchs an Betten, sondern der Aufwuchs an Beatmungskapazitäten. Dementsprechend habe die Klägerin 18 zusätzliche Beatmungskapazitäten geschaffen, 10 durch Aufstellen von neuen Betten sowie die Beschaffung von zusätzlichen Beatmungsgeräten und weitere 8 durch Umwidmung und Aufrüstung von 8 Betten, die vormals nicht für die regelhafte Beatmung vorgesehen gewesen seien und dementsprechend nicht über Beatmungsmöglichkeiten verfügt hätte. 9Auf den Gerichtsbescheid vom 17.08.2021, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.08.2021 zugestellt, hat die Klägerin mit Schreiben 14.09.2021 Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Zur weiteren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, Ausgangspunkt der Erwägungen bleibe, dass die Klägerin zum Stichtag des 16.03.2020 über 8 Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit verfügt habe und am 01.07.2013 (Anm. Gericht: offensichtlicher Schreibfehler, richtig 2020) 26 Betten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. Mithin seien 18 Betten mit maschineller Beatmung im Sinne des § 21 Abs. 5 KHG zusätzlich für die Versorgung von COVID-19-Patienten zur Verfügung gestellt worden. Hierbei habe sie 10 Betten neu aufgestellt und 8 Intermediate-Care-Betten um eine maschinelle Beatmungsmöglichkeit aufgerüstet. Der Beklagte habe von den insgesamt 18 zusätzlichen Betten lediglich einen Aufwuchs von 10 Betten berücksichtigt und entsprechend beschieden. Demnach seien 8 Betten streitig, die nach klägerischer Einschätzung die aufgerüsteten Intermediate-Care-Betten betreffen. Auch um maschinelle Beatmungsmöglichkeit aufgerüstete Intermediate-Care-Betten unterlägen der Förderung nach § 21 Abs. 5 KHG. Entscheidend seien alleine zusätzliche maschinelle Beatmungskapazitäten. Für die Beurteilung über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Förderung nach § 21 Abs. 5 KHG komme es sodann nicht allein auf die IG.NRW-Meldungen an, sondern es müsse ein Nachweis auch auf andere Weise möglich sein. Dies folge u.a. daraus, dass keine rechtliche Grundlage für die Präklusion existiere. Gleichermaßen sei die im IG.NRW und in den Anträgen gewählte Klassifizierung in Low-Care- und High-Care-Betten unter dem tatsächlichen Aspekt ungeeignet, um das Vorliegen oder eben Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen zu beurteilen. Im Übrigen spreche nichts gegen eine vorläufige Beurteilung aufgrund Meldungen im IG.NRW. Seien die daraus abgeleiteten Ergebnisse aber sodann nachweislich unrichtig, müsse im Rahmen einer Nachprüfung eine Korrektur möglich sein. Das sei anderen Bundesländern möglich gewesen. Warum dem in NRW rechtliche Gründe oder gar tatsächliche Unmöglichkeiten entgegenstehen sollten, könne der Beklagte nicht nachvollziehbar machen. Der Auffassung des Beklagten, es bestehe keine Förderfähigkeit von aufgerüsteten Intermediate-Care-Betten, weil der Gesetzgeber ein Plus an Intensivbetten habe erreichen wollen, stehe entgegen, dass der Wortlaut die „Aufstellung von Betten mit maschineller Beatmung“ oder „Einbeziehung von Betten anderer Stationen mit maschineller Beatmung“ verlange. Der Umrüstungsfall sei in diesem Sinne eben ein Bett mit maschineller Beatmung, das erstmals aufgestellt werde. Auch gehe mit der Aufrüstung eines Intermediate-Care-Bettes um eine maschinelle Beatmungsmöglichkeit keine Reduktion her. Das Bett stehe auch für die Behandlung von Patienten ohne Covid-19 zur Verfügung. Der Beklagte verwechsle zudem den Stations- und Abteilungsbegriff. Eine Station sei die kleinste bettenführende Einheit eines Fachgebietes, was sich u.a. aus § 2 Abs. 4 Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PPuGV) ergebe. Hinsichtlich des IG.NRW-Portals werde eine Geeignetheit angenommen. Der Beklagte setze sich nicht damit auseinander, dass die Intermediate-Care-Betten oder andere Intensivbettentypen mit der gewählten Klassifizierung LC und HC eben nicht abgefragt werden könnten. Ebenso übergehe der Beklagte die Rüge, dass die Kategorisierung im IG.NRW schon generell am materiellen Maßstab des § 21 Abs. 5 KHG vorbeigehe. Die einzig relevante maschinelle Beatmung werde nicht abgefragt, sondern durchweg abweichende Kategorien. Wie ein Meldesystem insoweit geeignet sein solle, lasse sich der Begründung der Beklagten nicht entnehmen. Es gebe keinen Grund, andere Nachweise als den Eintrag in IG.NRW auszuschließen. In Niedersachsen sei es Verwaltungspraxis, mit der Antragstellung Nachweise für die zusätzliche Schaffung oder zusätzliches Vorhalten zu übermitteln, z.B. konkrete Angaben zum maschinellen Beatmungsgerät, Rechnungen, Lieferscheine sowie Auflistungen. Das Krankenhaus habe zum Nachweis eine Schilderung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten vor der Pandemie sowie die getroffenen Anpassungsmöglichkeiten vorzusehen. Beigefügt werde eine Auflistung des Bestandes an Beatmungsgeräten vor und nach den Anpassungsnahmen unter Angabe der Bezeichnung, des Herstellers, der ID-Nummer, der Seriennummer sowie des IMT-Typ. Mithilfe eines Lageplanes werde dargelegt, in welchem Bereich Umbaumaßnahmen zum Betrieb der zusätzlichen Beatmungsplätze getroffen würden. Zudem begründe die Beklagte nicht, warum in einem Gerichtsverfahren anderweitige Beweismittel für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 21 Abs. 5 KHG ausgeschlossen sein sollten. Das sei der einzig strittige Punkt bzgl. des Meldeverfahrens und zu diesem einzig strittigen Punkt verhielten sich die Beklagte und der Gerichtsbescheid nicht. Es werde keine Rechtsgrundlage benannt, welche es begründen könne, dass die Beweisführung gemäß der VwGO unter Ausschöpfung der Beweismittel der VwGO ausgeschlossen sei. 10Die Klägerin beantragt, 11den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheids vom 21.09.2020 zu verpflichten, die unter dem 10.06.2020 beantragte Genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG für weitere 8 Intensivpflegebetten – über die bereits genehmigten 10 Intensivpflegebetten hinaus ‑ zu erteilen. 12Der Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung wird angegeben, ausweislich der Handreichung im „Merkblatt über die Pauschale für die Schaffung zusätzlich intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG i.V.m. Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ sei maßgebend für die Bestimmung der förderfähigen intensivmedizinischen Kapazitäten der tatsächlich vorhandene Bettenbestand zum 16.03.2020. Gefördert würden die zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit (durch Aufstellung von Betten oder Einbeziehung aus anderen Stationen), welche zum tatsächlich aufgestellten Bettenbestand zum 16.03.2020 hinzukämen. Zur Überprüfung des Bettenbestandes würden entsprechend der internen Unterlage die beantragten zusätzlichen Intensivbetten mit den in dem landeseigenen Meldesystem IG.NRW hinterlegten Intensivbetten abgeglichen. Erst durch die Eintragung in IG.NRW werde durch die Antragstellerin der Nachweis für die Schaffung der zusätzlichen Bettenkapazität erbracht. Für den ersten Prüfungsdurchgang sei der Stichtag 21.04.2020 festgelegt worden. Bei Anträgen, die vor dem 22.04.2020 eingereicht worden seien, seien die beantragten zusätzlichen Intensivbetten mit den am 21.04.2020 bei IG.NRW gemeldeten Betten abgeglichen worden. Für die zweite Prüfungsrunde, also für Anträge, die nach dem 21.04.2020 eingereicht worden seien, sei der 01./02.07.2020 ausgewählt worden. Im Nachgang zu diesen Prüfungsdurchläufen seien weitere mit geringerem Antragsaufkommen durchgeführt worden. Nur durch diese Verfahren sei das Ministerium in der Lage gewesen, die große Zahl an Anträgen anhand derselben Maßstäbe zu prüfen. Aufgrund der Möglichkeit mehrere Anträge zu stellen, seien im Rahmen der an den ersten Durchgang anschließenden Prüfungsrunden sowohl Erstanträge als auch durch Krankenhäuser erneut gestellte Anträge beschieden worden. Auf die Möglichkeit der erneuten Antragstellung sei sowohl im Rahmen des Ablehnungsbescheids der ersten Prüfungsrunde als auch in der zugehörigen Begleit-E-Mail hingewiesen worden. Ebenso sei das Verfahren erläutert worden. Hierbei sei ausdrücklich auf die Stichtagsregelung und die maßgebliche Meldung im IG.NRW hingewiesen worden. Bereits mit dem Teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 seien 10 der am 10.06.2020 beantragten 18 Betten mit maschinellen Beatmungsmöglichkeiten genehmigt worden. Da insoweit bereits eine Förderung gewährt worden sei und in der Anzahl keine zusätzliche intensivmedizinische Bettenkapazität mit maschinellen Beatmungsmöglichkeiten geschaffen worden seien, sei der erneute Förderantrag insoweit rechtmäßiger Weise abgelehnt worden. Darüber hinaus sei auch der Antrag bezüglich der übrigen 8 Betten rechtmäßiger Weise abgelehnt worden, da die Klägerin die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Zusätzliche Behandlungskapazitäten könnten durch das Aufstellen von Betten oder durch Einbeziehung von Betten auf anderen Stationen geschaffen werden und müssten in der täglichen Abfrage des IG.NRW spätestens zum Stichtag der jeweiligen Prüfungsrunde gemeldet sein. Zum für die zweite Genehmigungsrunde maßgeblichen Stichtag 01./02.07.2020 seien die beantragten 8 Betten nicht im IG.NRW gemeldet gewesen. Das Ministerium habe mit dieser Stichtagsregelung und der Meldepflicht im IG.NRW auch aufgrund seiner tatsächlichen Verwaltungspraxis in Anbetracht der Operabilität der zahlreichen Antragseingänge und zur Gewährleistung der einheitlichen und an den gleichen Maßstäben orientierten Bescheidung arbeiten dürfen. Dies sei auch sachgerecht und letztlich im Sinne der Antragsteller, da so ein einfacher Nachweis der tatsächlich vorhandenen Betten habe geführt werden können. Die Auswahl des Stichtags sei auch nicht willkürlich erfolgt, sondern habe der Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis und damit der Gleichbehandlung der Antragsteller gedient. Ein etwaiger Begründungsmangel sei gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG NRW geheilt. Im Übrigen sei die tatsächliche Schaffung der beantragten intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten entgegen der Auffassung der Klägerin nicht unstreitig. Vielmehr sei die tatsächliche Schaffung der Kapazitäten durch fehlende Meldung in IG.NRW nicht nachgewiesen. Das gleiche gelte auch für die von der Klägerin behaupteten Aufwendungen zur Schaffung der Kapazitäten. Aus den zum Verwaltungsvorgang genommenen Berechnungstabellen gehe hervor, dass die Klägerin zum 15.03.2020 16 intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit gemeldet habe, 8 Betten der Kategorie ICU low care (nichtinvasive Beatmung) sowie 8 Betten der Kategorie ICU high care (invasive Beatmung), in der Summe also 16 Betten. Aus der weitergehend vorgelegten Tabelle zum Abgleich mit den System IG.NRW gehe hervor, dass 26 Betten der Kategorie ICU high care gemeldet worden seien. Für den belegten Aufwuchs gegenüber dem ursprünglichen Bettenbestand von 16 Betten sei mit Bescheid vom 03.06.2020 eine entsprechende Genehmigung erteilt worden. Ein weitergehender Aufwuchs ein Betten sei nicht nachgewiesen worden. Die behauptete Aufstellung weitergehender ICU high care Betten habe die Klägerin leicht in IG.NRW melden können. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige Klage ist nicht begründet. 181.Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Genehmigung von 8 zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmung nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG. Der angefochtene Bescheid vom 21.09.2020 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, §113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 VwGO. 19a)Der angefochtene Bescheid vom 21.09.2020 bezüglich des (zweiten) Antrags unter dem 10.06.2020 war ursprünglich formell rechtswidrig, da er erhebliche Begründungsdefizite aufwies. Gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 VwVfG NRW sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Hierbei hat die Behörde auf den konkreten Einzelfall abzustellen. 20Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 39, Rdnr. 18. 21Dies hat die Behörde bei der Begründung des Bescheides vom 21.09.2020 nicht hinreichend beachtet. Der (später mitgeteilte) Ablehnungsgrund, der Antrag zeige einen Aufwuchs an, der nicht ordnungsgemäß im COVID-19-Modul in IG.NRW gemeldet sei, wird in der Begründung des Bescheids zwar auch genannt, aber nur neben weiteren, formelhaft aufgeführten, nicht die Klinik der Klägerin betreffende Begründungsmöglichkeiten. Insoweit fehlt es der Begründung an der erforderlichen, 22Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 39, Rdnrn. 23, 24, 23Verständlichkeit, da die Begründung sich im Wesentlichen in einer Aufzählung von möglichen Ablehnungsgründen erschöpft, ohne diese auf den konkreten Einzelfall zu beziehen und es der Adressatin des Bescheids überlässt, den für die Ablehnung ihres Antrages zutreffenden Ablehnungsgrund zu ermitteln. 24Dieser Begründungsmangel ist jedoch gemäß § 45 Abs.1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG NRW im Klageverfahren geheilt worden. 25b)Der angegriffene Bescheid ist materiell rechtmäßig. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für die Genehmigung der zusätzlichen Kapazitäten nicht. 26Nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG erhalten zugelassene Krankenhäuser, die mit Genehmigung der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten schaffen oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen vorhalten, für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000 EUR aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. 27Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht, auch wenn sie bestehende intensivmedizinische Betten mit Beatmungsgeräten – wie zunächst im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16.07.2021, Bl. 2, 4 dargestellt ‑ nachgerüstet haben sollte (vgl.). Soweit sie mit Schriftsatz vom 05.11.2021 und aufgrund des Vorbringens ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zuletzt vorgebracht hat, sie habe sog. Intermediate-Care-Betten „aus anderen Stationen“ mit Beatmungsgeräten nachgerüstet, ergibt sich dies nicht aus den zu berücksichtigenden Einträgen in der IG.NRW-Datenbank. Nebenbei bemerkt handelt es sich insoweit – einerseits Aufrüstung intensivmedizinischer Betten mit Beatmungsgeräten, andererseits Nachrüstung von Intermediate-Care-Betten „aus anderen Stationen“ mit Beatmungsgeräten ‑ um widersprüchliches Vorbringen. 28(1)Die Kammer vertritt die Auffassung, 29Urteil vom 19.02.2021 – 4112/20 ‑, 30dass die Nachrüstung bestehender intensivmedizinischer Betten mit Beatmungsgeräten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigung nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde nicht erfüllt. 31Für diese Auslegung spricht Sinn und Zweck der Regelung, die die erforderlichen Kapazitäten im Rahmen der Pandemie schaffen will. § 21 Abs. 5 Satz 1 KHG wurde im Rahmen des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes eingefügt. Damit wollte der Gesetzgeber leistungsfähige Intensivmedizin fördern, die in der Lage ist, einen effektiven Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass es aufgrund der COVID-19-Pandemie einen erwartbar steigenden Bedarf an Intensiv- und Beatmungskapazitäten geben wird, daher sollten die Krankenhäuser für zusätzlich provisorisch geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten einen Bonus erhalten. 32BT-Drs. 19/18112, S. 21. 33Mit Aufstellung von Betten ist die Schaffung gänzlich neuer Bettenkapazitäten gemeint, was bei der bloßen Aufrüstung bereits vorhandener Betten nicht der Fall ist. Auch die Einbeziehung von Betten anderer Stationen spricht vorliegend dafür, dass es sich um Betten handeln muss, die nicht der Intensivstation zugehören, denn dann würde es sich um Betten derselben Station handeln. 34Das Ziel der Erhöhung von Bettenkapazitäten für die Behandlung von COVID-19-Erkrankten durch Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten wird aber nicht erreicht, wenn bestehende Intensivbetten lediglich aufgerüstet werden, denn dadurch wird keine zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazität geschaffen. 35Daher sollte der Pauschbetrag von 50.000,00 Euro auch ausdrücklich für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten gezahlt werden. 36BT-Drs. 19/18112, S. 2. 37Da der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund auch von einem steigenden Bedarf an Intensivbetten ohne Beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist, war die Aufrüstung bereits bestehender Intensivkapazitäten mangels zusätzlicher Bereitstellung für ihn kein förderungswürdiger Vorgang. Vielmehr sollte nach seiner Intention die Förderung daran geknüpft werden, dass die zusätzlich vorgehaltenen oder geschaffenen Intensivbetten über eine maschinelle Beatmungsmöglichkeit verfügen. 38BT-Drs. 19/18112, S. 28. 39Vor diesem Hintergrund wird hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber die Förderung an zwei Voraussetzungen knüpfen wollte. Zum einen mussten zusätzliche Intensivbetten geschaffen werden, sei es durch Neuaufstellung oder Einbeziehung von Betten anderer (Nicht-Intensiv-) Stationen, und zum anderen mussten diese zusätzlichen Betten mit der Möglichkeit zur maschinellen Beatmung ausgestattet werden. 40Gegen diese Auslegung der Bestimmung des § 21 Abs. 5 S. 1 KHG spricht auch nicht, dass – wie die Prozessbevollmächtigten nochmals in der mündlichen Verhandlung auch unter Hinweis auf die „Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen ‑ Hintergrundtext ‑, verabschiedet mit Beschluss des Präsidiums der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vom 30.11.2010“ vorgetragen haben ‑ ein Ausbau einer Intensivstation mit erheblichen technischen, baulichen und infrastrukturellen Schwierigkeiten sowie mit personellen Notwendigkeiten verbunden ist, die nicht in kurzen Zeit erreicht werden könnten, so dass aufgrund dessen dem Willen des Gesetzgebers zum raschen Aufbau von Beatmungskapazitäten keineswegs rechtzeitig hätte nachgekommen werden können. Diese Überlegungen müssten auch bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandes berücksichtigt werden; dem Willen des Gesetzgebers werde man nur gerecht, wenn auch eine Aufrüstung bestehender Intensivbetten im Sinne des § 21 Abs. 5 S. 1 KHG genehmigungsfähig sei. Dieser Argumentation steht entgegen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der COVID-19-Pandemie auch von einem steigenden Bedarf an Intensivbetten ohne Beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist. Dieser steigende Bedarf hätte nicht dadurch gedeckt werden können, die bestehenden Intensivbetten – ohne ihre Anzahl zu erhöhen – mit Beatmungskapazität auszustatten, wie die Klägerin vorbringt. Davon abgesehen, kann die Kammer nicht erkennen, dass es anderen Krankenhäusern, als dem der Klägerin, nicht möglich gewesen wäre, bestehende Strukturen in den Intensivstationen durch zusätzliche Intensivbetten auszubauen und mit der erforderlichen Beatmungskapazität auszustatten. 41Maßgeblich ist auch nicht der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgebrachte Stationsbegriff des § 2 Abs. 4 S. 1 Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PPuGV). Das Maß an intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten, welches der Gesetzgeber durch die Einführung des § 21 Abs. 5 KHG hat aufstocken wollen, bestimmt sich nach dem krankenhausplanerisch festgestellten intensivmedizinischen Versorgungsauftrag eines jeden Krankenhauses. Nur wenn nach dem Aufwuchs der Kapazitäten die Zahl der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten des Krankenhauses im Vergleich zu den im Feststellungsbescheid ausgewiesenen Anzahl der Intensivbetten am Ende steigt, ist das gesetzgeberische Ziel erreicht, unabhängig davon, wo die ursprünglichen Intensivpflegebetten vormals räumlich und organisatorisch zugeordnet waren. Hierfür spricht auch das in § 21 Abs. 5 S. 1 KHG festgelegte Genehmigungserfordernis für die neuen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Bearbeitung, denn krankenhausplanerisch wird lediglich eine bestimmte Anzahl von Intensivpflegebetten genehmigt, ohne deren konkrete Ausstattung zu bestimmen. Werden aufgrund des Feststellungsbescheides bereits genehmigte Intensivpflegebetten mit einer Möglichkeit zur maschinellen Beatmung aufgerüstet, so bedürfte es hierfür keiner gesonderten Genehmigung durch die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde. Einer solchen bedarf es nur, wenn neue, bisher vom Feststellungsbescheid nicht erfasste intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten aufgestellt oder Betten, die nicht Intensivpflegebetten sind, umgewidmet werden. 42Die Klägerin täuscht sich, wenn sie vorbringen lässt, die Förderfähigkeit aufgerüsteter Betten, insbesondere aufgerüsteter Intermediate-Care-Betten um maschinelle Beatmungsmöglichkeit ergebe sich offensichtlich aus dem Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25.03.2020 – IV A 3 – und deshalb seien diese nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG zu genehmigen. Der von der Klägerin erwähnte Erlass bezieht sich auf ein eigenes, vom Land Nordrhein-Westfalen aufgelegtes, von der Genehmigung nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG unabhängiges Programm „Soforthilfe zur Stärkung der Langzeitbeatmungskapazitäten im Zusammenhang mit dem Corona-Virus in Nordrhein-Westfalen“, mit dem allein die Aufstockung bestehender Betten mit Langzeitbeatmungsmöglichkeiten gefördert wird. 43Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2021 – 21 K 3928/20 ‑; Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt: OVG NRW, Beschluss vom 08.09.2021 – 13 A 957/21 ‑. 44Das zugehörige (landesrechtliche) subventionsrechtliche Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit § 44 LHO weicht vom (nach Bundesrecht durchgeführtem) Genehmigungsverfahren nach § 21 Abs. 5 S. 1 KHG ab, z.B. im Hinblick auf die Regelung einer Ausschlussfrist, von Nachweiseerfordernissen (Vorlage Kaufvertrag), im Hinblick auf Auszahlungsmodalitäten, und die Beschleunigung durch Rechtsbehelfsverzichte. Das Landesprogramm stellt sich offensichtlich als echtes Subventionsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen dar mit der Folge einer Auszahlung eines Förderbetrages durch eine Landesbehörde und ist erkennbar abgesetzt von dem sich nach Bundesrecht richtendem Genehmigungsprogramm, dass Voraussetzung ist für eine Auszahlung eines Förderbetrags aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds (§ 21 Abs. 5 S. 1 aE KHG) durch das Bundesamt für Soziale Sicherung als Bundesbehörde (§ 21 Abs. 5 S. 3 KHG). Die Heranziehung des Erlass des Ministeriums vom 25.03.2020 – IV A 3 – als Auslegungshilfe bei der Deutung des Willens des Bundesgesetzgebers stellt sich damit als völlig untaugliches Mittel dar. 45Da die Klägerin die dargestellten Voraussetzungen des § 21 Abs. 5 S. 1 KHG nicht erfüllt, hat sie gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf die Genehmigung aufgerüsteter Intensiv-Beatmungsplätze. 46(2)Soweit die Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 05.11.2021 und aufgrund des Vorbringens ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vortragen lässt, sie habe sog. Intermediate-Care-Betten „aus anderen Stationen“ mit Beatmungsgeräten nachgerüstet, ergibt sich dies nicht aus den zu berücksichtigenden Einträgen in der IG.NRW-Datenbank. 47Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, aus den zum Verwaltungsvorgang genommenen Berechnungstabellen gehe hervor, dass die Klägerin zum 15.03.2020 16 intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit gemeldet hat, 8 Betten der Kategorie ICU low care (nichtinvasive Beatmung) sowie 8 Betten der Kategorie ICU high care (invasive Beatmung), in der Summe also 16 Betten. Aus der weitergehend vorgelegten Tabelle zum Abgleich mit den System IG.NRW geht hervor, dass 26 Betten der Kategorie ICU high care gemeldet worden sind. Für den belegten Aufwuchs gegenüber dem ursprünglichen Bettenbestand von 16 Betten ist mit Bescheid vom 03.06.2020 eine entsprechende Genehmigung, also 10 Betten, erteilt worden. Ein weitergehender Aufwuchs an Betten ist nicht im IG.NRW nachgemeldet worden, obwohl dies der Klägerin unproblematisch möglich gewesen wäre. Die von ihr erwähnten „8 Intermediate-Care-Betten aus anderen Stationen“, hätte sie in IG.NRW entweder als „Aufstellung ICU low care“ oder als „Aufstellung ICU high care“ ausweisen sollen, soweit es sich um entweder nicht-invasive Beatmungskapazität oder invasive Beatmungskapazität gehandelt haben sollte und diese auch als Intensivbetten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit aufgestellt worden sind. Auf diese Weise hätte sie deren Berücksichtigung bei der hier streitigen Genehmigung erreicht. Eine Genehmigungsmöglichkeit ergibt es aber nicht aus dem Erhalt als Intermediate-Care-Bett mit einfacher maschineller Beatmung (ohne Aufstellung als Intensivbett in der Intensivstation). Dies ergibt sich durch die klare Regelung des § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Aufrechterhaltung und Sicherung intensivmedizinischer Krankenhauskapazitäten (DIVI IntensivRegister-Verordnung) vom 08.04.2020, BAnz AT 09.04.2020 VA. Die Kammer schließt sich nicht der Auffassung der Klägerin an, die Vorgaben des IG.NRW enthielten Kriterien, unter die nicht alle Arten von Betten subsumiert werden könnten, so dass es den Krankenhäusern unmöglich sei, bestimmte Arten zu melden. Die hier allein interessierende Meldung von Aufwuchs zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen ist unproblematisch erfasst von dem Eintrag entweder in die Kategorie „ICU low care“ (von § 1 Abs 2 Nr. 1 DIVI-VO definiert als nicht-invasive Beatmungsmöglichkeit) oder in die Kategorie „ICU high care“ (von § 1 Abs 2 Nr. 2 DIVI-VO definiert als invasive Beatmungsmöglichkeit). Damit wäre für die von der Klägerin zuletzt behauptete Aufstellung von „8 Intermediate-Care-Betten aus anderen Stationen“ ein Eintrag auch in der Kategorie „ICU low care“ (von § 1 Abs 2 Nr. 1 DIVI-VO definiert als nicht-invasive Beatmungsmöglichkeit) möglich gewesen, wenn es sich nicht um eine invasive Beatmung (endotracheale Intubation) gehandelt haben mag. Voraussetzung ist aber immer die (Neu-) Aufstellung als oder Umwidmung zum Intensivbett (auf der Intensivstation). Die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gehegten Zweifel an der Sinnhaftigkeit der bestehenden Verwaltungspraxis teilt die Kammer nicht. Die Kriterien des IG.NRW und der Vorgaben des § 21 Abs. 5 KHG fallen nicht auseinander, da die Meldung des „Aufwuchses zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit“, also sowohl „ICU low care“ als auch „ICU high care“ zu einer Genehmigung führen, soweit sich die Meldung bezieht auf die zusätzliche Aufstellung von Betten oder die Einbeziehung von Betten anderen Stationen. 48Die Kammer folgt auch nicht der Auffassung der Klägerin, mit der von dem Beklagten geübten Verwaltungspraxis werde faktisch eine materielle Präklusion verfolgt, die dem Wortlaut der bundesrechtlichen Normen des § 21 Abs. 5 KHG widerspreche. Die vom Beklagten aufgestellten Fördervoraussetzungen halten sich unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips an den von § 21 Abs. 5 KHG aufgestellten Rahmen. Der Bundesgesetzgeber hat mit dieser Regelung die Förderung zusätzlicher intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten oder durch Einbeziehung von Betten anderen Stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50.000 EUR aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bereitgestellt. Die materielle Prüfung der Fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden (§ 21 Abs. 5 S. 1 KHG); nach durchgeführter Genehmigung erfolgt die Auszahlung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (§ 21 Abs. 5 S. 3 KHG). Die Durchführung der Genehmigungsverfahren wird den für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen Landesverwaltungspraxis unterworfen. Insoweit können die Bundesländer jeweils unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis aufstellen, z.B. durch Förderrichtlinien. Die von dem Ministerium aufgestellten Grundsätze des Förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden Krankenhäusern zugänglich gemachten „Ergänzenden Merkblatt für die Pauschale für die Schaffung zusätzlich intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach § 21 Abs. 5 KHG i.V.m. COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten). 49Diese Fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen Charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche Vorgaben, die das Verwaltungshandeln der Genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. Sie bewirken eine interne rechtliche Bindung des Verwaltungshandelns. Eine über die der Verwaltungsvorschrift innewohnende interne Bindung der Verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird nur durch den Gleichheitssatz und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der Ausprägung, welche die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben. 50OVG Nds., Beschluss vom 07.10 2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.;vgl. auch Urteil der Kammer vom 19.02.2021 – 21 K 3928/20 ‑. 51Maßgeblich ist mithin, wie die zur Anwendung der Verwaltungsvorschriften berufenen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, vom Urheber der Vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen Gleichheitssatz gebunden sind. 52OVG Nds., Beschluss vom 07.10.2011 – 8 LA 93/11 -, in: juris (Rn. 6) m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 03.09.2002 – 15 A 2777/00 -, in: juris (Rn. 36). 53Hält sich die Bewilligungsbehörde an die Förderrichtlinien, ist sie durch den Gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 54BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 55Weicht die Behörde indes generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende Wirkung, sodass sich die Vereinbarkeit des Verwaltungshandelns mit dem Gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis beurteilt. 56BVerwG, Urteil vom 25.04.2012 – 8 C 18/11 -, in: juris (Rn. 32). 57Gemessen an diesen Voraussetzungen stellt sich die Entscheidung des Beklagten, die Genehmigung zu versagen, als rechtmäßig dar. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt im Regelfall die Feststellung einer ansonsten abweichenden Verwaltungspraxis voraus. 58Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2003 – 3 C 25/02 -, in: juris (rn. 18). 59An einer solch abweichenden Verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der Antragstellung aller interessierten Krankenhäuser, die Überprüfung des Bettenbestandes auf zusätzliche Intensivbetten mit maschineller Beatmungskapazität mit dem Abgleich der in dem landeseigenen Meldesystem IG.NRW hinterlegten Intensivbetten abhängig gemacht hat. Damit hat er allen antragstellenden Krankenhäusern ‑ und damit auch der Klägerin ‑ ermöglicht, durch die Eintragung in IG.NRW im Sinne einer „Selbstauskunft“, 60Nr. 1 Pkt. 4 der Handreichung Auswahlverfahren „Soforthilfe zum Aufbau von Beatmungsplatzkapazitäten“ (Beatmungsgeräte) und „Förderung zusätzlicher Intensivkapazitäten mit maschineller Beatmung“ (Intensivbetten), 61den Nachweis für die Schaffung der zusätzlichen Bettenkapazität zu erbringen. Nach den Fördergrundsätzen ist für die Bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen Kapazitäten der tatsächlich aufgestellte Bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. Für die zweite Prüfungsrunde (Anträge nach dem 21.04.2020) wurde der Stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. Das Verfahren sieht die Nutzung von Formblättern vor. Mit dem Nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen Bettenbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt ist die Eintragung der intensivmedizinischen Kapazitäten im landeseigenen Meldesystem IG.NRW verbunden. Es erfolgt ein entsprechender Abgleich der beantragten zusätzlichen Betten mit den in IG.NRW hinterlegten Intensivbetten. Darauf wurden die antragstellenden Krankenhäuser zudem mit Begleit-E-Mails hingewiesen (vgl. E-Mail an die Klägerin vom 18.06.2020). Die für das Förderverfahren niedergelegten Vorgaben widersprechen nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. Mit dem Eintrag im Meldesystem IG.NRW konnten die antragstellenden Krankenhäuser, die das Meldeportal IG.NRW ohnehin auch in anderen Angelegenheiten des Krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen Aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die Voraussetzungen für eine Förderung nachweisen. Die Klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das Meldeportal IG.NRW zu nutzen. Für den Nachweis des Aufwuchses an Beatmungskapazitäten war damit der Eintrag im Meldeportal IG.NRW (auch für die Klägerin) geeignet. Letztlich bedeutet der vorgeschriebene Nachweis nichts anderes als die Verwendung eines (elektronischen) Formulars. Die Kammer tritt der Auffassung der Klägerin nicht bei, dem Beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum Zeitpunkt der Antragstellung den tatsächlichen Aufwuchs und den hieraus resultierenden Refinanzierungsaufwand unabhängig von einer Meldung in einem Datenportal zu ermitteln. Zwar mag die Vorlage von Nachweisen (z.B. Kaufvertrag oder Aufstellplänen etc.) eine denkbare Möglichkeit sein; der Beklagte hat sich in seiner Verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den Eintrag in IG.NRW beschränkt. Soweit die Klägerin mit ihrem Einwurf vorbringen will, der Beklagte hätte bei Zweifeln an der Richtigkeit von Angaben auch selbst vor Ort im Krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. Dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen Verhältnissen im Rahmen der Pandemielage im Jahr 2020. Über den höherer verwaltungstechnischer Aufwand (z.B. Vorlage von Rechnungen, Auslieferungsbelegen, Aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller Aufwand (z.B. Nachprüfung der vorgelegten Dokumente, Überprüfung vor Ort in den Krankenhäusern (z.B. durch Beschäftigte der zuständigen Behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher Inanspruchnahme. Dies widersprach zum damaligen Zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen Vorgaben der Reduzierung persönlicher Kontakte und der Notwendigkeit zügigen Eingreifens im Rahmen der Pandemielage unter schneller Schaffung finanzieller Mittel für die betroffenen Krankenhäuser zur Schaffung der erwünschten Kapazitäten unter beständiger Vorgabe der Herabsetzung des allgemeinen Infektionsrisikos. 62BT-Drs. 19/18112, passim, vgl. nur S. 2, 3, 21 f. 63Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländer zeige, dass auch ein anderer Nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten möglich sei 64‑ Antragstellung versehen mit Nachweisen (Angaben zum maschinellen Beatmungsgerät, Rechnungen, Lieferscheine sowie Auflistungen), verbunden mit Schilderung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten vor der Pandemie sowie die getroffenen Anpassungsmöglichkeiten (Auflistung des Bestandes an Beatmungsgeräten vor und nach den Anpassungsnahmen unter Angabe der Bezeichnung, des Herstellers, der ID-Nummer, der Seriennummer sowie des IMT-Typ; Lageplan, in welchem Bereich Umbaumaßnahmen zum Betrieb der zusätzlichen Beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 65steht dies nicht der vom Land Nordrhein-Westfalen ausgewählten Verwaltungspraxis entgegen, die den Nachweis an den Eintrag in der Datenbank IG.NRW vorgesehen hat und damit den Weg zur möglichen Detailprüfung in einem subventionsrechtlichen Nachprüfungsverfahren – zum Zweck der Überprüfung, ob die beantragten und genehmigten zusätzlichen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen worden sind ‑ eröffnet hat. Der Beklagte hat sich im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens zur Regelung seiner Verwaltungspraxis gegen die von der Klägerin vorgeschlagenen aufwendigen Nachweismöglichkeiten zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung und für die Form einer „Selbstauskunft“ entschieden. Es ist der Kammer nicht ersichtlich, dass der Beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten Krankenhäuser entgegenkommende Lösung den rechtsstaatlichen Rahmen der Gestaltung seiner Verwaltungspraxis verlassen hätte. Im Übrigen ist damit eine auch in anderen Subventionsverfahren nicht unübliche Praxis der „Nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse nach Vorlage von Verwendungsnachweisen. Auch in den vorliegenden Fällen der Förderung zusätzlicher Intensivbehandlungskapazitäten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erscheint eine spätere „Nachkontrolle“ genehmigter Kapazitäten und bewilligter Auszahlungen durch die zuständigen Behörden nicht ausgeschlossen. 662.Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. 67Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. 68Rechtsmittelbelehrung: 69Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 70Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 71Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 72Die Berufung ist nur zuzulassen, 731. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 742. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 753. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 764. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 775. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 78Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 79Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 80Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 81Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 82Beschluss: 83Der Streitwert wird auf 400.000 EUR festgesetzt. 84Gründe: 85Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt orientiert sich an der mit der begehrten Genehmigung weiterer 8 zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten nach COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz i.V.m. § 21 Abs. 5 KHG verbundenen Ausgleichszahlung von 50.000 EUR je Bett (8*50.000 EUR). 86Rechtsmittelbelehrung: 87Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 88Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 89Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 90Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 91Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 92War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die beteiligten streiten um die genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg. 3die klägerin ist trägerin des i. klinikums o. , w. , das mit feststellungsbescheid der bezirksregierung düsseldorf nr. 1767 vom 29.05.2017 in den krankenhausplan des landes nordrhein westfalen aufgenommen worden ist. die anlage zum feststellung weist ein betten-soll von 16 intensivpflegebetten aus. 4auf einen ersten antrag der klägerin vom 07.04.2020 hatte das ministerium für arbeit, gesundheit und soziales des beklagten (nachfolgend ministerium) mit bestandskräftig gewordenem teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 die genehmigung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit für 10 intensivpflegebetten (icu high care – invasive beatmung) ab dem 16.03.2020 erteilt und im übrigen hinsichtlich weiterer 8 entsprechender intensivpflegebetten den antrag abgelehnt. zur begründung wurde angegeben, der von der klägerin dargelegte aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten habe nicht in gänze den in ig.nrw zur verfügung stehende intensivbetten entsprochen. genehmigt und anschließend gefördert werden könnten nur zur verfügung stehende intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. 5unter dem 10.06.2020 beantragte die klägerin unter nutzung des von dem ministerium vorgesehenen formblattes für die zuvor nicht genehmigten intensivpflegebetten mit maschineller beatmungsmöglichkeit erneut die genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg. in der übersendungsemail vom 05.06.2020 erläuterte die klägerin, aus der begründung des teilgenehmigungsbescheids vom 03.06.2020 sei nicht zu entnehmen, wie die antragsprüfung vorgenommen worden sei und welche gründe gegen eine antragsgemäße bescheidung angeführt würden. auch bei der betrachtung der ig.nrw-daten für ihre klinik sei die entscheidung nicht nachvollziehbar. daher würde für die nicht genehmigten plätze nochmals ein antrag gestellt. die klinik habe seit dem 16.03.2020 die gesetzlichen voraussetzungen ‑ auch soweit die gesetzesbegründung herangezogen werde ‑ erfüllt. seit dem 06.04.2020 seien die insgesamt 18 zusätzlichen „high-care-beatmungsbetten“ zur verfügung gestellt worden. diese seien auch immer einsatzbereit gewesen. es müsse allerdings konstatiert werden, dass diese 18 betten als „low-care“ gemeldet worden seien, da hier die bezeichnung in der meldedatei de ig.nrw initial irreführend gewesen sei. die ig.nrw habe diese bezeichnung zu einem späteren zeitpunkt spezifiziert. nach spezifizierung hätte die klägerin am 08.05.2020 die meldung entsprechend korrigiert und alle betten auf „high-care“ geändert. somit sei eine anpassung der „high-care“ bzw. „low-care“ während des betrachtungszeitraums vorgenommen worden, was je nach zeitpunkt (datum) des „abgriffs“ der daten durch das ministerium vermutlich zu einer falschen datenbasis geführt habe. in der klinik seien auch keine der beantragten und tatsächlich geschaffenen bettenkapazitäten nach § 21 abs. 5 khg zurückgebaut worden, die nicht zur wiederaufnahme des op-betriebs (aufwachraum / narkosegeräte) wieder benötigt worden seien oder würden, die aber im falle einer verschlechterten pandemielage mit erneut ansteigenden fallzahlen auch jederzeit wieder zu intensivmedizinischen versorgung und maschinellen beatmung eingesetzt werden könnten. 6mit ablehnungsbescheid vom 21.09.2020 lehnte das ministerium den weiteren antrag unter dem 10.06.2020 ab. zur begründung wurde angegeben, bei der auswahl der zu genehmigenden maßnahmen hätten nur förderungsfähige anträge berücksichtigt werden können. als nicht förderfähig sei ein antrag aus folgenden gründen eingestuft worden: 7„- der von ihnen dargelegte aufwuchs an zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazität wird nicht in vollen umfang im covid-19-modul in ig.nrw abgebildet, weil1. ihr antrag einen planungsstand und damit einen zukünftigen aufwuchs anzeigt oder2. ihr antrag einen aufwuchs anzeigt, der nicht ordnungsgemäß im covid-19-modul in ig.nrw gemeldet ist.- der krankenhausplanerische versorgungsauftrag umfasst nicht die intensivmedizinische versorgung.- die antragsfrist wurde nicht eingehalten.- der krankenhausträger befindet sich in einem laufenden insolvenzverfahren.genehmigt und anschließend gefördert werden können nur bereitgestellte intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit.“ 8dagegen hat die klägerin am 21.10.2020 klage erhoben. zur begründung wird im wesentlichen vorgetragen, die begründung des beklagten, weshalb die genehmigung im angegriffenen ablehnungsbescheid versagt worden sei, könne bereits nicht nachvollzogen werden. der ablehnungsbescheid weise insoweit ein begründungsdefizit auf. nach § 39 abs. 1 s. 1 vwvfg sei ein schriftlicher verwaltungsakt mit einer begründung zu versehen. in der begründung seien im wesentlichen die tatsächlichen und rechtlichen gründe mitzuteilen, die die behörde zu ihrer entscheidung bewogen habe. der ablehnungsbescheid lasse nicht erkennen, aus welchen tatsächlichen und auch rechtlichen grund die genehmigung versagt worden sei. der angegriffene bescheid führe hierzu abstrakte fallgruppen auf, bei denen aus sicht des beklagten keine förderungsfähigkeit und damit genehmigungsfähigkeit bestehe. es seien einer möglichen interpretation nach mehrere gründe zur wahl gestellt worden. der ablehnungsbescheid enthalte dann aber keine angaben darüber, welche der fallgruppen auf die klägerin zutreffen solle. insofern werde nur festgehalten, dass nur bereitgestellte intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit genehmigt und anschließend gefördert werden könnten. wo der konkrete mangel für die fehlende genehmigungsfähigkeit für die beantragten intensivbetten läge, werde nicht genannt. die kapazitäten seien geschaffen worden und die gesetzlichen voraussetzungen seien erfüllt worden. soweit der beklagte darauf abstellte, ein begründungsmangel sei im klageverfahren beseitigt worden, gehe dieser fehl. die voraussetzung für eine zulässige nachträgliche begründung nach § 114 s. 2 vwgo liege nicht vor, da der beklagte im rahmen einer entscheidung nach § 21 abs. 5 khg kein ermessen zukomme. ein anspruch auf die pauschale nach § 21 abs. 5 khg setze allein die schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten voraus. diese habe die klägerin geschaffen; das werde vom beklagten auch weiterhin nicht bestritten. vielmehr beruhe die versagung allein auf formellen gründen (meldung nach ig.nrw). die konkrete meldung zum ig.nrw auf deren grundlage der beklagte den angegriffenen bescheid erlassen habe, sei der beigezogenen verwaltungsakte nicht zu entnehmen. daher könnten weder die berechnung noch die würdigung der eingegebenen daten im ig.nrw-portal nachvollzogen werden. zudem bestehe keine materielle präklusion dahingehend, dass die fehlende meldung in ig.nrw den anspruch aus § 21 abs. 5 khg ausschließe. die bundesrechtliche norm des § 21 abs. 5 khg mache den anspruch nicht von einer meldung abhängig. eine befugnis des beklagten zum unterlaufen von bundesvorgaben bestehe nicht. es bestünden auch keine sachgründe, den anspruch von einer meldung in ig.nrw abhängig zu machen. es sei dem beklagten unproblematisch möglich, den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand, der durch die pauschale nach § 21 abs. 5 khg abgedeckt werden solle, unabhängig von einer meldung in einem datenportal zu ermitteln. die bundesrechtliche norm des § 21 abs. 5 khg mache den anspruch nicht von einer meldung abhängig. die konzedierte materielle präklusion sei unter berücksichtigung der frage des gesetzesvorbehalts, der unvereinbarkeit mit bundesrecht und der unvereinbarkeit mit basalen anforderungen des rechtsstaatsprinzips zu verneinen. eine materielle präklusion sei ersichtlich ohne rechtsgrundlage. der aufwuchs an intensivmedizinischen behandlungskapazitäten im krankenhaus der klägerin sei unstrittig. selbiges gelte für die damit verbundenen aufwendungen. die klägerin habe den aufwuchs von 18 betten über die meldung an ig.nrw vor dem festgesetzten stichtag 01./02.07.2020 mitgeteilt. wie der beklagte anhand der ig.nrw-meldungen zu einem anderen ergebnis komme, sei nicht nachvollziehbar, zumal nach der verwaltungsakte der aufwuchs von 26 betten bestätigt werde. diese kapazitäten seien auch tatsächlich geschaffen worden. im übrigen komme es entgegen der auffassung des beklagten nicht ausschließlich auf die meldung in ig.nrw an. § 21 abs. 5 khg sehe vor, dass ein krankenhaus zuerst eine genehmigung erhalte und dann die betten schaffe oder umwidme. damit folge die tatsächliche aufstellung der genehmigung nach statt ihr vorauszugehen, sodass es für die genehmigung nicht auf eine ist-meldung ankomme. nach den förderungsvoraussetzungen komme es nicht notwendigerweise darauf an, dass zwingend zusätzliche intensivbetten geschaffen würden. auch eine ausstattung eines intensivbettes, dass bisher keine materielle beatmung aufgewiesen habe, mit einer maschinellen beatmung reiche aus; maßgeblich sei das aufstellen von betten oder die umwidmung bereits vorhandene betten wie auch der gesetzgeberischen begründung (bt-drs. 19/18112, s. 28) zu entnehmen sei. tatbestandsvoraussetzung sei mithin nicht der aufwuchs an betten, sondern der aufwuchs an beatmungskapazitäten. dementsprechend habe die klägerin 18 zusätzliche beatmungskapazitäten geschaffen, 10 durch aufstellen von neuen betten sowie die beschaffung von zusätzlichen beatmungsgeräten und weitere 8 durch umwidmung und aufrüstung von 8 betten, die vormals nicht für die regelhafte beatmung vorgesehen gewesen seien und dementsprechend nicht über beatmungsmöglichkeiten verfügt hätte. 9auf den gerichtsbescheid vom 17.08.2021, den prozessbevollmächtigten der klägerin am 23.08.2021 zugestellt, hat die klägerin mit schreiben 14.09.2021 antrag auf mündliche verhandlung gestellt. zur weiteren begründung trägt sie im wesentlichen vor, ausgangspunkt der erwägungen bleibe, dass die klägerin zum stichtag des 16.03.2020 über 8 betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit verfügt habe und am 01.07.2013 (anm. gericht: offensichtlicher schreibfehler, richtig 2020) 26 betten mit maschineller beatmungsmöglichkeit. mithin seien 18 betten mit maschineller beatmung im sinne des § 21 abs. 5 khg zusätzlich für die versorgung von covid-19-patienten zur verfügung gestellt worden. hierbei habe sie 10 betten neu aufgestellt und 8 intermediate-care-betten um eine maschinelle beatmungsmöglichkeit aufgerüstet. der beklagte habe von den insgesamt 18 zusätzlichen betten lediglich einen aufwuchs von 10 betten berücksichtigt und entsprechend beschieden. demnach seien 8 betten streitig, die nach klägerischer einschätzung die aufgerüsteten intermediate-care-betten betreffen. auch um maschinelle beatmungsmöglichkeit aufgerüstete intermediate-care-betten unterlägen der förderung nach § 21 abs. 5 khg. entscheidend seien alleine zusätzliche maschinelle beatmungskapazitäten. für die beurteilung über das vorliegen der tatbestandsvoraussetzungen für die förderung nach § 21 abs. 5 khg komme es sodann nicht allein auf die ig.nrw-meldungen an, sondern es müsse ein nachweis auch auf andere weise möglich sein. dies folge u.a. daraus, dass keine rechtliche grundlage für die präklusion existiere. gleichermaßen sei die im ig.nrw und in den anträgen gewählte klassifizierung in low-care- und high-care-betten unter dem tatsächlichen aspekt ungeeignet, um das vorliegen oder eben nichtvorliegen der fördervoraussetzungen zu beurteilen. im übrigen spreche nichts gegen eine vorläufige beurteilung aufgrund meldungen im ig.nrw. seien die daraus abgeleiteten ergebnisse aber sodann nachweislich unrichtig, müsse im rahmen einer nachprüfung eine korrektur möglich sein. das sei anderen bundesländern möglich gewesen. warum dem in nrw rechtliche gründe oder gar tatsächliche unmöglichkeiten entgegenstehen sollten, könne der beklagte nicht nachvollziehbar machen. der auffassung des beklagten, es bestehe keine förderfähigkeit von aufgerüsteten intermediate-care-betten, weil der gesetzgeber ein plus an intensivbetten habe erreichen wollen, stehe entgegen, dass der wortlaut die „aufstellung von betten mit maschineller beatmung“ oder „einbeziehung von betten anderer stationen mit maschineller beatmung“ verlange. der umrüstungsfall sei in diesem sinne eben ein bett mit maschineller beatmung, das erstmals aufgestellt werde. auch gehe mit der aufrüstung eines intermediate-care-bettes um eine maschinelle beatmungsmöglichkeit keine reduktion her. das bett stehe auch für die behandlung von patienten ohne covid-19 zur verfügung. der beklagte verwechsle zudem den stations- und abteilungsbegriff. eine station sei die kleinste bettenführende einheit eines fachgebietes, was sich u.a. aus § 2 abs. 4 pflegepersonaluntergrenzen-verordnung (ppugv) ergebe. hinsichtlich des ig.nrw-portals werde eine geeignetheit angenommen. der beklagte setze sich nicht damit auseinander, dass die intermediate-care-betten oder andere intensivbettentypen mit der gewählten klassifizierung lc und hc eben nicht abgefragt werden könnten. ebenso übergehe der beklagte die rüge, dass die kategorisierung im ig.nrw schon generell am materiellen maßstab des § 21 abs. 5 khg vorbeigehe. die einzig relevante maschinelle beatmung werde nicht abgefragt, sondern durchweg abweichende kategorien. wie ein meldesystem insoweit geeignet sein solle, lasse sich der begründung der beklagten nicht entnehmen. es gebe keinen grund, andere nachweise als den eintrag in ig.nrw auszuschließen. in niedersachsen sei es verwaltungspraxis, mit der antragstellung nachweise für die zusätzliche schaffung oder zusätzliches vorhalten zu übermitteln, z.b. konkrete angaben zum maschinellen beatmungsgerät, rechnungen, lieferscheine sowie auflistungen. das krankenhaus habe zum nachweis eine schilderung der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten vor der pandemie sowie die getroffenen anpassungsmöglichkeiten vorzusehen. beigefügt werde eine auflistung des bestandes an beatmungsgeräten vor und nach den anpassungsnahmen unter angabe der bezeichnung, des herstellers, der id-nummer, der seriennummer sowie des imt-typ. mithilfe eines lageplanes werde dargelegt, in welchem bereich umbaumaßnahmen zum betrieb der zusätzlichen beatmungsplätze getroffen würden. zudem begründe die beklagte nicht, warum in einem gerichtsverfahren anderweitige beweismittel für das vorliegen der voraussetzungen nach § 21 abs. 5 khg ausgeschlossen sein sollten. das sei der einzig strittige punkt bzgl. des meldeverfahrens und zu diesem einzig strittigen punkt verhielten sich die beklagte und der gerichtsbescheid nicht. es werde keine rechtsgrundlage benannt, welche es begründen könne, dass die beweisführung gemäß der vwgo unter ausschöpfung der beweismittel der vwgo ausgeschlossen sei. 10die klägerin beantragt, 11den beklagten unter aufhebung seines ablehnungsbescheids vom 21.09.2020 zu verpflichten, die unter dem 10.06.2020 beantragte genehmigung zusätzlicher intensiv-medizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg für weitere 8 intensivpflegebetten – über die bereits genehmigten 10 intensivpflegebetten hinaus ‑ zu erteilen. 12der beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung wird angegeben, ausweislich der handreichung im „merkblatt über die pauschale für die schaffung zusätzlich intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach § 21 abs. 5 khg i.v.m. covid-19-krankenhausentlastungsgesetz“ sei maßgebend für die bestimmung der förderfähigen intensivmedizinischen kapazitäten der tatsächlich vorhandene bettenbestand zum 16.03.2020. gefördert würden die zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit (durch aufstellung von betten oder einbeziehung aus anderen stationen), welche zum tatsächlich aufgestellten bettenbestand zum 16.03.2020 hinzukämen. zur überprüfung des bettenbestandes würden entsprechend der internen unterlage die beantragten zusätzlichen intensivbetten mit den in dem landeseigenen meldesystem ig.nrw hinterlegten intensivbetten abgeglichen. erst durch die eintragung in ig.nrw werde durch die antragstellerin der nachweis für die schaffung der zusätzlichen bettenkapazität erbracht. für den ersten prüfungsdurchgang sei der stichtag 21.04.2020 festgelegt worden. bei anträgen, die vor dem 22.04.2020 eingereicht worden seien, seien die beantragten zusätzlichen intensivbetten mit den am 21.04.2020 bei ig.nrw gemeldeten betten abgeglichen worden. für die zweite prüfungsrunde, also für anträge, die nach dem 21.04.2020 eingereicht worden seien, sei der 01./02.07.2020 ausgewählt worden. im nachgang zu diesen prüfungsdurchläufen seien weitere mit geringerem antragsaufkommen durchgeführt worden. nur durch diese verfahren sei das ministerium in der lage gewesen, die große zahl an anträgen anhand derselben maßstäbe zu prüfen. aufgrund der möglichkeit mehrere anträge zu stellen, seien im rahmen der an den ersten durchgang anschließenden prüfungsrunden sowohl erstanträge als auch durch krankenhäuser erneut gestellte anträge beschieden worden. auf die möglichkeit der erneuten antragstellung sei sowohl im rahmen des ablehnungsbescheids der ersten prüfungsrunde als auch in der zugehörigen begleit-e-mail hingewiesen worden. ebenso sei das verfahren erläutert worden. hierbei sei ausdrücklich auf die stichtagsregelung und die maßgebliche meldung im ig.nrw hingewiesen worden. bereits mit dem teilgenehmigungsbescheid vom 03.06.2020 seien 10 der am 10.06.2020 beantragten 18 betten mit maschinellen beatmungsmöglichkeiten genehmigt worden. da insoweit bereits eine förderung gewährt worden sei und in der anzahl keine zusätzliche intensivmedizinische bettenkapazität mit maschinellen beatmungsmöglichkeiten geschaffen worden seien, sei der erneute förderantrag insoweit rechtmäßiger weise abgelehnt worden. darüber hinaus sei auch der antrag bezüglich der übrigen 8 betten rechtmäßiger weise abgelehnt worden, da die klägerin die erforderlichen voraussetzungen nicht erfülle. zusätzliche behandlungskapazitäten könnten durch das aufstellen von betten oder durch einbeziehung von betten auf anderen stationen geschaffen werden und müssten in der täglichen abfrage des ig.nrw spätestens zum stichtag der jeweiligen prüfungsrunde gemeldet sein. zum für die zweite genehmigungsrunde maßgeblichen stichtag 01./02.07.2020 seien die beantragten 8 betten nicht im ig.nrw gemeldet gewesen. das ministerium habe mit dieser stichtagsregelung und der meldepflicht im ig.nrw auch aufgrund seiner tatsächlichen verwaltungspraxis in anbetracht der operabilität der zahlreichen antragseingänge und zur gewährleistung der einheitlichen und an den gleichen maßstäben orientierten bescheidung arbeiten dürfen. dies sei auch sachgerecht und letztlich im sinne der antragsteller, da so ein einfacher nachweis der tatsächlich vorhandenen betten habe geführt werden können. die auswahl des stichtags sei auch nicht willkürlich erfolgt, sondern habe der vereinheitlichung der verwaltungspraxis und damit der gleichbehandlung der antragsteller gedient. ein etwaiger begründungsmangel sei gemäß § 45 abs. 1 nr. 2 vwvfg nrw geheilt. im übrigen sei die tatsächliche schaffung der beantragten intensivmedizinischen behandlungskapazitäten entgegen der auffassung der klägerin nicht unstreitig. vielmehr sei die tatsächliche schaffung der kapazitäten durch fehlende meldung in ig.nrw nicht nachgewiesen. das gleiche gelte auch für die von der klägerin behaupteten aufwendungen zur schaffung der kapazitäten. aus den zum verwaltungsvorgang genommenen berechnungstabellen gehe hervor, dass die klägerin zum 15.03.2020 16 intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit gemeldet habe, 8 betten der kategorie icu low care (nichtinvasive beatmung) sowie 8 betten der kategorie icu high care (invasive beatmung), in der summe also 16 betten. aus der weitergehend vorgelegten tabelle zum abgleich mit den system ig.nrw gehe hervor, dass 26 betten der kategorie icu high care gemeldet worden seien. für den belegten aufwuchs gegenüber dem ursprünglichen bettenbestand von 16 betten sei mit bescheid vom 03.06.2020 eine entsprechende genehmigung erteilt worden. ein weitergehender aufwuchs ein betten sei nicht nachgewiesen worden. die behauptete aufstellung weitergehender icu high care betten habe die klägerin leicht in ig.nrw melden können. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs des beklagten. 16 | 17die zulässige klage ist nicht begründet. 181.die klägerin hat keinen anspruch auf die beantragte genehmigung von 8 zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmung nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg. der angefochtene bescheid vom 21.09.2020 ist im ergebnis rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, §113 abs. 1 s. 1 und abs. 5 vwgo. 19a)der angefochtene bescheid vom 21.09.2020 bezüglich des (zweiten) antrags unter dem 10.06.2020 war ursprünglich formell rechtswidrig, da er erhebliche begründungsdefizite aufwies. gemäß § 39 abs. 1 s. 2 vwvfg nrw sind in der begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen gründe mitzuteilen, die die behörde zu ihrer entscheidung bewogen haben. hierbei hat die behörde auf den konkreten einzelfall abzustellen. 20ramsauer, in: kopp / ramsauer, vwvfg, 18. aufl. 2017, § 39, rdnr. 18. 21dies hat die behörde bei der begründung des bescheides vom 21.09.2020 nicht hinreichend beachtet. der (später mitgeteilte) ablehnungsgrund, der antrag zeige einen aufwuchs an, der nicht ordnungsgemäß im covid-19-modul in ig.nrw gemeldet sei, wird in der begründung des bescheids zwar auch genannt, aber nur neben weiteren, formelhaft aufgeführten, nicht die klinik der klägerin betreffende begründungsmöglichkeiten. insoweit fehlt es der begründung an der erforderlichen, 22ramsauer, in: kopp / ramsauer, vwvfg, 18. aufl. 2017, § 39, rdnrn. 23, 24, 23verständlichkeit, da die begründung sich im wesentlichen in einer aufzählung von möglichen ablehnungsgründen erschöpft, ohne diese auf den konkreten einzelfall zu beziehen und es der adressatin des bescheids überlässt, den für die ablehnung ihres antrages zutreffenden ablehnungsgrund zu ermitteln. 24dieser begründungsmangel ist jedoch gemäß § 45 abs.1 nr. 2 und abs. 2 vwvfg nrw im klageverfahren geheilt worden. 25b)der angegriffene bescheid ist materiell rechtmäßig. die klägerin erfüllt die voraussetzungen für die genehmigung der zusätzlichen kapazitäten nicht. 26nach § 21 abs. 5 s. 1 khg erhalten zugelassene krankenhäuser, die mit genehmigung der für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten schaffen oder durch einbeziehung von betten anderen stationen vorhalten, für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000 eur aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds. 27diese voraussetzungen erfüllt die klägerin nicht, auch wenn sie bestehende intensivmedizinische betten mit beatmungsgeräten – wie zunächst im schriftsatz der prozessbevollmächtigten der klägerin vom 16.07.2021, bl. 2, 4 dargestellt ‑ nachgerüstet haben sollte (vgl.). soweit sie mit schriftsatz vom 05.11.2021 und aufgrund des vorbringens ihrer prozessbevollmächtigten in der mündlichen verhandlung zuletzt vorgebracht hat, sie habe sog. intermediate-care-betten „aus anderen stationen“ mit beatmungsgeräten nachgerüstet, ergibt sich dies nicht aus den zu berücksichtigenden einträgen in der ig.nrw-datenbank. nebenbei bemerkt handelt es sich insoweit – einerseits aufrüstung intensivmedizinischer betten mit beatmungsgeräten, andererseits nachrüstung von intermediate-care-betten „aus anderen stationen“ mit beatmungsgeräten ‑ um widersprüchliches vorbringen. 28(1)die kammer vertritt die auffassung, 29urteil vom 19.02.2021 – 4112/20 ‑, 30dass die nachrüstung bestehender intensivmedizinischer betten mit beatmungsgeräten die gesetzlichen voraussetzungen für die genehmigung nach § 21 abs. 5 s. 1 khg durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörde nicht erfüllt. 31für diese auslegung spricht sinn und zweck der regelung, die die erforderlichen kapazitäten im rahmen der pandemie schaffen will. § 21 abs. 5 satz 1 khg wurde im rahmen des covid-19-krankenhausentlastungsgesetzes eingefügt. damit wollte der gesetzgeber leistungsfähige intensivmedizin fördern, die in der lage ist, einen effektiven beitrag zur bekämpfung der pandemie zu leisten. der gesetzgeber ging davon aus, dass es aufgrund der covid-19-pandemie einen erwartbar steigenden bedarf an intensiv- und beatmungskapazitäten geben wird, daher sollten die krankenhäuser für zusätzlich provisorisch geschaffene oder vorgehaltene intensivbetten einen bonus erhalten. 32bt-drs. 19/18112, s. 21. 33mit aufstellung von betten ist die schaffung gänzlich neuer bettenkapazitäten gemeint, was bei der bloßen aufrüstung bereits vorhandener betten nicht der fall ist. auch die einbeziehung von betten anderer stationen spricht vorliegend dafür, dass es sich um betten handeln muss, die nicht der intensivstation zugehören, denn dann würde es sich um betten derselben station handeln. 34das ziel der erhöhung von bettenkapazitäten für die behandlung von covid-19-erkrankten durch schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten wird aber nicht erreicht, wenn bestehende intensivbetten lediglich aufgerüstet werden, denn dadurch wird keine zusätzliche intensivmedizinische behandlungskapazität geschaffen. 35daher sollte der pauschbetrag von 50.000,00 euro auch ausdrücklich für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene intensivbetten gezahlt werden. 36bt-drs. 19/18112, s. 2. 37da der gesetzgeber vor diesem hintergrund auch von einem steigenden bedarf an intensivbetten ohne beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist, war die aufrüstung bereits bestehender intensivkapazitäten mangels zusätzlicher bereitstellung für ihn kein förderungswürdiger vorgang. vielmehr sollte nach seiner intention die förderung daran geknüpft werden, dass die zusätzlich vorgehaltenen oder geschaffenen intensivbetten über eine maschinelle beatmungsmöglichkeit verfügen. 38bt-drs. 19/18112, s. 28. 39vor diesem hintergrund wird hinreichend deutlich, dass der gesetzgeber die förderung an zwei voraussetzungen knüpfen wollte. zum einen mussten zusätzliche intensivbetten geschaffen werden, sei es durch neuaufstellung oder einbeziehung von betten anderer (nicht-intensiv-) stationen, und zum anderen mussten diese zusätzlichen betten mit der möglichkeit zur maschinellen beatmung ausgestattet werden. 40gegen diese auslegung der bestimmung des § 21 abs. 5 s. 1 khg spricht auch nicht, dass – wie die prozessbevollmächtigten nochmals in der mündlichen verhandlung auch unter hinweis auf die „empfehlungen zur struktur und ausstattung von intensivstationen ‑ hintergrundtext ‑, verabschiedet mit beschluss des präsidiums der deutschen interdisziplinären vereinigung für intensiv- und notfallmedizin (divi) vom 30.11.2010“ vorgetragen haben ‑ ein ausbau einer intensivstation mit erheblichen technischen, baulichen und infrastrukturellen schwierigkeiten sowie mit personellen notwendigkeiten verbunden ist, die nicht in kurzen zeit erreicht werden könnten, so dass aufgrund dessen dem willen des gesetzgebers zum raschen aufbau von beatmungskapazitäten keineswegs rechtzeitig hätte nachgekommen werden können. diese überlegungen müssten auch bei der auslegung des gesetzlichen tatbestandes berücksichtigt werden; dem willen des gesetzgebers werde man nur gerecht, wenn auch eine aufrüstung bestehender intensivbetten im sinne des § 21 abs. 5 s. 1 khg genehmigungsfähig sei. dieser argumentation steht entgegen, dass der gesetzgeber im rahmen der covid-19-pandemie auch von einem steigenden bedarf an intensivbetten ohne beatmungsmöglichkeit ausgegangen ist. dieser steigende bedarf hätte nicht dadurch gedeckt werden können, die bestehenden intensivbetten – ohne ihre anzahl zu erhöhen – mit beatmungskapazität auszustatten, wie die klägerin vorbringt. davon abgesehen, kann die kammer nicht erkennen, dass es anderen krankenhäusern, als dem der klägerin, nicht möglich gewesen wäre, bestehende strukturen in den intensivstationen durch zusätzliche intensivbetten auszubauen und mit der erforderlichen beatmungskapazität auszustatten. 41maßgeblich ist auch nicht der von den prozessbevollmächtigten der klägerin vorgebrachte stationsbegriff des § 2 abs. 4 s. 1 pflegepersonaluntergrenzen-verordnung (ppugv). das maß an intensivmedizinischen behandlungskapazitäten, welches der gesetzgeber durch die einführung des § 21 abs. 5 khg hat aufstocken wollen, bestimmt sich nach dem krankenhausplanerisch festgestellten intensivmedizinischen versorgungsauftrag eines jeden krankenhauses. nur wenn nach dem aufwuchs der kapazitäten die zahl der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten des krankenhauses im vergleich zu den im feststellungsbescheid ausgewiesenen anzahl der intensivbetten am ende steigt, ist das gesetzgeberische ziel erreicht, unabhängig davon, wo die ursprünglichen intensivpflegebetten vormals räumlich und organisatorisch zugeordnet waren. hierfür spricht auch das in § 21 abs. 5 s. 1 khg festgelegte genehmigungserfordernis für die neuen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller bearbeitung, denn krankenhausplanerisch wird lediglich eine bestimmte anzahl von intensivpflegebetten genehmigt, ohne deren konkrete ausstattung zu bestimmen. werden aufgrund des feststellungsbescheides bereits genehmigte intensivpflegebetten mit einer möglichkeit zur maschinellen beatmung aufgerüstet, so bedürfte es hierfür keiner gesonderten genehmigung durch die für die krankenhausplanung zuständige landesbehörde. einer solchen bedarf es nur, wenn neue, bisher vom feststellungsbescheid nicht erfasste intensivmedizinischen behandlungskapazitäten aufgestellt oder betten, die nicht intensivpflegebetten sind, umgewidmet werden. 42die klägerin täuscht sich, wenn sie vorbringen lässt, die förderfähigkeit aufgerüsteter betten, insbesondere aufgerüsteter intermediate-care-betten um maschinelle beatmungsmöglichkeit ergebe sich offensichtlich aus dem erlass des ministeriums für arbeit, gesundheit und soziales des landes nordrhein-westfalen vom 25.03.2020 – iv a 3 – und deshalb seien diese nach § 21 abs. 5 s. 1 khg zu genehmigen. der von der klägerin erwähnte erlass bezieht sich auf ein eigenes, vom land nordrhein-westfalen aufgelegtes, von der genehmigung nach § 21 abs. 5 s. 1 khg unabhängiges programm „soforthilfe zur stärkung der langzeitbeatmungskapazitäten im zusammenhang mit dem corona-virus in nordrhein-westfalen“, mit dem allein die aufstockung bestehender betten mit langzeitbeatmungsmöglichkeiten gefördert wird. 43vgl. dazu vg düsseldorf, urteil vom 19.02.2021 – 21 k 3928/20 ‑; antrag auf zulassung der berufung abgelehnt: ovg nrw, beschluss vom 08.09.2021 – 13 a 957/21 ‑. 44das zugehörige (landesrechtliche) subventionsrechtliche verwaltungsverfahren im zusammenhang mit § 44 lho weicht vom (nach bundesrecht durchgeführtem) genehmigungsverfahren nach § 21 abs. 5 s. 1 khg ab, z.b. im hinblick auf die regelung einer ausschlussfrist, von nachweiseerfordernissen (vorlage kaufvertrag), im hinblick auf auszahlungsmodalitäten, und die beschleunigung durch rechtsbehelfsverzichte. das landesprogramm stellt sich offensichtlich als echtes subventionsprogramm des landes nordrhein-westfalen dar mit der folge einer auszahlung eines förderbetrages durch eine landesbehörde und ist erkennbar abgesetzt von dem sich nach bundesrecht richtendem genehmigungsprogramm, dass voraussetzung ist für eine auszahlung eines förderbetrags aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds (§ 21 abs. 5 s. 1 ae khg) durch das bundesamt für soziale sicherung als bundesbehörde (§ 21 abs. 5 s. 3 khg). die heranziehung des erlass des ministeriums vom 25.03.2020 – iv a 3 – als auslegungshilfe bei der deutung des willens des bundesgesetzgebers stellt sich damit als völlig untaugliches mittel dar. 45da die klägerin die dargestellten voraussetzungen des § 21 abs. 5 s. 1 khg nicht erfüllt, hat sie gegen den beklagten auch keinen anspruch auf die genehmigung aufgerüsteter intensiv-beatmungsplätze. 46(2)soweit die klägerin zuletzt mit schriftsatz vom 05.11.2021 und aufgrund des vorbringens ihrer prozessbevollmächtigten in der mündlichen verhandlung vortragen lässt, sie habe sog. intermediate-care-betten „aus anderen stationen“ mit beatmungsgeräten nachgerüstet, ergibt sich dies nicht aus den zu berücksichtigenden einträgen in der ig.nrw-datenbank. 47zutreffend weist der beklagte darauf hin, aus den zum verwaltungsvorgang genommenen berechnungstabellen gehe hervor, dass die klägerin zum 15.03.2020 16 intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit gemeldet hat, 8 betten der kategorie icu low care (nichtinvasive beatmung) sowie 8 betten der kategorie icu high care (invasive beatmung), in der summe also 16 betten. aus der weitergehend vorgelegten tabelle zum abgleich mit den system ig.nrw geht hervor, dass 26 betten der kategorie icu high care gemeldet worden sind. für den belegten aufwuchs gegenüber dem ursprünglichen bettenbestand von 16 betten ist mit bescheid vom 03.06.2020 eine entsprechende genehmigung, also 10 betten, erteilt worden. ein weitergehender aufwuchs an betten ist nicht im ig.nrw nachgemeldet worden, obwohl dies der klägerin unproblematisch möglich gewesen wäre. die von ihr erwähnten „8 intermediate-care-betten aus anderen stationen“, hätte sie in ig.nrw entweder als „aufstellung icu low care“ oder als „aufstellung icu high care“ ausweisen sollen, soweit es sich um entweder nicht-invasive beatmungskapazität oder invasive beatmungskapazität gehandelt haben sollte und diese auch als intensivbetten mit maschineller beatmungsmöglichkeit aufgestellt worden sind. auf diese weise hätte sie deren berücksichtigung bei der hier streitigen genehmigung erreicht. eine genehmigungsmöglichkeit ergibt es aber nicht aus dem erhalt als intermediate-care-bett mit einfacher maschineller beatmung (ohne aufstellung als intensivbett in der intensivstation). dies ergibt sich durch die klare regelung des § 1 abs. 2 der verordnung zur aufrechterhaltung und sicherung intensivmedizinischer krankenhauskapazitäten (divi intensivregister-verordnung) vom 08.04.2020, banz at 09.04.2020 va. die kammer schließt sich nicht der auffassung der klägerin an, die vorgaben des ig.nrw enthielten kriterien, unter die nicht alle arten von betten subsumiert werden könnten, so dass es den krankenhäusern unmöglich sei, bestimmte arten zu melden. die hier allein interessierende meldung von aufwuchs zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten oder durch einbeziehung von betten anderen stationen ist unproblematisch erfasst von dem eintrag entweder in die kategorie „icu low care“ (von § 1 abs 2 nr. 1 divi-vo definiert als nicht-invasive beatmungsmöglichkeit) oder in die kategorie „icu high care“ (von § 1 abs 2 nr. 2 divi-vo definiert als invasive beatmungsmöglichkeit). damit wäre für die von der klägerin zuletzt behauptete aufstellung von „8 intermediate-care-betten aus anderen stationen“ ein eintrag auch in der kategorie „icu low care“ (von § 1 abs 2 nr. 1 divi-vo definiert als nicht-invasive beatmungsmöglichkeit) möglich gewesen, wenn es sich nicht um eine invasive beatmung (endotracheale intubation) gehandelt haben mag. voraussetzung ist aber immer die (neu-) aufstellung als oder umwidmung zum intensivbett (auf der intensivstation). die von den prozessbevollmächtigten der klägerin in der mündlichen verhandlung gehegten zweifel an der sinnhaftigkeit der bestehenden verwaltungspraxis teilt die kammer nicht. die kriterien des ig.nrw und der vorgaben des § 21 abs. 5 khg fallen nicht auseinander, da die meldung des „aufwuchses zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit“, also sowohl „icu low care“ als auch „icu high care“ zu einer genehmigung führen, soweit sich die meldung bezieht auf die zusätzliche aufstellung von betten oder die einbeziehung von betten anderen stationen. 48die kammer folgt auch nicht der auffassung der klägerin, mit der von dem beklagten geübten verwaltungspraxis werde faktisch eine materielle präklusion verfolgt, die dem wortlaut der bundesrechtlichen normen des § 21 abs. 5 khg widerspreche. die vom beklagten aufgestellten fördervoraussetzungen halten sich unter beachtung des rechtsstaatsprinzips an den von § 21 abs. 5 khg aufgestellten rahmen. der bundesgesetzgeber hat mit dieser regelung die förderung zusätzlicher intensivmedizinische behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit durch aufstellung von betten oder durch einbeziehung von betten anderen stationen ermöglicht und dafür für jedes bis zum 30.09.2020 aufgestellte oder vorgehaltene bett einmalig einen betrag in höhe von 50.000 eur aus der liquiditätsreserve des gesundheitsfonds bereitgestellt. die materielle prüfung der fördervoraussetzungen erfolgt durch die für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden (§ 21 abs. 5 s. 1 khg); nach durchgeführter genehmigung erfolgt die auszahlung durch das bundesamt für soziale sicherung (§ 21 abs. 5 s. 3 khg). die durchführung der genehmigungsverfahren wird den für die krankenhausplanung zuständigen landesbehörden überlassen und damit der jeweiligen landesverwaltungspraxis unterworfen. insoweit können die bundesländer jeweils unterschiedliche anforderungen an den nachweis aufstellen, z.b. durch förderrichtlinien. die von dem ministerium aufgestellten grundsätze des förderverfahrens sind niedergelegt in dem den antragstellenden krankenhäusern zugänglich gemachten „ergänzenden merkblatt für die pauschale für die schaffung zusätzlich intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach § 21 abs. 5 khg i.v.m. covid-19-krankenhausentlastungsgesetz“ und in der innerministeriellen handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten). 49diese fördergrundsätze unterliegen der rechtlichen charakterisierung als förderrichtlinien-ähnliche vorgaben, die das verwaltungshandeln der genehmigungsbehörde zu steuern geeignet sind. sie bewirken eine interne rechtliche bindung des verwaltungshandelns. eine über die der verwaltungsvorschrift innewohnende interne bindung der verwaltung hinausgehende anspruchsbegründende außenwirkung wird nur durch den gleichheitssatz und das im rechtsstaatsprinzip verankerte gebot des vertrauensschutzes vermittelt, jedoch nur in der ausprägung, welche die verwaltungsvorschriften durch die ständige verwaltungspraxis gefunden haben. 50ovg nds., beschluss vom 07.10 2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.;vgl. auch urteil der kammer vom 19.02.2021 – 21 k 3928/20 ‑. 51maßgeblich ist mithin, wie die zur anwendung der verwaltungsvorschriften berufenen behörden die verwaltungsvorschrift im maßgeblichen zeitpunkt in ständiger, vom urheber der vorschrift gebilligter oder jedenfalls geduldeter praxis gehandhabt haben und in welchem umfang sie infolgedessen durch den grundgesetzlichen gleichheitssatz gebunden sind. 52ovg nds., beschluss vom 07.10.2011 – 8 la 93/11 -, in: juris (rn. 6) m.w.n.; ovg nrw, urteil vom 03.09.2002 – 15 a 2777/00 -, in: juris (rn. 36). 53hält sich die bewilligungsbehörde an die förderrichtlinien, ist sie durch den gleichheitssatz verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche gründe eine abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. 54bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 55weicht die behörde indes generell von den förderrichtlinien ab, so verlieren diese ihre ermessensbindende wirkung, sodass sich die vereinbarkeit des verwaltungshandelns mit dem gleichheitssatz dann nur noch nach der tatsächlichen verwaltungspraxis beurteilt. 56bverwg, urteil vom 25.04.2012 – 8 c 18/11 -, in: juris (rn. 32). 57gemessen an diesen voraussetzungen stellt sich die entscheidung des beklagten, die genehmigung zu versagen, als rechtmäßig dar. ein verstoß gegen den gleichheitssatz setzt im regelfall die feststellung einer ansonsten abweichenden verwaltungspraxis voraus. 58vgl. bverwg, urteil vom 23.04.2003 – 3 c 25/02 -, in: juris (rn. 18). 59an einer solch abweichenden verwaltungspraxis fehlt es vorliegend. der beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass er bei der antragstellung aller interessierten krankenhäuser, die überprüfung des bettenbestandes auf zusätzliche intensivbetten mit maschineller beatmungskapazität mit dem abgleich der in dem landeseigenen meldesystem ig.nrw hinterlegten intensivbetten abhängig gemacht hat. damit hat er allen antragstellenden krankenhäusern ‑ und damit auch der klägerin ‑ ermöglicht, durch die eintragung in ig.nrw im sinne einer „selbstauskunft“, 60nr. 1 pkt. 4 der handreichung auswahlverfahren „soforthilfe zum aufbau von beatmungsplatzkapazitäten“ (beatmungsgeräte) und „förderung zusätzlicher intensivkapazitäten mit maschineller beatmung“ (intensivbetten), 61den nachweis für die schaffung der zusätzlichen bettenkapazität zu erbringen. nach den fördergrundsätzen ist für die bestimmung der förderungsfähigen intensivmedizinischen kapazitäten der tatsächlich aufgestellte bettenbestand zum 16.03.2020 maßgebend. für die zweite prüfungsrunde (anträge nach dem 21.04.2020) wurde der stichtag 01./02.07.2020 ausgewählt. das verfahren sieht die nutzung von formblättern vor. mit dem nachweis des tatsächlichen intensivmedizinischen bettenbestandes zu einem bestimmten zeitpunkt ist die eintragung der intensivmedizinischen kapazitäten im landeseigenen meldesystem ig.nrw verbunden. es erfolgt ein entsprechender abgleich der beantragten zusätzlichen betten mit den in ig.nrw hinterlegten intensivbetten. darauf wurden die antragstellenden krankenhäuser zudem mit begleit-e-mails hingewiesen (vgl. e-mail an die klägerin vom 18.06.2020). die für das förderverfahren niedergelegten vorgaben widersprechen nicht dem verhältnismäßigkeitsprinzip, da sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. mit dem eintrag im meldesystem ig.nrw konnten die antragstellenden krankenhäuser, die das meldeportal ig.nrw ohnehin auch in anderen angelegenheiten des krankenhausbetriebs nutzen, ohne großen aufwand, zeitnah und wenig personalintensiv die voraussetzungen für eine förderung nachweisen. die klägerin trägt nicht vor, dass es ihr tatsächlich unmöglich gewesen wäre, das meldeportal ig.nrw zu nutzen. für den nachweis des aufwuchses an beatmungskapazitäten war damit der eintrag im meldeportal ig.nrw (auch für die klägerin) geeignet. letztlich bedeutet der vorgeschriebene nachweis nichts anderes als die verwendung eines (elektronischen) formulars. die kammer tritt der auffassung der klägerin nicht bei, dem beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, zum zeitpunkt der antragstellung den tatsächlichen aufwuchs und den hieraus resultierenden refinanzierungsaufwand unabhängig von einer meldung in einem datenportal zu ermitteln. zwar mag die vorlage von nachweisen (z.b. kaufvertrag oder aufstellplänen etc.) eine denkbare möglichkeit sein; der beklagte hat sich in seiner verwaltungspraxis – wie dargestellt zulässigerweise – auf den eintrag in ig.nrw beschränkt. soweit die klägerin mit ihrem einwurf vorbringen will, der beklagte hätte bei zweifeln an der richtigkeit von angaben auch selbst vor ort im krankenhaus ermitteln können, erscheint dies lebensfremd. dies widerspricht den allgemein bekannten tatsächlichen verhältnissen im rahmen der pandemielage im jahr 2020. über den höherer verwaltungstechnischer aufwand (z.b. vorlage von rechnungen, auslieferungsbelegen, aufstellungsdokumentationen) hätte dies einen höherer personeller aufwand (z.b. nachprüfung der vorgelegten dokumente, überprüfung vor ort in den krankenhäusern (z.b. durch beschäftigte der zuständigen behörden) bedeutet, der verbunden gewesen wäre mit hoher zeitlicher inanspruchnahme. dies widersprach zum damaligen zeitpunkt der überwiegend vertretenen fachlichen vorgaben der reduzierung persönlicher kontakte und der notwendigkeit zügigen eingreifens im rahmen der pandemielage unter schneller schaffung finanzieller mittel für die betroffenen krankenhäuser zur schaffung der erwünschten kapazitäten unter beständiger vorgabe der herabsetzung des allgemeinen infektionsrisikos. 62bt-drs. 19/18112, passim, vgl. nur s. 2, 3, 21 f. 63soweit die klägerin darauf hinweist, die verwaltungspraxis in anderen bundesländer zeige, dass auch ein anderer nachweis zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten möglich sei 64‑ antragstellung versehen mit nachweisen (angaben zum maschinellen beatmungsgerät, rechnungen, lieferscheine sowie auflistungen), verbunden mit schilderung der intensivmedizinischen behandlungskapazitäten vor der pandemie sowie die getroffenen anpassungsmöglichkeiten (auflistung des bestandes an beatmungsgeräten vor und nach den anpassungsnahmen unter angabe der bezeichnung, des herstellers, der id-nummer, der seriennummer sowie des imt-typ; lageplan, in welchem bereich umbaumaßnahmen zum betrieb der zusätzlichen beatmungsplätze getroffen wurden) ‑, 65steht dies nicht der vom land nordrhein-westfalen ausgewählten verwaltungspraxis entgegen, die den nachweis an den eintrag in der datenbank ig.nrw vorgesehen hat und damit den weg zur möglichen detailprüfung in einem subventionsrechtlichen nachprüfungsverfahren – zum zweck der überprüfung, ob die beantragten und genehmigten zusätzlichen intensivmedizinischen behandlungskapazitäten mit maschineller beatmungsmöglichkeit tatsächlich geschaffen worden sind ‑ eröffnet hat. der beklagte hat sich im rahmen des ihm eingeräumten weiten ermessens zur regelung seiner verwaltungspraxis gegen die von der klägerin vorgeschlagenen aufwendigen nachweismöglichkeiten zum zeitpunkt der genehmigungsentscheidung und für die form einer „selbstauskunft“ entschieden. es ist der kammer nicht ersichtlich, dass der beklagte mit einer solchen letztlich den beteiligten krankenhäuser entgegenkommende lösung den rechtsstaatlichen rahmen der gestaltung seiner verwaltungspraxis verlassen hätte. im übrigen ist damit eine auch in anderen subventionsverfahren nicht unübliche praxis der „nachkontrolle“ verbunden, beispielsweise durch spätere überprüfung der tatsächlichen verhältnisse nach vorlage von verwendungsnachweisen. auch in den vorliegenden fällen der förderung zusätzlicher intensivbehandlungskapazitäten im zusammenhang mit der covid-19-pandemie erscheint eine spätere „nachkontrolle“ genehmigter kapazitäten und bewilligter auszahlungen durch die zuständigen behörden nicht ausgeschlossen. 662.kosten: § 154 abs. 1 vwgo. 67vorläufige vollstreckbarkeit: § 167 abs. 1 und 2 vwgo i.v.m. § 709 zpo. 68rechtsmittelbelehrung: 69gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 70der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 71innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 72die berufung ist nur zuzulassen, 731. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 742. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 753. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 764. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 775. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 78die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 79über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 80im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 81die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 82beschluss: 83der streitwert wird auf 400.000 eur festgesetzt. 84gründe: 85die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt orientiert sich an der mit der begehrten genehmigung weiterer 8 zusätzlicher intensivmedizinischer behandlungskapazitäten nach covid-19-krankenhausentlastungsgesetz i.v.m. § 21 abs. 5 khg verbundenen ausgleichszahlung von 50.000 eur je bett (8*50.000 eur). 86rechtsmittelbelehrung: 87gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 88die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 89die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 90die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 91die beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 92war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. |
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} | 9 C 168/20 | 2021-11-12T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 666,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.12.2019 zu zahlen.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 15 % und der Beklagte 85 %. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um einen Entschädigungsanspruch aus § 5 Abs. 2 LandesJagdG NRW für die Jahre 2016-2018. 3Die Klägerin ist Eigentümerin von Grundbesitzflächen in einer Größe von 15,2902 ha im Bereich X. Der Beklagte ist Inhaber einer Eigenjagd, wobei die klägerischen Grundbesitzflächen innerhalb der Eigenjagd des Beklagten liegen. An die Eigenjagd des Beklagten grenzen zudem drei weitere Jagdreviere an. 4Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Klägerin dem Grunde nach eine Entschädigung nach § 5 Abs. 2 LandesJagdG NRW zusteht und dass sich die Höhe der angemessenen Entschädigung insoweit nach den gezahlten Durchschnittspachten der an die Eigenjagd angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirke bemisst. Die Höhe dieses Entschädigungsanspruchs ist zwischen den Parteien vorliegend streitig. Zudem hat der Beklagte hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs für 2016 die Einrede der Verjährung erhoben. 5Die Klägerin trägt vor, 6vorliegend bestehe ein klägerischer Zahlungsanspruch für die Jahre 2016-2018 in Höhe von jeweils 17,00 € pro Hektar, sodass sich bei 15,2902 ha ein jährlicher Anspruch in Höhe von 259,93 ergebe, mithin für drei Jahre die Klagesumme von 779,79 €. Der Betrag von 17,00 € pro Hektar folge daraus, dass hinsichtlich des an die Eigenjagd des Beklagten angrenzenden Jagdrevieres Y seit 2013 eine Jagdpacht von 14,00 € pro Hektar mit Wildschadenentschädigung, für das ebenfalls an die Eigenjagd des Beklagten angrenzenden Jagdrevieres Z, eine Jagdpacht in Höhe von 19,50 € pro Hektar mit Wildschadenentschädigung und für das dritte angrenzende Jagdrevier E-Weg eine Jagdpacht von 10,12 € pro Hektar zuzüglich der Beseitigung von Wildschäden gezahlt werde. Insoweit sei bei der Bewertung der Jagdpacht als weiterer geldwerter Vorteil die Übernahme der Beseitigung von sämtlichen durch das Wild verursachten Schäden durch den Jagdpächter zu berücksichtigen, sodass sich insgesamt der geltend gemachte Betrag von 17,00 € pro Hektar ergebe. 7Verjährung sei hinsichtlich des Zahlungsanspruches für 2016 nicht eingetreten. 8Die Klägerin beantragt, 9den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 779,79 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen. 10Der Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Er trägt vor, 13hinsichtlich der Entschädigung für das Jahr 2016 werde die Einrede der Verjährung erhoben, weil der Mahnbescheid vom 20.12.2019 die Verjährung wegen Unbestimmtheit des hierin bezeichneten Anspruchs nicht unterbrochen habe. 14Es werde bestritten, dass für die angrenzenden Jagdbezirke tatsächlich die von der Klägerin behaupteten Jagdpachten gezahlt worden seien. 15Zudem würde selbst dann ein Anspruch in Höhe von 17,00 € pro Hektar und Jahr nicht bestehen, da sich bereits nach der Klagebegründung allenfalls ein Anspruch in Höhe von 14,54 € pro Hektar ergebe. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 17Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Zeugenaussagen Bl. 126 der Akte und Bl. 137 der Akte Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. 20Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den geltend gemachten Zeitraum 2016-2018 einen Anspruch auf Zahlung von 666,96 € gemäß § 5 Abs. 2 LandesJagdG NRW. 21Nach dieser Vorschrift hat der Eigentümer von Flächen, die an einen Eigenjagdbezirk angegliedert werden, gegen den Eigentümer oder Nutznießer des Eigenjagdbezirks einen Anspruch auf eine dem Flächenanteil entsprechende angemessene Entschädigung. Als angemessene Entschädigung ist der Pachtpreis anzusehen, der für den gemeinschaftlichen Jagdbezirks der Gemeinde gezahlt wird, in der der Eigenjagdbezirk liegt, oder, wenn in einer Gemeinde mehrere gemeinschaftliche Jagdbezirke bestehen oder der Eigenjagdbezirk sich über mehrere Gemeinden erstreckt, der Durchschnittspreis der an den Eigenjagdbezirk angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirke. 22Insoweit ist zunächst davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 LandesJagdG NRW vorliegend gegeben sind, da die Grundstücke der Klägerin dem Eigenjagdbezirk des Beklagten angeschlossen sind und der Klägerin somit - was zwischen den Parteien auch unstreitig ist - dem Grunde nach ein Entschädigungsbetrag zusteht. 23Soweit die Höhe dieses Betrages zwischen den Parteien umstritten ist, konnte die insoweit in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtige Klägerin den Beweis führen, dass sich der Durchschnittspreis der an den Eigenjagdbezirk angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirke (hier insgesamt drei Jagdbezirke) auf jedenfalls 14,54 € pro Hektar bemisst. Zunächst hat die Klägerin durch Vorlage des Jagdpachtvertrages vom 01.04.2017 betreffend den Jagdbezirk E-Weg nachgewiesen, dass sich hieraus ein Preis von 10,12 € pro Hektar ergibt. Durch die eingeholten schriftlichen Zeugenaussagen der Zeugen N und C steht zudem zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass im Zeitraum 2016-2018 an den Zeugen N für den Jagdbezirk Z, eine Jagdpacht in Höhe von 19,50 € pro Hektar gezahlt wird und an den Zeugen C für den Jagdbezirk Y eine Jagdpacht in Höhe von 14,00 € pro Hektar. 24Der Durchschnittspreis pro Hektar beträgt somit abweichend von der Berechnung der Klägerin nicht 17,00 €, sondern tatsächlich nur 14,54 € (10,12 € + 19,50 € + 14,00 € = 43,62 €, /3 = 14,54 €), sodass sich bei einer Grundstücksfläche von 15,2902 ha eine Jahressumme von 222,32 € und für drei Jahre einen Gesamtbetrag von 666,96 € ergibt. 25Dabei kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, der geltend gemachte Preis von 17,00 € pro Hektar ergebe sich daraus, dass in der Höhe der geltend gemachten Jagdpacht eine Wildschadensregulierung noch nicht enthalten sei, es sich jedoch bei der Übernahme der Beseitigung von sämtlichen durch das Wild verursachten Schäden durch den Jagdpächter um eine geldwerte Gegenleistung handele, mithin ein potentieller Schadensersatz zu berechnen und dieser bei der Bewertung der Jagdpacht zu berücksichtigen sei. Abgesehen davon, dass sich dem Klagevorbringen nicht schlüssig entnehmen lässt, weshalb ein in dieser Weise pauschalierter potentieller Schadensersatz sich vorliegend auf 2,46 € pro Hektar summieren soll, kann die Klägerin mit diesem Vorbringen bereits deshalb nicht durchdringen, weil ein Anspruch auf Schadensersatz nicht unter den zu entschädigenden Pachtpreis gemäß § 5 Abs. 2 Landesjagd Gesetz NRW fällt. Die Pächter der angrenzenden Jagdreviere müssen nur dann für etwaigen Wildschaden einstehen, sofern und soweit dies im Pachtvertrag vereinbart wurde (§ 29 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 3 BJagdG). Grundsätzlich ist die Jagdgenossenschaft (§ 29 Abs. 1 S. 1 BJagdG) oder der Eigentümer bzw. der Nutznießer des Eigenjagdbezirks (§ 29 Abs. 2 S. 1 BJagdG) Anspruchsgegner und nicht der Pächter. Eine abweichende Vereinbarung, die die Haftung des Pächters begründet, darf aber dem nach § 5 Abs. 2 LandesJagdG NRW Entschädigungsverpflichteten nicht zum Nachteil gereichen. Pachtverträge von angrenzenden Jagdbezirken, in denen sich der Pächter zur Übernahme von Wildschäden verpflichtet, würden dann nämlich mittelbar zu Verträgen zulasten Dritter werden. Zudem stellt § 5 Abs. 2 LandesJagdG NRW ausschließlich auf die Pflicht zur Zahlung des (durchschnittlichen) Pachtpreises ab, sodass ein pauschalierter potentieller Schadensersatz über diese Norm nicht geltend gemacht werden kann. 26Der somit bestehende klägerische Zahlungsanspruch ist hinsichtlich des auf das Jahr 2016 entfallenden Teilbetrages nicht verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, welche vorliegend am 31.12.2016 begann und am 31.12.2019 abgelaufen wäre, wurde durch die Zustellung des Mahnbescheides am 30.12.2019 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt. Entgegen der Ansicht des Beklagten erfüllt der Mahnbescheid vom 20.12.2019 die Anforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an eine hinreichende Individualisierung des Anspruchs. Insoweit genügt es, dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Zwar kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden, wann diese Anforderungen erfüllt sind. Jedoch ist nicht erforderlich, dass aus dem Mahnbescheid auch für einen außenstehenden Dritten ersichtlich ist, welche konkreten Ansprüche mit dem Mahnbescheid geltend gemacht werden; es reicht aus, dass dies für den Anspruchsgegner erkennbar ist. Zudem ist die Angabe des Rechtsgrundes, aus dem der Anspruch hergeleitet wird, nicht erforderlich. Insoweit war für den Beklagten erkennbar, welcher Anspruch mit dem Mahnbescheid geltend gemacht wird, soweit hierin Zahlung von 779,79 € unter der Angabe „Pacht gem. Aufforderung vom 01.01.2016 bis 31.12.2018“ verlangt wird. Die Bezeichnung „Pacht“ anstelle von „Entschädigung gemäß LandesJagdG NRW“ ist dabei unschädlich, da § 5 Abs. 2 LandesJagdG auf einen Pachtpreis Bezug nimmt. Auch war zwischen den Parteien bereits mehrfach die Zahlung einer entsprechenden Entschädigung streitig und es wurden bereits mehrfach hierüber Rechtsstreitigkeiten geführt. Zudem ist auch nicht erkennbar, dass zwischen den Parteien ein irgendwie gearteter Pachtvertrag bestehen würde, aus welchem die Klägerin vom Beklagten einen Pachtzins verlangen könnte. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der Entschädigung für den hier streitgegenständlichen Zeitraum, insbesondere die Höhe der Entschädigung, wiederum streitig war, der Beklagte der Klägerin sogar den Entwurf eines Jagdpachtvertrages vorgelegt hat, um den Streit zu beseitigen. Bei dieser Sachlage war zumindest für den Beklagten in hinreichender Weise erkennbar und individualisierbar, welcher Zahlungsanspruch mit dem Mahnbescheid vom 20.12.2019 gemeint ist, sodass durch die Zustellung dieses Mahnbescheides die Verjährung gehemmt wurde und insgesamt Verjährung nicht eingetreten ist. 27Die zuerkannten Zinsen folgen dem Grunde und der Höhe nach aus Verzug. 28Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 29Streitwert: 779,79 € | 1. der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 666,96 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 31.12.2019 zu zahlen.im übrigen wird die klage abgewiesen. 2. von den kosten des rechtsstreits tragen die klägerin 15 % und der beklagte 85 %. 3. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. den parteien wird nachgelassen, die vollstreckung der anderen partei durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages abzuwenden, wenn nicht die andere partei vor der vollstreckung sicherheit in derselben höhe leistet. 1 | 2die parteien streiten um einen entschädigungsanspruch aus § 5 abs. 2 landesjagdg nrw für die jahre 2016-2018. 3die klägerin ist eigentümerin von grundbesitzflächen in einer größe von 15,2902 ha im bereich x. der beklagte ist inhaber einer eigenjagd, wobei die klägerischen grundbesitzflächen innerhalb der eigenjagd des beklagten liegen. an die eigenjagd des beklagten grenzen zudem drei weitere jagdreviere an. 4insoweit ist zwischen den parteien unstreitig, dass der klägerin dem grunde nach eine entschädigung nach § 5 abs. 2 landesjagdg nrw zusteht und dass sich die höhe der angemessenen entschädigung insoweit nach den gezahlten durchschnittspachten der an die eigenjagd angrenzenden gemeinschaftlichen jagdbezirke bemisst. die höhe dieses entschädigungsanspruchs ist zwischen den parteien vorliegend streitig. zudem hat der beklagte hinsichtlich des entschädigungsanspruchs für 2016 die einrede der verjährung erhoben. 5die klägerin trägt vor, 6vorliegend bestehe ein klägerischer zahlungsanspruch für die jahre 2016-2018 in höhe von jeweils 17,00 € pro hektar, sodass sich bei 15,2902 ha ein jährlicher anspruch in höhe von 259,93 ergebe, mithin für drei jahre die klagesumme von 779,79 €. der betrag von 17,00 € pro hektar folge daraus, dass hinsichtlich des an die eigenjagd des beklagten angrenzenden jagdrevieres y seit 2013 eine jagdpacht von 14,00 € pro hektar mit wildschadenentschädigung, für das ebenfalls an die eigenjagd des beklagten angrenzenden jagdrevieres z, eine jagdpacht in höhe von 19,50 € pro hektar mit wildschadenentschädigung und für das dritte angrenzende jagdrevier e-weg eine jagdpacht von 10,12 € pro hektar zuzüglich der beseitigung von wildschäden gezahlt werde. insoweit sei bei der bewertung der jagdpacht als weiterer geldwerter vorteil die übernahme der beseitigung von sämtlichen durch das wild verursachten schäden durch den jagdpächter zu berücksichtigen, sodass sich insgesamt der geltend gemachte betrag von 17,00 € pro hektar ergebe. 7verjährung sei hinsichtlich des zahlungsanspruches für 2016 nicht eingetreten. 8die klägerin beantragt, 9den beklagten zu verurteilen, an die klägerin 779,79 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit zustellung des mahnbescheides zu zahlen. 10der beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12er trägt vor, 13hinsichtlich der entschädigung für das jahr 2016 werde die einrede der verjährung erhoben, weil der mahnbescheid vom 20.12.2019 die verjährung wegen unbestimmtheit des hierin bezeichneten anspruchs nicht unterbrochen habe. 14es werde bestritten, dass für die angrenzenden jagdbezirke tatsächlich die von der klägerin behaupteten jagdpachten gezahlt worden seien. 15zudem würde selbst dann ein anspruch in höhe von 17,00 € pro hektar und jahr nicht bestehen, da sich bereits nach der klagebegründung allenfalls ein anspruch in höhe von 14,54 € pro hektar ergebe. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 17das gericht hat beweis erhoben durch die vernehmung von zeugen. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die schriftlichen zeugenaussagen bl. 126 der akte und bl. 137 der akte bezug genommen. 18 | 19die zulässige klage ist überwiegend begründet. 20die klägerin hat gegen den beklagten für den geltend gemachten zeitraum 2016-2018 einen anspruch auf zahlung von 666,96 € gemäß § 5 abs. 2 landesjagdg nrw. 21nach dieser vorschrift hat der eigentümer von flächen, die an einen eigenjagdbezirk angegliedert werden, gegen den eigentümer oder nutznießer des eigenjagdbezirks einen anspruch auf eine dem flächenanteil entsprechende angemessene entschädigung. als angemessene entschädigung ist der pachtpreis anzusehen, der für den gemeinschaftlichen jagdbezirks der gemeinde gezahlt wird, in der der eigenjagdbezirk liegt, oder, wenn in einer gemeinde mehrere gemeinschaftliche jagdbezirke bestehen oder der eigenjagdbezirk sich über mehrere gemeinden erstreckt, der durchschnittspreis der an den eigenjagdbezirk angrenzenden gemeinschaftlichen jagdbezirke. 22insoweit ist zunächst davon auszugehen, dass die voraussetzungen des § 5 abs. 2 landesjagdg nrw vorliegend gegeben sind, da die grundstücke der klägerin dem eigenjagdbezirk des beklagten angeschlossen sind und der klägerin somit - was zwischen den parteien auch unstreitig ist - dem grunde nach ein entschädigungsbetrag zusteht. 23soweit die höhe dieses betrages zwischen den parteien umstritten ist, konnte die insoweit in vollem umfange darlegungs- und beweispflichtige klägerin den beweis führen, dass sich der durchschnittspreis der an den eigenjagdbezirk angrenzenden gemeinschaftlichen jagdbezirke (hier insgesamt drei jagdbezirke) auf jedenfalls 14,54 € pro hektar bemisst. zunächst hat die klägerin durch vorlage des jagdpachtvertrages vom 01.04.2017 betreffend den jagdbezirk e-weg nachgewiesen, dass sich hieraus ein preis von 10,12 € pro hektar ergibt. durch die eingeholten schriftlichen zeugenaussagen der zeugen n und c steht zudem zur überzeugung des gerichtes fest, dass im zeitraum 2016-2018 an den zeugen n für den jagdbezirk z, eine jagdpacht in höhe von 19,50 € pro hektar gezahlt wird und an den zeugen c für den jagdbezirk y eine jagdpacht in höhe von 14,00 € pro hektar. 24der durchschnittspreis pro hektar beträgt somit abweichend von der berechnung der klägerin nicht 17,00 €, sondern tatsächlich nur 14,54 € (10,12 € + 19,50 € + 14,00 € = 43,62 €, /3 = 14,54 €), sodass sich bei einer grundstücksfläche von 15,2902 ha eine jahressumme von 222,32 € und für drei jahre einen gesamtbetrag von 666,96 € ergibt. 25dabei kann die klägerin nicht mit erfolg einwenden, der geltend gemachte preis von 17,00 € pro hektar ergebe sich daraus, dass in der höhe der geltend gemachten jagdpacht eine wildschadensregulierung noch nicht enthalten sei, es sich jedoch bei der übernahme der beseitigung von sämtlichen durch das wild verursachten schäden durch den jagdpächter um eine geldwerte gegenleistung handele, mithin ein potentieller schadensersatz zu berechnen und dieser bei der bewertung der jagdpacht zu berücksichtigen sei. abgesehen davon, dass sich dem klagevorbringen nicht schlüssig entnehmen lässt, weshalb ein in dieser weise pauschalierter potentieller schadensersatz sich vorliegend auf 2,46 € pro hektar summieren soll, kann die klägerin mit diesem vorbringen bereits deshalb nicht durchdringen, weil ein anspruch auf schadensersatz nicht unter den zu entschädigenden pachtpreis gemäß § 5 abs. 2 landesjagd gesetz nrw fällt. die pächter der angrenzenden jagdreviere müssen nur dann für etwaigen wildschaden einstehen, sofern und soweit dies im pachtvertrag vereinbart wurde (§ 29 abs. 1 s. 3, abs. 2 s. 3 bjagdg). grundsätzlich ist die jagdgenossenschaft (§ 29 abs. 1 s. 1 bjagdg) oder der eigentümer bzw. der nutznießer des eigenjagdbezirks (§ 29 abs. 2 s. 1 bjagdg) anspruchsgegner und nicht der pächter. eine abweichende vereinbarung, die die haftung des pächters begründet, darf aber dem nach § 5 abs. 2 landesjagdg nrw entschädigungsverpflichteten nicht zum nachteil gereichen. pachtverträge von angrenzenden jagdbezirken, in denen sich der pächter zur übernahme von wildschäden verpflichtet, würden dann nämlich mittelbar zu verträgen zulasten dritter werden. zudem stellt § 5 abs. 2 landesjagdg nrw ausschließlich auf die pflicht zur zahlung des (durchschnittlichen) pachtpreises ab, sodass ein pauschalierter potentieller schadensersatz über diese norm nicht geltend gemacht werden kann. 26der somit bestehende klägerische zahlungsanspruch ist hinsichtlich des auf das jahr 2016 entfallenden teilbetrages nicht verjährt. die regelmäßige verjährungsfrist von drei jahren, welche vorliegend am 31.12.2016 begann und am 31.12.2019 abgelaufen wäre, wurde durch die zustellung des mahnbescheides am 30.12.2019 gemäß § 204 abs. 1 nr. 3 bgb gehemmt. entgegen der ansicht des beklagten erfüllt der mahnbescheid vom 20.12.2019 die anforderungen des § 690 abs. 1 nr. 3 zpo an eine hinreichende individualisierung des anspruchs. insoweit genügt es, dass der anspruch durch seine kennzeichnung von anderen ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er grundlage eines der materiellen rechtskraft fähigen vollstreckungstitels sein kann und dem schuldner die beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den anspruch zur wehr setzen will. zwar kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden, wann diese anforderungen erfüllt sind. jedoch ist nicht erforderlich, dass aus dem mahnbescheid auch für einen außenstehenden dritten ersichtlich ist, welche konkreten ansprüche mit dem mahnbescheid geltend gemacht werden; es reicht aus, dass dies für den anspruchsgegner erkennbar ist. zudem ist die angabe des rechtsgrundes, aus dem der anspruch hergeleitet wird, nicht erforderlich. insoweit war für den beklagten erkennbar, welcher anspruch mit dem mahnbescheid geltend gemacht wird, soweit hierin zahlung von 779,79 € unter der angabe „pacht gem. aufforderung vom 01.01.2016 bis 31.12.2018“ verlangt wird. die bezeichnung „pacht“ anstelle von „entschädigung gemäß landesjagdg nrw“ ist dabei unschädlich, da § 5 abs. 2 landesjagdg auf einen pachtpreis bezug nimmt. auch war zwischen den parteien bereits mehrfach die zahlung einer entsprechenden entschädigung streitig und es wurden bereits mehrfach hierüber rechtsstreitigkeiten geführt. zudem ist auch nicht erkennbar, dass zwischen den parteien ein irgendwie gearteter pachtvertrag bestehen würde, aus welchem die klägerin vom beklagten einen pachtzins verlangen könnte. schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die verpflichtung des beklagten zur zahlung der entschädigung für den hier streitgegenständlichen zeitraum, insbesondere die höhe der entschädigung, wiederum streitig war, der beklagte der klägerin sogar den entwurf eines jagdpachtvertrages vorgelegt hat, um den streit zu beseitigen. bei dieser sachlage war zumindest für den beklagten in hinreichender weise erkennbar und individualisierbar, welcher zahlungsanspruch mit dem mahnbescheid vom 20.12.2019 gemeint ist, sodass durch die zustellung dieses mahnbescheides die verjährung gehemmt wurde und insgesamt verjährung nicht eingetreten ist. 27die zuerkannten zinsen folgen dem grunde und der höhe nach aus verzug. 28die nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 nr. 11, 711 zpo. 29streitwert: 779,79 € |